Bühnenseiten Jan - Apr 2020

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LOST IN TRaNSIT ,FLIGHT‘ INS NIEMANDSLAND

FaUST KaM aUS dER GOSSE VOM ALCHEMISTEN ZUM ABISTOFF

SOzIaLES FORSchUNGSLaBOR DIVERSITÄT AUF DER BÜHNE

WG-SchNacK NIEDERDEUTSCH IN DEN USA JaN-aPR

2020


OLDENBURGER OPERNBALL 2020 HAUPTSPONSOREN

SPONSOREN

PARTNER KRAMER  LEMKE  WILKEN FACHANWÄLTE  NOTARE Audi Sport | Audi e-tron Partner

RKS Consulting

Weinberatung und Handel Rena und Kai Seeger

Cateringpartner:

FREUNDE OL DENBURGS GUTE ADRES S EN

DER OLDENBURGER OPERNBALL WIRD FREUNDLICH UNTERSTÜTZT VON


EdITORIaL

Liebes Publikum! Wir hoffen, Sie hatten einen guten Start in ein glückliches und friedliches Jahr 2020! Ein Hauch von Veränderung liegt zu jedem Jahresbeginn in der Luft: Jetzt scheint es gut und richtig, Neues in Angriff zu nehmen, längst geplante Projekte anzupacken und zu Entdeckungen aufzubrechen. Davon zeugen auch unsere neuen BüHNENSEITEN: Zumindest aus unserer (mittel-)europäischen Perspektive ist es unvorstellbar, nicht loslegen und sein Leben selbst in die Hand nehmen zu können, sondern stattdessen in einer Art Niemandsland festgehalten zu sein. Anlässlich der Premiere von Jonathan Doves Oper ‚Flight‘ wirft Christina Schmidl einen Blick auf die Einzelschicksale von in den Transitzonen internationaler Flughäfen gestrandeten Menschen. Die stete Zunahme an Single-Haushalten und die allgemeine Wohnungsknappheit macht Co-Living zum neuesten Wohn-Trend. Die Entscheidung für eine Wohngemeinschaft hat dabei aber nicht ausschließlich wirtschaftliche Gründe. Die Suche nach Gemeinschaft ist oft mit ausschlaggebend. Von einer ganz besonderen WG handelt ‚De Ruum-Maten/ The Roommate‘ mit Kammerschauspielerin Elfi Hoppe und AHB-Schauspielerin Rita Martens. In einem zweisprachigen Interview mit Dorothee Hollender stellen sie die Beziehung ihrer Alter Egos Robyn und Sharon vor. Für Jonas Vlerick entsteht ein Pas de Deux zunächst ohne Musik aus der übertragung eines Bewegungsimpulses von einem Tanzenden auf den anderen. Telse Hahmann beleuchtet die Arbeit des jungen belgischen Choreografen und nimmt uns mit in den Vorbereitungsworkshop für die Produktion ‚Wild Hearts‘ der BallettCompagnie Oldenburg. Die Fähigkeit zu konzentrierter Stille ist auch wichtige Kompetenz beim professionellen Soufflieren. Katja Gohe ist während der Vorstellung nicht nur verbaler Rettungsring, sondern auch Hüterin des Textes. Im Gespräch mit Anna-Teresa Schmidt erklärt sie, warum sie vor allem die Begleitung der Proben besonders spannend findet. Die Instrumente optisch in den Mittelpunkt zu rücken und die Spielerpersönlichkeit in den Hintergrund treten zu lassen: So erklären die Musiker*innen des Staatsorchesters ihre vom Schwarz geprägte Kleiderordnung. Stephanie Twiehaus hat sich die Regelwerke der Orchesterwelt um das einheitliche Gewand in Form von Frack, Abendkleid und Hosenanzug einmal genauer angesehen. Vielfalt ist dagegen eindeutig das bestimmende Thema des Jungen Staatstheaters. Gesellschaftliche Veränderungsprozesse sind im Kontakt mit dem jüngsten Publikum besonders schnell spürbar. Matthias Grön und Dario Köster erzählen von ihrer Auseinandersetzung mit der zunehmenden Komplexität und spüren den Möglichkeiten für Austausch nach. Und auch heute möchte ich Sie ermuntern, bis ganz ans Ende zu blättern. Zum einen, um den Gastbeitrag von Bernd Weber zu lesen, der auf der letzten Seite seine erste Begegnung mit dem Werk Richard Wagners schildert. Zum anderen, weil mit dieser Ausgabe unsere letzten BüHNENSEITEN vor Ihnen liegen: Mit Blick auf die Nachhaltigkeit haben wir beschlossen, unsere Printmittel etwas zu reduzieren. Was aber nicht heißen soll, dass Sie in Zukunft auf liebgewonnene Inhalte verzichten müssen: In der monatlich erscheinenden Spielzeitung – in neuer Gestalt – und über unsere digitalen Kanäle (Homepage, Social Media & Co) werden wir Sie weiterhin mit ausreichend Lesestoff versorgen. Gemeinsam mit allen Autor*innen der BüHNENSEITEN danke ich Ihnen für Ihr zugewandtes Interesse und wünsche Ihnen eine anregende Lektüre! Herzlich, Ihr

Christian Firmbach Generalintendant

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Inhalt

Seite 6 KULISSENGEFLÜSTER Neuigkeiten aus dem Theater

Seite 34 JungeSEITEN Diversität im Kinder- und Jugendtheater

Seite 8 Seite 36 OPERNSEITEN Lost in Transit

TheaterGEHEIMNIS Theaternebel

Seite 10 Seite 37 BallettSEITEN Ein Spiel mit der körperlichen Mechanik

KinderRätsel

Seite 38 Seite 12 BallettSEITEN Try to create extremity

BÜHnenSeiteN Rücken Sie ins Scheinwerferlicht …

Seite 14

Seite 39

SchauspielSEITEN Faust kam aus der Gosse

Seite 16 KonzertSEITEN Das Orchester zieht sich an

F

unkelnde Kronleuchter und Showtalent Paul Brady erleben Sie bei unserem festlichen Opernball. Mehr dazu, wie wir die Ballnacht zum Funkeln und Strahlen bringen, lesen Sie ab Seite 18.

Seite 18

SeitenBühne Soufflage als verbaler Rettungsring

Seite 41 BühnenSEiten Aus dem Stück gefallen …

Seite 42 Seite 28

BallSEITEN Es werde Funkeln!

Seite 20 FestivalSEITEN Die Theater-Bande ist wieder da!

Seite 22 7SEITEN Raum nehmen

Seite 26 NiederdeutscheSEITEN WG-Schnack

SchauspielSEITEN Neue Wege – Eine Reise für die Unabhängigkeit

Seite 30 OpernSEITEN Hinrich Horstkotte – Ein Multitalent

Seite 32 JUNGESEITEN Transformation im Theater

BühnenSEITEN Jugend tanzt

Seite 43 BühnenSEITEN Auszeit mit …

Seite 44 OFfeneSEITE Kulturticket

Seite 46 GastSEITE Bernd Weber

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BÜHNENSeiten

NEWS Büchertausch Seit Dezember steht vor dem Haupteingang des Oldenburgischen Staatstheaters eine Kommunikationszelle, die reichlich Gesprächsstoff bietet: Nach dem bekannten Vorbild der öffentlichen Bücherschränke kann man hier ausgelesene Literatur für weitere Lesende abstellen und sich selbst mit neuem Lesestoff eindecken. Damit sich allerdings – wie so oft – im Laufe der Zeit nicht allzuviele Laden-, resp. Zellenhüter ansammeln, wird der Bestand regelmäßig überprüft und aktualisiert: Dies soll kein Ort sein, an dem man Bücher einfach nur loswerden kann, sondern er soll den literarischen Austausch fördern – und das gelingt in der Regel eher selten mit zerfledderten Groschenromanen, Aufklärungsbüchern aus den 1960er-Jahren oder 20 Jahre alten Abitur-Richtlinien … Im übrigen halten wir es mit Seneca: „Man erwerbe so viele Bücher, wie genug sind, keines aber nur als Zierde.“

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Spenden über Spenden Sensationelle 691,80 Euro wurden bei der adventlichen ,Melodien für Moneten‘-Vorstellung am 7.12.2019 in der Exerzierhalle gespendet. Wir bedanken uns ganz herzlich bei all unseren Besucher*innen für diese wundervolle Spendenbereitschaft, weit über die Liedeinnahmen hinaus! Dieses Geld werden Helen Wendt und Franziska Werner auf ihrer Recherchereise nach Mosambik zu dem Stück ,Fight (for) Independence‘ von der Costa-Compagnie an das Schauspielinstitut der Escola de Comunicação e Artes der Universidade Eduardo Mondlane in Maputo übergeben. Und damit noch nicht genug! 428,90 Euro gehen nach unserem fulminanten Late-Night-Bingo als Spende an Amnesty International. Wir danken allen, die mit uns geglitzert, gespielt und damit letztlich gespendet haben!

Nach der ,Götterdämmerung‘ ... ist vor dem ,Ring‘ Kaum sind Anfang November die Flammen in der alles vernichtenden ,Götterdämmerung‘ ein letztes Mal über die Bühne des Großen Hauses gelodert, arbeitet das Staatstheater am ‚Reset‘: wenn zu Beginn des ,Rheingold‘ das Gold erneut aus dem Rhein gestohlen und zum Ring geschmiedet wird … und alles wieder von vorne losgeht: Im Juni/Juli sowie September und Oktober 2020 kann man die Geschichte um den verfluchten Ring, Tarnhelm und Zauberschwert in Oldenburg als vollständigen Zyklus erleben: Als „in sich geschlossen, uneingeschränkt sehens- und hörenswert“ empfiehlt ihn nicht nur das Fachmagazin Opernglas. Die Karten-Nachfrage ist entsprechend groß und traf sogar schon aus New York ein.


BÜHNENSEITEN

… Antoine Jully in Kiel

Chris Genteman Group kehrt zum Opernball zurück Durch Terminverschiebungen konnte die beliebte Chris Genteman Group beim Opernball 2019 leider nicht dabei sein. Umso mehr freut sich das Oldenburgische Staatstheater darüber, dass die Band beim Opernball 2020 wieder mit von der Partie ist. Die Chris Genteman Group ist eine internationale Band mit ausgebildeten Musikern aus Deutschland, England, Lettland, Rumänien und Finnland, deren anspruchsvolles Ziel es ist, das Publikum auf der ganzen Welt zu verzaubern. Von Christian M. Gentemann als Quartett gegründet, feierten Band und Orchester bereits große Erfolge bei bedeutenden gesellschaftlichen Events, z. B. dem Cartier Polo World Cup im Badrutt’s Palace in St. Moritz, dem Wiener Opernball in der Wiener Staatsoper oder dem Concorso d’Eleganza in der Villa D’Este am Comer See.

‚An den Ufern des Sees‘, die jüngste Kreation von Ballettdirektor und Chefchoreograf Antoine Jully wird vom ballettKIEL übernommen. Das Stück zum ‚Concerto für Kontrabass und Orchester‘ von Eduard Tubin, das im Oktober von der BallettCompagnie Oldenburg uraufgeführt wurde, wird Teil des Ballettabends ‚Drei Choreografen‘. Es feiert am 28. März am Theater Kiel gemeinsam mit neuen Arbeiten von Can Arslan und Yaroslav Ivanenko Premiere. Ivanenko, der zwölf Jahre beim Hamburg Ballett – John Neumeier getanzt hat, leitet das 19-köpfige Ensemble des ballettKIEL seit 2011 als Ballettdirektor und Chefchoreograf. Bereits im Januar 2019 wurde Antoine Jullys Solo ‚Artikulation‘ für Lester René González Álvarez bei einer Benefiz-Gala zu Gunsten der Stiftung TANZ – Transition Zentrum Deutschland mit großem Erfolg in Kiel gezeigt. Jetzt arbeitet Antoine Jully mit den Kieler Tänzer*innen.

„Confusion“ Classic meets Pop, Oldenburgs spektakuläre Musikshow in der großen EWE Arena, steht 2020 unter dem Motto „Confusion“: ,Carmina Burana‘ als Rocksong oder Rihanna als Oldie? Bei dieser Show ist alles möglich! Neben regionalen Popkünstlern treten vom Staatstheater Martha Eason und Paul Brady auf und präsentieren u. a. Peter Maffay als italienisch-deutsches Duett oder House-Musik von David Guetta in der Interpretation einer Opernsängerin. Im Mittelpunkt der Show am 13. und 14. März 2020 steht natürlich wie immer das Oldenburgische Staatsorchester unter Dirigent Jason Weaver, aber auch der Opernchor ist seit zehn Jahren erstmals wieder dabei. Infos & Tickets gibt es unter www.classicmeetspop.de

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OPERNSEITEN

LOST IN TRaNSIT ab dem 5. april 2020 ist Jonathan doves satirische Flughafen- und Fluchtoper ‚Flight‘ in der Inszenierung von Kobie van Rensburg im Oldenburgischen Staatstheater zu erleben. Im zentrum der handlung steht ein im Flughafen-Terminal gestrandeter Flüchtling, dessen absurd erscheinendes Schicksal in der Realität allerdings häufiger vorkommt als vermutet …

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inchecken, Gepäck abgeben, durch die Sicherheitskontrolle, im Terminal warten bis zum Boarding – irgendwann folgt endlich der Abflug … Flughäfen sind Durchgangs- oder Transitorte, laut dem französischen Anthropologen Marc Augé sogar Nicht-Orte: Räume ohne Geschichte für die sich darin aufhaltenden Personen, Räume, zu denen keine Beziehung aufgebaut wird, mit denen man sich nicht identifizieren kann und im Fall eines Flughafens auch nicht muss, weil der Aufenthalt im Normalfall nur von kurzer Dauer ist. Geprägt sind diese Nicht-Orte stattdessen von kommunikativer Verwahrlosung, durch die die Menschen, die sich in diesen Niemandsländern aufhalten, in Einsamkeit und Isolation geraten können – vor allem dann, wenn man an einem Flughafen den Abflug nie erreicht. So wie Mehran Karimi Nasseri, für den der Pariser Flughafen Charles de Gaulle zur Heimat wurde. Insgesamt 18 Jahre lebte der Iraner in seinem provisorischen Zuhause aus zusammengeschobenen leeren Pappkartons, Sitzbank und Gepäckwagen im Terminal 1 des Flughafens. Wenn ihn nicht die Mitarbeiter*innen des Flughafens und der Fluggesellschaften mit Essen versorgten, verpflegte er sich bei McDonald’s und vertrieb sich die Zeit mit Lesen und Schreiben: 2004 erschien seine Autobiografie ‚The Terminal Man‘. Zu rekonstruieren, warum und wie Nasseri am Pariser Flughafen strandete, ist kompliziert, denn der Iraner er8

fand sowohl seine Lebensgeschichte als auch seine Identität immer wieder neu. Sicher ist, dass er im August 1988 als Mittvierziger am Flughafen Paris – Charles de Gaulle landete. Er befand sich auf dem Weg nach Großbritannien, wo er die britische Staatsbürgerschaft beantragen wollte, weil seine Mutter Schottin gewesen sei. Nach London einreisen konnte er allerdings nicht: Seine Papiere, darunter ein in Belgien ausgestelltes Dokument, das ihn als iranischen Flüchtling, der mit dem SchahRegime in Konflikt geriet, auswies, waren gestohlen worden. Die britischen Behörden schickten Nasseri zurück nach Frankreich. Doch auch hier verweigerten ihm die Behörden ohne Papiere die Einreise. Er wurde verhaftet. Da Nasseri aber auf legalem Weg im Flughafen ankam, wurde er zwar wieder auf freien Fuß gesetzt, konnte jedoch ohne Pass und gültige Aufenthaltsgenehmigung den Flughafen nicht verlassen. Aus einigen Tagen im Terminal wurden schließlich Wochen, Monate, Jahre. 1999 erwirkte Nasseris Anwalt nach jahrelangem Hin und Her mit der französischen und belgischen Justiz schließlich die Einreise seines Mandanten nach Frankreich. Nasseri weigerte sich aber, die ihn als Iraner ausweisenden Dokumente zu unterzeichnen: Er sei Brite und trage den Namen „Sir Alfred“, einen Mehran Karimi Nasseri kenne er nicht.


OPERNSEITEN

So verbrachte Nasseri noch weitere sieben Jahre in Terminal 1, bis er 2006 plötzlich in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Nach dem Klinikaufenthalt zog er in ein Pariser Obdachlosenwohnheim. Nasseris merkwürdige Geschichte inspirierte nicht nur die Dramatikerin April de Angelis zur Figur des Flüchtlings im Libretto von Jonathan Doves Oper ‚Flight‘, sondern auch mehrere Filme: die französische Komödie ‚Die vom Himmel Gefallenen‘ (1993) mit Jean Rochefort sowie die britische Pseudo-Dokumentation ‚Here to Where‘ (2001). Auch Steven Spielbergs Spielfilm ‚Terminal‘ (2004) basiert lose auf dem Schicksal des Iraners. Der Star-Regisseur zahlte Nasseri für die Rechte an seiner Geschichte angeblich 275 000 Euro … Mehran Karimi Nasseris Fall ist ein außergewöhnlicher, allerdings kein äußerst seltener, denn immer wieder stranden Menschen aus unterschiedlichsten Gründen in der TransitZone oder im Terminal eines Flughafens: Mehr als einen Monat saß NSA-Whistleblower Edward Snowden 2013 auf der Flucht vor dem US-Geheimdienst im Transitbereich des internationalen Flughafens Moskau fest. Vier Monate verbrachte der chinesische Wirtschaftswissenschaftler und Regimekritiker Feng Zhenghu im Jahr 2009 am Flughafen Tokio, weil die Behörden seines Heimatlandes ihm insgesamt achtmal die Einreise verweigerten. Private Probleme, genauer gesagt „Herzensangelegenheiten“ sollen der Grund für den 117-tägigen Aufenthalt des japanischen Touristen Hiroshi Nohara im Flughafen von Mexiko-Stadt gewesen sein. Ursprünglich war er dort nur zwischengelandet, entschied sich dann jedoch, im Flugha-

fen zu bleiben – bis eines Tages eine Frau auftauchte und ihn mitnahm; anscheinend hatten sich die Herzensangelegenheiten zum Guten gewendet. Anderen Gestrandeten wiederum fehlte Geld für einen Weiter- oder Rückflug. Und der Chinese Wei Jianguo entschied sich 2004 freiwillig für den Flughafen als Wohnort, weil er dort in Ruhe trinken und rauchen konnte, ohne von seiner Familie gestört zu werden. Zu den häufigsten Ursachen für das Stranden am Flughafen gehören jedoch – wie bei Mehran Karimi Nasseri – fehlende oder unzulässige Papiere. Aus diesem Grund sitzt aktuell auch der nigerianische Flüchtling Eissa Muhamad am Flughafen Addis Abeba in äthiopien fest. Weder Niger noch Israel, das ihn mit einem temporären und inzwischen abgelaufenen Reisedokument ausgewiesen hatte, wollen ihn ins Land lassen. Christina Schmidl

FLIGhT Oper in drei akten von Jonathan dove Libretto von april de angelis in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung — Felix Pätzold Regie/Bühne/Kostüme/video — Kobie van Rensburg Premiere am 05. april 2020, 18 Uhr, Großes haus

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BallettSeiten

Jonas Vlerick (Mitte) gibt einen Workshop bei der BallettCompagnie Oldenburg

Ein Spiel mit der körperlichen Mechanik Der junge belgische Choreograf Jonas Vlerick hat bereits mehrere Kreationen für das Königliche Ballett Flandern in Antwerpen erarbeitet sowie für verschiedene moderne Ensembles choreografiert. Jetzt arbeitet er mit den Tänzer*innen der BallettCompagnie Oldenburg an ‚Wild Hearts‘, das am 28. März 2020 im Kleinen Haus uraufgeführt wird.

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raußen kommt der typisch norddeutsche Sprühregen aus dicken grauen Wolken, durch die sich nur dann und wann mal ein paar Sonnenstrahlen drängen – doch drinnen im Ballettsaal ist es hell und sehr warm: Die 14 Tänzer*innen der BallettCompagnie Oldenburg arbeiten Anfang November eine Woche lang mit dem belgischen Gastchoreografen Jonas Vlerick. Er gibt schon vor der eigentlichen Kreationsphase für ‚Wild Hearts‘ im Februar und März 2020 einen Workshop in Oldenburg, um das Ensemble auf seine spezielle Bewegungssprache vorzubereiten und die Besetzung für sein Stück auszuwählen. Bis vor drei Jahren war Jonas Vlerick, der an der Königlichen Ballettschule in Antwerpen ausgebildet wurde, noch selbst Tänzer. Als Ensemblemitglied bekam er – neben den Aufritten im Corps de ballet und immer wieder auch in Solopartien beim Königlichen Ballett Flandern – bereits mit 22 Jahren die Gelegenheit, sich auch als Choreograf auszuprobieren. Nach mehreren Stücken in der Produktionsreihe ‚Coupe Maison/Choreo Lab‘, kreierte er ab 2017 auch für die große Bühne in Antwerpen. So entstanden u. a. ‚Solar industries‘ und ein Ballett für Kinder ‚When 10

no one is watching‘, das im Februar 2019 wiederaufgenommen wurde. Vlerick war Choreograf der Königlichen Ballettschule und bereitete die Schüler*innen auch mit Solos für Wettbewerbe vor. Außerdem choreografierte er für die Delattre Company in Mainz und die Visceral Dance Company in Chicago. In Oldenburg arbeitet Jonas Vlerick mit den Tänzer*innen erstmal ganz ohne Musik. Zuviel gibt es noch zu erklären über die Tanzsequenzen, die er mitgebracht hat: Da ist zunächst die „Fingerphrase“, bei der die Bewegung von den Fingern und Händen aus- und von dort auf den ganzen Körper übergeht. Es scheint, als ob jeder Muskel mal an die Reihe kommt und sich der Tanz wie in Wellen durch die verschiedenen Körperpartien „schraubt“. Dies soll in einem atemberaubenden Tempo passieren und gleichzeitig sehr exakt ausgeführt werden. Als nächstes wird die „Raptorphrase“ probiert, eine Sequenz, die an urzeitliche Vögel und Dinosaurier erinnert. Auch hier geht es darum, wie die Körperteile aufeinander reagieren. Da fällt ein hochgestreckter Ellenbogen auf den


BallettSeiten

anderen, seitlich gehaltenen Arm und schiebt diesen hinunter, der andere Ellbogen drückt auf das Knie und bringt so die Beine in Bewegung. Jonas Vlerick spricht von der „Mechanik der Bewegungen“: In der extremen Weichheit des Körpers mit sehr beweglicher Wirbelsäule, die sein Stil verlangt, bezieht er sich also auch auf das feste Skelett in jedem von uns und spielt mit dessen Mechanik.

Pas de deux, den er nun sehen möchte. Haben vorher die eigenen Gliedmaßen den Bewegungsimpuls aufeinander übertragen, sind es jetzt die Bewegungen des Partners oder der Partnerin, die den Tanz auslösen. Die beiden Tanzenden berühren sich gar nicht immer, sind aber trotzdem fast ständig verbunden, wie in einem elektromagnetischen Feld beziehen sich ihre Bewegungen aufeinander. So „steuert“ z. B. die darüber schwebende Hand der Tänzerin den Kopf ihres Partners nach rechts und links. Wenn der Choreograf im Februar wieder nach Oldenburg kommt, wird er das jetzt Angestoßene wieder aufgreifen und zu seinem Stück ‚Wild Hearts‘ formen. Dann möchte er Schrittmuster entwerfen, die den menschlichen Drang, unbedingt etwas erreichen zu wollen, und andere Lebensmuster abbilden: „Diese Ideen liegen dahinter, letztlich sehe ich es als abstrakte Choreografie.“ Telse Hahmann

Obwohl 14 Tänzer*innen gleichzeitig an ganz verschiedenen Schritten üben, behält der Choreograf den Überblick und kommentiert mal hier, zeigt mal dort, wie es gedacht ist. Niemand kann sich verstecken. Und auch auf die exakten Raumrichtungen, in die eine Bewegung geht, in die ein Fuß oder eine Knie gesetzt oder ein Arm und eine Hand gestreckt werden, legt er großen Wert. Dann teilt Jonas Vlerick das Ensemble in sieben Paare ein und zeigt allen zunächst auf dem Laptop den Beginn eines

O AMI / Harmonic Language / Wild hearts Choreografien von Guillaume Hulot / Antoine Jully / Jonas Vlerick Premiere am 28. März 2020, 20 Uhr, Kleines Haus

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BallettSeiten

Try to create extremity Notizen von Nastasja Fischer zum Probenprozess zu Antoine Jullys neuer Kreation ‚Vanitas‘

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Ein wesentlicher Aspekt von Salvatore Sciarrinos Komposition ‚Vanitas. Natura morta in un atto‘ ist der Umgang mit Zeit bzw. deren verschiedene Wahrnehmungen sowie die Themen Vergänglichkeit und Leere. Dies erschließt sich aus der italienischen und lateinischen Übersetzung des Wortes Vanitas, aber auch aus der thematischen Verbindung zum Vanitas-Stillleben, das auf der Basis des biblischen Satzes „ Alles ist eitel.“ („ Alles ist nichtig.“) beruht und mit dessen symbolhafter Malerei die Menschen an ihre eigene Sterblichkeit und Vergänglichkeit sowie die Nichtigkeit von irdischen Gütern erinnert werden sollen. Salvatore Sciarrino sucht nach diesen Konnotationen in seiner Musik und lotet dabei die Grenzen von auditiver Wahrnehmung aus. Sein ‚Vanitas‘ als „Lied unerhörten Ausmaßes“ zelebriert die Abwesenheit und das Flüchtige und setzt auf die Imagination des Publikums. Mit dem Ziel, „Sciarrino und seine Musik so weitgehend wie möglich zu verstehen“, seiner musikalischen Umsetzung von Gedanken zu Zeit, Vergänglichkeit und Leere zu folgen, begibt sich Antoine Jully in einen intensiven Probenprozess mit der BallettCompagnie Oldenburg.

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„Entwickelt ein Bild von etwas, das bereits nicht mehr da ist. So wie Sterne, die wir erst sehen, wenn sie bereits erloschen sind“, erklärt Antoine Jully den Tänzer*innen in einem Moment, in dem sie eine Bewegung ausführen, die daran erinnert, etwas in den Händen zu halten. Doch da ist nichts, nichts, woran man sich festhalten kann oder was man festhalten muss. Nur das Gefühl der Leere, die sich nun dort, wo einmal etwas gewesen ist, ausbreitet und durch die Körperlichkeit der Tänzer*innen erfahrbar gemacht wird.

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Sciarrinos Musik, die sich aus dem Nichts in das Nichts entwickelt, findet eine tänzerische Auseinandersetzung. Wie können wir Stille und Leere, die Sciarrino mit Verdichtung und Verdünnung von musikalischer Textur herstellt, körperlich erfahrbar machen?

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In einem Moment der Stille entsteht eine schnelle choreografische Folge. Die Tänzer*innen haben nur sich selbst, bewegen sich schnell um- und miteinander. Die Männer lassen die Frauen fallen, halten sie, kurz bevor sie auf dem Boden aufkommen, um sie dann wie Uhrzeiger hin und her zu bewegen.


BALLETTSeiten

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Atem und Wind(hauch): zwei wesentliche Merkmale des Vanitas-Gedankens. Beides macht sichtbar, was zuvor geschehen ist: Das Ausblasen einer Kerze, das Gefühl des Windes, der soeben vorbeigezogen ist. Antoine Jully arbeitet mit diesen beiden Elementen in seiner Choreografie und kreiert mit den Tänzer*innen „Sprünge, als würde man den Atem anhalten“ und „Rhythmen, als würde ein Wind vorüberziehen“.

Wie ein Künstler sein Stillleben malt, aus Nähe und Ferne immer wieder überprüft, auf jedes kleinste Detail und jede Anordnung genau achtet, so arbeitet Antoine Jully auch an ‚Vanitas‘, seiner neuesten Kreation. Die Tänzer*innen als lebendes Bild – als Tableau Vivant im wahrsten Sinne des Wortes – betrachtend, ordnet er sie an, setzt sich mit jeder noch so kleinen Bewegung und Berührung intensiv auseinander. Die Haltung des kleinen Fingers scheint hier genauso wichtig zu sein wie die der Füße oder des Oberkörpers. Jede*r Tänzer*in, jeder Körper ist sichtbar und spürbar. Antoine Jully arbeitet an der „Unmöglichkeit, unsichtbar zu werden“.

Bühnenbildzeichnung von Georgios Kolios

Vanitas Choreografische Uraufführung von Antoine Jully Musik von Salvatore Sciarrino: ‚Vanitas. Natura morta in un atto‘ Premiere am 25. Januar 2020, 19.30 Uhr, Großes Haus

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SchauspielSeiten

Faust kam aus der Gosse

Über einen kulturellen Frontenwechsel Ab März steht mit ‚Faust‘ eine der bedeutendsten Figuren der europäischen Geistesgeschichte auf der Bühne des Großen Hauses: Heute unverzichtbarer Teil einer gesunden Allgemeinbildung, sollte seine Geschichte in ihren Anfängen „allen hochtragenden, fürwitzigen und gottlosen Menschen zum schrecklichen Beispiel, abscheulichen Exempel und treuherziger Warnung“ dienen …

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und U sind nicht nur der zweite und der letzte Vokal im Alphabet. Sie stehen auch für die Frontlinien in einem jahrhundertealten Kulturkampf. In einer Auseinandersetzung über die Frage, was Kunst überhaupt sei und ob es in ihr unterschiedliche Stufen von Wertigkeit gäbe. E und U stehen für Ernst(haftigkeit) und Unterhaltung. Mittels dieser Unterscheidung gedachte man ausdrücken zu können, ob beispielsweise ein Roman von Anna Seghers denselben künstlerischen Wert habe wie ein Text von Rosamunde Pilcher. Ob ein Bild von Lotte Laserstein einem Batman-Comic gleichgestellt werden könne oder eine Arie von Maria Callas einem Schlager von Alexandra. Das eine war seriös, wichtig und fördernswert, das andere lediglich profan, populär und verwertbar. In der schreibenden Zunft fand man hierfür Worte wie „Höhenkamm“oder „Hochliteratur“ und stellte sie in den Gegensatz zu „Gebrauchs“- oder „Trivialliteratur“. Um aus dieser Auseinandersetzung ein wenig das Moment der Wertung von gut und schlecht herauszunehmen, wählte der Germanist Karl Eibl, angelehnt an den Soziologen Niklas Luhmann, die Begriffe „gepflegte“ und „wildwüchsige“ Literatur. Eibl schreibt: „Es gibt Literatur, die von Obrigkeit und Bildungs-Eliten gepflegt, d. h. ausgewählt, empfohlen und gefördert wird, und eine andere Literatur, die solcher Gärtner entraten muss und ohne ihre Pflege gedeiht – manchmal besser als die Geförderte.“ Ein Text, welcher jahrhundertelange Pflege und Sonne auf den Höhenkämmen der Kultur genoss, ist ganz sicher Johann Wolfgang von Goethes „Faust. Eine Tragödie“. Kein anderes Drama deutscher Sprache wurde so oft beschrieben, analysiert, gedeutet, weiterentwickelt, gepriesen und dekonstruiert. Interpretationen des Textes füllten die Abituraufsätze ganzer Generationen und für die Vielzahl an Sekundärliteratur könnte man eigene Bibliotheken bauen. Daher muss es geradezu wie ein Treppenwitz der Geschichte anmuten, dass gerade dieses Großwerk der Hochkultur seine Wurzeln im sumpfigen Milieu der wildwüchsigen Literatur hat. Im 16. Jahrhundert, wenige Dekaden nach Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg, beschränkte sich die gepflegte Literatur noch ganz auf religiöse Werke und 14

neulateinische Dichtung, die per se nur sehr Wenigen vorbehalten war. Daneben aber spross durch die nun verhältnismäßig billige Produktionsweise der beweglichen Lettern eine Vielzahl wilder Literaturformen: Schmähgedichte, Kalender, Weissagungen, Lieder, Traktate, Übersetzungen und besonders populär: die sogenannten „Volksbücher“. In ihnen waren relativ diffus „lustige“, „wunderliche“ oder „erschreckende“ Berichte über historische oder fiktive Personen gesammelt. Geschichten, Legenden und Räuberpistolen, die zuvor bereits schon über die Präsentation fahrender Bänkelsänger populär geworden waren, und welche nun in erschwinglicher gedruckter Form zu Geld gemacht werden sollten. Diese Volksbücher beinhalteten also eher Schwänke als große Erzählungen, welche heute irgendwo zwischen Groschenroman und Bildzeitung angesiedelt wären. Eindeutig eher U- als E-Kultur. Eine der bekanntesten Figuren dieser Werke war, neben dem mittelalterlichen Narr Till Eulenspiegel, ein gewisser Doktor Johann Faust, ein Wunderheiler aus dem 15. Jahrhundert, dessen reale Existenz vereinzelte Gerichtsakten belegen, über dessen genauen Hintergrund aber nicht viel überliefert ist. Als gesichert gilt nur, dass man dem Gelehrten Kurpfuscherei, Päderastie und nekromantische Praktiken vorwarf. 1587 veröffentlichte der Verleger Johann Spies in Frankfurt am Main seine ,Historia von Dr. Johann Fausten dem weitbeschreyten Zauberer und Schwarzkünstler / Wie er sich gegen dem Teufel auf eine benannte Zeit verschrieben / Was er hierzwischen für seltzame Abenteuer gesehen, selbs angerichtet und getrieben, bis er endlich seinen wohl verdienten Lohn empfangen. / Mehrerteils aus seinen eigenen hinterlassenen Schriften, allen hochtragenden, fürwitzigen und gottlosen Menschen zum schrecklichen Beispiel, abscheulichen Exempel und treuherziger Warnung zusammengezogen und in den Druck verfertiget.‘ – So der vollständige Titel des Buches. Faust war hierin noch nicht die gelehrte Respektsperson, wie wir sie später bei Goethe finden werden, sondern eher


SchauspielSeiten

ein dubioser Magier, Alchemist, Wahrsager und Scharlatan, welcher mit dem Teufel einen Pakt eingeht. Er wird damit, wie der Titel des frommen Werkes bereits erkennen lässt, vor allem als abschreckendes Beispiel für lästerliche Lebensführung herangezogen, was das Buch für die Mehrheit seiner Leser*innen vermutlich erst interessant werden ließ. Dieses Interesse führte zu einer gewissen öffentlichen Aufmerksamkeit, mehreren Auflagen und etlichen unautorisierten Nachdrucken. Eines der so entstandenen Exemplare des Spies‘schen Faust kam 1592 auch nach England, wo Christopher Marlowe auf den Stoff aufmerksam wurde. Marlowe schrieb genau wie sein Zeitgenosse Shakespeare für die Londoner Amüsierbetriebe südlich der Themse. Zwischen Tierkampfarenen und Freudenhäusern befanden sich hier die populärsten Theater der Stadt und verlangten nach immer neuen Stoffen. Das Volk wollte schließlich unterhalten werden und da kam die Sage von dem teufelsbündnerischen Quacksalber aus deutschen Landen sehr gelegen. Marlowe schrieb aus der Spies‘schen Vorlage sein ,Tragicall History of Faustus‘ und somit das erste Drama zum Faust-Thema, welches nach einigem Erfolg des Schauspiels in London über das fahrende Volk der britischen Wanderbühnen zurück nach Festland-Europa und damit auch wieder in die deutschen Staaten kam. Beinahe könnte man sagen, die große germanische Volkssage war somit eine populäre, bei den Briten veredelte Reimportware geworden und ein Engländer Geburtshelfer des „deutschen Nationalmythos“ (Die Welt, April 2018). Vor allem auf den kleinen Puppenspielbühnen, die landauf, landab über die Marktplätze des Reiches tourten, erfreute sich der Marlowe‘sche Faust großer Beliebtheit. Von dessen textlichem „Original“ dürfte allerdings nach kürzester Zeit nicht mehr viel übrig gewesen sein, da die Überlieferungen der Stücke an den Wanderbühnen meist mündlicher Natur waren. Das heißt, die Texte wurden, so wie heutzutage gute Witze, von Mund zu Mund weitergegeben und veränderten sich somit in ihrer Form jedes Mal wesentlich. Durch den hieraus resultierenden Variantenreichtum hielt sich der Faust-Stoff allerdings umso hartnäckiger und irgendwann war Doktor Faust auch keine konkrete Figur in einem Stück mehr, sondern vielmehr ein typischer Charakter, wie Hanswurst oder Harlekin, an welchem sich die Schauspieler*innen in immer neuen Zusammenhängen bedienen konnten. Er war somit von einer realen Person über die Volksbü-

cher und Bühnen zum populärkulturellen Allgemeingut geworden und damit der Inbegriff der U-Kultur. Und auch wenn diese Trennung hier noch niemand aufmachte, war seine Figur für die zahlenmäßig sehr geringe gebildete Oberschicht im 17. und 18. Jahrhundert ein volkstümliches Produkt der literarischen Gosse, fernab von hoher Kunst und französischer Regeldramatik, welche Theaterreformer*innen wie Johann Christoph Gottsched und Friederike Neuber forderten. Die Marktplätze und das Puppentheater waren Fausts Heimat, und nicht die Welt des bürgerlichen oder Hoftheaters. Es war möglicherweise genau diese Abneigung der gebildeten Welt gegenüber der Figur des Faust, welche den jungen Goethe ab 1770 reizte, in Rückgriff auf Spies und Marlowe sein eigenes Drama zu entwickeln. Die hierin beabsichtigte Grenzüberschreitung hatte vermutlich ungefähr das Ausmaß, als würde heute jemand auf die Idee kommen, ein vierstündiges Opernwerk über „ Aufstieg und Fall der Diana Spencer, Princess of Wales“ zu komponieren. Und dennoch war das Konzept bei genauer Betrachtung genial. Goethe nahm eine in der Populärkultur bis dato omnipräsente Figur und setzte diese mit lyrischer Sprache in Bezug zu den großen philosophischen und kulturellen Fragen der Zeit. Die Handlung, die er hierfür wählte, blieb mit Teufelspakt und Gretchentragödie zumindest im ersten Teil des Dramas dennoch eindeutig volksnah und somit populärer Natur. Ein kluger Schachzug, beide Welten zu bedienen. So war es vermutlich genau dieses Spannungsfeld zwischen höheren Sphären und Alltag, zwischen Religion und Räuberpistole, zwischen philosophischen Fragen und Unterhaltungskultur, das den enormen Erfolg von Goethes Drama ausmachen sollte und das bis heute Theatermacher*innen dazu verleitet, sich des Themas immer wieder neu anzunehmen. Sich dabei auch über die Herkunft Fausts aus den „Niederungen“ des Populären bewusst zu sein, ist ganz sicher nicht von Nachteil. Jonas Hennicke

Faust. Eine Tragödie. von Johann Wolfgang von Goethe Regie — Robert Gerloff Premiere am 07. März 2020, 19.30 Uhr, Großes Haus

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Das Orchester zieht sich an Unter diesem Titel erschien 1982 in den USA ein Kinder-(und Familien-)Buch von Karla Kuskin (Text) und Marc Simont (Illustration), das längst auch den deutschen Buchmarkt erobert hat und ungeahnte Kleiderfragen aufwirft.

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s ist Freitag, fast Abend. Draußen wird die Dunkelheit immer dunkler und die Kälte immer kälter. Drinnen in den Häusern und Wohnungen gehen die Lichter an. Und da und dort, in den Wohnvierteln des Zentrums und in den Außenbezirken der Stadt, beginnen sich einhundertundfünf Menschen für die Arbeit anzuziehen.“

Wer gegen die geltende Kleiderordnung verstößt (und beispielsweise Ringelsocken trägt), kann mit Geldbußen rechnen oder – wie im vielzitierten Falle einer Geigerin der Berliner Philharmoniker, deren schwarzes Oberteil mit zwei kleinen gestickten Blümchen verziert war – zumindest den Unwillen der Kollegen auf sich ziehen.

Dass hierbei von den Musiker*innen eines Sinfonieorchesters die Rede ist, erschließt sich dem Lesenden erst nach und nach – und selbst Brancheninsider sind bei der Lektüre überrascht, welche Liebe zum Detail mit dem Anlegen von Dienstkleidung verbunden sein kann. „Ich glaube daran, dass uns die festliche Kleidung hilft, uns auf die Vorstellung einzustellen. Wenn ich mich umziehe, weiß ich: Jetzt kommt es darauf an. Der Moment ist da, in dem ich alles gebe und keine Ausreden mehr gelten“, so wertschätzt eine Geigerin des Orchesters der Deutschen Oper Berlin das Ritual des Ankleidens.

Was für die Musiker*innen längst selbstverständlich ist, wirft im Publikum immer wieder Fragen auf, erzählt Birgit Rabbels, Geigerin im Oldenburgischen Staatsorchester: „Wir werden oft gefragt, warum wir eigentlich immer Schwarz tragen müssen: Das rückt mehr die Instrumente und weniger die Musiker in den Vordergrund, weil die schönen Hölzer und glänzenden Metalle der Instrumente vor dem Schwarz der Kleidung am schönsten leuchten und zur Geltung kommen. Und es geht im Konzert ja auch mehr um die Musik als um die Spieler.“

Wenn auch (vermutlich) nicht jede*r Musiker*in vor dem Konzerteinsatz ein Vollbad nimmt, so gehört zu dessen Vorbereitungen doch das Anlegen der richtigen Arbeitskleidung – und wie die auszusehen hat, ist unter §28 des Orchestertarifrechts genauestens geregelt:

Die Qual der Wahl

„Der Musiker hat bei den Aufführungen dunkle Kleidung zu tragen. Soweit […] nichts anderes vereinbart ist, gilt als dunkle Kleidung: a) Bei den Musikern: schwarzer oder dunkelblauer Anzug (Jacke und Hose aus demselben Stoff), weißes Hemd, Krawatte, schwarze Schuhe, schwarze Strümpfe. b) Bei den Musikerinnen: schwarzes oder dunkelblaues, mindestens knielanges Kleid, schwarzer oder dunkelblauer Hosenanzug (Jacke und Hose aus demselben Stoff), bzw. entsprechendes Kostüm, schwarze Schuhe, schwarze Strümpfe.“ 16

Wie so oft haben es die Frauen auch bei dieser KleiderRegelung schwerer, denn sie haben die Qual der Wahl, da Hosenanzüge, Kostüme oder sonstige – dunkle – Kleidungsstücke natürlich sehr unterschiedlichen Stils sein können. „Es ist schwierig, wirklich elegante Kleider zu finden, die zum Frack passen und vorgabengemäß lange Ärmel haben“, so weiß auch Birgit Rabbels zu berichten: „Die allermeisten Abendkleider sind schulterfrei. Wir behelfen uns mit Boleros oder Jäckchen, denn die meisten Jacken, die zu Kostümen oder Anzügen passen, haben nicht genug Armfreiheit. Aber es gibt zum Glück inzwischen viele festliche Oberteile, die es mit jeder Anzugjacke aufnehmen. Nur verstößt das im Grunde gegen den Tarifvertrag …“ Um ihren weiblichen Mitgliedern die Kleiderfrage zu vereinfachen, haben einige Orchester für sie ein einheitliches Outfit entworfen: Im Falle der Wiener Philharmoniker(innen) z. B. schwarz-grau gestreifte


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So beauftragte die Chefdirigentin des Baltimore Symphony Orchestra unlängst renommierte Designer damit, für ihr Orchester Konzertkleidung aus elastischen und atmungsaktiven Stoffen zu entwerfen, mit versetzter Knopfleiste und rückenfreier Weste …

Nadelstreifenhosen, weiße Hemden, graue Gilets und schwarze Sakkos. Vielen Musikerinnen mutet diese „Uniform“ allerdings zu männlich an. In Hosen zu spielen, empfinden jedoch viele schon seit langem als Vorteil, denn Instrumente und Kleidung müssen kompatibel sein, sonst verfangen sich Klappen im Kleiderstoff, stören Knöpfe oder sind die Ärmel z. B. für den Posaunenzug zu eng geschnitten. „ Auch für Bratschistinnen und Geigerinnen sind Kostümjacken meist zu unbequem zum Spielen. Und es fallen alle Kleiderstücke aus, die Knöpfe oder aufgenähte Perlen im linken Schulterbereich haben, sonst wird die Geige schnell zur Rassel“, lacht Birgit Rabbels. Für Cellistinnen ist eine Hose naheliegenderweise wesentlich praktischer als ein Rock. Dass die Damen eines Orchesters in Hosen spielen dürfen, ist aber noch nicht lange überall selbstverständlich: So war es den Musikerinnen der New Yorker Philharmoniker nach 175 Jahren erstmals 2018 erlaubt, bei einem festlichen Konzert in Hosen aufzutreten! (Gerade in Bezug auf das Tragen von Beinkleidern herrsch(t)en aber auch jenseits der Konzertpodien erstaunlich lange antiquierte Richtlinien: So wurde in Paris erst 2013 ein altes – allerdings in Vergessenheit geratenes – Gesetz aufgehoben, das nur jenen Frauen das Tragen von Hosen offiziell gestattete, die „entweder den Lenker eines Fahrrades oder die Zügel eines Pferdes hielten“ ...)

Ausgerechnet in der Traditionsfestung Bayreuth gilt jedoch – im Orchester – keine Kleiderordnung: Da das Festspielorchester dort im „mystischen Abgrund“ des Orchestergrabens vor den Blicken des Publikums verborgen bleibt, ist es üblich, in legerer privater Kleidung, d. h. nicht selten in Shorts, T-Shirts und Turnschuhen zu spielen, was gerade im Hochsommer natürlich sehr angenehm ist. Für die Musiker*innen, die sich in ihren Stammhäusern sonst stets nach Paragraph 28 kleiden, hat diese bemerkenswerte Besonderheit auch Einfluss auf das Musiziergefühl: „Die lässige Kleidung macht freier“, schwärmt ein Fagottist und sein Oboen-Kollege ergänzt: „Es hat etwas Frisches. Ein bisschen erinnert es an ein Jugendorchester-Treffen.“ Diese Erfahrung muss jedoch wenigen Musiker*innen vorbehalten bleiben: Es hätte gewiss manch einen Nachteil, wenn eine solche Kleiderordnung auch für alle anderen Orchesterauftritte gälte – vor allem aber wäre die Kinderliteratur um ein ganz besonderes Buch ärmer … Stephanie Twiehaus

Es geht auch ganz anders … In vielen Theatern gibt es eine Unterscheidung zwischen morgendlichen Konzerten im Schwarzen Anzug und abendlichen Auftritten im Frack. Sommerliche oder Freiluftkonzerte erlauben den Damen oft den Auftritt im sommerlich-festlichen Kleid, beim Opernball ist festliche Abendgarderobe à la Ballkleid angesagt. ‚Angesagt‘ ist hier wörtlich zu nehmen: Die Kleiderordnung steht auf dem Dienstplan. Ein Thema für alle Musiker*innen ist neben dem Bewegungsspielraum auch die Atmungsaktivität ihrer Kleidung, denn im Orchestergraben ist es warm und zu musizieren bedeutet nicht selten auch sportliche Höchstleistung. Dies führt hin und wieder zu neuen Ideen:

Das Oldenburgische Staatsorchester zieht sich demnächst an: für das 4. Sinfoniekonzert am 02./03. Februar mit Werken von Ravel, Tomasi und Tschaikowsky für das 5. Sinfoniekonzert am 01./02. März mit Werken von Beethoven, Strauss und Berlioz für das 6. Sinfoniekonzert am 22./23 März mit Werken von Mendelssohn, Grieg und Strawinsky u. v. m.

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Es werde Funkeln! Lampen, Licht und Leuchtkraft des Oldenburger Opernballs: Im ganzen Theater zaubern Lichtdesigner eine besonders festliche Atmosphäre – mit Kronleuchtern, Leuchtkugeln, Glasperlen und Goldregen ...

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itten in der dunkelsten Zeit des Jahres, genau dann, wenn sich nach Weihnachten alle Augen an das sanfte Kerzenlicht gewöhnt haben, erstrahlt das Oldenburgische Staatstheater eine Nacht lang in besonders glänzender Pracht. Für den Oldenburger Opernball sorgt die Beleuchtungsabteilung 12 Stunden lang mit mit 7 großen Lüstern, 40 Moving-Lights, 48 akkubetriebenen LED-Leuchten, 32 LED-Dekoleuchten, 400 Halogenlampen und 300 Metern Lichterkette für funkelndes Licht. Dass dem Ball hier in der Vorbereitung weit mehr vorausgeht als das profane Kommando ‚Spot an!‘, versteht sich von selbst. Was jedoch in der biblischen Schöpfungsgeschichte die Arbeit eines einzigen Tages ist, wird am Oldenburgischen Staatstheater über mehrere Wochen sorgfältig vorbereitet. Unterschiedlichste Leuchtmittel werden dazu in der dunklen Unterbühne getestet und begutachtet. Immer mit der Frage: Was zaubert eine festliche Stimmung, wie blinken die Brillanten der Gäste am schönsten, glänzen die Augen am tiefgründigsten … Während der letzten drei Tage vor dem Ball ruht der Spielbetrieb am Theaterwall. Jetzt kann aufgebaut werden und jede Minute zählt. Das 17-köpfige Team um Abteilungsleiter Steff Flächsenhaar arbeitet auf Hochtouren, um auch die hinterste Ecke des Staatstheaters in das jeweils

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spezielle Licht für die gewünschte Atmosphäre zu rücken. Künstlerisch-kreativ folgt das Lichtdesign des Balls dabei Jahr für Jahr einer bis ins kleinste Detail ausgeklügelten Dramaturgie. Beim Eintreffen der Gäste grüßt bereits von weitem das leuchtende Staatstheater. Ein Teppich aus rotem Licht,

gesäumt von lodernden Fackeln, führt die rund 1.000 Opernballbesucher*innen in die festlich glänzenden Foyers. Hier stehen die Ballgäste im Rampenlicht. Schmei-


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cheln soll dies ihnen: Jetzt heißt es bewundern und bewundert werden. Einen Stock höher, um die Theaterbar, ringen 45 Lampions mit der Blumendekoration um die besten Hängepunkte. 2,6 Tonnen Leuchtmittel bauen die Kolleg*innen aus der Beleuchtung insgesamt für den Ball in die Bühnen, Zuschauerräume und Seitenbühnen, in die Decken des Eingangbereichs und der Foyers ein. Zahlreiche Spiegelkugeln werfen in den Zuschauerräumen und auf der Sei-

tenbühne blitzende Punkte in den Raum. Die Tischchen um die Varietébühne im Parkettfoyer werden mit kleinen Tischlampen in plüschiges Muschebubu-Licht getaucht. Und auf der Bühne im Großen Haus steht alles im Zeichen des Showeffekts: Lüster mit über 30.000 Glasperlen schweben im Nebel zur Barockmusik herab und ein Lichter-Goldregen aus dem Schnürboden eröffnet nach dem Galakonzert die rauschende Ballnacht. Angela Weller

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Die Theater-Bande ist wieder da! Ein Interview mit Marc-Oliver Krampe vom Staatstheater, Felix Worpenberg vom theater wrede + sowie Anika Kind und Uta Lorenz vom Theaterhaus Hildesheim

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om 14.-17.5.2020 ist in Oldenburg wieder Festivalzeit! Das BANDEN!-Festival geht in die zweite Runde und weil die Theater-Bande mittlerweile größer geworden ist und das theater wrede + und dessen Nachwuchs-Förderprogramm flausen + als neues Bandenmitglied miteinsteigt, heißt es jetzt auch anders: flausen+ BANDEN!-Festival ist der Name unserer neuen performativen Allianz. Neben aufwändigen Koproduktionen und Gastspielen arrivierter Künstler*innen und Gruppen am Staatstheater wird es diesmal auch ein umfangreiches Nachwuchs- und Akademie-Programm im theater wrede + geben, welches die jungen Wilden der Freien Szene sowie in Kooperation mit Universitäten Studierende aus ganz Deutschland nach Oldenburg holt. Als weiterer Kooperationspartner für die Durchführung dieser PERFORMING ARTS ACADEMY ist das Theaterhaus Hildesheim mit dabei, welches zwei Performancegruppen aus seinem NachwuchsFormat „deBühne“ beim Festival präsentieren wird. Gemeinsam gestaltet diese Bande vier Tage lang volles Programm in allen Spielstätten des Staatstheaters, des theater wrede + sowie dem Edith-Russ-Haus für Medienkunst, dem Forum St. Peter und in den Schlosshöfen.

Wie ist es zur Zusammenarbeit zwischen Oldenburgischem Staatstheater, Theaterhaus Hildesheim und theater wrede + gekommen? MARC-OLIVER KRAMPE: Nach dem letzten Festival haben wir eine Evaluation in allen Abteilungen, unter den teilnehmenden Künstler*innen und Studierenden gemacht. Letztere haben uns zurückgemeldet, dass sie es erstaunlich fanden, dass wir mit dem theater wrede + einen bundesweit bekannten Player im Bereich Nachwuchsförderung vor der Tür haben, aber keine Zusammenarbeit stattfindet. Das leuchtete mir ein und so war schon am nächsten Tag mein erster Weg der zu Winfried Wrede, der mich mit offenen Armen empfangen hat. Winfried hatte dann die Idee, auch die Kolleg*innen vom Theaterhaus Hildesheim anzusprechen. Daraus ist dann eine sehr intensive Zusammenarbeit entstanden und eine tolle Professionalisierung des Nachwuchsprogramms des Festivals.

Wie verortet ihr euch in der Zusammenarbeit bzw. was bringt ihr mit? 20

MOK: Wir vom Staatstheater bringen mittlerweile eine gute Erfahrung in der Zusammenarbeit mit der Freien Szene mit. Das BANDEN!-Prinzip der Vermischung der Theaterformen und –institutionen, der breiten Vernetzung auch mit der Stadtgesellschaft lässt nachhaltige Arbeitsbeziehungen und ein tolles Netzwerk entstehen, wovon auch die Zuschauer profitieren, durch eine signifikante Anreicherung des kulturellen Angebotes in der Stadt. FELIX WORPENBERG: Wir vom theater wrede + sind auf zwei Wegen involviert: Als Freies Theater aus Oldenburg, das seit vielen Jahren eine eigene Spielstätte in der Klävemannstrasse betreibt, und mit unserem Modellprogramm flausen+, das wir 2011 gegründet haben. flausen+ bietet bundesweit Forschungsstipendien für Künstler*innen aus den Bereichen Theater, Tanz und Performance an und ist damit ein wichtiges Förderangebot. Das Modell setzt Standards durch aufeinander aufbauende Module: Neben den Stipendien zur szenischen Forschung auch ein Koproduktionsmodell zur Entwicklung eigener Stücke sowie ein Tourneemodell in den 24 Theatern des flausen+bundesnetzwerks. Mit Partner-Institutionen erarbeiten wir gerade einen internationalen Austausch. Alles mit dem Ziel, die Zukunft der freien Darstellenden Künste zu diskutieren und nachhaltig zu verbessern. Dieses Ziel verbindet uns mit dem BANDEN!-Prinzip vom Staatstheater, das Zusammenwirken beider Modelle hier in Oldenburg ist deshalb etwas sehr Besonderes! ANIKA KIND: Das Theaterhaus ist die Spiel- und Produktionsstätte für Freies Theater in Hildesheim. Die Freie Szene ist unser Metier, hier kennen wir uns aus und setzen uns mit aller Kraft für sie ein. Wir freuen uns immer, wenn wir unser Netzwerk erweitern können und sind immer offen, andere Strukturen kennenzulernen. Die Förderung und Forderung des künstlerischen Nachwuchses liegen uns am Herzen. Und daher liegt unser Schwerpunkt beim flausen+ BANDEN!-Festival auch im Nachwuchsprogramm und der PERFORMING ARTS ACADEMY. Wir freuen uns, dass unsere beiden deBühneGruppen der aktuellen Spielzeit ihre Produktionen beim Festival dem Oldenburger Publikum präsentieren können.

Was ist das Besondere an der Kooperation zwischen Staatstheater und Freier Szene? MOK: Viele Stadt- und Staatstheater in Deutschland ha-


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ben sich mittlerweile künstlerisch geöffnet und arbeiten mit der Freien Szene zusammen. Bundesweit einzigartig ist, dass wir als Staatstheater uns regelmäßig die Arbeitsweisen der freien Szene aneignen, da sind wir tatsächlich die einzigen. Wir brechen unsere gewohnte Routine in Bezug auf die Probenprozesse und die Disposition auf und erweitern somit unsere organisatorische Flexibilität und eben durch die Ästhetik der freien Gruppen unser künstlerisches Portfolio. Die freien Gruppen wiederum profitieren von unseren Ressourcen und Expertisen und können so eine ganz andere Strahlkraft entwickeln. Somit arbeiten wir wirklich auf Augenhöhe miteinander, jeder bringt ein, was er am besten kann. Im Idealfall bekommt das Publikum so das Beste aus beiden Welten. AK: Ich glaube, das „Theater der Zukunft“ von dem gerade so oft die Rede ist, muss die Qualitäten und Potenziale seiner beiden Szenen nutzen und sie nicht gegeneinander ausspielen. Es ist wichtig, dass sich Stadt- und Staatstheater und Freie Szene auf Augenhöhe begegnen und auch die Arbeitsweisen des jeweils anderen kennen lernen.

Was erwartet das Publikum in diesen vier Tagen? MOK: Ungewohnte, überraschende, herausfordernde, beglückende Seh- und Wahrnehmungserfahrungen, viel Raum zum einander Begegnen, miteinander Reden, sich auch selbst Ausprobieren, Tanzen, Mitsingen, Staunen. FW: Und es gibt nicht nur besondere Aufführungen zu sehen, die sonst nicht den Weg nach Oldenburg finden, sondern auch neue Räume oder bekannte Orte in einem anderen Licht zu entdecken.

Worum geht es bei der Performing Arts Academy? FW: Die Akademie ist keine Uni-Veranstaltung, wie der Titel vielleicht vermuten lässt, auch wenn viele Studierende daran mitwirken, das Programm der Akademie zu realisieren. Sie soll beim Festival einen sinnlichen und inhaltlichen Raum eröffnen, der die Bandbreite des Theaters und vor allem die Verknüpfungspunkte zwischen Freien Theatern und Staatstheater erlebbar macht: Es werden Gastspiele junger, talentierter Theatergruppen und Performance-Künstler*innen gezeigt, Nachgespräche zu den Stücken angeboten und brandaktuelle Themen in Workshops und Vorträgen diskutiert. Unter dem Dach der Akademie treffen Nachwuchs-Künstler*innen, Publikum, etablierte Theatergruppen und Studierende aus verschiedenen Disziplinen aufeinander. Es werden also vier sehr

spannende Tage. AK: Die Akademie soll vor allem ein Ort für den Austausch, für Diskussion und den Wissenstransfer sein. Wir wollen auf Augenhöhe mit den Teilnehmenden ins Gespräch kommen. UTA LORENZ: Aber sie ist eben auch die Möglichkeit, neue experimentelle Formate zu entdecken, ausgetretene Wege zu verlassen und in die Zukunft zu blicken.

Was ist euer besonderes Highlight des flausen+ Banden!-Festivals? MOK: Ich freue mich besonders auf unsere beiden Koproduktionen mit der Werkgruppe 2 und der Costa Compa-gnie. Und auf die großartige, wilde, berauschende Sängerin Cora Frost mit ihrem queerfeministischen Programm, in dem sie als Mann auftritt, als Peter Frost. Und auf die Performances des wirklich vielversprechenden Nachwuchses im theater wrede +. Und darauf, dass ca. 70 Gastkünstler*innen und 50 Studierende aus ganz Deutschland Oldenburg ein bisschen aufmischen werden! FW: Für mich sind viele Highlights dabei, auf die Akademie bin ich aber besonders gespannt! AK: Eigentlich ist für mich ein Highlight gerade schon unsere sehr produktive Zusammenarbeit. Also der Weg zum Festival. Aber natürlich freue ich mich auch schon sehr auf das Festival selbst, mit all seinen spannenden Performances. Und ich bin auf das Publikum gespannt und ob wir es schaffen, die Oldenburger*innen zu überzeugen. UL: Ich bin gespannt auf die Diskussionen, die wir anstoßen und auf den Input der Künstler*innen außerhalb der Freien Szene und des Publikums.

Nennt Flausen von Euch ... ? MOK: Ich muss auf Festivals immer zwanghaft möglichst viele der coolen Merchandise-Bleistifte abgreifen. Wenn es bei flausen+ BANDEN! also keine mehr geben sollte, wisst ihr, wer wahrscheinlich schuld ist! FW: Ich lasse mich immer von einem Festival wie dem flausen+ BANDEN!-Festival einsaugen und will von Anfang bis Ende dabei sein ohne etwas zu verpassen. AK: Ich gestikuliere immer wild beim Reden und wenn ich nervös, gestresst oder aufgeregt bin, wird es schlimmer ;-) UL: Ich mag ja heißen Kaffee sehr gerne. Dann lasse ich mich ablenken und mein Kaffee wird immer kalt. Naja, kalter Kaffee soll bekanntlich schöner machen … Marc-Oliver Krampe

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Raum nehmen Über unsere Wahrnehmung von Bühnenbildern und Theaterräumen

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heater kreiert Denkräume und versetzt uns in andere Zeiten, Welten oder Räume. Um uns diese Imagination überhaupt zu ermöglichen, braucht es neben den Darsteller*innen einen fiktiven Raum, in dem sie agieren. Diese Aufgabe wird in erster Linie vom Bühnenbild übernommen, das uns visuell in diese Denkräume einführt und unsere Vorstellungskraft unterstützt. Ein inszenierter Raum kann durch die gewählte Kulisse unterschiedliche Funktionen haben. Von einer Bebilderung der Texte, durch eine illustrierende Dekoration über eine „subjektive Architektur“, die szenische Vorgänge befördert oder gar beeinflusst, bis zu Rauminstallationen, die eine szenische Anordnung ermöglichen. Dabei kann ein Bühnenbild, genau wie die Sprache, die szenische Handlung ebenso räumlich wie zeitlich definieren. Darüber hinaus können Bühnenbilder Stimmungen kreieren, die eine Setzung für Szenen oder Rollen in der Geschichte ermöglichen. Vielleicht erinnern Sie sich an das kühlbedrohlich wirkende durchsichtige, genähte Haus, das auf der ansonsten sehr reduzierten Bühne von ,Die Marquise von O.…‘ hing? Dort wurde eine Raumatmosphäre geschaffen, die in ihrer Reduziertheit Denkräume eröffnete und die Tragik der Geschichte vorausahnen ließ. Bühne einer Bosmos-Produktion

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Gerade die Reduktion auf der Bühne kann Regisseur*innen und Darsteller*innen in deren Herangehensweisen an das Stück und die Rollen mehr Freiheit und der Fantasie der Zuschauer*innen mehr Raum bieten. In dem Moment, in dem Räume nur angedeutet werden, bleibt es der Fantasie der Zuschauer*innen überlassen, sich in diese hineinzudenken, sie in Gedanken zu ergänzen und so durch die in der Fantasie gewählte Ausstattung auch zu definieren. Würde man zehn Besucher*innen nach einem Theaterbesuch um eine Zeichnung ein und desselben auf der Bühne nur angedeuteten Raums bitten, erhielte man zehn sehr verschiedene Bilder und damit auch zehn unterschiedliche Definitionen der auf der Bühne dargestellten Szene, da private Erfahrungen den Figuren und dem Stück so eingeschrieben werden. Den meisten Bühnenbildern ist gemeinsam, dass sie in den seltensten Fällen als eine eigenständige Kunstform wahrgenommen werden und dass die Intention und ihre Wirkung auf die Besucher*innen immer durch die Interaktion der Darsteller*innen im inszenierten Raum wahrgenommen werden. Durch das Handeln und Bege-


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Szenenfotos von ,Marquise von O …‘

hen der Bühne durch die Akteure wird der Raum für die Zuschauer*innen erst erlebbar. Nur selten gibt es Momente, in denen das Bühnenbild als installative Kunstform alleine auf die Zuschauer*innen wirkt und als für sich stehend wahrgenommen werden kann. Einen unmittelbareren Zugang bietet die Form des akustischen Theaters, die das deutsch-niederländische Künstlerduo BOSMOS, bestehend aus Lars Unger und Wilko Alkema, erschaffen hat. Sie kreieren mit ihren Projekten Räume und Kompositionen, die auf der Schnittstelle zwischen Theater, Konzert und Installation funktionieren.

Diese ermöglichen es den Besucher*innen, die geschaffenen Bühnen, geführt durch eine Stimmen-, Klang- und Lichtdramaturgie, unmittelbar wahrzunehmen, sich den einzelnen künstlerischen Objekten zu widmen und sich so einen individuellen Zugang zu dem Gesehenen anzueignen. Dazu fertigten die beiden bisher schrille Kompositionen aus Licht, Objekten und komponiertem Klang, die auf deutschen und niederländischen Festivals, in Clubs oder Theatern gezeigt wurden. Am Oldenburgischen Staatstheater wird BOSMOS sich in ,The Black Performance‘ erstmals mit der Reduktion von Farbe und Klang beschäftigen, damit, was mit einer Bühne und einem Raum geschieht, wenn er der sich der Bilderflut und dem Rezeptionsverhalten unserer Zeit entzieht. In einem komplett schwarzen Raum begegnet man den Eindrücken im Moment, erahnt Konturen. Von Objekten. Von Stimmen. Ohne einer stringenten Handlung oder Darsteller*innen zu folgen, baut sich so eine feingliedrige „Klangkompositon der Stille“ auf: Nur wir, der Raum und die Musik. Gesine Geppert

ThE BLacK PERFORMaNcE von BOSMOS Premiere am 22. Februar 2020, 19 Uhr, Spielraum

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Quantum Leap (UA) BallettCompagnie Oldenburg in ,Quantum Leap‘

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WG-SCHNACK Kammerschauspielerin Elfi Hoppe und AHB-Schauspielerin Rita Martens alias Robyn und Sharon stellen ihre Alter Egos für ein Exklusiv-Interview zur Verfügung. Sie schlüpfen in die beiden Hauptrollen, die sie in dem zweisprachigen Schauspiel ‚De Ruum-Maten/The Roommate‘ verkörpern und kommen miteinander ins Plaudern. In dem folgenden Gespräch lernen Sie Sharon aus Iowa City und ihre neue Mitbewohnerin Robyn aus der Bronx (New York) näher kennen. Was verbinden Sie mit Iowa? ROBYN Ich denke an weite offene Himmel und Aufstehen im Morgengrauen … SHARON Iowa steiht för Mais un Platz. ROBYN Hier möchte ich alles hinter mir lassen.

Verraten Sie Ihr Alter? ROBYN Ich bin aus der Bronx! SHARON Ik bün 62. Quasi mit een Been in `t Graff. ROBYN Sharon, du musst aufhören, dich für praktisch tot zu halten. Du bist 10 Jahre jünger als der aktuelle US-Präsident. Also hör auf, dich zu mumifizieren. SHARON Wi sünd ole Lü. ROBYN Wir?

Haben Sie ROBYN SHARON ROBYN Sharon ROBYN SHARON

Hobbys? Ich ziehe Pflanzen. Aha! Wi kunnen `n Goorn anleggen. Ich mache nicht nur das. Ich schreibe SlamGedichte und trage sie vor. Is ja gewaltig. Und was machst du? Ik wahn hier. Dat süht een ja.

Was machen Sie beruflich? SHARON Ik bün Mudder. ROBYN Ich war mal Töpferin. Aber ich habe aufgehört, weil ... das war keine Lebensweise. SHARON Woso? Düsse Figuren sünd würklich utdrucksstark. ROBYN Utdrucksstark? SHARON Ja, de drückt wat ut. ROBYN Eigentlich sind das Voodoo-Figuren. SHARON Voodoo??? ROBYN Töpferin sein ist manchmal sehr stressig.

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Welche Stärken haben Sie? ROBYN Ich bin richtig gut mit Autos, sowohl beim Klauen als auch beim Ausschlachten. SHARON Ik wer bi Walmart. Ik heff `n Scheetiesen köfft. ROBYN Kannst du überhaupt mit einer Waffe umgehen? SHARON Ik heff mi dat up Youtube ankeken. Dat sührt gornich so swoor ut. ROBYN Ach du Scheiße! SHARON Wi sünd hier in Iowa, hier hebbt se all’n Scheetiesen.

Haben Sie Träume? SHARON Wohrschienlich will jeedeen van vörn anfangen. All Brücken achter sik afbreken un van vörn anfangen. ROBYN Ich dachte, vielleicht züchte ich Bienen oder ein Schaf oder eine Kuh oder sonst was. SHARON Ik wull immer Spionin weren. La femme Sharon.

Wann hatten Sie Ihr letztes Date? SHARON As ik heiraadt heff. Un wi weet ja, wo dat utgahn is. ROBYN Du hattest noch nie ein Online-Date? SHARON Dat gifft Serienmörders in’t Internet! ROBYN Ich helfe dir die Bewerber zu sichten, damit du nicht plötzlich einem Serienmörder gegenübersitzt. SHARON Ik gah na’n Date, wenn du mitgeihst. ROBYN Das war schon auf dem College peinlich.

Und wie sieht Ihr Beuteschema aus? ROBYN Ich war mit einem Mann verheiratet. SHARON Aver denn hest du markt, dat du lesbisch büst? Un van em weg?


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Die beiden Hauptdarstellerinnen Rita Martens und Elfi Hoppe mit Gewandmeisterin Sabine Klemm und Kostümbildnerin Ann-Christin Bausch bei der ersten Kostümanprobe zu dem Schauspiel ‚De Ruum-Maten/The Roommate‘. v.l.n.r.: Sabine Klemm, Rita Martens, Elfi Hoppe, Ann-Christin Bausch

ROBYN SHARON ROBYN

Nein, wir waren verliebt. Es hat schlimm geendet. Aber wir haben uns geliebt. Büst du bisexuell? Ich sage nur … Man findet bestimmte Wor- te für sich, weil das einfacher ist, als keine zu haben. Aber das heißt nicht, dass diese Worte immer ganz treffend sind.

Was sagen Sie zum Thema Drogengenuss? SHARON Af un an een Johnny Walker. ROBYN Ich bin abstinent. Meine Zeiten mit Alkohol sind vorbei. SHARON Aver du nimmst Drogen. ROBYN Ich behandle mich selbst mit Heilkräutern. Zu Drogen werden Heilkräuter erst unter einem kapitalistischen Wirtschaftssystem. SHARON Ik heff noch nienich so wat smöökt.

Wie sehen Sie sich selbst als Mensch? ROBYN Ich wurde geboren als formbare, wandelbare Schablone. SHARON Is dat ’n Gedicht? ROBYN Was ich tue, muss ich einfach tun, keine halben Sachen. Einfach springen. SHARON So as eenfach Ümtrecken nach Iowa? ROBYN Wie einfach umziehen nach Iowa. Dorothee Hollender

De Ruum-maten/The Roommate von Jen Silverman Deutsch von Barbara Christ Niederdeutsch von Hartmut Cyriacks und Peter Nissen Regie — Dorothee Hollender Premiere am 02. Februar 2020, 18.30 Uhr, Kleines Haus

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Neue Wege – eine Reise für die Unabhängigkeit Für die großangelegte filmisch-journalistische Performance der Costa Compagnie (Berlin/Hamburg) ist Schauspielerin Agnes Kammerer nicht nur weit gereist, sondern hat sich gänzlich aus dem gängigen Probenprozess und -rhythmus des Theaters gewagt. Das aus drei Teilen bestehende Projekt ,Fight (for) Independence‘ dreht sich um das Thema „Unabhängigkeit und Selbstbestimmung“: Was bedeutet Unabhängigkeit heute, wofür und von wem? Wollen wir dafür oder dagegen kämpfen? und wie wirkt der Kolonialismus, Ursache vieler Unabhängigkeitsbewegungen, bis heute fort? Für den zweiten Teil ,Independence for You‘ führte die sechstägige Reise Agnes Kammerer mit ihrem Kollegen Jens Ochlast und der Costa Compagnie nach Katalonien. Im Interview mit Caroline Schramm erzählt sie über ihre Reise und die neuen Herausforderungen als Schauspielerin. bereitet, man weiß ja einfach nicht, wie die Menschen auf einen reagieren werden. Nach unserer Ankunft in Barcelona haben wir uns in einem Mietauto auf den Weg nach Santpedor gemacht, eine Stadt, die etwa eine Stunde nördlich von Barcelona liegt. Dort hat ein Straßen- bzw. Volksfest stattgefunden. Bei diesem Fest konnten wir eine typisch katalanische Tradition, die „Castells“ miterleben, das sind mehrstöckige Menschenpyramiden, die in wahnsinniger Geschwindigkeit errichtet werden. Wir haben mit den Vereinen, die an dem Fest teilgenommen haben, gesprochen und die Menschen direkt auf der Straße befragt. Hieraus ist dann ein sehr spontanes Interview entstanden, das wir in einer Seitengasse aufgenommen haben. Caroline Schramm: Agnes, wie hast du dich auf die Reise vorbereitet und mit welchem Ziel seid ihr gestartet? Agnes Kammerer: Zu den Reisevorbereitungen gehörte eine einwöchige Recherchephase, in der wir uns natürlich mit der Thematik und der politischen Situation in Katalonien beschäftigt haben, aber vor allen Dingen haben wir E-Mails geschrieben an Menschen vor Ort – Kunstschaffende, Aktivist*innen und auch Parteimitglieder –, um Interviewpartner*innen zu gewinnen. Die Kontakte haben wir zum Großteil über Felix Meyer-Christian bekommen, der für die künstlerische Leitung (sowie Text und Recherche) des Projekts verantwortlich ist. Wie ging es nach dieser Vorbereitungswoche weiter? Wir sind dann zu viert – mein Kollege Jens Ochlast, Felix Meyer-Christian (Regie), Philine von Düszeln (die Kamerafrau) und ich – nach Barcelona aufgebrochen. Im Gepäck hatten wir das gesamte Kamera-Equipment und jede Menge Aufregung, denn egal, wie gut man sich vor28


SchauspielSEITEN

Ihr habt euch für eure Arbeit sofort mitten in das Geschehen begeben, hat sich das die ganze Zeit so fortgesetzt? Im Prinzip ja. Nach drei Tagen auf dem Land sind wir dann nach Barcelona zurückgefahren und haben dort u. a. eine Demonstration anlässlich des zweiten Jahrestages des Referendums für die Unabhängigkeit Kataloniens gefilmt. Insgesamt haben wir wirklich von morgens bis abends Gespräche aufgenommen sowie Landschaftsund Umgebungsaufnahmen gemacht. Wie hast du die Stimmung während eurer Reise wahrgenommen, wie präsent ist das Thema der katalanischen Unabhängigkeit? Ich würde sagen, dass das Thema omnipräsent ist. Überall sieht man Fahnen (sowohl die katalanische, als auch die zentralspanische), gelbe Schleifen (das Symbol der Unabhängigkeitsbewegung) und Schriftzüge auf Wänden und Straßen. Die persönlichen Haltungen waren sehr unterschiedlich, wir sind auf Befürworter wie auf Gegner der katalanischen Unabhängigkeit gestoßen. Selbst innerhalb von Familien herrscht nicht unbedingt ein einheitliches Stimmungsbild. In Barcelona haben wir einen 84-jährigen Psychoanalytiker und Freudianer interviewt, der noch das Franco-Regime miterlebt hat und ein starker, sehr emotional betroffener Befürworter der Unabhängigkeit ist. Seine Tochter hingegen, die die Zeit während Franco nicht erlebt hat, war wesentlich gemäßigter eingestellt und befürwortet die Unabhängigkeit nicht vorbehaltlos. Wie gestaltet sich bei diesem Projekt deine Arbeit und wo liegt der Unterschied zum klassischen Probenprozess? Der Probenprozess erstreckt sich über einen viel längeren Zeitraum, weil wir in mehreren Blöcken an dem Projekt arbeiten und proben. Der erste Block zum Beispiel hat be-

reits vor über einem Jahr mit einem Vorbereitungsworkshop stattgefunden. Und auch die Anforderung an mich als Schauspielerin ist ganz anders als sonst. Der Text für unsere Performance wird aus dem Interview- und Recherchematerial entstehen und zum Schluss werde ich auf der Bühne nicht in eine Rolle schlüpfen, sondern vielmehr das Sprachrohr für unterschiedliche Sichtweisen sein, ich habe also eher eine berichterstattende Funktion. Während unserer Reise kam dann noch hinzu, dass ich lernen musste, mit dem ganzen technischen Kamera-, Ton- und Licht-Equipment umzugehen, was eine ziemliche Herausforderung war. (lacht) Besonders spannend bei dieser Arbeitsweise ist für mich der Perspektivenwechsel, den ich vollziehen muss: Erst begebe ich mich als Außenstehende in eine befragende Position und fange die Meinungen und Gefühle der Gesprächspartner*innen ein, um dann genau daraus gemeinsam mit meinen Kolleg*innen von der Costa Compagnie und vom Staatstheater etwas zu entwickeln, dem ich auf der Bühne dann wiederum meine Stimme leihen kann. Caroline Schramm

Independence in Space Premiere am 11. Januar 2020, 18 Uhr, Edith-Russ-Haus ‚Independence in Space‘ ist ein Teil der vierteiligen Kooperation des Staatstheaters mit der Costa Compagnie und dem Staatstheater Nürnberg. Die anderen drei Teile, ‚Independence for All‘, ‚Independence for You‘ und ‚Independence in VR‘ werden vom 14.-17. Mai 2020 in der Exerzierhalle im Rahmen des flausen+ BANDEN! – Festivals gezeigt. Gefördert im Fonds Doppelpass

KULTURSTIFTUNG DES BUNDES

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OPERNSeiten

Hinrich Horstkotte – Ein Multitalent Nach Verdis ‚Rigoletto‘ 2018 kehrt Hinrich Horstkotte als Regisseur und Ausstatter von ‚Rusalka‘ ans Oldenburgische Staatstheater zurück: Zeit für ein Gespräch mit Musikdramaturgin Annabelle Köhler über vielfältigste künstlerische Impulse und das Entstehen einer neuen Produktion. Annabelle Köhler: Erinnerst Du Dich noch an Deinen ersten Theaterbesuch? Hinrich Horstkotte: Meine ersten Theaterbesuche waren, wie früher bei den meisten Kindern, natürlich Puppentheatervorstellungen und auch Aufführungen des Mitte der 1970er-Jahre sehr innovativen Berliner Grips-Theaters, welches wir schon im Kindergarten regelmäßig besuchen durften. Mein erster Opernbesuch mit vier Jahren hat mich offenbar außerordentlich beeindruckt (natürlich ‚Hänsel und Gretel‘), angeblich habe ich mich nach der Vorstellung geweigert, den Zuschauerraum zu verlassen, weil ich es in der Oper viel besser fand als anderswo. All die frühen Theatererlebnisse haben einen absolut prägenden Eindruck bei mir hinterlassen, und ich denke, dass sich das schon in meiner frühen Kindheit als die für mich beste Ausdrucksform gezeigt hat. Ich habe das Glück gehabt, in (West-)Berlin aufgewachsen zu sein, in dem es damals ein überreiches Angebot an Theater, Oper und Konzerten gab, das für Schüler für ganz wenig Geld zugängig war. So habe ich als Kind, eigentlich ohne mir der Besonderheit dieses Angebots bewusst zu sein, viele hochkarätige Aufführungen, etwa die Stein-Inszenierungen an der Schaubühne, etliche Konzerte der Philharmoniker mit Karajan, Bernstein, Giulini, Abbado etc., und viele, viele große Sänger wie Gruberová, Janowitz, Lorengar, Norman, Popp, Várady, Domingo, Kraus, Pavarotti, Schreier, Bruson, Cappuccilli, FischerDieskau, van Dam, Greindl etc. regelmäßig erleben können. Und einen sehr großen Eindruck haben das japanische Nohund Kabukitheater bei mir hinterlassen, als ich mit 8 Jahren für fast drei Monate in Japan war. Das für mich bedeutendste Theatererlebnis war ein Gastspiel von Chéreaus ‚Hamlet‘Inszenierung in Berlin, die mir unvergesslich ist. Wann keimte in Dir erstmals der Gedanke auf, die Kunst zu Deinem Beruf zu machen? Eigentlich kann ich mich an keine Zeit erinnern, zu der ich einen anderen Berufswunsch, als am Theater zu sein, gehabt hätte, und das Ziel, einmal Regisseur werden zu wollen bildete sich schon früh heraus. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie mir ermöglicht haben, diesen Weg einzuschlagen.

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Wie sah der erste Schritt in diese Richtung aus? Ich hatte, angeregt und ermutigt vom Salzburger Marionettentheater, schon als Kind Gelegenheit, mit einem eigenen Marionettentheater die ersten eigenen Schritte unternehmen zu können, und habe damit auch einige Jahre lang professionell gearbeitet. Später durfte ich mehrfach am Salzburger Marionettentheater inszenieren, und so hat sich die Arbeit mit Marionetten (wie übrigens bei einigen Regisseuren) als eine ganz wichtige Vorstufe zu meiner beruflichen Tätigkeit heute bewährt. Von 1992 bis 1998 folgte ein Studium in den Fächern Bühnenbild und -kostüm sowie Dramaturgie an der Akademie der Bildenden Künste in München, zunächst bei Ekkehard Grübler, dann bei Karl-Ernst und Ursel Herrmann. Gibt es – neben der künstlerisch-fachlichen Ausbildung – etwas, was Dir Deine Lehrer*innen mit auf den Weg gegebenen haben und was Dich seitdem in besonderer Weise begleitet? Ich habe mich ganz bewusst über das Bühnen- und Kostümbild meiner heutigen Tätigkeit genähert und bin den Herrmanns sehr dankbar, dass sie mich nach dem Studium nicht als Bühnenbildassistent, sondern als Regieassistent mitgenommen haben. Ich hatte während des Studiums in München Gelegenheit, in den Semesterferien im kulturell so reichen Berlin der Nachwendezeit meine ersten Regieversuche mit einem eigenen Ensemble unternehmen zu können und wurde darin sehr von meinen Lehrern bestärkt und unterstützt. Von den Herrmanns wurde mir besonders ein sehr genauer, texttreuer Zugang zu den Stücken vorgelebt, eine ausführliche, dramaturgische Vorbereitung jeder Inszenierung, und sicher konnte ich sehr von ihrem unbestechlichen Sinn für Proportionen profitieren. Von vielen, vielen Gesprächen über jedes noch so kleine musikalische oder szenische Detail und ihrer analytischen Genauigkeit zehre ich noch immer. Inzwischen warst Du selbst auch schon vielfach als Dozent tätig. Was ist Dir dabei besonders wichtig? Ich habe ja sowohl Bühnenbildner als auch Sänger*innen (in szenischer Darstellung) unterrichtet, und war bemüht, einen genauen, ich möchte sagen, „demütigen“ Zugang zu


OPERNSeiten

den Stücken zu vermitteln. Bei aller kreativen Freiheit finde ich es wichtig, seine Ideen immer wieder an den Vorgaben des Stückes zu messen und nur dann in die vorgegebene Form einzugreifen, wenn man den eigenen Zugang für richtiger, wichtiger hält. Größtmögliche Natürlichkeit und innere Logik stehen damit, gerade in der Lehre, im Mittelpunkt. Wodurch wurde der Schritt zur Regie ausgelöst? Wie gesagt, war der eigentlich immer vorgegeben, und in meinen ersten eigenen Theaterarbeiten stand die Regie im Vordergrund. Ich habe die Arbeit als Bühnen- und Kostümbildner quasi als Eintrittskarte in die professionelle Theaterwelt genutzt, denn als solcher hat man auch ohne eine szenische Umsetzung Bildmaterial vorzuweisen, während man als Regisseur in der Theorie natürlich wenig präsentieren kann, solange man keine eigenen Inszenierungen gemacht hat. Ich hatte das Glück, dass mir ein paar Intendanten schon sehr früh eigene Regiearbeiten angeboten haben, insofern habe ich von Anfang an beides gemacht. Ich bin als „nur“ Bühnen- und Kostümbildner auch gleich mit relativ großen Stücken eingestiegen (Massenet, Strauss, Puccini etc.), als Regisseur debütierte ich professionell am Schauspiel, bin aber gleich danach zur Oper umgeschwenkt, und dabei ist es, von ein paar Ausnahmen abgesehen, bis heute geblieben, obwohl ich sagen würde, dass meine prägenden Theatererlebnisse, was Inszenierungen betraf, eher im Schauspiel lagen (Brook, Strehler, Mnouchkine, Chéreau, Stein, Bondy …). Wie näherst Du Dich einem neuen Stück an? Tatsächlich steht bei mir ganz am Anfang meist ein Bild. Ich bin ja mit den meisten Opern als Liebhaber vertraut (und profitiere dabei von meiner ziemlich umfangreichen CD-Sammlung), und insofern ist es fast immer so, dass eine vage, bildliche Idee beim Kennenlernen eines Stückes entsteht. Diese bringe ich zu Papier und fange dann an, das Werk gewissermaßen einzukreisen. Ich arbeite mich (wie üblich) durch die Sekundärliteratur und versuche, mir auch kunstgeschichtlich ein möglichst umfassendes Bild von den Umständen seiner Entstehung zu machen. Ich bin auch ein leidenschaftlicher Filmliebhaber und finde in diesem Bereich oft wertvolle Anregungen. Durch meine Arbeit als „ Ausstatter“ – ich arbeite seit ein paar Jahren gerne mit anderen Bühnenbildnern zusammen, die Kostüme entwerfe

ich allerdings immer selbst, sie sind nach meinem Empfinden untrennbar mit der Regie verknüpft – kommt dann die Ausarbeitung und Vorbereitung von Bühne und Kostüm, und auch dabei setzt man sich sehr intensiv und schon ziemlich detailliert mit den Szenen auseinander. Unmittelbar vor Probenbeginn arbeite ich dann mein Regiebuch durch, immer nach der Prämisse, mit möglichst konkreten Vorstellungen auf die Probe zu kommen, gerade weil man sich dann ganz entspannt die Freiheit erlauben kann, auf ganz ungeahnte Entwicklungen auf der Probe einzugehen. Dass man dann bei der Technischen Einrichtung und beim Beleuchten noch einmal auf Abstand gehen kann, ist ein mir besonders teurer Abschnitt in jeder Arbeit, auch weil man hier erst wieder zurück zu den ersten Skizzen geht und meist überrascht feststellt, dass man nur ganz selten von den ersten, intuitiven Ideen abrückt. Was macht für Dich den besonderen Reiz von ‚Rusalka‘ aus? Worauf legst Du den Fokus Deiner Inszenierung? Natürlich bin ich als Kind von Andersens ‚Kleiner Meerjungfrau‘, die Kvapil als Hauptquelle für sein Libretto diente, verzaubert worden. Als Jugendlicher habe ich dann die ‚Undine‘ von de la Motte-Fouqué gelesen und dadurch mein Interesse an dem Thema vertieft. Trotzdem tauchte eigentlich schon bei der ersten Begegnung mit Dvořáks ‚Rusalka‘ in mir ein Bild auf, das gar nichts mit der im Libretto vorgegebenen Märchensphäre zu tun hat: ein düsterer Hinterhof, in dem Rusalka am Anfang ihr Dasein fristet und aufs Dach steigt, um den Mond anzusingen und die „große, weite Welt“ außerhalb ihres beschränkten Zugangsbereiches zu betrachten. Die spätromantische Musik Dvořáks evoziert bei mir die Atmosphäre der Literatur der Vor-Jahrhundertwende, das soziale Elend, wie Hugo oder Dickens es schildern, und die damit verknüpfte Hoffnung der Protagonisten, sich aus diesem tristen Umfeld zu befreien. Das märchenhafte Element scheint mir nur Folie für die Schilderung des sehr traurigen Schicksals eines Individuums zu sein, das in einem ihm fremden, feindlichen Umfeld nicht leben kann, auch wenn es das so gerne möchte. Annabelle Köhler

Rusalka Lyrisches Märchen von Antonín Dvořák Libretto von Jaroslav Kavapil In tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln Premiere am 15. Februar 2020, 19.30 Uhr, Großes Haus

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JUNGESeiten

Transformation im Theater Initiiert von der Theaterpädagogik des Oldenburgischen Staatstheaters, hat sich im November 2019 die theaterpädagogische Fachtagung ,Transformation und Theater‘ mit der Wichtigkeit von Transformationsprozessen innerhalb der Theaterpädagogik beschäftigt. n unserer Arbeit haben wir immer wieder mit verschiedenen Menschen zu tun, die aus unterschiedlichen Lebenswelten zusammenkommen. Das Erarbeiten eines Theaterstückes mit den Spieler*innen ist sowohl ein künstlerischer, als auch transformativer Prozess. Dessen Ziel sollte sein, die verschiedenen Erfahrungshorizonte der Teilnehmenden zusammenzuführen und dadurch einen kulturellen Austausch stattfinden zu lassen. Dabei stehen die Lebenswelten der Teilnehmenden im Vordergrund.

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Während des Vortrags betonten Neele Buchholz und Corinna Mindt mehrmals, dass es ihnen wichtig sei, einander auf Augenhöhe zu begegnen. Ob die Menschen, die bei tanzbar_bremen arbeiten, eine Behinderung haben oder nicht, sollte keine Rolle spielen und nicht benannt werden müssen: Das Kollektiv tanzbar_bremen zeigt auf, wie Inklusion funktionieren kann, und setzt sich durch künstlerische Tanztheaterprojekte für einen gleichwertigen Umgang von Menschen mit und ohne Behinderung ein.

Die Aufgabe der Spielleitung ist es, die Theatergruppe zum kreativen Denken anzuregen, deren individuelle Fähigkeiten zu erkennen und positiv in die Gruppendynamik einzubinden. Das Schaffen eines sicheren Rahmens ist dafür unabdingbar und befördert das Ingangsetzen eines transformativen Prozesses. Die theaterpädagogische Arbeit bietet also die Möglichkeit, Menschen aus verschiedenen sozialen und kulturellen Hintergründen zusammenzuführen, sich auf einer spielerischen Ebene näher kennenzulernen und kreativ miteinander zu arbeiten.

Bis es zu einer gesamtgesellschaftlichen Veränderung diesbezüglich kommt, ist es wahrscheinlich noch ein langer Transformationsprozess, der durch Kollektive wie tanzbar_bremen langsam ins Rollen kommt.

Als Beispiel für einen gelungenen Transformationsprozess haben wir zu unserer theaterpädagogischen Fachtagung Neele Buchholz (angestellte Tänzerin) und Corinna Mindt (künstlerische Leitung) von tanzbar_bremen eingeladen. Neele Buchholz wurde in Bremen geboren und hat das Down-Syndrom. Sie arbeitet eng mit Corinna Mindt zusammen, die als ausgebildete Tanzpädagogin und Choreografin inklusives Tanztheater möglich macht. In einem Impulsvortrag „Transformation: Von der Anpassung an die Umstände, zum eigenen Gestalten“, haben die beiden uns aus ihrer künstlerischen Arbeit berichtet: tanzbar_bremen ist ein gemischtes Team aus Tänzer*innen, Choreograf*innen und Kulturschaffenden mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Im Zentrum ihrer Arbeit steht die Stärkung des zeitgenössischen Tanzes durch ein inklusives Prinzip der gemeinsamen Erarbeitung. Ziel ist es, mit dieser professionellen künstlerischen Arbeit Brücken zu bauen, um die Vermittlung von Tanz an ein diverses Publikum zu unterstützen. In dem Kollektiv arbeiten sowohl Menschen mit als auch ohne Behinderung, die alle für ihre Arbeit gleich bezahlt werden, was in Deutschland (noch) selten der Fall ist. 32

Im Anschluss an den Impulsvortrag sind die Teilnehmenden der Fachtagung in den gemeinsamen Dialog gekommen und haben sich anschließend kreativ in vier verschiedenen Workshop-Gruppen mit Transformation und Theater auseinandergesetzt: ,Aktion – Reaktion‘, ,Der Weg in die Rolle‘, ,Die Sprache des Trommelns‘ und ,Maskenspiel‘. Dario Köster


BühnenSEITEN JUNGESeiten

„Gerade die Theaterpädagogik ist mit ihrer Methoden- und Praxis-Vielfalt besonders geeignet, gesellschaftliche Sachverhalte sowie die persönlichen Erfahrungen und Ansichten sehr unterschiedlicher Menschen in prozessorientierten, körperlichen und sprachlichen Arbeitsschritten zu praktizieren sowie zu ref lektieren und damit ‚Übergangsfähigkeit‘ und Differenzerfahrung zu ermöglichen und somit Transformationsprozesse zu begleiten.“ Prof. Dr. Florian Vaßen

Transformation durch gebärdensprache Wie funktioniert eine Transformation z. B. des akustischen Wortes „Theater“ in die visuelle Gebärde „Theater“? Daumen- und Zeigefinger berühren sich mit den Fingerkuppen und bilden so einen geschlossenen Kreis. Die restlichen Finger sind locker ausgestreckt und nach vorne gespreizt. Beide Hände bewegen sich in dieser Form gleichzeitig orthogonal auf und ab, als ob man mit den Händen eine Marionette bewegen möchte. Im Gegensatz zur Lautsprache ist die Gebärdensprache eine visuell wahrnehmbare Sprache, die sich über die Hände, Mimik und Körperhaltung ausdrückt. Mit sprachlichen und inklusiven Transformationsprozessen auf der Bühne beschäftigen wir uns seit einigen Jahren.

In dieser Spielzeit gibt es noch folgende Vorstellungstermine, bei denen jeweils ein tauber Dolmetscher und zwei hörende Dolmetscherinnen Teil des Bühnengeschehens werden: Schauspiel: ,Über meine Leiche‘ Mittwoch, den 20. Mai 2020 um 20 Uhr Freitag, den 10. Juli 2020 um 20 Uhr Musical: ,The Rocky Horror Show‘ Freitag, den 29. Mai um 19.30 Uhr Freitag, den 19. Juni um 19.30 Uhr

Karten für Gehörlose erhalten Sie über Sylvia Kleinichen sylvia.kleinichen@staatstheater-ol.niedersachsen.de Informationen erteilt Lea Schreiber lea.schreiber@staatstheater-ol.niedersachsen.de

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JungeSeiten

Kommen von überall und nirgendwo – wir sind daheim im Anderswo Durch Diversität im Kinder- und Jugendtheater wird einer zunehmend komplexen Wirklichkeit nicht nur der Weg geebnet, sie wird auch auf poetische Weise transparent und erlebbar.

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heaterschaffende, die für Kinder und Jugendliche arbeiten, gehören in Theatern zu den ersten, die gesellschaftliche Veränderungsprozesse erreichen: Niemand kommt so intensiv in Kontakt mit der jeweils nächsten Generation von Zuschauer*innen. Niemand kann so früh beobachten, welche neuen Interessen, ästhetischen Vorlieben und Kommunikationsformen ein Publikum hat, welche Probleme und Themen es beschäftigt, welche Moden, Trends und Codes. Und die Welt hat sich in den letzten Jahren geändert und zwar tiefgreifend. Das hat mit den Folgen der Globalisierung zu tun, mit Migrationsbewegungen, aber auch mit einer extrem beschleunigten Kommunikation, die selbst die abgelegensten Winkel der Welt erreicht. Spätestens seit 2015 fiel auch den letzten selbstständig denkenden Menschen auf, dass unsere Gesellschaften längst heterogen, bunt und divers geworden sind. Der Hamburger Soziologe Jens Fischer spricht inzwischen mit Blick auf bestimmte Städte von „Superdiversity“. Und tatsächlich: Ein Blick in die Klas-

senräume unserer Schulen reicht, um festzustellen, wie fundamental sich unsere Gesellschaft verändert. Vor nicht einmal 15 Jahren gab es in Oldenburg nur vereinzelt Schüler*innen, die eine familiäre Einwanderungsgeschichte aufwiesen. Heute erleben wir auf den Schulhöfen der Stadt ein kleines sprachliches Universum. Hier finden sich Enkelkinder der damaligen „Gastarbeiter“, Kinder aus Ländern der EU, dem Rest der Welt, Flüchtlingskinder mit oder ohne deutsche Sprachkenntnisse. Für die kommende Generation gilt bereits jetzt: Im Unterschied zu früher stellen die Kinder ohne familiäre Einwanderungsgeschichte nicht mehr die Mehrheit – sie bilden eine Minderheit unter vielen anderen. All diese Kinder bilden zusammen die zukünftige Gesellschaft. Sie werden Entscheidungen treffen und die Zukunft dieses Landes prägen. Ob für sie etwa die Frage nach Herkunft im Sinne von Ethnie eine Rolle spielt oder nicht, dass hängt davon ab, unter welchen Bedingungen sie aufwachsen und wie sie die Welt wahrnehmen.

34 Christian Schlechter, Helen Wendt und Simon Dietersdorfer in ‚AndersLand‘


JUNGESeiten

sek dramatisierten Form ab Januar 2020 wieder auf der Bühne der Exerzierhalle zu sehen ist, eine präzise Metapher dafür gefunden, wie die Zugänge zu gesellschaftlicher Teilhabe funktionieren. Vor einem der angesagten Berliner Clubs – vermutlich dem Berghain – steht Hazal mit ihren Freundinnen Gül und Elma in der Schlange vorm Eingang. Dieser wird bewacht durch Türsteher, die immer wieder Gruppen einlassen und andere abweisen. „Eine Logik dahinter ist nicht zu erkennen“, stellt Gül fest. Die Schlange vor dem Club erscheint wie der Querschnitt unserer Gesellschaft. Dort stehen Menschen aus allen Teilen der Welt, unterschiedlichen Alters, unterschiedliche politische Gesinnungen sind zu erkennen, Randgruppen sind dabei. Einige werden reingelassen, andere werden abgewiesen. Sie gehen dann sofort wortlos zurück, an der ganzen Warteschlange entlang, mit hängenden Schultern und leeren Augen.

Katharina Shakina und Veronique Aleiferopoulos in ‚Ellbogen‘

Das Stück ‚AndersLand‘, das ab März 2020 wieder im Spielraum des Oldenburgischen Staatstheaters zu sehen sein wird, erzählt die Geschichte einer Auswanderin. Das Künstler*innen-Kollektiv makemake produktionen aus Wien, das schon mehrfach in Oldenburg gearbeitet hat, kreiert eine fantasievolle Welt aus Schauspiel, Puppen, Projektionen und Musik. Das Stück verleugnet nicht die komplexen Umstände von Migration, aber es stiftet Hoffnung insofern, als hier die These aufgestellt wird, dass Heimat auch als Zustand gelungener menschlicher Beziehungen empfunden werden kann. Kinder haben die wunderbare Gabe, sich schnell dort zuhause zu fühlen, wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben. Sie haben auch kein Problem damit, dass manche Dinge zuhause anders sind als in der Schule und auf der Straße – wenn es nicht dauernd zum Problem gemacht wird. Den Eltern ist es in aller Regel wichtig, dass ihre Kinder den Bezug zur elterlichen Herkunft nicht verlieren, sie wünschen und erwarten Loyalität. Aber die Heimat der Kinder ist da, wo sie groß werden. Integrationsprobleme in der zweiten und dritten Generation sind daher praktisch immer hausgemacht: das Ergebnis von ausgrenzenden Diskursen und struktureller Benachteiligung. Bis heute haben wir noch immer keine gleichen Bildungs- und beruf lichen Aufstiegschancen für Kinder aus Einwandererfamilien. Fatma Aydemir hat in ihrem Roman ‚Ellbogen‘, der in einer von Jana Pola-

Es sind solche geheimen Zeichen, die die Zugänge zu Bereichen unserer Gesellschaft regeln. Hazal und ihre Freundinnen werden abgewiesen, weil sie gleich mehreren diskriminierten Gruppen angehören: Sie werden als „ Ausländerinnen“ markiert, als Mädchen, als Musliminnen, als Bildungsferne, die kein Englisch können. Die Soziologie spricht von Intersektionalität. Berghain ist einer dieser Orte, in denen die superdiverse Gesellschaft bereits Realität ist. Und wie wir erfahren, ist diese nicht per se ein Paradies, wie viele glauben. Aber hier können wir erkennen, dass sich in einer superdiversen Gesellschaft irgendwie die „Geschäftsgrundlage“ geändert hat. Wer in dieser Gesellschaft klarkommen und erfolgreich sein will, der muss lernen, mit der Supervielfalt umzugehen. Integration 2.0 betrifft alle, ob zugewandert oder nicht. Sie erfordert möglicherweise besondere Skills, z. B. Kenntnisse in Sprachen und Religionen anderer Kulturen. Wie nehmen Kinder unsere Welt wahr? Als eine, in der alle Rollen bereits verteilt sind, oder als eine, die es zu gestalten gilt, von allen zusammen und jedem einzelnen? Das Theater versucht, unsere komplexe Wirklichkeit zu erfassen, zusammenzufassen und das Lebensgefühl junger Menschen transparent und wiedererlebbar zu gestalten und poetisch zu übersetzen. In diesem Sinne kann es als Forschungslabor der sozialen Realität fungieren. Matthias Grön

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THEATERGEHEIMNIS

Theaternebel – Mehr als nur blasser Dunst Theaternebel ist ein nicht mehr wegzudenkendes Inszenierungselement und das nicht erst seit heute.

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aut Überlieferungen wurden bereits in der griechischen Antike bei der Befragung des Orakels von Delphi Dämpfe eingesetzt. Historiker*innen vermuten, dass in den Dämpfen berauschende Pflanzenextrakte enthalten waren, aber auch der Showeffekt ist wohl nicht zu verachten gewesen und so hat mit Sicherheit der erzeugte Nebel die mystische Aussagekraft der Priesterin positiv unterstützt. Klaas Schramm und Alexander Prince Osei in ,The Rocky Horror Show‘

Als Show-Effekt wurde Nebel schon früh auf Theaterbühnen eingesetzt. Das Globe Theatre in London soll schon im 17. Jahrhundert bei Aufführungen mit Raucheffekten gearbeitet haben. Zur Herstellung des Rauchs wurden Öle oder Paraffin-Wachs verbrannt. Das brachte allerdings mehrere Nachteile mit sich, weil das leicht entzündliche Öl die Feuergefahr erheblich steigerte und die unsaubere Verbrennung von Öl mit vielen Rußpartikeln zu Hustenreiz bei den Schauspielern führte.

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Die Nebelmaschinen, die heute weltweit auf Theaterbühnen verwendet werden, sind eine Erfindung des Hamburgers Günther Schaidt, der 1973 ein Gerät entwickelte, das destilliertes Wasser und Polyol – auch als „Fluid“ bezeichnet – in gesundheitlich unbedenklichen Nebel verwandelt. Der neue Nebler schlug besonders in der Filmbranche ein und so erhielt Schaidt 1985 in Hollywood den Oscar für technische Verdienste. Dass Nebel ein nicht wegzudenkendes Bühnenelement ist, wird einem bewusst, wenn man mit Arndt Cornelius, Leiter der Betriebstechnik am Staatstheater, spricht: „Wir haben 27 Nebelmaschinen in 16 verschiedenen Größen und wenn ich ehrlich bin, reicht das immer noch nicht.“ Und Nebel ist nicht gleich Nebel: Nicht nur die Funktionsweise von Nebelmaschinen wurde optimiert, sondern auch die Bandbreite der möglichen Effekte wurde erweitert, die von unterschiedlichen Geräten erzeugt werden: Der klassische Theaternebel ist ein dichter Nebel, der in einer Wolke stehen bleibt und sich langsam verzieht. Über unterschiedliche Fluids kann die Dauer des Nebels gesteuert werden. Der sogenannte „Haze“ ist ein feiner Dunst, der den Raum gleichmäßig füllt, um die Lichtkegel von Scheinwerfern besser sichtbar zu machen, und dient als Projektionsfläche. Die dritte Variante ist der Bodennebel. Der wurde in der Spielzeit 2009/2010 am Oldenburgischen Staatstheater bei der Opernproduktion ,Faust‘ noch mit Trockeneis erzeugt, das in heißes Wasser gegeben wurde und dann verdampfte. Die Methode war sehr umständlich und kostenintensiv. Heute sind dafür spezielle Bodennebelmaschinen, momentan z. B. bei ,The Rocky Horror Show‘ oder ,Hein Godenwind‘, im Einsatz, die flüssiges CO2 ausstoßen. Soweit zur Effekthascherei des Showgeschäfts – und sollte sich bei Ihrem nächsten Theaterbesuch die Sicht trüben, dann haben Sie jetzt trotzdem den Durchblick …

Caroline Schramm


KINdERRäTSEL

Finde die Unterschiede Beide Bilder sind gleich? da muss man schon genauer hinsehen: Findet heraus, welche sechs Fehler sich in Bild 2 geschlichen haben!

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OFFENE Seite

Seit 1998 wird das noch junge Kleine Haus bespielt. Zu gut 4.000 Schauspiel-, Tanz- und Opernaufführungen sowie Sonderveranstaltungen, Vorträgen und Talkrunden haben in den letzten Jahren über 1 Mio. Besucher*innen auf den 350 blauen Samtsesseln Platz genommen. Kein Wunder, dass die Stühle dem Druck so langsam nachgeben. Anstatt die Bestuhlung komplett auszutauschen, haben wir uns entschlossen, die Stühle nachhaltig aufzubereiten, zu polstern und zu beziehen: Ihre Gelegenheit, gemeinsam mit den neu gestalteten Theatersesseln ins Scheinwerferlicht zu rücken und das Oldenburgische Staatstheater bei der Finanzierung zu unterstützen! Ihre Vorteile und Möglichkeiten: • Eine Stuhlpatenschaft währt so lange wie ein Stuhlleben, mindestens aber zehn Jahre. • Am Stuhl bringen wir eine Plakette mit Ihrem oder einem anderen von Ihnen gewünschten Namen an. • Sie werden exklusiv zu Beginn der Spielzeit 2020/21 zum Festkonzert im Kleinen Haus eingeladen und genießen dieses von ‚Ihrem‘ Platz aus. • Selbstverständlich erhalten Sie auch eine entsprechende Zuwendungsbescheinigung und eine Patenschaftsurkunde. • Als Unternehmen haben Sie die Möglichkeit, mehrere Patenschaften – auch für ganze Reihen – zu übernehmen und so Ihr kulturelles Engagement über mehrere Jahre an prominenter Stelle zu dokumentieren. • Sie können andere mit einem wirklich außergewöhnlichen Geschenk überraschen.

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Die Patenschaft für einen Stuhl kostet 500 EUR. Dieser Betrag deckt die reinen Material- und Aufbereitungskosten für den Stuhl. Im Rahmen der Sanierung ersetzen wir außerdem den Spielvorhang. Alle hierfür anfallenden Kosten trägt des Theater selbst. Wenn Sie eine Patenschaft übernehmen möchten, finden Sie die Patenschaftserklärung zum Download unter www. staatstheater.de/stuhlpatenschaft. Für Fragen oder individuelle Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontakt: Angela Weller Tel: 0441.22 25-118/ Fax: 0441.22 25-222 Email: stuehle@staatstheater-ol.niedersachsen.de Oldenburgisches Staatstheater Theaterwall 28 26122 Oldenburg


SeitenBühne

Soufflage als Verbaler rettungsring Meistens geht eine Vorstellung zu Ende, ohne dass das Publikum ihre Anwesenheit bemerkt hat. Aber sie ist da, jedes Mal, und gehört zum unverzichtbaren Teil des Schauspiel-Ensembles: die Souffleuse.

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rüher saßen die Soufflierenden oft unsichtbar in einer Muschel oder einem Soufflierkasten unterhalb der Bühne. Heute haben sie meistens einen Platz in der ersten Reihe, ausgestattet mit Pult und Leuchte. Damit wird ein Vorgang offengelegt, der zum Theater gehört wie das Schminken und Verkleiden: Schauspieler*innen vergessen hin und wieder ihren Text, und wenn das passiert, brauchen sie Hilfe.

antwortung für das Gesamtgeschehen auf der Bühne zu. Wenn ein/e Schauspieler*in etwa einen besonders großen Sprung im Text gemacht hat, wodurch ein Umzug oder Umbau hinter der Bühne zeitlich nicht möglich ist oder die Kolleg*innen nicht anknüpfen können, ist es an Katja Gohe, das Stichwort für einen sinnvollen Wiedereinstieg zu geben. Je nach Situation und Geräuschpegel auf der Bühne findet das übrigens selten im Flüsterton statt und wird vielmehr deutlich ausgesprochen, wenn nicht sogar gerufen.

Als verbaler Rettungsring bei den Vorstellungen anwesend zu sein, ist allerdings nur eine von vielen Facetten, die den Beruf ausmachen. Die eigentliche Arbeit geht viel Für Katja Gohe ist das Spannende an ihrer Arbeit, die Entfrüher los. Vom ersten Probentag einer Inszenierung an ist wicklung einer Inszenierung von Anfang bis Ende mitzuerdie Soufflage mit dabei. Katja Gohe, die seit 2008 fest als leben. Dass sie ein unentbehrlicher Teil dieser Entwicklung Souffleurin in der Schauspiel-Sparte des ist, weiß sie. Trotzdem erfordert es auch „Man wird immer Staatstheaters engagiert ist, beschreibt drei Demut: „Man wird bei dieser Arbeit im Phasen ihres Berufs: „In der Anfangszeit Laufe des Probenprozesses immer unsichtunsichtbarer.“ haben die Schauspieler*innen den Text barer. Das zu akzeptieren, gehört für mich angelernt, kennen ihn so ungefähr. Da ist besondere Auf- zu diesem Job dazu.“ Unsichtbar bedeutet jedoch nicht merksamkeit gefragt, weil man oft gebraucht wird. Es geht tatenlos. Als Hüterin des Textes sorgt sie auch dafür, dass dabei vor allem darum, die Proben am Laufen zu halten. sich keine Fehler einschleichen und die Qualität der VorSpäter, wenn die Textsicherheit steigt, geht es um eine ge- stellungen gewahrt bleibt. Umso bedauerlicher ist es, dass nauere Textarbeit, in der ich auch auf Details hinweise. Und die Soufflage-Stellen in den letzten Jahren an vielen Theaschließlich sitze ich in den Vorstellungen.“ tern immer mehr eingespart wurden. In keiner dieser Phasen ist es damit getan, das Textbuch vor sich liegen zu haben und mit dem Finger über die gesprochenen Zeilen zu fahren. Den Blick sekundenschnell zwischen Text (Wo genau sind wir gerade?) und Schauspieler*innen (Braucht jemand Hilfe?) wechseln zu lassen, erfordert enorme Konzentration. Gleichzeitig ist großes Fingerspitzengefühl gefragt. Denn nicht jede Pause bedeutet einen Texthänger, und Katja Gohe muss sehr genau abwägen, ob der/die Kolleg*in noch im Spiel ist oder bereits ein Stichwort von ihr braucht. Sie hat ein ausgeklügeltes Zeichensystem entwickelt, das ihr verrät, wie lang eine Pause in der letzten Probe oder Vorstellung an einer bestimmten Stelle war. Neben der großen psychologischen Bedeutung, die die Soufflage hat, kommt ihr immer wieder auch die Ver-

Anna-Teresa Schmidt

Katja Gohe

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Keine Requisite und kein Kostüm, weder ein Klang noch ein Bühnenbildteil sind hier verloren gegangen. Nein, gleich eine ganze Figur ist aus einem unserer Premierenstücke gefallen. Glückwunsch: Sie haben die Figur gefunden und müssen jetzt nur noch erkennen, um wen es sich hier handelt und in welche Produktion dieser Spielzeit sie zurückgebracht werden muss! Nach dem Knobeln finden Sie die Lösung im Impressum auf der hinteren Umschlagseite.

„Ruhe. Schweigen. Leises Atmen. Aber diese Ruhe ist keine wirkliche. Vielleicht eher eine Ruhe vor dem Sturm – oder nach dem Sturm? Wie auch immer, ich fühle mich hier eigentlich ganz wohl. Es ist zwar dunkel und auch enger als sonst, aber gar nicht so unbequem. Das Gute an diesem Platz: Man entdeckt mich nicht! Okay, sonst beachtet mich auch niemand. Obwohl – das stimmt nicht ganz, auf der Hut muss ich immer sein. Ich hasse es, wie eine streunende Katze umherzulaufen und um Beachtung und Anerkennung zu betteln. Wenn mir mal jemand zuhören würde, dann könnte ich mich erklären! Hallo!? Ich brauche Hilfe! Hat jemand meinen Bruder gesehen? Als ich euch meine Steine gezeigt habe, wart ihr auf einmal nett zu mir, habt mich mit leuchtenden Augen angeschaut und die Magie fest umklammert, sie nicht mehr losgelassen und an sie geglaubt. Denn ihr wisst nicht, wer ihr seid und was ihr fühlt. Ich habe gesehen, wie aufge-

bracht und verunsichert ihr seid, wie wirr ihr umherlauft, mit Träumen und Visionen in den Taschen – ihr wollt glücklich sein! Ich wollte euch und euren Wünschen auf die Sprünge helfen! Aber was bekam ich als Dank? Nichts, und jetzt kauere ich hier als ein angeblicher Verräter. Ein Verräter bin ich ganz sicher nicht. Ich habe ihn nicht im Stich gelassen! In das Land unserer Träume wollten wir. Sie sagten, es sei einfach. Doch jetzt warte ich hier. Warte auf dich. Doch du kommst nicht. Werde ich nun mein ganzes Leben hierbleiben? Alleine sein? Es ist stockdunkel, winzig und arg unbequem. Hallo? Ist da jemand? Ich möchte doch nur gehört werden und ein neues Leben beginnen – wie ihr alle.“ Sophia Hübner

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BÜHNENSEITEN

Jugend tanzt

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eit der Spielzeit 2019/2020 mache ich ein freiwilliges kulturelles Jahr am Oldenburgischen Staatstheater. Ich arbeite in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/ Marketing. Doch auch neben meiner Arbeit am Theater interessiere ich mich sehr für das zusätzliche Programm des Staatstheaters, das außerhalb der Arbeitszeit stattfindet. Es werden unter anderem verschiedene Kurse für Groß und Klein angeboten. Seit September tanze ich nun schon im Jugendtanzclub mit. Hier handelt es sich um ein Angebot der Ballettcompagnie. Da ich schon immer großen Spaß am Tanzen hatte, habe ich mich sehr über diese zusätzliche Möglichkeit gefreut.

Jedes Jahr gibt es für Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, bei den Jugendclubs des Oldenburgischen Staatstheaters mitzumachen. Seit Anfang dieser Spielzeit gibt es zum ersten Mal auch einen Jugendtanzclub. Er wird von Lester René González Álvarez geleitet. Lester arbeitet als Tänzer und Choreograf am Oldenburgischen Staatstheater. Der Tanzclub nennt sich #Insta(nt)move. Mit viel Spaß und Energie werden verschiedene Schritte/ Basics und „Choreos“ aus verschiedenen Stilrichtungen, wie z. B. Modern Dance, Ballett etc. erlernt. Zusammen werden in der Gruppe, die bisher aus 14 Personen besteht, dem Level angemessene Tänze einstudiert und geübt, die Lester für uns, die aktuelle Generation, kreiert werden. Der Fokus ist hierbei darauf gerichtet, was „die Jugend von heute“ für Themen hat und wie sie sich bewegt. Das Training findet immer mittwochs in der Zeit von 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr statt und wir starten nach dem Aufwärmen dann direkt mit dem Tanzen. Das Training baut immer auf die letzte Stunde auf und Lester choreografiert jedes Mal den Tanz weiter. Hierbei stehen Spaß und Bewegung im Vordergrund. Das große Ziel des Jugendtanzclubs ist ein Auftritt im Frühsommer 2020 in der Exerzierhalle. Vor der Premiere fahren alle noch einmal gemeinsam auf Theaterfahrt. Dort wird an den letzten Tagen vor dem großen Auftritt fleißig weitergeprobt. Schon jetzt freuen wir uns alle riesig auf die Premiere und sind auch schon sehr aufgeregt. Wenn Du jetzt auch Lust aufs Tanzen bekommen hast, dann komm doch zu den nächsten Auswahlworkshops, die im September 2020 für die kommende Spielzeit stattfinden. Jede*r ist bei uns herzlich willkommen.

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Lysann Zdarsky


BÜHNENSEITEN

Auszeit mit Teele Ude Tänzerin und Ensemblemitglied der BallettCompagnie Oldenburg Teele Ude verbringt auch ihre Freizeit gern in Bewegung: in der Natur und auch im Fitnesstudio. Entspannung bringt der Blick auf Wasser.

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n dem kleinen Wald mitten in der Stadt, auf den Wegen des Eversten Holz, unter den großen Bäumen und auf den Pfaden, durch die Wiesen auf den Lichtungen, geht oder läuft sie mehrmals in der Woche: die Tänzerin Teele Ude. Nach einem langen Arbeitstag in den Probensälen oder auf der Bühne des Staatstheaters genießt sie die frische Luft bei einem Spaziergang. An freien Tagen oder wenn es mal ruhiger für sie zuging im Studio, wird es auf jeden Fall eine Joggingrunde. „Das hilft mir, den Kopf wieder frei zu kriegen.“ Sie läuft vorbei an dem großen Kinderspielplatz, wo die Kleinsten im Sand buddeln oder versuchen, das Holznilpferd zu erklimmen, und die Größeren an den Reckstangen turnen oder am Klettergerüst hangeln. Am liebsten mag sie aber die fast menschenleeren Waldwege und stört sich gar nicht an den Hunden, die sie immer mal wieder grüßen. Bereits in der Spielzeit 2017/18 war die estnische Tänzerin im gehäkelten Siebzigerjahre-Kleid als Gast in ‚Tam Tam et percussion‘ von Félix Blaska in Oldenburg zu sehen und fiel sofort mit ihrer großen tänzerischen Präzision auf. Seit 2018/19 gehört sie zum Ensemble der BallettCompagnie Oldenburg. Sie brachte schon viel Bühnenerfahrung mit, denn frühere Engagements führten sie an verschiedene Theater in New York, u. a. die Metropolitan Opera, und in den letzten Jahren, bevor sie nach Oldenburg kam, tanzte sie am Tivoli Balletteater in Kopenhagen. Ihr liegen sowohl moderne Bewegungssprachen als auch der klassische Tanz, wenn sie auf Spitze tanzt, sieht es bei Teele Ude vollkommen natürlich aus.

Der selbstverständlich wirkenden Leichtigkeit auf der Bühne gehen viele, viele Stunden im Training und in Proben voraus. Doch wenn es mal während einer Probenphase besonders anstrengend für sie ist oder die Aufregung groß wird, weiß sie in Oldenburg einen Platz, an den sie zum „Runterfahren“ und Entspannen gehen kann: „Ich stelle mich auf die Brücke am Dobbenteich, dort schaue ich einfach nur auf das Wasser. Wenn noch die Strahlen der untergehenden Sonne hinter den Bäumen zu sehen sind, fühle ich mich gleich ruhiger. Manchmal stehe ich einfach nur da und gucke.“ Das kann man sich kaum vorstellen: ist sie doch auf der Bühne meist diejenige, die um die eigene Achse wirbelt, auf Spitze oder in überraschenden Hebefiguren hoch über dem Tanzboden schwebt. Und tatsächlich, auch privat sucht sie gern das Gegenteil von ruhig, geht ins Fitnessstudio und mag dort „a hard work out“, ein besonders intensives Training. Anschließend geht es in die Sauna, wie in ihrem Heimatland Estland, das ja nur durch einen Meerbusen der Ostsee von Finnland getrennt ist. Am „Gym“ gefällt Teele Ude auch, sich ins „normale Leben“ zu mischen: „Es ist doch manchmal sehr gut zu sehen, dass auch eine Welt außerhalb des Theaters existiert.“ Telse Hahmann

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OffeneSEITE

Kulturticket Seit dem Wintersemester 2018/19 können alle Studierenden der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg kostenlos ins Staatstheater gehen.

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ach einigen Verhandlungen mit dem AStA der Uni Oldenburg kam es 2017 zu einer Abstimmung, bei der sich über 80% der Studierenden für die Einführung des Kulturtickets aussprachen. Seitdem können alle Student*innen gegen Vorlage des Tickets und ihres dazugehörigen Studienausweises kostenlos die Eigenproduktionen des Oldenburgischen Staatstheaters besuchen. Finanziert wird diese Möglichkeit dadurch, dass jede*r Student*in pro Semester 2 Euro Semestergebühr zusätzlich bezahlt. Die Eintrittskarten stehen jeweils am Veranstaltungstag zu den regulären Kassenöffnungszeiten zur Verfügung. Ausgenommen sind Premieren, Gastspiele und Sonderveranstaltungen. Auch das theater wrede +, das Casablanca und der Oldenburger Kunstverein bieten den Studierenden Ermäßigungen im Rahmen des Kulturtickets an. Unter dem Motto „Wenn ihr verpasst, was hier passiert, dann seid ihr richtig angeschmiert“ begrüßte das Staatstheater am 7. Oktober ca. 2000 Erstsemester beim Info-Markt der Uni Oldenburg und informierte sie über die Möglichkeiten des Kulturtickets. Parallel zeigten Schauspieler*innen des Staatstheaters im Audimax Szenen aus der Produktion ,Mission Mars‘, die im Januar ihre Uraufführung in der Exerzierhalle feiert. 44

Als Writer in Residence am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst widmet sich der Autor Björn SC Deigner darin einem möglichen Leben auf dem Mars als Schaffung einer neuen, besseren Welt. Im Austausch mit den Wissenschaftler*innen vor Ort spürte er auch der Frage nach, ob unsere bisherige Forschung hinfällig wird, wenn wir in einigen Jahren eine zukunftsfähige Kolonie auf dem Mars etabliert haben. Oder können wir all unser Wissen einfach auf einen neuen Planeten übertragen? Wissenschaftliche Themen also, die auch im Theaterspielplan ihren Niederschlag finden – die Studierenden reagierten in großer Zahl und versicherten noch am Infostand, jetzt „jeden Abend ins Theater zu kommen“. Das Studentenleben bietet sicherlich viel Abwechslung und Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Wenn die Kultur dabei aber weiterhin eine möglichst große Rolle spielt und viele (neue) junge Besucher*innen den Weg ins Theater finden, freuen wir uns! Verhandlungen und Abstimmungen mit der Jade Hochschule stehen noch aus, ob deren Studierende alsbald auch in den Genuss des Tickets kommen werden.

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Impressum Spielzeit 19/20 Herausgeber: Oldenburgisches Staatstheater Generalintendant: Christian Firmbach Redaktion: Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit Chefredaktion: Caroline Schramm, Stephanie Twiehaus Bildnachweise: Produktionsfotos und Porträts (sofern nicht anders angegeben): Stephan Walzl; Seite 7 (Jully in Kiel) – Davit Bassénz; Seite 8/9 – freepik.com; Seite 16/17 – Die Zeichungen von Marc Simont sind entnommen dem Buch ,Das Orchester zieht sich an‘, München Wien 2002; Seite 28/29 – Agnes Kammerer, Seite 31 – Barbara Pálffy; Layout und Satz: Gerlinde Domininghaus Druck: Prull-Druck GmbH & Co. KG, Oldenburg Stand der Drucklegung: 16. Dezember 2019, Änderungen vorbehalten. www.staatstheater.de Theaterkasse 0441. 2225-111 Lösung Seite 41: Geflüchteter/Refugee aus der Oper ,Flight‘

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GastSeite

Von der Lambertikirche zuM Ring Der Leiter des Oldenburger Audi Zentrums Bernd Weber über seine neu erwachte Begeisterung für Richard Wagner.

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ine Begegnung mit Christian Firmbach in der Lambertikirche und seine Überzeugung, dass die vier Ringe der Marke Audi sehr gut zum vierteiligen ,Ring des Nibelungen‘ passen: So einfach ist die Geburtsstunde meiner Wagner-Leidenschaft beschrieben. Das historische Umfeld, die Dauer und die Einmaligkeit der ,Ring‘-Aufführung hier in Oldenburg haben mich neugierig auf Wagner gemacht. Je näher die Aufführungstermine rückten, desto größer wurden aber zunächst meine Zweifel: Sind die Stücke vielleicht doch zu lang für mich? Ist die Musik eingängig? Verstehe ich das Stück überhaupt? Gespräche mit anderen „Theaternichtkennern“ wie mich oder Kennern von Wagner, die ihn nicht mochten, untermauerten die Sorgen noch. Im Februar 2017 durfte ich dann im Rahmen einer Endprobe mit Freunden die erste tatsächliche Begegnung mit einem Stück von Wagner mit ‚Das Rheingold‘ erleben. Nicht nur Wagner war mir neu, ich war auch noch nie zuvor bei einer Hauptprobe gewesen. Im Anschluss durften wir backstage einen Blick hinter die Kulissen werfen. Wir verstanden, welche Herausforderung es für die Sänger*innen ist, eine mehrstündige Aufführung zu singen. Die aufwändige Bühne und alles was dazu gehört, hat uns beeindruckt und wir wurden Insider zum Thema Bühnentechnik: Dreht sich die Bühne nicht, ist die Aufführung hin … Kurz gesagt: Die Führung war einfach schön! Besondere Freude hat mir auch die Auslagerung einer Veranstaltung zum ‚Ring‘ mit mehreren Sänger*innen in unser Audi Zentrum bereitet: Eine tolle kurze Inszenierung mit einem unserer Fahrzeuge, die wunderbaren Stimmen, das alles hat mich überzeugt und auch unsere Kunden und Besucher begeistert. Wir werden das im Jahr 2020 wiederholen: dann in unserem „Neuen Audi Zentrum Oldenburg“. Zur weiteren Vorbereitung habe ich mit meiner neunjährigen Tochter beim Zimmeraufräumen Wagner gehört:

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eine ZEIT-Edition des ‚Ring‘, die den Inhalt spannend darbietet und auch Musikauszüge einspielt. Die spannende Erzählung war häufig der Grund, warum wir beide die Aufräumarbeiten eingestellt haben … Es waren wunderbare Sonntagnachmittage. Am 31.10. (Reformationstag und Feiertag) folgte dann nach einem morgendlichen Kirchenbesuch am Abend im Staatstheater die ‚Götterdämmerung‘: Brünnhildes Felsen, die Nornen, Gunther und Gutrune, Siegfrieds Tod, das Ende von Walhall ... Sollte das auch das Ende mit Wagner für mich in Oldenburg sein? – Nein! Meine Frau und ich haben uns gleich am darauffolgenden Wochenende entschieden, den Zyklus im September 2020 gemeinsam mit Freunden zu besuchen. ‚Der Ring des Nibelungen‘: 26 Jahre Arbeit von Wagner, 16 Stunden Aufführung, eine Orchesterbesetzung wie in keinem anderen Stück. Namen, die uns einladen, in die Vergangenheit zu reisen. Darauf freue ich mich! Ich werde mir eine Woche Zeit im September nehmen, um tiefer einzutauchen in die Zeit, in Wagner, in die Musik. Eine Woche im Herbst, eine Woche Kultur für einen Nichttheatergänger. Freuen Sie sich mit mir auf den ,Ring‘-Zyklus 2020! Momentan sammle ich noch Lesestoff, um mein WagnerWissen zu vertiefen. Wenn Sie einen Tipp haben, senden Sie mir gerne eine Email an: Weber@audizentrum.net Bernd Weber

Bernd Weber ist der Geschäftsführer des Audi Zentrum Oldenburg, Neu-Wagnerianer und Sponsor des ,Ring‘ am Oldenburgischen Staatstheater.


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