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DIE PRÜFER DES PAPSTES ...................... Seite
Tom feuerstacke und der Dompropst Kurt Schulte besprechen eine Apostolische Visitation Seit 2014 sitzt Kardinal Woelki im Erzbistum Köln im Sattel. Egal wie schwer der Gegenwind ins Gesicht bläst, nichts scheint ihn vom Pferd zu werfen: nicht sein offensichtliches Versagen in der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in seinem Bistum. Aber auch nicht der mangelhafte Umgang mit den Opfern und seinen Mitarbeitern. All das reicht nicht aus, ihn zum Gehen bewegen zu können. Vielmehr glaubt er sich im Recht und bleibt an der Spitze seiner Diözese. Selbst Rom ist ratlos und schickt eine Apostolische Visitation nach Köln, um Licht ins Dunkel zu bringen. Aber was ist diese Visitation? Zum Glück kennen wir Dompropst Kurt Schulte. Als Leiter (Offizial) des Bischöflichen Offizialates (Diözesangericht) in Münster gibt er uns Antworten.
Die Prüfer des Papstes
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Kurt, es scheppert ordentlich im Erzbistum Köln. Die Causa Woelki sorgt für ein Beben in der katholischen Kirche. Das Vertrauen in den Kardinal scheint bei den Gläubigen verschwunden. Kannst du bitte aufdröseln, was im Moment der Stand ist?
Es sind zwei Stränge. Zum einen hatte sich Kardinal Woelki als großer Aufklärer geben wollen. Zum anderen hat er das Vertrauen in seinem Bistum und über die Grenzen verloren.
Als Aufklärer gescheitert. Was ist er denn so falsch angegangen, dass selbst Rom jetzt nach Klarheit sucht?
Es geht um den Umgang mit dem Missbrauchskomplex in Köln. Als Chef des Bistums hat Kardinal Woelki immer gesagt, dass es größte Transparenz in dieser Frage der Aufklärung geben wird. Und eine Null-Toleranz-Grenze in dieser Aufarbeitung steht. Er hat hier den Mund relativ voll genommen.
Woelki hat also dick aufgetragen. Das machen ja einige. Was hat ihn dabei ins Stottern geraten lassen?
Er hat bei einer Münchener Kanzlei ein erstes Gutachten beauftragt, welches er nicht veröffentlicht hat. Keinem wurde so richtig klar, warum der Inhalt nicht zugänglich war. Mittlerweile ist es auch veröffentlicht, zumindest in Auszügen. Es wurde ein zweites Gutachten beauftragt, und bereits hier stellte sich die Frage, warum er das tut und was er zu verbergen hat. Da kamen die Zweifel, ob Kardinal Woelki der richtige Mann für die Aufklärung ist. Zudem tauchten vereinzelte Fälle auf, wo er nach heutiger Auffassung nicht richtig entschieden hat.
Wenn ich mich richtig erinnere, geht es um die juristische Aufarbeitung von bekannt gewordenen Missbrauchsfällen?
Einem Pfarrer wurde ein Missbrauch vorgeworfen. Zu dem Zeitpunkt der Vorwürfe war der Pfarrer bereits dement. Woelki entschied, dass es keine Voruntersuchung gibt, da man den Sachverhalt nicht mehr klären könne. Aus heutiger Sicht war diese Entscheidung falsch. Man hätte das Ganze untersuchen und nach Rom melden müssen. Das sind subjektive Fehler, die er gemacht hat. Das ist das große, gravierende Problem.
Die Aufarbeitungen der Missbrauchsfälle wiegen schwer
Das wirkt nach einer innerlichen Resignation bei den Mitarbeitern und Gläubigen und das über die Grenzen hinaus, was Kirchenaustritte und Amtsniederlegungen zeigen. Warum tritt Woelki nicht zurück? Kann oder darf er nicht?
Diese Kirchenaustritte sind schon gravierend und es betrifft beide Konfessionen. Dabei wiegt die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle schwer. Der Kardinal kann und darf zurücktreten, wenn der Pontifex Maximus einverstanden ist. Bei Kardinal Marx war Papst Franziskus nicht einverstanden und teilte ihm mit, dass er im Amt bleiben soll.
Das war ein ordentlicher Brandbrief, den Marx geschrieben hat. Umso verwunderlicher, dass der Papst das Ganze so entschärft hat?
Der Papst hat klar und deutlich geschrieben, dass wir uns zu unserem Versagen bekennen müssen. Er hat es sehr bildlich beschrieben. Wir werden im Moment zu Recht gegrillt und wir können nicht vom Rost springen. Er hat Marx bestätigt, dass er recht hat und wir Verantwortung übernehmen müssen. Es müssen Konsequenzen gezogen werden. Die Kirche muss auf neue Weise das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen. „Das möchte ich nicht ohne dich als Erzbischof von München-Freising. Ich will das mit dir.“
Warum war Marx bereit, Konsequenzen auf sich zu nehmen, die der Kölner Kardinal tragen müsste?
Das ist nun reine Spekulation. Marx war bislang sehr lange in kirchlichen Spitzenpositionen und hat dementsprechend auch schon immer Personalverantwortung. Was ihm eventuell zu schaffen gemacht hat, war die Frage einer Journalistin, ob nun endlich irgendein Bischof Verantwortung übernehmen würde. Das Ganze nach der Veröffentlichung der MHG-Studie. Die hatte den Forschungstitel: „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“. Sie führte aus, dass es in eurem Laden so zugehen konnte. Dass es systemisches Versagen gab und gibt. Vertuscht durch Bischöfe und Kirchenleitung. Das Ansehen der Kirche wurde an die erste Stelle gestellt, während die Opfer fast gar nicht im Blick waren. Ihr mit den Tätern nachlässig umgegangen seid.
Klare Ansage von der Journalistin.
Das stimmt. Und es ist Kardinal Marx sehr nah gegangen. Er hat signalisieren wollen, dass Fehler gemacht wurden. Und wir Bischöfe müssen Verantwortung übernehmen für ein Versagen, das vielleicht nicht von ihnen
ausgegangen ist, aber es in ihrem Verantwortungsbereich passiert ist. Marx hat das gespürt und war der Auffassung, dass er diese Verantwortung übernehmen muss.
Zwei Weihbischöfe haben in Köln ihren Rücktritt angeboten
Da sitzt nun der Kardinal in Köln und ist der Auffassung, alles richtig gemacht zu haben. Die Mitarbeiter und Gläubigen sind völlig konsterniert und laufen ihm weg. Das schwappt durchs ganze Land. Es gab unzählige Konferenzen und nichts und niemand konnte ihn bewegen, sein Amt zur Verfügung zu stellen und Konsequenzen zu ziehen. Das scheint Rom unter Druck gesetzt zu haben. Dort wurde das nächste scharfe Schwert gezogen und eine Apostolische Visitation im Erzbistum durchgeführt. Was ist diese Apostolische Visitation und was kann sie?
Es handelt sich dabei um die vom Papst angeordnete Visitation des Erzbistums Köln. Der Papst ist als Nachfolger des Apostels Petrus der Leiter der Universalkirche und kann in die Leitung eines jeden Bistums eingreifen. Er ernennt Bischöfe und er kann sie auch wieder absetzen, wenn Versagen vorliegt. Visitation, also Visit, kann erst mal der Besuch sein. Der Papst will aus erster Hand, aber von unabhängier Seite informiert werden. Damit wurden
ein Kardinal und ein Bischof beauftragt. Das kommt sehr selten vor.
In Köln ist aber eine Visitation vorgenommen worden?
Der Hintergrund ist, dass in Köln zwei Weihbischöfe ihren Rücktritt angeboten haben. Köln ist zudem die bedeutendste Diözese in Deutschland. Gleichzeitig ist sie weltweit ein Schwergewicht, auf die geblickt wird. Rom schaut ganz genau, wie in Köln mit dem ganzen Missbrauchskomplex umgegangen wird. Papst Franziskus hat in mehreren Bereichen deutlich gemacht, dass er von den Bischöfen erwartet, dass sie diesem Thema deutlich nachgehen. Zu diesem Zweck hat er mehrere neue Gesetze erlassen. Da ist es schon eine deutliche Ansage, dass der Papst zwei Visitatoren nach Köln geschickt hat. Sie sollen sich ein Bild machen und Papst Franziskus berichten.
Ich frage mich, wie unabhängig die beiden Bischöfe sind, die Köln besuchen?
Lediglich der Papst ist ihnen gegenüber weisungsbefugt und nur ihm werden sie berichten. Sie haben in Köln alle Rechte. Sie dürfen mit jedem sprechen. Es muss ihnen volle Akteneinsicht gewährt werden. Das heißt, dass Kardinal Woelki den Visitatoren nichts vorenthalten kann.
Die Opferverbände zeigten sich begeistert, weil die beiden Gesandten zuerst mit ihnen gesprochen haben. Weißt du etwas über den Inhalt?
Inhaltlich weiß ich das nicht ganz genau. Aber der Themenkomplex ist bekannt. Einige Vertreter der Opferverbände waren ja aus Verärgerung über Woelki zurückgetreten. Die beiden Visitatoren hatten geladen und zur großen Freude haben sie erst mal nur zugehört und über die persönlichen Missbrauchsgeschichten erfahren. Aber vor allem konnten sie den Erzählungen folgen, wie man mit den Verbänden in Köln umgegangen ist. Letztendlich haben sie die Klappe gehalten und zugehört.
Was kann die Konsequenz aus dieser Apostolischen Visitation sein?
Sie haben umfangreiche Gespräche geführt mit Woelki und anderen Würdenträgern. Sich insgesamt ein Bild gemacht. Die Visitatoren fertigen jetzt einen Bericht an unter zwei Fragestellungen des Papstes. Wurde fehlerhaftes Verhalten des Kardinals und der Bistumsleitung in Köln festgestellt? Die entscheidende Frage aber lautet, ob die beiden Besucher dem Kardinal zutrauen, dass er mit seinem Bistum einen guten Weg in die Zukunft geht. Es ist im Moment so, das Woelki seinen Rücktritt ablehnt mit der Begründung, sich nicht aus der Verantwortung stehlen zu wollen. Er möchte das Bistum in geordnete Bahnen bringen. Ob die Visitatoren ihm das zutrauen, werden sie dem Papst berichten und eine Empfehlung aussprechen. In letzter Instanz könnte der Papst den Kardinal drängen, sein Amt zur Verfügung zu stellen.
Glaubst du, dass den begeisterten Verbänden bewusst ist, dass es eine Entscheidung pro Woelki geben kann?
Es ist meine große Sorge. Es überraschte mich, dass die Apostolischen Visitatoren bereits nach einer Woche Köln wieder verlassen hatten. Natürlich können sie, während sie den Bericht verfassen, den einen oder anderen anfragen und Kontakt aufnehmen. Ich habe aber Angst, wenn das Ergebnis nicht lautet, dass der Papst Kardinal Woelki den Rücktritt nahelegt oder ihn mit einer anderen Aufgabe betraut, die Enttäuschung groß ist. Nach dem Prinzip, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt.
» Das sind subjektive Fehler, die er gemacht hat. «
Papst Franziskus ist allerdings unberechenbar. Manchmal wirkt er wie ein Heißsporn.
Eine Apostolische Visitation ist ein Statement. Der Papst zeigt die Stirn und das ist schon ein Kaliber. Zudem sind das Erzbistum und der Kardinal nicht irgendwer.
Der Pabst ist sehr gut über alle Vorgänge in Deutschland informiert
Kann es nicht sein, dass der Pontifex sein Urteil schon gefällt hat und die Visitation nur noch die Legitimation für weiteres Handeln ist?
Wenn Papst Franziskus verantwortlich handelt, wovon ich ausgehe, glaube ich, dass noch keine Entscheidung feststeht. Sehr wohl bin ich der Auffassung, dass der Papst eine Meinung hat. Er ist sehr gut über alle Vorgänge in Deutschland informiert. Ich bin da wirklich gespannt. Und auch du weißt, wenn die Entscheidung nicht so ausfällt, wie die Menschen es sich wünschen, wird die Enttäuschung groß sein und es steht dann zu befürchten, dass noch mehr Leute in den Sack hauen.
Ich bin erschrocken vor solch einer großen Borniertheit bei Woelki. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand dasitzt und dermaßen über jeden Zweifel erhaben sein kann. Er fügt dem Amt und der Kirche unglaublich großen Schaden zu. Er hat nicht einen positiven Akzent in den letzten Jahren gesetzt. Was treibt diesen Menschen an, immer weiterzumachen?
Ich weiß es nicht. Ein Bischof soll ein Brückenbauer sein. Stattdessen zeigen ihm die Menschen, mit denen er einen gemeinsamen Weg gehen will, die Rote Karte. Wenn ich mitbekomme, dass sich an meiner Person Gräben auftun, dann muss ich merken, dass ich nicht der Richtige bin. Ich habe bei ihm wirklich den Eindruck, dass er glaubt, er müsse die Kirche retten.
Wie lange wird es dauern, dass wir über dieses Thema nicht mehr sprechen werden?
Das wird uns noch einige Jahre begleiten. Noch sind ja nicht alle Berichte und Studien zu den Missbrauchsfällen geschrieben und veröffentlicht. Die Aufklärung und Aufarbeitung werden noch einen langen Zeitraum beanspruchen. Und in der Zeit wird gesprochen werden müssen, da solche Vorfälle immer wieder zutage treten werden. Es wird Gesprächsbedarf geben. Erst wenn wir alles Menschenmögliche in der Kirche getan haben, zu unserer Verantwortung zu stehen und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren lassen, werden wir alle Ruhe finden. Wichtig ist, dass
Die Aufarbeitung und Aufklärung wird noch eine sehr lange Zeit in Anspruch nehmen
die Opfer jetzt schon merken, dass wir sehr bemüht sind.
INFO
Kurt Schulte
Danke, Kurt, für deine Erklärungen und deine ehrliche Einschätzung.
Jederzeit gerne.
Der 1965 geborene Hausherr des Doms zu Münster, Kurt Schulte, ist vielmehr als der Schließer der Kirche. Der Dompropst steht an der Spitze des Domkapitels und wählt dementsprechend auch den Bischof. Wie sollte es anders sein, leitet er auch das Kirchengericht. Den Bischof wählt er natürlich nicht alleine. Aber das Domkapitel schon.
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