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SOULMATES Wie findet man Seelenverwandte?

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ECHTE VERBUNDENHEIT ODER ROMANTISCHE VERKLÄRUNG?

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Der Begriff Seelenverwandtschaft hat etwas Transzendentes, nicht Greifbares und dennoch Schönes an sich. Das Gefühl, beinahe vorbestimmt zu einem Menschen zu gehören und sich mit diesem blind zu verstehen, schafft ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Warum also nicht danach streben? So manche Paartherapeuten sind jedoch nicht überzeugt von der Idee, sich von dieser romantischen Sichtweise aufs Leben leiten zu lassen. Warum? KOMPASS geht dem emotionalen Phänomen und der Kritik daran auf den Grund.

»Ihr passt ja zusammen wie Topf und Deckel« – oder wie der Volksmund auch sagen würde: wie Arsch auf Eimer. Das beschreibt, aufs Wesentliche heruntergebrochen, zwei Personen, die sich gefunden zu haben scheinen und sich mit ihren Einstellungen und Lebensweisen optimal ergänzen oder sich sogar in vielen Dingen ähnlich sind. Emotionaler aufgeladen ist die Bezeichnung Seelenverwandtschaft, die auch sogar in der jüdischen Religion als Glaubensgedanke eine Rolle spielt. Insbesondere im Liebesleben eine schicksalshafte Begegnung zu machen und sich mit einer Person ein Leben lang verbunden zu fühlen, gilt für viele als ultimatives Glück und demnach höchst erstrebenswert. Seelenverwandte können uns aber auch auf platonischer Ebene begegnen – gute Freundschaften ergeben sich ebenfalls aus dem Gefühl tiefer Verbundenheit. Dann ist es nicht ungewöhnlich, dass wir wissen, wie sich der andere fühlt und wir sogar die Sätze des anderen beenden können. Wir stehen uns nahe und genießen das besondere Gefühl, das wie ein unsichtbares Band verbindet.

Das US-amerikanische Meinungsforschungsinstitut Marist Poll hat in einer Umfrage herausgefunden, dass 73 Prozent der 1018 erwachsenen Teilnehmer an Seelenverwandtschaft glauben. Dabei nimmt die Zahl der »Gläubigen« jedoch mit zunehmendem Alter ab. Mit 60+ sind es nur noch 65 Prozent, die sich vorstellen können, dass sie tatsächlich ihren Seelenverwandten gefunden haben oder es diese Person irgendwo gibt. Einen ähnlichen Wunsch haben auch die Deutschen, wie Statista 2018 ermittelt hat. Von 5737 Menschen gaben 61,1 Prozent an, in ihrem Partner einen Seelenverwandten finden zu wollen.

DER MYTHOS DES KUGELMENSCHEN

Schon Platon sprach mit seinem erfundenen Mythos der Kugelmenschen von einer Art Seelenverwandtschaft. Mit den fiktiven antiken Wesen begründete er die Macht des Liebesgottes Eros und die Entstehung von Lust und Zuneigung.

Im Mythos heißt es, dass die Menschen einst kugelförmige Wesen waren, die vier Hände und Füße sowie zwei Gesichter hatten, die in entgegengesetzte Richtungen schauten. So kugelten die Menschen also durch die Welt – manche als Mann und Frau, manche rein weiblich oder rein männlich. Ihnen wurden Kraft und Mut nachgesagt – so wollten sie auch die Götter angreifen, was dem griechischen Gott Zeus allerdings sehr missfiel. Statt die Menschen zu vernichten und damit auch die erbrachten Opfergaben zu verlieren, entschied sich Zeus, die Kugelmenschen zu trennen, um sie dadurch zu schwächen.

Dies löste in den nun zweibeinigen Menschen große Sehnsucht nach ihrer anderen Hälfte aus. Sie begannen, einander zu suchen und sich miteinander zumindest für einen kurzen Moment zu vereinigen, um sich wieder vollständig zu fühlen. So begründet Platons Mythos auch das sexuelle Verlangen der Menschen.

Wenn die Seele verbindet

In Freundschaften und Liebesbeziehungen gibt es oft das Gefühl, seelenverwandt zu sein. Doch was bedeutet das eigentlich und hält dieses Gefühl wirklich ein Leben lang an? Foto Walter Randlehoff // unsplash.com Foto Mike Kilcoyne // unsplash.com

WIE FINDET MAN SEELENVERWANDTE?

Für die Autoren Ronald Schweppe und Aljoscha Long liegt eine Seelenverwandtschaft oft in einer guten Freundschaft vor: »Ihr habt in unterschiedlichen Situationen oft die gleichen Gedanken und Gefühle. Ihr seid auf einer Wellenlänge und versteht euch auch dann, wenn kaum ein Wort gesprochen wird. Manchmal wird eine gute Freundschaft ja auch als eine Seele in zwei Körpern bezeichnet. Wir erkennen uns selbst im anderen, teilen die gleichen Werte und haben die gleichen Interessen«, erklären die Experten in ihrem Buch »Seelenverwandt«. »Vor allem ist ein Seelenverwandter ein Mensch, dem wir uns außergewöhnlich nah fühlen – und zwar unabhängig davon, ob wir uns regelmäßig sehen können oder über lange Zeit getrennt sind. Das Gefühl der Verbundenheit ist so stark, dass äußere Umstände oder selbst ein paar Tausend Kilometer Abstand ihr nicht das Geringste anhaben können.«

»Freundschaft verdoppelt unsere Freude und halbiert unseren Schmerz.«

Marcus Tullius Cicero

Solche Verbindungen entstehen natürlich nicht von jetzt auf gleich, sondern bedürfen Zeit und Zuwendung. Aber auch zusammenschweißende Situationen können dieses Gefühl in uns hervorrufen. Müssen wir uns wirklich einmal auf einen anderen Menschen einlassen und blind vertrauen oder sind auf dessen Hilfe angewiesen, zeigt sich, mit wem wir zwischenmenschlich gut auskommen. Long und Schweppe finden: »Vielen Menschen ist gar nicht klar, dass man sich auch für Dinge wie Gelassenheit, innere Ruhe, Zufriedenheit oder Mitgefühl entscheiden kann. Und eigentlich sollte man das unbedingt tun, wenn man sein Leben bewusst gestalten will.« Ebenso müsse man sich für eine gute Freundschaft entscheiden und auch bereit dazu sein, anderen Menschen ein guter Freund zu sein. Dies kann der erste interne Schritt sein, der den Weg für echte Seelenverwandtschaft ebnet.

Darüber hinaus gilt wie in so vielen Dingen des Lebens: die richtige Balance finden, zwischen Interesse und Aufdringlichkeit, dem Teilen von Gefühlen und dem Zurückhalten in wichtigen Momenten, dem Zuhören und dem Erzählen. Denn Freundschaften, aber auch Liebesbeziehungen sind ein Geben und Nehmen, bei denen wir unsere Fühler für die Empfindungen des anderen ausstrecken müssen.

Freunde fürs Leben finden, aber wie?

Echte Freunde zu finden, ist einfacher gesagt als getan. Das richtige Mindset spielt dabei aber auch eine entscheidende Rolle. Foto Gita Krishnamurti // unsplash.com BUCHTIPP

Seelenverwandt

Ronald Schweppe, Aljoscha Long Verlag: Kösel Verlag ISBN 978-3-466-34781-0 Preis: 18,00 EUR

Inhalt

In Zeiten oberflächlicher Online-Bekanntschaften und einem zunehmenden Gefühl der Einsamkeit nimmt der Wunsch nach bedeutsamen Freundschaften zu. Wie wichtig lebendige, intensive Beziehungen für uns und unser Wohlbefinden – ja sogar für unsere Gesundheit und unser Glück – sind, belegt auch die Forschung. Deshalb zeigt uns das Autorenduo Ronald Schweppe und Aljoscha Long, wie wir über Selbstliebe, Mitgefühl und mehr Achtsamkeit den Weg zu einem vertrauensvollen Miteinander finden und so wieder mehr Herzensverbindungen eingehen können. Die Autoren kombinieren Lebenshilfe, Spiritualität und Weisheitsgeschichten, die dazu ermutigen, bereichernde Beziehungen einzugehen und zu pflegen. Auf kurzweilige und inspirierende Weise lernen Leser den Wert der Freundschaft neu zu schätzen und wie ein erfüllteres Leben mit mehr Verbundenheit erreicht werden kann.

SCHADET DER GLAUBE AN SEELENVERWANDTSCHAFT?

Esoterisch verklärt finden es manche Experten, wenn von Seelenverwandtschaft die Rede ist. Statt einer schicksalshaften Verbindung stecken aus soziopsychologischer Sicht eher verschiedene Wahrnehmungsmechanismen dahinter. Die Faszination, die eine andere Person bei uns auslösen kann, wird demnach häufig durch den sogenannten Ähnlichkeitsfehler verursacht.

Dabei vergleichen wir andere mit den eigenen Charakteristika – wir selbst sind meist im Reinen mit unseren Eigenschaften. Entsprechende ähnliche Persönlichkeitseigenschaften nehmen wir dann verstärkt wahr, da sie uns so vertraut sind. Ähnliche Werte, aber auch ein ähnlicher Humor und die Art und Weise, wie das Gegenüber mit Menschen agiert, ist uns dann besonders sympathisch.

Auch der sogenannte Halo-Effekt kann eine Rolle spielen. Der Begriff bezieht sich auf das englische Wort für Heiligenschein. Wir tendieren dazu, aufgrund schon bekannter Charakteristika auf bestimmte unbekannte Eigenschaften zu schließen – eine kognitive Verzerrung, die dazu führt, dass wir Menschen anders wahrnehmen, als sie tatsächlich sind oder sich selbst sehen. Andere Eigenschaften, die nicht zu diesem Bild passen, werden bei diesem Urteilsfehler ausgeblendet. Durch die Idealisierung sind wir geblendet und können daher auch schlechte Entscheidungen treffen.

Problematisch wird es dann, wenn sich Menschen dadurch selbst verlieren, weil sie sich um alles in der Welt an eine vermeintliche Seelenverwandtschaft klammern wollen, um sie nicht zu verlieren. Gerade wenn Verliebtheit eine Rolle spielt, zeigt sich nach einiger Zeit auch oft, wo es viel Gesprächsbedarf gibt. Kann man Unterschiede nicht offen ansprechen und Bedenken kommunizieren, ist das Gift für die Beziehung. Konflikte eskalieren dann schnell, was zu Enttäuschungen und Schmerz führt.

Dieses Phänomen nennt man auch »Soulmate Trap«, die Seelenverwandten-Falle. Wer an Seelenverwandtschaft glaubt, tendiert häufig dazu, kurze, aber intensive Beziehungen zu führen. Das schöne Gefühl kann jedoch schnell in Frustration umschlagen, wenn etwas nicht so wie gewünscht verläuft. Die einen begeben sich direkt wieder auf Partnersuche, die anderen verharren unglücklich in ihrem vermeintlichen Schicksal, da sie nach wie vor an die emotionale Verschmelzung glauben. Ein Zusammengehörigkeitsdruck kann sich auch negativ auf die Sexualität eines Paars auswirken, was die Partnerschaft häufig zusätzlich belastet. Der Glaube an Seelenverwandtschaft kann bei einer konfliktreichen Beziehung auch Positives bewirken.

Laut Richard J. Gerrig, Psychologie-Professor an der State University of New York, muss der Glaube an Seelenverwandtschaft der Beziehung aber nicht zwangsläufig schaden. Menschen, die einen Partner als Teil ihres eigenen Ichs betrachten, fühlen sich oft stärker verpflichtet, sich für die Partnerschaft einzusetzen und sie zu verteidigen. So kann die Beziehung enorm profitieren – vorausgesetzt, dass beide Personen die Beziehung zueinander nicht idealisieren, sondern realistisch mit den Stärken und Schwächen des anderen umgehen. Seelenverwandtschaft ist also vorrangig als mentales Konstrukt zu sehen, das sich auch beeinflussen lässt.

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IM GESPRÄCH MIT PSYCHOTHERAPEUT WOLFGANG KRÜGER

Wolfgang Krüger

Der Berliner ist psychologischer Psychotherapeut mit eigener Praxis. Foto Gerald Wesolowski Partnerschaftsprobleme sind ein Schwerpunkt in der Arbeit von Wolfgang Krüger. Der Psychotherapeut hilft Menschen dabei, Ängste, Depressionen, aber auch Beziehungsschwierigkeiten zu überwinden. Er hat bereits mehrere erfolgreiche Bücher über die Schwierigkeiten und das Gelingen der Liebe publiziert, beschäftigt sich in seiner Autorentätigkeit aber auch mit den Themen Eifersucht, Freundschaften, Humor und Großeltern. KOMPASS hat sich bei ihm erkundigt, was für ihn eine Seelenverwandtschaft ausmacht und warum der Wunsch danach durchaus legitim ist.

KOMPASS: Seelenverwandt zu sein – wodurch zeichnet sich eine tiefe Verbundenheit aus?

Wolfgang Krüger: Nach Wikipedia ist eine Seelenverwandtschaft »eine Verbindung zwischen zwei Personen, die sich durch eine tiefe, als naturgegeben erscheinende Wesensähnlichkeit verbunden fühlen«. Es gibt Menschen, die eine solche Beziehung finden, weil sie sich sehr ähnlich sind, ein ähnliches Schicksal erlebt haben und gleiche Lebensziele verfolgen. Dies erzeugt eine tiefe innere Übereinstimmung und Verbundenheit.

Warum ist für viele Menschen der Wunsch so groß, einen Seelenverwandten zu finden?

Wir wollen nicht einsam sein, wir suchen einen Menschen, der uns versteht und mit uns schwingt, mit dem wir gelegentlich – nicht nur im Sex – verschmelzen. BUCHTIPP

»So gelingt die Liebe, auch wenn der Partner nicht perfekt ist«

Wolfgang Krüger Verlag: BOD Verlag ISBN 978-3743137981 Preis: 13,90 EUR

Inhalt

Fast jeder von uns glaubt, die Liebe könne gelingen, wenn der Partner nicht so schwierig wäre. Leider können wir ihn jedoch meist nicht wesentlich ändern. Aber immer ist das Prinzip der indirekten Veränderung erfolgreich. Es besteht darin, dass wir durch unsere eigene Entwicklung das System der Partnerschaft nachhaltig beeinflussen. Dann entspannt sich die Stimmung in der Beziehung, emotionale Blockaden und einseitige Verhaltensmuster werden überwunden. 90 Prozent der Partnerschaften lassen sich auf diese Weise wesentlich verbessern, auch wenn der Partner nicht perfekt ist – so die Erkenntnis des Berliner Paarberaters Wolfgang Krüger.

Der Begriff Seelenverwandtschaft lässt vermuten, dass die Verbundenheit ein Leben lang anhält – dennoch leben sich viele Menschen auch im Laufe der Zeit auseinander. Wie kann man das verhindern?

Die Durchschnittsdauer von Ehen hat sich in den letzten 30 Jahren um immerhin drei Jahre und vier Monate verlängert. Aber wir können dafür sorgen, dass eine Liebesbeziehung noch länger hält. Dazu zählen zwei Punkte. Wir brauchen in einer guten Beziehung – auch in Krisen – einen respektvollen Umgang miteinander. Und wir brauchen eigene Freundschaften und Hobbys, damit wir nicht zu sehr voneinander abhängig sind und dann immer empfindlich reagieren.

Manche Paartherapeuten raten davon ab, die eigene Beziehung mit Seelenverwandtschaft zu romantisieren, da durch die Überzeugung, seelisch miteinander verbunden zu sein, toxische Verhaltensweisen ignoriert werden könnten. Wie sehen Sie das?

Die Gefahr ist gegeben, dass man die Probleme einer Liebesbeziehung nicht oder zu spät sieht, wenn man eine Seelenverwandtschaft anstrebt. Hier liegt immer die Gefahr einer Romantisierung vor. Man sieht dann Partnerschaften nicht pragmatisch genug, sieht mögliche Konflikte nicht, ist irgendwann entsetzt und trennt sich dann völlig enttäuscht, weil der andere dem eigenen Bild nicht entspricht. Man weiß nicht, dass alle Menschen irgendwie schwierig sind – auch man selbst – und ist auf die Überwindung dieser Probleme nicht eingestellt.

Foto Mattheus Ferrero // unsplash.com Grafik brgfx // freepik.com

IST SEELENVERWANDTSCHAFT BIOLOGISCH ERKLÄRBAR?

Aus biologischer Sicht ist Seelenverwandtschaft durchaus erklärbar, behauptet Psychiater Amir Levine im Buch »Attached: The New Science of Adult Attachment and Hot It Can Help You Find and Keep Love«. Die seelische Verbindung zeige sich demnach sehr wohl in ähnlichen Gehirnmustern. Eine körperliche Zugehörigkeit legt auch eine 2022 veröffentlichte israelische Studie nahe. Dabei stellten Wissenschaftler fest, dass enge Freunde ähnlicher riechen als Menschen die keine enge Beziehung pflegen. 20 Freundespaare wurden aufgefordert, für mehrere Tage ein und dasselbe T-Shirt zu tragen. Anschließend wurden die Gerüche laborwissenschaftlich ausgewertet. Das Geruchsprofil von zufällig gematchten Personen unterschied sich deutlich, die Freunde hingegen hatten ähnliche chemische Geruchssignaturen.

WENIGER IST MEHR

»Freundschaften haben im Leben von Menschen eine zentrale Bedeutung«, bemerken auch die Autoren der »Jacobs Studie 2014«. Demnach liegt der Anteil der Bevölkerung, für den gute Freunde im Leben ganz besonders wichtig sind, mit 85 Prozent höher als der Anteil derjenigen, für die beispielsweise eine glückliche Partnerschaft, Kinder, Unabhängigkeit, Spaß im Leben oder Erfolg im Beruf besonders wichtig sind.

Wählerisch bei der Auswahl der eigenen Freunde zu sein, muss zudem nichts Schlechtes sein, wie britische Forscher mithilfe einer Langzeitstudie herausgefunden haben. Es zeigte sich, dass Menschen, die im Jugendalter nur wenige, aber dafür sehr enge Freundschaften hatten, im späteren Leben deutlich seltener an Depressionen oder Ängsten leiden. Viele Freunde und Bekanntschaften zu haben, ist demnach offenbar kein Garant für ein glückliches Leben. Stattdessen sind es die engen Beziehungen, die wir zu Menschen pflegen, die uns erfüllen. Kein Wunder: Sicher haben viele dieses Phänomen schon mal am eigenen Leib erlebt: Man glaubt, sich in Krisenzeiten auf vermeintliche Freunde verlassen zu können, doch fehlt dann der Rückhalt, wenn es darauf ankommt.

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Schon im Kindesalter sind Freundschaften daher wichtig und fördernswert – und hier lassen sie sich besonders einfach knüpfen. Im späteren Leben wird es für viele Menschen nämlich häufig schwieriger, so innige platonische Beziehungen einzugehen. Job und Familie haben oft gedanklich Vorrang, soziale Kontakte fehlen und man verschließt sich – aus Angst enttäuscht zu werden oder aufgrund sozialer Normen und Vorstellungen.

In einer Untersuchung der Society for Research in Child Development schauten sich Forscher 2017 die körperliche und psychische Verfassung von 169 Teenagern im Verlauf von 15 bis 25 Jahren an. Dabei wurden auch Freundschaften einbezogen. Das Ergebnis war eindeutig: »Unsere Studie bestätigt, dass der Aufbau enger Freundschaften wahrscheinlich einer der wichtigsten Bestandteile der sozialen Erfahrung von Teenagern ist«, so Joseph Allen, Professor für Psychologie an der University of Virginia, der die Studie mitverfasst hat. »Von einer großen Gruppe von Menschen gemocht zu werden, kann nicht das Knüpfen tiefer, unterstützender Freundschaften ersetzen. Und diese Erfahrungen bleiben uns erhalten, unabhängig davon, was später geschieht. Da es dank der Technologie immer einfacher wird, ein soziales Netzwerk aus oberflächlichen Freunden aufzubauen, sollte es eine Priorität sein, Zeit und Aufmerksamkeit auf die Pflege enger Beziehungen zu einigen wenigen Personen zu verwenden.« Enge Freundschaften stärken das Selbstbild und haben maßgeblich Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung.

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Für immer befreundet

Kinder entwickeln einfacher lebenslange Freundschaften – mit zunehmendem Alter kann es schwerfallen, sich noch einmal so zu öffnen, wie wir es in der Kindheit und Jugend tun. Foto Janko Ferlic // unsplash.com

Seelenverwandtschaft kann auch vergehen

Selbst Seelenverwandte können sich im Laufe der Zeit auseinanderentwickeln. Foto Baptista Ime James // unsplash.com

MUSS ES IMMER FÜR IMMER SEIN?

Selbst im Spirituellen ist übrigens nicht die Rede davon, dass die sogenannten Dualseelen sich ein Leben lang begleiten müssen. Manchmal dienen sie auch dazu, dass sich die Menschen durch bestimmte Reibungspunkte weiterentwickeln. Denn bei sozialen Interaktionen müssen wir uns auch mit unserem inneren Wertekompass und bisherigen Lebensweisen auseinandersetzen. Es ist daher tröstend, dass das Gefühl von Seelenverwandtschaft durchaus häufiger im Leben auftreten kann.

Seelenverwandtschaft ist eine schöne Illusion, die durch objektive Gemeinsamkeiten und die subjektive Wahrnehmung gefüttert wird. Das heißt aber nicht, dass wir nicht an die Seelenverwandtschaft glauben können. Denn wie so vieles im Leben muss nicht immer alles wissenschaftlich erklärbar sein. Manchmal genügt es auch, dass wir uns durch den Gedanken, miteinander verbunden zu sein, bestätigt und wahrgenommen fühlen. Ob dabei nun der Glaube an Schicksal und Vorherbestimmung besteht oder sich durch ein optimistisches Mindset gute Beziehungen erarbeiten lassen, ist dann letztlich doch nebensächlich.

Text Kristina Baum

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