BBB - Beruf, Bildung, Business 2017

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Liebe Leserinnen, liebe Leser

U

ngefähr ein Drittel des Tages verbringen die meisten von uns auf Arbeit. Da sollte der Job schon auch Spaß machen und nicht allein dem Broterwerb dienen. Doch wie findet sich der Job fürs Leben? Vielleicht beim Kauf eines bestehenden Unternehmens als Nachfolger? Oder bei der Umsetzung eigener Ideen in einem Start-up? Oder beim Blick in die Zukunft, wo es Berufe geben wird, die heute noch keiner kennt? Oder bei der Pflege von Menschen? Oder in der Abwechslung, die das Leben als Zeitarbeitnehmer so mit sich bringt? Wir haben uns jedenfalls mal umgeschaut, wie spannend und erfüllend es sein kann, wenn die Arbeit auch ein bisschen schon Hobby ist – oder eben auch Berufung. Sollte also nach dem Sommerurlaub kein bisschen Lust bestehen, an den Arbeitsplatz zurückzukehren, dann ist es wohl an der Zeit, neuen Ideen nachzuhängen. Viel Spaß beim Lesen. Die Redaktion. Herausgeber: Stadtstreicher GmbH (V.i.S.d.P), GF. Markus Wolf, Am Feldschlößchen 18, 09116 Chemnitz, Tel.: 0371/383800, www.stadtstreicher.de, Redaktion: Kathy Eichholz, Rico Hinkel, Katrin Hilbert, Jenny Zichner Grafik & Satz: Sandy Heckel, Druck & Herstellung: Stadtstreicher GmbH, Anzeigenverkauf: Katrin Kastell 0371/3838020, Nico Bazan 0371/3838080, Denise Frake 0371/3838040, Abdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers Redaktionsschluss: 23. Mai 2017

IHANLT

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DIE ARBEITSWELT IM WANDEL

DIE WELT IST NICHT PERFEKT

Mit der Digitalisierung entstehen Jobs, die noch vor fünf Jahren undenkbar waren. Zugleich aber sterben auch traditionsreiche Berufe.

Die Zeitarbeit ist besser als ihr Ruf. Das wird gerade deutlich in der Diskussion um das neue Arbeitgeberüberlassungsgesetz.

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MIT FINANZSPRITZEN BIS ZUR MARKTREIFE

WENN ZWEI SICH FINDEN

NACH DEN ERSTEN SCHRITTEN

Viele Unternehmen, die nach der Wende gegründet wurden, suchen heute einen Nachfolger. Viele ohne Erfolg.

Wie funktioniert das denn nun mit der Integration von Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt? Wir haben uns umgehört.

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PFLEGEKRÄFTE DRINGEND GESUCHT

AUSBILDUNG LOHNT SICH

Hier gibt’s aktuelle Stellen, Ausbildungsplätze und Praktika in Chemnitz und Umgebung:

Start-ups brauchen Geld. Aber woher nehmen? Wir haben uns in der Szene mal umgehört.

Wo geht es hin mit der Ausbildung in Pflegeberufen. Die Bundesregierung hat da seltsame Ideen.

Ausbildung oder Studium? Wir haben mal zusammengetragen, wo Lernende so richtig sparen können.

stadtstreicher.de/ jobs


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Gestern, heute, morgen: Die ARBEITSWELT im Wandel

Dampfmaschinen, Autos, Computer, Smartphones: Das sind nur einige Beispiele für Erfindungen, die unseren Alltag maßgeblich beeinflusst haben. Auch in Zukunft wird sich unsere Lebensweise unaufhaltsam wandeln – und damit auch die Berufswelt. Was heute auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist, wird vielleicht in wenigen Jahrzehnten schon gar nicht mehr gebraucht. Oder weiß irgendjemand noch, welche Tätigkeit ein Haderlump einst ausübte? Diese fünf Jobs haben den gesellschaftlichen und technischen und gesellschaftlichen Wandel nicht überlebt:

Foto: www.neumeister.com

AUFWECKER Es gab Zeiten, da standen die Menschen mit der Sonne auf. Sie kümmerten sich um die Versorgung der Tiere, die Bestellung der Felder und brachten ihre Waren auf den Markt. Mit der Industrialisierung und den festen Arbeitszeiten änderte sich das. Wer morgens pünktlich 6 Uhr in der Fabrik stehen musste, konnte sich nicht mehr am Sonnenstand orientieren, sondern brauchte einen Wecker. Bevor dieser erfunden wurde, übernahmen Menschen diese Aufgabe. Zu einer bestimmten Uhrzeit klopfte der Aufwecker mit einer langen Stange

oder warf Steine ans Fenster. Wer die sogenannten „Knocker-ups“ weckte, ist leider nicht überliefert.

GASLATERNENANZÜNDER

Dieser Job wurde mit der Erfindung und Verbreitung des elektrischen Lichts immer seltener gebraucht. Dennoch hat der Beruf bis in die Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts überlebt, denn bis dahin funktionierte die Fernzündung der Straßenlaternen nicht immer reibungslos. Und so fuhr bis vor knapp hundert Jahren der Laternenanzün-


Foto: Idea. Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle. Prestel, München 1991

SIE LEBTEN WÄHREND EINER VERTRAGLICH FESTGELEGTEN DAUER IN EIGENS EINGERICHTETEN EREMITAGEN.

der durch die Stadt und sorgte dafür, dass auch die dunkel gebliebenen Lampen die Straßenzüge erhellten.

Foto: Archivo General de la Nación Argentina

SCHMUCKEREMIT Die Aufgabe des Schmuckeremiten lag darin, in einem Garten zu leben und diesen mit seiner Anwesenheit zu schmücken. Sie lebten während einer vertraglich festgelegten Dauer in eigens eingerichteten Eremitagen und hatten sich zu bestimmten Tageszeiten sehen zu lassen, um die Eigentümer der Parks und deren Gäste mit ihrem Anblick zu unterhalten. Das Berufsbild des schmü-


6 ckenden Einsiedlers hatte seine Glanzzeit in britischen Landschaftsgärten des 18. und 19. Jahrhunderts. Bis zu 700 britische Pfund ließen sich damit verdienen.

Seltene Berufe

von HEUTE

HARZER

Seltene Berufe sind diejenigen, denen wir im Alltag kaum mehr begegnen. Sie sind dennoch da und vor allem notwendig. Das Problem: Diesen Berufszweigen fehlen oftmals die Nachwuchskräfte. Dabei gibt es eine ganze Reihe interessanter Berufe, von deren Existenz viele überhaupt nichts wissen.

Foto: kunstmagazinberlin.de/0711/art_fotomalerei

Wer einst Teer und Terpentin herstellen wollte, brauchte dazu jede Menge Baumharz. Hier kam der Harzer zum Einsatz, der über viele Jahrhunderte für die Harzgewinnung in deutschen Wäldern zuständig war. Um das kostbare Baumharz zu gewinnen, musste er die Rinde des Baums entfernen und den Stamm so einschneiden, dass er das Harz auffangen und weiterverkaufen konnte.

KORB- UND FLECHTWERKGESTALTER Der Begriff ist uns heute allenfalls als Schimpfwort für einen faulen Nichtsnutz geläufig. Früher war der Haderlump nichts anderes als ein Secondhand-Händler. Auf der Suche nach alter Kleidung, die er dann auf Märkten weiterverkaufen konnte, zog er von Stadt zu Stadt. Da diese Menschen häufig selbst in abgerissenen Klamotten auftauchten, bekam der Job des Lumpensammlers mit der Zeit einen negativen Beiklang.

Foto: shutterstock_Frank Fiedler

Foto: Bundesarchiv_Bild_183-R0427-0006,_Meinigen

HADERLUMP

Mit handwerklichem Können fertigen Korb- und Flechtwerkgestalter geflochtene Objekte oder bearbeiten Oberflächen. Die meisten ihrer Aufträge sind Einzelanfertigungen, daneben stellen sie im eigenen Atelier aber auch Objekte in kleineren und größeren Serien her. Sie verarbeiten natürliche Materialien wie Rattan, Weide, Binsen, Schnüre, aber auch Geflechte aus Kunststoffen. Zu ihren Aufgaben zählt immer auch das Reparieren und Restaurieren von Korbwaren oder Rattanmöbeln.


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BUCHBINDER Foto: Werkstatt_und_Schleiferei_im_Gewölbekeller_der_Fa._Gottlob_Brucklacher

Was wäre das für ein Durcheinander, wenn wir Romane auf losen Papierseiten lesen müssten. Doch zum Glück gibt es den Buchbinder. Im Mittelalter waren es vornehmlich Mönche, die sich in den Schreibstuben ihrer Klöster um das geschriebene Wort kümmerten. Mittlerweile werden nur noch wenige Bücher von Hand hergestellt, wobei die Produktion eines Exemplars mehrere Tage dauert. Die Seiten müssen mit Nadel und Faden zusammengenäht und geleimt werden. Nach dem Trocknen in einer Presse werden die Seiten im Einband befestigt und kunstvoll verziert. Die Ausbildung zum Buchbinder dauert mit Spezialisierung in einzelnen Fachrichtungen drei Jahre.

Ein Koch ohne Messer, ein Rasenmäher ohne Schneidspindel, ein Schlittschuh ohne Kufen? Unmöglich! Denn ohne scharfe Klingen wären Mensch und Maschine oftmals völlig aufgeschmissen. Zum Glück gibt es Profis, die manuelle und maschinelle Schneidwerkzeuge fertigen und reparieren können. Ob maschinell oder per Hand gefertigt – für schnittige Messer brauchen sie eine ruhige Hand und ein gutes Auge. Für gute Klingen verarbeiten Schneidwerkzeugmechaniker hochwertigen Stahl, deshalb ist Sorgfalt und Präzision gefragt.

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SCHNEIDWERKZEUGMECHANIKER

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BÜCHSENMACHER An nur zwei Berufsschulen in Deutschland können sich junge Menschen zurzeit zu Büchsenmachern ausbilden lassen. Büchsenmacher stellen Sportund Jagdwaffen her, warten oder reparieren diese. Außerdem montieren sie Zielfernrohre und schießen die Gewehre ein. Laut Ausbildungsordnung stehen während der Ausbildung die Techniken der Metallbearbeitung und der Umgang mit Holz- und Kunststoffen auf dem Programm. Weitere Fächer sind Waffentechnik, Ballistik, Optik und die rechtlichen Grundlagen des Waffengesetzes.

BÜCHSENMACHER STELLEN SPORT- UND JAGDWAFFEN HER, WARTEN ODER REPARIEREN DIESE.


BÜRSTEN- UND PINSELMACHER

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Wer hätte das gedacht: Auf etwa 1000 verschiedene Bürsten und Pinsel treffen wir regelmäßig in unserem Alltag – von der Haarbürste über Straßenbesen und Handfeger bis zum Rougepinsel. Alle Arten von Bürsten und Pinsel, mit denen man im Handwerk, im Haushalt oder in der Kunst etwas anfangen kann, kommen vom Bürsten- und Pinselmacher. Er fertigt unterschiedliche Produkte aus Tierhaaren, Naturborsten, pflanzlichen oder synthetischen Fasern an. Für die Ausbildung braucht man handwerkliches Geschick und Talent für technisches Zeichnen.

Start: September 2017


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URBANER BAUER

Berufe von

... oder auch Stadtfarmer genannt. Immer mehr Städter folgen dem UrbanFarming-Trend, halten Bienen auf dem Dach oder züchten Obst und Gemüse in Balkon-Beeten. Besonders Hochhäuser bieten viel Fläche für die sogenannten „vertical farms“. Lebensmittel müssten folglich keine weiten Wege bis zum Endverbraucher mehr zurücklegen. Für das Berufsbild werden den Experten zufolge Kenntnisse in traditioneller Landwirtschaft, Treibhausanbau, Energieeffizienz und Architektur oder Ingenieurswissenschaften nötig sein.

gewinnen. Hinzu kommen Digitalisierung und technischer Fortschritt. Mit zunehmender Entwicklung von Smartphones und Laptops kann dies dazu führen, dass möglicherweise ganze Berufsfelder revolutioniert werden. Da sich das weltweite Datenvolumen heute bereits alle zwei Jahre verdoppelt, leitet die Stiftung daraus ab, dass Berufe entstehen werden, die sich auf den Umgang mit diesen Daten spezialisieren. Wir schauen auf fünf spannende Zukunftsberufe:

NOSTALGOLOGE Ein Nostalgologe kümmert sich um „die gute alte Zeit.“ Der Innendesigner könnte in Zukunft älteren Menschen ein Zuhause schaffen, das ihr Lieblingsjahrzehnt widerspiegelt. Er wird für seine Kunden zum Beispiel ein Wohnzimmer im Stil der Neunzigerjahre entwerfen, oder ein Badezimmer im Look der Fünfzigerjahre. Auf diese Weise bewahrt der Nostalgologe glückliche Erinnerungen und ein bestimmtes Lebensgefühl seiner Kunden. Laut Studie braucht man für diesen Job Kenntnisse in der Innenarchitektur, in der Psychologie und der Geschichte.

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Eine Studie der kanadischen Stiftung für Bildungsförderung „Canadian Scholarship Trust Foundation“ verrät, welche ungewöhnlichen Jobs bereits im Jahr 2030 Realität sein könnten. Laut der Stiftung wird sich der demografische Wandel vor allem auf den Gesundheitssektor auswirken. Schon heute muss der Arbeitsmarkt darauf reagieren und Pflegeberufe für künftige Arbeitnehmer attraktiv gestalten. Auch das Thema rund um die Gewinnung von Wind-, Wasser- und Solarkraft wird weiter an Bedeutung

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MORGEN


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Lebenswerte Stadt hinter dem Mond entdeckt

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hemnitzer leben hinterm Mond? Dorthin verirrt sich doch allenfalls ein Kosmonaut? Genau, sagt die Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft (CWE) und klärt augenzwinkernd auf, warum man darauf zu Recht stolz sein kann. Denn die provokativen Aussagen nehmen Bezug auf farbenfrohe Inszenierungen der Theater Chemnitz wie Carl Orffs „Der Mond“ und einzigartige Veranstaltungen wie das Kosmonaut-Festival, das in diesem Jahr bereits seinen fünften Geburtstag feiert. Die aussagekräftigen Behauptungen sind Teil einer überregionalen Stadtmarketingkampagne, die Chemnitz als Stadt zum Arbeiten und Leben spiegeln soll und in der beide Bereiche gekonnt miteinander verknüpft

Baselabs-Gründer Holger Löbel ist einer der Chemnitzer, die der Kampagne ein Gesicht geben. Unter www.chemnitz-zieht-an.de erzählen sie ihre persönliche Geschichte.

werden können. Chemnitzer wie der Baselabs-Gründer Holger Löbel geben der Kampagne ein Gesicht und erzählen unter www. chemnitz-zieht-an.de von ihrer Leidenschaft, ihrem Antrieb, ihrem Engagement. Sie werden zudem in drei verschiedenen Facebook-Kampagnen dargestellt und treten in einer überregionalen Großflächenplakatierung auf. Die Botschaft: Chemnitz ist mehr als ein Geheimtipp für Menschen, die sich selbst verwirklichen wollen. Chemnitz zieht an – in Zukunft vielleicht sogar als Kulturhauptstadt. Das Plädoyer zur Bewerbung als Kulturhauptstadt machte jedenfalls schon bei Spielen der Niners und des Chemnitzer FC in Form von Bandenwerbung auf sich aufmerksam – mit Erfolg: Mehr als 157.000 Besucher zählte die Webseite im vergangenen Jahr. 2014 waren es noch rund 100.000 Online-User. Auf der Firmenseite stieg die Zahl von 33 auf mittlerweile 75 Unternehmen, die mit mehr als 400 Stellenangeboten gemeinsam um Fachkräfte für die Region werben. ■


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TELE-CHIRURG

Dass Roboter in Zukunft eine größere Rolle spielen werden, lässt sich heute schon in der Industrie oder auch im persönlichen Alltag ablesen. Künftig könnte jeder Haushalt einen Kochroboter besitzen. Intelligente Maschinen putzen, fahren Autos oder kümmern sich um ältere Menschen und Haustiere. Um dabei den Überblick zu behalten und den richtigen Assistenten für die eigenen vier Wände zu finden, konsultiert man künftig einen

Foto: shutterstock_Niyazz

ROBOTERBERATER

Mediziner sollen in Zukunft über weite Distanzen hinweg mittels eines Roboters und einer Kamera operieren können. Was nach Science Fiction klingt, ist gerade für dünn besiedelte Regionen eine Möglichkeit, die Versorgung zu gewährleisten. Der Patient wird dann von einem kleinen medizinischen Team vorbereitet, den Rest übernehmen die sicher geführten RoboterHände des Arztes. Tele-Chirurgen haben ein medizinisches Studium absolviert, können komplexe Roboter bedienen und ihre menschlichen Assistenten mit sicherer Hand und klarem Kopf per Videoschalte koordinieren.

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Roboterberater. Dieser analysiert die Bedürfnisse seiner Kunden, kennt sich mit den verschiedenen Modellen aus und bleibt stets auf dem neusten Stand der Technik. Idealerweise sollte der Experte auch klassische Verkäuferqualitäten und soziokulturelle Kenntnisse besitzen.

SIMPLIZITÄTSEXPERTE Experten für Einfachheit haben eigentlich einen hoch-komplexen Job: Sie sind teils Manager, teils Mathematiker und teils Soziologe oder Psychologe. Auch Grundkenntnisse in Design sind von Vorteil. Gebraucht werden sie in Unternehmen, um komplizierte tägliche Abläufe auf ein simples Mindestmaß herunterzubrechen. Ein Verständnis von Arbeitsabläufen und Fähigkeit zur Reduktion sind dabei das A und O. Aus 15 Schritten im Prozessablauf werden sieben gemacht, aus zwanzig Stunden Arbeit fünf. Das bedeutet aber auch, beim Personal den Rotstift anzusetzen. ■


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„Die Welt ist nicht perfekt“ Zeitarbeit.

Für viele klingt das nach schlechter Bezahlung und miesen Jobs. Aber weit gefehlt. Die Zeitarbeitsbranche handelt seit Jahren schon Tarifverträge mit DGB-Gewerkschaften aus und arbeitet intensiv mit der Agentur für Arbeit zusammen. Vor allem in der Industrie sind Leiharbeiter inzwischen so begehrt, dass auch bei den Löhnen nicht geknausert wird. Eine weitere Regulierung der Zeitarbeit, wie sie die kürzlich verabschiedete Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes mit sich bringt, hätte es deshalb gar nicht gebraucht, sagt Heiko Müller. Der Regionalkreisleiter Sachsen des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. ist vielmehr davon überzeugt, dass nun künftig noch mehr Konzerne ihre Produktion ins Ausland

verlegen werden, weil der teure deutsche Arbeitsmarkt zudem immer unflexibler wird. Zeitarbeit soll Betrieben in Spitzenzeiten helfen und keine Dauerlösung sein. Was ist dann so schlecht an einer zeitlichen Obergrenze für die Arbeitnehmerüberlassung? Die Frage ist doch: Was bringt die Obergrenze? Genau genommen nämlich nichts. Wenn ein Unternehmen den Zeitarbeitnehmer gern übernehmen möchte, dann tut es das und hat es auch schon vor der Reform getan. Wenn nicht, dann muss der Zeitarbeitnehmer jetzt mit Ablauf der Überlassungshöchstdauer dort aufhören und ein anderer übernimmt die Tätigkeit. Nur mit dem Unterschied, dass der vorherige jetzt in

einem anderen Kundenbetrieb unter Umständen weniger verdient, weil ja die Bezüge nach unserem Tarifvertrag bzw. Branchenzuschlagtarifvertrag schrittweise mit der Länge der Überlassungsdauer steigen. Vielleicht hätte sich die Expertenkommission im Bundestag mal mit Zeitarbeitnehmern und Vertretern der Branche unterhalten sollen, ehe sie ihnen vermeintlich Gutes tut und Schlechtes schafft.

Text: Jenny Zichner Foto: Rico Hinkel

„VIELLEICHT HÄTTE SICH DIE EXPERTENKOMMISSION IM BUNDESTAG MAL MIT ZEITARBEITNEHMERN UND VERTRETERN DER BRANCHE UNTERHALTEN SOLLEN.“


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Schon seit 2012 haben wir Branchenzuschlagstarife in vielen Industriezweigen. Das heißt, je länger ein Zeitarbeitnehmer im gleichen Einsatz ist, umso höher werden seine Bezüge. Das geht beispielsweise in der Metall- und Elektroindustrie schon nach der sechsten Woche mit 15 Prozent Zuschlag los – und steigt dann schrittweise bis auf 50 Prozent nach neun Monaten. Sie sprechen vor allem von Zeitarbeit in der Industrie, aber es gibt sie auch in anderen Branchen, wo es für die Leiharbeiter nicht so rosig aussieht. Wenn Sie auf die Entlohnung ansprechen, gibt es natürlich branchenbedingte sowie regionale Unterschiede, aber diese sind dann nicht auf den Zeitarbeitnehmer zu reduzieren. Im Regelfall betrifft dies dann eine gesamte Branche und nicht den Zeitarbeitnehmer oder den Stammmitarbeiter. Abgesehen von der Entlohnung gibt es viele weitere Faktoren, die es nicht so rosig aussehen lassen können. Ich denke

da an eine 72-Stundenschicht eines Arztes, an Mitarbeiter im falschen Einsatz/Beruf. Zeitarbeitnehmer sind ja grundsätzlich auch fest angestellt, nur mit wechselnden Einsatzorten. Und sie genießen ebenfalls alle Rechte von Arbeitnehmern, oder? Selbstverständlich sind Zeitarbeitnehmer fest angestellt. 90 Prozent aller Arbeitsplätze in der Zeitarbeit sind unbefristet. 80 Prozent arbeiten in Vollzeit. Zeitarbeitnehmer haben garantierte Lohnfortzahlung bei Krankheit, während des Urlaubs, auch wenn wir gerade keine Einsatzmöglichkeit finden können. Und viele Firmen in der Zeitarbeit bemühen sich wirklich sehr um ihre Mitarbeiter, denn sie sind unser wertvollstes Kapital. Ich selbst bin seit 2011 in der Branche tätig und habe es auch schon oft erlebt, dass Mitarbeiter ein Übernahmeangebot vom Kundenbetrieb bekommen und abgelehnt haben. Die Politik glaubt, Zeitarbeitnehmer wollen nichts sehnlicher als einen festen Arbeitsort bzw. vom Kundenbetrieb übernommen zu werden. Aber so ist das nicht. Bei einigen schon, bei anderen nicht. Und

Foto: IG Zeitarbeit

Die Bezüge steigen mit der Überlassungsdauer? Wie muss man sich das vorstellen?

„ICH SELBST BIN SEIT 2011 IN DER BRANCHE TÄTIG UND HABE ES AUCH SCHON OFT ERLEBT, DASS MITARBEITER EIN ÜBERNAHMEANGEBOT VOM KUNDENBETRIEB BEKOMMEN UND ABGELEHNT HABEN.“


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Können Sie der Reform überhaupt nichts Gutes abringen? Nein. Sie führt zu massivem bürokratischen Mehraufwand und unterschlägt erneut, was die Zeitarbeit für die deutsche Wirtschaft leistet. Kaum eine Branche wird ständig strenger reguliert und strenger kontrolliert –

KAUM EINE BRANCHE WIRD STÄNDIG STRENGER REGULIERT UND STRENGER KONTROLLIERT – OHNE ERKENNBAREN ANLASS.

ohne erkennbaren Anlass. Dabei bringen wir Langzeitarbeitslose und zum Beispiel auch ein Drittel aller Flüchtlinge in Arbeit und wir kümmern uns um die Zuwanderung von Fachkräften aus anderen europäischen Ländern. Die Zeitarbeitsbranche hält engen Kontakt zu Berufsschulen und Universitäten im Ausland, um Absolventen für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Wir rekrutieren Fachkräfte aus vielen verschiedenen europäischen Ländern wie etwa aus Ungarn, Polen, der Slowakei, Kroatien sowie aus dem nichteuropäischen Ausland; kümmern uns um die Wohnung, zahlen die Kaution, begleiten sie zu Behörden, übersetzen Arbeitsunterlagen, begleiten zum Einsatzort mit entsprechenden Dolmetschern, die auch die deutsche Sprache unterrichten - alles nur, um die Bedarfe der deutschen Wirtschaft an Fachkräften zu realisieren, die wir im Übrigen auch zur Sicherung unserer Sozialsysteme dringend brauchen. Sie haben von massivem bürokratischen Mehraufwand gesprochen... Foto: IG Zeitarbeit

nun dürfen sie das nicht mal mehr selbst entscheiden, weil das Gesetz festlegt, nach 18 Monaten muss der Zeitarbeitnehmer vom Kundenbetrieb übernommen werden. Das grenzt an Entmündigung.

Vor allem Equal Pay ist im Moment ein großes Problem. Da ist das

Gesetz auch nicht eindeutig. Um den Zeitarbeitnehmer nach Equal Pay zu bezahlen, muss natürlich der Lohn eines Stammmitarbeiters mit gleichen Aufgaben ermittelt werden. Wenn es diesen nicht gibt, muss der Kunde uns mitteilen, wie er diesen Mitarbeiter entlohnen würde, wenn er diese Stelle besetzen müsste. Klar ist auch nicht, wie es gehandhabt wird, wenn vergleichbare Stammmitarbeiter zum Beispiel ein Diensthandy besitzen, einen Firmenwagen oder ähnliches, was als geldwerter Vorteil zu bewerten ist. Das ist alles noch nicht klar geregelt, geschweige denn rechtssicher. Nur die Strafen bei Verstößen stehen schon felsenfest und die sind drakonisch. Also müssen wir und die Kundenbetriebe nun genau dokumentieren, kontrollieren... Wir können auch keine kurzfristigen Einsätze mehr realisieren, weil zuvor immer erst ein neuer Vertrag im Original vorliegen muss, wo früher der Vertrag per Email reichte. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Aber es nützt nichts. Wir beschäftigen drei Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland, schaffen sichere Arbeitsplätze. Und trotzdem erkennt die Bundesregierung die Leistung der Zeitarbeitsbranche nicht an. Die Gründe dafür kennen wir nicht. ■


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Willkommen bei der saxJOB Personalservice GmbH Warum eine Festanstellung bei saxJOB gute berufliche Perspektiven eröffnet, erklärt Geschäftsführer RENÉ KÜNSTLER im Interview. In welchen Branchen sind die Mitarbeiter von saxjob vorrangig tätig? Als spezialisierter Personaldienstleister setzen wir unsere Mitarbeiter in regionalen Projekten im Maschinen- und Anlagenbau, der Elektround Automatisierungstechnik, dem Stahl- und Metallbau sowie in der Logistik ein. Deshalb sind wir immer auf der Suche nach Mechanikern, Elektrikern, Mechatronikern, Schweißern und Mitarbeitern mit Erfahrung in der Logistik.

Bedeutet Zeitarbeit: Heute hier, morgen da? Oder wie lang sind Einsätze von Zeitarbeitnehmern im Schnitt? Wir haben uns so aufgestellt, dass unsere Mitarbeiter immer entsprechend ihrer Qualifikation in langfristige Projekte integriert sind. Das können durchaus auch Einsätze über mehrere Jahre sein. Aufgrund der AÜG-Änderung zum 01.04.17 müssen wir alle neuen Projekte auf 18 Monate befristen.

Die Politik hat geregelt, nach neun Monaten bekommt ein Zeitarbeitnehmer den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft. Wird das jetzt zum Problem? Nein, als Problem sehe ich das nicht. Gerade in den Projekten, wo qualifiziertes Fachpersonal eingesetzt wird, gibt es regional kaum Unterschiede in der Entlohnung gegenüber den Mitarbeitern im Entleihbetrieb. Es ist sogar teilweise so, dass unsere Arbeitnehmer aufgrund des Tarifvertrages und Betriebszugehörigkeiten von bis zu zehn Jahren höher entlohnt werden, als ihre Kollegen des Kundenbetriebes.

Viele Unternehmen suchen händeringend Personal. Warum entscheiden sich Fachkräfte trotzdem für Zeitarbeit? Die Chance, als Arbeitnehmer bei saxjob eine Anstellung zu finden, ist größer als bei einer Direktbewerbung. Warum? Weil wir aus der Vielzahl unserer Projekte genau das Passende für den Bewerber heraus-

„Die Chance, als Arbeitnehmer bei saxjob eine Anstellung zu finden, ist größer als bei einer Direktbewerbung. ”

filtern und ihn entsprechend seiner Qualifikation einsetzen können. Der angesprochene Tarifvertrag und unsere umfangreichen Sozialleistungen wie AG-finanzierte Altersvorsorge, Zuschuss zu den Kinderbetreuungskosten, hochwertige Arbeitskleidung usw. sind nur einige Punkte, warum es sich lohnt, bei saxjob zu arbeiten. Auch die Entwicklung der Mitarbeiter durch Weiterbildung oder das Vermitteln von deutschen Sprachkenntnissen für unsere ausländischen Arbeitnehmer tragen dazu bei, dass sich Bewerber für saxjob entscheiden.

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Mit Finanzspritzen bis zur

Marktreife

Text: Rico Hinkel

Wie Technologiegründer für ihre Ideen um finanzielle Mittel werben

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m TV-Quotengarant „Die Höhle der Löwen“ läuft es in der Regel so: In einem auf fünf Minuten zusammengeschnittenen Pitch präsentieren Gründer fünf potentiellen Privat-Investoren ihre Geschäftsidee. Danach wechseln wachstumsrelevante Zahlen solange die Seiten, bis der Zuschauer in etwa erahnen kann, was zum Beispiel eine Marge, also eine Gewinnspanne ist. Am Ende gibt es entweder einen Deal, wobei gegen eine Finanzspritze Unternehmensanteile verkauft werden, oder eben nicht. Soweit, so klar. Dass aber die Hälfte der beschlossenen Deals nach der Sendung

an der Risikoprüfung, die beim Kauf von Unternehmensbeteiligungen durchgeführt wird, scheitern, macht eines deutlich: Ganz so einfach, wie uns das Fernsehformat glauben machen will, ist die Finanzierung einer guten Geschäftsidee dann doch nicht. Schließlich investieren auch sehr solvente Geldgeber nicht einfach mal so eine halbe Million Euro in innovative Konzepte. Laut der Uni-Studie „Start-up Ökosystem Sachsen“ lassen sich diese privaten Risikokapitalgeber in Sachsen sowieso nur sehr schwer aufspüren. Wie also läuft die Finanzierung sogenannter Start-ups dann eigentlich

genau ab? Wir haben nachgefragt und uns für dieses Thema auf das spannende Terrain der technologieorientierten Gründungen begeben. Chemnitz und Technik, das gehört schon immer irgendwie zusammen. Die historisch gewachsene Industriestruktur der Region scheint jedenfalls ein idealer Nährboden für Gründer zu sein, die an innovativen Technologien forschen – insbesondere an der Technischen Universität Chemnitz. Schätzungsweise gründen sich drei Viertel aller hiesigen Technologieunternehmen aus der Universität heraus. Laut „Grün-

SCHÄTZUNGSWEISE GRÜNDEN SICH DREI VIERTEL ALLER HIESIGEN TECHNOLOGIEUNTERNEHMEN AUS DER UNIVERSITÄT HERAUS.


Foto: shutterstock_241699132

dungsradar 2016“ ist die Chemnitzer Uni dabei die Nummer eins bei Ausgründungen unter allen staatlichen Hochschulen in Sachsen. Im Ranking der 67 mittleren Hochschulen in ganz Deutschland mit einer Studierendenzahl zwischen 5.000 und 15.000 belegte sie sogar den fünften Platz. „Unternehmensgründungen sind und bleiben ein wichtiges Instrument für den Technologietransfer aus unserer Universität, insbesondere in die Region“, sagt Uwe Götze, Prorektor für Transfer und Weiterbildung. „Wir wollen künftig die Gründungskultur in Kooperation mit

unseren Netzwerkpartnern auf diesem Gebiet deutlich weiterentwickeln“, so Götze. Bewährt hat sich in Chemnitz beispielsweise das Gründernetzwerk SAXEED, das in den vergangenen zehn Jahren auf mehr als 140 Gründungen mit mehr als 400 Arbeitsplätzen verweisen kann. Dazu zählen 70 technologieorientierte Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial.

Obwohl es unser Name nahelegt: Man muss nicht Chemiker werden, um bei uns einen erfolgreichen Einstieg ins Berufsleben mit besten Karrierechancen zu finden, zum Beispiel über unsere Studienförderung oder ein technisches BAStudium. Was Sie mitbringen müssen: Die Leidenschaft für Teamwork und Lust und Neugier auf spannende Projekte in Chemnitz, aber auch überall auf der Welt. Das passt? Dann sollten wir uns kennenlernen. Weitere Informationen unter 


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Das Team von der saralon und ihre funtionale Tinte (re.)

MIT STAATLICHER HILFE DEN WEG EBNEN Wer gründet, kann häufig auf staatliche Förderung zurückgreifen. So unterstützt das EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft beispielsweise Hochschulabsolventen bei der Umsetzung ihrer Gründungsideen, indem ein Jahr lang monatlich bis zu 3.000 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und bis zu 30.000 Euro für Sachausgaben gestellt werden. Dafür müssen Gründer unter anderem Gründerseminare

besuchen und nach zehn Monaten einen Businessplan vorlegen können. Auch Willi Linke arbeitet derzeit an der rund 30-seitigen Projektskizze für ein EXIST-Gründerstipendium. „Neben Marktanalyse und Finanzplanung geht es vorrangig natürlich um die Vorstellung des Projektes, das signifikante Alleinstellungsmerkmale und gute wirtschaftliche Erfolgsaussichten mitbringen sollte“, weiß der 27-Jährige, der die GründerSzene bereits kennt. 2012 war er Mitarbeiter der ersten Stunde eines Leipziger Start-ups, das mittlerweile 25 Mitarbeiter beschäftigt und seine Standorte auf Frankfurt sowie San

DAS TEAM ENTWICKELT FUNKTIONALE TINTEN, MIT DENEN ELEKTRONISCHE APPLIKATIONEN AUF VERPACKUNGEN GEDRUCKT WERDEN KÖNNEN.

Francisco ausgeweitet hat. Jetzt will er erneut durchstarten: „Unsere Software Encore ermöglicht Unternehmen, ihre Prozesse auf dem Reißbrett zu entwerfen und in die dafür benötigte SoftwareApplikation zu überführen. Organisationen müssen somit nicht mehr auf teure Softwarelösungen setzen, die kompliziert anzupassen und aufwändig zu implementieren sind. Sie entwerfen die Unterstützung für den jeweiligen Prozess in Minuten selbst.“ Ob das Projekt förderfähig ist, entscheiden schlussendlich externe Gutachter der EXIST-Förderprogramme.


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Die SARALON GMBH hat diese Hürde bereits genommen. Das Chemnitzer Start-up – eine Ausgründung von Wissenschaftlern aus dem Institut für Print- und Medientechnik – erhielt anfangs eine Förderung durch das EXIST-ForschungstransferProgramm. Das Team entwickelt funktionale Tinten, mit denen elektronische Applikationen auf Verpackungen gedruckt werden können. So kann die Packung zum Leuchten gebracht werden oder anzeigen, ob sie vor dem Verkauf schon einmal geöffnet wurde. Das sei für Risiko-

produkte wie Medikamente interessant. Hersteller müssten dafür keine neuen Geräte anschaffen, sondern können die Tinte mit ihren bestehenden Maschinen verarbeiten.

DER NÄCHSTE SCHRITT: RISIKOFINANZIERUNG Saralon hat 2015 erfolgreich den Schritt von der Universität in die Markterprobung gewagt. Mit den

„VENTURECAPITAL STELLT KEINEN KREDIT DAR, SONDERN IST EHER ALS EINE FORM DER ANSCHUBFINANZIERUNG FÜR EINE UNTERNEHMENSIDEE ZU SEHEN“, ERKLÄRT KEVIN TOST

ersten Prototypen konnte das Gründerteam ein Jahr später den Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) vom Nutzen der Technologie sowie der Skalierbarkeit des Geschäftsmodells überzeugen und für den nächsten Schritt eine siebenstellige Millionensumme einwerben. Das Beteiligungskapital fließt seitdem vor allem in die Entwicklung neuer Maschinen und in Personal, das sich derzeit um die Produktpositionierung im Zielmarkt kümmert. „Die ersten Produkte sollen bereits in diesem Jahr auf den Markt kommen“, erklärt Managing Director Steve Paschky. „Das ist für uns eine echte Erfolgsgeschichte. Vor drei Jahren waren die Produkte noch nicht einmal serienreif.“ Heute arbeitet das mittlerweile neunköpfige Team im Wirkbau an der Annaberger Straße. „Zuvor waren wir auf mehrere Standorte verteilt, haben uns unter anderem im Start-upGebäude der Uni eingemietet. Jetzt können wir alles an einem Standort abbilden – von der Entwicklung bis zur Tintenfertigung. Es war eine ganz bewusste Entscheidung, in Chemnitz zu bleiben. Neben der Nähe zu einem weltweit anerkannten Institut war es uns wichtig, der


Stadt etwas zurückzugeben.“ Auch wenn in Ostdeutschland die Investorenlandschaft in der Frühphase einer Gründung recht überschaubar sei, sagt Steve Paschky. „Der Risikograd ist schlichtweg zu hoch.“ Die Saralon GmbH war übrigens das erste Investment des TGFS nach der Aufstockung von 60 Millionen auf 124 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

SCHEITERN – EINE KALKULIERBARE GRÖSSE? Der TGFS ist ein sogenannter Venture Capital-Fonds, was als Wagnis- oder Risikokapital ins Deutsche übersetzt werden kann. Diese risikoorientierte Finanzierung richtet sich in erster Linie an junge Unternehmen ausschließlich im Hochtechnologiebereich am Standort Sachsen. „VentureCapital stellt keinen Kredit dar, sondern ist eher als eine Form

der Anschubfinanzierung für eine Unternehmensidee zu sehen“, erklärt Kevin Tost. Der Investment Director der SC Kapitalbeteiligungsgesellschaft ist einer der Management-Partner, wenn es um TGFS-Finanzierung in Südwestsachsen geht. „Ein sogenannter VentureCapitalist finanziert ein junges Team in dem Wissen, dass das Unternehmen scheitern kann.“ Daher wählen VentureCapitalists ihre Investments entsprechend bedacht aus: „Das Team sollte zum Beispiel technische wie kaufmännische Stärken abbilden, was für viele Gründerteams eine enorme Herausforderung darstellt. Schließlich müssen sie aus der Forschung und Entwicklung heraus ein tragfähiges Geschäftsmodell auf die Beine stellen.“ Genauso wichtig sei ein marktgetriebenes Agieren. „Viele Ingenieure machen den Fehler, dass sie losgelöst vom Markt an Produkten tüfteln, für die am Ende niemand bereits ist zu zahlen.“ Neben

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einem frühzeitigen Marktfeedback müssten Gründer auch Flexibilität und einen langen Atem mitbringen. „Lieber ein erstklassiges Team mit der zweitbesten Idee als umgekehrt“, lautet die Devise. Idealerweise sollte natürlich beides passen – wie bei der PENDIX GMBH, einer Ausgründung der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Das Unternehmen stellt NachrüstAntriebe her, die aus konventionellen Fahrrädern moderne E-Bikes machen. Die Gründer Thomas Herzog und Christian Hennig sind dafür im Jahr 2013 aus der Automobil-Branche auf den Elektroantrieb für Fahrräder umgestiegen. Das

Nachrüst-Set besteht aus einem Scheibenläufer-Mittelmotor, der direkt am Tretlager montiert wird sowie einem zylindrisch geformten Akku mit integrierter Steuerelektronik. Allein im vergangenen Jahr konnten 170 Händler und der Großhändler BBF als Partner gewonnen werden. 2017 will Pendix den Antrieb intensiver international vermarkten und als feste Größe in Europa wahrgenommen werden. Neben dem Technologiegründerfonds Sachsen konnten auch die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft und die AS Vantage Holding als Investoren gewonnen werden.

WENIG PRIVATE RISIKOKAPITALGEBER Um die aktuelle Situation für Start-ups in Sachsen sichtbar zu machen, führte im vergangenen Jahr an der TU Chemnitz die Juniorprofessur Entrepreneurship in Gründung und Nachfolge, Stiftungsprofessur der Sparkasse Chemnitz, die Studie „Start-up

Fotos: Pendix/Pendix Moodfoto

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Ökosystem Sachsen“ durch. Studiengrundlage bilden die Analyse volkswirtschaftlicher Indikatoren sowie die Befragung von 242 sächsischen Gründern und Gründungsexperten. „Da die Gefahr besteht, dass Gründer aus der Region abwandern, um sich in vorteilhafteren Regionen niederzulassen, wurden in der Studie neben den sächsischen Landkreisen und kreisfreien Städten auch die Rahmenbedingungen in den deutschen Start-upHochburgen Berlin, Hamburg und München untersucht“, erläutert Juniorprofessor Mario Geißler. Die

2017 WILL PENDIX DEN ANTRIEB INTENSIVER INTERNATIONAL VERMARKTEN UND ALS FESTE GRÖSSE IN EUROPA WAHRGENOMMEN WERDEN.



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DER „NORMALBÜRGER“ ALS KAPITALGEBER

Ergebnisse zeigen, dass in Sachsen durchaus wettbewerbsfähige und attraktive Ökosysteme für Gründer existieren. „Betrachten wir die erhobenen Werte beispielsweise im Verhältnis zu den regional ansässigen Erwerbstätigen, werden die prominenten Metropolen in einzelnen Aspekten sogar übertroffen. Aber die Untersuchung erkennt auch Bereiche, denen zukünftig mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden kann. Zwar lassen sich schnell Beteiligungsgesellschaften finden, die sachsenweit operieren und teilweise öffentlich geför-

dert werden. Allerdings können ohne Umwege nur wenig private Risikokapitalgeber und sogenannte Business Angels aufgespürt werden. Diese sind für angehende Gründer aber ebenso wichtig, da sie ihnen mit Know-how und Kapital zur Verfügung stehen.“ Eine stadtbezogene Analyse identifizierte zudem in den letzten sechs Jahren lediglich 28 Chemnitzer Crowdfunding-Projekte auf nationalen und internationalen Plattformen. Zum Vergleich: Dresden kam im gleichen Zeitraum auf 271 und Leipzig auf 508 Projekte.

Foto: Mellow Boards

Foto: Mellow Boards

Das Besondere beim Crowdfunding ist, dass eine Vielzahl an Menschen zumeist über das Internet ein Projekt finanziell unterstützt. Dabei erhalten sie eine nicht-finanzielle Gegenleistung, oftmals ist dies eine Ausfertigung des Projektergebnisses. Da es sich dann um eine Art Vorverkauf handelt, ist klassisches Crowdfunding als Test für das Marktpotential einer Idee geeignet. Der Chemnitzer TU-Absolvent Johannes Schewe wusste also lange vor der Serienrei-

2016 INVESTIERTE DER ENTWICKLUNGS- UND PRODUKTIONSPARTNER TQ SYSTEMS NOCHMALS 1,5 MILLIONEN EURO UND SICHERTE SO DIE FINANZIERUNG VON TECHNISCHER SEITE BIS ZUR SERIENREIFE.


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fe seines Produktes, dass es jede Menge potenzielle Abnehmer geben wird. Seine Idee: Ein kompakter Elektro-Antrieb, der sich innerhalb von Minuten unter jedes konventionelle Skate- und Longboard montieren lässt und die Bretter auf bis zu 40 Kilometer pro Stunde beschleunigt. Dafür kamen auf der weltgrößten Crowdfunding-Plattform Kickstarter rund 310.000 Euro statt der ursprünglich anvisierten 100.000 Euro zusammen. Mittlerweile lebt und arbeitet der Gründer des Start-ups MELLOW BOARDS in Hamburg und bearbeitet Bestellungen aus 38 Ländern, darunter 347 Kickstarter-Bestellungen. 2016 investierte der Entwicklungs- und Produktionspartner TQ Systems nochmals 1,5 Millionen Euro und sicherte so die Finanzierung von technischer Seite bis zur Serienreife. Eine weitere Finanzierung sei schon angepeilt. In diesem Jahr hat das Start-up außerdem den DesignAward „Red Dot“ gewonnen.

Klar, Gründerpreise sind kein kalkulierbares Kapital, aber dennoch

Foto: Naventik

NICHT ZU UNTERSCHÄTZEN: GRÜNDERPREISE

einen Versuch wert. Mit gelungenen Ideenskizzen können Jungunternehmer damit mehrere zehntausend Euro für ihr Unternehmen gewinnen und zudem ihren Bekanntheitsgrad steigern. So setzte sich beispielsweise das Chemnitzer Start-up NAVENTIK beim Gründerwettbewerb „Digitale Innovationen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unter insgesamt mehr als 300 innovativen Ideenskizzen durch und konnte Ende März auf der CeBIT den mit 32.000 Euro dotierten Hauptpreis entgegennehmen. Mit ihrer neuen „Pathfinder“-Technologie haben die Chemnitzer eine Lösung zur hochgenauen Fahrzeuglokalisierung entwickelt. „Neben der Signalverarbeitung von GPS- und anderen Navigationssatelliten macht unsere Technologie auch die Nutzung weiterer Sensordaten des Autos zur Ortsbestimmung möglich“, erläutert

Grafik: Naventik

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Team-Mitglied Peter Kalinowski. Damit werde selbst dann eine Position des Fahrzeugs ermittelt, wenn das direkte Signal der Satelliten gestört wird oder die Satellitenkonstellation für eine Messung ungeeignet ist. Das Ergebnis: Eine hochgenaue Positionsbestimmung, die aufgrund der neuartigen Modellierung besonders für sicherheitsrelevante Anwendungen wie Fahrerassistenzsysteme und autonomes Fahren geeignet ist. Mit dieser Innovation drängt das vierköpfige Team nun auf den Markt. Unterstützt wird es dabei seit April vom Förderprogramm ExistForschungstransfer des Bundeswirtschaftsministeriums. ■

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er politische Umschwung 1990 war auch von einem wirtschaftlichen Umbruch geprägt. Zu kaum einer Zeit gab es so viele Neugründungen von Unternehmen, die bis heute erfolgreich am Markt agieren. Die Kehrseite der Medaille: In vielen mittelständischen Unternehmen Sachsens ist der Generationenwechsel ein aktuelles Thema. Viele Gründer von damals stehen heute vor der Aufgabe, geeignete Nachfolger zu finden. Laut Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn stehen in den kommenden

fünf Jahren allein im Freistaat 5.300 Unternehmen vor der Herausforderung der Übergabe, rund 2.000 im Kammerbezirk Chemnitz. Dabei strebt nur jeder zweite Unternehmer (54 Prozent) eine familieninterne Nachfolge an. Rund 29 Prozent der Firmen ließen sich unternehmensintern, zum Beispiel durch Mitarbeiter, in die nächste Generation überführen. Der Rest von 17 Prozent müsse eine externe Lösung finden. „Besonders diesen Unternehmen stehen wir mit Rat und Tat zur Seite“, sagt Franca Heß, IHK-Referatsleiterin Existenz-

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36 gründungs- und -sicherungsberatung | Unternehmensnachfolge. Eine Patentlösung gebe es nicht und auch der emotionale Faktor spiele bei der Übergabe immer eine entscheidende Rolle. „Der Unternehmer gibt schließlich sein Lebenswerk aus der Hand. Die Sensibilisierung für dieses Thema muss auch deshalb rechtzeitig erfolgen, weil eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge in der Regel mehrere Jahre in Anspruch nimmt.“

Rainald Schulte ist da wohl eine Ausnahme von der Regel. Der heutige Geschäftsführer der IBS Workwear GmbH, einem Grünaer Spezialisten für Arbeits- und Berufsbekleidung, übernahm innerhalb von fünf Monaten das laufende Geschäft seiner Vorgängerin. Die Liebe zog den gebürtigen Münsterländer vor einem Jahr ins Erzgebirge. Und auch die Region habe er mittlerweile ins Herz geschlossen. Zuvor hatte er in München sein Hobby zum Beruf gemacht und flog als Pilot und Geschäftsführer einer privaten Airline rund um die Welt. Neben Promis und Geschäftsleuten transportierte

Foto: Hinkel

ÜBERNAHME IM SCHNELLVERFAHREN

er auch lebenswichtige Organe von den Spendern zu den Empfängern. „Zeitweise schlief ich nachts neben zwei Telefonen, um bei Terminverschiebungen oder sonstigen Problemen jederzeit reagieren zu können.“ Sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag navigierte er seine Crews. Doch nicht nur reichlich Erfahrung rund um die Personalführung brachte der 59-Jährige nach Chemnitz mit: „Bis vor 20 Jahren baute ich für Gore

Tex das Feld der Berufsbekleidung in Europa auf. Es ist also kein Zufall, dass ich mich für eine mögliche Unternehmensnachfolge hier in der Region auf diese Branche konzentriert habe.“ Über die bundesweite Nachfolge-Börse „nexxt change“, wo die Industrie- und Handelskammer als Regionalpartner fungiert, wurde er schließlich fündig. Kurz vor Weihnachten 2015 entdeckte er über diese Online-Plattform das

„ZEITWEISE SCHLIEF ICH NACHTS NEBEN ZWEI TELEFONEN, UM BEI TERMINVERSCHIEBUNGEN ODER SONSTIGEN PROBLEMEN JEDERZEIT REAGIEREN ZU KÖNNEN.“


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Foto: Hinkel

ÜBER DIE BUNDESWEITE NACHFOLGEBÖRSE „NEXXT CHANGE“, WO DIE INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER ALS REGIONALPARTNER FUNGIERT, WURDE ER SCHLIESSLICH FÜNDIG.

Firmenprofil seiner Vorgängerin Ilona Bachmann. Danach ging alles sehr schnell: „Wir hatten ab dem Erstgespräch, das von der IHK moderiert wurde, einen sehr guten Draht zueinander. Auch die Zusammenarbeit mit der Erzgebirgssparkasse und der Bürgschaftsbank Sachsen war rückblickend sehr unkompliziert“, erzählt Rainald Schulte. Bereits am 1. Juli 2016 übernahm er das Geschäft. Für die Übergangszeit

wurde eine dreimonatige Beraterund Einarbeitungstätigkeit durch Ilona Bachmann verabredet. Seit nunmehr acht Monaten zieht er im Unternehmen alleine die Fäden. „Ich habe mich gut eingelebt. An Chemnitz begeistern mich neben der architektonischen Geschichte vor allem die Menschen. Sie sind bodenständig, geradlinig und ehrlich. Ihnen fehlt vielleicht manchmal die Zuversicht, positiv in die Zukunft zu blicken“, resümiert Schulte, der bereits Wachstumspläne schmiedet. Drei zusätzliche Vertriebsmitarbeiter hat er neu eingestellt, um den Kundenservice zu optimieren. Darüber hinaus stand nach der Übernahme die Modernisierung des Warenwirtschaftssystems, der Ausbau des Online-Handels und die erstmalige Schaffung eines Ausbildungsplatzes auf seinem Plan. „Auch die Kunden haben den Wechsel gut angenommen.“ Was er Unternehmern bei der Suche nach einem Nachfolger rät: „Schuster bleib’ bei deinen Leisten. Unternehmer sollten im Vorfeld ihre Firmenwerte genau definieren und dann glasklar bleiben. Viele Übernahmen scheitern an der Gier. Das heißt, wenn der Fisch einmal an der Angel ist, wird oftmals der


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40 vorher festgelegte allgemeine Rahmen geändert. Auf einmal sind die Förderbarkeit oder das Liquiditätskonzept nicht mehr gegeben und die Übernahme kommt nicht zustande.“ Was ein Unternehmen eigentlich kostet, wurde er übrigens kürzlich auf dem heißen Stuhl beim Treffen des Bundesverbandes für mittelständische Wirtschaft (BVMW) gefragt. „Die Hälfte mal zwei“, lautete augenzwinkernd seine Antwort. Rainald Schulte stellt sich und sein Unternehmen als Praxisbeispiel einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge am 21. Juni beim diesjährigen IHK-Nachfolgetag für Unternehmer und Übernahmeinteressenten vor. Unter dem Motto „Lebenswerk trifft Meisterwerk“ finden an den Standorten Chemnitz, Plauen, Zwickau, Kriebstein und Oelsnitz Veranstaltungen statt. In den Kunstsammlungen Chemnitz gehören dann unter anderem die Nachfolgeplanung aus steuerlicher Sicht, die Vorstellung der bundesweiten Nachfolgebörse „nexxt change“ und eine Podiumsdiskussion zum Thema „Was ist mein Unternehmen wert“ zum Programm.

KURZ NOTIERT Eine IHK-Umfrage im Herbst 2016 brachte ans Licht, dass im Kammerbezirk 74 Prozent der befragten Unternehmen keine konkrete Nachfolgeregelung haben, obwohl 34 Prozent in den nächsten drei Jahren betroffen sind. Fast ein Viertel der Unternehmer plant sogar die Schließung der Firma. Besonders der Dienstleistungs- sowie der Einzel- und Großhandelssektor soll laut IHK von der baldigen Nachfolge betroffen sein.

TIPPS FÜR SENIORUNTERNEHMER Bevor das Unternehmen zum Kauf angeboten wird, sollte die Nachfolgeplanung bereits weitestgehend abgeschlossen sein, um kurzfristig Gespräche mit potenziellen Interessenten aufnehmen zu können. Oftmals ist es hilfreich, bei der Planung der eigenen Nachfolge auf die Expertise eines Beraters zurückzugreifen. Er kann beispielsweise helfen, die eigenen Vorstellungen und Ziele zu definieren, einen genauen Zeitplan festzulegen und auch eine realistische Einschätzung zum Wert des Unternehmens abzugeben.

TIPPS FÜR POTENTIELLE NACHFOLGER Es ist keineswegs leichter, ein bereits bestehendes Unternehmen fortzuführen als ein neues zu gründen. Schließlich steigt ein Nachfolger in ein funktionierendes Unternehmen ein und muss in der Lage sein, dieses am Markt zu halten und bestehende Arbeitsplätze zu sichern. Mittelständische Unternehmen sind in vielen Fällen sehr stark durch die Persönlichkeit des Übergebers geprägt. Langjährige Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten haben sich auf diese Persönlichkeit eingestellt und eine mögliche Unternehmensübergabe ist sowohl für die Mitarbeiter als auch den Unternehmer oftmals mit sehr vielen Emotionen verbunden. Für Nachfolger bedeutet das: Sie sollten neben fundiertem kaufmännischem Know-how und Branchenkenntnissen vor allem auch Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen mitbringen. ■

TEXT: RICO HINKEL



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NACH DEN

ERSTEN

SCHRITTEN

„Der Arbeitsmarkt im Pflegebereich ist leer“, erklärt Gunter Melzer, Heimleiter des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Chemnitz. „Wir finden kaum Angestellte. Daher freuen wir uns, wenn Menschen zu uns kommen, die Freude und Begeisterung am Pflegeberuf mitbringen. So wie Bassil Alhorane und Ahmed Mistikalo.“ Die beiden Syrer sind im Altenpflegeheim an der Rembrandtstraße derzeit als Pflegehelfer angestellt. Und sie sind außerdem ein Beispiel dafür, wie die Integration in den Arbeitsmarkt für Flüchtlinge funktionieren kann. Denn vor der Anstellung stehen viele Hürden – für die Flüchtlinge, aber auch für die Arbeitgeber.

„Integration in den Arbeitsmarkt ist letztendlich auch Integration in die Gesellschaft“, so Heiko Wendrock, Presse r fü r sprecher der Agentu ch Arbeit in Chemnitz. Na igier hw Sc anfänglichen keiten, „Menschen im Kontext von Flucht und

EINSTUFUNG Ganz am Anfang steht die Klärung des Bleiberechts durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Im Anschluss entscheidet die Ausländerbehörde über die entsprechende Aufenthaltserlaubnis. „Auf Grundlage dieser Bescheinigung können wir dann weiterarbeiten“, erklärt Jacqueline Rauschenbach, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt und Fachexpertin für Migration vom Jobcenter Chemnitz. „Zu uns zur Beratung kommen auf der einen Seite Firmen, die interessiert an Mitarbeitern mit Migrationshintergrund sind, aber natürlich

Asyl“ Arbeitsplätze zu vermitteln, sind einige n behördliche Hürden nu . nicht mehr ganz so hoch r fü g Die Herausforderun Flüchtlinge und Unter. nehmen allerdings bleibt Text: Kathy Eichholz Fotos: Ernesto Uhlmann

auch die Arbeitssuchenden oder Arbeitslosen selbst.“ Heiko Wendrock fügt hinzu: „Zuweilen müssen wir erst Vertrauen aufbauen, da einige Menschen in ihren Heimatländern Ämterkorruption erfahren haben oder weil es solche Einrichtungen schlichtweg einfach nicht gab.“

ZUSAMMENARBEIT DER BEHÖRDEN In Chemnitz arbeiten mehrere Behörden beim Thema Integration eng zusammen: Ausländerbehörde, Sozialamt, Arbeitsagentur, Jobcenter und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. „Inzwischen ist diese

„INZWISCHEN IST DIESE THEMATIK INS TAGESGESCHÄFT ÜBERGEGANGEN UND DIE STRUKTUREN UND NETZWERKE SIND GUT AUFGEBAUT.“


In Chemnitz arbeiten mehrere Behörden beim Thema Integration eng zusammen, zum Beispiel die Arbeitsagentur.

Thematik ins Tagesgeschäft übergegangen und die Strukturen und Netzwerke sind gut aufgebaut“, so Jacqueline Rauschenbach. Nichtsdestotrotz gibt es noch genug Probleme, wie Gunter Melzer vom ASB erklärt: „Wir stehen immer wieder vor vielen offenen Fragen im Genehmigungsverfahren und auch die gesetzlichen Grundlagen ändern sich zuweilen und werden dann erst mal wieder unterschiedlich ausgelegt.“ Insgesamt hat er sieben Mitarbeiter mit Migrationshintergrund. Und manchmal

sind es auch fehlende Informationen von den Behörden, die seine Arbeit erschweren. „Bei einem möglichen zukünftigen Mitarbeiter aus Marokko werden wir im Unklaren gelassen, ob er eine Arbeit bei uns aufnehmen kann oder nicht.“ Auch Stefan Buscher, Pressesprecher von enviaM kann ähnliches berichten. „Anfänglich hatten wir die Schwierigkeit, dass wir viele Behörden ansprechen mussten und dies sehr unübersichtlich gestaltet war. Hinzu kam, dass


44 wir in verschiedenen Bundesländern tätig sind und auch da regionale Unterschiede herrschten. Inzwischen kennen wir jedoch unsere Ansprechpartner und auch die Rahmenbedingungen sind nun klarer.“ Dass Arbeitssuche auch positiv verlaufen kann, davon können Bassil Alhorane und Ahmed Mistikalo berichten. Auf einer Integrationsmesse kamen sie in Kontakt mit enviaM.

Dort nahmen sie am Ausbildungsprojekt „Ich pack’ das!“ teil, in das die Flüchtlinge inzwischen integriert wurden. „Bei diesem Projekt nahmen sie an Berufs- und Ausbildungsorientierungen teil. Ziemlich schnell war den Beiden klar, dass sie gern einen helfenden oder pflegenden Beruf ergreifen möchten. Und so konnten wir ein Praktikum im Pflegeheim des ASB vermitteln“, berichtet Stefan Buscher. Und weil das nicht nur den

„SCHON ALS KIND WOLLTE ICH ARZT WERDEN“, ERKLÄRT DER 18-JÄHRIGE AHMED MISTIKALO.

Beiden gut gefiel, sondern sie auch einen guten Eindruck hinterließen, erhielten sie im März 2017 ihre Anstellung als Pflegehilfskraft. Das große Ziel der Beiden ist jedoch ein Medizinstudium. „Schon als Kind wollte ich Arzt werden“, erklärt der 18-jährige Ahmed Mistikalo. Doch seine Flucht aus Aleppo und vor dem Krieg unterbrach seine Träume. „Mit meiner Familie kam ich zuerst in die Türkei, wo ich mit 12-13 Jahren als Näher arbeitete. Die Schule konnte ich so nicht beenden und habe mit inzwischen 18 Jahren noch nicht einmal einen Schulabschluss“, ärgert er


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46 Vater hat 20 Jahre in einer Fabrik gearbeitet. Doch seine Erfahrungen zählen in Deutschland leider wenig. Schön wäre es, wenn auch ihm geholfen werden könnte.“

SCHULABSCHLUSS Doch das Anerkennen von Abschlüssen ist nicht so einfach. „Praktisch ist es, wenn die Menschen Zeugnisse und Urkunden mit haben oder sie sich noch zuschicken lassen können“, so Jacqueline Rauschenbach vom Jobcenter. „Und auch dann dauert die Anerkennung manchmal Monate.“

SPRACHE

sich. Doch dies soll sich bald ändern. Berufsbegleitend wird er bald seinen Hauptschulabschluss nachholen. Anschließend sollen Abitur und Medizinstudium folgen. „Mir gefällt es, Menschen zu helfen. Das macht mir einfach Spaß und freut mich“, erklärt er mit einem breiten Lächeln. Doch beim Gedanken an seine Familie wird das Lächeln schmaler. „Mein

„UNSER NEUER KOLLEGE ,GIWAN’ MUSSTE ERST DEN INTEGRATIONSKURS DURCHLAUFEN, BEVOR ER BEI UNS ARBEITEN DURFTE. DABEI LERNT ER HIER IM SALON VIEL SCHNELLER DEUTSCH.“

„Die wichtigste Grundlage für die Arbeitsvermittlung ist aber natürlich das Erlernen der deutschen Sprache“, erklärt Jacqueline Rauschenbach. „Am Anfang steht für die Flüchtlinge also der Integrationskurs. Die Vermittlung in Arbeit hat eine hohe Priorität. Werden jedoch berufsbezogene Sprachdefizite festgestellt, vermitteln wir anschließend in weiterführende berufsbezogene Sprachkurse. Nicht immer geht dies auf Grund des hohen Bedarfs so schnell wie wir es uns wünschen. Mancher Arbeitgeber


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48 würde vielleicht auch Mitarbeiter mit weniger Sprachkenntnissen anstellen, scheitert dann aber zum Beispiel an Arbeitsschutzbestimmungen, die verstanden werden müssen.“ Thoralf Lippmann, Mitinhaber und Geschäftsführer des Friseursalons „Stilbruch“ in Chemnitz, ist der Meinung, dass Sprache vor allem in der Anwendung gelernt wird. „Unser neuer Kollege ,Giwan’ musste erst den Integrationskurs durchlaufen, bevor er bei uns arbeiten durfte. Dabei lernt er hier im Salon viel schneller Deutsch.“

ANKOMMEN IM LEBEN Auch das Ankommen im täglichen Leben ist für „Giwan“ Alaa Shei-

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khi schwierig. „Wir mussten ihm erst einmal erklären, was Urlaub in Deutschland bedeutet. Dass Lohn auch während der Urlaubszeit gezahlt wird. Das kennt er aus seinem Heimatland Syrien nicht. Auch Begriffe wie ‚Sozialabgaben’ und ‚Mehrwertsteuer’ sollten in den Integrationskursen behandelt werden“, sagt Thoralf Lippmann. „Ich als Unternehmer würde mir wünschen, dass die Flüchtlinge mehr Hilfe bei der Bewältigung des täglichen Lebens bekommen würden. Denn wir sind mit ‚Giwan’ zu allen Behörden gegangen, haben ihm eine ordentliche Wohnung versorgt und halfen ihm zum Beispiel beim Wechsel des Stromanbieters. Allein ist das alles für ihn fast unmöglich zu bewältigen.

CHEMNITZER ZAHLEN (Quelle: Arbeitsagentur):

• Arbeitslose aus Drittstaaten (z.B.: Syrien, Afghanistan): rund 650

ER BRINGT DAS WISSEN UND HANDWERK ALS MÄNNERFRISEUR AUS SEINEM HEIMATLAND MIT, DAS WIR HIER IN DEUTSCHLAND IN DIESER ART SO NICHT AUSÜBEN. SO BEHERRSCHT ER BEISPIELSWEISE DIE ABFLAMMTECHNIK UND BINDFADENTECHNIK.“ Und so denke ich, dass die Integration von Flüchtlingen gerade für den Mittelstand eine besondere Herausforderung ist.“ Eine Herausforderung, über die er inzwischen froh ist, sie auf sich genommen zu haben. „Trotz anfänglicher Skepsis sind wir heute

• davon suchen 75 % eine Arbeit im Helferbereich der Gastronomie, Kurier leistungen oder Reinigung • davon haben 20 % die Hochschulreife

• davon haben 50 % keinen Hauptschulabschluss (z.B. aus Kriegsgründen) • Arbeitssuchende aus Drittstaaten: rund 1.800


glücklich, diesen Schritt gemacht zu haben. Ins Team hat sich ,Giwan’ schnell integriert und er bringt das Wissen und Handwerk als Männerfriseur aus seinem Heimatland mit, das wir hier in Deutschland in dieser Art so nicht ausüben. So beherrscht er beispielsweise die Abflammtechnik und Bindfadentechnik.“ Auch für ,Giwan’ selbst ist das „Einstiegsqualifizierungsjahr“, das er derzeit absolviert, ein Glücksfall. „Ich kam aus Syrien nach Deutschland und kam erst einmal in ein Asylheim. Dort konnte ich kaum Deutsch lernen, da ich nur Kontakt zu anderen Ausländern hatte. Weil ich als Kurde in Syrien keine richtigen Ausweispapiere bekam, musste ich hier ein Jahr auf meine Papiere warten und konnte in dieser Zeit auch nichts machen.“ Nachdem er seine Papiere endlich in der Hand hielt, war er nicht nur bei vielen Friseuren und fragte nach Arbeit, sondern ging sogar zur Handwerkskammer. „Bei der Arbeitsagentur

kannte man ihn, da er alle 14 Tage dort vorsprach“, erklärt Thoralf Lippmann. „Aber Arbeit habe ich nicht bekommen, weil niemand mich als Ausländer anstellen wollte“, so der 22-Jährige. „Eines Tages stand er dann vor unserer Tür“, lacht Thoralf Lippmann. „Er hat erst ein Praktikum bei uns gemacht und nun dieses Einstiegsqualifizierungsjahr. Eigentlich soll er anschließend eine Lehre absolvieren. Ob es dazu kommt, werden wir sehen. Die sprachlichen Hürden, vor allem bei der Theorie, sind sehr hoch und sein Handwerk beherrscht er jetzt schon. Außerdem ist er immer pünktlich und freundlich.“ Sein Fazit: „Wenn wir in Deutschland die Flüchtlinge ins Leben integrieren wollen, dann sollten wir vielleicht manchmal ein wenig flexibler werden. Einfach ist es nicht, aber auf jeden Fall sollte man Probleme ansprechen dürfen, um diese zu lösen.“ ■




Foto: shutterstock/kzenon

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PFLEGEKRÄFTE DRINGEND GESUCHT

N

Wie wird der Job in der Altenpflege attraktiver? Darüber streiten derzeit Politik und Fachverbände. TEXT: JENNY ZICHNER

ur Rockstars sterben jung. Alle anderen wünschen sich mehrheitlich eher ein langes Leben. 90 Jahre fit und froh – und dann einfach umfallen. Perfekt. Doch dieser Wunsch wird vielen nicht erfüllt. Sie werden pflegebedürftig. Und schon sind wir beim Problem. Die Zahl der Menschen, die im Alter auf Hilfe angewiesen sind, nimmt stetig zu. Dabei fehlt es schon heute an Pflegekräften. 20.000 Stellen sind in deutschen Kliniken und Pflegeheimen unbesetzt, meldete das Handelsblatt zuletzt. Und Sebastian Thieswald kann das in der Praxis nur bestätigen. Der Chemnitzer betreibt seit Sommer letzten Jahres das ASPIDA Lebenszentrum Thalbrügel in Thüringen, nachdem er viele Jahre das SenVital auf dem Niklasberg geleitet hatte. Inzwischen zahlt er in seiner eigenen Einrichtung deutlich höhere Gehälter, hat auch zwei ausländische Pflegekräfte eingestellt und ihnen fünf Monate Zeit gegeben, um die deutsche Sprache für die Praxis zu verfeinern. Aber auch derartige Maßnahmen lösen das Grundproblem der Branche nicht, verbessern allenfalls die Situation in seiner Einrichtung. Nicht auszudenken, wenn die Pro-


Jeder Traumberuf fängt mit einer guten Ausbildung an:

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Foto: shutterstock_kzenon/privat

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gnosen der Demografen eintreten und daraus resultierend die große Personalnot in der Pflege. Schon 2025 sollen Hochrechnungen zufolge 112.000 Pflegekräfte in Deutschland fehlen. Die Bundesregierung will deshalb gegensteuern: mit der Reform der Pflegeausbildung, auf die sich die große Koalition im April geeinigt hat. Glaubt man SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, dann werde die Reform zu höheren Löhnen in der Altenpflege führen und damit gewinne der Beruf wieder an Attraktivität.

Diese Meinung hat die Politik aber offenbar exklusiv. Sowohl die Verbände der Altenpflege und der Kinderkrankenpflege als auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Präsident der Bundesärztekammer sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB haben sich schon gegen die Pläne positioniert. Der Grund: Die bislang spezialisierte Ausbildung in drei unterschiedlichen Pflegeberufen soll nun von einer generalistischen Pflegeausbildung abgelöst werden. Das heißt, alle künftigen Kranken-,

„BISLANG WURDEN DIE PFLEGEKRÄFTE ÜBER DREI JAHRE AUF DEN EINSATZ IN UNSERER BRANCHE VORBEREITET. DIES BISHER STARK SPEZIALISIERTE WISSEN WIRD NUN ARG BESCHRÄNKT, OBWOHL DIE HERAUSFORDERUNGEN EHER STEIGEN.“

SEBASTIAN THIESWALD

Alten- oder Kinderkrankenpfleger/ innen absolvieren die ersten zwei Lehrjahre gemeinsam in einer einheitlichen Grundausbildung, um sich im dritten Jahr entweder auf die Pflege von Kindern oder alten Menschen zu spezialisieren bzw. die allgemeine Ausbildung mit einem Schwerpunkt fortzusetzen. Soll heißen, das fachspezifische Wissen und Können wird sehr viel allgemeiner. Was Tiefe war, wird Breite. Schon deshalb sind die Verbände der Alten-, Kinder- oder Krankenpflege alles andere als begeistert. Hinzu kommt, dass zwar nun das Vorhaben auf dem Tisch ist, aber keiner weiß, wie es ausgestaltet werden soll. Jedoch befürchtet vor allem das Bündnis für Altenpflege verheerende Folgen. Sebastian Thieswald sagt ohne Umschweife: „Die Generalistik ist falsch und gefährlich. Bislang wurden die Pflegekräfte über drei Jahre auf den Einsatz in unserer Branche vorbereitet. Dies bisher stark spezialisierte Wissen wird nun arg beschränkt, obwohl die Herausforderungen eher steigen, allein durch die zunehmende Zahl an Menschen mit Demenz. Deshalb wird es für uns nun wichtig sein, möglichst viele Inhalte der bishe-



rigen Ausbildung in die generalistische Ausbildung zu retten. Denn eigentlich wurde vom Deutschen Verband der Leitungskräfte der Alten- und Behindertenhilfe DVLAB e.V. und anderen Verbänden eine längst nötige Reform gefordert, um die Ausbildungsinhalte des Altenpflegeberufes zu verfeinern.“ Doch abgesehen von der inhaltlichen Ausrichtung der neuen Ausbildung befürchtet er dramatische Folgen für die Altenpflege oder eben steigende Beiträge für die Pflegeversicherung. Denn wenn alle die gleiche Ausbildung haben, müssten auch alle das gleiche Gehalt bekommen. Im Moment verdienen aber Gesundheits- und Krankenpfleger/innen, die im Krankenhaus tätig sind, noch deutlich mehr. „Könnte man es dann einem jungen Auszubildenden in der Altenpflege verdenken, wenn er sich letztlich und dies während der Ausbildung doch in Richtung Krankenpflege orientiert? Ich glaube, das Fachkräfteproblem, welches bisher in der Pflege allgemein besteht, verschiebt sich dann zu Ungunsten der Altenpflege“, sagt Thieswald. Es sei denn, der Beruf wird endlich besser entlohnt. Doch welche Regierung wird den Mumm haben,

Foto: shutterstock/alexander raths

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die Pflegeversicherungsbeiträge drastisch zu erhöhen? Oder bleiben die Kosten bei den Pflegebedürftigen? Diese werden durch die Reform der Pflegeausbildung sowieso schon mehr belastet, denn die Finanzierung der Generalistik ist über Länderfonds geplant, die durch die Ausbildungsbetriebe gespeist werden. Also vorrangig durch die Pflegehei-

me, von denen es zahlenmäßig viel mehr gibt als Krankenhäuser. Und so ist zwar vieles noch unklar zur Zukunft der Pflegeausbildung, aber eines zeichnet sich schon ab: „Um dem Pflegenotstand zu entgehen, bedarf es ganz klar anderer, weitreichenderer Reformen als die der Pflegeausbildung, die eindeutig am Ziel vorbei geht“, so Thieswald. ■


Ausbildung/Umschulung: • Altenpfleger/in – Vollzeit und Teilzeit / Förderung über AfA / Jobcenter / BAföG

Beginn: 01.09.2017

• Gesundheits- und Krankenpfleger/in / Förderung über AfA / Jobcenter / BAföG

Beginn: 01.09.2017

• Krankenpflegehelfer/in / Förderung über AfA / Jobcenter / BAföG

Beginn: 07.08.2017

• Rettungssanitäter/in / Förderung über AfA / Jobcenter

Beginn: 01.09.2017

• Notfallsanitäter/in / Förderung über AfA / Jobcenter / BAföG

Beginn: 01.09.2017

• Notfallsanitäter/in Teilzeit / Förderung über AfA / Jobcenter / BAföG

Beginn: 01.09.2017

Weiterbildung

Alle Weiterbildungen können über AfA / Jobcenter gefördert werden.

• Leitungsaufgaben in Gesundheitseinrichtungen | SächsGfBVO/Förderung über AfA/Jobcenter (Anpassung LAP zu LAG)

Beginn: auf Anfrage

• Schwerstpflege und Gerontopsychiatrie

Beginn: 18.09.2017

• Leitungsaufgaben in Pflegeeinrichtungen

Beginn: 09.10.2017

• Praxisanleitung | SächsGfBVO/Förderung über AfA/Jobcenter

Beginn: 07.11.2017

• Hygienebeauftragter in Pflegeeinrichtungen

Beginn: 18.10.2017

• Betreuungskräfte nach § 87 b

Beginn: 23.10.2017

• Behandlungspflege

Beginn: 01.06.2017

• Notfallsanitäter Ergänzungskurse 480 / 960 Std.

Beginn: 01.09.2017

• Notfallsanitäter Ergänzungskurse- und Prüfungen

Beginn: August/September/Oktober 2017

• OrgLRD (Organisatorischer Leiter Rettungsdienst)

Beginn: 03.04.2017

• Jahresfortbildungen aller Fachbereiche

siehe Homepage


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