VAPOR

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Shining–Festival / 23.-24. Juni 2007 Festival für elektronische Musik und Medienkunst Eine der ersten Autobahnraststätten in Deutschland, die nach dem zweiten Weltkrieg von den amerikanischen Truppen als Recreation Area umgenutzt wurde, liegt heute als stillgelegter Hotelkomplex direkt am Ufer des idyllischen Chiemsee und wartet auf neue Nutzer. Im Sommer diesen Jahres werden die Gebäude für kurze Zeit aus ihrem Dornröschenschlaf gerissen und bilden

für eine Woche die Kulisse für das erstmals stattfindende S H I N I N G Festival. In erster Linie ein Festival für elektronische Musik, will S H I N I N G aber auch andere Künste, die in und um die Clubkultur entstanden sind, fördern und präsentieren. Innovativer Umgang mit den Medien Raum, Licht und Video, sei es in Form von multimedialen Installationen, VJing, Lichtjockeying kann und soll beim S H I N I N G Festival eine wichtige Rolle spielen.


Live Video Im Allgemeinen versteht man unter VJing das live Generieren, Mixen und Projizieren von filmischen Bildern als visuelle Stimulans und im Clubkontext als Visualisierung der Musik. Der Mangel an sichtbarer Performance, der mit dem kurzfristigen Verschwinden der Bands und Stars zugunsten der eher unscheinbaren DJs einherging, gab dem VJing einen entscheidenden Wachstumsschub.

Einen generellen Stilkanon gibt es nicht, fast jeder VJ arbeitet inhaltlich wie technisch unterschiedlich. Obwohl es sich zweifelsohne um eine sehr interessante, junge Kunstform handelt, w채re das wohl noch kein Grund sich an einer Universit채t mit dem Thema ausf체hrlicher auseinanderzusetzen. Sieht man allerdings genauer hin, so erweist sich das - vage als VJing, Live Visuals oder Live Video Performance - umschriebene Feld als ein wahrer Jungbrunnen an erfrischenden Br체chen mit dem Gewohnten. VJing bezeichnet eine Avantgarde in der Benutzung von Technologie.


Im Folgenden will ich versuchen eine Reihe von Kriterien für interessantes VJing zu benennen und die damit verbundenen Dimensionen erläutern.

Bild wird Raum Anders als bei Film, Fernsehen und DVD, denen nahezu egal sein kann, für welche Abspielsituation sie produziert wurden (solange es sich nur um ein Rechteck handelt, entsteht VJing in jeder Situation, in der es gezeigt wird neu. Seine Wirkung wird maßgeblich von der Darstellungstechnik beeinflusst. Eine Aufzeichnung des tatsächlichen Ergebnisses ist daher nicht möglich. Die Anwendung kann dabei vom Zitat der Film- oder Dialeinwand bis hin zur immersiven Umhüllung des Betrachters reichen. Besonders reizvoll wird die Überlagerung von Projektion, Raum und Einbauten bis an die Grenze der Unterscheidbarkeit.

Video ist kein Film VJing passiert mehr oder weniger in Echtzeit. Je nach Intention und Technik unterscheidet sich der Anteil an Vorproduktion und live Genese massiv. Im besten Fall jedoch entsteht ein Großteil des Gezeigten (und ich spreche hier bewusst nicht mehr von einem „Bild“) im selben Moment, in dem es auch betrachtet wird. Damit gleicht VJing oft mehr den Bühnenkünsten (Theater, Tanz und Musik) als filmischen Medien. Improvisation ist möglich und gedeiht auf der Basis des vorbereiteten Materials und der technischen Möglichkeiten (Freiheitsgrade). An je mehr Parameter eines VJ Setups das Ergebnis manipuliert werden kann, desto mehr ähnelt die Performance dem Spielen eines komplexen Musikinstrumentes. Schnittstellen, die einen performenden Umgang mit Bewegtbild ermöglichen sind nur wenig erforscht und keineswegs so umfassend bearbeitet wie im Bereich der elektronischen Musik.

Reality augmented statt augmented Reality. Absolutes Video oder visuelle Musik ? VJing ist in jedem Fall ein räumliches Medium und erforscht letztlich unseren zukünftigen Umgang mit bild- und filmhaften Medien, die ihrerseits immer mehr den Charakter von Materialien und Schaltflächen annehmen werden.

VJing agiert auf einem völlig anderen Aufmerksamkeitslevel als Film oder TV. Sehr oft findet es in der Peripherie der Wahrnehmung statt und bekommt allemal kleine Happen vom Aufmerksamkeitskuchen ab. Dadurch machen


CREW/BUW/ G / P D / FA C H K U R S MEDIEN IM RAUM

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Leitung: Dipl.-Ing. Stefan Kraus Teilnehmer: Philipp Bรถhm Benjamin Dahl Daniel Klapsing Julius Kranefuss Florian Licht Philipp Schรถpfer

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VA P O R Im Sommersemester 2007 entwickelte eine Gruppe von Studenten der Bauhaus-Universität im Fachkurs „Medien im Raum“ eine raumgreifende Licht- und Videoinstallation, die das behäbige „Kaminzimmer“ in einen futuristischen Dancefloor verwandeln wird. Technisch interessierte uns besonders die Integration von Licht- und Videosteuerung in ein System, das durch seine Offenheit verschiedenen VJs die Möglichkeit gibt anzudocken und dabei ungewöhnlich hohe Auflösungen erlaubt. Die Installation VA P O R (Video Augmented Piece of Reality) entsteht mit Unterstützung, von M X Wendler,

dem S H I N I N G Festival und fünf ausgewählten VJ Teams aus dem Umfeld der Bauhaus-Universität. Ein Medienband materialisiert sich aus handfestem Material, verdichtet sich zu einem Bild und explodiert zerstückelt aus dem Fenster. Ein dramatischer Kampf zwischen Schwerkraft und Licht, Chaos und Ordnung, Licht und Dunkel. Wo beginnt das Bild, wo endet das Objekt auf? Was ist Film, was ist Licht - was ist real? DI Stefan Kraus BUW / G / PD / ID / VJ http://www.uni-weimar.de


andere sind notwendige Beiträge zu einem Gesamtwerk, ähnlich wie ohne Kenntnis von Statik keine gute Architektur entstehen kann.

VJ@uni-weimar Mit dem Projekt „VJ – towards an electronic Art“ haben wir 2003 den Anstoß für eine Reihe von Projekten und Kursen an der Bauhaus-Universität Weimar gegeben, die immer die Vision vor Augen hatten die Grenzen des VJings gestalterisch und technisch zu erweitern. Neben zahlreichen experimentellen und konzeptionellen Arbeiten entstand aus diesem Umfeld auch die Idee für M X Wendler, einem Performance orientierten Echtzeit Compositing System auf der Basis von Grafikhardware, das durch seine Leistungsfähigkeit ständig an Anhängern gewinnt.



Virtuosität

NewSchool

Fast jede Form der Medienproduktion bewegt sich auf die Gestaltbarkeit in Echtzeit zu. Ein Feature, das Musik schon immer hatte. Virtuosität hat hier eine direkte physikalische Bedeutung und bestimmt letztlich die Qualität des Zuschauererlebnisses. Sie entsteht durch die innerliche und körperliche Befähigung des Bedieners, komplexe Arrangements aus dem Moment heraus hervorrufen zu können. VJing erprobt den Umgang, die Ästhetiken und Gefahren zukünftiger Mainstreamtechniken. In diesem Sinne ist VJing vergleichbar mit der Formel 1 in Relation zum Massenfahrzeugbau der Fernseh- und Videounterhaltung.

Ähnlich wie Grafitti sich nicht unbedingt auf klassische Malerei beziehen muss, sieht sich VJing nicht notwendigerweise in einer Tradition zu Videokunst im herkömmlichen Sinne, auch wenn es natürlich zahlreiche Bezüge gibt.

Technik und Kunst Innovatives VJing setzt die Fähigkeit voraus, komplexe technische Konstellationen zu meistern, am besten unabhängig von den vorhergegangenen Überlegungen der Konstrukteure und die so entstehenden Möglichkeiten einem künstlerischen Zweck zuzuführen. Das eine wie das


lineare Erzählstrukturen nur in sehr kurzen Sequenzen Sinn. Selten wollen VJs die Aufmerksamkeit der Betrachter wirklich dauerhaft binden, sie gestalten vielmehr ein aktives Bühnenbild für dessen eigene Aktionen. Oft entstehen sehr abstrakte „Bilder“ die eher strukturell lesbar sind, als im Sinne klassischer Bildsprache – die keine andere Geschichte als ihre eigene Präsenz zu erzählen haben. In einer von visuellen Imperativen geprägten Welt, wo jeder Schnürsenkel eine (Marken-) Message hat, unterscheiden sie sich wohltätig durch ihren kompletten Unwillen zur Manipulation des Betrachters durch Abbildung. Abstrakte VJ Visuals wirken durch Form und Farbe, Bewegung und Geschwindigkeit.

Das nomadische Labor Kein noch so teures Fernsehstudio der Welt hat je auch nur einen Bruchteil seiner künstlerischen Möglichkeiten ausgelotet. Viel zu teuer für Experimente, viel zu sehr Werkzeug, können solche Riesensetups nur in ganz engen Bahnen bewegt werden. Ein VJ Setup verwendet letztlich dieselbe Technik mit einer ganz anderen Intention. Technik wird als Möglichkeitsraum begriffen, den, mit den Mitteln der Performance zu erforschen, ein faszinierendes Spiel ist, keine Abarbeitung von Aufgaben. Die meisten Setups entstehen nur für eine Nacht, das nächste mal sieht es schon wieder anders aus und im besten Fall passt alles in einen Rucksack.


VA P O R bauhaus mx vj team

haben mit ihrer kompromisslosen Ästhetik Generationen von VJs beeinflußt.

Dank der Thüringer VJ Pioniere K R O N O K O S M O S kann sich die Universitätsstadt Weimar bereits seit den frühen 90er jahren einer lebhaften VJ Szene erfreuen. Nicht ganz unwesentlich beteiligt am hohen Niveau der Weimarer Videoexperimente ist die BauhausUniversität. So wundert es wenig, daß alle VJs die sich für das S H I N I N G Festival zum bauhaus M X V J Team zusammengefunden haben einmal Studenten dieser traditionsreichen Hochschule waren oder sind.

Stefan Kraus zeigt mit seinem Soloprojekt optoyzMX , daß sich HD Visuals nicht in der hohen Auflösung verlieren müssen.

M X Z E H N , die bereits mit dem Projekt

genericPreset für Furore gesorgt haben sind mittlerweile ein fester Begriff und

Als Special Guest kommt aus Toronto Markus Heckmann a.k.a. S N A U T - sein Label wird vielen TouchDesigner Nutzern ein Begriff sein. Neonaut kann seine 3DSkills nur schwer unter jeder Menge Noise verbergen. Wieso auch? Sie können sich sehen lassen! The Vidness zählt mit seinen düsteren Multiscreen Visionen ebenso zur 3. Generation Weimarer VJs wie der im Jenaer Kassablanca großgewordene Herr Licht.


M X Z E H N – 25 Masterpieces per Second Seit den späten 90er Jahren zerhacken Bahadir Hamdemir und Stefan Kraus mit ihren WJ-MX10 Mischern die Screens dieser Welt. Ihr radikaler Umgang mit Bild, Struktur und Frequenz macht ihre Projektionen unverwechselbar. Absolutes Video - visueller Hardcore Jazz, vorgetragen mit kompromissloser Hingabe an das Instrument - grazile Improvisationen und brachiale Strobes mit rotziger Attitude. M X Z E H N ist VJtainment für Fortgeschrittene... http://www.mxzehn.de

wüstenarchitekten & co, kg Musik in die Ohren. Wüste Pixelkombinationen, in Echtzeit erzeugt, Animiert und Manipuliert. Durch ein paar Drähte und ab auf die Leinwand. Wüstenarchitekten & Co. Kg realisieren interaktive Video-Installationen sowie Club Visuals und gehen auch mal mit derRockband Rush auf Welttournee. http://www.derivativeinc.com


NeoNaut, IrisCrisis Man kennt das ja, die Eltern fliehen vor einer intergalaktischen Katastrophe von ihrem Heimatplaneten und vergessen zwar nicht den Säugling, aber den Babybrei. Das Mietraumschiff wurde fahrlässigerweise nicht dem alljährlichen Protonenantriebstest unterzogen, und bleibt in der langweiligsten Gegend der ganzen Milchstraße liegen und Per Anhalter fahren nur Geisteskranke. Bevor man nun auf die Idee kommt, sich in Leggins und Cape mit diversen Superschurken ’rum zu schlagen, wird man halt einfach VJ, nutzt seine Superkräfte zur Regenhautstimulation der Einheimischen und versucht ihnen zu verdeutlichen wieso man Musik auch sehen kann. http://www.iris-crisis.de

HerrLicht Wenn man von Mutti und Vati zum Geburtstag den Nachnamen „Licht“ geschenkt bekommt, so gibt es zwei nahe liegende Möglichkeiten daraus Kapital zu schlagen. Zum einen kann man sich als Dorfpfarrer im dünn besiedelten Mecklenburg ein paar Euros verdienen oder man studiert an der Bauhaus-Universität Gestaltung, arbeitet nebenbei als Lichtgestalter und zimmert gut durchdachte Lichtund Videoinstallationen in Clubs. Na, und wenn man den Herren mal anreden möchte, gibt es keinen besseren Konversationsstarter als mit strahlenden Augen die Verwunderung über die Koinzidenz zwischen seinem Nachnamen und seiner Tätigkeit zu bekunden… das hört er nämlich selten

The Vidness The Vidness betont die Unschärfen und lässt keine Klarheiten mehr. Beobachte dich während du beobachtest. http://thevidness.net


Impressum Bauhaus-Universität Weimar Fakultät Gestaltung / Produktdesign Professur für Interaction Design, Prof. Wolfgang Sattler Fachkurs Medien im Raum / SS06 Leitung: Dipl.-Ing. Stefan Kraus vj@uni-weimar.de http://www.uni-weimar.de/projekte/vj/ fachkurs_mr.htm



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