stratum® : Rezension
Ist Nachhaltigkeit schneller als die Evolution? Ein Entwurf für die Regierung, der Angela Merkel überfordern dürfte WBGU: Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation - Zusammenfassung für Entscheidungsträger, Berlin 2011, 28 S., kostenlos (Download unter http://www.wbgu.de) Niko Paech, Professor für Umweltökonomie in Oldenburg, musste es sich vor kurzem von der Seele schreiben. In einem längeren Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ vom 7. Juni 2011* beklagt er sich über den „Nachhaltigkeitsklerus“, der nur damit beschäftigt ist, sich seine eigene Wichtigkeit zu attestieren, aber längst von jeder realen Bedeutung und Handlungsfähigkeit entkoppelt ist. „Wir erleben derzeit eine Nachhaltigkeitsprofessionalisierung“, so Paech, „die von jedem substanziellen Handeln im unmittelbaren Umfeld abstrahiert. An dessen Stelle tritt ein weiches Substitut in Form reiner Management-, Funktionärs- oder Lehrtätigkeit.“ Die Welt als geordnetes Business Es sieht so aus, als ob uns der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) nun ebenfalls so ein weiches Substitut vorgelegt hätte. Die Zusammenfassung seiner aktuellen Expertise über die „Welt im Wandel“, die unter dem Titel „Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“ ausdrücklich als Vorlage für „Entscheidungsträger“ publiziert wurde**, kreist um die Idee einer „Großen Transformation“ unserer Industriegesellschaft und will der Welt als Ganzer einen neuen „Ordnungsrahmen“ geben. Es ist verblüffend, wie der Beirat diese – wie er selbst überzeugt ist – größte historische Umwälzung auf dem Planeten seit der industriellen Revolution als einen Akt strategisch gesteuerter „Global Governance“ beschreibt. Anscheinend begreift man hier die Welt wirklich als Gestaltungsraum, der durch Beiratsempfehlungen, Maßnahmenbündel und wissenschaftliche Konstrukte im globalen Maßstab gesteuert werden kann. Von Dynamiken, Interessen, Potenzialen und Diversitäten, von Macht und Motiven, die die Welt in die verschiedensten Richtungen treiben, ist jedenfalls in dem WBGU-Papier nirgendwo die Rede. Stattdessen wird so getan, als ob unser Globus ein geordnetes Business wäre. „Die Gesellschaften müssen auf eine ‚neue Geschäftsgrundlage‘ gestellt werden“, heißt es gleich auf Seite 2. Schneller als die Evolution Es ist schon verblüffend, mit welcher Selbstverständlichkeit der WBGU davon ausgeht, mit seiner Transformations-Idee auf der einen Seite im welthistorischen Maßstab zu agieren: Vergleicht er sein Konzept doch mit zwei