4 minute read
Reduce to the Max“
Christoph Bründl schafft mit seinem Team Magic Moments – eine Matrix aus Erlebnis, Service und den Erkenntnissen langjähriger Erfahrung.
Wenn Christoph Bründl über seinen im vergangenen Oktober in Kaprun nach Umbau neu eröffneten Flagshipstore spricht, geht es um Menschen als Differenzierungselement, um den sinnlichen Flow und Dopamin im Kopf. Ein Gespräch über neue Erlebnisse und sinnstiftende Nachhaltigkeit.
Interview: Isabel Faiss. Fotos: Bründl Ihr neuer Flagshipstore ist ein Show-off an Ser-
vice: 85 hochmotivierte Mitarbeiter, namhafte Sportlerpersönlichkeiten wie Hans Hofer oder Fabian Stiepel im Store und ein eigener Concierge. Lässt sich so ein Trommelwirbel in einen stetigen Pulsschlag übersetzen?
Unser Flagshipstore war schon immer unser Testlabor oder Forschungszentrum, wo wir vieles ausprobiert haben. Wir leisten uns hier Experimente, wie beispielsweise die Idee eines Concierge, wofür wir einen Fachmann aus der Hotellerie engagiert haben. Die Fünf-Sterne-Hotellerie war für uns immer schon eine Pilgerstätte für Trend-Scouting. Wenn man sich nur im eigenen Genre und am Wettbewerb misst, wird man zu ähnlich. Deswegen gehen wir bewusst in andere Branchen und holen uns dort Inspirationen. Unseren Concierge oder HospitalityManager nennen wir auch M3 – stehend für Magic Moments Manager – der über die Prozesse und die magischen Momente in unserem Haus wacht.
Was sind das für magische Momente und welche Rolle spielt M3 dabei konkret?
Das erste ist immer die Begegnungsqualität, wenn ein Kunde bei uns auf einen Menschen trifft – das Wort Mitarbeiter haben wir bewusst abgeschafft. Wir haben für uns klar definiert, wie die Begrüßung, der Erstkontakt und auch die persönliche Bedarfsanalyse ablaufen soll, weil das auch der Hebel für Inspiration und Zusatzverkauf ist. M3 hat neben der Ordnung und Sauberkeit in und rund um das Haus auch darauf zu achten, dass die Gastronomie läuft. Gleichzeitig ist er unser täglicher Markt-
Leuchtturm mit Strahleffekt: Der neu eröffnete Flagshipstore von Bründl in Kaprun ist das Innovationszentrum des Unternehmens. Was hier funktioniert, wird auf andere Standorte ausgerollt.
forscher, der bewusst den Kontakt zu den Kunden sucht, unser Seismograf, der gleichzeitig aber auch selbst verkauft und einen Bereich verantwortet. Nur so bekommt er die Glaubwürdigkeit im Team.
Ist M3 eine Blaupause für weitere Bründl Stores?
Teilweise. Beispielsweise in Ischgl haben wir fast ausschließlich Gäste, die sehr viel Wert auf persönlichen Service legen, der weit über unseren Store hinausreicht. Für so ein großes Haus in dieser Lage können wir einen Concierge als Serviceoffensive zentralisieren und unsere Kunden beispielsweise mit Insidertipps zu Schneewanderungen, Skihütten und Naturerlebnissen begleiten. Kaprun ist in vielerlei Hinsicht State oft the Art in unserer Bründl-Welt. Auch hinsichtlich Nachhaltigkeit. Wir haben hier sieben Touchpoints für das Thema geschaffen, absichtlich sehr viel Platz gelassen und auf eine völlig neue Medientechnik gesetzt. Das ist sicherlich eine Innovation, die wir in alle Stores bringen werden, denn der Content lässt sich beispielsweise über Filme leicht ausrollen.
Inwieweit profitieren alle ihre Stores vom Expertise-Rollout aus dem Innovations-Lab in Kaprun?
Mit unserer Mitarbeiter-App haben wir seit vier Jahren ein sehr wichtiges Tool in Händen, um Best-Practice oder unsere Magic Moments teilen zu können und direkt mit den Menschen bei Bründl im Austausch zu sein. Wir machen inzwischen die meisten E-Learnings und Produktschulungen über die App und motivieren unser Team, indem Erfolge und positive wie negative Erkenntnisse geteilt werden.
Das allumfängliche Erlebnis – die Magic Moments sind ein Treiber des neuen Flagshipstores. Gleichzeitig muss dieses Erlebnis heute völlig andere Bedürfnisse erfüllen – Stichwort Gamification. Was soll ihr Kunde in Kaprun erleben?
Wir gehen an das Thema Erlebnis anders heran. Statt immer mehr, ist unser Grundsatz: Reduce to the max. Wir wollen die Menschen hier in eine andere Welt bringen. Wir wollen keine flashy LasVegas-Atmosphäre im Store mit Reizüberflutung. Unser Ziel ist es, unsere Flächen zu entstressen. Ein gutes Beispiel ist unserer Kids-Abteilung, in der wir bisher immer Touch-Terminals stehen hatten, die wir gerade durch Malbücher, eine Rutsche und eine Kletterwand ersetzt haben. Natürlich arbeiten wir auch mit Screens, um über Bilder die Natur in den Store zu holen. Aber darauf lassen wir keine Werbung laufen, denn wir wollen unseren Kunden in den sinnlichen Flow bringen. Unter Stress kauft niemand. Retailing is state change. Wir müssen unseren Kunden in unsere Zone bringen, um das Dopamin im Kopf zu aktivieren. Das gelingt uns besser mit weniger Reizen, daher haben wir den Warendruck massiv reduziert. Das Haus hat jetzt eine andere Leichtigkeit und die Aufenthaltsdauer unserer Kunden ist unglaublich gestiegen.
Wovon lebt dieses Leuchtturmprojekt in Kaprun für Sie ganz persönlich?
Für uns ist der Mensch das Differenzierungselement und der Faktor, der entscheidet, ob gekauft wird oder nicht. Retail ist ein People Business. Es gibt immer noch sehr viele Kunden, die nicht von einer Maschine kaufen, die nicht anklicken, sondern anfassen, ansprechen, andocken und anfühlen wollen – für die ist Onlineshopping ein trauriger Monolog.