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Viva la Revolution

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Editor's Letter

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RE-NT VIVA LA REVOLUTION

Kleider leihen ist keine neue Idee. Aber mit ihrem Format RE-NT hat die Gründerin Robina von Stein sich zum Ziel gesetzt, die Modeindustrie von einer rein linearen in eine Kreislaufwirtschaft zu verwandeln. Bei RE-NT können Frauen sich vom Sommerkleid über die Tasche bis zum Businessoutfit ausleihen, was gerade im Kleiderschrank fehlt. Jetzt will sie die Technologie und das dazugehörige Know-how auch Marken für deren Onlineshops zur Verfügung stellen. Text: Kay Alexander Plonka. Foto: Leonor von Salisch

Sharing is caring. Im Fall von RE-NT ist das auch noch gut für die Umwelt. „Wir wollen Marken ermutigen, Kleider nachhaltiger zu produzieren, und verfolgen deshalb mit unserer Plattform das Ziel, dass weniger Kleidung produziert werden muss und dafür öfter getragen werden kann. Wenn die Kleidungsstücke dann nicht mehr tragbar sind, werden die Stoffe wieder in den Kreislauf zurückgeführt, um sie zu recyceln. Idealerweise sollte dieser Ansatz schon während der Produktion berücksichtigt werden, indem man Materialien verwendet, die sich vollständig wiederverwenden lassen“, erklärt Robina von Stein. Das Modell ihres Berliner Start-ups ist schnell erklärt: Drei Teile im Onlineshop auswählen und im gleichen Monat nochmal gegen drei andere Teile austauschen – Kostenpunkt 50 Euro, Versand, Versicherung und Reinigung inklusive. Gestartet ist das Projekt im Oktober 2018, schon Januar 2019 war die Website online. Im Kreuzberger Büro sitzt ein fachübergreifendes Team aus Designern, Datenanalysten, Programmierern und Betriebswirtschaftlern, die das Kreislaufwirtschaftsmodell ausgetüftelt haben. „Es geht darum, im Bereich Bedarfskauf den Fast-Fashion-Anbietern etwas entgegenzusetzen. Mit RE-NT spart man Platz, Zeit und Nerven. Unser Modell ist effizient, skalierbar und dank moderner Blockchain-Technologie und Artificial Inteligence absolut transparent“, sagt die 28jährige Gründerin, die Wirtschaft, Philosophie und Politikwissenschaften studiert hat und bereits als Beraterin in der Mode Branche und Politik gearbeitet hat. „Die Blockchain ermöglicht es den Marken, die einzelnen Transaktionen im Mietsystem ganz leicht zu

Robina von Stein überträgt ihr Sharing-Economy-Konzept RE-NT jetzt in ein B2B-Modell.

Verfolgen und in ihr bestehendes Businessmodell zu integrieren. Vorteile sind automatische Analysen von Produktkategorien und effizientes Logistikmanagement. Wir gewährleisten höchste Standards in puncto Bestandsverwaltung und Schutz vor Austausch durch gefälschte Waren.“ Bis zu 30 Mal soll sich jedes Teil vermieten lassen. Circular Economy wäre damit eine herausragende Maßnahme zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks und zur Vermeidung von textilem Müll. Aber es ist auch zur Expansion geeignet, wie von Stein sagt: „Mit der Integration unseres RE-NT Buttons in ihren Onlineshop haben Marken die Möglichkeit, ganz neue Zielgruppen für sich zu erschließen, Umsätze zu steigern und Probleme wie übermäßige Preisreduktionen und Überkapazitäten zu verringern.“ www.tech.re-nt.com, www.re-nt.com

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FASHIONTECH LEARNINGS LEARNINGS Von online lernen – wie oft hat man das gefordert. Das wichtigste Learning ist immer noch, auf den Onlineprimus Amazon und sein Gesetz der absoluten Kundenzentriertheit FASHIONTECH zu schielen. Dem Kunden das Einkaufen so einfach wie möglich zu machen, ist das eine. Service auf allen Linien das andere. Omnichannel-Konzepte mit einem hohen Anteil an stationären Geschäften haben diese Trumpfkarte in der Hand. Es wird Zeit, sie zu spielen.

BARBARA E. KAHN „WER SICH IM HANDEL NICHT AUF KUNDENZUFRIEDENHEIT KONZENTRIERT, WIRD BALD DEN ANSCHLUSS VERLIEREN.“

In ihrem Buch „The Shopping Revolution: How Successful Retailers Win Customers in an Era of Endless Disruption“ komprimiert die Marketingprofessorin Barbara E. Kahn ihre umfassenden Erkenntnisse über Erfolgsfaktoren im Einzelhandel nach sieben Jahren als Direktorin des J. H. Baker Retailing Center-Lehrstuhls an der Wharton School (Universität von Pennsylvania). Im Interview erläutert sie die Auswirkungen von Amazon auf den stationären Handel und technische Lösungen, um die Kundenzufriedenheit zu verbessern, und zeigt eine überraschend technologiefreie Methode zum Sammeln nützlicher Kundendaten. Interview: Petrina Engelke. Fotos: Barbara E. Kahn

Frau Kahn, wenn man auf den Wandel in der Einzelhandelslandschaft schaut, dominiert ein Name: Amazon. Kein Wunder, dass Sie sich in Ihrem Buch „The Shopping Revolution“ oft auf dieses Unternehmen beziehen. Sehen Sie Amazon eher als Bedrohung oder als Inspiration für den Handel?

Ich halte oft Vorträge über mein Buch und am Ende frage ich das Publikum: Ist Amazon denn jetzt gut oder böse? Das geht meistens fifty-fifty aus. Alles hängt davon ab, ob man Kunde oder Konkurrent ist. Wer mit Amazon konkurriert oder von seiner Plattform abhängt, mag die Firma eher nicht, denn Amazon ist ein rücksichtsloser Konkurrent. Aber als Konsumenten lieben die Leute Amazon. Denn Amazon erfüllt die Erwartungen an Kundennutzen: Sie achten darauf, was Leute wollen, und das liefern sie ihnen dann auch.

Was macht Amazon im Umgang mit seinen Kunden richtig?

Sie denken aus Kundensicht. Und obwohl man meinen sollte, Einzelhandel ist der Umgang mit Kunden, hat der Handel sich bislang auf das Produkt und

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