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Tour de Suisse
Pörtner in Zürich Brunaupark
Surprise-Standort: Brunaupark-Areal Einwohner*innen: 436 332 Sozialhilfequote in Prozent: 4,8 Anteil ausländische Bevölkerung in Prozent: 32,2 Neubau: auf dem Brunaupark–Areal sollen 500 Wohnungen entstehen
Der Brunaupark ist Teil einer Siedlung, die vor rund dreissig Jahren gebaut wurde. Sie ist nicht brandneu, aber noch durchaus modern. Es gibt überdachte Aussensitzplätze für das Restaurant, vor dem geschlossenen Take-away steht auf einem Plakat: «Schön ihr Lächeln wiederzusehen».
Die Zugangstreppe liegt in der Sonne, Menschen verweilen darauf, verbringen die Mittagspause oder vertreiben sich sonstwie die Zeit. Die Restaurantplätze werden durch einen kleinen Wald von Topfpflanzen abgeschirmt, die zu kaufen sind. Ganz einsam steht da ein Olivenbäumchen. Des Weiteren gibt es eine Apotheke mit Postanschluss, ein Möbel- und Matratzengeschäft und einen Discounter. Ein mittelgrosses Einkaufszentrum also, nicht brandneu, aber doch noch ziemlich modern. Snowboards und Skis werden zurückgegeben, die Saison ist eindeutig vorbei, auch wenn noch einmal Schnee angesagt ist. Die Surprise-Verkäuferin ist gleich am Eingang zum Grossverteiler platziert.
Rund um das Gebäude, das vor allem in die Tiefe gebaut ist, stehen Bauprofile. Gegenüber stehen Häuser, die wohl ein knappes Jahrhundert alt und noch immer gut im Schuss sind, von den Balkonen hängen keine Parolenfahnen, sondern Daunenduvets zum Auslüften.
Der Brunaupark hingegen wird abgerissen. Die Siedlung, ursprünglich von einer Grossbank als Renditeobjekt erstellt, wirft zu wenig ab. Die Immobilienpreise haben sich in den letzten dreissig Jahren dermassen entwickelt, dass mit einer neuen Siedlung viel mehr zu verdienen ist. Die Anwohner*innen haben sich gewehrt und teilweise Aufschub erhalten, verhindern konnten sie das Projekt aber nicht.
So wird dieses Einkaufszentrum bald verschwunden sein, ob ein neues entsteht, ist noch nicht sicher. Höhere Renditen bedeuten höhere Mieten, und ob sich das noch rechnet, weiss der Geier.
Möglich, dass sich die Leute der Umgebung bald nicht mehr mit Sitzgruppen, Hochdruckreinigern oder BasilikumSetzlingen, die zurzeit zum Sonderpreis angeboten werden, eindecken können. Der Platz zwischen den Läden fungiert als Treffpunkt, die Leute kommen und gehen, Einkaufswägelchen rattern über den Belag, das trendige Café hat es schwer gegen das billige. Eine Joggingstrecke führt quer über den Platz, ebenso gibt es Leute, die etwas ziellos umhergehen in der Hoffnung, jemanden zu treffen. Die einen tragen bereits kurze Hosen, die anderen noch Daunenjacken. Es ist Zwischensaison. Ein Bub wird offensichtlich gegen seinen Willen zum Einkaufen mitgenommen und zieht mit einer Mischung aus Verachtung und Missmut den Einkaufswagen hinter sich her.
Wahrscheinlich wurde dieser Platz, als er eingeweiht wurde, als kalt, künstlich und steril empfunden. Vorher war hier vielleicht eine Wiese, eine gemütliche Beiz, an die sich schon lange niemand mehr erinnern kann.
Der Pöstler bringt für einmal keine Post, sondern geht in den verdienten Mittag, die Kollegen sind schon da. Er wird, ganz dem Klischee entsprechend, von einem Hund, der vor dem Discounter angebunden ist, verbellt.
STEPHAN PÖRTNER
Der Zürcher Schriftsteller Stephan Pörtner besucht Surprise-Verkaufsorte und erzählt, wie es dort so ist.