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Allgemeine Erklärung der Obdachlosenrechte

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Die Allgemeine Erklärung 2der Obdachlosenrechte

Seit 2017 können Städte die Erklärung ratifizieren, die Feantsa und andere Menschenrechtsorganisationen erarbeitet haben. 16 345 Surprise 538/22

Vielerorts in Europa werden die Massnahmen gegen Obdachlose und sichtbare Armut im öffentlichen Raum verschärft: sei es mittels architektonischer Umbauten, die Artikel 2 Das Recht auf Zugang zu angemessenen Notunterkünften Kann eine Wohnlösung nicht sofort zur Verfügung gestellt werden, müssen Obdachlose Zugang zu einer angemessenen Notunterkunft haben. Die Stadtregierung verpflichtet sich, mit den zustän-digen Behörden zusammenzuarbeiten, um sicher-zustellen, dass genügend Notunterkünfte für ausnahmslos alle zur Verfügung stehen. Niemand soll gezwungen sein, auf der Strasse zu schlafen. das Schlafen im öffentlichen Raum verunmöglichen, oder mittels härterem Vorgehen gegen Bettler*innen. Gleichzeitig hat sich das EU-Parlament vorgenommen, bis 2030 die Obdachlosigkeit abzuschaffen. Unbeabsichtigte

Gleichzeitigkeit oder zwei Seiten derselben Medaille? Geht es bei der Absichtserklärung des EU-Parlaments denn 1 Artikel 1 Das Recht, die Obdachlosigkeit hinter sich zu lassen Das wichtigste Recht einer obdachlosen Person ist es, die Obdachlosigkeit hinter sich lassen zu können. Die Projekte, die angemessene Wohnlösungen bereitstellen, müssen ausnahmslos allen Obdachlosen zugänglich sein. In Zusammenarbeit mit anderen Behörden setzt sich die Stadtregierung dafür ein, dass genügend Wohnungen zur Verfügung stehen, um den Bedarf zu decken. auch um die Rechte derer, die mitten unter uns in bitterer Armut leben müssen? Um die Entscheidungsträger*innen daran zu erinnern, dass auch und gerade für Obdachlose dieselben Menschenrechte gelten wie für alle anderen Bürger*innen, hat Feantsa – der Dachverband der europäischen Organisationen, die mit Obdachlosen arbeiten – in Zusammenarbeit mit anderen Menschenrechtsorganisationen eine «Erklärung der Menschenrechte für Obdachlose» erarbeitet. Sie basiert auf bereits existierenden Menschenrechten und soll als Aufruf verstanden werden, den besonders Schutzbedürftigen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. WIN Artikel 3 Das Recht, den öffentlichen Raum zu nutzen und sich darin frei zu bewegen Obdachlose Menschen sollten ohne Einschränkungen das gleiche Recht wie alle anderen haben, den öffentlichen Raum zu nutzen und sich darin frei zu bewegen. Dazu gehört unter anderem der Aufenthalt auf Gehwegen, in öffentlichen Parks, in öffentlichen Verkehrsmitteln und in öffentlichen Gebäuden. Es gelten die gleichen Bedingungen wie für alle anderen Bewohner*innen des Stadtgebiets. Auch für das Ausruhen im öffentlichen Raum sollen die gleichen Regeln für alle gelten – ohne zusätzliche Einschränkungen für Obdachlose. Artikel 4 Das Recht auf Gleichbehandlung Die Stadt regierung verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass ihre eigenen Mitarbeiter*innen und Dienste das Recht auf Gleichbehandlung für alle einhalten, ohne diskriminierende Einschränkungen gegenüber jenen, die keine Wohnung haben. Artikel 5 Das Recht auf eine Postadresse Obdachlosen werden häufig alle möglichen Rechte auf dem Arbeitsmarkt und bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen verweigert, weil sie keine Postanschrift angeben können. Die Stadtregierung verpflichtet sich, den Menschen, die obdachlos sind und diese Hilfe benötigen, eine Postadresse zur Verfügung zu stellen.

10 Artikel 10 Das Recht auf Privatsphäre Das Recht auf Privatsphäre muss in allen Arten von Unterkünften, einschliesslich Gemeinschafts-unterkünften und informellen Unterkünften, in denen Obdachlose leben, so weit wie möglich respektiert und geschützt werden. Die Stadtregierung setzt sich dafür ein, dass dieses Recht in allen Notunterkünften gewahrt wird. Surprise 538/22 17 6 7 11 Artikel 6 Das Recht auf Zugang zu grundlegenden sani tären Einrichtungen Wenn die Stadtregierung nicht in der Lage ist, geeignete Dienstleistungen innerhalb einer Unterkunft bereitzustellen, verpflichtet sie sich, in jedem Fall das Recht auf Zugang zu grundlegenden sanitären Einrichtungen zu gewährleisten: fliessendes Wasser (Trink brunnen), Duschen und Toiletten, die ein Mass an Hygiene ermöglichen, wie es für die Wahrung der Menschenwürde unabdingbar ist. Artikel 11 Das Recht, im Rahmen des Gesetzes so zu handeln, dass ein Überleben auf der Strasse möglich ist Auch wenn die Stadtregierung eine Stadt anstrebt, in der spezifisches Handeln wie Betteln oder das Durchsuchen von Abfällen nicht mehr notwendig ist, muss gleichzeitig anerkannt werden, dass Menschen, die keine andere Möglichkeit haben, Unterstützung bei anderen Menschen suchen, betteln und Abfälle durchsuchen. Solche Überlebenspraktiken sollen nicht krimi nalisiert, verboten oder willkürlich auf bestimmte Gebiete beschränkt werden. 8Bisher keine Schweizer Städte vertreten Seit ihrer Einführung 2017 wurde die «Erklärung der Menschenrechte für Obdachlose» von folgenden Städten ratifiziert: Barcelona, Móstoles und Santiago de Compostela in Spanien, Maribor, Slovenj Gradec, Kranj und Murska Sobota in Slowenien, Gdańsk in Polen, Villeurbanne in Frankreich, Brighton und Hove in Grossbritannien und Thessaloniki in Griechenland. Auch Schweizer Städte können sich der Erklärung anschliessen, bisher ist die Schweiz bei Feantsa nicht vertreten. housingrightswatch.org/billofrights feantsa.org Artikel 7 Das Recht auf Notdienste Das Recht auf die Inanspruchnahme von Notdiensten – Sozialdienste, Gesundheitsdienste, Polizei und Feuerwehr – zu den gleichen Bedingungen wie für alle anderen Bewohner*innen der Stadt, ohne Diskriminierung aufgrund der Wohnsituation oder des Aussehens eines Menschen. Artikel 8 Das Recht zu wählen Das Recht zu wählen, in das Wählerverzeichnis eingetragen zu werden und bei Wahlen die notwendigen Dokumente zum Nachweis der Identität zu erhalten, ohne wegen der Wohnsituation diskriminiert zu werden. 9 Artikel 9 Das Recht auf Datenschutz Die Daten von Obdachlosen sollen von öffentlichen und anderen Diensten nur mit deren Zustimmung und nur in Zusammenhang mit sie betreffenden Dienstleistungen und Lösungen weitergegeben wer-den dürfen. Obdachlose haben das gleiche Recht wie andere Bürger*innen auf Kontrolle über ihre persönlichen Daten, insbesondere über ihre Gesundheitsdaten, ihr Strafregister (falls sie eines haben), ihre Wohnsituation, ihr Privatleben und ihre Familiengeschichte.

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