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«Ich bin eine Kämpferin»

«Ich heisse Hiwot Semere Sokir und stamme aus einem kleinen Dorf in Eritrea. Im Alter von 14 Jahren habe ich mich der eritreischen Unabhängigkeitsbewegung angeschlossen und wurde zur Kämpferin ausgebildet. Ich wollte in einem freien Land leben. Dafür habe ich 14 Jahre lang gestritten. Leider wurde mit der Unabhängigkeit Eritreas die Situation für die Bevölkerung nicht besser. Es gab keine Jobs, keine Lebensperspektive. Dies war insbesondere für uns Kämpfer*innen sehr hart. Ich fragte mich immer wieder, für was wir unsere Jugend geopfert haben!

Ich verliess Eritrea im Jahr 1996. In Beirut wurde mir eine Stelle als Hausangestellte angeboten. Fast zehn Jahre lang habe ich für eine reiche Familie geputzt, gekocht und auf die Kinder aufgepasst. Mein Vertrag wurde jedoch immer wieder gebrochen. Als ich mich zu wehren begann, landete ich im Gefängnis. Im Libanon ist es keine Seltenheit, dass die Behörden und die Polizei gegen eine kleine Zuwendung mit reichen Personen kooperieren und so die Arbeitenden kleingehalten werden. Da ich mich weigerte, in dieses rechtswidrige Arbeitsverhältnis zurückzukehren, blieb ich insgesamt für vier Jahre eingesperrt. Dann brach der Krieg zwischen dem Libanon und Israel aus. Ich war in einem Gefängnis nahe der Grenze zu Israel inhaftiert und wurde daher im Laufe des Krieges freigelassen.

Gerne wäre ich zu meinem Mann und meinen Kindern nach Eritrea zurückgekehrt, doch dort war die Situation nicht besser. Als ehemalige Freiheitskämpferin und Regimekritikerin wäre ich wahrscheinlich gleich wieder im Gefängnis gelandet. Also floh ich über Syrien in die Türkei. Ich versuchte eine Arbeit zu finden, um meine Familie zu unterstützten, erhielt jedoch keine Aufenthalts­ und Arbeitsbewilligung. Da ich aus eigener Erfahrung wusste, wie ausgeliefert du als illegal eingereiste Person in einem Land mit tiefen Menschenrechtsstandards bist, floh ich schliesslich nach Europa.

In die Schweiz kam ich im Jahr 2011. Zum Glück wurde ich als politische Geflüchtete anerkannt und erhielt eine Aufenthalts­ und Arbeitsbewilligung. Hier konnte ich auch einen Teil meiner Familie wiedersehen. Mein Mann und meine beiden jüngsten Kinder durften in die Schweiz kommen. Meine beiden älteren Kinder waren zu alt für den Familiennachzug. Mein ältester Sohn lebt als Flüchtling in Libyen, mein zweitältester Sohn ist im Militär in Eritrea. Leider bin ich meiner Familie nicht so nahe, wie ich es gerne wäre. Wir waren über Jahre getrennt, daher ist unsere Beziehung nicht einfach.

Nach all dem, was ich erlebt habe, bin ich sehr glücklich in der Schweiz. Es ist ruhig hier und es gibt Gesetze, die eingehalten werden. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind nicht so gross wie in anderen Ländern. Hier habe ich ein Leben und sogar Hobbys. Ich gehe zum Beispiel regemässig ins Hallenbad, denn schwimmen macht mir grosse Freude. Gerne würde ich ab und zu ans Meer fahren, doch leider reicht für solche Ausflüge das Geld meistens nicht.

Seit fast zehn Jahren verkaufe ich das Strassenmagazin. Der Kontakt mit den Menschen tut mir gut. Durch meine Kundschaft konnte ich auch mein Deutsch über die Jahre hinweg verbessern. Ich habe nur fünf Jahre die Schule besucht, daher fiel mir das Deutschlernen zu Beginn sehr schwer. Ich habe auch nie eine berufliche Ausbildung gemacht. Doch einen anderen Job zu finden, ist in meinem Alter sowieso fast nicht mehr möglich.

Mein Traum wäre es, einen eigenen Kiosk zu führen. Ich wollte schon immer einen Laden haben, denn so bist du unabhängig und deine eigene Chefin. Meine Freunde raten mir zwar immer wieder davon ab, selbständig zu werden. Ich mache mir diesbezüglich aber wenig Sorgen, denn ich war und bin eine Kämpferin. Wenn ich irgendwann genügend gespart habe, nehme ich diese Herausforderung in Angriff.»

Entlastung

Sozialwerke

STRASSENCHOR

Lebensfreude Zugehörigkeitsgefühl

Unterstützung

STRASSENMAGAZIN

Surprise Wirkt

Entwicklungsmöglichkeiten

Perspektivenwechsel

Surprise unterstützt seit 1998 sozial benachteiligte Menschen in der Schweiz. Unser Angebot wirkt in doppelter Hinsicht – auf den armutsbetroffenen Menschen und auf die Gesellschaft Wir arbeiten nicht gewinnorientiert, finanzieren uns ohne staatliche Gelder und sind auf Spenden und Fördergelder angewiesen. Spenden auch Sie. surprise.ngo/spenden | Spendenkonto: PC 12-551455-3 | IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3

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