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Von Mut, Zuversicht und Schönheit

Wenn du gebeten würdest, am feministischen Streik vom 14. Juni auf eine Bühne zu steigen, worüber würdest du sprechen? Sagen wir einmal, dieses Heft ist eine Bühne. Und die 32 Frauen, die je eine kurze Rede halten, sprechen über die Mehrfachbelastung als Frau, tiefe Löhne und teure Kitas, über Gewalt oder ihre Sexualisierung, über das Alleinerziehend- oder Alleinsein. Darüber, was sie alles täten, hätten sie mehr Zeit und mehr Geld.

Dieses Heft ist eine Momentaufnahme davon, was Frausein in der Schweiz 2023 bedeutet. Und zwar für diejenigen, die kaum Privilegien und wenig Zugang zum politischen Diskurs haben. Die sich einen Streik in der Regel nicht leisten können. Die Texte offenbaren die patriarchalen, rassistischen, gewaltvollen und diskriminierenden Seiten dieses Landes. Gerne hätten wir auch mit trans, nonbinären, inter und agender Menschen gesprochen. Gemeldet haben sich Frauen. Manche fragten, warum wir uns überhaupt dafür interessieren, wie es ihnen als Frau ergehe. Sie hätten andere Sorgen und sowieso kaum Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.

Den Surprise-Verkäuferinnen, Stadtführerinnen, Strassenfussballerinnen und Sängerinnen des Strassenchors von Surprise stellten wir zwei Fragen: Wie geht es dir als Frau heute in der Schweiz? Was möchtest du verändern? Weil

Fotografien wir uns bei den Gesprächen mit Vornamen angeredet und geduzt haben, gerade als würden wir am Streik auf der Strasse ins Gespräch kommen, nennen die Frauen auch hier nur ihren Vornamen.

Binta Kopp wurde 2001 in Zürich geboren. Getrieben von einer nicht kommerziellen Arbeitsweise entschied sie sich nach einer angefangenen Lehre als Fotografin für den Bachelor of Fine Arts an der Hochschule der Künste in Bern. Binta interessiert sich für die Wandelbarkeit und Vielfältigkeit von Fotografie und reizt die Endlosigkeit des Mediums durch digitale Manipulation immer wieder aufs Neue aus.

Trotz der Schwierigkeiten, die die Frauen teils explizit, teils zwischen den Zeilen benennen, stecken in ihren Erzählungen viel Mut, Zuversicht und auch Schönheit. Sie erzählen von der starken Bindung zu ihren Müttern oder ihren Kindern und Enkelkindern, von ihren Freundschaften und dem Zusammenhalt, davon, wann sie sich frei fühlen.

Der Einblick in diese 32 Leben mag nicht repräsentativ für alle Frauenleben in der Schweiz sein. Doch ebenso wenig ist eine Auswahl repräsentativ, die nicht auch diese Frauen zu Wort kommen lässt.

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