Nr. 5 / Dezember 2014
DER HEIL SA RMEE SCHWEI Z
«IM SCHLÖSSLI FÜHLE ICH MICH SICHER.» Seite 4
Seite 16
Seite 20
SCHLÖSSLI BASEL
NADIA UND AMIN
ELLEN RINGIER
Wo junge Frauen erwachsen werden können.
Der Krieg nahm ihnen alles, was sie hatten.
«Ich helfe, weil es mir Freude macht.»
INHALTSVERZEICHNIS Seite 14
Ein Haus und seine Bewohner
17
Das Ding
18
Die Heilsarmee hilft
10
Gern gehört
11
Wir vier
12
Zum Mitfreuen
14
Musik bewegt
15
Gesagt, getan
16
Vom Glück verlassen
18
Dies und das
20
Red und Antwort
22
Fortsetzung folgt
Seite 8 Jeden Dienstag zentrum Renens
Seite 4 Taylor hat im «Schlössli» ein Zuhause gefunden.
Seite 16 Delyar begeistert sich für Fussball. Seine Eltern wünschen sich eine gute Ausbildung für ihn.
IMPRESSUM Spendermagazin der Heilsarmee Schweiz Erscheint zweimal jährlich Herausgeberin: Stiftung Heilsarmee Schweiz, Mittelbeschaffung, Laupenstrasse 5, Postfach 6575, CH-3001 Bern Telefon: 031 388 05 35; E-Mail: spenden@heilsarmee.ch heilsarmee.ch; Spenden: PC 30-444222-5 Redaktion: Christoph Bitter (Leitung Mittelbeschaffung), Sara Stöcklin, Nathalie Kropf, Nathalie Schaufelberger Konzept und Design: Spinas Civil Voices, Zürich, spinas-cv.ch Druck: Swissprinters, Zofingen Gründer der Heilsarmee: William Booth General: André Cox Territorialleiter: Kommissär Massimo Paone
2
EDITORIAL
und Donnerstag gibt es im Sozialeine warme Mahlzeit.
Liebe Spenderin, lieber Spender Kürzlich las ich von einem älteren Herrn aus Zürich, der als Verdingbub aufgewachsen ist. An Weihnachten musste er im Keller schuften, um die Stube zu beheizen, während die Familie oben «Stille Nacht» sang. «Noch heute laufen mir Tränen runter, wenn ich dieses Lied höre», erzählt er. Was dem Mann verwehrt blieb – ein sicheres Zuhause, Geborgenheit und Gemeinschaft –, möchte die Heilsarmee Menschen vermitteln, die einsam oder entwurzelt sind. Zum Beispiel den jungen Frauen im «Schlössli», die nicht mehr bei ihren Eltern leben können (S. 4–6). Oder der Familie Khoder, die in Syrien Heim und Habe zurücklassen musste und in der Schweiz noch einmal ganz von vorne anfängt (S. 16–17). Auch Annamaria und Françoise, die am Mittagstisch im Sozialzentrum von Renens anzutreffen sind, suchen das heimelige Gefühl der warmen Stube, in der jede willkommen ist (S. 8–10). Vielleicht werden sie die Gelegenheit nutzen und auch an der Weihnachtsfeier im Zentrum teilnehmen. Um gemeinsam «Stille Nacht» zu singen – und dabei zu lächeln. Philipp Steiner Mitglied der Direktion
heilsarmee.ch Seite 20 Ellen Ringier weiss ihr Glück zu schätzen. 3
EIN HAUS UND SEINE BEWOHNER
EINE ZWEITE FAMILIE
Die Jugendlichen im Schlössli kochen selbst. Heute gibt’s Salat und Lasagne.
4
Das Bruderholzquartier ist Basels bevorzugte Wohngegend für Familien. Das mittendrin gelegene «Schlössli», ein Wohnheim für junge Frauen, steht dennoch nicht quer in der Landschaft. Denn es bietet Jugendlichen in Not ein geschütztes Umfeld. In der hellen Küche der Wohngruppe Rubin verbreitet sich der Duft von Gnocchi mit Sauce à la Zoe. «Die Jugendlichen können sehr gut kochen», erzählt Jennifer Rogg, die seit zwei Jahren im Schlössli arbeitet. Julia Coers, ihre Teamkollegin, sammelt in der Zwischenzeit die Handys der Bewohnerinnen ein. Dass diese beim Abendessen tabu sind, sorgt bisweilen für Unmut. Aber auch für eine lebhafte Tischgemeinschaft. Beim heutigen Dessert – Fruchtsalat mit Beeren – wird sie so lebhaft, dass Julia eingreifen muss. «Das geht zu weit!», ruft sie, als sich eine junge Dame genüsslich Rahm aus der Dose in den Mund spritzt. Es darf gelacht werden im Schlössli. Doch die Sozialpädagoginnen wissen, welche Schicksale sich hinter den vergnügten Provokationen am Küchentisch verbergen. Die jungen Frauen zwischen dreizehn und neunzehn, die hier wohnen, sind aufgrund schwerer Krisensituationen ins Schlössli gekommen. Sie wurden meist vom Kinder- und Jugenddienst vermittelt und benötigen nicht nur sozialpädagogische, sondern auch psychologische Betreuung. «Hier bekomme ich Unterstützung» Die fünfzehnjährige Carola musste ihr Zuhause verlassen, weil es mit der Familie «nicht mehr funktioniert hat». Aufgrund eines körperlichen Handicaps und psychischer Probleme benötigte sie Unterstützung, die ihre Eltern nicht leisten konnten. «Sie fühlten sich überfordert.» Carola war erleichtert, als sie vor fünf Monaten einen Platz im Schlössli erhielt. «Ich vermisse meine Familie zwar. Aber hier können die Leute besser mit mir umgehen. Ich bin auf mich gestellt, bekomme aber Unterstützung.» Auch die 18-jährige Aische, die vor drei Jahren allein aus der Türkei in die Schweiz kam, ist froh, in einer betreuten Gemeinschaft leben zu können. Sie hat im Schlössli eine neue Heimat gefunden. Carola und Aische gehören zur Einstiegsgruppe «Rubin». Für Rubin gelten etwas strengere Regeln als für
Handys werden beim Abendessen abgegeben.
«Saphir», die Fortgeschrittenengruppe. Es gibt Ausgang bis 22 Uhr, Besuchsregelungen und feste Essenszeiten. Der Menüplan wird von den Bewohnerinnen selbst erstellt, doch achten die Mitarbeiterinnen darauf, dass es genug Abwechslung auf dem Teller gibt. Zweimal die Woche trifft sich die Gruppe Rubin zum Gemeinschaftsabend. Der Dienstag ist für Gespräche reserviert, der Donnerstag für gemeinsame Aktivitäten. Zurzeit kommt jede Woche eine Mitarbeiterin der Heilsarmee Liestal vorbei, um mit den jungen Frauen Hip-Hop zu tanzen. Schritte in die Selbständigkeit In der Gruppe Saphir geniessen die Jugendlichen grössere Freiheiten. Sie haben nur einen Gruppenabend und können sich für die Mahlzeiten jederzeit abmelden. Seit zwei Monaten ist Taylor dabei, die zuvor bei ihrer Grossmutter lebte. «Ich wollte ins Schlössli, weil es nicht wie ein Heim rüberkommt», erzählt die Siebzehnjährige. Das Schlössli bietet jeder Jugendlichen ein eigenes Zimmer, hat einen Garten und grosszügige Gemeinschaftsräume. Nicht einmal die unschöne Begegnung mit einer schlecht gelaunten Bewohnerin konnte Taylor abschrecken. «Als die Sozialpädagogin besagte Person darum bat, mich durchs Haus zu führen, bekam sie ein schroffes Nein zur Antwort.» Die besagte Person heisst Sabrina und ist inzwischen Taylors beste Freundin im Haus. «Wir alle haben mit unseren Familien ähnliche Erfahrungen gemacht», erklärt Taylor. «Das schweisst uns zusammen.» Sabrina, die schon seit zwei Jahren im Schlössli lebt und von der Gruppe Rubin zu Saphir wechseln konnte, bestätigt: «Die Leute hier sind für mich wie eine zweite Familie.» 5
Daniel Simeone arbeitet gerne mit Jugendlichen. Auch wenn er manchmal starke Nerven braucht.
Sabrina konnte das schwierige Verhältnis mit ihrer Mutter verbessern und ist entschlossen, wieder nach Hause zu ziehen. «Aber ich bin noch nicht so weit», erklärt sie. Mit zu viel Unsicherheit ist die Veränderung verbunden. «Im Schlössli fühle ich mich sicher und unterstützt. Ich wurde hier für das Leben ausgerüstet, habe gelernt, zu kochen, mit Geld umzugehen und Bewerbungen zu schreiben.» Es ist Sabrina gelungen, einen Praktikumsplatz in einer Tierhandlung zu bekommen. Auch Taylor, die die Fachmaturitätsschule besucht, schätzt den geschützten Rahmen im Schlössli. «Hier kann ich mich auf die Schule konzentrieren. Und habe die Chance, mein Leben zu ordnen und selbstbestimmt zu planen.» Vielschichtige Probleme Die Jugendlichen in die Selbständigkeit zu führen, ist das Ziel und die grosse Herausforderung von Daniel Simeone. Er leitet das Schlössli, in dem er schon zuvor als Mitarbeiter tätig war, seit sechs Jahren. «Es macht mir Freude, mit den Jugendlichen zu arbeiten. Aber die Anforderungen an uns sind stark gestiegen. Wir haben es mit immer vielschichtigeren Problemen zu tun.» Simeone schätzt die gute Zusammenarbeit mit der Psychiatrischen Uni-Klinik, die das Team bei der Betreuung der Jugendlichen unterstützt. Und er ist froh um den Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden. «Die jungen Frauen merken sehr schnell, ob wir leben, was wir sagen.» Dabei braucht es ein starkes Nervenkostüm, um mit Teenagern zu arbeiten. Nur selten kommt ein «Danke» 6
über ihre Lippen. «Das erwarten wir auch nicht», sagt Julia Coers. «Unser Lohn ist es, wenn wir die positive Entwicklung der Frauen beobachten können.» Dies ist zum Glück häufig der Fall. Und ab und an kommt das Dankeschön im Nachhinein. Als Daniel Simeone einer ehemaligen Bewohnerin begegnete, die das Schlössli aufgrund ihres Drogenkonsums verlassen musste, sagte sie zu ihm: «Bei euch habe ich eine meiner besten Zeiten erlebt. Sie hat mir so viel gebracht.» schloessli-basel.ch Text: Sara Stöcklin Fotos: Tina Steinauer
Schlössli Basel: • Anzahl Plätze: 14 • Notfallplatz: 1 • Anzahl Mitarbeiter: 19 • Auszubildende: 4 • Stellenprozente: 1260 • Durchschnittlicher Aufenthalt: 8–9 Monate
DAS DING
«Natürlich habe ich von der neuen Brocki in Einigen gehört», sagt meine Grossmutter, die im Berner Oberland zu Hause ist. Zur Eröffnung kann sie nicht gehen – dafür ist sie mit 95 Jahren nicht mehr mobil genug. Aber als sie auf dem Foto das Ding in weiss gehäkelter Hülle sieht, das ich dort gefunden habe, kommt Nostalgie auf. «Das ist eine Bettflasche», sagt sie. «In meiner Kindheit war es im Winter bitter nötig, das Bett vorzuwärmen. Unsere Schlafräume waren nicht beheizt. Jeden Abend füllten wir die Flasche mit heissem Wasser aus dem Tank des Küchenofens. Wenn das Bett vorgewärmt war, krochen wir zu zweit unter die Bettdecke. Denn Kinder mussten sich einen Schlafplatz teilen.» Sara Stöcklin brocki.ch 7
DIE HEILSARMEE HILFT
«HIER BIN ICH WENIGER EINSAM» Im Mai 2013 wurde das Sozialzentrum Renens eröffnet. Die Anzahl Menschen, die den Mittagstisch besuchen oder eine Beratung in Anspruch nehmen, steigt stetig an. Es ist kurz vor neun. Andy Beney, Leiter des Sozialzentrums, und Heilsarmeeoffizier Bernard Wyttenbach beginnen den Tag mit einem gemeinsamen Gebet. Schnell genug ist es vorbei mit der Ruhe. Bernard Wyttenbach steigt mit einem Helfer ins Auto, um bei der regionalen Abgabestelle Lebensmittel abzuholen. Jeden Dienstag und Donnerstag bereitet eine Gruppe Freiwilliger das Mittagessen für 30 bis 40 Personen zu. «Als wir letztes Jahr begannen, kamen 10 bis 15 Gäste», erklärt Bernard Wyttenbach, der für den Empfang zuständig ist. «Die Zahl steigt wöchentlich an.» Von der regionalen Lebensmittel-Abgabestelle und der Organisation «Schweizer Tafel» erhält die Heilsarmee 8
Bernard Wyttenbach (links) Die Rahab-Mitarbeiterinnen und Andy Beney kümmern sich beraten Frauen im ausZentrum. dem Milieu. um den Betrieb
frische Produkte. Das Mittagessen ist gratis. Für alle, die einen Beitrag leisten möchten, wurde ein Richtpreis von drei Franken festgelegt. «Für viele ist das eine Ehrensache. Wer seine Mahlzeit bezahlt, hat nicht das Gefühl, ein reiner Nutzniesser zu sein.» Wem geholfen wurde, der hilft selbst Sind die Lebensmittel angeliefert, wird die Küchenmannschaft aktiv. Alle Freiwilligen waren selbst Gäste des Mittagstischs im Zentrum, ehe sie entschieden, sich die Schürze umzubinden und beim Kochen zu helfen. Küchenchefin Annamaria bekennt, dass ihr das Engagement Freude bereitet. «Da ich allein lebe, schätze ich die Beschäftigung. Besonders schön ist
Freiwillige decken die Tische und bereiten die Mahlzeiten für 30 bis 40 Personen zu.
es, dass ich anderen Menschen damit helfen kann.» Es herrscht eine fröhliche Atmosphäre innerhalb des kleinen Teams, obschon an diesem Mittag 43 Mahlzeiten ausgegeben werden. «Wir sind nicht im Stress», bekräftigt Magali, die sich mit ihrer Freundin Cathy um das Aufstellen und Decken der Tische kümmert. «Wir sind schon lange beim Mittagstisch dabei, und seit fast einem Jahr packen wir mit an. Es motiviert mich, anderen helfen zu können – so wie die Heilsarmee mir geholfen hat, als ich in einer Notlage war.» Ein Rezept gegen die Einsamkeit Als die Mittagszeit näher rückt, füllt sich der Esssaal. Menschen jeden Alters, verschiedenster Kulturen und Lebenswelten nehmen an den Tischen Platz. Die meisten Gäste leiden nicht an Lebensmittelknappheit, sondern kommen, um einen Moment der Gemeinschaft zu erleben. Françoise drückt es so aus: «Es
herrscht ein lebhafter Betrieb. Das tut gut, wenn man einsam ist.» Und es schützt davor, in ein Loch zu fallen, wie sie lächelnd hinzufügt. Jérémie und seine Frau Julie* besuchen den Mittagstisch mit ihren zwei Söhnen. «Natürlich hilft uns die günstige Mahlzeit, am Monatsende über die Runden zu kommen. Aber wir kommen vor allem wegen unserer Kinder her. Darüber hinaus setzen wir mit der Teilnahme am Mittagstisch ein Zeichen gegen die grassierende Lebensmittelverschwendung.» Offenes Ohr Nach dem Mittagessen gehen einige nach Hause, während andere sitzen bleiben und plaudern. Im Stockwerk unter dem grossen Saal befindet sich das Büro von Andy Beney. Dort führt er Beratungsgespräche. «Die Soforthilfe in Form von Geld oder Lebens9
In seinem Büro nimmt sich Andy Beney Zeit für die Menschen, die bei ihm Hilfe suchen.
mittelgutscheinen wird sehr geschätzt. Aber wir versuchen auch, den Klienten längerfristige Unterstützung anzubieten – etwa durch Budgetberatung oder Hilfe im Umgang mit Behörden. Unser Ziel ist es, Menschen auf dem Weg in die Unabhängigkeit zu begleiten.» Im vergangenen Jahr hat Andy Beney 973 Gespräche geführt. Wöchentlich werden es mehr. Der Weg ist für viele lang und steinig. «Oft bin ich mit komplizierten Lebenssituationen konfrontiert. Auseinandergebrochene Familien, Schicksalsschläge, wachsende Schuldenberge – es begegnet mir viel Leid.
Meine Aufgabe besteht zuallererst darin, moralische Unterstützung und ein offenes Ohr anzubieten. Indem wir die Situation gemeinsam anschauen, finden wir heraus, wie eine Verbesserung erreicht werden kann. Oft sind nur kleine Schritte möglich. Aber immer wieder schaffen es Menschen, den Weg bis zum Ziel zu gehen. * Namen geändert Text: Sébastien Goetschmann Fotos: Jacques Tschanz, Sébastien Goetschmann
GERN GEHÖRT
«Das ist die Heilsarmee: dass man auf die Menschen zugeht und der Dankbarkeit und Freude über einen geschenkten Tag frohen Ausdruck gibt.» 10
Peter Spoerri
WIR VIER
TA BE A GYG A X
BERNHA RD W IT TW ER Div isionschef Mit te
hts für mich! Ich schätze es, Eine einsame Insel wäre nic n – sei es beim Wandern mit gemeinsam unterwegs zu sei n mit Freunden oder beim meiner Familie, beim Musiziere ich als Regionalleiter der Aus tausch mit Menschen, die n können wir etwas beweHeilsarmee berate. Zusamme Probleme lösen, denn wir gen, Ideen ent wickeln und ungsschat z. Mein Her zensteilen einen reichen Erfahr nschen an diesem Schatz wunsch ist es, auch junge Me einen Weg finden, der sie teilhaben zu lassen. Damit sie ssen ans Ziel führt. ohne viele Kur ven und Sackga
SYLV ETTE HUGUENIN
Vertreterin der Heilsarmee bei der UNO
In einem fremden Umfeld fühle ich mich meist klein. Und wie klein erst, wenn ich in Genf den Palais des Nations in der Heilsarmee-Uniform betrete! Mich als Vertreterin der Heilsarmee bei der UNO mit globalen Heraus forderungen und Menschenrechtsfragen auseinanderzusetzen, sensibilisiert mich neu. – Bäume sind mir oft eine Quelle der Inspiration und Ermutigung. Diejenigen im Park der Vereinten Nationen erinnern mich daran, dass wir gegenüber den Problemen der Welt klein sind, dafür aber einen grossen Gott haben!
Sozialpädagogin
Als Sozialpädagog in versuche ich, Heimkindern et w von dem wei terzug as eben, was ich selb st erlebt habe: Ge borgenheit. Von kle in auf habe ich da he im , ab er auch in meiner Heilsarmee -Gemeinde in Bern Liebe und Annahm er fahren. Meine Ar e beit macht mir be wusst , was für ei Privileg das ist . Au n s diesem Grund be reitet es mir auch Freude, im Advent bei der Topfkollekt e zu singen. Ich kann so einen kleinen Be itrag leisten, dam it auch Menschen, die es weniger einf ach hatten im Lebe n, in gu ter Gemeinschaft Weihnacht en feiern können.
DYL AN JUNIOR FOUDA (23)
Lernender
Meine Leidenschaft und mein gröss tes Hobb y ist der Fussball. Ich habe diesen Spor t entdeckt, als ich sechs Jahre alt war, und bin seither drangeblieben. Durc h den Fussball habe ich geler nt, im Team zu arbei ten und mich einzu fügen . Meine Arbeit im Heilsarmee-Wo hnheim Cent re-Espoir in Genf – ich bin im dritten Lehrj ahr als kaufmännischer Angestellter – gefällt mir, weil ich hier umse tzen kann, was ich im Spor t geler nt habe . Der Fussball und meine Beru fsausbildung ermöglich en es mir, einzigartige Erfahrungen zu machen und tollen Menschen zu begegnen .
11
ZUM MITFREUEN
DOPPELJUBILÄUM In Huttwil feierte die Heilsarmee dieses Jahr doppelt. 20 Jahre Brocki, 10 Jahre Leuchtturm. Spiele, Holzofenpizza und Kindergeschichten inmitten alter Bauernschränke lockten kleine und grosse Besucher zum gemeinsamen Fest. Der Blick hinter die Kulissen zeigte, dass die Brocki und das Projekt zur Arbeitsintegration mehr als nur Nachbarn sind: Was die Brocki entsorgt, wird im Leuchtturm auseinandergeschraubt. Und kaputte Velos werden für den Wiederverkauf revidiert. Es wird also Hand in Hand gearbeitet. projekt-leuchtturm.ch
12
JUHUI, ENDLICH AUF EIGENEN BEINEN! Samuel hatte es nicht einfach: Nach schwierigen Jahren im Kinderheim und schulischen Problemen ging der Betrieb Konkurs, in dem er seine Lehre machte. Jahrelang schlug er sich mit Hilfsjobs herum. Die Wende brachte ein geschützter Arbeitsplatz als Gärtner im Buchseegut. Dort betreute ihn Peter Zähner. «Peter war mir ein guter Freund und hatte immer ein offenes Ohr für mich. Er hat mir gezeigt, dass jeder Mensch wertvoll ist – auch wenn er von der Norm abweicht.» Nun freuen sich beide darüber, dass Samuel seit dem Herbst wieder ganz auf eigenen Beinen steht. Er hat die heissersehnte Stelle bei einer Landschaftsgärtnerei in der Umgebung erhalten! buchseegut.ch
von links: Samuel und Peter
AUSZEICHNUNG FÜR DAS CENTRE-ESPOIR Dank seines innovativen Ateliers schaffte es das Centre-Espoir in Genf in die engere Auswahl für den kantonalen Preis für nachhaltige Entwicklung. Lobend erwähnte die Medienmitteilung des Kantons, wie das Wohnheim für psychisch beeinträchtigte Menschen bei der Entwicklung neuer Möbel vorging. Unter Einbezug der Bewohner und Studierender der Hochschule für Kunst und Design wurden moderne, funktionale und flexible Kommoden, Betten und Tische entwickelt – aus umweltschonendem Material. centre-espoir.ch 13
MUSIK BEWEGT
InInChristus Christus
© 2001 Thankyou Music Musik & Text: Stuart Townend, Keith Getty
1. 2. 3. 4.
MUSIK BERÜHRT MICH Die Melodie dieses Liedes, ob hier bei uns oder im fernen Afrika gehört, oder ob selbst gespielt, berührt mich. Sie unterstreicht die Worte. Und gehen mir dann diese vom Kopf ins Herz, versuche ich zu begreifen, was für mich so unfassbar und gerade deshalb so wertvoll ist. Jesu Tod für meine Sünden. Dank diesem Opfer darf ich mein Leben in Gottes starker Hand wissen. Pia Steiner, Mitglied der Heilsarmee-Gemeinde Bern
14
GESAGT, GETAN Oberburg
DIE HEILSARMEE RENOVIERT
2 Zivildienstleistende
Das breite Angebot des Heilsarmee Liegenschaftsdienstes – Reinigung, Entsorgung, Renovation, Räumung und Hauswartung – steht seit Neuem nicht nur Institutionen der Heilsarmee, sondern auch Firmen und Privatpersonen offen. Aus dem Service der Heilsarmee Flüchtlingshilfe ist ein eigenständiger Betrieb unter dem Dach von travailPLUS geworden. Der Schritt in die Selbständigkeit ermöglicht es, Plätze für Personen aus dem Arbeitsintegrationsprogramm von travailPLUS zu schaffen: «Wir bieten Chancen für den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt», erklärt Andreas Nyfeler, Leiter des Liegenschaftsdienstes. Die neuen Räumlichkeiten in Oberburg BE wurden von den Mitarbeitern gleich selbst renoviert.
2 Temporär-Mitarbeitende
liegenschaftsdienst.travailplus.ch
2 Mitarbeiter
2 niederschwellige Arbeitsplätze
Text/Foto: Sara Stöcklin
Genf
ERSTE HILFE FÜR IMMIGRANTEN
320 verteilte Mahlzeiten pro Woche 1 Angestellter (Zentrumsleiter) 70% Ca. 6 freiwillige Mitarbeiter pro Tag
Eine warme Mahlzeit, ein offenes Ohr, praktische Unterstützung: «Le Phare» in Genf bietet Immigranten eine Anlaufstelle. «Ich komme nicht nur wegen des Essens, sondern weil wir hier wie eine Familie füreinander sind», sagt ein Besucher. Er und seine Schicksalsgenossen können im Zentrum auch Französischkurse besuchen. Ihr Hauptproblem ist aber die Wohnungsnot. Einige finden für zwei, drei Nächte ein Bett in der Notschlafstelle der Heilsarmee. Viele müssen unter der Brücke oder in Parks schlafen. In den kalten Wintermonaten organisieren die Gemeinden und Institutionen der Heilsarmee in Genf deshalb eine Schlafsack-Spendeaktion. Die gesammelten Schlafsäcke werden im «Le Phare» an die Obdachlosen verteilt. Text: Nathalie Kropf Foto: Andi Fuhrer
150 verteilte Schlafsäcke
Aarau
BÜHNE FREI FÜR DIE JUGEND
ca. 15 jugendliche Besucher pro Woche 10–15 Kids bei «Kids Dance» 4 Auftritte pro Jahr 1 Kindermusical-Woche pro Jahr
«Du bist wertvoll, einzigartig und talentiert!» – diese Botschaft will die neu aufgebaute Kinder- und Jugendarbeit der Heilsarmee in Aarau vermitteln. Im Tonstudio «Goldgrueb» wird ein Traum wahr: Teenager können ihre eigenen Songs aufnehmen, ein bekanntes Stück covern oder ein neues Instrument lernen. Für angehende Ballerinas oder Breakdancer ist die «Kids Dance»-Gruppe das Richtige. Die Kinder proben wöchentlich ihre Choreografien und treten zum Beispiel am Weihnachtsessen auf. Das sind nur zwei Angebote von «J-Love», wie die Kinder- und Jugendarbeit genannt wird. Auf dem Programm stehen auch organisierte Kindermusical-Wochen, ein Teenager-Club, Musikunterricht und Kinderfeste am Sonntagmorgen. heilsarmee-aarau.ch Text: Nathalie Kropf Foto: Sara Stöcklin
15
VOM GLÜCK VERLASSEN
« HAUPTSACHE, WIR BLEIBEN ZUSAMMEN!»
Familie Khoder liebt Musik. Khebat, der frischgebackene Vater, spielt auf dem «Saz».
Nadia (48) und Amin (50) Khoder hatten ein erfülltes Leben, bevor der syrische Bürgerkrieg sie und ihre Kinder zur Flucht zwang. Mithilfe der Heilsarmee fangen sie in der Schweiz von vorne an. Lächelnd, aber auch ein wenig traurig wiegt Nadia ihre vier Tage alte Enkelin Elin in den Armen. Sie ist fern der Heimat geboren, in einem Land, das ihre Eltern bis vor kurzem nur vom Hörensagen kannten. Nun ist es für die Familie zum Symbol der Hoffnung geworden – der Hoffnung auf eine sichere Zukunft. Die Khoders sind eine grosse Familie. Acht Kinder haben Amin und Nadia grossgezogen. Khebat, der frischgebackene Vater Elins, ist der Zweitälteste. Die 16
musikalische Hevin (15) und ihr sportlicher Bruder Delyar (13) sind die beiden Jüngsten. Vater Amin war stolz darauf, dass seinen Kindern alle Wege offenstanden. Dafür hatte er sich sein Leben lang eingesetzt. Mit grossem Geschick hatte er im Norden Syriens eine Tischlerei aufgebaut, die sechs Angestellte beschäftigte. Sie ermöglichte es ihm, seinen Kindern eine gute Ausbildung zu bezahlen. Er konnte auch sein Haus um zwei Stockwerke erhöhen, um den Söhnen – wie in Syrien üblich – nach deren Heirat eine eigene Wohnung anzubieten.
Amin und Nadia zeigen Fotos von ihrem Haus in Syrien.
der Heilsarmee Flüchtlingshilfe. Das Haus bietet eine einfache Unterkunft. Die Eltern teilen ihr Zimmer, dessen Einrichtung aus zwei Etagenbetten, einem Schrank und einem Tisch besteht, mit Hevin und Delyar. Sohn Khebat wohnt mit seiner Frau nebenan.
Zerplatzte Träume Nie hätte Amin geahnt, wie schnell der Krieg die Hoffnungen, Träume und Pläne seiner Kinder zunichtemachen würde. Und das, was er selbst sich aufgebaut hatte. «Plötzlich brauchte niemand mehr Möbel», erzählt er. Die Aufträge für die Tischlerei blieben aus, das Geschäft musste geschlossen werden. Als die Gefechte näher kamen, musste die Familie eine Entscheidung treffen. «Ich wusste: Es ist eine Frage der Zeit, bis ein fehlgeleitetes Geschoss eines meiner Kinder trifft», sagt Amin. Er liess alles zurück, was er hatte, und floh mit Nadia, den beiden Jüngsten sowie Sohn Khebat und dessen Frau in die Türkei.
Neue Hoffnung Über den fehlenden Komfort beklagt sich die Familie nicht. «Wir wissen, dass wir Flüchtlinge sind.» Schwerer wiegt das Gefühl der Unsicherheit und der Isolation, das mit dem Warten auf den Asylbescheid einhergeht. Die Khoders möchten ihre neue Heimat kennenlernen, sich integrieren, können aber nicht einmal eine Busfahrt in die Stadt bezahlen. Sie, die als Angehörige der kurdischen Minderheit schon in Syrien stets um die eigene Identität rangen, stehen auch in der Schweiz am Rande der Gesellschaft.
Wo die Reise hinführen sollte, wussten die Khoders nicht. Doch da ihr ältester Sohn in der Schweiz lebte, keimte in Amin eine Hoffnung auf: «Vielleicht schaffen wir es wenigstens, als Familie zusammenzubleiben und nicht wie Millionen anderer Syrer in verschiedenste Länder und Städte verstreut zu werden.»
Dass die Heilsarmee die Khoders auf dem steinigen Weg in ihr neues Leben begleitet, erfüllt Amin mit Dankbarkeit. Er und Nadia fühlen sich von den Mitarbeitenden des Zentrums unterstützt. Seit einigen Monaten besucht die Familie einen Deutschkurs. Delyar wird wieder zur Schule gehen und Hevin in den Berufsvorbereitungskurs. «Unser Traum ist es, wieder Alltag zu erleben und für uns selbst sorgen zu können», sagt Amin. Und mit Blick auf Delyar, dessen Fussballdress sein vorrangiges Interesse verrät: «Meine Kinder sollen ihre Ziele erreichen können. Darin will ich sie unterstützen.»
Die Schweiz erlaubte den Khoders die Einreise. Aufnahme fanden sie im Durchgangszentrum Halenbrücke
Text: Sara Stöcklin, Fotos: Tina Steinauer heilsarmee.ch/fluechtlingshilfe 17
DIES UND DAS BEGEGNUNGEN SCHAFFEN IM QUARTIER Das Brockino, das der Heilsarmee-Gemeinde in Basel angegliedert ist, entwickelt sich zu einem beliebten Quartiertreffpunkt. «Unsere Kundschaft reicht vom jungen Hipster bis zur gesetzten älteren Dame», erzählt Claudia Pleuss, die Brockino-Leiterin. Auch viele Migranten und Migrantinnen kommen regelmässig. «Diese Durchmischung zeichnet uns aus und bietet Chancen. Wir möchten Raum für Begegnungen im Quartier schaffen.» Nebst einem «Brockinofäscht», Flohmärkten und Suppentagen organisiert das Team, zu dem Angestellte und Freiwillige gehören, auch Kulturabende. Schon mehrmals wurden Lesungen durchgeführt. Und eine besondere Aktion steht in der Adventszeit bevor: Eine interkulturelle Rundschau, die den Gästen näherbringt, auf welch vielfältige Weise rund um die Welt Weihnachten gefeiert wird. heilsarmee-basel1.ch/soziales
KINDER HELFEN KINDERN Seit 1983 ist der von der Heilsarmee Amriswil organisierte Schülerflohmarkt ein Fixpunkt im Jahresprogramm der Stadt. Auch dieses Jahr boten Kinder an über hundert Ständen ihre ausrangierten Spielsachen zum Tausch oder Verkauf an. Wer ein gutes Händchen bei der Preisgestaltung zeigte, konnte stolze Ergebnisse erzielen. Im Festzelt wurden derweil die angelockten Besucherinnen und Zuschauer mit Kuchen und Getränken versorgt. Wie jedes Jahr kam der Erlös einem Projekt für notleidende Kinder zugute. Ausgewählt wurde das Masiye Camp der Heilsarmee in Simbabwe. Die seit 1998 bestehende Einrichtung hilft von HIV betroffenen Kindern und vermittelt ihnen durch Therapie und Bildung Hoffnung für ihre Zukunft. mission.heilsarmee.ch/projekte
MY HAPPY END Jährlich werden in der Schweiz rund 30 Milliarden Franken vererbt. Davon gehen rund 1 bis 1,5 Prozent an gemeinnützige Organisationen – eine Zahl, die im internationalen Vergleich niedrig ist. Ein Grund liegt darin, dass drei von vier Personen ihren letzten Willen nicht verbindlich festlegen. Um Menschen für das Thema Erbschaft zu sensibilisieren, engagiert sich die Heilsarmee im Verein «MyHappyEnd», einem Zusammenschluss von Non-Profit-Organisationen. Anlässlich des Internationalen Tags des Testaments lancierte der Verein dieses Jahr eine interaktive Kunstaktion. Sie gab Besuchern und Besucherinnen die Gelegenheit, sich mit dem Thema «Gegeben und genommen» auseinanderzusetzen. Die Gäste konnten Objekte des Alltags in einem Holzhaus deponieren, die sie selbst nicht mehr brauchten – und sie damit jenen zur Verfügung stellen, die Verwendung dafür finden. myhappyend.org 18
3350 WEIHNACHTSKARTEN «Ich hätte nicht gedacht, dass so viel Farbe in mir steckt», staunt Alfred Erne. Der Bewohner des Buchseeguts in Köniz hat im hauseigenen Atelier sein Talent zum Malen entdeckt. Das Team des Ateliers unterstützt die Teilnehmenden darin, ihr Potenzial innerhalb der eigenen Grenzen zu entdecken und auszuschöpfen – bei praktischen Auftragsarbeiten, aber auch beim Malen, Töpfern und Gestalten. Für den hauseigenen Laden werden Karten, Bilder und Näharbeiten hergestellt. Zuweilen erhält das Atelier auch grössere Bestellungen. So wurden dieses Jahr 3350 Weihnachtskarten in Auftrag gegeben – ein Rekord. Wer sich persönlich mit den kreativen Produkten des Ateliers eindecken möchte, ist herzlich zum Weihnachtsverkauf eingeladen. Er wird am 29. November mit der Advent-Ouvertüre eröffnet. buchseegut.ch ANZEIGE
EIN TODESFALL kann aus einem Menschen einen anderen machen.
Für Menschen, die vom Glück verlassen wurden. PC 30-444222-5
RED UND ANTWORT
« ICH HABE VIEL GLÜCK GEHABT» Ellen Ringier ist promovierte Juristin, Verlegergattin und Präsidentin der von ihr gegründeten Stiftung Elternsein. Welche Bedeutung ein starkes Umfeld hat, weiss sie aus eigener Erfahrung.
20
Wie viel Glück braucht der Mensch, Frau Ringier? Eine gehörige Portion. Das Leben wird uns ständig neu geschenkt – auch wenn wir uns dessen oftmals nicht bewusst sind. Wie viel Glück haben Sie gehabt? Besonders viel. Meine sehr unterschiedlichen Eltern – der Vater ein bodenständiger Innerschweizer, die Mutter ein Freigeist aus London – zogen am gleichen Strick, wenn es um unsere Erziehung ging. Sie schenkten uns unglaublich viel Zeit, förderten uns und vermittelten uns starke Werte. Ich erinnere mich, wie ich mit sechzehn auf der Treppe unseres Hauses stand, in die Sterne hinaufsah und sagte: Ich bin der glücklichste Mensch auf der Welt. Dieses Gefühl würde ich vielen Menschen, die mit einem ganz anderen Rucksack durchs Leben gehen, auch wünschen. Wie wurden Ihnen Werte vermittelt? Meine Eltern setzten Zeichen. In unserem Quartier wohnte ein Junge mit einem Wasserkopf. Jedes Jahr lud ihn meine Mutter zu meinem Geburtstag ein, obschon mich dies irritierte. Es wurde mir auch als selbstverständlich vermittelt, einen Teil des eigenen Vermögens weiterzugeben. Das Mantra meines Grossvaters, dem wir unseren Wohlstand verdankten, lautete: «Im Leben geht es immer darum, anderen Menschen eine Chance zu geben.» Entstand so Ihr Bewusstsein für soziale Not? Eigene Erfahrungen spielten hierbei eine grössere Rolle. Als ich mit zwölf am Sternsingen der Pfadi teilnahm – wir besuchten an Heiligabend das Kantonsspital und sangen Lieder –, musste ich an das Bett eines sehr alten, einsamen Mannes stehen. Plötzlich kroch eine knochige Hand unter der Bettdecke hervor und ergriff die meine. Ich erschrak, liess es aber geschehen. Und erfuhr dabei eine Freude, die unvergleichlich grösser war als die, die ich abends beim Geschenkeauspacken verspürte. Später, als junge Juristin, erlebte ich in der unentgeltlichen Rechtsberatung der Zürcher Frauenzentrale, was es bedeutet, wenn Familien in die Armutsfalle geraten. Die Hochpreisinsel Schweiz kann zur enormen Herausforderung werden.
Setzen Sie sich aufgrund Ihrer persönlichen Erfahrungen für Familien ein? Ich engagiere mich vor allem im Bereich Familie, weil der Staat hier so wenig tut. Es gibt in der Schweiz nicht einmal ein Familienministerium! Aber natürlich könnte ich mich nicht gleichermassen für etwas einsetzen, zu dem mir der Bezug fehlt. Macht eine kaputte Kindheit alle Chancen im Leben zunichte? Nein. Ich kann, wie das Sprichwort sagt, auf dem Totenbett nicht die Hebamme für mein Leben verantwortlich machen. Eigenverantwortung ist wichtig. Doch ist, wer eine belastete Kindheit hatte, oft mit wenig Selbstvertrauen ausgerüstet und hat deshalb schlechtere Karten. Dass dies bei der Rechtsprechung berücksichtigt wird, finde ich als Juristin richtig. Sie betonen die Bedeutung von Partnerschaft und Vernetzung, wenn es darum geht, Menschen zu helfen. Meine Erfahrung ist, dass viel zu wenig zusammengearbeitet wird. Das Gärtchendenken ist in der Schweiz sehr beliebt. Wir müssen lernen, uns als Teil eines Getriebes zu sehen, und bereit sein, auch einmal jemand anderem die Hauptrolle zu überlassen. Für ein tragfähiges Netz braucht es die Familie, Schule, Freunde, Organisationen und auch den Staat. Warum setzen Sie nicht nur Ihr Vermögen ein, sondern auch Ihre Zeit? Dies ermöglicht den effizientesten Einsatz meiner Mittel. Wer die Initiative ergreift, hat am meisten Feuer gefangen und ist das beste Zugpferd. Inzwischen habe ich zwar auch einen Geschäftsführer für meine Stiftung engagiert. Aber dieser teilt zum Glück meine Begeisterung! Wie wichtig ist es Ihnen, in dieser Welt Spuren zu hinterlassen? Wenn sich jemand, dem ich helfen konnte, an mich erinnert, freut mich das natürlich. Aber ich brauche kein Denkmal. Mir ist es wichtig, dass die Arbeit getan und fortgesetzt wird, die mir am Herzen liegt.
Text: Sara Stöcklin Foto: Gerry Ebner
21
FORTSETZUNG FOLGT
Im Atelier wird Wert auf selbständiges Arbeiten gelegt. Und Frauen Mut zugesprochen, Neues auszuprobieren.
«WIR ENTDECKEN VERBORGENE SCHÄTZE» Im neuen Textilprogramm der Heilsarmee erproben Frauen den Umgang mit Stoff und Nähmaschine. Vor allem aber lernen sie, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu fassen. Die Teilnehmerinnen verschiedenster Herkunft werden vom Sozialdienst der Stadt Basel und von Heilsarmee-Institutionen vermittelt. Sie haben im Programm die Möglichkeit, sechzig Tage lang die Arbeit mit Textilien kennenzulernen. Für viele ist es nicht nur eine sinnvolle Beschäftigung, sondern auch ein wertvoller Tapetenwechsel. Denn wer hierher kommt, bringt meist einen schweren Rucksack mit – sei es eine körperliche oder psychische Beeinträchtigung, seien es schwierige familiäre Verhältnisse. Entsprechend niederschwellig ist das Angebot. Das Team geht individuell auf die Frauen ein und fordert sie, ohne zu überfordern. «Es herrscht ein gesunder Wettbewerb, aber kein Leistungsdruck. Die Teilnehmerinnen inspirieren sich gegenseitig», erklärt Leiterin Sibylle Hoegger. Sie legt Wert darauf, dass die 22
Frauen lernen, sowohl nach Anweisung als auch selbständig zu arbeiten. «Wenn ich frage: Welche Farbe würden Sie hierfür verwenden?, löse ich Kopfzerbrechen aus. Viele sind es nicht gewohnt, eine Meinung zu haben und zu äussern.» Ermutigend ist für Sibylle Hoegger, wie rasch die Frauen bei der Arbeit aufblühen. «Wir unterstützen sie darin, ihre verborgenen Schätze zu entdecken und zu nutzen. Was dabei herauskommt, bringt mich immer wieder zum Staunen.» Ihr Traum ist es, die kreativen Produkte in einer Boutique zum Verkauf anzubieten. Text/Fotos: Sara Stöcklin
travailplus.ch
DAS LETZTE WORT HABEN SIE. in der Schweiz über 80 Jahre beträgt, ist es für die Nachlassplanung nie zu früh. Aber möglicherweise plötzlich zu spät. Mit einem Testament können Sie zum Ausdruck bringen, was Ihnen wichtig ist – ganz unabhängig davon, ob Sie vermögend sind oder nicht. Sie entscheiden und halten fest, was mit Ihrer Hinterlassenschaft geschehen soll. Seien es Immobilien, Vermögen oder besondere Gegenstände, die Sie an eine bestimmte Person weitergeben möchten. Wer ein Testament schreibt, muss noch lange nicht mit dem Leben abschliessen. Es sterben jedoch viele Menschen, ohne je ein Testament verfasst zu haben. Nutzen Sie die Möglichkeit, Ihrem Willen Ausdruck zu geben, solange Sie auf dieser Erde leben! Nur ein Testament oder ein Erbvertrag ermöglicht es Ihnen, über denjenigen Teil Ihrer Erbschaft zu verfügen, der nicht per Gesetz den festgelegten Pflichterben zukommt. Der Begriff «Letzter Wille» macht deutlich, worum es beim Thema Erbschaft geht: um Ihren Willen. Mit einem Testament sorgen Sie dafür, dass Ihr Wille umgesetzt werden kann. Obwohl die Lebenserwartung
Die Stiftung Heilsarmee bietet verschiedene Dienstleistungen zum Bereich Erbschafts- und Vorsorgeplanung an. Nutzen Sie unser Angebot.
✂ ANGEBOT RUND UM DAS THEMA ERBSCHAFT Bitte teilen Sie uns mit, wie wir Sie bei der Regelung Ihres Nachlasses unterstützen können. Ich interessiere mich für einen Informationsanlass. Ich bestelle den kostenlosen Ratgeber zu Vorsorge- und Erbschaftsplanung. Ich möchte meine persönliche Situation mit einer unabhängigen Fachperson in Erbschaftsangelegenheiten besprechen. Ich wünsche einen Besuch von einem Heilsarmee-Offizier, um über Fragen zum Glauben, zum Leben und zum Sterben zu sprechen. Ich habe Sachen, die ich nicht mehr benötige und einer Heilsarmee-Brocki spenden möchte. Vorname, Name Strasse, Nr. PLZ, Ort Telefon und geeignete Zeit, um anzurufen: E-Mail Bitte senden an: Stiftung Heilsarmee Schweiz, Nathalie Schaufelberger, Laupenstrasse 5, 3008 Bern Tel. 031 388 06 39 (06 18), testament@heilsarmee.ch, heilsarmee.ch/testament 23
SO HILFT DIE HEILSARMEE MIT IHRER HILFE. Offene Ohren Alles beginnt mit einer einfühlsamen Person, die sich eines hilfesuchenden Menschen annimmt. Darum empfangen wir Menschen in Not sowohl in unseren 8 Sozialberatungsstellen als auch in unseren 57 HeilsarmeeGemeinden mit offenen Armen und Ohren. Freie Betten Wer den Boden unter den Füssen verloren hat, hat oftmals auch kein Dach mehr über dem Kopf. In insgesamt 7 Wohn- und 5 Übergangs heimen, 4 Alters- und Pflegeheimen und 2 Passantenheimen bieten wir jede Nacht über 1200 Menschen ein Obdach. Zusätzlich führen wir noch 1 Jugend- und 6 Kinderheime. Gedeckte Tische Oft ist das Problem eines hilfesuchenden Menschen ganz profan. Er oder sie hungert nach Essen oder nach ein bisschen Gesellschaft. Darum laden wir gern zu Tisch. Zum Beispiel bei unseren diversen Mittagstischen für Jung und Alt, aber auch bei unseren Weihnachtsfeiern oder den Frauen-Zmorgen. Tröstende Worte Unser Tun ist geprägt durch unsere Beziehung zu Gott. Darum bringen wir die Menschen mit Jesus Christus in Berührung. Nicht zuletzt mit unseren Gottesdiensten, die jeden Sonntag in 57 Heilsarmee-Gemeinden stattfinden. Aber auch unsere psychiatrische Spitex und der Gefängnisdienst sind wertvolle Angebote für Menschen in Not.
LEITBILD DER HEILSARMEE Die Heilsarmee ist eine internationale Bewegung und Teil der weltweiten christlichen Kirche. Ihre Botschaft gründet auf der Bibel. Ihr Dienst ist motiviert von der Liebe Gottes. Ihr Auftrag ist es, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen und menschliche Not ohne Ansehen der Person zu lindern.
Stiftung Heilsarmee Schweiz | Laupenstrasse 5 | Postfach 6575 | 3001 Bern | Telefon 031 388 05 35 Fax 031 382 05 91 | spenden@heilsarmee.ch | heilsarmee.ch | Spendenkonto 30-444222-5