VOM GLÜCK VERLASSEN
«ENDLICH WAR ICH WIEDER ZU ETWAS ZU GEBRAUCHEN »
Betreuer und Bewohner musizieren gemeinsam – in der Heilsarmee Band Groovties.
Lissabon, Bukarest, Stockholm - als Musiker war Eduard K.* auf vielen Bühnen zuhause. Doch der Vorhang fiel unerwartet. Er verlor seine Familie, seine Freunde und all sein Vermögen. Bei der Heilsarmee findet er neuen Lebensmut. «Ich war ständig unterwegs, wohnte in schönen Hotels mit einladenden Swimming-Pools und Bedienungspersonal», schwärmt Eduard K. von seinem Leben als Berufsmusiker. Von all dem Glanz ist jedoch heute wenig übrig. Vor vier Jahren kam er ins Männerwohnheim in Basel. «Ich fuhr mit dem Rollstuhl hier ein. Ich war psychisch am Ende», erinnert sich der 66-Jährige. Die Nachricht eines Unfalls versetzte seinem sorglosen Leben einen starken Dämpfer. «Sie kamen in Särgen zurück», Eduard K.s Stimme wird schwach, «bei einem Autounfall in Italien sind zwei meiner Musikerkollegen aus unserem Quartett tödlich verunfallt.» Damals war der Musikant 58 Jahre alt. Nach diesem Schicksalsschlag habe er einfach keinen Anschluss mehr gefunden, in einer Musikgruppe schon gar nicht. Erfolglos versuchte Eduard K., im Berufsleben wieder Fuss zu fassen. Er war unvermittelbar, wie er sagt: «Ich habe nie etwas anderes gemacht als Musik.» 40 Jahre lang war er in der Tanzmusik-Szene unterwegs. Das war auch für seine Frau nicht immer einfach. Auf sich allein gestellt «30 Jahre war ich mit meiner Frau verheiratet. Wir hatten ein Haus, es war schön, wenn ich zuhause war», erzählt der Musiker wehmütig. Um fürs Alter vorzusorgen, hatte Eduard K. in ein Restaurant investiert. Anfangs lief es gut und der Musiker spielte viele Abende im eigenen Lokal. «Leider haben wir uns auf die falschen Leute verlassen. Der Betrug trieb uns schliesslich in den Ruin.» Die plötzliche Krankheit seiner Frau
habe die Beziehung dann noch zusätzlich belastet. «Wir liessen uns scheiden. Meine Frau wollte endlich etwas zur Ruhe kommen», sagt Eduard K. Traurig senkt er seinen Blick. «Wir haben uns im Frieden getrennt, doch ich vermisse sie sehr.» Auf sich alleine gestellt, konnte Eduard K. sich nur schwer im Alltag zurechtfinden. Nie hatte er gelernt, wie man einen eigenen Haushalt führt. Ohne Arbeit landete er beim Sozialdienst und schliesslich bei der Heilsarmee. Eduard K. ist glücklich, wieder einen geregelten Tagesablauf zu haben. Im Wohnheim findet er sich gut zurecht und merkt, dass man auch auf seine Hilfe gerne zählt. «Ich bin anpassungsfähig. Ich habe hier angefangen, die Tische zu putzen.» Seit vielen Jahren bekam er erstmals wieder
Dank der Heilsarmee wieder im Takt: Eduard K.* hat wieder Musse, um eigene Lieder zu schreiben.
ein Lob für seinen Einsatz. «Bei der Heilsarmee war ich endlich wieder zu etwas zu gebrauchen», so der Musiker dankbar, der fünf Instrumente spielt und auch gerne Lieder schreibt.
«Ich habe sogar ein Lied für die Heilsarmee getextet.» Liedtext lesen unter:
heilsarmee.ch/eduard-k
Musizieren bei der Heilsarmee «Hier hörte man mir endlich aufrichtig zu und erkannte meine Talente.» Seit Eduard K. im Wohnheim für Männer in Basel ein neues Zuhause gefunden hat, musiziert er wieder. An verschiedenen Anlässen des Wohnheims
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* Diese und weitere Geschichten finden Sie unter: heilsarmee.ch/lebensgeschichten
ist er bereits aufgetreten. Dank ihm wurde auch die Heim-Band Groovties ins Leben gerufen. Immer donnerstags wird der Sitzungsraum im fünften Stock zum Probelokal umfunktioniert. Unter dem Dach studieren einige Bewohner zusammen mit Betreuer Robert Trummer auf Gitarre, Keyboard und Bongos neue Stücke ein. «Ich habe sogar ein Lied für die Heilsarmee getextet», berichtet Eduard K. voller Stolz. Mit der Musik hat er seine Lebensfreude zurückgewonnen. Gerne gibt der 66-Jährige sein Musikwissen an andere Bewohner weiter und freut sich, wenn er mit ihnen ihre Lieblingslieder einstudieren kann. Getreu dem Motto «Wenn es anderen gut geht, geht es dir besser», einer Weisheit seines Vaters. wohnen.heilsarmee-basel.ch/wohnen-für-männer Text: Tamara Traxler | Fotos: Martin Heimann
* Zum Schutz der Privatsphäre wurde der Name geändert und eine andere Person abgebildet.
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