Wasser Energie Luft 1/2011

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Versetzte Druckleitung beim Alpbach, einem Seitengewässer der Kander südwestlich von Kandersteg im Dezember 2008.

17. März 2011

· Neubau WKW Alpbach · Hochwasserschäden 2010 · Gewässersanierungen · Integrale Wasserwirtschaft


Universität für Bodenkultur Wien Ausschreibung der Stelle einer Universitätsprofessorin / eines Universitätsprofessors für

Hydrologie und Integrative Wasserwirtschaft (Nachfolge O.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Hans-Peter Nachtnebel) An der Universität für Bodenkultur Wien ist die Stelle einer Universitätsprofessur für Hydrologie und Integrative Wasserwirtschaft gemäß § 98 Universitätsgesetz 2002 in Form eines zeitlich unbefristeten vertraglichen Dienstverhältnisses nachzubesetzen. Die Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind: >oZhebe]_[ _dj[hZ_ip_fb_d h[ <bkii][X_[jiceZ[bb_[hkd] c[iij[Y^d_iY^[ ;h\Wiikd] kdZ fhep[ii^W\j[ 7dWboi[ Z[h 7X\bkiiX_bZkd] ?dj[hWaj_ed[d pm_iY^[d >oZhebe]_[ kdZ zaebe]_[ _dj[]hWj_l[ MWii[hm_hjiY^W\j kdj[h 8[h Yai_Y^j_]kd] m_hjiY^W\jb_Y^[h" sozialer und ökologischer Zielsetzungen ;h\Wiikd] mWii[hX[pe][d[h H_ia[d Das Lehrangebot ist mit den relevanten Curricula an der Universität für 8eZ[dakbjkh M_[d" _diX[iedZ[h[ Z[h Akbjkhj[Y^d_a kdZ MWii[hm_hjiY^W\j" abzustimmen. Die Ausschreibungsunterlagen sind unter folgendem Link zum Download verfügbar: www.boku.ac.at/professuren-ausschreibungen.html Ihr Bewerbungsschreiben richten Sie bitte in 6-facher Ausfertigung bis spätestens 30. April 2011 :Wjkc Z[i Feijij[cf[bi Wd Z[d H[ajeh Z[h Kd_l[hi_j j \ h 8eZ[dakbjkh M_[d" 7#''/& M_[d" F[j[h#@ehZWd#IjhW [ -&$ :_[ Kd_l[hi_j j \ h 8eZ[dakbjkh M_[d ijh[Xj [_d[ ;h^ ^kd] Z[i Frauenanteils in ihrem Personalstand an und lädt daher facheinschlägig qualifizierte Wissenschafterinnen ausdrücklich zur Bewerbung ein. Bei gleiY^[h GkWb_\_aWj_ed m[hZ[d <hWk[d lehhWd]_] Wk\][decc[d" ie\[hd d_Y^j _d der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. :[h H[ajeh Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.nat.techn. Martin H. Gerzabek

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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


Editorial Ein Generationenprojekt

Als Antwort auf die von den eidgenössischen Räten

Roger Pfammatter Geschäftsführer SWV, Directeur ASAE

deutlich abgelehnte Volksinitiative «Lebendiges Wasser» ist seit dem 1. Januar 2011 das revidierte Gewässerschutzgesetz gemäss Gegenvorschlag in Kraft. In den nächsten 20 Jahren sollen rund 4000 km verbaute Gewässer revitalisiert werden und wesentliche Beeinträchtigungen durch die Wasserkraftnutzung behoben werden. Finanziert werden die Revitalisierungsmassnahmen von den Steuerzahlern und die Sanierungen im Bereich der Wasserkraft von den Stromkonsumenten. Der SWV trägt diesen Kompromiss mit und unterstützt die zielgerichtete Umsetzung. Die Gesetzesrevision hat emsiges Treiben ausgelöst. Erste Veranstaltungen zum Thema wurden durchgeführt (vgl. unseren Rückblick auf zwei Tagungen im Nachrichtenteil ab Seite 65) und viele weitere dürften in den nächsten Monaten folgen. Gefordert ist aktuell aber vor allem die Bundesverwaltung, da sie die Ausführungsbestimmungen auszuarbeiten hat. Angesichts der Tragweite des Vorhabens sind Schnellschüsse zu vermeiden. Je besser die Bestimmungen von den Beteiligten getragen sind, umso besser wird die gemeinsame Umsetzung vorankommen. Dazu gehören auch massvolle und

breit anerkannte Kriterien für die im Gesetz geforderte Beurteilung der Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung. Der Anhörungsentwurf zur Verordnung hat die Erwartungen diesbezüglich leider nicht erfüllt. Es bleibt zu hoffen, dass die vom Bundesrat in Kraft zu setzende Fassung breiter abgestützt und inhaltlich nachgebessert ist. Für die Umsetzung des Vorhabens sind aber alle Beteiligten stark gefordert. Neben den Inhabern der Wasserkraftanlagen sind das allen voran die Kantone. Sie sind zuständig für die Analyse der Defizite, die Abstimmung und Priorisierung der Sanierungsplanungen sowie für die Genehmigungsverfahren. Angesichts des sehr ehrgeizigen Zeitplans dürften die Kantonsbehörden an die Grenzen ihrer Ressourcen – und darüber hinaus – kommen. Die Konzentration auf das Wesentliche ist auch deshalb unabdingbar. Es ist ein ambitiöses Projekt, das sich die Schweiz gegeben hat. Soll damit kein Schiffbruch erlitten werden, sind die angestrebten Sanierungen als Generationenprojekt zu verstehen – und entsprechend zu planen und umzusetzen: gemeinsam, mit Umsicht und Sorgfalt!

Un projet de générations

En réponse à l’initiative populaire «Eaux vivantes» clairement rejetée par les chambres fédérales, la loi révisée sur la protection des eaux est entrée en vigueur le 1er janvier 2011 conformément à la contreproposition. Au cours des 20 prochaines années on revitalisera ainsi quelque 4000 km cours d’eau endigués et éliminera les atteintes essentielles dues à la force hydraulique. Les mesures de revitalisation seront financées par les contribuables et les assainissements au niveau de la force hydraulique le seront par les consommateurs d’électricité. L’ASEA appuie ce compromis et soutient la réalisation des objectifs fixés. La révision de la loi a déclenché un va-etvient permanent. Les premières manifestations sur ce thème ont été organisées (voir notre rétrospective sur deux congrès dans les informations à partir de la page 65) et beaucoup d’autres devraient suivre ces prochains mois. Actuellement c’est l’administration fédérale qui est particulièrement sollicitée, car c’est elle qui doit élaborer les modalités d’exécution. Face à l’ampleur du projet on évitera des actions précipitées. Plus les intervenants soutiennent les dispositions, plus la concrétisation collective avancera. En font

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partie des critères modérés et largement reconnus permettant une appréciation de l’importance d’un préjudice. Le projet de consultation de l’ordonnance n’a malheureusement pas satisfait les attentes à ce sujet. Il reste à souhaiter que la version prévue à être mise en vigueur par le conseil fédéral soit plus largement soutenue et son contenu amélioré. Mais pour la mise en œuvre du projet tous les intervenants sont fortement sollicités. Mis à part les propriétaires des aménagements hydrauliques ce sont tout d’abord les cantons. Il sont compétents pour l’analyse des déficits, l’harmonisation et la priorisation des plans d’assainissements ainsi que pour les procédures d’autorisation. Au vu de ce calendrier très ambitieux, les autorités cantonales devraient arriver aux limites – et au-delà – de leurs ressources. La concentration sur l’essentiel est aussi pour cette raison absolument indispensable. C’est un projet ambitieux que la Suisse s’est donné. Pour éviter tout échec, les assainissements visés doivent se comprendre comme un projet de générations à planifier et à réaliser de manière conséquente: en commun, avec circonspection et application!

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Inhalt

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Unwetterschäden in der Schweiz im Jahre 2010 Nadine Hilker, Alexandre Badoux, Christoph Hegg

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Historische Hochwasser: Weshalb der Blick zurück ein Fortschritt bei Hochwasserabschätzungen ist Simon Scherrer, Roger Frauchiger, Daniel Näf, Gabriel Schelble

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Hochwasserschutzprojekt Mareiter Bach, Südtirol – Sicherheit, Aufwertung, Erholungsraum Jürg Elsener Metz, Richard Angst, Andreas Erni, Hansjörg Jocher, Martin Vallazza, Alpaslan Yörük

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Schwall/Sunk: Optimales Ablussregime für Wasserkraftwerke Karl Werlen

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Restwassersanierung der genutzten Gewässer im Oberhasli Steffen Schweizer, Heiko Zeh Weissmann

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Neubau Kleinwasserkraftwerk Alpbach in Kandersteg Thomas Richli

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Fliessgewässerrevitalisierungen – Das grosse Potenzial kleiner Bäche Christiane Rau, Armin Peter

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Inhalt

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Monitorage de la turbidité des cours d’eau Suisse Alessandro Grasso, Dominique Bérod, Daniel Hefti, Adrian Jakob

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Integrale Wasserwirtschaft umsetzen – aber wie? Diskussion möglicher Ansätze Andreas Zysset, Stefan Rieder, Hugo Aschwanden

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Erweiterung des Windparks auf dem Mont-Crosin Kurt Mägli, Petra Cupelin

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RAMS- Konzepte im Design von Abschlussorganen Thomas Reber, Ueli Singer, Jürg Meier

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Nachrichten

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Politik Wasserkreislauf/Wasserwirtschaft Wasserkraftnutzung Gewässerschutz Energiewirtschaft Klima Rückblick Veranstaltungen Agenda Veranstaltung ICOLD Annual-Meeting 2011 Literatur Industriemitteilungen

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Was dem Deich seine Schafe...

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Branchen-Adressen

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Impressum

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Unwetterschäden in der Schweiz im Jahre 2010 Nadine Hilker, Alexandre Badoux, Christoph Hegg

Zusammenfassung Für das Jahr 2010 wurden Unwetterschäden von rund 63 Mio. CHF verzeichnet. Nach dem schadenreichen Unwetterjahr 2007 ist dies das dritte Jahr in Folge mit einer unterdurchschnittlichen Schadenssumme. Der teuerungsbereinigte Mittelwert der Jahre 1972 bis 2009 beträgt rund 350 Mio. CHF. Glücklicherweise wurden 2010 keine Menschen durch Hochwasser, Murgänge, Rutschungen oder Sturzprozesse getötet. Am 6. Juni führten Gewitter zu mehr als 25 Mio. CHF Schadenskosten und somit zum schadenreichsten Ereignis des Jahres. Betroffen war vor allem der Kanton Bern, wo es zu Überschwemmungen und Erdrutschen im Aaretal kam. Auch die Gewitter vom 10. Juli zogen primär den Kanton Bern in Mitleidenschaft. Im Raum Saanen- und Simmental kam es zu überfluteten Kellern und Strassen. Wegen heftiger Niederschläge am 12. Juli uferten hauptsächlich in Muotathal SZ sowie Flums SG Bäche aus. Lang anhaltende Regenfälle führten am 6. August zu bedeutenden Schäden im Glarner Unterland. In Ziegelbrücke stürzte wegen Unterspülung sogar eine Gebäudefassade teilweise ein. Am 23. Juli und 12. August kam es im Spreitgraben in Guttannen BE zu massiven Murgängen. Erwartungsgemäss entstanden die meisten Schäden, nämlich mehr als 97%, in den Sommermonaten Juni bis August.

1. Einleitung Die Forschungseinheit Gebirgshydrologie und Wildbäche der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL sammelt seit 1972 systematisch Informationen über Unwetterschäden (Hilker et al., 2009). Die Erhebungen basieren hauptsächlich auf Meldungen von rund 3000 Schweizer Zeitungen und Zeitschriften. Die Unwet-

Bild 1. Ort und Ausmass der Unwetterschäden 2010 (Kartengrundlage: BFS GEOSTAT/ Bundesamt für Landestopographie). terschadensdatenbank enthält Angaben zu Schäden durch auf natürliche Weise ausgelöste Hochwasser, Murgänge und Rutschungen. Seit 2002 werden auch durch Steinschlag und Felssturz verursachte Schäden systematisch erfasst. Aufgrund der geringen Schadenssumme im Jahr 2010 wurde der vorliegende Bericht entsprechend kurz gehalten und so sind im chronologischen Jahresrückblick (Abschnitt 3) nur die schadenreichsten Unwetterereignisse (jeweils ohne Angabe der Schadenskosten) aufgeführt. 2.

Erfassung und Auswertung von Unwetterschadensdaten

2.1 Schadenskosten Die jährliche Schadenssumme gibt die Grössenordnung der unmittelbaren Sachschäden und Interventionskosten an. Falls entsprechende Angaben in den Medien oder anderen Quellen fehlen, werden zur Schadensabschätzung Erfahrungswerte von Versicherungen, Krisenstäben und (halb-) amtlichen Stellen von Gemeinden,

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Kantonen und vom Bund herbeigezogen. In den gesamten Schadenskosten werden sowohl versicherte Sach- und Personenschäden (Gebäude- und Privatversicherungen) als auch nicht versicherte und nicht versicherbare Schäden berücksichtigt. Nicht inbegriffen sind indirekte Schäden, spätere Sanierungsmassnahmen und ideelle Schäden (z.B. irreparable Schäden an Natur und Umwelt). Schäden als Folge von Lawinen, Schneedruck, Erdbeben, Blitzschlag, Hagel und Sturmwind werden in den Auswertungen nicht berücksichtigt. Im Jahr 2010 wurden Unwetterschäden von rund 63 Mio. CHF verzeichnet. Obwohl dies mehr als doppelt so viele Schäden wie 2009 sind, (Hilker et al., 2010) kann das vergangene Jahr als ziemlich schadenarm bezeichnet werden. Denn das teuerungsbereinigte, langjährige Mittel (1972–2009) beträgt etwa 350 Mio. CHF und der entsprechende Median rund 90 Mio. CHF. Ähnlich hohe Schäden wie 2010 wurden für die Jahre 1974 und 1982 registriert (Hilker et al., 2009). 1


2.2

Räumliche Verteilung und Ausmass der Schäden Wirkt sich ein Unwetterereignis («Grossereignis») auf mehrere Gemeinden aus, wird pro Gemeinde ein Datensatz («Ereignis») erstellt und ein entsprechender Punkt in eine Karte eingetragen. Der Punkt hält dabei den Ort des grössten bzw. des am besten lokalisierbaren Schadens fest. In Bild 1 sind die Schadensorte und -ausmasse gemäss der in Tabelle 1 beschriebenen Kategorien dargestellt. Die räumliche Verteilung der Schäden 2010 (Bild 1) zeigt ein ähnliches Bild wie im Jahr zuvor. Der Kanton Bern sowie die nördlichen Voralpen wurden 2010 öfter und stärker von Ereignissen heimgesucht als andere Teile der Schweiz. Fast zwei Drittel aller Schadenskosten verzeichnete dabei der Kanton Bern. Im langjährigen Mittel (1972–2009) der Unwetterschäden pro Einwohner oder pro Fläche liegt Bern im interkantonalen Vergleich auf Rang acht bzw. sieben (unter anderem hinter Uri, Ob- und Nidwalden). Mehr als die Hälfte der Gesamtschadenssumme von rund 63 Mio. CHF fiel in den zehn am stärksten betroffenen Gemeinden (z.B. Saanen BE, Muotathal SZ, Rüschegg BE, Guttannen BE und Flums SG) an. Positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass es 2010 zu keinem Todesfall durch Unwetter kam. 2.3 Ursachen der Schäden Die Prozess und Schaden auslösenden Ursachen werden entsprechend der jeweils vorgeherrschten Witterungsverhält-

nisse in vier Gruppen aufgeteilt (Bild 2): Gewitter und intensive Regen: Im Jahr 2010 verursachten Gewitter knapp 78% der Gesamtschadenskosten. Auch in den Vorjahren (2008 und 2009) waren solche intensiven Regenfälle die Hauptursache der Schäden – ganz im Gegensatz zu den schadenreichen Jahren 1999, 2005 und 2007, als vor allem Dauerregen zu grossflächigen Überschwemmungen und Rutschprozessen führten. Dauerregen: Lang andauernde, ausgiebige Niederschläge führten zu rund 22% der Gesamtschadenssumme. Im Monat August machten sie fast 100% aus. Schneeschmelze: 2010 spielte die Schneeschmelze nur eine untergeordnete Rolle als Schadensursache. Unbekannte oder andere Ursachen: Bei weniger als 1% der Schadenskosten war die Ursache unklar oder nicht auf die oben erwähnten Auslöser zurückzuführen. 2.4 Schadensprozesse Aufgrund der grossen Vielfalt der im Naturgefahrenbereich möglichen Prozesse sind die Grenzen zwischen den folgenden drei Kategorien fliessend (Bild 3). Hochwasser/Murgänge: Diese Gruppe umfasst Schäden, die im weitesten Sinne durch stehendes oder fliessendes Wasser, mit oder ohne Geschiebe und Schwemmholz, verursacht wurden. Dazu zählen Hochwasser und Murgänge (je nach Region auch Muren oder Rüfen

genannt) mit ihren möglichen Auswirkungen in Form von Überschwemmungen, Übersarungen und Übermurungen. Im Jahr 2010 wurden rund 96% der Gesamtschadenssumme durch solche Prozesse verursacht. Betreffend Murgänge waren die Ereignisse im Spreitgraben (Guttannen BE) vom 23. Juli und 12. August am folgenschwersten. Rutschungen: Vorwiegend durch Lockermaterial verursachte Schäden, wobei sämtliche Arten von Rutschungsund Hangmurenprozessen ausserhalb des unmittelbaren Gewässerbereiches dazugehören. 2010 führten Hangprozesse nur zu knapp 4% der Gesamtkosten. Die meisten Schäden entstanden dabei im Kanton Bern – vornehmlich am 6. Juni in Rüeggisberg. Sturzprozesse: Dieser Kategorie werden Schäden zugeordnet, die durch Steinschlag, Fels- und Bergsturz entstanden sind. Sturzprozesse verursachten im Jahr 2010 weniger als 1% der Schadenskosten. 2.5

Jahreszeitliche Verteilung der Schäden Mit knapp 43% der Gesamtschadenssumme war der Juni der schadenreichste Monat (Bild 4). Dabei wurden rund 25 Mio. CHF Schadenskosten – also alleine schon 40% – durch Gewitter am 6. Juni über dem Kanton Bern verursacht. Im Juli dominierten die Ereignisse vom 10. und 12., als es jeweils zu Schäden von fast 10 Mio. CHF kam. In den Sommermonaten Juni bis August wurden mehr als 97% der Gesamtschadenssumme registriert. In den übrigen Monaten blieben die Schäden jeweils unter 1 Mio. CHF. Im Juni und Juli waren Gewitter die Hauptursache der Schadensprozesse, im August waren es anhaltende Niederschläge.

Tabelle 1. Ereigniskategorien und deren geschätzte Schadenskosten pro Gemeinde.

Bild 2. Anteile der verschiedenen Schadensursachen an den Gesamtkosten des Jahres 2010. 2

Bild 3. Anteile der verschiedenen Schadensprozesse an den Gesamtkosten des Jahres 2010. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


3.

Chronologischer Jahresrückblick Im Vergleich zum langjährigen Mittel 1961– 1990 war das Jahr 2010 nur geringfügig wärmer (+0.3 °C) (MeteoSchweiz, 2011). Während die Monate April, Juni und Juli grössere Überschüsse aufwiesen, waren Januar und Dezember deutlich zu kalt. Im Westen und im Wallis fiel weniger Niederschlag als normal. Überdurchschnittliche Regenmengen fielen auf der Alpensüdseite, in der Surselva und von der Innerschweiz bis zur Nordostschweiz. Heftige Sommergewitter prägten das Wetter in den Voralpen. Die erste Jahreshälfte war abgesehen vom Mai überwiegend regenarm. In der zweiten Jahreshälfte wurden regional sehr unterschiedliche Niederschlagssummen registriert. Der August war jedoch mehrheitlich regenreich, der Oktober hingegen eher trocken. 3.1 Januar Der Januar war von Kälte und Trockenheit geprägt, was dazu führte, dass keine Unwetterschäden verzeichnet wurden. 3.2 Februar Auch der Februar war in den meisten Gebieten kälter und trockener als normal. Dennoch ereignete sich am 19. nach Regenfällen und Tauwetter ein Felssturz in Cugnasco TI, wobei ein Gesteinsblock auf einer Terrasse zu liegen kam. 3.3 März Wohl nicht zuletzt deshalb, weil es im März in weiten Teilen der Schweiz ein Nieder-

Bild 4. Zeitliche Verteilung der Schadenskosten und -prozesse im Jahr 2010.

schlagsdefizit gab, wurden keine nennenswerten Schäden verzeichnet. 3.4 April Trotz einiger Niederschläge vorwiegend zu Beginn des Monats, blieb die Schweiz im April von Unwetterschäden verschont. 3.5 Mai Der Mai war vor allem in den inneren Alpen und im Süden nass. Während der ersten Monatshälfte fiel sogar fast täglich Regen. Am 11. kam es dadurch in Littau LU zu überschwemmten Kellern und Wohnungen. Am Tag darauf führten Gewitterregen unter anderem zu Gebäudeschäden in Hindelbank BE. 3.6 Juni Obwohl im Juni in weiten Landesteilen kleinere Regensummen als normal registriert wurden, kam es zu einigen schadenverursachenden Unwettern. Besonders im Aaretal BE gingen am 6. örtlich schwere Gewitter nieder. Schäden wurden primär aus den Gemeinden Rüschegg, Toffen, Riggisberg, Rüeggisberg, Herzogenbuchsee, Seeberg, Wahlern, Münsingen, Rümligen und Kaufdorf gemeldet. Die Gebäudeversicherung Bern ging kurz nach dem Ereignis von rund 2000 betroffenen Gebäuden aus. In Rüeggisberg riss ein Erdrutsch einen Teil des Schulhauses Helgisried weg, so dass Schlamm eindringen konnte. Die Bewohner der Wohnungen im oberen Stock und der umliegenden Häuser wurden evakuiert, da das Haus einsturzgefährdet war. Ausserdem verwandelte sich der Helgisrieder Dorfbach in einen reissenden Fluss und überflutete die Strassen. Anwohner wurden auch hier evakuiert. In Rüschegg entstanden grosse Schäden an Gebäuden, Schutzbauten und Strassen – unter anderem entlang des Heu- und des Gambaches sowie deren Zuflüsse. Eine Brücke wurde mitgerissen und Erdrutsche verwüsteten Kulturland. In Münsingen standen 60 Garagen, Einstellhallen und Keller unter Wasser. Das Schwarzwasser riss die Brücke in der Steiglenau (an der Grenze der Gemeinden Wahlern und Rüeggisberg) weg. Am Südufer des Bielersees trieb viel Schwemmholz, das von der Sense und der Saane via Aare hinein geschwemmt worden war. Im Kanton Solothurn war primär Horriwil, im Kanton Schwyz Arth und im Kanton Freiburg vor allem Plaffeien betroffen. Im Süden hielten fast tägliche Regenfälle ab dem 8. an. Im Mittelland kam es vom 17. bis 19. zu ergiebigen Niederschlägen. So hatten Feuerwehren des

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Kantons Zürich am 17. rund 80 Einsätze wegen Wassereinbrüchen in Tiefgaragen und Kellern zu leisten – vor allem in Eglisau und Bülach. Im Kanton Jura wurde Courfaivre, wo das Quartier rund um den Bahnhof überflutet war, am meisten in Mitleidenschaft gezogen. Auch die Gemeinden Courtételle, Rossemaison, Châtillon und Courrendlin waren betroffen. Bei der Kantonspolizei Aargau gingen rund 40 Meldungen wegen überfluteter Keller und Strassen ein. In Eggenwil ging der Pflanzenbach über die Ufer, unterspülte die Kantonsstrasse und beschädigte einen Autogaragenbetrieb. Am 19. führte starker Regenfall zu überschwemmten Kellern in den St. Galler Gemeinden Goldach, Steinach und Wittenbach. Ausserdem rutschte ein Hang in Niederbüren mitsamt einem Weg ab. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden kam es ebenfalls zu Rutschungen in Walzenhausen und Speicherschwendi sowie zu überschwemmten Kellern in Heiden und Teufen. Bei einem Bauernhof in der Gemeinde Trub BE ging ein Murgang auf eine Scheune nieder. Im letzten Monatsdrittel folgte schliesslich hochsommerliches Wetter. Gewitter führten am 29. in Wolhusen LU hauptsächlich im Bahnhofsgebiet zu Überschwemmungen. Autos standen im Wasser und in der Umgebung des Krankenhauses mussten viele Garagen und Keller ausgepumpt werden. 3.7 Juli Der Juli war im Wallis, am Alpennordhang und im Nordosten regenreich. Im Westen und im Süden gab es hingegen teils markante Niederschlagsdefizite. Hochsommerliches Wetter in der ersten Monatshälfte brachte heftige Gewitter mit sich – besonders am 10. und 12. Bereits am 2. löste ein Gewitter im Gemeindegebiet von Spiringen UR Murgänge aus, die die Klausenpassstrasse verschütteten. Geröll- und Schlammmassen blockierten am 3. in Pontresina GR die Berninapassstrasse sowie die Geleise der Berninabahn an mehreren Stellen. Auch über Reiden LU entlud sich an diesem Tag ein heftiges Gewitter, weshalb Strassen und Keller von Wasser und Schlamm befreit werden mussten. Regenschauer verursachten am 4. in Charmey FR Bachausuferungen und einige grosse Erdrutsche, die Strassen verschütteten und Weideland beschädigten. Im Kanton Bern kam es zu Wassereinbrüchen im Berner Oberland, Jura, Emmental und Oberaargau. Ein grossflächiges Gewitter richtete am 10. hauptsächlich im Raum Saanen3


und Simmental BE grosse Schäden an. Der Chalberhönibach uferte in Saanen aus. Keller, Betriebe und Strassen wurden übersart. In einer Schreinerei kam ein 3 t schwerer Findling zu liegen. Teilweise standen Wasser und Schlamm in den Gebäuden fast 1 m hoch. Ein Auto wurde von den Wassermassen mitgerissen. Die Chalberhönistrasse wurde stellenweise zerstört (Bild 5). Im Gebiet ereigneten sich auch Erdrutsche. Des Weiteren standen in den Kantonen Schwyz (Arth, Küssnacht am Rigi), Luzern (Kriens, Luzern) und St. Gallen (Sarganserland, Werdenberg) Keller unter Wasser. Bereits am 11. wütete bei Oberschan (Gemeinde Wartau SG) das nächste Unwetter. Mül- und Sevelerbach füllten Geschiebesammler und Bachsperren. Liegenschaften und Strassen wurden überschwemmt. Am 12. zogen heftige Gewitter die Kantone Schwyz und St. Gallen am stärksten in Mitleidenschaft. Schwere Schäden gab es vor allem in der Gemeinde Muotathal SZ, wo innert kürzester Zeit viele Strassen von Bächen überschwemmt wurden. Im Gebiet Tristel kam es auch zu Flur- und Gebäudeschäden wegen des Mettlenbaches. Dieser transportierte viel Geröll und Holz mit sich und überführte die Kantonsstrasse zwischen Schwyz und Muotathal. Die Starzlen schwemmte sogar 30 m der Bisisthalerstrasse weg. Beim Zusammenfluss von Starzlen und Teufbach wurden verschiedene Leitungen durchtrennt. Des Weiteren standen im Kanton auch die Feuerwehren von Schwyz, Illgau,

Morschach und Ingenbohl im Einsatz. Im Kanton St. Gallen waren Flums, und wie zwei Tage zuvor das Sarganserland sowie Werdenberg betroffen. In Flums mussten 45 Personen per Helikopter aus dem Schilstal geflogen werden. Die Schils trat über die Ufer und veränderte ihr Bett komplett (Bild 6). Sie riss sechs Brücken mit sich und zerstörte mit ihren Schuttmassen ganze Strassenabschnitte sowie einige parkierte Autos. Zwei Personen wurden von einer Schlammlawine mitgerissen, konnten aber gerettet werden. Auch Fans- und Röllbach haben Strassen und Brücken stark in Mitleidenschaft gezogen. Im Dorf Flums (Bild 7) wurden Brücken unterspült, Keller überschwemmt und Telefonleitungen beschädigt. Im Kanton Graubünden verzeichnete Chur mit zahlreichen Wassereinbrüchen in Kellern die meisten Schäden. Erdrutsche gingen auf die Strasse entlang des Klöntalersees in Glarus GL nieder. 24 Personen, die dazwischen eingeschlossen waren, mussten per Boot und Helikopter evakuiert werden. Ein sehr lokales Gewitter erfolgte am 17. im Reichenbachtal BE. Der Eyeltigraben (Gemeinde Schattenhalb) führte viel Geschiebe mit sich und zerstörte kurz vor der Mündung in den Reichenbach eine Wanderweg- und eine Strassenbrücke. Ab dem 22. war der Rest des Monats in der Deutschschweiz von Gewittern und kräftigen Regengüssen geprägt. Am 22. betrafen diese die Kantone Luzern, Schwyz, Zug und St. Gallen. In der Stadt Luzern war die Feuerwehr an 21 Standorten wegen Wassers in Kellern und Lift-

Bild 5. In Saanen BE wurde am 10. Juli ein Strassenabschnitt durch den Chalberhönibach von den Wassermassen zerstört (Luzia Kunz, Thuner Tagblatt). 4

schächten im Einsatz. In Kriens LU wurden unter anderem ein Kindergarten und das Militärmuseum überschwemmt. Oberflächenwasser drang in Schüpfheim LU in Keller von Betrieben und Wohnhäusern. Die Feuerwehren Lachen, Altendorf und Arth SZ wurden zu 24 bzw. 17 und 10 Einsätzen wegen überfluteter Keller und Garagen aufgeboten. In Einsiedeln SZ musste ausserdem ein ausgeuferter Bach wieder in sein Bett geleitet werden. Diverse Gebäude und Strassen wurden in den Zuger Gemeinden Zug, Menzingen, Risch und Baar überflutet. Seit den Sturzaktivitäten am Ritzlihorn im Jahr 2009 wurden im Spreitgraben in Guttannen BE vermehrt Murgänge beobachtet – so auch am 23. nach starken Regenfällen, wobei mehrere Schutzbauten sowie die Galerie der Grimselpassstrasse beschädigt wurden. Das installierte Alarmsystem (Verkehrsampel schaltet automatisch auf Rot) funktionierte gut. Ein schwerwiegenderes Murgangereignis erfolgte im August (siehe unten). Am 23. Juli liessen heftige Niederschläge auch die Schils in Flums SG zum wiederholten Mal anschwellen, wodurch eine mittlerweile errichtete Notbrücke mitgerissen wurde. Wegen andauernder Regenfälle standen am 29. im Kanton Luzern rund 20 Feuerwehren im Einsatz. Besonders betroffen war das Luzerner Hinterland, das Rottal, das Wiggertal und das Seetal. In Ebersecken LU überflutete beispielsweise der Goldbach die Kantonsstrasse sowie mehrere Keller und Geschäftsräume. Im Kanton Bern kam es ebenfalls zu überschwemmten Liegenschaften und Strassen – vor allem in den Regionen Oberaargau, Emmental und Aaretal. In Melchnau BE überflutete der Dorfbach das Dorfzentrum. In der Gemeinde Einsiedeln SZ mussten mehrere Keller ausgepumpt und der Verkehr teilweise umgeleitet werden. Anhaltende Niederschläge Ende des Monats liessen den Lauerzersee anschwellen, so dass dieser am 30. über die Ufer trat und in Lauerz SZ und Seewen (Gemeinde Schwyz) Häuser überschwemmte. 3.8 August Im August wurden in den meisten Landesteilen deutliche Regenüberschüsse verzeichnet. Zahlreiche Störungseinbrüche brachten wiederholt ergiebige Niederschläge – besonders am 5./6. im Süden und Osten sowie vom 11. bis 16. auf der Alpensüdseite, in der Nordwestschweiz, im Raum Bern und im Napfgebiet. Am Alpennordhang kam es aber bereits am 1. zu Gewitterregen. Im Kanton Schwyz ver-

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Bild 6. Die Schils übersarte am 12. Juli Strassen und Wiesland in der Gemeinde Flums SG (Gemeindeverwaltung Flums/Radio FM1). ursachten diese vielerorts Überschwemmungen – vor allem in Einsiedeln. Dort bzw. im Ruostel verliess ein Bach sein Bett und verschüttete die Kantonsstrasse mit Schlamm und Geröll. In der Gemeinde kam es zudem zu Wassereinbrüchen in Keller und Garagen. Auch im Kanton St. Gallen gingen 40 Notrufe – primär aus Gemeinden rund um die Stadt St. Gallen – bei der Kantonspolizei ein. Neben Sturmschäden kam es zwischen Bern und Burgdorf BE vereinzelt auch zu überfluteten Kellern. Der Dauerregen vom 5./6. zog das Glarner Unterland am stärksten in Mitleidenschaft. Zivilschutz, Gemeindeführungsstab und Feuerwehren standen im Einsatz, als Bäche über die Ufer traten und von Näfels bis Bilten Keller überflutet wurden. Die Rauti unterspülte die Fundamente einer alten Spinnerei in Ziegelbrücke (Gemeinde Niederurnen), so dass die Fassade teilweise einstürzte (Bild 8). Die Strasse ins Niederurner Tal wurde an mehreren Stellen von Erdrutschen überführt. Gleich mehrere Quartiere wurden in Oberurnen überschwemmt. In Bilten standen Wiesen, die A3-Baustelle, die Kantonsstrasse und das Industriequartier unter Wasser. In der Linthebene auf St. Galler Kantonsgebiet sowie in Altdorf UR kam es ebenfalls zu überfluteten Gebäuden. Nach dem Ereignis vom 23. Juli erfolgten am 12. August aufgrund intensiver Niederschläge im Spreitgraben (Guttannen BE) erneut zwei Murschübe, wobei einer davon grösser war als jener am 23. Juli. Eine Betonbachsperre wurde zerstört und die Lawinengalerie der Kantonsstrasse wurde vor allem durch einen grossen Felsbrocken beschädigt. Starke Erosion veränderte das Bachbett deutlich und führte dazu, dass die internationale

Bild 7. Die Schils uferte am 12. Juli auch im Dorf Flums SG aus (Samuel Schmid, Radio FM1).

Erdgasleitung freigelegt und in der Folge ausser Betrieb genommen wurde. Mehr als 150 000 m3 Gesteins- und Erdmassen wurden in die Aare gespült. Weiter unten bei Innertkirchen BE verlandete dieselbe. Starke Regenfälle am 14./15. sorgten für mehr als 200 Schadensmeldungen bei der Kantonspolizei Bern, insbesondere aus den Regionen Bern, Mittelland, Oberaargau und Emmental. Das Zentrum von Kleindietwil wurde von der Langete überschwemmt. Etliche Keller, Betriebe und Landwirtschaftsland standen dabei unter Wasser. In Stettlen trat der Dorfbach über die Ufer. Geleise beim Bahnhof und die Ebene im Worblental wurden überschwemmt. Der Rotbach und die Wissachen überfluteten bei ihrem Zusammenfluss in Huttwil eine Sägerei. In den Gemeinden Rüdtligen-Alchenflüh und Kirchberg leistete die Feuerwehr insgesamt 28 Einsätze. In Bollodingen und Oberönz uferte die Önz aus und es kam zu Gebäudeschäden. Im Kanton Tessin kam es ebenfalls zu Schäden. Unter anderem rutschten Erdmassen von Hängen am Monte Generoso auf die A2 in Capolago, auf die Kantonsstrasse in Melano sowie auf die Geleise der Zahnradbahn auf dem Gemeindegebiet von Mendrisio. Aufgrund starker Regenfälle am 27./28. trat der Talbach in Hirschthal AG über die Ufer und richtete in einer Mehrzweckanlage grösseren Schaden an. Auch die Feuerwehr Zug musste mehrere Keller und Liftschächte auspumpen. 3.9 September Während es im September im Westen weniger Niederschlag gab als normal, resultierten am Alpennordhang und in Teilen des Tessins und Graubündens Überschüsse.

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Bild 8. In Ziegelbrücke GL unterspülte die Rauti am 6. August eine alte Spinnerei (Kantonspolizei Glarus). Ein heftiges Gewitter ging am 8. über das Mendrisiotto TI nieder. Die Feuerwehren erhielten Dutzende von Anrufen wegen überschwemmter Keller, Garagen und Lagerhallen in den Gemeinden Vacallo, Morbio Inferiore, Mendrisio, Ligornetto, Chiasso und Balerna. Vom 24. bis 26. fiel in den zentralen und östlichen Alpen sowie in den Voralpen und im östlichen Mittelland viel Niederschlag. Im Kanton Thurgau kam es deshalb am 25. zu 30 Schadensmeldungen bei der Kantonspolizei (hauptsächlich aus den Gemeinden Arbon, Egnach und Romanshorn). 5


3.10 Oktober Der Oktober war mehrheitlich leicht kälter und niederschlagsärmer als im Mittel der Jahre 1961–1990. So ereigneten sich auch keine nennenswerten Schadensprozesse. 3.11 November Obwohl im November mehrheitlich mehr Regen als normal fiel, wurden keine Überschwemmungen registriert. Am 18. kam es jedoch zu einem Felssturz auf die Hauptstrasse zwischen Gersau und Brunnen SZ. Ein Autofahrer prallte in einen Stein, blieb dabei aber unverletzt. Zudem wurde eine Starkstromleitung beschädigt. 3.12 Dezember Der Dezember war im Flachland ungewöhnlich schneereich und in höheren Lagen ausgesprochen kalt. Nach dem Wintereinbruch Anfang Monat sorgte jedoch ein Warmluftvorstoss ab dem 5. für Tauwetter. Der Wetterwechsel führte am 6. im Kanton Freiburg zu Feuerwehreinsätzen wegen Überschwemmungen in Häusern und auf Strassen. In der Nacht auf den 7. zog eine Hangmure ein Chalet in Champéry VS stark in Mitleidenschaft,

wobei niemand verletzt wurde. Am Tag darauf gingen bei der Kantonspolizei Bern 40 Meldungen ein – hauptsächlich aus Münchenbuchsee, dem Gürbetal und der Region Lyss. In Lyss trat der Lyssbach über die Ufer und überschwemmte mehrere Keller und Unterführungen.

möchten wir uns bei Käthi Liechti (WSL) für die wertvollen Kommentare zum Manuskript bedanken. Literatur Hilker, N., Badoux, A., Hegg, C. (2009): The Swiss flood and landslide damage database 1972–2007. Nat. Hazards Earth Syst. Sci. 9:

4.

Artfremde Schäden: Hagelgewitter Die Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft (2010) verzeichnete im Jahr 2010 knapp 4300 Schadensfälle – fast viermal weniger als 2009. Landesweite Hagelzüge blieben aus. Es hagelte und stürmte vorwiegend lokal – besonders am 12. Juli. Neben den oben erwähnten Hochwasserschäden führte dieses Ereignis zu mehr als 500 Meldungen bei der Schweizer Hagel. Der Juli resultierte bei der Versicherung als schadenreichster Monat des Jahres 2010. Der Kanton Bern war auch in Bezug auf Hagel- und Sturmschäden am stärksten betroffen.

913–925. Hilker, N., Badoux, A., Hegg, C. (2010): Unwetterschäden in der Schweiz im Jahre 2009. «Wasser Energie Luft», 102. Jg., Heft 1: 1–6. MeteoSchweiz (2011): Witterungsbericht Jahr 2010. Zürich. Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft (2010): Hagel Info – Die Zeitschrift der Schweizerischen Hagel-Versicherungs-Gesellschaft, 4/2010, 12 S.

Adressen der Verfasser: Nadine Hilker, Dr. Alexandre Badoux, Dr. Chri-

Danksagung

stoph Hegg

Wir danken für die langjährige Unterstützung

Eidg. Forschungsanstalt WSL

bei der Erfassung der Unwetterschäden durch

Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf

das Bundesamt für Umwelt BAFU. Ausserdem

nadine.hilker@wsl.ch

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6

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Historische Hochwasser: Weshalb der Blick zurück ein Fortschritt bei Hochwasserabschätzungen ist Simon Scherrer, Roger Frauchiger, Daniel Näf, Gabriel Schelble

Zusammenfassung An praktischen Beispielen an Flüssen und Bächen wird der Nutzen historischer Erkundungen bei Hochwasserabschätzungen aufgezeigt. Die mit Hochwasserstatistik kurzer Abflussmessreihen oder Schätzverfahren hergeleiteten Hochwasserabflüsse besitzen einen grossen Unsicherheitsbereich. Im Rahmen von Gefahrenkartierungen werden im Ereigniskataster meist historische Hochwasser zusammengestellt, eine inhaltliche Verknüpfung zur Hochwasserabschätzung findet jedoch kaum statt. Die Berücksichtigung historischer Ereignisse bei der Abschätzung seltener Hochwasserabflüsse kann aber wesentlich dazu beitragen, krasse Fehlabschätzungen zu verhindern und die Unsicherheit der Abschätzung zu verkleinern. Der Blick zurück in die Vergangenheit führt daher meist zu einem wesentlichen Fortschritt. Der Aufwand historischer Erkundungen ist im Verhältnis zu den meist kostspieligen Hochwasserschutzmassnahmen klein.

1. Einleitung Um sich gegen Hochwasser zu schützen, werden in der Schweiz Bäche und Flüsse im Bereich von Siedlungen üblicherweise so ausgebaut, dass ein 100-jährliches Hochwasser (HQ100) schadlos abgeführt werden kann. Wo Abflussmessungen verfügbar sind, wird dieser Abflusswert mit einem Frequenzdiagramm ermittelt, welches in der Regel die Jahreshochwasser berücksichtigt. Die ältesten Wasserstandsmessungen gehen in der Schweiz auf die 2. Hälfte des 19. Jh., im Einzelfall sogar weiter zurück. Nach dem Hochwasser von 1910 wurden in der Schweiz viele Pegel eingerichtet. In günstigen Fällen liegen somit 100 Jahre Messungen vor, an weniger bedeutenden Bächen sind jedoch kürzere oder gar keine Messreihen vorhanden. Grosse Hochwasser werden in den Medien oftmals als «Jahrhundertflut» bezeichnet und die Einzigartigkeit der Ereignisse wird hervorgestrichen. Die Erfahrung zeigt, dass solche Einschätzungen oft nicht genügen. Erst der vertiefte Blick in die Vergangenheit bringt wesentliche Erkenntnisse ans Tageslicht, um «Extremereignisse» in ihrem Auftreten besser einzuordnen zu können. Die Erkundung historischer Hochwasser gewährt dabei

Einblick in die Hochwassergeschichte und in die Entstehung und Häufigkeit extremer Hochwasser. Dies bildet die Grundlage für fundierte Hochwasserabschätzungen. In diesem Artikel wird anhand praktischer Beispiele Einblick in die Hochwassergeschichte einzelner Bäche und

Flüsse gegeben und aufgezeigt, wie die Erkenntnisse bei Hochwasserabschätzungen einfliessen. Der Informationsgehalt und die Güte der Angaben historischer Quellen werden anschliessend diskutiert. 2.

Beispiele historischer Quellen

2.1

Hochwassermarken (Beispiel Thur, Kt. ZH) Die Thur ist einer der grössten Mittellandflüsse. Zwischen 1878–1893 wurde der damals im Unterlauf mäandrierende Fluss begradigt und in Dämme gelegt. In den Jahren 1910, 1965, 1977 und 1978 traten grosse Hochwasser auf, dabei brachen Dämme und grosse Gebiete wurden überflutet. Beim Hochwasser 1978 wurde beispielsweise eine Fläche von ca. 19 km2 überschwemmt (Überflutungsvolumen ca. 8 Mio. m3). Aufgrund dieser Überflutungen reduzierte sich die Abflussspitze in Andel-

Bild 1. Gemessene Jahreshochwasser der Thur in Andelfingen. Durch grossflächige Überflutungen wurden die Abflussspitzen grosser Hochwasser gedämpft. Bei einem Vollausbau müssen die ungedämpften Spitzen rekonstruiert werden.

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fingen von 1285 m3/s auf 1060 m3/s (VAW, 1980). Auch die Abflussspitzen der Hochwasser von 1910, 1965 und 1977 wären in Andelfingen ohne die dämpfenden Überflutungen grösser gewesen. Mit dem bis 1998 im Kt. TG und ZH durchgeführten Ausbau der Thur auf eine Kapazität von rund 1400 m3/s werden die Abflussspitzen in Andelfingen heute nicht mehr gedämpft. Zur Bestimmung einer belastbaren Hochwasserstatistik müssen die grossen Abflusswerte korrigiert werden (Bild 1). Die

Abschätzung der ungedämpften Spitze erfolgte anhand von Abfussganglinien (Thur-Andelfingen) und beobachteten Überflutungsvolumen (Horat & Scherrer AG, 2000). An der Thurbrücke in Andelfingen ist eine Tafel mit Marken grosser Hochwasser angebracht, die bis ins Jahr 1664 zurückreichen (Bild 2). Das Hochwasser von 1789 war demnach das grösste, gefolgt vom Hochwasser 1876. Während der Abfluss des Hochwassers 1789 nicht mehr rekonstruiert werden konnte, war dies beim Hochwasser 1876 – wenn auch mit einem grossen Unsicherheitsbereich – möglich. Bild 3 zeigt das Frequenzdiagramm der Thur in Andelfingen unter Berücksichtigung der Retention bei grossen Hochwassern und des historischen Hochwassers 1876 mit einer geschätzten Abflussspitze von 1200– 1600 m3/s. Das Hochwasser von 1876 war an der Thur das zweitgrösste Hochwasser seit 1664. Die gemessenen Jahreshochwasser mussten teilweise neu eingeordnet werden und dem Hochwasser von 1876 wurde eine Wiederkehrperiode von 100 bis 300 Jahre zugeordnet. Erst die Einordnung des Hochwassers von 1876 und die Abschätzung der ungedämpften Spitzen der Hochwasser 1910, 1965 und 1978 ermöglichen eine homogene Statistik zur Einschätzung der Eintretenswahrscheinlichkeit künftiger Hochwasser an der Thur.

Bild 2. Die Hochwassermarken an der Thur-Brücke in Andelfingen. (Ältestes vermarktes Hochwasser: 1664).

Bild 3. Frequenzdiagramm der Jahreshochwasser an der Thur in Andelfingen. Die Jahreshochwasser der Messperiode (1904-2010) wurden mit dem Hochwasser von 1876 ergänzt. Die von grossen Überflutungen beeinflussten Abflüsse wurden korrigiert und neu eingeordnet.

8

2.2

Wasserbauakten (Beispiel Sihl und Töss, Kt. ZH, Vordere Frenke Kt. BL) Beispiel Sihl Die Sihl hat im Bereich der heutigen Stadt Zürich einen ausgedehnten Schwemmfächer geschüttet und die Limmat an den rechten Talrand gedrängt. Für die Stadt Zürich stellt die Sihl daher eine Bedrohung dar, da das Wasser bei Ausuferungen nicht mehr in das Gerinne zurück findet und quer durch die Stadt fliesst (vgl. IFKIS Hydro Sihl, Teil 1, WEL 3-2010). Im Oberlauf wurde die Sihl 1937 aufgestaut (Sihlsee). Dadurch werden die Abflussspitzen aus der Hälfte des Sihl-Einzugsgebiets in Zürich gedämpft. Das Ausbleiben von grossen Ereignissen liess die Meinung aufkommen, dass Zürich gut vor Hochwasser geschützt sei. Bei Hochwasserereignissen, wie sie im letzten und vorletzten Jahrhundert vor dem Sihlseebau auftraten, würde die Retention im Sihlsee jedoch nicht ausreichen. Im Juni 1910 ereignete sich im Sihltal ein verheerendes Hochwasser. Zürich entging dabei nur knapp einer Katastrophe. In den Quellen ist zu lesen, dass viel Holz transportiert wurde, Brücken weggerissen, Dörfer und Allmendbereiche überschwemmt wurden. Bei den Sihldurchlässen am Zürcher Hauptbahnhof wurde die Abflusskapazität ausgeschöpft (Bild 4).

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Ein weiteres grosses Hochwasser an der Sihl trat am 31. Juli/1. August 1874 auf, als entlang der Sihl mehrere Brücken beschädigt oder gar weggerissen wurden. Die Höcklerbrücke in Leimbach wurde zerstört und deren Trümmer weggeschwemmt. Diese zerstörten den Steg bei der Papiermühle Wiedikon und zerschellten schliesslich an der Sihlbrücke in Zürich, wobei das Überfallwehr schwer beschädigt wurde. Ein Ereignis von 1846 muss gemäss Berichten sogar noch heftiger gewesen sein. Bereits in jener Zeit wurde die Oberflächengeschwindigkeit bei sehr grossen Abflüssen auf einfachste Art mit Holzteilen gemessen, da bei grossem Abfluss der Messflügel nicht mehr eingesetzt werden konnte (EHB, 1907). Daraus konnte auf die Geschwindigkeitsverteilung im Messprofil geschlossen werden. Auf diese Weise wurden für die Sihlhochwasser von 1846, 1874 und 1910 gemäss Wasserbauakten Abflussspitzen von 570 m3/s, 380 m3/s und 475 m3/s abgeschätzt. Die hydraulische Überprüfung dieser Werte zeigte, dass die damals abgeschätzten Hochwasserabflüsse ca. 10–20% überschätzt wurden. Trotzdem handelt es sich um drei herausragende Hochwasser, welche in der Messreihe der Sihl in Zürich zu berücksichtigen sind (Bild 5). Beispiel Töss Auch für die Töss ermöglichen Informationen aus alten Wasserbauakten die Rekonstruktion der Abflussspitze mehrerer grosser Hochwasser. Die grossen Hochwasser von 1852 und 1876 wurden so gut dokumentiert, dass die damaligen hydraulischen Abschätzungen der Abflussspitze gut nachvollziehbar sind. Die Qualität der damaligen Abschätzung kann als gut beurteilt werden. Die Töss weist in Neftenbach eine lange Messreihe auf (1916 bis heute). Im Vergleich dazu waren die Hochwasser von 1852 und 1876 herausragende Ereignisse (Bild 6). Das Hochwasser 1999, das eines der grössten des 20. Jahrhunderts an der Töss war, wird durch die Ereignisse im 19. Jahrhundert bei weitem übertroffen. Die Berücksichtigung dieser Hochwasser ergibt ein umfassenderes Bild der Hochwassergeschichte und zeigt, dass eine rein statistische Auswertung auch einer langen Messreihe zu einer Unterschätzung der Abflussspitzen führen kann. In vielen Gebieten der Schweiz war die Waldfläche im 19. Jahrhundert gegenüber heute kleiner. Dies wird oft mit der damaligen Häufung grosser Hochwasser in Verbindung gebracht. Auch im Tösstal

Bild 4. Die hoch gehende Sihl 1910 bei den Durchlässen am Zürcher Hauptbahnhof mit ausgeschöpfter Abflusskapazität.

Bild 5. Gemessene und historische Hochwasser am Unterlauf der Sihl. Die Abflussspitzen der Jahreshochwasser 1846, 1874 und 1910 sind abgeschätzte Werte, der Unschärfebereich eingezeichnet. stellte sich diese Frage. Im oberen zürcherischen Tösstal wurde die Waldfläche um 1850 anhand der Wildkarte erfasst und mit Landeskarten aus dem Jahr 1990 verglichen. Bild 7 zeigt die unveränderte Waldfläche in grün, die zwischen 1850 und 1990 abgeholzten Flächen schwarz und gelb die aufgeforsteten Flächen. Der Waldanteil im oberen Tösstal betrug 1850 51% des gesamten Einzugsgebietes, 1990

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waren es 52.4%. Der geringfügige Unterschied der Waldfläche von 1850 zu 1990 kann kaum für die grossen Hochwasser im Tösstal im 19. Jahrhunderts verantwortlich gemacht werden. Der Grund ist vielmehr bei heftigen Niederschlägen zu finden. Vom Hochwasser 1876 liegen einzelne Niederschlagsmessungen vor. Die in Winterthur gemessenen Niederschlagswerte (150 mm/1d; 9


225 mm/2d) sind mit Abstand die grössten Niederschläge der über 130-jährigen Messreihe. Dieser extreme Niederschlag würde auch heute im Tösstal ein verheerendes Hochwasser auslösen.

Bild 6. Die mit den Hochwassern 1852 und 1876 in Neftenbach und mit weiteren Hochwassern in Niedertöss ergänzte Abflussmessreihe.

Bild 7. Die Veränderung der Waldfläche im oberen Tösstal zwischen 1850 und 1990. Insgesamt hat sich die Waldfläche nur geringfügig verändert. 10

Beispiel Vordere Frenke (Kt. BL) Die Frenke ist ein kleiner Jura-Fluss, der im Baselbieter Faltenjura entspringt und durch den Tafeljura Richtung Liestal fliesst. In Bubendorf steht ein Pegel, der ca. 50 Jahre Messungen aufweist. Diese Messreihe ist vergleichsweise lang und verleitet dazu, ein HQ100 von ca. 25–30 m3/s abzuschätzen (Bild 8). Das älteste bekannte Hochwasser ereignete sich im Jahre 1629. Es war so heftig, dass im Tal mehr als 10 Menschen starben. An einer Hauswand in Niederdorf ist der Wasserstand des Hochwassers von 1830 verzeichnet, damals wurden 119 Häuser weggeschwemmt und 19 Personen kamen um. Weniger verheerend waren die Hochwasser von 1881 und 1926. Aufgrund von Hochwassermarken und Wasserbauakten konnten die Abflussspitzen abgeschätzt werden. Mit einer überschaubaren Zeitspanne von ca. 400 Jahren konnte diesen Hochwassern eine Wiederkehrperiode zugeordnet werden. Bild 8 zeigt, dass die 50-jährige Messreihe für die Hochwassergeschichte der Vorderen Frenke kaum repräsentativ ist. Der Einbezug historischer Hochwasser führt zu einem weit höheren HQ100 (40–50 m3/s). Eine alleine auf Messungen beruhende Abschätzung ergibt ein wesentlich kleineres HQ100. Wider Erwarten wurden die beiden grössten Ereignisse im 44 km2 grossen Einzugsgebiet gemäss historischen Unterlagen durch Gewitter erzeugt. 2.3 Chroniken Beispiel Schächen (Kt. UR) Im August 2005 führte der Schächen ein grosses Hochwasser. In den Medien wurde dieses Ereignis, das durch einen sehr grossen Niederschlag ausgelöst wurde, als einzigartig bezeichnet. Nachforschungen über diesen Gebirgsfluss lieferten viele Hochwasserinformationen (z.B. WSL, 1991; Schaller-Donauer, 1937), die bis ins Mittelalter zurückreichen und die Einzigartigkeit des Hochwassers 2005 relativieren. Beispielsweise wird 1343 und 1762 von katastrophalen Hochwassern berichtet: 1343: «Im Mai und Juni entstanden wegen starkem Regenwetter und Schneeschmelze starke Überschwemmungen. Der Schächen brach Mitte Juni aus und

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richtete grossen Schaden in Bürglen, Altdorf und in einem Teile von Schattdorf an. Auch die Reuss schwoll hoch an und der See stieg dermassen, dass am 29. Juni das Wasser in der Barfüsserkirche in Luzern bis an den Hochaltar ging, was vorher noch nie geschehen war, und wurde so hoch, dass es daselbst ein geladenes Schiff getragen hätte.» (Schaller-Donauer, 1937). 1762: «Ausbrüche von Reuss (die ganze Reusstalebene stand unter Wasser), Schächen, Kerstelenbach und allen Bergbächen. (…) ... der Schächen kam so dick wie Brei aus dem Tale hervor und wurde von einer Breite weiter als einen Büchsenschuss...» (Schaller-Donauer, 1937). Früher floss der Schächen in einem sich ständig ändernden Gerinne über den Schwemmkegel bei Altdorf. Das heutige gemauerte Gerinne besteht erst seit 1914. Die Informationen zu den Schächenhochwassern sind reichhaltig, allerdings ist es schwierig, die Grösse der Hochwasser anhand der vorliegenden Schilderungen und der sich ändernden Gerinneverhältnisse zu vergleichen. Die Grösse der Hochwasser wurde anhand der Schilderungen klassifiziert: • sehr gross: >110 m3/s; Tote, Zerstörung von Gebäuden • gross: 80–110 m3/s; Überschwemmung, grosse Schäden, Zerstörung von Brücken und Strassen • mittel: 50–80 m3/s; Ausbruch des Flusses, kleine Schäden • klein: <50 m3/s; Hochwasser zwar erwähnt, aber ohne Schadensangabe Mit dieser Klassifizierung lassen sich die überlieferten Hochwasser mit den seit 1912 verfügbaren Messungen vergleichen (Bild 9). Bis 1700 sind wenige Informationen

über Hochwasser überliefert. Trotzdem liessen sich einige grosse bis sehr grosse Ereignisse ermitteln. Danach sind die Hochwasser gut dokumentiert. Grosse bis sehr grosse Hochwasser sind aus den Jahren 1343, 1515 und 1600 bekannt. Interessant ist die Häufung grosser Hochwasser in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts (1762, 1765, 1779), während im 19. Jahrhundert kaum grosse Hochwasser vorkamen. Mindestens acht Hochwasser in der Grössenordnung des Ereignisses von 2005 oder grösser ereigneten sich in den letzten Jahrhunderten; das Hochwasser von 2005 war also am Schächen nicht einzigartig. Den Hochwassern von 1910 und

2005 konnte aufgrund dieser Tatsache eine Wiederkehrperiode von 50–150 Jahren zugeordnet werden. Die Erkundung historischer Hochwasser lieferte damit einen wesentlichen Beitrag zur Einordnung des Hochwassers von 2005 und damit zur angemessenen Dimensionierung kostspieliger Hochwasserschutzmassnahmen. 2.4

Zeugen und Zeitungen (Beispiel Moosbach, Kt. BL) Gerade an kleinen Gewässern ohne Messstellen sind historische Hochwasser wesentlich. Führt ein Bach durch einen alten Dorfkern, kann häufig durch das Zusammentragen von Zeugenaussagen die

Bild 8. Die Abflussmessreihe der Vorderen Frenke in Bubendorf ergänzt mit den rekonstruierten Hochwasserabflüssen von 1830, 1881 und 1926.

Bild 9: Die Hochwasser am Schächen seit 1250 klassifiziert nach ihrer Grösse anhand der Schilderungen. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden

11


Hochwassergeschichte der letzten Jahrzehnte erfasst werden. In neuerer Zeit liegen teilweise Videos oder Fotos vor, welche die Informationen von Zeugen und Zeitungen ergänzen. Eine ergiebige Quelle ist die Schadendatenbank der WSL (Hilker et al., 2009), in der Zeitungsmeldungen über Hochwasser gemeindeweise einsehbar sind. Sofern verfügbar, sind Schadensmeldungen der Gebäudeversicherungen nützlich. Der Moosbach in Wenslingen (Kt. BL) entwässert ein ca. 2 km2 grosses, meist landwirtschaftlich genutztes Einzugsgebiet im Baselbieter Tafeljura. Im Dorf ist der Bach mit einem zu kleinen Abflussquerschnitt eingedolt, so dass das

Dorf verschiedene Male bei Hochwasser überschwemmt wurde. Das Ausmass dieser Überschwemmungen konnte von den Hochwassern 1917, 1936, 1980, 1999 und 2000 anhand der Wassertiefe erfasst werden. Ein Brunnen (Bild 10) diente verschiedenen Zeugen als Vergleichsmassstab. Aus den ergiebigen Informationen, die nahezu 100 Jahre abdeckten, konnten die Abflussspitzen rekonstruiert werden. Das kleine Einzugsgebiet reagiert stark auf Niederschläge. Das aus historischen Informationen zusammengestellte Hochwasser-Frequenzdiagramm zeigt, dass bereits bei einem ca. 10-jährlichen Ereignis die Kapazität der Eindolung erschöpft ist (Bild 11). Das HQ100 dürfte im Bereich von

Bild 10. Das Hochwasser vom 6.8.2000 am Moosbach in Wenslingen (BL). Der Brunnen diente verschiedenen Zeugen als Anhaltspunkt für den Vergleich von Wasserständen.

ca. 8–10 m3/s liegen. Die Anwendung gängiger Schätzverfahren brächte einen wesentlich grösseren Unsicherheitsbereich als diese historische Betrachtung. 2.5

Informationsquellen der besonderen Art Oft lassen sich Abflüsse vergangener Hochwasser nicht abschätzen, deren Ausmass aber durchaus erahnen, wie folgendes Zitat vom Magdener Bach (Kt. BL/ AG) schildert: «Wütende Ströme» überfluteten die Dörfer Buus, Wintersingen, Ormalingen und Hemmiken (BL), 6 Tote. Magden (AG) wurde zerstört, «...44 Menschen, 140 Stück Vieh, 14 Wohnhäuser und 17 Scheunen wurden ein Raub der Gewässer...». «In Rheinfelden verloren 32 Personen das Leben» (zit. in Röthlisberger, 1991). «Auch in Rheinfelden war das Wasser so gross, dass es bis oben an den steinernen Bogen eines Stadtthors reichte, durch welches sonsten Güter- und Heuwagen aus- und einfahren konnten» (Günther, 1998). In Ergänzung zu Hochwassermarken können solche Hinweise dazu dienen, den Hochwasserstand nachträglich abzuschätzen. Auch das folgende Zitat von der Hinteren Frenke in Ziefen (BL) liefert eine brauchbare Wasserspiegelangabe: «Vom ‹Kätterjoggi› wird erzählt, er sei in der Nacht auf den 30. Juni 1855 um zwei Uhr gestorben. Tagsüber war die Leiche in der Stube aufgebahrt. Das (Hoch-) Wasser drang dort ebenfalls ein. Der Totenbaum (Sarg) schwamm in der Stube herum und stand nach dem Wasser auf dem Ofen» (Stohler et al., 1973). 3.

Bild 11. Frequenzdiagramm des Moosbaches mit den rekonstruierten Hochwasserabflüssen aus knapp 100 Jahren. 12

Lernen aus historischen Hochwassern Bei der Erstellung von Gefahrenkarten werden historische Hochwasser üblicherweise im Ereigniskataster zusammengestellt. Sie können der Gefahrenkartierung Realitätsnähe verleihen. Um die Gefährdungsgebiete zu kartieren, sind Hochwasserabflüsse unterschiedlicher Jährlichkeit nötig. Mit gängigen Schätzverfahren werden dann mit wenig Aufwand Hochwasserabflüsse abgeschätzt, die meist einen sehr grossen Unsicherheitsbereich aufweisen. Eine inhaltliche Verknüpfung des Ereigniskatasters mit der Hochwasserabschätzung findet hingegen kaum statt. Teilweise könnten jedoch auf diese Weise die Qualität der Abflussschätzung verbessert und Fehleinschätzungen vermieden werden. Wie die geschilderten Beispiele zeigen, liefert eine gründliche Erkundung

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historischer Hochwasser wesentliche Fakten zur Abschätzung grosser und extremer Hochwasserabflüsse. Welche historischen Informationen zu einer verbesserten Abflussschätzung beitragen können und wie sie zu interpretieren sind, wird nachfolgend noch einmal zusammengestellt: Hochwassermarken sind eindeutige Hinweise über den Wasserstand. Bei der Rekonstruktion der Abflüsse stellt sich die Frage, • ob die heutigen topographischen Verhältnisse (Gerinne, Umgebung) noch vergleichbar sind mit den damaligen, • ob damals Auflandungen, Verklausungen im Gerinne stattgefunden haben, die Rückstau bewirkten, • und ob die Marke die Wasserspiegellage oder (durch Aufstau) die Energielinie kennzeichnet. Wasserbauakten beinhalten meist Informationen über Hochwasserabflüsse und deren Koten vor dem Gerinneausbau (z.B. Hochwasserspuren). Die Sichtung solcher, oft in den Kantonsarchiven erhaltenen Akten ist lohnenswert (Beispiele Töss, Sihl und Vordere Frenke). Chroniken und Zeitungen: Alte Berichte schildern die Vorgänge von weit zurückliegenden Hochwasser. Ihre Genauigkeit ist unterschiedlich. Daher bedarf es einer sorgfältigen Prüfung und Interpretation der Hinweise. Um die Aussagen mit Hochwasserabflüssen der jüngeren Vergangenheit zu vergleichen, kann ein Klassifikationsmassstab hilfreich sein (Beispiel Schächen). Im Idealfall lässt sich die Grössenordnung der Hochwasser auf diese Weise eingrenzen und mit heutigen Ereignissen vergleichen. Hochwasserhäufigkeiten und «Katastrophenlücke»: Der Zeitpfeil am Schächen (Bild 9) zeigt Phasen mit vielen Hochwassern und andere mit wenigen. Die Abwechslung solcher Phasen wird vielerorts beobachtet. Wenn man die Hochwasserhäufigkeit der Töss mit der des Schächen vergleicht, stellt man jedoch nicht dieselben Muster fest. So zeigte die Töss mehrere grosse Hochwasser im 19. Jahrhundert während es damals im Schächen eher ruhig war. Etliche derartige Muster haben Schmocker-Fackel und Naef (2010a, b) für verschiedene Schweizer Flüsse eruiert und u.a. auch mit europäischen Flüssen verglichen. Das Zurückführen solcher Zyklen auf klimatische Ursachen ist hingegen schwierig. Zwischen 1920 und 1980 traten in den Schweizer Flüssen wenig Hochwasser auf. Dieser Zeitraum wird auch als «Katastrophenlücke» bezeichnet (Pfister, 2009).

Wenn kurzfristig keine Hochwasser an Gewässern beobachtet werden, ist dies nicht ohne Weiteres als entwarnendes Indiz einer schwachen Abflussbereitschaft zu werten. Hochwasserabflüsse aus kurzen Messreihen des 20. Jahrhunderts abzuschätzen, kann daher zu grossen Fehleinschätzungen führen (z.B. Töss, Vordere Frenke). Erst die Erweiterung des überschaubaren Zeitraumes zeigt auf, wie gut die vorliegende Messreihe das Hochwassergeschehen über die Zeit repräsentiert. Seit den 1980er-Jahren werden auf der Alpennordseite vermehrt grosse Hochwasser beobachtet. Diese als Vorboten einer sich anbahnenden Klimaveränderung zu werten und für die Dimensionierung von Schutzbauten einfach einen Sicherheitszuschlag (Klimafaktor) zu machen, greift zu kurz. Häufungen von Hochwasserereignissen sind auch aus früheren Jahrhunderten bekannt und die heutigen Hochwasser bewegen sich nicht aus diesem Rahmen (Schmocker-Fackel et al. 2010b). Dies hat auch der DWA erkannt und fordert im Entwurf des DWA-Regelwerks zur Ermittlung von Hochwasserwahrscheinlichkeiten (DWA, in Vorbereitung) die Berücksichtigung historischer Hochwasser. Das Problem von Unsicherheiten bei der Abschätzung von Hochwasserwahrscheinlichkeiten ist damit zwar nicht behoben, aber die Berücksichtigung historischer Ereignisse kann helfen, krasse Fehlabschätzungen zu verhindern. Der Aufwand solcher historischer Untersuchungen steht in keinem Verhältnis zu den meist kostspieligen Hochwasserschutzmassnahmen. Man sollte verhindern, dass das Zitat Realität wird: «Wer aus der Geschichte nicht lernt, der ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.» (Quelle unbekannt).

Pfister C. (2009): Die «Katastrophenlücke» des 20. Jahrhunderts und der Verlust traditionalen Risikobewusstseins. In. GAIA, Reihe Naturgefahren, 18, 3, S. 239–246. Röthlisberger G. (1991): Chronik der Unwetterschäden in der Schweiz. Berichte WSL, Berichtnummer 330. Schaller-Donauer (1937): Chronik der Naturereignisse im Urnerland 1000–1800, Flüelen. Scherrer AG (2002): Hochwasserabflüsse am Moosbach in Wenslingen (BL) im Zusammenhang mit einem Hochwasserrückhaltebecken. Im Auftrag des Tiefbauamtes des Kt. BL, Geschäftsbereich Wasserbau. Scherrer AG (2006): Hochwasserabflüsse Vordere Frenke (Kt. BL). Im Auftrag des Tiefbauamtes des Kt. BL, Geschäftsbereich Wasserbau. Scherrer AG (2007): Eine Literaturauswertung der Hochwasser an der Sihl und der Limmat (1846, 1852, 1874, 1876, 1910 und 1953). Im Auftrag des AWEL, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kt. ZH. Scherrer AG (2007): Hydrologische Grundlagen des Schächens für den Hochwasserschutz des Urner Talbodens und das Generelle Projekt Schächen (Kt. UR). Im Auftrag des Amtes für Tiefbau Kt. UR. Scherrer AG (2009): Töss-Hydrologie-Studie: Ermittlung der Hochwasser unterschiedlicher Jährlichkeit entlang der Töss und wichtiger Seitenbäche. Im Auftrag: des AWEL, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kt. ZH. Schmocker-Fackel P., Naef F., (2010a): More frequent flooding. Changes in flood frequency in Switzerland since 1850. Journal of Hydrology 381, p. 1–8. Schmocker-Fackel P., Naef F., (2010b): Changes in flood frequencies in Switzerland since 1500. Hydrol. Earth Sciences , 14, p. 1581–1594. Stohler F. und Mitarbeiter (1973): Heimatkunde von Ziefen, Kantonale Drucksachen- und Materialzentrale, Liestal.

Literatur:

Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und

BAFU: Hydrologische Daten, Abflussdaten.

Glaziologie der ETH Zürich (1980): Nachrech-

DWA (in Vorbereitung): Merkblatt DWA-M 552

nung des Hochwassers 1979 und 1978 mit dem

– Ermittlung von Hochwasserwahrscheinlich-

Modell Floris. Im Auftrag des AGW des Kt. ZH

keiten (Entwurf, August 2010).

(heute AWEL).

Eidg. Hydrometrisches Büro (EHB): Die Entwicklung der Hydrometrie in der Schweiz.

Dank:

Günther V. (1998): «Das ganzte haus ist hin-

Den verschiedenen Ämtern, die diese Untersu-

weg»… Naturkatastrophen im Magdenertal. In:

chungen ermöglicht haben, und Dr. Christian

Rheinfelder Neujahrsblätter, Heft 54 (1998), S.

Marti für die kritische Durchsicht des Manu-

13–19.

skripts sei an dieser Stelle gedankt.

Hilker N., Badoux A., Hegg C. (2009): The Swiss flood and landslide damage database 1972–

Anschrift der Verfasser:

2007. Natural Hazards and Earth System Sci-

Dr. Simon Scherrer, Roger Frauchiger, Dr. Da-

ences 9: p. 913–925.

niel Näf, Gabriel Schelble

Horat & Scherrer AG (2000): Hochwasserschutz

Scherrer AG, Hydrologie und Hochwasser-

und Auenlandschaft Thur-Mündung: Hydrolo-

schutz, Schönmattstrasse 8

gische Grundlagen. Im Auftrag des AWEL, Amt

CH-4153 Reinach/BL

für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kt. ZH.

info@scherrer-hydrol.ch

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Hochwasserschutzprojekt Mareiter Bach, Südtirol – Sicherheit, Aufwertung, Erholungsraum Jürg Elsener Metz, Richard Angst, Andreas Erni, Hansjörg Jocher, Martin Vallazza, Alpaslan Yörük

Zusammenfassung Der Mareiter Bach im Südtirol gilt seit jeher als gefährlicher Wildbach, der im Hochwasserfall im ganzen Sterzinger Becken grosse Schäden anrichten kann. Dabei sind mehrere Industrie- und Gewerbegebiete sowie wichtige Infrastrukturanlagen (u.a. BrennerAutobahn) betroffen. Auf der Basis von Variantenanalysen wurden Hochwasserschutzmassnahmen entwickelt, welche für die Gewerbegebiete sowie die Infrastrukturanlagen im Einflussbereich des Mareiter Baches eine signifikante Reduktion der Hochwassergefährdung und des Hochwasserrisikos (Schadenerwartung) bieten. Anschliessend wurde der Lösungsansatz (Bestvariante) ausgewählt, die Massnahmen detailliert ausgearbeitet und in ein «endgültiges Projekt» (Bauprojekt) überführt. Die Bestvariante ist charakterisiert durch grosse Flussaufweitungen und Umgestaltungen der Uferbereiche zu Flachufern. Weiter werden drei Brücken im Projektperimeter vollständig saniert und umgebaut oder umgestaltet. Im unteren Bereich des Untersuchungsperimeters werden die Flächen des Golfplatzes sowie ausgedehnte Landwirtschaftsflächen in Überlastsituationen als Überflutungskorridore genutzt. Die Wirkung der verschiedenen Massnahmen der Bestvariante wurden für die Hochwassersicherheit, den ökologischen und landschaftlichen Zustand sowie die Erholungsnutzung in einzelnen Fachbereichen (u.a. Hydraulik, Feststoffhaushalt, Gewässerökologie, Freiraumplanung) untersucht und analysiert. Aufgrund dieser Analysen wurden zudem die gestalterischen Elemente der Massnahmen optimiert. Das vorliegende «endgültige Projekt» dient dem zuständigen Landesamt der Autonomen Provinz Bozen Südtirol, als umfassende Grundlage für die Ausführungsplanung.

1.

Ausgangslage und Projektziele Das Sterzinger Becken liegt im oberen Eisacktal im Südtirol am Fusse des Brennerpasses. In der Talebene fliessen verschiedene Flüsse zusammen, so der Eisack als Hauptfluss, dann der Mareiter Bach und der Pfitscherbach. Der Mareiter Bach stellt eine grosse Hochwassergefährdung für das Sterzinger Becken dar, da bereits ab einem HQ30 grossflächige Überflutungen auftreten. Dabei sind mehrere Industrie- und Gewerbegebiete (Unterackern, Jaufentalstrasse und Sadobre) sowie wichtige Infrastrukturanlagen (Penserjochbrücke, Brenner-Autobahn mit Mautstelle) betroffen (Bild 1). Problematisch für die Hochwassersituation sind vor allem die zu gering bemessenen Bachquerschnitte. Nebst der Hochwasserproblematik sind weitere Konfliktpunkte vorhanden: • Gewässerökologie: deutliche Defizite aufgrund der harten Bachverbauungen (Bild 2). • Terrestrische Ökologie: Nur mehr Reste und voneinander stark isolierte natur-

Bild 1. Überschwemmungen Mareiter Bach 1987. Der Mareiter Bach gilt seit jeher als gefährlicher Wildbach, der im Hochwasserfall im ganzen Sterzinger Becken grosse Schäden anrichten kann.

nahe Lebensräume (z.B. Auwälder, Magerwiesen) vorhanden; Mangel an Amphibienlaichgewässern; mangelnde Dynamik und Wasserversorgung der Aue. • Raumnutzung: Gewerbewidmung im Hochwasser-Abflussbereich, Nutzungskonflikt zwischen Gewerbegebiet und landschaftlicher Bannzone. Mit dem Hochwasserschutzprojekt sollen folgende Ziele erreicht werden: Hochwasserschutz/Flussbau • Verbesserung Hochwasserschutz

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(Hochwassersicherheit für Gewerbegebiete und Infrastrukturanlagen bis EHQ, für Landwirtschaftsgebiet Schutzgrad nicht quantifiziert • Beseitigung Engpässe • Schaffung bzw. Nutzung von flussnahen Rückhalteräumen, dadurch verbesserter Hochwasserschutz für Unterlieger gemäss EU-Hochwasserrichtlinie Ökologie • Schutz und Erhaltung vitaler Lebensräume 15


Revitalisierung beeinträchtigter Lebensräume • Management der Schutzgebiete im Flussraum • Verbesserung der Vernetzung • Erhaltung und Förderung der Kulturlandschaft Freiraumplanung • Schaffung eines Risikobewusstseins • Entflechtung von Nutzungskonflikten im Flussraum • Förderung und Lenkung der Naherholung Kommunikation • Konsens unter den Betroffenen und den politisch Verantwortlichen • Einbezug von Entscheidungsträgern aus Gemeinden, Behörden, Wirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus und Umweltschutz in den Entscheidfindungsprozess Im Rahmen des Projekts sollen weiter Erkenntnisse des modernen Flussbaus umgesetzt werden. Mittlerweile gibt man den Gewässern wo immer möglich natürlichen Bewegungsspielraum zurück. So treten sie bei Hochwasser weniger schnell über die Ufer und geben zahlreichen Tieren und Pflanzen ihre Lebensräume zurück, die sie durch die Kanalisierungen verloren haben. Die Flusslandschaft wird abwechslungsreicher und damit als Naherholungsraum attraktiver. Gewässer mit ursprünglicher Flora und Fauna stärken zudem die natürliche Selbstreinigungskraft des Wassers. Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Ein wichtiges Ziel des Projektes war es, die betroffenen Anwohner (Grundeigentümer, Gewerbebetriebe), die wichtigsten Nutzer des Gebiets (u.a. Fischer, Kanuvereine, Tourismus, Golfer, Landschaftsschützer, Umweltverbände usw.) sowie

die politischen Entscheidungsträger in die Planung miteinzubeziehen. Anlässlich von zahlreichen Workshops, Fachveranstaltungen, Ortsbegehungen und Einzelgesprächen wurden die Massnahmen diskutiert und weiter entwickelt. Im Rahmen einer öffentlichen Schlussveranstaltung werden die Massnahmen auch der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Mit diesen Aktivitäten konnte eine breite Akzeptanz der Hochwasserschutzmassnahmen erreicht werden. 3. Bestvariante Auf der Basis von Variantenanalysen wurden Hochwasserschutzmassnahmen entwickelt, welche für die Gewerbegebiete sowie die Infrastrukturanlagen im Einflussbereich des Mareiter Baches eine signifikante Reduktion der Hochwassergefährdung und des Hochwasserrisikos (Schadenerwartung) bieten. Anschliessend wurde der Lösungsansatz (Bestvari-

ante) ausgewählt, die Massnahmen detailliert ausgearbeitet und in ein «endgültiges Projekt» überführt (Bild 3). Die Bestvariante ist charakterisiert durch Flussaufweitungen (Bild 4) und Umgestaltungen der Uferbereiche zu Flachufern. Weiter werden drei Brücken im Projektperimeter vollständig saniert und umgebaut (Penserjochbrücke, Radwegbrücke) oder umgestaltet (Sadobrebrücke). Im unteren Bereich des Untersuchungsperimeters werden die Flächen des Golfplatzes sowie ausgedehnte Landwirtschaftsflächen in Überlastsituationen als Überflutungskorridore genutzt. Die Massnahmen führen zu einer erheblichen Vergrösserung der Abflusskapazität und gleichzeitig zu einer starken Erhöhung der Strukturvielfalt im Mareiter Bach. Letzteres verbessert die Lebensbedingungen von Flora und Fauna im Gebiet und steigert die Attraktivität des Naherholungsraums.

2.

Bild 2. Hart verbauter Abschnitt am Unteren Mareiter Bach, Blick flussabwärts. 16

Bild 3. Überblick über die verschiedenen Massnahmen der Bestvariante.

Bild 4. Typischer Querschnitt in einem Abschnitt mit Flussaufweitungen.

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4.

Wirkungsanalyse in verschiedenen Fachbereichen Die Wirkung der verschiedenen Massnahmen der Bestvariante gegenüber dem Ist-Zustand für die Hochwassersicherheit, den ökologischen und landschaftlichen Zustand sowie die Erholungsnutzung wurden in einzelnen Fachbereichen untersucht und analysiert. Aufgrund dieser Analysen wurden zudem die gestalterischen Elemente der Massnahmen optimiert. 5.

Hydraulik, Gefahrenzonenpläne und Schadenpotenzial Das Ziel des Fachbereichs Hydrologie/Hydraulik war der Aufbau eines zweidimensionalen hydrodynamisch numerischen 2D-Modells (Überschwemmungsgebiete, Wassertiefen) zur Abbildung des aktuellen Zustandes (Ist-Zustand). Für diese 2D-Berechnungen wurde das Programm HYDRO_AS-2D verwendet. Damit wurden auf Basis hydrologischer Randbedingungen Gefahrenzonenpläne entwickelt (Bild 5) sowie Berechnungen der Schadenerwartung durchgeführt. Diese Daten stellten anschliessend die Grundlage zur Ableitung von Hochwasserschutzmassnahmen dar. Für die Bestvariante wurden die Überschwemmungsgebiete, die Wassertiefen, daraus die Gefahrenzonenpläne und Schadenerwartungen neu berechnet und mit den Ergebnissen des Ist-Zustands verglichen. Nach der Umsetzung der Bestvariante weisen die Gewerbegebiete Unterackern, Jaufentalstrasse und Sadobre keine Gefährdungen mehr auf. Die Schäden könnten bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis (HQ100) von heute rund 4.0 Mio. EUR auf ca. 0.35 Mio. EUR reduziert werden. 6. Feststoffhaushalt Der Mareiter Bach und seine Zuflüsse liegen im alpinen Gebirgsraum und sind durch einen dynamischen Geschiebetrieb gekennzeichnet. Der Fachbereich Feststoffhaushalt beschreibt im Detail die heutige Situation (Ist-Zustand) bezüglich des Geschiebe-/Feststoffhaushalts, der Sohlenentwicklung und der Geschiebetransportkapazität. Zusätzlich wurden die Auswirkungen der geplanten wasserbaulichen Massnahmen der Bestvariante auf die Sohlenentwicklung, sowie auf den übergeordneten Geschiebehaushalt im Flusssystem, mit einem 2D-Geschiebemodell morphodynamisch analysiert und abgeschätzt.

Bild 5. Ausschnitt aus dem Gefahrenzonenplan Ist-Zustand.

Bild 6. Sohlhöhenänderung Bestvariante (Best)/Ist-Zustand (Ist) nach einem HQ100. Die Analyse des Feststoffhaushalts des Ist-Zustandes des Mareiter Bachs lässt folgende Schlussfolgerungen zu: • Innerhalb der Projektstrecke kam es während den letzten 22 Jahren nur zu geringfügigen Veränderungen der mittleren Sohlenlage. • Dies liegt teilweise daran, dass sich an der Sohlenoberfläche eine gröbere Deckschicht (Abpflästerungsschicht) gebildet hat, welche bis zu einer gewissenhydraulischenBelastung(Grenzbelastung) die Sohle vor weiterer Erosion schützt. • Der Untere Mareiter Bach (die Projektstrecke) weist heute eine Geschiebetransportkapazität auf, welche ungefähr dem Geschiebeeintrag aus dem oberen Einzugsgebiet entspricht. Somit sind, unter den aktuellen Randbedingungen, keine ausgeprägten Geschiebeablagerungen innerhalb der Projektstrecke des Mareiter Bachs zu erwarten. • Die 2D-Modellierungen zeigten, dass

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im Ereignisfall die grobe Deckschicht aufgebrochen wird und somit die Flusssohle erodierbar ist. Insbesondere am oberen Ende der Projektstrecken (Beginn der Kanalisierungsstrecke) können starken Sohlenerosionen auftreten. Ansonsten sind im Grossen und Ganzen keine ausgeprägten Sohlenerosionen zu erwarten. Die Massnahmen der Bestvariante bewirken starke hydraulische Veränderungen im betrachteten Flusssystem und können deshalb auch einen Einfluss auf den Geschiebehaushalt haben (Bild 6). Die Einflüsse der Massnahmen auf den Geschiebehaushalt wurden mithilfe des 2D_Modells beurteilt und geben wichtige Hinweise für die weitere Projektierung. Oberhalb der Projektstrecke befindet sich eine grosse Flussaufweitung, welche vor kurzem realisiert wurde. Diese Flussaufweitung dürfte ein grosses Geschieberückhaltpotenzial aufweisen. Deshalb ist grundsätzlich mit einem Geschiebedefizit in der Projektstrecke zu rechnen, 17


Bild 7. Die marmorierte Forelle gilt als ursprüngliche Fischart im Südtirol . welches seinerseits Sohlenerosionen begünstigen könnte. Durch die projektierten Massnahmen wird vor allem die Bildung von Ablagerungsstrecken unterstützt und somit möglichen Sohlenerosionen entgegengewirkt. 7. Gewässerökologie Durch die vielfältigen neuen Strukturen im Gewässerraum der Bestvariante wird der limnologische und fischbiologische Zustand des Mareiter Bachs erheblich verbessert. Für Flora und Fauna werden neue Lebensräume geschaffen und bestehende aufgewertet, u.a. für Bachforelle, marmorierte Forelle, Bachsaibling und Mühlkoppe (Bild 7). 8. Freiraumplanung Der freiraumplanerische Aspekt, die naturnahe und ansprechende Gestaltung sowie die Möglichkeit zum Erleben der Flusslandschaft entlang des Mareiter Baches sind von grosser Bedeutung. Daher wurden für die hochwasserschutztechnischen Lösungsansätze auch die landschaftsarchitektonischen und freiraumplanerischen Aspekte entwickelt. Das Massnahmenkonzept der Freiraumplanung hat zum Ziel, ein konfliktfreies Nebeneinander verschiedener Nutzungen zu ermöglichen und für die Natur Rückzugsareale sicherzustellen. Nach der Umsetzung der baulichen Massnahmen werden mit einem Unterhaltsplan die weitere Entwicklung, die Zuständigkeiten und die Finanzierung geregelt. Die Neugestaltung der Gewässerlandschaft wird zu einer deutlichen Zunahme von Naturfreunden und Erholungssuchenden führen. Die Flusslandschaft wird durch die Aufwertung besser erlebbar und Nutzungsmöglichkeiten werden neu gestaltet (Bild 8). Dazu gehören ein attraktives und durchgehendes Wegenetz für Fussgänger und Radfahrer, Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten für Kanu und Rafting, Verbesserungen für die Sportfischerei durch Aufwertung der Fischgründe und eine gestalterische Aufwertung des Golfplatzes im Zuge der Ausbildung als Flutkorridor für den Überlastfall.

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Bild 8. Beispiel eines Hotspots für die Erholungsnutzung. 9. Fazit und Ausblick Das Hochwasserschutzprojekt liefert im Sterzinger Becken wichtige Beiträge zur Hochwassersicherheit, zur ökologischen und landschaftlichen Aufwertung sowie zur Attraktivitätssteigerung als Erholungsraum. Die Wirkung der Massnahmen der Bestvariante wurde in einzelnen Fachbereichen vertieft untersucht und analysiert. Dadurch konnten auch gestalterische Elemente der Massnahmen optimiert werden. Das Projekt weist bei der betroffenen Bevölkerung und bei den Entscheidungsträgern durch intensive Kommunikationsmassnahmen und Öffentlichkeitsarbeit (Workshops, Einzelgespräche, Feldbegehungen usw.) eine hohe Akzeptanz auf. Das vorliegende «endgültige Projekt» oder Bauprojekt dient dem zuständigen Landesamt der Autonomen Provinz Bozen Südtirol als umfassende Grundlage für die Ausführungsplanung.

Flussraum Agenda River Basin Agenda (2005): Vorschläge zur Verbesserung des Hochwasserschutzes. Modul Hydrologie und Hochwasserschutz, Arbeitspaket Hydraulik II Endbericht. Kofler, S. (1998): Die Hochwassergefährdung des Talbeckens von Sterzing durch den Mareiter Bach – Ermittlung der Überflutungsflächen und Ausweisung der Gefahrenzonen nach österreichischen Richtlinien, Institut für Wasserbau – Universität Innsbruck, Innsbruck.

Anschrift der Verfasser: Jürg Elsener Metz, dipl. Natw. ETH Ernst Basler + Partner, Zollikerstrasse 65 CH-8702 Zollikon, juerg.elsener@ebp.ch Richard Angst, dipl. Kulturing. ETH Ernst Basler + Partner, Zollikerstrasse 65 CH-8702 Zollikon, richard.angst@ebp.ch Andreas Erni, dipl. Arch. ETH, Ernst Basler + Partner, Zollikerstrasse 65 CH-8702 Zollikon, andreas.erni@ebp.ch Dr. Hansjörg Jocher, dipl. Bauing. Uni Innsbruck, Ingenieurteam Bergmeister GmbH Eisackstrasse 1, I-39040 Vahrn

Literatur:

hansjoerg.jocher@bergmeister.it

Flussraum Agenda River Basin Agenda (2004)

Martin Vallazza, dipl. Bauing. Uni Innsbruck

Strukturausstattung im Flussraum Oberer

Ingenieurteam Bergmeister GmbH

Eisack (Südtirol, Italien). Modul Terrestrische

Eisackstrasse 1, I-39040 Vahrn

Ökologie, Arbeitspaket Strukturausstattung.

martin.vallazza@bergmeister.it

Flussraum Agenda Alpenraum (2005): Entwick-

Dr. Alpaslan Yörük, dipl. Bauing.

lungskonzept Oberer Eisack. Modul Wasser-

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Schwall/Sunk: Optimales Abflussregime für Wasserkraftwerke Karl Werlen

Zusammenfassung In der Schweiz gibt es gegen 100 Kraftwerkszentralen, die Schwall/SunkEffekte in Fliessgewässern auslösen. Am 1. Januar 2011 trat das revidierte Gewässerschutzgesetz in Kraft. Darin spielen Massnahmen zur Reduktion des Schwall/Sunkverhältnisses eine wichtige Rolle. Mit Hilfe von Rückhaltebecken kann das Abflussregime optimiert und das Schwall/Sunk-Verhältnis gedämpft werden. Zur Finanzierung von Gewässerschutzmassnahmen wird ab 2012 eine separate Abgabe von 0.1 Rp./kWh auf den Strompreis erhoben. Eine optimale Dimensionierung der Rückhaltebecken und die Bestimmung der wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Kraftwerksbetrieb sind entscheidende Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen. Sie erfordern individuelle Abklärungen für jede Anlage. Der vorliegende Artikel beschreibt, wie solche Fragestellungen mit Hilfe von Optimierungsberechnungen beantwortet werden können.

Résumé Marnage (éclusées): optimisation des débits en aval des usines hydroélectriques La Suisse compte environ 100 centrales hydroélectriques qui provoquent un effet de marnage. La Loi fédérale du 24 janvier 1991 sur la protection des eaux (LEaux) révisée est entrée en vigueur le 1 janvier 2011. Une mesure visée est la réduction des effets de marnage. Cet objectif peut être atteint par une utilisation optimale des bassins de retenue. Le financement des mesures d’amélioration passera par une augmentation générale du prix du courant de 0.1 Rp./kWh à partir de 2012. Les questions primordiales dans ce contexte sont le dimensionnement optimal des bassins de retenue et les effets économiques sur la gestion des centrales. Une analyse individuelle par installation est indispensable. L’article traite ces questions et décrit comment trouver des solutions à l’aide d’outils d’optimisation.

1. Ausgangslage Das revidierte Gesetz schreibt Massnahmen zur Reduktion der negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung vor. Ein wesentlicher Bestandteil davon ist das sogenannte Schwall/Sunk-Verhältnis. Es bezeichnet das Verhältnis zwischen maximaler und minimaler Abflussmenge in Fliessgewässern unterhalb von Kraftwerken. Der Stromverbrauch innerhalb eines Tages ist hohen Schwankungen ausgesetzt. Weil Strom in dieser Menge nicht direkt gespeichert werden kann, müssen die Kraftwerke Regelenergie bereit stellen, d.h. in jedem Moment genau so viel produzieren, wie gerade verbraucht wird. Diese relativ grossen Schwankungen der Stromproduktion führen zu einem entsprechend hohen Schwall/Sunk-Verhältnis. Falls der Kraftwerksbetreiber diese Flexibilität nicht

oder nur eingeschränkt ausnutzen kann, entstehen für ihn hohe wirtschaftliche Einbussen. Im einfachsten Fall soll das Schwall/ Sunk-Verhältnis einen bestimmten Maximalwert innerhalb eines Tages nicht überschreiten. Differenzierte ökologische Untersuchungen liefern laufend neue Erkenntnisse, aus denen zusätzliche Bedingungen für den Schwall/Sunk-Betrieb abgeleitet werden können. Zum Erreichen dieser ökologischen Ziele sind bauliche und betriebliche Massnahmen erforderlich. Die baulichen Massnahmen betreffen im Wesentlichen das Erstellen von Rückhaltebecken. Solche Becken sind mancherorts bereits vorhanden. Rückhaltebecken fangen den Abfluss des Kraftwerkes auf, bevor sie ihn dosiert in den natürlichen Fluss weiterleiten. Mit

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einem genügend grossen Volumen im Rückhaltebecken kann so das Schwall/ Sunk-Verhältnis gedämpft werden. Oft sorgt ein zusätzliches Regulierkraftwerk auf der letzten Stufe vor dem Fliessgewässer für zusätzliche Stromproduktion. Entscheidend ist ein optimales Abflussregime. Es garantiert eine maximale Verbesserung des Schwall/Sunk-Betriebs unter minimalen wirtschaftlichen Auswirkungen für den Kraftwerksbetreiber. Ein optimales Abflussregime basiert auf Messwerten und Prognosen der Zuflüsse sowie auf den geplanten Produktionsfahrplänen des Kraftwerkbetreibers. Es versucht das Becken durch Steuerung der Abgabewassermenge optimal zu bewirtschaften. Im Idealfall werden damit die Bedingungen für optimale Schwall/Sunk-Verhältnisse eingehalten, ohne betriebliche Einschränkungen bzw. Opportunitätskosten in Kauf nehmen zu müssen. In der Realität muss oft ein Kompromiss gefunden werden, der für alle Interessengruppen tragbar ist. Die Firma Misurio hat im Rahmen mehrerer Kundenprojekte optimale Abflussregimes simuliert. Dabei stehen Fragen im Vordergrund wie die Dimensionierung des Rückhaltebeckens, die Einhaltung des Schwall/Sunk-Verhältnisses und die wirtschaftlichen Auswirkungen für den Kraftwerksbetreiber. Basierend auf demselben Design wurde ein OnlineAbflussregler konzipiert. Dieser antizipiert in kurzen Zeitabständen von einigen Minuten die aktuellen Daten (Zuflüsse, Produktionsfahrpläne, Prognosen) und berechnet daraus den jeweils optimalen Abflusswert. Dieser kann als Sollwertvorgabe an die Steuerung des Regulierkraftwerks bzw. der Ablassklappen weitergeleitet werden. 2. Optimales Abflussregime Eine mathematische Optimierung findet Extremwerte (Minima und Maxima) einer sogenannten Zielfunktion. Dabei werden Einschränkungen berücksichtigt. Bild 1 stellt das Prinzip der Optimierung für ein Schwall/Sunk-Abflussregime dar. Das 21


Bild 1. Schema optimales Abflussregime. Kraftwerk entnimmt dem natürlichen Flusslauf Wasser und leitet dieses in ein Staubecken. Entlang der Kraftwerkskaskade produziert das Wasser auf mehreren Stufen Strom und fliesst durch mehrere Ausgleichsbecken, bevor es wieder in den natürlichen Fluss abgegeben wird. Im Schema sind Nebenbedingungen, Daten und Entscheidungsvariablen markiert. Entscheidungsvariablen sind Stellgrössen mit einer Flexibilität, mit der sich die Zielfunktion beeinflussen lässt. V1, V2 und V3 (in Bild 1). V1 entspricht der Steuerung der Wasserabgabe des Rückhaltebeckens. V2 und V3 entsprechen allfälligen zusätzlichen Abgaben aus den Speichern und Ausgleichsbecken. Der Abfluss bzw. der Produktionsfahrplan der letzten Stufe ist vom Kraftwerksbetreiber vorgegeben und bildet eine Nebenbedingung (N1). Die Schwall/Sunk-Bedingungen für den resultierenden Abfluss bilden eine weitere Nebenbedingung (N2). Dies kann das maximale Schwall/SunkVerhältnis oder der Gradient des Abflusses sein. Manchmal handelt es sich um eine 22

komplizierte Bedingung, die mit mehreren mathematischen Beziehungen ausgedrückt wird. Schliesslich spielen auch die Messdaten bzw. die Prognosen von Abflussdaten im natürlichen Flusslauf eine wichtige Rolle (D1). Zentral wichtig erscheint, dass die Optimierung nicht nur den momentanen Zeitpunkt betrachtet, sondern Planungsund Prognosewerte einbezieht. Die Produktionsfahrpläne des Kraftwerkbetreibers und die Prognosewerte für den Abfluss im natürlichen Gewässer werden für

die Bestimmung momentaner optimaler Abflüsse antizipiert. Falls alle Nebenbedingungen erfüllt sind, können alle glücklich sein. Der Kraftwerksbetreiber hat keine betrieblichen Einschränkungen und die Schwall/SunkBedingungen werden eingehalten. Zusätzliche Flexibilität kann genutzt werden, um weitere Einflussgrössen zu optimieren. Als Zielfunktion kann beispielsweise das Schwall/Sunk-Verhältnis oder die Änderung der Abflussmenge innerhalb eines Zeitintervalls minimiert werden. In der Realität ist es oft so, dass nicht alle Nebenbedingungen erfüllt werden können. Möglicherweise können die Schwall/Sunk-Bedingungen mit den vorgegebenen Produktionsfahrplänen des Kraftwerks gar nicht eingehalten werden. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Die Schwall/Sunk-Bedingungen haben Priorität. Das bedeutet, dass der Kraftwerksbetreiber wirtschaftliche Einbussen erleidet bzw. Opportunitätskosten bezahlt. In der Zielfunktion steht dann die Minimierung der Opportunitätskosten. Das Modell kann diese Kosten beziffern, so dass man weiss von welchen Geldbeträgen die Rede ist. 2. Die Einhaltung der Kraftwerksfahrpläne hat Priorität. Aus der Optimierung resultieren eine Anzahl Tage, an denen die Schwall/Sunk-Bedingungen nicht eingehalten werden können. Das Modell kann die Anzahl Tage und die Überschreitung der Bedingungen beziffern. In der Realität wird die Lösung oft aus einem Kompromiss beider Möglichkeiten bestehen. Auf einer Seite müssen gewisse Opportunitätskosten in Kauf genommen werden und auf der anderen Seite muss akzeptiert werden, dass optimale Schwall/Sunk-Bedingungen nicht in jedem Fall möglich sind. Diese werden zudem auch durch übergeordnete natürliche (z.B. Hochwasser) und künstliche (z.B. Betriebsstörungen, Spülungen) Ein-

Bild 2. Schwall/Sunk-Verhältnis mit und ohne Optimierung. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


flüsse verletzt. Bild 2 zeigt ein einfaches Beispiel. Als Zielfunktion wurde die Minimierung dieses Verhältnisses gesetzt. Das maximale Schwall/Sunk-Verhältnis (hier 4:1) wurde als Nebenbedingung eingeführt. 2.

Optimierung von Kraftwerken und Pumpspeichern Im Optimierungsmodell können Kraftwerksanlagen und Pumpspeicher ebenfalls abgebildet und simuliert werden. Die Berechnung liefert die Erträge des Kraftwerks und mit dem Jahresprofil des Abflusses die Auswirkungen auf das Schwall/ Sunk-Verhältnis. Der gesamte Kraftwerkspark mit Pumpen kann so entweder mit oder ohne Rückhaltebecken und mit unterschiedlichen Regeln für das Schwall/ Sunk-Regime optimiert werden. Die Berechnungen liefern die Jahreserträge von Kraftwerken und es können Sensitivitäten berechnet werden wie z.B. die Auswirkung unterschiedlicher Volumina der Rückhaltebecken auf die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks einerseits und auf das Schwall/ Sunk-Verhältnis andererseits. Pumpspeicher spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Stromversorgung. Das Produktionsprofil von neuen erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne weist eine sehr volatile Charakteristik auf, die nicht genau voraussehbar ist. Volatilitäten können mit Pumpenergie ausgeglichen werden. Bei Überproduktion werden Pumpen eingeschaltet und die überschüssige Energie in höherliegenden Becken gespeichert. Die gespeicherte Energie kann dann bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden. Pumpspeicher haben grundsätzlich einen positiven Effekt auf das Abflussregime. Die Becken der Pumpspeicher dienen als Rückhaltebecken und das Wasser zirkuliert innerhalb der Kraftwerkskaskade, bevor es ins natürliche Fliessgewässer abgegeben wird. 3.

Regeln für ein optimales Abflussregime Die genauen Auswirkungen von Schwall/ Sunk-Betrieb auf Fauna und Flora in den Fliessgewässern bilden Gegenstand von laufenden Forschungsprojekten und Untersuchungen. Aus neuen Erkenntnissen können Regeln für ein optimales Abflussregime hergeleitet werden. Der Autor ist kein Experte auf diesem Gebiet. Es besteht aber in diesem Falle eine enge Zusammenarbeit mit Heinz Marrer BGF (Büro für Gewässer- und Fischereifragen AG). Eine enge Zusammenarbeit ist notwendig, um

geeignete Regeln zu formulieren. Die Regeln für das Abflussregime müssen nämlich so formuliert werden, dass sie einerseits im mathematischen Optimierungsmodell abgebildet werden können und andererseits die negativen Auswirkungen von Schwall/Sunk maximal reduzieren. Als einfachste Regel gilt ein Maximalwert für das Schwall/Sunk-Verhältnis. Sie ist leicht verständlich und umsetzbar. Eine reine Beschränkung des Schwall/ Sunk-Verhältnisses ist aus ökologischer Sicht nicht unbedingt optimal und führt zudem oft zu hohen wirtschaftlichen Einbussen für den Kraftwerksbetreiber und damit letztendlich zu höheren Produktionskosten und Strompreisen. Sunk-Aufbesserung ist oft die bessere Option als Schwallreduktion. Dies kann an einem einfachen Beispiel gezeigt werden: Angenommen das Schwall/SunkVerhältnis soll für einen konkreten Fall von 10:1 auf 5:1 reduziert werden, und zwar bei einem Schwall von 50 m3/sec und einem Sunk von 5 m3/sec. Es gibt die Option, den Schwall um 25 m3/sec zu reduzieren oder den Sunk um 5 m3/sec zu erhöhen (Sunk-Aufbesserung). Tatsächlich hat die Sunk-Aufbesserung weniger Einfluss auf den Kraftwerksbetrieb. Vor allem ist der Kraftwerksbetreiber damit immer noch in der Lage, das Kraftwerk zu Spitzenzeiten voll auszufahren. Die Sunk-Aufbesserung erfolgt bei den Ausgleichsbecken oder direkt bei den Wasserfassungen (vgl. Bild 1: Punkte V2 und V3) und ist oft mit baulichen Massnahmen verbunden. Manchmal kann mit einer Sunk-Aufbesserung vorbeugend Überlauf verhindert werden. In diesem Falle hat die Sunk-Aufbesserung keine negativen Auswirkungen auf die Erträge des Kraftwerks. Eine weitere Option, die von Heinz Marrer im Rahmen der Untersuchungen für das Kraftwerk Amsteg entwickelt wurde, ist das Prinzip des sogenannten Vorschwalls. Während der Nacht sind Kraftwerke oft ausser Betrieb und es fliesst eine minimale Abflussmenge (Dotierwasser). Eine Schwall/Sunk-Verhältnis, basierend auf diesem minimalen Abfluss, würde eine nicht tragbare Einschränkung für das Kraftwerk bedeuten. Deshalb wird ein Regime vorgeschlagen, bei dem der Abfluss allmählich auf ein bestimmtes Niveau gesteigert und dort eine Stunde lang gehalten wird – sogenannter Vorschwall. Der Abfluss wird in der Folge weiter bis auf ein Basisniveau gesteigert. Das Schwall/ Sunk-Verhältnis basiert dann auf diesem Basiswert. Das Prinzip des Vorschwalls ermöglicht es dem Kraftwerksbetreiber, das

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Potenzial seiner Anlage auszuschöpfen. Auf ökologischer Seite konnte durch Untersuchungen gezeigt werden, dass Kleinlebewesen durch den Vorschwall Stress ausgesetzt werden und sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Die Ausarbeitung von geeigneten Regeln für ein optimales Abflussregime ist eine grosse Herausforderung und verlangt die Beteiligung aller Parteien. Die Regeln müssen einerseits die negativen Auswirkungen von Schwall/Sunk reduzieren und andererseits für den Kraftwerksbetreiber wirtschaftlich tragbar sein. Zudem muss eine mathematische Formulierung möglich sein, die es erlaubt die Regeln in einem Optimierungsmodell abzubilden. Der folgende Abschnitt zeigt am Beispiel des Kraftwerks Amsteg, wie die beschriebenen Regeln im konkreten Fall angewendet werden können. 4.

Optimales Abflussregime am Beispiel des Kraftwerks Amsteg (KWA)

4.1 Einleitung Das Kraftwerk Amsteg wird von der SBB betrieben und dient vor allem auch der Deckung von Spitzenlast. Die Abflussmenge des KWA in die Reuss ist heute stark eingeschränkt. Das Potenzial des Kraftwerks kann deshalb nicht voll ausgeschöpft werden. Es ist zwar ein unterirdisches Rückhaltebecken vorhanden, aber mit der bestehenden Regelung für den Abfluss können nur kurzzeitige Bewegungen geglättet werden. Im Bericht von Heinz Marrer [BGF 2009] werden Regeln für ein neues Abflussregime des KWA definiert. Diese Regeln ersetzen die bestehenden Begrenzungen des Abflusses. Das neue Abflussregime schont einerseits Flora und Fauna in der Reuss und hilft andererseits das betriebliche Potenzial des KWA besser auszunutzen. Im Vorprojekt mit der Firma Misurio wurden Optimierungsmodelle für das geplante optimale Abflussregime spezifiziert und Modellberechnungen mit historischen Messdaten durchgeführt. Das Optimierungsmodell bildet die Basis für das Design einer optimierenden Abflussreglers (OAR). Der OAR basiert auf der mathematischen Optimierung und steuert * [BGF 2009] Heinz Marrer, Martin Spörri; Erneuerung Kraftwerk Amsteg: Gewässerökologisch verträgliche Ausgestaltung des Schwallregimes.

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Bild 3. Tagesprofil für optimiertes Abflussregime mit Nachtphase, Vorschwall und Basisaufbesserung am Beispiel KWA. Die Nachtphase überschneidet sich mit dem Fahrplanbetrieb des Kraftwerks. das Regulierkraftwerk, so dass die vorgegebenen Regeln eingehalten werden. Die Optimierung berücksichtigt die Fahrpläne des KWA und ist online mit dem Prozessleitsystem verbunden. Die Berechnungen werden alle paar Minuten aktualisiert und mit dem realen Prozess synchronisiert. 4.2

Neue Regeln für ein optimales Abflussregime Das bestehende Abflussregime definiert saisonal unterschiedliche Begrenzungen der Rückgabewassermenge in Amsteg. Diese harten Grenzen schränken das Potenzial des KWA stark ein. Das Rückhaltebecken ist bei voller Leistung in knapp 20 Minuten gefüllt und damit relativ klein dimensioniert. Aus den ökologischen Untersuchungen des Büros Marrer wurden Regeln für das Abflussregime hergeleitet. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Festlegung des minimalen Abflusses, der während Schwachlastzeiten eingehalten werden muss (Dotierwasser). Dotierwasser wird abgegeben, selbst wenn das Kraftwerk in der Nacht nicht in Betrieb ist. Zudem muss bei Inbetriebnahme des Kraftwerks ein Vorschwall erzeugt und während einer Stunde gehalten werden. Danach wird ein festgelegtes Schwall/ Sunk-Verhältnis eingehalten. Schliesslich werden Begrenzungen für den Gradienten der Abflussmenge erfüllt (Rampen), so dass ein möglichst gedämpftes Abflussprofil entsteht. Der maximale Gradient ist bei kleinen Abflussmengen grösser. 4.3 Das Optimierungsmodell Die im vorangehenden Abschnitt beschriebenen Regeln müssen in mathematische Gleichungen umgewandelt werden. Dabei wird jeweils ein ganzer Tag (24 h) betrachtet und dieser in Zeitschritte unterteilt. Die Modellierung erweist sich als schwierig. Es wurden drei Ansätze entwickelt und getes24

tet und es gelang erst im dritten Anlauf, eine geeignete Lösung zu finden. Um eine unerwünschte Kopplung über zwei Tage zu verhindern, werden die Tage von 15:00 Uhr bis 15:00 Uhr betrachtet (statt von Mitternacht bis Mitternacht). Dies hat den Vorteil, dass ab 15:00 Uhr die Produktionsfahrpläne des Kraftwerks für den Folgetag bekannt sind. Es ergeben sich zwei Phasen: 1. Nachtphase: Die Phase fährt den Abfluss herunter. Die Rampen werden eingehalten und das Dotierwasser wird während der Nacht gehalten. Morgens wird der Abfluss wieder langsam hochgefahren. Auf dem Niveau des Vorschwalls wird der Abfluss eine Stunde lang gehalten, damit eine Basis für den maximalen Abfluss gebildet werden kann. Typischerweise startet die Nachtphase kurz vor oder nach Mitternacht. Der Startpunkt befindet sich somit ungefähr in der Mitte des betrachteten 24 h-Intervalls (15:00 Uhr bis 15:00 Uhr). 2. Fahrplan: In dieser Phase werden die Fahrpläne des Kraftwerks während der Betriebszeiten umgesetzt. Mit Hilfe der optimalen Steuerung für das Rückhaltebecken wird der Abfluss geglättet und die Vorgabewerte für die Änderung des Abflusses pro Zeiteinheit eingehalten. Bild 3 stellt das 2-Phasenmodell exemplarisch dar. QA(t) entspricht dabei dem resultierenden Abfluss der Reuss unterhalb des Kraftwerks. Entscheidend ist der optimale Zeitpunkt für die Einleitung und die Dauer der Nachtphase. Sie wird zuweilen bereits in der Abflussreduktion eingeleitet, während das Kraftwerk noch in Betrieb ist. Dabei fliesst immer noch Wasser ins Rückhaltebecken, so dass genügend Wasser vorhanden ist, um während der ganzen Nacht die minimale Abflussmenge aufrecht zu

halten. Andererseits wird die Nachtphase so ausgeleitet, dass während der Abflusszunahme bereits wieder Wasser aus dem Kraftwerk ins Becken fliesst, d.h. das Kraftwerk wieder in Betrieb ist. Die Optimierung des Abflussregimes liefert in Abhängigkeit des Produktionsfahrplans des Kraftwerks die folgenden Resultate: 1. einen machbaren Fahrplan für die Bewirtschaftung des Rückhaltebeckens. 2. den optimalen Zeitpunkt für den Start und die Dauer der Nachtphase, während der eine minimale Abflussmenge aufrechterhalten wird. 3. falls die Regeln für das Abflussregime nicht eingehalten werden können, liefert die Optimierung Angaben über das fehlende Beckenvolumen. 4.4

OAR – der optimierende Abflussregler Ein OAR basiert auf einer mathematischen Optimierung und steuert das Regulierkraftwerk, so dass die vorgegebenen Regeln in Bezug auf den Schwallbetrieb eingehalten werden. Die Optimierung berücksichtigt die Fahrpläne des Kraftwerks und ist online mit dem Prozessleitsystem verbunden. Die Berechnungen werden alle paar Minuten aktualisiert und mit dem realen Prozess synchronisiert. 5. Fazit Das revidierte Gewässerschutzgesetz fordert eine Reduktion der negativen Auswirkungen vom Schwall/Sunk-Betrieb der Kraftwerke. Ein Zielkonflikt mit der Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks erscheint vorprogrammiert. Geeignete Optimierungsmethoden liefern quantitative Resultate und erlauben eine sachliche Diskussion zwischen unterschiedlichen Interessengruppen. Der Einbezug neuester ökologischer Erkenntnisse erscheint zwar komplex, führt aber zu moderaten Lösungen, die von allen Seiten akzeptiert werden können. Eine Gesamtoptimierung von Produktionsfahrplänen der Kraftwerke unter Berücksichtigung von Regeln für das Abflussregime dürfte in den meisten Fällen für akzeptable Lösungen sorgen.

Anschrift des Verfassers Karl Werlen, Dr. sc. techn. ETH CEO Misurio AG, CH-3930 Visp karl.werlen@misurio.ch

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Restwassersanierung der genutzten Gewässer im Oberhasli Steffen Schweizer, Heiko Zeh Weissmann

Zusammenfassung In einem partizipativen Prozess finden Vertreter von Pro Natura, BKFV, Grimselverein und der KWO unter der Moderation des AWA eine einvernehmliche Lösung.

1. Einleitung Die Revision des eidgenössischen Gewässerschutzgesetzes (GSchG) schreibt seit 1991 in den Artikeln 80ff. die Sanierung der Restwasserstrecken bei bestehenden Wasserkraftkonzessionen vor. Im Jahr 2003 wurde die Sanierungsfrist von ursprünglich 15 Jahren auf 20 Jahre bis 2012 verlängert (Uhlmann & Wehrli 2007a). Ziel der Gesetzesrevision ist es, dass wieder angemessene Restwassermengen in den schweizerischen Gewässern fliessen. Uhlmann & Wehrli (2007b) haben zusammengefasst wie die Gewässersanierung in den einzelnen Kantonen bis Juli 2006 umgesetzt worden ist. Im Kanton Bern wurden bisher drei Restwassersanierungen verfügt, wovon bereits zwei vollständig umgesetzt sind. Ausserdem wurden in den letzten Jahren neue Konzessionen oder Nutzungsbewilligungen für die Gewässersysteme Önz und Emme erteilt. Weitere Sanierungen und Neukonzessionierungen sind aktuell in Bearbeitung. Bei diesen Umsetzungen des GSchG hat sich die gesamthafte Betrachtung ganzer Gewässersysteme bewährt, da so Konzessionäre und Nutzer von alten Rechten nach einer gemeinsamen und konsensfähigen Lösung suchen können. Selbstverständlich benötigt dieser Prozess eine entsprechende Zeit. Alle Akteure auf dem langen Weg bis zur Sanierungsverfügung mitgenommen Die KWO (Kraftwerke Oberhasli AG) ist bereits seit über fünf Jahren bestrebt, die von ihr genutzten Gewässer nach GSchG

Art. 80ff zu sanieren. Im Jahr 2006 wurde von den Umwelt- und Ingenieurbüros Herzog und Aquaterra ein Sanierungskonzept mit Dotierungen sowie Massnahmen zur Längsvernetzung, Gewässerrevitalisierung sowie einer Fassungsaufgabe ausgearbeitet und dem Kanton Bern vorgelegt (Aquaplus 2005, Herzog & AquaTerra 2006). Die Fachstellen haben unter der Federführung des Wasserwirtschaftsamtes des Kantons Bern (heute Amt für Wasser und Abfall, AWA) das Konzept zurückgewiesen und einen Gegenvorschlag vom Umweltbüro Sigmaplan erstellen lassen (Sigmaplan 2008). In der Zwischenzeit wurden verschiedene gewässerökologische Untersuchungen wie z.B. Dotierversuche und biologische Untersuchungen der Oberhasler Gewässer (Schweizer et al. 2010) durchgeführt und ergaben wichtige und neue Erkenntnisse. Darauf aufbauend und auch die Stellungnahmen der verschiedenen kantonalen Ämter berücksichtigend, hat die KWO einen weiteren Vorschlag 2009 (KWO 2009) ausgearbeitet und dem AWA vorgestellt. Als dann bereits im darauf folgenden Sommer der Begleitprozess zu

den Ausbauprojekten von KWO plus mit Vertretern der kantonalen Fachstellen, der Umweltschutzverbände, der Gemeinden sowie den politischen Vertretern und der KWO begonnen hatte (Schweizer et al. 2010), wurde die Gewässersanierung auch Teil dieser breit abgestützten Partizipation. Im Rahmen dieses Begleitprozesses wurde ein Ausschuss unter der Moderation des AWA mit Vertretern von Pro Natura, des Bernisch Kantonalen Fischereiverbands (BKFV), des Grimselvereins, der Gemeinden und der KWO eingerichtet. Nach anfänglichen Grundsatzdiskussionen verständigten sich die Mitglieder dieses Gremiums darauf, neben juristischen und technischen Fragen vor allem auch über ökologische Inhalte zu diskutieren und zu verhandeln. Zusätzlich zu den ökologischen Ausgleichsmassnahmen der Kraftwerksprojekte «Tandem» (Ausbau der Kraftwerkskette Handeck-Innertkirchen) und «Grimsel 3» (Pumpspeicherwerk zwischen Oberaarsee und Räterichsbodensee) wurde in diesem Gremium auch über die gewässerökologischen Massnahmen zur Gewässersanierung gesprochen und direkt verhandelt. Die gleichzeitige Ausar-

2.

Tabelle 1. Die ökologischen Qualitätsniveaus der KWO Gewässersanierung (QX = Restwassermenge um Ziel X zu erreichen). Bemerkung: Mit dem Ausbauprojekt «Tandem» sind weitergehende Aufwertungsmassnahmen zur Förderung der Seeforelle verknüpft – dafür ist ein weiteres ökologisches Zielniveau QSeeforelle vereinbart worden.

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beitung von gewässerökologischen Ausgleichsmassnahmen sowohl für die Kraftwerksprojekte als auch für die Gewässersanierung garantiert, dass möglichst viele Synergien genutzt werden können und so das Gesamtergebnis einer Öko-Logik folgt. Alle gewässerökologischen Aufwertungsmassnahmen wurden vorgängig in der Fachgruppe von Vertretern der kantonalen Fachstellen, dem Umweltbüro Sigmaplan und der KWO bezüglich ökologischer Wirksamkeit, Machbarkeit, Zu-

sätzlichkeit (Anrechenbarkeit einer Massnahme) und Prioritätensetzung beurteilt. Der Schlüsselfaktor bei den Verhandlungen im Ausschuss war die Einführung von ökologischen Qualitätsniveaus, d.h. dass neben einer bestimmten Restwassermenge auch ökologische Zielvorgaben je Gewässer gemeinsam festgelegt wurden. Diese werden in einem mehrjährigen Monitoring überprüft. Bei Nichterreichen der formulierten Ziele können weitergehende Massnahmen gefordert werden (z.B. Erhöhung der Restwassermenge).

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die verschiedenen festgelegten Qualitätsniveaus. Nach mehreren Verhandlungsrunden im Ausschussgremium konnte schliesslich im dritten Quartal 2010 eine Einigung bezüglich der Gewässersanierung erzielt werden, die noch weitergehende gewässerökologische Verbesserungen zum Vorschlag der KWO aus dem Jahr 2009 (KWO 2009) vorsieht. Das AWA hat im vierten Quartal 2010 den Schlussbericht erstellt und die Sanierung verfügt.

Erklärungen: RW = Restwasser, A = Aaretal, U = Urbachtal, Ga = Gadmental, Ge = Gental. In der Spalte «Dotierung» geben die Werte in Klammern die Dotierwassermenge an, die bei einer Neukonzessionierung nach Art. 31 bis 33 GSchG ohne Schutz- und Nutzungsplanung nötig wäre (bestimmt von Sigmaplan 2010c). * Dotierung mit klarem Wasser aus Hangkanal (gefasster Zufluss in den Räterichsbodensee). ** Der Tobigerbach führt ganzjährig klares Wasser (vergleichbare Situation wie in der Aare Kap. 3.1). Er garantiert so ein naturnahes Abflussregime auf tieferem Niveau in der Restwasserstrecke. + Natürlicher Abfluss bis maximal 250 l/s. ++ Da der Engstlensee aus Lawinenschutzgründen im Winter abgesenkt wird, der winterliche Zufluss sehr gering ist und da es sich hier vorwiegend um eine landschaftliche Aufwertung handelt, ist die Dotierung auf die Sommermonate beschränkt. ◊ ab Zusammenfluss von Wenden- und Steinwasser gilt das Zielniveau QBachforelle. ◊ ◊ Zielniveau QBachforelle gilt ab Schitziboden (etwa 1.5 km unterhalb der Fassung Engstlenbach). ‡ kein Energieverlust, da das Wasser des Engstlensees erst ab der Fassung Engstlenbach für die Stromproduktion genutzt wird. ‡‡ Bei einer Nutzung des Tobigerbachs nach Art. 31 bis 33 GSchG könnte eine Energie von rund 3.2 GWh/a erzeugt werden. Tabelle 2. Vom AWA im vierten Quartal 2010 verfügte Massnahmen der KWO-Gewässersanierung. 26

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3.

Die Massnahmen der Gewässersanierung

3.1 Heutiger Zustand Das Einzugsgebiet der KWO liegt im östlichen Berner Oberland in der Region von Grimsel und Susten. Insgesamt wird in den zwei Haupttälern Aare- und Gadmental sowie in den zwei bedeutenden Seitentälern Urbach- und Gental an insgesamt 27 Fassungen Wasser für die Energieerzeugung entnommen. Die Einzugsgebietsfläche oberhalb von Innertkirchen beträgt rund 450 km2, wovon etwa 350 km2 für die Wasserkraft genutzt werden. In zahlreichen gewässerökologischen Untersuchungen wurden der heutige Zustand der KWO-Restwasserstrecken sehr genau dokumentiert (Schweizer et al. 2010) und sowohl das ökologische Defizit als auch das ökologische Potenzial der von der KWO beeinflussten Gewässer abgeschätzt. Dabei zeigte sich, dass grössere gewässerökologische Defizite vor allem direkt unterhalb einiger Fassungen und in natürlichen Versickerungsstrecken anzutreffen sind. Dagegen führen die steile Topographie und die im KWO-Einzugsgebiet generell sehr hohen Niederschlagsmengen und -intensitäten bereits nach relativ kurzen Strecken unterhalb der meisten Fassungen wieder zu ansehnlichen Restwasserabflüssen und zu einer bzgl. ökologischen Gesichtspunkten funktionierenden Hochwasserdynamik. Aufgrund der Fassung der Gletscherabflüsse in den Speichern Oberaar-, Grimsel-, Gelmer- und Räterichsbodensee führt die Restwasserstrecke der Hasliaare ganzjährig klares Wasser. So hat sich in den letzten Jahrzehnten ein neuer Gleichgewichtszustand mit neuen ökologischen Werten in der Restwasserstrecke eingestellt. Die ganzjährige klare Wasserführung ermöglicht im Sommer eine deutlich höhere Produktion (sowohl Algen als auch Wirbellose und Fische) und Artenvielfalt der Wirbellosen verglichen mit einem durch Gletscherschmelze geprägtem Gewässer, das im Sommerhalbjahr trübes Wasser führt. Als Referenzgewässer dafür wurde die von der Wasserkraft ungenutzte Lütschine ausgewählt (Limnex 2008, Schweizer et al. 2010). Auch der Erstnachweis einer seltenen Rotalgenart (Paralemanea torulosa) (Limnex 2008) und die funktionierende Fortpflanzung der Bachforellen sprechen dafür, den heutigen Zustand der Aare zu erhalten. Dieser Sachverhalt wurde sowohl im Ausschuss als auch in der Fachgruppe (Kap. 2) ausführlich diskutiert. In beiden

Gremien wurde ein Erhalt der heutigen Situation als schutzwürdig erachtet und somit eine Dotierung mit klarem Wasser ausdrücklich empfohlen. Im Urbachtal ist vor allem die Aue Sandey, eine Aue von nationaler Bedeutung, von hohem ökologischem Wert. Der Stausee Mattenalp (etwa 5 km oberhalb von Sandey) trennt den oberen Teil des ursprünglichen Einzugsgebiets von dieser Aue ab. Aufgrund des grossen Zwischeneinzugsgebiets ist die Aue aber von einem naturnahen Abfluss geprägt, der die für alpine Systeme typische Expansionsund Kontraktionsdynamik des Gewässernetzes sowie einen naturnahen Geschiebetrieb gewährleistet. Oberhalb und direkt unterhalb von Sandey verläuft das Urbachwasser meist in einem steilen eingeschnitten Tal, ohne grössere Landschaftswirkung und ohne grösseres ökologisches Potenzial. Erst vor der Mündung in die Aare hat das Urbachwasser aufgrund der natürlichen Seeforellenverlaichung wieder eine sehr hohe ökologische Bedeutung. Sowohl im Gadmen- als auch im Gental haben die durchgeführten ökologischen Untersuchungen ein sehr hohes Verbesserungspotenzial bezüglich der Aspekte • Restwasserführung (v.a. bei Versickerungsstrecken) • Geschiebehaushalt • Längsvernetzung (Durchgängigkeit) • Laterale Vernetzung (Auen) • Landschaft ergeben.

3.2

Ableiten der effizientesten Massnahmen Die detaillierte Dokumentation des Ist-Zustands (vgl. Kap. 3.1) hat den Vertretern in der Fachgruppe und im Ausschussgremium erlaubt, die effektivsten Massnahmen abzuleiten. Ausserdem konnten aus den Dotierversuchen von 1994 und 2008 (Emch + Berger 1996, Sigmaplan 2010a und 2010b) fundierte und detaillierte Erkenntnisse bezüglich den hydraulischen Bedingungen (Abflusstiefen, Fliessgeschwindigkeiten, benetzte Breiten) und der landschaftlichen Wirkung der Gewässer bei unterschiedlichen Dotierwassermengen gewonnen werden. Diese Erkenntnisse sind bei der Festlegung geeigneter Restwassermengen äusserst wertvoll gewesen. Da im Ausschuss über gewässerökologische Massnahmen im Rahmen der Gewässersanierung und der Ausbauprojekte «Tandem» und «Grimsel 3» als Gesamtpaket diskutiert und verhandelt wurde, konnte so eine Öko-Logik verfolgt werden, die folgender Grundidee einer Schutz- und Nutzungsplanung (SNP) für das Oberhasli folgt:

«Aare- und Urbachtal mit grossem Energiegewinnungspotenzial nutzen – Gadmen- und Gental mit grossem ökologischem Aufwertungspotenzial schützen». Ausserdem wurde im Gremium beschlossen, dass im Rahmen der Gewässersanierung neben Restwasserdotierungen

Bild 1. Die gewässerökologischen Massnahmen im Rahmen der KWO-Gewässersanierung. Die blauen Pfeile geben die Restwasserstrecken mit Dotierungen an.

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Bild 2a. Künftige Restwassersituation in der Aare unterhalb der Fassung Handeck (Dotierversuche Herbst 2008 mit einer Dotierwassermenge von rund 200 l/s).

Bild 2b. Gadmerwasser im Winter 2010 mit einer geschätzten Dotierwassermenge von 150 l/s. Im oberen Bildrand ist das Wehr der Fassung Fuhren zu erkennen.

Bild 2c. Künftige Reaktivierung des Ausflusses aus dem Engstlensee.

auch Massnahmen zur Verbesserung des Geschiebehaushalts, der Durchgängigkeit und der Landschaft (Dotation Engstlenseeausfluss) umgesetzt werden. Zusätzlich wurden mit dem Fischereiverein Oberhasli weitere Massnahmen zur Förderung der heimischen Fischfauna hinsichtlich Verdriftung in das Kraftwerkssystem und bezüglich potenziellen Aufwertungsmassnahmen von zwei kleinen Aufzuchtgewässern vereinbart. Während in Tabelle 2 alle Massnahmen kurz beschrieben sind, zeigt Bild 1 die geographische Verteilung der Massnahmen und die Fotos (Bild 2a, 2b, 2c) zeigen die künftige Situation in den zwei Hauptgewässern des Oberhasli und die Reaktivierung des Ausflusses aus dem Engstlensee.

angemessene Aufwertungsmassnahmen festgelegt. In Bild 3a und 3b sind der heutige Zustand der Restwassersituation und der Zustand nach Umsetzung der KWOGewässersanierung im Oberhasli dargestellt – jeweils angegeben als Anteil an dem Abfluss, der für eine Neukonzessionierung nach Art. 31 bis 33 GSchG ohne Schutz- und Nutzungsplanung nötig wäre (QArt.31–33). Die Festlegung des QArt.31–33 wurde vom Umweltbüro Sigmaplan unter Berücksichtigung der Artikel 31 bis 33 bestimmt (Sigmaplan 2010c). Die hier dargestellte Klasseneinteilung lehnt sich an die ökologische Bewertungsmethode von Basler E. & Partner (2005) an, die vom BAFU für Schutz- und Nutzungsplanungen empfohlen wird.

4.

Abschnitte mit geringem ökologischem Potenzial Bei den steilen Schluchtstrecken der Aare unterhalb von Grimsel- und Räterichsbodensee, des Oberaarbachs, des Gelmerbachs, des obersten Teils des Urbachwassers und des Ärlenbachs wird aufgrund des geringen ökologischen Potenzials auf eine Restwassersanierung verzichtet (Bild 3b). Sie verbleiben in einem stark beeinträchtigten (11–40% von QArt. 31–33) oder naturfernen Zustand (<10% von QArt. 31–33). Die Restwasserstrecken unterhalb des Trübtensees, der Bächlibachfassung, des Grubengletschers, des Rotlauibachs, Hostettbachs und Teuflauibachs, Wunderbrunnens und Henglibachs sind überwiegend steile Nichtfischgewässer mit natürlicherweise geringer Wasserführung und daher einem geringen Aufwertungspotenzial. Deshalb werden sie aufgrund ihrer grösseren Zwischeneinzugsgebiete und/oder aufgrund tieferen QArt. 31–33 «nur» als beeinträchtigt (41–70% von QArt. 31–33) bewertet. Auch hier sind keine Massnahmen im Rahmen der Gewässersanierung vorgesehen (Bild 3b).

Abschnitte mit mittlerem bis hohem ökologischen Potenzial Die «natürliche» Dotierung mit klarem Wasser vom Tobigerbach (vgl. Tabelle 2) sichert den heutigen guten und erhaltenswerten Zustand des Triftwassers (vergleichbar mit der Situation in der Aare, siehe Kap. 3.1). Direkt unterhalb der Fassung verläuft das Triftwasser als steiles Nichtfischgewässer in einer Schlucht. Fischökologische Untersuchungen konnten für das untere Triftwasser die natürliche Reproduktion der Bachforelle nachweisen (Büsser 2011) und damit den heute bereits guten Zustand des Gewässers belegen. An allen übrigen Gewässerabschnitten erfolgt mit Dotierungen im Rahmen der Gewässersanierung eine Verbesserung der Restwasserverhältnisse (Bild 3b). Dabei wird QArt. 31–33 auf einem Grossteil der Restwasserstrecken der Talflüsse Aare, Urbachwasser, Gadmerwasser und Gentalwasser annähernd bis vollständig erreicht, ebenso in den Seitengewässern Grubenbach, Ärlenbach, Bänzlauibach, Wendenwasser, Moosbach und Engstlenbach. Die Restwasserdotierungen (Tabelle 2) werden insbesondere die heutige Situation in Stein- und Wendenwasser sehr stark verbessern und für eine ganzjährige Wasserführung in den Versickerungsstrecken führen und somit rund 1 km Fliessgewässer wieder neu erschaffen. Dabei werden die Strecken von Stein- und Wendenwasser an das Gadmerwasser angeschlossen und zukünftig mit ihrer ganzjährigen Produktivität einen natürlichen Eintrag von Fischnährtieren in das Gadmerwasser erzeugen. Dies wird einen wertvollen Beitrag zur Nahrungszufuhr für die Bachforellen im Gadmerwasser leisten. Generell wird die Restwassersituation im Gadmen- und Gental bezüglich Gewässerökologie und Landschaft deut-

Diskussion der Massnahmen, des Verfahrens und des Kontextes der KWO-Gewässersanierung Wie in den vorigen Kapiteln bereits beschrieben, wurden die ökologischen Defizite und Aufwertungspotenziale ausführlich untersucht (Schweizer et al. 2010). Zudem garantiert die gleichzeitige Ausarbeitung und Festlegung von Massnahmen sowohl für die Gewässersanierung als auch für die geplanten Kraftwerksprojekte von KWO plus das bestmögliche Ausarbeiten und Abstimmen aller gewässerökologischen Verbesserungen. Somit können möglichst viele Synergien wahrgenommen werden, was dazu führt, dass der ökologische Wert der KWO-Gewässersanierung deutlich grösser ist als die Summe aller Einzelmassnahmen. 4.1 Ökologische Verbesserungen Mit den in Tabelle 2 beschriebenen Massnahmen werden relevante gewässerökologische Defizite behoben und für die Gewässerabschnitte mit den grössten Verbesserungspotenzialen sinnvolle und 28

«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


lich verbessert und auf einem Grossteil der Strecken das Niveau von QArt. 31–33 erreicht oder zumindest angenähert. Die Dotierungen im Aare- und Urbachtal werden die bestehenden ökologischen Defizite direkt unterhalb des Räterichbodensees und der Fassung Handeck deutlich vermindern. Ausserdem wird der geplante Fischpass an der Fassung Fuhren jeweils zwei Fliessstrecken des Gadmerwassers von je rund 2 km Länge wieder miteinander vernetzen. Schliesslich kommt noch die seit 2008 in Vorleistung betriebene ökologische Geschiebebewirtschaftung des Gadmerwassers hinzu, die bereits nach drei Jahren zu grossen Aufwertungen der Gewässersohle bezüglich Laichplätzen für Bachforellen und Lebensraumbedingungen für das Makrozoobenthos führt (aktuelles Monitoring und Beobachtungen von Schweizer S., Meyer M. (beide KWO), und Fischereiverein Oberhasli, Oktober 2010). Der Geschiebesammler in Obermad wird seit dem Bau der Sustenstrasse bewirtschaftet und dient heute dem Schutz der Unterlieger. Durchschnittlich werden pro Jahr 4000 m3 Geschiebe entnommen, wobei seit 2008 rund 1000 m3 pro Jahr dem Gadmerwasser direkt unterhalb des Sammlers wieder zugeführt werden. Eine

Erhöhung auf 2000 m3 pro Jahr wird für die nächsten Jahre angestrebt, sofern das begleitende Monitoring dies erlaubt. Insgesamt werden mit den Massnahmen zur Gewässersanierung viele von der KWO genutzten Gewässer mit mittlerem bis hohem Potenzial wieder in einen ökologisch guten Zustand überführt. Die in der Verfügung berücksichtigten Qualitätsniveaus (Tabelle 1 und 2) garantieren das Erreichen dieser ökologischen Ziele. 4.2

Erarbeitungsprozess und Kontext der KWO-Gewässersanierung Die KWO wird mit den in Tabelle 2 beschriebenen Massnahmen das bislang grösste Kraftwerkssystem der Schweiz sein, das seine genutzten Gewässer nach Art. 80ff. GSchG saniert. Darüber hinaus ist der partizipative Prozess mit direkten Verhandlungen mit Vertretern der Umweltschutzverbände Pro Natura, BKFV und Grimselverein unter der Moderation des AWA einmalig für die Schweiz. Dieser Umstand hat zur Folge gehabt, dass nach Ablauf der Beschwerdefrist keine Beschwerden gegen die Gewässersanierung vorlagen und es somit zu keinen juristischen Verzögerungen gekommen ist. Insgesamt ist allen Beteiligten des

Bild 3a. Restwasseranteil für den heutigen Zustand. Angegeben als Anteil am QArt. 31 bis 33 (der Abfluss, der nach Art. 31 bis 33 GSchG ohne Schutz- und Nutzungsplanung bei einer Neukonzessionierung gefordert werden würde – Bestimmung Sigmaplan [2010c]). Aufgrund des hohen Zwischenabflusses erreichen bereits heute bestimmte Restwasserabschnitte über 70% des QArt. 31 bis 33.

Ausschussgremiums bewusst, in welchem komplexen Spannungsfeld sich diese Gewässersanierung bewegt: Einerseits ist hinsichtlich von Klimaschutzzielen und damit der Förderung von regenerativen Energiequellen die Energiestrategie von Kanton und Bund zu beachten, anderseits gilt es aber auch, die Gewässerökologie im Oberhasli aufzuwerten und das Gewässerschutzgesetz juristisch korrekt umzusetzen. Nicht zuletzt ist aber auch die Flut an geplanten Kleinwasserkraftwerken infolge der Kosten deckenden Einspeisevergütung (KEV) im Blickfeld zu behalten, die ihrerseits Auswirkungen auf die Gewässerökologie in anderen Regionen der Schweiz haben. Aus Sicht aller im Gremium Beteiligten ist mit der hier vorgestellten Gewässersanierung ein sehr guter und allen Aspekten Rechnung tragender Kompromiss gelungen. 5.

Umsetzung der Massnahmen und Ausblick Da im Ausschuss neben der Gewässersanierung gleichzeitig auch über Ausgleichsmassnahmen zu den Kraftwerksprojekten von KWO plus diskutiert und verhandelt worden ist, werden sich die den Ausbauprojekten zugeordneten Aufwertungsmassnahmen sehr gut in die Öko-Logik

Bild 3b. Restwasseranteil für die KWO-Gewässersanierung. Angegeben als Anteil am QArt. 31 bis 33 (der Abfluss, der nach Art. 31 bis 33 GSchG ohne Schutz- und Nutzungsplanung bei einer Neukonzessionierung gefordert werden würde – Bestimmung Sigmaplan [2010c]).

Erklärungen zu den Nummern 1–27 in den Bildern 3a und 3b. Angabe der Fassungsnamen: 1 = Henglibach, 2 = Wunderbrunnen, 3 = Engstlensee, 4 = Engstlenbach, 5 = Moosbach, 6 = Teuflaui, 7 = Leimboden, 8 = Wenden, 9 = Stein, 10 = Fuhren, 11 = Trift, 12 = Hopflauenen, 13 = Oberaarsee, 14 = Trübtenbach, 15 = Totensee (Konzession läuft aus, Abklärungen für eine Verlängerung sind mit dem Kanton Wallis aktuell in Gang), 16 = Grimselsee, 17 = Bächli, 18 = Räterichsbodensee, 19 = Gelmersee, 20 = Grubengletscher, 21 = Grubenbach, 22 = Ärlenbach, 23 = Handeck, 24 = Rotlaui, 25 = Hostett, 26 = Bänzlaui, 27 = Mattenalpsee. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden

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der KWO-Gewässersanierung einfügen. So sind mit den Kraftwerksprojekten Tandem und Grimsel 3 mehrere Flussrevitalisierungen, zukünftige Nutzungsverzichte, eine Fassungsaufgabe, Durchgängigkeitsverbesserungen, Massnahmen zur expliziten Förderung der bedrohten Seeforelle und Verminderung der Schwall/Sunk-Problematik mit einem Beruhigungsbecken (Schweizer et al. 2008) verknüpft. Die KWO hat bereits die wichtigsten ökologischen Untersuchungen bezüglich künstlichen Pegelschwankungen an der Aare durchführen lassen (vgl. Schweizer et al. 2010). Darüber hinausgehend sind noch weitere Abklärungen und Forschungsarbeiten geplant, um der jüngsten Änderung des Gewässerschutzgesetzes bezüglich Sanierung von Schwall/Sunk-Strecken möglichst rasch entsprechen zu können und um auch auf dringende und allgemeine Fragen aus der Praxis (vgl. Schweizer et al. 2009) hinsichtlich der Gesetzesumsetzung fundierte Antworten geben zu können. Durch die Verfügung wird von der KWO die fristgerechte Umsetzung aller Massnahmen der Gewässersanierung bis Ende 2012 gefordert. Dem Kanton liegt seit Dezember 2010 ein Konzept zur technischen und zeitlichen Umsetzung der Massnahmen in den nächsten zwei Jahren vor. Sofern es keine Verzögerungen aufgrund von Bewilligungsverfahren gibt und keine aussergewöhnlich lang anhaltenden schlechten Witterungsbedingungen herrschen (der technische Bau bei einigen Dotiervorrichtungen ist wegen der Zugänglichkeit und des Abflussregimes nur in einem engen Zeitfenster im Spätjahr möglich), ist die Umsetzung zwar relativ ambitiös aber realistisch. Das Erreichen der ökologischen Zielniveaus wird in einem mehrjährigen Monitoring überprüft. Sowohl beim Festlegen der zu messenden Indikatoren als auch bei deren Bewertung und Erhebung wird der eingeschlagene Weg der Partizipation fortgesetzt. In Zusammenarbeit mit den kantonalen Fachstellen und den Umweltschutzverbänden werden das Konzept und das konkrete Monitoring ausgearbeitet. Ein weiterer ökologischer Gewinn der KWO-Gewässersanierung könnte sich dann in fünf bis 10 Jahren ergeben, wenn auf die spannende Frage «Welche Restwassermengen werden benötigt, um

30

ein bestimmtes ökologisches Ziel zu erreichen?» sowohl methodische als auch konkrete Antworten speziell für das Oberhasli gegeben werden können.

Beruhigungsbecken zur Reduktion von künstlichen Pegelschwankungen in der Hasliaare. «Wasser Energie Luft» 2008 (3): 209–215. Schweizer S., Neuner J. und Heuberger N. (2009): Bewertung von Schwall/Sunk – Herlei-

6. Ausschussmitglieder L. Vetterli (Pro Natura), M. Meyer (BKFV), U. Eichenberger (Grimselverein), I. Schmidli (AWA), H. Habegger (AWA), C. Kaufmann (AWA), W. Brog (Gemeinde Innertkirchen), H. Zeh (Umweltbüro Sigmaplan), G. Biasiutti (KWO), S. Mützenberg (ehemals KWO jetzt Gruner Ltd Consulting Engineers), D. Fischlin (KWO), S. Schweizer (KWO).

tung eines Öko-Logisch abgestützten Bewertungskonzepts. «Wasser Energie Luft» 2009 (3): 194–202. Schweizer S., Meyer M., Heuberger N., Brechbühl S. und Ursin M. (2010): Zahlreiche gewässerökologische Untersuchungen im Oberhasli. Wichtige Unterstützung des partizipativen Begleitprozesses von KWOplus. «Wasser Energie Luft» 2010 (4): 289–300. Sigmaplan (2008): Sanierung Wasserentnah-

Danksagung

men Kraftwerke Oberhasli AG. Restwassersa-

Für die gründliche Durchsicht des Manuskripts

nierung nach Art. 80ff. Gewässerschutzgesetz.

und für wertvolle Kommentare möchten die

Autoren Wagner T. & Zeh H.

Autoren an dieser Stelle C. Mathez (BWU), P.

Sigmaplan (2010a): Dotierversuche KWO 2008.

Baumann (Limnex AG), S. Jenni (Advokatur

Dokumentation und Ergebnisse. Bericht im Auf-

Jost Stämpfli Kilchenmann Messerli Streit), M.

trag der KWO. Autoren Wagner T. & Zeh Weiss-

Meyer (KWO) und P. Tscholl (KWO) danken. Für

mann H..

die Erstellung der Karten ein herzliches Danke-

Sigmaplan (2010b): Dotierversuche KWO. Fo-

schön an A. Bertiller (Sigmaplan).

todokumentation. Bericht im Auftrag der KWO. Autoren Wagner T. & Zeh Weissmann H..

Literatur

Sigmaplan (2010c): Kraftwerke Oberhasli.

Aquaplus (2005): Gewässersanierungskonzept.

Restwasserbericht mit Schutz- und Nutzungs-

Sanierungsbericht Wasserentnahmen und Ge-

planung Vergrösserung Grimselsee. Mit einer

wässersanierungskonzept. Bericht im Auftrag

Gesamtübersicht über sämtliche im Rahmen

der KWO.

der Restwassersanierung nach Art. 80 GSchG

Basler E. & Partner (2005): Ausnahmen von den

sowie des Investitionsprogramms KWOplus

Mindestrestwassermengen im Rahmen einer

vorgesehenen gewässerökologischen Mass-

Schutz- und Nutzungsplanung (Art. 32 Bst. c

nahmen und einer gewässerökologischen Ge-

GSchG). Bericht des Bundesamts für Umwelt,

samtbilanz im Anhang. Bericht im Auftrag der

Wald und Landschaft (BUWAL), Bern.

KWO. Autoren Zeh Weissmann H. & Wagner T.

Büsser P. (2011): Naturverlaichung der Bachfo-

Uhlmann V. & Wehrli B. (2007a): Die Sicherung

rellen in Stein- und Triftwasser. Untersuchungen

angemessener Restwassermengen – wie wird

zur Ei-Entwicklung im Winter und Frühjahr

das Gesetz vollzogen? «Wasser Energie Luft»

2009/2010. Bericht im Auftrag der KWO.

2007 (4): 307–310.

Emch + Berger (1996): Grimsel-West – UVP 1.

Uhlmann V. & Wehrli B. (2007b): Vollzug der

Stufe «Dotierversuche 1994». Bericht im Auftrag

Restwassersanierungsvorschriften. Standort-

der KWO.

bestimmung nach 15 Jahren Inkraftsetzung

Herzog & AquaTerra (2006): Sanierungskonzept

des Gewässerschutzgesetzes. «Wasser Ener-

Gewässersanierung nach Art. 80ff. Bericht im

gie Luft» 2007 (4): 311–313.

Auftrag der KWO. KWO (2009): Stellungnahme der Kraftwerke Oberhasli AG zum Konzept des Kantons zur Gewässersanierung nach Art. 80ff GSchG. Ausarbeitung einer gewässerökologisch und landschaftlich optimierten Variante.

Anschrift der Verfasser

Limnex (2008): Restwasserführung in der Has-

Kraftwerke Oberhasli AG

liaare. Gewässerökologische Untersuchungen

CH-3862 Innertkirchen

von Hasliaare und Weisser Lütschine. Beurtei-

Dr. Steffen Schweizer, Leiter Gewässerökolo-

lung einer zukünftigen Dotierung. Bericht im

gie, Tel. direkt +41 33 982 20 19

Auftrag der KWO (Autor Baumann P.).

Mobile +41 76 491 61 29, sste@kwo.ch

Schweizer S., Neuner J., Ursin M., Tscholl H.

Heiko Zeh Weissmann

und Meyer M. (2008): Ein intelligent gesteuertes

www.grimselstrom.ch

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Neubau Kleinwasserkraftwerk Alpbach in Kandersteg Thomas Richli

1. Ausgangslage Bereits in den 80er Jahren haben sich die Verantwortlichen der Licht- und Wasserwerk AG Kandersteg intensiv um weitere Ausbaumöglichkeiten der lokalen Wasserkraft gekümmert und im Jahr 1984 im «Leitbild 2000» den Alpbach zur strategischen Produktionsreserve erklärt. Es sollte jedoch noch einige Zeit dauern, bis mit den Projektierungsarbeiten begonnen wurde. Nicht die LWK sondern private Investoren hatten im Jahr 2004 ein Konzessionsgesuch für ein Kleinwasserkraftwerk unter 1 MW Leistung eingereicht. Zwischenzeitlich ging die LWK mit der BKW FMB Energie AG (BKW) eine Partnerschaft ein und man gründete im Jahr 2005 die Kraftwerke Kander Alp AG (KKA), worin die LWK mit 40% und die BKW mit 60% beteiligt ist. Die KKA beauftragte die BKW zur Ausarbeitung eines Konzessionsprojektes sowie das Büro Sigmaplan zur Ausarbeitung eines Umweltberichtes. Am 19. Dezember 2005 wurde das Konzessionsgesuch beim Amt für Wasser und Abfall (AWA), welches die Leitbehörde im Kanton Bern ist, eingereicht.

kombiniertes Verfahren (Konzessionsund Baugesuch) zu wählen. Dies wurde beim Projekt Alpbach nicht vorgesehen, weshalb nach Erhalt der Konzession das Baugesuch auszuarbeiten war. Die Gesuchsunterlagen konnten am 20. November 2006 eingereicht werden. Am 2. April 2007 erhielt die KKA dann den positiven Gesamtbauentscheid für das Projekt. 4.

Projektbeschreibung

4.1 Lage Topografie Der Alpbach ist ein Seitengewässer der Kander südwestlich von Kandersteg. Der Bach entspringt dem Tälligletscher, einem Eisfeld des Steghorns. Er durchfliesst das Ueschinental und gelangt dann im untersten Teil seines Laufes über

einen Hang auf den Talgrund, bevor er bei Eggenschwand in die Kander mündet. Das Ueschinental ist über eine schmale Alpstrasse erschlossen. 4.2 Hydrologie Alpbach Das Einzugsgebiet bis zum geplanten Fassungsstandort umfasst eine Fläche von 16.52 km2. Der höchste Punkt ist das Steghorn, mit 3146 m ü.M. Knapp 5% der Fläche sind vergletschert. Gemäss hydrologischem Atlas der Schweiz ist der Alpbach ein Gewässer mit glacio-nival geprägtem Abflussregime. Die mittleren Monatsabflüsse schwanken zwischen ca. 100 l/s im Februar und knapp 2600 l/s im Juni. Das Jahresmittel beträgt 930 l/s. Das AWA hatte bei der Brücke über

2. Konzessionsgesuch 2005 Das eingereichte Konzessionsgesuch umfasste ein technisches Datenblatt, den technischen Bericht von 10 Seiten, sechs Layoutzeichnungen sowie den Umweltbericht von 41 Seiten. Hierzu ist anzumerken, dass der Umweltbericht eher einem Restwasserbericht gemäss Gewässerschutzgesetz entsprach, da die geplante Ausbaugrösse des Wasserkraftwerkes unter 3 MW Leistung liegt. Da keine Einsprachen zum Projekt erfolgten und in der Zwischenzeit auch eine Einigung mit den privaten Investoren zustande kam, erteilte das AWA am 5. Juli 2006 (nach nur 6 ½ Monaten!) die Konzession. 3. Baugesuch 2006 Bei Wasserkraftwerken unter 3 MW Leistung ist es im Kanton Bern möglich, ein

Bild 1. Gebietsübersicht.

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Bild 2. Dauerkurve Alpbach.

den Alpbach eine Messstelle eingerichtet und die Abflussmengen vom 30. August 2001 bis 1. Oktober 2005 gemessen. Innerhalb der erwähnten Messperiode betrug der niedrigste gemessene Abfluss 48 l/s (Tagesmittel), der Höchstabfluss (Spitze) ca. 8130 l/s. Das Q347 wurde zu 83 l/s ermittelt. Die Mindestrestwassermenge nach Art. 31 Abs.1 GSchG beträgt 70 l/s. 4.3 Auszug aus Umweltbericht Nachfolgend werden hier einige ausgewählte Themen aus dem Umweltbericht von Sigmaplan zitiert: 4.3.1 Fischfauna Der Alpbach ist trotz seines Gebirgscharakters mit stark schwellenden Abflüssen und sehr kalten Temperaturen ein Fischgewässer. Er ist an den Fischereipachtverein Frutigen verpachtet. Die einzig vorkommende Fischart ist die Bachforelle. Es sind keine Bestandeskontrollen bspw. durch Elektroabfischungen bekannt. Im rund 500 m langen Abschnitt zwischen Kander und der Ueschinenbrücke können Bachforellen zirkulieren. Der vorhandene Fischbestand wird hier auf rund 50 kg geschätzt. Infolge der unmöglichen Aufwanderung dürfte der Fischbestand jedoch geringer sein und zudem viel grösseren Schwankungen ausgesetzt sein. Die Bestandesgrösse wird durch den Besatz und Abwanderung aus der oberliegenden Strecke positiv beeinflusst, negativ beeinflusst wird er durch Hochwasser. Gemäss Auskunft des Pachtvereins wird am Alpbach nur zurückhaltend geangelt und der Fischbestand geschont. Die Anzahl jährlich gefangener Fische beläuft sich auf einige Dutzend Tiere. Der Bach wird jährlich mit rund 200 Bachforellen besetzt.

32

Bild 3. Monatliche Abflussverhältnisse. Die Gesamtsäulenhöhe entspricht dem natürlichen Abfluss.

Projektauswirkungen Obwohl der Alpbach als Fischgewässer zu bezeichnen ist, ist unter natürlichen Bedingungen ein durchgehender Fischaufstieg nicht möglich. Aus diesem Grunde wird ausdrücklich auf die Errichtung eines Fischweges beim Wehr verzichtet. Zudem drängt sich eine Erhöhung der Dotierwassermenge nicht auf, so dass die Mindestrestwassermenge von 70 l/s ausreichend ist. 4.3.2 Landschaft Folgende Inventare befinden sich im Projektgebiet: • Das Ueschinental liegt zwischen zwei Landschaften von nationaler Bedeutung. In rund 1 km Entfernung südlich im Gasterntal und bei der Gemmi grenzen zwei BLN-Gebiete an das Ueschinental. • Weitere Inventare von nationaler Bedeutung wie Auen, Gletschervorfelder, Flach-/Hochmoore, Amphibien oder kantonale Waldschutzinventare befinden sich im Gasterntal und bei der Gemmi, also ausserhalb des Projektgebietes. • Zahlreiche Trockenstandorte von nationaler Bedeutung befinden sich an der südostexponierten Bergflanke nördlich des Vorhabens. Die Druckleitung reicht bis max. 40 m an einen Trockenstandort heran, tangiert ihn aber nicht. • Beim Zusammenfluss von Kander und Alpbach hat die Gemeinde Kandersteg entlang der beiden Bäche ein lokales Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. 4.3.3 Kulturgüter Gemäss dem Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz ist der Wanderweg ins Ueschinental, zwischen Eggeschwand

und Usser Üeschene, als historischer Weg von lokaler Bedeutung mit Substanz klassiert. Die neue Druckleitung wird auf rund 100 m Länge das Trasse des historischen Wegs beinträchtigen. Gemäss den vorhandenen Unterlagen weist dieser historische Weg «Substanz» auf, welche jedoch beim Abschreiten nicht vorgefunden werden konnte. 4.3.4 Lebensräume/Vegetation und Fauna Vereinzelt kommen am Alpbach seltene Lebensräume wie z.B. Weichholzauen mit Grauerlen oder Kies- und Sandbänke vor. Die ausgeprägten Bachschotter des Alpbaches weisen punktuell auf Kiesbänken Elemente der Schwemmufervegetation alpiner Wildbäche auf. Allerdings kommt dieser Vegetationstyp ausgesprochen oberhalb der Fassung punktuell bzw. nur in einzelnen Pflanzen vor. Bemerkenswert sind unterhalb der Fassung insbesondere die ausgeprägten Rutschhänge als Steinschutt-/Geröllfluren, die von der stetigen Erosion des Alpbachs in Bewegung gehalten werden. Im untersten Bereich bei Eggeschwand wird der Alpbach zum Teil galerieartig von Erlen, Fichten und weiteren Gehölzen gesäumt, wobei dieser Uferbereich infolge intensiver Nutzung und Verbauungen stark eingeengt ist und keinen besonderen Wert aufweist. Oberhalb der Fassung ist die Milchkrautweide auf den Bachschuttkegeln und dem Hangschutt/Bergsturzmaterial aufgrund des ausgeprägten Mikroreliefs überwiegend struktur- und artenreich. Die Vegetation im Bereich der vorgesehenen Leitung wird durch den Heidelbeer-Fichtenwald und durch Milchkrautweiden geprägt. Milchkrautweiden kommen in artenreicher, feuchter und nährstoffreicher Variante vor. Im untersten Bereich geht die

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Milchkrautweide in die Kammgrasweide über. Innerhalb des Auswirkungsbereiches des Projektes können folgende Lebensraumtypen als schützenswert eingestuft werden bzw. sind schwer wiederherzustellen: A. Feuchtgebiete von regionaler Bedeutung. B. Kalk-Quellflur mit Tuff, Fettblatt, Schachtelhalm C. Feuchte Ausprägung der Milchkrautweide 4.3.5 Bau Zufahrt Fassung Durch den Bau des Zufahrtsweges zur Fassung kann vorübergehend ein Feuchtgebiet von regionaler Bedeutung beeinträchtigt werden. Hier wurden mehrere Orchideenarten vorgefunden und in einem kleinen Teich Grasfrösche (Kaulquappen) festgestellt. Allerdings wurden zwischen Wald und Feuchtgebiet auf der ca. 5–10 m breiten Milchkrautweide zwischenzeitlich Wurzelstöcke deponiert. Die Zufahrtspiste wird den seitlichen Hangwasserzufluss kaum beeinträchtigen, da davon ausgegangen werden kann, dass der Weg lediglich das Blockschuttmaterial anschneidet, aber die tiefer liegende wasserführende Schicht nicht tangiert. 4.3.6 Druckleitungsbau Der durch den Bau der Leitung beanspruchte Bereich (Graben, Aushub, Baupiste) beträgt im unteren flacheren Teil ca. 15 m und in den oberen steileren Bereichen ca. 10 m Breite. Es verbleiben einige, allerdings kleinräumige, negative Beeinflussungen von schützenswerten Vegetationseinheiten: Dies ist der Fall bei der Kalkquellflur und bei der feuchten Ausprägung der Milchkrautweide, wo der ursprüngliche Zustand voraussichtlich wiederhergestellt werden kann. Zu beachten ist, dass durch den Wanderweg die Kalkquellflur bereits angeschnitten und verkleinert wurde. Ein möglicher schonender Leitungsverlauf wäre daher im Wanderweg. Die Auswirkungen des Leitungsbaus für die Fauna sind als gering einzuschätzen, wenn im Mai und Juni keine Rodungen erfolgen. Nach Möglichkeit sollte der Leitungsbau erst nach der ersten Mahd erfolgen, was angesichts der kurzen Vegetationszeit im alpinen Raum sowie der Beschränkung des Leitungsbaus auf den Sommer nur schwer umzusetzen sein wird. Einer Bauzeit im Mai und Juni sollten demnach keine wesentlichen Gründe entgegenstehen. Grasfrösche haben ihre Haupt-

verbreitung bei 500 m ü.M. kommen aber im Berner Oberland bis 2300 m vor. Da entscheidend für ihre Existenz Temperatur und Nahrungsbedingungen am Gewässer sind, ist dieses Laichgewässer nicht als selten, aber als wertvoll einzuschätzen. Das Laichgewässer des Grasforsches in der Nähe der Fassung ist deshalb beim Bau des Zufahrtsweges zu schonen (Wasserzufuhr aufrechterhalten, kein Aushub deponieren usw.) bzw. als «Tabu»-Bereich abzuzäunen. Insgesamt erfolgt für die Fauna kein relevanter Lebensraumverlust infolge Bauten und es bestehen genügend Ausweichmöglichkeiten. 4.3.7 Eingriffe in geschützte Uferbereiche nach Art. 21 NHG Beim Bau der Zufahrtsbrücke zur Zentrale und des Kanals für die Wasserrückgabe werden wenige Quadratmeter Ufervegetation am Alpbach beansprucht. Aufgrund des hier kürzlich erfolgten Verbaus des Alpbaches ist der Uferbereich nur sehr schmal und stellenweise überhaupt nicht ausgebildet (Bewirtschaftung bis direkt zur Böschungskante). Die vorübergehend beeinträchtige Ufervegetation weist keine wertwollen Pflanzen auf und wird bestmöglich wiederhergestellt. Die Auswirkungen in die nach Art. 21 NHG geschützte Ufervegetation sind nicht erheblich. Der Bau der Fassung erfolgt direkt im Bachbett und der angrenzenden Ufer. Der Alpbach verläuft ab hier in einer kerbförmigen Schlucht mit steilen, ständig nachrutschenden Hangflanken. Eine standorttypische Ufervegetation kann sich aufgrund der Steilheit und der ausgeprägten Abfluss- und Geschiebedynamik mit einem unbewachsenem Geröllstreifen nicht ausbilden bzw. ist nicht vom Gewässer geprägt. Die Erlen, die im unteren Abschnitt den Alpbach säumen, wachsen mit ihren Wurzeln bis unter das Bachbett. Sofern bei Trockenperioden eine ausreichende Restwassermenge gewährt wird, sollte die Wasserversorgung der Erlen gewährleistet sein. Im Bereich der nährstoffreichen intensiven Alpweide könnte der Wunsch aufkommen, dass die Uferdynamik des Alpbaches (mit eindrucksvollen 3 m hohen erodierten Steilwänden) durch Sicherungsmassnahmen eingeschränkt werden könnte. Weiter befindet sich entlang des Alpbaches keine grössere wertvolle Auenvegetation, die durch eine Wasserentnahme beeinflusst werden könnte. Fazit Im Üschinental liegen die wichtigen und

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gut ausgeprägten Feuchtgebiete regionaler Bedeutung und eine herausragende Schwemmebene oberhalb der Fassung und werden nicht tangiert. Demgegenüber können beim Bau des Zufahrtsweges zur Fassung durch das Vorhaben seltene, gefährdete oder geschützte Pflanzenund Tierarten gem. Art. 20 NHV und Art. 19, 20 und 25 NSchV (BE) betroffen werden. Diese können aber mit bestmöglichen Schutz- und Wiederherstellungsmassnahmen geschont werden, sodass das Vorhaben als umweltverträglich eingestuft werden kann. 4.3.8 Wald Ausgangszustand Im Bereich der stark durch die Alpweide beeinflussten Baumgrenze kommen am nordexponierten Hang im Üschinental Grünerlengebüsche vor. In dieser überall um die Waldgrenze im gesamten Alpenbogen verbreiteten subalpinen Buschformation dominiert entweder die Grünerle oder die Gebirgsweide. Auswirkungen Durch das Vorhaben werden mehrere kleinere Rodungen mit Wideraufforstungen vor Ort nötig. Dieser relevante Eingriff in das Waldareal mit einer vorübergehenden Beanspruchung von 1600 m2 kann mit einer fachgerechten Aufforstung mit standorttypischen Bäumen an Ort und Stelle kompensiert werden. 4.3.9 Gesamtbeurteilung UVB Aufgrund der durchgeführten Umweltabklärungen und der Beurteilung der einzelnen untersuchten Teilbereiche kommen die Bearbeiter des Umweltberichts zu folgender Gesamtbeurteilung: Es ist beim Bau des Kraftwerks am Alpbach in keinem der untersuchten Umweltbereiche mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen, sofern die aufgeführten Massnahmen auch umgesetzt werden. Die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen lassen sich durch die vorgeschlagenen Massnahmen vermeiden oder beträchtlich minimieren. Allfällige dauerhafte Beeinträchtigungen der Vegetationsdecke in ökologisch wertvollen Bereichen, welche in der jetzigen Planungsphase nicht definitiv bilanziert werden können, müssten im Bedarfsfall durch geeignete, mit den Fachstellen abgesprochene ökologische Ersatzmassnahmen kompensiert werden. Es ist denkbar, dass je nach Detailplanung bei der Zufahrt zur Fassung wertvolle Vegetationsbestände definitiv zerstört werden 33


können. Diese Eintretenswahrscheinlichkeit wird allerdings bei einer umweltgerechten Bauausführung als nicht sehr hoch eingeschätzt. Es ist festzuhalten, dass allfällige Ersatzmassnahmen nur mit dem Einverständnis der Grundeigentümer umgesetzt werden können. Der Beizug von Spezialisten als Umweltbaubegleiter mit klar definierten Pflichten erachten wir als ökologisch sinnvoll. Damit kann eine kompetente und umweltgerechte Ausführung der im Umweltbericht erwähnten Massnahmen und der durch die Fachstellen verordneten Auflagen gewährleistet werden. Insbesondere beim Bau der Zufahrt und Druckleitung werden ökologisch begründete Anweisungen erfolgen (Tabubereiche markieren, Trasse Druckleitung abstecken, Bodenschutzmassnahmen usw.). 4.4 Anlagekonzept Beim geplanten Kraftwerk handelt es sich um ein Hochdruck-Laufkraftwerk mit einem Bruttogefälle von 326 m und einer Leistung von 2.2 MW. Bei sehr kleiner Wasserführung (Winter), wenn ein Turbinenbetrieb nicht mehr möglich ist, wird die Anlage vorübergehend abgestellt. Die Ausbauwassermenge beträgt 800 l/s. Gemäss Dauerkurve wird diese Menge an rund 150 Tagen im Jahr erreicht oder überschritten. Das Kraftwerk produziert Strom, welche sich nach der Wasserführung des Alpbachs richtet. Die Dotierwassermenge beträgt 70 l/s. 4.5

Anlagebeschrieb

4.5.1 Wasserfassung / Tirolerwehr Die Wasserfassung ist als Tirolerwehr aus-

gebildet und liegt auf 1527.60 m ü.M. (Kote Wehrkrone). Der Rechen ist 24 Grad geneigt, hat eine lichte Stabweite von 36 mm, weist eine Breite von 3.0 m sowie eine horizontale Länge von 2.15 m auf. Das entnommene Wasser fällt durch den Rechen in die Sammelrinne und gelangt dann in den Kiesfang. Nach dem Rechen bzw. vor dem Kiesfang ist zudem eine mechanische Regulierschütze von 1.2 m Breite angeordnet. Diese kann auch für Wartungsarbeiten, wenn bspw. die Becken geleert werden müssen, benützt werden. Für die Spülungen des Stauraumes, welche sporadisch und nach Hochwassern vorzunehmen sind, ist rechts vom Rechen eine mechanische Entlastungsschütze von 1.5 m Breite angeordnet. 4.5.2 Dotierwasserabgabe Das gefasste Wasser wird nach dem Tirolerwehr zum Kiesfang geleitet. Dort wird das Dotierwasser (70 l/s konstant pro Jahr) mittels einer kurzen Leitung d = 250 mm, welche direkt unterhalb des Tirolerwehrs ausmündet, dem Bach zurückgegeben. 4.5.3 Kies- und Sandfang Die im gefassten Wasser enthaltenen Kieskomponenten werden im Kiesfang (11 m Länge und 2.15 m Breite) abgesetzt. Die Sohle weist eine Neigung von 9% auf. Damit das Kies in den Bach zurückgespült werden kann, ist eine GFK-Spülleitung d = 800 mm eingebaut. Zur Steuerung ist diese mit einem Flachplattenschieber d = 600 mm versehen. Damit Betonabrasion vermieden werden kann, ist der Bereich unterhalb des Rechens sowie der Kiesfang mit Schmelzbasaltplatten ausgekleidet.

Bild 4. Fassung mit Beschreibung der einzelnen Bauwerksteile. 34

Nach dem Kiesfang gelangt das Wasser in den Sandfang. Hier wird Sand bis zu einem Korndurchmesser von ca. 0.3 mm abgesetzt. Die Beckenlänge beträgt 23.75 m und hat eine Breite von 2.15 m. Die Sohle weist eine Neigung von 4% auf. Damit allenfalls eindringende Fische nicht in den Sandfang gelangen können, ist zum Schutz der Fische zwischen Kies- und Sandfang ein weiterer Rechen mit 20 mm lichtem Stababstand angeordnet. Am Ende des Sandfanges befindet sich wiederum die GFK-Spülleitung d = 800 mm, mit welcher die Sandpartikel zurück in den Bach geführt werden können. Damit die Sand- und Kiesstände in den Becken erfasst werden können sind pro Becken zwei Sonden in verschiedenen Höhen montiert. Die Sand- oder Kiesstände werden im Leitsystem angezeigt, so dass die Spülungen ausgelöst werden können. Praktisch alle Bauwerke liegen unter Terrain und werden überdeckt. Die lokale Steuerung der Abschlussorgane und die Elektroverteilung werden im oberirdischen Technikraum untergebracht. 4.5.4 Einlaufbecken Nach dem Sandfang ist das Einlaufbecken (Einlaufkammer zur Druckleitung) von rund 4.5 m Länge vorgesehen. In diesem Becken wird für die Turbinenregulierung der Wasserpegel permanent gemessen. 4.5.5 Druckleitung Nach dem Einlaufbecken ist das Sicherheitsorgan bzw. die hydraulische Drosselklappe d = 600 mm eingebaut. Diese ist zudem mit einem mechanischen Gegengewicht (Staupendel) ausgerüstet, welches auch bei einem allfälligen Stromausfall garantiert, dass die Klappe bei einer zu hohen Wassergeschwindigkeit selbstständig schliesst. Anschliessend folgt die Druckleitung. Sie ist erdverlegt hat einen Durchmesser von d = 600 mm und ist in duktilem Guss vorgesehen. Sie weist eine Länge von 1486 m auf. Im Leitungsgraben sind drei Kabelschutzrohre für die elektrische Anspeisung der Fassung (16 kV), für die Steuerkabel und allenfalls für eine spätere elektrische Erschliessung der Alp vorgesehen. 4.5.5.1 Differenzdurchflussmessung Damit allfällige Leckagen in der Druckleitung festgestellt werden können, ist eine magnetisch-induktive Differenzdurchflussmessung (IDM) installiert. Sie besteht aus zwei Sonden. Die erste Sonde ist nach der Fassung und die zweite vor dem Ma-

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schinenhaus angeordnet. Sobald zwischen beiden Sonden eine Differenz von über 13 l /s festgestellt wird, wird die Anlage automatisch ausser Betrieb genommen und fährt in einen sicheren Zustand. 4.5.6 Maschinengebäude und Ausrüstung Das Maschinenhaus liegt im Talgrund bei Eggenschwand. Es ist als eingeschossiges Gebäude, der Aussenmasse 11.62 × 12.12 m, mit einer Firsthöhe von 9.86 m geplant. Als Fassade sind örtliche Natursteine vorgesehen, damit sich das Gebäude optimal in die Umgebung einpasst. Das Maschinenhaus beinhaltet die horizontalachsige Peltonturbine, den Generator, den Transformator, die örtliche Leitstelle, sowie einen Werkzeug- und Materialraum. Der Maschinensaalboden liegt auf Terrainhöhe. Das Gebäude weist kein Untergeschoss auf. Über dem Maschinensaal ist ein 16 t Hallenkran für Montage und Revisionsarbeiten an Turbine und Generator vorgesehen. Als Sicherheitsorgan wird vor der Turbine ein Kugelhahn eingebaut. Das turbinierte Wasser wird über eine 27 m lange Rohrleitung d = 1000 mm in den Alpbach zurückgeleitet. Der Auslaufbereich (Ufer und Sohle des Bachs) ist mit Natursteinblöcken gegen Erosion geschützt. Die Rohrsohle des Auslaufes liegt ca. 60 cm über der Bachsohle und ist mit einem Gitter geschützt (Auflage Fischereiinspektorat). Dieser Absturz verhindert bei Normal- und Niederwasserführung, dass die im Alpbach vorkommenden Fische oder auch Personen nicht in den Unterwasserkanal «einsteigen» können. 4.5.7 Energieabtransport und Netzeinspeisung Der produzierte Strom wird nach dem

Bild 5. Schnitt durch Maschinenhaus.

Bild 6. Schnitt durch Auslaufbauwerk.

Bild 7. Übersicht Bauetappen der Druckleitung. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden

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Trafo mit 16 kV Spannung via Trennschalter zur Netzeinspeisung abgeleitet. Das Kabel führt zur Transformatorenstation in der Talstation der Stockbahn, wo in das Netz der LWK eingespeist wird. Das Kraftwerk ist unbemannt und wird mit Hilfe der in der bestehenden Leitstelle der LWK installierten leittechnischen Ausrüstung fernbedient.

6. Ausführung der Arbeiten Am 14. April 2008 konnte der Spatenstich mit einer kleinen Feier bei Schneegestöber (!) abgehalten werden. Da bei der Fassung immer noch Schnee lag, musste der Arbeitsbeginn bei der Fassung vorerst verschoben werden.

5. Submission Im Winter 2006/07 wurden die Submissionsunterlagen erstellt und öffentlich publiziert. Die Arbeiten wurden in die vier Hauptlose gegliedert: • Los 1a, Bauarbeiten Wehr- und Fassungsanlage samt Erschliessung • Los 1b, Liefern und Verlegen der Druckleitung inkl. Grabenarbeiten • Los 2, Bauarbeiten Maschinenhaus • Los 3, Elektromechanische Ausrüstung (Turbine, Generator, Trafo, Leittechnik und Kran) Im Sommer 2007 konnte mit den Unternehmern die Bereinigung der Offerten erfolgen, so dass im Herbst 2007 die definitiven Kosten vorlagen und der Verwaltungsrat der KKA den Bau- und Finanzierungsentscheid fällen konnte. Im Oktober 2007 wurden alle Werkverträge unterschrieben, so dass u.a. die Gussleitung hergestellt und die Fabrikation der elektromechanischen Teile in Angriff genommen werden konnte. Aufgrund der klimatischen Bedingungen war es vorgesehen mit allen Bauarbeiten erst im Frühjahr 2008 zu beginnen.

6.1 Bau der Druckleitung Für das Liefern und Verlegen der Druckleitung waren vier Ausführungsetappen geplant. • Etappe 1, Länge ca. 350 m, Maschinenhaus bis Querung Alpstrasse • Etappe 2, Länge ca. 340 m, Querung Alpstrasse bis Pflock 6 • Etappe 3, Länge ca. 490 m, Pflock 6 bis Pflock 13 • Etappe 4, Länge ca. 320 m, Pflock 13 bis Fassung (in Schlucht) Die Etappierung der Druckleitung sowie die Festlegung der Ausführungstermine wurde speziell auf die Wünsche und die Alpbewirtschaftung der Bauern abgestimmt. Im Normalfall wurde ein Graben von bis zu 150 m Länge ausgehoben. Im nächsten Arbeitsgang konnten die Gussrohre von oben nach unten verlegt und mit dem vorhandenen Aushub wieder eingedeckt und planiert werden. Auf der Zwischenplanie wurden die drei Kabelschutzrohre d = 120 mm eingelegt, eingedeckt und wieder anhumusiert. Drei Leitungsetappen von 1180 m Länge wurden zwischen April und September 2008 erstellt.

Bild 8. Versetzte Druckleitung in Etappe 1 (oberhalb Maschinenhaus).

Bild 9. Eindecken der 3 Kabelschutzrohre in Etappe 1 (oberhalb Maschinenhaus).

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Das Kernstück für den Druckleitungsbau war die Etappe 4, im Bereich der Schlucht bis zur Fassung. Hier durften einerseits die geschützten Kalkquellflure nicht beschädigt werden. Andererseits gibt es einen Bereich mit Hangrutschungen und es bestand nur ein einfacher Wanderweg, welcher nicht mit Maschinen befahren werden konnte. Somit musste zuerst eine stabile Baupiste erstellt werden. Die Baupiste diente dann als Fundament für die Druckleitung. Der Bau dieser Piste war aufwendig, mussten doch über 1200 t Blocksteine, 250 m3 Hinterbeton als Sicherung und 500 m3 Kies zugeführt und eingebaut werden. Im weiteren war beim Eingang zur Schlucht der Einbau eines Holzkastens zur lokalen Stabilisierung des Hanges notwendig. All diese baulichen Massnahmen dauerten rund vier Monate und trugen dazu bei, dass der Untergrund stabilisiert werden konnte. Nach dem Verlegen der Druckleitung und der Kabelschutzrohre wurden diese wieder zugeschüttet und der Wanderweg wiederhergestellt. Leider konnten diese Arbeiten nicht alle im Jahr 2008 abgeschlossen werden, da der Winter Einzug hielt. Es folgte ein Arbeitsunterbruch von fünf Monaten, so dass erst im Sommer 2009 die Arbeiten abgeschlossen werden konnten. Überwachungsmessungen Rutschhang Wie erwähnt befindet sich in der Etappe 4 ein kleines Rutschgebiet, welches die Druckleitung zu queren hat. Zur Überwa-

Bild 10. Anspruchsvolle Versetzarbeiten der Druckleitung im unwegsamen Gelände.

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chung wurde bereits vor Baubeginn ein Messnetz aufgebaut und Kontrollmessungen vorgenommen. Es zeigte sich, dass nach den Bauarbeiten, resp. nach Einbringung des «Fundamentes» für die Druckleitung, eine starke Verlangsamung der Hangbewegungen stattgefunden hat. Diese betragen heute noch ca. 1–2 cm pro Jahr, gegenüber 5–7 cm vor Beginn der Bauarbeiten. Zur Kontrolle werden die Hangbewegungen nun im Halbjahresrhythmus weiter verfolgt. Durch die Wahl des entsprechenden Gussleitungssystems (zwei Grad Abwinklung pro Steckmuffenverbindung alle 6 m möglich) können diese Verschiebungen in der Druckleitung kompensiert werden. Während der Planungsphase wurde auch der Bau eines Stollens in dieser Etappe überprüft, wegen den hohen Kosten aber wieder verworfen. Aufgrund der heute nun vorliegenden Bauabrechnung kann jedoch festgehalten werden, dass ein Stollen mindestens dreimal teurer geworden wäre. Füllprobe Nach dem Verlegen der Rohre wurde die Druckleitung auf ihre Dichtigkeit überprüft. Dazu wurde die Leitung gefüllt und musste während rund zwei Tagen immer wieder nachgefüllt werden, da die innere Zementbeschichtung des Rohres immer noch Wasser aufnahm. Nach der vollständigen Sättigung erfolgte die effektive Füllprobe, welche 24 h dauerte. Danach wurde während 1½ h eine Druckprobe vorgenommen. Dazu wurde ein leichter Überdruck von ca. 3 bar auf die Leitung aufgebracht, so dass ein Gesamtdruck von knapp 35 bar entstand. Beide Tests verliefen ohne Probleme und es konnte kein Verlust festgestellt werden. Es ist zu erwähnen, dass im Maschinenhaus das Abschlussorgan bereits montiert war. Deshalb erfolgte die Prüfung unten gegen den Kugelhahnen und nicht gegen einen Blindflansch, wie dies normalerweise der Fall ist. Bei der Fassung wurde für die Überdruckprüfung ein Blindflansch montiert, bei welchem über eine seitliche Bypassleitung der Überdruck aufgebaut werden konnte. 6.2

Bau der Wasserfassung

Zufahrtsstrassen Wie erwähnt, lag im April 2008 immer noch Schnee bis in einer Höhe von rund 1400 m ü.M. Vor allem war an eine gefahrlose Zufahrt zum schattigen Fassungsgebiet vorerst nicht zu denken. Auch musste vor-

Bild 11. Erstellen Baupiste als Fundament für Druckleitung in Etappe 4.

Bild 12. Versetzte Druckleitung in Etappe 4 im Dezember 2008.

Bild 13. Eingedeckte Druckleitung in Etappe 4 mit neuem Wanderweg im Herbst 2009.

Bild 14. Zufahrtsstrasse zur Fassungsbaustelle im Juni 2008 mit umgeleitendem Bach (rechts).

gängig zuerst die bestehende asphaltierte Zufahrtsstrasse ins Ueschinental ausgebaut, bzw. Ausweichstellen und Kurvenverbreiterungen erstellt werden. Ab Juni war die Zufahrt ins Ueschinental möglich und es konnte auch die Zufahrt zur Fassungsbaustelle in Angriff genommen werden. Dazu musste eine rund 200 m lange Stichstrasse erstellt werden. Die Arbeiten mussten besonders sorgfältig erfolgen,

um das Feuchtgebiet von regionaler Bedeutung zu schonen.

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Baugrube und Bachumleitung Das Tirolerwehr sowie der Kiesfang und Sandfang befinden sich an einem Hangfuss an einer relativ schwer zugänglichen und steilen Stelle. Für die Erstellung des Tirolerwehrs wurde vor Beginn der effektiven Arbeiten der Bach umgeleitet, damit 37


Bild 15. Nagelwand bei Fassung.

Bild 16. Erstellen des IDM-Schachtes (eingeschalt) mit Sicht auf Absatz des Einlaufbeckens.

Bild 17. Sicht auf eingeschaltes Entsanderbauwerk (rechts Damm mit Bachumleitung).

Bild 18. Wintereinbruch Ende Oktober 2008.

die Aushubarbeiten im «Trockenen» ausgeführt werden konnten. Infolge des steilen Geländes war als Sicherung eine 10 m hohe und 65 m lange Nagelwand zu erstellen. Der Bau dieser Wand erfolgte in verschiedenen Etappen (dem Aushub folgend von oben nach unten). Zur Sicherung wurden 185 Injektionsanker, mit einer maximalen Einbaulänge von 11 m versetzt. Einige Anker wurden einer Zugprobe von 240 kN unterzogen. Insgesamt wurde eine Spritzbetonfläche von 550 m2 mit einer mittleren Stärke von 20 cm eingebaut. Infolge der notwenigen Arbeitsetappierung dauerten die gesamten Sicherungsarbeiten rund acht Wochen.

Fassungsbauwerk Die Etappierung für den Bau des Fassungs- und Entsanderbauwerks musste mit dem Bau der Nagelwand koordiniert werden. Deshalb wurde auf der Talseite mit den Arbeiten begonnen. Im weiteren ist zu erwähnen, dass rund 3000 m3 Aushub angefallen sind und auch 450 m3 Fels mittels Sprengungen abgebaut werden mussten. Als erstes Bauwerk wurde der IDM-Schacht erstellt, dann das Einlaufbecken, der Sand- sowie der Kiesfang. Vor Ort wurden die grossen Dimensionen dieser Becken eindrücklich sichtbar. Die Höhe des Sandfanges beträgt an seiner höchsten Stelle immerhin 5 m. Zudem be-

38

Bild 19. Entkieser mit Schmelzbasaltplatten, unten rechts Spülleitung, oberhalb die Dotierwasserleitung sowie oben rechts der Überlauf. Vorne ist der Fischabweisungsrechen zu sehen. Hintenan folgt der Sandfang. trägt die abgewickelte Länge dieser Bauteile (ohne Wehr) rund 48 m. Ende Oktober bzw. nach rund drei Monaten Bauzeit war die gesamte Fassungsanlage im Rohbau fertig erstellt. Danach konnten Hinterfüllungs- und kleinere Abschlussarbeiten beginnen. Die GFKSpülleitung mit den beiden Stahlkrümmern wurden während der Bauarbeiten bereits versetzt. Am 30. Oktober fiel der erste Schnee. Da die Menge nicht gross war und auch die Temperaturen die Arbeit weiter zuliess, mussten die Arbeiten nicht unter-

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Bild 20. Bereich Fassung im Herbst 2009 .

Bild 21. Maschinenhaus – Stand Anfang September 2008.

brochen werden. So konnten die Betonrestarbeiten ausgeführt, das Einlaufrohr, die Drosselklappe mit Hydraulikaggregat und die Entlastungsschütze (Spülschütz rechts vom Tirolerwehr) noch montiert werden. Ende November erfolgte dann die definitive Einstellung der Bauarbeiten, da ein Arbeiten nicht mehr möglich war. Im Mai 2009 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen. Die Fassung musste unbedingt fertig erstellt werden, so dass für die geplante Inbetriebsetzung der Turbine das Wasser zur Verfügung stand. So mussten im Entkieser noch die Schmelzbasaltplatten eingebracht und die Arbeiten am Technikgebäude abgeschlossen werden. Zudem der Bach wieder zurückgeleitet werden. Dank dem Effort aller Beteiligten konnten die Arbeiten an der Fassung rechtzeitig fertiggestellt werden, so dass am 20. Juli 2010 das Wasser erstmals ins Bauwerk eingeleitet werden konnte.

von 20 cm, 25 cm und 30 cm zugeschnitten. Die Länge der einzelnen Steine war mit 20 bis 60 cm definiert. Zum Versetzen der schweren Steine musste der Unternehmer eine spezielle Tragvorrichtung bauen, da die Steine fast nicht «handelbar» waren. Die Fassade weist eine Gesamtdicke von 56 cm auf (18 cm Mauerwerk aussen/8 cm Isolation/30 cm Beton). Nach einer Bauzeit von rund fünf Monaten war der Rohbau im September 2008 erstellt und es konnte mit dem Innenausbau fortgefahren werden. Die Dachkonstruktion wurde aus Holz vorgesehen. Die Sparren wurden auf der inneren Betonschale aufgesetzt. Darauf mussten die verschiedenen Dämmungen, Folien und eine Hinterlüftung montiert werden. Als Eindeckung wurde ein Titanzinkblech gewählt. Der ganze Dachaufbau mit Sparren weist eine Höhe von rund 70 cm auf. Als Eingangstor wurde ein vierflügiges Stahltor der Abmessungen 4.8 × 4.5 m (b×h) gewählt, welches voll verglast ist. In der Fassade wurden auf der Ostseite drei Fenster der Grösse von 1.65 × 3.9 m eingebaut (Holz-Metallfenster). Während dem Winter konnten die Maler-, Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs- und die Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt werden. Im Februar 2009 erfolgte dann die Montage des 16-t-Hallenkranes, welcher für die im März geplante Montage der elektromechanischen Anlage notwendig war. Die Rohre im Unterwasserkanal (Centub d = 100 cm) wurden parallel zu den laufenden Betonarbeiten versetzt. Im Winter 2009 konnte dann das Auslaufbauwerk, während dem tiefen Wasserstand des Alpbaches, fertig gestellt werden.

6.3 Bau des Maschinenhauses Mit dem Bau des Maschinenhauses konnte im April 2008 begonnen werden. Da es sich hier um ein Bauwerk mit einem Zweischalenmauerwerk handelt, mussten zuerst die inneren Betonwände bis auf eine Höhe von 9.14 m erstellt werden. Dann konnten die sichtbare Aussenmauer in Angriff genommen werden. Da man keine Schallübertragung riskieren wollte, wurde die Vormauerung schalltechnisch getrennt. Dies hatte den Einbau von umfangreichen Konsolen und Lagern zur Folge. Für die Aussenmauer wurde ein Alpenkieselkalkstein grau gewählt. Dieser wurde im Steinbruch Mitholz, auf vorgegebene Höhen

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Bild 22. Maschinenhaus – Stand Ende November 2008.

Bild 23. Montage 16-t-Kran.

6.4

Montage der elektromechanischen Komponenten Die Firma Kössler aus Österreich wurde mit der Gesamtlieferung der elektromechanischen Anlage beauftragt. Der Startschuss für dieses Los erfolgte am 26. Oktober 2007, mit der Unterzeichnung des Werkvertrages. Danach konnte mit der Detailplanung gestartet und bereits einige grosse Stahlteile (bspw. für Peltonturbinenrad) bestellt werden. Im Gesamtpaket waren folgende Bauteile enthalten: • Turbine, Turbinenregler, Generator, Leittechnik, Eigenbedarf, Erdung, Schutz und Synchronisierung, Kühlsystem • Maschinentransformator • Turbinenabschlussorgan (Kugelhahn) • Kran im Maschinenhaus • Mittelspannungsanlage • Durchflussmessung zu DL • Transformator Fassung 39


Turbine Für das Bauvorhaben wurde eine vierdüsige vertikalachsige Peltonturbine, mit einer Nennleistung von 2155 kW und innenliegender Düsensteuerung gewählt. Das Peltonrad wurde aus einer einzigen Schmiedescheibe mittels CNC-Anlage gefräst. Ende Februar 2009 konnte die gesamte Anlage im Werk (ohne Generator) vormontiert auf Massgenauigkeit überprüft und auch einer Druckprüfung unterzogen werden. Parallel dazu fand im Werk des Generatorlieferanten eine weitere Abnahme statt. So konnte die Montage der ersten Komponenten im März 2009 erfolgen. In der ersten Phase wurde das Turbinengehäuse, die Ringleitung und der Kugelhahn montiert. Die Arbeiten dauerten rund eine Woche. Im Anschluss wurde das Turbinengehäuse vom Baumeister untergossen. In der zweiten Montagephase Mitte April 2009 wurde der 6.3 kV-Synchrongenerator angeliefert und montiert und im weiteren alle Leitungen (Hydraulik, Kühlwasser) angeschlossen. Da die Generatorabwärme für die Gebäudeheizung benutzt wird, musste der Generatorkühlkreislauf mit der Heizung gekoppelt werden. Deshalb war eine zusätzlich Verrohrung mit der Heizung und eine Anpassung der Steuerung notwendig. Gleichzeitig konnte der Trockentrafo sowie das dazugehörige Klimagerät, welche beide in einem separaten Raum untergebracht wurden, montiert werden. Im Anschluss an die Montage wurden die ganzen elektrischen Verkabelungsarbeiten mit der Anbindung der Leittechnik ausgeführt und getestet. Diese Arbeitsetappe dauerte rund zwei Wochen. Die Verkabelungsarbeiten bei der Fassung, sowie der Kabelzug zwischen Maschinenhaus und Fassung konnten erst nach Abschluss der Bauarbeiten im Juli 2009 erfolgen. Die Fassung wurde mit-

Bild 24. Montiertes Turbinengehäuse mit Verteilleitung und Kugelhahnen. 40

tels LWL-Kabel angebunden. Im weiteren wurde als Reserve ein mehradriges Kupferkabel eingezogen. Damit die Alp später mit Energie versorgt werden könnte, wurde vorsorglich ein 16-kV-Mittelspannungskabel bis zur Fassung verlegt. Die abschliessenden Signaltests konnten ab Ende Juli 2009 erfolgen, so dass die Turbine am 5. August 2009, bzw. 17 Monate nach dem effektiven Baubeginn, das erste Mal in Betrieb genommen werden konnte. Die Inbetriebsetzungstests dauerten bis Mitte August, so dass dann der Probebetrieb beginnen konnte. Der Probebetrieb verlief ohne nennenswerte Probleme. Hierzu ist zu erwähnen, dass die Firma Schubert mittels Internetverbindung jederzeit in das Leitsystem der Anlage eingreifen konnte und so Anpassungen während dem Probebetrieb vornehmen konnte. Per Anfang Oktober 2009 wurde der Probebetrieb erfolgreich abgeschlossen und die offizielle Garantiefrist begann zu laufen. Generatordiagnostik Zu erwähnen ist zudem die während dem Probebetrieb durchgeführte Generatordiagnostik. Die Durchführung einer Diagnosemessung mit regelmässigen Intervallen von fünf Jahren ist bei BKW Anlagen Standard und konnte beim WKW Alpbach durch die BKW Hochspannungstechnik durchgeführt werden. Das Hauptziel der Diagnosemessung ist der Nachweis der Betriebstüchtigkeit des Generators. Neben den mechanischen Beanspruchungen der Wicklungen ist primär die Stator-Wicklungsisolation von rotierenden Maschinen durch Umgebungseinflüsse sowie thermische, elektrische und mechanische Belastungen stark beansprucht. Als Folge von solchen Belastungen kann das Isolationssystem des Generators beschädigt werden. Durch eine gezielte Diagnose Messung werden mögliche, durch den norma-

Bild 25. Ablad Generator.

len Betrieb, oder durch einen Störfall verursachte Schwachstellen im Isolationssystem der Maschine erkannt. Basierend auf der Analyse der Diagnosemessung kann somit eine zuverlässige Aussage bezüglich der Betriebssicherheit des Generators getroffen werden. Die Resultate der aktuellen Diagnosemessung dienen als Basis für die zukünftige Diagnosemessungen und für die Erarbeitung von einer zustandsorientierten Instandhaltungsstrategie. Die folgenden Prüfungen wurden durchgeführt: • Kontrolle der Isolationswiderstände vor und nach der Messung • Lade- und Entladestrommessung an Statorwicklungen • Verlustfaktor-/Kapazitätsmessung an Statorwicklungen • Teilentladungsmessung an Statorwicklungen • AC-Spannungsprüfung an den Statorwicklungen Auf Grund der Messergebnisse wurde der Generator als betriebstüchtig klassifiziert. Im weiteren dienen die Werte als Fingerprint für die nächste Messung nach fünf Jahren. Leittechnik/Betrieb Das Kraftwerk kann über die Leittechnik bei der Fassung, im Maschinenhaus sowie in der Leitstelle der LWK bedient werden. Am zentralen Leitsystem der BKW in Mühleberg ist es nicht angeschlossen. Über die Touchpanels kann praktisch jede Information abgerufen werden. Im weiteren ist oberhalb der Fassung eine Pegelmessung installiert worden, welche die gesamte Wassermenge des Alpbaches aufzeichnet. Diese Daten werden jährlich aus dem Leitsystem ausgelesen und für die Abrechung des Wasserzinses benötigt. Im Normalfall verläuft der Betrieb automatisch. Störungen werden vom Personal der LWK behoben. Kontrollgänge werden periodisch oder mindestens 1 Mal pro Woche durchgeführt. Die Spülungen des Kiesoder Sandfanges bei der Fassung werden jedoch vor Ort ausgeführt und überwacht und erfolgen nicht automatisch. Das Kraftwerk ist zudem schwarzstartfähig und kann im Inselbetrieb betrieben werden. 6.5 Umweltbaubegleitung UBB Im Gesamtbauentscheid des Kantons Bern wurde festgehalten, dass für die Vorbereitung und Ausführung der Bauarbeiten eine Umweltbaubegleitung (UBB) einzusetzen ist. Zudem hat zur behördlichen Abnahme des Werkes ein Schlussbericht mit Fotodokumentation über die Umsetzung der

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Diverse Bilder der erstellten Anlage

Bild 26. Beispiel Prozessbild Leittechnik. Schutz- und Wiederherstellungsmassnahmen sowie der Bedingungen und Auflagen der Baubewilligung vorzuliegen. Die Umweltbaubegleitung wurde von einem spezialisierten Büro wahrgenommen und hauptsächlich beim Bau der Druckleitung eingesetzt. Es zeigte sich, dass die Umsetzung nicht immer einfach war. Mussten doch verschiedene Interessen (Ämter, Eigentümer, Termine, Unternehmer und Natur) unter einen Hut gebracht werden. 6.6 Kollaudation Die Anlage konnte am 9. Oktober 2009 vom AWA (Amt für Wasser und Abfall = Leitbehörde) abgenommen werden. An der Abnahme wurden alle Punkte und Auflagen aus der Bewilligung kontrolliert und die Anlage besichtigt. Die Abnahme erfolgte ohne grosse Probleme. Einzig beim Dotierwasser wurde vom Fischereiinspektorat bemängelt, da es nicht klar sei, wie die 70 l/s kontrolliert werden können. So wurde vereinbart, dass eine Eichung der Dotierwassermenge vom AWA vorgenommen wird und zudem eine Kennzeichnung am Wasseraustrittsrohr vorzunehmen sei. So konnte die Konzession über eine Dauer von 80 Jahren erteilt werden. 7.

Organisation und Baukommission Die Projektorganisation gliederte sich grob in die vier Stufen: 1. Verwaltungsrat, VR 2. Baukommission, BK 3. Projektmanagement, PM 4. Detailplaner/Teilprojekte, TP Baukommission, BK Als Projektaufsicht setzte der VR eine Baukommission, bestehend aus vier Personen ein (je zwei der BKW, und der LWK). Die BK

Bild 27. Maschinenhaus aussen mit UW-Kanal. führte monatliche Sitzungen durch und tätigte Vergaben, welche nicht dem VR vorbehalten waren. Projektmanagement, PM Beim Projekt Alpbach gab es eine Spezialität, wurde das Projektmanagement doch bei zwei Losen gleichzeitig als Teilprojektleiter eingesetzt. Dies bei den Losen für die Elektromechanische Ausrüstung sowie beim Bau der Zentrale. Durch diese Organisation konnte direkt und ohne grossen Umweg auf das Projekt eingewirkt werden und so auch Kosten und Schnittstellen gespart werden. Da auch sehr viele Aufgaben durch die LWK übernommen wurden, konnte zudem der Input des zukünftigen Betreibers direkt einfliessen.

Bild 28. Maschinengruppe.

Teilprojekte, TP Das gesamte Kraftwerksprojekt war in drei Teilprojekte gegliedert. Das Teilprojekt Tiefbau (Fassung und Druckleitung) wurde unter der Führung der BKW abgewickelt. Wie vorgängig erwähnt, sind die beiden anderen Teilprojekte (Zentrale und EM) vom PM geleitet worden. 8.

Technisches

8.1 Technische Daten Schwelle Tirolerwehr 1527.6 m ü.M. Zentralengebäude 1201 m ü.M. Wasserrückgage 1199 m ü.M. Bruttogefälle 326.6 m Ausbauwassermenge 800 l/s Dotierwassermenge 70 l/s Druckleitung d = 600 mm Guss, Länge 1486 m Vierdüsige Peltonturbine 2155 kW, 1000 Upm vertikalachsig

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Bild 29. Innenregulierte Düse mit Strahlablenker.

Bild 30.Turbinenansicht von Unterwasserseite. 41


Beteiligte Planer Umwelt-/Restwasserbericht Fischereibiologe Gesamtkonzept Fassung und Druckleitungstrasse: Maschinenhaus: Konzept Architektur Bauingenieur Elektroplanung Heizung und Lüftung Bauphysik Bauleitung Umweltbaubegleitung Vermessung

Sigmaplan Bern Dr. Peter Büsser, Bern BKW FMB Energie AG, Bern

BKW FMB, Energie AG, Bern Allenbach & Trachsel, Frutigen Ramu Ingenieure AG, Frutigen EOTECH Elektro GmbH, Gurzelen Peter Meier Engineering AG,Interlaken Gartenmann Engineering AG, Bern Ramu Ingenieure AG, Frutigen Terre AG, Egliswil Häberli+Toneatti AG, Frutigen

Beteiligte Ausführungsfirmen für Hauptkomponenten Baumeisterarbeiten Fassungsbauwerk

Druckleitungsbau (DL) Grabenarbeiten

Lieferung und Montage DL

Baumeisterarbeiten Maschinenhaus

Drosselklappe Fassung Kugelhahn Maschinenhaus Stahlwasserbau

Turbine Elektrische Ausrüstung Kraftwerk Generator Transformatoren Maschinenhauskran E-Montage und Verkabelung

ARGE Los 1a Federführung Marti AG, Frutigen Seeberger & Jordi AG, Harri AG, Fritz Rösti ARGE WKW Alpbach Los 1b Federführung Marti AG, Frutigen Seeberger & Jordi AG, Harri AG, Fritz Rösti Weiss + Appetito AG, Bern (als Subunternehmer) Eingesetztes Produkt Druckleitung = Buderus Gussrohr mit BLS-Steckmuffen-Verbindung ARGE WKW Alpbach Maschinenhaus Federführung Fritz Rösti, Kandersteg Seeberger & Jordi AG, Marti AG, Jungen AG Ed Brunner, Balsthal TBHydro (PL) Berger AG, Steffisburg BKW FMB Energie AG, Werkstatt Wimmis ERNE AG, Leuggern Jost AG, Frutigen Kössler Ges.m.b.H. (A) Schubert ElektroanlagenGes.m.b.H. (A) Leroy Somer (F) GBE SRL (I) Marti-Dytan AG (CH) EOTECH Elektro GmbH und LWK AG (CH)

Synchrongenerator 6.3 kV, 1000 Upm Mittlere Jahresenergieproduktion 11 GWh Investitionskosten 11.5 Mio CHF Aktionäre BKW FMB Energie AG Bern (60%) Licht- und Wasserwerk AG Kandersteg (40%) 8.2 Rekapitulation Zeitbedarf Gesellschaftsgründung bis Konzession 8 Monate Bauprojekt bis Baubewilligung 9 Monate Detailprojekt, Ausschreibung und Vergabe 9 Monate Erste Bauphase 7 Monate Winterunterbruch für die Bauarbeiten Fassungsbauwerk und Druckleitung 5 Monate 42

Zweite Bauphase und Hauptmontage Elektromechanische Anlagen Inbetriebsetzung, Probebetrieb, Betriebsbewilligung Gesamte Realisierungszeit

(nur fünf Jahre später!) praktisch undenkbar geworden! Seit Oktober 2009 ist die Anlage in Betrieb und erste Betriebserfahrungen konnten gesammelt werden. Im ersten Winter musste die Anlage bei tiefer Wasserführung teilweise ausser Betrieb genommen werden, da es Probleme beim Generator gab (kein stabiler Spannungszustand). Deshalb wurde im Februar 2010 nachträglich die digitale Generatorregelung angepasst. Mit dieser Lösung kann die Maschine nun auch bei tiefer Wasserführung in einem stabilen Blindleistungsregime gefahren werden. Im Frühjahr 2010 hat es sich im weiteren gezeigt, dass der Geschiebetrieb bei der Schneeschmelze grösser ist als angenommen. Dies hatte zur Folge, dass der Kiesfang mehrmals gespült werden musste. Mit einer Anpassung des Rechens im Frühjahr 2011 soll dem Abhilfe geleistet werden. Sonst läuft die Anlage zur vollsten Zufriedenheit.

Anschrift des Verfassers Thomas Richli, Projektmanager BKW FMB Energie AG Hydraulische Kraftwerke Viktoriaplatz 2, CH-3000 Bern 25 Tel. +41 (0) 31 330 69 75 Mobile +41 (0) 79 608 54 01 thomas.richli@bkw-fmb.ch, www.bkw-fmb.ch

5 Monate 2 Monate 45 Monate

9. Fazit Das WKW Alpbach ist seit über 10 Jahren das erste Kleinwasserkraftwerk, welches von der LWK und der BKW neu erstellt worden ist. Mit der Planung des Kraftwerkes wurde begonnen, als es noch keine KEV-Vergütung gab und der eigentliche Kleinwasserkraftwerkboom noch nicht begonnen hatte. Deshalb konnte das Genehmigungsverfahren relativ schlank und schnell vollzogen werden. Eine Gesamtrealisierungszeit von der Planung bis zur Inbetriebnahme von 45 Monaten ist heute «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


Fliessgewässerrevitalisierungen – Das grosse Potenzial kleiner Bäche Christiane Rau, Armin Peter

Zusammenfassung Im Rahmen des Forschungsprojektes «Integrales Flussgebietsmanagement» wurde an 10 kleineren Bächen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein eine ökologische Erfolgskontrolle nach der Gewässerrevitalisierung durchgeführt. Mit Hilfe des Handbuches für die Erfolgskontrolle bei Fliessgewässerrevitalisierungen des «Rhone-Thur»-Projektes wurde anhand neun ausgewählter Indikatoren der ökologische Erfolg bewertet. Für alle Revitalisierungsmassnahmen konnte ein Erfolg der strukturellen Verbesserungen aufgezeigt werden. Dadurch erhöhte sich auch die Artenvielfalt der Fische. Diese Erfolgsbeispiele verdeutlichen das grosse Potenzial kleiner Fliessgewässer.

1. Einleitung Fliessgewässer stellen seit jeher eine wichtige Lebensgrundlage des Menschen dar. Sie erfüllten bereits früher wichtige Serviceleistungen wie die Bereitstellung von Frischwasser, dienten als Nahrungsgrundlage (aquatische Organismen wie Krebse, Fische usw.) und wurden zu Entsorgungszwecken von Abfällen genutzt (Giller 2005; Jannson et al. 2007). Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Fliessgewässer den Bedürfnissen der Menschen angepasst, so etwa zur Nutzung der Wasserkraft, Holzflösserei, Schifffahrt oder zur Landgewinnung durch Begradigung der Flussläufe und Entwässerung der Auen (Malmqvist & Rundle 2002). Durch diese Eingriffe wurden die Fliessgewässer dramatisch bezüglich der Morphologie, des Abflussregimes sowie der ökologischen Funktionen verändert. Bäche und Flüsse gehören zu dem vom Menschen am meisten degradierten Ökosystemen (Gleick 2003), was zu einem fünffach höheren Artenrückgang im Vergleich zu terrestrischen Lebensräumen führte (Bernhardt et al. 2005). Von dem insgesamt 65 000 km langen Gewässernetz der Schweiz befinden sich aktuell 22% in einem ökomorphologisch ungenügenden Zustand (Zeh Weissmann et al. 2009). Für 10 800 km Fliessgewässerstrecken sowie für rund 50 000 künstliche Hindernisse wird ein ökomorphologischer Revitalisierungsbedarf ausgewiesen. Diese Zahlen belegen den grossen Revitalisierungsbedarf unserer Fliessgewässer. Seit

den 1970er Jahren wurden bereits grosse Erfolge hinsichtlich der Verbesserung der Wasserqualität durch den grossflächigen Bau von Kläranlagen bewirkt. Die Wiederherstellung der zerstörten Lebensräume für Flora und Fauna hingegen wurden zu einer neuen Herausforderung. Aus dieser Notwendigkeit heraus entwickelte sich die noch junge Revitalisierungsökologie (Block et al. 2001). Durch sie gibt es bereits gute Erkenntnisse, was grundlegende Anforderungen für erfolgsversprechende Revitalisierungsprojekte betrifft. Erfolgskontrollen stellen in diesem Zusammenhang ein wesentliches Element dar. Mit ihnen ist es möglich, zu überprüfen, ob die zuvor festgelegten Ziele des Projektes erreicht wurden und ökologische Verbesserungen eintraten. Gleichzeitig

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dienen sie als Detektor, indem ineffektive Massnahmen erkannt werden und so auch negative Resultate wertvolle Ergebnisse liefern können (Kondolf 1995). Damit lassen sich auch bestehende Unsicherheiten in der Revitalisierungsökologie reduzieren und angepasste Massnahmen helfen mit, zukünftige Projekte zu verbessern. Die Wichtigkeit von Erfolgskontrollen zeigt die ausführliche Ausarbeitung des «Handbuches für die Erfolgskontrolle von Fliessgewässerrevitalisierungen» (Woolsey et al. 2005), das im Rahmen des «Rhone-Thur»Projektes entstanden ist. Es werden 50 biotische und abiotische Indikatoren aufgeführt, mit denen die Quantifizierung eines Erfolges je nach Projektziel möglich ist. Dass nach wie vor viele Revitalisierungsprojekte ohne Erfolgskontrollen durchgeführt werden, wird unter anderem mit dem Mangel von finanziellen und personellen Mitteln begründet. Diese Kosten sollten jedoch bereits in der Planungsphase einbezogen werden und im Verhältnis zu den Gesamtkosten stehen. Gleichzeitig lässt sich beobachten, dass Monitoringprogramme vor allem in Grossprojekten eingesetzt werden und daher für kleine Fliessgewässer deutliche Wissenslücken bestehen. Diese Defizite gilt es anzugehen, bedenkt man die grosse Anzahl kleiner Fliessgewässer.

Tabelle 1. Untersuchte Gewässer mit je einer kanalisierten und einer revitalisierten Strecke. 43


2. Daten und Ergebnisse Zur Beurteilung des ökologischen Erfolges wurden aus dem «Handbuch für die Erfolgskontrolle von Fliessgewässerrevitalisierungen» (Woolsey et al. 2005) neun Indikatoren aus der Zielebene «Umwelt und Ökologie» ausgewählt. Als Referenz dienten kanalisierte Strecken im selben Bach, wodurch die Voraussetzung zur Beurteilung der Veränderung des ökologischen Zustandes gegeben war. Alle revitalisierten Strecken befanden sich vorher im gleichen Zustand wie die kanalisierten Referenzstrecken. Die Ergebnisse der einzelnen Indikatoren werden im Folgenden vorgestellt. 2.1 Variabilität der benetzten Breite Die Variabilität der benetzten Breite eines Fliessgewässers steht in engem Zusammenhang mit der relativen Uferlänge (Schweizer, in Woolsey et al. 2005). Kanalisierte Strecken mit ihren monotonen Gewässerbreiten weisen kürzere Uferlinien als revitalisierte Strecken auf. Eine längere Uferlinie erhöht einerseits die laterale Vernetzung des Gewässers mit seinen angrenzenden terrestrischen Lebensräumen und fördert andererseits abwechslungsreichere Tiefenverhältnisse und somit zusätzliche Habitate (Ward et al. 1999). Eine erhöhte Variabilität der benetzten Wasserspiegelbreite konnte bis auf eine Ausnahme (Vordere Frenke (BL)) in allen Bächen festgestellt werden. Das Entfernen harter Uferverbauungen benötigt Raum, welcher in Siedlungsgebieten nur selten zur Verfügung steht. Dies war die Einschränkung der Vorderen Frenke, deren sohlenrevitalisierte Strecke im Ortsgebiet Waldenburg liegt und durch die vorhandene Siedlung (Strassen, Wohnhäuser, Industrie) keine Möglichkeit einer Breitenveränderung gegeben waren. Alle weiteren Bäche lagen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten, wo mehr Raum für das Gewässer zur Verfügung stand. 2.2

Variabilität der maximalen Abflusstiefe Die Variabilität der Maximaltiefe eines Fliessgewässers erfüllt viele wichtige Funktionen. Unter anderem profitieren vor allem adulte Tiere von tiefen Stellen (Elliott 1994), welche Schutz vor terrestrischen Prädatoren bieten und bei Niedrigwasser als Refugium dienen (Lake et al. 2007). Dass mit zunehmender Variabilität der Maximaltiefe die Artendiversität positiv beeinflusst wird, konnte bereits in vielen Studien nachgewiesen werden (Jungwirth 1984, Angermeier & Schlosser 1989). 44

Bild 1. Scheidgraben Kt. NW: kanalisierte Strecke (Bild C. Rau). In den hier untersuchten Bächen liess sich ein deutlicher Unterschied in den maximalen Abflusstiefen zwischen den revitalisierten und kanalisierten Untersuchungsstrecken beobachten. Diese vergrösserten Heterogenitäten des Lebensraumes der revitalisierten Strecken standen in direktem Zusammenhang mit den Fischdichten, die positiv beeinflusst wurden. Die tiefen Stellen treten oft in Pools auf, welche aufgrund ihrer räumlichen Ausdehnung Lebensraum für viele Individuen bieten. 2.3

Variabilität der Fliessgeschwindigkeit Die Variabilität der Fliessgeschwindigkeit kann als wichtige Masseinheit zur Beschreibung unterschiedlicher Habitate (z.B. Pool, Riffle, Glide) herangezogen werden und dient als direkte Messgrösse für die morphologische und hydraulische Variabilität. Da die Fliessgeschwindigkeit den Geschiebetransport direkt beeinflusst, ist sie für die Entwicklung unterschiedlicher Habitate eine ausschlaggebende Grösse. Neben der Bereitstellung der Habitate ist eine Variabilität auch für die Nahrungsversorgung wichtig. Gerade an den Grenzen unterschiedlicher Strömungsverhältnisse (z.B. beim Übergang vom Riffle in den Pool) kommt es zu einer Andrift von Nahrung, weshalb an diesen Stellen oft grössere Ansammlungen räuberisch lebender Fische beobachtet werden können. Hier nehmen sie mit einem geringen Energieaufwand Nahrung auf. Aus zeitlichen Gründen konnten die Fliessgeschwindigkeiten nur in sechs der

zehn Bäche erhoben werden. Es wurden die Fliessgeschwindigkeiten der mittleren Gewässertiefe an fünf Querprofilen gemessen. Die zum Teil sehr deutlichen Unterschiede stehen dabei in direktem Zusammenhang mit den morphologischen Unterschieden der Streckentypen. So wurden in den Bächen Rotigraben (NW) und Laveggio (TI) eine starke Verbesserung gemessen, in denen die morphologischen Unterschiede besonders deutlich ausgeprägt sind. Dagegen waren im Mülibach (NW) die strukturellen Unterschiede nur geringfügig, weshalb hier keine Veränderungen der Fliessgeschwindigkeit festgestellt wurden. 2.4

Veränderungen der Makrohabitate Makrohabitate haben eine räumliche Ausdehnung von Dezimetern bis Metern und differenzieren sich durch ihre unterschiedlichen hydraulischen Bedingungen. Die vorgenommene Aufteilung der Makrohabitate erfolgte nach einer vereinfachten Einteilung nach Bisson (1981) und enthielt Pools, Riffles und Glides. Pools zeichnen sich durch deutlich grössere Tiefen und langsame Fliessgeschwindigkeiten aus. Riffles weisen turbulente Strömungen bei verhältnismässig niedrigen Wassertiefen und Glides laminare Strömungen bei mittleren Wassertiefen auf. Die jeweiligen Strukturen wurden vermessen und konnten so als Anteil der Gesamtfläche ausgedrückt werden. Die Ausgestaltung eines Fliessgewässers mit den jeweiligen Makrohabitaten lässt eine gute Beurteilung ihrer Vielfältig-

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Bild 2. Scheidgraben Kt. NW: revitaliserte Strecke (Bild A. Peter, Eawag). keit zu. Sie ist wichtig, da Fische im Laufe ihres Lebenszyklus auf unterschiedliche Habitate angewiesen sind und zusätzlich die Konkurrenz (zwischen den Arten, aber auch innerhalb Individuen einer Art) durch das vermehrte Habitatsangebot verringert wird. In allen Bächen konnte eine grössere Vielfalt der Makrohabitate in den revitalisierten Strecken festgestellt werden. Somit wiesen die Lebensräume für Fische eine höhere Qualität auf. 2.5

Unterstände und Strukturen (Mikrohabitate) Fischunterstände (Mikrohabitate) sind kleinräumige Strukturen in einer Grössendimension von wenigen Zentimetern bis Metern, welche den Fischen als Versteck und Ruheplatz dienen. Das Vorhandensein von Fischunterständen wird für die Wiederbesiedlung von revitalisierten Strecken oft als eine der wichtigsten Bedingungen angesehen (Bond & Lake 2003), auch wenn dies nicht getrennt von weiteren wichtigen Faktoren, wie das Ausbreitungspotenzial einer Art oder zwischenartliche Konkurrenz, betrachtet werden kann. Folgende Fischunterstandstypen wurden unterschieden: • Pool • Turbulenzen • überhängende Vegetation • unterspülte Ufer • Wasserpflanzen • Steine • künstliche Strukturen • Baumstämme, Äste, Wurzeln Die einzelnen Unterstandstypen

wurden vermessen und konnten so als Anteil der Gesamtfläche ausgedrückt werden. Die Ergebnisse fielen sehr unterschiedlich aus. Alle Bewertungsstufen von Verschlechterung bis zur starken Verbesserung waren vertreten. Bezogen auf die Quantität konnte somit keine einheitliche Aussage getroffen werden. Im Kontrast dazu stehen die sehr deutlichen Unterschiede bei der Qualität der Fischunterstände, hier gemessen durch den Shannon-Wiener-Diversitätsindex. So wiesen die revitalisierten Strecken nicht nur mehr Unterstandstypen und somit eine grössere Habitatsvielfalt auf, sondern es handelte sich hier um dauerhaftere Strukturen, die durch das ganze Jahr hindurch zur Verfügung stehen. In einigen Fällen kam es im Streckentyp kanalisiert zu einer hohen Quantität an Fischunterständen, diese waren jedoch durch Wasserpflanzen und überhängende Vegetation dominiert. Da es sich aber um temporär vorkommende Strukturen handelt, können diese nur in der Vegetationsperiode als vollwertiger Unterstandstyp betrachtet werden. Die für die winterlichen Überlebensraten wichtigen dauerhaften Strukturen wie Pools und unterspülte Ufer, und somit die Voraussetzung für das Überleben einer Art (Bain et al. 1988) waren fast ausschliesslich im Streckentyp revitalisiert zu finden. 2.6

Breite und Beschaffenheit des Uferbereiches Die Breite und Beschaffenheit des Uferbereiches inklusive der Art der Umlandnutzung haben einen grossen Einfluss auf unsere Fliessgewässer. So bietet ein

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standortgerechter Gehölzsaum einerseits zahlreichen Tieren Schutz und Lebensraum, andererseits beeinflusst der Bewuchs das Gewässer direkt, da es zu einer sommerlichen Beschattung und einem herbstlichen Eintrag von Nährstoffen kommt. Gerade erhöhte Wassertemperaturen sind für viele Organismen kritisch und können bereits bei kurzfristiger Überschreitung der Toleranzgrenze letal wirken. Zum anderen wird durch Beschattung das Aufkommen von Wasserpflanzen verhindert und wirkt übermässigem Algenwachstum entgegen. Die Breite des Uferbereiches ist vor allem bei Hochwasser von Bedeutung, da es dann zu einem direkten Stoffaustausch des Gewässers mit seinem terrestrischen Umland kommt. Dies wirkt sich umso positiver aus, je natürlicher der Uferrandbereich gestaltet ist. In acht Bächen kam es zu überwiegend grossen Verbesserungen des Uferbereiches in den revitalisierten Strecken. Verständlicherweise können keine Verbesserungen erzielt werden, wenn der Bach von Gebäuden oder Strassen direkt umgeben ist, wie dies bei der Vorderen Frenke (BL) und dem Walenbrunnen (UR) der Fall ist. 2.7 Quantität von Totholz Totholz besteht aus Ansammlungen oder Einzelstücken von Ästen, Wurzelstöcken oder Baumstämmen, welche auf natürlichem oder künstlichem Weg in das Gewässer eingebracht werden. Totholz ist ein sehr wichtiges Strukturelement (Peter 2003) und spielt bei Revitalisierungsprojekten zunehmend eine wichtigere Rolle. Die Vorteile des Totholzes sind die Veränderungen, welche durch die modifizierten Strömungsverhältnisse hervorgerufen werden. Es führt durch vermehrte Sedimentation und Verminderung der Fliessgeschwindigkeiten zur Stabilisation des Flussbettes und ruft Kolkbildungen durch überstürzendes Wasser hervor. Diese Poolstrukturen sowie die Wurzeln dienen den Fischen als hervorragender Unterstandstyp (Jungwirth et al. 2003) und bieten somit Schutz vor terrestrischen Frassfeinden. Zudem ist das Einbringen von Totholz eine kostengünstige und daher sehr effektive Massnahme. Die Funktion des Totholzes in den untersuchten Bächen wird hauptsächlich durch die Wurzeln der Ufervegetation, weniger durch Ansammlungen, hervorgerufen und ist grundsätzlich kein dominierendes Element. In der überwiegenden Anzahl der untersuchten Bäche wurden keine Unter45


schiede im Totholzvolumen zwischen den revitalisierten und kanalisierten Strecken festgestellt. Als aktiv einzubringendes Element ausserhalb des Gewässers wurde es an zwei Bächen eingesetzt (Walenbrunnen (UR), Mölibach (FL)), wo durch die neue Sohlbreite genügend Raum vorhanden war und als Schutz bei Hochwasser dienen kann. 2.8

Altersstruktur von Fischpopulationen Die Altersstruktur gibt Informationen über das Potenzial des Fortbestandes einer Population, denn das Vorhandensein jeder Altersklasse mit ausreichend Individuen ist für das Fortbestehen einer Population von zentraler Bedeutung (Beukers & Jones 1998). Eine gesunde Population zeichnet sich durch das Vorhandensein mehrerer Altersklassen aus. Bei wandernden Fischarten (Seeforelle, Lachs usw.) leben die Jung- und Adultfische jedoch räumlich getrennt. So können zwischen Laich- und Nahrungsplätzen zum Teil sehr beachtliche Distanzen liegen. Zur Bestimmung der Altersstruktur wurden alle Individuen mittels Längenfrequenzdiagrammen einer der drei Altersklassen (0+-Fische, Juvenile und Adulte) zugeordnet. Die Ergebnisse der einzelnen Bäche fielen sehr unterschiedlich aus, doch kann eine Tendenz zu natürlicheren Populationsstrukturen in revitalisierten Strecken erkannt werden. Diese Tendenzen lassen sich mit zwei Punkten belegen: Zum einen sind in den revitalisierten Strecken die einzelnen Altersklassen mit höheren Individuenzahlen vertreten, welches bezogen auf die 0+-Fische auf einen grösseren Reproduktionserfolg schliessen lässt. Zum anderen fehlten adulte Fische tendenziell in den kanalisierten Strecken oder waren unterrepräsentiert.

Bild 3. Walenbrunnen Kt. UR: kanalisierte Strecke (Bild C. Rau).

2.9 Bild 4. Walenbrunnen Kt. UR: revitalisierte Strecke mit Eintrag von Totholz (Bild C. Rau).

Bild 5. Seeforelle. Diese wandernde Fischart konnte in der revitalisierten Strecke das Walenbrunnens festgestellt werden. In der kanalisierten Strecke war sie nicht vorhanden. (Bild A. Peter, Eawag). 46

Artenvorkommen und Häufigkeit Die Aufrechterhaltung der Biodiversität wurde durch die Konferenz der Vereinten Nationen zu Umwelt und Entwicklung im Jahre 1992 in Rio de Janeiro in der Biodiversitäts-Konvention vertraglich festgelegt (UNEP 1992). Durch sie wurde die Bedeutsamkeit der Biodiversität erstmals weltweit anerkannt und auch in den Schweizer Fliessgewässern durch das Modul-StufenKonzept Fische Stufe F (Schager & Peter 2004) berücksichtigt. Die Wiederherstellung der Biodiversität ist ein angestrebtes Ziel in der Revitalisierungsökologie (Young 2000), wobei der Fisch als ein guter Indikator für intakte ökologische Funktionen gilt.

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In allen untersuchten Bächen wurde eine höhere Diversität der Fische in den revitalisierten Strecken festgestellt, welche durch das vielfältige Angebot an Unterständen (Mikrohabitate) erklärt werden kann. Dass durch strukturelle Verbesserungen nicht zwangsläufig die Artenvielfalt erhöht wird, konnte in der Studie des Revitalisierungsprojektes der Thur (Peter et al. 2008, Peter 2009, Weber et al. 2009) und der Studie von Pretty et al. (2003) über Flachlandbäche in England festgestellt werden. Im Gegensatz dazu kam es in den untersuchten Bächen zu einer deutlichen Erhöhung der Artenvielfalt. Beachtlich war die Geschwindigkeit der Wiederbesiedlung, welche in der Regel deutlich langsamer erfolgt. Zusätzlich zeigte das Vorkommen von Fischarten, die mit dem See verbunden sind (Trüsche und Seeforelle) in den Seezuflüssen Scheidgraben (NW), Walenbrunnen (UR) und Laveggio (TI) neben der Existenz von ausreichenden Habitaten auch die wiederhergestellte Vernetzung der Gewässersysteme. 3. Schlussfolgerung Für alle untersuchten Revitalisierungsprojekte konnte ein ökologischer Erfolg festgestellt werden. Dieser ökologische Erfolg manifestierte sich deutlich in der höheren Artenvielfalt der Fische in den revitalisierten Strecken, die durch die grösseren Heterogenitäten in der Morphologie sowie der Hydraulik bestimmt wurde. Diese klare und eindeutige Gesamtaussage belegt das grosse Revitalisierungspotenzial kleiner Bäche. Um Fliessgewässer wieder in einen naturnäheren Zustand zu führen, müssen sie ihren ursprünglichen Strukturreichtum zurückerlangen, da nur so neue Lebensräume geschaffen werden können und sich dies unbestritten positiv auf die Artenvielfalt auswirkt. Doch heisst dies nicht, dass sich allein durch strukturelle Verbesserungen zwangsläufig die Artenvielfalt erhöht. Denn grundsätzlich gilt: Für erfolgreiche Revitalisierungsprojekte darf sich der Fokus nicht nur auf lokale Defizite beziehen, sondern auch ausserhalb des Projektperimeters liegende Prozesse müssen miteinbezogen werden (wie z.B. die laterale und longitudinale Vernetzung, Geschiebetransport, Umlandnutzung). Es gilt das gesamte Einzugsgebiet eines Gewässers zu berücksichtigen. Wird nur kleinräumig geplant, muss mit Misserfolgen gerechnet werden. Zudem sind die teilweise sehr langen Zeiträume, die ein Fliessgewässer benötigt, bis es erfolgreich neu besiedelt wird, nicht zu unterschätzen.

Tabelle 2. Revitalisierungserfolg (berechnet aus allen neun erhobenen Indikatoren) und das Vorkommen der Fischarten in der kanalisierten und revitalisierten Strecke der untersuchten Gewässer. In sieben von zehn Gewässern erhöhte sich die Artenzahl der Fische in der revitalisierten Strecke.

Diese Zeiträume sind je nach Art unterschiedlich und können im Extremfall bis zu 50 Jahren betragen. Mit Hilfe von Erfolgskontrollen wird es möglich sein, die zur Verfügung stehenden Gelder für Revitalisierungen sinnvoll einzusetzen, um den grösstmöglichen Nutzen langfristig sicherzustellen.

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Monitorage de la turbidité des cours d’eau Suisse Alessandro Grasso, Dominique Bérod, Daniel Hefti, Adrian. Jakob

Résumé La turbidité des cours d’eau suisse fait l’objet d’un suivi de la division Hydrologie de l’Office Fédéral de l’Environnement. Depuis les années mille-neuf-cent-soixante, la division Hydrologie gère le réseau national de mesures de la concentration de matières en suspension. Actuellement, le réseau est constitué de douze stations dont cinq sont équipées de sondes de turbidité. La mesure de la turbidité permet d’obtenir de manière simple et économique des informations sur le degré de pertubation hydrologique des cours d’eau (valeurs moyennes journalières, fréquences de non dépassement, coefficient d’uniformité). Ces indicateurs sont également pertinents pour évaluer les impacts sur les biocénoses aquatiques. Les premières analyses portant sur les cinq stations hydrométriques montrent une tendance à l’augmentation du nombre moyen de jours par année où la turbidité présente une valeur supérieur ou égale de 1000 NTU.

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Zusammenfassung Die Trübungsmessung in schweizerischen Fliessgewässern ist eine der Aufgaben der Abteilung Hydrologie des Bundesamtes für Umwelt. Seit den sechziger Jahren betreut die Abteilung Hydrologie das nationale Schwebstoffmessnetz. Zurzeit besteht das Messnetz aus zwölf Stationen wovon fünf zusätzlich mit Trübungssonden ausgerüstet sind. Auf einfache und kostengünstige Weise erlaubt die Trübungsmessung Informationen über eine hydrologische Veränderung der Flüsse zu erhalten. Dazu dienen die Tagesmittelwerte, die Unterschreitungshäufigkeiten und der Gleichmässigkeitskoeffizient. Mit diesen Indikatoren können die Auswirkungen auf die Biozönose der Gewässer eingeschätzt werden. Die ersten Analysen, die sich auf die fünf hydrometrischen Stationen beziehen, zeigen eine tendenzielle Erhöhung der durchschnittlichen Anzahl Tage pro Jahr, an denen die Trübung einen Wert von 1000 NTU übersteigt.

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1. Introduction La turbidité des cours d’eau est due à la présence de particules fines en suspension dans l’eau qui peuvent être de nature inorganique (argile, limon, sable fin), organique (plancton, algue) ou colloïdale. Ces particules fines se forment lors de l’érosion des sols et sont entraînées par l’eau ou le vent. Le processus dépend de la topographie, de la structure du sol et des précipitations; son intensité présente donc de fortes fluctuations spatiales et saisonnières. Hormis les facteurs naturels, les processus d’érosion et d’apports de particules fines dans les eaux sont amplifiés par certaines activités anthropiques (agriculture, sylviculture, extractions de sédiments, constructions dans les cours d’eau, curages des retenues, etc.). Les mesures de concentration des sédiments en suspension dans les cours d’eau suisse font l’objet d’un suivi de la Division Hydrologie de l’Office Fédéral de l’Environnement (OFEV) depuis les années soixante. Le réseau de mesure a été conçu dans le cadre du monitorage des processus d’érosion, de transport et de déposition des sédiments dans les cours d’eau. Au cours des années, le réseau de mesure a été développé et adapté à de nouveaux buts (par exemple: observation des effets du changement climatique). Dans les années nonante l’OFEV a commencé à équiper ces stations de mesures avec des sondes de turbidité afin de disposer d’observations continues indirectes de la concentration des sédiments en suspension (Grasso et al., 2007) permettant ainsi d’améliorer l’estimation de leurs volumes dans les cours d’eau. 2.

Impacts sur l’écosystème aquatique La présence de sédiments fins en suspension dans l’eau influence ses caractéristiques physiques. Les rayons solaires qui pénètrent dans l’eau sont dispersés et partiellement absorbés par les particules; il en découle une diminution de la pénétration lumineuse dans la couche d’eau. Par ailleurs, les particules en suspension absorbent de la chaleur, ce qui peut induire une augmentation de la température de l’eau (Marcus et al., 1990; Paaijmans et al., 2008). La turbidité modifie également les propriétés de tension superficielle de l’eau (Hartman, 1949) et réduit les échanges gazeux à travers sa surface pouvant entraîner une baisse de concentration en oxygène (Alonso et al., 1973). Au niveau des biocénoses aqua-

tiques, les effets de la turbidité se font ressentir à tous les échelons trophiques. Une synthèse exhaustive a été réalisée par Bucher (2002) dans le cadre du projet national «Réseau suisse poissons en diminution – Fischnetz». La turbidité entraîne une diminution de l’activité photosynthétique (Ward 1992; Persaud & Jaagumagi, 1995) et, par conséquent, de la productivité primaire (matière organique fixée par photosynthèse). Les particules en suspension limitent la profondeur maximale de colonisation des plantes (Canfield et al., 1985; Garrad & Dey, 1987), ce qui peut entraîner une diminution de la diversité des espèces (Robel, 1961; Moss, 1977). Elles peuvent également endommager les tissus de la plante et réduire son taux de croissance (Lewis, 1973). La turbidité est susceptible de modifier la composition et l’abondance des communautés d’invertébrés (Gray & Ward, 1982; Carvalho, 1984; Bowlby et al., 1987). Une augmentation brutale de turbidité déclenche une dérive massive (drift) des macroinvertébrés benthiques vers l’aval (Alabaster & Lloyd, 1980) pouvant réduire considérablement la biomasse disponible. Les particules en suspension ont également des impacts directs sur les invertébrés: elles sont préjudiciables aux amphipodes (Forbes et al., 1981) et affectent le taux de survie chez la daphnie (Koenings et al., 1990). En concentrations élevées, elles provoquent l’obstruction des filtres des appareils nutritionnels (Kirk, 1992) ainsi que des organes digestifs et respiratoires (Waters, 1995). Une turbidité élevée freine le développement des œufs et des larves (McKee & Wolf, 1963; Appleby & Scarratt, 1989). En ce qui concerne les poissons, l’intensité des altérations ne dépend pas uniquement de la concentration en particules fines mais varie en fonction de la nature et du type de grains (anguleux ou rond), de la durée d’exposition ainsi que d’autres paramètres chimiques et physiques de l’eau (Newcombe & MacDonald, 1991; Newcombe, 1994). La turbidité réduit la visibilité et modifie le comportement du poisson, en particulier celui de recherche de nourriture, ce qui influence sa croissance (Gregory, 1991; Gregory & Northcote, 1993). Bien que le poisson soit en mesure de tolérer de courtes expositions à des concentrations élevées de particules en suspension (notamment en produisant un mucus protecteur), une altération de la cavité operculaire et une irritation des branchies

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sont constatées lors d’exposition de longue durée générant des difficultés respiratoires ainsi qu’une fragilité générale de l’état de santé (Phillips, 1971). En situations extrêmes, les branchies cessent de fonctionner et le poisson meurt par anoxémie et rétention d’oxyde de carbone (Ritchie, 1972; Newcombe & Jensen, 1995a). Les alevins sont particulièrement sensibles à la turbidité. Finalement les sédiments fins ont aussi des effets préjudiciables sur l’habitat du poisson. Lorsqu’elles se redéposent, les particules fines obstruent les espaces interstitiels du substrat et colmatent le lit du cours d’eau. Ce processus affecte le succès de la reproduction des espèces lithorhéophiles, soit par raréfaction de frayères fonctionnelles, soit par circulation insuffisante du flux d’eau à l’intérieur du substrat. Il en découle une oxygénation déficiente des œufs ainsi qu’une élimination insuffisante des produits métaboliques toxiques. Ces deux phénomènes combinés (colmatage du substrat et oxygénation insuffisante) peuvent entraîner une mortalité quasi-totale du frai (VentlingSchwank & Livingston, 1994; Rubin, 1995). 3. Mesures de turbidité Les valeurs de turbidité des cours d’eau représentent une mesure non spécifique de la concentration des solides en suspension. La corrélation entre turbidité et concentration des solides en suspension n’est pas toujours linéaire compte tenu des caractéristiques optiques de la matière en suspension, tel que son coefficient de réfraction. Lorsque la lumière traverse une suspension, on observe deux phénomènes optiques: • Absorption de la lumière par les particules. • Dispersion de la lumière par les particules travers la réflexion et la réfraction. La dimension des particules influence ces phénomènes optiques; les particules les plus grossières absorbent la lumière alors que les plus fines la dispersent. Comme les deux phénomènes se produisent simultanément, la turbidité peut être mesurée de deux manières (Fig. 1). La première méthode consiste à mesurer l’intensité d’un faisceau lumineux traversant un échantillon (méthode turbidimétrique); la seconde méthode mesure la dispersion d’un faisceau lumineux par l’angle alpha du faisceau incident (méthode néphélométrique). L’OFEV procède aux mesures de turbidité par la méthode néphélométrique 49


Fig. 1. Méthodes de mesure optique de la turbidité – turbidimétrie et néphélométrie.

Fig. 2. Sonde de turbidité dans le Rhône.

Fig.3. Monitorage de la turbidité et du transport de matière solide en suspension. Réseau de mesures de l’OFEV.

dont l’unité de mesure est le NTU (Nephelometric Turbidity Unit) (Fig. 2). 4.

Monitorage de la turbidité des cours d’eau à l’OFEV. Le réseau de mesure des sédiments en suspension est actuellement constitué de douze stations, dont cinq sont équipées avec une sonde de turbidité: LütschineGsteig, Rhin-Diepoldsau, Aare-Brienzwiler, Rhône-Porte du Scex et Aare-Hagneck. Les sept stations de mesure restantes sont échantillonnées deux fois par semaine; elles seront progressivement équipées d’une sonde de turbidité. 5.

Traitement des données

5.1

Analyse des fréquences de non dépassement Avant d’être analysées, les séries de mesures de turbidité ont d’abord été contrôlées, corrigées et validées par l’OFEV. Les séries pluriannuelles de turbidité de cinq stations hydrométriques ont été considérées: Lütschine-Gsteig, Aare-Brienzwiler, Aare-Hagneck, RhinDiepoldsau, Rhône-Porte du Scex. Les bassins versants de la Lütschine (379 km2) et de l’Aare (554 km2) en amont de leurs stations de mesure (respectivement Gsteig et Brienzwiler) ont une surface relativement modeste par rapport aux bassins versants du Rhin en amont de Diepoldsau (6119 km2), du Rhône 50

Fig.4. Courbes de fréquences de non dépassement de la turbidité observées dans deux stations hydrométriques. Une forte pente de la courbe caractérise un régime de turbidité influencé par des barrages en amont (ex. Aare-Brienzwiler). en amont de Port du Scex (5229 km2) et de l’Aare en amont de Hagneck (5104 km2). Le régime hydrologique du Rhin, du Rhône et de l’Aare en amont de leurs stations de mesure est fortement influencé par des activités humaines (exploitation hydroélectriques, activités agricoles) tandis que celui de la Lütschine en amont de la station de Gsteig ne l’est que dans une moindre mesure. La courbe de distribution des fréquences de non dépassement est

spécifique à chaque station (Fig. 4). Sa forme dépend des valeurs de turbidité autour de la médiane: plus ces valeurs sont uniformes plus la pente de la courbe est élevée. De même que pour les courbes granulométriques (Lambe & Whitman, 1979), il est possible de définir un coefficient d’uniformitéde la courbe de fréquence de non dépassement comme étant le rapport entre les quantiles NTU 90% et NTU 10% de la turbidité. Plus le coefficient se rapproche de 1 plus le régime de turbidité est uniforme.

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Fig. 6. Vitalité du poisson en relation avec la turbidité et la durée d’exposition (selon Newcombe & Jensen, 1996).

Fig. 5. Coefficients d’uniformité des courbes de fréquence de non dépassement des cinq stations hydrométriques équipées d’une sonde de turbidité.

Fig. 7. Nombre moyen de jours par année des cinq stations où la turbidité journalière est égale ou supérieur à 1000 NTU.

Le coefficient d’uniformité des courbes de fréquence de non dépassement peut donc être utilisé comme indicateur du degré de perturbation hydrologique d’un cours d’eau ou des variations du régime de turbidité imputables à des activités anthropiques. Les coefficients d’uniformité des cinq stations hydrométriques étudiées sont reportés à la figure 5. Le coefficient de la station de la Lütschine (Gsteig), cours d’eau peu influencé hydrologiquement, est nettement plus élevé que ceux des stations de l’Aare, du Rhône et du Rhin, fortement influencées par les barrages en amont. L’exploitation hydroélectrique tend à uniformiser les valeurs de turbidité autour de la médiane et donc à abaisser le coefficient d’uniformité.

5.2

Étude des valeurs moyennes journalières de turbidité L’analyse suivante se base sur la relation de Newcombe & Jensen (1995) qui décrit la réaction du poisson en fonction de la turbidité et de la durée d’exposition (Fig. 6). Un seuil de turbidité journalière Tr ≥ 1000 NTU a été défini au-delà duquel le poisson montre clairement des symptômes de stress, en particulier des difficultés respiratoires. Le nombre moyen de jours par année, calculé sur les cinq stations équipées, où la turbidité journalière du cours d’eau s’est avérée égale ou supérieure à 1000 NTU est reporté à la figure 7. Pendant la période investiguée, le graphique révèle une tendance à l’augmentation (Tr ≥ 1000 NTU). Cette

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évolution peut s’expliquer par des facteurs d’origine climatique (fréquence et intensité des précipitations, longues périodes de sécheresse, hivers doux et courts, températures plus élevée, etc.) et d’origine anthropique (agriculture, gestion des réservoirs d’eau, curage des retenues, aménagements dans les cours d’eau, etc.). L’année 2006 présente un nombre particulièrement élevé de jours avec une turbidité supérieure ou égale à 1000 NTU. Ceci peut être expliqué par les nombreux aménagements hydrauliques exécutés en 2006, suite aux dégâts provoqués par les crues de l’été 2005. 6. Conclusion La turbidité influence la diversité biologique des cours d’eau. Sa mesure permet d’atteindre les objectifs suivants: 1) détecter les risques potentiels qui menacent la biodiversité; 2) servir d’indicateur des changements climatiques; 3) améliorer l’estimation du volume de sédiments en suspension transportés par les cours d’eau. La mesure de la turbidité est économique et simple à exécuter. Son monitorage en continu permet de définir des indicateurs de «qualité/naturalité» des cours d’eau (coefficient d’uniformité des fréquences de non dépassement, nombre moyen de jours par année où Tr ≥ 1000 NTU). Le coefficient d’uniformité des fréquences de non dépassement est une mesure du degré de perturbation hydrologique d’un cours d’eau et met en évidence des variations du régime de turbidité causées par des activités anthropiques. Sur la séquence temporelle étudiée (2001–2008), le nombre moyen de jours 51


par année où Tr ≥ 1000 NTU présente une tendance positive. Ceci peut être expliqué par des facteurs anthropiques (activités humaines) ou naturels (climatiques). La qualité de ces indicateurs dépend grandement de la durée des mesures de turbidité. Il est donc nécessaire d’assurer à long terme le monitorage de ce paramètre des cours d’eau.

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52

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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


Integrale Wasserwirtschaft umsetzen – aber wie? Diskussion möglicher Ansätze Andreas Zysset, Stefan Rieder, Hugo Aschwanden

Zusammenfassung Die Schweizer Wasserwirtschaft steht vor einem Entwicklungsschritt. In den letzten Jahren verdichtete sich die Erkenntnis, dass eine sektorale und räumliche Integration erforderlich ist, um lösungsorientiert handeln zu können. Anlass dazu sind sich immer stärker überlappende Ansprüche an Raum und Gewässer. Das kürzlich erschienene Leitbild «Einzugsgebietsmanagement» des Bundes stellt die Grundsätze einer integralen Bewirtschaftung des Wassers in der Schweiz vor. Wie aber sollen diese Grundsätze umgesetzt werden? Eine im Auftrag des BAFU erstellte Studie «Institutionelle Modelle für die Schweizer Wasserwirtschaft» diskutiert mögliche Ansätze.

1.

Konsens zum Grundsatz, offene Fragen zur Umsetzung Die Wasserwirtschaft in der Schweiz steht vielfältigen Herausforderungen gegenüber: der Druck auf die Wasserressourcen nimmt zu, die Interessen der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Ökologie sind unter einen Hut zu bringen, die historisch bedingten oft kleinräumigen sektoralen Strukturen stossen an ihre Grenzen, die Infrastrukturen müssen erhalten werden. Die Komplexität der Aufgaben stellt hohe Ansprüche an die Professionalität der Leistungserbringer und die Klimaveränderung ruft langfristig nach neuen Bewirtschaftungsformen. Als eine Möglichkeit diese Herausforderungen zu meistern, bietet sich das Einzugsgebietsmanagement an. Es ist dies ein Ansatz zur sektorenübergreifenden Bewirtschaftung der Wasserressourcen, Gewässer und Infrastrukturen, der sich an langfristigen Zielen orientiert und in einem kontinuierlichen Zyklus von Planungs-, Umsetzungs- und

Resumée Mise en œuvre d’une gestion intégrée des eaux par bassin versant – mais comment? La gestion des eaux en Suisse est sur le point de se transformer. Les besoins en espace et en eau ne cessent d’augmenter. De ce fait, la nécessité d’une intégration sectorielle et spatiale, est devenue de plus en plus évidente au cours des dernières années. Le document «Idées directrices pour une gestion intégrée des eaux en Suisse» publié récemment par la Confédération défini les principes de la gestion intégrée des eaux en Suisse. Mais comment ces principes peuventils être mis en place? L’étude «Modèles institutionnels pour la gestion des eaux en Suisse» réalisée sur mandat de l’Office fédéral de l’environnement présente et discute des approches possibles.

Abstract Implementing Watershed Management – But How? Water management in Switzerland is about to take a step ahead. Awareness increased during the past few years that a sectoral and spatial integration is needed in a solution oriented approach as demand on space and water keeps growing. The recently published «Guiding Principles for Integrated Management of Water in Switzerland» define the federal policy. But how to implement these principles? The Federal Office for Environment mandated a study on «Institutional Models for Water Management in Switzerland» which discusses possible approaches.

Überwachungsprozessen erfolgt. Das Einzugsgebiet bildet dazu den Bezugsraum. Ein kürzlich erschienenes «Leitbild Einzugsgebietsmanagement» der WasserAgenda 21 und der Bundesämter ARE, BFE, BLW, und BAFU [1] legt entsprechende Grundsätze fest. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die heutigen institutionell-organisatorischen Strukturen der Schweizer Wasserwirtschaft für eine erfolgreiche Anwendung des Einzugsgebietsmanagements geeignet sind. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat deshalb die Resultate der Studie «Wasserwirtschaft 2025 – Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten» [2] aufgenommen und mit der hier vorgestellten Folgestudie «Institutionelle Modelle für die Wasserwirtschaft Schweiz» [3] vertiefen lassen. Die Wasserwirtschaft wird dabei im umfassenden Sinn verstanden. Sie umfasst alle menschlichen Eingriffe an Gewässern und Wasservorkommen. Die Grundanlie-

gen der Wasserwirtschaft sind: • die Erschliessung und Nutzung von Wasservorkommen, • der Schutz, der Erhalt und die Wiederherstellung der ökologischen, landschaftlichen und sozialen Funktionen der Gewässer, • der Schutz der Bevölkerung und der Sachwerte vor schädlichen Auswirkungen des Wassers.

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2.

Unterschiede rufen nach Differenzierung in der Umsetzung Im Rahmen der Studie wurde die im Jahr 2008 bei Bund, Kantonen, Verbänden und Forschungsinstitutionen vom BAFU durchgeführte Umfrage [4] im Sinne einer Treiberanalyse ausgewertet. Gemäss dieser Treiberanalyse sind die Akteure der Schweizer Wasserwirtschaft überwiegend der Ansicht, dass das Ziel der verstärkten Integration auf rein freiwilliger Basis und mit den heutigen Institutionen nicht effi53


Bild 1. Eine frühere Studie zur «Systemanalyse Wasserwirtschaft Schweiz» [5] untersuchte das Funktionieren der Schweizer Wasserwirtschaft über alle Projektphasen im Bewirtschaftungszyklus. zient zu erreichen ist. Die Treiberanalyse zeigt aber auch klare Vorbehalte gegen eine rein dirigistische oder rein zentralistische Weiterentwicklung der Institutionen. Die in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen verdeutlichen zum Beispiel, dass eine zentralistisch-einheitliche Definition von hydrologischen Einzugsgebieten als Basis der Bewirtschaftung in der Wasserversorgung oder in der Abwasserentsorgung wenig effektiv ist oder dass eine optimierte Güterabwägung für Wasserkraftanlagen eine gewisse Flexibilisierung der Restwasserbestimmungen voraussetzt. Daraus kann gefolgert werden, dass in der Weiterentwicklung der Schweizer Wasserwirtschaft der Haupttrend in Richtung von einheitlicheren Lösungen gehen sollte, die gleichzeitig ein Höchstmass an Flexibilität zur Realisierung lokal angepasster Strategien zulassen müssen. Basierend darauf wurden im Rahmen der Studie drei Strategievarianten zur institutionellen Weiterentwicklung in der Schweizer Wasserwirtschaft erarbeitet. Eine frühere Studie [5] ortete beim Zusammenspiel zwischen Erfolgskontrolle, Monitoring und Strategieentwicklung einen starken Verbesserungsbedarf. Danach funktionieren im heutigen System der Transfer von Fachwissen in die Praxis sowie die Rückkopplung von Erfahrungen der Praxis in die Theorie nur unregelmässig, zu unsystematisch und zu langsam. Alle drei Strategievarianten setzen an diesem Punkt an und formulieren Vorgaben oder Empfehlungen. 3. Strategievariante S1 Idee: Der Bund erlässt für die Kantone und Gemeinden verbindliche Vorgaben, in denen für die gesamte Fläche der Schweiz Regionen für die integrale Wasserbewirtschaftung festgelegt werden. Er stützt 54

Bild 2. Strategievariante S1: Mit neuen Gremien zu neuen Ufern.

Bild 3. Strategievariante S2: Auf Bestehendes bauen.

sich dabei auf die hydrologischen Einzugsgebiete ab. Die Kantone sind frei, für bestimmte oder alle Wassersektoren Unterregionen einzuführen oder zu fördern. Die Vorgaben des Bundes enthalten darüber hinaus zwingende Bestimmungen zur Strategie, zur Planung sowie zum Monitoring und zur Erfolgskontrolle, nicht aber zu den Phasen von der Projektierung über die Realisierung zur Bewirtschaftung. Institutionalisierung: Pro Region wird ein neues Gremium für die integrale Wasserwirtschaft geschaffen. Diese Gremien übernehmen Vollzugsaufgaben der Kantone und Gemeinden in der integralen Wasserwirtschaft. Die von den Gremien erarbeiteten strategischen und planerischen Resultate fliessen in die kantonalen Richtpläne und die kommunalen Nutzungspläne ein. Die Ergebnisse aus Monitoring und Erfolgskontrolle werden an Bund und Kantone berichtet. Die betroffenen Kantone legen pro Region jeweils die Einsitznahme von Kanton und Gemeinden im neuen Gremium fest. Die Kantone regeln überdies den Einbezug interessierter Dritter (z.B. Verbände, Unternehmen, Öffentlichkeit). Anreize und Fördermassnahmen: Der Bund leistet Finanzbeiträge an die neuen Wasserwirtschaftsgremien und unterstützt damit die Kantone und Gemeinden in der Erfüllung ihrer Aufgaben. Er

bedient sich dabei bestehender Finanzierungsgefässe. Der Bund prüft nach Ablauf der zeitlichen Vorgaben die Umsetzung der Vorschriften und fordert bei unzureichender Umsetzung Ergänzungen ein. Zeitperspektive: Als Zeithorizont für die Erstellung der Bundesvorgaben scheinen vier Jahre realistisch (ohne nachfolgende gesetzliche Anpassungen). Die Kantone erhalten eine zeitliche Vorgabe für die Etablierung der Gremien und die Übertragung der Kompetenzen. Sie können die Gremien auch vor Ablauf der Frist konstituieren. Gesamtschweizerisch müssen aber auf einen einheitlichen Zeitpunkt alle Gremien etabliert sein (z.B. fünf Jahre ab Inkrafttreten der entsprechenden Bestimmungen). Der Bund hat die Möglichkeit, seine finanziellen Beiträge zu kürzen oder zu streichen, wenn die Fristen von den Kantonen nicht eingehalten werden. Ergebnisse: Ausgehend von den wichtigsten hydrologischen Einzugsgebieten resultiert eine relativ kleine Zahl von neuen Regionen der integralen Wasserwirtschaft (etwa sechs Regionen). Die Integration umfasst im Prinzip alle Wassersektoren in allen Bewirtschaftungsphasen, mit einer direkten Steuerung durch die Gremien in den Phasen vom Monitoring und der Erfolgskontrolle bis zur Planung. Die Tiefe der Integration in den Phasen Projektierung, Realisierung und Bewirtschaftung

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Bild 4. Strategievariante S3: Mit Ressourcenabgabe bewirtschaften. wird von den neuen Gremien bedarfsgerecht festgelegt. 4. Strategievariante S2 Idee: Der Bund gibt den Kantonen zwingende Grundsätze zur sektoralen Integration vor. Diese betreffen alle Phasen im Bewirtschaftungszyklus, d.h. von der Strategie über die Planung, die Projektierung, die Realisierung und die Bewirtschaftung bis hin zum Monitoring und zur Erfolgskontrolle. Die Kantone sind verpflichtet, eine flächendeckende Situationsanalyse durchzuführen. Anschliessend machen sie situationsangepasste institutionelle Festlegungen, welche sich pro Wassersektor unterscheiden können und nicht flächendeckend sein müssen. Institutionalisierung: Die Kantone sind frei, mit welchen Mitteln und mit welchen institutionellen Lösungen sie die Einhaltung dieser Grundsätze sicherstellen wollen. Die Kantone sprechen sich mit ihren Nachbarkantonen über ihren Mitteleinsatz ab und treffen die dafür geeigneten Abkommen. Die Kantone führen ihre institutionellen Festlegungen in zwingende Vorgaben an die Gemeinden über. Anreize und Fördermassnahmen: Der Bund kann den Kantonen für Programmvereinbarungen Finanzhilfen mit Leistungsvorgaben zur regionalen Integration leisten. Die Kantone können ihrerseits

mittels Einzelprojektsubventionen oder Programmvereinbarungen die Gemeinden in der regionalen und sektoralen Integration unterstützen. Der Bund kann Projekte von Kantonen, die eine besonders rasche Umsetzung der Rahmenvorgaben zum Ziel haben, zusätzlich finanziell fördern. Diese Projekte müssen Vorbildcharakter aufweisen und geeignet sein, Lerneffekte auszulösen, so dass andere Kantone und Regionen von den gemachten Erfahrungen profitieren können. Der Bund kann geeignete Informations- und Beratungsmassnahmen schaffen, welche die Lerneffekte zwischen den Kantonen erleichtern und die Umsetzung fördern. Die Informationsund Beratungsmassnahmen umfassen Vollzugshilfen, Plattformen zum Erfahrungsaustausch (ERFA-Gruppen) usw. Zeitperspektive: Als Zeithorizont für die Festlegung der Grundsätze des Bundes scheinen rund vier Jahre realistisch (ohne nachfolgende gesetzliche Anpassungen). Die Festlegungen der Kantone zur Umsetzung könnten anschliessend innerhalb von rund drei Jahren erfolgen (einschliesslich der Absprache zwischen den Nachbarskantonen). Der Bund gibt dafür einen zeitlichen Rahmen vor. Er kann die Finanzhilfen so ausgestalten, dass eine rasche Umsetzung der Bundesvorgaben belohnt wird. Ergebnisse: Es resultiert eine mittlere Zahl von Regionen der integralen Wasserwirtschaft. Diese können bereits bestehen und die neuen Vorgaben der sektoralen Integration umsetzen; Regionen können aber auch neu geschaffen werden, innerkantonal oder kantonsübergreifend. Die resultierenden Regionen der integralen Wasserwirtschaft sind nicht zwingend flächendeckend und können sich räumlich überlagern. Die Integration umfasst im Prinzip alle Wassersektoren in allen Bewirtschaftungsphasen, wobei der Bund einheitliche Grundsätze festlegt, die Wahl der geeigneten Mittel zur Integration den Kantonen aber freigestellt bleibt. 5. Strategievariante S3 Idee: Der Bund erlässt unverbindliche Empfehlungen zur sektoralen und räumlichen Integration. Diese betreffen alle Phasen des Bewirtschaftungszyklus, d.h. von der Strategie über die Planung, die Projektierung, die Realisierung und die Bewirtschaftung bis hin zum Monitoring und zur Erfolgskontrolle. Die Empfehlungen äussern sich auch spezifisch zur optimalen Grösse der räumlichen Integration für einzelne Sektoren und für bestimmte Sektorkombinationen. Die Kantone können die

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Empfehlungen des Bundes für ihre Gebiete ergänzen und konkretisieren. Die Kantone sind aber frei, ob und wie weit sie den Empfehlungen folgen wollen. Diese Freiheit in der Umsetzung der Empfehlungen geben sie auch an die Gemeinden weiter. Institutionalisierung: Die Kantone sind frei, wie sie die Institutionalisierung umsetzen. Der Bund fördert jene Formen, die aus seiner Sicht für die sektorale und räumliche Integration besonders geeignet sind. Anreize und Fördermassnahmen: Es wird ein Fonds der integralen Wasserwirtschaft errichtet und auf Bundesebene angesiedelt, ähnlich dem Modell des Fonds für Regionalentwicklung oder dem neuen Zuschlag zur Reduzierung der negativen Einflüsse von Schwall und Sunk sowie zur Wiederherstellung des natürlichen Geschiebehaushalts und der Fischgängigkeit. Der neue Wasserwirtschaftsfonds wird durch eine Abgabe auf die Ressource Wasser geäufnet und kann beispielsweise bei der Wasser-Agenda 21 angesiedelt werden, um eine effiziente Mitwirkung der wichtigsten Akteure zu ermöglichen. Der Fonds leistet Beiträge an Gemeinden und Kantone, welche zusätzliche Leistungen im Bereich der sektoralen und räumlichen Integration erbringen und dabei den Schutz und die Nutzung der Ressource Wasser volkswirtschaftlich optimieren. Dies wird an definierten Kriterien gemessen. Die durch Beiträge unterstützten Leistungen können alle Phasen des Bewirtschaftungszyklus betreffen. Von der Fondsfinanzierung ausgenommen bleiben rein sektorale Massnahmen, insbesondere auch in den Phasen der Realisierung und Bewirtschaftung. Der Bund bietet geeignete Informations- und Beratungsmassnahmen an. Diese werden erbracht, wenn die Kantone entsprechende Bedürfnisse anmelden. Der Bund führt in Abständen von rund fünf Jahren eine Evaluation durch, die Auskunft darüber gibt, in welchem Masse die von ihm formulierten Empfehlungen in der Praxis umgesetzt, welche Mittel ausgeschüttet und welche Ergebnisse damit erzielt worden sind. Die Evaluation wird veröffentlicht. Zeitperspektive: Als Zeithorizont für die Erarbeitung der Empfehlungen und der Grundsätze zur Errichtung des Wasserwirtschaftsfonds scheinen drei Jahre realistisch (ohne nachfolgende gesetzliche Anpassungen). Für die Errichtung des Wasserwirtschaftsfonds werden weitere drei Jahre veranschlagt. Eine zeitliche Vorgabe für die anschliessende Umsetzung der Empfehlungen besteht nicht. 55


Der Fonds erstellt aber eine auf fünf Jahre ausgerichtete Planung, für die jeweils spezifische Ziele festgelegt werden. Ergebnisse: Es resultiert eine grosse Zahl von Regionen der integralen Wasserwirtschaft. Diese können bereits bestehen und die neuen Empfehlungen der Integration umsetzen; Regionen können aber auch neu geschaffen werden, innerkantonal oder kantonsübergreifend. Die resultierenden Regionen der integralen Wasserwirtschaft sind nicht flächendeckend und können sich räumlich überlagern. Sie starten als Projektregionen und können sich über die Zeit verändern. Die Integration umfasst im Prinzip alle Wassersektoren in allen Bewirtschaftungsphasen, wobei das Mass der Integration durch die Vollzugsorgane der Wasserwirtschaft bestimmt wird. 6.

Die Strategiewahl: eine Frage für alle Beteiligte Mit welcher dieser Strategievarianten lässt sich nun das Ziel einer integraleren Wasserwirtschaft in der Schweiz am besten erreichen? Grundsätzlich haben alle drei Strategievarianten das Potenzial, den Herausforderungen zu begegnen und neue Be-

wirtschaftungsformen einzuführen. Die drei Varianten decken ein grosses Spektrum unterschiedlicher staatlicher Interventionstiefe ab. Wo das Optimum zwischen Zielerreichung und notwendiger staatlicher Intervention liegt, muss ein politischer partizipativer Prozess mit allen Beteiligten zeigen. Mit dieser Studie legt das BAFU für diesen Prozess eine Grundlage vor und lädt damit ein, sich Gedanken zur zukünftigen Ausgestaltung der Wasserwirtschaft zu machen. Eine mögliche Diskussionsplattform dazu bildet die Wasser-Agenda 21 (www.wa21.ch).

[4] Bundesamt für Umwelt BAFU (2008): Was-

Literaturverzeichnis

Anschrift der Verfasser

[1] Wasser-Agenda 21, Hrsg. (2011): Einzugs-

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Zollikerstrasse 65, CH-8702 Zollikon

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Tel. +41 (0)44 395 11 11, www.ebp.ch

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[2] Ernst Basler + Partner AG (2007): Wasserwirt-

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Seidenhofstrasse 12, CH-6003 Luzern

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Tel. +41 (0)41 226 04 26

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[3] Ernst Basler + Partner AG und Interface Poli-

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tikstudien GmbH (2010): Institutionelle Modelle

Bundesamt für Umwelt BAFU

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richt im Auftrag des BAFU, Zollikon und Luzern,

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serwirtschaft Schweiz 2007 – Eine Auslegeordnung und Thesen zur Weiterentwicklung, Bern, 36 Seiten. [5] Ernst Basler + Partner AG (2007): Systemanalyse Wasserwirtschaft Schweiz. Studie im Auftrag des BAFU, 80 Seiten. Alle Studien sind verfügbar unter: www.umwelt-schweiz.ch/wawi-schweiz

Key Words Wasserwirtschaft – Institutionelle Modelle –Einzugsgebietsmanagement

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Erweiterung des Windparks auf dem Mont-Crosin Kurt Mägli, Petra Cupelin

Zusammenfassung Im September 2010 sind die Ausbauarbeiten des grössten Schweizer Windparks auf dem Mont-Crosin im Berner Jura erfolgreich abgeschlossen worden. Während zwei Monaten wurde das Kraftwerk von acht auf sechzehn Windturbinen erweitert. Die jährliche Energieproduktion vervierfacht sich damit auf 40 Millionen Kilowattstunden. Zur Errichtung der 140 Meter hohen Riesen kam der weltstärkste Teleskopmobilkran zum Einsatz. Die Bauarbeiten wurden unter der Leitung der BKW FMB Energie AG (BKW) im Auftrag der Juvent SA durchgeführt. Am 52 Millionen Franken teuren Projekt beteiligten sich rund fünfzig Spezialisten. Der Realisierung ging eine neunjährige Planungs- und Bewilligungsphase voraus, mit gegen dreissig involvierten Behördenund Amtsstellen. Heute produziert der Windpark Strom für rund 12000 Haushalte und etwa sechzig Prozent der in der Schweiz produzierten Windenergie.

1. Einleitung Seit fünfzehn Jahren wird auf den Höhen des Berner Juras Windstrom produziert. Die Betreiberfirma Juvent SA, an der neben der BKW vier weitere schweizerische Elektrizitätsunternehmen beteiligt sind (siehe Kasten), errichtete 1996 die ersten drei Windenergieanlagen des dänischen Herstellers Vestas mit je 600 Kilowatt (kW) Leistung auf dem Mont-Crosin. Mit der wachsenden Nachfrage nach Windstrom kamen in den Jahren 1998 und 2001 drei weitere Turbinen mit 700 kW bzw. 850 kW Leistung dazu. 2004 wurden unweit der existierenden Standorte die bisher leistungsstärksten Turbinen 7 und 8 des Typs Vestas V66 mit je 1750 kW Leistung und

verbessertem Wirkungsgrad installiert. Im Herbst 2010 wurde das Kraftwerk mit acht Grossanlagen (Vestas V90) ergänzt (siehe Tabelle 1). 2. Die Projektorganisation Mit dem Ausbau des Windkraftwerks um acht zusätzliche Grossanlagen hat die Juvent SA ihre Windstromproduktion vervierfacht. Ein Meilenstein für die Firma, aber auch für die am Projekt beteiligten Partnerunternehmen: Etwa für die BKW, deren Abteilung Engineering Kraftwerke einerseits das Projekt und den Bau leitete, andererseits auch für die Submission der Tiefbauarbeiten, die Planungsverfahren, die elektrische Planung und Leittechnik

Tabelle 1. Die technische Entwicklung der Windenergieanlagen Mont-Crosin (* WEA = Windenergieanlage). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden

Beteiligungen an der Juvent SA 60% sol-E Suisse AG (100-prozentige BKW-Konzerngesellschaft) 25% Industrielle Werke Basel (IWB) 5% AEW Energie AG 5% Groupe E Greenwatt SA 5% Société des Forces Electriques de La Goule (81-prozentige BKWKonzerngesellschaft)

sowie für die Transportlogistik in Zusammenarbeit mit Partnern besorgt war. Weitere Unternehmen der BKW-Gruppe trugen mit ihrem Fachwissen zur Umsetzung bei: Die sol-E Suisse AG, eine 100-prozentige Konzerngesellschaft der BKW, war für die Beschaffung der Windenergieanlagen verantwortlich. Die Société des Forces Electriques de La Goule koordinierte als lokale Netzbetreiberin die Verkabelung der neuen Windturbinen, während die Netze der BKW als Bauherrin für die Entstehung der neuen Unterstation zuständig war. 3.

Die Windenergieanlage Vestas V90 Die Leistungsfähigkeit der Windenergieanlage war nur ein Kriterium, als es darum ging, den Anlagetyp für die Erweiterung des Windparks zu bestimmen. Die Anlage sollte auch den Bedürfnissen der Bevölkerung sowie den Windbedingungen vor Ort gerecht werden. Die Wahl fiel schliesslich auf den Typ V90 des dänischen Herstellers Vestas. Diese Anlage produziert bei den Windstärken im Berner Jura am meisten Strom, ist leiser als ihre Vorgänger-Turbinen und schont damit die Anwohner. Mit einer Turmhöhe von 95 Metern, einem Gesamtgewicht von 330 Tonnen und einer Jahresleistung von 4 Mio. kWh haben sich die Leistungs- und Grössenverhältnisse gegenüber den Vorgänger-Anlagen ver57


Tabelle 2. Grössenverhältnisse der Windenergieanlage Vestas V90. vielfacht. Die V90 besteht aus einer Fundamentsektion, vier Turmstücken, einem Maschinenhaus und dem Rotor. Damit die Anlage Stürmen standhält, ist sie in einem 1000 Tonnen schweren, im Jurafels eingespannten Betonfundament mit einem Durchmesser von rund 14 Metern verankert. Das ganze Kraftwerk inklusive Transformator, der die Energie von 690 auf 16 000 Volt transformiert, befindet sich auf 95 Metern Höhe. Ein 16-kV-Kabel leitet den Strom hinunter an den Fuss des Turms, wo es mit dem 16-kV-Kabelnetz verbunden ist. 4. Das Bewilligungsverfahren Dass die Erweiterung um acht Anlagen mit einer Höhe von jeweils 140 Metern ein anderes Vorgehen als für die bestehenden, bis zu 100 Metern hohen Türme erforderte, wurde schnell klar. Für jede der vier Standortgemeinden Courtelary, Cormoret, Villeret und Saint Imier musste ein Zonenplan erstellt werden. In diesen Plänen wurden die genauen Standorte der bestehenden Windenergieanlagen mit Koordinaten festgelegt und Zonen für den Bau von neuen Anlagen eingetragen. In die Zonenpläne flossen die Anliegen aller betroffenen Par-

teien wie Natur- und Heimatschutz ein. Die ausführlichen Dossiers wurden via Statthalteramt an die vier Gemeinden zur Genehmigung verschickt und schliesslich vom jeweiligen Stimmvolk genehmigt. Für die wenigen Einwände gegen diese Pläne konnten einvernehmliche Lösungen gefunden werden. Damit sich die Bevölkerung ein Bild von den geplanten 140 Meter hohen Riesen machen konnte, fertigte die Juvent Fotomontagen an, die sie auf dem Gelände des Mont-Crosin aufstellte und die aufzeigten, wie sich die zusätzlichen acht Anlagen in die Landschaft einfügen würden. Zusätzlich wurden die interessierten Anwohner zu Informationsveranstaltungen eingeladen, wo ihnen Einzelheiten des Projekts vorgestellt und Fragen beantwortet wurden. Diese Offenheit und Transparenz während der ganzen Projektphase trug dazu bei, dass das Projekt gut aufgenommen wurde. Nachdem klar war, dass auch die Vorgaben des Eidgenössischen Starkstrominspektorats (ESTI), des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) sowie des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) erfüllt waren, erhielt die Juvent schliesslich die Baubewilligung.

Bild 1. Tausend Tonnen Beton werden in das Fundament gepumpt. 58

Skizze der Anlagenkomponenten gemäss Tabelle. 5. Bau und Verkabelung Im August 2009 erfolgte der Spatenstich. Im Wissen, dass von August bis zum ersten Schnee nur eine kurze Zeit zur Verfügung stehen würde, wurden die acht Turbinenfundamente mit den Zufahrtswegen und den Montageplätzen in vier Lose aufgeteilt und parallel erstellt. Während der kurzen Bauzeit mussten folgende Kubaturen verarbeitet werden: Von den Behörden war vorgeschrieben, dass im Interesse des Landschaftsschutzes die gesamte Anlage unterirdisch verkabelt werden sollte. Da auf dem Mont-Crosin einige Zentimeter unter dem kargen Humus bereits der Fels zum Vorschein kommt, erforderte dies den Einsatz unterschiedlich grosser Typen von

Bild 2. Das wird knapp...

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Bild 3. Die Kurve gerade noch gekriegt: Der 50 Meter lange Konvoi mit einem der insgesamt 24 Rotorblättern.

Bild 4. Das Maschinenhaus wird auf 95 Metern Höhe versetzt.

Bild 5. Letzte Vorbereitungen am Hub («die Nase») – bald hievt ihn der Kran in die Höhe.

Bild 6. Montage eines Rotorblattes.

Los Mont-Soleil (1 WEA): Aushub: 450 m3, Armierung: 50 t Beton: 420 m3 Zufahrtswege: 100 lfm* Montageplatz: 1800 m2 Los Mont Crosin Süd (2 WEA): Aushub: 900 m3 Armierung: 100 t Beton: 860 m3 Zufahrtswege: 750 lfm* Montageplätze: 3600 m2 Los Mont Crosin Nord (3 WEA): Aushub: 1350 m3 Armierung: 150 t Beton: 1260 m3 Zufahrtswege: 1850 lfm* Montageplätze: 4800 m2 Los Mont Crosin Ost (2 WEA): Aushub: 900 m3 Armierung: 100 t Beton: 860 m3 Zufahrtswege: 1430 lfm* Montageplätze: 3600 m2 * lfm = Laufmeter

Grabenfräsen. Dies stellte hohe Anforderungen an Planung, Mannschaft und Maschinen, da bei manchen Etappen dieser Arbeiten bis zu sechs Kabelschutzrohre, Wasserleitungen und Lichtwellenleiterkabel verlegt werden mussten. Insgesamt wurden auf dem Mont-Crosin und dem Mont-Soleil rund 24 Kilometer Kabel verlegt und vermufft. Da das bestehende Leitungsnetz mit seinen Transformatoren den Anforderungen des neuen Kraftwerks nicht mehr genügte, musste zudem eine neue Unterstation gebaut werden, die den Abtransport der erzeugten Energie sicherstellt. Die Arbeiten für die Unterstation begannen im August 2009, damit das Kellergeschoss noch vor dem ersten Schnee im selben Jahr fertig gestellt werden konnte. Das eigentliche Transformatorengebäude wurde wegen der kurzen Bauzeit 2010 im Elementbau ausgeführt. 6.

Transport der Anlagekomponenten Die in unterschiedlichen europäischen Ländern produzierten Komponenten gelangten zum Rheinhafen in Moerdjik (NL), wo sie auf Binnenschiffe umgeladen und auf dem Rhein Richtung Schweiz geschifft wurden.

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Im Laufe des Sonntags trafen die Schiffe jeweils pünktlich im Basler Auhafen ein, so dass der Transportfahrplan jeder Windenergieanlage eingehalten werden konnte. Am Montag und Dienstag wurden die Teile auf Tiefgangfahrzeuge der Friderici Spécial SA umgeladen, um nachts in die Wartestellung in La Chaux-de-Fonds transportiert zu werden. Es war erstaunlich, wie viele Interessierte während acht Wochen jeweils Montag- und Dienstagnacht die Strassen säumten. Die letzte Etappe führte am Mittwochnachmittag von La Chaux-de-Fonds auf die Montageplätze des Mont-Crosin, damit jeweils am Donnerstag alles bereit war für die Montage. Schon zwei Jahre vor dem Bau hatte das Engineering Kraftwerke der BKW in Zusammenarbeit mit den Transportgesellschaften die Schlüsselstellen der Strecke wie enge Kurven, Stadtdurchfahrten und Brücken ausgemessen, um zu ermitteln, ob es für die 50 Meter langen Spezialfahrzeuge und 80 Tonnen schweren Sattelschlepper möglich war, sie zu passieren. Kantonale Polizeikorps halfen mit, die genauen Transportrouten und -zeiten festzulegen und begleiteten später die Transporte auf den Kantonsstrassen und Autobahnen. 59


melter Presse das erste Turmstück. Acht Wochen später, am 29. Juli, wurde das letzte Rotorblatt aufgezogen, bevor am 6. August 2010 die erste Turbine in Betrieb genommen und deren produzierte Energie ins lokale Netz eingespeist wurde.

Bild 7. Weniger CO2 dank Schifftransport: Eine Windenergieanlage auf dem Weg nach Basel. 7.

stück 3 und am Maschinenhaus. Donnerstags folgten weitere Montagearbeiten, und freitags wurden «die Nase» sowie die drei Rotorblätter montiert. Bei diesen Arbeiten kam der weltstärkste Teleskopkran «Colossus» der Firma Senn zum Einsatz. Dank seinem geringen Platzbedarf und der kurzen Montagezeit konnte der straffe Zeitplan eingehalten werden. Der Einsatz des Krans wirkte sich zudem positiv auf die Tiefbaukosten aus, da Tel. +41 56 268 00 20 Fax +41 56 268 00 21 erne@h-erne.ch durch seine verhältismässig geringe Metall-/Stahlbau Stahlwasserbau www.h-erne.ch Spurbreite von drei Sonderkonstruktionen Umwelttechnik Anlage- und Apparatebau Montagen/Revisionen Metern keine Verbreiterung der Zuz Wehranlagen z Druckleitungen fahrten nötig wurde. Ab Freitagnachmitz Rechenanlagen tag demontierten z Gleitschützen die Arbeiter den z Notverschlüsse Kran, um ihn im Verlauf des Montags zu z Schlauchwehre einem neuen Montaz Revisionen geplatz zu transportieren und ihn dort bis am Mittwochmittag für den nächsten Einsatz bereit zu machen. Am Donnerstag, 10. Juni 2010, versetzte das Montageteam unter der Bauleitung der BKW vor versam-

Montage und Inbetriebsetzung Der zeitliche Ablauf der Montage jeder der acht Turbinen war durch die Strassen- und Schifftransporte klar vorgegeben. Nachdem am Mittwoch die ersten Transporte auf dem Mont-Crosin angekommen waren, begannen die Vorbereitungsmontagen an Turm-

Wir sind Spezialisten für den Stahlwasserbau

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8. Sicherheit «Die Sicherheit kommt zuerst.» Dieses Motto begleitete das Projekt in der Phase der Umsetzung vom ersten Tag an. Bereits in der Ausschreibungsphase mussten die Unternehmungen neben Organisation, Installation usw. ihr Sicherheitskonzept vorstellen. Die verbindlichen Sicherheitsrichtlinien wurden in einem Projekthandbuch festgehalten und von den Verantwortlichen aller beteiligten Unternehmen unterschrieben. Während der Bauphase fanden Audits statt, um die korrekte Umsetzung der Sicherheits- und Umweltvorgaben zu überprüfen. 9. Umwelt In der Ausschreibung wurden die Vorschriften und Erwartungen im Bezug auf den Umweltschutz klar definiert und während der Bauphase kontrolliert. Um den CO2-Ausstoss so tief wie möglich zu halten, wurden die Anlagekomponenten vorwiegend auf dem Wasserweg in die Schweiz transportiert – insgesamt rund 2700 Tonnen Material. Nur die letzte Etappe ab Basel erfolgte via Lastwagen bzw. Spezialtransporte. Damit die Transporte vom Tal auf den Mont-Crosin auf ein Minimum reduziert werden konnten, wurde das felsige Aushubmaterial gebrochen und an selber Stelle für den Bau der Montageplätze sowie von zusätzlichen Wegen verwendet. Die Montageplätze selbst sollten möglichst klein bleiben. Deshalb verzichtete die Juvent auf den Einsatz eines günstigeren Gittermast-Raupenkrans und montierte den Platz sparenden Teleskopkran. Dank diesem Kran konnten die Montageplätze teilweise von 3000 m2 auf unter 1000 m2 verkleinert werden. Selbst interne Transporte für Ausleger und Gegengewichte konnten reduziert werden.

Anschrift der Verfasser Kurt Mägli, Petra Cupelin BKW FMB Energie AG Viktoriaplatz 2, CH-3000 Bern 25

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RAMS-Konzepte im Design von Abschlussorganen Thomas Reber, Ueli Signer, Jürg Meier

1. Einleitung Abschlussorgane in Wasserkraftwerken, speziell Drosselklappen und Kugelschieber sind Sicherheitsbauteile mit sehr hohen Anforderungen an das Engineering und den Betrieb. Sie müssen im Normalbetrieb eine hohe Verfügbarkeit und sehr gute Verhältnisse für die Instandhaltung bieten. Im Rohrbruchfall wird eine sehr hohe Zuverlässigkeit erwartet. Dieser extreme Betriebszustand kann nur annähernd durch Schliessen bei vollem Turbinendurchfluss simuliert werden. Für das Engineering stellt sich damit die komplexe, widersprüchliche Aufgabe: • im statischen Betrieb bei hohen Wasserdrücken muss eine sehr dichte Konstruktion realisiert werden (Gebrauchstauglichkeitsaspekte) • für den Rohrbruchfall muss trotz sehr geringem Ereignisrisiko eine stabile, sichere Lösung ohne überbordende Kosten gefunden werden. (Tragsicherheit) Mit einem konsequenten, abgewogenen Umsetzen der Anforderungen bezüglich Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Instandhaltung und Sicherheit (Reliability, Availability, Maintenance, Safety-Management) im Design (Konstruktion und Realisierung) wird die Basis gelegt für eine wirtschaftliche und sichere Betriebsführung. Auf Grund von Fragestellungen aus der Betriebsführung und der Instandhaltung werden anhand der Verbindung von Drehkörper und Welle (Zapfen) Lösungskonzepte untersucht und Entwicklungspotenziale dargestellt. 2. Berechnungsbasis Die Fachliteratur stellt keine gefestigten, logischen Grundlagen zusammen. Teils sind widersprüchliche Aussagen zu finden. Für ein kugelförmiges Gehäuse lässt sich nach [1] ein dimensionsloser «Sicherheitsfaktor» γ wie folgt definieren: 1

Bild 1. Alte (Guss)-Kugelschieber: γ = 1 bis 1.3 Heutige Kugelschieber: γ = 2 und höher Kugelschieber Kops II: γ = 3.1 Gegenteilige Aussagen stehen ebenfalls im Raum. Alte Gussgehäuse werden als steifer betrachtet als moderne Schweisskonstruktionen.

Klar ist, dass für Abschlussorgane die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ihre volle Gültigkeit hat. Als Bemessungsgrundlage kann die DIN 19704 Stahlwasserbauten angewendet werden. Sie schliesst Druckrohrleitungen und deren Abschlussorgane explizit ein und bewährt sich auch. Folgenden Richtlinien und Normen schliessen Abschlussorgane aus: • Druckgeräterichtlinie 97/23/EG (Ausschluss in Kapitel 3.2) • EN 13445, unbefeuerte Druckbehälter (Ausschluss, da diese Norm auf der DGRL basiert) • EN 13480, metallische industrielle Rohrleitungen (Ausschluss in Kapitel 1) • C.E.C.T., Recommendations for the design, manufacture and erection of steel penstocks of welded construction for hydro electric installations (Ausschluss in Kapitel 1.2) Die DIN 19704 basiert auf den Eurocodes. Somit ist das Bemessungskonzept nach Eurocode EN 1990 (oder in der Schweiz nach SIA 260) eingeführt. Das Bemessungskonzept nach EN 1990 (SIA 260) verlangt den Nachweis der Tragsicherheit (Festigkeit) und der Gebrauchstauglichkeit (Verformung, Funktion). Damit sind die Forderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG im Engineering konform umgesetzt. Wie anschliessend dargestellt, lässt das Bemessungskonzept nach EN 1990 wirtschaftliche, aber auch sichere Lösungen zu.

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3. Betriebsarten Für die Bemessung von Abschlussorgane fallen im Wesentlichen drei Betriebsarten in Betracht: Normale Betriebsführung: Das Abschlussorgan wird bei ausgeglichenem Wasserstand betätigt. Der Drehkörper kann dabei ohne grosse Last bewegt werden. Im geschlossenen Zustand wird die unterwasserseitige Leitung entleert. Das Abschlussorgan wird mit höchstens dem maximalen Wasserdruck und nur statisch belastet. Das Abschlussorgan muss dauernd zuverlässig abdichten. Maximale dynamische Belastung: Das Schliessen unter maximal möglichem Turbinendurchfluss ist der schlimmste Bemessungsfall, der im Betrieb überhaupt gefahren werden kann. Das Abschlussorgan dient als Redundanz zum ausgefallenen Abschlussorgan der Turbine. Die maximalen dynamischen Lasten treten sehr selten auf, praktisch nur bei Testversuchen. Rohrbruch: Als extreme Katastropheneinwirkung ist dieser sehr unwahrscheinliche Bemessungsfall nur mit einer Risikobetrachtung sinnvoll beherrschbar. Nach einem solchen Ereignis ist eine Generalrevision oder ein Ersatz zwingend notwendig. Flankierende Massnahmen zur Beherrschung des Druckstosses sind sehr sinnvoll. Damit muss das ganze Druckleitungssystem betrachtet werden.

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4.

Insbesondere gilt das für die Antriebs- und Steuerungskomponenten. Der sicheren Einstellung der Schliesscharakteristik zu Beherrschung der Druckstösse kommt hier besondere Bedeutung zu.

Tragsicherheit

6. Prüfdruck Das Ziel einer Druckprüfung muss eindeutig definiert sein. Ein zu hoher Prüfdruck kostet unnötig Lebensdauer. Branchenüblich ist der Prüfdruck um den Faktor 1.5 höher als der maximale Betriebsdruck. 6.1 Anhand der Tragsicherheit: Mit den Gefährdungsbildern GK3 und AK1 wird der Prüfdruck zu:

2

Tabelle 1. Zusammenstellung der Teilsicherheits- und Kombinationsbeiwerte nach DIN 19704 für die erläuterten Einwirkungen.

Mit der Annahme: DS1 ≈ 0.2 × HS1 und (E + FS + SMK1 + M1) ≈ 0.3 × HS1 ergibt sich HS2: HS2= 1.47 x HS1

GK1 bis 4, AK1 und AK5 (Tabelle 3) müssen «elastisch-elastisch» nachgewiesen werden, da bei diesen Kombinationen keine bleibenden Verformungen zurückbleiben dürfen. Das Gefährdungsbild AK2 muss ebenfalls «elastisch-elastisch» nachgewiesen werden. Leicht und schnell austauschbare, günstige Komponenten können auch elastisch-plastisch nachgewiesen werden. Die Kombinationen AK3 und AK4 (Rohrbruch) sollen komplett «elastisch-plastisch» nachgewiesen werden. Ein «einfacher» Vergleich der Gefährdungsbilder ist durch die unterschiedlichen Einwirkungen und Nachweise für das komplette Abschlussorgan nur im

konkreten Fall möglich. Zudem ist auch die kritische Stelle nicht bei allen Gefährdungsbildern an der gleichen Stelle. Die dimensionierenden Lastfälle werden aber voraussichtlich die Gefährdungsbilder GK3 und GK4 sowie AK1 bis AK4 sein. 5. Gebrauchstauglichkeit Gemäss DIN 19704 Kapitel 7.6.1 sind Gebrauchstauglichkeitsnachweise mit den Teilsicherheitsbeiwerten und Kombinationswerten 1.0 zu führen. Dabei ist relevant, dass die Verformungen so klein sind, dass das Abschlussorgan dicht bleibt und alle Funktionen gewährleistet sind.

Bild 2. Die Bemessung muss das dynamische Verhalten (Druckstoss) des gesamten Leitungssystems beachten. Konstruktive Massnahmen müssen die Einhaltung der Schliesscharakteristik garantieren. 62

Mit den Konzepten der DIN 19704 kann der Prüfdruck auf die konkreten Anlagenbedingungen angepasst werden und liegt in der Grössenordnung von 1.5. Geht man davon aus, dass die Einwirkungen durch CFD- und Druckstossberechnungen genau bekannt sind, läuft die Druckprüfung darauf hinaus, dass damit die gemachten Berechnungen, das Material oder die Schweissung überprüft werden. Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, die Lebensdauer der Abschlussorgane damit zu reduzieren. 6.2

Anhand der Gebrauchstauglichkeit: Zur Überprüfung der Funktionen und Dichtheit ist nicht unbedingt ein hoher Prüfdruck aussagekräftig. Der Prüfdruck kann anhand des statischen Druckes bestimmt werden. Mit diesen Überlegungen sind der minimale und maximale statische Druck relevant. HS2u = HS1min HS2o = HS1max 7.

Umsetzung: Masterarbeit Lagerung Drehkörper

7.1 Ausgangslage Die Doppeldecker-Drosselklappe in Bild 3 wird im Zusammenhang mit erweiterter

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setzt sich aus einem Rohrstück mit 20 mm Wandstärke und 90 mm dicken Flanschen zusammen.

Bild 4. Finite-Element-Drosselklappe.

Tabelle 2. Die Gefährdungsbilder sind anhand der relevanten Kombinationen aufgeführt.

Tabelle 3. Kombiniert sind die Gefährdungsbilder in obiger Tabelle dargestellt.

Bild 3. Modell Drosselklappe.

Pumpspeicherung betrachtet. Sie ist 80 m unterhalb des Stauseespiegels eingebaut. Drosselklappen gehören zu den runden Abschlussorganen und werden bei geringem Wasserdruck eingesetzt. Sie bestehen aus dem Klappenteller, welcher um eine Achse, drehbar im Gehäuse, gelagert wird. Die Drosselklappe ist exzentrisch gelagert und somit hydraulisch selbstschliessend, das heisst der Wasserdruck erzeugt ein schliessendes Drehmoment. Der Klappenteller misst im Durchmesser 3 m und in der Höhe 0.8 m. Das Gehäuse

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8. Belastungen Im Normalbetrieb ist eine Drosselklappe offen. Das heisst, der Klappenteller ist horizontal. Der Schliessvorgang wird, aufgrund der Exzentrizität der Lagerung, durch den Wasserdruck unterstützt. Die hydraulische Belastung ist je nach Klappenstellung stark unterschiedlich. Die Belastungen werden in fünf verschiedene Lastfälle eingeteilt. Diese sind in Bild 5 grafisch zusammengestellt. Es ist der Lastfall zu den relativen, normierten Belastungen aufgetragen. Es wird unterteilt in: • Transport: Belastungen durch Eigengewicht, Fixierung und Erschütterungen • Statische Betätigung: Schliessen und Öffnen bei ausgeglichenem Wasserstand • Betrieb bei maximalem Turbinendurchfluss: Die Drosselklappe wird bei Vollastdurchfluss der Turbinen geschossen. (Testfall) • Druckprüfung: Statisch bei 140 m Wassersäule. • Rohrbruchfall: Rechnerischer Fall bei theoretisch maximalem Durchfluss des Rohrsystems 9.

Anforderungen aus der Betriebstüchtigkeit Die Sicherheit und Betriebstüchtigkeit der Anlage muss über die ganze Lebensdauer optimal gewährleistet sein. Deshalb ist es nicht sinnvoll, für jeden Belastungsbereich die gleiche Sicherheit nachzuweisen. Würde die Sicherheit gegen die bleibende Verformung des Materials (plastische Verformung) im Rohrbruchfall auf beispielsweise 1.5 ge63


Bild 5. Belastungsintensität der verschiedenen Gefährdungsbilder. Die Lastfaktoren werden entsprechend unterschiedlich sein, ebenso die Anforderungen an Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Instandhaltung und Sicherheit (RAMS).

wählt werden, so wäre die Sicherheit bei der statischen Schliessung etwa bei 150, also extrem überdimensioniert. Im Belastungsbereich 1 ist eine hohe Verfügbarkeit und hohe Betriebssicherheit erwünscht. Im Bereich 2 ist dasselbe erwünscht, jedoch muss nach einer derartigen Belastung eine Instandhaltung möglich sein. Das bedeutet zugleich, dass bei diesen Lastfällen eine plastische Verformung denkbar ist. Im Bereich 3 ist eine hohe Zuverlässigkeit bezüglich des Schliessens zwingend nötig. Die Bauteile werden so ausgelegt, dass sie die Schliessung einmalig ertragen. Nach einem solchen Ereignis müssen Bauteile ausgetauscht und die ganze Anlage revidiert werden. Grundsätzlich müssen bei allen Lastfällen die Safety-Standards risikobasiert erreicht werden. Verformungsverhalten (Gebrauchstauglichkeit) Der Übergang zwischen dem steifen Drosselklappenkörper und der Welle ist konstruktiv der zentrale Punkt (Bild 7). Alle Kräfte müssen über diesen Steifigkeitssprung übertragen werden. Die Kräfte werden nach der Lagerung über das Fundament oder am Wellenende übertragen. Das Bild 6 zeigt deutlich, wie sich die Drosselklappe verformt und die Wellenmitte durch die Lagerung eingespannt wird. Auf Bild 7 ist das Resultat der strukturmechanischen Festigkeitsanalyse ersichtlich. Einerseits wird ein grosses Drehmoment übertragen, ersichtlich an der grünen, gleichmässigen Färbung der Welle. Anderseits ist ein roter und blauer Halbkreis zu erkennen. Diese sind das Resultat der Biegemomentbelastung, es handelt sich um Drücke an der Oberfläche. Der blaue Anteil deutet da-

rauf hin, dass sich die Welle auf einer Seite abzuheben versucht, folglich ein negativer Druck. Nachfolgend werden Lösungsvarianten aufgezeigt mit ungeteiltem Gehäuse. Geteilte Gehäuse haben grosse Nachteile bezüglich Innendruckbelastung und bedeuten immer einen Mehraufwand bei der Montage, mit oftmals grosser Anzahl an Schraubenverbindungen.

Bild 6. Verformungsverhalten.

9.1

64

Bild 7. Schnittstellenbelastung.

10. Bolzenverbindung Die Bolzenverbindung mit einer zentralen Schraube ist eine einfache Lösungsvariante. Auf Bild 8 sind die zwei Passbolzen dunkelrot eingezeichnet. Das Drehmoment wird über die Bolzen und den Reibschluss an der Trennfläche, grau zu braun, übertragen. Fertigungstechnisch ist dies eine einfache Variante analog zu einer Passkeilverbindung. Der Spannungsnachweis mit Nennspannungen, unter Berücksichtigung des Nettoquerschnitts der tragenden Fläche, ist wie folgt:

Schubspannung der Torsionsbelastung

3 n: Anzahl Bolzen l: Bolzenabstand aus dem Drehzentrum d: Bolzendurchmesser

Bild 8. Bolzenverbindung. In Bild 9 werden die örtlichen Spannungen der Finiten-Element-Berechnung dargestellt. Im Vergleich mit vorstehender Handrechnung wird ersichtlich, dass die Schubspannung nicht den grössten Anteil zu der Vergleichsspannung beiträgt, jedoch der Handrechnung entspricht. In der Handrechnung oben wurden aber nur diese berücksichtigt. Vergleicht man Bild 9 links die Schubspannung, Mitte und rechts die Vergleichsspannungen, so wird erkenntlich, dass die Schubspannung nur ein Zehntel der Vergleichsspannung ausmacht. Die Biegespannungen und die Kantendrücke machen den Grossteil der Vergleichsspannung aus. Hervorgerufen werden diese Spannungen aufgrund der Einwirkung des hydraulischen Torsionsmoments. Grund ist die gegenseitige Verdrehung der Welle zum Klappenkörper. Es werden diese örtlichen Vergleichsspannungen Bild 9 mit der Streckgrenze von Stahlwerkstoffen nach EN 1993 (SIA 263) gegenübergestellt. Es werden höher feste mit Stähle mit Festigkeiten von 355 bis 500 N/mm2 gewählt werden müssen. Ebenfalls gilt es, die plastische Stützwirkung zu beachten. Das bedeutet bei extremen Spannungsspitzen, dass diese bis maximal ca. 50% auf den umliegenden Werkstoff aufgeteilt werden können. Der Werkstoff wird teilweise bleibend verformt. Diese Eigenschaft, das Plastizitätsvermögen, nimmt mit zunehmender Festigkeit des Werkstoffes ab. Bei der Berechnung nach Nenn-

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Bild 9. Schubspannung und Vergleichsspannungen (von Mises) [MPa].

Bild 10. Untersuchung von unterschiedlichen Toleranzen der Passbolzen.

Bild 11. Übertragbares Moment einer 2-fach Passbolzenverbindung. Bild 12. Vergleichsspannung wenn nur ein Bolzen trägt. spannungen und örtlichen Spannungen gehen wir davon aus, dass alle Passungen das gleiche Abmass haben. Dies ist jedoch sicher nicht der Fall. So wird eine Passung minimal und eine maximal modelliert um diesen Einfluss zu zeigen. 11.

Tragverhalten von MehrfachPassbolzen Sobald bei Mehrfach-Passbolzenverbindungen ein Bolzen seine Streckgrenze erreicht hat, wird das Drehmoment auf einen Bolzen weniger aufgeteilt und es kann zu einer Kettenreaktion führen. Ein Versagen des ganzen Systems ist die unweigerliche Folge. Beschrieben wird das Diagramm Bild 10. Die ausgezogene, rote Linie stellt die Spannung im grösseren Bolzen dar. Dieser Bolzen weist die oberste Fertigungstoleranz auf, ein paar hundertstel Millimeter grösser als der zweite Bolzen. Auf beide wirkt am Anfang noch keine Spannung, da die Passungen Spiel aufweisen und dieses aufgehoben werden muss. Wird das Drehmoment weiter erhöht, trägt nur der grössere Bolzen bis zur rot-gestrichelten Linie mit der Spannungsverteilung nach Bild 12. Die Spannungsdifferenz ist im Diagramm links an der Ordinate angegeben. Diese Differenz wird aufrechterhalten, bis sich der grössere Bolzen 100% elastisch verformt hat. Nun würden beide Bolzen miteinander brechen, bei einem «ideal-plastischen» Materialmodell mit Elastizitätsgrenze gleich der Zugfestigkeit, da der erste Bolzen keine Last

Bild 13. Beide Bolzen 100% elastisch verformt.

mehr übertragen kann. Somit muss der zweite Bolzen das gesamte Drehmoment übertragen. Die Spannung der Bolzen auf Bild 13 oder die horizontale, orange Linie auf Bild 10 verdeutlichen die modellhafte Bruchspannung. Das übertragbare Drehmoment wird auf den von der Reibung verursachten Anteil sinken, auf Bild 11 horizontal, dieser Anteil reicht nicht um die notwendigen Drehmomente zu übertragen. Damit der Nachweis erbracht werden kann, müssen die Bolzen aus einem hochfesten Material gefertigt werden und zudem muss deren Anzahl erhöht werden. Problematisch dabei ist, dass die Bolzen als kritische Bauteile sehr schlecht inspiziert werden können. Zum Beispiel ein Ausschlagen der Bohrung kann kaum entdeckt werden. Die Berechnungen zeigen auch, dass bei maximalem Passungsunterschied die Bolzen die Last nicht gleichmässig aufnehmen.

senordnung. Alle zusätzlichen Bohrungen für Bolzen sind Mehraufwände. Mit einer Polygonverbindung wird der tragende Querschnitt gegenüber der Passbolzenverbindung erhöht. Die dimensionierende Grösse wird die Flächenpressung (Bild 16 und 17). Polygongeometrien nach DIN 32711 als Dreieck P3G, Bild 14 oder als Viereck P4C, Bild 15 können eingesetzt werden. Es wird nicht nur die Tragfähigkeit, sondern auch noch die Kerbwirkung verringert. Die Verbindung wird selbstzentrierend.

12. Polygonverbindung Die Herstellung des Drosselklappentellers ist fabrikatorisch sehr aufwändig. Die grosse Schweisskonstruktion, meist aus Feinkornbaustahl und mit Schmiedeteilen, muss nachbearbeitet werden. Die Lagerstellen können aufgrund der Abmessungen der Klappe nicht unbedingt gedreht werden. Alternativ besteht die Möglichkeit der gesteuerten Fräsbearbeitung. Die Bearbeitungszeit für eine zylindrische oder polygonale Bohrung bei gleicher Tiefe liegt in der gleichen Grös-

Bild 14. Dreieck-Polygon.

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Bild 15. Finite Viereck-Polygon. 65


Die Drosselklappenlagerung wird so ausgeführt, dass die Welle komplett ausgetauscht werden kann. Eine weitere Möglichkeit wäre eine austauschbare Büchse zwischen Drehkörper und Welle. Bei einer richtigen Konstruktion kann diese schnell und einfach ausgetauscht werden. So ist die optimale Instandhaltung erreicht. Die Belastungsgerechte Konstruktion mit der Verwendung der drei- oder viereckigen Polygonverbindung nach Bild 16 und der zentralen Schraube stellt eine Lösung auf dem Stand der Technik dar und garantiert die sichere Funktionsweise des Systems. Somit wird durch dieses Konzept ein geringerer Instandhaltungsaufwand sowie eine bessere Inspektionsmöglichkeit erreicht.

Bild 16. Spannungen in der Polygon-Verbindung.

Bild 17. Flächenpressung Gehäuse. In Verbindung mit einem steifen Gehäuse kann eine sehr zuverlässige und sichere Lösung erreicht werden. Die Trennung der Drehkörper erlaubt eine günstige Fertigung und Instandhaltung. Wird das Gehäuse steif konstruiert, kann verhindert werden, dass die Welle zwischen Drehkörper und Antrieb grosse Biegemomente übertragen muss. Die zentrale Schraube wird speziell bei den extre-

66

Bild 18.

Bild 19. Kugelschieber Bieudron.

men Gefährdungsbildern entscheidend entlastet. An der Verbindungsstelle zwischen Zapfen und Drehkörper müssen nur noch Querkräfte und Torsionsmomente übertragen werden. Diese Belastungen können direkt vom Drehkörper auf den Zapfen übertragen werden.

zung der RAMS-Anforderungen: Ermöglichen des Condition Monitoring und der Austauschinstandsetzung. Eine noch konsequentere Umsetzung der beschriebenen Anforderungen mit ungeteiltem Gehäuse und ungeteiltem Drehkörper bei Kugelschiebern stellt das Beispiel Bieudron dar mit den Betriebsdaten DN 1400 mm bei PN 204 bar (Bild 19).

Schlussfolgerungen Aufgrund der vorliegenden Untersuchung wird erwartet, dass Abschlussorgane mit einteiligem Gehäuse und Drehkörper mit separaten Drehzapfen bezüglich Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Instandhaltung und Sicherheit zu kostengünstigen Lösungen sowohl bezüglich Investitionskosten wie auch Life-Cycle Costs führen. Um die notwendige Betriebstüchtigkeit zu erreichen sind dafür die Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit vollständig nachzuweisen. (EN 1990, DIN 19704). Bedingung gemäss heutigem Stand der Technik ist, dass im Engineering folgende IT-Tools kombiniert und abgestimmt zum Einsatz kommen müssen: • Druckstossberechnung zur Beherrschung der dynamischen Effekte in den konkreten Anlagen und Systemen • CFD – Rechnungen für die extremen Lasten, die Beherrschung von Spaltströmungen und Schwingungsanregungen • FE – Analysen für Tragsicherheit, Verformung und Schwingungsverhalten • Konstruktionsmethodik zur Umset-

Literatur: [1] G. Penninger, H. Benigni: «Numerical simulation and design of spherical valves for modern pump storage power plants», 14th Intern. Seminar on Hydropower plants, Institute for Waterpower and Pumps, Wien 2006 [2] J. Osterwalder: «Versuche bei hohen natürlichen Gefällen zur Beurteilung des Verhaltens bei Rohrbruch und Freilauf», Escher Wyss Mitteilungen 2, Seiten 7–14, 1958 [3] Verbandsschrift Nr. 50 des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes «Abschlussorgane im Wasserbau» 1991.

Anschrift der Verfasser Thomas Reber, BSc ME Masterstudent MSE HSR Ueli Signer, BSc ME HSR Jürg Meier, Professor, Dipl. Masch. Ing. ETH Hochschule für Technik Rapperswil HSR Institut für Anlagen- und Sicherheitstechnik SITEC, Oberseestrasse 10 CH-8640 Rapperswil, www.sitec.hsr.ch

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Nachrichten Informationen aus der Wasser- und Energiewirtschaft

Po litik l i tik Stauanlagengesetz und revidierte Verordnung voraussichtlich ab 2012 in Kraft Pfa. Die Referendumsfrist zu dem von den Eidgenössischen Räten im Oktober 2010 verabschiedeten Bundesgesetz über die Stauanlagen (StAG) ist Ende Januar 2011 ungenutzt verstrichen. Über die Inkraftsetzung und die gleichzeitige Aufhebung des Bundesgesetzes über die Wasserbaupolizei von 1877 entscheidet der Bundesrat. Gemäss einer Mitteilung des Bundesamtes für Energie (BfE) ist geplant, das neue Gesetz und die revidierte Verordnung im Jahre 2012 gleichzeitig in Kraft zu setzen. Unter der Leitung des BfE hat eine Arbeitsgruppe mit der Revision der Verordnung begonnen. In der Arbeitsgruppe vertreten sind u.a. der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband (SWV), der Verband Schweiz. Elektrizitätsunternehmen (VSE) und das Schweiz. Talsperrenkomitee (STK). Die gegenwärtige Planung sieht die Ämterkonsultation im Sommer 2011 und jene der betroffenen Kreise im Herbst/Winter 2011 vor. Das Bundesgesetz über die Wasserbaupolizei vom 22. Juni 1877 und die Verordnung vom 7. Dezember 1998 über die Sicherheit von Stauanlagen bleiben bis auf Weiteres in Kraft.

Was s e r kr e i s lauf / Was s e r wi r ts c haf t Neuberechnung Flussordnungszahlen Das BAFU hat die Flussordnungszahlen für das digitale Gewässernetz 1:25 000 der Schweiz (Version 2007) neu berechnet. Der Datensatz, Erläuterungen (Herleitung, Ergebnisse, Bemerkungen zur Anwendung) sowie die Bezugsbedingungen sind über folgende Internetseite frei beziehbar: www.bafu.admin.ch > Hydrologische Grundlagen und Daten > Informationssysteme und Methoden > Gewässernetz > Flussordnungszahlen. Der Datensatz ist

Prozentuale Aufteilung der Gesamtlänge des Gewässernetzes nach der Ordnungszahl. in GEWISS (Gewässerinformationssystem Schweiz – www.gewiss.ch) integriert und kann dort angesehen werden. Numéros d’ordre des cours d’eau L’OFEV a actualisé les numéros d’ordre des cours d’eau du réseau hydrographique numérique au 1:25 000 (version 2007). Ces données, les explications (dérivation, résultats, remarques sur l’application) et des conditions d’utilisation sont librement disponibles sous www. environnement-suisse.ch > Données et bases hydrologiques > Systèmes d’informations > Réseau hydrographique > Numéro d’ordre. Ce jeu de données est intégré en GEWISS (Système d’information géographique sur les eaux en Suisse – www.gewiss.ch) où il peut être consulté. Weitere Infos: Martin Pfaundler, Bundesamt für Umwelt, Abt. Wasser martin.pfaundler@bafu.admin.ch.

Was s e r kr af tnut zung Repower erhält das Recht, die Wasserkraft im unteren Puschlav für weitere 80 Jahre zu nutzen Nachdem 2010 die beiden Konzessionsgemeinden Poschiavo und Pontresina den Konzessionsverträgen zur Nutzung der Wasserkraft im oberen Puschlav zu-

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gestimmt haben, sagten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Brusio ja zu einem neuen Konzessionsvertrag zur Nutzung der Wasserkraft im unteren Puschlav. Repower hat den positiven Ausgang der Abstimmung mit grosser Freude zur Kenntnis genommen. Damit gelang es, die Nutzung der Wasserkraft im ganzen Valposchiavo zu koordinieren und mit dem Projekt «Lago Bianco» in Übereinstimmung zu bringen. Die Stimmberechtigten von Brusio genehmigten den neuen Konzessionsvertrag zusammen mit Vereinbarungen, in welchen unter anderem geregelt wird, wie die auf Gemeindegebiet von Brusio gelegenen Anlageteile des 1000-MW-Pumpspeicher-Kraftwerks «Lago Bianco» und die erforderlichen Baustelleneinrichtungen realisiert werden können. Nicht zuletzt wird darin auch festgelegt, wie Teile der Baustelleneinrichtungen und des anfallenden Ausbruchmaterials nach Abschluss der Bauarbeiten zum Vorteil der Talbevölkerung weiter genutzt werden können. Zudem erhält Brusio das Recht, sich an einer zu gründenden Betriebsgesellschaft für das künftige Pumpspeicherwerk zu beteiligen. Brusio räumt Repower damit erneut das Recht ein, das Wasser des Poschiavino und des Saient während der Konzessionsdauer von 80 Jahren zur Stromproduktion zu nutzen. Der aktuelle Konzessionsvertrag ist noch bis 2020 gültig. Dank der vorzeitigen Vertragserneuerung wird es möglich, die Nutzung der Wasserkraft im ganzen Tal optimal aufeinander abzustimmen. Ebenso können Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Projekt «Lago Bianco» damit ganzheitlicher und koordiniert angegangen werden. Dies betrifft insbesondere Fragen im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeit und der erforderlichen Kompensationsmassnahmen, welche sich sowohl für die Realisierung des Pumpspeicherwerks «Lago Bianco» als auch für die Neukonzessionierung der Kraftwerksstufe Campocologno stellen. Weitere Infos: Repower, Via da Clalt 307, CH-7742 Poschiavo, Werner Steinmann, Leiter Unternehmenskommunikation werner.steinmann@repower.com 67


Nachrichten

Neues Kleinwasserkraftwerk in Splügen Bündner Regierungsrat genehmigt die Konzession für KW Tambobach

Wasser dort turbiniert wird fliesst es in den Hinterrhein. Das Kleinwasserkraftwerk in der Gemeinde Splügen wird Strom aus erneuerbarer Energie für rund rund 1400 Haushalte liefern. Der Strom wird ins lokale Netz eingespeist.

Pumpspeicheranlage von Forces Motrices Hongrin-Léman SA Baubewilligung für Leistungssteigerung

Weitere Informationen: Carsten Glose, Alpiq, presse@alpiq.com

Tambobach. Die Regierung von Graubünden hat der Gesellschaft Kraftwerk Tambobach AG am 2. November 2010 die Konzession für den Bau eines Kleinwasserkraftwerkes genehmigt. Nach der Erteilung der Konzession durch die Gemeinde Splügen im Mai 2009 sowie der anschliessenden Prüfung durch die kantonalen Fachstellen gab der Regierungsrat in Chur jetzt sein Einverständnis. Gegen das Projekt am Hinterrhein gab es keine Einsprachen. In der Gemeinde Splügen entsteht ab 2011 ein neues Kleinwasserkraftwerk. Dies bestätigte die Regierung des Kantons Graubünden am 2. November 2010 und genehmigte der Kraftwerk Tambobach AG die Konzession für den Bau und Betrieb der Anlage. An der Kraftwerk Tambobach AG sind die Alpiq EcoPower Schweiz AG mit 70 Prozent und die Gemeinde Splügen mit 30 Prozent beteiligt. Bereits im Mai 2009 hatte die Gemeinde der Kraftwerk Tambobach AG die Konzession erteilt, im Anschluss prüften die kantonalen Fachstellen das Vorhaben. Gegen das Kleinwasserkraftprojekt gingen während der öffentlichen Auflage keine Einsprachen ein. Wenn alles nach Plan läuft, können die Bauarbeiten für das Kleinkraftwerk im Frühjahr 2011 beginnen. Strom aus erneuerbarer Energie für rund 1400 Haushalte Das vom Ingenieurbüro Entegra Wasserkraft AG ausgearbeitete Projekt sieht eine Wasserfassung am Tambobach in 1890 Metern über Meer vor. Eine fast zwei Kilometer lange, unter der Erde verlegte Druckleitung wird einen Teil des Wassers von dort ins Tal führen. Nahe der Nationalstrasse A13 auf 1475 Metern über Meer ist eine Kraftwerkzentrale mit einer Leistung von 1.8 Megawatt geplant. Nachdem das 68

Konzessionsgesuch für Wasserkraftwerk am Berschnerbach eingereicht Das Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt und die sol-E Suisse AG – Tochtergesellschaft der BKW FMB Energie AG – haben gemeinsam beim Baudepartement des Kantons St. Gallen ein Konzessionsgesuch zum Bau und Betrieb eines Wasserkraftwerks am Berschnerbach eingereicht. Das geplante Wasserkraftwerk soll eine Leistung von 3.2 MW aufweisen und durchschnittlich ca. 10.5 GWh ökologische Energie pro Jahr produzieren. Damit könnten rund 30% des Stromverbrauchs der Gemeinde Walenstadt mit erneuerbarer und einheimischer Wasserkraft gedeckt werden. Die geplanten Investitionskosten betragen rund CHF 16.5 Mio. Die Wasserfassung soll in der Schlucht oberhalb Berschis in der Gemeinde Walenstadt zu stehen kommen. Durch einen rund einen Kilometer langen Stollen und eine erdverlegte Druckleitung würden maximal 1000 l/s Wasser zur Zentrale oberhalb des Wasserfalls am Berschnerbach geleitet. Dadurch bleibt der gut erschlossene Berschnerfall und der darunterliegende Gewässerabschnitt im natürlichen Zustand. Das Wasserkraftwerk Berschnerbach ist so konzipiert, dass die einzelnen Anlagenkomponenten kaum sichtbar sind und die Restwasserstrecke auf den unzugänglichen und nicht einsehbaren Schluchtabschnitt beschränkt ist. Gemäss Umweltverträglichkeitsbericht kann davon ausgegangen werden, dass die Anlage keine nennenswerte Nachteile für die Schutzziele des BLN-Gebietes (Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung) Churfirsten zur Folge hat. Im Fall einer Konzessionserteilung wird anschliessend ein Baugesuch eingereicht. Der Baubeginn ist für Herbst 2012 geplant, die Inbetriebnahme erfolgt voraussichtlich im Jahr 2014. Weitere Auskünfte: WEW Walenstadt, Urs Broder, Verwaltungsratspräsident

Forces-Motrices-Hongrin-Léman SA, (FMHL) erhielt am 20. Dezember 2010 die Baubewilligung für das FMHL+ genannte Projekt. Zwei zusätzliche Turbinengruppen in einer unterirdischen Kaverne in der Nähe des Kraftwerks Veytaux sollen die installierte Leistung von 240 auf 480 Megawatt steigern, 60 Megawatt dienen als Reserve. Mit einer Milliarde Kilowattstunden Spitzenenergie wird das Pumpspeicherkraftwerk seine durchschnittliche Jahresproduktion praktisch verdoppeln. Die Inbetriebnahme der neuen Anlage ist für Ende 2014 geplant. Niemand erhob Einsprache gegen das am 25. Juni 2010 bei den Gemeinden Veytaux und Villeneuve eingereichte Gesuch für den Bau von FMHL+. Die zuständigen Behörden des Kantons Waadt und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) befürworteten das Projekt ebenfalls. Am 17. Mai 2010 genehmigten die Kantone Waadt und Fribourg die technischen Anpassungen der bestehenden Konzession. Der Verwaltungsrat von FMHL beschloss in der Folge die Lancierung des mit 331 Millionen Schweizer Franken veranschlagten Bauprojektes. Rund eine Milliarde Kilowattstunden Spitzenenergie FMHL besitzt ein mit Wasserkraft betriebenes Pumpspeicherkraftwerk. Die Originalität der Anlage besteht darin, das Wasser aus dem Stausee Hongrin im 800 Meter tiefer gelegenen Kraftwerk Veytaux zu turbinieren und das Verfahren in Perioden mit geringem Strombedarf umzukehren. Die Anlage pumpt das Wasser aus dem Genfer See dann in den Stausee Hongrin, um es während Spitzenzeiten zu verwenden. Ziel von FMHL+ ist die Steigerung der Gesamtleistung der Anlage durch den Bau einer neuen unterirdischen Kaverne in der Nähe der bestehenden Kaverne von Veytaux. Das heutige Kraftwerk

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Weitere Informationen: Pierre-Alain Urech, Verwaltungsratspräsident von FMHL

Vorprojekt Nant de Drance Plus Leistungssteigerung des neuen Pumpspeicherkraftwerks wird geprüft

Lac Emosson mit Blick auf das MontBlanc-Massiv. Im Rahmen des Baus des unterirdischen Pumpspeicherkraftwerks zwischen den

beiden Stauseen Emosson und VieuxEmosson prüft die Nant de Drance SA die Möglichkeit einer Leistungssteigerung der Anlage von 600 auf 900 MW. Hauptgrund für die eventuelle Leistungssteigerung und die damit einhergehende Erhöhung der Staumauer von Vieux Emosson um 15 bis 20 Meter ist die steigende Nachfrage nach Regelenergie und Spitzenenergie. Die Studien über das Projekt und die Umweltverträglichkeit werden 2010 durchgeführt, parallel zum fortschreitenden Bau von Nant de Drance. Über die Änderung des ursprünglichen Projekts soll Ende 2010 entschieden werden. Das Vorhaben Nant de Drance umfasst den Bau eines unterirdischen 600MW-Pumpspeicherkraftwerks zwischen den Stauseen Emosson und Vieux-Emosson. Die Aktionäre von Nant de Drance SA investieren insgesamt CHF 990 Millionen, wovon 54 Prozent auf Alpiq, 36 Prozent auf die SBB und 10 Prozent auf die FMV entfallen. Die Arbeiten begannen im Frühling 2008 und avancieren planungsgemäss mit dem Ausbruch der Zugangsstollen bis zu den Kavernen. Nach Fertigstellung der Zugangswege sollen im Frühling 2011 die Bauarbeiten des unterirdischen Kraftwerks und des Druckschachts zwischen den beiden Stauseen in Angriff genommen werden. Pumpspeicherkraftwerke: eine unerlässliche Ergänzung zur Entwicklung neuer erneuerbarer Energien und für den wachsenden Bedarf an Spitzenenergie Der Strombedarf während Verbrauchsspitzen wächst stetig. Zur Gewährleistung der sicheren Versorgung des schweizerischen Elektrizitätsnetzes und des Schienennetzes der SBB sowie der von ihnen belieferten privaten Eisenbahnen müssen die Wasserkraftanlagen mehr Spitzenenergie erzeugen. Die Pumpspeicherkraftwerke sind auch eine Antwort auf die steigende Nachfrage nach Regelenergie, die dem stetigen Ausgleich zwischen erzeugter und verbrauchter Energie dient. Grund für den steigenden Bedarf auf den europäischen Märkten ist vor allem der Ausbau neuer erneuerbarer Energien wie Wind- oder Sonnenenergie. Ihre Produktion hängt direkt von den Wetterbedingungen ab und unterliegt darum Schwankungen. Sie muss deshalb mit Regelenergie ergänzt werden. Dank ihrer Stauseen sind Pumpspeicherkraftwerke Energiereservoire, mit deren Hilfe jederzeit Strom ins Netz eingespeist werden kann, und sie bieten eine sofortige und effiziente Lösung zur Überbrückung von Erzeugungsengpässen.

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Vorprojekt in Prüfung: 900 MW Leistung anstatt der geplanten 600 MW Im März 2009 lancierte Nant de Drance SA ein Vorprojekt, um die Möglichkeit einer Leistungssteigerung des Pumpspeicherkraftwerks von 600 auf 900 MW zu untersuchen. Dazu müssten die vier ursprünglich vorgesehenen Turbinengruppen um zwei weitere 150-MW-Gruppen ergänzt werden. Die dieses Jahr durchgeführte Machbarkeitsstudie zeigt, dass eine solche Anpassung der Einrichtungen im Rahmen des aktuellen Projekts realisierbar ist. Das Speichervolumen des Stausees Vieux-Emosson müsste auf 23 bis 26 Millionen Kubikmeter angehoben werden, was eine Erhöhung der Staumauer um 15 bis 20 Meter bedeutet. Die gewährte Konzession müsste für die Änderung des Vorhabens Nant de Drance nur geringfügig modifiziert werden. Darüber hinaus wäre eine Baugenehmigung für die Erhöhung der Staumauer von VieuxEmosson und die Neudimensionierung der Kavernen und des hydraulischen Systems nötig. Die Nant de Drance SA wird ihren Entscheid Ende 2010 fällen, nach Abschluss der detaillierten Projektstudien und der Umweltverträglichkeitsprüfung. Weitere Informationen über dieses Vorhaben sind unter www.nant-de-drance. ch oder über info@nant-de-drance.ch erhältlich.

G ewäs s e r s c hut z Klimaerwärmung treibt Fische in höhere Lagen Von J.M. Fierz, EAWAG Der Klimawandel ist eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit. In den vergangenen hundert Jahren hat sich die Erde laut IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) bereits um durchschnittlich 0.74 °C erwärmt. Klimatische Modelle prognostizieren je nach Region eine weitere Erwärmung von 1.2 °C bis 6.4 °C bis 2100. Dies hat für viele Organismen drastische Folgen. Die Temperatur ist für sie einer der wichtigsten Umweltfaktoren, denn sie steuert viele lebensnotwendige Prozesse. Besonders betroffen sind wechselwarme Lebewesen wie Fische, die ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren können, sondern stetig ihrer Umgebung anpassen. Prozesse wie Reproduktion, Wachstum, Entwicklung und Wanderung sind stark von der Temperatur abhängig. Klimaveränderungen können daher zu einer anderen Artenverteilung entlang der Flussläufe führen. 69

Nachrichten

ist seit 40 Jahren in Betrieb. Im Rahmen der Überholung der Einrichtung ist die Installation von zwei zusätzlichen Pumpturbinengruppen mit 240 Megawatt installierter Leistung geplant. 60 Megawatt dienen als Reserveleistung. Insgesamt wird die installierte Leistung somit 480 Megawatt betragen, 420 sind für den Betrieb bestimmt, und 60 sind Reserveleistung. Pro Jahr wird das Kraftwerk rund eine Milliarde Kilowattstunden Spitzenenergie erzeugen und damit die heutige Produktion von 520 Millionen Kilowattstunden praktisch verdoppeln. Das Wasserschloss bedarf einer Anpassung. Die Staumauer von Hongrin, der Zuleitungsstollen und der Druckschacht müssen nicht verändert werden. Eine unerlässliche Ergänzung zu den neuen erneuerbaren Energien Das Vorhaben ist die Antwort auf die steigende Nachfrage nach Regelenergie, die in Spitzenzeiten für den Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch sorgt. Grund für den steigenden Bedarf in Europa und in der Schweiz ist vor allem der Ausbau neuer erneuerbarer Energien wie Wind- oder Sonnenenergie. Ihre Produktion hängt direkt von den Wetterbedingungen ab, unterliegt deshalb Schwankungen und muss mit Regelenergie ergänzt werden. Dank ihrer Stauseen sind Pumpspeicherkraftwerke eigentliche Energiereservoire, die jederzeit Strom ins Netz einspeisen können. Sie sind in der Lage, Erzeugungsengpässe umgehend und effizient zu überbrücken.


Nachrichten Bild 1. Verschwindet die Bachforelle 2050 aus dem Mittelland? Verschwindet die Bachforelle aus dem Mittelland? In bergigen Gebieten wie der Schweiz führt diese Temperaturabhängigkeit von Lebensprozessen zu einer deutlichen Längsverteilung der Fischgemeinschaften von der Quelle bis zur Mündung. Man spricht von der Forellen-, Äschen-, Barben- und Brachsmenregion. Diese Einteilung ergibt sich durch die stetige Zunahme der Wassertemperatur und der Abnahme des Gefälles eines Flusses von der Quelle bis zur Mündung. So ist die Verbreitung der Kaltwas-serfische (Salmoniden/Lachsfische) in der Regel auf die Oberläufe, die der Warmwasserfische (Cypriniden/Karpfenfische) auf die Unterläufe beschränkt. Am Beispiel eines österreichischen alpinen Gewässers – der Murg – wurde ein mögliches Szenario für eine Wassertemperaturer-höhung von ca. 1 °C entwickelt [1]. In diesem Modell werden die Salmonidenregionen durch die erhöhten Temperaturen bis zu 27 km in Richtung Quelle verschoben. Der Lebensraum für Warmwasserfische wie Barben und Brachsmen wird dadurch verlängert. Dies hängt mit der relativ engen Temperaturtoleranz von Salmoniden zusammen. Bei Bachforellen zum Beispiel macht der Unterschied zwischen bevorzugter und tödlicher Temperatur nur ein paar Grad aus [2]. Die Bachforellen werden also versuchen, durch Wanderung in höhere Lagen kritische Temperaturen zu vermeiden, sofern die flussaufwärts gelegenen Gewässerabschnitte zugänglich sind und eine geeignete Struktur aufweisen. Das BAFU schätzt anhand eines Modells, dass sich der für Bachforellen optimale Raum in der Schweiz bis zum Jahr 2050 mindestens um 6% der heutigen Fläche verringert; die Flächenabnahme kann 70

Bild 2. Mögliche Verbreitung der Bachforelle in der Schweiz im Jahr 2050 nach einem Modell des BAFU [3] bei einer Lufttemperaturerhöhung von 5.5 °C. In diesem Szenario würde sich der optimale Raum für Bachforellen um 44% der heutigen fläche verringern. Blau: Flussabschnitte, in denen Bachforellen leben können. Pink: Flussabschnitte, die zu warm für Bachforellen sind. «Vector200(c)swisstopo (5704000000); reproduziert mit Bewilligung von swisstopo(JA100119)». ©

Bild 3. Künstliche Schwellen verhindern, dass Fische vor ansteigenden Temperaturen flussaufwärts fliehen können. jedoch bis zu 44% betragen (Bild 2) [3]. Letzteres Szenario würde das Aus für die Bachforelle im Mittelland bedeuten. Auch die Äsche wird durch eine Erwärmung hart getroffen. Sie braucht Gewässer von einer bestimmten Breite, ihre Populationen liegen oft unterhalb von Seen. Das macht ihr eine Flucht nach oben unmöglich, weil die Flüsse tendenziell enger werden und den Habitatsansprüchen der Äsche nicht mehr entsprechen. Die sowieso schon stark bedrohte Art könnte in manchen Flüssen vollends verschwinden. Auch die Wande-

rungsmöglichkeiten der anderen Fische sind begrenzt, denn die meisten europäischen Flüsse sind durch Dämme, Wasserkraftwerke und andere Hindernisse stark fragmentiert (Bild 3). Die vorausgesagte Verschiebung von Fischgemeinschaften in höhere Lagen ist also in den meisten Fällen gar nicht möglich, sodass höhere Wassertemperaturen das lokale Aussterben mancher Arten zur Folge haben würden. Wissenschaftler vom «Laboratoire Evolution et Diversité Biologique» [4] in Toulouse bestätigen diese These.

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durch die Klimaerwärmung vermehrt auftreten. Dieser Zusammenhang zwischen der Häufung von PKD-Fällen und der erhöhten Wassertemperatur konnte bereits anhand von Studien an Salmoniden in der Schweiz [6] sowie Island und Norwegen [7] beobachtet werden. In beiden letzteren Ländern sind die ersten PKD-Fälle erst vor kurzem aufgetreten. Wohin geht die fischereiliche Bewirtschaftung? Die Klimaerwärmung hat also nicht nur einen Einfluss auf das Vorkommen und die Verteilung von Arten, sondern auch auf die Verbreitung und das Ausmass von Krankheiten. Solche möglichen Szenarien sollten in Zukunft unbedingt in fischereiwirtschaftliche Überlegungen und bei Revitalisierungen mitberücksichtigt werden. Bei Besatzmassnahmen sollte zum Beispiel zuerst genau überprüft werden, ob sich der ausgewählte Flussabschnitt hinsichtlich seiner Temperaturen überhaupt noch für die gewünschte Art eignet, auch wenn die Art früher dort ansässig war. Dies wirft für die Fischerei die Frage auf, welche Fischarten in Zukunft in den von der Bachforelle nicht mehr besiedelbaren Gewässern gefördert werden sollen. Hier sind unter anderem die Angler gefragt. Revitalisierungen als Gegenmassnahmen Können wir nun ausser der Verminderung des Ausstosses von Treibhausgasen überhaupt etwas gegen die Erwärmung unserer Gewässer tun? Ja, denn es gibt durchaus Möglichkeiten, den bevorstehenden Erwärmungen der Gewässer entgegenzuwirken. Eine gute Massnahme sind Flussrevitalisierungen. Neben den ökologischen und morphologischen Aufwertungen haben sie auch eine «kühlende» Wirkung. Die Gewässer werden durch die breiteren Ufergürtel besser beschattet und das Wasser wird dadurch weniger durch die Sonnenstrahlen erwärmt. Zudem wird es den Bachforellen durch eine bessere Vernetzung ermöglicht, sich in kühlere Seitenarme und -gewässer zurückzuziehen. Des Weiteren fördern Flussaufweitungen vermehrt den Austausch mit dem Grundwasser. So kommt es vermehrt zu kalten Grundwasseraufstössen, die einen beliebten Rückzugsort für Bachforellen, ein sogenanntes «Thermal refugia», darstellen. Literatur [1] Matulla, C., S. Schmutz, A. Melcher, T. Gerersdorfer, P. Haas (2007) Assessing the impact of a downscaled climate change simulation on the fish fauna in a Inner-Alpine

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River. International journal of biometeorology, 52: 127–137. [2] Küttel, S., A. Peter, A. Wüest (2002) Temperaturpräferenzen und -limiten von Fischarten Schweizerischer Fliessgewässer. Rhône-Revitalisierung Publikation Nr.1. Eawag. [3] Notter, B. & E. Staub (2009) Lebensraum der Bachforelle um 2050. GWA Gas, Wasser, Abwasser. Nr. 1/2009: 39–44. [4] Buisson, L. & Gaël Grenouillet (2009) Contrasted impacts of climate change on stream fish assemblages along an environmental gradient. Diversity and Distributions, 15: 613–626. [5] Elliott, J.M., J. A. Elliott (2010) Temperature requirements of Atlantic salmon Salmo salar, brown trout Salmo trutta and Arctic charr Salvelinus alpinus: predicting the effects of climate change. Journal of fish biology, 77: 1793–1817. [6] Wahli, T., R. Knuesel, D. Bernet, H. Segner, D. Pugovkin, P. Burkhardt-Holm, M. Escher, and H. Schmidt-Posthaus (2002) Proliferative kidney disease in Switzerland: current state of knowledge. Journal of Fish Disease, 25: 491–500. [7] Sterud, E., T. Forseth, O. Ugedal, T. T. Poppe, A. Joergensen, T. Bruheim, H.-P. Fjeldstad, and T. A. Mo (2007) Severe mortality in wild Atlantic salmon Salmo salar due to proliferative kidney disease (PKD) caused by Tetracapsuloides bryosalmonae (Myxozoa). Disease of Aquatic Organisms, 77: 191–198. Quellenangabe: Fierz, J.M. (2010) Klimawandel treibt Fische in höhere Lagen. FIBER Newsletter 03/2010, Fischereiberatung, Eawag Kastanienbaum Seit Mitte 2004 betreiben das Wasserforschungsinstitut Eawag, das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und der Schweizerische Fischereiverband (SFV) eine gemeinsame Fischereiberatungsstelle (FIBER). Deren Hauptaufgabe ist die Information von Angelfischern und Interessierten über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Gewässerökologie, Fischbiologie und zum fischereilichen Gewässermanagement. Unter anderem publiziert FIBER jährlich 3–4 Newsletter. Mehr Informationen und Anmeldung für den Erhalt des Newsletter unter: www.fischereiberatung.ch.

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Sie prognostizieren dennoch für Frankreichs Flüsse lokal eine Zunahme der Diversität, weil die Fischfauna grösstenteils aus Warmwasserfischen besteht, die sich durch die Klimaerwärmung weiter verbreiten können. Durch diese Expansion und das lokale Aussterben von Arten würde es in den Oberläufen zu einer starken Verarmung der Artenzusammensetzung kommen. In den Mittel- und Unterläufen hingegen würden keine neuen Arten dazukommen und die Artenzusammensetzung würde sich vereinheitlichen. Dies macht die Fischgemeinschaften in den Mittelund Unterläufen sehr anfällig für weitere grossflächige Umwelteinflüsse, weil sie nicht mehr so biologisch differenziert reagieren können wie verschiedene lokale Fischgemeinschaften. Dies ist vergleichbar mit einer Monokultur von Pflanzen, in der sich Pflanzenkrankheiten und Schädlinge viel schneller verbreiten können. Zu den negativen Trends gesellen sich jedoch auch ein paar positive Aspekte. Es gibt durchaus Fische, die von der Situation der erhöhten Temperaturen profitieren könnten. Bachforellen-Eier, -Embryonen und -Jungfische werden möglicherweise durch die wärmeren Temperaturen den Winter besser überstehen können als erwachsene Bachforellen – aber auch nur bis zu einem gewissen Grad der Erwärmung. Auch die meisten Cypriniden profitieren, wie bereits erwähnt, von den erhöhten Temperaturen und können ihr Verbreitungsareal vergrössern. Zuletzt bleibt die Hoffnung, dass sich gewisse lokal angepasste Bachforellenpopulationen relativ tolerant gegenüber erhöhten Temperaturen erweisen und somit das Überleben der Art auch in gewissen Fliessgewässern im Mittelland ermöglichen. Laut einer aktuellen Studie von Elliot & Elliot [5] sind solche Toleranzen durchaus möglich. Sie sind jedoch nicht physiologischer Art, sondern eine Anpassung im Lebenszyklus, wie zum Beispiel des Zeitpunktes der Reproduktion. Vermehrtes Auftreten von PKD Ein weiteres System, das stark von der Wassertemperatur abhängt, ist das WirtParasit-System. Die Interaktion zwischen der Antwort des Immunsystems und der Vermehrung des Parasiten ist ebenfalls temperaturabhängig. Bei Salmoniden zum Beispiel wirken sich die erhöhten Temperaturen negativ auf das Immunsystem aus und machen die Tiere anfälliger für Krankheiten. Voraussichtlich werden Krankheiten wie z.B. PKD (Proliferative Nierenkrank-heit), die bei Bachforellen ab einer Wassertemperatur von 15 °C tödlich ist,


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Ene E ne r g iewi i ewi r ts t s c haf t Weltenergiekongress Montreal: Synthese – Die harte Landung Europas auf dem Planeten Erde Von Jürg E. Bartlome, Generalsekretär Schweizerischer Energierat

Montreal Pont Jacques Cartier. Der Weltenergiekongress fand im letzten Herbst im kanadischen Montreal statt und zog gegen 7000 Teilnehmer an. Der Schweizerische Energierat war mit einer gut zwanzigköpfigen repräsentativen Delegation aus der Elektrizitätswirtschaft, der Erdölvereinigung und der Erdgasindustrie, der Forschung, der Industrie sowie aus verschiedenen Beratungsunternehmen vertreten. An drei Anlässen berichteten sie über ihre Eindrücke, die im Folgenden zusammengefasst sind. Isoliertes Europa Wer aus Europa angereist war und – entsprechend dem Kongressthema «Responding NOW to Global Challenges» – unter den weltweiten Herausforderungen, denen es heute zu begegnen gilt, Massnahmen gegen die Klimaerwärmung erwartete, wurde rasch mit der Realität konfrontiert: Europa mit dem programmatischen Ansatz zur Transformation des Energiesystems steht als einziger Kontinent isoliert da. Nicht dass auch anderswo Energieeffizienz und erneuerbare Energien ein Thema wären: Aber eben einfach als Lösungen dort, wo sie geeignet sind. Und nicht programmatisch. Delegationsmitglieder aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zogen daraus den Schluss, Europa sollte den Transformations-Ansatz nicht aufgeben, aber dringend dafür sorgen, dass die Programme endlich dem KostenNutzen Gedanken entsprechen und dass mit Programmen, die sich gegenseitig widersprechen, aufgeräumt werde. 72

Fossile Energie weiterhin mit zentraler Rolle Für Giorgio V. Müller, den mitgereisten NZZ-Berichterstatter, kann man von dem nur alle drei Jahre stattfindenden Weltenergiekongress halten, was man will. Doch selbst als Debattierklub öffnet er jeweils die Augen für die sehr verschiedenen Präferenzen in den einzelnen Weltregionen, die mit dem alleinigen Blick auf die Verhältnisse in den Industrieländern und Europa im Besonderen gerne verloren gehen. Die Diskrepanz der Interessen zeigt auch schön auf, weshalb der Klimagipfel in Kopenhagen zum Scheitern verurteilt war und vom kurz nach Montreal stattfindenden Treffen im mexikanischen Cancún keine grossen Würfe zu erwarten waren. Auffallend war dennoch der Unterschied zum vorhergehenden Kongress 2007 in Rom. Thomas Fritschi von Alstom hob die Unterschiede hervor: Rom war geprägt von Euphorie und Aufbruchstimmung in den erneuerbaren Technologien. Gleichzeitig war man um die limitierte Verfügbarkeit von fossilen Energieträgern, die knappen Kapazitäten der Kraftwerksbauer, sowie das «Aussterben» der Kraftwerksingenieure besorgt. Dazumal war die Weltwirtschaft geprägt von einem ausserordentlich starken Boom, extrem hohen Rohmaterialpreisen sowie der Sorge um «Peak Oil». Mittlerweile haben sich die Themen gewandelt. Die Finanzkrise sitzt vielen noch in den Knochen und die Zukunft wird wieder etwas nüchterner eingeschätzt. Den fossilen Energieträgern wird wieder eine zentralere Rolle zugemessen, auch wenn deren prozentualer Anteil im Produktionsmix weiterhin sinken wird. Erdgas als Brückenbauer in die Energiezukunft? Dazu hat insbesondere die dramatische Veränderung der Angebotsseite durch unkonventionelles Gas geführt. Martin Seifert von der Gasindustrie hebt denn auch hervor, dass Erdgas am Weltenergiekongress 2010 zum ersten Mal auf gleicher Augenhöhe mit dem Erdöl behandelt wurde. Auf Grund der Nachfragesituation, den hervorragenden Eigenschaften vor allem zur Strombereitstellung und den langfristigen Reserven hat Erdgas weltweit die Anerkennung als sauberster fossiler Brenn- und Treibstoff gewonnen. Als Primärenergieträger für die Elektrizitätsproduktion nimmt Erdgas auch eine Brückenfunktion zu einer kohlenstoffarmen Energiezukunft wahr. Zudem bietet Erdgas als Treibstoff für viele Länder eine Diversifikationsstrategie im Mobilitätssektor. Und Seifert folgert: Der Weg weg von den Fossilen führt über die Fossilen.

Traum und Wirklichkeit Für Peter Hardegger vom Paul Scherrer Institut ist die Konfrontation mit der Wirklichkeit eine gewisse Ernüchterung, sie liefert aber vielleicht gerade deshalb für die Forschung wichtige Impulse. Wenn sich die Energiebranche trifft und über ihre konkreten Pläne spricht, prallen für die Forschung Traum und Wirklichkeit aufeinander. Debattiert die Forschung, stehen Klimaschutz, CO2-Reduktion, erneuerbare Energien und Effizienz im Vordergrund. Kommt die Branche zusammen, geht es hingegen um Expansion und Erschliessung, um Kohle, Gas und Öl, um die Sicherstellung der Versorgung einer rasch wachsenden Weltbevölkerung und um die Deckung ihres Energiehungers. Wichtiges Anliegen für die Forschung bleibt denn, dass die F&E-Finanzierung erhöht, die Planbarkeit von Rollouts von neuen Technologien verbessert und der Technologietransfer gefördert werden. Hier sind die öffentliche Hand sowie die Privatwirtschaft gleichermassen gefordert. Notwendiger Umbau des Energiesystems Aus Sicht des Delegationsleiters, Christian Rogenmoser, war die ungeschminkte Konzentration auf die Frage, wie die weltweit gewaltig steigende Nachfrage nach Energie am besten gedeckt werden kann, für die europäische und schweizerische Energie- und Klimapolitik völlig ungewohnt. Dennoch: Das vordringliche Anliegen der Versorgungssicherheit lässt auch Raum für Fragen der notwendigen Transformation des Energiesystems, ausgerichtet auf die Frage: Wie erzeugen, übertragen und verbrauchen wir Energie auf eine umweltschonende und kostengünstige Art und Weise. Damit ist zugleich das Thema der Herausforderungen an die Finanzierung des Umbaus des Energiesystems gestellt. Für Hans E. Schweickardt, Verwaltungsratspräsident von ALPIQ, liegt die beste Antwort auf die rasch wechselnden Prioritäten der Politik im Bewahren der Finanzierungskraft und der Investitionsbereitschaft der Energiewirtschaft. Unsicherer Energiemarkt und lange Zyklen Josef A. Dürr, Direktor des Verband Schweizerischer Energieunternehmen unterstreicht ebenfalls die finanziellen und wirtschaftlichen Folgen des geplanten Um- und Ausbaus des Energiesystems und erinnert, dass die IEA in ihrem Baseline Szenario schätzt, dass bis zum Jahr 2050 rund 23 500 Mia US-Dollar benötigt werden. Falls verstärkt in Energieeffizienz investiert wird, um den Gesamtenergie-

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bleiben auch in einem sich verändernden Umfeld Versorgungssicherheit, Kosten, gesellschaftliche und ökologische Akzeptanz der Energieproduktion und -verteilung. Die teilweise gegensätzlichen Zielsetzungen unter einen Hut zu bringen ist und bleibt die Konstante der Energiewirtschaft. Für eine ausführliche Berichterstattung siehe www.worldenergy.ch/weltenergiekongresse

Ein Viertel des Strompreises 2009 waren öffentliche Abgaben Der Schweizer Strompreis bestand 2009, im ersten Jahr der schrittweisen Liberalisierung des Schweizer Strommarkts, zu gut einem Viertel aus öffentlichen Abgaben. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE und vom BFE in Auftrag gegebene Studie.

Bildquelle: Studie BSG 2010 Abgaben: 4.24 Rp./kWh, davon: Stromanteil: 10.96 Rp./kWh Orange: KEV; 0.48, Gelb: Abgaben Verteilung; 1.819, Rot: Abgaben Transport; 0.31, Blau: Abgaben Produktion; 1.72, Weiss: MWST vorgelagerte Wertschöpfung; 0.188, Grau: Energie & Netz; 10.96. 2009 gingen vom durchschnittlichen Strompreis von 15.2 Rp./kWh rund 4.2 Rp./kWh an die öffentliche Hand. Davon entfielen 1.4 Rp./kWh auf nicht stromspezifische ordentliche Steuern, die jedes Unternehmen bezahlen muss (Mehrwertsteuer, Vermögens-/Kapitalsteuer, Grundsteuer und Ertrags-/Gewinnsteuern). 0.7 Rp./kWh entfielen auf den Wasserzins, 0,4 Rp./kWh auf Konzessionen und ähnliche Abgaben, 0.4 Rp./kWh auf Rückstellungen mit Eigenkapitalcharakter, 0.4 Rp./kWh auf Gewinnablieferungen an öffentliche Eigentü-

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mer und 0.9 Rp./kWh auf weitere Abgaben. Seit 2009 ist eine kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) von derzeit 0.45 Rp./kWh zu entrichten. Ein Vergleich mit den Zahlen der vor einem Jahr veröffentlichten Studie des VSE und BFE für das Jahr 2007 (vor dem ersten Schritt der Marktöffnung) zeigt: Der durchschnittliche Endverbraucherstrompreis ist von 14.5 auf 15.2 Rp./kWh um nominal 5% gestiegen. Die Belastung durch das öffentliche Gemeinwesen hat im gleichen Zeitraum – infolge KEV – um 13% zugenommen. Der VSE weist darauf hin, dass durch den vermehrten Einsatz von Elektrizität eine deutliche Steigerung der Gesamtenergieeffizienz und eine Reduktion des CO2-Ausstosses erreicht werden kann. Dies sollte keinesfalls durch höhere Abgaben erschwert werden. Die Strompreise in der Schweiz liegen noch immer unter den Durchschnittspreisen der 90er-Jahre. In den kommenden 10 Jahren könnten jedoch die Abgaben aufgrund bereits beschlossener Gesetzesänderungen wie die stufenweise Erhöhung des Wasserzinsmaximums, die Änderung des Gewässerschutzgesetzes, die KEV und das Mehrwertsteuergesetz im Vergleich zu 2009 um bis zu 0.86 Rp./kWh ansteigen. In Zeiten steigenden internationalen Marktdrucks ist eine kostengünstige Produktion für die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wirtschaft von grosser Bedeutung. Die Studie beruht auf einer repräsentativen Befragung von 64 Energieversorgungsunternehmen in der ganzen Schweiz. Sie wurde von der BSG Unternehmungsberatung in St. Gallen im Auftrag des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE und des Bundesamts für Energie BFE sowie mit Unterstützung von Vertretern der Kommunalverbände und der Schweizerischen Energiedirektorenkonferenz durchgeführt. Auskünfte: Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen, Dorothea Tiefenauer, Bereichsleiterin Kommunikation, dorothea. tiefenauer@strom.ch

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verbrauch zu senken, steigt diese Zahl nochmals deutlich an. Am Kongress war zu hören, die Kapitalintensität für neue Anlagen sei um das Dreifache gestiegen! Der beabsichtigte Umbau des Energiesystems kann somit nur bewältigt werden, wenn die enormen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Der Energiemarkt steht vor bisher noch nie da gewesenen Unsicherheiten. Noch ist nicht klar zu erkennen, wie sich die Weltwirtschaft nach der Finanzkrise weiterentwickeln wird. Vor allem aber die als Folge dieser Krise hohe Staatsverschuldung vieler Länder wird die Finanzierung von Grossprojekten erschweren. Die Knappheit an Kapital ist aus heutiger Sicht klar ein grösserer Engpass als die Reserven an fossilen Energien. Rolf Hartl von der Erdöl-Vereinigung gibt zu bedenken, dass die langen Investitions-Zyklen und die ebensolchen Vorlaufzeiten für die Entwicklung neuer Projekte auf Seiten der Investoren, also der Energieunternehmen, einen langen Atem erfordern. Weil der heute getroffene Entscheid zur Erschliessung eines neuen Erdölfelds erst in fünf bis acht Jahren umgesetzt wird und niemand das dannzumalige wirtschaftliche Umfeld, namentlich den Ölpreis, vorauszusagen vermag, neigen die Akteure im Energiebereich generell zur Vorsicht. Im Zweifelsfall wird erst einmal abgewartet. Mit dieser vorsichtigen Politik haben die Energieversorger, ob nun Öl, Gas, Kohle oder Strom, mindestens in der westlichen Welt zu einer historisch beispiellosen Wohlstandsentwicklung beigetragen. Energie stand immer ausreichend und – im Normalfall – günstig zur Verfügung. Konstanten der Energiewirtschaft Wenn heute vor allem in der Politik westlicher Staaten nach einem radikalen Umbau unseres Energiesystems gerufen wird, wird meistens das Tempo der Veränderungen überschätzt: Das heute gekaufte Auto rollt rund 12 Jahre auf Schweizer Strassen und dann weitere 10 Jahre woanders. Die Politik ist deshalb oft versucht, erwünschte Veränderungen mit Geld, sprich mit Subventionen durchzusetzen oder mindestens anzustossen. An den Gesetzen des Marktes führt aber auch am Ende des (Energie )Tages kein Weg vorbei. Dabei sollte tröstlich stimmen, dass sich die Energielandschaft in der Vergangenheit verändert hat und es jeden Grund für die Annahme gibt, dass das auch in Zukunft nicht anders sein wird. Egal ob mit mehr oder weniger Staat (der starke Einfluss staatlicher Regulation war jedenfalls in Montreal spürbar): Die Fixpunkte der Energieunternehmen


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K l i ma Gletscher aus dem Gleichgewicht Ausdehnung und Volumen der Schweizer Gletscher werden in naher Zukunft weiter massiv abnehmen – sogar wenn sich das Klima auf dem heutigen Niveau stabilisieren würde. Zu dieser Erkenntnis gelangten Forscher der ETH Zürich, als sie die Längenänderungen von Gletscherzungen analysierten. Die Gletscherbestände der Erde sind durch die Erwärmung des Klimas bedroht. Ihr Abschmelzen trägt zum Anstieg des Meeresspiegels bei und es verändert die Wasserführung der Flüsse, die Landschaften und deren Ökosysteme nachhaltig. Bisher ist nur von wenigen Gletscher weltweit bekannt, wie sich deren Eisvolumen über die Jahre verändert hat. Dies gilt auch für die Gletscher in der Schweiz – obwohl es hier die umfassendste und längste Beobachtungsreihe der Welt gibt. Rasantes Gletscherschmelzen Die Vorstösse und das Zurückschmelzen der Gletscherzungen werden in der Schweiz seit über 100 Jahren genau verfolgt. Diese weltweit einzigartigen Aufzeichnungen haben Gletscherforscher der ETH Zürich nun genutzt, um die Veränderungen des Eisvolumens von 12 Schweizer Gletschern zu rekonstruieren. Dazu entwickelten sie ein mathematisches Modell, das einen Gletscher vereinfacht durch Volumen und Länge darstellt, und das von Veränderungen der Temperatur und des Niederschlages angetrieben wird. Auf diese Weise konnten sie zum ersten Mal zeigen, dass es möglich ist, aus Längenänderungen die Veränderung des Eisvolumens zu bestimmen, wie die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des Journal of Geophysical Research berichten. Die von den Forschern für die Vergangenheit berechneten Volumenänderungen stimmten erstaunlich genau mit Luftaufnahmen und alten Karten überein, was sie dazu veranlasste das Modell auch für künftige Szenarien anzuwenden. Die Resultate zeigen, dass die Gletscher in naher Zukunft weiter massiv an Ausdehnung und Volumen abnehmen werden, selbst wenn sich das Klima nicht weiter erwärmen würde. Aletschgletscher ein Drittel kleiner Dies erklären die Wissenschaftler damit, dass die Reaktion von Gletschern den Veränderungen des Klimas um Jahrzehnte bis Jahrhunderte hinterherhinkt. Die Analyse 74

Bild 1. Rhonegletscher um 1850, rekonstruiert.

Bild 2. Rhonegletscher um 1970, unveränderte Luftaufnahme.

Bild 3. Rhonegletscher um 2050, Modellierung. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


Quelle: M.P. Lüthi, A. Bauder and M. Funk (2010): Glacier Volume Change Reconstruction from Length Change Data of the Swiss Alps. Journal of Geophysical Research (Earth Surface Processes) vol. 115, F04022, doi: 10.1029/2010JF001695

Kräftiges Wirtschaftswachstum stellt Erreichung des Kyoto-Ziels in Frage Die Schweiz hat sich im Kyoto-Protokoll verpflichtet, ihren Treibhausgasausstoss im Zeitraum 2008 bis 2012 um acht Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu vermindern. Die neuesten Emissionsperspektiven des BAFU für diesen Zeitraum zeigen, dass mit einem höheren Ausstoss zu rechnen ist als bisher angenommen wurde. Tritt dieses Szenario tatsächlich ein, so dürfte die Schweiz Mühe haben, das Kyoto-Ziel zu erreichen. Das Bundesamt für Umwelt BAFU erstellt jährlich im Herbst eine Emissionsperspektive für die Periode 2008 bis 2012, um abzuschätzen, ob die Ziele von Kyoto-Protokoll und CO2-Gesetz eingehalten werden. Die Prognosen vor einem Jahr gingen – angesichts düsterer Wirtschaftsprognosen – von einem deutlichen Rückgang der Emissionen aus. Gemäss den aktuellsten Perspektiven, welche am 18. November 2010 der ständerätlichen Umweltkommission (UREK-S) vorgestellt wurden, muss der Ausstoss der Jahre 2010 bis 2012 nach oben korrigiert werden. Zusammen mit den bereits bekannten Emissionen der Jahre 2008 und 2009, die beide über dem Kyoto-Ziel liegen, resultieren für die gesamte Periode Emissionen, die pro Jahr um 0.8 Millionen Tonnen über dem KyotoZiel von 48.6 Millionen Tonnen liegen. Dabei sind der Kauf von Emissionszertifikaten durch die Stiftung Klimarappen und die Senkenleistung des Schweizer Waldes miteingerechnet.

Die Arbeit über die Volumenveränderung wurde im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramm (NFP) 61 des Schweizerischen Nationalfonds durchgeführt, und zwar im Rahmen des Projektes FUGE (Future glacier evolution and consequences for the hydrology and the potential for glacier hazards in Switzerland). Weitere Informationen ETH Zürich, Dr. Martin Lüthi, Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie, Tel. +41 44 632 40 93 luethi@vaw.baug.ethz.ch Energiebedingte CO2-Emissionen 1975 bis 2009, Rot: CO2 Brenn- und Treibstoffe, Braun: CO2 Brennstoffe, Blau: CO2 Benzin/Diesel, Hellblau: CO2 Flugtreibstoffe. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden

Positive Wirtschaftsentwicklung bringt mehr Emissionen Hauptgrund für die Korrektur der Schätzung nach oben ist das kräftige Wirtschaftswachstum. Vor einem Jahr hat das Staatssekretariat für Wirtschaft seco noch angenommen, dass ein deutlicher Wirtschaftseinbruch 2009 und 2010 zu einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts führen würde (2009: -2.7%, 2010: -0.4%). In der Realität war der Wirtschaftseinbruch 2009 mit -1.4% nur halb so gross wie damals angenommen. Und für 2010 geht das seco davon aus, dass die schweizerische Wirtschaft nicht schrumpfen sondern kräftig um 2.7% wachsen wird. Diese grundsätzlich positive Entwicklung hat den Nachteil, dass die Emissionen von Treibhausgasen weniger stark zurückgehen als vor einem Jahr vorausgesagt wurde. Treibstoffziel deutlich verfehlt Im CO2-Gesetz ist für die Treibstoffe ein Reduktionsziel von acht Prozent und für die Brennstoffe ein solches von 15 Prozent gegenüber 1990 festgelegt. Die Emissionen aus dem Verbrauch von Treibstoffen liegen heute allerdings im Gegenteil knapp 13 Prozent höher als 1990. Zwischen 2008 und 2009 sind diese Emissionen zwar leicht zurückgegangen, für 2010 bis 2012 ist aber wegen des Wirtschaftswachstums kein weiterer Rückgang zu erwarten. Selbst unter Anrechnung der durch den Klimarappen im Ausland erworbenen Emissionszertifikate (2 Mio. t pro Jahr) und der inländischen Reduktionsleistung des Klimarappens (ca. 0.4 Mio. t pro Jahr), die im wesentlichen im Brennstoffbereich erfolgt, resultieren noch immer prognostizierte Emissionen von 15.0 Mio. t, die 0.8 Mio. t über dem Zielwert von 14.2 Mio. t liegen. In Prozenten ausgedrückt, gibt es zwischen dem Reduktionsziel und dem tatsächlichen Ausstoss eine Differenz von rund 21 Prozent. Im Brennstoffbereich sieht die Bilanz besser aus, obwohl das Ziel höher gesteckt ist. Die prognostizierten Emissionen liegen bei 22.0 Mio. t (unter Berücksichtigung der dem Klimarappen anzurechnenden Reduktionen) und damit nur knapp über dem Zielwert von 21.6 Mio. t. Hier ist die Entwicklung noch ziemlich unsicher, da die Wirkung der beiden wichtigen, auf den 1. Januar 2010 eingeführten Massnahmen (Erhöhung CO2-Abgabe und Gebäudesanierungsprogramm) schwierig abzuschätzen ist. Die Emissionen in dem nicht vom CO2-Gesetz erfassten, aber für das KyotoProtokoll relevanten Bereich (Landwirtschaft, Abfall, industrielle Prozessemissionen), sind heute in etwa gleich hoch wie 75

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der Forschenden zeigt auch, dass die unterschiedlichen Längenänderungen der Gletscher nur von Grösse und Steilheit abhängen. Demnach könnten sich steile Gletscher bei von nun an konstantem Klima zwar nach einigen Jahrzehnten stabilisieren, flache und grosse Gletscher würden aber auch nach hundert Jahren noch an Masse und Volumen verlieren. «Für den Grossen Aletschgletscher bedeutet das, dass er auch bei unverändertem Klima in hundert Jahren vier Kilometer kürzer sein wird und ein Drittel seines Volumens eingebüsst hat», sagt Martin Lüthi, Glaziologe an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der ETH Zürich und Erstautor der Studie. Unter der prognostizierten anhaltenden Erwärmung des Klimas werde diese Reaktion noch stärker und schneller eintreten. «Der schnelle Gletschervorstoss am Ende der kleinen Eiszeit (1810–1850) allerdings kann nicht nur durch Veränderung von Temperatur und Niederschlag verursacht sein», erklärt Lüthi. Wahrscheinlichster Grund für den Vorstoss war eine verminderte Gletscherschmelze, verursacht durch eine vorübergehende Abnahme der Sonneneinstrahlung. Tatsächlich gab es zwischen 1808 und 1815 mehrere grosse Vulkaneruptionen, deren Partikel in der Atmosphäre die Sonneneinstrahlung stark reduzierten und zu einer globalen Abkühlung führten.


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1990. Nach einem Rückgang in den 90erJahren haben diese Emissionen in den letzten 10 Jahren wieder zugenommen und es ist anzunehmen, dass sie sich auf dem heutigen Niveau stabilisieren werden. Was sieht das Kyoto-Protokoll vor, um Ziellücken zu schliessen Das Kyoto-Protokoll sieht die Möglichkeit vor, am Ende der Verpflichtungsperiode – nachdem die Emissionen der Periode 2008 bis 2012 erhoben und von der UNO geprüft sind – allfällig resultierende Ziellücken während einer Dauer von 100 Tagen durch den Kauf von Emissionszertifikaten auf dem internationalen Markt auszugleichen. Diese Massnahme würde Ende 2014/Anfang 2015 ergriffen. Mit einem solchen Kauf würde die Schweiz ihre im Ausland erworbenen Reduktionsleistungen erhöhen und das Verhältnis zwischen den im Ausland erworbenen und im Inland erreichten Emissionsreduktionen verschlechtern. Das Verursacherprinzip soll bei der Frage, wie die Schweiz die Schliessung der Ziellücken finanziert, eine wichtige Leitschnur sein. Unsicherheit noch immer gross Wie jede Prognose ist auch die vorliegende mit einer Unsicherheit behaftet. Je nach Wirtschafts- und Preisentwicklung wie auch der Entwicklung der Wintertemperaturen (sie bestimmen unsere Heizaktivitäten) können grössere Abweichungen resultieren. Für das Kyoto-Ziel liegt die Unsicherheit noch immer bei +/- 1.7 Millionen Tonnen CO2 Äquivalenten. Eine nächste Prognose wird im Herbst 2011 erstellt, nachdem die CO2-Emissionen des Jahres 2010 definitiv feststehen. Adresse für Rückfragen: Andrea Burkhardt, Leiterin Abteilung Klima, Bundesamt für Umwelt BAFU, Paul Filliger, Abteilung Klima, BAFU

Rüc kbl ic k Ve r anstaltungen anstaltunge n Rückblick auf zwei Fachtagungen zu Revitalisierungen nach revidierten Gewässerschutzgesetz Pfa. Im Dezember 2009 haben die eidgenössischen Räte das revidierte Gewässerschutzgesetz verabschiedet, das vom Bundesrat auf den 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt wurde. Die Revision hat unter anderem einen starken Fokus auf Revitalisierungen an Gewässern gelegt. Gleich zwei Fachtagungen der letzten Monate widmeten sich dieser Neusaurichtung. Die Zahl von je über 230 Teilnehmenden verdeutlicht das grosse Interesse an den neuen 76

Rahmenbedingungen und dem Austausch von entsprechenden Erfahrungen: Tagung «Flussrevitalisierungen: Synergien zwischen Hochwasserschutz und Ökologie» Von Kaspar Meuli, Biel An einer Fachtagung am 25.11.2010 in Bern haben Wasserbauer und Ökologen neue Perspektiven für die Revitalisierung von Bächen und Flüssen vorgestellt. Hintergrund der Veranstaltung war ein grossangelegtes Forschungsprojekt und das revidierte Gewässerschutzgesetz. Der Gewässerschutz in der Schweiz steht an einem Wendepunkt. Unter Fachleuten ist von einem eigentlichen Paradigmenwechsel die Rede. Grund für diese Aufbruchstimmung ist das revidierte Gewässerschutzgesetz, das Anfang 2011 in Kraft getreten ist. Wie gross das Interesse an dieser Neuausrichtung ist, zeigte eine Veranstaltung unter dem Titel «Flussrevitalisierungen: Synergien zwischen Hochwasserschutz und Ökologie» am 25. November 2010 in Bern. Mehr als 250 Vertreter und Vertreterinnen aus Forschung, Energiewirtschaft, Planung, Verwaltung und von Umweltschutzorganisationen nahmen daran teil – und vielen weiteren Interessenten blieb die Teilnahme aus Platzgründen verwehrt. Wichtige Etappe im Schweizer Gewässerschutz Kein Wunder ist das Interesse der Fachwelt gross, das revidierte Gesetz gilt schon heute als eine der wichtigsten Etappen im Schweizer Gewässerschutz. Unter anderem folgende Bestimmungen sollen dafür sorgen, dass Fliessgewässer und Seeufer wieder naturnäher werden: Die Kantone müssen festlegen, welchen Platz es braucht, um die natürlichen Funktionen der Flüsse und den Hochwas-serschutz zu gewährleisten. Dieser Gewässerraum darf künftig nur noch extensiv bewirtschaftet werden. Zudem sind die Kantone verpflichtet, Revitalisierungen strategisch zu planen und umzusetzen, und schliesslich müssen sie durch Sanierungsmassnahmen die negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung (Schwall und Sunk) beseitigen. Gesetzlicher Auftrag und finanzielle Unterstützung Zu Beginn der Revitalisierungs-Tagung unterstrichen denn auch zwei Vertreter des BAFU die Bedeutung der neuen Gewässerschutzpolitik und die Herausforderungen, welche die Gesetzesrevision mit sich bringt. «Der Handlungsbedarf für die Umsetzung der Revision ist gross», erklärte

Stephan Müller, Leiter der Abteilung Wasser, und lieferte entsprechenden Zahlen: Im Mittelland sind rund 40% der Flüsse und Bäche verbaut, im Siedlungsgebiet sind es über 80%. Und in mehr als 90% aller nutzbaren Gewässer der Schweiz wird Energie gewonnen. Folge: «Den Gewässern fehlt der Raum, um ihre natürlichen Funktionen ausüben zu können.» Dem soll das revidierte Gesetz entgegenwirken. Der Bund will aber nicht nur mit gesetzlichem Druck für Besserung sorgen. Er übernimmt 65% der Kosten, wenn – so das Ziel – in den kommenden Jahrzehnten 4000 Kilometer Fliessgewässer renaturiert werden. Rund eine Milliarde Franken steht zusätzlich in den nächsten 20 Jahren zur Verfügung, um die negativen Folgen der Wasserkraftnutzung zu beheben. Dieser Betrag wird durch einen Zuschlag geäufnet, der künftig auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze erhoben wird. Engpass Raumbedarf Olivier Overney, Chef der Sektion Hochwasserschutz im BAFU, machte deutlich, dass es bei der Umsetzung der neuen Gewässerschutzphilosophie aber keinesfalls nur ums Geld geht: «Ganz gleich, zu welchen Lösungen man kommt, es braucht zur Realisierung immer zusätzliches Land – unsere knappste Ressource.» Der Grund für die zahlreichen blockierten Revitalisierungsprojekte, so Overney, liege meistens bei Interessenkonflikten. «Wir müssen uns vermehrt fragen, welche Funktion dem Gewässerraum in Siedlungsgebieten zukommt, da spielen Hochwasserschutz und Ökologie eine Rolle, aber immer mehr zählt auch das Erholungsbedürfnis der Menschen.» Integrales Flussgebietsmanagement als Instrument All diese Ansprüche im Umgang mit Flüssen und Bächen miteinzubeziehen, ist das Ziel des Forschungsprojekts, das den Anlass für die Berner Fachtagung bot. Es nennt sich «Integrales Flussgebietsmanagement» und führte in den vergangen drei Jahren zu einer intensiven Zusammenarbeit von Wasserbauern und Ökologen – eine Schweizer Premiere. Forschende der ETH Zürich, der Eawag, der WSL und der ETH Lausanne arbeiteten an rund zehn Teilprojekten mit Bezug zum Oberthema «dynamische Lebensräume und Hochwasserschutz». An der Tagung präsentierten die Wissenschafter erste Resultate, eine Synthese ihrer Ergebnisse soll Ende 2011 folgen. Basis der gemeinsamen Arbeit von Wasserbau- und Umweltspezialisten ist die Erkenntnis, dass Ökologie und Hochwasserschutz eng miteinander ver-

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Bild 3. Die Senseaue bei Plaffeien. Eine naturnahe Flusslandschaft mit Referenzcharakter für Revitalisierungen (Foto Eawag, Armin Peter). Bild 1. Einmündung der kanalisierten Borgne in die Rhone bei Sion VS. Im Vordergrund die Schwelle, welche den Fischaufstieg verhindert (Foto EPFL/LCH).

Bild 2. Modellversuch im hydraulischen Labor LCH an der ETH Lausanne ohne die Schwelle: Blick vom Hauptfluss in den aufgeweiteten Einmündungsbereich des Seitenflusses. Durch die Aufweitung der Einmündung entsteht eine abwechslungsreiche Sohlenmorphologie. Diese ist Voraussetzung für neue Lebensräume und die Durchgängigkeit (Foto EPFL/LCH). Dass sich dieser Maxime in der Praxis durchaus nachleben lässt, zeigte Anton Schleiss von der ETH Lausanne. An Hand von Modellversuchen untersuchte er, was geschieht, wenn Seitengewässern bei der Einmündung in den Hauptfluss aufgeweitet werden. Hintergrund: Eine Studie die zeigte, wie stark die total 21 verbauten Einmündungen an der Rhone im Wallis zur ökologischen Verarmung des Flusses beitragen. «Hier besteht ein grosses Potenzial für Revitalisierungsprojekte», erklärte Anton Schleiss. «Mit relativ gerin-

gem Aufwand können die Einmündungen wieder durchlässig gemacht und naturnah gestaltet werden.» Und zwar – so das überraschende Ergebnis der Laborversuche – ohne negative Folgen für die Hochwassersicherheit des Hauptgewässers. Dynamik und Vernetzung sind zentral Armin Peter von der Eawag ging bei Untersuchungen in der Sense der Frage nach, wie sich die Biodiversität in Flüssen und Bächen erhalten und verbessern lässt. Dabei zeigte sich: Die Wiederherstellung unterschiedlicher Habitate allein reicht nicht aus, um die Biodiversität zu fördern. «Zusätzlich braucht es lokale und gut vernetzte Artenpools sowie ausreichende Geschiebe- und Flussdynamik», betonte Armin Peter, «ohne hydrodynamische Prozesse geht in diesen Ökosystemen praktisch nichts mehr.» Mit anderen Worten: Der Erfolg künftiger Revitalisierungen hängt von intakten Gewässerfunktionen und der Vernetzung der Habitate ab. In eine ähnliche Richtung weisen auch die Resultate von Christoph Scheidegger an der WSL. Er wollte wissen, wovon der Überlebenserfolg seltener Arten in Fluss- und Auenlandschaften abhängt. Dazu untersuchte er unter anderem die Ansprüche eines in der Schweiz selten gewordenen Strauchs, der Deutschen Tamariske. Resultat: Die Pflanze keimt nur auf feuchten aber nicht überfluteten Sandbänken. Auch während den darauffolgenden zehn Jahren überlebt sie eine Flut nicht, wenn die Sandbank dadurch umgelagert wird. Computermodelle versachlichen den Dialog Roland Fäh von der ETH Zürich schliesslich stellte die Einsatzmöglichkeiten des Computermodells BASEMENT vor. Dieses

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«Dimensionierungstool» zeigt, wie sich die Aufweitung eines Flusses auf dessen Sohle auswirkt und welche Folgen der Eingriff unter anderem für Wasserpegel und Grundwasserspiegel hat. «Das Modell erlaubt, die verschiedenen Interessen gegeneinander abzuwägen und kann so zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen», sagte Roland Fäh. Europaweit von den Erfahrungen der anderen lernen Die Schweiz steht mit der Debatte um eine Versöhnung von Wasserbau und Ökologie nicht etwa alleine da. Ähnliche Fragen werden zur Zeit in vielen europäischen Ländern diskutiert – und entsprechende Massnahmen mancherorts auch bereits umgesetzt. Ausgelöst hat diese Entwicklung die im Jahr 2000 beschlossene sogenannte EU-Wasserrahmenrichtlinie. Der zweite Teil der Berner Revitalisierungs-Tagung ermöglichte deshalb einen Blick auf die Entwicklung in verschiedenen europäischen Ländern. In Nordschweden zum Beispiel hat man breite Erfahrungen mit dem Rückbau von Flüssen gesammelt, die einst zum Holzflössen kanalisiert worden waren. Roland Jansson von der Universität Umeå hat untersucht, wie sich diese Massnahmen auf Ökologie und Biodiversität auswirken. Seine Resultate zeigen ein gemischtes Bild: So wurde zwar die Rückhaltekapazität der Flüsse erhöht, was sich positiv auf die Entwicklung von Pflanzen auswirkt, die über das Wasser verbreitet werden. Dies wiederum hat ein vergrössertes Nahrungsangebot für im Wasser lebende Tierarten zur Folge, auf die Biodiversität allerdings wirkt sich der Rückbau nicht in jedem Fall positiv aus: «Aus Gründen, die uns noch nicht klar sind, haben die Makro-Wirbellosen nicht auf die Renaturierung reagiert», erklärte Roland Jansson, «ihre Vielfalt hat nicht zugenommen.» Bei den Fischen stieg zwar die Zahl der Arten, manche Fische aber, kamen nicht in die renaturierten Flüsse zurück. Eine mögliche Erklärung sieht Jansson in der Beschränkung der Massnahmen auf relativ kleine Gebiete. Dies reiche offensichtlich nicht aus, damit sich beispielsweise die Bachforelle wieder heimisch fühle. Mathias Jungwirth von der Universität für Bodenkultur in Wien zeigte anhand verschiedener Beispiele aus den vergangen 30 Jahren wie in Österreich Gewässer revitalisiert werden – von lokalen Versuchen in den 1970er-Jahren, bis zu jüngsten, mit Blick auf ganze Flussgebiete realisierten Projekte. Sein optimistisches Fazit: «Eine dynamische Entfaltung der Flüsse ist mög77

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knüpft werden müssen. Kurz: Es darf in Zukunft nicht mehr Hochwasserschutz ohne gleichzeitige ökologische Aufwertung der Fliessgewässer betrieben werden. Flussmodelle im Labor zeigen Lösungen für draussen


Nachrichten Bild 4. Kieseintrag an der Donau/ Wachau/Oesterreich (Bild: Gerald Zauner EZB). lich!» Und zwar auch unter ungünstigen Voraussetzungen. Die Donau zum Beispiel, deren Lauf in Österreich von 13 Kraftwerken und Staustufen unterbrochen wird, führt überhaupt kein Geschiebe mehr mit sich. In einem Projekt im Gebiet Wachau wurden deshalb künstliche Kiesinseln geschaffen, um dem Fluss Dynamik und den Fischen zusätzliche Lebensräume zurückzugeben. Mit Erfolg: Die Population der Nasen-Fische etwa hat sich innert kurzer Zeit erholt. «Nachhaltig ist so etwas natürlich nicht», räumte Mathias Jungwirth ein, «aber ein gangbarer Kompromiss.» Und ein Vorgehen, das in der Bevölkerung auf breite Unterstützung stösst. Aus Freude über die neuen attraktiven Erholungsgebiete titelte zum Beispiel eine Lokalzeitung: «Wachau statt Mittelmeer». Der Revitalisierungs-Pionier Mathias Jungwirth empfahl seinen Schweizer Kollegen denn auch, Projekte bewusst auf den Mehrwert für die Bevölkerung auszurichten. «Wir müssen nicht nur immer an die Pflanzen und Tiere denken, sondern vermehrt auch an die Menschen.» Es gelte, auch den Politikern den Wert von Ökosystemleistungen bewusst zu machen, in dem man aufzeige, wie revitalisierte Flüsse vielfältig genutzt werden können. Und noch etwas machte Mathias Jungwirth klar: «Das Ziel unserer Arbeit ist, den guten ökologischen Zustand unserer Gewässer wiederherzustellen. Doch wir sollten dabei nicht wilde Flüsse in Alaska vor Augen haben, sondern nachhaltige Flusskulturlandschaften hier bei uns in Mitteleuropa.»

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Fachtagung der Kommission Hochwasserschutz (KOHS): «Hochwasserschutz und Revitalisierungen» Von Roger Pfammatter Auch die traditionelle Fachtagung der Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV vom 21. Januar 2011 in Olten widmete sich dem Thema «Hochwasserschutz und Revitalisierungen» vor dem Hintergrund des revidierten Gewässerschutzgesetzes. Die traditionelle KOHS-Fachtagung sollte alle Beteiligten für die neuen Zusammenhänge einstimmen und sensibilisieren. Mehr als 230 Vertreter und Vertreterinnen von Ingenieurbüros, aus der Verwaltung und von Forschungsinstituten nahmen an der Fachtagung 2011 in Olten teil. Gemeinsame Sprache finden Einleitend fasste Olivier Overney, Leiter Hochwasserschutz beim BAFU, die wichtigsten gesetzlichen Neuerungen zusammen. Er unterstrich, dass angesichts des ehrgeizigen Zeitplans Schwerpunkte zu setzen sind: «Die Priorisierung muss sich sowohl auf das aktuelle ökologische Defizit eines Gewässers wie auch auf sein Potenzial abstützen.» Diese Priorisierung von zu sanierenden Gewässerabschnitten ist nun auch eines der nächsten Ziele von Bund und Kantonen. Bei modernen Revitalisierungs- und Hochwasserschutzprojekten soll den Gewässern wieder mehr Raum gegeben werden – Interessenkonflikte zu Siedlung und Landwirtschaft sind damit vorprogrammiert. Es gilt aber auch den in der Bevölkerung vorhandenen Ängsten bezüglich Schmälerung der Hochwassersicherheit Rechnung zu tragen; zum Beispiel durch die Formulierung und Einhaltung von entsprechenden planerischen und technischen Standards. «Das Vordringlichste aber ist», so der Vertreter des BAFU abschliessend, «eine gemeinsame Sprache zwischen Ökologie und Wasserbau bzw. zwischen Revitalisierung und Hochwasserschutz zu finden.» Einen Beitrag zu diesem Dialog lieferten anschliessend die von Wasserbauern und Ökologen präsentierten Projekterfahrungen zu ganz unterschiedlichen Herausforderungen im Spannungsfeld Revitalisierungen und Hochwasserschutz. Punktuelle Eingriffe werden zur Daueraufgabe Den Anfang machte das Projekt «Kander 2050». Das Beispiel der Kander im Berner Oberland zeigt eindrücklich wie vermeintlich punktuelle wasserbauliche Eingriffe zu einer Daueraufgabe für die Gesellschaft werden können. «Der Kanderdurchstich von 1714 ist das einschneidende Ereignis,

das bis heute nachwirkt», meinte einleitend Willy Müller, Leiter des Fischereiinspektorats des Kantons Bern. Die Ableitung der Kander in den Thunersee und die damit verbundene Verkürzung des Flusslaufs führten nämlich zu Rückwärts- und Tiefenerosion, die bis heute relevante morphologische Auswirkungen zeitigen. Die Erosion gefährdet nun die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts errichteten Verbauungen und macht eine wasserbauliche Gesamtsanierung notwendig. Mit dem Projekt «Kander 2050» soll in einem ganzheitlichen Ansatz die Brücke zwischen Wasserbau, Hochwasserschutz und Ökologie geschlagen werden. Nachdem die dazu erarbeiteten Leitbilder vorliegen, kann nun mit den Detailprojekten und der Umsetzung begonnen werden.

Bild 1. Kander unterhalb Schwandi-Ey. Grenzen von Aufwertungen Auf eine wichtige Randbedingung bei Gewässeraufweitungen verwiesen Christian Marti vom AWEL des Kantons Zürich und Michael Kasper von den Stadtwerken Winterthur in ihrem Beitrag zu einem Dynamisierungsprojekt an der Töss. Die Tössschotter sind bekanntermassen ein wichtiges Fassungsgebiet für die Trinkwasserversorgung der Stadt Winterthur. Soll eine Gefährdung der Fassungen durch Tösswasser ausgeschlossen werden, sind den Aufweitungen natürliche Grenzen gesetzt. Aber wo liegen diese Grenzen? Das Projekt, das primär eine Dynamisierung der in diesem Abschnitt monotonen, ökologisch verarmten Töss anstrebt, ist dieser Frage detailliert nachgegangen. «Aufgrund erster Markierversuche mit Baggerschlitzen und direkt mit Tösswasser musste der Projektperimeter wegen zu geringer Verweildauern verkleinert werden», räumte Christian Marti denn auch ein. Durch systematische Versuche und Beprobungen und die Zusammenarbeit mit den Stadtwerken konnte der unproblematische Perimeter aber definiert und die Dynamisierung um-

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Bild 2. Tössabschnitt Mittlere Aue nach erfolgter Aufweitung. gesetzt werden. «Bei einem Miteinander ist ein Nebeneinander von Trinkwasserfassungen und Flussrevitalisierungen möglich», kam Christian Marti zum Schluss. Reif für den Gewässerpreis 2011 Ein ganz anderer Konflikt stellte sich dem Aufwertungsprojekt der Mündung des Ticino. Wie Nicola Patocchi von der Stiftung Bolle di Magadino ausführte, musste eine ganze Hafenanlage diesem Projekt weichen. Durch Dialog und Beharrlichkeit wurde aber eine Lösung gefunden und das Vorhaben gelang. Der federführenden Stiftung und dem Kanton Tessin wird für die Aufwertung des Mündungsbereichs Bolle di Magadino denn auch der Gewässerpreis 2011 verliehen – dieser wird von einer Trägerschaft mit unter anderem dem Schweiz. Wasserwirtschaftsverband alle 2 Jahre für ausserordentliche Leistungen im Bereich von Wasserwirtschaft und Gewässerschutz verliehen. Jedes Gewässer hat sein Gleichgewicht Es sind aber nicht nur die äusseren Randbedingungen, die Gewässeraufwertungen komplex werden lassen. Morphologie, Geschiebehaushalt und die Wechselwirkungen mit dem Abfluss eines Gewässers spielen eine zentrale Rolle bei Flussrevitalisierungen. Hier gilt es das richtige Gleichgewicht zu finden. «Gewässer sind auch im natürlichen Zustand nicht immer mäandrierend oder verzweigt», führte der Flussbauexperte Martin Jäggi aus und verdeutlichte die Aussage gleich mit Beispielen aus der ganzen Welt. «Die entscheidende Grösse für die natürliche Regimebreite ist der dominierende Abfluss». Für kleinere und mittlere Gefälle sind dabei gemäss dem Experten die zwei- bis fünfjährlichen Hochwasser prägend, während bei Gebirgsflüssen zusätzlich die alle 100 Jahre oder noch seltener auftretenden Extremhochwasser für die Morphologie ent-

scheidend sind. Die Regimebreite ist auch massgebend für den Geschiebehaushalt. Diesen Zusammenhang verdeutlichte anschliessend Roni Hunziker vom Büro Hunziker Zarn + Partner am aktuellen Beispiel der dritten Rhone-Korrektion. Die Erfahrungen der ersten beiden Korrektionen hatten nämlich gezeigt, dass die Verengung des Gerinnes nicht den gewünschten Transporteffekt hatte, sondern zu unerwünschten Auflandungen führte. Mittels Simulationen wurde nun untersucht, wie die geplanten Aufweitungen den Geschiebehaushalt beeinflussen. Durch die geringere Wassertiefe wird die Transportkapazität nämlich weiter reduziert. Gemäss den Berechnungen müssten in Zukunft um rund 10% grössere Mengen Geschiebe entnommen werden. «Die Geschiebebewirtschaftung wird in der Rhone allerdings immer notwendig sein», meinte Roni Hunziker, «und damit dürften auch

Bild 4. Die Rhone heute und gemäss Projekt der 3. Korrektion in einer Illustration.

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Bild 3. Neugestaltete Mündung des Ticino – Gewässerpreis 2011.

die zusätzlichen Entnahmen eher akzeptiert werden». Unterschiedliche Ansprüche an Lebensraum Ob eine Revitalisierung auch tatsächlich eine Aufwertung für die Lebewesen wird, ist nicht immer klar. Das veranschaulichten die beiden Ökologen Heinrich Vicentini und Pascal Stucki in ihrem Referat. Die Ansprüche der Lebewesen sind komplex. Der Erfolg hängt nicht nur von der Morphologie ab, sondern von vielen verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel der Temperatur oder der chemischen und biologischen Wasserqualität. Die Ökologen wiesen auch darauf hin, dass Populationen durch gut gemeinte Aufwertungen vor allem während der Bauphase zerstört werden können. Und: dass es mitunter sehr schwierig sein kann, ein Gewässer für Zielarten attraktiv zu machen und gleichzeitig unerwünschte, invasive Arten abzuhalten. «Gut möglich, dass wir in ein paar Jahren wieder Hindernisse in unsere Gewässer einbauen, um invasive Arten an ihrer Verbreitung zu hindern», meinte Pascal Stucki mit einem Augenzwinkern. Kein Projekt ohne Erfolgskontrolle Dass nach der sorgfältigen Vorbereitung und Umsetzung von Aufweitungen nicht nur der ökologische Erfolg, sondern auch das die flussbauliche Erfolgskontrolle nicht vergessen geht, dafür setzten sich Patricia Requena von der Firma Ernst Basler + Partner und Marietta von Pfuhlstein von der VAW ETHZ ein. Gestützt auf detaillierte Untersuchungen der Flaz-Aufweitung bei Samedan und drei weiteren Fallbeispielen


Age nd a

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Sion 17.–19.5.2011 Hydro-Weiterbildungs-Kurs: Hydraulische Maschinen (F) Kursangebot der Fachhochschulen in Zusammenarbeit mit dem SWV, Informationen und Anmeldung: www.weiterbildung-hydro.ch Kanton Uri 19.5.2011 Gewässerpflege in den Voralpen – Teil Sommer, Gemeindekurs für Praktiker und Praktikerinnen PUSCH, Anmeldung und Information: Helen Keller, Tel. 044 267 44 18 helen.keller@umweltschutz.ch Bild 5. Vermeidung erhöhter Trübung bei Arbeiten an Gewässern. an Kander, Emme und Ticino kommen die beiden Wasserbauerinnen zum Schluss, dass die bekannten Erhebungsverfahren teilweise sehr aufwändig und teuer sind. Und sie machen konkrete Vorschläge für Vereinfachungen. «Soll das flussbauliche Monitoring systematisch angewandt werden», so Patricia Requena, «braucht es einfachere Erhebungsverfahren mit wenigen, relevanten Indikatoren.» Balanceakt zwischen Sicherheit und Umwelt Im Schlusswort zur Tagung spannte Andreas Götz, Vizedirektor des BAFU, den Bogen von den ersten eidgenössischen Vorgaben zur Wildbachverbauung von 1916 über die Wegleitung zum Hochwasserschutz von 1982 bis zur heute geltenden Richtlinie von 2001. War vor 100 Jahren noch fast ausschliesslich die Sicherheit im Fokus, kamen in den 80er-Jahren die Umweltaspekte dazu, um wieder 20 Jahre später in einen integralen Ansatz mit zusätzlichem Raumbedarf zu münden. «Die Anforderungen nehmen zu», meinte Andreas Götz abschliessend, «die Balance zwischen Sicherheit und Umwelt ist sehr anspruchsvoll. Die Tagung leistete einen wertvollen Beitrag zur gewünschten Sensibilisierung».

Fribourg 23.5.2011 Wasser und Gewässer ganzheitlich bewirtschaften Einzugsgebietsmanagement als Chance? Fachtagung der Wasser-Agenda 21; weitere Informationen, Ausschreibung und Anmeldung auf Website: www.wa21.ch Bellinzona 26.5.2011 Vorträge und Verleihung Gewässerpreis Schweiz 2011 Information und Anmeldung bei der Trägerschaft des Gewässerpreises: ProNatura, VSA, Verein für Ingenieurbiologie oder SWV. Luzern 1.6.2011 Dams and Reservoirs under Changing Challenges – International Symposium during 79th ICOLD Annual Meeting Swiss Committee on Dams c/o, LCH EPFL; Tel. +41 (0)21 693 23 85, swissdams@stucky.ch www.swissdams.ch Rapperswil 8.–10.6.2011 Hydro-Weiterbildungs-Kurs: Betriebsführung/Instandhaltung (D/F) Kursangebot der Fachhochschulen in Zusammenarbeit mit dem SWV. Informationen und Anmeldung: www.weiterbildung-hydro.ch Sion 8.–10.6.2011 Hydro-Weiterbildungs-Kurs: Informationstechnologie, Leittechnik (D/F) Kursangebot der Fachhochschulen in Zusammenarbeit mit dem SWV. Informationen und Anmeldung: www.weiterbildung-hydro.ch

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Sion 28.–30.6.2011 Hydro-Weiterbildungs-Kurs: Elektrische Hochspannungsnetze (D/F) Kursangebot der Fachhochschulen in Zusammenarbeit mit dem SWV, Informationen und Anmeldung: www.weiterbildung-hydro.ch Sion 11.–15.7.2011 Hydro-Weiterbildungs-Kurs: Einführung in hydroelektrische Anlagen (D/F) Kursangebot der Fachhochschulen in Zusammenarbeit mit dem SWV, Informationen und Anmeldung: www.weiterbildung-hydro.ch Solothurn 1./2.9.2011 Fachtagung Wasserwirtschaft und Hauptversammlung SWV 2011, mit Exkursion SWV, Einladungen und weitere Informationen folgen zu einem späteren Zeitpunkt.

Zürich 5.9.2011 WHH – Wasserbau, Hydraulik, Hydrologie; Festkolloquium zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. W.H. Hager Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), ETH Zürich, CH-8092 Zürich, Tel. +41 44 632 40 91, www.vaw.ethz.ch info@vaw.baug.ethz.ch Sion 6.–8.9.2011 Hydro-Weiterbildungs-Kurs: Elektrische Maschinen (D/F) Kursangebot der Fachhochschulen in Zusammenarbeit mit dem SWV. Informationen und Anmeldung: www.weiterbildung-hydro.ch Sion 12.–16.9.2011 Hydro-Weiterbildungs-Kurs: Einführung in hydroelektrische Analgen (D/F) Kursangebot der Fachhochschulen in Zusammenarbeit mit dem SWV, Informationen und Anmeldung: www.weiterbildung-hydro.ch Trier (D) 15./16.9.2011 Symposium: Wasserkraft für Europa Arbeitsgemeinschaft Alpine Wasserkraft (AGAW); c/o SWV, CH-5400 Baden, Programm und weitere Informationen folgen zu einem späteren Zeitpunkt.

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zum Damm der Göscheneralp. Wir freuen uns auf eine rege Teilnahme der Fachwelt und aller, die an Talsperren interessiert sind. Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung Dr. Georges Darbre, Präsident Carl-Arthur Eder, Sekretär

Andermatt et l’excursion nous conduira à la digue de Göscheneralp. Nous nous réjouissons d’ores et déjà d’accueillir tous ceux qui s’intéressent de près ou de loin aux barrages. Groupe de travail pour l’observation des barrages Dr. Georges Darbre, Président Carl-Arthur Eder, Secrétaire

L ite i te r atur Fachtagung im Rahmen des ICOLD Annual Meeting 2011 in Luzern Internationales Symposium und technische Exkursion von verschiedenen aktuellen Stauanlagenprojekten in der Schweiz Mittwoch/Donnerstag, 1./2. Juni 2011, Die Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung des Schweizerischen Talsperrenkomitees lädt zur Teilnahme an der Fachtagung 2011 nach Luzern ein. Die diesjährige Tagung findet im Rahmen des Jahrestreffens 2011 der Internationalen Kommission für Grosse Talsperren (ICOLD) statt. Die übliche Vortragsveranstaltung des ersten Tages wird durch ein ganztägiges Symposium ersetzt, das im Kultur- und Kongresszentrum Luzern, KKL, stattfindet. Die Themen widmen sich dem Langzeitverhalten von Stauanlagen, wie auch den Einflüssen durch Klimaveränderung und durch Naturgefahren auf die Stauanlagen. Die Beiträge werden auf Englisch vorgetragen und werden simultan auf Deutsch und auf Französisch übersetzt. Am Abend kommen die Teilnehmer in den Genuss eines Sinfoniekonzertes im grossen Konzertsaal des KKL. Die Lucerne Festival Strings werden klassische Werke aus dem 18. Jahrhundert und ein Werk eines bekannten spätromantischen Schweizer Komponisten aufführen. Für die Exkursion des zweiten Tages stehen vier Destinationen zur Auswahl. Die Teilnehmer werden gebeten, bei der Anmeldung ihre erste und zweite Präferenz anzugeben. Zur Wahl stehen die Baustelle des Pumpspeicherwerkes Nant de Drance, das Nordportal des Alptransit Gotthard mit anschliessender Besichtigung der Grimsel Staumauern, die Stauanlagen Göscheneralp und Lucendro in der Zentralschweiz und die Stauanlagen Solis und Marmorera im Bündnerland. Im Juni 2012 wird unsere Fachtagung – wieder im bisherigen Rahmen – in Andermatt stattfinden. Die Exkursion führt uns

JOURNÉES D’ÉTUDE dans le cadre de la Réunion annuelle 2011 de la CIGB à Lucerne Symposium international et visite technique de différents projets actuels d’aménagements hydroélectriques en Suisse Mercredi/jeudi 1er/2 juin 2011 Le groupe de travail pour l’observation des barrages du Comité suisse des barrages vous invite à participer aux journées d’étude 2011 à Lucerne. Celles-ci auront lieu dans le cadre de la Réunion annuelle 2011 de la Commission internationale des grands barrages (CIGB). Les traditionnels exposés du premier jour seront remplacés par un symposium d’une journée entière, qui se tiendra dans le centre de Culture et de Congrès KKL de Lucerne. Les thèmes choisis sont le comportement à long terme des barrages et des réservoirs, l’influence des changements climatiques et les dangers naturels les menaçant. Les exposés seront présentés en anglais et traduits simultanément en allemand et en français. Le soir, les participants sont conviés à un concert symphonique dans la grande salle du KKL. Les Festival Strings de Lucerne joueront des œuvres classiques du 18e siècle ainsi qu’une œuvre d’un compositeur suisse post-romantique connu. Quatre destinations sont à choix pour l’excursion du 2e jour. Les participants sont priés d’indiquer leur première et leur deuxième préférence lors de l’inscription. Les visites suivantes sont prévues: chantier de l’aménagement de pompageturbinage de Nant de Drance, portail nord du nouveau tunnel du Gothard et projet de surélévation des barrages du Grimsel, ouvrages de retenue de Göscheneralp et de Lucendro en Suisse centrale et de Solis et Marmorera dans les Grisons. En juin 2012 nos journées d’étude retrouveront leur cadre traditionnel à

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Hydrometrie – Theorie und Praxis der Abflussmessung in offenen Gerinnen Springer Heidelberg Dordrecht London New York, 2010, ISBN 978-3-642-05389-4 Gerd Morgenschweis

Das Fachbuch Hydrometrie von Gerd Morgenschweis umfasst den derzeitigen Stand der Technik in der Wasserstandsund Durchflussmessung, der Datenerfassung und –fernübertragung, der primärstatistischen Auswertung, dem Aufbau und Unterhalt von Messnetzen sowie der Organisation von hydrologischen Messdiensten. Zurzeit gibt es kein vergleichbares Werk in deutscher Sprache, das diese Themen derart vollständig und kompetent behandelt. Dieses Buch gibt Studierenden, Ingenieuren, Messtechnikern aber auch hydrologisch Interessierten einen hervorragenden Überblick über The-orie und Praxis der Hydrometrie. Gerd Morgenschweis verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Hydrologie als Verantwortlicher beim Ruhrverband für die Steuerung des grössten deutschen Tal81

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Ve r anstaltung IICO CO L D A nnua nnuall Me M e eti ng 2 011 i n Luze r n


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sperrensystems und ist seit 1992 Professor an der Bergischen Universität Wuppertal. Seine Vorlesungsschwerpunkte sind Angewandte Hydrologie und Hydrometrie. Als Organisator des 17. Fortbildungslehrgangs für Hydrologie des früheren DVWK (heute DWA) im Jahre 1992 in Essen und als Mitorganisator des Hydrometrie-Seminars im Jahre 2004 an der TU München war Morgenschweis verantwortlich, dass im deutschsprachigen Raum ein wertvoller und bereichernder fachlicher und wissenschaftlicher Austausch auf dem Gebiet der Hydrometrie stattfand. Das fast 600 Seiten umfassende Werk ist in die folgenden neun Abschnitte aufgeteilt: 1. Aufgaben und Bedeutung der Hydrometrie 2. Grundbegriffe 3. Messung des Wasserstands 4. Messung des Durchflusses 5. Kontinuierliche Erfassung des Durchflusses 6. Datenerfassung und –fernübertragung 7. Primärstatistische Auswertung von Wasserstands- und Durchflussdaten 8. Messnetze zur Durchflussmessung 9. Organisation von hydrologischen Messdiensten In den letzten 20 Jahren fand auf dem Gebiet der Hydrometrie eine rasante Entwicklung statt. Neue Messmethoden und –verfahren (z.B. ADV- und ADCP-Verfahren, elektromagnetische Methode), leistungsfähige Messgeräte (z.B. Acoustic Doppler Current Profiler – Messgeräte) und anwenderfreundliche Auswerteverfahren (z.B. ADCP-Auswerteverfahren AGILA) wurden entwickelt und finden heute in hydrologischen Messdiensten eine verbreitete Anwendung. Gerd Morgenschweis erläutert in verständlicher Weise die Grundlagen der einzelnen Methoden, beschreibt die physikalischen Prinzipien der Geräte und informiert ausführlich über praktische Erfahrungen, die für viele Anwender und Wissenschaftler von grossem Nutzen sind. Der Autor beschreibt die ganze Palette von Messverfahren, Gerätetypen und Auswertemethoden. Damit der Leser den Überblick behalten kann, verfasste Morgenschweis am Ende jedes Kapitels eine zusammenfassende Wertung sowie Kriterien zur Wahl von Geräten, Verfahren und Methoden. Zum besseren Verständnis sind in verschiedenen Kapiteln Berechnungsbeispiele eingearbeitet. Für viele werden auch die Informationen von Firmen und deren Produkten wertvoll sein. Mit den letzten beiden Kapiteln «Messnetze zur Durchflussermittlung» und «Organisa82

tion von hydrologischen Messdiensten» zeigt Morgenschweis, dass für qualitativ hochstehende hydrometrische Daten umfangreiche Analysen, die Optimierung von Arbeiten sowie die Aufrechterhaltung von Kontrollen unentbehrlich sind. Zudem weist der Autor darauf hin, dass seines Erachtens durch Personaleinsparungen, die in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum verbreitet beobachtet werden konnten, eine Abnahme der Datensicherheit und –qualität zu erkennen ist. Hanspeter Hodel Bundesamt für Umwelt BAFU Abteilung Hydrologie, Sektion Hydrometrie, CH-3003 Bern

Neuauflage klassisches Nachschlagewerk Wasserbau

projektierenden Bauingenieur vermittelt das Grundwissen des konstruktiven Wasserbaus im Binnenland. Studierende des Bauwesens führt das Buch in die Grund-lagen des Wasserbaus und der Wasserwirtschaft ein. Die Ausführungen zum Feststofftransport, zur Gewässerbettdynamik und zur Fliessgewässertypologie beschreiben die Entwicklungsdynamik der Fliessgewässer und bilden eine wichtige Grundlage für die aktuellen Ausbaumethoden und Anlagengestaltungen im Flussbau. Dazu gehören natürlich auch die Gestaltungsmöglichkeiten beim Hochwasserschutz. Weitere Kapitel des Buches widmen sich den Bauwerken und Anlagen des technischen Wasserbaus. Dazu gehören die Wehre und Stauanlagen, die Wasserkraftnutzung mit ihren Nebenanlagen, wie Wasserfassungen, Kanäle, Druckleitungen und Speicher. Den Turbinen und Pumpen sind eigene Abschnitte gewidmet. Des Weiteren behandelt das Buch das landwirtschaftliche Wasser und den Verkehrswasserbau.

BAFU – Neue Publikation: Methoden zur Untersuchung und Beurteilung der Fliessgewässer

Im Jahre 1977 haben Professor Dr.-Ing. Dr. h.c. Daniel Vischer und Dr. sc. techn. Andreas Huber den Grundstein für ein Lehrbuch des Wasserbaus gelegt. Der «Vischer/Huber» ist seit seinem Erscheinen immer wieder aktualisiert worden und bis heute in sechs Auflagen aufgelegt worden. Nun erscheint die 7. vollständig und unter neuer Autorenschaft aktualisierte Auflage. Wasserbau – Grundlagen, Gestaltung von wasserbaulichen Bauwerken und Anlagen, Patt, Heinz; Gonsowski, Peter 7., aktuallisierte Auflage, 2011, X, 410 Seiten, 330 Abbildungen, gebunden. Springer Verlag, ISBN: 978-3-642-11962-0 http://www.springer.com/978-3-64211962-0 Das bewährte Nachschlagewerk für den

Makrozoobenthos Stufe F (flächendeckend) – Das Modul-Stufen-Konzept zur Untersuchung und Beurteilung der Fliessgewässer enthält Erhebungsverfahren in drei Intensitätsstufen für die Bereiche Hydrodynamik und Morphologie, Biologie sowie chemische und toxische Effekte. Der vorliegende Bericht beschreibt die Methode auf Stufe F (flächendeckend), mit welcher Fliessgewässer anhand ihrer Be-

«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


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Leitbild Einzugsgebietsmanagement: Anstoss für Wassermanagement im Einzugsgebiet Damit verschiedene Herausforderungen im Umgang mit den Wasserressourcen bewältigt werden können, müssen die Gewässer integral im Einzugsgebiet bewirtschaftet werden. Dies erfordert verstärkt eine Überwindung administrativer Grenzen. Wasser-Agenda 21 – ein Zusammenschluss wichtiger Akteure der Schweizer Wasserwirtschaft – und betroffene Bundesämter haben im Januar 2011 ein Leitbild für die integrale Bewirtschaftung des Wassers im Einzugsgebiet herausgegeben.

Eine moderne Wasserwirtschaft soll sich gemäss Wasser-Agenda 21 (siehe Kasten) an den natürlichen Grenzen des Wassers – am Einzugsgebiet – orientieren. Dort sollen die verschiedenen Interessen und Ansprüche an Gewässer und Wasservorkommen aufeinander abgestimmt werden. Wichtig ist, dass die Schnittstellen zur Land- und Forstwirtschaft, zur Raumplanung sowie zu Natur- und Landschaftsschutz berücksichtigt werden. Das Leitbild Einzugsgebietsmanagement definiert die Grundprinzipien für eine gesamtheitliche Bewirtschaftung der Ressource Wasser. Gemäss Wasser-Agenda 21 sind der Druck auf die Wasserressourcen, die

zunehmenden Interessenkonflikte und die Komplexität der Gewässersysteme eine grosse Herausforderung. Die sektoralen und oft kleinräumigen Strukturen der Wasserwirtschaft stossen an ihre Grenzen. Für einen zukunftsgerichteten Umgang ist eine integrale Bewirtschaftung des Wassers auf der Ebene von Einzugsgebieten, ein so genanntes «Einzugsgebietsmanagement», unverzichtbar. Der im Leitbild skizzierte Ansatz zur sektorenübergreifenden Bewirtschaftung der Wasserressourcen, Gewässer und Wasserinfrastrukturen orientiert sich an langfristigen Zielen und erfolgt in einem kontinuierlichen Zyklus von Planungs-, Umsetzungs- und Überwachungsprozessen. Als Bezugsraum dient das Einzugsgebiet. Dieser Ansatz erlaubt eine effiziente und zielgerichtete Wasserwirtschaft durch regionale Abstimmung, transparente Güterabwägung und klare Prioritätensetzung, die sowohl Schutz- als auch Nutzeninteressen einbezieht. Dies insbesondere dort, wo ein Abstimmungsbedarf zwischen Sektoren und im Einzugsgebiet gegeben ist, was auch eine verstärkte Überwindung administrativer Grenzen bedingt. Das von Wasser-Agenda 21 entwickelte und gemeinsam mit den betroffenen Bundesämtern (BAFU, BFE, BLW, ARE) herausgegebene Leitbild ist breit abgestützt. Die Herausgeber wollen mit dem in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch verfassten Dokument den Anstoss für eine moderne Gewässerbewirtschaftung geben, welche die Schutz- und Nutzungsinteressen gleichermassen einbezieht. Ausserdem erlaubt dieser Ansatz eine optimale Wahrnehmung der neuen Aufgaben im Bereich der Gewässerrenaturierung und Sanierung der Wasserkraft, welche im Bundes-gesetz über den Gewässerschutz verankert sind und am 1. Januar 2011 in Kraft getreten sind. Weitere Informationen: Stefan Vollenweider, Geschäftsführer Wasser-Agenda 21 Hugo Aschwanden, Abteilung Wasser, BAFU Download und Bezug der Publikation: www.bafu.admin.ch/wasser http://www.wa21.ch/ Tagung «Einzugsgebietsmanagement» am 23. Mai 2011 in Fribourg Das Erscheinen des Leitbildes wird zum Anlass genommen, eine Fachtagung «Einzugsgebietsmanagement – vom Leitbild zur Umsetzung» zu organisieren. An der Fachtagung werden die Grundsätze des

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Wasser-Agenda 21 Wasser-Agenda 21 ist ein Zusammenschluss wichtiger Akteure der schweizerischen Wasserwirtschaft. Wasser-Agenda 21 setzt sich für eine Wasserwirtschaft ein, die sich an den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung orientiert. Die Mitglieder des Netzwerks sind: • Bundesamt für Umwelt (BAFU) • Bundesamt für Energie (BFE) • Konferenz der Vorsteher der Umweltschutzämter der Schweiz (KVU) • Wasserforschungs-Institut des ETHBereichs (Eawag) • Pro Natura • Schweizerischer Verein des Gas- und Wasserfachs (SVGW) • Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband (SWV) • Stiftung Praktischer Umweltschutz Schweiz (PUSCH) • Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) • WWF Schweiz

Einzugsgebietsmanagements vorgestellt, es wird dessen Zusammenhang mit den Aufgaben aus dem revidierten Gewässerschutzgesetz aus unterschiedlicher Perspektive (Kanton, Wasserkraft, NGO) aufgezeigt und kantonale Fachleute werden verschiedene Praxisbeispiele präsentieren. (Details zu Programm und Anmeldung unter www.wa21.ch).

Die Themen der deutschen «Wasserwirtschaft» 1/2–5-2011 •

Der Merowe-Staudamm und dessen Wasserkraftwerk im Sudan Egon Failer, Mohamed Hassan El-Hadari, Mutaz Musa Abdalla Salim Hydrologie, Sedimentation und Stauraumbewirtschaftung des MeroweProjektes Jens Mödinger, Christoph Grass, Abdelrahman Saghayroon Elzein Besondere logistische Herausforderungen beim Bau des Merowe-Staudammes Rudolf Ross, Ahmed El Tayeb, Thomas Richter Grundlegende Aspekte für den Entwurf des Krafthauses und der Hochwasserentlastungsanlage des Merowe-Staudammes 83

Nachrichten

siedlung mit wirbellosen Kleinlebewesen am Gewässergrund (Makrozoobenthos) beurteilt werden können. Ziel ist die grobe Bestimmung des biologischen Gewässerzustandes der Fliessgewässer eines grösseren Gebietes.


Nachrichten

Jens-Uwe Wiesemann, Jörg Weber, Bahaeldeen A. Zaid Entwurf und Ausführung der Steinschüttdämme und der Schlitzwand des Merowe-Projektes Thomas Ehrhardt, Yannick Scheid, Ahmed El Tayeb Koordination und Durchführung der zeitgleichen Inbetriebnahme der 1400-MVA-Wasserkraftanlage Merowe und des 500-kV-Höchstspannungsnetzes Ralf Bucher, Heinz Meschitz Betrieb und Wartung der Wasserkraftanlage Merowe Martin Brown, Yannick Scheid, Jens Mödinger Impulswellen infolge Lawineneinstoss in den Speicher Kühtai Helge Fuchs, Michael Pfister, Robert Boes, Sebastian Perzlmaier, Robert Reindl Eutrophierungserscheinungen als Ursache von Defiziten des ökologischen Zustands von Mittelgebirgsfliessgewässern? Wilfried Scharf Analyse von Fliessgeschwindigkeiten und Abflusstiefen auf verschiedenen Typen von Blockrampen Markus Studer, Anton Schleiss Aktuelle Entwicklungen bei der Errichtung organismenpassierbarer Querbauwerke – Gewässerökologie und Hydraulik Melanie Ullmann

«Wasserwirtschaft» 4-2011 •

«Wasserwirtschaft» 3-2011 •

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Akzeptanz und Umsetzung der EGHochwasserrisikomanagement-Richtlinie in der Wasserwirtschaftsverwaltung Marc Daniel Heintz, Jürgen Pohl Modellierung historischer Abflussverhältnisse für die Hochwasserprognose, Grundlagen der Gewässermorphologie – immer noch ein Stiefkind der Wasserwirtschaft? Franziska Kirsch, Reinhard Pohl Ein praktisches Berechnungsverfahren zur Regulierung von Dränsystemen durch Kulturstaue Wolfgang Range, Isidor Storchenegger, Barbara Bohne, Peter Widmoser Grosse Laufwasserkraftwerke im Einzugsgebiet der Elbe Udo Rindelhardt Mit dem Wasser im Kleinen Aralsee kehrt Leben zurück Gundula Klämt

Konzepte für eine nachhaltige Gewässerentwicklung in Russland Rolf Krohmer, Franz Nestmann Hydrologische Untersuchungen zur Abflussmodellierung im Moskva-Einzugsgebiet Martin Helms, Oleg Evdakov, Olga Kiseleva, Jürgen Ihringer Anwendungsorientierte Strömungssimulation im Wolgaeinzugsgebiet – Rahmenbedingungen, Methoden und Perspektiven Dennis Harlacher, Rebekka Czerny, Clemens Stelzer, Mark Musall, Peter Oberle, Franz Nestmann Gewässerentwicklung in Moskau – Erfahrungen Frauke König, Elvira Nafikova, Boris Lehmann, Franz Nestmann Stoffeinträge in die Gewässer aus urbanen Räumen in Russland und Deutschland Ramona Wander, Tatyana Rogozina Stephan Fuchs Bauwerksertüchtigung im Wasserbau – technisch-wissenschaftliche Grundlagen und Praxisanwendung Harald S. Müller, Vladislav Kvitsel, Michael Vogel, Zorana Djuric, Martin Günter, Eugen Kleen Analyse des Einflusses von Absperrarmaturen auf die Versorgungssicherheit von Wasserverteilungsnetzen Philipp Klingel, Egbert Gross, Christine Laures, Rolf Krohmer, Franz Nestmann

«Wasserwirtschaft» 5-2011 •

Das Bodenseeufer: Zustand, Bewertung und Renaturierung Petra Teiber-Siessegger Vereinfachter Ansatz zur Berechnung des unvollkommenen Überfalls über Wehre Stefan Heimann, Robert Teichmann Sicherheit beim Betrieb von Wasserkraftwerken Reinhard Lux Kleinstwasserkraft zur elektrischenVersorgung eines Dorfes im Regenwald Ecuadors Andreas Zeiselmair, Alexandra Konz, Christoph Rapp Nutzen einer Risikostudie für Einzugsgebiete von Trinkwassertalsperren Ute Rössner, Nadine Lennartz, Christoph Sailer, Paul M. Kirch, Walter Dautzenberg

Amplitudengang des Verzögerungsglieds 1. Ordnung als Modell für den Scheitelabfluss von Hochwasser Friedrich Ernst Fahlbusch

I ndustr ie iemit mit te iilungen lunge n Der Alleskönner zu Wasser und zu Land Die Maschine Dino «Watermaster Classic III», ist ein Alleskönner im Wasserbau, für Baggerarbeiten mit Tieflöffel oder als Saugbagger und Rammgerät. Eine gut erfahrene Dienstleistungsfirma für individuelle Lösungen und effiziente Abläufe im Wasserbau und in der Gewässersanierung hat das Potenzial dieses Arbeitsgerätes erkannt, das viele Anwendungen in einer Maschine vereint. Das Gerät inklusive Zubehör wird ab sofort in Miete zur Verfügung gestellt. Dino ist vielseitig einsetzbar, so bei Gewässersanierungen, Saugbaggerarbeiten, im Hafenbau und Kanalverbau oder für das Rammen von Pfählen und Spundwänden vom Wasser aus. Das Gerät zeigt sich höchst beweglich und kommt an noch so schwer erreichbare Uferzonen und bewachsene Flachwassergebiete heran. Alle Randzonen können sowohl von der Wasser- als auch der Uferseite bearbeitet werden. Gewässersanierungen Dino saugt das Material aus dem Wasser, während mit dem Schneider gleichzeitig feste Stoffe zerschnitten oder mit einer Separatorenschaufel getrennt werden. Das geförderte Material wird mittels Transportleitung in die Entwässerung oder in die Aufbereitungsstelle gepumpt. Dabei stehen für die Schlammentwässerung drei verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl: • Auflandebecken • Entwässerungsschläuche • Schlammaufbereitung bis zum stichfesten Zustand Die Ausrüstung und weitere Anbaugeräte Die Maschine Dino «Watermaster Classic III» kann je nach Anforderung zusätzlich ausgerüstet werden. So mit Tieflöffel, Zweischalengreifer, Schneidkopf, einem Rechen mit Seperatorenschaufel zum Trennen von Grüngut, Abfall und anderen Feststoffen. Weiter lässt sich für das Rammen ein Pfahlgreifer oder eine Pfahlramme Typ Movax SP 30 anbauen. Weitere Einsatzgebiete Zu Wasser und zu Land verrichtet der Al-

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Polyvalence maximale sur l’eau et sur la terre ferme Le Dino «Watermaster Classic III» est une drague aspirante multifonctionnelle pour les travaux hydrauliques en tous genres, les travaux d’excavation avec godet ou par aspiration ainsi que pour le pilotage de pieux. Une entreprise de prestations de services disposant d’une vaste expérience des solutions individuelles et du déroulement efficace des travaux aquatiques ainsi que de l’assainissement et du nettoyage de cours d’eau et de plans d’eau a compris le potentiel de cet engin de travail. Ce dernier ffre la particularité de regrouper dans une même machine un grand nombre d’applications. L’engin et ses accessoires sont dorénavant disponibles en vue de la location. Le Dino est une drague aspirante multifonctionnelle pouvant servir pour lassainissement et le nettoyage de cours d’eau et de plans d’eau, pour des travaux d’aspiration, pour les constructions portuaires et pour les canaux, de même que pour piloter des pieux et battre des palplanches à partir des surfaces aquatiques. Cet engin se caractérise par une extrême mobilité et peut se rendre sur les espaces les plus difficilement atteignables des rives, même boisées. Les travaux peuvent être exécutés sur ces dernières aussi bien à partir de l’eau que de la terre ferme. Assainissement et nettoyage de cours d’eau et de plans d’eau Dino aspire les matériaux dans l’eau; de plus, les éléments solides sont coupés par la cisaille ou triés par la pelle séparatrice. Les matériaux ainsi retirés sont pompés à travers une conduite jusqu’à un emplacement où l’eau pourra s’écouler et où le tout sera traité.

Il y a trois possibilités de traitement des boues pour les déshydrater: • Bassin de décantation • Déshydratation des matériaux et boues au moyen des tubes avec floculation • Assèchement de la boue Equipement et autres outils de travail Selon le besoin, l’engin Dino «Watermaster Classic III» peut être équipé avec des outils supplémentaires. Ce sont, par exemple, une pelle pour travail en profondeur, un bras préhenseur à deux godets, une cisaille ainsi qu’un râteau pour la séparation des déchets verts, des déchets en général et d’autres substances solides. Il est par ailleurs possible de l’équiper d’un grappin pour pieux et d’un marteau de pilotage du type Movax SP 30.

Autres possibilités d’utilisation Que ce soit sur l’eau ou sur la terre ferme, l’engin multifonctionnel Dino permet d’effectuer les travaux les plus divers tels que excaver au moyen de la pelle ou de la drague aspirante, piloter des pieux, poser des renforcements en pierre, éliminer de la végétation, nettoyer la surface de plans d’eau au moyen du râteau, etc. L’engin et ses accessoires peuvent être loués au mois. Renseignements supplémentaires et conseils: E. + Th. Schelker Conseils techniques, Rte de Berne 30, CH-3280 Morat, Tél. +41 26 672 96 63 Mobile +41 79 439 50 70 www.schelker.ch, eth@schelker.ch

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Nachrichten

leskönner Dino vielseitigste Arbeiten wie Baggern, Saugbaggern, Rammen, Verlegen von Steinvorsätzen, Entfernen von Bewuchs, Säuberungen von Wasserflächen mit Rechen und vieles mehr. Die Anlage inklusive Zubehör steht in Monatsmiete zur Verfügung.


Nachrichten

Was dem Deich seine Schafe... mmi. An den Küsten werden Dämme und Deiche gepflegt und gehegt, damit sie im Notfall vor Hochwasser schützen. Schafe tragen dazu bei, indem sie die wichtige Grasnarbe der Deiche «pflegen». Die un-

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tenstehenden Bilder zeigen die Staumauer «Diga del Cingino» im Valle Antrona, Italien – unweit der Schweizer Grenze, die von einer anderen Sorte Vierbeiner «begangen» werden, was in der Tat «schräg» anmutet.

Natürlich «pflegen» die Steinböcke die nahezu senkrechte Luftseite der Staumauer nicht, sondern sie sind auf der Suche nach Mineralien, die sie durch Lecken der Steine und Fugen aufnehmen.

«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden


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Schweizerische Fachzeitschrift für Wasserrecht, Wasserbau, Wasserkraftnutzung, Gewässerschutz, Wasserversorgung, Bewässerung und Entwässerung, Seenregulierung, Hochwasserschutz, Binnenschifffahrt, Energiewirtschaft, Lufthygiene. Revue suisse spécialisée traitant de la législation sur l’utilisation des eaux, des constructions hydrauliques, de la mise en valeur des forces hydrauliques, de la protection des eaux, de l’irrigation et du drainage, de la régularisation de lacs, des corrections de cours d’eau et des endiguements de torrents, de la navigation intérieure, de l’économie énergétique et de l’hygiène de l’air. Gegründet 1908. Vor 1976 «Wasser- und Energiewirtschaft», avant 1976 «Cours d’eau et énergie» Redaktion: Roger Pfammatter (Pfa), Direktor des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes Layout, Redaktionssekretariat und Anzeigenberatung: Manuel Minder (mmi) ISSN 0377-905X Verlag und Administration: Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband, Rütistrasse 3a, CH-5401 Baden, Telefon 056 222 50 69, Telefax 056 221 10 83, http://www.swv.ch, info@swv.ch, E-Mail: r.pfammatter@swv.ch, m.minder@swv.ch, Postcheckkonto Zürich: 80-32217-0, «Wasser Energie Luft», Mehrwertsteuer-Nr.: 351 932 Inseratenverwaltung: Manuel Minder · Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband (SWV) Rütistrasse 3a · 5401 Baden · Telefon 056 222 50 69 · Fax 056 221 10 83 · E-mail: m.minder@swv.ch Druck: buag Grafisches Unternehmen AG, Täfernstrasse 14, 5405 Baden-Dättwil, Telefon 056 484 54 54, Fax 056 493 05 28 «Wasser Energie Luft» ist offizielles Organ des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) und seiner Gruppen: Associazione Ticinese di Economia delle Acque, Verband Aare-Rheinwerke, Rheinverband und des Schweizerischen Talsperrenkomitees. Jahresabonnement CHF 120.– (zuzüglich 2,4% MWST), für das Ausland CHF 140.–, Erscheinungsweise 4 × pro Jahr im März, Juni, September und Dezember Einzelpreis Heft, CHF 30.–, zuzüglich Porto und 2,4% MWST

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Niederlassung Tessin Casella postale 29, CH-6596 Gordola Tel. +41 (0)91 730 92 30 Fax +41 (0)91 730 92 31 Niederlassung Yverdon rue Galilée 15, CH-1400 Yverdon-les-Bains Tel. +41 (0)21 425 77 40/41/42 Fax. +41 (0)21 425 77 43

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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 1, CH-5401 Baden

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Wasserkraftwerk Alpbach

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