Wasser Energie Luft 1/2018

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Schwemmholzrechen für den Hochwasserschutz Sihltal/Zürich (Bild: zVg.)

15. März 2018

· Courants de turbidité · Schwemmholzrechen für den Hochwasserschutz · Murgangsimulationen · Unwetterschäden 2017


Bestellen Sie unsere Verbandsschriften direkt unter: www.swv.ch Der Verband Aare-Rheinwerke 1915 bis 2015 – Rückblick auf ein Jahrhundert Wasserwirtschaft

Verbandsschrift 69 Herausgegeben vom Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband zum 100-jährigen Bestehen des Verbandes Aare-Rheinwerke (VAR)

«100 Jahre VAR 1915–2015»

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VS: Nr. 69, Der Verband Aare-Rhein-

VS: Nr. 68, Symposium CIPC KOHS

VS: Nr. 67, Der Schweizerische Was-

VS: Nr. 66, Die Engadiner Kraftwerke

werke 1915 bis 2015 – Rückblick auf

2014, Anton Schleiss, Jürg Speerli,

serwirtschaftsverband 1910– 2010,

– Natur und Technik in einer aufstre-

ein Jahrhundert Wasserwirtschaft,

Roger Pfammatter (Eds.), 2014, 214

ein Portrait, von Walter Hauenstein,

benden Region, von Robert Meier,

von Hans Bodenmann und Roger

Seiten, Format A4, ISBN 978-1-138-

2010, 156 S. Format 17 × 24 mm,

2003, 207 S., Format 28.5 × 20.5 cm,

Pfammatter, ISBN 978-3-033-05079-

02676-6, CHF 50.–.

ISBN 978-3 85545-155-5, CHF 40.–.

ISBN 3-85545-129-X, CHF 60.–.

VS: Nr. 65, Wasserkraft – die erneu-

VS: Nr. 64, Ökologische (Teil A) und

VS: Nr. 63, Wasserbauer und Hyd-

VS: Nr. 62, Uferschutz und Raumbe-

erbare Energie, Beiträge des inter-

technisch/ökonomische Qualitäten

rauliker der Schweiz, Kurzbiografien

darf von Fliessgewässern/Protection

nationalen Symposiums vom 18./19.

der Wasserkraft, ecoconcept, Zürich

ausgewählter Persönlichkeiten, 2001,

des rives et espace vital nécessaire

Okt. 2001 in Chur, CHF 30.–.

und Schnyder Ingenieure AG, Otten-

von Daniel L. Vischer, CHF 50.–.

aux cours d’eau, 2001, Vorträge in

2, CHF 25.–.

bach, CHF 40.–.

Biel, CHF 40.–.

VS: Nr. 60, Externe Effekte der

VS: Nr. 59, Geschiebetransport und

VS: Nr. 57, Betrieb und Wartung von

VS: Nr. 54, Directives pour l’exploi-

Wasserkraftnutzung/Effets externe

Hochwasser/Charriage et crues,

Wasserkraftwerken, 1998, Bernard

tation et la maintenance des grou-

de l’exploitation des forces hydrauli-

Vorträge in Biel, 1998, CHF 50.–.

Comte, CHF 120.–.

pes hydroélectriques, 1995, Bernard

ques, 1999, CHF 50.–.

II

Comte, CHF 98.–.

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Editorial Die Kunst des Wasserbaus

N

Roger Pfammatter Geschäftsführer SWV, Directeur ASAE

ein, die auf der Titelseite abgebildeten Stahlprofile sind nicht das Nachfolgeprojekt des Zürcher «Hafenkrans», der vor nunmehr drei Jahren als temporäre Kunst im öffentlichen Raum eine lokale Kontroverse ausgelöst und schweizweit kulturelle Berühmtheit erlangt hatte. Diese Stahlstäbe sind Teil des neuen Schwemmholzrechens an der Sihl und sollen – sozusagen als ständige Kunst des Wasserbaus – einen Beitrag an die Hochwassersicherheit der grössten Schweizer Stadt leisten. Im Gebiet der Stadt Zürich kommt die Hochwassergefahr nämlich primär von der Sihl. Grosse Teile der ständig gewachsenen Stadt liegen auf dem Schwemmkegel des wilden Flusses und somit in einem natürlichen Überschwemmungsgebiet. Das Etzel-Pumpspeicherkraftwerk mit dem flächenmässig grössten Stausee der Schweiz trägt zwar massgeblich zur Dämpfung der Hochwasserspitzen bei. Grosse und sehr seltene Hochwasser können aber auch im Sihlsee nicht genügend zurückgehalten werden und gefährden dicht besiedeltes Stadtgebiet mit

kritischer Infrastruktur. Das Überflutungsgebiet weist auf engstem Raum eines der grössten Hochwasserrisiken der Schweiz auf – vergleichbar nur mit den Talböden des Alpenrheins und der Rhone. Ein wesentlicher Risikofaktor ist dabei das von der Sihl mitgeführte Schwemmholz und dessen Rückhalt zentraler Bestandteil eines umfassenden Hochwasserschutzprojektes, das die Behörden nach den Hochwasserereignissen des Jahres 2005 angestossen haben. Der Schwemmholzrechen soll die Gefahr von Verklausungen bei Durchlässen und Brücken reduzieren. Die wasserbauliche Kunst besteht darin, das Bauwerk am richtigen Standort so zu gestalten, dass es wirksam Schwemmholz zurückhält, ohne selbst ein Hindernis zu sein. Die Wahl fiel auf einen Parallelrechen, der in umfangreichen Untersuchungen konzipiert und mittels hydraulischen Modellversuchen getestet und optimiert wurde (vgl. dazu die beiden Fachbeiträge ab Seite 25). Möge die Dimensionierung gelungen sein! Dann sind die rostigen Stäbe das sichtbare Zeichen dieser Kunst des Wasserbaus.

Art de la construction hydraulique

N

on, les profils en acier sur la page de couverture ne sont pas le projet succédant à la «grue portuaire» de Zurich, qui a suscité voici trois ans une controverse locale sur l’art temporaire dans un espace ouvert et a acquis une notoriété culturelle dans toute la Suisse. Ces barres d’acier font partie de la nouvelle grille pour bois flottant sur la Sihl et devraient – pour ainsi dire comme art durable de la construction hydraulique – contribuer à la sécurité contre les crues de la plus grande ville suisse. Sur le territoire de la ville de Zurich, le danger lié aux crues vient principalement de la Sihl. De grandes parties de la ville en croissance constante se trouvent sur le cône alluvial du cours d’eau impétueux. La centrale de pompage-turbinage d’Etzel avec le plus grand lac de barrage en surface de Suisse, contribue certes pour beaucoup à l’atténuation des pics de crue. Cependant, des crues rarissimes peuvent aussi ne pas être suffisamment retenues dans le Sihlsee et mettre en danger des zones urbaines de forte densité et do-

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

tées d’infrastructures essentielles. La zone inondable présente l’un des risques d’inondation les plus importants de Suisse – comparable uniquement aux pieds des vallées du Rhin alpin et du Rhône. Un facteur de risque important sont les bois flottants transportés par la Sihl. Leur rétention est un élément central d’un vaste projet de protection contre les crues, initié par les autorités suite aux inondations de 2005. La grille pour bois flottant devrait réduire le risque d’embâcle au niveau des passages et des ponts. L’art de la construction hydraulique consiste à aménager un ouvrage au bon emplacement afin qu’il puisse retenir efficacement les bois flottants sans être lui-même un obstacle. Le choix s’est porté sur une grille parallèle, ouvrage qui a fait l’objet d’importantes recherches et qui a été testé et optimisé par des modélisations hydrauliques (cf. les deux contributions techniques dès la page 25). Que le dimensionnement soit réussi! Alors, les barres rouillées seront le symbole visible de cet art de la construction hydraulique.

III


Inhalt

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Wasserkraft-Investments für institutonelle Investoren Jan Erik Schulien, Angel Márquez

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Le transit des courants de turbidité, une technique pour réduire l’alluvionnement des réservoirs de barrages Sabine Chamoun, Giovanni De Cesare, Anton Schleiss 8

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Réchauffement climatique et transition énergétique: Quelles conséquences pour la production hydroélectrique suisse? Michel Bonvin, Philippe Jacquod

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Lebensraum Gewässer – Sedimentdynamik und Vernetzung David Vetsch, Jessica Allen, Anna Belser, Robert Boes, Jakob Brodersen, Sabine Fink, Mario Franca, Carmelo Juez, Olga Nadyeina, Christopher T. Robinson, Christoph Scheidegger, Anton Schleiss, Annunziato Siviglia, Christine Weber, Volker Weitbrecht

25 25

Schwemmholzrechen für den Hochwasserschutz im unteren Sihltal Heinz Hochstrasser, Lukas Schmocker, Max Bösch, Matthias Oplatka

33 33

Hochwasserschutz Zürich – Drei Fragestellungen – Drei Modellversuche Florian Hinkelammert-Zens, Martin Detert, Lukas Schmocker, Volker Weitbrecht, Robert Boes

19

25 43

Vergleich dreier numerischer Simulationsmodelle für Murgänge: Anwendung auf Wildbachkegel im Kanton Wallis Mélanie Raymond Pralong, Dieter Rickenmann, Thomas Schneider

33

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Inhalt

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Instationäre Wellen an mit Querschwellen verbauten Gebirgsbächen Eva Gerke, Benjamin Hohermuth, Volker Weitbrecht

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Regionaler Hochwasserschutz Bünztal Silvio Moser, Jörn Heilig, André Seippel

59

Unwetterschäden in der Schweiz im Jahre 2017 – Rutschungen, Murgänge, Hochwasser und Sturzereignisse Norina Andres, Alexandre Badoux

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Nachrichten Politik Wasserkraftnutzung Veranstaltungen Agenda Literatur Industriemitteilungen

75 75 75 76 77 78 81

Stellenangebot

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Branchen-Adressen

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Impressum

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Wasserkraft-Investments für institutionelle Investoren Jan Erik Schulien, Angel Márquez

Zusammenfassung Infrastruktur-Investments haben sich in den Portfolios institutioneller Investoren in den vergangenen Jahren zunehmend als fester Bestandteil etabliert. Erneuerbare Energien spielen dabei eine zentrale Rolle. Bislang ist Wasserkraft weiterhin unterrepräsentiert, eignet sich im Portfolio aufgrund der technischen und meteorologischen Komplementarität zu Photovoltaik und Windenergie aber hervorragend zur Diversifikation.

1. Einleitung Das aktuelle Kapitalmarktumfeld stellt langfristig orientierte Anleger mit definierten Verbindlichkeiten vor substanzielle Herausforderungen: Als sicher geltende Staatsanleihen weisen real und zum Teil sogar nominal negative Zinsen auf, Unternehmensanleihen erstklassiger Bonität rentieren kaum höher. Zugleich liegen die Bewertungsniveaus der wichtigsten Aktienmärkte am oberen Ende der historischen Bandbreite und auch Core-Immobilien werden inzwischen zu historisch niedrigen Renditen gehandelt. Doch das Aussitzen der aktuellen Phase ist angesichts der fortlaufenden Zahlungsverpflichtungen und Notwendigkeit von Ertragsgenerierungen nur eine kurzfristige Alternative. Da das RenditeRisiko-Profil von Sachwerten dem von Aktien und Obligationen im Mittel der kommenden zehn Jahre vermutlich deutlich überlegen sein wird, werden Kapitalströme zunehmend in Cashflow-stabile Infrastruktur-Investments gelenkt. Prognosen von Aquila Capital auf der Basis historischer Daten zeigen, dass sich die Portfoliozusammensetzungen entlang der Effizienzlinie gravierend gegenüber denen der letzten 30 Jahren ändern werden und eine steigende Sachwert-Allokation in gemischten Portfolios das Chance-RisikoVerhältnis für die kommende Dekade deutlich verbessern wird.

Erneuerbare Energien spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie haben sich in der Sachwert-Allokation institutioneller Investoren in den vergangenen Jahren zunehmend etabliert. Das gilt insbesondere für Photovoltaik- und Windenergie-Investments, die mittlerweile als fester Portfoliobestandteil gelten können. Hingegen ist Wasserkraft, obschon sie eine der ältesten Energiequellen ist, bislang unterrepräsentiert. Dies ist umso bemerkenswerter, da über 71 Prozent der erneuerbaren Stromerzeugung und 16 Prozent der gesamten globalen Stromerzeugung aus Wasserkraft stammen. Das liegt daran, dass das Investitionsobjekt Wasserkraft aus Investorensicht schwerer zugänglich ist. Mehrere Gründe spielen hierfür eine Rolle: So erfordert Wasserkraft teilweise deutlich höhere Anfangsinvestitionen pro Leistungseinheit und ist weniger skalierbar als Windenergie- oder Photovoltaikanlagen. Zudem ist das notwendige technische Know-how anspruchsvoller, da der Erfolg eines Kraftwerks nicht nur von den technischen und baulichen Komponenten, sondern auch vom aktiven Management des Wasserkraftwerks und häufig von der Verhandlung von Stromabnahmeverträgen abhängt. Auch Standortkenntnisse, vor allem hinsichtlich der hydrologischen Gegebenheiten, spielen eine wichtige Rolle für ein erfolgreiches Investment. Die grösste Anfangshürde für Investitionen ist

jedoch die Tatsache, dass der Zugang zu Investitionsmöglichkeiten deutlich aufwendiger ist als bei den meisten anderen Technologien aus dem Bereich der erneuerbaren Energien und dass vor allem in OECD-Ländern die Standorte meist in der Hand der klassischen Stromversorger sind, für die sie häufig – aufgrund der langen Lebensdauer und Unabhängigkeit von Brennstoffpreisen – solide Cashflows sind. Dabei ist eine Ergänzung um Wasserkraft im Portfolio aus mehreren Gründen sinnvoll. Aufgrund der meteorologischen und technischen Komplementarität zu Photovoltaik und Windenergie eignet sie sich hervorragend zur Diversifikation. Hinzu kommt das attraktive Auszahlungsprofil zur Gegenüberstellung bei langfristigen Verbindlichkeiten. Auch die Tatsache, dass Wasserkraft auch subventionsfrei wirtschaftlich betrieben werden kann, ist ein grosser Pluspunkt dieser Technologie. Diese Vorteile rechtfertigen in den Augen vieler Anleger den Mehraufwand und führen im Ergebnis zu einer steigenden Nachfrage nach Wasserkraft-Investments. Die nachfolgende Tabelle vergleicht die Eigenschaften der unterschiedlichen Erneuerbare-Energien-Investments. 2.

Ideale Ergänzung der Erneuerbare-Energien-Investments Wie die untenstehende Grafik verdeutlicht, zeichnet sich Wasserkraft durch ihre

Tabelle 1. Gegenüberstellung erneuerbarer Energiesysteme. «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

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grosse Konstanz sowie eine geringe Korrelation zu den Assetklassen Windenergie und Photovoltaik aus; der Korrelationskoeffizient der Erzeugung liegt typischerweise bei unter 0.3. Wasserkraft bietet den Vorteil sowohl einer geringeren Produktionsabhängigkeit von Tages- als auch von Jahreszeiten und ergänzt damit Photovoltaik- und Windkraft-Investments ideal. Entsprechend ergeben sich bei Kombination der drei dargestellten Assetklassen deutliche Diversifikationsvorteile. Die Technische Universität Wien hat die Vorteile eines kombinierten Portfolios 2011 in einer Studie quantifiziert: 1 Bei gegebenen Erträgen verringert sich die durchschnittliche Volatilität des Portfolios. Es lassen sich also deutliche Stabilisierungseffekte auf Portfolioebene durch Streuung über Assetklassen und auch über Regionen hinweg erzielen – selbst im flächenmässig relativ kleinen untersuchten Land Österreich. Von diesem komplementären Charakter können Investoren in einem diversifizierten Portfolio profitieren. Wie auch bei Windenergie- und Photovoltaikanlagen nimmt darüber hinaus die Schwankung grundsätzlich ab, wenn nicht einzelne Anlagen, sondern ein ganzes Portfolio analysiert wird. Dies gilt insbesondere im Vergleich zur Windenergie, da diese eine besonders grosse Abhängigkeit vom Mikrostandort zeigt. Photovoltaik hingegen weist strukturell eine deutlich höhere Schwankung über Tageszeiten hinweg auf. Im Ergebnis unterscheiden sich die Erzeugungsprofile der drei Arten erneuerbarer Energien deutlich voneinander – was eine Portfoliozusammenstellung umso attraktiver macht. Wasserkraftanlagen verhalten sich zu anderen erneuerbaren Energien auch in einer weiteren Hinsicht komplementär. Denn sie arbeiten in der Regel ohne staatliche Subventionen oder Umlagen wirtschaftlich selbsttragend. Der aus Wasserkraft erzeugte Strom wird meist am freien Elektrizitätsmarkt zu aktuellen Preisen verkauft. Damit ist Wasserkraft kaum politischen oder regulatorischen Risiken ausgesetzt, im Gegensatz zu anderen Energiequellen, die im Hinblick auf ihre Rentabilität auf staatlich garantierte, fixe Einspeisevergütungen angewiesen sind. Allerdings sind Investoren dadurch einem Marktpreisrisiko ausgesetzt, und

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die Einnahmen werden langfristig mit der Inflation korrelieren. Länder wie Norwegen, in denen die Wasserkraft im Strommix dominant ist, haben freilich ein geringeres Risiko, da die Strompreise negativ mit den Niederschlagsmengen und folglich der Wasserkraftproduktionsmenge korrelieren. Generell ist der Fremdfinanzierungsanteil bei Wasserkraftwerken dennoch häufig geringer als bei Photovoltaik- oder Windenergie-Investments. Gleichsam kann es dennoch auch bei Wasserkraft ratsam sein, für einen kraftwerksspezifisch zu berechnenden Anteil der Erzeugung preissichernde Stromabnahmeverträge abzuschliessen, um das Risiko-RenditeOptimum zu erreichen. 3.

Erfolgreich investieren am richtigen Standort Die bevorzugten Investitionsobjekte von Finanzinvestoren sind Laufwasserkraftwerke. Kleine Kraftwerke mit einem Investitionsvolumen von unter zehn Millionen Euro eignen sich gut für den Aufbau diversifizierter Portfolios. Für Finanzinvestoren sind diese vor allem interessant, wenn sie Bestandteil eines Paketverkaufs sind, sodass sich notwendige Investitionsnebenkosten relativieren. Bei Einzeltransaktionen liegen die typischen Investitionsvolumina bei einigen zehn Millionen Euro. Ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Wasserkraft-Investments ist die Standortwahl unter hydrologischen Gesichtspunkten. Hydrologie beschreibt die Niederschlagsverteilung und -menge und hat entscheidenden Einfluss auf die Produktionskennzahlen eines gegebenen Wasserkraftwerks. Im Unterschied zu Photovoltaik und Windenergie liegen für Wasserkraftwerke in der Regel reale historische Messdaten der Wasserstände bzw. Abflussganglinien des jeweiligen Fliessgewässers über viele Jahrzehnte vor und müssen nicht über Modelle extrapoliert werden. Das erhöht die Planungssicherheit. Da Laufwasserkraftwerke Strom an diesen Fliessgewässern produzieren, besteht eine entsprechend grosse Abhängigkeit von der Durchlaufmenge und -geschwindigkeit. Im

Quelle: Technische Universität Wien (2011), Untersuchung der Standardabweichung österreichischer Niederschlagsabfluss-Ist-Daten im Zeitraum von 1994–2008 im Kontext von Wind und Solar.

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Ergebnis ist daher eine sichere Kenntnis der Hydrologie wertentscheidend. Ebenfalls zu berücksichtigen bei der Standortwahl sind der Marktzugang sowie das Entwicklungspotenzial des Marktsegments. Topografisch und hydrologisch sind etwa die Alpenregion und Skandinavien ideale Standorte. Aufgrund des grösseren Zubaupotenzials steht für Aquila Capital aktuell Skandinavien im Fokus – insbesondere Norwegen, das zunehmend zur «Batterie» Europas wird. Die positive Einschätzung resultiert aus verschiedenen Aspekten: Eine stärkere «intelligente» Vernetzung durch den Bau von Interkonnektoren wie etwa Nordlink, das Norwegen künftig über ein Unterseekabel nach Büsum mit Deutschland verbindet, ist einerseits notwendig, um kosteneffizient mit norwegischer Wasserkraft den fortschreitenden Austausch grundlastfähiger thermischer Erzeugung (Kohle, Atom) durch fluktuierende Winderzeugung abzufedern. So hat Norwegen 50 Prozent der europäischen Stromspeicherkapazitäten. Gleichzeitig liegen die norwegischen Strompreise aufgrund niedrigerer Erzeugungskosten historisch 20 Prozent bis 40 Prozent unterhalb derer in Kontinentaleuropa und Grossbritannien. Die fortschreitende Integration der Netze wird somit zu einem deutlichen Nettoexport der kostengünstigen und weitgehend emissionsfreien in Skandinavien erzeugten Elektrizität führen und somit das Preisgefälle dahinschmelzen lassen. Analysten rechnen durch den Ausbau dieser Hochseekabel bis 2030 mit einer Verdopplung der Handelskapazitäten für Nordeuropa – nicht weniger als elf neue HochspannungsKabelverbindungen, zwischen 700 und 1400 MW, nach Skandinavien werden bis 2030 in Betrieb gehen. Dabei wird Norwegen schon bis 2022 an Interkonnektoren angeschlossen sein, die rund 20 % seiner Stromerzeugungskapazität entsprechen.

Bild 1. Typische durchschnittliche Erzeugungsvolatilität (illustrativ). «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Auch der Blick in die Zukunft hält attraktive Szenarien für den Einsatz von Energie aus norwegischen Wasserkraftwerken bereit. Während der globale Energiebedarf bis 2040 ein leichtes jährliches Wachstum von rund 1 % p. a. aufweisen dürfte, liegen die Schätzungen des Stromverbrauchs um den Faktor fünf höher. Neben der mittlerweile rapide anwachsenden Elektrifizierung des Transportsektors sind heute Rechenzentren die am schnellsten wachsenden Energienachfrager. Der weltweite Stromverbrauch der Rechenzentren beträgt dabei heute schon 40 000 MW Grundlast. Aus diesem Grund ist es nicht unerheblich, sich in Ländern mit kostengünstigen Energiepreisen anzusiedeln. Durch die fortschreitende Digitalisierung ist davon auszugehen, dass die Energienachfrage dieses Sektors auch in der Zukunft weiter wachsen wird. Hinzu kommt, dass Rechenzentren niihre Energienachgfrage, sondern auch durch ihre hohe Abwärmeproduktion charakterisiert werden. Die im europäischen Vergleich kühlen Temperaturen im skandinavischen Raum sind für diese Branche daher ein wichtiger Vorteil. Im Ergebnis ist Skandinavien für Rechenzentren nicht nur wegen des verlässlichen Angebots an «grüner» Energie in einem politisch stabilen Rahmen, sondern auch aus klimatischen Gründen ein überaus gut geeigneter Standort. Parallel besteht seitens der Energieversorger in Norwegen derzeit ein hoher Kapitalbedarf, da die regionalen Stromnetze durch diese modernisiert und ausgebaut werden müssen. Dies ermöglicht professionellen Investoren somit den Einstieg in diesen attraktiven Markt. 4.

Wasserkraft – Leistung und Technik Durch Wasserkraft wird bis heute ein signifikanter Anteil des weltweiten Energiebedarfs gedeckt. Wasserkraftwerke wurden bislang in etwa 100 Ländern gebaut und tragen durchschnittlich 15 Prozent zum Energiemix bei. Unter den erneuerbaren Energien ist Wasserkraft nicht nur die älteste, sondern nach wie vor mit Abstand die leistungsfähigste Technologie. Da der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung systematisch weiter ausgebaut werden soll – laut Eurostat liegt er inzwischen bei etwa 29 Prozent des Bruttostromverbrauchs – wird der Wasserkraft auch in Zukunft eine grosse Bedeutung zukommen. Es gibt verschiedene Formen von Wasserkraftwerken. Hauptsächlich wird

zwischen Laufwasser-, Gezeiten-, Pumpspeicher- und reinen Speicherkraftwerken unterschieden. Laufwasserkraftwerke sind meist an einem Fliessgewässer mit einem grösseren Gefälle gebaut und bestehen aus einem Wehr, das eine kontrollierte Stauung und Ableitung des Wassers zu einer Stromerzeugungsturbine ermöglicht. Hierüber nehmen sie allerdings keinen oder nur geringen Einfluss auf die Menge des aufgestauten Wassers. Sie sind baulich kompakt und daher meist homogen in das Landschaftsbild integriert. Gezeitenkraftwerke lehnen sich in ihrer Funktionsweise daran an. Voraussetzung für ihren wirtschaftlichen Betrieb ist aber ein ausreichender Tidenhub – daher gibt es nur wenige potenzielle Standorte. Ein weiterer Nachteil dieses Kraftwerktyps ist, dass sich der Zeitpunkt der maximalen Auslastung parallel zu den Gezeiten verschiebt. Speicherkraftwerke beziehen das Wasser aus einem künstlich angelegten Reservoir. Das ist typischerweise ein Stausee, der von einem Fliessgewässer gespeist wird. Sie sind in aller Regel nur für einen kontinuierlichen Betrieb geeignet, wenn die Wassermenge des Fliessgewässers dafür ausreicht. Der Einsatzbereich von Speicherkraftwerken liegt daher insbesondere im Abfangen von Spitzenlasten. Das gilt in noch stärkerem Masse für Pumpspeicherkraftwerke. Dieser Kraftwerkstyp funktioniert nach demselben Prinzip wie ein Speicherkraftwerk. Zusätzlich wird hier jedoch das Wasser aus einem tieferliegenden Bereich hochgepumpt. Aufgrund der benötigten Menge an Energie, um das Wasser in das höher gelegene Becken zu pumpen, wird dieser Kraftwerkstyp hauptsächlich zur Energiespeicherung genutzt. In Phasen eines geringeren Energiebedarfs kann der obenliegende Speicher gefüllt werden, um ihn bei grösserer Nachfrage zu nutzen. Ökonomisch ist der Betrieb darüber hinaus theoretisch sinnvoll, da der Strom je nach

Spotmarktpreis produziert und verkauft werden kann. 5. Kosten Die Anfangsinvestitionen in Wasserkraftwerke sind pro Kilowatt installierter Leistung in der Regel höher als bei anderen Energieinvestitionen. Die anfänglichen Investitionskosten für Wasserkraftwerke variieren je nach Grösse, Bauart und Region zwischen 1500 und circa 6000 Euro pro Kilowatt installierter Leistung. Diese Kosten werden jedoch durch die Langlebigkeit der Anlagen sowie den hohen technischen Wirkungsgrad und die im Regelfall deutlich bessere Auslastung der Kapazität überkompensiert. Das zeichnet sie insbesondere im Vergleich mit Photovoltaik- oder Windenergieanlagen aus. Hinzu kommt, dass die Wartungs- und Betriebskosten günstig sind, selbst im fortgeschrittenen Anlagenalter. So unterliegen Wasserkraftwerke vergleichsweise langen Modernisierungsintervallen. Die der Modernisierung unterliegende Technik ist dabei häufig standardisiert. Wie die untenstehende Grafik schematisch verdeutlicht, sind die Modernisierungsintervalle bei Wasserkraftwerken meist länger als bei anderen Energieformen die gesamte Betriebsdauer. Hierüber relativieren sich die anfänglich höheren Investitionskosten. Bei einem Vergleich dieser Kosten pro insgesamt erzeugter kWh – also unter Berücksichtigung der gesamten Laufzeit – liegen sie durchschnittlich weit unterhalb der Kosten anderer erneuerbarer Energieformen. Schliesslich ist auch die Lebensdauer des elektromechanischen Equipments derjenigen von anderen Erzeugungsformen deutlich überlegen. Sie beträgt durchschnittlich 60 bis 80 Jahre – und selbst dieser Zeitraum kann in der Praxis übertroffen werden: Die älteste von der Aquila Gruppe betriebene Turbine stammt aus dem Jahr 1906. Wasserkraftwerke sind nicht nur hinsichtlich ihrer Wartungs- und Betriebs-

Bild 2. Stromgestehungskosten.

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kosten eine sehr wirtschaftliche Technologie: Der durchschnittliche Wirkungsgrad beträgt 90 bis 95 Prozent. Damit sind sie nicht nur konventionellen Energien deutlich überlegen – der Wirkungsgrad moderner Gaskraftwerke liegt bei 60 Prozent – sondern schlagen auch Windenergie (mit einem Wirkungsgrad von 30 Prozent) und Photovoltaik (mit einem Wirkungsgrad von unter 20 Prozent) deutlich. 6. Projektrentabilität Wasserkraftanlagen arbeiten in der Regel ohne staatliche Subventionen oder Umlagen wirtschaftlich selbsttragend. Der aus Wasserkraft erzeugte Strom wird dazu am freien Elektrizitätsmarkt zu aktuellen Preisen verkauft. Damit ist Wasserkraft auf der Einnahmeseite weniger politischen oder regulatorischen Risiken ausgesetzt – im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energiequellen, die im Hinblick auf ihre Rentabilität noch stärker auf staatliche Eingriffe angewiesen sind.

Das impliziert im Gegenzug, dass der Stromabsatz zu Marktpreisen erfolgt. Investoren tragen somit ein gewisses Risiko. Bei der Modellierung zukünftig zu erwartender Renditen eines Wasserkraftwerks spielt die Strompreisentwicklung die grösste Rolle. Die Aquila Gruppe verwendet zur Ermittlung geeigneter Strompreisannahmen eine Kombination aus objektiven Marktdaten und für die langfristige Prognose unabhängige Schätzungen etablierter Strompreisanalysten. Diese erstellen auf Basis fundamentaler Angebotsund Nachfragemodelle sowie geplanter Kraftwerksneubauten oder -stilllegungen langfristige Strompreisprognosen. Meist wird der Mittelwert mehrerer Prognosen den Modellen zugrunde gelegt. Für fünf typische Wasserkraftregionen lassen sich beispielhaft die aktuell zu erwartenden Renditen in Bandbreiten angeben.

Tabelle 2. Renditen von Wasserkraftwerken nach Regionen.

Bild 3a. Durchschnittlicher Auszahlungsverlauf pro Jahr von PV-/Windkraft-Investments mit mittlerem FK-Anteil.

Bild 3b. Durchschnittlicher Auszahlungsverlauf von Wasserkraft-Investments. 4

7.

Exemplarischer Rückzahlungsverlauf Auf der Basis dieser Prognosen lassen sich Rückzahlungsverläufe modellieren. Die Eigenschaften von Wasserkraft-Investments werden in der kontrastierenden Betrachtung mit anderen Erneuerbare-Energien-Investments deutlich. Denn ebenso wie die technischen und regulatorischen Charakteristika unterscheiden sich auch die Kapitalauszahlungsprofile Erneuerbarer-Energien-Investments. Windenergie und Photovoltaikanlagen bieten durchschnittlich ab Beginn der Investition Auszahlungsrenditen von etwa 5 bis 7 Prozent pro Jahr. Nach Tilgung des Fremdkapitals steigen diese noch einmal deutlich auf etwa 12 bis 30 Prozent an, je nach Fremdfinanzierungsstruktur. Die Cash-Renditen bei Wasserkraft-Investments sind aufgrund derzeit noch niedrigerer Stromerlöse pro MWh Strom zunächst geringer. Aufgrund der in der Regel geringeren Fremdfinanzierung ist die Zins- und Tilgungsbelastung jedoch niedriger und damit der Auszahlungsverlauf stetiger ansteigend. Der entscheidende Unterschied wird am Ende des Betrachtungszeitraums sichtbar: Aufgrund der Langlebigkeit der verwendeten Technik sowie der langen oder gar unendlichen Betriebslizenzen ist der «Rest»-Wert der erworbenen Anlage häufig nominell höher als beim Ankauf (die Höhe hängt entscheidend von der Strompreisentwicklung ab), während sie bei Photovoltaik- und Windkraftanlagen auf einen minimalen Restwert abfällt. Die Investition in ein Wasserkraftwerk ist unter diesem Gesichtspunkt am ehesten mit einer Immobilieninvestition zu vergleichen, da auch die Abschreibung aufgrund der Langlebigkeit und der hohen Effizienz sehr gering ist. 8. Investitionsmöglichkeiten Im Vergleich zu Windenergie- und Photovoltaik-Investments ist die Anzahl der Transaktionen im Bereich von Wasserkraftwerken deutlich niedriger. Dies liegt unter anderem an den vielfältigen hydrologischen Bedingungen und Anforderungen an geeignete Standorte für Kraftwerke; neue entwickelbare Standorte, zumindest in Westeuropa, sind rarer als Solar- oder Windflächen. Verschärft wird dieser angebotsseitige Engpass durch die hohe durchschnittliche Lebens- und Haltedauer der Wasserkraftwerke. Diese befinden sich zumeist im Besitz grosser und mittelgrosser Energieversorger. Daher sind Finanzinvestoren als Eigentümer bislang nur zu einem viel gerin-

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


geren Anteil in der Wasserkraft vertreten, verglichen mit Windenergie- und Photovoltaikanlagen. Neben den eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten sind auch Einstiegsbarrieren in den Markt erheblich höher als bei anderen Erneuerbaren-Energien-Investments. So bedarf es für die erfolgreiche Anbindung dieser langfristigen Projekte eines multiplen Expertenwissens in verschiedenen Bereichen: Asset-Manager oder -Investoren müssen sowohl über das technische Know-how, über die Funktionsweise und mögliche Schwachstellen verfügen, hydrologische Bewertungen oder zumindest Einschätzungen entsprechender Gutachten vornehmen können und Szenarien über mögliche künftige Abnahmepreise oder Volumenverträge treffen können. Vor allem bei kleineren Anlagen und Portfolios kann durch aktives Management Mehrwert geschaffen werden. Diese Expertise kann nicht ausschliesslich über externe Dienstleister erfolgen, da die finale Bewertung über die Rentabilität eines möglichen Investments nur intern getroffen werden kann. Um Investitionsobjekte zu erschliessen, müssen Interessenten über einen möglichst direkten Marktzugang sowie ein umfangreiches Netzwerk verfügen. Zuweilen werden die bestehenden Kraftwerke in einem Tenderverfahren beziehungsweise über Auktionen verkauft. Um sich daran zu beteiligen, muss die Vorab-Bewertung – durch einen DueDiligence-Prozess – schon erfolgt sein. Dieser birgt ein gewisses Kostenrisiko, da das Vorgehen umfangreiche Analysen impliziert. Auf dieser Basis kann jedoch erst entschieden werden, wie hoch der Kaufpreis sein darf, um eine bestimmte Rendite zu erwirtschaften. Gleichzeitig gilt es, die Wettbewerbssituation korrekt einzuschätzen, um den geringstmöglichen Preis zahlen zu können. In anderen Fällen sind direkte Verkaufsabschlüsse möglich, die jedoch längere Erfahrungen im Sektor voraussetzen. Wie beschrieben, fanden Transaktionen bislang relativ selten statt. Diese Situation hat sich in jüngerer Vergangenheit geändert. Das «Tafelsilber» der Wasserkraftwerke kommt jetzt teilweise auf den Markt, weil die Eigentümer Verluste in anderen Geschäftsbereichen kompensieren müssen und gleichzeitig kommunale Eigentümer auf Gewinnausschüttungen ihrer Versorger angewiesen sind. Zudem stehen gerade in Norwegen kostenintensive planmässige Netzreinvestitionen an, nachdem der letzte signifikante CAPEX-Zyklus mehrere Jahrzehnte zu-

rückliegt. Darüber hinaus dienen die Verkäufe auch der Konsolidierung wie die Beispiele grosser europäischer Energieversorger in den vergangenen Jahren in Südeuropa, aber auch in Skandinavien gezeigt haben. Diese Unternehmen verschieben den grundsätzlichen regionalen Fokus ihrer Geschäftstätigkeit, um ihre Prozesse und operativen Strukturen effizient aufzustellen. Ausserhalb dieses Bereichs liegende Wasserkraftwerke können durch diesen Umstand zum Verkauf angeboten werden. Insgesamt hat sich damit das Marktgeschehen für potenzielle Investoren zum Positiven verändert. 9. Case Studies Von den umgesetzten Investments werden nachfolgend zwei Projekte, »Norsk Grønnkraft» und «Jørpeland», als Case Studies genauer vorgestellt. Darüber hinaus wird für «Jørpeland» eine Analyse auf Projektebene vorgenommen. Insbesondere bei Sachwerten ist – «Real Assets = Real Problems» – entscheidend, dass sowohl strukturelle als auch operative Probleme nicht nur behoben, sondern dass diese Aspekte für künftige Investments in den Bewertungs- und Umsetzungsprozess integriert werden. Erst dadurch kann die Effizienz gesteigert und der Prozess nachhaltig verbessert werden. Projekt «Norsk Grønnkraft» Eckdaten: • Durchschnittliche Jahresproduktion: 212 GWh • Installierte Kapazität: 60.8 MW • Anzahl Bestandskraftwerke: 33 Im November 2014 erwarb Aquila Capital das Projekt «Norsk Grønnkraft» (NGK) von vier grösseren norwegischen Regionalversorgern. Co-Investoren bei NGK sind APG, die grösste europäische Pensionskasse, sowie ein deutscher institutioneller Investor. APG Asset-Management und Aquila Capital planen, gemeinsam Wasserkraftprojekte mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro umzusetzen. Seit Gründung im Jahr 2004 bis einschliesslich 2014 hat Norsk Grønnkraft AS erfolgreich über 15 Wasserkraftwerke mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 160 GWh geplant, beantragt, errichtet und angeschlossen. Vor dem Ankauf wurde das Projektentwicklungsgeschäft vom Bestandsportfolio getrennt und in eine separate Einheit «NGK Utbygging» ausgegliedert. Diese bleibt weiterhin in Besitz der vier norwegischen Regionalversorger – erworben wurden nur die Bestandsanlagen.

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Das Projekt «Norsk Grønnkraft» besteht aus einem regional diversifizierten Portfolio von 33 Laufwasserkraftwerken in Norwegen. Über ein zusätzlich verhandeltes Framework Agreement besteht darüber hinaus die Möglichkeit, bis 2020 weitere Kraftwerke zu erwerben. Da NGK aber auch zukünftig keine Entwicklungsund Konstruktionsrisiken tragen soll, hat die Gesellschaft einen Rahmenvertrag mit NGK Utbygging abgeschlossen, der NGK Exklusivität für eine Pipeline von ca. 40 weiteren Projekten gewährt, die von NGK Utbygging zwischen 2015 und 2020 errichtet und von NGK schlüsselfertig übernommen werden. Dieser Rahmenvertrag umfasst somit ein Vorkaufsrecht für eine der grössten norwegischen Entwicklungspipelines mit einem Volumen von bis zu 180 Millionen Euro – ohne das Risiko eines Bieterverfahrens. Projekt «Jørpeland» Eckdaten: • Anteil: 33 Prozent • Durchschnittliche Jahresproduktion: 114 GWh • Installierte Kapazität: 40 MW • Anzahl Kraftwerke: 2 2011 erwarb Aquila Capital 33 Prozent an der norwegischen Jørpeland Kraft AS. Die Gesellschaft betreibt zwei Laufwasserkraftwerke mit einer installierten Leistung von ca. 40 MW in der Nähe von Stavanger in West-Norwegen. Der Hauptanteilseigner, Lyse Produksjon AS, ist eine hundertprozentige Tochter eines der grössten norwegischen Energieversorgers. Das Hydro Team der Aquila Gruppe verfügt über langjährige Kontakte zum früheren Minderheitseigentümer sowie zum norwegischen Regionalversorger Lyse. Nachdem Lyse über zwei Jahre eine Bewertung der Bedeutung von Aktivitäten ausserhalb des Kerngeschäfts sowie der Möglichkeit ausländischer Miteigentümer vorgenommen hat, konnte Aquila Capital schliesslich einen Exklusivitätsvertrag abschliessen. Anschliessend folgte der Due-DiligenceProzess für den Erwerb eines 33-ProzentAnteils von Jørpeland Kraft AS. Dieser Due Diligence-Prozess erstreckte sich auf den Zeitraum von Dezember 2010 bis Februar 2011. Die rechtliche Due Diligence wurde von einer in der Begleitung von Transaktionen wie Fusionen und Unternehmenskäufen erfahrenen Kanzlei vorgenommen. Mit der steuerlichen Due Diligence wurde ein international tätiges Consulting-Unternehmen beauftragt.

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Bild 4. Standorte der hundert operativen Laufwasserkraftwerke. Die technische Bewertung wurde hausintern durch das Hydro-Team verantwortlich begleitet. Bei der Risikobewertung wurden insbesondere die folgenden Aspekte als vertragsrelevant identifiziert: die Entsorgung der alten Druckrohre und des Bodens sowie die laufenden Verhandlungen mit einigen Grundbesitzern und die Möglichkeit, dass das Wasserkraftwerk bei Vertragsabschluss nicht voll funktionsfähig sein könnte. Der Hauptanteilseigner, die Lyse Produksjon AS, löste die offenen Umwelt-, Sicherheits- und operativen Fragen jedoch vollumfänglich. Nachdem alle Risiken quantifiziert und eingepreist beziehungsweise im Laufe des Due-Diligence-Prozesses gelöst werden konnten, wurde im März 2011 der Kaufvertrag unterzeichnet. Wie üblich waren in den Kaufvertrag einige aufschiebende Bedingungen integriert. Das Closing erfolgte nach Erfüllung aller Bedingungen im Mai 2011. Herausforderung: Rechtlich – Vorkaufsrecht Lösung: Der Mehrheitseigentümer, der über ein Vorkaufsrecht verfügte, sah sich Reputationsrisiken ausgesetzt. Als Energieversorger im Eigentum der Gemeinden wird die Teilhabe durch ausländische Finanzinvestoren häufig kritisch gesehen. Dieser Konflikt konnte durch intensiven Austausch und bilaterale Verhandlungen beigelegt werden. Herausforderung: Rechtlich – Genehmigung durch Regulierungsbehörde Lösung: Eigentümer grosser Wasserkraftwerke müssen diverse Anforderungen erfüllen, um von den Regulierungsbehörden zugelassen zu werden. Mit Unterstützung der Rechtsberatung konnte Aquila Capital alle Anforderungen vor Vertragsabschluss 6

erfüllen (Nachweis über eine entsprechende Erfahrung sowie die Umwelt- und Rechtsbilanz). Herausforderung: Technisch – Änderung der Sicherheitsrichtlinien Lösung: Nach Ankauf wurden die Sicherheitsanforderungen in Zusammenhang mit den Konstruktionsarbeiten bei einem von fünf Dämmen deutlich angehoben. Diese Arbeiten wurden vom städtischen Betreiber Lyse durchgeführt. Die zusätzlichen Kosten konnten nicht komplett ausgeglichen werden. Eine deutliche Reduzierung war jedoch auf Basis von fachlichem Input durch Aquila Capital bei der Umsetzung möglich. Herausforderung: Technisch – Fehlfunktion der Turbine Lösung: Kurz nach dem Ankauf trat ein Defekt an einer der Turbinen auf. Als erfahrener Betreiber konnte Lyse alle Verhandlungen mit dem Hersteller übernehmen sowie den Austausch defekter Komponenten überwachen und ordnungsgemässe Schadensersatzansprüche erfolgreich durchsetzen. Es wurde dabei auch darauf geachtet, einige technische Anpassungen vorzunehmen, um künftige Fehlfunktionen auszuschliessen. Wie aus dieser Übersicht hervorgeht, kann es trotz detaillierter Planung und Kalkulation bei Sachwert-Investitionen auf verschiedenen Ebenen nach der Anbindung zu Problemen kommen. Gesetzliche Änderungen, Erhöhung der regulatorischen Anforderungen, aber auch unvorhersehbare technische Probleme können sowohl die Umsetzung verzögern als auch die Investitionsnebenkosten oder die operativen Kosten erhöhen. Auch in der Betriebsphase kann es sowohl produktions- als auch kostenseitig zu Abweichungen kommen. Wechsel im Management des Betreibers, mögliche Abweichungen von langjährigen hydrologischen Gutachten oder technische Defekte können im laufenden Betrieb negative Auswirkungen auf den Ertrag haben sowie Herausforderungen an das Portfolio-Management stellen. Es ist von grosser Bedeutung, sich dieser Eventualitäten bewusst zu sein, um sie durch entsprechende Rücklagen ausgleichen beziehungsweise beim nächsten Projekt durch Abschläge auf den Kaufpreis einpreisen zu können.

fikations- als auch Rückzahlungsaspekten durchaus sinnvoll. Für Investoren bieten sich hier insbesondere kleinere Laufwasserkraftwerke an. Diese haben deutlich geringere Anfangsinvestitionen und lassen sich dafür gut zu Portfolios zusammenstellen, um schon auf dieser Ebene eine Diversifikation über verschiedene Regionen zu erreichen. Zudem sind die Betriebskosten dieses Kraftwerkstyps vergleichsweise niedrig und die Errichtungsdauer mit sechs bis 24 Monaten relativ kurz. Nach dem Erwerb der beiden grössten norwegischen Betreiber kleiner Laufwasserkraftwerke hat Aquila Capital diese kürzlich zu einer Gesellschaft verschmolzen, um Kosteneffizienzen zu heben und die Gesellschaften auch für weiteres Wachstum optimal aufzustellen. Die operative Zusammenlegung ermöglicht Einsparungen von mehreren Millionen Euro im Jahr zugunsten institutioneller Investoren. Durch die Bündelung der beiden Wasserkraft-Portfolios ist die Gesellschaft zudem noch breiter diversifiziert (siehe Bild 4). Sowohl die bestehenden als auch die zukünftigen Investitionen erfolgen in Gebieten mit unterschiedlichen hydrologischen und topografischen Profilen und verteilen sich auf verschiedene Preisregionen. Durch die Fusion entstand Europas grösste Plattform für kleine Laufwasserkraftwerke. Das aktuelle Portfolio soll bis Ende 2020 um weitere Wasserkraftwerke mit einer Gesamtjahresproduktion von einer TWh erweitert werden, die überwiegend neu gebaut werden. Breites technisches und wirtschaftliches Know-how sind essenziell, sowohl für die Akquisitionen grosser Wasserkraft-Portfolios und den optimalen wirtschaftlichen Betrieb als auch für die erfolgreiche Umsetzung einer so umfangreichen Restrukturierung. Aufgrund des grossen Zubaupotenzials steht auch bei den aktuell in Prüfung befindlichen Wasserkraft-Investments für Aquila Capital Nordeuropa im Fokus. Auch die Schweizer Wasserkraftwerke schätzt Aquila Capital als potenziell sehr attraktive Ziel-Investments für professionelle Investoren ein und beobachtet die weitere Marktentwicklung sehr genau. Anschrift der Verfasser AQ Investment AG, Member of the Aquila Group (Germany), Poststrasse 3, CH-8001 Zürich

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Wasserkraftwerk-Investments im Sachwerte-Portfolio Aquila Capital zufolge ist die Ergänzung des Erneuerbare-Energien-Portfolios um Wasserkraft-Investments sowohl unter Diversi-

Tel. +41 43 344 38 52 Jan Erik Schulien, Senior Investment Manager Hydropower & Head Energy Research jan-erik.schulien@aquila-capital.com Angel Márquez, Client Advisory Real Assets Schweiz, angel.marquez@aq-investment.ch

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Le transit des courants de turbidité, une technique pour réduire l’alluvionnement des réservoirs de barrages Sabine Chamoun, Giovanni De Cesare, Anton Schleiss

Résumé La sédimentation des réservoirs est une problématique globale réduisant le volume d’eau disponible dans les réservoirs de barrages et induisant des pertes aux niveaux énergétique, économique et environnemental. Le transport de sédiments du bassin versant pendant les crues engendrent des courants chargés de sédiments. Dû à la différence de densité entre ces courants et l’eau dans la retenue, des courants de turbidité peuvent se former. Ces derniers sont capables d’atteindre les barrages et représentent la source principale de sédiments fins déposés dans les réservoirs. Afin de réduire la sédimentation qui résulte des courants de turbidité, leur évacuation à travers les vidanges ou prises de fond est proposée comme une solution économique et favorable à l’environnement. Dans l’étude présentée, il s’agit de tester plusieurs paramètres pouvant influencer la quantité de sédiments évacués des courants de turbidité à travers un orifice rectangulaire représentant la vidange de fond. D’un intérêt particulier sont les vidanges de fond à capacité restreinte par rapport aux débits des courants de turbidité comme c’est le cas en Suisse. Cela a permis la détermination des conditions menant à maximiser la masse de sédiments évacués et minimiser les pertes d’eau du réservoir. A cette fin, un modèle expérimental et un modèle numérique ont été utilisés. Abstract: Venting of turbidity currents, a method for the reduction of reservoir sedimentation Reservoir sedimentation is a global issue reducing water volumes in reservoirs and thus resulting in energetic, economic and environmental impacts. During floods, sediment transport from watersheds lead to sediment-laden flows. Once they reach the reservoir, turbidity currents are formed due to the density difference. Under adequate conditions of temperature and concentration, turbidity currents can flow along large distances until reaching the dam. They represent the main source of fine sediments deposited in reservoirs. In order to reduce the sedimentation caused by turbidity currents, their venting through bottom outlets or intakes is proposed as an economically and environmentally convenient solution. In the present work, different parameters affecting the amount of sediments evacuated by venting turbidity currents were tested. The particular case of bottom outlets having restrained capacities relatively to turbidity currents’ discharges such as the case of Swiss dams, was highlighted. Venting was applied through a rectangular orifice representing a bottom outlet. The results offered the possibility to determine the conditions maximizing the mass of vented sediments and minimizing clear water losses from the reservoir. The approach used was both experimental and numerical.

Zusammenfassung: Durchleiten von Trübeströme als wirksame Massnahme zur Verminderung der Stauseeverlandung Die Verlandung von Stauseen ist ein globales Problem, was der Verlust von wertvollem Speicherinhalt zur Folge hat und was mit energetischen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen verbunden ist. Infolge Sedimenteintrag vom Einzugsgebiet transportieren Fliessgewässer bei Hochwasser neben Geschiebe viele Schwebstoffe. Sobald diese sedimentbeladenen Abflüsse den Stausee erreichen, entstehen infolge des Dichteunterschieds Trübeströme, welche sich lawinenartig entlang dem Stauseegrund bis zur Talsperre bewegen. Trübeströme sind die Hauptursache der Verlandung von tiefen und langen Stauseen in den Alpen. Das regelmässige Durchleiten der Trübeströme mittels Grundablässen oder teilweise auch durch die Triebwasserfassungen kann deshalb die Verlandung erheblich reduzieren. In der vorliegenden Forschungsarbeit wurden die wesentlichen Parameter untersucht, welche das Sedimentvolumen beeinflussen, das durch Durchleiten von Trübeströmen ausgetragen werden kann. Insbesondere wurde der Einfluss einer beschränkten Grundablasskapazität, wie dies in der Schweiz häufig der Fall ist, auf die Wirksamkeit der Durchleitung von den Trübeströmen untersucht. Mit systematischen Experimenten in einem Versuchskanal sowie mit nummerischen Simulationen konnte das Durchleiten von Trübeströmen durch eine rechteckige Öffnung, die einen Grundablass darstellt, im Detail nachgebildet werden. Die Ergebnisse erlauben, die Masse der ausgetragenen Sedimente mittels Durchleiten von Trübeströmen zu maximieren und gleichzeitig den Reinwasserverlust aus dem Stausee zu minimieren.

1. Introduction Lors des crues, une grande quantité de sédiments est transportée des bassins versants aux réservoirs de barrages. Dans le cas où les sédiments ne sont pas évacués ou dragués des réservoirs, ils s’y accumulent et mènent, éventuellement, à leur sédimentation (Figure 1). Ce processus menace la durabilité des réservoirs

dû à la réduction du volume de stockage d’eau et au colmatage et à l’usure des structures hydrauliques de fond telles que les prises et vidanges de fond. L’investissement annuel dépensé pour remplacer le volume perdu à cause de la sédimentation est en moyenne de 13 à 19 trillions (1012) de dollars ($) (Palmieri et al., 2001; Schleiss et al., 2010; Schleiss et

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al., 2016). Dans le passé, l’augmentation du volume de stockage était considérée comme une mesure de prévention contre la sédimentation. Néanmoins, cette mesure qui ne sert qu’à retarder le problème est de moins en moins faisable vu que le coût du m3 d’eau stocké augmente sans cesse. Cela est dû au fait que les sites disponibles pour la construction de barrages sont de 7


moins en moins nombreux (Vanoni, 2006). Plusieurs techniques existent pour la réduction de la sédimentation des réservoirs (Basson & Rooseboom, 1999; Brandt, 2000; Müller et al., 2013; Wen Shen, 1999), notamment le dragage mécanique, le siphonage des sédiments et la vidange menant à l’abaissement du niveau du réservoir facilitant l’érosion des sédiments et leur transfert vers la rivière à l’aval. Toutefois, les sédiments qui se trouvent auprès du barrage sont des sédiments fins, formés principalement de limon, d’argile et de sable fin. Ce type de sédiments est transporté par les courants de turbidité qui se forment lors de crues annuelles. Chargés de sédiments, les courants provenant du bassin versant plongent sous la surface de l’eau claire du réservoir, formant ainsi des courants de turbidité capables d’avancer sur le fond du réservoir le long de plusieurs kilomètres, grâce à la différence de densité entre le courant et l’eau claire. La plus grande distance traversée par un courant de turbidité est de 129 km et a été observée au réservoir du Lake Mead (Morris et Fan, 1997). Ainsi, le contrôle des courants de turbidité est d’une grande importance. Plusieurs méthodes existent dont la mise en place d’obstacles ou d’écrans géotextiles pour réflechir les courants et les garder en amont du réservoir (De Cesare et al., 2008; Oehy et Schleiss, 2007) ou l’utilisation de jets capables de freiner les courants (Oehy et al., 2010). De même, dans le cas où les courants de turbidité sont maîtrisés (i. e., observations et mesures), leur évacuation à travers les

vidanges de fond est une technique qui permettrait non seulement d’éviter la sédimentation des réservoirs mais également de revitaliser la rivière à l’aval du barrage. Ceci est assuré grâce au transit direct de sédiments nécessaires à la rivière, tout en utilisant des débits relativement faibles, voire restreints par rapport aux débits des courants de turbidité. En effet, l’évacuation des courants de turbidité a été souvent mentionnée dans la littérature (Annandale, 2005; Batuca et Jordaan, 2000; Brandt, 2000; Chen et Zhao, 1992; Schleiss et al., 2016). Les courants de turbidité ont été observés dans maints réservoirs, particulièrement en Suisse (i. e., les réservoirs de Luzzone [De Cesare et al., 2001], Mapragg [Müller et De Cesare, 2009], Grimsel [Oehy et Schleiss, 2001]). Cependant, très peu d’études scientifiques systématiques ont été menées sur le sujet (Chamoun et al., 2017a, 2017b; Fan, 1986, 2008; Lee et al., 2014). Malgré les avantages mentionnés, il existe un manque de directives permettant aux propriétaires de barrages de maximiser l’efficacité de l’évacuation des sédiments contenus dans les courants de turbidité. Cela est principalement dû au manque de recherche scientifique sur le sujet mais aussi au fait que l’acquisition de données permettant le contrôle et la surveillance des courants de turbidité sur prototype est généralement exigeante parce qu’ils ont lieu en condition de crues. La présente recherche vise à répondre à certaines questions essentielles liées à des aspects géométriques et opérationnels du transit des courants de turbidité. Les questions

Figure 1. Sédimentation du réservoir de Sufers aux Grisons, Suisse (photo obtenue avec l’aimable autorisation de Kraftwerke Hinterrhein AG). 8

traitées sont détaillées dans la section suivante. 2. Problématique Les principales questions traitées vont dans le sens de l’optimisation de l’efficacité de l’évacuation des sédiments fins: a. Quel débit de transit faut-il utiliser? Particulièrement pour des débits de vidange restreints par rapport aux débits des courants de turbidité tels que les réservoirs alpins en Suisse? b. Quel est l’effet de la pente du lit sur l’efficacité du transit? c. Quel est le meilleur moment pour ouvrir les vannes et débuter le transit des courants de turbidité? d. Pendant combien de temps faut-il garder la vidange ouverte? e. Quelles sont les dimensions souhaitées des vidanges de fond et où faut-il les placer ? 3.

Aperçu global du transit des courants de turbidité Il existe maints indicateurs de la formation des courants de turbidité dans un réservoir (Morris et Fan, 1997). Ils peuvent être détectés visuellement à travers l’accumulation de débris au point de plongée du courant (Figure 2). De même, des mesures de profils de vitesses ou de concentration proches du fond du réservoir peuvent servir à tracer le développement du courant et à le caractériser. Selon Batuca et Jordaan (2000), le premier à avoir mentionné la possibilité de transiter les courants de turbidité afin de réduire la déposition des sédiments serait Bell (1942). Cette technique a été employée au Taiwan, dans les réservoirs de Shihmen (Sloff et al., 2016) et de Tsengwen (Lee et al., 2014) où les événements de typhon causent le transport considérable de sédiments. Les courants de turbidité sont également utilisés pour le transit de sédiments en suspension en Chine où le fleuve Jaune, connue pour être la rivière qui transporte le plus de sédiments au monde, cause la sédimentation de plusieurs réservoirs (Ren et Ning, 1985; Wang et Lin, 2004). De même, cette technique est hautement recommandée en Iran où le barrage de Dez, Sefid-Rud et Rudbar Lorestan reçoivent une large quantité de sédiments fins provenant des courants de turbidité (Amini et al., 2017; Morris et Fan, 1997; Schleiss et al., 2010). En Suisse, le réservoir de Mapragg perd 0.4 % de son volume en moyenne annuelle à cause de la sédimentation (Müller et De Cesare, 2009). Des courants de turbidité y sont observés

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et leur évacuation est appliquée en utilisant des débits et concentrations de sortie qui respectent la réglementation en vigueur. Un système d’alarme est déclenché lorsqu’un courant de turbidité atteint le réservoir avec une concentration plus grande que 2 g/l, valeur à partir de laquelle l’évacuation des sédiments devient plus économique que leur dragage mécanique dans le futur. Dans d’autres réservoirs, notamment Elephant Butte aux Etats-Unis, Sautet en France et Iril Emda en Algérie, les courants de turbidité sont observés et évacués afin de réduire la sédimentation (Chamoun et al., 2016). Toutefois, l’efficacité de l’évacuation des sédiments est très variable d’un pays à un autre, d’une région à une autre et même, d’un évènement à un autre pour un réservoir spécifique. En effet, l’efficacité dépend des conditions morphologiques du bassin versant, des conditions géométriques du réservoir, des caractéristiques des prises de fond, ainsi que des conditions opérationnelles lors de l’évacuation des sédiments. 4. Approche de l’étude L’étude menée est principalement expérimentale. Cependant, afin d’augmenter le nombre de paramètres étudiés, un modèle numérique a été créé et validé sur la base des résultats expérimentaux. Expérimentalement, un canal de 8.55 m de long et de 0.27 m de large a été utilisé. Le canal est divisé en trois parties: (1) le réservoir amont qui reçoit le mélange eau-sédiments, (2) le canal principal simulant le réservoir du barrage où se développe le courant de turbidité et (3) un réservoir aval qui sert à recevoir l’eau claire déversée du réservoir principal dû à la formation du courant de turbidité. Le mélange eau-sédiments est préparé dans un bac de 1 m3 (bac noir sous le canal dans la Figure 3b). Au moment du début du test, une porte coulissante placée entre le réservoir amont et le canal principal est ouverte déclenchant le courant de turbidité qui se forme et avance le long du canal sur une distance de 6.7 m. Le débit alimentant le courant de turbidité est constant et continu tout au long du test. Un mur représentant le barrage est placé à la fin du canal, muni d’un orifice rectangulaire de hauteur houtlet = 12 cm et de largeur woutlet = 9 cm, centré sur la largeur du canal (Figure 3a). Au moment du début de l’évacuation du courant de turbidité, un débit prédéterminé (contrôlé à l’aide d’un débitmètre) est relâché, relativement au débit du courant de

Figure 2. Courant de turbidité en progression sur le fond du réservoir et projection de son transit à travers la vidange de fond.

Figure 3. (a) le mur aval et l’orifice rectangulaire ; (b) l’intégralité du canal (photo prise du côté amont) et le bac utilisé pour le mélange. turbidité. Le volume d’eau et de sédiments évacués sont finalement déversés dans un bassin aval. Des mesures de débit et de concentration en sédiments sont effectuées dans le réservoir amont et le bassin aval. De même, des mesures de déposition et de profils de vitesses sont prises dans le canal principal tout au long des tests. 5.

Optimisation de l’évacuation des sédiments Sur la base des résultats expérimentaux et numériques, les conditions optimales retenues sont celles qui mènent à la maximisation de la masse de sédiments évacuées tout en limitant les pertes d’eau claire du réservoir. 5.1 Débit de sortie et pente du lit Le débit de sortie de la vidange QVENT est normalisé par le débit du courant de turbidité QTC et le rapport  = QVENT/QTC est appelé le degré de transit. Dans le cas où la sédimentation du réservoir a déjà débuté,

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le volume mort du réservoir se remplit progressivement. Ainsi, le fond auprès du barrage devient de plus en plus horizontal. Par conséquent, un lit horizontal a été testé en premier lieu. Il s’est avéré qu’une évacuation optimale à travers la vidange de fond des sédiments entraînés par les courants de turbidité est obtenue avec un degré de transit de 100 % pour le lit horizontal. De plus, des pentes de 2.4 % et de 5.0 % ont été testées, couvrant ainsi les valeurs potentielles de pentes auprès des barrages. L’augmentation de la pente du lit résulte en un degré de transit optimal de 135 %. Cela est dû au fait que le courant de turbidité se réfléchit moins sur les pentes plus raides et est «emprisonné» près du barrage. Le nuage de sédiments en suspension est donc plus concentré et les pertes d’eau sont réduites. De plus, les valeurs d’efficacité augmentent avec la pente du lit. Par exemple, pour un degré de transit de  = 50 %, la valeur de l’efficacité passe de 7.0 % à 8.4 % et 11.2 % (Figure 4) en 9


Figure 4. Efficacité du transit des sédiments des courants de turbidité en fonction du degré de transit pour les trois différentes pentes testées. augmentant la pente de 0 % à 2.4 % et 5.0 % respectivement. La Figure 4 montre la variation de l’efficacité du transit ET des sédiments en fonction du degré de transit. A titre représentatif, ce dernier est limité à 100 % (dans la Figure 4) vu que pour les réservoirs alpins Suisses, le débit des vidanges de fond utilisé pour l’évacuation des sédiments dépasse rarement les débits potentiels des courants de turbidité à évacuer (Chamoun et al., 2016b). ET est définie par le rapport entre la masse des sédiments évacués et celle entraînée par le courant de turbidité. De même, les sédiments qui se déposent avant et pendant le transit des courants de turbidité sont difficilement érodés et sont par conséquent soustraits de la masse des sédiments entraînés par le courant. Cette section répond aux questions (a) et (b). Le degré de transit des courants de turbidité s’est avéré être optimal pour 100 % <  < 135 % lorsque des pentes du réservoir auprès du barrage sont dans la marge 0% < S < 5.0 %. Vu que les pentes plus grandes engendrent des efficacités plus élevées, il est conseillé de garder la pente la plus raide possible auprès du barrage. Par conséquent, le transit des courants de turbidité doit être effectué fréquemment et dès le début de l’exploitation du barrage. Cela garantira la formation d’un cône en amont de la vidange de fond et évitera le remplissage du volume mort situé en dessous ainsi que le développement d’un lit horizontal. Cela permet de même de garder les vidanges de fond libres des sédiments et réduit les dommages potentiels dus à l’abrasion.

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5.2

Début et durée de l’ouverture des vannes Le début de l’opération de transit du courant doit se faire idéalement à l’arrivée du courant à la vidange de fond. Le temps nécessaire pour l’ouverture des vannes étant de plus ou moins 5–10 minutes et les vitesses typiques des courants de turbidité étant autour de 30 cm/s à 100 cm/s (De Cesare et al., 2001; Khripounoff et al., 2003; Lambert et Giovanoli, 1988; Xu, 2010), l’ouverture des vannes doit être prévue lorsque le courant atteint une distance de 200–300 m en amont du barrage (question [c]). Cela laisse suffisamment de temps pour que le champ d’écoulement s’établisse devant la prise et par conséquent permet une meilleure aspiration du courant de turbidité. La présence d’une station de mesure de vitesse et/ou de concentration est donc recommandée aux alentours de 200–300 m en amont du barrage. Toutefois, vu les difficultés rencontrées généralement pendant la mise en place d’instruments et la mesure sur site dans les conditions de crues pendant lesquels les courants de turbidité se forment, il est souvent compliqué d’estimer le moment d’arrivée du courant auprès du barrage. Pour cette raison, une ouverture anticipée (i. e., avant que le courant n’atteigne 300 m en amont du barrage) et une ouverture tardive (i. e., 20 à 50 minutes [en prototype] après l’arrivée du courant au barrage) ont été également testées. Il s’est avéré que l’ouverture anticipée, malgré les pertes d’eau claire qu’elle implique, mène à une évacuation de sédiments plus efficace qu’une ouverture tardive. En effet, lorsque les vannes sont ouvertes après l’arrivée du courant et sa réflexion, une zone de circulation se

forme par le champ d’écoulement du courant de turbidité arrivant et celui du courant réfléchi. Ce qui rend plus difficile l’établissement du champ d’écoulement propre à la vidange de fond, une fois ouverte. De plus, une partie des sédiments du courant se déposent avant l’ouverture des vannes, et sont difficilement érodés et transités vers l’aval lors de l’opération. Ainsi, dans le cas où les mesures sur site ne sont pas disponibles, il est fort intéressant d’estimer, à la base d’un calcul théorique (Fan, 1986) ou de simulation numérique, le moment d’arrivée du courant de turbidité afin d’éviter une ouverture tardive des prises/vidanges de fond. En outre, l’efficacité dans le temps a atteint, pour tous les cas testés, une valeur quasi-stable qui dépend du débit de sortie. Vu que le débit du courant de turbidité dépend du débit de crue, l’ouverture des vannes doit durer au moins pendant la durée de la crue (e.g., autour de 36 h pour un évènement de crue étudié à Grimsel [Schleiss et Oehy, 2002] et plus ou moins 6 h pour un évènement de crue au réservoir de Luzzone [De Cesare, 1998]). A la fin de l’évènement de crue, le courant de turbidité dans le réservoir se dissipe et le flux de sédiment est coupé. Néanmoins, le nuage de sédiments en suspension formé proche du barrage persiste dû à la faible vitesse de décantation des sédiments fins qui le forment. Pour cette raison, afin d’éviter le colmatage des structures hydrauliques et leur érosion, l’ouverture des vannes doit être maintenue après la fin de la crue et la concentration avale mesurée en continu. Malgré les pertes d’eau possible, il est conseillé d’atteindre de basse concentration dans la rivière avale afin de la rincer et de libérer les interstices du lit colmatés par les sédiments fins (question [d]). Cela peut être jugé visuellement par un lit aval plus clair (De Cesare et al., 2015). 5.3

Dimensions et position des vidanges de fond Les résultats suivants sont basés sur le modèle numérique validé par les données expérimentales. Seul le lit horizontal a été testé numériquement. Trois positions verticales de l’orifice ont été testées (Figure 5). L’emplacement au fond a induit la plus grande efficacité d’évacuation des sédiments. Plus l’orifice est élevé, plus basse est l’efficacité d’évacuation. En fait, lorsque l’orifice est placé plus haut que le fond, le courant se réfléchit davantage par la structure du barrage en-dessous de l’orifice (Figure 5). De plus, l’orifice en opération a une zone d’aspiration ayant

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une limite supérieure et une inférieure. Plus l’orifice est loin du fond, plus la limite inférieure de l’aspiration est élevée et moins le courant de turbidité peut atteindre cette zone. De plus, différentes dimensions (hauteurs et largeurs) ont été testées et démontrent que l’évacuation optimale se fait en assurant que la zone d’évacuation, qui dépend des dimensions de la prise, le débit de sortie et la différence de densité entre le courant de turbidité et l’eau claire du réservoir, englobe le corps du courant de turbidité (question [e]). Si la zone d’aspiration formée est plus large que le corps du courant, plus d’eau claire du réservoir sera comprise dans le volume évacué, ce qui engendre plus de pertes. Si la zone d’aspiration atteint partiellement le courant de turbidité, les sédiments non atteints se déposeront, diminuant ainsi l’efficacité de l’évacuation. Afin d’estimer les limites de la zone d’aspiration, des formules théoriques ont été proposées par Gariel (1949) et Craya (1949) (basés sur des courants salins) et adaptées par Fan (1960) pour les courants de turbidité. L’analyse précédente convient à des barrages en cours de conception. Toutefois, dans la plupart des réservoirs opérationnels en Suisse, les sédiments ont atteints la hauteur de la vidange de fond et un lit horizontal s’est formé auprès du barrage. Il est important d’éviter que les structures de vidange déjà existantes soient bloquées par des sédiments. Si la structure de vidange est complètement bloquée, cela met en péril la sécurité du barrage et la construction d’une nouvelle prise plus élevée devient nécessaire comme c’était le cas dans le réservoir de Mauvoisin (Durand, 2001; Schleiss et al., 1996). Cela engendre évidemment des coûts de construction conséquents par rapport au coût de gestion des

sédiments en avance. Si la structure de vidange est partiellement bloquée, une ouverture fréquente des vannes doit être immédiatement appliquée. 6. Conclusions La sédimentation des réservoirs est une problématique qui engendre des dégâts et des pertes aux niveaux économique, environnemental et énergétique. Ainsi, elle doit être adressée le plus tôt possible, préférablement avant ou pendant la conception du barrage. Les sédiments en suspension constituent souvent 80 % à 90 % de la totalité des sédiments transportés par les rivières (Schleiss et al., 2016). Les courants de turbidité sont la source principale des sédiments en suspension dans les réservoirs. Pour cette raison, il est fondamental de mettre en place des lignes directrices qui permettraient la maîtrise de ces courants et de leur transit à travers la vidange de fond. Cette recherche propose des modes d’opération capables d’augmenter l’efficacité du transit des sédiments des courants de turbidité. Le débit de sortie, qui dépend de l’ouverture des vannes de fond et du niveau de la retenue doit être fixé par rapport au débit estimé du courant de turbidité. Des fonctions applicables pour le cas particulier des réservoirs Suisses ont été données, où le débit des vidanges de fond doit être restreint aux débits des courants de turbidité. L’ouverture optimale doit correspondre à un débit de 100 % du débit du courant de turbidité pour un lit horizontal auprès du barrage. Ce débit peut aller jusqu’à 135 % pour des pentes plus grandes, atteignant 5.0 %. D’un autre côté, l’ouverture des vannes doit être effectuée idéalement lorsque le courant de turbidité se trouve à une distance de 200 à 300 m de la vidange de fond. De même, le transit des courants de turbidité

ne doit pas s’arrêter immédiatement après la fin de la crue (et donc la fin du flux du courant de turbidité) mais doit durer pour assurer le rinçage de la rivière avale et éviter le colmatage du lit de la rivière. Il est également envisageable de combiner cette opération avec les crues artificielles (i. e., barrage de Rossens [Battisacco, 2016]) générées pour la revitalisation des rivières à l’aval des barrages. Dans le cas de nouvelles structures de vidange, le dimensionnement doit assurer la formation d’un cône d’aspiration pouvant atteindre le plus possible la dimension du courant. Si cela ne s’avère pas possible, l’augmentation du nombre de vidanges, verticalement ou horizontalement, serait une solution. La surveillance et le contrôle des courants de turbidité restent la clé d’une opération efficace. En d’autres termes, les réservoirs ayant un grand potentiel de formation de courant de turbidité doivent être munis d’un système de mesure, en particulier des turbidimètres auprès du fond du résevoir ainsi qu’à l’aval du barrage, afin de maîtriser les conditions de transit tels que le timing du début de l’opération, la durée et le débit de sortie. Remerciements : La présente recherche a été financée par Swisselectric Research et le Comité suisse des barrages. Bibliographie Amini, A., Venuleo, S., Chamoun, S., De Cesare, G., & Schleiss, A. (2017). Investigation of venting turbidity currents in the Rudbar-Lorestan reservoir in Iran. In Annual Meeting of International Commission on Large Dams (p. 77). Prague, Czech Republic. Annandale, G. W. (2005). Reservoir sedimentation. Encyclopedia of Hydrological Sciences. Chichester, U.K.: Wiley.

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Réchauffement climatique et transition énergétique: Quelles conséquences pour la production hydroélectrique suisse? Michel Bonvin, Philippe Jacquod

Résumé Le réchauffement climatique impacte de plus en plus fortement les conditions des régions alpines. Avec l'augmentation des températures, on assiste à une fonte accrue des volumes glaciaires, à une fonte précoce des neiges annuelles et à des modifications de régimes saisonniers de précipitation. La présente étude se penche sur l'impact combiné de ces changements climatiques et de la transition énergétique sur les modes de fonctionnement des installations hydroélectriques de notre pays. Alors que la production hydroélectrique annuelle sera réduite à cause du réchauffement climatique d'ici à 2050, son fonctionnement relatif sera accru en hiver et réduit en été. Ce nouveau régime de production permettra de compenser plus aisément les fluctuations saisonnières de production d'électricité dues aux nouvelles sources d’énergie renouvelable qui seront introduites par la stratégie énergétique 2050 de la Confédération. 1. Introduction Près de 60 % de l’électricité produite en Suisse est d’origine hydroélectrique. Les installations de ce secteur sont coûteuses et leur amortissement financier s’effectue sur de longues durées. Les décisions d’investir dans de nouvelles installations hydroélectriques doivent donc impérativement être éclairées à plusieurs décennies par des études de productions. La productivité des centrales hydroélectriques est directement tributaire de l’environnement naturel dans lequel elles se trouvent, qui détermine en particulier les régimes des apports hydrauliques et donc d’énergie. De nombreuses études récentes ont mis en évidence des changements importants des régimes de précipitations et de fonte des neiges dans l’arc alpin d’ici à la fin du XXIe siècle, et en ont discuté l’impact sur la productivité future du secteur hydro-

électrique de notre pays. Un aspect négligé jusqu’ici est que deux des trois piliers sur lesquels s’appuie l’approvisionnement électrique suisse – le nucléaire et les échanges importation/exportation avec les pays voisins – vont également être profondément modifiés, dans le même temps où le changement climatique impactera la productivité des centrales hydroélectriques – le troisième pilier. Il nous a donc paru opportun de coupler ces études climatiques à des scénarios d’évolution des modes de production et de consommation électriques inspirés par la stratégie énergétique 2050 de la Confédération. Le réchauffement global que subit actuellement notre planète affecte les régions alpines de manière particulièrement marquée [1] [2]. Alors que les températures augmentent, les glaciers fondent [3] [4], les chutes de neige sont plus rares et le rythme saisonnier des précipitations se modifie [5]. Bon nombre d’études climatologiques indiquent que ces tendances vont persister, voire même s’accentuer dans les prochaines décennies, ce qui pose un certain nombre de problèmes, du point de vue de la gestion des ressources en eau notamment [6] [7]. La production hydraulique d’électricité a fait l’objet d’études récentes qui semblent indiquer des changements géographiquement variables, et dont l’effet moyen sera très certainement distinguable des fluctuations annuelles d’ici à 2050 [8]. Ces changements sont principalement: • la réduction puis la disparition à partir de 2050 environ de la contribution de la fonte des glaciers à l’alimentation en eau des bassins hydrauliques d’accumulation; cette contribution représente aujourd’hui environ 10 % de l’apport total [9] [10]; • le déplacement d'un mois ou plus du pic de la fonte des neiges; l’apport correspondant sera déplacé vers le début du mois d’avril alors qu’il se trouve actuellement aux mois de mai–juin [6] [11] [12];

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la variation des rythmes saisonniers des précipitations, ces dernières augmentant quelque peu en hiver mais se réduisant en été; de plus, les précipitations d’hiver se feront de plus en plus sous forme de pluie, la neige ne tombant qu’à des altitudes supérieures [6] [7] [11]. La littérature scientifique est unanime à conclure à ces changements, même si des désaccords quantitatifs existent sur leur ampleur, désaccords principalement dus aux différents modèles météorologiques futurs utilisés. Il semble aussi admis que l’amplitude de ces changements dépendra significativement de la région et des bassins considérés [8], en particulier de l’altitude moyenne de ces derniers. Indépendamment de ces détails, des scénarios d’évolution climatique dans les régions alpines peuvent être construits et utilisés, qui reflètent qualitativement les évolutions prédites et résumées ci-dessus. Dans cet article nous construisons de tels scénarios dans le but d’évaluer la rentabilité future d’installations hydroélectriques et de guider les investissements dans un secteur où la période d’amortissement s’étendra au-delà de 2050. Partant des changements climatiques, et en particulier hydrologiques, mentionnés plus haut, le volume de la production d’hydroélectricité baissera substantiellement d'ici à 2050, dans des proportions différentes selon les bassins versants considérés. Actuellement malmené par la transition énergétique, le secteur hydroélectrique devrait donc voir ses ressources réduites encore par les changements climatiques. Quel sera le mode de fonctionnement de l’hydraulique de barrage en 2050? Nous allons montrer que les modifications climatiques des apports hydrauliques aux bassins de retenue réduiront le besoin de stockage saisonnier dans notre pays et facilitera à long terme la transition énergétique dans le domaine électrique.

13


Figure 1. Productions et consommation d’électricité annuelles et saisonnières en Suisse en 2015, en TWh. 2. Situation actuelle Avant de décrire les modifications de la production hydroélectrique dans notre pays dans les deux paragraphes suivants, nous résumons la situation actuelle dans la Figure 1. Productions et consommation d’électricité sont indiquées pour toute l’année 2015, ainsi que séparément pour les saisons d’été (définition de l’OFEN: d’avril à septembre [13]) et d’hiver (d’octobre à mars). Les apports énergétiques à l’hydraulique d’accumulation (précipitations et eaux de fonte) sont indiqués par un encadrement rouge. Ils sont nettement supérieurs à la production en été et inférieurs en hiver, ce qui met en évidence le rôle crucial de stockage saisonnier de l’hydraulique d’accumulation. Les rectangles noirs indiquent des exportations lorsqu’ils se trouvent au-dessus du rectangle de consommation et des importations dans le cas contraire. La production helvétique de 2015 a été dominée par l’hydraulique d’accumulation (35 %), le nucléaire (34 %) et l’hydraulique au fil de l’eau (25 %) [13]. Production et consommation d’électricité en Suisse en 2050 L’approvisionnement électrique de notre pays va être fondamentalement modifié d’ici à 2050: la stratégie énergétique de la

Confédération prévoit la fermeture de nos centrales nucléaires et leur remplacement par des productions majoritairement renouvelables; nos importations seront gouvernées par un marché libéralisé au niveau européen et non par des contrats à long terme; finalement, le mode de fonctionnement de nos centrales hydroélectriques de retenue et au fil de l’eau va être impacté par les changements climatiques mentionnés plus haut. Pour tenir compte de ces aspects, nous modélisons la production et

la consommation d’électricité en 2050 de la manière suivante. Premièrement, la consommation annuelle d’électricité par habitant est réduite de 15 % par rapport celle de l’année 2000, en accord avec la stratégie énergétique de la Confédération, alors que la population augmente suivant le scénario A de l’OFS [14], à 10.5 millions d’habitants en 2050. Ceci donne une augmentation de la consommation nationale annuelle de 7.5 TWh. D’autre part, de nouveaux rythmes de consommation qui vont se mettre en place en parallèle avec la transition énergétique lisseront l’amplitude journalière des pics de consommation de 5 % et combleront d’autant les creux de consommation par rapport au rythme de consommation actuel. Une électrification accrue, notamment dans le secteur du chauffage domestique, conduira finalement à une augmentation relative de la consommation d’électricité en hiver. On obtient une consommation annuelle d’électricité d’environ 70 TWh, dont 31 TWh en été et 39 TWh en hiver, à comparer avec 62.5 TWh en 2015, dont 28.5 TWh en été et 34TWh en hiver. Deuxièmement, la production hydroélectrique est impactée par les changements climatiques. En intégrale annuelle, la production au fil de l’eau est réduite de 5 %. Son pic de fonte des neiges est déplacé d’un mois plus tôt, vers le début avril, et réduit de 10 %. Cette réduction est partiellement compensée par une augmentation des rentrées hivernales, l’augmentation des températures résultant en plus de précipitations sous forme de pluie et moins sous forme de neige. Parallèlement, le remplissage annuel des barrages est lui aussi réduit de 5 %, avec un

3.

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Figure 2. Puissance de remplissage de l’hydraulique d’accumulation (bleu) et de production de l’hydraulique au fil de l’eau (rouge) en Suisse en 2015 et 2050. «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


pic plus précoce de 6 semaines. Ces évolutions incluent qualitativement les changements prédits dans les études climatologiques précitées [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12]. Troisièmement, nous considérons que toutes les centrales nucléaires suisses sont fermées. Leur production annuelle d’environ 24 TWh est remplacée principalement par des productions de nouvelles énergies renouvelables. Pour ces dernières, nous considérons un mix composé de 75 % de solaire photovoltaïque, de 10 % d’éolien et de 15 % de production en ruban qui pourrait provenir de géothermie, de biomasse ou autres. Ce mix est calibré pour que la consommation nationale soit égale à la production électrique annuelle nette, obtenue en soustrayant les possibles pertes par écrêtage des surproductions ponctuelles. Finalement, on utilise tout le potentiel énergétique de l’incinération des déchets et on considère ainsi une augmentation de 50 % de la production électrique des centrales thermiques. Un déséquilibre saisonnier entre production et consommation existe dans notre pays depuis plusieurs années, qui se traduit par des importations hivernales et des exportations estivales. Avec la montée en puissance de la production photovoltaïque, ce déséquilibre devrait encore s’accentuer. Un des buts de la présente étude est d’estimer dans quelle mesure les conséquences du réchauffement climatique sur la production hydroélectrique permettront de le contenir. Afin de rétablir l’équilibre saisonnier, deux scénarios sont considérés. Dans le scénario «production hivernale», on considère des centrales à gaz fonctionnant uniquement pendant les mois d’hiver. Dans le scénario «import/export saisonnier», on étend le mécanisme actuel d’échanges d’énergie électrique avec les pays voisins du nôtre, consistant en des exportations en été compensées exactement par des importations en hiver. Tant la production hivernale des centrales à gaz dans le premier scénario que le volume des échanges dans le second sont à déterminer afin de rétablir l’équilibre entre consommation et production en été comme en hiver. Apports hydrauliques dans les retenues et absorption saisonnière des nouveaux renouvelables Dans notre pays, l’éolien produit en moyenne autant en hiver qu’en été, ce qui est aussi le cas pour la géothermie, l’utilisation de la biomasse et des déchets. En revanche, toutes les autres productions

d’électricité existantes en 2050 sont caractérisées par une saisonnalité marquée. Les apports de remplissage des réservoirs hydroélectriques sont essentiellement estivaux, actuellement dans un rapport de quatre contre un par rapport aux apports d’hiver. De même, les débits des cours d’eau sont plus importants en été qu’en hiver, ce qui se répercute directement sur la production hydraulique au fil de l’eau. En 2050, tant l’écart entre la production au fil de l’eau d’hiver et d’été que celui entre les remplissages hivernaux et estivaux des bassins d’accumulation se réduira par effet du réchauffement climatique. La quantité totale d’eau entrant dans les barrages sera réduite, principalement en été, à cause de la disparition des apports de fonte des glaciers [9] [10]. Les apports d’hiver ne seront probablement que peu affectés, et augmenteront même un peu pour les réservoirs de basse altitude, les précipitations se faisant en 2050 plus sous forme de pluie – entrant directement dans les réservoirs – et moins sous forme de neige. Alors qu’actuellement le remplissage des barrages correspond à environ 17.5 TWh en été et 4 TWh en hiver, après soustraction de l’énergie de pompage, nos scénarios tablent sur un remplissage de 14.5 TWh en été et 6 TWh en hiver, en 2050. L’évolution de 2015 à 2050 des puissances de remplissage des bassins

d’accumulation ainsi que de la production de l’hydraulique au fil de l’eau est illustrée en Figure 2. La forte saisonnalité de production de l’hydraulique au fil de l’eau, ainsi que celle, évidente, de la production solaire photovoltaïque, est déjà aujourd’hui partiellement compensée par l’hydraulique d’accumulation, qui utilise la flexibilité des barrages pour produire plus en hiver. Le transfert d’une partie des apports d’été en production hivernale est possible jusqu’à un certain point déterminé par le remplissage des bassins d’accumulation – la production estivale doit assurer que ces derniers ne débordent pas. Ainsi en 2015, les barrages ont produit 11.5 TWh en été comme en hiver, correspondant à un transfert de 7.5 TWh des apports énergétiques d’été en production hivernale. On estime qu’en utilisant les barrages au plus près de leurs limites, jusqu’à 2 TWh supplémentaires pourraient être transférés, sans augmentation de capacité [15]. Estce suffisant? La Figure 3 montre les productions et consommation hypothétiques de laSuisse en 2050, incluant les changements induits par la transition énergétique, mais sans changement climatique. La production de l’hydraulique d’accumulation a été optimisée de manière à absorber au maximum la saisonnalité des produc-

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Figure 3. Productions et consommation d’électricité annuelles et saisonnières en Suisse en 2050, en TWh, incluant les changements induits par la transition énergétique, mais sans changement climatique.

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Figure 4. Productions et consommation d’électricité annuelles et saisonnières en Suisse en 2050, en TWh, incluant les changements induits par la transition énergétique et les changements climatiques, pour les scénarios «import/export saisonnier» (gauche) et «production hivernale» (droite). tions photovoltaïques et au fil de l’eau. On observe que, sous les hypothèses d’évolution des modes de production évoqués plus haut, la Suisse devrait exporter 5.5 TWh d’électricité en été pour importer le même volume en hiver. Alternativement on pourrait penser augmenter la capacité d’accumulation des barrages de la même valeur, ce qui serait bien évidemment utopique, puisque correspondant à 60 % du volume de stockage actuel. La situation est moins tendue lorsque les changements climatiques sont pris en compte, notamment les modifications des régimes de précipitation et de fonte des neiges résumés en Figure 2. La Figure 4 montre que l’effet combiné de la transition énergétique et des changements climatiques réduit les besoins de transfert de production de l’été vers l’hiver à 2.5 TWh dans un scénario «import/export saisonnier». Alternativement, ce déséquilibre saisonnier peut également être absorbé par mobilisation hivernale de centrales à gaz, qui devraient alors produire environ 5 TWh, contre 10 TWh sans changement climatique. La Table 1 compare la situation avec et sans changement climatique. Elle permet d’estimer la capacité de transfert énergétique de ces changements à environ 3 TWh. Absorption journalière des nouvelles énergies renouvelables Nos calculs heure par heure, soumis à la contrainte que les bassins d’accumulation ne doivent jamais s’assécher ni ne dépas-

Scénario Sans réchauffement climatique

Import/Export 5.5 TWh

Production hivernale 10 TWh

Avec réchauffement climatique

2.5 TWh

5 TWh

Table 1. Quantité d’importation d’hiver/d’exportation d’été (scénario «import/export saisonnier») ou de production hivernale de centrale à gaz nécessaire à l’absorption des saisonnalités de production en 2050 sans et avec changements climatiques. ser leur cote maximale actuelle de 8.8 TWh montrent que la production hydroélectrique d’accumulation peut garantir en tout temps l’équilibre entre consommation et production, pour autant qu’une puissance de pompage-turbinage de 4 GW soit disponible. Cette puissance sera déjà mo-

bilisable en 2020, après la mise en service des centrales de Linth-Limmern et Nant-de-Drance. La Figure 5 illustre le changement de régime d’utilisation de l’hydraulique d’accumulation entre 2015 et 2050, suivant la transition énergétique couplée aux changements climatiques.

5.

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Figure 5. Echange import/export, production de l’hydraulique d’accumulation conventionnelle et des stations de pompage-turbinage et niveau des bassins d’accumulation en 2015 (haut; réel) et 2050 (bas; calculé selon scénario «import/export saisonnier»). «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


On observe, premièrement, une augmentation de production en hiver et une baisse en été, nécessaire pour absorber la production photovoltaïque excédentaire en été. Ce nouveau régime de production pousse les barrages vers leur limite de capacité. Deuxièmement, le recours au stockage journalier – dans le cas de notre étude, le pompage-turbinage – sera indispensable afin d’établir l’équilibre production/consommation à l’échelle de la journée. Il s’agira d’absorber les fluctuations de la production photovoltaïque. Comme celle-ci atteindra une puissance pic d’environ 18 GWp, une absorption complète nécessiterait une puissance de pompage-turbinage de 8 GWp pour une capacité de 80 GWh, soit un doublement du volume de pompage-turbinage prévu en 2020. Les conditions économiques futures décideront de l’opportunité de tels investissements, que nous n’avons pas pris en compte dans la présente étude, optant plutôt pour un écrêtage de la production photovoltaïque lorsque sa production dépasse la consommation augmentée de la puissance de pompage. Cet écrêtage correspond à un peu moins de 5 TWh par an. 6. Conclusions Le mode de production électrique de notre pays est marqué par une forte variation saisonnière: Nous produisons trop d’énergie électrique en été, et pas assez en hiver. Cette variation est appelée à s’amplifier avec la transition énergétique, en particulier avec le déploiement important de solaire photovoltaïque qui lui est associé. Les résultats de notre étude indiquent clairement que les évolutions climatiques à venir, en particulier les régimes futurs de précipitations et de fonte des neiges atténueront sensiblement cette variation saisonnière. Mais l’atténuation ne sera pas complète et il restera 2.5 TWh d’énergie électrique à transférer d’été en hiver. Ceci pourrait se faire soit par des échanges importation/exportation comparables, à ceux déjà existant entre notre pays et ses voisins, soit par la mise en service de centrales à gaz produisant 5 TWh annuellement, essentiellement en hiver. Dans ce dernier cas, environ 1 GW de puissance de production à gaz sera nécessaires, émettant 1 million de tonnes de CO2 par année représentant une augmentation de 2.5 % des émissions actuelles de notre pays. Finalement, nous concluons que la puissance de stockage par pompageturbinage installée en Suisse à l’horizon 2020 sera suffisante pour absorber les

fluctuations journalières de production. L’écrêtage de production photovoltaïque de 5 TWh annuels mentionné plus haut sera certainement réduit par le déploiement local de solutions de stockage, par exemple par des batteries Li-ion. Le secteur hydroélectrique sera un acteur important de la transition énergétique dans notre pays. Il semble être d’ores et déjà bien calibré pour faire face aux défis à venir et nous ne voyons pas d’investissement infrastructurel majeur à effectuer dans ce secteur à la lumière des changements climatiques à venir.

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[2]

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M. Fischer, M. Huss, C. Barboux , M.

Hoelzle, «The new Swiss Glacier Inventory

Adresse des auteurs

SGI2010», Arctic, Antarctic and Alpine Re-

Prof. Michel Bonvin est physicien de l’École po-

search, vol. 46, p. 933, 2014.

lytechnique fédérale de Zurich où il a obtenu un

[4]

M. Fischer, M. Huss, M. Hoelzle, «Surface

titre de docteur en sciences naturelles. Actuel-

elevation and mass changes of all Swiss gla-

lement consultant dans le domaine de l’énergie,

ciers 1980–2010», The Cryosphere, vol. 9, p.

il a été jusqu’en 2014 professeur à la HES-SO

525, 2015.

Valais et a déployé des activités de recherche

[5]

en énergie (énergétique du bâtiment, processus

M. Beniston, «August 2005 intense rainfall

event in Switzerland: Not necessarily an analog

industriels).

for strong convective events in a greenhouse

bom@netplus.ch

climate», Geophys. Res. Lett., vol. 33, p.

Prof. Philippe Jacquod est physicien de l’École

L05701, 2006.

polytechnique fédérale de Zurich. Il a obtenu un

[6]

M. Hill Clarvis, S. Fatichi, A. Allan, J. Fuhrer,

titre de docteur en sciences naturelles de l’Uni-

M. Stoffel, F. Romerio, L. Gaudard, P. Burlando,

versité de Neuchâtel. Il a effectué des séjours

M. Beniston, E. Xoplaki, A. Toreti, «Governing

postdoctoraux aux Universités de Yale (USA) et

and managing water resources under changing

Leiden (Pays-Bas) et a été professeur de phy-

hydro-climatic contexts: The case of the upper

sique à l’Université d’Arizona. Depuis 2013, il

Rhone basin», Environmental Science and Po-

est professeur à la HES-SO/Valais où il dirige

licy, vol. 43, p. 56, 2014.

une équipe de recherche active dans le domaine

[7]

de l’énergie.

M. Beniston, M. Stoffel, M. Hill, «Impacts

of climatic change on water and natural hazards

HES-SO Valais, CH-1950 Sion,

in the Alps: Can current water governance cope

philippe.jacquod@hevs.ch

with future challenges? Examples from the European ‹ACQWA› project,» Environmental Science and Policy, vol. 14, p. 734, 2011. [8]

B. Lustenberger, B. Schaedler, «Les effets

du changement climatique sur l’utilisation de la force hydraulique», Matériaux pour l’Hydrologie de la Suisse, vol. 38, septembre 2011. [9]

B. Schaefli, B. Hingray, A. Musy, «Climate

change and hydropower production in the Swiss Alps: quantification of potential impacts and related modelling uncertainties», Hydrology and Earth System Sciences, vol. 11, p. 1191, 2007. [10] S. Terrier, F. Jordan, A. Schleiss, W. Haeberli, C. Huggel, M. Kuenzler, «Optimized and adapted hydropower management considering

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Lebensraum Gewässer – Sedimentdynamik und Vernetzung Forschungsprogramm «Wasserbau und Ökologie» David Vetsch, Jessica Allen, Anna Belser, Robert Boes, Jakob Brodersen, Sabine Fink, Mário J. Franca, Carmelo Juez, Olga Nadyeina, Christopher T. Robinson, Christoph Scheidegger, Anton Schleiss, Annunziato Siviglia, Christine Weber, Volker Weitbrecht

Zusammenfassung Nach erfolgreichem Abschluss der interdisziplinären Vorgängerprojekte «Rhone-Thur», «Integrales Flussgebietsmanagement» und «Geschiebeund Habitatsdynamik» wurde im Rahmen des durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) unterstützten Forschungsprogramms «Wasserbau und Ökologie» ein neues Projekt gestartet, welches sich auf die Sedimentdynamik und Vernetzung in Fliessgewässern konzentriert. Das Ziel des Projekts ist es, das im Rahmen der Vorgängerprojekte erarbeitete Wissen weiter zu vertiefen und auszubauen. Dabei stehen wiederum konkrete Fragen und Antworten zu Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojekten im Vordergrund. Im vorliegenden Beitrag werden die Zielsetzung sowie die Projektschwerpunkte mit den daraus resultierenden einzelnen Teilprojekten vorgestellt. 1. Zielsetzung Behörden auf Bundes- und Kantonsebene stehen vor der grossen Herausforderung, die Fliessgewässer als Lebensraum aufzuwerten und den Schutz vor Hochwasser sicherzustellen. Um die Behörden in ihren Anstrengungen zu unterstützen, hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) vor fünfzehn Jahren das interdisziplinäre Forschungsprogramm «Wasserbau und Ökologie» lanciert. Ziel des Programms ist es, wissenschaftliche Grundlagen zur Beantwortung aktueller Praxisfragen zu erarbeiten und umsetzungsgerecht aufzubereiten. Am Programm beteiligen sich Ökologen und Flussbauingenieure von vier Institutionen des ETH-Bereichs (Eawag, LCH der EPFL, VAW der ETH Zürich, WSL) sowie weitere Partner aus Praxis und Wissenschaft. Damit soll die praxisorientierte Forschung an den Institutionen langfristig gestärkt und der Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis gesichert werden. Seit dem Programmstart im Jahre 2002 wur-

den drei praxisorientierte, interdisziplinäre Forschungsprogramme durchgeführt: «Rhône-Thur» (2002–2006), «Integrales Flussgebietsmanagement» (2007–2011), «Geschiebe- und Habitatsdynamik» (2013–2017). Die erarbeiteten Grundlagen sind auf «www.rivermanagement.ch» publiziert. Mit dem Folgeprogramm «Lebensraum Gewässer – Sedimentdynamik und Vernetzung» (2017–2021) soll auf dem Wissen und den Erfahrungen aus den drei Vorgängerprogrammen aufgebaut werden. Es werden wiederum konkrete Fragen und Antworten zu Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojekten im Vordergrund stehen. Dieses Vorgehen ermöglicht eine Kontinuität und eine Vertiefung bzw. Weiterentwicklung der Forschungsschwerpunkte. Die zentralen Forschungsthemen lauten: • Feststofftransport (und Wasserführung): Bedeutung hinsichtlich Sicherheit und Ökologie, vor allem in mittelgrossen Gewässern

Gewässerraum als Lebensraum: Optimale Gestaltung, Nutzung und Unterhalt des Gewässerraums hinsichtlich Sicherheit und Ökologie Das Thema Sedimente und Sedimentdynamik (Bild 1) mit seinen wichtigen, aktuellen und dringenden Fragestellungen wird vertieft und ausgeweitet – immer sowohl hinsichtlich wasserbaulicher als auch ökologischer Aspekte. Dabei steht der Einbezug der Vernetzung im Vordergrund. Im Rahmen des Projekts werden nebst den wissenschaftlichen Originalpublikationen von den Projektmitarbeitenden wiederum Synthesepublikationen erarbeitet. Diese fassen die wichtigsten Erkenntnisse interdisziplinär und praxisorientiert zusammen. Damit soll der Wissenstransfer in die Praxis sichergestellt werden. 2.

Kurzbeschrieb der Teilprojekte Das Folgeprojekt umfasst 13 Teilprojekte (TP). Die TP werden jeweils von einer Institution koordiniert und es wird eine inten-

Bild 1. Unbeeinflusste natürliche Flussläufe wie der Tagliamento in Norditalien sind selten in Europa. Flussabschnitte mit einer vergleichbaren Dynamik, jedoch in kleinerem Rahmen soll es zukünftig in der Schweiz vermehrt geben (Foto: VAW).

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sive Zusammenarbeit mit anderen beteiligten Institutionen gepflegt. Teilprojekt 4 wird von VAW und LCH gemeinsam geleitet. TP1: Induzierte eigendynamische Flussaufweitungen (VAW) Flussaufweitungen sind eine gängige Revitalisierungsmassnahme, wofür es verschiedene empirische und numerische Bemessungsansätze gibt. Die Thematik wurde an der VAW untersucht. Die eigendynamische Entstehung von Flussaufweitungen, wie etwa an der Kander (Bild 2), ist jedoch nach wie vor mit grossen Unsicherheiten verbunden, vor allem auch deren ökologische Wirkung unter den vorhandenen Einschränkungen hinsichtlich benötigter Flussbreite und hydrologischen Randbedingungen. Im Rahmen dieses Projekts soll daher der Aufweitungsprozess mit physikalischen Modellversuchen vertieft untersucht werden, wobei vor allem der Frage nachgegangen werden soll, inwiefern dieser durch die Form und Art von Einbauten gesteuert werden kann. Dabei ist auch der Erosionswiderstand von Uferböschungen zu berücksichtigen. Dieser lässt sich anhand der Erhebung der Böschungseigenschaften (Töss, Thur usw.) oder der Erosionsgeschwindigkeit, basierend auf Luftbildern oder Vermessungsdaten, abschätzen. Grundlage für die Untersuchungen wird eine vorgeschaltete Analyse bestehender Flussaufweitungen in der Schweiz und deren Entwicklung in den letzten Jahrzehnten sein.

Einbauten, wie z. B. Buhnen, dienen zum Schutz von Infrastruktur oder dem Land Dritter. Jedoch wurde der Einfluss von Einbauten und Totholzansammlungen zur Schaffung von Refugien oder zur Beeinflussung der lokalen Morphologie noch nicht untersucht. Zudem ist die Entwicklung der Sohle ober- und unterhalb der Aufweitung genauer zu untersuchen, womit die Geschiebebilanz des Gesamtsystems ermittelt werden kann. Es soll auch auf die Frage eingegangen werden, ob und in welcher Form Geschiebebewirtschaftung während der eigendynamischen Entstehung der Flussaufweitung notwendig ist. Es ist zu prüfen, ob Geschiebeentnahmen durch genügend Eigendynamik und ausreichende Transportkapazität allenfalls vermieden werden können. Diese Arbeit baut auf den Erkenntnissen des Vorgängerprojekts auf. TP2: Mesohabitatmodellierung und Morphologie (VAW) Bei der Mesohabitatmodellierung werden in einem Fliessgewässer grössere zusammenhängende Bereiche als Habitat betrachtet. Solche Abschnitte können z. B. geomorphologisch ähnlich sein oder die Fliessgrössen liegen in einer vorgegebenen Bandbreite. Darin liegt auch der wesentliche Unterschied zu einfacheren Ansätzen für die Habitatmodellierung resp. zu Mikrohabitatmodellen; die Beschreibung der Habitate beschränkt sich nicht auf lokale und teilweise isolierte Verhältnisse. Dadurch sollen übergeordnete Aussagen vom Flussabschnitt zum Flusslauf bis auf

Bild 2. Eigendynamische Aufweitung am Beispiel der Kander Augand, 2006 (Quelle: Tiefbauamt des Kantons Bern, Oberingenieurkreis I). 20

Ebene Einzugsgebiet ermöglicht werden. Die Erhebungen von Mesohabitaten resp. die Perimeter mit einer jeweiligen Anzahl an Lebewesen erfordern eine aufwendige Identifizierung und Beprobung im Feld. Für die weitere Verwendung mit einem Simulationsmodell ist die Ausdehnung der so erfassten Lebensräume fixiert. Für die Berechnung der Strömung und morphologischer Veränderungen in einem Fliessgewässer gibt es eine Vielzahl von Simulationsmodellen, welche auch zur Charakterisierung von Mesohabitaten verwendet werden können. Jedoch gibt es bislang keine automatischen Verfahren, um die Ausdehnung der einzelnen Lebensräume zu identifizieren. Zudem fehlen Modelle, welche die Dynamik der Habitate bezüglich veränderlicher Morphologie oder die Wechselwirkung mit der Wassertemperatur berücksichtigen. Im Rahmen dieses Projekts sollen die oben genannten Lücken geschlossen werden. Für die Bestimmung der Merkmale der Lebensräume sowie der Zusammenhänge von physikalischen Modellgrössen und den biologischen Parametern ist jedoch nach wie vor eine enge Zusammenarbeit mit Gewässerökologen resp. Abstimmung mit den anderen Teilprojekten der Eawag und der WSL notwendig. TP3: Bewirtschaftung von Hochwasserrückhalteräumen (VAW) Die laterale Entlastung von Wasser aus einem Fluss während eines Hochwassers in seitlich, d. h. im Nebenschluss angeordnete Hochwasserrückhalteräume führt zu einer Reduktion des Abflusses im Hauptgerinne und somit zu einer Reduktion der Schleppspannung. Je nach Geschiebetrieb kommt es somit zu Auflandungen im Fluss. Die Wechselwirkung zwischen Strömung und Geschiebetransport beeinflusst die Trenncharakteristik des Entlastungsbauwerks im Sinne eines unkontrollierten Anstiegs der seitlichen Überfallintensität. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf Aussagen zur Hochwassersicherheit in Flüssen mit Geschiebetransport und lateraler Entlastung. Als Ausgangslage für dieses Projekt dient das «Positionspapier zu seitlichen Hochwasserentlastungen an Flüssen» der KOHS. Der Einfluss der Sohlenmorphologie wird in heute gängigen Bemessungskonzepten bzw. bei deren Umsetzung mittels numerischer Modelle in der Regel weitgehend nicht berücksichtigt, oder er wird nur sehr rudimentär abgebildet. Besonders die instationären Prozesse während des Durchgangs einer Hochwasserganglinie werden noch nicht

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adäquat numerisch abgebildet. Daher soll der Effekt von Sohlenveränderungen auf die Trenncharakteristik respektive das Zusammenspiel von Entlastung und Geschiebetransport eines seitlichen Entlastungsbauwerks mit numerischen 1D- und 2D-Modellversuchen vertieft untersucht werden. Zur Kalibrierung und Validierung des numerischen Modells können Laborexperimente verwendet werden. Weitere mögliche Aspekte sind der Einfluss eines Rückstaus aus dem Entlastungsraum in das Gerinne und allenfalls der Zurückfluss des Wassers aus dem Entlastungsraum in den Vorfluter. TP4: Transport von Schwebstoffen in zusammengesetzten Gewässerprofilen mit Vorländern (LCH und VAW) Die Vorländer von Fliessgewässern dienen in erster Linie zur Hochwassersicherheit, einerseits wegen der zusätzlichen Abflusskapazität und anderseits dienen sie als Rückhalteraum zur Reduktion von Hochwasserspitzen, aber auch für Totholz und Feinsedimente. Gewässervorländer sind aber auch sehr wichtig für die natürlichen Funktionen, dienen als Lebensraum, der Vernetzung und weiteren ökologischen Funktionen. Aus Sicht der Ökologie sollten die Vorländer zum grossen Teil bestockt sein; als Alternative zu einer durchgehenden, holzigen Vegetation sind auch krautige Anteile (Hochstauden und Gräser wie Schilf, Glanzgras) möglich. Die üblichen Vorländer sind meistens aus einer Gewässerkorrektion mit Doppelabflussprofil hervorgegangen. Da das Mittelgerinne normalerweise mit Blockwurf gegen die Vorländer abgegrenzt ist, sind Letztere von der natürlichen Dynamik abgekoppelt. Mit Ausnahme der mehr oder weniger regelmässigen Ablagerung von Feinsedimenten sowie Totholz finden kaum ökologisch relevante Sukzessionen statt. Viele heute kanalisierte Alpenflüsse transportieren erhebliche Mengen an Feinsedimenten, insbesondere Gletscherschliff. Revitalisierungsprojekte erhöhen die Gerinnerauheit, was zwangsläufig die Ablagerung der Feinsedimente beeinflusst. Dieses Teilprojekt baut auf den Erkenntnissen des Vorgängerprojekts (Transport, Absetzung und Effekt von Feinsedimenten in revitalisierten Gewässern) auf, welches das Verhalten von Feinsedimenten in Abhängigkeit der Uferrauheit (Makrostrukturen) und den Rückhalt von Feinsediment im Bereich der Ufer untersucht hat. Diese Untersuchungen werden nun auf zusammengesetzte Profile, also auf Flüsse mit den oben erwähnten

Vorländern, ausgeweitet, und dies unter Berücksichtigung von Bewuchs auf den Vorländern. Zu dieser Problematik existieren heute nur sehr lückenhafte wissenschaftliche Grundlagen. Zu deren praxisorientierten Erarbeitung wird eine hybride Vorgehensweise mit physikalischen (LCH) und numerischen (VAW) Modelluntersuchungen vorgeschlagen. TP5: Untersuchung der ökomorphologischen Wirksamkeit von Geschiebezugaben unterhalb von Talsperren (LCH) Alpine Gewässer in Restwasserstrecken unterhalb von Talsperren sind wegen fehlender Hochwasser oftmals vollständig abgepflästert. Ziel ist es, durch Geschiebezugaben (alternierend angeordnete Geschiebedepots unterhalb des Grundablasses), kombiniert mit künstlichen jährlichen Hochwassern, wiederum die erforderlichen relativ feinen Kiesbankstrukturen auf der Abpflästerung zu generieren, welche als Fischlaichgründe funktionieren können. Das Vorgängerprojekt gab Hinweise, wie Geschiebedepots unterhalb von Talsperren geschüttet werden müssen, und zwar sodass sich diese bei einem konstanten Hochwasserabfluss in einem geraden alpinen Gerinne als alternierende Kiesbanke (oder ähnliche Strukturen) bewegen. Nun soll die Wirksamkeit von künstlichen Geschiebeschüttungen auch in komplexeren Gewässermorphologien sowie für dynamische Hochwasserganglinien untersucht werden. Dabei sollen Antworten auf folgende noch offene Fragen gegeben werden: • Einfluss der Ganglinien und Dauer der künstlichen Hochwasser auf die alternierenden Kiesbänke (oder ähnliche Morphologiestrukturen): Verteilung, Struktur, Schichtstärke • Dauerhaftigkeit der Kiesbänke hinsichtlich natürlicher Hochwasserereignisse • Entstehende flussmorphologische Strukturen durch Schüttungen bei verschiedenen Gewässermorphologien insbesondere bei leicht mäandrierenden Gewässern und Gewässern mit variablen Gerinnebreiten • Einfluss von Geschiebezugaben auf die Sohlenstabilität in Gerinneaufweitungen • Charakterisierung der ökologischen Wertigkeit der entstehenden Habitatstrukturen (Ansatz Meso und HMID – Hydraulisch-morhologischer Vielfältigkeitsindex).

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Die Untersuchungen werden mit systematischen Experimenten in einem Versuchskanal durchgeführt. Dies erlaubt, die Fortpflanzung der mit künstlichen Hochwassern mobilisierten Geschiebedepots im Gerinne detailliert zu verfolgen und mit morphologischen Kenngrössen systematisch zu charakterisieren. Parameter der Experimente sind Volumen und Anordnung des Geschiebedepots, Ganglinie des künstlichen Hochwassers, Gerinnemorphologie (Breitenänderungen und Krümmungen). Gemessen wird die Veränderung der Sohleneigenschaften als Folge der Fortpflanzung der Geschiebedepots nach ihrer Erosion (räumliche und zeitliche Verteilung). Die entstehenden Sohlenstrukturen und ihr Einfluss auf die Fliessverhältnisse werden mit HMID beurteilt. TP6: Funktionsweise und konstruktive Gestaltung von durchlässige Geschiebesammlern (LCH) Die meisten Geschiebesammler in der Schweiz halten auch das Geschiebe bei kleineren Hochwassern (bis HQ5) zurück, was aus Hochwasserschutzgründen nicht nötig und für die Geschiebedynamik im unterhalb liegenden Gewässer schädlich ist. Im Vorgängerprojekt konnte ein neues Konzept eines teildurchgängigen Geschiebesammlers (Bild 3) für den sicheren Rückhalt erarbeitet werden. Durch den Einsatz eines Leitgerinnes im Rückhalteraum von Geschiebesammlern und einem Abschlussbauwerk mit vorgelagertem Grobrechen können die Geschiebedurchgängigkeit bei geringem Abfluss verbessert und der sichere Geschieberückhalt bei Hochwasser optimiert werden. Nun soll die Funktionsfähigkeit des neuen Geschiebesammlers für Hochwasserganglinien sowie in Abhängigkeit der Ausgestaltung des Geschieberückhalteraums untersucht werden. Dabei sollen folgende noch offene Fragen beantwortet werden: • Einfluss der Ganglinien und Dauer der Hochwasser sowie Kornverteilung des Geschiebes auf den Geschiebedurchgang durch die Sperre • Konstruktive Ausbildung der Durchlässe im Zusammenspiel mit dem Rückhalteraum • Wie viel Geschiebe ist notwendig, um das Geschiebegleichgewicht und somit die gewünschten Habitate unterhalb des Geschiebesammlers zu reaktivieren und welches sind die entsprechenden bettbildenden Abflüsse? Wann können die oft vorhandenen sohlenstabilisierenden Massnahmen (Schwellen) entfernt werden? 21


Bild 3. Geschiebesammler sollen so ausgestaltet werden, dass sie bei kleineren Abflüssen geschiebedurchgängig sind, wie etwa hier in Nant Rouge (Foto: Sebastian Schwindt). •

Wie sollte der Geschieberückhalteraum ausgebildet und bewirtschaftet werden, damit er auch ökologische Funktionen erfüllen kann? An der bereits vorhandenen Versuchsinstallation sollen die weitergehenden systematischen Experimente durchgeführt werden, um die erwähnten Fragen zu beantworten. TP7: Parameterstudie zur Kolmatierung von verschiedenen Substraten durch Feinsedimente (LCH) In Zusammenhang mit Teilprojekt 4 geht es darum, die Frage abzuklären, ob die Gefahr besteht, dass es bei Renaturierungsmassnahmen (makroraue Ufer und zusammengesetzte Profile) zu einer Kolmation der potenziellen Habitate kommt. Es geht insbesondere darum, die minimalen Geschwindigkeitsverhältnisse in renaturierten Gewässerprofilen zu ermitteln, welche die Gefahr von Kolmation in der hyporheischen Zone ausschliessen. Dabei werden folgende Aspekte untersucht: • Kolmation von verschiedenen Habitaten in Abhängigkeit der Granulometrie und Dichte des Substrats in Abhängigkeit der Strömungsverhältnisse • Einfluss Infiltration und Exfiltration in den Grundwasserkörper • Konsequenzen auf Durchlässigkeit der Gewässersohle und der Vorländer Nach einem eingehenden Literaturstudium und der Dokumentation des bestehenden Wissens werden in einem Versuchskanal systematische Experimente durchgeführt. Dabei werden das Gerinnebett (Kiesschicht) und die Tiefe der benthischen Zone systematisch variiert. Genaue punktuelle Geschwindigkeitsmessungen 22

Bild 4. Naturnahe Fliessgewässer sind eng vernetzt mit ihrem Umland (Foto: Hannes Scheuber).

(Turbulenz) mit der Laserdopplermethode werden es erlauben, den Austausch in der hyporheischen Zone und somit die Kolmation zu verstehen und zu charakterisieren. TP8: Geschiebedynamik und seitliche Vernetzung in Flussauen (Eawag) Die Zusammensetzung der Sohle sowie ihre Umlagerung durch Hochwasser haben direkte und indirekte Auswirkungen auf die Stoff- und Energieflüsse eines Fliessgewässers und damit auf Ökosystemfunktionen und Biodiversität. Stoffund Energieflüsse umfassen z. B. die Bewegung von Organismen, das An- oder Abschwemmen von abgestorbenem Pflanzenmaterial oder den Frass von Beutetieren durch Räuber. Bleibt die Bewegung der Sohle aufgrund fehlender Abfluss- oder Geschiebedynamik aus, dann kann sich z. B. Laub in der Sohle ansammeln. Eine verstärkte Ansammlung von organischem Material in der Sohle kann die Dynamik im aquatischen Nahrungsnetz grundlegend verändern (z. B. Steigerung der Produktion). Diese Veränderungen übertragen sich von den Primärproduzenten (Algen, Wasserpflanzen) auf höhere Ebenen des Nahrungsnetzes (Invertebraten, Fische). Eine veränderte aquatische Produktivität kann zudem auch den seitlichen Stoffaustausch mit dem Umland beeinflussen, z. B. via Insekten, die ihr Larvenstadium im Fliessgewässer verbringen oder für terrestrische Laufkäfer und Spinnen, die sich von aquatischen Organismen ernähren. Das Ziel von TP 8 ist es, das Verständnis über die komplexen, durchs Geschieberegime beeinflussten Prozesse zu verbessern, indem spezifisch der Stoffund Energiefluss zwischen dem Fluss und

dem umgebenden Auengebiet untersucht wird (seitliche Vernetzung; Bild 4). Zum einen gehen wir der Frage nach, ob sich der Stoff- und Energiefluss in seitlicher Richtung mit abnehmender Geschiebedynamik verändert. Wir vermuten, dass er abnimmt, da z. B. die Ufer und das Lebensraummosaik in der Aue stabiler und weniger vielfältig sind. Zum anderen interessiert uns, ob sich ein reduzierter seitlicher Stoff- und Energiefluss auf die aquatische und terrestrische Biodiversität auswirkt. Wir vermuten, dass sie verringert ist, u. a. weil spezialisierte Arten im Gegensatz zu Generalisten verloren gehen. TP9: Resilienz und Resistenz von Flussökosystemen (Eawag) Fliessgewässer sind hochdynamische Ökosysteme. Wassertemperatur, Fliessgeschwindigkeit oder Trübung sind starken Schwankungen unterworfen, so z. B. abrupt bei Hochwasser nach einem Gewitter oder schleichend bei anhaltender Trockenheit. Fliessgewässerorganismen haben über die Jahrtausende eine Vielzahl von Anpassungen in Verhalten, Aussehen und Lebenszyklus entwickelt, um mit für sie ungünstigen Bedingungen umzugehen. So bilden Invertebraten trockenheitsresistente Dauerstadien aus oder Forellen laichen während der hochwasserberuhigten Winterzeit. Die Anpassungen wirken direkt auf die Widerstandskraft (Resistenz) und die Erholungsfähigkeit (Resilienz) der Organismen und Populationen und damit auf ihr langfristiges Vorkommen an einem Standort. Verhaltensbedingte Reaktionen auf ungünstige Umweltbedingungen sind z. B. das Aufsuchen von Refugien. Refugien sind Lebensräume, in denen sich die

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Umweltbedingungen während eines Ereignisses vergleichsweise wenig ändern. Refugien sind bisher wenig erforscht, einerseits weil sie oft nur während des Ereignisses entstehen (z. B. Flutung von Hinterwassern), andererseits weil dynamische Ereignisse generell wenig untersucht sind. Refugien werden darum in der Planung von Revitalisierungsprojekten auch gerne vergessen, trotz ihrer wichtigen ökologischen Funktion. Das Ziel von TP9 ist es, Refugien als Schlüssellebensräume zu charakterisieren, ihre Verfügbarkeit, Funktionsweise und ökologische Bedeutung besser zu verstehen und fürs Fliessgewässermanagement auszuweisen. Konkret gehen wir der Frage nach, ob das Vorkommen von Refugien sowie die Resistenz und Resilienz ausgewählter Organismen (Invertebraten, evtl. Fische) gegenüber Trockenheit in hydromorphologisch wenig beeinträchtigten Abschnitten generell höher ist als in beeinträchtigten, unter besonderer Berücksichtigung von grundwassergespiesenen Habitaten. TP10: Effekte von Geschiebe und Längsvernetzungsstörungen auf kieslaichende Fische (Eawag) Längsvernetzungsstörungen in Fliessgewässern sind meist mit zwei grossen Beeinträchtigungen für lokale Fischpopulationen verknüpft. Erstens verändern Eingriffe in die Geschiebedynamik die Substratverhältnisse für kieslaichende Fische. Zweitens werden Laichwanderungen für manche Fischarten durch unüberwindbare Querbauwerke begrenzt. Weltweit ist viel Geld in Sedimentzugaben investiert worden, um die Laichverhältnisse für Salmoniden zu verbessern. Um diese Zugaben standortgerecht zu gestalten, ist ein vertieftes Wissen über die jeweiligen Flüsse sowie die lokalen Fischpopulationen und deren (Laich)Substratansprüche nötig. Die Forelle (Salmo trutta) ist die häufigste und ökonomisch bedeutendste Fischart in Schweizer Fliessgewässern. Ein kritischer Lebensraum sind Laichplätze mit relativ grobkörnigem Kies. Die optimale Korngrösse ist jedoch abhängig von der Grösse der laichenden Fische. Kleine Forellen brauchen kleinere Kiespartikel als grössere. Forellen in Schweizer Fliessgewässern zeigen hohe innerartliche Variabilität in ihrer Lebensgeschichte. So kommen wandernde und nichtwandernde Formen vor und relativ spät- resp. frühreifende Individuen und Populationen. Die unterschiedlichen Lebensgeschichten haben einen direkten Effekt auf die Grösse

der laichenden Fische. In der Mehrzahl der Fälle erreichen nichtwandernde und frühreifende Forellen die Laichreife bei kleinerer Körpergrösse als wandernde und spätreifende Forellen. Ziel dieses Teilprojekts ist es, ein besseres Verständnis der Laichsubstratansprüche von Forellen zu erlangen. Einerseits soll der Zusammenhang zwischen der Korngrössenverteilung und der Körpergrösse von Forellen resp. ihres Alters bei Erlangung der sexuellen Reife untersucht werden. Andererseits sollen die Auswirkungen der Korngrössenverteilung in Kombination mit der Dichte und Grössenstruktur von verschiedenen Populationen auf das Laichverhalten und den Laicherfolg von Forellen untersucht werden. TP11: Habitat- und Metapopulationsdynamik der Zielart Myricaria germanica (WSL) Heutige Vorkommen von Zielarten in dynamischen Bereichen wie den Kiesbänken sind das Resultat von diversen Prozessen der Habitat- und Metapopulationsdynamik. Um zukünftige Vorkommen und das Potenzial für die Besiedlung neu geschaffener Lebensräume durch Zielarten vorauszusagen und somit realistische Ziele für Revitalisierungen zu setzen, müssen diese Prozesse an Modellarten untersucht werden. Die Deutsche Tamariske (Bild 5) eignet sich aufgrund ihrer Zeigerfunktion für Geschiebeumlagerungen und ihrer strikten Standortbindung an Auen als Modellart für kiesbankbewohnende Arten. Die Verbindung von klassischen populationsbiologischen Untersuchungen (bspw. Ausbreitungsradien) und populationsgenetischen Methoden (indirekte Bestimmung von Ausbreitungsradien) ermöglicht ein vertieftes Verständnis der Prozesse, welche zum Muster der heutigen Artvorkommen geführt haben. In diesem Projekt sollen kleinräumige Prozesse in revitalisierten Gewässerabschnitten analysiert und mit Referenzsituationen verglichen werden. Wir untersuchen die Besiedlungsdynamik neu geschaffener Lebensräume (z. B. Flaz) und die Bedeutung von Quellfluren und Giessen für die Metapopulationsdynamik. Weiter führen wir die im Hinterrhein vorhandene 45-jährige Beobachtungsreihe der Tamarisken-Metapopulation weiter und analysieren Metapopulationsprozesse mit populationsgenetischen Methoden. So können kleinräumige Prozesse über eine lange Zeitspanne anhand einer Modellart untersucht werden.

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Bild 5. Die Deutsche Tamariske (Myricaria germanica) ist eine charakteristische Strauchart auf Kiesbänken (Foto: Christoph Scheidegger). TP12: Störungs- und Metapopulationsdynamik von Zielarten der Auenwälder (WSL) Der Einfluss von unterschiedlich intensiven ökologischen Störungsereignissen durch die Flussdynamik muss neben den Pionierstandorten in Flussnähe auch in Auenstandorten mit weniger hoher Dynamik, wie den Hartholzauenwäldern, untersucht werden. Eine besondere Herausforderung liegt darin, dass sich Hartholzauenwälder in jahrzehntelangen Sukzessionsreihen (Kiesbankvegetation, Weichholzauenwald, Hartholzauenwald) entwickeln und durch häufige, aber weniger intensive ökologische Störungen geprägt werden. Die Untersuchung der Dynamik über eine lange Zeitspanne kann durch Vergleiche von Zielarten als Vertreter von unterschiedlichen Entwicklungsstadien (Jungwald, Optimalphase, Altholz) von Hartholzauenwäldern vorgenommen werden. Interessant sind dabei vor allem die Ausbreitungsradien, um verlässliche Voraussagen für zukünftige Artvorkommen zu machen und die Arten längerfristig in ausreichend grossen und vernetzten Lebensräumen zu schützen. Da sich Zielarten in Hartholzauenwäldern jedoch hauptsächlich lokal ausbreiten und eine Ausbreitung über mehrere Kilometer erst nach längerer zeitlicher Verzögerung eintritt, wird die Ausbreitung idealerweise mit populationsgenetischen Methoden gemessen. Diese können aufzeigen, wie der Genfluss über geografische Distanzen 23


Bild 6. Die Zinnoberrote Fleckflechte (Arthonia cinnabarina) ist auf junge Eschen in Hartholzauenwäldern angewiesen (Foto: Christoph Scheidegger). abnimmt. Populationsgenetische Daten können so auch zur Beschreibung der Habitatvernetzung eingesetzt werden. Im Vorgängerprojekt untersuchten wir die Lebensraumansprüche und das Ausbreitungspotenzial der gefährdeten Eichenstabflechte, welche auf alte Eichen in relativ lichten, aber luftfeuchten Wäldern, insbesondere Hartholzauenwäldern, angewiesen ist. Diese Untersuchungen zeigten, inwiefern die räumliche Vernetzung auf Bestandsebene funktioniert und wie rasch nachwachsende Bäume – respektive neu geschaffene Lebensräume – nach einer Revitalisierung von dieser Art besiedelt werden können. Weil die Eichenstabflechte eine an alte Bäume gebundene Art ist, erwarten wir, dass die Besiedlung erst nach 70 bis 90 Jahren erfolgen kann. An diese Untersuchungen soll nun angeknüpft werden, und zusätzlich zur Eichenstabflechte sollen Waldzielarten untersucht werden, welche auf junge Eschen in Hartholzauenwäldern (wie die Zinnoberrote Fleckflechte Arthonia cinnabarina, Bild 6) oder auf Grauerlen in Gebirgsauenwäldern angewiesen sind. In beiden Fällen untersuchen wir die Interaktionen zwischen Habitatqualität, Störungsfrequenzen und -intensitäten auf die Popu-

24

lationsdynamik der untersuchten Zielarten (Epiphyten auf Grauerlen, Eschen und Eichen). Zudem analysieren wir, welchen Raumbedarf Zielarten in Auen aufweisen. Diese Untersuchungen werden bei Projekten zur Wiederherstellung von Auen Hinweise darauf geben, welche Flächengrössen anzustreben sind.

Totholzvorkommen für Pilzarten) und populationsbiologischen Charakteristika (bspw. Vernetzung, Populationsgrösse, Austausch zwischen Populationen). Dadurch ermöglichte Rückschlüsse auf bspw. minimale Habitatflächen erlauben es, dass der zur Verfügung stehende Raum optimal für die Biodiversitätsförderung geplant werden kann. So können vorhandene Vorkommen von Zielarten und dadurch die ökologische Wiederherstellung von Auen gezielt gefördert werden. Massnahmen zur gezielten Förderung von Habitaten werden in Fallstudien getestet, und die Resultate fliessen in die Verfeinerung der Modelle ein. Angestrebt wird zudem, dass Erkenntnisse zu Veränderungen in Geschiebehaushalt und Abflussregime aus anderen Teilprojekten in die Modellierung mit geografischen Informationssystemen eingebunden werden können, um eine wichtige Datenlücke zu schliessen. Anschrift der Verfasser Anna Belser (Gesamtkoordination) Bundesamt für Umwelt, BAFU, Abteilung Gefahrenprävention, CH-3003 Bern, +41 (0)58 464 60 12, http://www.bafu.admin.ch, anna.belser@bafu.admin.ch Prof. Dr. Christoph Scheidegger Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald,

TP13: Förderung und Erhaltung von Zielarten in dynamischen Flusslandschaften (WSL) Die Modellierung von Zielarten in Auengebieten ermöglicht Aussagen zu Schlüsselfaktoren für Artvorkommen. Diese Indikatoren sowie Kenntnisse zur Ausbreitungsbiologie von Zielarten erlauben, Gebiete mit Potenzial zur Förderung und Erhaltung von Zielarten zu identifizieren, was wiederum für die Planung von Revitalisierungen wesentlich ist. Neben natürlichen Veränderungen können anthropogene Einflüsse von Schwellen, Dämmen, Restwasserstrecken usw. in fragmentierten Landschaften sichtbar gemacht und konkrete Veränderungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. In diesem Projekt planen wir die Modellierung von Zielarten unter Einbezug von kleinräumigen Habitatstrukturen (bspw.

Schnee und Landschaft, WSL, Zürcherstr. 111, CH-8903 Birmensdorf, +41 (0)44 739 24 39, http://www.wsl.ch, christoph.scheidegger@wsl.ch Prof. Dr. Anton Schleiss, Dr. Carmelo Juez Laboratoire de Constructions Hydrauliques (LCH), Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), Station 18, CH-1015 Lausanne, +41(0)21 693 23 85, http://lch.epfl.ch, anton.schleiss@epfl.ch Dr. David Vetsch Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) ETH Zürich, Hönggerbergring 26, CH-8093 Zürich, +41 (0)44 632 40 91, http://www.vaw.ethz.ch, dvetsch@ethz.ch Dr. Christine Weber Eawag: Das Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs, Seestrasse 79, CH-6047 Kastanienbaum, +41 (0)58 765 22 14 http://www.eawag.ch christine.weber@eawag.ch

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Heinz Hochstrasser, Lukas Schmocker, Max Bösch, Matthias Oplatka

Zusammenfassung 2005 entgingen das untere Sihltal und die Stadt Zürich nur knapp grossen Hochwasserschäden. Wäre damals das Niederschlagszentrum über dem Einzugsgebiet der Sihl gelegen – statt über dem Berner Oberland –, dann wäre die Sihl über die Ufer getreten. Es wäre zu grossflächigen Überflutungen der Zürcher Innenstadt und des Hauptbahnhofs gekommen. Denn grosse Teile von Zürich liegen auf dem Schwemmkegel der Sihl, einem natürlichen Überschwemmungsgebiet. Seit 2005 hat der Kanton Zürich den Hochwasserschutz laufend verbessert. Zudem wurde im breit abgestützten Projekt «Hochwasserschutz Sihl, Zürichsee, Limmat» eine langfristige Lösung erarbeitet. Im Oktober 2017 hat der Zürcher Regierungsrat beschlossen, den Hochwasser-Entlastungsstollen zwischen Langnau am Albis und Thalwil weiter zu projektieren. Der zwei Kilometer lange Entlastungsstollen Thalwil soll Hochwasserspitzen der Sihl in den Zürichsee überleiten und so das untere Sihltal und Zürich vor Extremhochwasser schützen. Unabhängig von dieser langfristigen Lösung ist ein zuverlässiger Rückhalt von Schwemmholz in der Sihl nötig, um Verklausungen an kritischen Stellen wie Brücken oder den Durchlässen unter dem Hauptbahnhof Zürich zu verhindern. Dieses Problem, das andere Hochwasserschutzmassnahmen teilweise wirkungslos gemacht hätte, ist seit Frühling 2017 gelöst: Dank dem Schwemmholzrechen in der Sihl (Bild 1) oberhalb des möglichen Entlastungsstollens sind Langnau am Albis, Adliswil und Zürich wesentlich besser vor einem Sihlhochwasser geschützt. Modellversuche an der ETH Zürich haben gezeigt, dass der Parallelrechen im Hochwasserfall bis zu 95 Prozent des Schwemmholzes in der Sihl sicher zurückhält. Die Gesamtkosten für den Schwemmholzrechen beliefen sich auf rund 18 Millionen Franken.

1.

Hochwassergefahr im unteren Sihltal und in Zürich Das Einzugsgebiet der Sihl umfasst rund 340 km2. In der Vergangenheit kam es im Sihltal und in Zürich immer wieder zu Überschwemmungen, letztmals 1910: Weite Teile von Zürich und die Ebene bis Schlieren standen unter Wasser. Seit der Inbetriebnahme des Etzel-Pumpspeicherkraftwerks 1937 wähnte man sich in Sicherheit. Denn der Sihlsee fängt knapp die Hälfte der Abflüsse im Einzugsgebiet auf (Bild 2). Für kleinere und mittlere Hochwasserspitzen hat der Sihlsee eine gute Retentionswirkung. Grosse und sehr seltene Hochwasser können aber aufgrund der Stauanlagensicherheit nur noch wenig gedämpft werden. Sie würden ohne grosse Dämpfung ins Sihltal weitergeleitet.

1910 hielten sich die Schäden in Grenzen, weil das Schadenpotenzial auf Stadtgebiet und im Hauptbahnhof Zürich noch nicht allzu gross war. Seither hat sich die Zahl der Gebäude in Zürich vervielfacht. In

1.1

Enormes Schadenpotenzial auf dem Schwemmkegel der Sihl Beim letzten grossen Sihlhochwasser von «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

den Untergeschossen vieler Gebäude befinden sich sensible Betriebseinrichtungen wie Rechenzentren und teure Sachwerte. Hinzu kommen unterirdische Verkehrsverbindungen wie Strassenunterführungen und Bahntunnels. Deshalb ist selbst bei einer geringen Wassertiefe an der Oberfläche mit hohen Schäden im Untergrund zu rechnen. Damit weist das Überflutungsgebiet auf dem Sihl-Schwemmkegel eines der grössten Hochwasserrisiken der Schweiz auf (Bild 4). Das Schadenpotenzial bei einem Extremhochwasser der Sihl wird auf bis zu 6.7 Milliarden Franken geschätzt. Hinzu kämen volkswirtschaftliche Kosten durch Betriebsstörungen, Unterbrüche und den Ausfall oder die Zerstörung der Infrastruktur für Energie, Telekommunikation und Verkehr. Diese Folgekosten würden die materiellen Schäden um ein Mehrfaches übersteigen. 1.2

Sihl durchfliesst den Hauptbahnhof Gefährdet ist auch der Zürcher Hauptbahnhof, die nationale Verkehrsdrehscheibe der Schweiz. Auf Höhe der Sihl befinden sich unterirdische Passagen mit vielen Läden. Unter der Sihl sind in den letzten 30 Jahren drei Bahnhöfe entstanden: der S-Bahnhof Museumsstrasse, der Bahnhof der SihltalBild 1. Der Schwemmholzrechen an der Sihl oberhalb von Langnau am Albis (Blick gegen die Fliessrichtung): Bei Hochwasser wird das Schwemmholz in der scharfen Rechtskurve über die gekrümmte linksufrige Wehrschwelle ausgeleitet und im Parallelrechen zurückgehalten. 25

Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

Schwemmholzrechen für den Hochwasserschutz im unteren Sihltal


Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

Bild 2. Knapp die Hälfte des Einzugsgebiets der Sihl liegt oberhalb des Sihlsees. Zürich-Uetliberg-Bahn (SZU) und der 2016 eröffnete Bahnhof Löwenstrasse für die Durchmesserlinie (Bild 3). 1.3

Jahrhunderthochwasser können sich wiederholen Seit 1910 waren keine grösseren Schäden mehr zu beklagen. Das Freibord wurde hingegen schon mehrfach nicht eingehalten. Aufgrund von neueren hydrologischen Studien sind heute grössere Wassermengen zu erwarten. Die Auswertung von Abflussmessstationen und historischen Hochwassern sowie weitere hydrologische Überlegungen ergaben folgende Hochwasserabflüsse mit unterschiedlicher Jährlichkeit: 320 m3/s - HQ30: - HQ100: 430 m3/s - HQ300: 540 m3/s - EHQ: 650–800 m3/s

Bild 3. Die Hochwassersituation beim Hauptbahnhof Zürich ist sehr kritisch. Die unterirdischen Passagen, Bahnhöfe und Tunnels könnten überflutet werden. Oben: Querschnitt durch den Hauptbahnhof, längs zur Sihl, unten: Querschnitt durch den Hauptbahnhof, quer zur Sihl.

1.4

Gemeinsames Entwickeln einer nachhaltigen Lösung Die kritische Hochwassersituation in Zürich veranlasste das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) dazu, eine umfassende Planung zur Verbesserung des langfristigen Hochwasserschutzes zu starten. Diese Planung erfolgt unter Einbezug der Anspruchsgruppen: Kantone, Bezirke, Gemeinden und Planungsgruppen, kantonale Gebäudeversicherung, Bund, SBB, Umwelt- und Naturschutzorganisationen. In Workshops wurden zwei mögliche Konzepte entwickelt: 1. Kombilösung Energie: Erneuerung des Etzel-Pumpspeicherkraftwerks der SBB mit Energiegewinnung und Hochwasserableitung vom Sihlsee via Druckstollen in den oberen Zürichsee

2. Entlastungsstollen zur Hochwasserableitung von der Sihl oberhalb von Langnau am Albis in den Zürichsee bei Thalwil Nach vertieften Abklärungen hat sich der Zürcher Regierungsrat im Herbst 2017 für die Weiterprojektierung des Entlastungsstollens Thalwil entschieden. Der Stollen könnte frühestens 2023 zur Verfügung stehen. Er würde das untere Sihltal und Zürich nachhaltig vor Extremhochwassern der Sihl schützen. 1.5

Schwemmholzproblematik an der Sihl Für alle Massnahmen zum Hochwasserschutz stellt das Schwemmholz ein erhebliches Risiko dar, weil die Sihl bereits bei kleineren und mittleren Hochwassern Schwemmholz mitführt. Deshalb ist ein zuverlässiger Schwemmholzrückhalt erforderlich. Würden im Sihltal und in Zürich Durchlässe oder Brücken durch Schwemmholz verstopfen, würde sich die Hochwassersituation enorm verschärfen. Die Hochwasser von 2005 und 2007 mit Abflüssen unter 300 m3/s (Jährlichkeit ca. HQ20) führten bereits beträchtliche Schwemmholzmengen talwärts (Bild 5). Bei noch grösseren Hochwasserereignissen mit noch mehr Schwemmholz wäre die Verstopfungsgefahr sehr viel grösser. Die Sihl würde dicht besiedelte und stark genutzte Gebiete überfluten und grosse Schäden anrichten.

Bild 4. Weil grosse Teile von Zürich auf dem natürlichen Schwemmkegel der Sihl liegen, würde links austretendes Sihlwasser durch die Stadt der Limmat zufliessen. Die Schäden wären enorm (Foto: H. J. Egger, Uster). 26

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

Bild 5. Schwemmholzablagerung nach dem Hochwasser von 2005 bei Langnau am Albis (Blick in Fliessrichtung). 2.

Schwemmholzstudie: Ermittlung des Aufkommens Aufgrund des hohen Verklausungsrisikos bei den Durchlässen und Brücken im Sihltal und in Zürich liess das AWEL 2009 eine Schwemmholzstudie erarbeiten (Flussbau AG, Zürich). Mit Begehungen und umfangreichen Kartierungen des Einzugsgebiets entlang der Fluss- und Bachläufe wurde das Schwemmholzaufkommen ermittelt (Bild 6). Verschiedene Szenarien ergaben, dass bei einem sehr seltenen und grossen Hochwasser bis Zürich mit einem Schwemmholzaufkommen von minimal 2500 m3 bis maximal 12 000 m3 zu rechnen ist. Ein Vergleich mit ähnlichen Gewässern und dem dort verzeichneten Schwemmholzaufkommen ergab in etwa die gleiche Grössenordnung. 2.1

Sicherer Schwemmholzrückhalt nötig Die Gefährdung durch Verklausungen könnte durch die Verminderung des Eintrags von Schwemmholz entschärft werden. Dazu gehören die Waldpflege mit Abholzen der kritischen Bäume, der Uferverbau, damit keine Rutschungen entstehen, und ein umfassender Gewässerunterhalt. Mit verhältnismässigem Aufwand ist mit diesen Massnahmen jedoch keine entscheidende und zuverlässige Verbesserung zu erreichen. In Anbetracht des hohen Schadenpotenzials und unter Berücksichtigung eines noch bewältigbaren Unterhaltsaufwands strebte das AWEL als Lösung einen möglichst sicheren Schwemmholzrückhalt an. 3.

Variantenstudium: Idee für einen Parallelrechen In einem ersten Schritt wurden sechs Varianten für einen Schwemmholzurückhalt

Bild 6 (rechts). Das Schwemmholzaufkommen an der Sihl kann bis 12 000 m3 erreichen (Quelle: Schwemmholzstudie Flussbau AG, Zürich). oberhalb von Zürich erarbeitet. Aufgrund einer AWEL-Skizze wurde auch ein Vorschlag für einen Parallelrechen ausgearbeitet (Bild 7). Die Idee für einen Parallelrechen mit Schwemmholzrückhalt im Nebenschluss basiert auf zwei Erkenntnissen: 1. Schwemmholz wird zur Kurvenaussenseite transportiert: In Flusskurven ergibt sich durch die Fliehkraft eine spiralförmige Wasserbewegung. Das Schwemmholz wird zur Kurvenaussenseite geleitet. Rechen in Kurvenaussenseiten funktionieren gut. Ihr Fassungsvermögen ist aber beschränkt. 2. Rechen als Querbauwerke können verstopfen: Schräg oder V-förmig angeordnete Rechen ergeben zwar eine lockerere Lagerung; eine Verstopfung kann bei dieser Bauart aber nicht ausgeschlossen werden. Bei V-Rechen im In- und Ausland wurden häufig vollständige Verstopfungen beobachtet. Der Rechen wirkt dann als eigentliche Sperre, die viel Geschiebe zurückhält und zu Auflandungen führt. Es ist somit denkbar, dass im Überlastfall innert kürzes-

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ter Zeit sehr viel Holz aus dem Rückhalt ausgetragen wird. Dadurch könnte sich die Situation im Unterlauf verschlimmern. 3.1

Parallelrechen als optimale Lösung Der Parallelrechen wurde als Bestvariante weiterverfolgt. Mit der Anordnung einer tiefer liegenden Wehrschwelle wird das Schwemmholz in der Aussenkurve abgefangen und in den seitlich der Sihl angeordneten Rückhalteraum geleitet. Dort wird das Holz durch den Parallelrechen zurückgehalten. Folgende Vorteile sprechen für einen Parallelrechen: • Reduzierter Aufstau: Durch die parallele Anströmung verstopft der Rechen kaum, womit der Aufstau kleiner ist als bei einem frontal angeströmten Rechen. Zudem bleibt das Sihlgerinne immer frei für den Hochwasserabfluss. • Geschiebedurchgängigkeit: Durch die Anordnung des Rückhalteraums neben der Sihl bleibt das Gerinne der Sihl frei und der Geschiebetransport wird kaum beieinflusst. • Unterhalt: Wasser wird erst ab einem ca. jährlichen und grösseres Holz ab 27


Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

Der Schwemmholzrückhalt sollte oberhalb des Einlaufs eines möglichen Hochwasser-Entlastungsstollens von der Sihl in den Zürichsee liegen. Der Schwemmholzrechen könnte auch diesen Stollen schützen. • Der Schwemmholzrückhalt sollte aber auch möglichst nahe bei den Schadensgebieten liegen, damit unterhalb des Rechens nur noch wenig Schwemmholz mobilisiert werden kann. Diese Bedingungen erfüllt der Standort Rütiboden oberhalb von Langnau am Albis am besten. 5.

Hydraulische Modellversuche für sicheren Schwemmholzrückhalt Die Bestvariante aus der Variantenstudie versprach einen innovativen und funktionierenden Schwemmholzrückhalt. Aber einige Unsicherheiten und Fragen blieben. Bei einem Parallelrechen werden Wasser und Holz aus dem Sihlbett abgeleitet. Daraus ergibt sich ein Zielkonflikt. Denn sobald Wasser abgeleitet wird, nimmt die Schleppspannung im Sihlbett ab. Wie viel Geschiebe bleibt liegen? Wie gross ist die Verminderung der Kapazität des Abflussprofils? Ab wann sollen Wasser und Schwemmholz ausgeleitet werden? Wie sind die Krümmung bei der Wehrschwelle und die Geometrie der ganzen Anlage festzulegen? 5.1

Bild 7. Die AWEL-Skizze als Vorschlag eines Parallelrechens und Beitrag zum Variantenstudium.

28

einem 5- bis 10-jährlichen Hochwasser in den Schwemmholzrückhalteraum geleitet. Der Rückhalteraum muss also sehr selten geräumt werden. Kleinere Hochwasser, die nur wenig Holz transportieren, stellen für die Durchlässe im unteren Sihltal und in Zürich keine Gefahr dar. Eisgang: An der Sihl können Eisgänge auftreten. Aufbrechendes Eis wird vor einer Wasserwelle meterhoch talwärts geschoben. Auch wenn Eisgänge selten sind, müssten bei einem Querrechen zusätzliche Massnahmen getroffen werden. Mit einem Parallelrechen kann ein Eisgang aufgefangen oder abgeleitet werden. Überlastfähigkeit: Ein voller Parallelrechen kann durch ein Extremhochwasser nicht ausgeräumt werden. Das

Wasser inklusive Geschiebe und Holz kann am Rechen vorbeifliessen, ohne dass zurückgehaltenes Holz aus dem Rechen ausgetragen wird. 4.

Standortwahl: Ideale Lage oberhalb von Langnau am Albis Der Kanton Zürich liess 16 Standorte an der Sihl zwischen Sihlbrugg und Zürich prüfen. Für die Wahl des optimalen Standorts mussten folgende Bedingungen erfüllt sein: • Damit das Schwemmholz sicher an die Kurvenaussenseite geschwemmt wird, ist eine starke Flusskrümmung erforderlich. • Der Rückhalteraum ist gross genug für die maximal zu erwartenden 12 000 m3 Holz.

Prüfung und Optimierung des Parallelrechens Der vom AWEL skizzierte Vorschlag eines Parallelrechens wurde durch die beauftragte Ingenieurunternehmung Basler & Hofmann AG, Zürich, und die Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) überarbeitet (Bild 8). Das überarbeitet Konzept wurde dann an der VAW mittels Modellversuch im Massstab 1:40 (Bild 9) geprüft und optimiert. Beim Modellversuch berücksichtigte die VAW die im Auftrag des AWEL erarbeitete Geschiebehaushaltstudie Sihl-Limmat (Flussbau AG, 2010). Berücksichtigt wurde auch, dass ab einem ca. 30-jährlichen Hochwasser die Deckschicht der Sohle aufbricht. Die Rohdaten der Schwemmholzstudie (Kapitel 2) wurden analysiert und mit dem Schwemmholzaufkommen weiterer voralpiner Schweizer Flüsse beim Hochwasser von 2005 verglichen.

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06 14.4

.430

km 14

.455

km 14

km 14.488

km 14.517 km 14

.532

km

14.5 62

km 14

.596

km 14

.635

km 14.67

7

Bild 9. Das an der VAW gebaute Modell im Massstab 1: 40: Als Grössenvergleich dienen die beiden Personen am oberen rechten Bildrand.

1 km

14.756

2

1 Schwemmholzrechen 3

2 Schwemmholzrückhalt

km

14.830

3 Neues Sihlbett als Überfall für 4 Wehrschwelle Schwemmholz 5 Neues Vorland

km

14.842

km

14.8 91

6.

4 km

14.9 18 km

5

14.9 56 km

14.987 km

km

15.0 80

km

km

15.180

Der Auftrag des AWEL an die VAW umfasste folgende Fragestellungen: • Funktioniert das Grundkonzept des Schwemmholzrückhalts? • Wie viel Schwemmholz kann prozentual zurückgehalten werden? • Wie reagiert der Schwemmholzrückhalt auf die Höhe der Wehrschwelle? • Wie kann die Geometrie der Wehrschwelle, des Rückhalteraums und des Rechenbauwerks optimiert werden? • Welche Abmessungen haben die Holzablagerungen? • Wie wirkt sich der Schwemmholzrückhalt auf den Geschiebetransport aus? • Wie gross ist der Einfluss der Rechenverlegung auf die Situation bei der oberhalb des Rückhalts liegenden Brücke der SZU? • Wie verhält sich der Schwemmholzrückhalt im Überlastfall?

Bild 8. Finales Design des Parallelrechens im Rütiboden oberhalb von Langnau am Albis.

00 15.2

km

km

15.118

15.140

15 km .0 60

13 15.0 km 6 .02 15 km 36 .0 15

5.2

Dank den Modellversuchen liess sich der Rückhalteraum verkleinern.

Resultate der hydraulischen Modellversuche Mit dem Schwemmholzrückhalt können bei Hochwasserabflüssen 95 % des anfallenden Schwemmholzes zurückgehalten werden. Bei einem HQ300 ist der Schwemm-

holzrückhalt zu 75 % gefüllt. Es besteht eine Reserve, wenn mehr Schwemmholz als angenommen transportiert werden sollte. Im hydraulischen Modell wurden verschiedene Überlastfälle getestet (Maximalabflüsse bis 600 m3/s). Der Parallelrechen verhält sich bezüglich Holz und Geschiebe «gutmütig». Ein Versagen oder ein Austragen von Holz aus dem Schwemmholzrückhalt im Überlastfall ist nicht zu befürchten. Der Geschiebetransport wird durch den Schwemmholzrückhalt beeinflusst. Aufgrund der in den Rückhalteraum ausgeleiteten Wassermenge sinkt die Transportkapazität in der Sihl. Je mehr Wasser ausgeleitet wird, desto mehr Geschiebe wird sich in der Sihl ablagern. Es ist ein Konzept für die Bewirtschaftung des Geschiebes vorgesehen. Nach einem grossen oder mehreren kleinen Hochwasserereignissen muss die ursprüngliche Sohlenlage wiederhergestellt werden. Ab welcher Sohlenhebung die Geschiebebewirtschaftung einsetzen muss, wird nach den ersten Hochwasserereignissen festgelegt.

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Projektierung und Bau: Abschluss im Frühling 2017 Geologische Sondierungen an den Sihlufern und im Bereich des verlegten Sihlbetts zeigten die Art und die Menge der Altlasten sowie den Felsverlauf auf. Trotz den umfangreichen Kampagnen ergaben sich gegenüber der Bauausschreibung Mehrkosten. Die Entsorgung der Altlasten war im Vergleich zur Prognose umfangreicher. Die Felsoberfläche überraschte zudem mit starken unregelmässigen und nicht vorhersehbaren Vertiefungen. Vermutlich handelt es sich um Felsrinnen früherer Sihlläufe. Die Bauzeit betrug rund 15 Monate, von März 2016 bis Mai 2017. Die Gesamtkosten für den Schwemmholzrechen betragen rund 18 Millionen Franken, wovon der Bund einen Anteil von 45 % übernimmt. 6.1 Realisierung in zwei Etappen Die Sihl ist ein wilder Fluss. Hochwasserspitzen können in sehr kurzer Zeit erreicht werden. Deshalb war die Wasserhaltung für den Bau zentral, insbesondere, weil die Zufahrt nur von der linken Uferseite her möglich war. Über eine Brücke konnte das rechte Ufer erschlossen werden. Das neue Sihlgerinne, das etwa um eine Sihlbreite nach rechts verschoben werden musste, wurde als Erstes gebaut. In dieser Phase wurden auch die umfangreichen Altlasten ausgehoben und entsorgt. Nachdem die Sihl in das neue Gerinne umgeleitet worden war, konnte mit dem Bau der Wehrschwelle und des Rechens begonnen werden (Bild 10). Das Streifenfundament der Wehrschwelle konnte auf den Molassefels fundiert werden. Für den Längsrechen war 29

Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

km

km

14 .3 79

14 .34 8

km

14 .30 5

km 14.236

km


Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

Sichtbar sind die Fundamente der Wehrschwelle und der Anfang des Streifenfundaments des Parallelrechens. Der Installationsplatz auf der rechten Sihlseite wurde zu einer ökologisch wertvollen Ruderalfläche umgestaltet. Bild 10. Der Schwemmholzrechen im Bauzustand (Blick in Fliessrichtung): Die Sihl fliesst bereits in ihrem neuen Bett. der Fels für das Streifenfundament praktisch über die ganze Länge zu tief. Als Vorarbeiten mussten zur Abstützung des Fundaments je zwei Mikropfähle pro Rechenstab gebohrt werden (Bild 12). 6.2

Wehrschwelle wird jährlich überströmt Den Einlauf zum Schwemmholzrückhalteraum bestimmt eine gekrümmte, 104 m lange Wehrschwelle (Bild 11). Gegenüber der Sihlsohle ist sie 1.75–1.90 m hoch und wird ab einem Abfluss von 85 m3/s überströmt, was etwa einem jährlichen Hochwasser (HQ1) entspricht. Bei einem zehnjährlichen Hochwasser (HQ10) mit einem Abfluss von 200 m3/s erreicht die Abflusstiefe über der Schwelle 30 cm. Ab diesem Abfluss gelangen 95 % des Schwemmholzes in den Rückhalteraum. Kleinere Hochwasser bringen zwar auch Holz; sie stellen aber für die Durchlässe

und Brücken keine Gefahr dar. Die Höhe der Wehrschwelle wurde mit umfangreichen Modellversuchen ermittelt. Es galt, das Optimum aus dem Zielkonflikt herauszuholen: Eine hohe Wehrschwelle führt zu einem späteren Eintrag von Holz, dafür bleibt die Transportkapazität für das Geschiebe im Sihlgerinne hoch. Eine tiefe Wehrschwelle begünstigt einen frühen Eintrag von Holz, führt aber zu einer reduzierten Transportkapazität und grösseren Auflandungen in der Sihl. Um das auf der rechten Flussseite antransportierte Holz in den Rückhalteraum zu leiten, wurde zudem die Kiesbank auf der Kurveninnenseite der Sihl vergrössert. 6.3

Sohlschwelle als Fixpunkt für die Höhenlage Die Funktion des Schwemmholzrückhalts ist massgeblich von der Überfallhöhe der Wehrschwelle abhängig. Die Flusssohle

entlang der Wehrschwelle muss somit in ihrer Höhenlage konstant bleiben, damit die Wehrschwelle wie vorgesehen anspringt und das Holz ausgeleitet werden kann. Um insbesondere eine Erosion der Flusssohle zu verhindern, wurde deshalb im Sihlbett am Ende der Wehrschwelle eine Sohlschwelle als Sohlenfixpunkt eingebaut (Bild 11). 6.4

Längs- und Querrechen für den Schwemmholzrückhalt Der 248 m lange Parallelrechen ist in einen Längsrechen und einen Querrechen aufgeteilt (Bild 11). Die Rechenstäbe des Längsrechens sind auf einem 1.0 m hohen Leitdamm gesetzt. Der Leitdamm bewirkt, dass das Schwemmholz zu Beginn eines Hochwassers an das untere Ende des Rückhalteraums transportiert wird und sich nicht bereits im oberen Bereich ablagert. Der Rückhalteraum füllt sich somit von unten her. Das Wasser fliesst durch den Querrechen, dessen Stäbe auf Terrainhöhe des Rückhalteraums gesetzt sind, in die Sihl zurück. Bei teilgefülltem Schwemmholzrückhalt und hohen Abflüssen fliesst das Wasser auch über den Leitdamm durch den Längsrechen zurück in das neue Sihlbett (Bild 11). 6.5

Rechenstäbe halten grossen Druck aus Als Rechenstäbe wurden ausbetonierte, oben geschlossene Stahlprofile verwendet. Sie sind unbehandelt und werden sich mit der Zeit gleichmässig rostbraun verfärben. Versetzt sind die Rechenstäbe in runde Aussparungen im Fundament. Nach dem Richten wurden sie mit Sand einge-

Bild 11. Situation des Sihl-Schwemmholzrechens: Die Höhen der Sohlschwelle und der Wehrschwelle sind mit einem hydraulischen Modellversuch bestimmt worden. Diese Höhen bestimmen massgebend die Funktion des Schwemmholzrückhalts. 30

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Hochwasserschutz Sihltal / Zürich Bild 12. Querschnitt beim Längsrechen: Die Rechenstäbe stehen auf einem Leitdamm. Dieser Damm bewirkt, dass die Abflusstiefe bis zum unteren Ende des Holzrückhalts genügend gross ist, damit dieser von unten her aufgefüllt wird. Das Streifenfundament der Rechenstäbe ist auf zwei Mikropfähle (Zug- und Druckpfahl) pro Rechenstab abgestützt.

Bild 13. Die Rechenstäbe aus Stahl sind ausbetoniert und oben mit einer Stahlkappe geschlossen. Die leicht vorstehenden Köcherfundamente zeigen die Verankerung der Rechenstäbe im Fundament. Die Stäbe des Querrechens stehen auf Terrainhöhe des Rückhalteraums. gossen und die Aussparung mit einem Mörtelring geschlossen (Bild 12). Die Stäbe des Längsrechens haben eine Höhe von 3.14–3.56 m ab dem Leitdamm. Die Stäbe des Querrechens stehen auf dem Terrain des Rückhalteraums und erreichen Höhen von 4.55–4.63 m. Für die statische Dimensionierung waren die Annahmen aus den Lastfällen Holz inklusive Anpralllast und Wasserdruck massgebend. Berücksichtigt wurden auch die Annahmen aus dem bei Überlast (EHQAbfluss) resultierenden Aufstau. 6.6

Gestaltung: Einpassung in die Landschaft Der Schwemmholzrechen liegt zwischen zwei Gebieten, die im Bundesinventar der

Bild 14. Modell des Landschaftsarchitekten im Massstab 1: 50 als Vorlage für die Bauausführung: Übergang Wehrschwelle – Längsdamm, leicht vorstehende Köcherfundamente.

Bild 15. Umgesetzte Vorgabe am Bau: Die Übergänge zum Uferblocksatz aus formwilden Alpenkalksteinen bestehen aus gerichteten Quarzsandsteinen.

Bilder 16 und 17. Auf dem ehemaligen Installationsplatz und der nicht beanspruchten Fläche zwischen der Sihl und der Sihltal-Bahnlinie entstanden neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) aufgeführt sind. Aufgrund dieser speziellen Lage zwischen zwei BLN-Gebieten verlangte die Natur- und Heimatschutzkommission des Kantons Zürich einen Landschaftsar-

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chitekten im Projektteam. Die Firma égü, Landschaftsarchitekten, Zürich, übernahm das Design des Parallelrechens und die Einpassung in die Landschaft. Zu erwähnen sind die leicht vorstehenden Köcherfundamente (Bild 13) 31


Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

Weitere Informationen Filme über die Funktionsweise des Schwemmholzrechens und die Bauarbeiten im Zeitraffer: www.hochwasserschutz-zuerich.zh.ch (Umgesetzte Massnahmen/Sihl-Schwemmholzrechen). Technische Daten Wehrschwelle (Einlauf zum Schwemmholzrückhalt) Länge 104 m Höhe gegenüber der Sihlsohle 1.75–1.90 m ca. 85 m3/s wird überströmt bei einem HQ1 von 3 Überfallhöhe bei 200 m /s (HQ10) 30 cm Schwemmholzrückhalt: Rückhaltevolumen (lose, 75 % gefüllt) 12 000 m3 Fläche (ca.) 6900 m2 mittlere Länge (ca.) 230 m mittlere Breite (ca.) 30 m Parallelrechen: Gesamtlänge 248 m Länge Längsrechen 135 m (Rechenstäbe auf Damm 0.8–1.5 m über Terrain Rückhalteraum) Länge Querrechen 113 m (Rechenstäbe auf Terrainhöhe Rückhalteraum) Anzahl Rechenstäbe 68 Höhe der Rechenstäbe bis 4.63 m Achsabstand der Rechenstäbe 3.70 m lichte Weite der Rechenstäbe 3.30 m Schwemmholzrückhalt ab 200 m3/s (HQ10) 95 % Sohlenbreite des neuen Sihlgerinnes rund 20–30 m und die Übergangsbereiche beim Uferblocksatz, die als Pflästerung mit gerichteten kleineren Quarzsandsteinen ausgeführt wurden. Der Landschaftsarchitekt hat seine Idee in einem Modell umgesetzt (Bild 14), das eine grosse Hilfe bei der Bauausführung war (Bild 15). 7.

Ökologie: Massnahmen zugunsten der Umwelt Der vormalige Installationsplatz auf der rechten Sihlseite wurde ökologisch aufgewertet. Anstelle des abgetragenen Oberbodens wurden Sand und Kies eingebracht (Bild 16). Auf diesen Ruderalflächen gedeihen ökologisch wertvolle Pionierpflanzen. Vertiefungen ergaben wechselfeuchte Standorte. Es entstanden Tümpel, die zeitweise austrocknen. Diese Vielfalt an Standorten ermöglicht sukzessive eine Vielfalt von Flora und Fauna. Bereits während der Bauphase ist die Gelbbauchunke zahlreich in die Tümpel eingewandert. Die Unken wurden eingesammelt, gehütet und nach Bauende wieder ausgesetzt. Als Ergänzung zu den neuen Ruderalflächen wird die während des Baus nicht beanspruchte Fläche extensiv genutzt. Eine Magerwiese mit einer Vielfalt von Gräsern und Blumen ist die Folge (Bild 17). 32

Bild 18. (Videoaufnahme, Blick in Fliessrichtung): Hochwasser am 3. September 2017 (rund 100 m3/s, ca. HQ1). Die Wehrschwelle wurde, wie aus den Modellversuchen zu erwarten war, leicht überströmt und es wurde wenig Holz in den Rückhalt eingetragen.

Im neuen Sihlgerinne wurden viele Störsteine versetzt und Fischunterstände geschaffen. Die Strömung ist dadurch deutlich vielfältiger und bietet auch vermehrt Ruhezonen für die Fische. Die Vegetation wird für die notwendige Beschattung sorgen. Ein Teil des Aushubmaterials wurde zur Geschiebeanreicherung in der Sihl belassen.

· Gestaltung: égü Landschaftsarchitekten, CH-8049 Zürich · Bauausführung: ARGE SHR, Eberhard Bau AG/wsb AG, CH-8302 Kloten · Kommunikation: Urs Neuenschwander, Unternehmensberater

für

Kommunikation,

CH-8055 Zürich · Film: Tobias Volkamer, VBvisual, CH-8005 Zürich · Koordination Variantenstudien: TBF + Partner AG, CH-8006 Zürich Literatur Schwemmholzstudie Sihl: Flussbau AG, CH-8008 Zürich (15. Dezember 2009) Geschiebehaushaltstudie Sihl – Limmat: Flussbau AG, CH-8008 Zürich (20. August 2010)

8. Monitoring mit Videokameras Der Schwemmholzrechen wird durch zwei Videokameras mit Tag- und Nacht-Objektiven überwacht. Aufgestellt sind sie auf hohen Holzpfählen am oberen und unteren Ende der Anlage (Bild 18). Alle zehn Minuten nehmen die Kameras ein Bild auf. So kann das Geschehen aktuell oder im Nachhinein betrachtet und beurteilt werden. Schon während des Baus waren die Kameras in Betrieb. Dies erlaubte es, den ganzen Bauablauf gerafft zu dokumentieren. Die Videokameras bleiben mindestens für die nächsten zehn Jahre in Betrieb.

Variantenstudium: Basler & Hofmann, CH-8133 Esslingen Hochwasser-Hydrologie der Sihl: Scherrer AG, CH-4153 Reinach (Juli 2013) Hydraulische Modellversuche: Versuchsanstalt für Wasserbau, CH-8092 Zürich (2012) Auflage- und Ausführungsprojekt: Basler & Hofmann, CH-8133 Esslingen (3. April 2014) Anschriften der Verfasser Heinz Hochstrasser, Beraten / Planen / Bauen (ehemals AWEL), Risweg 3, CH-8134 Adliswil heinz.hochstrasser@bluewin.ch Dr. Lukas Schmocker, Basler & Hofmann AG Bachweg 1, Postfach, CH-8133 Esslingen

Hauptbeteiligte Projekt und Bauausführung:

lukas.schmocker@baslerhofmann.ch

· Bauherr/Projektleitung: Amt für Abfall, Was-

Luft, Projektleiter, CH-8090 Zürich

ser, Energie und Luft, CH-8090 Zürich. · Projekt und Bauleitung: Basler & Hofmann, CH-8133 Esslingen

Max Bösch, Amt für Abfall, Wasser, Energie und max.boesch@bd.zh.ch Dr. Matthias Oplatka, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Sektionsleiter Bau

· Hydraulische Modellversuche: Versuchs-

CH-8090 Zürich, matthias.oplatka@bd.zh.ch

anstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie, ETH Zürich, CH-8092 Zürich · Bauherrenunterstützung: Heinz Hochstrasser, Beraten/Planen/Bauen, CH-8134 Adliswil «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Florian Hinkelammert-Zens, Martin Detert, Lukas Schmocker, Volker Weitbrecht, Robert Boes

Zusammenfassung Im Zusammenhang mit dem Projekt «Hochwasserschutz an Sihl, Zürichsee und Limmat» des Kantons Zürich wurden an der VAW, ETH Zürich, drei verschiedene fluss- und wasserbauliche Fragestellungen anhand von hydraulischen Modellversuchen vertieft untersucht. Neben der Optimierung einer neuartigen Rechenanordnung zum Schwemmholzrückhalt in der Sihl, 15 km oberstrom des Stadtgebiets Zürich, wurde das Einlaufbauwerk für einen möglichen Entlastungsstollen von der Sihl in den Zürichsee im Detail analysiert. Eine der Kernfragen für sämtliche projektierte Hochwasserschutzmassnahmen war die exakte Kenntnis der Abflusskapazität der Sihldurchlässe am Hauptbahnhof Zürich im Zusammenspiel mit Sedimentund Schwemmholztransport. Trotz akribischer Vorarbeit durch die planenden Ingenieurbüros konnten in jedem der hydraulischen Modelle Prozesse beobachtet werden, die in dieser Form nicht erwartet wurden. Durch die Untersuchungen an der VAW konnten entscheidende Optimierungen hinsichtlich der Funktionalität der geplanten Bauwerke sowie eine deutliche Reduktion der Baukosten erzielt werden. Die Untersuchungen zeigen die Bedeutung von hydraulischen Modellversuchen bei der Untersuchung komplexer hydraulischer und flussbaulicher Fragestellungen.

1. Einleitung Dieser Artikel wird in der vorliegenden Ausgabe gemeinsam mit dem Beitrag «Schwemmholzrechen für den Hochwasserschutz im unteren Sihltal» von Heinz Hochstrasser et al. publiziert, in welchem ausführlich auf die Hintergründe der Hochwassergefahr im unteren Sihltal und der Stadt Zürich eingegangen wird. In dieser Arbeit wird daher auf entsprechende Ausführungen verzichtet und der Fokus auf die Beiträge der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der ETH Zürich zur Lösung der Hochwasserproblematik im Stadtgebiet Zürich gesetzt. In den Jahren 2010 bis 2015 wurden zu diesem Zweck an der VAW im Auftrag des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich (AWEL) drei grossmassstäbliche hydraulische Modelle errichtet und betrieben. Die entsprechenden Arbeiten der VAW werden im Folgenden vorgestellt.

Résumé Dans le contexte de la protection contre les crues à Zurich, le laboratoire hydraulique VAW de l’EPF Zurich a étudié de multiples questions d’ingénierie fluviale et hydraulique à l’aide de trois modèles hydrauliques à l’échelle réduite. Dans une première étape, un aménagement novateur pour la rétention du bois flottant amené par la Sihl en cas de grandes crues, situé 15 km à l’amont de Zurich, a été optimisé expérimentalement. Ensuite, l’édifice d’entrée d’une galerie de dérivation de crue, projetée au même site et menant de la Sihl au lac de Zurich, fut analysé en détail. Une des questions cruciales pour la protection du centre-ville contre les crues était la connaissance exacte de la capacité de débit des cinq passages de la Sihl en-dessous de la gare centrale de Zurich, sous considération du transport solide et du bois flottant. Même avec les travaux préliminaires méticuleux des bureaux d’ingénieurs impliqués, des processus inattendus ont pu être observés dans chaque modèle hydraulique. Par les études de la VAW, des optimisations essentielles pour le fonctionnement des édifices planifiés ainsi qu’une réduction des coûts de construction ont pu être obtenus. Les investigations de la VAW montrent l’importance des modèles hydrauliques pour les études de questions d’ingénierie fluviale et hydraulique de haute complexité.

gut und kann zu einer raschen Reduktion Hochwasserschutz Zürich / der Abflusskapazität bei MaterialablageSchlüsselstelle Hauptbahnrungen in den Durchlässen führen. hof Das Hochwasserereignis vom 22. Der Hauptbahnhof Zürich (HB Zürich) nimmt eine Schlüsselposition für die Ab- und 23. August 2005 entsprach im Stadtflusskapazität der Sihl im Stadtgebiet Zürich ein. Dieser wird von der Sihl in einem Zwischengeschoss in fünf Durchlässen unterquert, wodurch der Abflussquerschnitt durch die Durchlassöffnungen sowie die umliegende Infrastruktur massiv beschränkt wird (Bild 1). Diese bauliche Situation begünstigt Verklausungen durch Schwemmholz so- Bild 1. Ansicht des Bereichs oberstrom HB Zürich beim wie anderes Treib- Hochwasser im August 2005 (mod. nach AWEL). 2.

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Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

Hochwasserschutz Zürich – Drei Fragestellungen – Drei Modellversuche


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gebiet Zürich mit einem Spitzenabfluss von 280–300 m3/s knapp einem HQ30 (entsprechend Gefahrenkartierung Stadt Zürich, Basler & Hofmann, 2008) und verdeutlichte die im Hochwasserschutz bestehenden Defizite. Bei diesem seit Fertigstellung des Sihlsees im Jahr 1937 grössten Hochwasser in der Stadt Zürich wurden die in diversen Studien berechneten Wasserspiegellagen teils deutlich überschritten. Im sensiblen Gebiet oberund unterstrom der Sihldurchlässe beim HB Zürich lagen die Hochwasserspuren um bis zu 0.4 m über den Berechnungen (Basler & Hofmann, 2006). Im August 2005 wurde in den Sihldurchlässen bereits bei einem HQ30 das erforderliche Freibord von 1 m unterschritten – es bestand somit dringender Handlungsbedarf, um bei zukünftigen grösseren Hochwasserereignissen weitreichende Schäden zu verhindern. Basierend auf diesen Erfahrungen, startete der Kanton Zürich unter Leitung des AWEL ein umfangreiches Projekt zum Hochwasserschutz im Einzugsgebiet Sihl– Zürichsee–Limmat (Kanton Zürich, 2012). Dieses Projekt verfolgte mehrere Strategien für die langfristige Verbesserung der Hochwassersituation, welche ausführlich in einem Synthesebericht des AWEL zusammengestellt sind (AWEL, 2017). Zwei Konzepte – der «Entlastungsstollen Thalwil» sowie die «Kombilösung Energie» – wurden parallel auf Stufe Vorprojekt hydraulisch und bautechnisch geprüft. In Zusammenhang mit dem Gesamtprojekt zum Hochwasserschutz Zürich wurden an der VAW anhand von drei hydraulischen Modellen flussbauliche und hydraulische Fragestellungen vertieft untersucht. Die Reihenfolge der Modellversuche der VAW orientierte sich dabei an der Dringlichkeit der Fragestellung bzw. am Bearbeitungsstand des Gesamtprojekts.

Bild 2. Prinzipskizze Rückhaltekonzept im Nebengerinne (Schmocker und Weitbrecht, 2013). 34

3.

Schwemmholzrückhalt Rütiboden Die Sihl verfügt über ein hohes Schwemmholzpotenzial und führt bereits bei kleinen und mittleren Hochwasserereignissen beträchtliche Mengen Schwemmholz mit (siehe Artikel von Hochstrasser et al. in dieser Ausgabe). Insbesondere die Sihldurchlässe am HB Zürich sind im Hochwasserfall stark gefährdet, da es durch Verklausungen zu massivem Rückstau oberstrom des HB Zürich und innerstädtischen Überschwemmungen kommen kann. Eine der ersten Massnahmen des Gesamtprojekts zum Hochwasserschutz Zürich war daher die Projektierung einer geeigneten Massnahme, um die grossen Schwemmholzmengen der Sihl zu beherrschen. Ein Variantenstudium von AWEL, dem Ingenieurbüro Basler & Hofmann AG und der VAW ergab einen 15 km oberhalb des Stadtgebiets am Standort Rütiboden angeordneten Parallelrechen als optimale Lösung. Dieser Lösungsvorschlag orientierte sich unter anderem an den Erkenntnissen zum Schwemmholzrückhalt an der Kleinen Emme bei Ettisbühl (Tamagni et al., 2010). 3.1 Konzept und Zielsetzung Der Schwemmholzrückhalt mittels Parallelrechen bedingt eine ausgeprägte Kurvensituation, wie sie in der bestehenden Rechtskurve der Sihl am Rütiboden gegeben ist. Aufgrund der Sekundarströmungen in der Kurve wird das Schwemmholz auf die Kurvenaussenseite transportiert und dort in das Nebengerinne und den Rückhalteraum eingetragen (Bild 2). Eine Wehrschwelle trennt dabei das Haupt-

gerinne der Sihl vom Rückhalteraum und definiert den Anspringpunkt des Nebengerinnes. Der Schwemmholzrechen wird parallel zum Gerinne der Sihl angeordnet und hält das Schwemmholz im Nebenarm der Sihl zurück. Aufgrund der Sekundärströmungen und der erhöhten Lage der Wehrschwelle wird das Geschiebe weiterhin ausschliesslich im Hauptgerinne transportiert. Eine am Ende der Wehrschwelle angeordnete Sohlschwelle verhindert Eintiefungen der Sohle, welche den Anspringpunkt verändern und die Funktion des Bauwerks gefährden könnten (Bild 3). Es sei darauf hingewiesen, dass eine solche Trennung von Schwemmholz und Geschiebe durch die Wirkung der Sekundärströmung nur bei geringen Sohlenneigungen bzw. geringen Froude-Zahlen funktioniert. Dieses innovative Konzept des Schwemmholzrückhalts im Nebengerinne wurde bis dato in ähnlicher Grössenordnung nur beim Schwemmholzrückhalt in Ettisbühl (Tamagni et al., 2010) angewendet. Es bestanden somit geringe Erfahrungen bezüglich der zu erwartenden Prozesse und der Funktionsfähigkeit des Bauwerks. Zur Überprüfung und Optimierung des Konzepts wurde die VAW im Dezember 2010 durch das AWEL mit der Durchführung hydraulischer Modellversuche beauftragt. Die Zielsetzungen sind in Hochstrasser et al. (diese Ausgabe) beschrieben. 3.2 Experimenteller Aufbau Für die Untersuchung wurde ein hydraulisches Modell im Massstab 1:40 gewählt (Modellähnlichkeit nach Froude). Der Mo-

Bild 3. Ursprünglicher Verlauf der Sihl am Standort Rütiboden sowie Projektübersicht des Schwemmholzrückhalts (Schmocker et al., 2014). «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


tinuierlich Modellsediment zugab. Das Auslaufbecken am unteren Modellrand wurde mit einem getauchten Geschiebekorb mit automatischer Wägung ausgestattet. Vor Versuchsbeginn sowie nach Versuchsende wurden die Sohlenlagen im Modell an definierten Querprofilen mittels Laserabstandssensoren vermessen. Aus der Differenz dieser Messungen wurden in weiterer Folge die Veränderungen der Sohlenlagen bestimmt. Durch deren Gegenüberstellung mit den zugegebenen Geschiebemengen sowie dem Austrag am Modellende konnten für jeden Versuch präzise Geschiebebilanzen erstellt werden. Die Wasserspiegellagen wurden mittels Ultraschallsensoren laufend aufgezeichnet. Das Modellschwemmholz wurde manuell zugegeben und für jeden Versuch bilanziert. Das Modell des Schwemmholzrückhalts Rütiboden wurde durch die Gegenüberstellung der Modellmessungen mit den Ergebnissen von hydronumerischen 1D-(HEC-RAS) und 2D-Simulationen (BASEMENT) sowie den Hochwasserspuren des Ereignisses von August 2005 kalibriert. Ein während des Modellbetriebs auftretendes Sihl-Hochwasser im Juni 2011 erlaubte eine zusätzliche Validierung des Modells. 3.3 Ergebnisse Mit dem ursprünglichen Projektentwurf aus dem Jahr 2010 konnten im hydraulischen Modell 60 % des beim HQ300-Ganglinienversuch anfallenden Schwemmholzes zurückgehalten werden. Die generelle

Bild 4. Modellschwemmholz in 5 Klassen (Massstab 1:40).

Tabelle 1. Schwemmholzklassen in Natur und Modellmassstab 1:40. «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

Funktionstüchtigkeit des Konzepts war gegeben, die Schwemmholz-Rückhalterate konnte im hydraulischen Modell durch diverse Optimierungen jedoch deutlich erhöht werden. Folgende Parameter bzw. Bestandteile des hydraulischen Modells wurden in drei Schritten variiert und optimiert (siehe auch Bild 3): (1) Anpassung der Linienführung in der Rechtskurve, Verschmälerung des Hauptgerinnes der Sihl; Verkleinerung des Schwemmholzrückhalteraums, Verkürzung der Wehrschwelle. Schwemmholzrückhalt bei HQ300-Ganglinie: 65 %. (2) Absenkung der Wehrschwelle, um den Schwemmholzrückhalt bei kleinen Abflüssen zu verbessern; weitere Optimierung der Gerinnebreite entlang des Rechens und Anpassungen der Uferlinienführung. Schwemmholzrückhalt bei HQ300-Ganglinie: 85 %. (3) Nutzung eines rechtsufrigen Vorlands als «Leitbauwerk» für das Schwemmholz; Ausführung der Wehrschwelle als Absturz, um Schwemmholzablagerungen zu verhindern. Schwemmholzrückhalt bei HQ30 und HQ300-Ganglinie sowie im Überlastfall EHQ: 95 %. Diese iterativen Optimierungen erlaubten der VAW und ihren Projektpartnern, das bestehende Konzept zu einem robusten System weiterzuentwickeln. Dank den durchgeführten Anpassungen konnte der Schwemmholzrückhalt für alle getesteten Hochwasserszenarien inklusive des Überlastfalls auf ca. 95 % gesteigert werden. Die seitliche Wehrschwelle springt ca. ab einem HQ1 an, wobei effektiv ab einem HQ10 Schwemmholz in den Rückhalteraum geleitet wird. Durch die damit verbundene Ausleitung von grossen Wassermengen in den Rückhalteraum nimmt die Geschiebetransportkapazität im Hauptgerinne der Sihl ab. Dadurch entsteht ein nicht zu vermeidender Zielkonflikt zwischen maximalem Schwemmholzrückhalt und möglichst ungestörtem Geschiebetransport. Im Hauptgerinne der Sihl am Rütiboden ist somit bei Hochwasserereignissen mit Geschiebeablagerungen zu rechnen. Folglich ist in diesem Bereich eine entsprechende Geschiebebewirtschaftung vorzusehen. Die im hydraulischen Modell entwickelten Anpassungen der Linienführung und weiterer Bauteile des Schwemmholzrückhalts wurden von den Projektpartnern für die Ausführungsplanung des Bauprojekts übernommen. Durch die optimierte Linienführung konnten das für den Bau 35

Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

dellperimeter umfasste rund 1.2 km Fliessstrecke der Sihl. Die Sohle wurde bis auf die Tiefe des Molassefelshorizonts mit beweglichem Sediment ausgeführt, während die Ufer fest nachgebildet wurden. Ein Foto des hydraulischen Modells ist in Hochstrasser et al. (diese Ausgabe) zu finden. Das Schwemmholzpotenzial der Sihl wurde im Rahmen einer Studie der Flussbau AG (2009) ausführlich untersucht. Die darin ausgewiesenen Schwemmholzklassen wurden im hydraulischen Modell mit geometrisch skaliertem Schnittholz nachgebildet und entsprechend eingefärbt (Bild 4, Tabelle 1). Feinholz ist von grosser Bedeutung für den Verlegungsgrad von Verklausungen, kann in hydraulischen Modellen aufgrund der Skalierung jedoch nur bedingt nachgebildet werden. Um die Robustheit des Systems auch bei einem extremen Verlegungsgrad nachzuweisen, wurden die Auswirkungen von Feinholz durch eine vollständige Abdichtung des Rechens untersucht. Für die Simulation des zeitlichen Verlaufs von Hochwasserszenarien wurde der Modellbetrieb vollständig über einen Steuerungscomputer automatisiert. Die Zuflussmenge am oberen Modellrand sowie der Wasserstand am unteren Modellrand wurden durch elektronische Schieber geregelt, welche eine präzise Simulation von Zuflussganglinien und den entsprechenden Wasserständen am unteren Modellrand ermöglichten. Die Geschiebezugabe erfolgte über eine automatische Beschickungsmaschine, welche entsprechend definierter Ganglinien kon-


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notwendige Aushubvolumen deutlich verkleinert und konnten somit Kosten eingespart werden. Der Bau des Schwemmholzrechens wurde im Mai 2017 abgeschlossen. Für Informationen zur Ausführung des Bauprojekts wird auf den Beitrag von Hochstrasser et al. in dieser Ausgabe verwiesen. 4.

Einlaufbauwerk Entlastungsstollen Bis Sommer 2017 wurden für den Hochwasserschutz der Stadt Zürich die beiden Varianten «Entlastungsstollen Thalwil» und «Kombilösung Energie» durch den Kanton Zürich parallel auf Stufe Vorprojekt weiterverfolgt. Die Ingenieur-Unternehmung Bern AG (IUB) wurde im Zuge dieser Vorarbeiten mit einer Machbarkeitsstudie zur technischen Durchführbarkeit eines Entlastungsstollens beauftragt. Der Entwurf von IUB sieht einen Hochwasserentlastungsstollen vom Sihltal bis zum Zürichsee im Bereich Thalwil vor (Gesamtlänge ca. 2.1 km). Dessen Einlaufbauwerk wurde in der Aussenseite einer Linkskurve angeordnet, welche sich direkt unterstrom des Schwemmholzrechens beim Rütiboden befindet. Auf diese Weise wird die Wirkung des Schwemmholzrechens ideal genützt und die Gefahr des Eintrags von Schwemmholz in den Entlastungsstollen stark reduziert. Durch die Sekundärströmungen in der Linkskurve kann des Weiteren der Geschiebeeintrag in den Stollen minimiert werden. Der projektierte Standort des Einlaufbauwerks lag innerhalb des Perimeters der Modellversuche zum Schwemmholzrückhalt Rütiboden (Kap. 3). Somit bot sich die Gelegenheit, die projektierte Anordnung des Einlaufbauwerks für den Entlastungsstollen im hydraulischen Modell des Schwemmholzrückhalts zu integrieren und die Annahmen der Vorprojektierung zu überprüfen. 4.1 Konzept und Zielsetzung Der Entlastungsstollen soll bei Extremhochwasserereignissen eine Teilwassermenge aus der Sihl in den Zürichsee ableiten, um Ausuferungen im Stadtgebiet Zürich zu unterbinden und gleichzeitig die Retentionswirkung des Zürichsees auszunutzen. Das Einlaufbauwerk des Entlastungsstollens wird rechtsufrig als seitliche Entnahme über eine gekrümmte Wehrschwelle mit anschliessendem Sammelbecken ausgebildet. Mittels eines Tafelschützes wird das Wasser im Sammelbecken aufgestaut, um im Stollen schiessende Abflussverhältnisse sicherzustellen (Bild 5). Der Anspringpunkt 36

der Wehrschwelle ist derart gewählt, dass während des Bemessungsereignisses die vorgesehene Wassermenge entlastet, der Geschiebehaushalt in der Sihl jedoch möglichst wenig beeinträchtigt wird. Entlang dem Einlaufbauwerk wird die Gerinnebreite der Sihl verringert, um den Geschiebetransport auch bei Anspringen der Entlastung möglichst aufrechtzuhalten (Bild 6). Das von der Sihl transportierte Schwemmholz, welches den oberstrom liegenden Schwemmholzrechen noch passiert, wird mittels Tauchwand am Einlaufbauwerk vorbeigeleitet. Die Zielwerte für die gewünschten Anspring- und Entlastungsmengen wurden durch das AWEL festgelegt: Aus Hochwasserschutzgründen sollten bei einem Bemessungsabfluss von 550 m3/s rund 300 m3/s durch den Stollen entlastet werden. Aus morphologischen und ökologischen Gesichtspunkten wurde ein Anspringpunkt im Bereich von 150 m3/s angesetzt. Aufgrund der erforderlichen Robustheit im Überlastfall wurde ein unge-

steuertes Bauwerk gewählt, bei welchem die Schützenstellung während Hochwasserereignissen nicht verändert werden muss. Folgende Fragestellungen wurden im hydraulischen Modell untersucht: • Kann die Lage des Einlaufbauwerks optimiert werden? • Sind Anspringpunkt und Trenncharakteristik der Wehrschwelle korrekt gewählt? • Ist die Höhe der Tauchwand ausreichend? • Wie kann die Geometrie von Wehrschwelle, Sammelrinne und Einlaufbauwerk optimiert werden? • Wie wirkt sich das Einlaufbauwerk auf den Geschiebetransport aus? • Kommt es zu Rückkopplungen zwischen Einlaufbauwerk und oberstrom gelegenem Schwemmholzrechen? • Wie sind die Abflussverhältnisse im Sammelbecken, beim Übergang in den Stollen sowie am Beginn des Entlastungsstollens?

Bild 5. Längenschnitt des Einlaufbauwerks (Planskizze Vorprojektierung IUB, Januar 2011).

Bild 6. Situation des projektierten Einlaufbauwerks (Planskizze Vorprojektierung IUB, Januar 2011). «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


ierlich aufgezeichnet. Der Geschiebeaustrag aus der Sihl in das Einlaufbauwerk wurde durch manuelle Wägung ermittelt, während die Abflusstiefe bzw. Druckhöhe im Stollen mit Piezometerdrucksonden bestimmt wurde. 4.3 Ergebnisse Die Vorversuche im hydraulischen Modell bestätigten die generelle Funktionsfähigkeit des Einlaufbauwerks und zeigten, dass die hydraulischen Verhältnisse beim Stolleneinlauf von jenen beim Schwemmholzrechen (Kap. 3.1) entkoppelt sind. In der Vorprojektierung lag das Einlaufbauwerk am Beginn der Linkskurve, in einem Bereich, in welchem die Sekundärströmungen noch nicht ausreichend ausgeprägt waren. Infolgedessen wurden grosse Mengen Geschiebe über das Streichwehr in den Stollen transportiert. Die Lage des Einlaufbauwerks wurde daraufhin in den Scheitelpunkt der Kurve verlegt. Des Weiteren zeigten die Vorversuche, dass ohne Installation einer Tauchwand praktisch sämtliches Schwemmholz, das den Rechen passiert, in den Stollen eingetragen würde.

Bild 7. (a) Ansicht Einlaufbauwerk und (b) Längenschnitt Stollen im hydraulischen Modell (Massstab 1:40). «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

Zur Untersuchung der Trenncharakteristik des Bauwerks und dessen Entlastungskapazität wurden EHQ-Ganglinienversuche mit einem Spitzenabfluss von 550 m3/s durchgeführt, mit sowie ohne Schwemmholzzugabe. Um die engen Zielsetzungen bezüglich Entlastungskapazität und Anspringpunkt (Kap. 4.1) zu erreichen, wurden im Modell folgende Parameter variiert: (1) Höhe Wehrschwelle, (2) Länge Wehrschwelle, (3) Längsneigung Wehrschwelle, (4) Höhe Sohlschwelle, (5) Breite Sohlschwelle und (6) Linienführung der Sihl im Bereich des Einlaufbauwerks. Im Modell wurden vier bauliche Varianten getestet, um die Zielvorgaben zu erreichen. Die optimale Variante zeigte für EHQ einen Entlastungsabfluss von 320 m3/s (Zielwert 300 m3/s) bei einem Anspringpunkt von 135–170 m3/s (Zielwert 150 m3/s). Die Sicherstellung dieses hohen Anspringpunkts verlangt eine 130 m lange Wehrschwelle, um den Entlastungsabfluss sicher abführen zu können. In der aktuellen Planung (IUB 2017) ist vorgesehen, durch die Verwendung eines geregelten Entlastungsorgans den Anspringpunkt auf ca. 250 m3/s anzuheben, um den Geschiebetrieb bei kleineren Hochwasserereignissen möglichst wenig zu beeinflussen. Durch die Einengung der Sihl im Bereich der Sohlschwelle (Bild 6) auf 15 m und den damit verbundenen Rückstau wird die Weiterleitung des Geschiebes bei einem EHQ auf ca. 50 % reduziert. Wie bereits beim Schwemmholzrückhalt festgestellt wurde (Kap. 3.3), ist auch beim Standort des Einlaufbauwerks nach grösseren Hochwasserereignissen mit Geschiebeablagerungen zu rechnen. Diese müssen in einem entsprechenden Geschiebebewirtschaftungskonzept berücksichtigt werden. Die Versuche zur Entlastungskapazität zeigten, dass der projektierte Stollendurchmesser von 5.6 m nicht ausreichte, um die geforderten 300 m3/s im Freispiegelabfluss abzuleiten. Im Übergang von Rechteck- auf Kreisquerschnitt kam es zum Zuschlagen des Stollens, im gesamten Stollen herrschte Druckabfluss. Dies bewirkte einen Aufstau in der Sammelrinne und infolgedessen einen unvollkommenen Überfall über die Wehrschwelle. Der Stollendurchmesser wurde daher von 5.6 auf 6.4 m erhöht. Zudem wurden der Übergang von Rechteck- auf Kreisprofil über eine längere Strecke ausgeführt und die Höhenverhältnisse nach der Schütze angepasst. Nach diesen Massnahmen herrscht auch bei einem Maximalabfluss

37

Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

4.2 Experimenteller Aufbau Für die Untersuchung des geplanten Einlaufbauwerks konnte das an der VAW bereits bestehende hydraulische Modell des Standorts Rütiboden im Massstab 1:40 genutzt werden (Kap. 3.2). Ein Foto des vollständigen hydraulischen Modells ist in Hochstrasser et al. (diese Ausgabe) zu finden. Die zugrunde liegenden Annahmen bezüglich Modellsediment und Modellschwemmholz wurden für die Untersuchung des Einlaufbauwerks beibehalten. Der untere Bereich des Modells wurde entsprechend der Vorprojektierung von IUB umgebaut und um das Einlaufbauwerk sowie einen Abschnitt des Entlastungsstollens (Länge in Natur 100 m) erweitert (Bild 7). Die Messtechnik im Modell wurde entsprechend der zu untersuchenden Fragestellungen angepasst: Der Abfluss über die Wehrschwelle und durch den Stollen wurde in einem Auslaufbecken gesammelt und an einem zusätzlichen Messwehr kontinuierlich bestimmt. Die Wasserspiegellagen vor dem Einlaufbauwerk wurden durch zusätzliche Ultraschallsensoren kontinu-


Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

von 320 m3/s noch Freispiegelabfluss im Stollen. Die Modellversuche zum Entlastungsstollen zeigen deutlich, dass auch bei Projekten mit sehr detaillierter Planung in hydraulischen Modellen eine Vielzahl von Prozessen auftreten, welche in Handrechnungen oder numerischen Simulationen nicht berücksichtigt werden können oder schlicht nicht erkannt werden. Durch eine Vielzahl an Iterationen und baulichen Anpassungen im hydraulischen Modell konnte eine Lösung gefunden werden, die gegenüber der ursprünglichen Planung wesentliche, teils sicherheitsrelevante Verbesserungen aufweist. 5.

Abflusskapazität am HB Zürich Die Sihldurchlässe unter dem HB Zürich sind eine massgebende Schlüsselstelle für den Hochwasserschutz der Stadt Zürich. Die exakte Bestimmung der maximalen Abflusskapazität der Durchlässe, unter Berücksichtigung von Schwemmholzund Sedimenttransport, ist eine zentrale Fragestellung für die Festlegung des Ausbaugrads der Sihl im Stadtgebiet sowie für die Planung zukünftiger Hochwasserschutzmassnahmen.

Die Gleishalle des HB Zürich wird von der Sihl in einem Zwischengeschoss auf einer Länge von 190 m in fünf Durchlässen (mittlere lichte Weite 12 m × 3 m) gequert. Das Flussbett der Sihl liegt unterhalb der 16 Hauptgleise des HB Zürich, jedoch oberhalb der unterirdischen Bahnhöfe Museumstrasse und Löwenstrasse (Bild 8). Die Decke der Durchlässe setzt sich aus den Gleisbrücken, den dazwischenliegenden Bahnsteigen sowie deren Widerlager zusammen und ist von der Sihl frei zugänglich. Diese Struktur führt zu einem komplizierten geometrischen Aufbau mit einer Vielzahl an Tiefpunkten, welche für Verklausungen höchst anfällig sind. Bis ins Jahr 2006 verfügten die Sihldurchlässe über eine durchgängige Kiessohle («Zustand 2006», Bild 8). Die umfangreichen Bauarbeiten für die Erstellung der Durchmesserlinie Zürich (DML) in den Jahren 2005–2015 führten zu massgebenden Veränderungen der baulichen Situation in den Sihldurchlässen. Die Erstellung von unterirdischen Bahnanlagen bedingte die temporäre Schliessung von bis zu drei Durchlässen. Für die Aufrechterhaltung der Abflusskapazität bei Hochwasserereignissen wurde die Sohle in allen Durchlässen um ca. 0.6 m

abgetieft und mit Betonplatten versiegelt («Zustand 2014», Bild 8). In den Bauauflagen des AWEL wurde nach Abschluss der Bauarbeiten die Wiederherstellung des Zustands 2006 vorgesehen. Im Rahmen der DML-Projektierung waren die hydraulischen und geschiebetechnischen Verhältnisse in den Sihldurchlässen Gegenstand diverser Studien und Untersuchungen. Diese Grundlagenarbeiten verdeutlichten nochmals die Beschränkung der Abflusskapazität in den Durchlässen und veranlassten das AWEL, die VAW im Juli 2012 mit der Durchführung von hydraulischen Modellversuchen zu beauftragen. 5.1 Zielsetzung Die Untersuchungen der VAW wurden für den baulichen Zustand vor der Erstellung der DML («Zustand 2006») und nach dem Abschluss der Bauarbeiten («Zustand 2014») durchgeführt. Folgende Aspekte wurden im hydraulischen Modell untersucht: • Wie hoch ist die Abflusskapazität der fünf Sihldurchlässe für die baulichen Zustände vor/nach Erstellung der DML? • Wie ist das Systemverhalten bei gros-

Bild 8. Stilisierte Quer- und Längenschnitte durch die Sihldurchlässe in den Zuständen 2006 und 2014; (1) Tiefbahnhof Museumsstrasse, (2) Gleisbrücken und Bahnsteige, (3) kritischer Querschnitt im Einlaufbereich, (4) Tiefbahnhof Löwenstrasse, (5) Sohlversiegelung (mod. nach SBB). 38

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


• •

Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

• •

sen und extremen Hochwasserereignissen (HQ100, HQ300, EHQ)? Sind die Freiborde ausreichend? Welche Sohlveränderungen sind bei grossen und extremen Hochwasserereignissen zu erwarten? Wie hoch ist die Verklausungsgefahr eines oder mehrerer Durchlässe? Gibt es Optimierungsmöglichkeiten für die Gestaltung der Durchlässe nach Abschluss der DML-Arbeiten? Ist ein Rückbau zum Zustand 2006 sinnvoll?

5.2 Hybride Modellierung Die Grundlagenanalyse zu Beginn der Modellplanung zeigte, dass die Abflussverhältnisse beim Zusammenfluss von Sihl und Limmat entscheidend für die hydraulischen Verhältnisse in den Sihldurchlässen sind. Knapp oberstrom des Zusammenflusses befindet sich im Gerinne der Limmat das Lettenwehr, welches den Wasserstand des Zürichsees regelt und als Ausleitungsbauwerk für das Kraftwerk Letten dient. Durch diese Anordnung haben die Wehrsteuerung sowie die Abflussmenge in der Restwasserstrecke der Limmat einen direkten Einfluss auf das Abflussgeschehen der Sihl sowie die Wasserspiegellagen in den Sihldurchlässen (Bild 9). Aufgrund des benötigten Modellmassstabs und der Platzverhältnisse im Labor der VAW konnte dieser Bereich nicht in das hydraulische Modell integriert werden. Für die Bestimmung der Wasserspiegellagen als untere Randbedingung für die Modellversuche wurde daher ein hybrider Modellansatz aus Laborexperiment und Computersimulation gewählt. Das hydraulische Modell wurde im Massstab 1:30 (Modellähnlichkeit nach Froude) erstellt und bildete ca. 900 m Fliessstrecke der Sihl ab (Bild 9, Bild 10). Der oberstrom des HB Zürich einmündende Schanzengraben wurde im Modell nachgebildet und ist in Natur mit einer ca. 1 m hohen Mauer vom Hauptgerinne der Sihl getrennt. Das Modellende befand sich ca. 50 m flussauf des Zusammenflusses Sihl / Limmat. Parallel zum hydraulischen Modell wurde mit der Software BASEMENT ein hydronumerisches 2D-Modell erstellt, welches den Perimeter des hydraulischen Modells umfasste und jeweils 900 m Fliessstrecke oberstrom sowie unterstrom zusätzlich abbildete. Sämtliche Szenarien wurden zuerst im numerischen Modell grossräumig untersucht und daraufhin im hydraulischen Modell im Detail nachgebildet. Dies war insbesondere für die korrekte Nachbildung der Verhältnisse beim Zusammenfluss Sihl/Lim-

Bild 9. Untersuchungsgebiet Modellversuch Sihldurchlässe HB Zürich.

Bild 10. Ansicht des hydraulischen Modells der Sihldurchlässe (Massstab 1:30), Blick in Fliessrichtung.

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

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Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

mat notwendig: Die im numerischen Modell für die jeweiligen Szenarien ermittelten Wasserspiegellagen wurden in das hydraulische Modell übertragen und mittels eines eingestauten Auslaufbeckens mit automatisch geregeltem Wasserstand eingestellt. Im hydraulischen Modell wurden die Sihldurchlässe im Bereich des HB Zürich für einen besseren optischen Zugang durch eine Plexiglaskonstruktion in Kombination mit Betonelementen nachgebildet (Bild 11, Bild 12). Zusätzlich wurde dieser Bereich auf einer erhöhten Betonplatte errichtet, sodass präzise und kontinuierliche Wasserspiegelmessungen über kommunizierende Röhren durchgeführt werden konnten. Aufgrund des grossen öffentlichen Interesses beinhaltete das Modell

eine Vielzahl an geometrischen Details, welche neben der Abbildung der hydraulischen Wirksamkeit auch aufgrund des Wiedererkennungseffekts übernommen wurden (Bild 12). Das Hauptgerinne der Sihl war mit beweglicher Sohle ausgestattet, während die Ufer im Modell befestigt wurden. Die Kalibrierung des hydraulischen Modells erfolgte anhand von Hochwasserereignissen der Jahre 2005 / 2006 / 2007 und in Gegenüberstellung mit den Ergebnissen von entsprechenden numerischen Simulationen. 5.3 Ergebnisse Die hybride Modellierung der VAW zeigte eindrücklich, dass Angaben zur Abfluss-

Bild 11. Sihldurchlässe mit Nachbildungen der Gleisbrücken und Widerlager im hydraulischen Modell (Massstab 1:30).

kapazität der Sihldurchlässe nur in Kombination mit der Angabe eines entsprechenden Abflusses in der Limmat eindeutig zu interpretieren sind. Das derzeitige Wehrreglement des Lettenwehrs beschränkt den Abfluss in der Limmat unterstrom des Zusammenflusses mit der Sihl auf max. 600 m3/s (Bild 9). Bei Kenntnis des Sihlabflusses kann der entsprechende Abflusswert der Limmat auf dieser Basis berechnet werden. Als maximale Abflusskapazität Qmax wurde der Abflusszustand festgelegt, bei dem ein gleichmässiges Anschlagen des Wasserspiegels an der Decke der Sihldurchlässe zu beobachten ist und es noch nicht zu Druckabfluss kommt. Dieser Zustand wurde bei einem Sihl-Spitzenabfluss von 490 m3/s in Kombination mit einem Limmatabfluss von 190 m3/s erreicht («Qmax 490/190»). Die Untersuchungen der VAW zeigten, dass dieser Wert überraschenderweise für den Zustand der Sihldurchlässe vor und nach dem Bau der DML gilt. Im Zustand 2006 kam es aufgrund der allgemein höheren Sohlenlagen erwartungsgemäss im Einlaufbereich der Durchlässe zum ersten Anschlagen des Wasserspiegels. Die Absenkung und Versiegelung der Sohle im Zustand 2014 führte dennoch zu keiner signifikanten Erhöhung der Abflusskapazität: Aufgrund des dominierenden Rückstaus der Limmat lag die Schwachstelle im Zustand 2014 im unteren Drittel der Sihldurchlässe; in diesem Bereich wurde als erstes ein Anschlagen des Wasserspiegels festgestellt. Bei Berücksichtigung eines Freibords von 1 m liegt die Abflusskapazität bei einem Sihlabfluss von 270 m3/s, in Gegenüberstellung mit einem Limmatabfluss von 205 m3/s. Die Untersuchungen des Verklausungsrisikos zeigten, dass grosse Mengen Schwemmholz bei der Trennmauer zwischen Sihl und Schanzengraben abgelagert werden und das Verklausungsrisiko der angrenzenden Durchlässe erhöhen (Bild 13). Unterhalb von Verklausungskörpern werden im Zustand 2006 in der natürlichen Flusssohle tiefe Kolke gebildet, welche die Abflusskapazität trotz der Verklausung aufrechterhalten. Die Schwemmholzansammlungen führen zu höheren Wasserspiegeln im Einlaufbereich und lokalem, temporärem Einstau der Gleisbrücken 3/4 sowie 5/6. Die Sohlversiegelung im Zustand 2014 verhindert die Kolkbildung unter den Verklausungskörpern und ist in diesem Fall kontraproduktiv.

Bild 12. Sitzstufen bei Sigi-Feigel-Terrasse im hydraulischen Modell (Massstab 1:30). 40

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Bild 13. Schwemmholzablagerungen vor Sihldurchlässen im hydraulischen Modell (Massstab 1:30).

Bild 14. Auflandungen unterstrom HB Zürich im hydraulischen Modell (Massstab 1:30). Der Bereich oberstrom des HB Zürich stellt aufgrund der vorhandenen Gerinnegeometrie eine natürliche Auflandungsstrecke dar. Durch den Rückstau der Limmat im Hochwasserfall wird dieser Effekt verstärkt, und es kommt auch flussab des HB Zürich zu Auflandungen – dies erklärt auch das Vorhandensein grosser Schotterinseln in diesem Bereich bis zum Jahr 2006 (Bild 14). In den Sihldurchlässen wurde die Bildung von Transportkörpern beobachtet, deren Fronten sich mit gleichbleibender Mächtigkeit in Fliessrichtung bewegen. Dieser Prozess wurde in beiden Modellzuständen beobachtet, ist im Zustand 2014 aufgrund der tieferen Sohllagen jedoch stärker ausgeprägt. Aufgrund

des Rückstaus konnte bei keinem der untersuchten Hochwasserszenarien signifikanter Geschiebetransport aus der Sihl in die Limmat beobachtet werden. Vor dem Hintergrund des vom AWEL geforderten Rückbaus der Sihl nach Erstellung der DML wurde von der VAW eine Bestvariante für die zukünftige Gestaltung der Sihl entwickelt. Es wird die Wiederherstellung der natürlichen Kiessohle mit den Sohllagen von 2006 empfohlen, da die Sohlversiegelung in den Durchlässen keine massgebende Erhöhung der Abflusskapazität bringt. Aufgrund der Kolkbildung bei Extremereignissen im Einlaufbereich der Sihldurchlässe sind lokale Schutzmassnahmen, z. B.

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

6. Fazit und Ausblick Die an der VAW zwischen 2010 und 2015 durchgeführten grossmassstäblichen hydraulischen Modellversuche waren entscheidende Grundlagen für die weitere Planung zur Verbesserung des Hochwasserschutzes der Stadt Zürich. In den Untersuchungen zum Schwemmholzrückhalt Sihl sowie dem Einlaufbauwerk und Entlastungstollen Thalwil konnten die Konzepte der Projektpartner entscheidend optimiert werden. So wurde der Schwemmholzrückhalt durch einen Rechen im Nebenschluss von 60 auf 95 % gesteigert, während beim Einlaufbauwerk beispielweise die unzureichende Dimensionierung des Entlastungsstollens erkannt wurde. Die Untersuchung zweier Bauzustände bei den Sihldurchlässen am HB Zürich zeigte eine Vielzahl von Prozessen, welche im Rahmen der Projektierungsarbeiten nur zum Teil erkannt wurden. Auf dieser Basis konnte eine Bestvariante für die zukünftige Gestaltung der Sihl im Bereich des HB Zürich entwickelt werden, welche ab Frühjahr 2018 schrittweise umgesetzt wird. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass hydraulische Modellversuche auch heutzutage, trotz grossen Fortschritten in der hydronumerischen Modellierung, unverzichtbare Hilfsmittel für die Projektierung und Dimensionierung von komplexen fluss- und wasserbaulichen Projekten sind. So ist beispielweise die Simulation von morphologischen Prozessen weiterhin eine anspruchsvolle Aufgabe, welche nicht ausschliesslich in numerischen Modellen bearbeitet werden kann. Die numerische Nachbildung von Schwemmholztransport und Verklausungsprozessen ist nach wie vor Gegenstand der Forschung. Aufgrund der hohen Komplexität im Zusammenspiel zwischen morphologischen Prozessen und Schwemmholzverklausungen sind jedoch in den nächsten Jahren keine Lösungen zu erwarten, welche in der ingenieurtechnischen Praxis einen hydraulischen Modellversuch ersetzen können. Computermodelle liefern für den Betrieb hydraulischer Modelle wertvolle Eingangs- und Vergleichsdaten. Durch diesen hybriden Modellierungsansatz können Aussage- und Prognosefähigkeit im hydraulischen Modellwesen signifikant gesteigert werden.

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Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

durch einen Blockteppich, vorzusehen. Die Entfernung der Trennmauer zwischen Sihl und Schanzengraben führt oberstrom des HB Zürich zu einer dynamischeren und natürlicheren Sohlentwicklung.


Hochwasserschutz Sihltal / Zürich

Im Oktober 2017 wurde vom Zürcher Regierungsrat entschieden, das Konzept «Entlastungsstollen Thalwil» auszuführen und die «Kombilösung Energie» nicht weiter zu verfolgen (Kanton Zürich, 2017). Die VAW wurde in weiterer Folge vom AWEL mit Detailuntersuchungen der Bauprojekte für die Ein- und Auslaufbauwerke des Entlastungsstollens beauftragt. Die Untersuchung des Einlaufbauwerks wird im Massstab 1:30 erfolgen, jene des Auslaufbauwerks am Zürichsee in Thalwil im Massstab 1:16.9.

Hochstrasser et al. (2018). Schwemmholzre-

VAW (2013). Einlaufbauwerk Entlastungsstollen

chen für den Hochwasserschutz im unteren

Sihl Standort Rütiboden. Bericht Nr. 4293/2.

Sihltal. «Wasser Energie Luft» 110 (1), 25–32 .

VAW, ETH Zürich (unveröffentlicht).

IUB (2017). Hochwasserschutz an Sihl, Zürich-

VAW (2015). Sihldurchlässe Hauptbahnhof Zü-

see und Limmat, Entlastungsstollen Thalwil,

rich. Bericht Nr. 4308. VAW, ETH Zürich (unver-

Technischer Bericht. Im Auftrag des AWEL,

öffentlicht).

Stand: 2. Mai 2017. Kanton Zürich (2012). Wasserbau, Hochwas-

Danksagung

serschutz Sihl–Zürichsee–Limmat (Ausgaben-

Die Autoren bedanken sich bei den Ingenieur-

bewilligung). Regierungsratsbeschluss 925.

büros Basler & Hofmann AG (B&H) sowie In-

Kanton Zürich (2017). Wasserbau, Hochwas-

genieur-Unternehmung Bern AG (IUB) für die

serschutz Sihl, Zürichsee, Limmat (Konzeptent-

gute und zielgerichtete Zusammenarbeit. Die

scheid Entlastungsstollen Thalwil; zusätzliche

präsentierten Forschungsarbeiten wurden im

Ausgabe für Projektierung und teilweise vorge-

Wesentlichen durch das Amt für Abfall, Wasser,

Literatur

zogene Ausführungsplanung). Regierungsrats-

Energie und Luft (AWEL) des Kantons Zürich fi-

AWEL (2017). Hochwasserschutz an Sihl, Zü-

beschluss 943.

nanziert; für die Untersuchung der Abflusska-

richsee und Limmat, Synthesebericht zum Kon-

Marti, C., Oplatka, M., Scapozza, C. (2014).

pazität der Sihldurchlässe am Hauptbahnhof

zeptentscheid «Entlastungsstollen Thalwil».

Hochwasserschutz

Zürich gilt der Dank auch den Schweizerischen

Verfügbar unter: https://awel.zh.ch/internet/

Tagungsband «Wasserbau und Flussbau im Al-

baudirektion/awel/de/wasser/hochwasser-

penraum», VAW-Mitteilung 227/228 (R. Boes,

schutz/hochwasserschutz_zuerich/langfris-

ed.), VAW, ETH Zürich.

Anschrift der Verfasser

tige_massnahmen/weiteres-vorgehen.html

Schmocker, L., Schmidt, M., Hochstrasser, H.,

Florian Hinkelammert-Zens, Versuchsanstalt für

(abgerufen am 07.02.2018).

Detert, M., Weitbrecht, V. (2014). Schwemm-

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holzrückhalt Sihl. Tagungsband «Wasserbau

ETH Zürich,

August 2005, Dokumentation. Im Auftrag des

und Flussbau im Alpenraum», VAW-Mitteilung

hinkelammert-zens@vaw.baug.ethz.ch

AWEL, Stand: 10. April 2006.

227/228 (R. Boes, ed.), VAW, ETH Zürich.

Dr. Martin Detert, VAW, ETH Zürich

Basler & Hofmann AG (2008). Gefahrenkartie-

Schmocker, L., Detert M., Marti C., Huber A., Bil-

detert@vaw.baug.ethz.ch

rung Hochwasser Stadt Zürich, Technischer

leter P., Weitbrecht V. (2014). Hochwasserent-

Dr. Lukas Schmocker, VAW, ETH Zürich

Bericht. Im Auftrag des AWEL, Stand: 24. No-

lastungsstollen Sihl. Tagungsband «Wasserbau

schmocker@vaw.baug.ethz.ch

vember 2008.

und Flussbau im Alpenraum», VAW-Mitteilung

Dr. Volker Weitbrecht, VAW, ETH Zürich

Basler & Hofmann AG (2010). Schwemmholz-

227/228 (R. Boes, ed.), VAW, ETH Zürich.

weitbrecht@vaw.baug.ethz.ch

rückhalt Sihl – Pflichtenheft VAW-Modellver-

Schmocker, L. und Weitbrecht, V. (2013). Drift-

Prof. Dr. Robert Boes, VAW, ETH Zürich

suche. Im Auftrag des Amts für Abfall, Wasser,

wood: Risk analysis and engineering measu-

boes@vaw.baug.ethz.ch

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Sihl–Limmat. Bericht im Auftrag der Kantone

VAW (2012). Schwemmholzrückhalt Sihl Stand-

Zürich und Aargau, des Elektrizitätswerks der

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Stadt Zürich und der Limmatkraftwerke AG.

rich (unveröffentlicht).

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Sihl–Zürichsee–Limmat,

Bundesbahnen (SBB).

Ettisbühl/Malters.

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Vergleich dreier numerischer Simulationsmodelle für Murgänge: Anwendung auf Wildbachkegel im Kanton Wallis Mélanie Raymond Pralong, Dieter Rickenmann, Thomas Schneider

Zusammenfassung Drei physikalisch-basierte numerische Simulationsmodelle wurden für die Berechnungen von Murgangablagerungen auf vier Wildbachkegeln im Kanton Wallis angewendet. Bei der Kalibrierung der Modelle und bei den Simulationen zukünftiger Ereignisse zeigen die Resultate bezüglich Ablagerungsflächen, Reichweiten, Fliesshöhen und Fliessgeschwindigkeiten eine bedeutende Variabilität. Bei der Simulation von Szenarien möglicher zukünftiger Ereignisse wurden in vielen Fällen deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellresultaten festgestellt, insbesondere auch, was die räumliche Verteilung der simulierten Intensitätsklassen betrifft. Bei den Szenarien möglicher zukünftiger Ereignisse wurde auch der Einfluss einer unterschiedlichen Anzahl Schübe 1. Einleitung Murgänge treten, verglichen mit anderen Naturereignissen wie z. B. Lawinen, eher selten auf, können aber zu grossen Schäden und zu Todesopfern führen. Für die Gefahrenbeurteilung des Prozesses Murgang werden in der Schweiz seit einigen Jahrzehnten vermehrt physikalisch-basierte numerische Modelle zur Simulation des Murgangfliessverhaltens eingesetzt. Mit solchen Modellen können für die Gefahrenkartierung oder für die Überprüfung und Optimierung von lokalen Schutzmassnahmen wichtige Zielgrössen wie Fliessgeschwindigkeiten, Fliesshöhen oder Ablagerungstiefen des Murgangs für jeden Ort im potenziellen Gefahrenraum sowie die gesamte betroffene Fläche bestimmt werden. Es existiert eine Vielzahl solcher Modelle, die sich hauptsächlich bezüglich des implementierten rheologischen Ansatzes unterscheiden. Es gibt nur wenige vergleichende Bewertungen der in der Schweiz typischerweise verwendeten Modelle (Stancanelli & Foti, 2015; Armento, 2008; Naef et al., 2006;

Rickenmann et al., 2006; Rickenmann und Koch, 1997). Für diesen Beitrag wurden drei numerische Simulationsmodelle für Murgänge, nämlich FLO-2D (O’Brien, 2012), RAMMS (Christen, 2010) und Topoflow (Idealp, 2014), auf vier Walliser Wildbachkegel angewendet. Murgänge werden in diesen Modellen als einphasiges, homogenes und inkompressibles Fluid behandelt. Dabei wurden für alle Modelle die gleichen Eingabedaten (Murgang-Ganglinie, Kegeltopografie, Szenarien) verwendet und die Simulationen von unterschiedlichen Benutzern durchgeführt. Die Resultate der Simulationsberechnungen wurden bezüglich Ereignisperimeter, Fliesshöhen und -geschwindigkeiten sowie Intensitätskarten verglichen, und es konnte, darauf basierend, die Eignung der einzelnen Modelle abgeleitet werden. Für jedes Testeinzugsgebiet wurden Simulationsberechnungen für Referenzereignisse sowie für Szenarien von zukünftigen Ereignissen durchgeführt. Die Referenzereignisse dienten der Kalibrierung der Modellparameter. Die Modellparameter wurden dann in den Berechnungen der zukünftigen Ereignissen eingesetzt. Der vorliegende Artikel fasst die wichtigsten Resultate des Vergleichs zusammen.

Die Grundlage dazu bilden die technischen Fachberichte (vgl. Literaturverzeichnis). 2.

Einzugsgebiete und Murgangkegel Die vier Untersuchungsgebiete sind der Milibach, der Tännbach, der Saasbach und die Combatseline im Kanton Wallis (Bild 1). Die Untersuchungsgebiete haben unterschiedliche Charakteristika in Bezug auf die Fläche des Einzugsgebiets, die abgeschätzte Feststofflieferung, die Kegeltopografie, den Überbauungsgrad auf dem Kegel und die Magnitude (Feststofffracht) der bekannten Referenzereignisse. In Tabelle 1 sind die Einzugsgebietsfläche und die Kennwerte der Gerinne und Wildbachkegel aufgeführt. 3.

Beschreibung der Modelle

3.1 RAMMS Das numerische Simulationssystem RAMMS (RApid Mass Movement Simulation) wurde an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) entwickelt. Mit Hilfe von RAMMS können Fliesslawinen, Steinschläge und Murgänge modelliert werden. Zudem können allfällige Schutzmassnahmen wie beispielsweise

Bild 1. Lage der Untersuchungsgebiete für die Simulationen zu Murgangablagerungen (ch2mio_relief© 2017 Eidg. Vermessungsdirektion [DV033531], reproduziert mit Bewilligung von swisstopo [JA100118]).

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

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Tabelle 1. Kennwerte der Gerinne und Wildbachkegel für die vier Einzugsgebiete. Dämme in die Modellierung integriert werden. Die Simulationsumgebung besteht aus drei kommerziell erhältlichen Modulen, RAMMS::AVALANCHE (Fliesslawinen), RAMMS::DEBRIS FLOW und RAMMS::ROCKFALL (Christen et al., 2012). Mit dem Murgangmodul kann das Ausbreitungs- und Ablagerungsverhalten von Murgängen auf komplexen Terrainoberflächen modelliert werden. Murgänge werden in RAMMS als einphasiges, homogenes und inkompressibles Fluid behandelt. Das Fliessverhalten wird durch den Ansatz eines sogenannten Voellmy-Fluids bestimmt, welcher auch für die Simulation von Schneelawinen verbreitet ist. Die basale Reibung wird mit dem Voellmy-Salm-Ansatz (Salm 1993, Christen et al. 2010) in eine geschwindigkeits-unabhängige trockene «Coulomb»-Reibung (Reibungskoeffizient μ) und eine turbulente Reibung (Reibungskoeffizient ξ) aufgeteilt. Die beiden Reibungsparameter μ und ξ können nicht direkt bestimmt werden, sondern erfordern eine Kalibrierung anhand dokumentierter Ereignisse und von Analogieschlüssen aus Berechnungen in vergleichbaren Situationen. Für detailliertere Informationen zu RAMMS wird auf Christen et al. (2010) verwiesen. 3.2 FLO-2D Das Programm FLO-2D (Version FLO-2D PRO, 2012) wurde an der Colorado State University von O’Brien et al. (1993) entwickelt. Mit FLO-2D können Reinwasser- und hyperkonzentrierte Abflüsse sowie Murganggemische modelliert werden. Murgänge werden als homogenes, einphasiges nicht-lineares Bingham-Fluid behandelt. Das Fliessverhalten der Murgänge wird mit einem empirischen, quadratischen rheologischen Ansatz nach O’Brien und Julien (1985) beschrieben: (1)

44

Dabei ist τB die Bingham’sche Grenzschubspannung, ρ die Materialdichte, Flam der laminare Fliesswiderstandskoeffizient (Flam = 24 für glatte, breite Rechteckgerinne), μB die sogenannte Bingham’sche Zähigkeit, nman ein Rauigkeitsbeiwert analog zum Manning’schen Fliessgesetz für Reinwasser, g die Erdbeschleunigung, h die

Abflusstiefe und v die Fliessgeschwindigkeit. Das Reibungsgefälle Sf (bzw. die bremsende Schubspannung) in (1) setzt sich somit aus drei verschiedenen Komponenten zusammen: einem Grenzschubspannungsterm, einer Viskositätskomponente und einem Rauigkeitsterm. Letzterer berücksichtigt einerseits die Gerinnerauigkeit (nman) und andererseits Turbulenzeffekte und die gegenseitige Interaktion (Kollision, Reibung, Rotation) der sich im Murgang bewegenden grobkörnigeren Partikel. Für die Anwendung von Gleichung (1) sind Angaben zur Grenzschubspannung τB (2) und zur Bingham-Viskosität μB (3) nötig. Falls keine rheologische Analyse des Murgangmaterials vorliegt, empfiehlt O’Brien (2012) dazu folgende empirische Gleichungen: (2) (3)

Bild 2. Umhüllende der Ablagerungen der Referenzereignisse: (a) Milibach 2002 aus wasser/schnee/lawinen (2012) (orange Fläche) und Bozzini et al. (2012) (schwarze Linie); (b) Tännbach 2011 aus Geoplan AG (2012), Bild: Büro in-Terra GmbH (orange Fläche); (c) la Combatseline 1995 aus Bozzini et al. (2012) (orange Fläche) und 2006 aus Bureau d’Etudes Géologiques SA (2006) (rosa Fläche); (d) Saasbach 1987 aus VAW (1992). Kartendaten: pixmaps © 2017 Bundesamt für Landestopografie swisstopo (5 704 000 000). «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Die Koeffizienten α und β wurden empirisch bestimmt. 3.3 Topoflow Das Modell Topoflow wurde vom Büro Idealp in Sion entwickelt. Die folgende Beschreibung basiert auf Idealp (2014). Die dem Modell zugrunde liegenden Gleichungen sind die tiefengemittelten Bewegungsgleichungen (Flachwassergleichungen oder Gleichungen von St.-Venant). Zur Beschreibung des Fliessverhaltens von Murgängen verwendet Topoflow einen viskoplastischen rheologischen Ansatz nach Herschel-Bulkley (Coussot, 1997). Gemäss diesem Ansatz findet unterhalb einer bestimmten Schubspannung keine Deformation (d.h. kein Fliessen) statt, und darüber verhält sich das Material als viskose Flüssigkeit. Die bremsende Schubspannung τ ist wie folgt definiert:

nulares Fliessen massgebend ist, d. h., es wurde folgender empirischer Zusammenhang zwischen der Murgangfracht (M, m3) und dem Maximalabfluss (Qp, m3/s) nach Mizuyama et al. (1992) verwendet QP = 0.135 M 0.78

(5)

In der Regel ist damit der ungünstigere Fall berücksichtigt, da ein grösserer Maximalabfluss Qp zu einem früheren Ausbruch des Murgangs aus einem Gerinne führt. Für die Simulationen wird weiter angenommen, dass ein gegebener Schub mit einem gege-

benen Maximalabfluss als dreieckförmige Ganglinie am Kegelhals beschrieben wird. Mit dieser typischen Annahme einer Dreieckganglinie kann die Schubdauer T über die Formel M = 0.5 Qp T bestimmt werden. Für jedes Testeinzugsgebiet wurden Berechnungen für die Referenzereignisse (Tabelle 2) sowie für Szenarien von zukünftigen Ereignissen (Tabelle 3) durchgeführt. Für mögliche zukünftige Wildbachereignisse mit angenommenen Jährlichkeiten von 30, 100 und 300 Jahren wurde eine Abschätzung der Murgangfracht durchgeführt. Dabei wurde, soweit möglich, die

(4) mit τc = Grenzschubspannung, = Scherrate und n = Modellindex. Der Viskositätsparameter K wurde so gewählt dass K = τc/3, mit den Einheiten für K in [s-n],  in [1/s] und für τ und τc in [Pa]. Im einer kürzlich aktualisierten Version des Modells Topoflow wurde auch ein turbulenter Reibungsterm eingeführt (ähnlich wie beim Modell FLO-2D); diese neuere Version von Topoflow konnte für die hier vorgestellte Studie nicht berücksichtigt werden. Eingangsdaten für die Modellierung und durchgeführte Simulationen Für die Murgangmodellierungen wurden folgende Datensätze zur Verfügung gestellt: digitale Höhenmodelle SwissALTI3D (2 m Auflösung) der Kegeltopografie sowie ein an der WSL erzeugtes digitales Oberflächenmodell für das Gerinne und den nahen Kegelbereich des Wildbaches Combatseline (50 cm Auflösung), Ereignisfrachten (Murgangfrachten pro Ereignis) und Szenarien für MurgangGanglinien (die Feststoffe und das Wasser beinhaltend) am Kegelhals sowie Shapefiles des umhüllenden Perimeters der Ablagerungen vergangener Ereignisse. Die umhüllenden Ablagerungen der Referenzereignisse sind in Bild 2 gezeigt. Die Umhüllenden der Ablagerungen, referenziert mit Bozzini et al. (2012), wurden aus Ereignisfotos mit dem Tool zur Georeferenzierung von Schrägbildern abgeleitet (Bozzini et al., 2012). Für die Bestimmung der MurgangGanglinien am Kegelhals wurde davon ausgegangen, dass bei allen Bächen gra-

Tabelle 2. Angaben zu den Referenzereignissen in den vier Untersuchungsgebieten.

4.

a)

b) Tabelle 3a/b. Verwendete Szenarien mit Anzahl Schüben und Fracht pro Schub für zukünftige Ereignisse einer gegebenen Jährlichkeit für die vier untersuchten Bäche (Milibach, Tännbach, Saasbach, Combatseline).

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Bild 3. Simulierte Ablagerungshöhen bzw. maximale Fliesshöhen (RAMMS) für das Referenzereignis 2002 im Vergleich zur Umhüllenden der beobachteten Ablagerungen. Links: Modell FLO-2D, Mitte: Modell Topoflow, rechts: Modell RAMMS. Kartendaten: pixmaps © 2017 Bundesamt für Landestopografie swisstopo (5 704 000 000). libach, Tännbach), aber zum Teil auch gegensätzliche Tendenzen (z. B. Saasbach). Die Intensitätskarten wurden gemäss den Empfehlungen des BUWAL (1997) sowie gemäss den in Rickenmann (2005) vorgeschlagenen Intensitätsgrenzen bestimmt (Tabelle 4). Bei der Methode Tabelle 4. Kriterien zur Abgrenzung der Intensitäten gemäss den Empfehlungen des BUWAL werden zur Abgrenzung von starBUWAL (1997) und gemäss Rickenmann (2005). ker und mittlerer Intensität die Ablagerungshöhen und die FliessgeschwindigkeiMethode «SEDEX» angewendet, welche Bild 3 zeigt beispielhaft die simulierten Ab- ten benutzt. Bei der Methode Rickenmann am Geographischen Institut der Universi- lagerungshöhen bzw. maximalen Fliesshö- wird zusätzlich eine schwache Intensität tät Bern entwickelt wurde (Frick et al., 2011; hen für das Referenzereignis Milibach 2002. bestimmt. Zur Abgrenzung der Intensitäten Kienholz et al., 2010). Die Angaben zu Re- Die simulierten Ablagerungsflächen mit den werden in diesem Fall die (örtlich maximaferenzereignissen aus der Vergangenheit Modellen FLO-2D (Bild 3, links) und To- len) Fliesshöhen und Fliessgeschwindigwurden zur Eichung bzw. Validierung der poflow (Bild 3, Mitte) entsprechen relativ gut keiten herangezogen. Simulationsmodelle verwendet. der beobachteten Umhüllenden, vor allem im Vergleich mit der Methode Bozzini (rosa 5.3 Zukunftsszenario Mili2 5. Vergleich der SimulationsLinie in Bild 3, links). Mit RAMMS werden Die Resultate der Simulationen für das mögresultate der drei Modelle im mittleren Kegelbereich die Fliesswege liche zukünftige Ereignis Mili2 beim Milibach auf beiden Seiten des Gerinnes breiter ver- mit einem Gesamtvolumen von 24 000 m3, 5.1 Kalibrierung teilt simuliert als mit den anderen Modellen aufgeteilt in drei Schübe à 8000 m3 sind in Für die Kalibrierung der Modelle (bzw. Mo- (Bild 3, rechts). Im mittleren Kegelbereich den Bildern 4 bis 6 dargestellt. Die maxidellparameter) wurden die Ablagerungsflä- und in der Gegend Stägmatta sind die ins- malen Fliesshöhen (Bild 4) wurden bei den chen am Ende der Simulationen qualitativ gesamt überflossenen Bereiche zum Teil Modellen FLO-2D und RAMMS bei mehmit den Umhüllenden der beobachteten deutlich breiter als gemäss den Beobach- reren Schüben jeweils mit Bezug auf das Ablagerungsflächen vergangener Ereig- tungen. Der kleine Ausbruch nach links bei ursprüngliche Terrain dargestellt, d. h., die nisse verglichen. Für die Murgangereig- Kote 1130 wird mit allen Modellen wieder- Fliesshöhen sind als Summe der Ablagenisse Milibach 2002 (Bild 3), Tännbach 2011 gegeben. rungshöhen der verschiedenen Schübe und Saasbach 1987 entsprachen die simuund der maximalen Fliesshöhen des letzten lierten Ablagerungsflächen teilweise gut bis 5.2 Szenarien von zukünftigen Schubes berechnet worden. Beim Modell sehr gut der Umhüllenden der beobachteEreignissen Topoflow handelt es sich hingegen für jede ten Ablagerungen. Beim Bach Combatse- Bei den Berechnungen der zukünftigen Er- Zelle um den maximalen Wert über die verline waren die Murgangvolumen der Re- eignisse wurden für alle Szenarien die mit schiedenen Schübe. Somit sind die Fliessferenzereignisse relativ klein. Zusammen den Referenzereignissen kalibrierten Mo- höhen in Bild 4 für die Modelle FLO-2D und mit einem sehr kleinen Gerinnequerschnitt dellparameterwerte pro Bach verwendet. RAMMS von der Darstellung her generell führte das bei den Simulationsrechnun- Bei den zukünftigen Ereignissen zeigten die grösser als für das Modell Topoflow. Diese gen mit allen Modellen zu Problemen mit Modelle FLO-2D, Topoflow und RAMMS unterschiedlichen Darstellungen müssen der räumlichen Auflösung. Daher werden bezüglich Ablagerungsflächen und Reich- beim Vergleich der Resultate beachtet zu diesem Fall keine Resultate präsentiert. weite zum Teil ähnliche Resultate (z. B. Mi- werden. 46

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Bild 4. Maximale Fliesshöhen für das Zukunftszenario Mili2, berechnet mit den drei Modellen: links: FLO-2D, Mitte: Topoflow, rechts: RAMMS. Kartendaten: pixmaps © 2017 Bundesamt für Landestopografie swisstopo (5 704 000 000).

Bild 5. Maximale Fliessgeschwindigkeiten für Mili2, berechnet mit den drei Modellen: links: FLO-2D, Mitte: Topoflow, rechts: RAMMS. Kartendaten: pixmaps © 2017 Bundesamt für Landestopografie swisstopo (5 704 000 000). Beim Modell FLO-2D sind maximale Fliesshöhen > 2 m (violette bis rote Farben) einzig im oberen Gerinnebereich vorhanden. Auf dem Kegel werden Werte zwischen 1.5 und 2 vereinzelt simuliert, ansonsten sind die Fliesshöhen unter 1 m. Das Modell RAMMS simuliert ähnliche Fliesshöhen. Maximale Fliesshöhen > 2 m werden im oberen Gerinne und auf der oberen rechten Kegelhälfte simuliert. Auf der ganzen unteren Kegelhälfte werden Fliesshöhen < 1 m modelliert. Bei Topoflow sind die maximalen Fliesshöhen über die verschiedenen Schübe im oberen Gerinne vergleichbar oder etwas grösser als bei FLO-2D und RAMMS. Auf dem Kegel nehmen sie nach aussen und nach unten von 2 auf 0 m ab. Diese Werte würden, wenn sie wie bei FLO2D und RAMMS mit den Ablagerungshö-

hen der früheren Schübe kumuliert wären, insgesamt höher ausfallen als bei den anderen zwei Modellen. Der Vergleich der maximalen Fliesshöhen für das Szenario Mili1 mit einem Schub à 24 000 m3 (keine Abbildung) zeigt ebenfalls, dass das Modell Topoflow tendenziell höhere maximale Fliesshöhen simuliert als FLO-2D und RAMMS. Fliesshöhen > 2 m sind bei den Modellen FLO-2D und RAMMS fast ausschliesslich im oberen Gerinnebereich zu treffen. Beim Modell Topoflow sind Fliesshöhen von 2 bis 3 m bis zur unteren Kegelhälfte vorhanden. Beim Modell FLO-2D sind Werte < 1 m auf dem unteren Kegelbereich zu beobachten. Bei Topoflow werden Werte < 1 m in den äusseren Ablagerungsbereichen simuliert. Beim Modell RAMMS nehmen die Fliesshöhen vom Gerinne nach aussen und Rich-

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tung unterer Kegel schnell ab und zeigen auf dem ganzen Kegel verbreitet Werte < 1 m. Die maximalen Fliessgeschwindigkeiten sind in Bild 5 dargestellt. Beim Modell FLO-2D werden Fliessgeschwindigkeiten > 1.5 m/s fast ausschliesslich im Gerinne erzeugt (dunkelblaue bis rote Farben in Bild 5 links). Fliessgeschwindigkeiten < 1.5 m/s dominieren ausserhalb des Gerinnes im mittleren und unteren Kegelbereich (blaue bis hellblaue Farben). Das Modell Topoflow ergibt deutlich höhere Fliessgeschwindigkeiten. Fliessgeschwindigkeiten > 3 m/s werden entlang des Gerinnes und in den Hauptstrichen der Ablagerungen vor allem auf der rechten Kegelseite simuliert (rötliche Farben in Bild 5, Mitte). Fliessgeschwindigkeiten < 1.5 m/s sind vor allem bei den An47


Bild 6. Intensitätskarten gemäss den Empfehlungen des BUWAL (oben) und gemäss Rickenmann (2005) (unten) für das Zukunftsszenario Mili2: links: FLO-2D, Mitte: Topoflow, rechts: RAMMS. Kartendaten: pixmaps © 2017 Bundesamt für Landestopografie swisstopo (5 704 000 000). haltezonen der Murgänge, d. h. den Randzonen der Ablagerungen, zu finden. Beim Modell RAMMS (Bild 5, rechts) werden Fliessgeschwindigkeiten > 1.5 m/s im Gerinne und auf dem obersten Kegelbereich simuliert (dunkelblaue bis rote Farben). Fliessgeschwindigkeiten < 1.5 m/s (blaue bis hellblaue Farben) treten im mittleren und unteren Kegelbereich auf. Die Intensitätskarten sind in Bild 6 dargestellt. Mit dem Modell FLO-2D zeigt die Intensitätskarte nach BUWAL ausschliesslich mittlere Intensitäten, während bei der Methode Rickenmann eine stärkere Differenzierung mit grösseren Flächen in starker und auch schwacher Intensität resultiert (Bild 6, links). Mit dem Modell RAMMS ist bei der Methode BUWAL der grösste Teil des Kegels von mittlerer Intensität betroffen. Bei der Methode Rickenmann ist eine Differenzierung von überwiegend starker Intensität im oberen Kegelbereich und überwiegend schwacher Intensität im unteren Kegelbereich 48

feststellbar (Bild 6, rechts). Mit dem Modell Topoflow sind die berechneten Intensitäten nach der Methode Rickenmann generell (deutlich) stärker und die höheren Intensitäten flächenmässig vor allem gegen den unteren Kegelteil ausgedehnter als mit den zwei anderen Modellen (Bild 6, Mitte). 5.4

Zukunftsszenarien Saas1, Saas2 und Saas3 Die deutlichsten Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellresultaten wurden beim Saasbach festgestellt. Die simulierte Murgangfracht betrug bei den drei Szenarien 100 000 m3, aufgeteilt in einen Schub à 100 000 m3 (Saas1), zwei Schübe à 50 000 m3 (Saas2) und vier Schübe à 25 000 m3 (Saas3). Bei der Simulation mit einem Schub (Saas1) wurde mit FLO-2D über 90 % des Gesamtgeschiebevolumens in den oberen zwei Dritteln des Kegels abgelagert (Teysseire & Candolfi, 2014). Hingegen zeigen die simulierten Ablagerungen mit den Modellen Topoflow und RAMMS

eine ähnliche Ausdehnung wie für das simulierte Referenzereignis. Bei den Simulationen mit mehreren Schüben (Saas2 und Saas3) wird mit FLO-2D eine grössere Reichweite erzielt. Das Modell Topoflow zeigt hier die entgegengesetzte Tendenz. Beim Modell RAMMS sind die Umhüllenden der Ablagerungen für alle drei simulierten Zukunftsszenarien sehr ähnlich. Die Fliesshöhen und Ablagerungshöhen unterscheiden sich jedoch deutlich. Die maximalen Fliesshöhen für das Szenario Saas1 sind in Bild 7 dargestellt. Beim Modell FLO-2D (Bild 7, links) betragen die Fliesshöhen auf den oberen zwei Dritteln des Kegels > 4 m. Die Fliesshöhen nehmen dann auf kurzer Distanz rasch ab. Beim Modell Topoflow konzentrieren sich Fliesshöhen > 4 m entlang dem Gerinne auf dem obersten Kegelbereich. Fliesshöhen 2–4 m sind fast auf den ganzen Kegel zu beobachten und Werte < 2 m werden in den äusseren und unteren Bereichen simuliert. Bei RAMMS sind Fliesshöhen > 2 m auf

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Bild 7. Maximale Fliesshöhen für das Zukunftszenario Saas1, berechnet mit den drei Modellen: links: FLO-2D, Mitte: Topoflow, rechts: RAMMS. Kartendaten: pixmaps © 2017 Bundesamt für Landestopografie swisstopo (5 704 000 000).

Bild 8. Maximale Fliessgeschwindigkeiten für Saas1, berechnet mit den drei Modellen: links: FLO-2D, Mitte: Topoflow, rechts: RAMMS. Kartendaten: pixmaps © 2017 Bundesamt für Landestopografie swisstopo (5 704 000 000). dem oberen Kegel und in gewissen Zonen auf dem unteren Kegel anzutreffen. Zwischen diesen Zonen und im äusseren Ablagerungsbereich sind Werte < 1.5 m simuliert. Bei Szenarien mit mehreren Schüben ist der Vergleich mit Topoflow schwierig, da die Werte nicht mit den Ablagerungshöhen der früheren Schübe kumuliert wurden. Das Modell RAMMS zeigt mit mehreren Schüben generell kleinere Fliesshöhen als FLO2D. Das Modell Topoflow zeigt mit mehreren Schüben in gewissen Bereichen des Kegels höhere maximale Fliesshöhen als das Modell RAMMS. Die maximalen Fliessgeschwindigkeiten für Saas1 sind in Bild 8 dargestellt. (Bei Saas2 und Saas3 werden bei allen Modellen mit kleineren Schubvolumen die Fliessgeschwindigkeiten kleiner; keine Abbildung hier.) Beim Modell FLO-2D werden Fliessgeschwindigkeiten > 5 m/s im Gerinne entlang und auf dem oberen und mittleren Kegelbereich simuliert. In den Randzonen und auf dem unteren Ablagerungsbereich werden Fliessgeschwindigkeiten < 3 m/s simuliert. Bei Topoflow konzentrieren sich Fliessgeschwindigkeiten > 5 m/s ebenfalls im oberen und mittleren Kegelbereich und nehmen nach unten ab. Bei RAMMS wer-

den Fliessgeschwindigkeiten > 5 m/s nur auf dem obersten Kegelbereich simuliert. Die maximalen Fliessgeschwindigkeiten nehmen dann vom oberen Kegelbereich bis zum unteren regelmässig ab. Die Intensitätskarten für Saas1 sind in Bild 9 dargestellt. Mit dem Modell FLO2D ist bei der Methode Rickenmann bei allen Szenarien praktisch der ganze Kegel von starker Intensität betroffen (Bild 9, unten links). Bei der Methode BUWAL sind infolge der enormen Geschiebemengen die Intensitäten teils stark und teils mittel (Bild 9, oben links). Mit dem Modell RAMMS ist bei Saas1 ein ähnliches Bild zu beobachten (Bild 9, rechts). Bei den Szenarien Saas2 und Saas3 (Abbildungen nicht gezeigt) fallen mit RAMMS grössere Gebiete in die schwache und mittlere Intensität. Mit dem Modell Topoflow ist bei der Methode Rickenmann ebenfalls praktisch der ganze Kegel von starker Intensität betroffen, bei der Methode BUWAL fällt auf, dass die Intensitätsstufen räumlich umgekehrt verteilt sind als bei den anderen zwei Modellen. Die mittleren Intensitäten konzentrieren sich auf dem oberen Kegelbereich, und die starken Intensitäten treten nur auf der unteren Kegelhälfte auf. Der Grund dafür

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ist, dass die simulierten Ablagerungshöhen mit Topoflow im oberen Kegelbereich unter 1 m liegen und im unteren Kegelbereich am mächtigsten sind. Dort übertreffen die Fliessgeschwindigkeiten ebenfalls die Abgrenzung zu starker Intensität. 5.5 Einfluss der Anzahl Schübe Für jeden Bach und jede Jährlichkeit wurden für ein gegebenes Murgangvolumen zwei bis drei Szenarien mit unterschiedlicher Anzahl Schübe und Fracht pro Schub simuliert (siehe Tabelle 3). Die Resultate dieser simulierten Zukunftsereignisse mit verschiedenen Schüben sind zum Teil sehr unterschiedlich. Die Fliessgeschwindigkeiten werden bei allen Modellen mit kleineren Schubvolumen kleiner. Bei mehreren Schüben und kleineren Schubvolumen werden für eine gleiche Rheologie im Allgemeinen die betroffenen Flächen kleiner. Beim Modell Topoflow ist diese Beobachtung am stärksten ausgeprägt. Die betroffenen Flächen werden systematisch deutlich kleiner und die Reichweiten viel kürzer. Dafür wird eine starke Auffächerung der Schübe im unteren Ablagerungsbereich festgestellt. Mit dem Modell FLO-2D ist beim Saasbach überraschend das Gegenteil der Fall. 49


Bild 9. Intensitätskarten gemäss den Empfehlungen des BUWAL (oben) und gemäss Rickenmann (2005) (unten) für das Zukunftsszenario Saas1: links: FLO-2D, Mitte: Topoflow, rechts: RAMMS. Kartendaten: pixmaps © 2017 Bundesamt für Landestopografie swisstopo (5 704 000 000). Der Grund dafür ist schwierig abzuschätzen (Teysseire & Candolfi, 2014). Mit dem Modell RAMMS sind die Unterschiede beim Tännbach und beim Saasbach sehr gering. Die Intensitäten gemäss BUWAL zeigen bei FLO-2D und RAMMS wenige Unterschiede bei einer Variation der Anzahl Schübe. Bei Topoflow werden die Intensitäten mit zunehmender Anzahl Schübe und abnehmendem Schubvolumen vor allem im mittleren Ablagerungsbereich grösser, d. h., grosse Flächen weisen eine starke statt eine mittlere Intensität auf. Der Grund dafür sind die grösseren Ablagerungshöhen bei mehreren Schüben. Die Intensitätskarten nach Rickenmann zeigen bei RAMMS bei grösseren Schubvolumen und weniger Schüben grössere Intensitäten, d. h., die Flächen starker und mittlerer Intensitäten werden grösser. Bei FLO-2D ist diese Tendenz einzig beim Milibach zu beobachten. Beim Tännbach und beim Saasbach ergeben sich bei unterschiedlicher Anzahl Schübe wenige Unterschiede. Bei Topoflow hat die Anzahl Schübe wenig Einfluss auf das Muster der Intensitäten nach Rickenmann, einzig die Umhüllende ändert sich.

50

5.6

Weitere typische Merkmale der Simulationsresultate Die Modelle FLO-2D und Topoflow zeigen im Vergleich zu RAMMS bei allen Szenarien kompaktere betroffenen Flächen. Das Modell RAMMS simuliert generell breitere Flächen, vor allem in den unteren Kegelbereichen. Bei den Fliessgeschwindigkeiten zeigt das Modell FLO-2D bei allen Bächen ausser beim Saasbach maximale Fliessgeschwindigkeiten grösser als 5 m/s nur im oberen Gerinnebereich. Die Fliessgeschwindigkeiten nehmen im Gerinne und auf dem Kegel schnell ab. In den unteren Kegelbereichen sind maximale Fliessgeschwindigkeiten kleiner 1.5 m/s typisch. Das Modell RAMMS zeigt ausser beim Tännbach nur im Gerinnebereich und auf dem oberen Kegelbereich maximale Fliessgeschwindigkeiten grösser als 2 m/s. Das Modell Topoflow zeigt generell höhere maximale Fliessgeschwindigkeiten als die Modelle FLO-2D und RAMMS. Maximale Fliessgeschwindigkeiten grösser als 5 m/s werden bei allen vier Bächen im Gerinne und auch ausserhalb davon bis in den unteren Kegelbereich simuliert. Das Modell Topoflow simuliert tendenziell vor allem im unteren Kegelbereich grössere Fliesshöhen. Die Werte können je nach Szenario zum Teil deutlich grösser sein als bei den anderen Modellen. Bei den Intensitäten fällt

beim Modell Topoflow auf, dass mit der Methode Rickenmann jeweils fast der ganze Kegel von der starken Intensität betroffen ist und die Kategorie mittlere Intensität bei den meisten Szenarien kaum vorhanden ist. Dies hängt mit den eher hohen simulierten maximalen Fliessgeschwindigkeiten zusammen. Bei FLO-2D fallen mit der Methode BUWAL die betroffenen Flächen fast ausschliesslich in die Kategorie mittlerer Intensität. Das Modell RAMMS zeigt mit beiden Methoden BUWAL und Rickenmann eine stärkere Differenzierung der Intensitäten. 6. Diskussion Bei der Kalibrierung der Referenzereignisse wurden für jedes Einzugsgebiet verschiedene Szenarien betrachtet. Damit wurde für jeden Bach eine Bandbreite plausibler Modellparameter bestimmt. Die rheologischen Parameter variieren im Allgemeinen für ein gegebenes Einzugsgebiet von Ereignis zu Ereignis je nach Materialzusammensetzung und Wasseranteil sowie innerhalb eines Murgangschubes von der Front bis zum Schwanz. Die Bestimmung der ganzen Bandbreite plausibler Parameterwerte kann nur über eine lange Reihe von Naturbeobachtungen im entsprechenden Gebiet oder über eine umfassende rheologische Materialanalyse erfolgen. Eine gute Schät-

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zung der rheologischen Parameter bzw. Reibungsbeiwerte ist für Anwendungen wie die Gefahrenzonenkartierung jedoch von grosser Bedeutung. Die meisten Zukunftsereignisse wurden nur mit einem Satz von Modellparametern simuliert. Jedoch wurde für jeden Wildbachkegel eine zusätzliche Simulation für ein gegebenes Szenario mit unterschiedlichen Modellparametern durchgeführt. Für diese Szenarien wurde der Einfluss verschiedener Parameter auf die Resultate beurteilt. Dabei zeigte sich, dass kleine Variationen der Modellparameter nur kleine Veränderungen der Modellresultate hervorriefen. Grössere Variationen hatten entsprechende Wirkungen auf die Resultate. Bei den Zukunftsereignissen zeigte sich, dass für ein gegebenes Volumen verschiedene Szenarien (verschiedene Anzahl Schübe und Fracht pro Schub) einen z. T. beträchtlichen Einfluss auf die Resultate haben. Die betroffenen Flächen waren zum Teil sehr verschieden und die Intensitätskarten auch. Szenarien sind für die endgültige Bestimmung der Gefahrenzonen äusserst wichtig. Der Vergleich der Simulationsresultate der numerischen Modelle FLO-2D, Topoflow und RAMMS zeigte bezüglich Ablagerungsflächen und Reichweiten zum Teil ähnliche Resultate, aber zum Teil auch gegensätzliche Tendenzen. Mit RAMMS wurden über die vier betrachteten Einzugsgebiete generell breitere Flächen als mit den anderen Modellen simuliert. Dies hängt möglicherweise mit der implementierten Numerik der verwendeten Version 1.3 zusammen, wie der Vergleich der Simulationsresultate der Modelle RAMMS und DAN-3D (Hungr und McDougall, 2009), welche beide den Voellmy-Fluid-Ansatz verwenden, für den Milibach suggeriert (Raymond Pralong und Rickenmann, 2015). Zumindest für das Referenzereignis 2002 im Milibach scheinen die seitlich etwas kompakteren simulierten Ablagerungsflächen mit FLO-2D und Topoflow realistischer zu sein als die mit RAMMS simulierten Ablagerungsflächen. Der Vergleich der simulierten Fliesshöhen und Fliessgeschwindigkeiten zeigte bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Modellen. Die Fliessgeschwindigkeiten liegen bei den Modellen FLO-2D und RAMMS grundsätzlich in einem vergleichbaren Bereich, beim Modell Topoflow sind sie hingegen zum Teil deutlich grösser und nehmen zudem erst im untersten Ablagerungsbereich über ein relativ kurze Fliessdistanz deutlich ab. Im Modell Topoflow wird das von Coussot (1997) formulierte, für hochkonzentrierte, feinmaterialrei-

che bzw. viskose Murgänge konzipierte Herschel-Bulkley-Modell angewendet. Mit diesem Ansatz wurden bei eindimensionalen Simulationen von Murgängen in den französischen Alpen über grosse Bereiche des Fliessweges deutlich zu grosse Fliessgeschwindigkeiten simuliert (Malet et al., 2004; Remaître et al., 2005). Es zeigte sich bei den vier betrachteten Einzugsgebieten unserer Studie, dass mit dem rein viskoplastischen Modell Topoflow zum Teil tendenziell zu grosse Fliessgeschwindigkeiten und Fliesshöhen simuliert werden (Raymond Pralong und Rickenmann, 2015). Wegen der viskoplastischen Rheologie wird der Masseschwerpunkt weiter unten auf den Kegeln abgelagert als bei den anderen Modellen. Ein ähnliches Problem trat bei Murgangsimulationen in einer anderen Studie mit dem RASH3D code (Pirulli und Sorbino, 2008) mit einer rein «friktionalen Rheologie» auf, bei welcher kein turbulenter Fliesswiderstandsterm vorhanden ist, so wie das auch bei der Bingham- oder Herschel-Bulkley-Rheologie der Fall ist (vgl. auch Rickenmann und Koch, 1997). In den Modellen FLO-2D, Topoflow und RAMMS ist je eine andere Murgangrheologie implementiert. Dies erklärt einen Teil der beobachteten Unterschiede in den Modellresultaten. Die gewählte numerische Lösung der Gleichungen spielt ebenfalls eine Rolle. Auch aufgrund der Resultate dieser Studie wurde das Modell Topoflow weiterentwickelt und ein turbulenter Reibungsterm eingebaut (ähnlich wie beim Modell FLO-2D). Die Resultate dieser neueren Modellversion konnten in dieser Studie nicht berücksichtigt werden. Gemäss den Entwicklern sollen damit insbesondere die Fliessgeschwindigkeiten und die Fliesshöhen ähnlicher wie bei den anderen Modellen sein. 7.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Die drei physikalisch-basierten numerischen Simulationsmodelle FLO-2D, Topoflow und RAMMS wurden für die Berechnungen von Murgangablagerungen auf vier Wildbachkegeln im Kanton Wallis angewendet. Bei der Kalibrierung der Modelle und bei den Simulationen zukünftiger Ereignisse zeigen die Resultate bezüglich Ablagerungsflächen, Reichweiten, Fliesshöhen und Fliessgeschwindigkeiten eine bedeutende Variabilität. Bei der Kalibrierung stimmten die mit den drei Modellen simulierten Ablagerungsflächen für die Murgangereignisse Milibach 2002, Tännbach 2011 und Saasbach 1987 teilweise gut bis sehr gut mit der

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Umhüllenden der beobachteten Ablagerungen überein. Beim Bach Combatseline traten hingegen bei allen Modellen Schwierigkeiten auf, vor allem wegen der hohen Auflösung des digitalen Höhenmodells. Das Ereignis Combatseline 1995 konnte einigermassen reproduziert werden, das Ereignis 2006 dagegen nur sehr schlecht. Aus diesen Gründen konnten für den Fall Combatseline die Zukunftsereignisse nicht sinnvoll verglichen werden. Bei den zukünftigen Ereignissen wurden beim Saasbach die deutlichsten Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellresultaten festgestellt. Simulationen für ein gleiches totales Murgangvolumen, aber mit unterschiedlicher Anzahl Schübe und verschiedenen Schubvolumen zeigten generell für eine gleiche Rheologie kleinere betroffene Flächen für kleinere Schubvolumen. Die Intensitätskarten wurden gemäss den Empfehlungen des BUWAL (1997) bzw. gemäss den in Rickenmann (2005) vorgeschlagenen Intensitätsgrenzen bestimmt. Bei der Methode BUWAL fallen die betroffenen Flächen bei allen Szenarien und allen Modellen überwiegend in die Kategorie mittlere Intensität. Bei der Methode Rickenmann fallen bei allen Szenarien und allen Modellen grössere Gebiete auch in die Kategorie starke Intensität. Je nach Bach und Szenario waren deutliche Unterschiede in der räumlichen Verteilung der simulierten Intensitätsklassen festzustellen. In den Modellen FLO-2D, Topoflow und RAMMS ist je eine andere Murgangrheologie implementiert. Dies erklärt einen Teil der beobachteten Unterschiede in den Modellresultaten. Eine sorgfältige Kalibrierung der Modelle anhand vergangener Ereignisse erlaubt eine Beurteilung der Sensitivität des Modellverhaltens und damit eine bessere Einschätzung der Simulationsresultate. Leider fehlen in vielen Fällen Referenzereignisse. Eine gute Kenntnis des angewandten Modells und der auftretenden Prozesse ist erforderlich, um die Resultate kritisch interpretieren zu können. Verdankung Wir danken der Dienststelle für Strasse, Verkehr und Flussbau des Kantons Wallis für das Mandat zur Durchführung dieser Studie. Wir bedanken uns auch bei den drei Ingenieurbüros, welche im Rahmen der Studie die Simulationen mit den verschiedenen Modellen durchführten: Ingenieurbüro Teysseire & Candolfi AG, Dipl. Bauing. ETH/ SIA/USIC, 3930 Visp, Modellierung mit FLO-2D; iDEALP sa, Ingénierie pour le Développement en Environnement ALPin, 1950 Sion, Modellierung mit Topoflow; François-Xavier Marquis Sàrl, bureau d'études ingénieurs géologues hydrologues

51


hydrogéologues, 1870 Monthey, Modellierung

stellung von Gefahrenkarten – Vergleich von

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stalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie,

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Hinblick auf die Erstellung von Gefahrenkarten –

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Series

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Instationäre Wellen an mit Querschwellen verbauten Gebirgsbächen Eva Gerke, Benjamin Hohermuth, Volker Weitbrecht

Zusammenfassung Für die Beurteilung der Kolkentwicklung und der dazugehörigen Abflussverhältnisse in Gebirgsflüssen, die durch eine Abfolge von Querschwellen (sog. Traversensystemen) stabilisiert sind, wurden hydraulische Modellversuche durchgeführt. Abfluss, Neigung, Kornverteilung und der Abstand der Traversen wurden variiert. Der Einfluss der Geschiebeführung auf die Sohlentwicklung und die Abflusssituation war ein wesentlicher Teil der Untersuchung. Die Versuchsresultate wurden Beobachtungen an Naturbeispielen und früheren hydraulischen Untersuchungen gegenübergestellt. Die Versuche zeigten, dass die Sohlentwicklung stark in Beziehung mit dem vorhandenen Geschiebetrieb steht. Ähnlich wie beim Hochwasser 2005 an der Kleinen Schliere wurde auch bei den vorliegenden Modellversuchen das Ablaufen von instationären Wellen im Traversensystem beobachtet. Eine hohe Geschiebeführung begünstigt die Entstehung von Antidünen in den Feldern zwischen den Schwellen. Die instationären Phänomene treten dann auf, wenn die theoretische Längenausdehnung der Antidünen den Schwellenabstand übertrifft. Somit kann über die Berechnung der theoretischen Länge der Antidünen unter Berücksichtigung des Abflusses, des Gefälles und der Korngrösse der Deckschicht das Auftreten von instationären Wellen vorhergesagt werden. 1. 1.1

Einführung und Motivation

Definition von Traversensystemen Bäche und Flüsse wurden in der Vergangenheit – häufig zur Gewinnung von Kulturland – im Grundriss in eine gestreckte Linienführung gezwungen. Infolge der Laufverkürzung und der Konzentration des Abflusses im Hochwasserfall auf eine im Vergleich zum unkorrigierten Zustand geringere Flussbreite besteht eine erhöhte Erosionsgefahr. Kleine bis mittlere Fliessgewässer mit einem Bruttogefälle bis ca. 7 % können durch eine Abfolge von Querschwellen (sog. Traversensystemen), welche meist in gleichmässigen Abständen verbaut sind, stabilisiert werden (Volkart, 1972). Bei Traversensystemen ist die Lage des Kolks stark vom Abfluss Q abhängig. Bei Niedrigwasser stellt sich dieser direkt im Unterwasser der Traverse ein und wandert bei steigenden Abflüssen flussabwärts in die Mitte des Traversenfeldes. Bei extremen Ereignissen bewegt sich der Kolk weiter in Richtung des nächsten Traversenbauwerks, sodass es zum sogenannten Umschlagen des Kolks und einer

Destabilisierung des nachfolgenden Bauwerks kommen kann (Bild 1). Während bei geringen Abflüssen die Traversen als Ab-

stürze mit vollkommenem Überfall wirken, stellt sich bei Hochwasserereignissen an den Traversen ein unvollkommener Überfall mit gewelltem Abfluss ein (Bild 1). Die Kolke zwischen den Traversen verursachen eine erhöhte Formrauheit und damit eine Verzögerung des Abflusses gegenüber einer ebenen Sohle mit dem Bruttogefälle als Längsneigung. Eine zu starke Sohleintiefung in den Traversenfeldern kann jedoch Probleme in Bezug auf Stabilität der Traversenfundation und der Ufer mit sich bringen. Die für die Dimensionierung relevanten Parameter sind die maximale Kolktiefe Smax im massgebenden Traversenfeld und die maximale Wasserspiegellage hmax über Bezugshorizont bei Bemessungsabfluss. Volkart führte 1972 an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) Versuche an Traversensystemen durch, um Dimensionierungsgrundlagen zu entwickeln. Er hatte

Bild 1. Kolke in Traversenfeldern und gewellter Wasserspiegel mit LT = Traversenabstand, q = spezifischer Abfluss, gb = spezifische Geschiebetransportrate, JB = Bruttogefälle, Smax = maximale Kolktiefe, bezogen auf die Traversenoberkante, ½ L = halbe Antidünenlänge im Traversenfeld, definiert als Abstand zwischen Wellenberg und Wellental der Antidüne, hm = mittlere Wasserspiegellage, hmin = minimale Wasserspiegellage, bezogen auf die Traversenoberkante, hmax = maximale Wasserspiegellage über Bezugshorizont, H = Wellenhöhe (nach Volkart 1972).

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden

53


Fallbeispiele von Traversensystemen Die Kleine Schliere, ein Wildbach im Kanton Obwalden mit einem Einzugsgebiet von rund 21 km2, ist auf ihrem Schwemmkegel kanalisiert. Der Abschnitt zwischen den Geschiebesammlern Chlewigen am Kegelhals und Chilcherli am Fuss des Kegels ist mit Traversen in regelmässigen Abständen von 15–20 m auf einer Fliessstrecke von etwa 1.6 km verbaut. Das Bruttogefälle nimmt kontinuierlich von JB = 5 % im oberen Bereich bis auf JB = 2 % im unteren Bereich ab. Das Hochwasserereignis vom August 2005 (q = 7 m2/s) brachte das Traversensystem der Kleinen Schliere an seine Kapazitätsgrenze. Im aktuellen Zustand wird ein schlagartiger Kollaps der Uferböschung durch zu starke Unterkol-

kung bei extremen Belastungen befürchtet. Zudem wurden beim Hochwasserereignis im August 2005 im Traversensystem stehende Wellen und das Ablaufen von instationären Wellen beobachtet (Bild 2) (Bezzola und Hegg, 2008). Instabile Abflusszustände wurden auch bei einem etwa 20-jährlichen Hochwasserereignis im Jahr 1991 an der Ruetz, einem kleineren Gebirgsfluss in der Nähe von Innsbruck (Österreich), beobachtet. Das Auftreten von instationären Wellen in der mit Schwellen stabilisierten Fliessstrecke führte zum Überströmen der Ufer und zerstörte diese teilweise (Premstaller et al. 2004). Premstaller untersuchte mit einem hybriden Ansatz, d. h. mit einer Kombination von physikalischen Modellversuchen und numerischen Simulationen, das Auftreten der Abflussinstabilitäten, allerdings ohne Berücksichtigung der Geschiebeführung. Er erkannte, dass Oszillationen in den Wechselsprüngen zu solchen Abflussinstabilitäten führen können. Comiti und Lenzi (2006) haben am Gebirgsbach Maè in den italienischen Dolomiten erhobene Felddaten ausgewertet. Ihre Untersuchungen konzentrierten sich auf das Auftreten von stehenden Wellen an Gebirgsbächen, die mittels Schwellen stabilisiert sind. Solche Wellen traten beim Hochwasserereignis im November 2002

Bild 2. Ablaufen einer instationären Welle am Geschiebetriebkanal Alpnach an der Kleinen Schliere beim Hochwasserereignis im August 2005 (Bezzola und Hegg, 2008).

Bild 3. Kanalisierter und mittels Traversen stabilisierter Abschnitt des Gebirgsbachs Maè bei Forno di Zoldo (Italien) während des Hochwassers im November 2002 (Comiti und Lenzi, 2006).

jedoch nicht die Möglichkeit, den Einfluss hoher Geschiebekonzentrationen zu untersuchen. Volkart (1972) konstatierte, dass bereits durch eine geringe Geschiebeführung in Traversensystemen die Kolktiefen deutlich vermindert werden können. An der VAW wurde kürzlich untersucht, welchen Einfluss die Kornverteilung, die hydraulische Belastung und insbesondere die Geschiebeführung auf die Kolkbildung und die Abflussverhältnisse an Traversensystem ausüben. 1.2

Tabelle 1. Charakteristische Korndurchmesser und Standardabweichung der für die Versuche verwendeten Kornmischungen (Naturmassstab). 54

auf (Bild 3). Der untersuchte Flussabschnitt weist ein Bruttogefälle von JB = 2 % auf. Analysen vergangener Hochwasserereignisse, bei denen stehende Wellen beobachtet wurden, ergaben, dass der Abfluss durch eine mittlere Froude-Zahl von F ≈ 1, also kritischem Abfluss geprägt war. Anhand von physikalischen Modellversuchen konnten Comiti und Lenzi (2006) zeigen, dass sich über den Schwellen FroudeZahlen von 1.3 bis 1.7 einstellten. Folglich entstanden unterstrom schwach gewellte Wechselsprünge, welche als stehende Wellen wahrgenommen wurden. In den Modellversuchen von Comiti und Lenzi (2006) war zudem erkennbar, dass die gewellten Wechselsprünge antidünenartige Sohlenformen in den Schwellenfeldern provozieren. 2.

Physikalische Modellversuche Die aktuellen physikalischen Modellversuche an der VAW wurden in einer neigbaren Rinne mit senkrechten Wänden mit einer Höhe von 0.6 m, einer Länge von 13.5 m und einer Breite von 0.2 m durchgeführt. Die Versuchsrinne ist auf einer Seite mit einer Glasscheibe ausgestattet, sodass während der Versuche die Entwicklung der Sohle und des Wasserspiegels beobachtet werden konnte. Die Geschiebezugabe erfolgte mit einer kalibrierten Beschickungsmaschine, die am oberen Ende der Rinne montiert ist. Die Traversen sind aus Holz mit einer Stärke von 2.8 cm gefertigt. Vor Versuchsbeginn wurden die Traversenfelder soweit aufgefüllt, dass die Traversen eingedeckt waren und die Neigung der Sohle durchgehend dem Bruttogefälle entsprach. Das Modell entspricht in etwa den Grössenverhältnissen des Geschiebetriebkanals der Kleinen Schliere mit einem Massstab von 1:32. Im Folgenden werden alle Grössen im Naturmassstab wiedergegeben. Es wurde der Einfluss von drei verschiedenen Kornverteilungen untersucht (Tabelle 1), wobei die Zusammensetzung des eingebauten Sohlenmaterials jeweils dem der Geschiebebeschickung entsprach. Mischung 1 entspricht der skalierten Mischung aus der Kleinen Schliere, Mischung 2 ist ein Einkornmaterial mit d = d90 von Mischung 1. Bei Mischung 3 sind die Korngrössen im Vergleich zu Mischung 1 in etwa halbiert, die Breite der Kornverteilung (Standardabweichung σ) bleibt sonst nahezu gleich. Zu Beginn aller Versuche entsprach die Geschiebebeschickungsrate gb der rechnerischen Transportkapazität

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Tabelle 2. Zusammenfassung des Versuchsprogramms.

a)

b) Bild 4. Antidünenbildung bei einer Geschiebeführung von gb/gb,max = 1, mit Kornmischung 1, LT = 20 m und q = 8.9 m3/(ms); a) JB = 3 %; b) JB = 5 %. gb,max [kg/(ms)], berechnet nach dem Ansatz von Rickenmann (1991), unter Berücksichtigung des Bruttogefälles JB. Die Versuche wurden unter stationären Bedingungen durchgeführt, d. h., Abfluss und Geschiebezugaberate waren konstant. Die Geschiebezugaberate wurde nach Erreichen eines stationären Zustands im Kanal (Geschiebeeintrag ≈ Geschiebeaustrag) schrittweise bis zum Klarwasserabfluss reduziert (Tabelle 2, links). Neben den stationären Versuchen wurden Ganglinienversuche mit den Hochwasser- und Geschiebeganglinien des Geschiebetriebkanals der Kleinen Schliere durchgeführt. Die Geometrie wurde entsprechend dem Traversensystem der Kleinen Schliere im Modell angepasst. Das Längsgefälle des Traversensystems der Kleinen Schliere nimmt in Fliessrichtung ab. Daher wurden drei Abschnitte des Traversensystems separat in der Laborrinne modelliert (Tabelle 2, rechts). Die Abflussund Geschiebeganglinien für ein 300-jährliches Ereignis basieren auf den Modellversuchen zum geplanten Umbau des Geschiebesammlers Chlewigen (VAW, 2016). Die Geschiebezugabe wurde von einer Zugabe zum Sammler entsprechend der Transportkapazität bis hin zu geschiebefreiem Abfluss variiert. Der Geschiebeaustrag eines jeden Abschnitts wurde

als obere Randbedingung für den nächsten Abschnitt unterstrom verwendet. Anhand von Foto- und Videoaufnahmen wurden die Kolkentwicklung, die Wasserspiegellagen und die Abflusszustände ausgewertet. An festen Stellen an der Versuchsrinne waren Ultraschallsensoren in Kanalmitte zur Messung der Wasserspiegellage über die Zeit angebracht. 3.

Entwicklung der Sohlenlage in den Traversenfeldern Die maximale Kolktiefe ohne Geschiebezugabe S0,max wurde bei den stationären Versuchen dann erfasst, wenn das statische Geschiebegleichgewicht erreicht war, d. h., wenn kein Geschiebeaustrag mehr beobachtet wurde. In den Modellversuchen zeigte sich eine Korrelation zwischen S0,max und qJB/dm. Bei steigender hydraulischer Belastung qJB respektive feinerer Kornverteilung nahm S0,max zu. In den Versuchen mit Geschiebezugabe war die Geometrie der Kolke in den Traversenfeldern zeitlich und räumlich variabel. Die für die Dimensionierung relevante Kolktiefe Smax ist definiert als die maximale Kolktiefe, welche in einem Traversenfeld zu einem bestimmten Zeitpunkt auftrat. Sie trat nicht zwingend in jedem Traversenfeld und trotz stationärer Beschickung und stationärem Abfluss auch

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nicht dauerhaft auf. Bei einigen Versuchen bewirkte eine höhere Geschiebeführung eine Verminderung von Smax. Konfigurationen mit hohen Abflüssen und geringem Bruttogefälle (JB = 2 %), aber auch die Reduktion von LT hatten hingegen zur Folge, dass trotz Reduktion der Geschiebeführung Smax nahezu konstant blieb. Bei hoher Geschiebeführung (0.5 ≤ gb/gb,max ≤ 1) und einer mittleren FroudeZahl von F ≥ 1 bildeten sich in einigen Traversenfeldern antidünenartige Sohlstrukturen aus. Dies war daran erkennbar, dass es unterstrom des Kolks zu Ablagerungen kam und der Wasserspiegel in Phase mit der Sohle gewellt war (Bild 4). Aufgrund der Störung durch die Traversen war jedoch eine vollständige Ausbildung der Antidünen und deren Bewegung beeinträchtigt. Die Antidünen traten nicht mit gleicher Ausprägung in jedem Traversenfeld auf. Die Länge der Antidünen L wird als zweifacher Abstand zwischen dem Wellental und dem Wellenberg der Antidüne definiert (Bild 1) Die Geometrie der Antidünen wurde nur für die massgebenden Traversenfelder ausgewertet, d. h. für die Felder, in denen ein ausgeprägter Kolk und anschliessend eine deutliche Ablagerung beobachtet wurden. Die beobachteten Wellenlängen der antidünenartigen Sohlenformen korrelieren mit qJB. Diese Beobachtungen decken sich mit der Gleichung nach Recking et al. (2009) zur Berechnung der Wellenlänge L von Antidünen für JB ≥ 0.01. (1)

mit RS = AS/PS = hydraulischer Radius der Sohle, wobei AS = auf die Sohle bezogene durchflossene Querschnittsfläche und PS = b = benetzte Sohlbreite (Bild 5). Mit den Eingangsparametern q, JB und d90 kann die theoretische Antidünenlänge L ermittelt werden. Die mittlere Fliessgeschwindigkeit vm berechnet sich nach dem Ansatz für steile Gerinne mit JB < 20 % nach Smart und Jäggi (1983).

(2)

vm und die mittlere Fliesstiefe hm müssen iterativ anhand Gl. (2) und der Kontinuitätsgleichung bestimmt werden. Es ist zu bedenken, dass in Gl. (1) nicht hm, sondern Rs verwendet wird. Dem Wandeinfluss respektive der Rauheitseinfluss der Ufer 55


Bild 5. Querschnittszerlegung zur Berücksichtigung des Wandeinflusses bei kompakten Gerinnequerschnitten, mit AWl,r = linke respektive rechte Wandeinflussfäche, PWl,r = benetzter Umfang der linken respektive rechten Wandeinflussfläche (Bezzola, 2016). muss daher Rechnung getragen werden. In Gl. (1) werden die Geschiebemenge und die Formverluste durch Kolke in den Traversenfeldern nicht berücksichtigt. Die mit Gl. (2) berechnete Fliessgeschwindigkeit vm stimmt jedoch gut mit den gemessenen mittleren Fliessgeschwindigkeiten der Versuche bei gb/gb,max ≥ 0.5 überein. Es wurde zudem beobachtet, dass sich bei gb/gb,max ≥ 0.5 zwischendurch immer

wieder Kolke in den Traversenfeldern auffüllten, sodass dann die Formverluste vernachlässigbar waren. Die gemessenen Antidünenlängen der Versuche fallen mehrheitlich kürzer aus als die mit Gl. (1) berechneten (Bild 6). Eine mögliche Erklärung ist, dass sich im Traversensystem die antidünendünenartigen Sohlenformen nicht voll ausbilden können, sondern durch die Traversen be-

grenzt werden. Bei Konfigurationen mit gb/ gb,max ≥ 0.5 und L > LT (x in Bild 6) wurde mehrheitlich beobachtet, dass die Sohlenformen periodisch in sich zusammenfallen und anschliessend wieder neu gebildet werden, was zu instationären Wellen führt. Einzig bei einem Versuch mit feinerer Kornzusammensetzung (Mischung 3), bei welchem auch instationäre Wellen beobachtet wurden, liegt die berechnete Wellenlänge der Antidünen knapp unter dem Traversenabstand. Simons und Richardson (1966) sowie Alexander et al. (2001) beobachteten ebenfalls bei physikalischen Modelluntersuchungen zu Antidünen, dass sich periodisch bei Zunahme der Amplitude der Antidünen die stehenden Wellen aufsteilen und gegen die Fliessrichtung brechen. 4.

Wasserspiegellagen und Auftreten von instationären Wellen

4.1

a)

b)

Bild 6. (a) Vergleich der in den Versuchen gemessenen Antidünenlängen mit den berechneten Antidünenlängen nach dem Ansatz von Recking et al. (2009); b) Vergleich der dimensionslosen gemessenen Antidünenlängen Lgemessen/LT mit dem Verhältnis Lberechnet/LT (o stabile Abflussverhältnisse an Antidünen, x in sich zusammenfallende Antidünen mit instationären Wellen).

a)

b) Bild 7. Wasserspiegellagen bei Klarwasserabfluss mit q = 8.9 m3/(ms) und Kornmischung 1 a) Wechselsprünge mit eingetauchtem Strahl bei JB = 5 %, LT = 20 m, b) stehende Wellen bei bei JB = 3 %, LT = 15 m. 56

Wasserspiegel bei Klarwasserabfluss Abhängig von den verschiedenen Versuchskonfigurationen wurden sehr unterschiedliche Abflussverhältnisse beobachtet, wobei sich die Bandbreite vom stabilen und nur geringfügig durch Wellen geprägten Wasserspiegel bis hin zum Auftreten von starken Instabilitäten erstreckt. Bei Klarwasserabfluss und grossen Kolktiefen, welche für JB = 0.05 respektive bei der feineren Kornverteilung (Mischung 3) entstanden, bildeten sich in den Traversenfeldern Wechselsprünge mit eingetauchtem Strahl aus (Bild 7a). Die Wechselsprünge waren überwiegend stabil und der Wasserspiegel wegen des eingetauchten Strahls nur leicht gewellt. Bei Klarwasserabfluss und geringen Kolktiefen konnte sich kein stabiler Wechselsprung mit eingetauchtem Strahl ausbilden. Stattdessen entstanden stehende Wellen (Bild 7b), hervorgerufen durch einen schwachen und gewellten Wechselsprung. Diese Beobachtungen decken sich mit den Analysen nach Comiti und Lenzi (2006). Bei den Versuchen mit Klarwasserabfluss und Traversenabständen LT = 15 m und LT = 20 m traten keine Instabilitäten auf. Beim Versuch mit dem kleinsten Traversenabstand LT = 10 m wurde das periodische Brechen der steilen stehenden Wellen gegen die Fliessrichtung beobachtet. Anschliessend steilten sich die Wellen wieder auf. Das Wiederaufsteilen der Wellen wird im Kanal wie schwallartige, instationären Wellen, welche sich stromabwärts bewegen, wahrgenommen. Ähnliche Phä-

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nomene zum Auftreten von Instationaritäten hatten auch Premstaller et al. (2004) beobachtet. Spezifische Wellenparameter der instationären Wellen konnten anhand der Wasserspiegelaufzeichnungen über die Zeit und mithilfe des Zero-DowncrossingVerfahrens analysiert werden (KFKI, 2007). Die mittlere Wellenperiode Tm beschreibt den zeitlichen Abstand, in welchem sich das Ablaufen der instationären Wellen wiederholt. Weiterhin wurden die mittlere Wellenhöhe Hm und die für die Bemessung relevante signifikante Wellenhöhe H1/3 bestimmt. H1/3 bezeichnet den Mittelwert der 33 % grössten Wellenhöhen der ausgewerteten Zeitreihe. Für LT = 10 m wurden Tm = 34 s und Hm = 0.98 m ermittelt. Die signifikante Wellenhöhe wurde zu H1/3 = 1.48 m bestimmt. Das entspricht einem Verhältnis von H1/3/hm = 0.8. 4.2

Instationäre Wellen bei Geschiebeführung Die Entstehung von Antidünen ist ein dynamischer Vorgang. Auch bei geringen hydraulischen Belastungen entstanden Antidünen, welche jedoch über einen längeren Zeitraum stabil waren. An diesen Antidünen mit niedrigen Amplituden bildeten sich stehende Wellen aus, welche in Phase mit der Sohle waren. Eine höhere hydraulische Belastung führte dazu, dass sich schwallartige, instationäre Wellen bildeten, welche sich stromabwärts bewegten. Die Beobachtungen decken sich mit den Beschreibungen nach Bezzola und Hegg (2008) für das Traversensystem der Kleinen Schliere während des Hochwasserereignisses im August 2005. Es wurde vermutet, dass dort während des Hochwasserereignisses Kolke umgeschlagen sind und dies die instationären Wellen hervorgerufen hat. Während der physikalischen Modellversuche an der VAW wurde jedoch auch bei sehr hohen hydraulischen Belastungen, welche das Abflussmaximum vom Hochwasserereignis 2005 noch übertrafen, kein Kolkumschlagen beobachtet. Die instationären Wellen im hydraulischen Modell entstanden aufgrund der Instabilitäten in der Sohlenlage, ohne dass es zu einem Umschlagen des Kolks kam. An den antidünenartigen Sohlenstrukturen entstand ein gewellter Wasserspiegel (Bild 8a). Die Amplitude der Antidünen nahm zu und die Wellen steilten sich am Kolkwall immer weiter auf (Bild 8b), bis sie schliesslich gegen die Fliessrichtung brachen. Das Aufsteilen der Wellen geschah allerdings nur in jedem zweiten bis

a)

b)

c)

d) Bild 8. Instationäre Wellen bei q = 13.3 m3/(ms), JB = 0.05, LT = 20 m mit Kornmischung 1 und gb/gb,max = 0.5; a) stehende Wellen im Sperrenfeld, b) maximale Steilheit der stehenden Welle, c) Wechselsprung in den Kolken, der Abfluss kommt fast zum Erliegen, d) Front der instationären Welle im letzten Traversenfeld. dritten Traversenfeld. In einem nächsten Schritt fielen die Wellen in sich zusammen und der Abfluss im Gerinne ging kurzzeitig fast gegen null. Dieser Moment korrespondiert mit der grössten beobachteten Kolktiefe (Bild 8c). Da jedoch der Kanal weiterhin mit einem konstanten Abfluss beschickt wurde, kam es anschliessend zum Ablaufen der Wellenfront stromabwärts (Bild 8d). Danach begann der Prozess von vorne. Die mittleren Wellenperioden bewegten sich zwischen Tm = 37 s und Tm = 58 s, wobei die grösste Wellenperiode bei der geringsten Neigung von 2 % sowie dem grössten spezifischen Abfluss von q = 13.3 m2/s auftrat. Bei hoher Geschiebeführung (0.5 ≤ gb/gb,max ≤ 1) war H1/3 nie kleiner als 1 m. Die grössten Wasserspiegelauslenkungen mit H1/3 = 3.12 m wurden beim Versuch mit der grössten hydraulischen Belastung beobachtet. Dies entspricht einem Verhältnis von H1/3/hm = 1.1. Die Versuchsergebnisse zeigen, dass verschiedene Parameter an Traversensystemen die Bildung von instationä-

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ren Wellen mit teilweise starken Wasserspiegelauslenkungen begünstigen. Bei hohem Gefälle bzw. grossen Abflüssen spielt die Geschiebezugabemenge eine bedeutende Rolle. Einen weiteren Zusammenhang zeigt der Vergleich der nach Recking et al. (2009) berechneten Wellenlängen der Antidünen mit dem Auftreten der instationären Wellen. Bei den Konfigurationen mit L > LT (Bild 6b) wurde das periodische Entstehen und Zusammenfallen der Antidünen und die Bildung von instationären Wellen beobachtet. Die Modellversuche zeigten, dass, sobald die Antidünen in ihrer Länge durch die Traversen begrenzt sind, sich diese nicht komplett ausbilden können und deshalb in sich zusammenfallen. Dies führt zum Brechen der stehenden Wellen und zum Ablaufen von instationären Wellen. In den Ganglinienversuchen am Modell des Traversensystems der Kleinen Schliere konnte im steilsten Abschnitt des Traversensystems für 8 ≤ q ≤ 12 m2/s, JB = 0.048 und LT = 15 m das Auftreten instationärer Wellen für Versuche mit 57


Geschiebezugabe ebenfalls beobachtet werden. Für die Versuche ohne Geschiebezugabe traten instationäre Wellen seltener, in abgeschwächter Form und nur im ansteigenden Ast der Ganglinie auf. Aufgrund des hohen Geschiebeaustrags aus dem steilsten Abschnitt war die Kolkentwicklung in den flacheren Abschnitten (JB = 0.033 und JB = 0.021) im Vergleich zur Reinwassertiefe deutlich reduziert. Speziell im absteigenden Ast der Ganglinie wurden darum deutliche Auflandungen beobachtet. Zudem ist der Traversenabstand in den flacheren Abschnitten mit LT = 20 m grösser. Folglich wurden selbst für hohe Abflüsse q = 12 m2/s in den flacheren Abschnitten keine instationären Wellen beobachtet. Die Ganglinienversuche unterscheiden sich folglich bezüglich dem Auftreten von instationären Wellen nicht grundsätzlich von den stationären Versuchen, und das Grenzkriterium L > LT ist ebenfalls anwendbar. 5. Schlussfolgerungen Die Kenntnis über die Instabilität der Sohlenformen und das Auftreten von instationären Wellen ist relevant für die Bemessung von Traversensystemen, da die Gefahr besteht, dass die instationären Wellen die Ufer überströmen und beschädigen können. Im Wasserbaulabor der VAW wurden hydraulische Modelluntersuchungen zur Kolkentwicklung und zu Abflusszuständen an Traversensystemen durchgeführt. Bei den hydraulischen Modelluntersuchungen war der Einfluss der Geschiebeführung von besonderem Interesse. Die hier beschriebenen Versuche zeigten, dass aufgrund einer intensiveren Geschiebeführung die Geometrie der Kolke (Tiefe, Ausdehnung) zeitlichen Variationen unterworfen ist. Die bemessungsrelevante maximale Kolktiefe wurde nur zu bestimmten Zeitpunkten und nicht in jedem Traversenfeld beobachtet. Ein Zusammenhang zwischen der maximalen Kolktiefe und der Geschiebezugabe konnte nicht bei allen Versuchen erkannt werden. Hohe Geschieberaten (0.5 ≤ gb/ gb,max ≤ 1.0) begünstigten instabile Zustände und die Bildung von antidünenartigen Sohlenformen, welche zum Teil in sich zusammenfielen und so zu schwallartigen,

58

instationären Wellen führten. Die instationären Wellen in den physikalischen Modellversuchen wiesen deutlich grössere Wellenhöhen auf als die stehenden Wellen, die sich meist bei sehr geringen Geschiebemengen oder Klarwasserabfluss bildeten. Die Versuchsresultate zeigen einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten instationärer Wellen, die durch das Brechen der stehenden Wellen entstanden, und den Antidünen in den Traversenfeldern. Antidünen mit instabilen Strömungszuständen waren deutlich steiler als die Antidünen in den Versuchen, bei denen keine instationären Wellen auftraten. Instationäre Wellen bildeten sich dann, wenn bei hohen Geschieberaten die theoretische Länge der Antidünen grösser als der Traversenabstand war. Mithilfe der Berechnung der theoretischen Länge der Antidünen kann so abgeschätzt werden, ob instationäre Wellen beim Bemessungsabfluss zu erwarten sind.

KFKI – Kuratorium für Küsteningenieurwesen (Hrsg.) (2007). Die Küste – Empfehlungen für die Ausführung von Küstenschutzwerken (EAK) durch den Ausschuss für Küstenschutzwerke der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e. V. und der Hafentechnischen Gesellschaft e. V., Heft 65, Korrigierte Ausgabe. Westholsteinische Verlagsanstalt Boysens & Co. Heide i. Holstein. Premstaller, G., Rutschmann, P., Oberhuber, M. (2004). Numerical simulation of flow instabilities in steep, stepped channels. River Flow 2004. Proc. of the second International Conference on Fluvial Hydraulics, (ed. Greco, M.), Vol. 1, pp. 555–562. Napoli, Italy. Recking, A., Bacchi, V., Naaim, M., Frey, P. (2009). Antidunes on steep slopes. Journal of Geophysical Research Vol. 114(F04025), pp. 1–11. Rickenmann, D. (1991). Hyperconcentrated Flow and Sediment Transport at Steep Slopes. Journal of Hydraulic Engineering 117(11), pp. 1419–1439. Simons, D. B., Richardson, E. V. (1966). Resistance to Flow in Alluvial Channels. Professional Paper 422-J, U.S. Geological Survey, GPO,

Danksagung

Washington.

Die Forschungsarbeit und Modellversuche wur-

Smart, G., Jäggi, M. (1983). Sedimenttrans-

den vom Bundesamt für Umwelt, BAFU, und

port in steilen Gerinnen. VAW-Mitteilung Nr. 64

z. T. durch die Gemeinde Alpnach finanziert. Wir

(D. Vischer, ed.), Versuchsanstalt für Wasser-

bedanken uns bei Dr. Gian Reto Bezzola (BAFU)

bau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), ETH

für die wertvollen Hinweise und Kommentare zu

Zürich, Zürich.

diesem Beitrag.

VAW (2016). Geschiebesammler Chlewigen Kleine Schliere – Hydraulische Modellversu-

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VAW-Mitteilung Nr. 6 (D. Vischer, ed.), Ver-

Flussbau, Fassung Herbstsemester 2016. Pro-

suchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und

fessur für Wasserbau an der Versuchsanstalt für

Glaziologie (VAW), ETH Zürich, Zürich.

Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), ETH Zürich.

Anschrift der Verfasser

Bezzola, G. R., Hegg, C. (ed.) (2008). Ereignis-

Eva Gerke, Benjamin Hohermuth, Dr. Volker

analyse Hochwasser 2005, Teil 2 – Analyse von

Weitbrecht

Prozessen, Massnahmen und Gefahrengrund-

ETH Zürich, Versuchsanstalt für Wasserbau,

lagen. Bundesamt für Umwelt, BAFU, Eidge-

Hydrologie und Glaziologie (VAW)

nössische Forschungsanstalt WSL. Umwelt-

Hönggerbergring 26, CH-8093 Zürich

Wissen Nr. 0825.

gerke@vaw.baug.ethz.ch

Comiti, F., Lenzi, M. A. (2006). Dimensions of

hohermuth@vaw.baug.ethz.ch

standing waves at steps in mountain rivers.

weitbrecht@vaw.baug.ethz.ch

Water Resources Research, Vol. 42, W03411, pp. 1–13.

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Regionaler Hochwasserschutz Bünztal Silvio Moser, Jörn Heilig, André Seippel

Zusammenfassung Vergangene Hochwasserereignisse zeigten das grosse Schadenpotenzial im aargauischen Bünztal auf. Die in den Jahren 2004 und 2009 für die Talschaft erstellten Gefahrenkarten Hochwasser wiesen das Schutzdefizit explizit aus. Basierend auf dieser Grundlage, wurde auch von kommunaler Seite ein Hochwasserschutzprojekt gefordert. Zum Schutz der Siedlungsgebiete im Bünztal stand ein regionaler Lösungsansatz im Vordergrund. Dabei wurden im Evaluationsprozess alle drei generellen Prinzipien des Hochwasserschutzes – Rückhalten, Umleiten, Durchleiten – untersucht. Entsprechend dem Planungsgrundsatz im Richtplan des Kantons Aargau, aber auch aufgrund des Variantenstudiums lag die Priorität klar bei einer Rückhaltelösung. Das umgesetzte Regionale Hochwasserschutzprojekt Bünztal umfasste schliesslich das gesamte untere Bünztal von Wohlen bis zur Mündung der Bünz in MörikenWildegg. Kernstück des Projekts ist das Hochwasserrückhaltebecken in Wohlen. Weiter erfolgten Teilausbauten der Bünz mit Ufererhöhungen und Massnahmen an Brücken in den Gemeinden Wohlen, Dottikon und Möriken-Wildegg. Mit der Fertigstellung des Gesamtprojekts im Sommer 2017 ist das Bünztal nun vor künftigen Hochwassern bis zum hundertjährlichen Ereignis umfassend geschützt. Bedingt durch das grosse Retentionsvolumen des Rückhaltebeckens Wohlen, wird selbst bei grösseren Hochwasserereignissen als dem hundertjährlichen (Überlastfall) noch eine gewisse Abflussdämpfung erreicht. 1.

ein gutes bis sehr gutes Wasserspeichervermögen und eine schwach gehemmte Wasserdurchlässigkeit. Die Talsohle wird dem leicht gewellten Moränehügelland zugeordnet und weist ein mässiges bis gutes Wasserspeichervermögen auf. Die hydrologischen Verhältnisse des Ausgangszustands wurden im Rahmen der Gefahrenkartierung oberes und unteres Bünztal aufgearbeitet. Die Abflussspitzen für Hochwasser der Szenarien HQ30, HQ100, HQ300 und EHQ in den Ortschaften entlang der Bünz können der Tabelle 1 entnommen werden. 1.3

Gefährdungssituation und Schadenpotenzial Entlang der Bünz wechseln sich intensiv genutztes Siedlungsgebiet und landwirtschaftlich genutzte Flächen zwischen den Siedlungszentren ab. Im Einflussbereich der Bünz liegen mehrere Ortskerne,

Ausgangssituation

1.1 Historische Ereignisse An der Bünz werden seit 1957 in Othmarsingen, seit 1980 in Wohlen und seit 1981 in Muri die Abflüsse an kantonalen Messstationen gemessen. Im Mai 1994, im Mai 1999 und im August 2007 traten die grössten Hochwasserabflüsse mit einer Wiederkehrperiode von 20 bis 30 Jahren auf. Es kam jeweils an mehreren Stellen zu Ausuferungen und Überflutungen des Siedlungsgebiets mit Schadensummen von mehreren Millionen Franken. 1.2 Hydrologische Verhältnisse Das Einzugsgebiet der Bünz beträgt bei ihrer Einmündung in den Aabach bei Möriken-Wildegg 123 km2. Davon liegen rund 53 km2 oberhalb der Gemeinde Wohlen mit dem grössten Schadenpotenzial. Gemäss Bodeneignungskarte der Schweiz liegen die Hänge des Bünztals im tieferen Molassehügelland mit teilweiser Moränebedeckung. Sie sind als tiefgründig und skeletthaltig ausgewiesen und verfügen über

Bild 1. Teilprojekte des Regionalen Hochwasserschutzes Bünztal.

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Tabelle 1. Hochwasserabflüsse unterschiedlicher Jährlichkeit im Zustand vor Massnahmen. diverse Schul- und Sportanlagen sowie verschiedene grössere Industriebetriebe. Die im Jahr 2004 für das obere Bünztal und 2009 für das untere Bünztal erstellten Gefahrenkarten zeigten eine grosse Anzahl von Schwachstellen in Bezug auf den Hochwasserschutz entlang der Bünz auf. Grob umrissen ergab sich folgende Gefährdungssituation: • eine ungenügende Abflusskapazität der Bünz auf 10 km Länge im Siedlungsgebiet • ca. 20 Brücken liegen zu tief und stellen ein Abflusshindernis bei Hochwasser dar • ca. 200 ha Baugebiet befinden sich im Überflutungsgebiet der Bünz • rund 750 Gebäude und Industrieanlagen sind hochwassergefährdet. Das Schadenpotenzial der Bünz von Wohlen bis zur Mündung bei MörikenWildegg wurde mit der vom Bundesamt für Umwelt zur Verfügung gestellten Software EconoMe 2.0 berechnet. Bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis an der Bünz war vor Umsetzung der Massnahmen mit Schäden in der Höhe von über 30 Millionen Franken zu rechnen. Grosse Schäden in der Höhe von über 20 Millionen Franken traten jedoch bereits bei kleineren Hochwasserereignissen mit einer Jährlichkeit von 30 Jahren auf. Der durch Auswertung der Szenarien HQ30, HQ100, HQ300 und EHQ ermittelte jährliche Schadenerwartungswert lag bei 1.1 Millionen Franken. Die Personenrisiken waren im Vergleich mit den Sachrisiken aufgrund der geringen Intensitäten sehr klein. 2.

2.1

Planungsgrundsätze und Projektziele

Kantonales Hochwassermanagement Hochwasser gehört im Kanton Aargau zu den am häufigsten auftretenden Naturgefahren. Entsprechend verfolgen der Kanton Aargau und die Aargauische Gebäudeversicherung eine ganzheitliche Strategie bezüglich dem Hochwasserschutz, welche von der Prävention über raumplanerische, bauliche und organisatorische Massnahmen bis zur Versicherung führt. Diese gesamtheitliche Strategie wird im 60

differenzierten Hochwasserschutz mit minimalem Restrisiko • Natur und Landschaft: Das Projekt sieht einen natur- und landschaftsverträglichen Ausbau vor • Sozio-Ökonomie: Das Projekt fördert die sozio-ökonomische Entwicklung des Bünztals • Kosten: Die angestrebten Ziele sollen mit einem optimalen Kosten/NutzenVerhältnis erreicht werden. Im Rahmen der Variantenstudien wurden diese Projektziele als Basis für die Festlegung von Bewertungskriterien verwendet. In der weiteren Ausarbeitung der Bauprojekte wurde den Projektzielen laufend Rechnung getragen. 3.

Bild 2. Hochwassermanagement im Kanton Aargau. kantonalen Hochwassermanagement zusammengefasst. 2.2 Kantonaler Richtplan Gemäss dem im Richtplan des Kantons Aargau festgeschriebenen Planungsgrundsatz für (regionale) Hochwasserschutzprojekte sind Fliessgewässer so zu bewirtschaften, dass Hochwasser, zum Beispiel mit Rückhaltebecken oder Überflutungsräumen, soweit wie möglich zurückgehalten oder gezielt ausgeleitet werden. Damit wird der schadlose Wasserabfluss gewährleistet und der Entstehung von Hochwasserschäden vorgebeugt. Auf dieser Basis werden Hochwasserschutzprojekte prioritär mit einer Rückhaltelösung erarbeitet und gegebenenfalls ergänzt mit einem Teilausbau des Unterlaufs auf den gedämpften Abfluss. Aufgrund des Schutzdefizits im gesamten unteren Bünztal stand ein regionaler Lösungsansatz im Vordergrund, also keine isolierte Betrachtung der Hochwasserschutzproblematik innerhalb der einzelnen Gemeinden, sondern ein Projekt über die gesamte Talschaft. Im Wynental, Surbtal und Möhlintal hat der Kanton Aargau bereits solche, regionale Hochwasserschutzprojekte mit Rückhaltebecken umgesetzt. 2.3 Projektziele Beim Regionalen Hochwasserschutzprojekt Bünztal wurden folgende Projektziele verfolgt: • Hochwassersicherheit: Das Projekt gewährleistet einen ausreichenden,

Variantenstudien

3.1 Frühere Studien Die Planungen für den Hochwasserschutz im Bünztal gehen weit zurück. Nach den Überschwemmungen mit grossen Schäden in Muri, Boswil und Möriken in den Jahren 1972 und 1977 legte das Baudepartement des Kantons Aargau einen Lösungsvorschlag mit einem Entlastungsstollen von Bünzen nach Hermetschwil – also vom Bünztal ins Reusstal – vor. Die Kosten für dieses Projekt wurden damals auf 20 bis 25 Millionen Franken beziffert. Zwanzig Jahre später wurde als Alternative zum Stollen eine Rückhaltelösung im Nidermoos vor der Gemeinde Bünzen untersucht, nachdem das Hochwasser vom Mai 1994 Schäden von über 14 Millionen Franken im Bünztal verursacht hatte. Eine Arbeitsgruppe wurde eingesetzt und prüfte alle Varianten. Doch bereits 1999 wurde das Projekt erneut sistiert. Auch die Gemeinden, welche den grössten Nutzen aus dem Projekt gehabt hätten, befürworteten eine vorläufige Zurückstellung. Zu gross war der Widerstand aus landwirtschaftlichen Kreisen, zu hoch waren die Kosten und zu ungewiss deren Verteilung auf Kanton und Gemeinden. In den darauf folgenden zehn Jahren von 1999 bis 2009 geschah einiges. In Othmarsingen wurde der Hochwasserschutz an der Bünz realisiert, in MörikenWildegg entstand die neue Bünzaue und in Villmergen wurden an zwei grossen Seitenbächen der Bünz Rückhaltebecken gebaut. In Bünzen und Boswil und später in Dottikon wurde die Bünz revitalisiert. Aber es kam nicht zum übergeordneten, regionalen Hochwasserschutzprojekt an der Bünz. Es gab nie genügend Solidarität für ein gemeinsames Projekt, jede Gemeinde suchte Lösungen auf ihrem Gemeindegebiet.

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Bild 3. Hochwasserrückhaltebecken Wohlen: geprüfte Varianten der Dammlinienführung. Die Gefahrenkarte Hochwasser, die 2009 für das gesamte Bünztal vorlag, brachte die Schutzdefizite im Siedlungsgebiet transparent und nachvollziehbar auf den Tisch. Dies änderte die Ausgangslage entscheidend. Niemand wollte für diese Situation die Verantwortung übernehmen, und die betroffenen Regionalplanungsverbände verlangten unisono mit den Gemeinden ein Hochwasserschutzprojekt für das Bünztal. Die anfänglich studierte Umleitung über einen Stollen ins Reusstal kam aus Kostengründen nicht zustande. Die Durchleitung mit Vollausbau des Gerinnes für ein hundertjährliches Hochwasser in allen Gemeinden wurde aus wirtschaftlichen Gründen und auch wegen der grossen Auswirkungen auf die Ortsbilder verworfen. So stand der Rückhalt als drittes Prinzip, in vorliegendem Projekt in Kombination mit einem Teilausbau des Gerinnes, im Vordergrund. 3.2

Variantenstudium Hochwasserrückhaltebecken Im Rahmen eines Variantenstudiums wurden fünf Beckenstandorte evaluiert, miteinander verglichen und mit Fokus auf ein gutes Kosten/Nutzen-Verhältnis bewertet. In der Vernehmlassung des Variantenstudiums befürworteten die Bünztaler Gemeinden und die beiden Regionalplanungsverbände Oberes Freiamt und Unteres Bünztal zwei Standorte für ein Hochwasserrückhaltebecken: Den bereits früher studierten Standort Nidermoos vor Bünzen und den Raum zwischen den Siedlungsgebieten von Waltenschwil und Wohlen. Für den Variantenentscheid waren vertiefte Abklärungen zu diesen beiden favorisierten Beckenstandorten notwendig. Kernpunkt der Vertiefung war die Prüfung

von gesteuerten Betriebsdurchlässen, um die Wirksamkeit, den Stauraum und die Dammhöhen zu optimieren. Auf Basis des technischen und baulichen Layouts der Hochwasserrückhaltebecken erfolgte im Rahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung die gestalterische und ökologische Einbindung der Becken in die Landschaft, die Umschreibung der ökologischen Ausgleichsmassnahmen sowie der Einbezug der Erholungsaspekte. Die hohe Wirksamkeit aufgrund der Nähe zum grössten Schadenpotenzial in der Gemeinde Wohlen und die geringere Überflutungshäufigkeit des Stauraums gaben schliesslich den Ausschlag für den Standortentscheid für das Rückhaltebecken vor Wohlen. In einer aus Grundeigentümern und Interessenvertretern zusammengesetzten Arbeitsgruppe wurden anschliessend die Linienführung und die Ausgestaltung des Rückhaltedamms in Wohlen optimiert. Die erarbeiteten Varianten zeigten unterschiedliche Dammlinienführungen bei vorgegebenem Rückhaltevolumen auf. Gewählt wurde im Rahmen des partizipativen Verfahrens jene Variante, welche Bautechnik, Zerschnitt von Kulturland, Ästhetik, ökologisches Potenzial, Funktionalität, Potenzial für die Naherholung und Akzeptanz in ein Gleichgewicht brachte. 3.3 Variantenstudium Teilausbau Im Rahmen des Variantenstudiums für das Rückhaltebecken wurden in Abhängigkeit der untersuchten Beckenstandorte die Massnahmen und Kosten für den Ausbau der Bünz zwischen Waltenschwil und Möriken-Wildegg auf ein gedämpftes, hundertjährliches Hochwasserereignis (Teilausbau) abgeschätzt. Mit dem gewählten Standort und dem Layout des

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Rückhaltebeckens in Wohlen waren nur noch gezielte Teilausbauten der Bünz mit Ufererhöhungen und Massnahmen an Brücken in den Gemeinden Wohlen, Dottikon und Möriken-Wildegg notwendig. Für den Teilausbau der Bünz in Wohlen wurden Erddämme und Mauern als Ausführungsvarianten für das Anheben der Ufer aufgrund der örtlichen Gegebenheiten untereinander abgewogen und abschnittsweise festgelegt. Die erforderlichen Massnahmen an Brücken basierten auf Zustandsuntersuchungen und dem zu gewährleistenden Freibord. Beim Teilausbau der Bünz in Dottikon wurden im Rahmen der Projektierungsarbeiten für das wesentliche Massnahmenelement, den Hochwasserschutz bei der Hofmattbrücke, verschiedene Ausführungsvarianten miteinander verglichen. Dem konventionellen Neubau standen auch Varianten mit Hebevorrichtungen gegenüber. Aufgrund des baulichen Zustands der bestehenden Brücke sowie aus Gründen der Betriebssicherheit und des Wartungsaufwands fiel die Wahl schliesslich auf den Neubau einer Stahlbetonbrücke. Für den Teilausbau der Bünz in Möriken-Wildegg wurden die Massnahmenelemente in einem separaten Variantenstudium vertieft erarbeitet. In Bezug auf die Hochwasserschutzproblematik erwies sich ein Neubau der Paradiesbrücke mit Verlegung der die Bünz querenden Abwasserleitung als Lösung mit dem grössten Nutzen. 4.

Projektbeschrieb

4.1 Dimensionierungsgrundlagen Die Dimensionierungsgrössen wurden im Laufe des Variantenstudiums durch eine 61


Abwägung zwischen Rückhalt und Teilausbau der Bünz festgelegt. Einerseits sollte das Retentionsvolumen in der Ebene zwischen den Siedlungsgebieten von Waltenschwil und Wohlen bereitgestellt werden, ohne dass es in Waltenschwil aufgrund des Rückstaus zu einer erhöhten Hochwassergefährdung kommt. Andererseits sollte der Ausbau der Bünz in

den untenliegenden Gemeinden auf den gedämpften Hochwasserabfluss mit verhältnismässigen Mitteln machbar sein. Für die Dimensionierung des Hochwasserrückhaltebeckens Wohlen wurden mit Hilfe eines Niederschlag-Abfluss-Modells Hochwasserganglinien für hundertjährliche Niederschläge unterschiedlicher Dauer bestimmt. Massgebend war ein

Tabelle 2. Abflussdämpfung bei HQ100 in den Gemeinden unterhalb des Hochwasserrückhaltebeckens Wohlen.

neunstündiges Niederschlagsereignis. Die Reduktion des hundertjährlichen Spitzenabflusses durch das Rückhaltebecken wurde festgelegt von einem Zufluss von 45 m3/s auf einen Ausfluss von 30.5 m3/s. Dieser gedämpfte Abfluss ist etwas niedriger als die in den Jahren 1994 und 1999 aufgetretenen Hochwasserereignisse und führte zu einem verhältnismässigen Teilausbau. Anhand der ermittelten Abflussganglinie und der definierten Abflussreduktion beim hundertjährlichen Hochwasserereignis ergab sich ein erforderliches Retentionsvolumen von mindestens 570 000 m3. Dieses Volumen steht im Rückhalteraum ohne Gefährdung des an der Stauwurzel liegenden Siedlungsgebiets der Gemeinde Waltenschwil zur Verfügung. Die Schutzziele für das Regionale Hochwasserschutzprojekt Bünztal orientierten sich an der Schutzzielmatrix des Kantons Aargau, welche im Projekt Gefahrenkarte Hochwasser erarbeitet wurde. Das Siedlungsgebiet im Bünztal soll bis zum hundertjährlichen Hochwasserereignis schadenfrei bleiben, während im landwirtschaftlich genutzten Raum häufigere Überflutungen mit geringen bis mittleren Intensitäten zulässig sind. Das Freibord beträgt mindestens 0.5 Meter. Bei der Festlegung des Brückenfreibords wurde berücksichtigt, dass das Verklausungsrisiko an der Bünz als eher gering eingestuft werden kann. Dies konnte auch bei den vergangenen Hochwasserereignissen

Bild 4. Hochwasserrückhaltebecken Wohlen, Situation.

Bild 5. Hochwasserrückhaltebecken Wohlen, Querdamm und Durchlassbauwerk (Jonin Zumsteg). 62

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beobachtet werden, bei denen die Bünz kaum Schwemmholz mitführte. 4.2

Hochwasserrückhaltebecken Wohlen Das Hochwasserrückhaltebecken Wohlen liegt zwischen den Siedlungsgebieten von Waltenschwil und Wohlen in einer landwirtschaftlich geprägten, sanft fallenden Ebene. Der 850 m lange und im Mittel 2 m hohe Erddamm hält knapp 600 000 m3 Wasser zurück und ist damit das grösste im Kanton Aargau in Betrieb stehende Rückhaltebecken. Der Seitendamm des Beckens erhebt sich langsam ansteigend aus dem fallenden Terrain von Waltenschwil her entlang der rechten Bünzseite. Der Querdamm spannt sich vor Wohlen zwischen dem Durchlassbauwerk und dem Hügelzug des Rössligutes auf. Das Abknicken entwickelt sich aus dem Relief des Hügels und der technischen Einbindungsmöglichkeit heraus. Wie ein Scharnier zwischen den beiden Dammteilen liegt das Regulierwerk über der Bünz. Das leichte Ansteigen aus dem Terrain vor dem Ufergehölz des Bachlaufes lässt den Damm erst gegen die Knickpunkte hin in der dritten Dimension deutlich in Erscheinung treten. Maisfelder überragen den langgestreckten Damm über weite Strecken. Der längs gerichtete Damm verstärkt aber auch die raumgliedernde Wirkung der Bünz in der Landschaftskammer zwischen den beiden Ortschaften. Das Durchlassbauwerk ist als funktionale, zwei Felder aufweisende

Betonbaute mit rittlings aufgesetzter Betriebswarte gestaltet. Der Abfluss wird mittels zweier Schützen automatisch auf maximal 30.5 m3/s gedrosselt. Dadurch wird für die Unterlieger-Gemeinden eine Abflussdämpfung auf ein etwa zwanzigjährliches Hochwasser erreicht. Das aufgrund der Baugrundverhältnisse auf Pfählen fundierte Durchlassbauwerk ist als ökologisch durchgängiges, den Sicherheitsanforderungen der Stauanlagenverordnung entsprechendes Bauwerk konzipiert. Alle sicherheitsrelevanten Elemente sind redundant vorhanden. Dieses Prinzip erstreckt sich auch auf die Abflusssteuerung, welche anhand gemessener Abflusskennwerte im Unterwasser des Durchlasses sowie anhand gemessener Einstaupegel vollautomatisch funktioniert. Die Betriebswarte dient zur Überwachung des Rückhaltebeckens im Einstaufall und zur Unterbringung der elektrohydraulischen Komponenten. Die Anlage ist auf ein hundertjährliches Hochwasser bemessen. Alle Sicherheitsnachweise sind auf Basis der Anforderungen der Stauanlagenverordnung geführt. Damit die Dammhöhe möglichst gering gehalten werden konnte, wurde der Damm für den Überlastfall (Zufluss grösser HQ100) als vollständig überströmbar konzipiert. Die luftseitige Dammböschung ist mit einer überdeckten Erosionsschutzmatte geschützt und der Dammfuss mit einem Kolkschutz gesichert. Nur die Randbereiche des Damms sowie der Bereich des Regulierbauwerks sind höher gele-

Bild 6. Hochwasserrückhaltebecken Wohlen, Damm mit luftseitigem Erosionsschutz (Silvio Moser).

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gen, damit sie bei Auftreten von Extremereignissen nicht überströmt werden. Mit dieser Konzeption liess sich im Vergleich zu einem konventionellen Dammbauwerk mit Dammscharte gut 1.5 bis 2 m an Dammhöhe einsparen. Die Böschungen des Erddammes sind mit Neigungen von 1:4 und 1:3 flach gehalten. Die geringere Dammhöhe und die flachen Böschungen sowie deren Begrünung verbessern die landschaftliche Einbindung. Im Einstaubereich des Rückhaltebeckens wurde die vorher kanalisierte Bünz auf einer Länge von rund 800 m revitalisiert. Die Verbreiterung des Wasserlaufes erfolgte auf die linke Seite. Dank punktuellen, strömungslenkenden Massnahmen entwickelte sich in kurzer Zeit ein vielgestaltiges Gerinne mit Breiten- und Tiefenvariabilität. Die früher durchgehende, eher monotone Uferbepflanzung wich einer aufgelockerten, wechselseitig angeordneten, strauchreichen und standortheimischen Bepflanzung. Als weitere ökologische Ausgleichsmassnahmen sind eine Feuchtwiese auf vertieftem Niveau mit Laichgewässern und eine extensiv genutzte Spielwiese angelegt worden. Alle Dammflächen wurden mit Magerwiesenmischungen angesät. Eines der Hauptanliegen bei der Projektierung war die bestmögliche Verwendung des aus der Bünzrevitalisierung anfallenden Aushubmaterials. Einerseits, um Kosten zu reduzieren, und andererseits, um Materialtransporte zu minimieren. Durch Triagierung des vor Ort ausge-

Bild 7. Hochwasserrückhaltebecken Wohlen, Seitendamm und revitalisierte Bünz mit Blick gegen Fliessrichtung (Jonin Zumsteg). 63


Bild 8. Hochwasserrückhaltebecken Wohlen, Querprofil.

Bild 9. Teilausbau Bünz Wohlen, Ufererhöhung mit Winkelplatten und Erddamm (Seippel Landschaftsarchitekten GmbH).

hobenen Materials und Beimischung eines Bindemittels konnte fast das gesamte Aushubmaterial für den Dammbau verwendet werden und somit etwa die Hälfte des homogenen Dammes damit erstellt werden. Der Untergrund unter dem Damm zeigt einen sehr inhomogen Aufbau mit teilweise gut durchlässigen Kiesablagerungen. Um eine mögliche Unterströmung des Dammes bei Einstau des Beckenraumes zu verhindern, wurde unter dem Damm eine Dichtspundwand eingebaut. Vor den Toren von Wohlen gelegen, ist der Beckenraum ein beliebtes Erholungsgebiet. Die zahlreichen Besucher spazieren beidseitig entlang der Bünz, entweder auf dem asphaltierten Dammkronenweg oder entlang dem Kiesweg auf der linken Uferseite. Von beiden Wegen aus bieten sich abwechslungsreiche Ausblicke auf das Gewässer. Vom Dammkronenweg aus ist ein attraktiver Rundblick in 64

Bild 10. Teilausbau Bünz Möriken-Wildegg, alte Paradiesbrücke mit vorgehängter Kanalisationsleitung, im Hintergrund die Schulanlage (Silvio Moser).

die umliegende Landschaft bis in die Voralpen möglich. Vor allem der flach ausgebildete Zugang zur Bachsohle mit Spiel- und Erlebnismöglichkeiten zieht viele Leute an. Verschiedene Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. Der Landbedarf für die Dammaufstandsfläche, die Aufweitung der Bünz und die Ausgleichsflächen betrug rund 4.5 Hektaren. Den betroffenen Grundeigentümern konnten innerhalb des Projektperimeters flächengleiche Parzellen als Realersatz zugeteilt werden. Dies kam vor allem dank weitsichtigen Landverkäufen von zwei Landeigentümern und dank Eigenland der Gemeinde zu Stande. Bei einem hundertjährlichen Hochwasser sind knapp 35 Hektaren Land im Einstaubereich überflutet. Für diese Flächen ist das Überflutungsrecht mit einer Dienstbarkeit gesichert. Der durch die Überflutung verursachte Schaden wird entschädigt.

4.3 Teilausbau Unterhalb des Hochwasserrückhaltebeckens Wohlen waren verschiedene Schwachstellen entlang der Bünz in den Gemeinden Wohlen, Dottikon und Möriken-Wildegg zu beheben. Im Rahmen dieser Teilausbauten wurden Ufer mittels Damm oder Ufermauern angehoben und diverse Brücken neu gebaut oder strömungsoptimierende Massnahmen getroffen. Wesentlicher Bestandteil des Teilprojekts in Wohlen war aufgrund des ungenügenden Abflussquerschnitts der Neubau der Brücke Zentralstrasse. Mitten in Wohlen und bei hohem Verkehrsaufkommen galt es, diese Kantonsstrassenbrücke über die Bünz zu ersetzen. Für den Neubau waren die Interessen von Hochwasserschutz, Konstruktion, Verkehr, Anstössern, Werken und Ortsbildschutz zu berücksichtigen. Nicht zuletzt war eine

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möglichst kurze Bauzeit unter Einhaltung einer hohen Qualität und des Kostenrahmens vorgegeben. Die Brücke wurde schliesslich in zwei Etappen erstellt, sodass der Verkehr während der Bauzeit im Einbahnregime über die Bünz geleitet werden konnte. Insgesamt wurden in Wohlen folgende Massnahmen umgesetzt: • Anheben von Ufern mittels Damm oder Ufermauer im Mittel um einen halben Meter auf einer Länge von rund 1.3 Km • Bau von vier neuen Brücken • Anhebung einer Brückenplatte • strömungsoptimierende Massnahmen an sechs Brückenuntersichten Bei der Hofmattbrücke an der Sportstrasse in Dottikon bestand bei grösseren Abflüssen ein Verklausungsrisiko durch mitgeführtes Schwemmmaterial. Bei einem hundertjährlichen Hochwasser wäre die Brücke rund 50 cm eingestaut gewesen. Ausgeführt wurde eine rund einen Meter höher liegende Stahlbetonbrücke mit Anpassungen entlang der Sportstrasse auf einer Gesamtlänge von cirka 100 m. Bei einem lokalen Quellwasserpumpwerk im Überflutungsbereich der Bünz wurden zudem Objektschutzmassnahmen umgesetzt. In Möriken-Wildegg führt die Paradiesbrücke über die Bünz zur Schulanlage Hellmatt. Aufgrund des rechtsseitig tieferliegenden Geländes wies die alte Brücke vom linken zum rechten Ufer ein Gefälle von etwa einem Meter auf. Die Hochwassergefährdung ergab sich durch einen rechtsseitigen Einstau der Brücke mit Ausuferungen. Beim Bünzhochwasser im Mai 1994 war die Schulanlage Hellmatt stark von Überschwemmungen betroffen. Die neue Paradiesbrücke wurde nun rechtsufrig um einen Meter angehoben. An der alten Brücke war zudem eine Kanalisationsleitung vorgehängt, die das Abflussprofil zusätzlich einschränkte. Dank einer neuen Linienführung der Kanalisation konnte diese Leitung aufgehoben werden.

5. Finanzielle Aspekte Die Projektkosten für das Hochwasserrückhaltebecken Wohlen mit Revitalisierung der Bünz belaufen sich auf rund 16.35 Millionen Franken. Der Teilausbau in den Gemeinden Wohlen, Dottikon und Möriken-Wildegg kostete weitere 8.25 Millionen Franken. Die Gesamtkosten für den Regionalen Hochwasserschutz Bünztal betragen demnach 24.6 Millionen Franken. Die Gegenüberstellung dieser Kosten zu dem durch die HochwasserschutzMassnahmen reduzierten Schadenpotenzial ergibt ein Kosten/Nutzen-Verhältnis von 1.3, das heisst, die Investitionen zahlen sich aus. Bund, Kanton, nutzniessende Gemeinden und Versicherungen finanzierten das Bauwerk solidarisch. Die Gemeinden wurden im jeweiligen Verhältnis zum Nutzen hinsichtlich Reduktion der Hochwassergefährdung belastet. 6. Schlusswort Die frühzeitige Information und der Einbezug aller Hauptbetroffenen sowie der Bevölkerung in den Planungsprozess war ein wichtiger Erfolgsfaktor. In der Phase des Variantenstudiums stützte sich der Entscheidungsprozess auf die Mitwirkung der regionalen Planungsverbände und der betroffenen Gemeinden. In der weiteren Projektbearbeitung wurden neben Gemeindevertretern auch betroffene Grundeigentümer und Interessenvertreter in lokalen Arbeitsgruppen eingebunden. Die Information der Bevölkerung erfolgte dem Projektfortschritt folgend mit Projektvorstellungen, Flyern und Baustellenbegehungen. Im Zustand vor Massnahmen musste im Siedlungsgebiet im Bünztal schon bei Hochwassern mit geringer Jährlichkeit mit Überschwemmungen gerechnet werden. Nach mehreren Lösungsversuchen in den vergangenen Jahrzehnten und einer intensiven, mehrjährigen Planungsphase

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konnte das regionale Hochwasserschutzprojekt im Bünztal in den Jahren 2015 bis 2017 in einer vergleichsweise kurzen Bauzeit umgesetzt werden. Bereits 1984 wurde das Rückhaltebecken Greuel an der Bünz in Muri in Betrieb genommen. In den Jahren 2005 und 2011 wurden zwei weitere Rückhaltebecken an Seitenbächen der Bünz in Villmergen fertiggestellt. Mit dem realisierten regionalen Hochwasserschutzprojekt ist das Bünztal nun umfassend geschützt. Durch das Hochwasserrückhaltebecken Wohlen wird der hundertjährliche Hochwasserabfluss auf den Spitzenabfluss eines etwa zwanzigjährlichen Hochwasserereignisses gedämpft. Die Eliminierung der verbliebenen Schwachstellen im Siedlungsgebiet erfolgte durch Teilausbauten der Bünz in Wohlen, Dottikon und Möriken-Wildegg. Insgesamt ist mit der Realisierung des Gesamtprojekts ein Schutz bis zum hundertjährlichen Ereignis gewährleistet. Bei extremen Ereignissen (Jährlichkeit > 100 Jahre) wird der Damm des Rückhaltebeckens Wohlen überströmt. Für diesen Überlastfall verbleibt ein Restrisiko, welchem mit raumplanerischen Massnahmen und einer Notfallplanung begegnet wird. Anschrift der Verfasser Silvio Moser, Kanton Aargau Departement Bau, Verkehr und Umwelt Abteilung Landschaft und Gewässer Entfelderstrasse 22, CH-5001 Aarau silvio.moser@ag.ch Jörn Heilig, Holinger AG Galmsstrasse 4, CH-4410 Liestal joern.heilig@holinger.com André Seippel, Seippel Landschaftsarchitekten GmbH, Sulzbergstrasse 6, CH-5430 Wettingen a.seippel@seippel.ch

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9. März 2017

WEL 3-2017

· Rentabilität Wasserkraft · Optimierte Instandhaltung und Einsatzplanung · Stellenwert Gewässerräume · 105. Hauptversammlung SWV

· Aufwertung KW Oberhasli · Mehrzweckspeicher · Schwemmholztransport

WEL 3-2016

· Ökologie beim KW Hagneck · Interkantonale Aareplanung · KOHS-Empfehlungen Hochwasserschutz/Ufererosion · 104. Hauptversammlung SWV

WEL 4-2015

Staumauerbau Muttenalp by night (Bild: Axpo © Daniel Boschung)

17. September 2015

Umgehungsgewässer beim KW Hagneck (Bild: Drohne, Geoplan Team, Nidau)

3-2015

3. Dezember 2015

· Hochwasserschutz Melchaa

· Bedeutung der Speicher für die Energiestrategie · Hydraulik PSW Lagobianco · Brutvögel an Fliessgewässern · 103. Hauptversammlung SWV

12. März 2015

3-2014

2-2014

1-2014

18. September 2014

12. Juni 2014

13. März 2014

Der Gebirgsfluss Brenno unterhalb der Mündung des Riale Riascio, Foto: Martin Böckli, WSL

4. Dezember 2014

Zwischen Limmernsee und neuem Muttsee, Foto: Roger Pfammatter

· Aufgaben Talsperrenwärter

WEL 3-2015

4-2014

WEL 4-2014

· Optimierung Turbinenanströmung

· Aufgelöste Blockrampen

10. März 2016

11. Juni 2015

· Projekt Linthal 2015

· Ausbau Wasserkraft seit 2006

· Antike Hydrotechnik Die Themen der «ÖWAW» 3-4/2017 • Geschiebehaushalt in kleinen HochWEL 2-2017 WEL 1-2016 der Nordtiroler Zentgebirgsbächen ralalpen Kammerlander, J., Achleitner, S., Schöber, J., Hofer, B. 2-2016 1-2016 • Kombinative Betrachtung von Naturmessung, physikalischer und numerischer Modellierung des Geschiebetransports an grossen alpinen Wasserfassungen Plörer, M., Neuner, J., Achleitner, S., Aufleger, M. • Umgang mit Feststoffen bei der Er· Solutions au problème · Hochwasserschutzprojekt d’ensablement Lac du Vernex «Urner Talboden» · Bemessung Abschlussorgane mittlung von Wildbachgefährdungs· Hydroabrasiver Verschleiss · Hochwasserschutz Zürich · Geschiebebewirtschaftung bereichen in Bayern · SWV-Jahresbericht 2015 · Unwetterschäden 2015 Dressel, P., Wagner, P., Mayer, K., Rimböck, A. WEL 2-2016 WEL 1-2016 • Bedeutung des Geschiebetransportes für die Planung von Hochwasserschutz- und Retentionsmassnahmen 2-2015 1-2015 in Talflüssen – Numerische Modellierung des Inns im Tiroler Unterinntal Baumgartner, K., Gems, B., Walder, S., Auer, F., Federspiel, M., Aufleger, M. • Weisse Wasserspeicher – Analyse und Modellierung der Schneedichte in den österreichischen Alpen und Alpenvorländern · Jubiläum VAR – Rückblick auf · Fischabstieg bei Flusskraft100 Jahre Wasserwirtschaft Achleitner, S., Schöber, werken J. · Rôle et tâches des barragistes · Transitoires hydrauliques • Transformation der Stadtentwäs· Gewässerpreis an KW Aarberg · Unwetterschäden 2014 · SWV-Jahresbericht 2015 · Zukunft des Wasserbauers von serung unter Berücksichtigung «grüner» und «blauer» Infrastruktur WEL 2-2015 WEL Zischg, J.,1-2015 Goncalves, M., Leonhardt, G., Kleidorfer, M., Rauch, W., Sitzenfrei, R.

· SWV-Jahresbericht 2016

9. Juni 2016

· Wasserzins – Reformbedarf im neuen Marktumfeld

4-2015

· Schwall/Sunk-Defizitanalyse

· Flexibilisierung Wasserzinse – eine Chance für alle

Überlastkorridor Reuss im Urner Talboden (Bild: Joe Müller)

15. September 2016

Räterichsbodensee der Kraftwerke Oberhasli (Foto: Roger Pfammatter, SWV)

3-2016

8. Dezember 2016

Zuleitstollen des neuen Wasserkraftwerks «Gletsch-Oberwald» (Foto: MMi, SWV)

4-2016

WEL 4-2016

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· Wasserhaushalt Schweiz

· Contraintes aux soudures des blindages

Bachforellen vor Leiteinrichtung am VAW-Modell (Foto: David Flügel, EAWAG)

WEL 4-2017

· Gestaltung Gewässerräume

· Marktmodelle Wasserkraft

WEL 3-2014

· Geschiebetransport in alpinen Einzugsgebieten · Flexibilisierung Wasserkraft · Murgangsimulationen · Methoden der Hydrologie

· Talsperrenüberwachung · Wasserkraftprojekte Chlus und FMHL+ · Wasserbau und Ökologie · SWV-Jahresbericht 2013

Lacs du Vieux Emosson et d’Emosson, Foto: M. Martinez/www.michelmartinez.ch

· 106. Hauptversammlung SWV

· eDNA im Wasserbau

Vue vers l’aval du barrage de Rossinière (Bild: Groupe E)

· Gefahrenbeurteilung bei Schwemmholz

· Fischgängigkeit und -schutz bei Wasserkraftwerken

Fundationsarbeiten am Stauwehr beim KW Laufenburg im Jahre 1912 (Bild: Sammlung KW Laufenburg)

· Hochwasser bei Talsperren

Messkampagne an einer Talsperre (Quelle: Gesellschaft für Ingenieurbaukunst)

· Wasserkraft im Alpenraum

Seeforellenzaun in der Hasliaare (Foto: Andreas Funk)

1-2017

8. Juni 2017

Section de blindage d’un projet hydroélectrique (© Alexandre J. Pachoud)

2-2017

14. September 2017

Seeforellen-Laichtiere auf der Laichgrube 1 im Wychelbächli (Bild: KWO, Matthias Meyer)

3-2017

7. Dezember 2017

Wasserspiegelsensor bei der Fassung des Kraftwerk Bristen (Bild: SWV/Pfa)

4-2017

· Perspektiven der Wasserkraft · Flussrevitalisierungen · Hochwasserschutz Stadt Zürich (Teil 2) · Unwetterschäden 2013

WEL 2-2014 WEL 1-2014 «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Unwetterschäden in der Schweiz im Jahre 2017 Rutschungen, Murgänge, Hochwasser und Sturzereignisse Norina Andres, Alexandre Badoux

Zusammenfassung Seit 1972 erfasst und analysiert die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, WSL, Schäden durch Rutschungen, Murgänge, Hochwasser und Sturzereignisse. Für das Jahr 2017 wurden rund 170 Mio. CHF Schäden registriert. Dies ist deutlich weniger als das teuerungsbereinigte Mittel der Jahre 1972 bis 2016 von 307 Mio. CHF, jedoch mehr als der teuerungsbereinigte Median von 93 Mio. CHF. Rund 94 % der geschätzten Gesamtschäden entstanden durch Hochwasser oder Murgänge, während Rutschungen 2 % und Sturzprozesse knapp 4 % ausmachten. Die meisten Schäden (rund 66 %) wurden durch Gewitter verursacht, knapp 6 % durch Dauerregen und bei 29 % war die Ursache unklar bzw. nicht bestimmbar. Die höchsten Schäden entstanden am 8. Juli in der Region Zofingen AG, als Oberflächenwasser, über die Ufer getretene Bäche und Erdrutsche schwere Verwüstungen anrichteten. Der Bergsturz vom 23. August am Pizzo Cengalo und die darauffolgenden Murgänge im Val Bondasca führten zu hohen Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen in Bondo GR. Hohe Wasserschäden gab es auch am 2. September im St. Galler Rheintal oder am 29. Mai in St. Moritz GR, als ein Bach infolge eines verstopften Durchlasses über die Ufer trat. Im Jahr 2017 waren zehn Todesfälle zu beklagen, alle infolge von Sturzereignissen.

1. Einleitung Medien berichten regelmässig von Schäden, welche durch Naturgefahrenprozesse verursacht werden. An der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, WSL, werden diese Schadensinformationen seit 1972 in einer Datenbank systematisch erfasst und analysiert. Zusätzlich zur Dokumentation ermöglicht diese lange Zeitreihe einen Vergleich der Schäden in den letzten 46 Jahren. Im nachfolgenden Bericht werden die Resultate der Auswertung der Ereignisse aus dem Jahr 2017 präsentiert und in einem chronologischen Jahresrückblick die schadenreichsten Ereignisse kurz beschrieben. Erfassung und Auswertung von Unwetterschadensdaten Basierend auf Meldungen aus rund 3000 Schweizer Printmedien sowie zusätzlichen Informationen aus dem Internet, werden Schäden durch auf natürliche Weise ausgelöste Rutschungen, Murgänge, Hochwasser und (seit 2002) Sturzprozesse in die Datenbank aufgenommen und ausgewertet. Schäden als Folge von Lawinen, Schneedruck, Erdbeben, Blitzschlag,

Hagel, Sturm und Trockenheit werden in den Auswertungen nicht berücksichtigt. Im letzten Abschnitt des Artikels werden einige dieser Schadensereignisse aus dem Jahr 2017 dennoch kurz beschrieben.

2.1 Schadenskosten Abschätzungen zu Sach-, Infrastruktur-, Wald- und Landwirtschaftsschäden sowie zu Interventionskosten beruhen grundsätzlich auf Informationen aus den Medien. Erfolgen dort keine monetären Angaben, werden die Schadenskosten auf Basis von Erfahrungswerten abgeschätzt. Im Falle von folgenschweren Ereignissen werden zusätzliche Informationen von Versicherungen, Krisenstäben und amtlichen Stellen von Gemeinden, Kantonen und vom Bund beigezogen. In den Schadenskosten werden sowohl versicherte Sachund Personenschäden (Gebäude- und Privatversicherungen) als auch nicht versicherte und nicht versicherbare Schäden berücksichtigt. Indirekte Schäden, spätere Sanierungsmassnahmen, Betriebsausfallskosten und ideelle Schäden (z. B. irreparable Schäden an Natur und Umwelt) werden hingegen nicht aufgenommen. Im Jahr 2017 wurden Schäden in Höhe von rund 170 Mio. CHF registriert. Dies ist weniger als das teuerungsberei-

2.

Bild 1. Jährliche Schadenssummen der verschiedenen Prozesse für die Periode 1972– 2017 (teuerungsbereinigt, Basis 2017). Arithmetisches Mittel (grün, 307 Mio. CHF) und Median (rot, 93 Mio. CHF) sind mit horizontalen Linien gekennzeichnet.

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nigte, arithmetische Mittel der Jahre 1972 bis 2016 von 307 Mio. CHF aber deutlich mehr als der teuerungsbereinigte Median von 93 Mio. CHF. Das Jahr 2017 war das schadenreichste seit 2007 (700 Mio. CHF, Bild 1 und Hilker et al., 2008). Die höchsten Schäden in den letzten 46 Jahren ereigneten sich im Jahr 2005 mit rund 3 Mrd. CHF (Hilker et al., 2007). 2.2 Ursachen der Schäden Die Ursachen für die jeweiligen Schadensprozesse werden gemäss den vorherrschenden Witterungsverhältnissen in vier verschiedene Gruppen aufgeteilt (Bild 2). Gewitter und intensive Regen: Knapp 66 % der Gesamtschäden 2017 wurden durch Gewitter verursacht. Dauerregen: Lang andauernde Niederschläge führten 2017 zu knapp 6 % der Gesamtschäden. Dies ist deutlich weniger als der langjährige Mittelwert von 51 % (1972–2016). Schneeschmelze und Regen: Die Kombination von Schneeschmelze und Regen verursachte 2017 kaum Schadenskosten. Unbekannte oder andere Ursachen: Mit 29 % ist der Anteil dieser Kategorie höher, verglichen mit dem langjährigen Mittel von 3 % (1972–2016). Dies ist auf das Sturz- und Murgangereignis in Bondo GR vom 23. August zurückzuführen. 2.3 Schadensprozesse Die erfassten Schadensprozesse wurden in drei Kategorien eingeteilt, wobei die Grenzen zwischen diesen Kategorien fliessend sind (Bild 3). Hochwasser/Murgänge: Diese Gruppe umfasst finanzielle Schäden, die durch stehendes oder fliessendes Wasser verursacht werden. Solche Ereignisse

können Geschiebe und / oder Schwemmholz mitführen. Zu dieser Ereigniskategorie zählen Hochwasser und Murgänge mit ihren möglichen Auswirkungen in Form von Überschwemmungen, Übersarungen und Übermurungen. Rund 94 % der Gesamtschäden wurden 2017 durch Hochwasser und Murgänge verursacht. Rutschungen: Diese Gruppe umfasst vorwiegend durch Lockermaterial verursachte Schäden, wobei sämtliche Arten von Rutschungsprozessen ausserhalb des unmittelbaren Gewässerbereichs dazugehören. Etwas mehr als 2 % der Gesamtschäden des Jahres 2017 wurden durch Rutschungen verursacht. Dies ist deutlich weniger als im langjährigen Schnitt von knapp 7 % (2002–2016). Sturzprozesse: Dieser Kategorie werden Schäden zugeordnet, die durch Steinschlag, Fels- oder Bergsturz entstanden sind. Der im Vergleich zum Mittel verhältnismässig hohe Anteil von 4 % der Gesamtschäden ist auf das Bergsturzereignis vom Pizzo Cengalo (Bondo GR) im August 2017 zurückzuführen. 2.4

Räumliche Verteilung und Ausmass der Schäden Bei einem Unwetterereignis, welches mehrere Gemeinden betrifft, wird jeweils für jede Gemeinde ein Datensatz erstellt. Für den Schadensschwerpunkt beziehungsweise den Ort des am besten lokalisierbaren Schadens jeder betroffenen Gemeinde werden die Koordinaten ermittelt. In Bild 4a sind die Schadensorte, -prozesse und -ausmasse gemäss der in Tabelle 1 beschriebenen Kategorien für das Jahr 2017 dargestellt. Eine Ansammlung von Schadensereignissen ist im südwestlichen Teil des Aargaus ersichtlich. Dies ist auch der-

Bild 2. Anteile der verschiedenen Schadensursachen an den Gesamtkosten für die Periode 1972–2016 (teuerungsbereinigt) und für 2017.

68

jenige Schweizer Kanton mit den höchsten Schäden im Jahr 2017. Ein Gewitter am 8. Juli führte zu hohen Hochwasserund Erdrutschschäden in den Gemeinden Zofingen, Bottenwil, Oftringen und Uerkheim. In der Ostschweiz und speziell im Rheintal ereigneten sich am 2. September Hochwasser mit Schäden. Betroffen waren viele Gebäude in den Gemeinden Widnau, Au, Balgach, Altstätten und St. Margrethen SG. Bereits 2013 und 2014 war das Rheintal stark von Unwettern betroffen gewesen. Ein über die Ufer getretener Bach verursachte am 29. Mai hohe Schäden in St. Moritz GR. Der Bergsturz am Pizzo Cengalo vom 23. August und die darauf folgenden Murgänge führten zu hohen Schäden in Bondo und Spino in der Gemeinde Bregalia GR. Acht Wanderer wurden durch den Bergsturz verschüttet und konnten trotz intensiver Suchaktion nicht geborgen werden. Zwei weitere Todesfälle ereigneten sich am 10. Oktober in Unterschächen UR, als sich Felsmassen oberhalb eines Alpweges lösten und Arbeiter unter sich begruben. Eine derart hohe Anzahl Todesfälle wurde letztmals im Jahr 2000 registriert, als am 14. Oktober 13 Menschen in Gondo VS durch Rutschmassen ums Leben kamen (Hegg et al., 2001). Im Tessin regnete es am 25. und 26. Juni sowie am 31. August stark, was zu Schadenskosten durch Überschwemmungen und Erdrutsche führte. Werden im Vergleich zu 2017 die Schadenssummen aller Ereignisse der letzten 46 Jahre betrachtet (Bild 4b), so zeigen sich hohe Schadenssummen in Rasterzellen vor allem in der Zentralschweiz sowie in den Kantonen Bern, Wallis und Tessin.

Bild 3. Anteile der verschiedenen Schadensprozesse an den Gesamtkosten für die Periode 2002–2016 (teuerungsbereinigt) und für 2017 (bis 2001 wurden Sturzprozesse in der Datenbank nicht erfasst). «Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


Bild 4a. Ort, Ausmass und Prozesstyp der Schadensereignisse im Jahr 2017. Bild 5. Monatliche Anteile der Schadenskosten für das Jahr 2017 (Gesamtkosten ca. 170 Mio. CHF). Die Kreuze geben die monatlichen Anteile der teuerungsbereinigten Schäden (alle Prozesse) für die Periode 1972–2016 an. vom 23. August und die darauf folgenden Murgänge in Bondo GR hohe Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen. Die Schadenskosten im August waren jedoch deutlich kleiner als im langjährigen Mittel (1972–2016), welches stark von den Hochwasserereignissen in den Jahren 2005 und 2007 geprägt ist (Bild 1). Gewitterschäden gab es im Mai vor allem in St. Moritz GR, als der Bach Ovel da Staz über die Ufer trat und ein Industrieareal überschwemmte. Im September verursachten Starkniederschläge hohe Schäden im St. Galler Rheintal. Bild 4b. Raster (10 km), mit Schadenssummen aller Prozesse der Jahre 1972–2016 (Kartengrundlage: BFS GEOSTAT / Bundesamt für Landestopographie).

Tabelle 1. Ereigniskategorien und deren geschätzte Schadenskosten pro Gemeinde (vgl. Bild 4a). 2.5

Jahreszeitliche Verteilung der Schäden Der Juli war der Monat mit den höchsten Schäden im Jahr 2017 (Bild 5). Rund 90 Mio. CHF sind dabei auf das Gewitter-

ereignis vom 8. Juli im Raum Zofingen AG zurückzuführen. Der Monat mit den zweithöchsten Schäden war der August. Dabei verursachten hauptsächlich der Bergsturz

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3.

Chronologischer Jahresrück blick über die Ereignisse Witterung des Jahres 2017: Gemäss Klimabulletin der Schweiz (MeteoSchweiz, 2018) war das vergangene Jahr das sechstwärmste seit Messbeginn vor 154 Jahren und das Jahresmittel der Temperatur war 0.8 °C über der Norm von 1981– 2010. Januar und Februar waren extrem trocken und schneearm, währenddessen der Frühling und der Sommer sehr warm waren. Nach einem kühlen Herbstbeginn im September wurde es gegen Mitte des Oktobers wiederum sonnig und trocken. Der Winter hielt schon im November Einzug und auch im Dezember gab es viel Schnee.

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Die Beschreibungen des monatlichen Wettergeschehens (jeweils zu Beginn der folgenden Abschnitte) basieren auf den monatlichen Klimabulletins von MeteoSchweiz (MeteoSchweiz, 2017). 3.1 Januar Der Januar 2017 war der kälteste Januar seit 30 Jahren. Häufige Hochdrucklagen führten zudem in weiten Teilen der Schweiz zu unterdurchschnittlichen Januarniederschlägen. Am 14. stürzte im Gebiet Kubel der Stadt St. Gallen ein grosser Felsbrocken auf eine Strasse und beschädigte diese. In Weesen SG musste am 28. eine Strasse wegen Aufräum- und Sicherungsarbeiten gesperrt werden, nachdem sich an der Kapfenbergstrasse ein Stück Fels gelöst hatte. 3.2 Februar Der Februar war mild, und in vielen Gebieten blieben die Niederschlagsmengen unter dem langjährigen Durchschnitt. Es ereigneten sich diverse kleinere Rutschungen und Steinschläge. In Berg TG geriet am 1. ein Hang unterhalb der SBB-Linie ins Rutschen und am 6. beschädigten Steine die Strasse von La Goule nach Noirmont JU sowie die Wand und das Dach eines darunterliegenden Restaurants. Rund 1000 m3 Stein lösten sich am 9. am südlichen Ausgang des Schifereneggtunnels in Morschach SZ und stürzten auf einen Parkplatz. Am 13. erlitt eine Frau schwere Verletzungen, als sie auf der Strasse von Weesen nach Betlis SG am Walensee von

einem faustgrossen Stein am Kopf getroffen wurde. 3.3 März Schweizweit war der März der zweitwärmste seit Messbeginn 1864. Reichlich Niederschlag gab es auf der Alpensüdseite, im Wallis und entlang des Alpennordhangs. In den Alpen und Voralpen führten einige Massenbewegungen zu Verkehrsunterbrüchen. Am 2. setzten sich im Gebiet Rumpf der Gemeinde Wattwil SG 70 000 bis 100 000 m3 Material in Bewegung. Der Hang war gekennzeichnet durch metertiefe Risse. Eine Gemeindestrasse wurde dabei auf 50 m zerstört. Am 5. ist ein rund 10 m langes Teilstück der Kantonsstrasse von Amsteg nach Bristen UR abgerutscht und verschüttete einen darunterliegenden Abschnitt mit Erdreich und groben Blöcken (Bild 6). Die Verbindung ins Maderanertal war während mehreren Wochen unterbrochen. Ein Felsen unterhalb der Strasse im Val Sumvitg GR (vor Bogn Tenigia) rutschte am 11. weg, so dass die Betonplatte der Strasse in der Luft hing. Am 23. lösten sich 6 m3 Gestein und verschütteten das Trassee der Zentralbahn zwischen Meiringen und BrünigHasliberg BE, was einen 34-stündigen Streckenunterbruch zur Folge hatte. Schliesslich lösten sich am 30. in Stalden VS 2000 bis 3000 m3 Felsmassen und stürzten rund 50 Höhenmeter zu Tal. Wanderwege und eine Strasse mussten gesperrt und Felsräumungsarbeiten durchgeführt werden.

Bild 6. Ein 10 m langes Teilstück der Kantonsstrasse von Amsteg nach Bristen UR stürzte am 5. März ab (Foto: Baudirektion, Kanton Uri). 70

3.4 April Die erste Aprilhälfte war sonnig und mild, die zweite hingegen kalt. Abgesehen vom östlichen Mittelland und dem östlichen Alpennordhang waren die Niederschlagssummen im April schweizweit unter der Norm 1981–2010. Am 9. stürzte rund 1 m3 Gestein auf die geschlossene Bergstrasse zwischen Göschenen UR und der Göscheneralp, und am 28. wurde die Berninastrasse in Poschiavo GR auf einer Länge von rund 20 m verschüttet. 3.5 Mai Nach einem kühlen und nassen Maibeginn wurde es warm und trocken. Zu kräftigen Gewittern und damit verbundenen Unwetterschäden kam es dann zum Monatsende. Am 2. wurde bei einem Steinschlag auf der Bristenstrasse oberhalb von Amsteg UR ein Fahrzeug getroffen und eine Frau leicht an der Hand verletzt. Der Vorfall stand nicht im Zusammenhang mit dem Hangrutsch im März. Starke Gewitterregen sorgten am Abend des 14. an verschiedenen Orten im Kanton Schaffhausen für Schäden. In Beringen trat der Dorfbach über die Ufer und überflutete den Garten und den Keller der erst tags zuvor eingeweihten neuen Vogelpflegestation. Mehrere Untergeschosse standen in der Stadt Schaffhausen unter Wasser. Nach einem Starkniederschlag am späten Abend des 29. verstopften Geschiebemassen in St. Moritz-Bad GR den Einlauf eines unterirdischen Kanals des Ovel da Staz. Infolgedessen wurde innert kürzester Zeit durch den zu diesem Zeitpunkt Hochwasser führenden Bach ein Industrieareal überschwemmt. Dabei kam es zu Schäden in Millionenhöhe. Büro- und Lagerräumlichkeiten sowie Unterstände und Fahrzeuge wurden beschädigt. Ebenso in Mitleidenschaft gezogen wurde das erst kürzlich revitalisierte Bachbett. Infolge heftiger Regenfälle trat am selben Tag in Ollon VS (Gemeinde CransMontana) ein Bach über die Ufer. Keller, Scheunen und die Sporthalle einer alten Schule wurden überschwemmt und Kies auf Strassen gespült. Tags darauf, am 30., ereigneten sich im Emmental BE starke Gewitter. Betroffen waren unter anderem die Regionen rund um Burgdorf, Heimiswil und Dürrenroth, wo Keller überschwemmt wurden und Hänge abrutschten. Im Kanton Luzern gingen gleichentags insgesamt knapp 20 Meldungen ein. Vor allem in Malters hat

«Wasser Energie Luft» – 110. Jahrgang, 2018, Heft 1, CH-5401 Baden


die Feuerwehr Keller, Tiefgaragen und Liftschächte abgepumpt sowie Strassen signalisiert bzw. überwacht. Nach einem Hagelunwetter mit heftigem Regen über der Region Thun rückten am 31. die Feuerwehren in diversen Gemeinden aus, um überschwemmte Keller und Einstellhallen, überflutete Strassen sowie Erdrutsche in den Griff zu bekommen. Auch im Kanton Freiburg wurden Untergeschosse überschwemmt und es kam zu kleinen Erdrutschen. In Giswil OW schwoll die Laui durch den starken Regen zu einem reissenden Fluss an und führte mit einer Flutwelle 400 m3 Schwemmholz mit sich. 3.6 Juni Der Juni 2017 war der zweitheisseste Juni seit Messbeginn 1864. Im Tessin und Graubünden war die monatliche Niederschlagssumme höher als die Norm, aber vor allem im Norden der Schweiz war sie tiefer. Am 1. fuhr ein Zug zwischen Entlebuch und Schüpfheim LU in einen Erdrutsch und entgleiste mit einem Drehgestell. Gewitter führten am 3. zu Schäden in mehreren Kantonen. In der Stadt und Agglomeration Bern mussten überflutete Keller ausgepumpt werden, und in Eriz BE kam es zu Hangrutschen und angespültem Geröll auf Strassen. In Schangnau BE im Emmental traten nach Juli 2014 der Sädelgraben und der Bumbachgraben erneut über die Ufer. Bei der Kantonspolizei Solothurn gingen rund 30 Meldungen über Wassereinbrüche in Keller und Tiefgaragen ein, z. B. aus den Gemeinden Bellach, Bettlach, Langendorf und Selzach. Im Kanton St. Gallen musste die Feuerwehr mehrmals ausrücken. Hier waren die Gebiete Degersheim, Waldkirch, Gossau und Flawil betroffen. Das Gewitter sorgte auch im Thurgau für zahlreiche überflutete Keller. Die Feuerwehr stand vor allem im Mittelthurgau im Einsatz. Mehrere Meldungen gingen am Abend des 15. und in der Nacht auf den 16. infolge Sturm und Gewitter bei der Kantonspolizei Aargau ein. Betroffen waren die Gemeinden zwischen Aarau und Baden und des Oberen Fricktals. Vom 24. auf den 25. zogen aus Südwesten kräftige Gewitter über die Schweiz. Besonders heftig entluden sich diese über der Alpensüdseite. Erdrutsche, überflutete Keller und übersarte Strassen waren vor allem im Sottoceneri in den Regionen von Lugano, Melide und Mendrisio TI zu verzeichnen. Aber auch in Gamba-

rogno TI gab es Probleme, als der Bach Trodo in Quartino bei einer Baustelle über die Ufer trat und Häuser und Strassen überschwemmte. Kurz darauf zogen vom 26. bis 28. zwei weitere Niederschlagszellen über die Schweiz. Vor allem auf der Alpensüdseite regnete es wiederum kräftig. Im Luganese TI leistete die Feuerwehr am 28. Dutzende Einsätze wegen überfluteter Untergeschosse und Verkehrsbehinderungen. Hangmuren und Erdrutsche blockierten zudem Strassen, unter anderem in Locarno Monti und in Orselina, zwischen Brione (Verzasca) und Lavertezzo, zwischen Rovio und Melano, zwischen Morbio Inferiore und Morbio Superiore sowie zwischen Caslano und Pura. Schliesslich gingen am 28. nach starken Regenfällen im Kanton BaselLandschaft 30 Meldungen ein, vor allem wegen überfluteter Keller. Betroffen waren unter anderem Arlesheim und Muttenz. 3.7 Juli Im Juli war das Wetter wechselhaft mit häufigen und lokal ausserordentlich kräftigen Schauern und Gewittern. Am Abend des 8. tobte ein ungewöhnlich heftiges Gewitter im Grenzgebiet der Kantone Solothurn, Aargau und Luzern. Gemäss MeteoSchweiz fielen innerhalb von drei Stunden von Wynau BE über Zofingen AG bis Unterkulm AG 70 bis 80 mm Regen. Dieses Ereignis verursachte die finanziell höchsten Schäden im Jahr 2017. Am stärksten betroffen war die Stadt Zofingen AG, wo es zu Überflutungen durch Oberflächenwasser kam. Überlastete Kanalisationsleitungen führten zudem zu Rückstau in Gebäuden. Das Stadtgebiet war innerhalb von 30 Minuten flächendeckend überschwemmt. Mit knapp 1000 betroffenen Gebäuden verzeichnete die Aargauische Gebäudeversicherung Schäden in Millionenhöhe. Das Wasser drang auch ins Bahnhofparking vor und überschwemmte zwei Untergeschosse mit über 100 parkierten Fahrzeugen. In Uerkheim AG trat die Uerke über die Ufer und überflutete den Talboden mit zahlreichen Gebäuden (Bild 7). Der bisherige Spitzenabfluss aus dem Jahre 2015 (15.9 m3/s, Kanton Aargau, 2017a) wurde mit geschätzten 35 bis 40 m3/s deutlich übertroffen (Kanton Aargau, 2017b). Schwer betroffen waren unter anderem ein Lebensmittelladen, eine Metzgerei, eine Bäckerei und ein Transportunternehmen. Das Gemeindearchiv wurde durch die Kanalisationsanschlüsse der Entfeuchter mit Wasser geflutet. In Bottenwil AG kam es zu

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diversen Gebäudeschäden durch Wasser und Erdrutsche. Ein Gebäude wurde durch eine kleine Flutwelle schwer beschädigt, welche durch einen Erdrutsch in zuvor aufgestautes Wasser versursacht wurde. Auch in Oftringen AG überschwemmten schlammige Wassermassen diverse Tiefgaragen, Wohnungen und Keller. Besonders betroffen war der Ortsteil Küngoldingen. Am selben Tag gab es auch im Kanton Solothurn überschwemmte Keller, z. B. in Däniken, Dulliken und Gretzenbach. In der Gemeinde Wikon LU wurden eine Unterführung sowie diverse Keller überflutet. Die Kantonspolizei Bern erhielt rund 300 Schadensmeldungen aus dem Seeland (Biel, Bellmund, Ipsach, Port und Nidau) und dem Oberaargau (Roggwil, Niederbipp und Umgebung), vor allem wegen überfluteter Keller und z. T. wegen Sturmschäden. Im Kanton Uri war vor allem Erstfeld betroffen. Geröll und Schlamm hatten sich ihren Weg ins Dorf gebahnt. Keller und Tiefgaragen mussten ausgepumpt und Bäche und Sammler von Geschiebe befreit werden. Wenig später haben Unwetter die Einsatzkräfte in der Region Biel und im Berner Jura am Abend des 9. und in der Nacht auf den 10. auf Trab gehalten. Rund 60 Anrufe gingen bei der Kantonspolizei ein, vor allem wegen Wassereinbrüchen. Am Nachmittag des 10. leistete die Feuerwehr aufgrund von starken Regenfällen und Sturm im westlichen Teil des Bezirks Sarine FR 20 Einsätze. Am Abend des gleichen Tages zog ein Gewitter, begleitet von Starkregen und Sturmböen, von Westen her über das obere Freiamt AG und füllte Keller beispielsweise in Muri. Auch das Luzerner Hinterland und Teile des Seetals waren betroffen. Nachdem die Kapazität des Geschiebesammlers überschritten war, trat am 18. der Huserhaltenbach in der Gemeinde Wassen UR über die Ufer und übersarte die Susten-Passstrasse und Kulturland mit Geröll. Ein Sturm mit heftigem Regen und teilweise Hagel sorgte am 21. in den Kantonen Bern und Freiburg nebst Sturmschäden für vollgelaufene Keller und Garagen. Unter anderem sind in Heimberg BE Einstellhallen und Keller überflutet worden. Am 22. zog eine weitere Gewitterfront mit zahlreichen Blitzen über die Region Luzern. Bei der Gebäudeversicherung Luzern gingen 100 bis 150 Meldungen ein. In der Stadt Luzern wurden Keller und Liftschächte unter Wasser gesetzt und der Belag der Hünenbergstrasse unterspült. 71


Bild 7. Überschwemmte Dorfstrasse in Uerkheim AG am 8. Juli (Foto: HZP). Ende Monat tobte am 29. im Gebiet des Nationalparks im Unterengadin GR ein besonders heftiges Gewitter. In Scuol GR beschädigten Murgänge die Strasse im Val S-charl. Auf wenigen Kilometern gingen sechs bis zehn verschiedene Rüfen nieder. Im Tal sassen 15 Personen in ihren Fahrzeugen auf übermurten Strassen fest und mussten per Helikopter evakuiert werden. Weitere Murgänge verschütteten Strassen in Zernez, Susch sowie in Bregalia GR im Bergell. In Engelberg OW trat am selben Tag der Sulzbach aufgrund eines intensiven Gewitters über die Ufer und überflutete Teile des Golfplatzes. Dabei verteilten sich 10 000 m3 Geröll auf dem Platz. Zudem wurde vom Arnibach eine Brücke mitgerissen, und Wanderwege waren nicht mehr begehbar. Bei der Baselbieter Polizei gingen am 30. nach 19 Uhr rund 30 Meldungen über Gewitterschäden ein. Mehrheitlich ging es um geflutete Keller. Ein Murgang aus dem Val d’Assa in Valsot GR riss Bäume mit und bedeckte Strassen. In der Folge wurde der Inn aufgestaut und Kulturland überschwemmt sowie Landwirtschaftsgeräte mitgerissen. 3.8 August Die Temperatur war im August schweizweit 1.7 °C wärmer als im Vergleich zur Norm 1981–2010. Bei Conthey VS wurden nach einem Gewitter am 1. drei Autos auf der Strasse nach Derborence durch Schlamm und Gesteine verschüttet. Am Abend des 1. und in der Nacht zum 2. entluden sich auf der Alpennordseite heftige Gewitter mit Hagel und kräftigen Sturmböen. In Winterthur ZH rückte abends die Feuerwehr aus, um zahlreiche vollgelaufene Keller auszupumpen. Später in der Nacht auf den 2. drang z. B. in Ermatingen TG, Eschenz TG, Mammern TG, Steckborn TG, Schaffhausen SH, Stein am Rhein SH und im Bezirk Andelfingen ZH Wasser in Unter72

geschosse. Beim Messstandort Eschenz TG wurde zwischen 2.40 Uhr und 2.50 Uhr eine Zehnminutensumme von 36.1 mm Regen registriert – gemäss MeteoSchweiz ein neuer Schweizer Rekord. Am 8. war die Zugstrecke der Rhätischen Bahn zwischen Versam und Valendas GR für mehrere Stunden gesperrt. Aus dem wegen Regen übergelaufenen Carrerabach waren Wasser, Schlamm und Steine auf das Bahntrassee gelangt. Ein Geländer wurde verbogen und der Schotter verunreinigt. In Eisten VS stürzten am 11. grosse Felsblöcke auf die Saastalstrasse und beschädigten die Fahrbahn und Steinschlagnetze. Am 18. am Abend zogen mehrere Gewitterzellen über die Region BodenseeRheintal. Bei starkem Regen, Hagel und heftigen Windböen leisteten mehrere Feuerwehren Wasserwehreinsätze. Im Kanton Zug gingen innerhalb von zwei Stunden 125 Meldungen über überflutete Keller, Wohnungen, Waschküchen und Tiefgaragen bei der kantonalen Einsatzleitzentrale ein. Besonders betroffen waren Zug, Baar und Rotkreuz. Am Ufer des Gelmersees in der Gemeinde Guttannen BE lösten sich am 20. rund 150 m3 Fels und stürzten auf zwei Wandergruppen. Sechs Personen wurden dabei verletzt, eine davon schwer. Am 23. stürzten um 9.31 Uhr 3.1 Mio. m3 Material von der Nordostflanke des Pizzo Cengalo im hinteren Val Bondasca GR (Bild 8). Acht Wanderer auf dem Weg von der Sciorahütte ins Tal sind durch die herabstürzenden Felsmassen verschüttet worden. Eine intensive Suchaktion nach den Verschütteten wurde nach einigen Tagen erfolglos eingestellt. Unmittelbar nach dem Bergsturz wurde ein Schuttstrom ausgelöst. Das automatische Murgang-Alarmsystem, welches infolge eines Ereignisses im Jahre 2012 erstellt wurde, schlug kurz darauf Alarm,

woraufhin 100 Personen im Talboden liegenden Bondo GR evakuiert wurden. Die Geröllmassen füllten das erst kürzlich erstellte Murgangbecken. Die Massen weiterer Murgänge am Nachmittag des 23. und an den folgenden Tagen konnte das Becken nicht mehr aufnehmen, worauf die Kantonsstrasse, Brücken, Häuser und eine Sägerei in Mitleidenschaft gezogen wurden (Bild 8). Bei einem weiteren Murgangschub am 31. gelangte Material bis nach Sottoponte und Spino, wo ebenfalls mehrere Häuser beschädigt wurden. In Spino standen die Ablagerungen teilweise über einen Meter hoch auf der Strasse, und die Molkerei wurde bis unters Dach mit Schlamm und Geröll gefüllt. Die Gesamtkosten wurden in einer Medienmitteilung vom 14. Dezember auf 41 Mio. CHF geschätzt (ohne die Schäden der Privatversicherer). Somit handelt es sich bei diesem Ereignis um das finanziell zweitschwerste des Jahres 2017. Am 31. wurden im Tessin grosse Niederschlagsmengen registriert. Die Feuerwehren von Ascona, Locarno, Losone, Terre di Pedemonte und Centovalli sowie von Bellinzona, Osogna, Lodrino und Biasca waren im Einsatz. In der Gemeinde Orsières VS übermurte kurz nach 13 Uhr nach einem starken Gewitter ein Murgang bei L’Amônaz die Kantonsstrasse. Dabei wurden 600 m3 Material auf der Strasse abgelagert. 3.9 September Im September war es verbreitet kühl und in der West- und Südschweiz trocken. Dauerregen führte am 2. zu diversen Einsätzen von Ostschweizer Feuerwehren. Schäden in Millionenhöhe gab es im Kanton SG. In Au wurden zahlreiche Gebäude beschädigt, unter anderem eine Schreinerei. In Altstätten leistete die Feuerwehr 100 Einsätze. Dank dem Frühwarnsystemsund den neu installierten Bretterverschlägen entlang dem Ufer des Stadtbachs konnten grössere Schäden (wie z. B. im Juli 2014) weitgehend verhindert werden. Einige Keller wurden dennoch überschwemmt. In Widnau trat der Binnenkanal an gewissen Stellen über die Ufer, was zu hohen Gebäudeschäden führte. Rund 100 Notrufe gingen am selben Tag aus den Ausserrhoder Gemeinden Gais, Bühler, Teufen, Speicher, Trogen, Wald und Rehetobel ein. Ursache waren hauptsächlich kleinere Hangrutsche oder überflutete Keller. Am Ruppenpass zwischen Altstätten SG und Trogen AR rutschte ein Schopf auf die Strasse. Auch im Kanton Schwyz standen mehrere Feuerwehren im Einsatz.

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Bild 8. Am 23. August stürzten 3.1 Mio. m3 Felsenmaterial vom Pizzo Cengalo. Mehrere Murgangschübe erreichten daraufhin das Haupttal und verursachten Schäden in Bondo GR (Fotos: VBS swisstopo Flugdienst).

Am 16. beschädigten herunterfallende Steinblöcke zwischen Peccia und San Carlo in der Gemeinde Lavizzara TI das Dach und die Wand von einem ersten und ein Fenster von einem weiteren Haus. 3.10 Oktober Im Oktober herrschte weitgehend warmes und trockenes Wetter. Bei einem Felsabbruch am 10. im Gebiet Ruosalp UR wurden drei Bauarbeiter verschüttet, welche gerade mit dem Ausbau eines in den Fels gehauenen Alpwegs beschäftigt waren. Eine Person konnte sich selber aus den Felsmassen befreien, zwei weitere konnten einige Tage später nach Felssicherungsarbeiten nur noch tot geborgen werden. Untersuchungen zu Ursache und Ablauf des Ereignisses waren zum Zeitpunkt der Verfassung des Artikels noch im Gange. Am 23. lösten sich rund 50 000 m3 Fels an der Südflanke des Spitzhorns in der Gemeinde Gsteig BE. Wanderwege im Gefahrengebiet waren bereits im Vorfeld des Ereignisses gesperrt worden. 3.11 November Die Alpennordseite erhielt in vielen Gebieten reichlich Niederschlag. Im Wallis, im Tessin und in Graubünden blieben die Mengen hingegen meist unterdurchschnittlich. Oberhalb von Rüti GL lösten sich am 2. rund 4000 m3 Fels. Ein Brocken schlug nur wenige Meter neben einem Wohnhaus auf der Waldstrasse von Bergguet nach Kieligen auf. Dach und Rück-

wand des Gebäudes wurden beschädigt und dessen Bewohner daraufhin evakuiert. 3.12 Dezember In den meisten Gebieten der Schweiz fielen im Dezember überdurchschnittliche Niederschlagsmengen. Starker Regen hat am 11. in mehreren Dörfern in der Region Romont FR ein Dutzend Häuser unter Wasser gesetzt und mehrere Strassen überflutet. Weitere überschwemmte Keller gab es am Abend des 14. und in der Nacht auf den 15. nach ausgiebigen Niederschlägen im Kanton Bern. Ein Hangrutsch beschädigte in derselben Nacht unterhalb des Schlosses Chenaux von Estavayer-leLac FR ein Haus. Zwischen Entlebuch und Schachen LU rutschte die Renggstrasse ab. In St. Margrethen SG wurde der Keller eines Alters- und Pflegeheims infolge der heftigen Niederschläge überflutet. Am 21. beschädigten herabstürzende Felsblöcke Weinreben und einen Weg in Fläsch GR. 4.

Schäden durch weitere Naturgefahrenprozesse Wie auch in den vergangenen Jahren verursachten Hagel und Sturmwinde beträchtliche Schäden in der Schweiz. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden nachfolgend einige dieser Ereignisse kurz erwähnt. Aufgrund der starken Winde während des Sturmtiefs «Egon» sind in der Nacht auf den 12. Januar im Kanton Nid-

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walden diverse Bäume auf Strassen und Parkplätze gestürzt. In den Kantonen Bern und Basel-Landschaft fiel in mehreren Gemeinden der Strom aus. Starke Winde sorgten am 28. Februar im Kanton Bern und dort vor allem im Berner Jura für umgestürzte Bäume und aus der Verankerung gerissene Bauabschrankungen. Im Kanton Neuenburg hatten umgestürzte Bäume bereits am 27. Februar gleich an zwei Orten Stromleitungen gekappt. Das Gewitter vom 31. Mai in der Region Thun BE hat aufgrund des starken Hagelschlags Millionenschäden für die Versicherer hinterlassen. Es gab vor allem Schäden an Fahrzeugen, Gebäuden und Ackerkulturen. Am 23. Juni kurz vor 17 Uhr entlud sich ein Hitzegewitter über mehrere Zuger Gemeinden. Windböen entwurzelten zahlreiche Bäume auch in der Stadt Zug entstanden Schäden. Ein Hagelzug im Tessin beschädigte am 25. Juni viele Autos. Die Schweizer Hagelversicherung rechnete nach den Unwettern vom 8. Juli in der Region Berner Seeland und Niederbipp mit Schäden in Umfang von rund 4 Mio. CHF an landwirtschaftlichen Kulturen. Am 19. Juli gingen aufgrund eines Gewittersturms 44 Meldungen bei der Kantonspolizei Luzern ein. Ein Baum stürzte auf mehrere Autos und Menschen. Zwei Mädchen und eine Frau konnten mit leichten Verletzungen geborgen werden. Grosse Schäden an Ackerkulturen gab es infolge heftiger Sommergewitter mit Hagel am 21. und 22. Juli im Mittelland vom Kanton Waadt

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bis nach Zürich. Die Schweizerische Hagelversicherung rechnete mit rund 2.5 Mio. CHF Schäden. Erneuter Hagelschlag am Abend des 30. Juli beschädigte in der Region Basel rund 1500 Fahrzeuge. In der Nacht auf den 31. Juli stürzten infolge eines Sturmes mehrere Bäume um. In Bönigen BE traf ein solcher ein Zelt, in dem eine Familie aus Lettland übernachtete. Ein Mädchen wurde dabei getötet. In der Nacht vom 1. auf den 2. August zog ein Hagelsturm eine Schneise der Verwüstung durch den Norden des Kantons Zürich: Bäume wurden umgeknickt, Ziegel von Dächern gefegt sowie Ackerkulturen, Weinreben und Autos durch Hagel stark beschädigt. Am 1. August zerstörte Hagel zudem viele Reben in der Region von Conthey VS. Am Nachmittag des 9. September sind in Saas-Grund VS aufgrund einer drohenden Eislawine beim Triftgletscher mehr als hundert Personen aus ihren Häusern evakuiert worden. In der Nacht auf den 11. September stürzte der Gletscher dann ab, ohne jedoch Schäden zu verursachen. Ein Sturmtief zog am 12. November knapp nördlich der Schweiz ostwärts und verursachte in den Kantonen Freiburg (La

Broye), Ob- und Nidwalden, Bern, Aargau, Basel-Landschaft und St. Gallen diverse Sturmschäden. Bauabschrankungen wurden mitgerissen, Dächer abgedeckt, Bäume umgerissen und Boote beschädigt. In der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember forderte das Sturmtief «Zubin» ein Todesopfer: In der Nähe von Riehen BS wurde eine Frau direkt an der Landesgrenze auf deutschem Boden von einem umgefallenen Baum in einer Jurte erschlagen.

Hilker, N., Jeisy, M., Badoux, A., Hegg, C. (2007): Unwetterschäden in der Schweiz im Jahre 2005. «Wasser Energie Luft», 99. Jg., Heft 1: 31–41. Kanton Aargau (2017a): Hochwasserstatistik. Stationsnr. FG_0337 Uerke-Holziken. Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Landschaft und Gewässer. http://hydroftp.ag.ch/ hydrometrie/stats/FG/Q_Stats_FG_0337.pdf (Zugriff, 16.01.2018). Kanton Aargau (2017b): Faktenblatt. Unwetterereignis 8. Juli 2017, Raum Zofingen und Uerketal. Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Landschaft und Gewässer, Wasserbau, 26. Juli 2017. https://www.ag.ch/de/bvu/

Danksagung

umwelt_natur_landschaft/hochwasserschutz/

Wir danken dem Bundesamt für Umwelt, BAFU,

hochwasserschutzmassnahmen/ereignisbe-

für die langjährige und massgebliche Unterstüt-

richt/ereignisbericht_1.jsp (Zugriff, 15.01.2018).

zung bei der Erfassung der Unwetterschäden

MeteoSchweiz (2018): Klimabulletin Jahr 2017,

und Bettina Matti für die wertvollen Kommen-

Zürich.

tare zum Manuskript.

MeteoSchweiz (2017): Das monatliche Klimabulletin der MeteoSchweiz (Monate Januar bis Dezember), Zürich.

Literatur Hegg, C., Badoux, A., Bassi, A., Schmid, F. (2001): Unwetterschäden in der Schweiz im Jahre 2000. «Wasser Energie Luft», 93. Jg, Heft

Anschrift der Verfasser:

5/6: 117–129.

Norina Andres, Dr. Alexandre Badoux

Hilker, N., Badoux, A., Hegg, C. (2008): Un-

Eidg. Forschungsanstalt WSL

wetterschäden in der Schweiz im Jahre 2007.

Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf

«Wasser Energie Luft», 100. Jg, Heft 2: 115–123.

norina.andres@wsl.ch

Die nächste Ausgabe von «Wasser Energie Luft» erscheint am Donnerstag, 14. Juni 2018

Foto: MMi

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Nachrichten Informationen aus der Wasser- und Energiewirtschaft

P ol iti k Politi UREK-N: Strategische Energieinfrastrukturen sollen in Schweizer Händen bleiben. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates will verhindern, dass ausländische Investoren schweizerische Energieanlagen oder -netze frei erwerben können. Die parlamentarische Initiative Badran 16.498 verlangt, dass die strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft, namentlich die Wasserkraftwerke, die Stromnetze und die Gasnetze, dem Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller) unterstellt werden. Sie will damit verhindern, dass ausländische Unternehmen oder Staaten Infrastrukturen, die für das reibungslose Funktionieren der Schweiz wesentlich sind, frei erwerben können oder dass sie potenzielle inländische Investoren verdrängen. Die Kommission findet es angebracht, Überlegungen anzustellen darüber, welche Gefahr eine ausländische Übernahme der für die Energieversorgung der Schweiz zentralen Infrastrukturen darstellen könnte. In ihren Augen sollte zunächst die aktuelle Situation analysiert und geprüft werden, mit welchen rechtlichen Instrumenten sich die Schweiz gegen unerwünschte ausländische Investitionen schützen kann. Es stelle sich die Frage, ob die Lex Koller, die in erster Linie den Verkauf von Grundeigentum – insbesondere von Wohneigentum – an Personen im Ausland regelt, tatsächlich das geeignete Mittel ist, um beispielsweise für die Veräusserung von Netzen, die dem Transport und der Verteilung von Energie dienen, eine Bewilligungspflicht einzuführen. Gegebenenfalls sollte auch überprüft werden, ob die verschiedenen von der Initiative betroffenen Infrastrukturen nicht auch unterschiedlich geschützt werden sollten. Die Kommission beantragt mit 13 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung, dieser Initiative, die noch von der Schwesterkommission vorgeprüft werden muss, Folge zu geben.

Die Kommission hat am 22./23. Januar und am 19./20. Februar 2018 unter dem neuen Vorsitz von Nationalrat Roger Nordmann (S, VD) und teils in Anwesenheit von Bundesrätin Doris Leuthard in Bern getagt. (UREK-N)

UREK-S: Investitionen im Strommarkt sichern Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates will bessere Anreize für Investitionen in die einheimische Stromproduktion. Die Kommission hat an ihrer ersten Sitzung des Jahres einstimmig beschlossen, eine Kommissionsmotion für den langfristigen Erhalt von Schweizer Stromproduktionsanlagen einzureichen (18.3000). Im Zusammenhang mit der bevorstehenden Revision des Stromversorgungsgesetzes (StromVG) beauftragt die Kommission den Bundesrat, Vorschläge zu unterbreiten, damit Anreize für die Investition und Reinvestition in die einheimische Stromproduktion geschaffen werden können. Ausgenommen davon ist die Produktion aus Kernenergie. Darüber hinaus soll die Ausgestaltung technologieneutral und auf Basis von Marktmechanismen erfolgen. Die Kommission hat am 11. und 12. Januar 2018 unter dem Vorsitz von Ständerat Roland Eberle (V/TG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrätin Doris Leuthard in Bern getagt (UREK-S)

Was s e r kr af tnut zung Beginn der Sanierungsarbeiten an den Nebenanlagen Staumauer Zervreila Nach jahrelangen Vorbereitungen ist es nun soweit. Im Februar 2018 starteten die eigentlichen Arbeiten zur Sanierung der Nebenanlagen der Staumauer Zervreila. Nach 60 Jahren Betrieb sind, aus Gründen der Sicherheit, umfangreiche Instandhaltungsmassnahmen notwendig. Die Kraftwerke Zervreila AG (KWZ) saniert bis Juni 2019 die Nebenanlagen der Staumauer Zervreila im Valsertal. Die Stau-

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mauer wurde 1958 in Betrieb genommen, ist 151 m hoch, verfügt über eine Kronenlänge von 504 m und fasst 100 Mio. m3 Wasser. Nach 60 Jahren im Einsatz, müssen verschiedene Anlagenteile saniert und erneuert werden. Es handelt sich dabei um den Grundablass und den Dotierauslass – beides sicherheitsrelevante Einrichtungen der Staumauer. Ebenfalls saniert wird die Druckleitung inklusive Absperrorgane.

Staumauer Zervreila. Um die eigentlichen Sanierungsarbeiten durchführen zu können, wird der Seespiegel bis anfang Februar auf ein Minimalvolumen gesenkt. Der Seestand liegt dann auf 1736 m ü. M. und der See wird als leer wahrgenommen. Um das Ausschwemmen von Sedimenten in den Rhein zu verhindern, wird der See über den Dotierauslass und nicht über den Grundablass gesenkt. Wasser und Sedimente gelangten so in das Ausgleichsbecken, welches nun als Absatzbecken für die Sedimente dient. Später, wenn die Bedingungen günstig sind und genug Wasser vorhanden ist, werden die Sedimente schliesslich gespült. 75


Nachrichten

Neben ökologischen mussten vor der Sanierung auch logistische Fragen beantwortet werden. Die Arbeiten müssen im Winter bei kleinen Zuflüssen durchgeführt werden. Weil die Baustelle aber auf 1860 m ü. M. liegt, erforderte dies eine sorgfältige Planung und Vorbereitung. Neben einem Baukran, der im Oktober 2017 auf der Staumauer errichtet wurde, musste eine grosse Menge Material und Gerätschaften schon vorgängig zum Bauplatz gebracht werden. Die Zufahrt zu einer so hoch gelegenen Baustelle ist für Lastwagen und Transportfahrzeuge im Winter nicht ohne weiteres möglich. Um die Arbeiten im und am Wasser durchführen zu können, wurden schwimmende Plattformen (sogenannte Pontons) im Stauraum installiert. Auf einem solchen Ponton steht ein 25 t schwerer Saugbagger, der Sedimente im Bereich des Grundablasses absaugt. Dies ermöglicht Tauchern die Montage eines röhrenförmigen Zapfens am Einlauf des Grundablasses, um diesen zu verschliessen. Nach der Montage des Zapfens muss er unter Wasser mit Beton ausgegossen werden. Erst wenn der Einlauf zum Grundablass derart verschlossen ist, können die Sanierungsarbeiten vorgenommen werden. Aufgrund äusserer Einflüsse wie Schnee, Temperaturstürzen, Eisbildung auf dem See oder Lawinenrisiko kann es zur zeitweiligen Einstellung der Bauarbeiten kommen. Auch an die Arbeitssicherheit stellt eine solche Baustelle extreme Anforderungen. Sobald der Grundablasseinlauf verschlossen ist, können der Grundablassstollen entleert und die Sanierungsarbeiten durchgeführt werden. Die Bauteile werden ausgebaut und im Werk revidiert oder erneuert. Vorort wird der Stollen ausgebessert und der Korrosionsschutz der Panzerstrecke erneuert. Parallel dazu werden die Druckleitung und die Absperrorgane saniert oder erneuert. Sind die Bestandteile des Grundablasses komplett remontiert und ist die Anlage wieder in Betrieb, wird der Deckel über dem Einlauf durch Taucher entfernt. Für die Arbeiten im 2018 hat KWZ rund vier Monate veranschlagt. Voraussichtlich ab Juni 2018 wird der See wieder aufgestaut. Damit die Arbeiten am Dotierauslass durchgeführt werden können, wird im März 2019 der See wieder auf 1750 m ü. M. abgelassen. Bei plangemässem Ablauf werden die Arbeiten im Juni 2019 abgeschlossen sein. Die Anlagen werden dann in den Normalbetrieb übergehen. Auf der Homepage der KWZ kann ein Flyer mit Detailinformationen eingesehen und 76

heruntergeladen werden (http://www.kwz. ch/projekte/staumauer-zervreila/) (KWZ)

EKW Kraftwerk Ova Spin nach Lawinenniedergang wieder am Netz Ende Januar 2018 hatte eine grosse Lawine an der Ofenbergstrasse oberhalb von Zernez einen Hochspannungsmast zerstört. Das Kraftwerk Ova Spin der Engadiner Kraftwerke AG (EKW) war seither nicht mehr mit dem Hochspannungsnetz verbunden und musste seinen Betrieb einstellen. Zur Vermeidung grosser Energieverluste wurde als provisorische Lösung ein flexibel einsetzbarer Notmast aufgestellt. Als erstes musste dazu der umgestürzte Hochspannungsmast zerlegt und mit dem Helikopter abtransportiert werden. Danach lieferten zwei Sattelschlepper die Einzelteile des provisorischen Notmastes an, die in Zernez zwischengelagert und mit einem speziellen Schwerlasthelikopter zum Bestimmungsort geflogen und montiert wurden. Für diese Arbeiten standen bis zu 15 Mitarbeitende verschiedener Firmen im Einsatz. Der fertige Notmast ist 57 Meter hoch und wiegt 25 Tonnen. Ende Februar 2018 konnten die Hochspannungsleitungen und die beiden Maschinen im Kraftwerk Ova Spin wieder in Betrieb genommen werden. Die Engadiner Kraftwerke werden nun gemeinsam mit der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid eine möglichst lawinensichere Lösung für den definitiven Ersatz des zerstörten Hochspannungsmastes suchen. (EKW)

Ve r anstaltunge n

Powertage 2018: Diskussionsplattform für die Zukunft der Energieversorgung Schweiz Mit der Annahme des totalrevidierten Energiegesetzes durch das Schweizer Stimmvolk, ist die Grundlage für eine nachhaltige Energieversorgung in der Schweiz geschaffen. Die Trends zur Digitalisierung und zur Dezentralisierung erfordern frühzeitig strategische Entscheide, um die Unternehmenszukunft aktiv mitzugestalten. Die Powertage vom 5. bis 7. Juni 2018 bieten konkrete Lösungsansätze und ermöglicht es den

Besuchern sich auf den neusten Stand zu bringen. Die Powertage werden bereits zum achten Mal in der Messe Zürich durchgeführt. Das erfolgreiche Veranstaltungskonzept mit seinem Mix aus Fachvorträgen, Austausch und Firmenpräsentationen unterstützt die Vernetzung und fördert den Dialog unter den Akteuren. Der Branchentreffpunkt der Schweizer Stromwirtschaft bietet einen umfassenden Überblick über technische Trends und die aktuellen unternehmerischen Herausforderungen. Durch ihre Marktnähe bilden die Powertage den aktuellen Stand der Branche ideal ab. Daher wird das Ausstellungsprogramm aktuell mit den Schwerpunkten Digitalisierung, Netzkonvergenz, Energieeffizienz sowie Finanzierung ergänzt, besucherseitig wenden sich die Powertage neu auch verstärkt an ICT-Spezialisten sowie Stadtund Arealentwickler. Das Interesse bei den Ausstellern ist beachtlich, drei Monate vor der Veranstaltung haben bereits 130 Firmen ihre Teilnahme zugesagt. Starke Partner Die Powertage werden vom Bundesamt für Energie (BFE) sowie von namhaften Branchenverbänden unterstützt. Dazu zählen der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband (SWV), der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), Electrosuisse (Verband für Elektro-, Energie- und Informationstechnik), sowie swissmig, der Verein Smart-Grid-Industrie-Schweiz. Attraktives Forumsprogramm Die Schlüsselthemen wie Digitalisierung, Dezentralisierung, Konvergenz der Netze sowie Eigenverbrauch prägen auch die Referatsreihen des Powertage Forums. Jeweils am Vormittag referieren Spezialisten aus der Energiewirtschaft, den Bundesbehörden und der Politik zum aktuellen Programmpunkt. Dienstag, 5. Juni 2018: Patronat Electrosuisse Tagesthema: Big-Data, Smart-Grid Tagungsleiter: Armin Bold, Mitglied ETG Vorstand • Utility 4.0 & Big Data – Hype mit grossen Gefahren und Unbekannten oder wirklicher Nutzen für die Branche und Kunden? Prof. Dr. Reinhard Riedl, Berner Fachhochschule • Mehr Züge bei geringerem Stromverbrauch – Big Data und Analytics, Jochen Decker, SBB • IOT (Internet of Things) / Big Data im Verteilnetz. Dieter Maurer, Siemens • Vom Sensor zum Nutzen ins Asset Management. Mehr kosteneffizienz

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3-Tages-Packages Ausstellungseintritt

Infos

durch messdatenbasiertes Asset Management im Verteilnetz. Dr. Andreas Ulbig, adaptricity Mittwoch, 6. Juni 2018 Patronat VSE Tagesthema: Neue Märkte – neue Chancen Tagungsleitung: Claudia Egli, Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE • Die Branche zwischen Energiezukunft und energiepolitischer Realität. Michael Wider / Michael Frank VSE • Order now! Pascal Previdoli, BFE • Energiediskurse in der Schweiz Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach, ZHAW ZürcherHochschule für Angewandte Wissenschaften • Sektorkopplungen als Schlüssel. Hans-Kaspar Scherrer, IB Aarau • Auf dem Weg zu einer Data Policy. Stéphane Henry, Romande Energie SA Donnerstag, 7. Juni 2018 Patronat SWV Tagesthema: Kraftwerk Schweiz Tagungsleitung: Roman Derungs, SWV Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband • Sanity Check – für die Schweizer Grosswasserkraft Prof. Dr. Karl Frauendorfer, HSG • Kleinwasserkraft – Klein aber fein, auch noch morgen? Martin Bölli, Swiss Small Hydro • Flexibilität – die Zukunft der Produktion und was die Technik heute bereits kann! Dr. Alexander Schwery, GE Renewable Energy GmbH • Digital – Das Zusammenspiel verschiedener, traditioneller und neuer Stakeholder und Technologien im System – Herausforderungen und Chancen. Dr. Christian Zaugg, ALPIQ AG Powertage fördert gezielt Startups Durch die Teilliberalisierung entstehen neue Geschäfts- und Marktmodelle. Startups aus der Energiebranche stellen diese im neuen Ausstellungsformat «xplor» vor

und erhalten die Möglichkeit sich mit der etablierten Industrie auszutauschen. Alle teilnehmenden Startups sind automatisch für den xplor-Startup Award 2018 nominiert, der am Dienstag, 5. Juni 2018 durch eine Fachjury verliehen wird. Mehr Informationen: www.xplor.ch

Age nda Olten 20.03.2018 KOHS-Wasserbautagung 2018: Geschiebehaushalt im 21. Jahrhundert (d/f) Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV. Weitere Informationen und Anmeldung: www.swv.ch

Landquart 21.03.2018 Vortragsreihe Rheinverband 3/2018: Pumpspeicherwerk Lagobianco (d) Rheinverband (RhV). Teilnahme für Mitglieder und Interesierte. Weitere Informationen: www.rheinverband.ch Wädenswil 23.03.2018 Zertifikatslehrgang (CAS) Phytobenthos: Wasserpflanzen und Algen (d) ZHAW, zusammen mit hepia. Modularer CAS-Lehrgang mit insgesamt 21 Kurstagen über 18 Monate. Weitere Informationen: www.weiterbildung.zhaw.ch Landquart 18.04.2018 Vortragsreihe Rheinverband 4/2018: Speicherseen und Hochwasserrückhalt am Alpenrhein (d) Rheinverband (RhV). Teilnahme für Mitglieder und Interessierte. Weitere Informationen: www.rheinverband.ch

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Lausanne 2.05.2018 Prévision hydrologique pour l’hydroélectricité: quelle utilité et quelles perspectives? Conférence finale du projet de recherche OPT-HE sur la prévision hydrologique opérationnelle. Informations et inscription: http://lch.epfl.ch; info@hydrique.ch Lustenau (A) 25.05.2018 Generalversammlung Rheinverband: mit Jubiläumsanlass 100 Jahre Rheinverband (d) Rheinvervand (RhV). Teilnahme für Mitglieder und Gäste. Weitere Informationen: www.rheinverband.ch Kembs (F) 6.6.2018 100. Generalversammlung Verband Aare-Rheinwerke: Besichtigung Kraftwerk Kembs (d) Verband Aare-Rheinwerke (VAR). Teilnahme für Mitglieder. Weitere Informationen: www.aare-rheinwerke.ch Zürich 7.6.2018 Forum Powertage 2018: Kraftwerk Schweiz - Referate und Austellung rund um die Wasserkraft (d) Powertage, mit Unterstützung SWV. Bitte Termin reservieren. Weitere Informationen: www.powertage.ch Lostallo 13.6.2018 103ma Assamblea generale ATEA: Visita allo stabilimento Swiss Lachs Mesolcina (i) Associazione Ticinese di Economia delle Acque (ATEA). Teilnahme für Mitglieder. Weitere Informationen: www.atea-ti.ch/ Wislikofen 14./15.6.2018 KOHS-Weiterbildungskurs 5.1: Zeitgenmässe Entwicklung von Wasserbauprojekten (d) Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV zusammen mit dem BAFU. Weitere Informationen und Anmeldung: www.swv.ch Disentis 6./7.9.2018 Wasserwirtschaftstagung mit 107. Hauptversammlung SWV: Wasserkraft jenseits der Stromproduktion (d/f) SWV. Hauptversammlung mit begleitender Tagung und Exkursion. Bitte Termin reservieren: www.swv.ch

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Dauer Ort Veranstalter Öffnungszeiten Forum Öffnungszeiten Messe Forumseintritt

Powertage 2018 5. bis 7. Juni 2018 Messe Zürich, Hallen 5, 6 und 7 MCH Messe Schweiz (Basel) AG Dienstag bis Donnerstag 09.00 bis 11.30 Uhr Dienstag bis Donnerstag 10.00 bis 17.00 Uhr Onlineregistration CHF 85.– vor Ort Registration CHF 95.– nur Onlineregistration möglich CHF 245.– ab 10.00 Uhr: Onlineregistration CHF 50.– vor Ort Registration CHF 55.– ab 13.30 Uhr: Onlineregistration CHF 25.– Vor Ort Registration CHF 30.Interessierte Besucher können Eintritte für die Powertage ab April über den Ticketshop kaufen. www.powertage.ch / info@powertage.ch


Nachrichten

Montreux 26./27.9.2018 Talsperrentagung STK 2018: Stauraum und Umgebung (d/f) Schweizerisches Talsperrenkomitee (STK). Bitte Termin reservieren. Weitere Informationen: www.swissdams.ch Ort: noch offen 8.11.2018 Vorankündigung: Thurtagung – Ein Fluss verbindet – die Thur und ihr Einzugsgebiet. Eine Zwischenbilanz zur SäntisCharta. Die Thurtagung findet unter dem Patronat des Bundesamts für Umwelt BAFU in Zusammenarbeit mit den Kantonen Appenzell Ausserroden, Appenzell Innerroden, St. Gallen, Thurgau und Zürich statt. Weitere Informationen Anna Belser, Bundesamt für Umwelt BAFU, Abt. Gefahrenprävention, Sektion Hochwasserschutz; anna.belser@bafu.admin.ch. Olten 13.11.2018 Hydrosuisse-Fachtagung Wasserkraft 2018: Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserkraftwerken VII (d/f) Kommission Hydrosuisse des SWV. Bitte Termin reservieren. Weitere Informationen: www.swv.ch

L ite i te r atur • Die Themen der «Wasserwirtschaft» 2–4/2018 • Seeforelle im Kanton Bern – Wanderkorridore und Monitoring Karin Gafner, Matthias Meyer • eDNA – Einführung in Methodik, Stand der Technik und Ausblick für alpine Gewässer Michael A. Miller • Genetische Analysen von Fischbeständen: Populationsgenetik und eDNA Steven Weiss, Kristy Deiner, Jeffrey A. Tuhtan, Clemens Gumpinger, Martin Schletterer • Quantifizierung von Fischbeständen mittels eDNA in alpinen Fliessgewässern Bettina Thalinger, Daniela Sint, Christiane Zeisler, Dominik Kirschner, Richard Schwarzenberger, Christian Moritz, Michael Traugott • Anwendung der Genetik im aquatischen Artenschutz: Fokus Marmorierte Forelle Andreas Meraner, Andrea Gandolfi

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Lebensraumqualität von Fliessgewässern: morphologische oder hydraulische Indizes? Walter Gostner, Matteo Paternolli Ein Fisch ist kein Punkt: Analyse von Strömungssignaturen Jeffrey A. Tuhtan, Juan Fran FuentesPerez, Gert Toming, Matthias Schneider, Martin Schletterer Auswirkung seitlicher Spundwände auf die Hydraulik von Schlitzpässen Peter Oberle, Tim Kerlin, Mark Musall, Franz Nestmann Ökologische Massnahmen zum Schutz der Fischpopulation Walter Reckendorfer, Georg Loy, Rene Tezzele, Roland Schmalfuss, Clemens Ratschan, Gerd Frik Fischschonende Pumpen in Schöpfwerken Oliver-D. Finch, Jeroen Huisman, Christine Lecour, Peter Paul Schollema Hydroakustische Erfassung submerser aquatischer Vegetation am Beispiel des Kemnader Sees (Ruhr) Marc Schmidt, Yvonne Banschus, Manuel Langkau, Andreas Hussner, Petra Podraza Modelltechnische Untersuchungen im Rahmen des Projekts «Erneuerung Kraftwerk Töging» Josef Schneider, Gabriele Harb, Shervin Shahriari Teildurchgängige Geschiebesammler für sicheren Rückhalt Sebastian Schwindt, Mário J. Franca. Anton J. Schleiss Sicherheit mittlerer und kleiner Talsperren Albrecht Köhler, Antje Bornschein, Reinhard Pohl Implementierung innovativer Wasserförder- und -verteilkonzepte in einer Gebirgsregion im Norden Vietnams Peter Oberle, Daniel Stoffel, David Walter, Georg Kahles, Katrin Riester, Franz Nestmann Das Potenzial des Strahlwirkungskonzepts in Fliessgewässern bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie Sabine Assmann Konzept der hydromorphologischenökologischen Aue Harald Grote

• Die Themen der «ÖWAW» 9–12/2017 • Mikrosiebung – Technologie für die energetische Nutzung des Abwassers

Jahn, L., Haslinger, J., Krampe, J., Walder, C., Prösl, A., Lahnsteiner, J. Auslegung eines Trennapparates zur Störstoffabscheidung bei der CoVergärung Senfter, T., Fritsch, L., Eisendle, R., Bockreis, A., Rauch, W., Kraxner, M. Co-Vergärung von mechanisch aufbereitetem Bioabfall – Kosten und Erlöse Jank, A., Ebner, C., Müller, W., Fimml, C., Markt, R., Bockreis, A. Mechanische Abtrennung biogener Reststoffe für die Co-Vergärung Meirer, M., Müller, W., Bockreis, A. Elektrokleingeräte – Von der Sammlung zur Sekundärressource Unger, N., Beigl, P., Salhofer, S. Recyclingpotenzial von gemischtem Gewerbeabfall Wellacher, M., Pomberger, R. Bestandsaufnahme und mögliche Perspektiven der nassmechanischen Aufbereitung von Altkunststoffen für das rohstoffliche Recycling Bauer, M., Lehner, M., Schwabl, D., Flachberger, H., Kranzinger, L., Pomberger, R. Hofer W. Outputorientierte Betrachtung der nassmechanischen Aufbereitung von polyolefinreichen Abfällen für das rohstoffliche Recycling Kranzinger, L., Pomberger, R., Bauer, M., Lehner, M., Schwabl, D., Flachberger, H., Hofer, W. Industrielles Recycling automotiver Kunststoffe – wie entwickelt sich der Polymerwerkstoffkreislauf in der Automobilindustrie? Schönmayr, D. Substitution von seltenerdhaltigen Primärrohstoffen durch in der Produktion anfallenden Polierschlamm Sedlazeck, K. P., Winkler, G., Hiden, S., Pfandl, K., Schwarz, T., Hermann, W., Pomberger, R. Ausgangsbedingungen und Verfahren für das Recycling von Wolframkarbid-Verbundwerkstoffen Ebner, T., Kerschbaumer, C., Kücher, G., Luidold, S., Storf, C., Czettl, C., Wolfe, T., Smith, A. Filtermaterialprüfung: Anwendung der ÖNORM B 2506 Teil 3 für das hochrangige Strassennetz Haile, T.M., Fürhacker, M. (Praxisthema) Schule und Praxis gemeinsam in der Nachwuchsförderung Pfeifer, A.

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Nachrichten

Geschiebe- und Habitatsdynamik – Merkblatt-Sammlung

Publikation: 2017; Hrsg.: Bundesamt für Umwelt BAFU; Reihe: Umwelt-Wissen; Seiten: 85; Sprachen: Deutsch oder Französisch; Nummer: UW-1708-D bzw. UW-1708-F, Download oder Bestellung: www.bafu.admin.ch Beschrieb: Die Publikation ist eine Fortsetzung der Merkblatt-Sammlung «Wasserbau und Ökologie», die im Jahr 2012 erschienen ist (BAFU 2012). Sie fasst die wichtigsten praxisrele-vanten Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt «Geschiebe- und Habitatsdynamik» 2013– 2017 zusammen. Die Themen und Inhalte wurden in einem interdisziplinären und interaktiven Prozess im Rahmen von verschiedenen Teilprojekten erarbeitet. An diesem Prozess beteiligten sich Forschende sowie Fachleute verschiedener Bereiche aus Verwaltung und Interessensverbänden. Die Merkblätter informieren die Leserinnen und Leser über den aktuellen Stand der Forschung sowie deren Anwendung und dienen als Wegweiser zu weiterführender Literatur. (BAFU)

Optimization of low-head hydropower recovery in water supply networks I. Almeida Samora Communication du Laboratoire de constructions hydrauliques – LCH N° 65, EPFL, 2016, 177 Seiten, 20.5 × 14.5 cm. Herausgeber: Prof. A. Schleiss, ISSN 1661-1179, doi: 10.5075/epfl-lchcomm-65. Water supply networks in cities with sloping topography may have a considerable potential for the installation of micro hyd-

ropower plants. Since these water supply networks are complex systems with many constraints, the identification of the best locations for such micro hydropower installations is a difficult task. With her research project, Dr. Irene Samora made a significant contribution for answering the question how the available low-head hydropower can be recovered in an optimized way in such complex water supply networks. As a first original contribution the candidate tested experimentally the performance of a novel micro-turbine, consisting of a five blade tubular propeller (5BTP). The latter is suitable for low-head recovery in water supply pipes. In order to find the optimal locations within the water supply networks for installation of micro-hydropower, Dr. Samora developed a powerful optimization algorithm which considers energy production as well as economic objectives. Finally, Dr. Samora suggests a new method for the evaluation of hydropower potential in water supply networks (WSN). All the developments were tested with several case studies in WSN of four cities in Portugal and in Switzerland. With the analysis of synthetic networks, a first attempt was made to develop empirical relationships for the estimation of possible energy production.

Fluid-structure interaction during hydraulic transients in pressurized pipes: experimental and numerical analyses D. Ferràs Segura Communication du Laboratoire de constructions hydrauliques – LCH N° 66, EPFL, 2016, 259 Seiten, 20.5 × 14.5 cm. Heraus-

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geber: Prof. A. Schleiss, ISSN 1661-1179, doi: 10.5075/epfl-lchcomm-66. Pressurized pipes may be endangered by failure due to excessive hydraulic transients, the so-called waterhammer. These pressure waves are strongly affected by fluid-structure interaction (FSI), unsteady skin friction, dry friction or pipe-wall viscoelasticity. With his research project, Dr. David Ferras made a significant contribution towards the improvement of onedimensional (1D) waterhammer modelling in the time-domain by means of the wellknown method of characteristics. He identified, described and quantified the principal mechanic-hydraulic relationships during hydraulic transients in pressurized pipe flows in view of better design criteria and, consequently, reducing risk of failure. Dr. Ferras has given a new perspective regarding the theoretical background of FSI 1D modelling by means of a novel classification based on pipe degrees-of-freedom and suggesting an original standpoint for tackling FSI problems. Dr. Ferras produced new extensive series of experimental data acquired from several pipe rigs, with different pipe materials and geometries which constitute relevant benchmark data for validating numerical models. The coil «breathing» effect was highlighted by the candidate as the cause of a systematic reduction of the waterhammer wave amplitude which has never been described in literature before. He developed a new model considering fluid-structure interaction mechanisms, unsteady skin friction and dry friction. He has demonstrated the importance of unsteady skin friction when the pipe is fully anchored and the role of dry friction when the pipe is free to move. 79


Nachrichten

In a second approach, Dr. Ferras added internal conditions to the numerical model allowing the description of the pipe anchoring and thrust blocks taking into account their resistance to movement due to the inertia and the dry friction. A novel model was proposed which was proven to be reliable, efficient and accurate in the description of hydraulic transients in straight pipelines for different anchoring conditions.

Replenishment of sediment downstream of dams: erosion and transport processes E. Battisacco

frame of river revitalization measures. Mrs. Elena Battisacco carried out for the first time, systematic physical experiments in a flume in order to study which arrangement of sediment deposits are suitable for recreating morphological variability downstream. Using innovative image processing analysis and measurement techniques, Dr. Battisacco could give new recommendations regarding the placement of the artificial gravel deposits and the required discharge to mobilize them, with the purpose that the deposits can recreate morphological bed forms when transported in the river reach downstream. Also for the first time, the influence of the hydrograph of the artificial flood on the transport mechanism of the replenishment deposits was studied systematically. With her research, Dr. Battisacco could give a new insight on the replenishment technique in general and on the erosion and transportation mechanism of artificial deposits placed in different arrangements in a river downstream of dams in particular.

Development of a methodology for extreme flood estimations in alpine catchments for the verification of dam safety. F. Zeimetz

Communication du Laboratoire de constructions hydrauliques – LCH N° 67, EPFL, 2016, 268 Seiten, 20.5 × 14.5 cm. Herausgeber: Prof. A. Schleiss, ISSN 1661-1179, doi: 10.5075/epfl-lchcomm-67. Large dams in Alpine valleys retain most of the sediments, especially coarse material, which is deposited in the delta of the reservoirs. The common sediment evacuation measures allow to flush only the fine sediments for example by turbidity current venting. Since the steep rivers below alpine dams are situated in coarse alluvial containing glacial material, their bed armors when the supply of bed load is interrupted. Spawning grounds for fish reproduction, which require appropriate bed forms, are consequently becoming rare. This can be mitigated by the replenishment of adequate gravel material downstream of large dam combined with artificial flood release for mobilizing these deposits. According to the revised Swiss Water Protection Act, flow and sediment transport regime have to be restored downstream of dams in the 80

Communication du Laboratoire de constructions hydrauliques – LCH N° 68, EPFL, 2017, 306 Seiten, 20.5 × 14.5 cm. Herausgeber: Prof. A. Schleiss, ISSN 1661-1179, doi: 10.5075/epfl-lchcomm-68 Dams are critical infrastructures which may be endangered by natural hazards as extreme foods. The water release structures especially the spillways must be designed in such a way that they can ensure the

safe passage of extreme floods. Uncontrolled overtopping of the dam cannot be accepted since it may result in its failure. The estimation of the design and the safety flood to take into account for the determination of the spillway capacity is a complex and difficult task in alpine regions. Dr. Fränz Zeimetz proposes a new and validated methodology for the estimation of extreme floods in alpine catchment based on several scientific developments which could close some relevant gaps of knowledge. The first question addressed by Dr. Zeimetz concerns the temporal rainfall distribution based on the existing Swiss PMP maps. The candidate could show by a comprehensive analysis that a unique rainfall mass curve (RMC) can be adopted for the entire territory of Switzerland. Another open question is the temperature gradient in the atmosphere to take to into account for extreme flood simulations. Regarding a coherent combination of temperature and extreme precipitations, Dr. Zeimetz could develop linear relations between the duration of the precipitation event and the zero-degree isothermal altitude. When using hydrological modelling, the influence of the initial conditions for extreme flood simulations has to be assessed. Based on an extensive analysis of the model state variables, Dr. Zeimetz could develop methodological recommendations for the choice of the initial conditions for extreme flood simulations. Furthermore, he could define the maximum admissible area of the catchment area for which the PMP events derived from the Swiss PMP maps can be still applied. Dr. Zeimetz could also show that the combination of the simulation results with the approach of upper bounded statistical extrapolations has the advantage that the sample sensitivity can be reduced and that the plausibility of the extrapolations is enhanced compared to conventional statistical distributions. Finally, Dr. Zeimetz could formulate a new holistic methodology for extreme flood estimations which he illustrated with three application examples. Based on the PMPPMF approach the methodology allows to estimate extreme flood hydrographs using hydrological simulation and to attribute a return period to the simulated peak discharge using deterministically determined upper discharge limit.

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Sanierungen unter Wasser TAF Taucharbeiten AG – Im konstruktiven Unterwasserbau führen die Fachleute des Unternehmens mit Spezialausrüstungen alle Arbeiten an Ufern, Mauern und Bauwerken in fliessenden oder stehenden Gewässern, in technischen Anlagen, kontaminierten Gewässern oder anderen Flüssigkeiten aus. Bei Sanierungen von Ufermauern stehen wir mit Gewebeschalungen oder Gewebecontainern im Einsatz. Für Beton undurchlässig, schützen sie diesen während der Aushärtungsphase vor Auswaschungen. Gewebeschalungen haben viele Vorteile, unter anderem sind sie kostengünstiger als andere Lösungen und in ihrer Form sehr anpassungsfähig. Mehr Infos unter www.gewetec.ch Eine unserer wichtigsten Maschinen ist der Amphimaster: Im Wasser schwimmt er, an Land fährt er mittels Raupen und ohne den Boden zu beschädigen. Für Ihre Aufträge in Sumpfgebieten, im Schlamm, Schilf oder Seegras verfügt die Multifunktionsmaschine über Schneideeinrichtungen, Rechen, Schlammsauggerät und eine Baggereinheit. So können wir Arbeiten dort erledigen, wo herkömmliche Maschinen gar erst nicht hingelangen. Weitere Informationen: TAF Taucharbeiten AG Südstrasse 21, CH-3250 Lyss Tel. +41 (0)32 392 73 20 Fax +41 (0)32 392 73 21 info@taf-taucharbeiten.ch www.taf-taucharbeiten.ch

Nachrichten

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Ufermauer vor Sanierung.

Ufermauer nach Sanierung.

Amphimaster bei Schilfschneidearbeiten.

Amphimaster bei Absaugarbeiten.

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Stellenangebot

Unsere Auftraggeberin zählt zu den führenden Schweizer Dienstleistungsunternehmen auf dem Gebiet des Bauingenieurwesens. Öffentliche und private Auftraggeber verlassen sich auf die Fachkompetenz und Zuverlässigkeit dieses leistungsstarken Projektpartners. Im Rahmen einer Nachfolgeplanung suchen wir für die Geschäftsstelle in der Ostschweiz eine/n führungserfahrene/n

Fachbereichsleiter/in Wasserbau und Siedlungsentwässerung Die Hauptaufgaben Sie sind ergebnisverantwortlich für Ihren Fachbereich und führen die Ihnen unterstellten Projektleiter in personeller und fachlicher Hinsicht. Nebst diesen Organisations- und Führungsaufgaben betreuen Sie Aufträge, Mandate und Projekte mit Schwerpunkt Wasserbau, Hochwasserschutz, Siedlungsentwässerung von der Konzeption bis zur Realisierung. Als Bereichsleiter vertreten Sie das Unternehmen gegen aussen, pflegen Kundenkontakte und akquirieren Aufträge. Zudem befassen Sie sich mit der strategischen Weiterentwicklung des Fachbereichs. Das Anforderungsprofil Vorausgesetzt wird ein Studium als Bau- oder Umweltingenieur/in mit Vertiefung im Fachbereich Wasserbau/Siedlungsentwässerung sowie mehrjährige Praxis in der Projektleitung. Kenntnisse der CH-Baunormen sind zwingend. In persönlicher Hinsicht überzeugen Sie durch Ihre Führungsqualitäten und eine teamorientierte Arbeitsweise. Sie sind kontaktfreudig und besitzen Verhandlungsgeschick. Anspruchsvolle Situationen kennen Sie aus Ihrer beruflichen Vergangenheit und gehen konstruktiv damit um. Das Angebot Eine Kaderposition mit Entwicklungsperspektiven. Das erfolgreiche, etablierte Unternehmen bietet Ihnen beste Rahmenbedingungen für Ihre langfristige berufliche Zukunft. Die Projekte sind anspruchsvoll und Sie haben entsprechenden Handlungsspielraum. Eine gründliche Einarbeitung ist gewährleistet und ein motiviertes Spezialisten-Team freut sich auf Sie. Ihre Kontaktperson Pietro Volpe freut sich auf Ihre Bewerbung (p.volpe@job-online.ch). Für Diskretion und Kompetenz bürgt unser Name.

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Impressum «Wasser Energie Luft» Schweizerische Fachzeitschrift für Wasserrecht, Wasserbau, Wasserkraftnutzung, Gewässerschutz, Wasserversorgung, Bewässerung und Entwässerung, Seenregulierung, Hochwasserschutz, Binnenschifffahrt, Energiewirtschaft, Lufthygiene. / Revue suisse spécialisée traitant de la législation sur l’utilisation des eaux, des constructions hydrauliques, de la mise en valeur des forces hydrauliques, de la protection des eaux, de l’irrigation et du drainage, de la régularisation de lacs, des corrections de cours d’eau et des endiguements de torrents, de la navigation intérieure, de l’économie énergétique et de l’hygiène de l’air. Gegründet 1908. Vor 1976 «Wasser- und Energiewirtschaft». / Fondée 1908. Avant 1976 «Cours d’eau et énergie». Redaktion Roger Pfammatter (Pfa) Direktor des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV)

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«Wasser Energie Luft» ist offizielles Organ des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) und seiner Gruppen: Associazione Ticinese di Economia delle Acque, Verband Aare-Rheinwerke, Rheinverband und des Schweizerischen Talsperrenkomitees. Die publizierten Beiträge geben die Meinung der jeweiligen Autoren wieder. Diese muss sich nicht mit derjenigen der Redaktion oder der Verbände decken. Druck/Lektorat Binkert Buag AG Baslerstrasse 15 · CH-5080 Laufenburg Tel. +41 62 869 74 74 · Fax +41 62 869 74 80 «Wasser Energie Luft» wird mit Strom aus 100% Wasserkraft produziert und auf FSC-Papier gedruckt.

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Sichere Versorgung dank Schweizer Wasserkraft

Wasserkraft als Rückgrat unserer Stromversorgung: Schweizer Wasserkraft trägt rund 60 % zur einheimischen Stromproduktion bei und spielt somit für die Umsetzbarkeit der Energiestrategie 2050 eine zentrale Rolle. Wasserkraft als regionaler Wirtschaftsmotor: Die Wertschöpfung erfolgt in der Schweiz. Sie wirkt der Abwanderung in Bergregionen entgegen und sichert lokal Arbeitsplätze. Wasserkraft als Tourismusattraktion: Stauseen und Wasserkraftwerke bieten Erholungsgebiete in einmaligen Gebirgs- und Flusslandschaften. Wasserkraft als Energie der Schweiz: Wasserkraft ist unser wichtigster einheimischer Rohstoff – er ist erneuerbar, klimaschonend, flexibel einsetzbar und auch zukünftig verfügbar.

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«Wasser Energie Luft» – 110. 109. Jahrgang, Jahrgang, 2018, 2017, Heft 1, CH-5401 Baden


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