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Streichwehr beim Kraftwerk Windisch an der Reuss, Foto R. Pfammatter
22. September 2011
· Ultra-Niederdruck-Kraftwerke · Das Magdalenen-Hochwasser · Fliessgewässerbewertung · Integrales FlussgebietsManagement «Teil 1»
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II
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Editorial Extreme Ereignisse
Zehntausend Jahre – solange liegt die letzte Eiszeit
Roger Pfammatter Geschäftsführer SWV, Directeur ASAE
zurück. Auf dem Höhepunkt der Vergletscherung lag der Grossteil der Schweiz unter riesigen Eisschichten von Rhone-, Aare- und Rheingletscher. Im Alpenvorland betrug die mittlere Lufttemperatur ca. –3 °C. Menschen waren kaum ansässig und besiedelten erst die nach dem Gletscherrückzug frei werdenden Flächen. Das wissen wir aus den Geschichtsbüchern. Ein solches Mitteleuropa bleibt aber dennoch schwer vorstellbar. Die gleiche riesige Zeitspanne soll für die Bemessung der Hochwassersicherheit von sensiblen Anlagen wie Kernkraftwerken oder Stauanlagen dienen. Konkret: ein Hochwasser, wie es statistisch einmal in zehntausend Jahren zu erwarten ist, darf keinen Schaden anrichten. Dabei geht es nicht nur um den Spitzenabfluss, sondern auch um die begleitenden Prozesse von Geschiebe und Murgängen. Mit den teilweise öffentlich geführten Diskussionen um das AKW Mühleberg hat die Abschätzung solcher Extremereignisse an Brisanz gewonnen. Aber was für Abflüsse und Ereignisse sind denn in einem solchen Zeitabschnitt zu erwarten? «Unmögliche Fragestellung» werden die einen sagen, «mit Modellen und Extremwertstatistik lösbar» die anderen.
Klar ist: die Angabe einer Wiederkehrperiode ist bei solchen Zeitspannen nicht zweckmässig und irreführend. In Anlehnung an die Praxis in der Statik ist es verständlicher, beobachtete oder gerechnete Ereignisse mit Sicherheitsfaktoren zu beaufschlagen. Basis bilden dabei die systematischen Pegelmessungen, die allerdings nur gerade für rund ein Jahrhundert vorliegen. Zusätzlich kann man sich theoretischer Modelle zu maximalem Niederschlag, Schnee- und Gletscherschmelze sowie Abflussprozessen bedienen. Und diese wiederum können mit historischen Analysen ergänzt werden (vgl. Artikel zu historischen Hochwassern in WEL 1/2011 bzw. die Analyse zum Magdalenen-Hochwasser von Anno 1342 ab Seite 193 in dieser Ausgabe). Aufzeichnungen von Chronisten können trotz der vielen Unsicherheiten bei der Rekonstruktion der Wasserstände und Abflussmengen wichtige Anhaltspunkte zu früheren Ereignissen geben. Der Blick zurück zeigt, dass wir trotz den schweren Hochwassern von 1999 und 2005 in einer vergleichsweise ereignisarmen Zeit leben und extremere Ereignisse in ihrem Ausmass wohl eher unterschätzen. Da mag als Anhaltspunkt dienen, dass das Hochwasser 2005 als 50- bis 200-jährliches Ereignis eingestuft wurde – weit von einem sehr seltenen Ereignis entfernt.
Événements extrêmes
Dix milliers d’années – le dernier âge de glace. Au plus fort de la période glaciaire, la plus grande partie de la Suisse se trouve sous les énormes couches des glaciers du Rhin, du Rhône et de l’Aar. Dans les Préalpes, la température moyenne de l’air s’élève à –3 °C. Les humains, pour la plupart nomades, s’y établirent que lorsque le retrait des glaciers faisait place aux surfaces libres. Les livres d’histoire nous l’apprennent, mais une Europe centrale telle quelle reste difficilement concevable. Cet énorme laps de temps sert aussi à mesurer la sécurité contre les crues des installations sensibles telles que des centrales nucléaires ou des ouvrages d’accumulation. Concrètement: ces installations doivent résister à une crue décamillénale, non seulement son pic de crue, mais aussi aux processus concomitants tels que les matériaux charriés et laves torrentielles. Les discussions liées à la centrale de Mühleberg ont ouvert la brèche au sujet de l’évaluation de tels événements extrêmes. Mais quels sont les événements et les débits auxquels s’attendre durant ce laps de temps? Les uns diront «impossible d’y répondre», les autres prôneront l’utilisation de modèles et statistiques de valeur extrême. Il est certain que l’indication d’une période de récurrence est déroutante dans de tels cas. Suivant «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
l’exemple de la statique, il serait plus compréhensible de soumettre des événements observés ou calculés à des pondérations. Les mesures systématiques du niveau d’eau forment une base, toutefois uniquement disponible sur un siècle environ. De plus, on peut se servir des modèles théoriques de précipitation maximale, de la fonte des neiges et des glaciers, ainsi que des processus d’écoulement. Ceux-ci peuvent ensuite être complétés par des analyses historiques (cf. article sur les crues historiques paru dans WEL 1/2011, ainsi que l’analyse sur la crue de la Madeleine de l’année 1342 à la page 193 de cette revue). Malgré les nombreuses incertitudes lors de la reconstitution des niveaux d’eau et de débit, les événements historiques sont un point de repère important pour les chroniqueurs. Les analyses historiques montrent que, malgré les inondations de 1999 et de 2005, nous vivons une période relativement pauvre en événements et sousestimons les événements extrêmes de plus grande ampleur. Afin d’évaluer la sécurité des installations sensibles, il est essentiel que la crue de 2005, notamment son pic de crue selon la région, soit considérée comme un événement ayant lieu tous les 50 à 200 ans. III
Inhalt
3l2011
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Neue Konzepte für Ultra-Niederdruck-Kraftwerke Peter Eichenberger, Ivo Scherrer
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Das Magdalenen-Hochwasser von 1342 – der «hydrologische GAU» in Mitteleuropa Eveline Zbinden
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Einbettung von Verfahren zur Fliessgewässerbewertung in ein übergeordnetes Gewässermanagementkonzept Simone D. Langhans, Peter Reichert
215
Integrales Flussgebietsmanagement/ Gestion intégrale de l’espace fluvial «Teil 1» Einführung von Anton Schleiss
216
Erhaltung und Förderung der Biodiversität von Fliessgewässern Maria Alp, Theresa Karpati, Silke Werth, Walter Gostner, Christoph Scheidegger, Armin Peter
224
Lebensraumverbund Fliessgewässer: Die Bedeutung der Vernetzung Silke Werth, Denise Weibel, Maria Alp, Julian Junker, Theresa Karpati, Armin Peter, Christoph Scheidegger
235
Elargissement local de l’affluent dans une zone de confluence – Comportement morphologique et potentiel écologique Marcelo Leite Ribeiro, Koen Blanckaert, Jean-Louis Boillat, Anton Schleiss
IV
185
193
216
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Inhalt
243
3l2011
Remplacement des organes de sécurité au barrage de l’Hongrin Iwan Zurwerra, Pierre Perrottet
243
Nachrichten
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Politik Wasserkraftnutzung Umwelt Rückblick Veranstaltungen Veranstaltungen Agenda Literatur Industriemitteilungen
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Branchen-Adressen
263
Impressum
264
255
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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
V
Wasser als Energiequelle nutzen oder ein bestehendes Gewässer schützen? Wir setzen uns täglich mit dieser Frage auseinander: Das umfassende Wassermanagement ist die Kompetenz des Amtes für Wasser und Abfall der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern. Die Abteilung Wassernutzung ist die Leitstelle für die Interessenabwägung zwischen den wachsenden Ansprüchen der Nutzung und dem Schutz der Ressource Wasser. Durch den zunehmenden Bedarf an erneuerbarer Energie gewinnt die Arbeit der Abteilung Wassernutzung an Bedeutung und wird ausgebaut. Zur Erweiterung des Teams bieten wir zwei befristete Stellen für die Dauer von max. 2 Jahren und eine unbefristete Stelle als Ingenieure/Ingenieurinnen Wasserkraft an (70 – 100 %).
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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Neue Konzepte für Ultra-NiederdruckKraftwerke Peter Eichenberger, Ivo Scherrer
1. Einleitung An Schweizer Mittellandflüssen besteht eine grosse Anzahl an Wehrschwellen, die für den Erosions- und Hochwasserschutz erstellt worden sind und die ein beachtliches, aber ungenutztes Wasserkraftpo-
tenzial enthalten. Die Fallhöhen an diesen Schwellen bewegen sich jedoch im Bereich von 2 m oder weniger und geeignete Maschinengruppen für solche Ultra-Niederdruckanlagen waren bisher nicht verfügbar.
Bild 1. Typische Wehrschwelle in einem Schweizer Mittellandfluss, die für den Erosions- und Grundwasserschutz benötigt wird und ein ungenutztes Wasserkraftpotenzial im Ultraniederdruckbereich unter 3 m Fallhöhe enthält.
Bestrebungen in verschiedenen Nachbarländern der Schweiz haben zu Pilotlösungen für Ultra-Niederdruckanlagen geführt, die jetzt an einzelnen Standorten ausgeführt worden sind und die über einige Monate Betriebserfahrung verfügen. Bis auf wenige Ausnahmen wurde keines dieser neuartigen Konzepte seit längerer Zeit in der Schweiz eingesetzt und betrieben. Die Tauglichkeit dieser Konzepte für die Schweizer Mittellandflüsse wie Thur, Töss, Limmat, Reuss, Emme, usw., die oft Wildfluss-Charakter aufweisen, war bisher nicht bekannt. 2. Evaluierungsprojekt Um die mögliche Anwendung dieser neuen Konzepte für Schweizer Mittellandflüsse zu überprüfen, besuchte die Entegra Wasserkraft AG in den Jahren 2010 und 2011 verschiedene Kraftwerke in Deutschland und Frankreich sowie Anlagen im Versuchsstadium in der Schweiz, welche innovative Ansätze in die Praxis umsetzen. Bei dieser Überprüfung wurden nicht nur energietechnische Aspekte wie Effizienz und Betriebs- und Unterhaltsaufwendungen der neuen Konzepte sondern auch die wasserbaulichen Anforderungen sowie sämtliche Umweltbelange verglichen und bewertet. Dazu wurde ein Kriterienraster gemäss Bild 2 definiert und angewandt.
Bild 2. Kriterienraster für die ganzheitliche Beurteilung der Ultraniederdruck-Konzepte. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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Auf die negativen gewässerökologischen Auswirkungen einer Querschwelle im Gewässer, die für die Wasserkraftnutzung im Niederdruckbereich im Allgemeinen erforderlich ist, wurde bei der vorliegenden Untersuchung nicht eingegangen. Solche negativen Effekte einer Staustrecke an bestehenden Schwellen (herabgesetzte Fliessgeschwindigkeit, Sedimentablagerungen, monotone Gewässerstruktur, usw.) sind sowohl mit wie auch ohne Wasserkraftnutzung vorhanden und beeinflussen die Wahl des Wasserkraftkonzepts nicht. Der Bau von neuen solchen Schwellen im Bereich von 2 m Fallhöhe ausschliesslich für die Wasserkraftnutzung scheitert in der Schweiz in den meisten Fällen sowohl an der schwierigen Bewilligungsfähigkeit als auch an der nicht gegebenen Wirtschaftlichkeit eines solchen Vorhabens. Die Investitionskosten sind nicht direkt als spezifisches Kriterium eingeführt worden, sondern fliessen nur indirekt in die Bewertung ein, und zwar in Form eines Zu- oder Abschlages bei jedem der in Bild 2 aufgeführten Kriterien: erfüllt zum Beispiel ein Konzept den Fischabstieg durch die Maschine nicht, muss nach den neuesten ökologischen Anforderungen zusätzlich ein Fisch-Bypass erstellt werden; dies verteuert die Anlage. In der Bewertung wird dieses Kriterium «Fischabstieg» deshalb als gering bis nicht erfüllt eingestuft, obwohl die Anlage ja mit einem Fischschutz (z.B. Feinrechen vor der Turbine) ausgerüstet sein könnte und damit kaum Fischschäden verursachen würde. Die schlechte Bewertung dieses Umweltthemas ist damit ökonomisch begründet und enthält implizit die Investitionskosten
für Ersatzmassnahmen zugunsten der Längsvernetzung. Für die Beurteilung der oben definierten Kriterien wurden bei der Evaluation der verschiedenen Kraftwerkskonzepte Schulnoten gemäss schweizerischer Praxis mit Note 6 – sehr hoher Erfüllungsgrad bis Note 1 – Kriterium wird nicht erfüllt angewandt. Da für keines der untersuchten Konzepte abschliessende wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen, ist die Evaluation eine subjektive Einschätzung der Autoren. Die Sicht ist jedoch nicht einseitig auf ein einzelnes Kriterium wie z.B. Umwelt oder Maschineneffizienz fixiert, sondern ist die Sicht eines Investors, der das ungenutzte Energiepotenzial an bestehenden Wehrschwellen in Schweizer Mittellandflüssen möglichst umweltgerecht und effizient nutzen will. Dabei stehen die Umweltthemen – auch im Hinblick auf die Bewilligungsfähigkeit eines Projekts – gleichbedeutend neben der Energieausbeute und der Wirtschaftlichkeit der neuen Nutzungskonzepte. 3.
Konzepte mit Leistungspotenzial über 100 kW
3.1 VLH – Very-Low-Head Turbine Das VLH-Konzept besteht aus einer einfach regulierten Kaplanturbine und einem direkt in der Turbinennabe angeordneten Generator. Die Maschine wird in einer beweglichen, überströmbaren Stauklappe integriert, die sowohl in einer Wehrschwelle als auch in einem Kanal eingebaut werden kann. Dieses Konzept wählt aus Umweltschutzgründen tiefe Wassergeschwindigkeiten in der Maschine. Diese wird zwar
Bild 3. Typische Einbausituation des VLH-Konzepts; die Maschine kann zu Revisionszwecken hydraulisch aus dem Wasser gehoben werden.
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entsprechend voluminös, durch eine vollständige Unterwasseranordnung geschieht dies aber nicht zum Nachteil des Landschaftsbildes. Auch kann bei diesen tiefen Wassergeschwindigkeiten auf ein Saugrohr verzichtet werden, was die Wasserbaukosten reduzieren sollte. Im März 2007 wurde eine erste Demonstrationsanlage mit dem VLH-Konzept am Sitz der Firma MJ2 in Millau (F) in Betrieb genommen. Nach einer weiteren Entwicklungsphase wurden die ersten kommerziellen Anlagen im Jahr 2009 installiert, zwei davon im Kanal von Huningue zwischen Basel und Mulhouse im Dreiländereck Deutschland, Frankreich, Schweiz. Das patentrechtlich geschützte Konzept der VLH-Turbine lässt sich wie folgt charakterisieren: • Die gesamte Turbinen-GeneratorenGruppe ist beweglich in einem Kanal aufgehängt und lässt sich für Reinigungs- und Revisionszwecke oder bei Hochwasser hydraulisch aus dem Wasser heben und senken (siehe Bild 3). • Als Generator wird eine direktgekoppelte permanentmagnetisch erregte Synchronmaschine verwendet, die in der Nabe der Turbine sitzt und direkt vom Triebwasser gekühlt wird. Die Netzanbindung erfolgt über Frequenzumrichter und Trafo. • Ein Rechen ist direkt vor dem Laufrad auf der Maschine angeordnet; er wird mit einem rotierenden Rechenreiniger gereinigt, wobei das Geschwemmsel über eine kleine Klappe ins Unterwasser abgeschwemmt wird. Das VLH-Konzept besticht durch hohe Wirkungsgrade der Maschine und
Bild 4. Ansicht des VLH-Konzepts an der Schleuse Nr. 2, Huningue bei Basel vom Oberwasser her. Von der gesamten Anlage ist nur der Schwenkarm der Maschine (weiss) sowie der Container (braun) mit den Nebenanlagen und Hilfsbetrieben sichtbar (hier direkt über dem Unterwasser und damit unter der Geländeoberfläche aufgestellt, da im Kanal kein Hochwasser zu befürchten ist). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Bild 5. Evaluation des VLH-Konzepts. einen kostengünstigen Wasserbau, da dank der Unterwasseranordnung direkt im Triebwasser eines Kanals oder eines Flusses keine Gebäude benötigt werden (ausser einer Kabine für die Hilfsbetriebe und Nebenanlagen). Diese Unterwasseranordnung der gesamten Turbinen-Generatoren-Gruppe ist jedoch teuer in der Anschaffung und im Betrieb, da für die Abdichtung des Gehäuses gegen eindringendes Wasser u.a. ein permanenter Überdruck mit entfeuchteter Luft benötigt wird. Die Darstellung der Evaluation gemäss Bild 5 in einem Radar- oder Spinnennetzdiagramm zeigt auf einen Blick die Stärken und Schwächen der verschiedenen Konzepte. Obwohl die Evaluation Schulnoten gemäss schweizerischer Praxis (1 schlechteste, 6 beste) benutzt, ist die Bildung eines Gesamtnotendurchschnitts über die 14 Kriterien nicht erlaubt, da absichtlich keine Gewichtung vorgenommen wurde (es herrscht z.B. ein Übergewicht von fünf Kriterien zugunsten der Umweltthemen). Der Investor in eine Ultraniederdruckanlage soll auf einen Blick erkennen können, welches Konzept sich für seine spezifische Anwendung und dessen Randbedingungen wohl am besten eignet, sich aber nicht durch eine rein arithmetische Bestnote fehlleiten lassen. 3.2 Bewegliches Kraftwerk Das erste Pilotprojekt einer beweglichen, über- und unterströmbaren Wasserkraftanlage wurde am Sophienwehr/Ilm in Bad Sulza (D) Ende September 2009 in Betrieb genommen. Die Anlage erzeugt 60 kW elektrische Leistung. Drei weitere Anlagen wurden in der Zwischenzeit ausgeführt und zwar in Gengenbach (D) an der Kinzig (Mai 2010; 550 kW), in Offenburg (D) am Grossen Deich, Kinzig (Juli 2010, 465 kW) und in
Kradolf-Schönenberg (CH) an der Thur (Mai 2011, 2 × Bild 6. Bewegliches Kraftwerk im Längsschnitt mit Rechen-Turbine-Generator-Saugrohr in einer Klappe «Krafthausgehäuse» 800 kW). Das beweg- eingebaut (Quelle: Hydro-Energie Roth GmbH). liche über- und unterströmbare Wasserkraftwerk besticht • Durch das überströmbare Krafthausgehäuse ist der Fischabstieg, aber durch die folgenden Innovationen: auch die Geschwemmselweitergabe • Das in einem Betontrog angeordnete möglich; speziell für bodenorientierte schwenkbare Krafthausgehäuse mit Fische ist auch ein Fischabstieg durch Turbinen-Generatorengruppe ersetzt den Trog unter dem Krafthausgehäuse einen beweglichen Wehrverschluss hindurch vorstellbar. (siehe Bild 6). • Das Krafthaus ist anhebbar, um Ge- • Die ungenutzte Energie bei erhöhten Abflüssen kann durch ein Anheben der schiebe und Geschwemmsel direkt Maschine und ein Unterströmen teildurch den Trog weiterzugeben; daraus weise genutzt werden. Bei dieser Beergeben sich Bauvereinfachungen: triebsart tritt am Saugrohrende eine das Konzept benötigt weder einen Ejektorwirkung auf, welche mehr WasKiesfang noch einen separaten Geser als normal durch die Turbine zieht schiebespülkanal/Grundablass. und zur Steigerung der Energiepro• Das Krafthaus fällt optisch und akuduktion genutzt werden kann. Diese stisch nicht auf, weil es unter Wasser Idee zur indirekten Nutzung des Überangeordnet ist.
Bild 7. Bewegliches Kraftwerk an der Kinzig bei Gengenbach (D) vom Unterwasser her gesehen: rechts der Trog mit dem Krafthausgehäuse, links die Fischaufstiegshilfe in Form eines Rauhgerinne-Beckenpasses.
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Bild 8. Evaluation des beweglichen Krafthauses. wassers ist nicht neu, sondern wurde bereits 1909 vorgeschlagen und später in den Rhein-Kanalkraftwerken in Kembs und Ottmarsheim auch umgesetzt. Das Konzept des beweglichen Kraftwerks kann die hohen Erwartungen an dessen Umweltverträglichkeit sehr gut erfüllen; hingegen ist auch hier wie schon beim VLH-Konzept die komplette Unterwasseranordnung der Turbinen-Generatoren-Gruppe aus Sicht des Betriebs und des Unterhalts nicht unbedingt vorteilhaft. Einmal erstellt, sieht das bewegliche Kraftwerk kompakt und unauffällig aus und scheint wie geschaffen für den Einbau in eine bestehende Wehrschwelle. Hingegen sind die Wasserbau- und Spezialtiefbauarbeiten beim Einsatz eines beweglichen Kraftwerkes an bestehenden Schwellen an Schweizer Flüssen, die oft auf Fels fundiert sind oder dann in einem Grundwasserleiter liegen, nicht zu unterschätzen: • Für die Betonarbeiten beim Bau des langen Troges im Tosbecken- und Kolkbereich der Schwelle sind aufwändige Baugrubenabschlüsse und entsprechend aufwändige Wasserhaltungen auszuführen. Die Baustelle im Fluss ist hochwassergefährdet. Bei konventionellen Buchtenkraftwerken geschieht dies meist ausserhalb des Flusses «im Trockenen». • An den bisher gebauten beweglichen Kraftwerken wurden für die Baugrubenumschliessung rückverankerte, überschnittene Bohrpfähle verwendet. Eine Zufahrt für das grosse Bohrgerät besteht oft nicht und muss zuerst gebaut werden und ist damit mit hohen Kosten verbunden. Für kleinere Anlagen im Stile von Bad Sulza mit 60 kW Nennleistung rechnen sich solche Bau188
Bild 9. Heberturbinen des MHyLab-Konzepts in Vallorbe.
weisen in der Regel nicht. Auch ist diese Bauart mit überschnittenen Bohrpfählen in der Schweiz nicht immer bewilligungsfähig, weil sie nicht rückgebaut werden können und damit den Grundwasserleiter einstauen. • Wegen des Auftriebs auf den Trog im Revisionsfall müssen die Sohle und die niedrigen Seitenmauern sehr massiv ausgeführt werden. Hier helfen keine Maschinenhaus-Aufbauten (wie bei konventionellen Buchtenkraftwerken) das Gewicht zum Ausgleichen der Auftriebskräfte aufzubringen. Besonders geeignet erscheint das bewegliche Krafthaus für Standorte, die nur einen geringen Landbedarf und eine geringe Störung des Landschaftsbildes zulassen. 3.3 Heberturbine Das Konzept der Heber- oder Siphonturbine ist schon seit längerem bekannt und wird immer wieder angewandt. Es steht mit seiner Anordnung der Turbine über dem Oberwasserspiegel eigentlich in komplettem Gegensatz zu den in den vorangegangenen Kapiteln evaluierten Konzepten, die die Maschine ins Wasser eintauchen. Mit der Anordnung der Turbine über dem Oberwasserspiegel können: • Baukosten gespart (keine tiefgründigen Saugrohre); • einfache, nicht wasserdichte Komponenten gewählt, und • eine gute Zugänglichkeit für die Wartung aller Komponenten gewonnen werden. Das MHyLab aus CH-Montcherand hat im Rahmen des SEARCH LHT (Small Efficient Axial Reliable Compact Hydro Low Head Turbine), eines EU-finanzierten Forschungs- und Entwicklungsprojekts, zwischen 2002 bis 2006 eine Heberturbine neu entwickelt, die direkt über eine Wehr-
schwelle eingebaut, kleine Fallhöhen im Bereich von 0.5 m bis 3.5 m nutzen kann, ohne zusätzlichen Wasserbau zu beanspruchen. Die einfache Konstruktion soll modular gefertigt resp. mit einem Einheitsdurchmesser ausgerüstet werden. Die Anpassung an unterschiedliche Fallhöhen und Durchflüsse geschieht durch Anpassen der Drehzahl (andere Scheiben des Riementriebs) und durch den Einsatz von mehreren Maschinen nebeneinander. Dieses auf den ersten Blick bestechende Konzept wurde bisher erst in einer einzigen Anlage eingebaut, und zwar in der UMV SA in Vallorbe an der Orbe im Jahre 2009 (zwei baugleiche Maschinen nebeneinander). Leider ist die Anlage in Vallorbe für die vorliegende Untersuchung nicht repräsentativ, weil die Turbinen am Ende eines Ausleitkanals im Fabrikgebäude statt an der bestehenden Wehrschwelle angeordnet sind. Viele Kriterien lassen sich dadurch nicht abschliessend beurteilen. Es wurde deshalb nur das Potenzial, nicht aber die konkret ausgeführte Anlage des Heberkonzepts gemäss MHyLab evaluiert (siehe Bild 10). Mit dem Heberkonzept lassen sich praktisch keine der heute überall geforderten Umweltaspekte integral mit der Maschine lösen, sondern müssen in Form von Fischauf- und -abstiegshilfen und Geschiebeabzugseinrichtungen durch die Wehrschwelle separat gelöst werden, was Landbedarf und Kosten erhöht. Auch an Standorten mit hohen Anforderungen an den Landschafts- und Lärmschutz ist die Anwendung des Heberkonzepts nicht unproblematisch. Gute Noten können jedoch bezüglich Effizienz und Betriebskosten erwartet werden, obwohl die Robustheit und Langlebigkeit der technischen Lösung von MHyLab mit nur einer Pilot-
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Bild 10. Evaluation der Heberturbine gemäss Konzept MHyLab. anlage noch nicht abschliessend beurteilt werden kann. 3.4 Weitere Konzepte Es erstaunt nicht, dass die Unterwasseranordnung der gesamten Turbinen-Generatoren-Gruppe wie die oben beschriebenen Konzepte von VLH und Hydro Roth von weiteren Firmen und Entwicklern aus dem EU-Raum verfolgt wurde, weil dort offenbar die Forderung gilt, dass die Wasserkräfte möglichst unsichtbar und versteckt genutzt werden sollten. So wurde die sogenannte DIVE-Turbine aus Deutschland in den Jahren 2006 und 2007 mit vollständiger Unterwasseranordnung unter Verwendung eines permanentmagnetisch erregten Synchrongenerators und einer einfach regulierten Propeller-Turbine mit Frequenzumrichter bereits an drei Anlagen erfolgreich eingesetzt. Anschliessend fand eine Zusammenarbeit des DIVE-Teams mit der TU München im Rahmen des nachfolgend beschriebenen Schachtkonzepts statt, welches neuartige Überlegungen zu den Wasserbau- und Umweltaspekten der Wasserkraftnutzung im Niederdruckbereich einbrachte. Das Schachtkonzept beschreitet einen neuen Weg in der Maschinenanordnung im Fluss, indem die Wasserausleitung in eine Bucht am Ufer verlassen wird und der Einlauf in ein vollständig unter Wasser angeordnetes Kraftwerk direkt im Fluss, und zwar über einen Horizontalrechen stattfindet. Der Saugschlauch der Turbine führt durch das Wehr hindurch ins Unterwasser (siehe Bild 11). Die Promotoren gehen von weitreichenden Vorteilen des Schachtkonzepts aus: • Der Schacht mit der Unterwasserturbine wird nicht am Ufer, sondern im Fluss angelegt, so dass der Horizon-
talrechen von drei Seiten angeströmt werden kann. Damit Bild 11. Aufbau des Schacht-Konzepts am Beispiel der Modellist keine Strö- anlage an der TU München, Obernach; Quelle: TU München; mungsumlen- Prof. Dr. Ing. Rutschmann, in hydrolink No. 2/2011 (Supplement kung in der Ho- to JHR – Vol 49 – No. 2). rizontalen zum Ufer hin z.B. in ein Buchtenkraftwerk Wasserkraftanlagen im Ultraniederdruckerforderlich. Es soll dadurch zu keiner bereich initiiert. Es werden ausdrücklich Verlandung des Stauraumes und des tiefe Fliessgeschwindigkeiten des WasUnterwassers auf der dem Kraftwerk sers beim Rotordurchlauf gewählt, um die gegenüberliegenden Flussseite mehr ökologische Verträglichkeit der Maschine zu maximieren; entsprechend gross und kommen. • Da die Kraftwerksbauten ausschliess- voluminös wird aber die Maschine resp. lich im Flussschlauch angeordnet wer- die zugehörigen Teile (Rotationsbecken). den, sind keine grossflächigen Uferein- Mittlerweile wurde neben der ersten Pilotgriffe nötig, die nicht nur vom Land- anlage in Obergrafendorf, Österreich, auch schaftsschutz sondern auch von den ein erstes Wasserwirbelkraftwerk an der Kosten her nachteilig für die Nutzung Suhre in Schöftland (AG) in der Schweiz erstellt und Ende November 2009 mit groskleiner Fallhöhen sind. • Das Problem des Geschiebeeinzugs in sem Medienecho in Betrieb genommen. das Kraftwerk besteht beim Schacht- Projektträger ist die Genossenschaft Waskonzept nicht, weil die Wasserfassung serwirbelkraftwerke Schweiz (GWWK). Die Idee des WWKs entstand aus nicht bis auf die Flusssohle reicht, sondern nahe an der Wasseroberflä- dem Ziel, die Renaturierung von Flussläufen mit der Energiegewinnung zu kombiche bleibt. Da es noch keine ausgeführten nieren. In einem natürlich mäandrierenden Anlagen dieses Typs gibt, kann – nur ge- oder gut strukturierten Fluss herrscht eine stützt auf die bisherigen Untersuchungen grosse hydraulische Vielfalt, welche sich im Labor – noch keine abschliessende Be- als Abfolge von einerseits tiefen, strömungsberuhigten Gewässerbereichen mit wertung vorgenommen werden. Fischunterständen und anderseits flachen Uferbuchten mit Widerwasser und Seiten4. Konzepte mit Leistungsarmen äussert und damit eine hohe Habipotenzial bis ca. 100 kW tatsqualität des Gewässers ausmacht. Für die Initianten der Wasserwirbeltechnolo4.1 Wasserwirbelkraftwerk (WWK) Das Wasserwirbelkraftwerk besteht aus gie stellt die Erzeugung von künstlichen einem kreisrunden Becken mit mittigem Wirbeln in einem Wasserwirbelkraftwerk Auslauf, in welchem ein Wasserwirbel er- auch eine Korrektur der negativen Auswirzeugt wird, der einen Rotor mit Genera- kungen von begradigten und korrigierten tor antreibt. Das Wasserwirbelkraftwerk Flussabschnitten mit geringer Vielfalt dar. wurde eindeutig mit der Zielsetzung für Dieser Kraftwerkstyp verbindet sozusaeine ökologischere Ausgestaltung von gen die Gewässer-Renaturierung mit der
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Bild 12. Rotor im Wasserwirbelkraftwerk Schöftland an der Suhre (AG).
Bild 13. Darstellung des Wasserwirbelkraftwerks Schöftland an der Suhre (Quelle: Bachelor-Arbeit FHNW 2011, ergänzt durch die Autoren).
Bild 14. Evaluation des Wasserwirbelkraftwerks Schöftland an der Suhre. Stromerzeugung auf neuartige Weise. Zur Zeit enttäuscht das Konzept des WWKs bei der Effizienz: die Wirkungsgrade sind noch so tief, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich ist, da nicht nur die Erträge gering sondern auch die Kosten für Becken und Kanal verhältnisweise hoch sind. Es wird intensiv an verbesserten Rotoren gearbeitet. Bei den Umweltaspekten glänzt die Pilotanlage einzig durch den schadensfreien Abstieg der Fische durch die Maschine; bei allen übrigen Themen wie Sedimentdurchgängigkeit, Landschaftsbild und Lärmemissionen hebt sich das Konzept der WWK kaum von konventionellen Kraftwerken ab. 4.2 Hydro-kinetische Wandler Die hydro-kinetische Turbine bedarf keiner baulichen Massnahmen wie Dämme, Schleusen oder Fischaufstiegshilfen. Sie nutzt nur die kinetische Energie des fliessenden Wassers. Deshalb passt dieses 190
Konzept eigentlich nicht in die Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung, nämlich die heute verfügbaren Technologien für die energetische Nutzung der vielen bestehenden Querbauwerke in Schweizer Flüssen zu evaluieren. Weil sich viele Investoren für dieses in den Medien oft gezeigte Konzept interessieren, wurde es trotzdem kurz untersucht. Erste Versuche mit hydro-kinetischen Turbinen gehen auf frühe Arbeiten von ITDG in England zurück, der GarmanTurbine (1987). Später kam die belgische Firma Rutten mit verschiedenen Wasserrädern auf Pontons recht weit. Einen völlig neuen Weg ging die Firma Aqua Libre aus Wien mit ihrer «Strom-Boje», die ein im Wasser völlig eingetauchtes Laufrad mit anschliessendem Diffusor vorschlägt. Der erste Prototyp der Aqua Libre mit 150 cm Rotor wurde ab Dezember 2006 in der Donau bei Weissenkirchen in der Wachau getestet. Seither wurden viele
Verbesserungen aufgenommen und an der Optimierung der Leistung, der Form und der Herstellung gearbeitet. Seit Herbst 2009 schwimmt der zweite, schon seriennahe Prototyp – die Strom-Boje 2 – in der Donau. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen die drei Firmen Hydro Green Energy (Houston, Texas), die KSB, Pumpenhersteller aus Frankenthal (D) und die Smart Hydro Power GmbH aus Feldafing bei München (D). Die erste 100 kW-Anlage der Hydro Green Energy ging 2009 im Mississippi bei Hastings in Betrieb. Über die Betriebserfahrungen ist nichts bekannt. Die Entwicklung der KSB wurde im Oktober 2010 im Rhein bei St. Goar erstmals eingesetzt. Die 5 kW-Turbine der Smart Hydro Power GmbH wurde erst im April 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit der Entwicklung am weitesten fortgeschritten ist die Aqua Libre mit ihrer Strom-Boje 2. Die Anforderungen für einen wirtschaftlichen Einsatz einer Stromboje sind: • eine Strömungsgeschwindigkeit von zwischen 1.5 m/s und 3.5 m/s • Wassertiefen von mind. 3 m. In Schweizer Mittelland-Flüssen existieren Wassertiefen von 3 m und mehr nur in Aare, Rhone und Rhein und auch dort ganzjährlich nur im Bereich von bestehenden Wasserkraftanlagen. In frei fliessenden Flussstrecken sind solch grosse Wassertiefen nicht ganzjährlich verfügbar. Strömungsgeschwindigkeiten von über 2 m/s finden sich ausserdem am Prallufer bei Gewässerbiegungen und im Hochwasserfall. Am Prallufer wird man eine hydrokinetische Turbine nicht einsetzen wollen, weil dort das Geschwemmsel auftrifft (inkl. ganzer Baumstämme im Hochwasserfall), welches die am Grund fixierte Maschine
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verklausen oder beschädigen kann. Werden wie von den Promotoren dieser Konzepte postuliert, ganze Serien von hydrokinetischen Turbinen hinter und nebeneinander in den Fluss gehängt, um grössere Leistungen zu erzielen, wird ein leichter Aufstau des Flusses spürbar werden, der die Leistung von bestehenden Flusskraftwerken in der Nähe reduzieren kann. Es ist physikalisch nicht möglich, die Maschinen im Fluss zu platzieren und dem fliessenden Wasser Energie zu entziehen, ohne dass sich mit der Turbinen-Serie flussaufwärts ein neuer höherer Wasserspiegel ausbildet als ohne die Serie. Die Bewilligungsfähigkeit einer solchen Serie von hydrokinetischen Turbinen z.B. innerhalb der Konzessions- resp. Staustrecke eines bestehenden Flusskraftwerks ist deshalb als nicht gegeben einzustufen. Diese Tatsache schränkt die kommerzielle Nutzung der hydrokinetischen Turbinen in Schweizer Mittellandflüssen stark ein. In grossen Flüssen im Ausland (Donau, Mississippi, Amazonas, usw.) sind diese Einschränkungen weniger relevant. Unbestritten ist die hervorragende ökologische Verträglichkeit dieses Konzepts (Sedimentdurchgängigkeit, Fischabstieg, Landschaftsbild, Lärmimmissionen). Abgesehen davon, dass die Bedingungen bezüglich Wassertiefe und Fliessgeschwindigkeiten, die einen Einsatz der hydrokinetischen Turbinen in Schweizer Flüssen erlauben, an nur wenigen Standorten gegeben sind, muss sich jeder Investor klar sein, dass die besonderen Risiken dieser Technologie in Schweizer Fliessgewässern nicht unerheblich sind (Geschwemmsel, Verklausung, Zugänglichkeit, Langlebigkeit, Bewilligungsfähigkeit).
4.3 Wasserkraftschnecke Als Archimedische Schnecke ist die Wasserförderschnecke seit dem Altertum bekannt. Neu ist die Anwendung, aus der energetischen Umkehrung ihrer Arbeitsweise, eine Kraftmaschine zur Energiegewinnung zu machen. Die Firmen Ritz-Atro (Nürnberg D), Rehart (Ehingen D), Spaans Babcock (Balk NL) und Landustrie (Sneek NL) haben zusammen bereits über 100 Wasserkraftschnecken installiert, davon auch deren drei in der Schweiz (Derendingen, Ennenda und Hirschthal). Der Nachteil der Einzelfertigung zur Anpassung an von Ort zu Ort verschiedene Fallhöhen- und Abfluss-Bedingungen entfällt dadurch, dass im Gegensatz zu herkömmlichen Wasserrädern bei Wasserkraftschnecken kein Zusammenhang zwischen Fallhöhe und Durchmesser besteht. Der Schneckendurchmesser hängt nur vom Wasserdargebot ab. Die Übereinstimmung mit Wasserförderschnecken (Abwasserreinigungsanlage) ermöglicht zudem die Auswahl unter Normteilen der Hersteller. Moderne Wasserkraftschnecken sind unkompliziert in Bau, Betrieb und Wartung. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem Trog, einer Wasserkraftschnecke und einer Abtriebseinheit (siehe Bild 15). Ihr Vorteil gegenüber Turbinen liegt zum einen im relativ flachen Wirkungsgradverlauf. Typische Gesamtwirkungsgrade der Schnecken liegen inklusive Getriebe und Generator zwischen 70 und 80%, also nur max. 10% tiefer als bei Turbinen modernster Bauart. Zum anderen sind die Schnecken etwas kostengünstiger in ihrer Errichtung, da der Feinrechen entfällt. Die Reinigung des Grobrechens erfordert je-
Bild 15. Prinzipskizze der Wasserkraftschnecke (Quelle: RitzAtro). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
doch in Schweizer Verhältnissen einen nicht zu unterschätzenden Betriebsaufwand und eine Rechenreinigungsmaschine muss trotzdem fast immer vorgesehen werden. Die Ausbauwassermenge der Wasserkraftschnecke ist auf ca. 8 m3/s limitiert (Quelle Rehart GmbH). Zur Nutzung grösserer Wassermengen müssen mehrerer Wasserkraftschnecken parallel geschalten werden. Wasserkraftschnecken können selbstregelnd mit konstanter Drehzahl (OW-Spiegel fällt ab) oder drehzahlvariabel über Frequenzumrichter betrieben werden; letzteres ist nötig, wenn trotz abnehmendem Durchfluss der Oberwasserspiegel unverändert gehalten werden soll. Dies ist für Schweizer Flüsse in den meisten Fällen der Fall, weil ja für einen konstanten Abfluss durch die Fischaufstiegshilfe ein geregelter Oberwasserspiegel erforderlich ist. Nachteilig an der Wasserkraftschnecke sind zum einen die Verluste bei variablem Unterwasserspiegel (bei hohem UW-Spiegel ergiesst sich Flusswasser zurück in die Schnecke und erzeugt neben energetischen Verlusten Stösse und Lärm) und zum anderen die offene Konstruktion der Schnecke, die eine Aufstellung an lärmempfindlichen Standorten verunmöglicht. Etwas Abhilfe schafft eine Abdeckung der Schnecke, was auch im Hinblick auf die Eisbildung am Trog im Winter meist ohnehin erforderlich wird; trotzdem können die Probleme durch Eis (wegen des «Freispiegelabflusses» in der Maschine) nicht immer vermieden werden. Ideal ist der Einbau der Wasserkraftschnecke in Ausleitkanälen, die vor Hochwasser geschützt sind und meist einen klar definierten Unterwasserspiegel
Bild 16. Evaluation der Wasserkraftschnecke.
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haben. Der Einbau direkt an bestehende Schwellen in den grösseren Schweizer Flüssen (das Ziel der vorliegenden Untersuchung) ist wegen potentieller Schäden durch Hochwasser und vor allem durch Schwemmgut vorsichtig abzuwägen. Die Technologie der Wasserkraftschnecke zeichnet sich in den Bereichen Umwelt und Wasserbau nicht durch wirkliche Innovationen aus. Punkten kann die Wasserkraftschnecke durch ihren einfachen Betrieb und Unterhalt sowie durch den recht hohen Wirkungsgrad, sofern der Betrieb der Anlage nicht durch einen stark variablen Unterwasserspiegel gestört wird. 4.4 Weitere Konzepte Für die Nutzung kleinster Fallhöhen kombiniert mit relativ geringen Durchflüssen stehen seit dem Altertum die Wasserräder in verschiedenen Ausgestaltungen zur Verfügung. Für die Stromerzeugung sind diese jedoch wegen ihrer geringen Drehzahl nicht besonders geeignet, so dass in den letzten Jahren neue Konzepte von wasserradähnlichen Wandlern wie die Staudruckmaschine und die Lammellenturbine entwickelt worden sind. Die Staudruckmaschine besteht aus einem quer zur Fliessrichtung liegenden Schaufelrad mit Nabe (Durchmesser = Stauhöhe). Die Nabe des Antriebsrades wirkt als Stau und ersetzt das sonst erforderliche Wehr resp. den Wehrverschluss. Im Rahmen des EU-Forschungsprojekts «HYLOW», welches die Entwicklung von wirtschaftlichen und ökologisch effektiven Wasserkraftwandlern für niedrigste Fallhöhen bis 2.5 m zum Ziel hat, wurden zwei Pilotprojekte von Staudruckmaschinen in Deutschland und in Bulgarien gebaut. Es bestehen noch keine Betriebserfahrungen und auch noch kein Anbieter einer kommerziellen Staudruckmaschine, so dass keine eigentliche Evaluation durchgeführt werden konnte. Die theoretischen Untersuchungen und die Labortests zur Stau- oder Wasserdruckmaschine an der Universität Southampton (Prof. Gerald Müller) haben aber gezeigt, dass: • Wasserdruckmaschinen die einzigen Wandler sind, die bei kleinen Fallhöhen von 1 m bis 2.5 m grosse Durchflüsse bis 4 m3/s pro Meter Breite verarbeiten können; Wasserräder moderner Bauart bringen es auf max. 1.2 m3/s/m; • Wasserdruckmaschinen mit geringeren Raddurchmessern auskommen
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als vergleichbare Wandler wie Wasserräder und sich so besser in die Landschaft einfügen lassen. • Wasserdruckmaschinen mit höheren Drehzahlen arbeiten (nt > 15 min-1) als vergleichbare Wasserräder (die bei unter 7 min-1 liegen) und damit etwas leichter zum Antrieb eines Generators zur Stromproduktion herangezogen werden können. Seit Ende 2008 ist eine Weiterentwicklung der unterschlächtigen Wasserräder auf dem Markt, und zwar die sogenannte Lamellenturbine der Firma BEWPower aus Österreich. Diese Maschine soll sowohl die kinetische Energie wie auch die Lageenergie des Wassers, meistens aus einem Kanal, nutzen. Damit ist es kein rein unterschlächtiges Wasserrad. Es werden mechanische Wirkungsgrade an der Welle von sagenhaften 90% angegeben. Das besondere dieser Maschine sind die Schaufeln des Rades sowie die hohen Drehzahlen von 50 min-1 und mehr, was einerseits die Baugrösse der Maschine reduziert und andererseits die Anforderungen für den Antrieb eines Generators erleichtert. Bisher bestehen zwei Anlagen mit Lamellenturbinen, und zwar in Gumpoldskirchen und Feldkirchen bei Graz (beide Österreich). In den letzten drei Jahren wurde wohl keine weitere Anlage installiert. Insbesondere der angegebene Turbinen-Wirkungsgrad von 90% scheint unglaublich hoch; bisher erreichten unterschlächtige Wasserräder ca. 40% und mittelschlächtige max. 75%. Um das Teillastverhalten der Maschine zu verbessern und die Netzbedingungen einhalten zu können, wird neben einem mehrstufigen Getriebe auch ein Frequenzumrichter benötigt. Die Gesamtwirkungsgrade bis zum Netz fallen damit auf ca. 60%. Der Vorteil der Lamellenturbine reduziert sich damit auf die kompaktere Bauweise, welcher aber durch eine höhere Fischmortalität beim Turbinendurchgang und grössere Lärmimmissionen erkauft wird. Die Kosten für die elektromechanische Ausrüstung, d.h., ohne Wasserbaukosten sind vergleichbar mit den Kosten eines mittelschlächtigen Wasserrades aus Schweizer Produktion. Da die Lamellenturbine als Wasserrad sich nicht besonders für die Nutzung des Wasserkraftpotenzials von bestehenden Querschwellen in Flüssen eignet, sondern eher an Ausleitkanälen eingesetzt werden kann, wurde keine eigentliche Evaluat
5.
Schlussfolgerungen und Ausblick Ingesamt wurden sieben Pilotlösungen und drei schon länger bekannte Wasserkraftmaschinen für kleinste Fallhöhen identifiziert und deren Anwendung für Schweizer Verhältnisse teilweise evaluiert. Es zeigte sich, dass: • einige der besuchten Anlagen erst im Jahre 2010 in Betrieb genommen werden konnten und deshalb noch kaum über relevante Betriebserfahrungen verfügen; • zum Teil noch viele Kinderkrankheiten vorherrschen und die Entwicklung nicht abgeschlossen ist; • für zwei Konzepte (Wasserdruckmaschine und Schachtkraftwerk) noch keine Anbieter von tatsächlich käuflichen Maschinen und Anlagen auf dem Markt sind; diese Konzepte sind noch im Entwicklungsstadium bei Universitäts-Instituten; • keines der insgesamt 10 untersuchten Konzepte eine Lösung für sämtliche Anwendungsfälle darstellt; vielmehr müssen die spezifischen Anforderungen der verschiedenen Ultra-Niederdruck-Standorte analysiert und das jeweils bestgeeignete Konzept gewählt werden. Die vorliegende Untersuchung kann dazu eine Systematik und erste Anhaltspunkte geben. Verdankung Die vorliegenden Untersuchungen zu den neuen Konzepten im Ultraniederdruck-Bereich wurden vom Forschungsprogramm Wasserkraft des Bundesamtes für Energie (BfE) unterstützt. Für die Beurteilung und Benotung waren jedoch ausschliesslich die Autoren des Berichts verantwortlich, die sich als Investoren und Betreiber von Kleinwasserkraftanlagen vor allem von Risikoabschätzungen (Unterwasseranordnung) und Überlegungen zur Langlebigkeit der Anlagen und weniger von Versprechungen der Promotoren zu Wirkungsgraden und Kosteneinsparungen der verschiedenen Konzepte leiten liessen. Anschrift der Verfasser Peter Eichenberger, Ivo Scherrer Entegra Wasserkraft AG, Reichsgasse 3 CH-7000 Chur Tel. +41 81 511 11 60 peter.eichenberger@entegra.ch ivo.scherrer@entegra.ch www.entegra.ch
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Das Magdalenen-Hochwasser von 1342 – der «hydrologische Gau» in Mitteleuropa Eveline Zbinden
Zusammenfassung Die herausragendste, historisch belegbare Überschwemmungskatastrophe in Mitteleuropa fand im Sommer 1342 – sechs Jahre vor der Grossen Pest 1348 – statt. Sintflutartige und flächenhaft über Mitteleuropa verbreitete Niederschläge lösten am Magdalenentag (22. Juli) eine Flutwelle aus, wie sie in Höhe und Ausmass seither nicht wieder zu beobachten war und in allen mitteleuropäischen Flussgebieten ein ungeheuerliches Schadensbild hinterliess. Die Brücken in Regensburg, Bamberg, Würzburg, Frankfurt, Dresden und Erfurt wurden zerstört, und das Wasser überflutete die Innenstädte mit ihren Plätzen, Kirchen und Rathäusern. Es ist anzunehmen, dass zehntausende Menschen in den Fluten ertranken. In ländlichen Gebieten kam es zu einem extrem starken Oberflächenabfluss, das Hochwasser riss tiefe Schluchten, und die Bodenerosion erreichte katastrophales Ausmass. Kein Einzelereignis in historischer Zeit hatte einen derartigen Einfluss auf die Landschaftsoberfläche der Einzugsgebiete von Donau, Neckar, Main, Lahn, Rhein (unterhalb der Neckarmündung), Weser, Elbe und Eider wie dieses Hochwasser. In weiten Gebieten wurde die Ernte vernichtet, es kam zu Teuerung und Hungersnöten. Das Hochwasser zählt zu den schwersten Naturkatastrophen im Europa der letzten 1000 Jahre, und die Veränderungen des Reliefs, der Böden und damit der Landnutzung wirken bis heute nach.
1. Einleitung Wetter, Klima, Extremereignisse und dadurch verursachte Naturkatastrophen sind Themenbereiche, die unsere Gesellschaft in besonderem Masse berühren [13]. Heutzutage werden nach grossen Hochwasserereignissen regelmässig Vergleiche gezogen, Rangzahlen vergeben, Jährlichkeiten berechnet, Ursachen diskutiert und Trends ermittelt [11]. Vielen Mitteleuropäern sind die Hochwasser an Oder (1997) und Elbe (2002) in Erinnerung. Man sprach in diesem Zusammenhang oft von «Jahrhundertflut», um auf die Grösse des Ausmasses hinzuweisen. Neben Abflussreihen und Schätzverfahren bildet die Hochwassergeschichte mit der Ereignisanalyse historischer Extremereignisse die Grundlage für eine fundierte Hochwasserabschätzung mit Jährlichkeiten, wofür möglichst genaue und weit zurückreichende Kenntnisse über die Hochwasseraktivität, wie Pegel, Abflüsse und Fliessgeschwindigkeiten benötigt werden [11], [36]. Um eine Einordnung des Geschehens vornehmen zu können, sind möglichst lange Zeitreihen der verschiedenen hydrologischen Grössen unabdingbar.
Seit Ende des 18. Jahrhunderts liegen für zahlreiche Flussgebiete in Deutschland erste instrumentelle Pegel- und Durchflussmessungen vor. Der den Analysen zugrunde liegende Untersuchungszeitraum von bis zu 200 Jahren ist recht kurz bemessen, um die Variabilität der Hochwasser und ihrer Folgewirkungen zu erfassen. Die Erweiterung kurzer Abflussmessreihen mit Erkenntnissen aus historischen Hochwassern kann bei der Abschätzung seltener Hochwasserabflüsse (HQ) wesentlich dazu beitragen, die Sicherheit der Abschätzungen zu erhöhen [14] und die Extremwertstatistik auf einem grösseren Datensatz abzustützen [31]. Im vorliegenden Artikel wird der Frage nach dem konkreten Ausmass eines extremen Hochwasserereignisses und dessen Einfluss auf Mensch und Natur nachgegangen, wobei das Hochwasser von 1342 hier als Fallbeispiel dient, weil es das bisher grösste historisch belegte Hochwasser in Mitteleuropa darstellt. In einem ersten Teil wird als Basis der Untersuchung die Methodik und die Quellenlage vorgestellt, die zur Analyse dieses historischen Hochwassers verwendet wurden. Darauf folgt eine Be-
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schreibung des Hochwasserereignisses mit einem Rekonstruktionsversuch von Pegel und Abflüssen sowie selbst Bodenerosionsraten. Als nächstes wird der Frage nach den möglichen Ursachen nachgegangen, und die Auswirkungen auf Gesellschaft und Landschaft werden diskutiert. Schliesslich wird die Bedeutung der Analyse von Extremereignissen für die heutige Hochwasserabschätzung erläutert. 2.
Methoden und Quellen
2.1 Der breite Fächer der Methodik Die Rekonstruktion von Hochwasserverhältnissen anhand von Messreihen dient heute vorwiegend der Berechnung von Hochwasserwahrscheinlichkeiten im Rahmen des Wasserbaus. Die historische Klimaforschung, die sich u.a. mit der Rekonstruktion vergangener Hochwasser befasst, bedient sich insbesondere für die Grundlagenforschung historisch-vergleichender (qualitativer) Methoden und für weitere Auswertungen und die Ermittlung von Kennzahlen eines naturwissenschaftlich-statistischen (quantitativen) Vorgehens. Die dafür relevanten Disziplinen mit ihrer Methodenvielfalt sind breit gefächert. Dazu gehören neben Geschichte, Klimatologie und Hydrologie auch Geomorphologie, Geoökologie, Bodenkunde, Agrarwissenschaften, Wirtschaft und Archäologie. Dabei muss für Hochwasserangaben aus früheren Zeiten auf äusserst heterogene Quellen zurückgegriffen werden. Die breite Palette an möglichen «Archiven» birgt etliche quellenkritische Herausforderungen, die es zu berücksichtigen gilt [21]. Eine weitere Dimension bei der Ermittlung der Schwere des Ereignisses eröffnet sich durch die Interpretation der Ursachen und der Auswirkungen [13]. 2.2 Quellen aus diversen «Archiven» Die Quellenlage für das Jahr 1342 ist ausgezeichnet, denn es existiert eine für das Spätmittelalter ungewöhnlich hohe Anzahl an Informationen aus diversen «Archiven». Dabei unterscheidet man zwischen 193
«anthropogenen Archiven» (Archive der Gesellschaft) und «Geoarchiven» (Archive der Landschaft) [5]. Die Ergebnisse aus den verschiedenen Archiven werden miteinander verglichen und Schlüsse daraus gezogen. Die Zusammenstellung der Resultate gewährleistet ein breit abgestütztes Bild der Abläufe im Zusammenhang mit dem Sommerhochwasser 1342 in Mitteleuropa. 2.3
Analyse der anthropogenen Archive
Die Qualität anthropogener Archive Anthropogene Archive zum Hochwasser 1342 umfassen zeitgenössische und später entstandene Beschreibungen (Schriftquellen), Gedenktafeln, Inschriften, Hochwassermarken und vereinzelt auch Bildzeugnisse [28]. Die historische Hochwasserforschung erstellt Abflussreihen sowie Analysen von Hochwasser, die über den Zeitraum der amtlichen instrumentellen Beobachtungsperiode hinaus in die Vergangenheit reichen [10]. Dabei stellen Schriftquellen bei der Erforschung des 1342er-Hochwassers den grössten Teil des historischen Datenmaterials dar [14]. Chroniken stammen oft aus Klöstern und enthalten meist Zeitzeugenberichte. Aber auch später entstandene Schriften beschreiben die Flut und ihre Folgen [28]. Daneben existieren auch vereinzelt Gedenktafeln (z.B. Würzburg, Hannoversch Münden), (Bilder 3, 4) und Hochwassermarken (z.B. Limburg an der Lahn, Frankfurt am Main) (Bilder 1, 5). Neben den ver-
Bild 1. Hochwassermarken der LahnHochwasser am Limburger Domfelsen (Quelle: verändert nach [47]).
194
hältnismässig viele Beschreibungen von Chronisten, existieren vereinzelt auch Inschriften, die sich auf die Witterungsgeschichte des Sommers 1342 beziehen [5]. Eine Göttinger Minuskelinschrift von 1342 ist z.B. dem Gedenken an Hermann Goldschmied gewidmet, der bei der Überflutung ertrunken ist [7]. Manche Quellen enthalten als Zeitangaben lediglich das Jahr, andere den Hinweis auf den Sommer 1342, bei weiteren werden teilweise Tag oder sogar die Tageszeit erwähnt. Alle Arten von Schriftquellen müssen historisch-kritisch betrachtet werden [31], da ihre Genauigkeit unterschiedlich ist und es einer sorgfältigen Prüfung und Interpretation bedarf [36]. Aussergewöhnliche Quellenlage Im Raume Deutschland ist die Anzahl zeitgenössischer Schriftquellen, die Hochwasser beschreiben, über die Jahrhunderte sehr unterschiedlich verteilt. Vor dem Jahr 1000 sind die Quellen sehr spärlich gestreut, nach der Jahrtausendwende bis ins 13. Jahrhundert nehmen die Nachrichten und Berichte über Hochwasserereignisse zu und werden dichter. Dies bedeutet aber nicht, dass in dieser Zeit die Hochwasser zahlreicher werden, nur die Nachrichten über sie nehmen zu. Ab dem 14. Jh. wächst die Anzahl der Berichte weiter, aber auch die Hochwasseraktivität nimmt zu [37]. Gemäss Pfister et al., gehört es zu den Besonderheiten historischer Quellen, dass sie für Extremereignisse besonders sensibel sind. Die Situation ist mit jener in den heutigen Medien zu vergleichen. Je
Bild 2. Erwähnungen von Hochwasser im 14. Jahrhundert nach Weikinn. Dabei ist zu differenzieren, dass die hohe Zahl der Hochwasserberichte im Jahr 1342 sowohl Angaben zum Sommer- wie auch zum Winter-Hochwasser enthalten (Sommer allein: 85) (Quelle: nach [46]). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
extremer ein Ereignis, desto grösser die Zahl der Berichterstatter, und desto ausführlicher sind ihre Aufzeichnungen [31]. Bereits aus der Verteilung von historischen Schriftquellen zum Sommerhochwasser 1342 lassen sich demnach Informationen über die mögliche Intensität herauslesen [46]. Aufgrund der Anzahl von Berichten und der Anzahl diverser Chronisten aus verschiedenen Teilen Deutschlands lässt sich der Grad der flächenhaften Ausdehnung bestimmen. Das Ergebnis ist eindeutig: Berücksichtigt man sämtliche Erwähnungen, d.h. neben den zeitgenössischen auch nicht-zeitgenössische, also später entstandene Berichte, so stechen die Hochwasser-Erwähnungen aus dem Jahr 1342 klar heraus (wie auch das Hochwasserjahr 1374, auf das hier nicht näher eingegangen wird) (Bild 2). Es lässt sich erkennen: Allein schon die Information über eine aussergewöhnlich hohe Anzahl an Berichten zum Sommerhochwasser von 1342 – 85 Beschreibungen – lässt den Schluss zu, dass sich zu diesem Zeitpunkt ein für das Mittelalter aussergewöhnlich beeindruckendes Hochwasser ereignet haben muss [31].
Bild 4. «Am 21. Juli 1342 stieg der Main in wenigen Stunden gewaltig an. Die Mainbrücke mit ihren Türmen, die Mauern und viele steinerne Häuser der Stadt stürzten zusammen. Am Domportal erreichte das Wasser die steinernen Statuen, oberhalb der Stufen». Bauinschrift vom Hof zum Grossen Löwen (Mainfränkisches Museum in Würzburg), (Quelle: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, gedruckt in [5]). Möglichkeiten der Rekonstruktion von Pegel und Abflüssen Zur Bestimmung der Abflussmengen extremer Hochwasser sollten Angaben über historische Hochwasser genutzt werden [37]. Bereits manche Chronisten versuchten, die Grössenordnung des Extremereignisses von 1342 quantitativ zu fassen. Wo die Verhältnisse dafür geeignet waren, bezogen sie sich zum Beispiel bei der Umschreibung des beobachteten maximalen Wasserstandes auf Merkpunkte wie steinerne Brücken, Mauern und Plätze (Bilder 3, 4, 5). Solche Hinweise dienen heute dazu, den Hochwasserstand (Pegel) und dadurch den Abfluss und die Niederschlagsverhältnisse nachträglich abzuschätzen [36]. Unabdingbar dabei ist die Betrachtung des gesamten Niederschlags-Abfluss-Geschehens [41]. Der damalige Charakter der Einzugsgebiete und des Gewässersystems ist in die Untersuchung einzubeziehen, Landschaftsveränderungen zu berücksichtigen [37]. 2.4
Bild 3. «Im Jahre des Herrn 1342 am 24. Juli geschah eine Flut von Weser und Fulda und die so grosse Höhe des Wassers berührte die untere Kante dieses Quadersteins [10].» Inschrift am südöstlichen Chorpfeiler von St. Blasius in Hannoversch Münden, am Zusammenfluss von Werra und Fulda zur Weser, (Quelle: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, gedruckt in [5]).
Analyse der Geoarchive
Die Qualität von Geoarchiven Neben anthropogenen Archiven mit Beschreibungen von Chronisten liefern Geoarchive als Zeugen der Natur insbesondere in terrestrischen Sedimenten wertvolle Hinweise auf die Ereignisse des Sommers 1342. Die Geoarchive erweisen sich im wahrsten Sinne des Wortes als Fundgrube und beinhalten Ablagerungen von
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Sedimenten am Fusse von Hängen und in Seen, sowie Böden, archäologische Strukturen und Funde (Artefakte). Sie gestatten direkte Interpretationen der Zustände und indirekte Schlüsse über räumliche und zeitliche Veränderungen der früheren Umwelt [5]. Die untersuchten Sedimente sind Ablagerungen aus dem Holozän (Kolluvien, Auen- und Seesedimente). Prozesse der Bodenerosion umfassen Abtragung, Transport sowie Ablagerung von Bodenpartikeln. Erodiert werden Bodenpartikel u.a. durch Wasser, und es entstehen (neue) Sedimente: Schwemmfächersedimente unterhalb von Schluchten, Kolluviuen auf Unterhängen, Auensedimente in Auen und Seesedimente. Sedimente können zahlreich Informationen zum Einzugsgebiet des Flusses oder Sees enthalten. Die Sedimente sind oft komplex ineinander verschachtelte, übereinander begrabene Bodenoberflächen [5]. Der Boden wird zum Sprechen gebracht Die in Ablagerungen von verlagertem Bodenmaterial eingebetteten Fundmaterialien (Keramik, Holz, Holzkohle und Mineralkörner) ermöglichen eine archäologische oder physikalische Datierung der Sedimente [4]. Mit der Zusammenführung sämtlicher Daten erreicht man für die untersuchten Einzugsgebiete eine detaillierte räumliche und zeitliche Rekonstruktion der Relief-, Boden- und Landnutzungsentwicklung während des Holozäns [8]. Erkenntnisse zu den Geschehnissen im Sommer 1342 stammen aus insgesamt mehr als 30 000 m langen Aufschlüs195
Bild 5. Hochwassermarke von 1342 am Eisernen Steg in Frankfurt am Main (Quelle: Eveline Zbinden, 16.4.2008).
Bild 6. Auszüge aus historischen Schriftquellen (Quellle: nach [46]). sen und 2000 durchschnittlich mehr als 3 m tiefen Bohrprofilen. Die untersuchten Aufschlüsse und Profile belegen eindrucksvoll die Dramatik der verheerenden Flut. 3.
Das Hochwasser und seine unmittelbaren Folgen
3.1
Ablauf und Zerstörungen
Die Flut am Maria-Magdalenen-Tag Zu einem ersten Hochwasser im Jahr 1342 kam es im Februar. Der Winter 1341/42 196
war kurz aber mit strengem Frost und viel Schnee begleitet gewesen. Südliche Winde und anhaltende Regen riefen dann eine plötzliche Schneeschmelze hervor, was zu Hochwasser an der Moldau und der Elbe führte. Diesem ersten Hochwasser des Jahres 1342 mit seinen Wasserund Eismassen konnte die steinerne Juditinbrücke (Vorgängerbau der heutigen Karlsbrücke) in Prag nicht standhalten und wurde vollständig zerstört [6]. Um den Tag der heiligen Maria Magdalena, dem 22. Juli, herum, lösten intensivste Regenfälle
dann eine zweite Flut aus, die in den meisten mitteleuropäischen Flussgebieten ein ungeheuerliches Schadensbild hinterliess [15]. Der Inhalt der zeitgenössischen Beschreibungen in Schriftquellen liefert ein kaum vorstellbares Schadensbild (Bild 6). Von Ost- und Mittelfranken aus erreichte die Flut via Würzburg und Frankfurt a.M. schliesslich die Niederlande. Auch Thüringen und Sachsen bekamen die direkten Folgen des Katastrophenregens zu spüren. Das resultierende Hochwasser erreichte die Elbe bei Meissen und die un-
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Bild 7. Mitteleuropäische Ortschaften, die im Zusammenhang mit dem Hochwasser von 1342 in historischen Schriftquellen erwähnt werden (Quelle: nach [46]). tere Werra sowie die Weser. Die Schäden, welche die Flut vom 19. bis 24. Juli verursachte, waren gewaltig. Das Hochwasser riss entlang des Rheins (unterhalb Neckarmündung), des Mains, der Werra, Fulda, Weser, Elbe, Mosel, Lahn und ihrer Nebenflüsse sämtliche Stein- und Holzbrücken mit sich, darunter jene von Regensburg, Bamberg, Würzburg, Frankfurt am Main, Dresden, Erfurt und Limburg an der Lahn. Das Wasser überflutete auch die Innenstädte mit ihren Marktplätzen, Kirchen und Rathäusern. Stadtmauern und Wohnhäuser stürzten ein. Das an Flüssen angesiedelte Gewerbe, wie Mühlen, Wäschereien, Fischereien und Schifffahrt, wurden vernichtet. Auch weite Landstriche und Dörfer standen unter Wasser. An Äckern, Gärten, Viehweiden, Wiesen und Wegen
entstand unermesslicher Schaden. Das Vieh starb in den Fluten oder verhungerte auf den Weiden. Das Korn verfaulte auf den verschlämmten Äckern, die Ernte wurde vollständig vernichtet. Es kam zudem zu Trinkwasserknappheit wegen verschmutzter Brunnen. Es ist anzunehmen, dass zehntausende Menschen in den Fluten ihr Leben verloren [3], [5], [7], [9], [10], [13], [14], [37]. Zerstörungen überregionalen Ausmasses Die zahlreichen Erwähnungen von simultanen Überschwemmungen in den Einzugsgebieten vieler mitteleuropäischen Flüsse belegen, dass die Starkniederschläge nicht lokal, sondern grossräumig waren [3]. Die Karte Mitteleuropas (Bild 7) verdeutlicht die grossräumige Verteilung der schriftlichen Erwähnungen von betrof-
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fenen Ortschaften an Flüssen und Küsten. Das gesamte heutige Deutschland (ausser das Einzugsgebiet der Oder) wurde von Hochwasser erfasst [37]. Auch für die Lombardei, Kärnten, die Niederlande und Frankreich liegen Meldungen von Überflutungen vor [10], [25]. Die Häufung der Berichte im Maingebiet zeigt jedoch, dass dort das Zentrum der Hochwasserkatastrophe lag. Die für das 14. Jh. ausserordentlich hohe Anzahl von Schriftquellen die über das Sommerhochwasser 1342 berichten und ihre überregionale Streuung, dient als aussagekräftiges Indiz für ein katastrophales Ausmass dieser Überschwemmung. Aussergewöhnliche Wasserstände In Frankfurt stand das Wasser des Mains bis in die Bartholomäus-Kirche [13], in Nürnberg bis zum Rathaus [37]. Obwohl es in Limburg an der Lahn nicht viel geregnet hatte, konnte man mit Booten durch die Stadt fahren. Die Fulda in Kassel überschwemmte die alte und die neue (untere) Stadt auf vorher nie erlebte Weise, das Wasser stand bis zum Hochaltar der Neustadt-Kirche. In Minden erreichte die Weser einen so hohen Wasserstand, dass die Stadttore durchflossen wurden [37]. Rekonstruierte Pegel Ergebnisse der Rekonstruktion zeigen, dass das Hochwasser 1342 an manchen Flüssen (z.B. Main, Lahn) zu den höchsten bisher bekannten Wasserständen geführt hat [37]. In Würzburg z.B. erreichte der Pegel des Mains die Höhe von bis zu 1030 cm über dem Pegelnullpunkt [40] (Bild 8). Sensitivitätsüberlegungen zeigen, dass die natürliche Variationsbreite aber noch nicht ausgeschöpft ist [41]. «Daraus ziehen Tetzlaff et al., die schwerwiegende Schlussfolgerung, «dass – ungeachtet der hohen Wiederkehrzeit von rechnerisch 10 000 Jahren – mit noch höheren Wasserständen zu rechnen ist, als für 1342 beobachtet wurde. Aufgabe weiterer Untersuchungen muss es sein, diese Grenzen weiter zu quantifizieren» [41]. Rekonstruierte Abflüsse Für die Elbe existiert über die letzten 1000 Jahre eine Hochwasserchronologie, die das 1342-Hochwasser zu den grössten Sommer-Hochwassern zählt [27]. Nach groben Schätzungen übertrafen die im Juli 1342 an Rhein, Weser, Elbe und Donau abfliessenden Wassermengen diejenigen der grossen Fluten des 20. und frühen 21. Jh. um das Mehrfache [5]. Für genauere Vergleiche zwischen historischen Hochwasser eignen sich vor197
Bild 8. Pegel historischer Hochwasser, Jährlichkeiten und geschätzte Abflüsse des Mains in Würzburg. Die Jährlichkeiten gelten für den Main von Bamberg bis zur Saalemündung in Gemünden (Quelle: nach [39], [40], [45], [48]). wiegend Abflussmessungen pro Zeiteinheit, weniger Pegelangaben allein. Unter der Voraussetzung der Vergleichbarkeit der Frankfurter Pegel werden in einem Rekonstruktionsversuch die Scheitelabflusswerte des Mains auf ca. 3500 m3/s geschätzt (Bild 8. Das Hochwasserereignis dauerte vermutlich bis zu vier Wochen mit mittleren Abflusswerten von 1600 m3/ s. Diese Resultate entsprechen rechnerisch etwa einem Ereignis mit der Wiederkehrperiode von sogar 10 000 Jahren. Die Ermittlung dieser Jährlichkeit des Hochwasserabflusses beruht auf der Voraussetzung, dass es sich bei der statistischen 198
Verteilungsform der Abflussmaxima um eine Gumbelverteilung handelt und dass die Verteilungsform und -parameter über die Zeit stationär geblieben sind [41]. Andere Untersuchungen schätzen die maximale Abflussrate des Mains beim Frankfurter Osthafen sogar auf ca. 4000 m3/s, was einer maximalen Abflussspende des Mains von etwa 160 l/s km2 entsprechen würde. Wenn man während des wahrscheinlich ungefähr fünftägigen Niederschlags- und Hochwasserereignisses von einer mittleren Abflussspende des Mains von etwa 80 l/s km2 ausgeht, so trug dabei jeder Quadratmeter des Ein-
zugsgebietes durchschnittlich etwa 35 l Wasser zum Abfluss in Frankfurt bei [4]. Grenzen der Rekonstruktionsmöglichkeiten Grundsätzlich kommen die Verfahren von Abfluss- und Wahrscheinlichkeitsabschätzungen via Höhenvergleiche von Pegeln der Forderung nach quantifizierbaren Daten entgegen, wobei der stark hypothetische Charakter derartiger Bewertungen hervorgehoben werden muss [13]. Alle Komponenten des Systems sind mit einem mehr oder weniger grossen Fehler behaftet [41]. Aufzeichnungen über historische Hochwasser lassen sich oft nicht einfach in Abflussmengen (m3/s) umrechnen, sondern lediglich dazu zu nutzen, Extremereignisse approximativ einzustufen [31]. Vergleiche früherer Ereignisse mit denen der letzten 100 bis 150 Jahre sind schwierig. Zwar gibt es Hinweise auf frühere Pegelstände in Form von Hochwassermarken, doch die Gewässer und die Landschaft sind während der letzten Jahrhunderte stark verändert worden (z.B. durch ingenieurtechnische Umgestaltung der Flüsse) [37]. Laut einer Studie ist der «Vergleich früher gegen heute» ein Vergleich «Bericht gegen Messung», er lässt sich exakt nicht führen. Dennoch ist er nicht ohne Aussagekraft [37]. Doch trotz aller Unsicherheiten spricht vieles dafür, dass es in den letzten 1000 Jahren grössere Hochwasser gegeben hat als die seit Messbeginn nachgewiesenen [37]. Zeitgenössische Schriftquellen und Hochwassermarken deuten auf ausserordentlich hohe Pegel und Abflüsse hin [5]. Im Vergleich dazu erscheinen die beiden relativ aktuellen Hochwasser von 1997 und 2002 sogar nur als Mini-Hochwasser. Die Qualität der heutigen Hochwasserabschätzung ist abhängig von der Aussagekraft der Daten [13]. Aufwändige Rekonstruktionen dieser komplexen und sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren, insbesondere der Flusssysteme mit den Eigenschaften der damaligen Einzugsgebiete, sind nötig, um Vergleiche mit früheren und künftigen Hochwasser anstellen zu können. Sie erfordern eine Verknüpfung von diversen Methoden und bleiben zum jetzigen Zeitpunkt unvollständig [12]. 3.2
Katastrophale Bodenerosion
Bodenabtrag und Reliefveränderungen Das Hochwasser von 1342 hatte bis heute festzustellende Umformungen der Landschaft zur Folge [10]. In vielen mitteleuropäischen Landschaften enthalten Geoarchive Überreste einer Erosionskatastro-
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Bild 9. Profilausschnitt, anhand dessen mittels bodenkundlichsedimentologischer Analysen die Bodenentwicklungsdynamik für die letzten 10 000 Jahre entschlüsselt werden kann. Die Mächtigkeit des 1342er-Ereignisses ist deutlich sichtbar (Quelle: verändert nach [9]). phe. Detaillierte Sedimentanalysen weisen eindeutig auf Bodenerosion auslösende Starkniederschläge hin. Wahrscheinlich löste nur ein einzelner – oder zwei wenige Jahre auseinander liegende – Starkregen die beschriebene Entwicklung aus [4]. Ein damals extrem starker Oberflächenabfluss ist heute durch zahlreiche morphologische Befunde (Bild 9) nachgewiesen. Die flächenhafte wie auch linienhafte Bodenerosion erreichte katastrophales Ausmass und veränderte grossräumig Landschaften [3]. Linienhafte Erosion (Schluchten, Kerben) Besonders auf geneigten Standorten, denen eine schützende Vegetation fehlte, vermochte der Starkniederschlag gravierende Erosionsschäden auszulösen. Auf Hängen mit lockeren Substraten bewegten sich innerhalb weniger Stunden kleine Erosionsstufen hangaufwärts [5]. Auf vielen agrarisch genutzten Flächen und selbst unter Wald kam es zum Schluchtenreissen, wurden Erosionsrinnen geschaffen, die auch heute noch landschaftsbestimmend sind [3]. Das Hochwasser von 1342 riss mit seinen Wassermassen bis zu 14 m tiefe Schluchten [13]. Die steilen Kerbenwände verstürzten unmittelbar nach dem Kerbenreissen, und weitere schwach erosive Niederschlagsereignisse führten wieder zu einer weitgehenden Verfüllung dieser Erosionsformen, so dass heute an der Bodenoberfläche nichts mehr zu erkennen ist [3]. Flächenhafte Erosion Auch auf den nicht durch Zerschneidung zerstörten Äckern war die Erosion hoch. Die fruchtbaren geringmächtigen und bis dahin ackerbaulich genutzten Böden wur-
Bild 10. Landnutzung mit Wald-Offenland-Verhältnis und das mittlere Ausmass der Bodenerosion in Deutschland (ohne Alpenraum) seit dem Frühmittelalter (Quelle: verändert nach [5]) .
den zumeist vollständig flächenhaft abgetragen. Auf intensiv beweideten und daher vegetationsarmen Ödland- und Brachflächen, auf Äckern, sowie auf unbefestigten Wegen trat die stärkste Abflussbildung und flächenhafte Bodenerosion auf [5]. Die fruchtbaren Böden der ackerbaulich genutzten Hänge lagen nach dem Hochwasser von 1342 auf den Unterhängen und in den Talauen – oft begraben unter extrem steinigen oder tonigen, nur extensiv nutzbaren Schichten mit bis zu 40 cm grossen Steinen [3]. An den Akkumulationsstandorten war eine Inversion der Substrate entstanden [4]. Bestätigung aus Schriftquellen Schriftquellen aus anthropogenen Archiven belegen zweifelsfrei diesen aus den Geoarchiven ermittelten ungewöhnlich starken Oberflächenabfluss (Bild 8). Die Beschreibungen, dass fast alle unterirdischen Wasserquellen hervorbrachen, das Wasser von den Gipfeln der Berge hervorsprudelte und Giessbäche aus der Erde strömten, bestätigt eindrucksvoll den auf Bodenprofilanalysen beruhenden Befund einer exzessiven Bodenerosion und Zerrunsung (Rillenerosion) in der Mitte des 14. Jh [3]. Historisch einzigartiges Ausmass Die Veränderung der Landschaft wird üblicherweise als langsamer, stetiger Vorgang beschrieben, der sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend beschleunigte. Diese Annahme ist nicht grundsätzlich falsch, es gibt daneben jedoch auch Brüche in der Landschaftsgeschichte, wie die Erosionskatastrophe im 14. Jh. [42]. Die Katastrophenregen im Sommer 1342 verursachten Hochwasser, Oberflächenabfluss und Bo-
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denerosion, die in ihrem Ausmass und in ihrer Ausdehnung seither nicht annähernd ein zweites Mal erreicht wurden [3]. Untersuchungen von Bodenprofilen aus verschiedenen Teilen Deutschlands (Bild 9) haben ergeben, dass auf die früh- und hochmittelalterliche Phase schwacher flächenhafter Bodenerosion im Spätmittelalter eine Phase markanter Reliefveränderung folgte, die hinsichtlich der Art und der Intensität von Bodenerosion in der gesamten historischen Zeit einmalig ist. Kein Einzelereignis in historischer Zeit hatte einen derartigen Einfluss auf die Oberflächengestaltung wie das Hochwasser von 1342 [4]. Ein grosser Teil der Bodenerosion der letzten 1500 Jahre wurde hauptsächlich durch das Extremereignis von 1342 sowie einer 20 Jahre zuvor stattgefundenen ausserordentlich nassen Periode (1313–1316) verursacht [5] (Bilder 8, 9, 10). Eine hohe Zahl an Erosionsstandorten in Österreich, der nördlichen Schweiz, in allen deutschen Flächenländern, in Polen und in der Tschechischen Republik weisen ähnliche Grössenordnungen des spätmittelalterlichen Abtrages auf [4]. Ortschaften verloren während dieses Starkniederschlags wohl innerhalb weniger Stunden einen erheblichen Teil ihres Ackerlandes [5]. Die Fluten schwemmten so viel fruchtbaren Boden fort, wie bei normalen Wetterbedingungen in einem Zeitraum von 2000 Jahren erodiert wird [26]. Der Bodenabtrag in sechs Katastrophenjahren der zweiten Dekade des 14. Jahrhunderts in Deutschland wird auf jährlich 1.9 Mrd. t geschätzt. Im Jahr 1342 allein waren es etwa 13 Mrd. t. Zusammengenommen wurden von 1313 bis 1348 in Deutschland 34 Mrd. t 199
Boden erodiert. Das entspricht etwa der Hälfte des gesamten mittelalterlich-neuzeitlichen Bodenabtrags! Dadurch wurden die ackerbaulich genutzten, von Bodenerosion besonders betroffenen Flächen Deutschlands, von 1310 bis 1350 im Mittel um etwa 25 cm tiefer gelegt [4]. In den Mittelgebiergen verschwanden an vielen Hängen die geringmächtigen fruchtbaren Böden vollständig. Seitdem sind dort verbreitet nur langsam verwitternde Festgesteine exponiert [5]. 4.
Landnutzungsbedingte und meteorologische Ursachen
4.1
Intensivierung der Landnutzung
Rodungen und Bodenverarmung Die landwirtschaftlichen Nutzflächen hatten im hohen Mittelalter (Mitte des 13. Jh.) eine so grosse Ausdehnung besessen, die weder davor noch danach auch nur annähernd erreicht wurde [5] (Bild 10). Demzufolge hatte auch die Waldfläche eine ausserordentlich geringe Ausdehnung erreicht. Die verbliebenen, kaum ein Achtel Mitteleuropas bedeckenden Waldreste wurden zur intensiven Waldweide, Streusammlung, Holz- und Energiegewinnung genutzt und unterlagen einer beständigen Degradation. Die Böden verarmten praktisch ausnahmslos bis zur ersten Hälfte des 14. Jh. [3], [5]. Die Rodungen einer dichten Vegetation und anschliessender Ackerbau ermöglichten die Exposition gegenüber Niederschlägen [5]. Veränderung des Wasserhaushaltes Der Landnutzungswandel in Mitteleuropa veränderte auch den Wasser- und Feststoffhaushalt. Wird bei angenommenen konstanten klimatischen Verhältnissen der Gesamtabfluss untersucht, verdoppelt der Nutzungswandel vom 6. bis zum 14. Jh. in etwa den Gesamtabfluss in Mitteleuropa. Die Evapotranspiration Mitteleuropas war in den ausgeräumten Agrarlandschaften des frühen 14. Jh. – verglichen mit den Waldlandschaften der Völkerwanderungszeit – um annähernd 100 km3/a geringer, die Grundwasserneubildung und der Gebietsabfluss um den gleichen Betrag höher. Höhere Grundwasserspiegel in den Talauen (um wenige Dezimeter bis mehrere Meter) und an den Hängen (um viele Meter) waren Folgen des veränderten Gebietswasserhaushaltes [4]. Die Rhodungen in Mitteleuropa führten zur Förderung der Abflussbildung und somit zu stärkeren Hochwasser (Ausnahmen bilden Hochgebirge und die in ihnen entspringenden Flüsse) [5]. 200
4.2
Witterungsklimatische Ursachen
Wetterlage Die Rodungen und die darauf folgende landwirtschaftliche Nutzung lösten Bodenumlagerungen aber nicht unmittelbar aus. Dies war nur im Zusammenspiel mit einem Extremniederschlag möglich [3]. Das Jahr 1342 war insgesamt, und zwar europaweit, kalt und sehr nass. In Süddeutschland, der Schweiz und Österreich herrschte noch Anfang April heftige Kälte, und der Frühling war ebenfalls sehr regnerisch, so dass der gesättigte Boden die starken Regenfälle im Sommer nicht mehr aufnehmen konnte [10], [41]. Im Juli verheerten dann heftigste, tagelang anhaltende Niederschläge mit daraus resultierenden Überschwemmungen beinahe aller deutschen Flüsse das westliche Mitteleuropa [5]. Die meteorologischen Verhältnisse im restlichen Europa erinnern an jene während der beiden grossen Hochwasser von 1997 und 2002 [25]. Es wird davon ausgegangen, dass es sich beim Ereignis von 1342 auch um eine Grosswetterlage, eine sogenannte Vb («fünf B»)-Wetterlage gehandelt haben muss [5], [26]. Typisch für diese Wetterlage ist die Entstehung einer Zyklone, die sich – zumeist aus einem oberitalienischen Tief – am östlichen Alpenrand entwickelt und über Österreich, Ungarn und Polen hinweg zur Ostsee längs einer als Vb bezeichneten typischen Zugbahn zieht. Die von ihr mitgeführten feuchtwarmen Luftmassen aus dem Mittelmeer führen beim Aufgleiten auf die nördlich und westlich vom Tief liegende Kaltluft meist zu sehr ergiebigen, anhaltenden Niederschlägen und in ihrem Gefolge zu Sommerhochwasser von z.B. der Elbe und Oder [28], [44]. Auch weitere Hinweise auf ungewöhnliche meteorologische Phänomene in anderem Teilen Europas deuten auf eine Vb-Wetterlage hin. Während 1342 Mitteleuropa in Regenmassen versank, herrschte in England eine grosse Trockenheit [24]. Aus Osteuropa – Österreich, Tschechien, Slowakei und Ungarn – fehlen Hinweise zu Sommerhochwasser. Dagegen wurden dort in allen anderen Jahreszeiten auffällig intensive Überschwemmungen in den Einzugsgebieten der Donau und der Tisza erwähnt. Für den Sommer können kühle Temperaturen angenommen werden. Im Frühherbst wird zudem von ausserordentlicher Kälte mit starkem Schneefall berichtet, und esgibt Hinweise, dass es in der Gegend der Nord-
ostslowakei im Sommer zudem zu starken Winden und einer Dürre gekommen sein könnte [22]. Zwischen Island und Grönland wurde wegen vermehrt auftretendem Meereseises um 1342 schliesslich die alte Segelroute zugunsten eines weiter südlich verlaufenden Seeweges aufgegeben [24]. Alle diese gefundenen Hinweise unterstützen die Annahme einer ausserordentlichen Wetterlage – oder einer ganzen Folge markanter Wetterkonstellationen von Jahresbeginn bis in den Herbst hinein – die sich in ganz Europa auswirkte. Anzunehmende Niederschlagsmengen Die Anfänge einer empirischen Meteorologie können in Deutschland erst auf Ende des 14. Jh. datiert werden [38]. Einige Schriftquellen weisen jedoch indirekt auf den zeitlichen Verlauf des Ereignisses vom Sommer 1342 und damit auch auf die Wetterlage hin. Die Niederschläge begannen im Raum Franken und Thüringen, und das Niederschlagsgebiet wanderte nach Nordwesten. Die zeitgenössischen Beschreibungen vermitteln ein apokalyptisches Szenario sintflutartiger und flächenhaft über Mitteleuropa verbreiteter Niederschläge [5] (Bild 6). Die effektiven Niederschläge im Main-/Tauber-Einzugsgebiet während vier Tagen werden auf 175 mm bilanziert, was einer heutigen durchschnittlichen Niederschlagssumme von drei Monaten entsprechen würde [14]. In Frankfurt wurde die innerhalb von acht Tagen gefallene Regenmenge sogar auf die Hälfte des heute in dieser Region üblichen jährlichen Niederschlags geschätzt [13]. Der Boden konnte die immensen Wassermassen nicht aufnehmen, es kam zu grossflächigen Oberflächenabfluss und zu Überschwemmungen [26]. Ein derartiges Ereignis ist seither nicht wieder aufgetreten [13]. Mögliche Auslöser des Wolkenbruchs Als Auslöser für einen so aussergewöhnlich gewaltigen und anhaltenden Wolkenbruch kommen verschiedene Faktoren in Frage. Ob ein Vulkanausbruch im Vorjahr, z.B. der Ausbruch der Hekla [15] oder eines Vulkans auf den Kanaren [16], für den extremen Wolkenbruch mitverantwortlich gewesen sein könnte, oder ob allenfalls der El Niño einen verstärkenden Einfluss auf den Niederschlag in Mitteleuropa hatte, muss noch näher untersucht werden [25]. Auch ein Einfluss des Menschen im Mittelalter auf die Veränderungen der Wasserhaushaltskomponenten (z.B. geminderte Evapotranspiration), auf das regionale Klima und Witterungsextreme muss noch genauer erforscht und quantifiziert werden [5].
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Bei der Betrachtung der klimatischen Entwicklungen im Mittelalter fällt auf, dass das Extremereignis des Sommers 1342 in eine Phase mit ausserordentlich ungünstigen und extremen Witterungsereignissen fällt [5]. Auf eine Periode mit günstigem Klima im Hochmittelalter («Mittelalterliches Optimum», 10.–13. Jh.) war eine rasche Umstellung (innerhalb von nur 20 Jahren) auf eine Phase mit kühlerer Witterung («Kleine Eiszeit», 14.–18. Jh.) gefolgt [30], [34]. Die Periode 1342–47 wird sogar als eine der nassesten und kältesten innerhalb des letzten Jahrtausends herausgestellt und gemäss Pfister zu Recht als die vielleicht «härteste ökologische Belastungsprobe des letzten Jahrtausends» bezeichnet [29]. Das Hochwasser 1342 bildet hierbei den markanten Höhepunkt dieser äusserst nasskalten Phase. Ob es jedoch tatsächlich eine kausale Verbindung zwischen dem raschen Klimawandel und dem Auftreten extremster Niederschläge gab, ist Gegenstand gegenwärtiger Forschung. 4.3 Verkettung von Ursachen Das Auftreten der Flut 1342 lässt sich als Folge einer tragischen Verkettung mehrerer Faktoren erklären: Die meteorologischen Auswirkungen einer ausserordentlichen Wetterlage wurden durch die Beschaffenheit der Böden verschärft. Zudem erhöhte die Entwaldung die Abflussgeschwindigkeit des Wassers [26]. Dieses Zusammentreffen von intensiver Landnutzung auf zahlreichen gerodeten Hängen und aussergewöhnlich extremen Niederschlägen führte schliesslich zur stärksten Bodenerosion, die ein einzelnes Ereignis während der vergangenen 1500 Jahre, in einigen Landschaften während des gesamten Holozäns, in Mitteleuropa ausserhalb der Alpen ausgelöst hatte [5]. 5.
5.1
Auswirkungen auf Gesellschaft und Landschaft
Wiederaufbau und «mittelalterlicher Hochwasserschutz» Die Zerstörungen durch die Flut machten für die Menschen damals verschiedene Massnahmen notwendig. Es wurde wieder aufgebaut, was zerstört worden war. Weil die Flüsse Sand und Geschiebe mit sich geführt und auf den überfluteten Äckern abgelagert hatten (Aufsedimentation), mussten die Bauern wochenlang arbeiten, um die Äcker wieder nutzbar zu machen [10]. Zur Deckung der immensen Kos-
ten gewährte z.B. Ludwig der Bayer zum Wiederaufbau der Brücken Brückenzoll [21]. Auch die Entstehung von Deichverbänden am Niederrhein wurden vom Hochwasser beeinflusst, indem im Folgejahr z.B. das Deichrecht von Kranenburg erlassen wurde [37]. Ausserdem wurden nach dem Hochwasser 1342 Flussbegradigungen vorgenommen, so z.B. 1343 die Verlegung des Donaubettes in einer Flussschleife beim Kloster Oberalteich, um die ständige Hochwasserbedrohung zu bannen [32], [37]. Jede lokale Obrigkeit war selbst für die Finanzierung und den Bau von Dämmen oder Uferschutzmauern zuständig. Erst ab dem 18. Jh. wurden im deutschsprachigen Raum Hochwasserschutzmassnahmen im grösseren Stil realisiert. Im Mittelalter waren es weniger bauliche als vor allem religiöse Schutzmassnahmen, wie Gebete, die dem Hochwasserschutz dienten [10]. Als eine Art «Hochwasserschutz des Mittelalters» wurde z.B. am Magdalenen-Tag jährlich eine grosse Bittprozession abgehalten, mit der Absicht, ein weiteres solches Ereignis abzuwenden [13]. 5.2
Agrarkrise und Hungersnöte von 1343 und 1344 Die Bevölkerungsentwicklung begann im frühen 14. Jh. zu stagnieren. Das Bevölkerungswachstum hatte Mitteleuropa an die Schwelle der Tragfähigkeit geführt. Dann kam die Hochwasserkatastrophe von 1342 hinzu. Die vollkommene Beseitigung des Bodens einschliesslich der gesamten Lockersedimentdecke führte vielerorts zur Aufgabe der ackerbaulichen Nutzung [5]. Diese fortschreitende Verarmung der Böden führte in den folgenden Jahren zu verminderten Erträgen und dadurch zu Hungersnöten [3] sowie zu einer Agrarkrise, die erst im Laufe des 15. Jh. überwunden werden konnte [33]. 5.3
Die Pest von 1348
Geschwächte Bevölkerung Es lässt sich eine indirekte Verknüpfung zwischen dem Hochwasser 1342 und dem Ausbruch der Pestepidemie vermuten. Die durch das Hochwasser 1342 ausgelöste Bodenerosion führte in den Folgejahren zusammen mit anhaltend kühlfeuchter Witterung zu Mangeljahren mit Missernten und Hungersnöten [18]. Die europäische Bevölkerung wurde dadurch körperlich geschwächt, und die Krankheitsanfälligkeit von Menschen und Tieren stieg an [21], [24], [35]. Möglicherweise spielte bei dieser Schwächung auch die vorangegan-
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gene europaweite Grosse Hungerkrise von 1315–22 eine entscheidende Rolle, denn Hungerstress in der Kindheit bewirkt lebenslang eine grosse Anfälligkeit für Krankheiten [2]. Der «Schwarze Tod» in Europa Dies war die Situation, in der die Grosse Pest Europa erreichte. 1346 brachten die Taraten die Seuche auf die Krim, von wo aus sie 1347 mit genuesischen Schiffen nach Italien gelangte. Danach breitete sie sich auf dem See- und Landweg nach Frankreich, England, Norwegen und Deutschland aus [2]. Durch den Bevölkerungsrückgang von 25–35% [4] zählt die Pest von 1348–1350, der «Schwarze Tod», zu den grössten Katastrophen in der Geschichte Europas [2]. Durch sie wurden die Erinnerung an das Hochwasser von 1342 relativ schnell aus dem Bewusstsein der Menschen verdrängt, und die langfristigen Folgen von den Zeitgenossen und späteren Chronisten und Historikern nicht mit dem Hochwasser in Verbindung gebracht – und auch heute selten berücksichtigt. Das Hochwasserereignis stand bald im Schatten des auf den ersten Blick viel markanteren Pestereignisses und seines Schreckens. Analogie in China Bei der Untersuchung der Bedingungen für den Ausbruch der Pest fällt auf, dass sich bereits einige Jahre zuvor Analoges in China abspielte [2]. Im Jahr 1332 ereignete sich in China eine katastrophale Flut in den grossen Flussgebieten. Der Gelbe Fluss war schon in den Jahren davor mehrmals über die Ufer getreten und hatte schwere Hungersnöte zur Folge. Im Jahr nach der grossen Flut in China brach dort die Pest aus [23]. Von der Mongolei breitete sie sich der Seidenstrasse entlang Richtung Westen aus [2]. Die Ähnlichkeit der Abläufe in China mit jenen anschliessend in Europa ist verblüffend und lässt – bei beiden Seuchenzügen in China wie auch in Europa – die Vermutung zu, dass eine durch Hunger geschwächte Bevölkerung eine rasche und flächenhafte Ausdehnung des Pestbakteriums begünstigt. 5.4
Wüstungsprozess und Landnutzungsänderungen
Wüstungsprozess und Zunahme des Waldes Nach der Rodungsphase vom 11. bis 13. Jh. kam es zur Wüstungsphase des 14. und 15. Jh. [1] mit dem Verlassen von Ortschaften, der Aufgabe von Äckern und dem Vordringen des Waldes [4] (Bild 10). Natur201
wissenschaftliche Befunde zeigen, dass nicht eine weit verbreitete Fehlsiedlung auf wenig fruchtbaren Böden, sondern die vollständige Abtragung von ackerbaulich gut nutzbaren Lockersedimentdecken infolge extremer flächenhafter Bodenerosion das Wüstfallen riesiger Flächen ausgelöst hat [3]. Äcker, die ihre fruchtbare Bodendecke durch Bodenerosion verloren hatten oder zerschluchtet worden waren, fielen für Jahrhunderte oder dauerhaft wüst. Frühere Äcker bewaldeten sich wieder oder wurden als Dauergrünland genutzt. Obwohl durch die Wiederbewaldung eine Humusschicht zu wachsen begann, wird die Bildung neuer nutzbarer Böden denoch noch weitere Jahrhunderte dauern. Die Schäden von damals wirken somit bis heute nach [5]. Veränderte Ernährungsgewohnheiten Im frühen 14. Jh. standen für die Ernährung eines Menschen kaum mehr als zwei Hektar Ackerland zur Verfügung. Der überwiegende Teil der Bevölkerung musste sich von Getreideprodukten ernähren. Hohe Fleischpreise gestatteten nur einer Minderheit einen ausreichenden Fleischkonsum. Die Bevölkerung Mitteleuropas nahm vor allem durch Hungersnöte in Mangeljahren, durch Fehden und Kriege sowie der Pest stark ab. Viele fruchtbare Böden waren durch das Hochwasser 1342 weggespült worden, nur wenige übrig gebliebene gute und günstig gelegene Böden wurden intensiv genutzt. Als Folge ging der Getreideanbau in der zweiten Hälfte des 14. Jh. stark zurück (Bild 10). Durch das zunehmende Halten von Rindern und Mästen von Schweinen im Wald wurde auch die Nahrungsmittelproduktion umgestellt [5], [33]. Die «Zwangsvegetarier» der ersten Hälfte des 14.Jh. wurden nach 1350 zu intensiven Fleischessern, und der Fleischverzehr erreichte bald ein heute kaum vorstellbares Ausmass [5]. An den rund 200–220 kirchlich erlaubten «Fleischtagen» wurde knapp ein Pfund Fleisch täglich verzehrt, was einem jährlichen Fleischverbrauch von rund 100 kg pro Kopf entspricht. Der heutige Fleischkonsum in der Schweiz beträgt im Vergleich dazu – im Wesentlichen ohne Fasttage – nur ein Drittel davon [42]. 6. Bedeutung für heute Das Hochwasser 1342 ist die grösste bis heute bekannte Umweltkatastrophe in Mitteleuropa [37]. Anhand seines sehr grossen Ausmasses und der überregionalen Verbreitung lässt es sich als «katastrophales Hochwasser» typisieren. Es übertrifft die uns heute bekannten Extremfälle erheblich 202
und bildet sozusagen den «hydrologischen GAU» seit der letzten Eiszeit [31]. Eine Exposition gegenüber einem so gewaltigen Niederschlagsereignis wäre auch in der heutigen Welt verheerend und würde allein in der versicherungstechnischen Bewältigung grosse Probleme bereiten [5]. Europaweit werden die Schäden, die z.B. das wesentlich kleinere SommerHochwasser 2002 verursacht hat, von der Münchner Rückversicherung auf 13 Mrd. Euro geschätzt (in Deutschland allein 9.2 Mrd. Euro, was auf eine Belastung von 130 Euro pro Bundesbürger käme) [20]. Bei der Bewertung des Hochwassergeschehens bleibt zu berücksichtigen, dass es in Mitteleuropa Phasen gab, in denen Hochwasser deutlich häufiger als heute auftraten. Zudem gab es in historischer Zeit Einzelereignisse, die schwerer waren als die der letzten 200 Jahre, d.h. derjenigen Periode, auf welche sich die heutigen Abschätzungen im Hinblick auf den Hochwasserschutz i.d.R. beziehen [13]. Man muss davon ausgehen, dass eine deutlich höhere natürliche Variabilität im Auftreten von Klimakatastrophen existiert als die aktualistische Betrachtung erkennen lässt [13]. Obwohl der Grad von Auswirkungen der Klimaänderung auf das Hochwassergeschehen noch ungewiss ist, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass sich Wetterkonstellationen der Vergangenheit heute nicht wiederholen oder in anderen Regionen Europas in ähnlichem Ausmass auftreten können. Jedenfalls müssen wir mit wesentlich grösseren Hochwasser rechnen als denjenigen, die seit 1850 aufgetreten und gemessen worden sind. Das grösste Katastrophenpotenzial liegt oft allein in der Fehleinschätzung von Desastern. Zu stark liegt jeweils die Aufmerksamkeit auf dem jüngst Erfahrenen, und zu schnell verliert man aus dem Blick, dass noch Schlimmeres möglich ist.
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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
203
Einbettung von Verfahren zur Fliessgewässerbewertung in ein übergeordnetes Gewässermanagementkonzept Vorschläge am Beispiel des Modulstufenkonzepts Simone D. Langhans, Peter Reichert
1. Einleitung Bewertungsverfahren für Fliessgewässer sind ein wichtiges Element des Flussmanagements. Durch die Bewertung spezifischer Indikatoren wird der Zustand sowie die Dynamik eines Flussabschnitts ermittelt, Defizite aufgedeckt und möglicher Handlungsbedarf abgeleitet. Bewertungen können Aufschluss geben über die Veränderung eines Fliessgewässerzustands vor und nach der Realisierung einer Massnahme und ermöglichen es, die Entwicklung dieser Veränderungen zu verfolgen. In der Schweiz wurde bereits in den 90erJahren das Modulstufenkonzept (MSK) initiiert, welches zum Ziel hat, Vollzugshilfen für die Überprüfung gesetzlicher Vorgaben im Gewässerschutz zur Verfügung zu stellen (Bundi et al., 2000). Seither entwickelt das Bundesamt für Umwelt BAFU, zusammen mit der Eawag und kantonalen Fachstellen, Bewertungsmethoden, die eine einheitliche Beurteilung des Zustands der Schweizer Flüsse ermöglichen. Die Methoden umfassen hydrologische, morphologische, chemisch-physikalische, ökotoxikologische und biologische Elemente der Gewässerqualität und wurden ursprünglich für jeweils zwei Stufen geplant. Die Stufe F ist durch ihren geringen Bearbeitungsaufwand für eine flächendeckende Untersuchung geeignet. Die Stufe S soll eine detailliertere und daher aufwändigere Beurteilung ausgewählter Gewässersysteme unter Einbezug einer Referenz ermöglichen sowie die Ableitung eines Massnahmenplans unterstützen (Bild 1). Bereits publizierte MSK-Methoden (sog. Module) bewerten den «Äusseren Aspekt» (Binderheim und Göggel, 2007), die Ökomorphologie (Hütte und Niederhauser, 1998), die Hydrologie (Pfaundler et al., 2011), die Nährstoffe (Liechti, 2010), die Fische (Schager und Peter, 2004), die 204
Kieselalgen (Hürlimann und Niederhauser, 2007) und das Makrozoobenthos (Stucki, 2010) auf Stufe F. Für die Ökomorphologie liegt ebenfalls eine Bewertungsmethode für Stufe S vor (BAFU, 2010), für die Fische soll diese nächstens folgen. Für die Probenahme der Makrophyten wurde eine Anleitung publiziert (Känel et al., 2009), Bewertungen zur Temperatur und Ökotoxikologie stehen noch in der Konzeptionsphase. Weitere Informationen zu den einzelnen MSK-Modulen sowie deren (online) Publikation gibt es im Internet unter http://www. modul-stufen-konzept.ch. Die zahlreich publizierten MSKModule sowie die Akzeptanz derselben in der Praxis unterstreichen den Erfolg dieser Methoden. Die AutorInnen dieses Artikels schlagen daher vor, die MSKModule sowie die damit erhobenen Umweltdaten in Zukunft auch als Basis für
ein umfassendes Flussmanagement zu nutzen, da durch den expliziten Einbezug ökologischer Bewertungsverfahren als zentrales Element noch mehr von diesen Verfahren profitiert werden kann. Um dies zu erleichtern, ist es vorteilhaft, die ökologische Zustandsbewertung als Wertfunktionen im Sinn der Entscheidungstheorie zu formulieren (Reichert et al., 2011). Entscheidungstheorie ist ein Instrument das eingesetzt wird, um bei komplexen Entscheiden, welche oft widersprüchliche Ziele haben, eine optimale Lösung zu finden (Keeney, 1982, Eisenführ et al., 2010). Sie wird verbreitet bei umweltbezogenen Entscheidungssituationen, auch in den Bereichen Gewässermanagement (Jouber et al., 2003, Linkov et al. 2006) oder Flussmanagement (Reichert et al., 2007, Corsair et al., 2009), angewendet. Durch die Formulierung der ökologischen Bewertung in
Bild 1. Aufbau des MSK mit verschiedenen Modulen und Stufen. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Bild 2. Zielhierarchie mit Oberziel, vier Unterzielen und zugehörigen Attributen abgeleitet aus dem Modul Ökomorphologie auf Stufe F. Der Attributbereich ist jeweils in runden Klammern und die Messeinheit in eckigen Klammern angegeben. Form einer Wertfunktion, kann diese leicht in das umfassendes Konzept zur multikriteriellen Entscheidungsunterstützung im Wassermanagement (MCWM), welches im Artikel Reichert et al. (2011) eingeführt wurde, eingebunden werden. Die aus dem MCWM resultierenden Vorteile sind: i) die Möglichkeit einer integrativen Fliessgewässerbewertung auf verschiedenen Ebenen bei gleichzeitiger Offenlegung der Einzelbewertungen, ii) eine daraus abgeleitete integrative Massnahmenplanung iii) sowie eine unterstützte Entscheidungsfindung über vorgeschlagene Massnahmen, beispielsweise bei Flussrevitalisierungen. Im Entwurf der MSK-Synthese (Baumann und Langhans, 2010) wurde bereits ein Vorschlag zur integrativen grafischen Darstellung und Beurteilung des Gewässerzustands gemacht. Im Gegensatz zu dem von uns vorgeschlagenen Konzept, werden die Module mit der MSK-Synthese jedoch nur partiell zu einer abiotischen sowie einer biologischen Bewertung des Gewässerzustands integriert. Die Einzelwerte der Bewertungen werden dabei mittels Worst-case-Aggregation zusammengefasst. Bei einer Worst-caseAggregation wird die schlechteste der Einzelbewertungen als integrative Bewertung auf der höheren Stufe übernommen. Bei Anwendung der Worst-case-Aggregation kann also nur eine Verbesserung im Gesamtwert auftreten, falls sich der schlechteste Einzelwert verbessert. Eine Qualitätsverbesserung einer der anderen Einzelwerte wird im Gesamtwert nicht ersichtlich. Das kann dazu führen, dass relevante Verbesserungen im Gesamtwert nicht sichtbar werden, was nicht zielführend ist. Schliesslich gibt es momentan
keine Pläne, wie die Resultate aus der MSKSynthese in ein integratives Flussmanagement eingebettet werden könnten. In dem von uns vorgeschlagene Konzept werden Ideen aus der MSK-Synthese übernommen und, falls eine Worst-case-Aggregation implementiert würde, könnten deren Resultate reproduziert werden. In diesem Artikel wird am Beispiel des MSK erläutert, wie ein konventionelles ökologisches Bewertungsverfahren angepasst werden kann, um es im Rahmen des Konzepts für multikriterielle Entscheidungsunterstützung im Wassermanagement (MCWM, Reichert et al., 2011) zur Zustandsbewertung und Entscheidungsfindung zu nutzen. Dieser Artikel konkretisiert damit das in Reichert et al. (2011) skizzierte Konzept. In Kapitel 2 wird dargestellt, wie die Ziele der einzelnen MSKModule in einer Zielhierarchie dargestellt werden könnten. Kapitel 3 erklärt wie die Einzelbewertungen aus den MSK-Modulen in Wertfunktionen umformuliert werden können, und in Kapitel 4 wird die Integration dieser Wertfunktionen durch passende Aggregationstechniken aufgezeigt. Kapitel 5 beschreibt anhand eines konkreten Beispiels wie die Erstellung, Verarbeitung und Visualisierung der Bewertungen von einer Software unterstützt werden können. In Kapitel 6 werden konkrete Ergänzungen des MSK vorgeschlagen, bevor Kapitel 7 die wichtigsten Punkte nochmals zusammenfasst. 2.
Einbettung der MSK-Module in eine Zielhierarchie Um eine integrative Bewertung mittels einer Wertfunktion zu erleichtern ist es empfehlenswert, zuerst die Ziele aus den
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
MSK-Modulen in Form einer Zielhierarchie darzustellen. Eine Zielhierarchie ist eine Ansammlung von Zielen, welche hierarchisch angeordnet sind. Oberziele sind in spezifischere und möglichst komplementäre Unterziele aufgelöst, die zusammen alle wesentlichen Aspekte des Oberziels beinhalten (Eisenführ et al., 2010). Zielhierarchien werden benutzt, um die Vollständigkeit und Komplementarität der Zielsetzung eines Projektes, in unserem Fall die Bewertung des naturnahen ökologischen Zustands, besser überprüfen zu können. Um die Ziele aus dem MSK in eine Zielhierarchie zusammenzuführen, werden die Ziele aus den verschiedenen Modulen separat in Zielhierarchien übersetzt. In Bild 2 ist exemplarisch die Zielhierarchie für das Modul «Ökomorphologie Stufe F» dargestellt. Die Zielhierarchien der verschiedenen Module werden dann zu einer Zielhierarchie für den naturnahen ökologischen Zustand zusammengeführt (Bild 3). Die Kombination der Ziele aus den Modulen in einer Zielhierarchie (Bild 3) erfordert, im Vergleich zum MSK, zusätzliche Strukturen: um eine integrative Bewertung zu ermöglichen, werden die Unterziele auf Ebene 4 betreffend «Nährstoffe und Äusserer Aspekt» in den übergeordneten Zielen «Naturnahe Nährstoffkonzentrationen» und «Naturnaher Äusserer Aspekt» zusammengefasst, wohingegen diese Unterziele in den entsprechenden Modulen nur separat behandelt werden. Im Gegensatz zur MSK-Synthese (Baumann und Langhans, 2010), wo die Bewertungen der Ökomorphologie, Hydrologie und Nährstoffe in einen abiotischen Wert aggregiert werden, wird in der hier vorgeschlagenen 205
Zielhierarchie ein Zwischenschritt eingeschoben: Die Ökomorphologie, Hydrologie und Temperatur werden im Ziel «Naturnaher hydromorphologischer Zustand» zusammengefasst, die Nährstoffe und die
ökotoxikologisch schädlichen Stoffe im Ziel «Naturnahe Chemie/Ökotoxikologie». Zusätzlich schlagen wir vor, die beiden Ziele mit der «Biologie» und dem «Äusseren Aspekt» zu einem einzigen Oberziel «Na-
turnaher ökologischer Zustand» zu aggregieren. Um den Erreichungsgrad eines Ziels messbar zu machen, werden den Unterzielen auf der jeweils untersten hierarchischen Ebene objektiv messbare Grössen, die Attribute zugeordnet (Eisenführ et al., 2010). Ausprägungen von MSKAttributen werden im Feld kontinuierlich (beliebiger Wert innerhalb eines Bereichs; z.B. Messung der organischen Kohlenstoff-Konzentration (TOC)) oder diskret (endli-che Zahl von Werten; z.B. keine, vereinzelte, viele Feststoffe/Abfälle) bestimmt. Bild 2 zeigt exemplarisch die Attribute des Moduls «Ökomorphologie F», welche für die Bewertung der jeweiligen Unterziele verwendet werden. 3.
Bild 3. Vorgeschlagene Zielhierarchie für das Oberziel «Naturnaher ökologischer Zustand». Strukturen in schwarz wurden direkt aus den MSK-Modulen übernommen, Strukturen in grau neu hinzugefügt.
Darstellung der MSK-Bewertungen in Wertfunktionen Zustandsbewertungen werden in der Entscheidungstheorie mittels sogenannten Wertfunktionen quantifiziert. Die Wertfunktion drückt den Erreichungsgrad eines Ziels (z.B. «Naturnaher Uferbereich») als Funktion der messbaren Attribute des Systems aus (z.B. «Uferbreite» oder «Uferbeschaffenheit», Eisenführ et al., 2010, Reichert et al., 2011). Eine Wertfunktion kann nur Werte zwischen 0 (für einen sehr schlechten) und 1 (für den naturnahen Zustand) annehmen. Da es wegen der grossen Zahl von Attributen sehr schwierig ist, den Wert des Oberziels direkt in Funktion aller Attribute zu formulieren, wird die Wertfunktion gemäss den Zielen hierarchisch konstruiert. Dabei werden Wertfunktionen pro Unterziel der tiefsten hierarchischen Ebene formuliert, welche zur Quantifizierung der Erfüllung der höheren Ziele (und schliesslich des Oberziels) in weiteren Schritten aggregiert werden (Kapitel 4). Der grosse Vorteil von Bewertungen mittels Wertfunktionen ist, dass sie untereinander vergleichbar sind, auch wenn die gemessenen Attribute unterschiedliche Messeinheiten oder Bereiche haben. Um diesen Vorteil nutzen zu können, müssen die bereits bestehenden
Bild 4. Abbildung der MSK-Qualitätsklassen auf die Wertskala bei A) fünf, B) vier und C) drei Klassen. 206
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Bewertungen der MSK-Module in Wertfunktionen dargestellt, d.h. umformuliert werden. Je nach Bewertungsart werden dabei drei Fälle unterschieden: Umformulierungen von diskret (Kapitel 3.1), nicht zwingend diskret (Kapitel 3.2), und kontinuierlichen Bewertungen (Kapitel 3.3). Diskrete Bewertungen basieren auf Attributdaten, welche nur diskret erhoben werden können. Nicht zwingend diskrete Bewertungen basieren im MSK ebenfalls auf diskreten Attributdaten, könnten jedoch auch kontinuierlich erhoben werden. Kontinuierliche Bewertungen basieren auf kontinuierlich erhobenen Daten. Wo immer möglich und vom Aufwand her gerechtfertigt, sind kontinuierliche Attributdaten vorzuziehen (Begründung siehe Kapitel 6). Im Folgenden wird das Vorgehen bei der Umformulierung erläutert. Für alle drei Fälle muss zuerst definiert werden, wie die Qualitätsklassen aus dem MSK auf die Wertskala (Bild 4, yAchse) abgebildet werden. Dies ist nötig, da das MSK keine kontinuierliche Wertskala, sondern nur diskrete Qualitätsklassen kennt. Auf der Wertskala entspricht die Länge eines Intervalls dem entsprechenden Wertverlust oder Wertgewinn. Bei der Bewertung mit fünf Qualitätsklassen (z.B. Hydrologie, Bild 4A) werden die Klassen von uns so gewählt, dass sie je-
weils einem gleich langen Wertintervall entsprechen. Das ist eine naheliegende Interpretation, die aber im MSK nicht explizit diskutiert wird. Bei dieser Interpretation entspricht jede Klasse einem Wertintervall der Länge 0.2 (siehe Reichert et al., 2011). Im MSK wird ein ausreichend guter Zustand gemäss Gewässerschutzgesetz (GSchG) bzw. Gewässerschutzverordnung (GSchV) einer der obersten beiden Klassen zugeordnet (grün, blau), während ein ungenügender Zustand zu einer Bewertung in einer der unteren drei Klassen führt (gelb, orange, rot). Auf der Wertskala bedeutet das, dass der Wert bei einem ausreichend guten Zustand mindestens 0.6 beträgt. Beim Modul «Ökomorphologie F» werden nur vier Klassen verwendet (Bild 4B). Da hier ebenfalls die obersten zwei Klassen zu einem gesetzlich ausreichend guten Zustand führen, muss der Wert, der die zweite von der dritten Klasse trennt, ebenfalls 0.6 sein. Bei einer Zuordnung gleich breiter Klassen jeweils für den Bereich oberhalb und unterhalb von 0.6 ergeben sich für die besten beiden Klassen eine Breite von 0.2 und für die beiden schlechten Klassen eine Breite von 0.3. Analog dazu kommen die Grenzen bei drei Zustandsklassen (Bild 4C), wie sie im Modul «Äusserer Aspekt» verwendet werden, bei den Werten 0.3 und 0.6 zu liegen.
3.1
Umformulierung von diskreten Bewertungen Ansatz: Diskreten Attributen werden diskrete Werte der Wertfunktion zugewiesen, die äquidistant auf das Intervall von 0 bis 1 verteilt werden. Dies gilt nur, wenn keine Begründung für eine andere Wahl vorliegt und/oder die resultierenden Werte mit den vorgegebenen MSK-Qualitätsklassen kompatibel sind. Andernfalls werden Teilbereiche äquidistant eingeteilt. Beispiele: Das Attribut «Schaum» aus dem Modul «Äusserer Aspekt» wird in drei Ausprägungen (kein, wenig/mittel, viel) gemessen. Die beste (kein Schaum) bzw. schlechteste (viel Schaum) Ausprägung erhält die Werte 1 bzw. 0. Der mittleren Ausprägung (wenig/mittel) wird der Wert 0.5 zugewiesen, welcher durch eine äquidistante Teilung der Werte zwischen 0 und 1 entsteht (Bild 5A). 0.5 liegt im gelben Bereich der Wertskala, was mit der MSK-Qualitätsklasse für diese Attributausprägung übereinstimmt. Beim Attribut Makroindex (MI) aus dem Modul «Entwurf Makrozoobenthos F» (Frutiger und Sieber, 2005) können die Werte nicht äquidistant zwischen 0 und 1 verteilt werden, da sonst der Wert für die Attributausprägung MI = 5 in die falsche Qualitätsklasse zu liegen kommt (gelb anstatt orange wie im MSK vorgegeben). Daher wird hier der Attributausprägung MI = 4 der Wert 0.5 zugeordnet, und die beiden Teilbereiche (MI 1–4 und 4–8) äquidistant eingeteilt. Dies führt zu den Werten 1, 0.833, 0.667, 0.5, 0.375, 0.25, 0.125 und 0 für die Attributausprägungen des MI von 1–8 (Bild 5B). 3.2
Bild 5. Umformulierung von diskret erhobenen Attributdaten in Werte. Bewertung der Ausprägungen A) des Attributs Schaum und B) des Attributs Makroindex.
Bild 6. Umformulierung von nicht zwingend diskreten Bewertungen. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Umformulierung von nicht zwingend diskreten Bewertungen Ansatz: Es wird eine kontinuierliche (stetige) Wertfunktion konstruiert. Da in der aktuellen Datenbasis nur die Zugehörigkeit der erhobenen Attributausprägung zum Attributbereich bekannt ist (nicht aber zu einem bestimmten Wert), werden die Werte der Attributausprägungen so konstruiert, dass sie den Bewertungen der Mittelpunkte der Attributbereiche entsprechen. Dies führt dann wegen der stückweisen Linearität der Wertfunktion zu Werten in der Mitte der zugehörigen Qualitätsklassen. Dies wurde so festgelegt, dass bei einer späteren, kontinuierlichen Erhebung kontinuierliche Bewertungen resultieren, die mit den aktuellen Klassen kompatibel sind. Beispiel: Die diskret erhobenen Daten für das Attribut «Verschlammung» aus dem Modul «Äusserer Aspekt» könnten als kontinuierliche Wertfunktion mit %207
Tabelle 1. Übersicht der notwendigen Informationen zur Umformulierung von eindimensionalen Bewertungen in Wertfunktionen: a) MSK-Bewertung, b) Anpassung und Ergänzung der MSK-Bewertung, c) Abbildung der MSK-Qualitätsklassen auf der Wertskala. Verschlammung der Flusssohlenfläche als Attributeinheit dargestellt werden (Bild 6A). Dazu werden drei Attributintervalle angenommen (0%, ×1%, ×2%, 100%). Diese werden den drei Wertintervallen gegenübergestellt (schwarze Punkte). Die kontinuierliche Wertfunktion ergibt sich durch lineare Interpolation dieser Kombinationen (durchgezogenen Linie). Die Werte für die diskret erhobenen Daten aus dem MSK (kein, wenig/mittel, viel) werden so konstruiert, dass sie den Mittelpunkten der Attributintervalle entsprechen (dies führt zu den Werten 0.15, 0.45, 0.8; Bild 6B). Um die Wertfunktion mit kontinuierlich erhobenen Attributen verwenden zu können, müssten noch die Klassengrenzen ×1% und ×2% von Experten festgelegt werden. 3.3
Umformulierung von kontinuierlichen Bewertungen Ansatz: Es wird eine stetige Wertfunktion konstruiert. Die Funktion steigt im Attributbereich, welcher der jeweiligen Qualitätsklasse zugeordnet ist, linear vom tiefsten Wert der Klasse zum höchsten an. Dies führt zu einer Bewertung, die mit den MSKQualitätsklassen kompatibel ist, aber Zwischenbewertungen innerhalb der Klassen feiner auflöst. Im MSK werden ein- und zweidimensionale kontinuierliche Bewertungen verwendet. Beispiel einer eindimensionalen Bewertung: Das Attribut «TOC» wird im
Bild 7. Wertfunktion einer kontinuierlichen Bewertung.
208
Modul «chemisch-physikalische Erhebungen, Nährstoffe mit fünf Zustandsklassen» gemäss Tabelle 1a bewertet. Um eine stetige Wertfunktion zwischen den Werten 0 und 1 erstellen zu können, müssen die Klassengrenzen der TOC-Bewertung um einen Minimal- und einen Maximalwert erweitert werden. Als Minimalwert wählen wir eine realistische, bestmögliche TOC-Konzentration (0.5 mg/l C), als Maximalwert eine schlechtestmögliche (15 mg/ l C) (Tab. 1b). Die Einteilung der Qualitätsklassen auf der Wertskala folgt dem Schema für fünf Klassen (Tab. 1c). Zur Erstellung der Wertfunktion werden nun die erweiterten TOC-Konzentrationen auf der x-Achse den Werten der Wertskala auf der y-Achse gegenübergestellt. Dadurch wird eine stückweise lineare, stetige Wertfunktion konstruiert, wobei die MSK-Klassenzugehörigkeiten erhalten bleiben (Bild 7). Beispiel einer zweidimensionalen Bewertung: Im Modul «Hydrologie» werden neben ein- auch zweidimensionale Ansätze verwendet, z.B. um das Unterziel «Keine wesentlichen Beeinträchtigungen durch Schwall-Sunk» oder «Keine Hochwasserereignisse durch Regenwassereinleitungen» zu bewerten. Dabei hängt die Bewertung jeweils vom Zusammenspiel zweier Attribute ab. Die Bewertung z.B. des Schwall-Sunk-Phänomens im MSK durch das zweidimensionale Klasseneinteilungsdiagramm in Bild 8A ist weniger
streng, wenn die Attributausprägung von «Schwallabfluss/mittlerem jährlichen Abfluss des Referenzzustands» im unteren Attributbereich liegt. Eine solche zweidimensionale Bewertung mit diskreten Klassenbereichen wird in eine kontinuierliche, zweidimensionale Wertfunktion umformuliert, indem für jede Attributausprägung des Attributs 1 die Klasseneinteilung analog zum eindimensionalen Fall durch eine stückweise lineare Funktion des Attributs 2 ersetzt wird. Dies heisst konkret, dass beispielsweise für die Ausprägung von Attribut 1 = 1.75 (Bild 8B) die jeweiligen Ausprägungen des Attributs 2 bei den Schnittstellen mit den Klassengrenzen abgelesen werden. Die Kombinationen der Ausprägungen von Attribut 2 mit der jeweiliger Klassengrenze bilden die Punkte, welche die Wertfunktion bilden (durchgezogene Linie; Bild 8C). 3.4 Andere Fälle Schritt für Schritt werden alle Bewertungen aus den MSK-Modulen umformuliert. Dabei müssen folgende Punkte beachtet werden: • Modul «Ökomorphologie F»: Die Ökomorphologie wird auf Stufe F mit vier Klassen gemäss Bild 4B bewertet. • Modul «Hydrologie»: Zusätzlich zum Ziel «Keine wesentlichen Beeinträchtigungen durch Schwall-Sunk» wird das Ziel «Keine wesentlichen Beeinträchtigungen durch Spülungen und Entleerungen» ebenfalls durch eine zweidimensionale Wertfunktionen abgebildet. Für das Attribut «Hochwasserereignisse durch Regenwassereinleitungen» ist im Modul keine Ausprägung für den schlechtesten Wert definiert und wird daher aus Rossi (2004) abgeleitet. Die Bewertungen aller neun Unterziele führen direkt zu je einer Qualitätsklasse, welche mit einer Technik, die additiv und worst-case kombiniert (siehe Ka-
Bild 8. Umformulierung einer zweidimensionalen Bewertung. A) MSK-Bewertung von Schwall-Sunk, B) Ablesen der Werte, C) Wertfunktion bei einem Wert von 1.75 für Attribut 1. *korrigiert für die Einzugsgebietsfläche, **korrigiert für die Pegeländerungsrate. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
pitel 4), zu einer einzigen Qualitätsklasse aggregiert werden können. • Modul «chemisch-physikalische Erhebungen, Nährstoffe»: Die Nährstoffe werden gemäss Kapitel 3.3 mit einer kontinuierlichen Skala bewertet, wobei im Modul keine Angabe zur besten, bzw. schlechtesten Ausprägung der Attribute gemacht wird. Der Wert 1 wird daher für die optimale Nährstoff-Konzentration je Attribut und der Wert 0 als Attributzustand im Abfluss einer nicht optimal funktionierenden Kläranlage definiert (schlechtest möglicher Zustand in einem Fliessgewässer). • Modul «Makrozoobenthos F»: Bis anhin wurde das Makrozoobenthos in der Schweiz entweder mit dem französischen Index IBGN (Cabinet GAY Environnement 2000) oder dem Makroindex (Frutiger und Sieber, 2005) bewertet. Das im 2010 erschienene Modul «Makrozoobenthos F» (Stucki, 2010) empfiehlt nun neu, den Index IBCH zu verwenden. Das von uns vorgeschlagene Konzept erlaubt es, IBGN-, Makroindex- und IBCH-Daten in die Bewertung mit einzubeziehen (gemäss Zielhierarchie Bild 3). • Modul «Kieselalgen»: Die Kieselalgen werden kontinuierlich durch einen Index bewertet. • Modul «Fische F»: Auch im Modul «Fische F» fehlen z.T. Angaben zu besten resp. schlechtesten Attributausprägungen. Diese Lücken werden durch Expertenschätzungen gefüllt. • Modul «Äusserer Aspekt»: Der «Äussere Aspekt» verwendet gemäss Bild 4C drei diskrete Zustandsklassen für die Bewertung. Alle neun Unterziele werden diskret bewertet, wobei die Einzelbewertungen direkt in Zustandsklassen münden (keine Aggregation). Eine Umformulierung der diskreten in kontinuierliche Bewertungen wäre, ausser bei den Unterzielen «Kein Schaum» und «Kein Geruch» möglich (nicht zwingend diskrete Bewertungen). Trotz dieser offensichtlichen Vielfältigkeit an modulspezifischen Eigenheiten sind alle Bewertungen mit unserem Konzept kompatibel. 4.
Integration der Einzelbewertungen durch Aggregation Nachdem die Wertfunktionen der Unterziele auf der jeweils untersten Ebene (Attribute) aus den Bewertungen der MSK-Module übersetzt sind, können diese Werte zur Quantifizierung der Erfüllung der Ziele auf jeder beliebigen Ebene, bis zum Ge-
samtwert für den naturnahen ökologischen Zustand, aggregiert werden. Werte der Ziele auf der untersten Ebene sind zum Beispiel wichtig für die Defizitanalyse. Integrale Qualitätswerte von Flussabschnitten können z.B. für die Priorisierung von Massnahmen oder für den Dialog mit Personen aus der Politik oder aus Interessengruppen eingesetzt werden. Die Wahl der Aggregationsfunktion ist sehr entscheidend, denn sie bestimmt, zu welchem Grad sich eine schlechte Erfüllung eines Unterziels durch die gute Erfüllung eines anderen Unterziels kompensieren lässt. Die einfachste Aggregation, die von einer solchen Kompensierbarkeit ausgeht, besteht aus der Bildung eines gewichteten Mittelwertes (additive Aggregation, Eisenführ et al., 2010) der Erfüllungsgrade der Unterziele, wie sie zum Beispiel beim Modul «Fische F» oder der «Ökomorphologie F und S» vorkommt. Die additive Aggregation ist passend, wenn mit mehreren, ähnlichen Attributen ein Ziel bewertet werden soll. In diesem Fall ist eine gegenseitige Kompensation unterschiedlicher Ergebnisse sinnvoll, da durch die Mittelwertbildung die Zuverlässigkeit des Ergebnisses erhöht wird. Messen Unterziele hingegen wichtige, komplementäre Aspekte eines Ziels, ist eine solche vollständige Kompensierbarkeit unerwünscht. Für diesen Fall ist die Worstcase-Aggregation eine Alternative, welche dem übergeordneten Ziel die schlechteste der Bewertungen der Unterziele zuweist. Diese Bewertung findet dort Anwendung, wo eine schlechte Ausprägung eines bestimmten Attributs durch keine anderen Attribute kompensiert werden darf. Bei Aggregationen auf höheren Ebenen, um beispielsweise das Oberziel «Naturnaher ökologischer Zustand» zu bewerten, wurden beide Aggregationstechniken in der Praxis als unrealistisch beurteilt. Einerseits erlaubt die additive Aggregation eine zu weit gehende Kompensation von Defizitbereichen, andererseits hat die Worst-case-Aggregation den Nachteil, dass eine Verbesserung des Zustands nur dann erreicht werden kann, wenn die Erfüllung des Unterziels mit der schlechtesten Bewertung verbessert wird. Wir schlagen daher vor, für die Aggregationen auf höheren Ebenen, auf welchen vermehrt komplementäre Aspekte aggregiert werden, eine alternative Technik zu verwenden. Dafür kombinieren wir die Cobb-DouglasFunktion aus der Microökonomie (Cobb and Douglas, 1928, Varian 2010) mit additiver und/oder Worst-case-Aggregation zu einer gemischten Technik. Diese ist so
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
angelegt, dass eine Zustandsverbesserung des schlechtest erfüllten Unterziels zu einer maximalen Verbesserung des aggregierten Gesamtwerts führt; wird das Unterziel mit dem zweitschlechtesten Erfüllungsgrad um denselben Betrag verbessert, ergibt sich eine geringere Verbesserung des Gesamtwerts; und eine vergleichbare Verbesserung des am besten erfüllten Unterziels fällt am wenigsten ins Gewicht. Zudem kann bei dieser gemischten Technik frei gewählt werden, wie stark die verschiedenen Komponenten das Resultat beeinflussen sollen. Erste Diskussionen mit Experten bestätigten, dass die gemischte Aggregation ihre Präferenzen besser abbildet als eine additive oder Worst-case-Aggregation. Im Rahmen von zukünftigen Studien müssen jedoch verschiedene Aspekte der gemischten Aggregation noch genauer untersucht werden. Bild 5 in Reichert et al., 2011 veranschaulicht die Aggregation am Beispiel von zwei Attributen. Eine ähnliche Technik wird bereits im Modul «Hydrologie» angewendet. In unserer Zielhierarchie (Bild 3) wurden die bereits in den MSK-Modulen festgelegten Aggregationen übernommen. Will man nun zu einer integrativen Beurteilung kommen, müssen auch Zielwerte, welche im MSK nicht aggregiert wurden, zusammengefasst werden. Für die Nährstoffe sowie den Äusseren Aspekt schlagen wir dafür eine worst-case Aggregation vor, da die Qualitätsanforderungen gemäss GSchV Anhang 2 Ziffer 11 und 12 für die einzelnen Unterziele erfüllt sein müssen. Aus den bereits diskutierten Gründen empfehlen wir, für alle neu zu definierenden Aggregationen (auf hohen hierarchischen Ebenen) die gemischte Aggregation zu verwenden. Die Gewichte in diesen Aggregationen müssen noch mit einer entsprechenden Expertengruppe diskutiert und festgelegt werden. 5.
Anwendungsbeispiele mit Softwareunterstützung Nach der Festlegung der einzelnen Aggregationstechniken ist das MSK vollständig umformuliert. Mit Hilfe der erstellten Wertfunktionen können nun aus Daten von gemessenen Attributen Qualitätszustände auf verschiedenen hierarchischen Ebenen – von Teilzielen innerhalb der Module, über die Modul-Ebene bis zur finalen Integrationsebene – berechnet werden. Als Grundlage dienen weiterhin Daten, welche MSK-Module erhoben. Für die Zustandsbewertung, z.B., können aus diesen Attributdaten die Zielerreichungsgrade der jeweils dazugehörigen Unter209
Bild 9. Software-Output der Ziel-hierarchie des Ist-Zustands eines fiktiven Flussabschnitts x. Abkürzungen der Attribute könnten in der Wörterbuch-Datei nachgeschlagen werden. ziele mit den Wertfunktionen auf unterster Ebene berechnet werden. Diese Werte werden dann durch die definierten Aggregationen zu den jeweils nächst höheren Ebenen zusammengefasst. Die Aggregationen werden so lange fortgeführt, bis man den Qualitätswert des gewünschten Ziels erreicht hat. Diese Schritte können manuell durchgeführt werden. Um die Anwendung zu erleichtern, haben wir eine Software-Applikation entwickelt, die auf der frei verfügbaren Statistik und Grafiksoftware R (http://www.r-project.org) ba210
siert. Diese Software steht Interessierten zur freien Verfügung. Die Software benötigt als Input eine Textdatei, in welcher die Zeilen die Attributwerte für verschiedene Flussabschnitte oder verschiedene Managementoptionen enthalten. Eine solche Datei kann sehr einfach mit den gängigen Tabellenkalkulations- oder Datenbankprogrammen erstellt werden. Da nicht alle Kantone die gemessenen Attribute in ihren Datenbanken gleich benennen, steht eine Wörterbuch-Datei zur Verfügung, welche vor der Anwendung der Software mit den
kantonsspezifischen Attributnamen ergänzt werden kann. Damit wird vermieden, dass die Kantone ihre Namenskonventionen ändern müssen. Die Software erlaubt den Nutzern, die Definition der MSK-Bewertung und ihre Attributdaten einzulesen, Wertfunktionen zu berechnen und die Resultate grafisch darzustellen. Im Folgenden werden mögliche Anwendungen des in diesem Artikel vorgeschlagenen Konzepts sowie der Software anhand von zwei Beispielen illustriert.
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
der Flussabschnitt im abiotischen Bereich mehr von der morphologischen als von den hydrologischen Aufwertungen profitieren: Tabelle 2. Werte der Unterziele exportiert aus der Software. Bewertungen, welche wegen fehlender Daten der abiotische sonicht durchgeführt werden können, sind durch «NA» gekennzeichnet. Bewertungen können gleichzeitig für wie der ökologische mehrere Flussabschnitte durchgeführt werden (x, y, usw.). Zustand wechselt nur bei der morBeispiel 1a: Grafische Darstellung der Unterziels «Naturnaher biologischer Zu- phologischen Aufwertung von einem unQualität eines Flussabschnitts befriedigenden (orange; Bild 9) zu einem stand» (Biologie) bei 0.38 etc. Bild 9 zeigt den Software-Output Beispiel 2: Vergleich der Flussabschnitts- mässigen Zustand (gelb; Bild 10B). Ein einer Zielhierarchie für einen fiktiven Fluss- qualität vor und nach potenziellen ReviVergleich der exakten Werte beider Massabschnitt, für welchen gemessene Daten talisierungsmassnahmen nahmen kann diesen Vergleich noch spefür alle Attribute ausser für die MakrozooPlant ein Kanton eine Revitali- zifizieren: das Oberziel «Naturnaher ökobenthos Indizes IBCH und IBGN (weisse sierungsmassnahme an einem Fluss- logischer Zustand» erreicht mit der MassKästchen) vorhanden sind. Der Zielerrei- abschnitt, so können die potenziellen nahme Aufweitung den Wert 0.42 und ist chungsgrad für das Modul «Makrozooben- Qualitätsverbesserungen, welche durch daher nur geringfügig besser als mit den thos» kann trotz der fehlenden Werte des verschiedene Massnahmen erwartet wer- Massnahmen zur Verbesserung des hyIBGN und IBCH berechnet werden, da für den, berechnet, grafisch dargestellt und drologischen Regimes (Wert = 0.37). Will dieses Modul nur eines der drei Unterziele so miteinander verglichen werden. Dies man einen Schritt weiter gehen, könnten als notwendig definiert wurde (siehe Kp. 6). bedingt teilweise eine Schätzung der er- die Daten zu Verbesserungen der AttribuDie aggregierte Qualitätsklasse für den warteten Auswirkungen der Massnahmen tausprägungen im biologischen Bereich, «Äusseren Aspekt» und den chemischen auf die MSK-Attribute. In Bild 10A wird die welche durch die Massnahmen zu erwarZustand zeigt, wie im Modul «Nährstoffe» ökologische Qualität des fiktiven Flussab- ten sind, ebenfalls für eine Zielhierarchiebeschrieben, die Worst-case-Klasse an. schnitts aus Bild 9 nach einer Gerinneauf- simulation verwendet werden. Solche In dieser Darstellung können die Defizite weitung simuliert, bzw. abgeschätzt. Dafür Effekte von Massnahmen auf Attribute z.B. auf Attribut-, Modul- oder auf höheren werden für die morphologischen Attribute können beispielsweise von Experten geEbenen direkt und sehr einfach abgelesen «Werte der geplanten, verbesserten At- schätzt oder durch mathematische Mowerden. tributausprägungen» eingesetzt, alle an- delle prognostiziert werden (Borsuk et al., Beispiel 1b: Tabellarische Darstellung der deren Attributausprägungen bleiben für 2006, Schweizer et al., 2007). Flussabschnittsqualität in Werten dieses Beispiel gleich. Bild 10B zeigt die siDie exakten Werte für alle Unter- mulierte Qualitätsverbesserung nach einer 6. Vorschläge zur Erweiterung ziele einer Flussabschnittsbewertung, möglichen Kombination von Massnahmen des MSK welche die Qualitätsklassen und damit wie z.B. der Reduktion von Schwall-Sunk, Die in den Kapiteln 1–5 erläuterte Impledie Farben in der Zielhierarchie definieren höheren Restwassermengen oberhalb der mentation von Zielhierarchien und Wert(Bild 9), können direkt in eine Textdatei Wasserrückgabe, oder ein verändertes funktionen ebnet nun den Weg für verexportiert werden (Tab. 2). Im Falle des Spülreglement im selben Flussabschnitt schiedene Erweiterungen des MSK, welFlussabschnitts x liegt z.B. der Wert des ohne morphologische Aufwertung. Ge- che die Bewertung genauer und flexibler Oberziels «Naturnaher ökologischer Zu- mäss dieser Darstellung der Zielhierar- machen sowie seine Einbettung in das stand» (Ökologie) bei 0.37, der Wert des chie würde, in diesem fiktiven Beispiel, übergeordnete Konzept für multikriterielle
Bild 10. Ausschnitt der Zielhierarchie des fiktiven Flussabschnitts x berechnet aus Attributdaten, welche nach potentiellen Revitalisierungsmassnahmen erwartet würden. A) nach einer Gerinneaufweitung und Verbesserung der Sohle- und Uferverhältnisse, B) nach verschiedenen Massnahmen zur Aufwertung des hydrologischen Regimes. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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Entscheidungsunterstützung im Wassermanagement (MCWM) wesentlich erleichtern würden. • Um die integrative Aggregation der Zielwerte zu vereinfachen schlagen wir vor, die Unterziele «Naturnahe Hydromorphologie» und «Naturnahe Chemie/ Ökotoxikologie» einzuführen (Bild 3). Dadurch müssen nur drei respektive zwei Unterziele (anstelle von fünf) zur nächst höheren Ebene aggregiert werden, was das Festlegen der Aggregationsparameter vereinfacht. • Messung von Attributen und Bewertung von Zielen sollen immer strikt getrennt werden. Dadurch können Messdaten auch dann noch verwendet werden, wenn sich die Bewertungsskala in Zukunft ändern sollte. Zudem wird die Unsicherheit der Bewertungen, welche durch die Variabilität in der Datenaufnahme verschiedener Personen entsteht, minimiert. Diese Forderung ist beim MSK bereits weitgehend erfüllt. • Nicht zwingend diskrete Attribute sollen in Zukunft, wo immer möglich und vom Aufwand her gerechtfertigt, kontinuierlich erhoben werden: z.B. könnte die Wasserspiegelbreitenvariabilität (aus dem Modul «Ökomorphologie F») anstatt diskret (ausgeprägt, eingeschränkt, keine) kontinuierlich mittels Variationskoeffizienten einiger Daten der Wasserspiegelbreite beurteilt werden. Attribute mit Schätzungen von wenig, mittel, viel (z.B. Modul «Äusserer Aspekt») könnten durch Schätzungen von Bedeckungsgraden, usw. ersetzt werden. Dadurch wird die Datenerhebung objektiver und deren Bewertung genauer, was den erhöhten Erhebungsaufwand rechtfertigen könnte. Zudem, wie wir im Anwendungsbeispiel (Kp. 5) gesehen haben, kann ein kleiner Wertunterschied bereits eine Änderung in der Zustandsklasse bewirken. Eine kontinuierliche Skala macht diese Fälle offenkundig. Wenn zusätzlich zu den Attributwerten auch deren Messfehler erhoben werden, würde die Genauigkeit der Messung noch besser dokumentiert und die Bewertungsqualität zusätzlich beurteilt werden können. • Attribute und Ziele können als notwendig oder freiwillig eingestuft werden. Als notwendig definierte Attribute/Ziele müssen zwingend aufgenommen/bewertet werden, damit das darauf aufbauende Ziel auf der nächst höheren Ebene bewertet werden kann. 212
•
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7.
Die Standard-MSK-Bewertung kann dadurch mit zusätzlichen Attributen/ Zielen ergänzt werden, ohne dass sich etwas an der Bewertung ändert, wenn diese zusätzlichen Daten nicht vorhanden sind. Dies hat zum Vorteil, dass Kantone, welche zusätzliche Daten erheben, diese auch verwenden können und dadurch eine breiter abgestützte Bewertung machen können. So können auch Module auf Stufe F durch Module auf Stufe S ersetzt oder Unterziele durch verschiedene Attribute bewertet werden (beispielsweise bei der Bewertung des Unterziels «Naturnahes Vorkommen von Makrozoobenthos» durch die drei Attribute IBGN, IBCH und Makroindex; Bild 3 und 9). Eine detailliertere Bewertung erfordert die Einführung einer Flusstypisierung. Die Bewertung oder zumindest einzelne Elemente davon hängen dann vom Flusstyp ab. Künftige oder zu überarbeitende Module sollten direkt als Wertfunktionen formuliert werden. Diese methodische Vereinheitlichung der verschiedenen MSK-Bewertungen erleichtert die Erarbeitung und Kommunikation des Bewertungsverfahrens, ohne die Entwicklung der Methoden zu erschweren. Künftige oder zu überarbeitende Module sollen vermehrt auf der wachsenden internationalen Literatur aufbauen. Die Begründung für die Wahl von Bewertungselementen und Gewichtungen sollen zusätzlich zur Methodenbeschreibung publiziert werden. Dies macht die Methoden einem grösseren Publikum bekannt, erhöht die Transparenz der Methoden und erleichtert deren Weiterentwicklung.
Schlussfolgerungen und Ausblick In diesem Artikel schlagen wir vor, bestehende MSK-Module mit Hilfe von Methoden aus der Entscheidungstheorie als Wertfunktionen darzustellen und neue Module in diesem Formalismus zu entwickeln. Dies erweitert den Anwendungsbereich des MSK: Fliessgewässer können integrativ bewertet werden, und durch die Einbettung des MSK in ein übergeordnetes Konzept für multikriterielle Entscheidungsunterstützung im Wassermanagement können Entscheidungen über Flussmanagementoptionen unterstützt werden (Reichert et al., 2011). Dass eine solche Umformulierung relativ einfach möglich ist zeigt die grundsätzliche Kompatibilität
der bisher im MSK entwickelten Methoden mit den vorgeschlagenen übergeordneten Konzepten. Zusätzlich zum bisherigen Nutzen des MSK sehen wir durch diesen Vorschlag die folgenden Vorteile (siehe auch Kapitel 6): • Flexibilität bzgl. Attributen und Zielen: Das Konzept der notwendigen und freiwilligen Unterziele/Attribute erlaubt es unter anderem, der vorgeschlagenen Zielhierarchie neue Unterziele/ Attribute hinzuzufügen. Dies hat zum Vorteil, dass MSK-Module, welche in Bearbeitung sind, sowie zukünftige Module (z.B. zur Sedimentproblematik oder genetische Methoden in der Biologie) jederzeit integriert werden können, oder dass Ziele mittels unterschiedlicher Attribute bewertet werden können (Bsp. Makrozoobenthos). Zudem können die Kantone, je nach möglichem Erhebungsaufwand, ihre Standardattribute aus den MSK-Modulen mit zusätzlichen Daten ergänzen. Wird die Zielhierarchie durch zusätzliche Unterziele und assoziierte Attribute ergänzt, muss bei der Aggregation der erhobenen Werte darauf geachtet werden, dass die Gewichtung der einzelnen Attribute dementsprechend angepasst wird. Die MSK-Bewertungen basieren auf einer fixen Anzahl Attribute. Zusätzlich vorhandene Daten bleiben daher ungenutzt, was den Grundsätzen einer guten Beurteilungsmethodik widerspricht. Die Festlegung der fixen Attribute kann zudem die Entwicklung eines Moduls verzögern und hemmt die Verwendung (unterschiedlicher) historischer Daten. • Flexibilität bzgl. Aggregierung: Die Bewertungen einzelner Ziele aus den MSK-Modulen können interessenspezifisch auf verschiedenen Ebenen integriert und kommuniziert werden: das Interesse an stark integrierten Beurteilungen kann dadurch ebenso befriedigt werden wie das Bedürfnis, diese Integration aufzulösen und die Einzelbeurteilungen beispielsweise für die Defizitanalyse nutzen zu können. Die MSK-Synthese schlägt derzeit ein Vorgehen zur Aggregierung von biologischen und abiotischen Modulen vor, jedoch keine Gesamtaggregation zu einem integrativen Wert. • Realitätsnahe Aggregierung: Die Anwendung von verschiedenen Aggregationstechniken inklusive der gemischten Aggregation auf verschiedenen Ebenen der Zielhierarchie er-
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
•
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laubt eine Integration der Ziele aus den einzelnen MSK-Modulen. Verschiedene Experten bevorzugen auf einer höheren hierarchischen Ebene die gemischte Aggregation, um ihre Präferenzen abzubilden. In den meisten bisherigen MSK-Modulen sowie der MSK-Synthese wurde additiv oder mittels worst-case aggregiert. Eine Ausnahme bildet das Modul «Hydrologie», wo unter anderem eine Kombination der beiden in der Gesamtaggregation angewendet wird. Kontinuierliche Werteskala von 0–1: Alle Bewertungen werden mit derselben, kontinuierlichen Wertskala zwischen 0 und 1 gemacht. Bewertungen auf allen Ebenen werden so vergleichbar und können einfacher aggregiert werden. Die Ableitung von Zustandsklassen ist trotzdem jederzeit möglich. Da aber jedes Ziel einen kontinuierlich berechneten Wert erhält kann unterschieden werden, ob ein Ziel gerade noch in der schlechteren Klasse oder knapp in der besseren Klasse ist. Die kontinuierliche Bewertung erleichtert auch die Unsicherheitsanalyse. Die Unsicherheit der Attributwerte kann mit konventionellen Methoden auf die Unsicherheit der Bewertung propagiert werden. Die Bewertungen im MSK beruhen alle auf verschiedenen Bewertungssystemen und sind daher zwischen den Modulen nicht direkt vergleichbar. Endbewertungen liegen nur in der Form von diskreten Qualitätsklassen vor. Durch die Aggregation solcher Klassenwerte können sich Unsicherheiten akkumulieren. Integrative Bewertung von Massnahmen: Die vorgeschlagene Verwendung der umformulierten MSK-Bewertungen in Wertfunktionen ermöglicht nicht nur eine integrative Flussbewertung, sondern erlaubt auch eine integrative Entscheidungsunterstützung über vorgeschlagene Massnahmen im Rahmen eines multikriteriellen Wassermanagements (MCWM, Reichert et al., 2011). Dazu wird der Nachher-Zustand der Attribute aus den MSK-Modulen für verschiedene vorgeschlagene Massnahmen von Experten prognostiziert oder durch mathematische Modelle simuliert. Der Vergleich der sich daraus ergebenden Bewertungen der Massnahmen ermöglicht deren Priorisierung. Es können sektorielle oder sektorübergreifende Massnahmen bewertet werden.
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Einheitliches Konzept für Bewertung und Management: Die Anwendung des MCWM bei Flussbewertungen sowie Revitalisierungsmassnahmen (oder anderen Managementoptionen) erleichtert die Kommunikation und fördert, bei guter Einführung des Konzepts, die Transparenz solcher Projekte. MSK-Module sind wichtige Vollzugshilfen für die Fliessgewässerbewertung in den Kantonen. Unsere Vorschläge bauen auf diesen Modulen auf, vereinheitlichen deren Darstellung und erweitern sie um wesentliche Schritte, insbesondere um die integrative Bewertung und die verstärkte Verwendung im Flussmanagement. • Begleitende wissenschaftliche Publikationen: Publikationen würden den internationalen Austausch im aktiven Gebiet der ökologischen Zustandsbewertung und die Transparenz über die gewählten Verfahren fördern sowie die Weiterentwicklung der Module erleichtern. Im MSK wurden bisher kaum wissenschaftliche Artikel, begleitend zu den Modulen, publiziert. Die Begründungen zur Wahl der Verfahren sind daher nicht immer zugänglich. Die hier vorgeschlagene Kombination des MSK mit Methoden aus der Entscheidungstheorie wird zurzeit in mehreren Projekten der Eawag angewendet und evaluiert sowie mit Vertretern des BAFU und der Kantone in verschiedenen Arbeitsgruppen diskutiert. Mit diesem Artikel möchten wir diese Diskussion über die Arbeitsgruppen hinaus stimulieren und Rückmeldungen in die Verbesserung der Konzepte sowie der Praxistauglichkeit einfliessen lassen.
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ETH-Bereichs, CH-8600 Dübendorf
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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
«Teil 1»
Dieses multidisziplinäre Forschungsprojekt wurde 2007 im Anschluss an das Rhone-Thur-Projekt lanciert. Es setzt auf Synergien flussbautechnischer, ökologischer und soziokultureller Aspekte, um den vorhandenen Defiziten in Fliessgewässern entgegenzuwirken. Dabei untersuchten Wasserbauer die Strömungsund Habitatsvielfalt der Fliessgewässer, um konstruktive Lösungen für den Hochwasserschutz zu finden. Gleichzeitig erforschten Ökologinnen und Ökologen die Habitats- und Artenvielfalt sowie die ökologische Vernetzung der Fliessgewässer und ihrer angrenzenden terrestrischen Lebensräume. Ziel ist es, dynamische und vernetzte Lebensräume zu fördern. Dazu braucht es innovative Konzepte in der Umsetzung flussbaulicher Massnahmen, welche die Ansprüche des Hochwasserschutzes erfüllen und die biologische Vielfalt in den Gewässern erhöhen. Erste Resultate des Projektes wurden anlässlich der Tagung Flussrevitalisierungen: «Synergien zwischen Hochwasserschutz und Ökologie» am 25. November 2010 in Bern präsentiert. In der vorliegenden Artikelserie werden die für die Praxis relevanten Schlussresultate in zwei Teilen mit insgesamt sechs Beiträgen vorgestellt. Im Weiteren werden voraussichtlich im Frühsommer 2012 Merkblätter des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) zu folgenden Themen erscheinen: Dynamik, Habitats- und Biodiversität, hydro-mor-
phologische Vielfältigkeit bei flussbaulichen Projekten, Vernetzung, Seiteneinmündungen, Blockrampen, Fliessgewässermodellierung sowie Erfolgskontrollen. Das Projekt wurde gemeinsam von Eawag, LCH-EPFL, VAW-ETHZ und WSL erarbeitet und vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) begleitet sowie finanziell unterstützt. Weitere Partner waren Kantone, Universitäten und Fachhochschulen. Nähere Informationen befinden sich auf «www.rivermanagement.ch» Die Teilprojektleiter: Roland Fäh (VAW-ETHZ), Armin Peter (Eawag), Christoph Scheidegger (WSL) und Anton Schleiss (LCH-EPFL). Ce projet multidisciplinaire a été lancé en 2007 à la suite du projet Rhône-Thur et mise sur les synergies entre les trois pôles suivants: écologie, construction hydraulique et enjeux socioculturels. Le but de cette approche est de remédier aux déficits actuellement encourus par les cours d’eau. La partie ingénierie modélise les contraintes hydrauliques, afin de trouver des solutions applicables à la protection contre les crues. La partie écologie fait état de la biodiversité des cours d’eau et des habitats riverains, ainsi que de l’interconnexion écologique. L’objectif final est la création d’habitats dynamiques et interconnectés en développant des nouveaux concepts lors de la construction d’aménagements fluviaux afin de satisfaire
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
en même temps la protection contre les crues et l’augmentation de la biodiversité dans les cours d’eau. Les premiers résultats du projet ont été présentés lors du symposium Revitalisation des cours d’eau: synergies entre protection contre les crues et écologie le 25 novembre 2010 à Berne. Dans une série de 6 articles en deux parts, les résultats les plus importants et pertinents pour la pratique sont présentés. De plus, des fiches de recommandations seront publiées, probablement début été en 2012, par l’Office fédérale de l’environnement sur les thèmes dynamique, habitat et biodiversité, diversité hydraulique-morphologique dans le cadre des projets d’aménagements de cours d’eau, connectivité, confluences, rampes en bloc, modélisation des réseaux fluviales, ainsi la vérification du succès de mesures. Le projet a été élaboré par les partenaires suivants: l’Eawag, le LCHEPFL, le VAW-ETHZ et le WSL. Il a été suivi et soutenu financièrement par l’Office fédérale pour l’environnement (OFEV). Les cantons, les universités et les hautes écoles spécialisés ont également participé au projet. Pour de plus amples informations, voir le site «www.rivermanagement.ch» Directeurs des sous-projets: Roland Fäh (VAW-ETHZ), Armin Peter (Eawag), Christoph Scheidegger (WSL) et Anton Schleiss (LCH-EPFL).
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Flussgebietsmanagement
Integrales Flussgebietsmanagement/ Gestion intégrale de l’espace fluvial
Flussgebietsmanagement
Erhaltung und Förderung der Biodiversität von Fliessgewässern Maria Alp, Theresa Karpati, Silke Werth, Walter Gostner, Christoph Scheidegger, Armin Peter
Zusammenfassung Biodiversität ist eine grundlegende Eigenschaft natürlicher Ökosysteme, die durch zunehmende menschliche Eingriffe in den letzten Jahrhunderten stark bedroht ist. Der komplexe Begriff Biodiversität umfasst die Vielfalt an Lebensräumen und Arten mit ihren ökologischen Funktionen und Interaktionen und ihrer genetischen Vielfalt. All diese Aspekte sind eng miteinander verknüpft, und ein sachkundiges Wissen über diese Zusammenhänge ist eine wichtige Voraussetzung für die effiziente Planung von Massnahmen zur Erhaltung und zur Förderung der Biodiversität. Dieser Artikel erläutert wichtige Aspekte der Biodiversität in Fliessgewässern. Unter anderem werden Ergebnisse von vier ausgewählten Studien vorgestellt, die sich im Rahmen des Projekts «Integrales Flussgebietsmanagement» mit verschiedenen Aspekten der Biodiversität befasst haben. Wie hängt die Vielfalt aquatischer Organismen mit der Flussmorphologie zusammen? Wie können die Ansprüche verschiedener Lebensphasen bei aquatischen Organismen berücksichtigt werden? Welche Faktoren beeinflussen die genetische Vielfalt der Populationen? Wie beeinflusst die Flussdynamik die Lebensräume und somit das Vorkommen von flussbegleitenden Arten? Diese und andere Fragen werden im folgenden Artikel angegangen.
1.
Was macht die Biodiversität aus? Definiert nach der Biodiversitäts-Konvention (2005) bezeichnet der Begriff Biodiversität die Vielfalt an Ökosystemen und Arten mit ihren ökologischen Funktionen und Interaktionen sowie ihrer genetischen Vielfalt. Ein Ökosystem (beispielsweise ein Fluss) umfasst einen Lebensraum mit einer bestimmten Artengemeinschaft in einem räumlich abgegrenzten Ausschnitt der Biosphäre. Jede Art hat im Ökosystem ihren spezifischen Lebensraum, das Habitat. Habitate bieten den Arten Nahrung und Schutz und ermöglichen den Ablauf des gesamten Lebenszyklus. Ausserdem ist jede Art in ihrem Habitat auch Interaktionen mit anderen Arten wie zum Beispiel Konkurrenz oder Räuber-Beute-Beziehungen ausgesetzt. Die Bedürfnisse jeder Art bezüglich Grösse und Typ des Habitats sind unterschiedlich und können je nach Lebensabschnitt variieren. Nicht nur die Vielfalt an Arten und Lebensräumen, sondern auch die Vielfalt an Funktionen, die ein Ökosystem erfüllt, machen einen bedeutenden Teil der Biodiversität aus. Bei Fliessgewässern inter216
agieren geomorphologische und hydrologische Prozesse eng mit der Fluss- und Uferbiota (Brierley & Fryirs, 2008). Die Aufnahme und die Abgabe von Kohlendioxid, Sauerstoff und anderen Nährstoffen, der Abbau von organischem Material oder die Primärproduktion sind nur wenige Beispiele vieler solcher Funktionen. Jede einzelne Art ist durch ihre Lebensfunktionen in einer Reihe solche Prozesse beteiligt und kann dabei sogar eine Schlüsselrolle übernehmen (Lawton, 1994). Die genetische Vielfalt ist wichtig, um das Überleben einzelner Arten zu ermöglichen. Wenn sich die Umweltbedingungen ändern, beispielsweise bei einer Klimaerwärmung, überleben nur Individuen einer Art, welche die genetische Anlage haben, den sich ändernden Umwelteinflüssen (wie Temperaturanstieg oder Einwanderung neuer Arten) anzupassen. Eine hohe genetische Vielfalt kann die Überlebenswahrscheinlichkeiten von Populationen günstig beeinflussen. Umgekehrt kann der Verlust der genetischen Vielfalt einer Art auch deren Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Umweltfaktoren reduzieren (Frankham et al., 2010). Die genetische Vielfalt ist somit eine der
Grundvoraussetzungen für die Erhaltung der Biodiversität unter sich verändernden Umweltbedingungen. 2.
Die Rolle der Vielfalt, Dynamik und Vernetzung der Habitate in Fliessgewässern In Fliessgewässern sind die Vielfalt, Grösse, funktionelle Vernetzung und Dynamik der Habitate wichtige Voraussetzungen für eine hohe Biodiversität. Die Vielfalt der Habitate wird durch eine Reihe abiotischer Umweltfaktoren charakterisiert. In einem natürlichen Flusslauf sind dies vor allem die Morphologie und die Geologie des Flussgebiets sowie die chemische Zusammensetzung von Boden und Wasser, die ihrerseits durch die Geologie beeinflusst sind. Auch dynamische Faktoren wie saisonale Schwankungen der Niederschläge, des Abflusses, der Temperatur oder der Einstrahlung sind wichtige Charakteristika der Habitate. Die räumliche und zeitliche Verteilung des Niederschlags bedingt nicht nur das Abflussregime in einem Fliessgewässer, sondern auch die Höhe und Vielfalt der Ufervegetation. Temperatur- und Einstrahlungsverlauf (Tages- und Jahreswerte) bestimmen Wachstum, Aktivität und Lebensdauer aquatischer und terrestrischer Arten. Die für Fliessgewässer wichtige Vernetzung der Habitate führt dazu, dass sich unterschiedliche Flussabschnitte sowie terrestrische und aquatische Habitate gegenseitig beeinflussen. Die genannten Aspekte der Habitatvielfalt sind wichtig, um das Vorkommen fliessgewässerspezifischer Arten und damit ihre Funktion im Ökosystem Fliessgewässer zu erhalten (Rohde, 2005; Bild 1). 3.
Auswirkung flussbaulicher Eingriffe auf die Lebensräume In verbauten und von Menschen genutzten Flüssen sind viele Umweltfaktoren verändert, was einschneidende Auswirkungen auf die Habitat- und Artenvielfalt nach sich zieht. Zu den stärksten Beeinträch-
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tigungen zählen die Begradigung von Flussabschnitten, die Kanalisierung von Flüssen, die Verbauung der Uferzone und der Sohle, die Veränderung des hydrologischen Regimes durch Wasserkraftwerke, die Fragmentierung des Fliessgewässers durch Abstürze und Stauungen, sowie der Kiesabbau (Naiman, Decamps & McClain, 2005). Flussbegradigungen führen zu einer dramatischen Reduktion der Wassertiefenvariabilität und somit auch zu einer starken Veränderung der hydraulischen Verhältnisse im Flussprofil. Flussstrecken mit vielfältigen Fliessgeschwindigkeiten – eine Grundvoraussetzung für das Vor-
kommen von Arten mit unterschiedlichen Habitatansprüchen – sind monotonen, kanalisierten Strecken gewichen, die nur für Arten geeignet sind, die mit schnellen Strömungsverhältnissen auskommen. Die Abholzung der Ufervegetation eliminiert den Laubeintrag, der die Nahrungsbasis für viele aquatische Wirbellose liefert. Die Abholzung ist oft auch Ursache für unerwünschten Sedimenteintrag vom Ufer und den umliegenden Bereichen. Das Fehlen natürlicher Vegetation und Beschattung beeinflusst die Wassertemperatur und somit auch den Sauerstoffgehalt des Wassers, besonders in kleinen, normalerweise bewaldeten Bächen. Auch Änderungen des hydrologischen Regimes haben gravierende Auswirkungen auf die aquatischen und terrestrischen Lebensräume der Fliessgewässer. In Restwasserstrecken und unterhalb von Staudämmen ist der Abfluss oftmals stark reduziert und die natürliche Hochwasserdynamik unterbrochen. Dies führt zum Verschwinden vieler Habitate, so etwa von Kiesbänken mit verschiedenen Sukzessionsstadien der Vegetation, die auf regelmässige, bettumlagernde Hochwasser zwingend angewiesen sind. Zudem sind viele Schweizer Flüsse durch unnatürliche, tägliche und oft sehr starke Abflussschwankungen (Schwall-Sunk) beeinträchtigt, die durch den Betrieb von Wasserkraftwerken verursacht werden. Beim Schwall, dem schnellen Anstieg des Abflusses, kommt es zum Wegspülen (sogenannte Katastrophendrift) von aquatischen Wirbellosen und Jungfischen (Moog, 1993). Bei Sunk, dem raschen Absinken des Abflusses, kommt es hingegen zum Stranden von aquatischen Organis-
men (Salveit et al., 2001). Solche vom Menschen verursachte Veränderungen des hydrologischen Regimes beeinträchtigen auch die Fortpflanzung und somit die Erhaltung vieler aquatischer Arten massiv. 4.
Welche Biodiversität ist erstrebenswert bei Revitalisierungsprojekten? Bei Revitalisierungen geht es nicht primär darum, hohe Artenzahlen zu erzielen, sondern vielmehr, ökologische Funktionen der Gewässer wiederherzustellen und eine Wiederbesiedlung ehemals monotoner Flussabschnitte durch die charakteristischen Arten der Fliessgewässer zu ermöglichen. Unter diesen Zielarten befinden sich hoch spezialisierte und seltene Arten mit unterschiedlichsten Habitatansprüchen. Viele dieser Arten erfüllen wichtige ökologische Schlüsselfunktionen (z.B. der landschaftsgestaltende Biber, die kiesbankbefestigende Tamariske oder aquatische Insekten, von denen sich Fische und terrestrische Räuber ernähren). Um den Einfluss einer Reihe von Habitatfaktoren auf einzelne Arten sowie auf ganze Lebensgemeinschaften und somit auch auf die Biodiversität allgemein zu erläutern, werden hier vier Fallstudien aus dem Projekt «Integrales Flussgebietsmanagement» präsentiert. 5.
Fallstudie 1: Wie hängt die Vielfalt des Makrozoobenthos mit der Flussmorphologie zusammen? Die Habitatvielfalt gilt als eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung und Erhaltung artenreicher Lebensgemeinschaften (Jungwirth et al., 2003).
Bild 1. Vielfalt der Lebensräume und Überschwemmungsdynamik einer natürlichen Flussaue.
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Flussgebietsmanagement
Ein Ökosystem mit sehr hoher Biodiversität: Flussaue mit natürlicher Abflussdynamik Dynamische Fliessgewässer mit natürlichen Altarmen und intakter Quervernetzung mit Auen weisen eine sehr hohe Habitatvielfalt auf (Bild 1). Durch bettbildende Hochwasserereignisse kann ein natürliches Fliessgewässer seinen Lauf immer wieder verlagern und so neue Lebensräume für aquatische und terrestrische Organismen mit unterschiedlichsten Ansprüchen schaffen. Der Hauptarm bildet das Habitat für adulte Fische, strömungsliebende Jungfische und viele Wirbellose. In Seitenarmen mit tiefen Fliessgeschwindigkeiten finden Wasservögel und Jungfische Nahrung und Schutz. Regelmässige Überflutungen der Uferzone und Kiesbänke liefern neue Nährstoffe, führen aber auch zu geringeren Vegetationsdichten in diesen Habitaten. Die Kiesbänke bieten so ein optimales Habitat für viele gefährdete Insekten- oder Pionierpflanzenarten (z.B. Kiesbank-Grashüpfer und Deutsche Tamariske), die auf offene Kiesbänke mit wenig Vegetation angewiesen sind. Sie sind auch wichtig als Bruthabitate für schotterbrütende Vogelarten (z.B. Flussregenpfeifer). In periodisch überfluteten Tümpeln leben und laichen viele Amphibienarten (z.B. Gelbbauchunke, Laubfrosch, Alpenkammmolch). In der Weichholzaue wachsen strauch- bis baumhohe Weidengewächse und Schwarzpappeln, auf die einige seltene Schmetterlingsarten, wie der Kleine Schillerfalter, angewiesen sind. Die Hartholzaue, die seltener überflutet wird, beherbergt Baumarten wie Stieleiche, Bergulme und Esche sowie viele Vögel (Kuckuck, Gelbspötter, Baumfalke).
Flussgebietsmanagement Bild 2. Ausgewählte abiotische Indikatoren zum Flusszustand (a) nach Woolsey et al. (2005) und die Artenvielfalt des Makrozoobenthos (b) an der Bünz (AG) und Sense (BE/FR). Die Skala reicht von 0 bis 1, wobei 1 für die abiotischen Indikatoren ein natürliches Flusssystem bezeichnet (oben) und für das Makrozoobenthos die höchstmögliche Diversität anzeigt.
Bild 3a. Lebenszyklus einer Eintagsfliege gemäss Studemann et al. (1992).
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Bild 3b. Eiablage von Eintagsfliegen der Familie Baetidae gemäss Encalada & Peckarsky (2007). Nach dem Landen auf einem aus dem Wasser herausragendem Stein kriechen die Weibchen unter Wasser und heften ihre Eimassen auf der Steinunterseite an. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
(Indikator 35), Sohlenstruktur (Indikator 36), Verbauungsgrad und -art der Sohle (Indikator 37), Breite und Beschaffenheit des Uferbereichs (Indikator 42). Für die Bewertung der Vielfalt des Makrozoobenthos wurde der Simpson-Index, ein Standardindex für Diversität, kalkuliert. In Bezug auf alle morphologischen Indikatoren (ausser Indikator 37 an der Sense) gab es beträchtliche Unterschiede zwischen den morphologisch vielfältigen und monotonen Abschnitten (Bild 2a). Es konnte jedoch kein Zusammenhang der Artenvielfalt des Makrozoobenthos mit der Flussmorphologie gezeigt werden (Bild 2b). So war zum Beispiel die Diversität des Makrozoobenthos in der kanalisierten Strecke in der Bünz vergleichbar mit jener in der Aue bei Möriken. Solche Diskrepanzen zwischen morphologischer Vielfalt und Artenvielfalt wurden schon in anderen Studien gezeigt (Palmer 2010, Jaehnig et al., 2010). Die Ergebnisse lassen jedoch nicht die Schlussfolgerung zu, dass Revitalisierungen im Sinne von Wiederherstellung morphologischer Diversität der Erhöhung lokaler Artenvielfalt nicht dienen. Vielmehr
deuten sie darauf hin, dass noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle spielen und in die Studien und Massnahmenplanung miteinbezogen werden sollen (Palmer, 2010). Diese Faktoren können positive Auswirkungen der morphologischen Verbesserungen auf aquatische Arten überlagern. In den beiden vorgestellten Fallstudien gibt es Anzeichen für solche überlagernden Effekte. In der Bünz könnten Wasserqualität und künstliche Abflussschwankungen die ausschlaggebende Rolle spielen. Seit Jahrzehnten wurde der Fluss durch intensive Landwirtschaft, Einleitung von Abwässern durch mehrere Abwasserreinigungsanglagen, chemische Industrie und dichte Besiedlung belastet (Burger, 2007). Diese Belastung ist erst kürzlich etwas zurückgegangen. Zusätzlich sind die untersten drei Strecken (Bild 2 kanalisiert, naturnah und Bünzaue) von einer kleinen Wasserkraftanlage in Dottikon (Tieffuhrtmühle) beeinflusst. Es ist bekannt, dass das Makrozoobenthos empfindlich gegenüber Veränderungen von Wasserqualität und hydrologischem Regime ist (Jungwirth, 2003). Somit könnten Defizite in diesen Lebensraumfaktoren die Ursa-
Bild 4a. Backstein-Experiment in der Bünz.
Makrozoobenthos Sammelbezeichnung für Tiere, die den Gewässerboden bewohnen und zumindest in einem Lebensstadium mit freiem Auge sichtbar sind (nach Jungwirth et al., 2003). Wegen ihrer Empfindlichkeit gegenüber vielen anthropogenen Stressoren (Versauerung, organische Belastung, Schwallereignisse) und ihrer einfachen Beprobung werden die Arten des Makrozoobenthos oft als Bioindikatoren für Bewertung der Gewässergüte verwendet (Jungwirth et al., 2003). Bild 4b. Eimassen von (Hydropsyche spp.), einer weitverbreiteten Köcherfliege. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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Flussgebietsmanagement
Viele Flussrevitalisierungen wurden bis heute unter der Annahme durchgeführt, dass die Wiederherstellung einer heterogenen, naturnahen Flussmorphologie zu einem besseren ökologischen Zustand mit reicheren Lebensgemeinschaften führt (Palmer et al., 2010). Um den Zusammenhang zwischen morphologischer Vielfalt und Artenvielfalt zu untersuchen, wurden in den Jahren 2008–2009 zwei Fallstudien durchgeführt (Herzog, 2010, Staeheli, 2008). Dafür wurden zwei Schweizer Flüsse (Bünz und Sense) ausgewählt, die Abschnitte mit sehr unterschiedlicher Morphologie aufweisen. Die Bünz (AG) ist ein Mittellandfluss, der durch eine landwirtschaftlich stark genutzte Gegend fliesst und vor etwa 100 Jahren zu einem grossen Teil begradigt und kanalisiert wurde (Burger, 2007). Nur noch wenige Strecken haben eine naturnahe Morphologie beibehalten. Dafür weist die Bünz bei Möriken eine breite, durch Kiesbänke geprägte Aue von nationaler Bedeutung auf, die infolge eines 100-jährigen Hochwassers natürlich entstanden ist. Im Oberlauf der Bünz sind in den letzten Jahren durch mehrere Flussrevitalisierungen weitere morphologisch vielfältige Strecken entstanden. Die Sense (BE/FR) hingegen ist ein voralpiner Fluss, dessen natürliche Morphologie im ganzen Oberlauf erhalten ist. Nur im Unterlauf wurde das Flussufer bei Mittelhäusern durch Blockwürfe befestigt, und unterhalb von Thörishaus ist der Flusslauf begradigt worden. In vier bis fünf Abschnitten beider Flüsse wurde neben der Morphologie die Artenvielfalt vom Makrozoobenthos untersucht. Um den morphologischen Zustand jeder Strecke zu charakterisieren, wurden folgende Standardindikatoren aus dem Handbuch für Erfolgskontrolle verwendet (Woolsey et al., 2005): Wasserspiegelbreitenvariabilität (Indikator 14), Korngrössenverteilung des Substrats
Flussgebietsmanagement
che für die Ähnlichkeit in der Vielfalt des Makrozoobenthos trotz beträchtlichen morphologischen Unterschieden zwischen den Strecken an der Bünz sein. Im Vergleich zur Bünz ist die Belastung der Sense durch Landwirtschaft, Siedlungen und Abwassereinleitungen (besonders im Oberlauf) sehr gering und das Abflussregime ist natürlich. Auch das Ausmass der Flussverbauungen im Unterlauf der Sense ist weniger dramatisch als in der Bünz. So ist beispielsweise die Sohle immer noch weitgehend unverbaut (Bild 2a). Der gute ökologische Zustand der Sense im Oberlauf könnte eine positive Auswirkung auf die Artenzahl im verbauten Unterlauf haben, deren Lage im Flussnetzwerk es erlaubt, von der passiven Ausbreitung der Organismen aus den natürlichen Strecken im Oberlauf zu profitieren. Schlussfolgerungen: Eine Wiederherstellung der hydraulisch-
morphologischen Vielfalt kann in Flüssen mit Belastungen in Bezug auf Wasserqualität und Hydrologie für die Förderung der Artenvielfalt nicht ausreichend sein. Bei der Planung der Revitalisierungsmassnahmen ist die Lage der Strecke im Fluss relativ zur Lage von Quellpopulationen vordergründig zu berücksichtigen. Strecken unterhalb intakter Flussabschnitte können positiv beeinflusst werden und eine ähnlich hohe Biodiversität wie natürliche Abschnitte aufweisen. Solange die Beeinträchtigung der Lebensräume nicht gravierend ist, kann dieser positive Effekt der Lage im Fluss bestimmte lokale Defizite kompensieren. Die benthischen Makroinvertebraten reagieren nicht gleich auf alle Aspekte der Flussmorphologie bzw. der Verbauungen. Der Einbezug weiterer Organismengruppen (beispielsweise Fische) wäre hilfreich für ein besseres Verständnis der
Bild 5. Genetische Vielfalt (ausgedrückt als Allelvielfalt) von Populationen des Bachflohkrebses (Gammarus fossarum) und der Eintagsfliege (Baetis rhodani) an der Sense in Abhängigkeit von der Lage im Flusssystem (ausgedrückt als Distanz zur Einmündung in die Saane). 220
Zusammenhänge zwischen Habitat- und Artenvielfalt. 6.
Fallstudie 2: Unterschiedliche Lebensphasen – unterschiedliche Habitate Zur Aufrechterhaltung der Artenvielfalt in einem Fluss gilt es zu berücksichtigen, dass viele Arten im Verlauf ihrer Lebensphasen unterschiedliche Ansprüche an ihre Lebensräume stellen. Speziell trifft das für Organismen mit komplexen Lebenszyklen zu – wie zum Beispiel Amphibien und aquatische Insekten, die einen Teil ihres Lebens im Wasser und einen Teil in terrestrischen Lebensräumen verbringen. Bei aquatischen Insekten ist die geflügelte Adultphase auf dem Land sehr kurz (Bild 3a) – bei vielen Arten dauert sie nur wenige Tage oder Stunden. Trotzdem spielen die Habitatsansprüche adulter Insekten eine entscheidende Rolle für die Erhaltung der Populationen, da in dieser Lebensphase ihre Fortpflanzung stattfindet. Ein Schlüsselereignis stellt dabei die Eiablage dar. Viele aquatische Insekten sind an ihre Lebensräume speziell angepasst und legen ihre Eier nur auf einem bestimmten Substrattyp ab (z.B. Holz, Wasserpflanzen oder Steine; Reich & Downes, 2003). Dabei spielt nicht nur die Verfügbarkeit dieser Strukturen eine Rolle, sondern auch ihre Lage über oder unter dem Wasser. Adulttiere mancher Insektenarten sind nicht fähig zu tauchen und brauchen aus dem Wasser herausragenden Substrate zur Landung (Bild 3b; Peckarsky, Taylor & Caudill, 2000). Für den Erfolg der Eiablage und somit für die Reproduktion solcher Arten spielen der Wasserstand und die lokale Wassertiefenvariabilität eine wichtige Rolle. Um die Auswirkungen von Flussverbauungen auf die Eiablage von Insekten zu untersuchen, wurde in zwei Schweizer Mittellandflüssen, Bünz (AG) und Reppisch (ZH), im Jahr 2008 ein Experiment durchgeführt. In beiden Flüssen wurden in drei Abschnitten mit sehr unterschiedlicher Morphologie («naturnah», «kanalisiert» und «kürzlich revitalisiert») Backsteine eingesetzt (Bild 4a). Diese Backsteine stellten zusätzliche Substrate für Invertebraten dar, die ihre Eimassen auf Steinoberflächen anheften; sie ragten bei den meisten Abflussverhältnissen aus dem Wasser. Die Eiablage auf diesen Backsteinen und auf den natürlich vorhandenen Steinen wurde über den ganzen Sommer verfolgt. Über 10 verschiedene Insektengattungen (z.B. Hydropsyche, Hydroptila, Baetis, Bezzia) und andere Wirbellose (Hundeegel, Mol-
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7.
Bild 6. Simulation von Kiesbanküberflutungen bei verschiedenen Abflussverhältnissen an der Senseaue bei Plaffeien. lusken, räuberische Plattwürmer) haben ihre Eimassen an den untergetauchten Flächen der Steine und Backsteine angeheftet (Bild 4b). Die Ergebnisse zeigten, dass eine geringe Verfügbarkeit von Ablageflächen (z.B. in der Bünz in tieferen Strecken mit wenigen grossen Steinen) die Fortpflanzungsmöglichkeiten für die untersuchten Eintags- und Köcherfliegenarten stark einschränkte. Zudem zeigte ein Vergleich zwischen der Reppisch und der Bünz, dass auch das Abflussregime, ein regionaler Faktor, Einfluss auf eine erfolgreiche Eiablage hatte. In der Bünz, die im Gegensatz zur Reppisch durch starke Abfluss-
schwankungen charakterisiert ist, beeinflusste der Anstieg des Wasserstandes die Eimassendichte aller untersuchten Arten negativ. Rasche, durch Spülungen des Staubeckens der Tieffurtmühle verursachte Erhöhungen des Abflusses könnten den Eintauchgrad der Steine steigern und somit ihre Verfügbarkeit für adulte aquatische Insekten verringern. Abflusserhöhungen können aber auch als allgemeiner Stressfaktor (z.B. physischer Stress durch zu hohe Fliessgeschwindigkeiten) die Eiablage von allen aquatischen Invertebraten verhindern. Bei der Reppisch, die von keinen schwallähnlichen Schwankungen beeinflusst wird, konnte kein Effekt des
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Fallstudie 3. Die Rolle der Ausbreitungskapazität für genetische Vielfalt Die genetische Vielfalt von Populationen hängt mit ihrer Grösse und ihrer Vernetzung mit anderen Populationen zusammen. Das Schrumpfen und die Isolierung von Populationen führen oft zu einer starken genetischen Verarmung. In einer Studie an der Sense (BE/FR) wurden genetische Marker verwendet, um die genetische Vielfalt von zwei aquatischen Makrozoobenthosarten mit sehr unterschiedlicher Ausbreitungskapazität zu untersuchen und zu vergleichen. Der Bachflohkrebs (Gammarus fossarum) ist eine Art mit geringerer Ausbreitungsfähigkeit und hoher Habitatspezialisierung. Bachflohkrebse können sich nur im Wasser durch Kriechen oder passive Drift flussabwärts ausbreiten. In der Sense wurde diese Art vor allem in Zuflüssen mit hohem Laubeinfall gefunden. Die Eintagsfliege Baetis rhodani dagegen hat eine geflügelte Adultphase, die es ihr erlaubt, sich auch über Land und über Barrieren im Fluss auszubreiten. Ausserdem hat diese Eintagsfliege im Gegensatz zum Bachflohkrebs keine strenge Habitatsspezialisierung und kommt in den Zuflüssen sowie im Mittellauf der Sense vor. Mehrere Populationen jeder Art wurden im Einzugsgebiet der Sense beprobt. Mit Hilfe der Mikrosatellitenanalyse wurden die genetische Vielfalt und die Differenzierung jeder Population bestimmt. Die Ergebnisse zeigten, dass die genetische Vielfalt des Bachflohkrebses von der Lage der Population im Flussnetzwerk abhängig war und sich flussabwärts erhöhte (Bild 5a). Je näher die Populationen zur Einmündung der Sense in die Saane lagen (und damit je höher die Vernetzung mit anderen Fliessgewässern) 221
Flussgebietsmanagement
Wasserstandes auf die Eimassendichte festgestellt werden. Schlussfolgerung: Die Verfügbarkeit geeigneter Substrate für die Eiablage kann für eine Wiederbesiedlung von Lebensräumen durch aquatische Insekten sehr wichtig sein. Damit die erfolgreiche Eiablage und somit auch die Wiederbesiedlung revitalisierter Strecken durch aquatische Wirbellose (insbesondere Insekten) gewährleistet ist, sollten lokale Faktoren (Zusammensetzung des Substrates, mittlere Tiefe und Tiefenvariabilität) und regionale Faktoren (Abflussregime) berücksichtigt werden. Die Verfügbarkeit grosser, aus dem Wasser ragender Steine kann die Eiablage vieler Insektenarten lokal fördern.
Flussgebietsmanagement
desto höher war die genetische Vielfalt des Bachflohkrebs. Die Populationen im Oberlauf der Sense wiesen dagegen eine niedrige genetische Vielfalt auf (Bild 5a). Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass Bachflohkrebse sich überwiegend flussabwärts bewegen, was wahrscheinlich mit einer eher geringen aktiven Ausbreitungsfähigkeit zusammenhängt. Die genetisch verarmten Populationen der Bachflohkrebse in den Oberläufen sind sehr wahrscheinlich gegenüber Störungen empfindlicher als Populationen im Unterlauf. Für die Eintagsfliege wurde hingegen keine Abnahme der genetischen Vielfalt mit der Entfernung zur Flussmündung gefunden (Bild 5b). Dieses Ergebnis ist höchstwahrscheinlich durch eine hohe Ausbreitungsfähigkeit von Baetis rhodani bedingt, die zu einer hohen genetischen Austauschrate zwischen Populationen und gleichmässig ausgeprägter hoher genetischen Vielfalt führt. Schlussfolgerung: Bei Arten mit schwacher Ausbreitungsfähigkeit ist die Lage der Populationen im Flussnetzwerk für ihre genetische Vielfalt und somit für die Resistenz gegenüber Störungen ausschlaggebend. Lebensräume flussabwärts von grossen Populationen haben somit die höchste Wahrscheinlichkeit, von diesen Arten besiedelt zu werden und stabile, adaptationsfähige Populationen zu erhalten. 8.
Fallstudie 4: Welche Rolle spielen Flussdynamik und Geschiebetransport für die Tamariske? Eine wichtige Eigenschaft der Flusslebensräume ist ihre Dynamik. Saisonale Schwankungen des Abflusses, des Geschiebetransports und der Wassertemperatur sind typisch für naturnahe Flüsse. Die natürliche Flussdynamik ist entscheidend für die Erhaltung und Förderung verschiedener Lebensräume und deren Vernetzung. Für terrestrische, flussbegleitende Arten ist zum Beispiel die Wiederkehrzeit der Hochwasser massgeblich. Die Wiederkehrzeit der grossen, kiesbankumlagernden Hochwasser bestimmt das Sukzessionsstadium der Vegetation von Kiesbänken und Auenbereichen. Vor allem konkurrenzschwache, flussbegleitende Pflanzenarten benötigen Pionierstandorte zur Keimung ihrer Samen und zur erfolgreichen Etablierung von Jungpflanzen. An der Sense (BE/FR) wurde die Überschwemmungsdynamik von Kiesbänken untersucht, um die von der Deutschen Tamariske (Myricaria germanica) besiedel222
ten Habitate hydrologisch zu charakterisieren (Gostner et al., 2010). Die Sense im Untersuchungsabschnitt bei Plaffeien ist durch eine vollkommen naturbelassene Morphologie und unbeeinflusste hydrologisches Regime und Geschiebehaushalt geprägt. Die relativ zum Hauptarm auf verschiedenen Höhen gelegenen Kiesbänke werden mit unterschiedlicher Frequenz überflutet und weisen unterschiedliche Vegetationstypen und -dichten auf: (i) Kiesbänke mit häufiger Überflutungsfrequenz und spärlichem Bewuchs, (ii) Kiesbänke mit mittlerer Überflutungsfrequenz und Vorhandensein von speziellen Arten wie z.B. der Deutschen Tamariske, (iii) Kiesbänke mit seltener Überflutungsfrequenz und einer für Auenwälder typischen Vegetation. In der folgenden wasserbaulichen Studie wurde numerische Modellierung angewendet, um die Wiederkehrdauer feststellen zu können, mit welcher die einzelnen Kiesbanktypen überflutet werden. Durch die Gegenüberstellung der Zeitserien verschiedener Abflussmessstationen im Einzugsgebiet und eine daraus abgeleitete Interpolationsfunktion für den Untersuchungsabschnitt wurde eine Abflussdauerkurve konstruiert. Vor Ort wurden die genaue Geländetopographie unter Einbeziehung aller Bruchkanten und entlang von 19 Querprofilen die Charakteristiken des Sohlesubstrates (Pebble-Count-Methode nach Wolman, 1954) erhoben. Mithilfe des numerischen Modells FLUMEN (Beffa, 2004) wurde eine zweidimensionale, stationäre Modellierung unter Annahme einer fixen Sohle durchgeführt. Für die Eichung des Models wurden zwei Typen von Daten verwendet: • Abflusstiefen und -geschwindigkeiten, welche vor Ort erhoben wurden • Abflusstiefen bei bordvollem Abfluss, welcher in verzweigten Fliessgewässertypen mit einer Wiederkehrzeit von zwei bis sieben Jahren auftritt (Kellerhals et al., 1972). Die Ergebnisse zeigten, dass bei einem Abfluss von 75 m3/s, der rechnerisch einer Wiederkehrdauer von 1.3 Jahren entspricht, der Grossteil der nackten oder schwach bewachsenen Kiesbänke überflutet wird. Die Kiesbänke mit Vorkommen der Tamariske werden mit einer Wiederkehrdauer von ca. fünf bis sieben Jahren überschwemmt (der Abfluss von 195 m3/s entspricht einem etwa siebenjährlichen Hochwasser; Bild 6). Bei diesen Hochwasserereignissen wird auch der bordvolle Abfluss erreicht, der zu grossräumigen Bettumlagerungen führt. Dabei
erfolgt also nicht nur die Überflutung der Kiesbänke, sondern auch deren Mobilisierung und Umwälzung, wodurch anschliessend eine neue Besiedlungsphase beginnen kann. Bei den häufiger überschwemmten Kiesbänken schaffen die jungen Tamariskenpflanzen es nicht, genügend starke Wurzeln zu entwickeln, um die Hochwasser zu überstehen. Sehr selten überflutete, höher gelegene Kiesbänke bleiben hingegen über einen langen Zeitraum stabil. Dort wird die Tamariske im Lauf von wenigen Jahrzehnten von konkurrenzstärkeren Gehölzarten verdrängt (Ellenberg, H., 1963). Schlussfolgerung: Diese Studie lieferte wichtige Hinweise zur Rolle der natürlichen Abflussdynamik und des Geschiebetransports für flussbegleitende, terrestrische Pflanzenarten. Bleiben die natürlichen, bettbildenden Prozesse wie Hochwasser aus – z.B. durch Aufstauungen oder Wasserentnahmen für Wasserkraftbetriebe – ist die langfristige Erhaltung von Populationen der Tamariske nicht gewährleistet. Eine Verkleinerung der Habitate mit entscheidender Wiederkehrzeit von Überflutungen und Umlagerungen kann somit zu einem Rückgang oder gar Verschwinden solcher auentypischen Arten führen. 9. •
•
Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Praxis Bei der Planung und Realisierung von Flussrevitalisierungen braucht es einen weiten Blickwinkel, der über die lokalen Faktoren wie die Flussmorphologie hinausgeht. Neben lokalen sind regionale Faktoren wie das Abflussregime oder die chemische Belastung des Flussgebiets für die Lebensräume bestimmend. Eine funktionelle Vernetzung zwischen Lebensräumen ist sehr wichtig, denn sie bestimmt, ob sich Arten von den Quellpopulationen her ausbreiten und neue Standorte in denselben oder angrenzenden Flusssystemen besiedeln können. Die Lage eines Flussabschnittes im Gewässernetz spielt für den Erfolg von Revitalisierungen und für die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines typischen Ökosystems mit vielen hoch spezialisierten Arten eine entscheidende Rolle. Für die unterschiedlichen Lebensphasen von Arten ist die Verfügbarkeit und Vernetzung ihrer spezifischen Habitate entscheidend. Sind die Bedingungen für eine erfolgreiche Repro-
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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223
Flussgebietsmanagement
•
duktion gewährleistet, können die Erfolgschancen einer Revitalisierung im Sinne einer ökologischen Verbesserung stark erhöht werden. So kann z.B. die Verfügbarkeit grosser, aus dem Wasser ragender Steine die Eiablage vieler Wasserwirbellosen in mittelgrossen Flüssen lokal fördern. Die Dynamik des Flusses bestimmt das Geschehen im ganzen Flusslauf. Eine natürliche Flussdynamik schafft eine Vielzahl unterschiedlicher Habitate. Bei einer unnatürlichen (z.B. Schwall-Sunk) oder einer eingeschränkten Dynamik (z.B. durch das Ausbleiben von kiesbankumlagernden, die Sohle reinigenden Hochwassern) reichen lokale morphologische Massnahmen zur Strukturverbesserung oft nicht aus, um die typische Artenvielfalt im und am Fluss wiederherzustellen. Diese stellt sich erst bei einer naturnahen Dynamik ein.
Flussgebietsmanagement
Lebensraumverbund Fliessgewässer: Die Bedeutung der Vernetzung Silke Werth, Denise Weibel, Maria Alp, Julian Junker, Theresa Karpati, Armin Peter, Christoph Scheidegger
Zusammenfassung Die funktionelle Vernetzung von Flussgebieten spielt eine wichtige Rolle für aquatische und terrestrische Lebensgemeinschaften. Sie erlaubt eine Besiedlung der Habitate, den genetischen Austausch zwischen Populationen und führt zu einer zeitlichen Verknüpfung der Lebensräume zu unterschiedlichen Jahreszeiten, Tageszeiten oder Lebensphasen. Die strukturelle Vernetzung von Lebensräumen kann mit Erhebungen zur Ökomorphologie des Fliessgewässers und einer Analyse des Vorhandenseins von künstlichen Barrieren erhoben werden. Der Grad der funktionellen Vernetzung kann mit drei Methoden quantifiziert werden – Fang markierter Individuen, Radiotelemetrie, oder mit Daten von genetischen Markern. Verschiedene Populationsmodelle beschreiben die Populationsstruktur und den genetischen Austausch zwischen Populationen am Fliessgewässer. Insbesondere bei Metapopulationen und räumlich strukturierten Populationen muss darauf geachtet werden, dass die einzelnen Flussabschnitte gut vernetzt sind, denn das Ausbleiben von Ausbreitungsereignissen würde räumlich fragmentierte Populationen voneinander isolieren und bei Metapopulationen langfristig zum lokalen Aussterben führen. Bei Arten, die in isolierten Einzelpopulationen vorkommen, ist vornehmlich darauf zu achten, diese Populationen lokal durch lebensraumverbessernde Massnahmen zu halten und zu fördern. Unsere Flusslandschaften sind weitgehend durch Barrieren unterbrochen. Es kommt ganz auf die Organismengruppe an, welche Strukturen effektiv als Barrieren fungieren. Künstliche Abstürze wirken als Barrieren für schwimm- und springschwache Fischarten und für kleine Grössenklassen von Fischen, jedoch nicht notwendigerweise für aquatische Invertebraten. Künstliche Abstürze können durch den Bau von Blockrampen für die Fischfauna durchgängig gemacht werden. Auch eine Entfernung von Eindolungen führt zur erhöhten Durchgängigkeit für Fische und andere aquatische Organismen. Bei Revitalisierungsprojekten ist insbesondere auf die Anbindung der Seiteneinmündungen zu achten, denn diese kann für den Erfolg von Revitalisierungsmassnahmen für verschiedene Organismengruppen ausschlaggebend sein. Für die Arten der Kiesbänke und der Auenstandorte ist es entscheidend, dass ihr Raumbedarf bei Revitalisierungsprojekten abgedeckt wird, und dass die revitalisierten Standorte vernetzt werden. Bei Revitalisierungsprojekten werden gute Erfolge erzielt, wenn die Vernetzung der zu revitalisierenden Standorte untereinander berücksichtigt wird, sowie deren Vernetzung mit naturnahen Standorten.
1. Was ist Vernetzung? Flusssysteme bilden Netzwerke, in denen sich die Flussabschnitte gegenseitig beeinflussen (Poole, 2010). Kenntnis über die Vernetzung der Flusssysteme ist eine der Voraussetzungen, um lokale und regionale
Prozesse verstehen und voraussagen zu können. Der Begriff Vernetzung beschreibt die Austauschprozesse und Interaktionen zwischen Habitaten; dazu zählen der Transport von Wasser, Geschiebe,
Bild 1. Schematische Darstellung der Vernetzung in einer Flusslandschaft. 1. Longitudinale Vernetzung zwischen Abschnitten am Hauptfluss und zwischen Hauptfluss und Zuflüssen. 2. Laterale Vernetzung zwischen terrestrischen und aquatischen Ökosystemen. 3. Vertikale Vernetzung des Flusses mit dem Interstitial, dem Hohlraumsystem in den vom Fluss abgelagerten Sedimenten dicht unterhalb des Oberflächenwassers. Nach Malmqvist (2002). 224
Energie, Nährstoffen, sowie der aktive oder passive Transport von Organismen (Woolsey et al., 2005; Kondolf et al., 2006). Wir verwenden diesen Begriff in Bezug auf Fliessgewässer hier enger gefasst als Mass für den Transport bzw. die Wanderungsbewegungen aquatischer und terrestrischer, flussbegleitender Organismen. Die vertikale Vernetzung beschreibt die Interaktionen zwischen dem Fluss und dem hyporheischen Interstitial, der kiesführenden Schicht unterhalb der Flusssohle (Malmqvist, 2002; Woolsey et al., 2005; Kondolf et al., 2006; Cote et al., 2009). Unter lateraler Vernetzung bzw. Seitenvernetzung versteht man die Anbindung eines Fliessgewässers via Ökoton, der Übergangszone zwischen Ökosystemen, an seine Auenhabitate und andere terrestrische Lebensräume (Bild 1). Die laterale Vernetzung von Flüssen mit dem Uferbereich und mit terrestrischen Habitaten spielt eine wichtige Rolle für den Austausch zwischen diesen Systemen (Baxter et al., 2005) sowie für einzelne Lebensphasen bestimmter Organismengruppen (z.B. Amphibien, aquatische Insekten). Eine Un-
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
terbrechung der lateralen Vernetzung hat insbesondere negative Auswirkungen auf den Bestand von Fischen und Wirbellosen, deren Entwicklung vom seichten Flachufer (Fischlarven) mit grösseren Steinen (Eiablage von vielen aquatischen Insekten) abhängig ist (Woolsey et al., 2005; Bright et al., 2010). Die longitudinale Vernetzung oder Längsvernetzung bezeichnet den Austausch mit den Lebensräumen flussaufwärts und flussabwärts innerhalb desselben Einzugsgebiets und zwischen Hauptfluss und Zuflüssen (Woolsey et al., 2005). Längsvernetzte Flusssysteme sind durchgängig für verschiedene Organismengruppen, ermöglichen die Wanderungsbewegungen von Tieren wie etwa der Bachforelle und die Samenausbreitung von Pflanzen. Die Längsvernetzung von Flusshabitaten ermöglicht eine Neugründung von Populationen und genetischen Austausch entlang von Flüssen, und ist somit entscheidend für die Populationsentwicklung vieler Organismen. In Bezug auf die Vernetzung ist es wichtig, zwischen struktureller und funktioneller Vernetzung zu differenzieren. Habitate können rein strukturell miteinander vernetzt sein, etwa durch Korridore – Landschaftsstrukturen, die in der Theorie die Bewegung von Organismen von einem Habitat zum nächsten ermöglichen sollen. Die Habitate sind aber erst dann funktionell vernetzt, wenn diese Korridore tatsächlich von den Zielorganismen als Migrationsrouten angenommen werden. Für aquatische Organismen dient der Fluss selber mit seinen Haupt-, Neben- und Altarmen als Korridor, für terrestrische Arten hingegen die Alluvialzone – die Schwemmebene, in der Sediment abgelagert wird – sowie die Auenbereiche. Der Grad der funktionellen Vernetzung kann dabei in Abhängigkeit
von saisonalen Abflussschwankungen während des Jahres variieren. 2.
Weshalb ist die funktionelle Vernetzung wichtig? Die funktionelle Vernetzung von Flussökosystemen ist für die aquatischen und terrestrischen Lebewesen und Lebensgemeinschaften aus mehreren Gründen entscheidend. Die funktionelle Vernetzung ist einerseits die Voraussetzung für die Ausbreitung von Organismen in Flussgebieten. Besonders wichtig ist die funktionelle Vernetzung für Organismen mit schlechtem Ausbreitungspotenzial, wie aquatische Makroinvertebraten, die keine geflügelten Imaginalstadien bilden, oder für den kiesbankbewohnenden, kurzflügeligen Kiesbankgrashüpfer (Chorthippus pullus). So ist der Bachflohkrebs (Gammarus fossarum) auf kleine Seitenzuflüsse mit viel Laubstreu angewiesen, die jedoch nur dann besiedelt werden können, wenn sie mit dem Hauptfluss vernetzt sind. Zum anderen spielt die funktionelle Vernetzung eine wichtige Rolle für die Verknüpfung von Habitaten, die zu unterschiedlichen Lebensphasen oder Jahreszeiten (bzw. Tageszeiten) von Organismen gebraucht werden (siehe Alp et al, diese Ausgabe). So ist die Durchgängigkeit der aquatischen Lebensräume für Fische wichtig, die einen durchgängigen Wanderkorridor benötigen, weil sich ihre Lebensraumansprüche im Laufe ihres Lebenszyklus verändern (Northcote, 1998). Je nach Altersstadium suchen Fische unterschiedliche Habitate auf, um geeignete Nahrungsangebote oder Laichplätze zu finden. Zudem sind Fische auf kurzfristige Standortveränderungen angewiesen, um Schutz vor Fressfeinden und Konkurrenz zu suchen oder um ungünstigen Umweltbedingungen wie hohen Temperaturen
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
ausweichen zu können. Insbesondere an der Einmündung von Seitenzuflüssen ist eine intakte Vernetzung von Bedeutung. Nicht für Fische durchgängige Mündungen beeinträchtigen die saisonalen Fischwanderungen zu den flussaufwärts gelegenen Laichgebieten und verhindern die Besiedlung der Seitengewässer aus dem Hauptfluss (Bild 2a). Die funktionelle Vernetzung liegt auch dem Konzept der Strahlwirkung zugrunde. Dieses besagt, dass naturnahe, ökologisch intakte Flussabschnitte positive Auswirkungen auf den ökologischen Zustand angrenzender, strukturell degradierter Flussabschnitte haben, denn die ökologisch weniger intakten Abschnitte können durch Migration von Pflanzen und Tieren aus dem naturnahen Gewässerabschnitt («Strahlursprung») besiedelt werden (Deutscher Rat für Landespflege, 2008). Ohne funktionelle Vernetzung sind solche positive Beeinflussungen zwischen Flussabschnitten nicht möglich. Viele Arten der Aue haben einen hohen Raumbedarf, und für die vollständige Durchführung ihres Lebenszyklus benötigen sie verschiedene Habitate oft in räumlicher Nähe, die miteinander vernetzt sein müssen. Amphibien benötigen etwa nicht nur Standorte wie Altarme zur Eiablage und Juvenilentwicklung, sondern auch solche, wo sie sich ausserhalb der Reproduktionssaison aufhalten, wie etwa Hecken und Gebüsche beim Laubfrosch (Angelone et al., 2010). Innerhalb von Auen bildet der Hauptfluss mit zahlreichen Neben- und Altarmen je nach Abflusssituation ein Netzwerk mit zeitlicher Dynamik. Eine Variabilität der Habitatstrukturen kann zur wiederkehrenden Besiedlung durch ein breites Artenspektrum führen. Umso wichtiger ist es, dass Auen als soge225
Flussgebietsmanagement
Bild 2. Beispiele für Habitatbeeinträchtigung in Flussökosystemen. A. Die stark verbaute Mündung des Lochrütibachs (Nidwalden) vor der Revitalisierung: der Bach fliesst über eine steil abfallende, betonierte Sohle in die Engelberger Aa – ein Beispiel für schlechte Vernetzung. B. Die gut vernetzte Brennoaue bei Loderio (Tessin). Gefangene Fischarten im April 2010: Bachforelle, Groppe, Alet, Südströmer, Elritze. C. Ein an die Brennoaue angrenzender, kanalisierter Flussabschnitt oberhalb mit den nachgewiesenen Fischarten Bachforelle und Groppe. Einher mit der Habitatdegradierung durch die Kanalisierung geht ein Verlust von Fischarten. Fotos: A: Armin Peter, B-C: Denise Weibel.
Flussgebietsmanagement
nannte Diversitäts-Hotspots gut mit den flussauf- und flussabwärtsgelegenen Gewässerabschnitten vernetzt sind und als Quellpopulationen funktionieren können. Kanalisierte Flussabschnitte können eine partiell durchlässige Barriere («soft barrier») für aquatische Arten darstellen. Sind Flussabschnitte durch kanalisierte Abschnitte isoliert, kann es in den direkt angrenzenden Abschnitten zu einer abrupten Verringerung der Artenzahl kommen. So wurden zum Beispiel in der untersten Aue des Brenno (Tessin) im April 2010 insgesamt fünf Fischarten gefangen (Bachforelle, Groppe, Alet, Südströmer, Elritze). Im monoton verbauten Abschnitt oberhalb der Aue wurden nur noch gerade zwei Arten nachgewiesen, nämlich Bachforelle und Groppe (Bild 2b,c). Laterale Vernetzung: die trophische Verbindung zwischen Wasser und Land Es ist aus vielen Studien bekannt, dass die Seitenvernetzung von aquatischen Habitaten mit dem Uferbereich eine wichtige Rolle für aquatische sowie terrestrische Organismen spielt und unter anderem trophische (d.h. Nahrungs-) Zusammenhänge zwischen verschiedenen Habitaten ermöglicht (Baxter et al., 2005). Viele Makroinvertebraten sind für ihre Nahrung auf Laubeinträge durch die terrestrische Vegetation angewiesen. So sind etwa ins Wasser gefallene, terrestrische Insekten ein wichtiger Bestandteil der Nahrung der Bachforelle. Anderseits werden die geschlüpften Imagines der aquatischen Insekten von Vögeln, Eidechsen, Fledermäusen sowie anderen Prädatoren verzehrt. In ihrer Diplomarbeit an der Bünz hat Christina Baumgartner (2008) solche trophische Zusammenhänge untersucht und festgestellt, dass die Dichte der prädatorischen Uferarthropoden (Spinnen, Kurzflügler- und Laufkäfer) mit der Dichte der geschlüpften Imagines der aquatischen Insekten korreliert. Diese Zusammenhänge wurden ausserdem durch die Beschaffenheit des Uferbereichs beeinflusst. So konnte diese Arbeit auch zeigen, dass die Dichte bestimmter Prädatoren unter anderem durch die Vielfalt der Vegetation und die Länge der Uferlinie beeinflusst wird. Somit kann eine vom Menschen verursachte Unterbrechung der Seitenvernetzung negative Auswirkungen sowohl auf aquatische als auch terrestrische Lebensgemeinschaften haben und potenziell diejenigen Arten beeinträchtigen, die von der Vernetzung der Lebensräume abhängen; diese Ergebnisse bestätigen die Resultate einer früheren Studie (Iwata et al., 2003).
4.
Migration, Genfluss und Populationsmodelle Die Vernetzung zwischen Populationen der aquatischen und flussbegleitenden, terrestrischen Lebewesen beeinflusst auch den genetischen Austausch (den sogenannten Genfluss) zwischen Populationen. Genfluss findet statt, wenn Individuen sich in einer Population fortpflanzen, in welche sie eingewandert sind, und so zum Genpool beitragen, also zur Gesamtheit der Allele und Genotypen in einer Population. Andererseits hinterlassen viele Migrationsereignisse keine Spuren im Genpool, beispielsweise wenn die Migranten abwandern oder sterben, bevor sie sich fortgepflanzt haben. Da Arten unterschiedliche Ausbreitungskapazitäten haben und mehr oder weniger spezifisch in ihrer Habitatswahl sind, wurden mehrere theoretische Mo-
delle formuliert, um die Vernetzung einer Landschaft für Populationen zu beschreiben (Tab. 1) (Tero et al., 2003; Pollux et al., 2009). Abhängig von den lokalen Verhältnissen können verschiedene Populationsmodelle an unterschiedlichen Standorten für dieselbe Art gelten. So können manche Arten in einem Teil ihres Verbreitungsgebiets kontinuierliche Populationen bilden, in einem anderen Teil jedoch kleine, isolierte Bestände oder Metapopulationen aufweisen. 4.1 Isolierte Populationen Entlang eines Flussabschnitts können die Populationen einer Art genetisch völlig isoliert sein; genetischer Austausch findet nicht statt. Dieses Populationsmodell gilt für extrem seltene Arten, die an Flussläufen in kleinen Beständen anzutreffen sind.
3.
226
Tabelle 1. Populationsmodelle für terrestrische und aquatische Organismen der Flusslandschaften. Die Abbildungen folgen Tero et al. (2003) und Pollux et al. (2009). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Räumlich strukturierte Populationen Wenn Gene und Individuen sich vornehmlich zwischen räumlich benachbarten Beständen bewegen, so spricht man von einem Austausch über Trittsteine (bzw. sogenannte «Stepping stones»). Diese Arten sind also keine guten Ausbreiter. Weil nur geringe Distanzen überwunden werden, haben die Arten, die diesem Muster folgen, meist räumlich strukturierte Populationen. Das heisst, an verschiedenen Flussabschnitten weisen diese Arten genetisch unterschiedliche Bestände auf. 4.3 Metapopulationsmodell Wenn die Bestandsentwicklung einer Art von häufigem Erlöschen von lokalen Beständen und von Populationsneugründungen gekennzeichnet ist, spricht man von einer Metapopulation (Hanski, Zhang, 1993; Hanski, 1998; Hanski, Gaggiotti, 2004). Mehrere Arten der terrestrischen, flussbegleitenden Pflanzen bilden Metapopulationen (Tero et al., 2003; Jacquemyn et al., 2006; Honnay
et al., 2009). Bei Metapopulationen muss für das langfristige Überleben einer Art in einem Einzugsgebiet die Zahl der Neugründungen von Beständen das lokale Erlöschen von Beständen übersteigen. Dazu muss die longitudinale Vernetzung zwischen Habitaten gewährleistet sein. Altbestände und Flächen, auf denen sich neue Vorkommen etablieren können, sollten nicht zu weit voneinander entfernt liegen (innerhalb der mittleren Ausbreitungsdistanz der Art). 4.4
Metapopulation mit Source-Sink-Dynamik Am Fluss ist es bei wasserverbreiteten Arten auch möglich, dass die Ausbreitung vermehrt flussab erfolgt. In diesem Fall stellen die Populationen flussaufwärts die einzige Quelle für die Gründung neuer Populationen dar. Wenn bestimmte Populationen vermehrt Migranten aussenden, und andere Migranten empfangen aber keine aussenden, so spricht man von einem «Source-Sink-Metapopulationsmodell» (Pulliam, 1988; Pulliam, Danielson, 1991).
Das Source-Sink-Modell stellt einen Spezialfall eines Metapopulationsmodells dar, mit Quellpopulationen, die Individuen aussenden und für die Besiedlung neuer Standorte verantwortlich sind, sowie Empfängerpopulationen, die Individuen empfangen, aber selbst nicht zur Gründung neuer Vorkommen beitragen. Dieses Populationsmodell ist für die Praxis höchst relevant, denn die Zerstörung der Quellpopulationen führt langfristig zum lokalen Aussterben von Arten innerhalb eines Einzugsgebiets. Andererseits kann man in diesem Fall Arten fördern, indem man sehr gezielt Ressourcen einsetzt, um das Bestehen der Quellpopulationen zu sichern und gleichzeitig die Vernetzung mit flussabwärts gelegenen Standorten sicher zu stellen. 4.5 Kontinuierliche Population Wenn Bestände kontinuierliche Populationen mit räumlich ausgedehntem genetischem Austausch bilden, besteht für die Praxis kein Handlungsbedarf in Bezug auf Artenförderungsmassnahmen. Die Arten, die diesem Populationsmodell folgen, sind gute Ausbreiter, die neue Standorte über grosse Distanzen hinweg kolonisieren können. Viele dieser häufigen Arten können in der Regel auch dann von Revitalisierungsmassnahmen profitieren, wenn diese weit entfernt von anderen Beständen durchgeführt werden. 5.
Bild 3. Die Durchgängigkeit in Fliessgewässern wird durch künstliche Barrieren beeinträchtigt. A. Wehr. B. Eindolung. C. Absturz bei Sohlschwelle. D. Eine für Groppen unüberwindbare Sohlstufe im Mülibach (Nidwalden). Fotos: Denise Weibel. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Welche Faktoren beeinflussen die Durchgängigkeit von Fliessgewässern? Die Vernetzung von Flusshabitaten aus Sicht der im und am Fluss lebenden Organismen wird durch natürliche und menschgemachte Barrieren beeinträchtigt. Ein Wasserfall stellt beispielsweise eine abrupte, ein klimatischer Gradient eine graduelle natürliche Barriere dar (Banarescu, 1990). Menschgemachte Barrieren sind vielfältig. Künstliche Abstürze und Schwellen zur Sohlenstabilisierung, Wehre, Staudämme oder Eindolungen fragmentieren den Gewässerverlauf und können Wanderhindernisse darstellen (Bild 3). Insbesondere eine Abschneidung der Seitenbäche durch künstliche Barrieren kann gravierende Auswirkungen auf die Artenzahl bei Fischen haben, denn die schwimm- und sprungschwachen Fischarten und kleine Individuen sind in nicht der Lage, Abstürze zu überqueren. An durch Barrieren abgetrennten Zuflüssen der Suhre wurde nur die Bachforelle nachgewiesen, an Bächen mit gut vernetzten Seiteneinmündungen hingegen drei oder mehr Fischarten (Am227
Flussgebietsmanagement
4.2
Flussgebietsmanagement
mann, 2006). Bei Fischen stellt somit die Mündung den wichtigsten Bereich für die Artenvielfalt im Gewässer dar. Monoton verbaute, sehr schnell fliessende Flussabschnitte, sogenannte Schussrinnen, können ebenso als Barrieren («soft barriers») wirken wie punktuelle physikalische oder chemische Veränderung des Wassers aufgrund von Zuleitungen (z.B. Temperaturveränderung). Als Konsequenz einer Barriere wird die Wanderung von Fischen und aquatischen Invertebraten flussaufwärts behindert und ihre natürliche Ausbreitung begrenzt. Dabei kommt es auf die Organismengruppe an, welche Struktur eine Barriere darstellt. Ein mehrere Meter hohes Querbauwerk mag von Makroinvertebraten mit geflügelten Imagines problemlos überwunden werden, während sie die flussaufwärts gerichtete Migration der Fische sowie der flügellosen aquatischen Makroinvertebraten verunmöglicht. Am Mülibach (Nidwalden) zeigte sich, dass sich eine kleine Sohlstufe von <1 m negativ auf den Groppenbestand auswirken kann. Die Groppe als Fisch mit kleiner Springleistung fehlt im Streckenabschnitt oberhalb dieser Sohlstufe vollständig, während sie im gesamten übrigen Bach abundant war (Bild 3d). 6.
Wie kann man die Durchgängigkeit messen und bewerten? Es gibt eine Reihe Methoden, die es erlauben, die Durchgängigkeit von Flüssen für verschiedene Organismengruppen zu quantifizieren und Ausbreitungsdistanzen zu bestimmen. Fang- und Wiederfang markierter Individuen, Feldbeobachtungen der Organismenbewegung sowie populationsgenetische Analysen sind unter den wichtigsten Ansätzen für solche Untersuchungen. Anhand von Versetzungsexperimenten lässt sich die Durchgängigkeit von potenziellen Wanderbarrieren für verschiedene Fischarten und Individuengrössen bestimmen. Hierfür werden oberhalb des Hindernisses lebende, markierte Fische unter das Hindernis versetzt, um anschliessend ihr Aufstiegsverhalten zu beobachten. Dafür eignen sich sowohl Reusen, die Fang-Wiederfang-Methode mit Markierung (z.B. Farbe) oder die Beobachtung mit individuellen, aktiven (Radiotelemetrie) oder passiven Sendern (PIT-tag). Auch bei grösseren Invertebraten wie Libellen können frisch geschlüpfte Imagines farblich markiert werden, um zu untersuchen, wie weit sie sich ausbreiten. Bei einer Studie der Zierlichen Moosjung228
Tabelle 2. Ausbreitungsdistanzen verschiedener Arten und Artengruppen; *flussabwärts, ‡flussaufwärts. fer (Leucorhinia caudalis), einer Libellenart, wurde festgestellt, dass sich nur wenige Tiere über grössere Distanzen von mehreren Kilometern ausbreiten, die meisten Tiere jedoch in dem Bereich verweilen, wo sie bereits geschlüpft sind (Keller et al., 2010). Eine auf Fang-und Wiederfang markierter Tiere beruhende Studie zeigte Ausbreitungsdistanzen von bis zu 1.5 km für den Laubfrosch (Vos et al., 2000), und eine auf molekulargenetischen Untersuchungen beruhende Studie dokumentierte Wiederfänge in Distanzen von 0.75 km und 1 km (Angelone, Holderegger, 2009). Andere Amphibienarten haben eine ähnliche Reichweite. Fische hingegen können sich über sehr weite Distanzen bewegen, dokumentiert durch Fang- und Wiederfang und Radiotelemetrie. Im Einzugsgebiet des Alpenrheins wandert die Bodenseeforelle bis 126 km flussaufwärts, um sich im Vorderrhein fortzupflanzen (Caviezel, Peter, 2006). Auch andere Fischarten legen grosse Distanzen zurück, wie beispielsweise die Barbe und die Nase, doch es gibt auch standorttreue Arten wie die Groppe (Tabelle 2). Auch mit populationsgenetischen Methoden ist es möglich, Aussagen über die Migration von Individuen und somit die Vernetzung zwischen Populationen zu machen. Wenn Populationen in einem Gebiet sich stark genetisch unterscheiden und wenn keine räumlich intermediären Popu-
lationen bei der Beprobung ausgelassen wurden, können einzelne Migranten detektiert und verschiedenen Populationen zugeordnet werden (Pritchard et al., 2000; Falush et al., 2003). Wasserverbreitete Pflanzenarten können oft grosse Distanzen überbrücken. Für die Tamariske wiesen wir mit molekulargenetischen Methoden eine klonale Ausbreitung über 15 km nach, und eine Ausbreitung derselben Art durch Samen über 8 km (Tabelle 2). 7. Vernetzung und Genfluss Barrieren beeinflussen sowohl die Artenzahl im Fliessgewässer als auch die Abundanz und den Genfluss einer Art; sie können sich stark auf die Genflussmuster der aquatischen und der terrestrischen, flussbegleitenden Arten auswirken. Wird der Genfluss für mehrere Generationen unterbunden, kann es vor allem bei in kleinen Populationen auftretenden Arten zu einer genetischen Differenzierung zwischen Teilpopulationen kommen. Bei grossen Populationen dauert es hingegen viele Generationen, bis eine genetische Differenzierung nachzuweisen ist (Hartl, Clark, 1997). Die Genflussmuster können mit verschiedenen genetischen Markern untersucht werden. Für solche Untersuchungen sind Mikrosatelliten besonders gut geeignet aufgrund ihrer hohen Mutationsrate, so dass oft gegenwärtiger Genfluss untersucht werden kann (Box 1). Im
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
7.1
Populationsgenetische Struktur benthischer Makroinvertebraten an der Sense An der Sense haben wir zwei benthische Makroinvertebraten mit unterschiedlichen Ausbreitungsstrategien untersucht. Eine dieser Arten war der Bachflohkrebs (Gammarus fossarum), der kleine Distanzen durch kriechen (flussabwärts und flussaufwärts) oder driften (nur flussabwärts) zurücklegt; diese Art wurde mit neun Mikrosatellitenmarkern untersucht (Alp et al., eingereicht). Die zweite untersuchte Art war die Eintagsfliege (Baetis rhodani), die sich als Larve wie der Bachflohkrebs ausbreitet, aber auch eine imaginale fliegende Phase hat und somit Barrieren im Fluss überwinden kann; für diese Art wurden fünf Mikrosatelliten untersucht (Alp et al., eingereicht). Der ausschliesslich aquatische Bachflohkrebs (Bild 4) zeigte viel weniger genetischen Austausch zwischen Populationen als die Eintagsfliege (Tabelle 3) und ist möglicherweise nicht nur in seiner Ausbreitung limitiert, sondern könnte auch an lokale Bedingungen angepasst sein. Das würde bedeuten, dass lokale Populationen des Bachflohkrebses einen zusätzlichen Wert für die Erhaltung der Biodiversität haben. Dagegen scheint die Eintagsfliege in ihrer Ausbreitung im Sensegebiet nicht limitiert zu sein, sie bildet dort eine einzige, kontinuierliche Population. Die Barrieren im Fluss manifestieren sich bei beiden Arten nicht in der genetischen Struktur (Bild 5a, c). Populationsgenetische Struktur der Groppe an der Sense Die Groppe (Cottus gobio) hat eine durchschnittliche Grösse von 15 cm und lebt bodenorientiert. Sie hat eine reduzierte Schwimmblase und gilt als standorttreue oder eben residente Fischart. Je residenter eine Art ist, umso weniger Migration gibt es zwischen den einzelnen Populationen, was eine genetische Differenzierung zwischen diesen Populationen begünstigt. Als schwimmschwache Fischart kann die Groppe selbst kleinere Barrieren im Fluss nicht überwinden, so dass die Wanderung der Tiere flussaufwärts durch Barrieren verunmöglicht wird. Wir haben die populationsgenetische Struktur dieser Art in der Sense in den Kantonen Bern und Fribourg basierend auf zehn Mikrosatellitenmarkern
Mikrosatelliten, Allele, Loci, genetische Differenzierung Mikrosatelliten sind kurze mehrfach wiederholte Motive auf der DNA, die sich in der Zahl der Wiederholungen und somit in ihrer Länge unterscheiden (Goldstein, Pollock, 1997). So kann beispielsweise ein Individuum eine genetische Variante (Allel) mit drei Wiederholungen der Basenpaare «CATG» tragen, (CATG)3, und ein anderes Individuum kann auf derselben Stelle der DNA (Locus) ein anderes Allel besitzen, das fünf Wiederholungen besitzt, also (CATG)5. Diese Längenunterschiede können entstehen, wenn bei der Replikation der DNA z.B. während der Zellteilung Wiederholungseinheiten übersprungen bzw. angehängt werden. Bei den meisten Mutationen ist eine einzige Wiederholungseinheit betroffen; sehr selten kann es passieren, dass gleich mehrere Wiederholungseinheiten angehängt oder entfernt werden (Weber, Wong, 1993; Goldstein, Pollock, 1997). Für aussagekräftige genetische Studien werden meist mehrere Loci (sogenannte «Marker») untersucht. Wenn genügend Mikrosatellitenmarker untersucht werden, können genetisch unterschiedliche Individuen voneinander unterschieden werden, und beispielsweise die räumliche Ausdehnung von Klonen bei Pflanzen kann bestimmt werden. Selbst wenn man nicht vollständig zwischen Individuen unterscheiden kann, ist es vielfach möglich, einzelne Individuen anhand ihrer Kombination von Mikrosatellitenallelen einer bestimmten Population zuordnen. So können Migranten identifiziert werden. Die genetische Differenzierung zwischen Populationen wird mit dem Fixierungsindex FST angegeben. Ein Wert von 0 besagt, dass Populationen nicht differenziert sind, ein Wert von 1 gibt eine völlige genetische Isolation an (Hartl, Clark, 1997).
Bild 4. In den genetischen Studien untersuchte Arten. A. Eintagsfliege (Baetis rhodani), Larve und geflügeltes adultes Tier (Fotos: Maria Alp). B. Bachflohkrebs (Gammarus fossarum) (Foto: Maria Alp). C. Kiesbankgrashüpfer (Chorthippus pullus) (Foto: Theresa Karpati). D. Tamariske (Myricaria germanica) (Foto: Silke Werth).
7.2
Bild 5. Populationsstruktur aquatischer Arten der Sense relativ zur Lage und Anzahl von Barrieren (schwarze Balken). Farben: die Zugehörigkeit von Individuen zu Populationen. A. Eintagsfliege. B. Groppe. C. Bachflohkrebs. Daten: A, C: Maria Alp; B: Julian Junker. Abbildung: Sonia Angelone.
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
229
Flussgebietsmanagement
Rahmen des Projekts «Integrales Flussgebietsmanagement» wurde die genetische Struktur von drei aquatischen und zwei terrestrischen Arten untersucht.
Flussgebietsmanagement
struktur der Groppe in der Sense scheint insofern durch die Verbauungen beeinflusst zu werden (Junker, 2010; Junker et al., eingereicht). Die Groppe wies an der Sense eine relativ hohe genetische Differenzierung auf (Tabelle 3) und ebenfalls eine hohe genetische Diversität. Tabelle 3. Genetische Differenzierung (Box 1) zwischen Stichprobestellen an der Sense und an der Isar. Angegeben sind die Art, der untersuchte Fluss, die Populationsstruktur der Art, und der globale FST -Wert aus einer Analyse der Molekularen Varianz (FST); ns, statistisch nicht signifikant; *, statistisch signifikant.
Bild 6. Populationsstruktur terrestrischer Arten der Isar im Grenzgebiet zwischen Deutschland (D) und Österreich (A), relativ zur Lage von Barrieren (schwarze Balken). Farben: Zugehörigkeit von Individuen zu Populationen. A. Kiesbankgrashüpfer. B. Tamariske. Daten: A: Theresa Karpati. B: Silke Werth. Abbildung: Sonia Angelone.
7.3
Populationsgenetische Struktur des Kiesbankgrashüpfers an der Isar Der Kiesbankgrashüpfer (Chorthippus pullus) ist eine in der Schweiz vom Aussterben bedrohte Heuschreckenart. Dieser Grashüpfer besiedelt Kiesbänke mit geringer Vegetationsdichte und hat als Kurzflügler nur ein geringes Ausbreitungspotenzial. Für diese Art stellten Stauseen Barrieren für den Genfluss zwischen Populationen entlang der Isar dar (Bild 6a). Wir haben die populationsgenetische Struktur dieser Art mit fünf Mikrosatellitenmarkern an der Obern Isar in Deutschland untersucht (Karpati et al., in Vorbereitung). Der Flussabschnitt zwischen beiden Stauseen fiel zwischen 1949 und 1990 jeden Sommer aufgrund von Ausleitungen trocken. Beim Kiesbankgrashüpfer wurde in diesem Flussabschnitt eine unerwartet grossräumige genetische Durchmischung nachgewiesen (Tabelle 3) und eine hohe genetische Diversität. Die geringen Abflussmengen förderten eine Vernetzung der Kiesbänke und somit auch die Durchmischung der Populationen dieser Art. Die seit 1990 vorgeschriebene Restwassermenge in der Isar führte hingegen zu einer zunehmenden Verbuschung der Kiesbänke, was für den Kiesbankgrashüpfer problematisch ist, da sein Lebensraum schrumpft. 7.4
Bild 7. Populationsdynamik der Tamariske (Myricaria germanica) in der Schweiz, Quelle: Silke Werth. untersucht (Junker et al., eingereicht). Weil die Art schwimmschwach ist, überraschte es nicht, dass zwischen den einzelnen Beprobungsstellen in der Sense eine deutliche genetische Differenzierung festgestellt wurde. Die genetischen Unterschiede zwischen Individuen von unterschiedlichen Standorten werden mit 230
zunehmender geographischer Distanz grösser. Allerdings fanden wir in einer weiteren Analyse, bei welcher wir den Einfluss der geographischen Distanz eliminiert hatten, ebenfalls eine positive Korrelation zwischen der Anzahl Barrieren und der genetischen Differenzierung zwischen den Standorten (Bild 5b). Die Populations-
Populationsgenetische Struktur der Tamariske Die Tamariske (Myricaria germanica) ist ein den Vegetationstyp «Tamarisken-Weidengebüsch» (Moor, 1958) definierender Strauch, der in der Alluvialzone am Oberlauf von Fliessgewässern vorkommt. Die Art ist heute aufgrund von Habitatverlust und mangelnder Dynamik im Zusammenhang mit der Begradigung und Verbauung von Flüssen in Mitteleuropa selten geworden. Die Tamariske pflanzt sich mit kleinen, flugfähigen Samen fort, die über Wind oder Wasser ausgebreitet werden können; insofern hätten wir für diese Art hohen Genfluss erwartet und somit keine ausgeprägte Differenzierung zwischen Populationen innerhalb von Einzugsgebieten. Wir haben diese Art mit 20 nuklearen Mikrosatelliten untersucht (Werth,
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Genetischer Flaschenhals und genetische Drift Bei einem genetischen Flaschenhals sind Populationen über mehrere Generationen hinweg klein und verlieren viel ihrer ursprünglichen genetischen Vielfalt durch genetische Drift. Die genetische Drift ist eine durch Zufall bedingte Verschiebung der Allelfrequenz, bei der meist seltene Allele verschwinden, aber auch ursprünglich selten vorkommende Allele an Häufigkeit zunehmen können. Falls Populationen über viele Generationen hinweg klein sind, kann die genetische Drift zur Fixierung einzelner Allele in bestimmten Populationen führen.
Flussgebietsmanagement
Scheidegger, 2011). An der Oberen Isar in Süddeutschland fanden wir unterwartet eine deutliche genetische Differenzierung oberhalb und unterhalb von Stauseen, das heisst deutliche Unterschiede in der genetischen Zusammensetzung von Populationen (Bild 6b) (Werth et al., in Vorbereitung). Dies bedeutet, dass Stauseen für diese Pflanzenart schwer überwindbare Barrieren darstellen, obwohl die Tamariske dank ihrer durch Wind und Wasser verbreiteten Samen ein hohes Ausbreitungspotenzial hat. Die Art hatte eine relativ niedrige genetische Diversität, aber wies einen hohen Grad der genetischen Differenzierung auf, was typisch ist für Arten, die Metapopulationen bilden (Tabelle 3). In der Schweiz zeigt die Tamariske am Oberlauf der Maggia und am Rhein Metapopulationen, während sie vor allem im Mittelland und im Wallis isolierte Populationen aufweist, und am Inn eine kontinuierliche Population bildet (Bild 7). Die Metapopulation an der Maggia haben einen Source-Sink-Charakter, wo die im obersten Bereich des Einzugsgebiets gelegenen Populationen die Quelle für Neubesiedlungen von Kiesbänken flussabwärts darstellen. Am Schweizer Inn wiesen wir eine kontinuierliche Population für die Tamariske nach. Die genetische Diversität der Tamariskenbestände am Inn war sehr niedrig und liess darauf schliessen, dass die Art das Gebiet entweder durch einige wenige Individuen besiedelt haben muss, oder dass die Bestände durch einen sogenannten «genetischen Flaschenhals» gegangen sein müssen bevor sie sich räumlich ausgedehnt haben (Box 2). In beiden Fällen gehen wir davon aus, dass die Tamarisken historisch vernetzt gewesen sein müssen, etwa dadurch, dass we-
Bild 8. Populationsstruktur der Tamariske am Rhein in der Schweiz, relativ zur geografischen Lage natürlicher und anthropogener Barrieren (schwarze Balken, breit: Schluchten, schmal: kanalisierter Abschnitt mit wenigen Kiesinseln). Quelle: Silke Werth. nige, eng verwandte Individuen das Gebiet besiedelten. Aufgrund dieser historischen Effekte ist die Diversität am Inn zu niedrig, um genetisch verschiedene Populationen nachzuweisen. Unsere Ergebnisse für die Deutsche Tamariske vom Rhein in der Schweiz zeigen deutlich, dass auch natürliche Barrieren wie etwa Schluchten (dicke Balken, Bild 8) einen Effekt auf die genetische Struktur haben können – die lokalen Populationen der Tamariske wiesen deutliche genetische Unterschiede oberhalb und unterhalb dieser Barrieren auf, während der unterhalb gelegene Flussabschnitt, der keine Barrieren aufwies, die genetisch ähnlicheren Bestände hatte. Ein kanalisierter Flussabschnitt zeigte keine deutliche Barrierewirkung (schmaler Balken, Bild 8). Eine weitere Beobachtung war, dass die Tamariskenpopulationen im Unterlauf meist eine Mischung verschiedener genetischer Gruppen aufwiesen, während am Oberlauf häufig reine Vorkommen gefunden wurden. Dieses Ergebnis deutete an, dass eine Ausbreitung der Samen mit dem Wasser für diese Art eine wichtige Rolle spielen könnte. 8.
Massnahmen zur Verbesserung der Vernetzung
8.1
Verbesserung der longitudinalen Vernetzung für die Fischfauna durch Blockrampen Zur Wiederherstellung der Wanderkorridore für Fische bei Wehren und Dämmen
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
werden technische Fischtreppen oder naturnahe Umgehungsgerinne gebaut. Eine weitere Massnahme ist die Entfernung von Wanderhindernissen, zum Beispiel Wehre oder künstliche Abstürze. Im Kanton Aargau wurden die Kosten für die Beseitigung solcher Hindernisse je nach Gewässer auf 40 000 bis 100 000 Franken pro Meter Absturzhöhe geschätzt (Berner, 2006). Die Sanierung von Überfällen sollte nicht nach dem Zufallsprinzip erfolgen, sondern eine Priorisierungsanalyse über die zu entfernenden Hindernisse ist vorrangig durchzuführen (Zitek et al., 2007; Fahrni, 2011). Als Ersatz zur Sohlenstabilisierung werden bei der Entfernung von Überfällen Blockrampen gebaut. Eine Blockrampe ist eine mit Steinblöcken befestigte Fliessgewässerstrecke mit erhöhtem Gefälle, welche die Fischgängigkeit ermöglichen soll. Verschiedene Faktoren sind entscheidend beim Bau von unterschiedlichen Blockrampentypen. Die Stabilität, insbesondere des Rampenfusses, muss bei einem Hochwasserereignis gewährleistet sein. Die Blockrampe, beziehungsweise ihr Gefälle, muss so dimensioniert sein, dass für Fische geeignete Fliessgeschwindigkeiten und Wassertiefen entstehen. Als Richtwert wird in der Literatur eine maximale Fliessgeschwindigkeit von 1.6 bis 2.0 m/s definiert (DVWK, 1996). Dabei muss allerdings beachtet werden, dass die Schwimm- und Springleistungen der einzelnen Fischarten voneinander verschieden sind. Es gilt, sowohl die im Gewässer vorkommende als auch die potentielle Fischfauna zu berück231
Flussgebietsmanagement Tabelle 4. Ausgewählte Resultate zur Erfolgskontrolle für den Fischaufstieg an Blockrampen (kleine Individuen: <200 mm; grosse Individuen: ≥200 mm. Bewertung Aufstiegsrate: >75% sehr gut; 1–35% eingeschränkt). sichtigen, welche sich nach Fischregion unterscheidet (Illies, 1961). An verschiedenen Blockrampen wurden Erfolgskontrollen zum Fischaufstieg durchgeführt. Fische wurden oberhalb der Rampe gefangen, markiert und unter die Rampe versetzt. Die Rückwanderung der markierten Fische über die Rampe bestimmte die Durchgängigkeit der Rampen für verschiedene Fischarten und deren Grössenklassen (Weibel, Peter, eingereicht; Weibel et al., in Vorbereitung). Es zeigte sich, dass die Aufwärtswanderung je nach Fischart, Grössenklasse der Individuen und Blockrampe unterschiedlich effizient ist (Tab. 4). Während die schwimmstarke Bachforelle auch über steile Rampen mit Gefälle >6% wanderte, hatten die Kleinfischart Groppe und die Cypriniden (Karpfenartige) Schwierigkeiten, solchen Rampen zu durchschwimmen. Auch für kleine Bachforellen war die Durchgängigkeit eingeschränkt. Gerade in der Aeschenregion, wo mehrere Fischarten vorkommen, soll das Gefälle der Rampen den leistungsschwächeren Cypriniden (z.B. Strömer, Nase, Gründling) angepasst werden. Es 232
zeigte sich, dass der Bau von Blockrampen zur Wiederherstellung der Durchwanderbarkeit sinnvoll ist. Allerdings muss die Blockrampe an die jeweilige Fischzone angepasst sein. Unsere Ergebnisse zeigten, dass eine Blockrampe nur dann relativ steil gebaut sein darf, wenn die Bachforelle die einzige vorkommende Fischart ist. Um das ökologische Potential von Blockrampen auszuschöpfen, sind Erfolgskontrollen über den Fischaufstieg empfehlenswert. 8.2
Vernetzung aquatischer und terrestrischer Ökosysteme bei Revitalisierungen Bei Flussrevitalisierungen ist generell zu berücksichtigen, dass die revitalisierten Strecken mit möglichst naturnahen Flussabschnitten vernetzt werden. Besonders wichtig für die Vernetzung der Fliessgewässer ist eine Anbindung der Seitenzuflüsse (Ammann, 2006). Hier können oftmals mit geringem flussbaulichem Aufwand erstaunliche Ergebnisse erzielt werden, indem Einmündungen aufgeweitet werden, was die Durchgängigkeit für verschiedene Organismen verbessern
kann (Ribeiro et al., 2011). Eine Anbindung der Seitengewässer an artenreiche Hauptgewässer kann zu raschen Erfolgen führen, wie zu einer Erhöhung der Artenzahlen der aquatischen Fauna innerhalb kurzer Zeit. So wurde etwa die Anzahl der Fischarten des Liechtensteiner Binnenkanals durch die Vernetzung mit dem Hauptgewässer Alpenrhein im Zuge einer Revitalisierung von sechs Arten auf 16 erhöht (Bohl et al., 2004). Auch die Auenstandorte sollten durch Revitalisierungen miteinander vernetzt werden. Dabei ist auf den Raumbedarf vieler Auenarten zu achten. Die Vernetzung von Fliessgewässern ist von massgeblicher Bedeutung, nicht nur für die Erhaltung und Wiederherstellung der typischen Artenvielfalt der Flusslandschaften, sondern auch für den Ablauf der natürlichen ökologischen Prozesse sowie für den Geschiebehaushalt. Die Wiederherstellung der Vernetzung der Fliessgewässer wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten im Fokus des Revitalisierungsgeschehens in der Schweiz stehen.
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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bei den zahlreichen elektrischen Abfischungen
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Maag und Anna Rist für Hilfe bei der Feldarbeit
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für den Kiesbankgrashüpfer und die Tamariske.
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ternationale Revue der gesamten Hydrobiologie
und zur Eintagsfliege beigetragen. Wir danken
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Christina Baumgartner für ihren Beitrag zur la-
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Dank an Sonia Angelone für Mithilfe bei den
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Abbildungen. Wir danken der EAWAG für einen
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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Comportement morphologique et potentiel écologique
Marcelo Leite Ribeiro, Koen Blanckaert, Jean-Louis Boillat, Anton Schleiss
Résumé Les aménagements des cours d’eau ont été responsables d’un considérable affaiblissement de la valeur écologique de systèmes fluviaux dans les régions alpines d’Europe. Dans ce contexte, la morphodynamique des confluences alpines aménagées est étudiée expérimentalement, avec une attention particulière sur le potentiel d’un élargissement local de l’affluent en cas de renaturation des confluences. Les résultats montrent qu’un élargissement local de l’affluent augmente la
variabilité sédimentaire du substrat ainsi que la diversité de la profondeur et des vitesses d’écoulement. Cette réponse est favorable au développement des habitats et au rétablissement de la connectivité latérale et longitudinale des réseaux fluviaux. L’élargissement offre un grand potentiel d’amélioration du statut écologique, aussi bien localement qu’à l’échelle du bassin versant. De surcroit, ce gain lié à l’élargissement n’est pas assorti d’effets contraires concernant la protection contre les crues.
Abstract Local widening of a tributary in the confluence zone – morphodynamic behavior and ecological potential. In alpine regions of Europe, river training works were responsible for a considerable impoverishment of river ecosystems. The morphodynamics of regulated confluences have been experimentally investigated with special attention to the potential of local tributary widening in the framework of confluence rehabilitation projects. Results
show that local widening of the tributary in the confluence zone increases the heterogeneity in sediment substrate, flow depth and flow velocity. This is favorable for in-stream habitat and for the connectivity between the main river and the tributary. Therefore, it has a high potential to improve ecological status both locally and on the stream catchment scale. In addition, local tributary widening is not associated to adverse impacts on flood safety.
Zusammenfassung Aufweitung von Seitengewässern im Einmündungsbereich – morphodynamisches Verhalten und ökologisches Potenzial. Die Fliessgewässerkorrektionen im europäischen Alpenraum haben vielerorts zu einer Verarmung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässernetze geführt. Besonderes kritisch sind dabei die Einmündungen von Seitengewässern. Im Rahmen einer experimentellen Forschungsarbeit wurde deshalb die Morphodynamik von kanalisierten Einmündungen im Hinblick auf ihr Renaturierungspotenzial untersucht. Dabei hat sich gezeigt dass eine lokale Aufweitung des Seitengewässers im Einmündungsbereich die Gewässermorphologie hinsichtlich Vielfalt von Sohlensubstrat, Wassertiefen und
1. Introduction Les aménagements des cours d’eau dans les régions alpines d’Europe ont généralement transformé les larges rivières en tresses ou en bancs alternés en systèmes linéaires. Ceux-ci se caractérisent par un manque de diversité structurale, à savoir de bancs de graviers, d’îles, d’alternance de rapides et de zones calmes, comme c’est le cas du Rhône supérieur, en Suisse (Figure 1). Ces interventions ont considérablement
Fliessgeschwindigkeiten stark verbessert. Dadurch ergeben sich günstige Bedingungen für neue aquatische Lebensräume. Zudem wird die durch die Gewässerkorrektionen verloren gegangene Durchgängigkeit der Einmündungen wieder hergestellt. Die lokale Aufweitung von Seitengewässern im Einmündungsbereich hat deshalb eine weiträumige positive Auswirkung auf den ökologischen Zustand des Gewässernetzes. Die Untersuchungen haben zudem gezeigt dass die Aufweitung von Seitengewässern im Mündungsbereich die Hochwassersicherheit bezüglich Geschiebetransport und Abflusskapazität keineswegs nachteilig beeinflusst.
appauvri la valeur écologique de ces systèmes. A partir de la fin du 20ème siècle, «la renaturation des cours d’eau» est devenue un concept de référence pour les professionnels de l’environnement et les autorités responsables de la gestion des cours d’eau. Le but prioritaire de la renaturation est de restituer l’espace vital nécessaire au cours d’eau, fortement dégradé par les interventions humaines. Ce concept associe une utilisation
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
durable des cours d’eaux avec le bienêtre des communautés riveraines. La reconstruction de l’espace vital se fait très souvent par un élargissement de tronçons de cours d’eau, pour permettre le rétablissement de la dynamique morphosédimentaire. De surcroît, les protections contre les crues doivent être adaptées aux risques hydrologiques liés à l’urbanisation croissante. Les confluences sont les nœuds des réseaux fluviaux. Il s’agit de points 235
Flussgebietsmanagement
Elargissement local de l’affluent dans une zone de confluence
Flussgebietsmanagement
Figure 1a. Carte Napoléonienne du Rhône dans la région de St-Léonard en 1802 (SRCE-VS, 2008) et b) vue actuelle d’un tronçon canalisé du Rhône supérieur. extrêmement importants du point de vue hydraulique mais aussi écologique. Hydrauliquement, la jonction entre deux ou plusieurs affluents crée des zones d’écoulement tridimensionnel très complexe. Cette complexité hydrodynamique, associée aux différents régimes de transport solide génère des zones de dépôt et d’érosion qui peuvent avoir des conséquences importantes lors de crues (Best, 1988; Boyer, et al., 2006; Rhoads, et al., 2009). D’un point de vue environnemental, les confluences exercent des fonctions importantes pour la connectivité latérale et longitudinale ainsi que pour l’apport d’éléments organiques nécessaires à la survie des écosystèmes fluviaux. Les divers paramètres caractéristiques des confluences, tels que les débits, les régimes de transport solide, les apports organiques et la morphologie confèrent à ces zones une hétérogénéité environnementale qui ne se retrouve nulle part dans d’autres tronçons de rivières (McBride, et al., 2008; Rice, et al., 2008; Mac Nally, et al., 2011). Ceci permet d’affirmer que les projets de renaturation des cours d’eaux n’atteignent pas les objectifs souhaités si la connectivité latérale et longitudinale du réseau n’est pas assurée (Palmer, 2009, Lake et al., 2007). Cette connectivité est essentielle pour relier les populations des bassins versants, pour la conservation de la diversité génétique et taxonomique et pour connecter les habitats aux différents stades de vie des organismes aquatiques (Lake et al., 2007). Pour cela, les projets de renaturation des confluences sont d’une extrême importance. Les confluences rencontrées dans les régions alpines sont généralement caractérisées par des petits cours d’eaux à forte pente dont le lit est formé de graviers et qui se connectent asymétriquement à la rivière principale sous de grands angles. Pendant les crues, les petits affluents transportent d’importantes quantités de sédiments. Ces zones ont été 236
particulièrement affectées par les travaux de correction réalisés dès le 18ème siècle et présentent actuellement un défi important, non seulement pour la protection contre les crues, mais aussi pour la renaturation. Les connaissances actuelles sur le comportement morphologique des confluences concernent principalement les régions de plaine (Roy and Bergeron, 1990; Biron, et al., 1993; Rhoads and Kenworthy, 1995; Leclair and Roy, 1997; Rhoads and Kenworthy, 1998) et ne sont pas applicables au type de confluences rencontré dans les vallées alpines (Leite Ribeiro, et al., 2009; Leite Ribeiro, 2011; Leite Ribeiro, et al., 2011). Dans le présent projet, la morphodynamique de confluences similaires à celles trouvées dans le bassin du Rhône supérieur est étudiée expérimentalement. Une attention particulière est portée au potentiel écologique d’un élargissement local de l’affluent dans une perspective de renaturation des confluences. 2.
Etat écologique des confluences, à l’exemple du Rhône supérieur Une analyse de la valeur écologique actuelle des confluences de la plaine du Rhône en amont du Léman ainsi que de leur potentiel écologique a été réalisée par Bourgeois (2006). La méthodologie développée
repose sur 4 domaines: l’écomorphologie, le régime d’écoulement, la qualité de l’eau et la connectivité. Elle est appliquée aux principales confluences du Rhône à l’aval de Brigue: • Ecomorphologie: Ce domaine décrit le degré d’artificialisation du tracé, du lit et des berges des cours d’eau, principalement dû à l’urbanisation et à l’intensification de l’agriculture à proximité ainsi qu’à la nécessité de protéger ces zones contre les crues. • Ecoulement: Ce domaine considère le régime hydrologique de chaque cours d’eau. La modulation des débits ainsi que le transport solide peuvent être perturbés par des aménagements hydroélectriques existants. L’exploitation de gravières est aussi un facteur important pour le changement de régime du transport solide. • Qualité de l’eau: Ce domaine examine les altérations de la qualité de l’eau dues aux rejets d’eaux usées (ménagères ou industrielles) et aux apports diffus de l’agriculture et du ruissellement. Ces rejets peuvent être préjudiciables à la faune et la flore. • Connectivité: La connectivité latérale est le dernier domaine analysé. Elle est importante notamment pour la migration des poissons et des invertébrés. Plusieurs affluents sont actuellement aménagés avec des seuils pour fixer leur profil en long, ce qui représente la plus grande cause du manque de connectivité latérale. La représentation graphique des résultats d’analyse selon ces quatre axes est présentée à la Figure 2. Il en ressort que l’état écologique actuel des affluents du Rhône supérieur est globalement faible et qu’aucune confluence ne présente un état écologique qui lui permette d’assurer entièrement ses diverses fonctions.
Figure 2. Représentation géographique de l’état actuel et du potentiel écologique des affluents du Rhône supérieur en plaine selon Bourgeois (2006). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Les déficits actuels, avant tout écomorphologiques et hydrologiques, sont bien mis en évidence. Pour restaurer la valeur écologique de la plaine du Rhône supérieur, des mesures telles que la renaturation des cours d’eau, le maintien des débits d’étiage ou la suppression de seuils sont dès lors importantes. Comme illustré dans la Figure 3, ces mesures présentent des coûts raisonnables et sont actuellement considérées dans les multiples projets d’aménagement de cours d’eau dans le cadre de la 3ème Correction du Rhône supérieur (SRCE-VS, 2008). 3.
Etude expérimentale du comportement morphodynamique des confluences
3.1 Description de l’étude Le comportement morphodynamique des confluences a été systématiquement étudié en laboratoire pour quantifier l’influence d’un élargissement local de
l’affluent à l’embouchure. L’installation expérimentale et les configurations testées sont inspirées de la situation sur le Rhône supérieur. Elles ne représentent toutefois pas une confluence existante, mais plutôt une confluence schématisée (Leite Ribeiro, 2011). L’installation est constituée d’un canal principal de 8.5 m de longueur et 0.50 m largeur. L’affluent, d’une longueur de 4.9 m et d’une largeur de 0.15 m, se connecte au canal principal sous un angle de 90° (Figure 4). Les rapports de largeur entre l’affluent et le canal principal (Bt/Bm) et entre l’amont et l’aval du canal principal (Bm/Bp-c) se trouvent dans la plage de valeurs observées pour les confluences du Rhône supérieur (Leite Ribeiro, 2011). Trois combinaisons de débits ont été considérées. Le débit en aval de la confluence est toujours de 20 l/s. L’unique changement concerne le ratio entre les débits de l’affluent (Qt) et du canal principal (Qm), soit Qr = Qt/Qm = 0.11 (faible ratio de débit), 0.15 (ratio de débit intermédiaire)
Figure 4. Installation expérimentale et configurations d’élargissement de l’affluent testées (les cotes sont en mètres). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
3.2
Résultats expérimentaux
3.2.1 Configuration de référence Les mesures et observations effectuées dans la configuration de référence, relatives au champ de vitesses en trois dimensions, à la turbulence de l’écoulement, à la granulométrie des matériaux déposés, à la morphologie et au transport sédimentaire, ont révélé que les processus hydromorpho-sédimentaires des confluences des régions alpines sont différents de ceux décrits par des modèles existants de la morphodynamique des confluences. Pour illustrer les principaux processus morphodynamiques agissant sur une confluence de type alpin, un modèle conceptuel a été établi par Leite Ribeiro (2011). La morphologie des confluences résultant de cette étude est caractérisée par la présence d’un important banc de graviers en aval de la confluence. La différence des profondeurs d’écoulement entre l’affluent et le canal principal 237
Flussgebietsmanagement
Figure 3. Etat écologique actuel et potentiel et coût total annuel par confluence selon Bourgeois (2006).
et 0.23 (ratio de débit élevé). Ces débits représentent des crues morphogènes, c’est-à-dire de période de retour proche de 2 ans. Chaque combinaison de débits a été testée dans quatre différentes configurations de confluence: une configuration de référence (sans élargissement) et trois élargissements, appelés : Petit (Bt = 0.30 m; Lw = 0.45 m), Moyen (Bt = 0.45 m; Lw = 0.45 m) et Grand (Bt = 0.45 m; Lw = 0.60 m). Chaque essai a été réalisé en conditions stationnaires de débit dans l’affluent et le canal principal et un débit solide constant Qst = 0.30 kg/min constitué de sédiments à granulométrie étendue (d50 = 0.82 mm et coefficient de gradation σ = 4.15) dans l’affluent. La courbe granulométrique adimensionnelle de ce mélange est similaire à celles rencontrées dans le Rhône. Concrètement, il n’y a pas de transport de sédiments dans le canal principal en amont de la confluence. Cette simplification vise à reproduire le cas d’une crue de l’affluent où ce dernier transporte relativement plus de sédiments que le canal principal. Tous les essais ont démarré avec un fond plat et ont été poursuivis jusqu’à ce que les conditions d’équilibre soient atteintes, c’est-à-dire, lorsqu’il n’y plus d’évolution morphologique entre deux pas de temps. Les essais ont duré entre 22 et 24 heures. La présente analyse considère exclusivement la condition d’équilibre de chaque essai.
Flussgebietsmanagement
conduit à l’existence d’une importante discordance entre les lits. De plus, aucune zone significative d’érosion n’est créée. En ce qui concerne l’hydrodynamique, la quantité de mouvement introduite par l’affluent, associée à la présence du banc, provoque une redistribution importante des masses dans la zone de confluence, induisant une déviation de l’écoulement principal vers la rive externe. L’écoulement principal proche du fond est peu modifié par l’affluent, donnant naissance à une structure d’écoulement à deux couches dans l’embouchure de l’affluent. Cet écoulement à deux couches joue un rôle important en empêchant la formation d’une zone de recirculation en aval de la confluence. Le banc de graviers constitué à l’aval de la confluence réduit la surface d’écoulement et provoque son accélération. Les sédiments transportés par l’affluent sont triés et véhiculés sur le parement du banc. 3.2.2 Configurations avec élargissement local de l’affluent à l’embouchure La morphodynamique des zones élargies répond différemment aux combinaisons de débit et à la forme de l’élargissement. Dans l’ensemble des résultats présentés à la Figure 6 il est possible de distinguer 3 zones caractéristiques principales dans l’élargissement, les zones sèches (zsc), les zones stagnantes (zst) et les corridors d’écoulement de l’affluent (cpe). Les zones sèches (zs) se rencontrent à l’entrée de l’élargissement et sont formées par remplissage au cours de l’essai. Selon les observations, ces zones sont alimentées par l’écoulement provenant de l’affluent et ne présentent pas d’écoulement. Les zones de stagnation sont formées par la rencontre des deux écoulements et peuvent progresser vers les zones élargies en fonction du scénario étudié. Il est intéressant de remarquer que ces zones ne sont pas alimentées par l’affluent et ne sont par conséquent pas remplies de sédiments. Concernant les corridors principaux d’écoulement, les essais ont montré qu’un élargissement local provoque tout d’abord une expansion latérale de l’écoulement et ensuite une contraction due à la rencontre avec l’écoulement du canal principal. L’expansion vers l’amont de l’écoulement dans la zone élargie (à gauche dans la Figure 6) est principalement associée à la longueur de l’élargissement. La limite amont ne change pas entre le petit élargissement et 238
Figure 5. Modèle conceptuel des principaux processus morphodynamiques agissant sur une confluence de type alpin, entre un petit affluent dominant en terme de transport sédimentaire et un canal principal dominant en terme de débit (Leite Ribeiro, 2011). M1: Discordance de fond; M2: Banc de sédiments, M3: Corridors de transport des matériaux grossiers, M4: Corridors de transport des matériaux fins; M5: Petite zone d’érosion. F1: Ecoulement de surface provenant du canal principal, F2: Ecoulement proche du fond provenant du canal principal, F3: Ecoulement provenant de l’affluent, F4: Zone de stagnation, F5: Zone de cisaillement et F6: Vortex spirales dans le coin aval de la confluence.
Figure 6. Vue de la zone élargie pour chacun des neuf essais. Les abréviations «zs» dénotent les zones sèches, «zst» les zones de stagnation et «cpe» les corridors d’écoulement. Les carrés trait-tillés sont illustrés par des photos dans la Figure 8. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
l’élargissement moyen (de même longueur), soit entre la première et la deuxième ligne de la Figure 6. Par contre, la limite extérieure du corridor se déplace vers la gauche quand le grand élargissement est comparé à l’élargissement moyen. Tous les élargissements conduisent à un rattachement de l’écoulement sur le côté aval de l’élargissement. Le degré de liberté spatial introduit par l’élargissement, associé aux différents débits dans le cours d’eau principal et dans l’affluent conduit à la formation de zones morphologiques tridimensionnelles, d’une grande variabilité spatiale. La Figure 7 montre les variations de profondeur d’eau mesurées dans les zones élargies en comparaison de celles mesurées
dans l’affluent pour la configuration de référence. La formation d’une morphologie tridimensionnelle conduit à une plus grande variété de profondeurs d’eau en comparaison de la configuration de référence, ce qui est favorable à la création de biotopes. L’élargissement local de l’affluent conduit également à une variabilité importante du substrat du lit comme illustré à la Figure 8. Les zones sèches (zs) sont constituées de sédiments extrêmement fins (bancs de sable) alors que les corridors principaux d’écoulement sont caractérisés par une granulométrie plus grossière. Les observations faites pendant les essais ont mis en évidence que les corridors de transport de sédiments dans
4.
Potentiel écologique de l’élargissement d’un affluent à l’embouchure L’élargissement vise à augmenter la morphodynamique d’un tronçon canalisé. Ceci est favorable au développement des habitats des invertébrés aquatiques, des poissons et de la végétation ainsi qu’à la création de hotspots pour la biodiversité (Benda et al., 2004, Rice et al., 2008). Les zones d’eau calmes (stagnation et/ou recirculation) présentes dans les élargissements peuvent également jouer un rôle important en tant que refuges pour les poissons en situation de crue du canal principal ou en cas de marnage. De plus, un
Figure 8. Vue des zones élargies dans les essais Faible – Petit (a) et Elevé – Grand (b). Les abréviations «zs» dénotent les zones sèches, «zst» les zones de stagnation, «cpe» les corridors d’écoulement et «cts» les corridors de transport de sédiments. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
239
Flussgebietsmanagement
Figure 7. Représentation des profondeurs d’eau dans les zones élargies sous forme de boxplots avec la médiane (trait épais), les quartiles 0.25 et 0.75 (limites inférieur et supérieur du rectangle), et les valeurs maximales et minimales (trait-tillés). Dans les configurations de référence, les valeurs de profondeur d’eau ont été mesurées le long de l’affluent entre Y = 0.50 m et Y = 1.2 m (cf. Fig.4).
les zones élargies sont directement liés aux corridors principaux d’écoulement. Dans les scénarios à grand rapport de débit, les corridors de transport sont contractés et davantage guidés vers l’aval en comparaison des essais à petit rapport de débit (Figure 8). L’analyse des profils en long sur l’axe de l’affluent (Figure 9) montre que les changements morphologiques dus à l’expansion locale de l’affluent ne sont pas ressentis par les niveaux d’eau ni par la morphologie de l’affluent à l’amont de l’élargissement. Ce résultat très important indique qu’une intervention locale dans la zone de la confluence ne produit pas d’effets adverses pour la protection contre les crues. Ceci est principalement dû au caractère local de l’élargissement où la capacité de transport initialement réduite est rapidement rééquilibrée par une légère aggradation et aussi par la déviation du corridor d’écoulement par le flux provenant du canal principal.
Flussgebietsmanagement Figure 9. Profil en long dans l’axe de l’affluent (X = 0.60 m). a) Essais à «faible ratio de débits», b) essais à «ratio de débits intermédiaire» etc) essais à «ratio de débits élevé». élargissement local de l’affluent peut créer une zone riveraine favorable à la diversité des plantes et des espèces animales comme les oiseaux, mammifères, insectes et amphibiens (Bohl, et al., 2003; Singer and Dunne, 2006; Schweizer, et al., 2007a; Weber, et al., 2009). Dans une zone de confluence, un élargissement favorise le rétablissement de la connectivité latérale des réseaux fluviaux, dégradés par les aménagements de cours d’eau passés. Même si la morphodynamique des zones élargies répond différemment aux combinaisons de débit et à la forme de l’aménagement, un élargissement local de l’affluent améliore toujours l’hétérogénéité morphodynamique de la zone de confluence (Figure 6, Figure 8 et Figure 7), sans toutefois provoquer d’effet négatif sur 240
la protection contre les crues (Figure 9). Ainsi, un élargissement local de l’affluent peut être considéré comme une solution efficace pour augmenter le potentiel écologique des systèmes fluviaux, sans réduire leur capacité de transport ni la sécurité en cas de crue. Il est important de remarquer que les essais réalisés dans le cadre de ce projet sont caractérisés par des débits stationnaires, représentatifs de conditions morphogènes et que les résultats présentés ici correspondent à des conditions d’équilibre. Cependant, dans les réseaux fluviaux, les constantes variations de débits et par conséquent de niveaux d’eau et de vitesses sont des éléments fondamentaux pour l’écosystème fluvial (Schweizer, et al., 2007b). D’après l’équation synthétique proposée par Wasson, et al. (1998):
Hétérogénéité + Variabilité + Connectivité = Biodiversité Pour cette raison, la liberté supplémentaire introduite par les zones élargies est d’une grande importance pour l’augmentation de la biodiversité dans les zones de confluences. Un exemple de cette dynamique d’une zone élargie est montré dans la Figure 10, qui représente la situation d’écoulement de la Borgne avec lit élargi dans la zone de la confluence, lors d’une crue morphogène et pour un débit moyen annuel, étudiée qualitativement en modèle physique par Bidaud (2010). Ce cours d’eau présente actuellement un seuil fixe de 1.2 m à son embouchure, qui est responsable d’une altération significative de la connectivité latérale (Bourgeois, 2006). Pour le débit de période
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de retour de 2 ans (Figure 10a), un chenal d’écoulement préférentiel se forme au centre de l’élargissement avec un pavage du fond du lit par des sédiments grossiers. Avec la réduction du débit de l’affluent (Figure 10b), l’écoulement est dévié vers les bancs de sédiments fins déposés en rive gauche, qui offrent moins de résistance à l’écoulement. Un processus d’érosion latérale se développe jusqu’au moment où l’affluent atteint sa largeur et sa profondeur d’équilibre, asséchant totalement le chenal antérieur. L’élargissement de la zone de confluence a permis la suppression du seuil existant et son remplacement par une pente constante franchissable par les poissons. Une telle mesure se révèle propice à la restauration des habitats favorables aux truites de rivière (Kuttel, 2001). 5.
Recommandations pour la pratique La présente étude s’appuie sur un nombre limité de scénarios et configurations de la zone élargie. Les essais ont toutefois permis de mettre en évidence des comportements directement applicables à des projets de renaturation de confluences: (i) L’élargissement local de l’affluent dans la zone de confluence est une solution très avantageuse pour le rétablissement de la connectivité latérale. De surcroit, vu le caractère local de cette intervention, son coût est relativement faible. (ii) Sur la base des résultats expérimentaux, il est possible de conclure qu’un élargissement égal à 3 fois la largeur de l’affluent (Bw = 3*Bt) sur une longueur de 4 fois la largeur de l’affluent (Lw = 4*Bt) est suffisant pour atteindre les objectifs de renaturation, sans effets négatifs sur la protection contre les crues.
(iii) Dans l’optique d’une systématisation des essais en laboratoire, seuls des élargissements rectangulaires ont été examinés. Même avec des configurations aussi simples, des résultats satisfaisants ont été obtenus. Toutefois, pour un projet de renaturation, un élargissement progressif comme étudié qualitativement par Bidaud (2010) devrait s’avérer plus fonctionnel dans l’espace disponible. (iv) Dans les affluents aménagés, il arrive souvent que l’apport solide ait été artificiellement réduit par l’installation de dépotoirs, dans un objectif de protection contre les crues. Lors d’un projet de renaturation, des interventions doivent de ce fait être envisagées au besoin pour rétablir un régime de transport solide suffisant pour restituer la morphodynamique du cours d’eau.
requis pour un rétablissement des habitats, comme les profondeurs d’eau, les vitesses d’écoulement et la composition du substrat. Cette amélioration ne provoque pas d’effets négatifs sur protection contre les crues car les niveaux d’eau ne sont pas influencés par cette mesure. Concrètement, un élargissement de trois fois la largeur de l’affluent canalisé sur une longueur de quatre fois cette largeur se révèle suffisant pour le rétablissement de la connectivité latérale du système.
Remerciements La présente recherche fait partie du projet interdisciplinaire appelé «Integrales Flussgebietsmanagement» (Aménagement intégral des cours d’eaux). Le projet est financé par l’Office Fédéral de l’Environnement (OFEV) et les partenaires sont le LCH-EPFL, l’EAWAG, le WSL et la VAW-ETH à Zurich. Les auteurs tiennent à remercier particulièrement Maria
6. Conclusions De nombreux systèmes fluviaux ont été altérés par les travaux de correction réalisés en Suisse dès le 18ème siècle, comme sur le Rhône en amont du Léman. La présente recherche considère un élargissement local de l’affluent à son embouchure dans le canal principal comme une solution efficace et peu coûteuse de renaturation. Les résultats se basent sur l’étude expérimentale systématique d’une confluence schématisée dont les caractéristiques géométriques et les relations de débits sont comparables à celles rencontrées dans les confluences du Rhône supérieur. L’analyse est faite sur les conditions d’équilibre associées à une crue morphogène de l’affluent. Un élargissement local de l’affluent dans la zone de confluence permet d’augmenter la variabilité des paramètres
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Alp (EAWAG) pour les commentaires et propositions concernant les aspects biologiques de l’article.
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241
Flussgebietsmanagement
Figure 10. Vue zénithale du modèle physique de la confluence de la Borgne élargie et du Rhône supérieur. a) Crue morphogène de le la Borgne et b) Débit annuel moyen de la Borgne.
Flussgebietsmanagement
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Die nächste Ausgabe von «Wasser Energie Luft» erscheint am Donnerstag, 8. Dezember 2011
Foto: MMi
242
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Iwan Zurwerra, Pierre Perrottet
Résumé Depuis le 1er octobre 1971, la société FMHL SA (Forces Motrices Hongrin–Léman SA) exploite une usine de pompage-turbinage afin de stocker et de produire de l’énergie hydroélectrique. Après environ 40 ans d’exploitation, des travaux de maintenance et de renouvellement aux organes de sécurité sur ce barrage double-voûte sont nécessaires. Une expertise technique a mené à la décision de remplacer les organes de sécurité au barrage nord et de réviser les vannes au barrage sud. En même temps, la protection anticorrosion aux différents blindages est refaite entièrement. Le béton de l’évacuateur de crue, situé à la culée centrale, sera réparé. Après des études approfondies, l’idée initiale de réaliser tous ces travaux dans la même période hivernale a été abandonnée en faveur d’une réalisation par module étalée sur plusieurs années. Durant la période de février à mai 2010, les travaux au barrage sud ont été effectués avec succès sans arrêt de production. La fabrication des organes de sécurité à ce jour est déjà bien avancée. Les vannes papillon à la prise d’eau sont livrées depuis mai 2010. Dans une première partie, le mandat, le mandataire FMHL SA représenté par ALPIQ SUISSE SA, et l’entreprise HYDRO Exploitation SA (HYDRO) comme exploitant, sont présentés. Ensuite, la structuration du projet ainsi que la procédure pour la planification sont expliquées. Ces travaux de grande envergure imposent des exigences élevées quant à la logistique de chantier. Au sein du concept, la gestion des risques chez HYDRO sera présentée en prenant l’exemple des travaux de manutention. Dans la section 5, les travaux réalisés sont décrits par le sous-traitant TSM Perrottet SA, responsable pour les travaux subaquatique.
1. Le mandat Par la suite le propriétaire mandataire, l’aménagement, le contractant et le mandat du projet sont décrits. 1.1
Le propriétair mandataire: FMHL SA (Forces Motrices Hongrin–Léman SA) La société FMHL SA se compose des actionnaires suivants: Actionnaire: Part (%) Romande Energie SA 41.1 ALPIQ Suisse SA 39.3 Groupe E 13.1 Ville de Lausanne 6.5 La gestion des actifs de l’aménagement Hongrin–Léman est assurée par ALPIQ Suisse SA. 1.2 Le contractant L’entreprise HYDRO Exploitation SA (HYDRO) avec siège social à Sion (VS) a pour mission d’assurer l’exploitation et l’entretien des aménagements hydroélectriques. Dans ce but, les sociétés ALPIQ Suisse SA (anciennement Energie Ouest Suisse EOS), Grande Dixence SA, FMV SA et la Romande Energie SA avaient transféré en 2002 leurs départements exploitation et technique dans la nouvelle
société HYDRO. Depuis, cette entreprise avec plus de 400 employés assure la fiabilité pour des aménagements hydroélectriques dans les cantons du Valais et Vaud. HYDRO est donc responsable d’env. 22% de la production hydroélectrique installée en Suisse. HYDRO étudie et gère de nombreux projets de renouvellement et de réhabilitation. Pour garantir le succès de ces missions, HYDRO dispose des départements Opérations & Maintenance, Gestion de projets, Ateliers centraux et Expertises & développement. Depuis 2008, un atelier mécanique à Martigny est opérationnel.
En 2009, l’unité «Produits» a été créée. L’auteur de cet article avec son équipe ont été mandatés pour l’étude et la réalisation de ce projet. 1.3
Présentation de l’aménagement Hongrin–Léman L’installation pompage-turbinage se situe dans le canton de Vaud. L’accès au barrage se fait par une route militaire depuis La Lécherette en dessous du Col des Mosses. Le lac est alimenté par l’eau de fonte de neige et l’eau pluviale amenée par un réseau important de galerie de
Figure 1. L’extrait de carte montre la vue d’ensemble.
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
243
Flussgebietsmanagement
Remplacement des organes de sécurité au barrage de l’Hongrin
Tableau 1. Les données clé du premier aménagement suisse de pompage-turbinage. transport. De plus, de l’eau est pompée du Lac Léman. Par une galerie d’amenée d’environ 8 km de long, l’eau est transportée par la suite par le puits inclinée d’environ 1.2 km de long sur les quatre turbines avec une puissance de 60 MW chacune. La centrale se trouve dans une caverne proche du fameux Château de Chillon près de Montreux. Le tableau 1 résume les données techniques de la première installation pompage-turbinage en Suisse. 1.4 Le mandat du projet HYDRO avait été mandatée en 2005, dans le cadre du plan de maintenance à dix ans, pour analyser l’état des organes de sécurité. A la demi-vie de la concession, différentes possibilités de réhabilitation avaient été étudiées. La solution initiale de réviser les organes de sécurité au barrage Nord avait été abandonnée après consultation des experts en faveur d’un remplacement complet de ceux-ci. Le but de ce projet est de réaliser les travaux comme décrit ci-dessous avec une indisponibilité minimale de l’aménagement en respectant la sécurité des personnes et des biens. Le périmètre du projet comprend les travaux suivants: 1. Prise d’eau barrage Nord: • Remplacement de deux vannes papillon DN 3000, tuyaux intermédiaires, by-pass et contrôle-commande. 244
Figure 2. Vue d’ensemble des chantiers.
Figure 3. Structuration du projet (objets principaux en vert). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
vidanges de fond et prise d’eau au barrage Nord, évacuateur de crues à la culée centrale et vannes de purge au barrage Sud. Les objets secondaires à savoir logistique, manutention, maîtrise du niveau du lac et l’environnement fournissent le support nécessaire à la réalisation des lots principaux. Les aspects importants liés à la complexité de ce mandat passionnant sont décrits ci-dessous: • Aménagement clé pour l’alimentation en énergie électrique de la Suisse romande • Pas de possibilité de comparaison avec des projets similaires • Coûts d’investissement élevés • Contraintes environnementales • Situation de risques élevée • Solutions innovatrices (logistique, transport) • Ressources: coordination des spécialistes • Planning très strict
Figure 4. Phasage selon Norme SIA 112.
Figure 5. Structuration de l’analyse des risques. •
Nouvelle protection anti-corrosion du blindage et nouvelle grille d’entrée DN 8500 côté amont du lac. 2. Vidanges de fond barrage Nord: • Remplacement de deux vannes papillon DN 1800, deux vannes à jet creux DN 1600, tuyaux intermédiaires et contrôle-commande. • Nouvelle protection anti-corrosion du blindage et des grilles d’entrée. 3. Purge au barrage Sud: • Révision deux vannes tiroir, révision groupe hydraulique et contrôlecommande. • Nouvelle protection anti-corrosion du blindage et grille. 4. Evacuateur de crues à la culée centrale: • Assainissement du béton. 1.5 Contraintes et restrictions Le mandataire demande l’indisponibilité la plus courte possible. Les travaux prévus
au barrage de l’Hongrin se retrouvent dans un contexte général de projets voisins en cours, entre autres le projet «Hongrin– Léman plus». Des contraintes importantes sont citées ci-dessous: • Délai de livraison des organes de sécurité • Disponibilité des entreprises clé • Site éloigné • Pas d’accès direct aux organes de sécurité et au pied du barrage • Conditions climatiques • Apport naturel des eaux • Exigences environnementales 2.
Planification du projet
2.1 Structuration du projet Ce projet d’envergure complexe demande une analyse systématique. La structuration se fait par objet. Le périmètre du projet est subdivisé dans les quatre lots principaux
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
2.2 Organisation du projet HYDRO gère ses projets de manière générale avec une organisation matricielle. Sous la responsabilité du chef de projet de l’unité gestion de projets, plusieurs chefs de projet partiels des unités techniques travaillent avec leurs équipes de spécialistes. De plus, un membre du département exploitation avait été intégré dans l’équipe de projet. Les mandats partiels et leurs tâches sont structurés selon des critères techniques et assignés pour tous les lots principaux et secondaires selon structuration du projet (voir image 3). Par exemple, le chef de projet partiel mécanique et protection anticorrosion est responsable pour les études et la fabrication de tous les organes de sécurité et la protection anticorrosion. Pour la partie logistique, un autre chef de projet partiel est responsable. Un aspect important dans l’organisation est le contact direct avec le responsable de la production de l’énergie. 2.3
Déroulement du projet selon Norme SIA 112 L’image 4 montre le déroulement simplifié. Après la phase SIA 2 en 2005–2006, les études détaillées pour les organes de sécurité avaient été avancées. La soumission et l’appel d’offres étaient terminés fin 2007 avec l’adjudication à l’entreprise ADAMS Schweiz AG. La priorité a été mise sur les vannes en raison du long délai de fabrication. A partir de 2008, le concept de la logistique et de l’infrastructure de chantier 245
était élaboré en parallèle du projet de détail pour les organes de sécurité. Le projet de détail pour la logistique et l’infrastructure de chantier était terminé fin 2009. L’état actuel d’avancement des travaux (août 2010) est décrit dans le chapitre 4 ci-dessous. 3.
Concept de la solution
Logistique/Infrastructure de chantier L’accès au barrage est assuré par une route militaire depuis la Lécherette en dessous du Col des Mosses. Le couronnement du barrage se trouve à une altitude de 1257 m sm. La largeur disponible du couronnement à l’intérieur des bordures est d’environ 3.40 m. Les chantiers Nord se trouvent à une profondeur de –83 m pour la prise d’eau et env. –91 m pour les vidanges de fond. Les vannes de purge au barrage Sud se trouvent à environ -75 m depuis le couronnement. Le seul accès possible à différentes chambres des vannes se fait depuis le couronnement. De là, les pièces d’un poids maximal d’environ 26 t sont abaissées avec une grue mobile spéciale. Pour le transport des personnes, un ascenseur de chantier avec une charge utile de 2 t sera installé.
Pour que le chantier soit exploitable pendant la période hivernale toutes les mesures possibles seront mises en place. En plus du service avalanche et des mesures de sécurité pour les personnes, une alimentation électrique adéquate et des containers de réfectoire sont également prévus. Par la suite, la faisabilité a été validée par un expert externe.
3.1
3.2 Maîtrise du lac La gestion du plan d’eau durant les travaux présente un élément clé de ce projet. En plus de la solution initiale de percer le barrage en dessous du niveau des vannes de vidange de fonds , une nouvelle solution sans abaissement du lac est élaborée actuellement. La première variante prévoyait deux forages carottés d’un diamètre 800 mm à travers le barrage Nord. Avec ces deux pertuis, un débit maximal de 12 m3/s peut être évacué. Ce débit est possible pendant la période hivernale de janvier à mars. Plus les travaux sont déplacés vers le printemps, plus ce débit augmente. Pour augmenter la flexibilité dans le choix de la période de réalisation durant l’année, la deuxième variante ne prévoit plus un abaissement du niveau du lac. Deux obturateurs d’un diamètre de 4700 mm seront posés sous l’eau sur les deux trompes de vidange. Une première étude a démontré
Figure 6. L’extrait du plan montre les dimensions de la grue à 130 t sur le couronnement et la profondeur d’abaissement vers la chambre des vannes à la prise d’eau au barrage Nord. 246
la faisabilité. La solution définitive sera choisie dès que la période économiquement la plus favorable pour la mise hors service de l’aménagement sera connue. 3.3
Gestion des risques
3.3.1 Généralités Au sein de ce projet, une analyse systématique des risques avait été réalisée. En collaboration avec un partenaire externe, tous les risques avait été analysés. La procédure choisie est présentée par la suite. L’analyse de risques suit la structuration du projet. Pour les objets principaux, selon périmètre du projet, plusieurs processus de support (objets auxiliaires) sont nécessaires. Les objets auxiliaires, à savoir «conception technique», «logistique», «manutention», «gestion des eaux» «QES», sont commun à tous les objets principaux. Chacun des objets a été analysé selon la norme ONR 49001, selon laquelle HYDRO est certifié. 3.3.2 Gestion des risques: exemple manutention Après l’analyse systématique des travaux de manutention avec les tonnages y relatifs, un concept avait été élaboré en collaboration avec le fabricant des grues et l’entreprise de manutention. Le levage et
Figure 7. 29 octobre 2009: Essai de levage à 28 t sur le couronnement Nord, qui confirmait les concepts théoriques in situ.
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Figure 8. Vanne papillon DN 3000 de la prise d’eau Nord lors de la réception en hiver 2009–2010.
Figure 9. Travaux de protection anticorrosion en dessous des vannes de la purge Sud.
Figure 11. Equipement de l’obturateur.
Figure12. Plateforme de travail.
l’abaissement des anciennes et nouvelles vannes d’un poids unitaire maximal de 26 t et la largeur du couronnement d’environ 3.40 m représentent des contraintes élevées à la faisabilité. Déjà à un stade très avancé, un premier essai chez le fabricant avait démontré la faisabilité de levage des charges jusqu’à 30 t. Par la suite, la stabilité du mur du barrage ainsi que le couronnement lui-même avaient été vérifiés par un ingénieur spécialisé (voir image 6). Ayant élargi le couronnement pendant la période de septembre à octobre 2009, des essais de levage avec une charge maximale de 28 t étaient réalisés à fin octobre 2009. Ceux-ci confirmaient la faisabilité pratique de la manutention
avec des grues mobiles (image 7). En collaboration étroite avec le fabricant des grues, l’entreprise de levage et les organes officiels de la SUVA, toutes les procédures de travail étaient analysées et validées.
réceptionnés à fin avril 2010. La livraison a eu lieu fin mai 2010. L’image 8 montre une des vannes papillon DN 3000 ouverte lors de sa réception à l’usine et les dimensions de ces organes impressionnants.
4.
4.2 Travaux au barrage Sud Le but primordial était de réaliser ces travaux déjà en 2010. Les essais de levage en automne 2009 permettaient de préparer les travaux au barrage Sud. Afin d’isoler la zone de travail, un obturateur avait été posé côté amont du lac par des plongeurs (voir chapitre 5). Ces travaux devaient être coordonnés entre l’exploitant et le responsable de production hydroélectrique. Le marnage du niveau du lac ne devait pas dépasser un certain seuil durant les travaux subaquatiques. Suite
Réalisation
4.1
Barrage Nord: Fabrication des organes de sécurité Après la signature des contrats avec la maison ADAMS Schweiz AG début 2008, la conception des organes de sécurité avait commencé. Sous le suivi intense des études et de la préparation par HYDRO et des partenaires tiers, la fabrication est en cours actuellement. Les deux vannes papillon DN 3000 et le tuyau intermédiaire pour la prise d’eau au barrage Nord ont été
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Image 10. Travaux d’échafaudages sur l’évacuateur de crues.
247
Figure 13. Chambre de pression et poste de régie pour scaphandriers. à la phase de préparation, de décembre 2009 à février 2010, le chantier avait ouvert le 22 février 2010 avec le nettoyage de la neige sur la route d’accès et la mise en place de l’infrastructure nécessaire. En parallèle, des travaux de démontage des vannes les travaux préparatoires pour le sablage et la peinture débutaient (image 9). La coordination de tous les travaux était assurée par la direction locale des travaux sur site à plein temps. Ces travaux étaient terminés le 7 mai 2010 avec la remise en service des vannes révisées. Depuis cette date, l’exploitation de l’aménagement fonctionne de nouveau sans contrainte. Le chantier était terminé à la fin août 2010 avec la remise en état du couronnement. 4.3
Travaux à l’évacuateur des crues à la culée centrale Pour l’assainissement des bétons à l’évacuateur des crues, un échafaudage était mis en place (voir image 10). Après le traitement des surfaces endommagées, par haute-pression, les armatures ont été traitées avec un produit anticorrosion pour être ensuite reconstituées par un mortier de ragréage. Les joints des étapes de bétonnage étaient protégés par une bande d’étanchéité. Ces travaux étaient également terminés pour la mi-mai 2010. 5.
Entreprise TSM Perrottet SA: Travaux subaquatiques au barrage Sud L’article qui suit a été rédigé par notre partenaire et sous-traitant TSM Perrottet SA. La maison TSM Perrottet SA était en charge des travaux subaquatiques. Exigences du client HYDRO Exploitation SA: 248
•
Figure 14. Préparation des plongeurs.
Isoler et étanchéifier la purge du barrage Sud, diamètre de la trompe d’entrée 1600 mm • Profondeur d’intervention des scaphandriers – 29 m, profondeur transformée en lac en montagne – 32 m, cote du couronnement 1257 m sur mer. • Accès routier difficile sur une route étroite couverte de neige et glace depuis la route du col des Mosses. • Poids maximal des pièces d’équipement limité à 5.5 t. • Réalisation en hiver. • L’étanchéité absolue de l’obturateur doit être garantie: les travaux de sablage et de peinture nécessitent un milieu sec. Afin de pouvoir répondre à ces exigences, toute la procédure a été validée au siège à Sugiez FR. • Equiper l’obturateur (2.3 t) avec le joint d’étanchéité et les vannes de remplissage/vidange. • Positionner les points d’attelage selon la pente de la surface du mur du barrage. • Monter des fixations pour la plateforme de travail provisoire et le dispositif de forage sur la bride de l’obturateur. • Tous les scaphandriers prévus pour cette mission devaient exercer toutes les procédures au sec, afin d’être prêts à les réaliser sous l’eau avec une visibilité minimale. • Pose du dispositif de forage, forage de huit trous, évacuation des carottes de forages, pose des ancrages chimiques. • L’obturateur était rempli avec de l’eau et sous pression afin de tester le joint d’étanchéité et sa fiabilité.
5.1
Notre plateforme (ponton) de travail Afin de réceptionner toutes les installations nécessaires à la réalisation de cette mission, une plateforme de travail avait été mise en place. Deux pontons en aluminium joignables d’une surface totale de 12 × 8 m étaient prévus au vu de la limitation de poids. Contre la formation de la glace, un rideau de boules d’air avait été monté sous la surface d’eau afin de garantir une zone de travail vide. Comme déjà essayé sur le canal de la Broye devant notre siège, la plateforme avait été aménagée en utilisant les grues mobiles. La chambre de compression, le container de régie, le générateur, les compresseurs à basse et haute pression, les groupes hydrauliques, les batteries de gaz de respiration, l’outillage, l’équipement de plongée et d’autre matériel avaient été fixés afin de résister à des conditions hivernales. Les machines les plus importantes sont installées à double, afin de ne pas perdre de temps lors des éventuelles pannes. 5.2 La sécurité Afin de respecter les règles de la SUVA et nos propres standards, une chambre de pression avec un «chamber master» sur site est indispensable. La chambre de compression la plus proche du chantie,r située à Genève, ne peut pas être atteinte quand il fait mauvais temps. Le médecin hyperbare à Genève ainsi que la REGA sont informés. Une place d’atterrissage pour l’hélicoptère est définie. 5.3 L’équipe de scaphandriers L’équipe est constituée comme suit: le responsable de la mission, le superviseur des scaphandriers, le chamber master,
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Figure 15. Tout ok. trois scaphandriers et un scaphandrier suppléant. 5.4 • •
•
La journée typique des scaphandriers Vérification de la chambre de compression Contrôle de toutes les vannes, joints, prises d’air de respiration, les moyens de communication, les stocks en gaz et les étanchéités des points d’accès (trou d’homme) par le chamber master. Contrôle du répartiteur de gaz et des moyens de communication, de la surveillance par vidéo et du gaz
de respiration par le superviseur des scaphandriers. • Préparation de l’équipement des scaphandriers et contrôle de l’équipement de remplacement (quantité et pression). • L’équipe de «surface» prépare tout l’outillage prévu. Briefing de l’équipe: organisation de l’équipe de scaphandriers et du scaphandrier de secours. • Pendant l’intervention du scaphandrier, le scaphandrier de secours se tient à disposition entièrement équipé et prêt à intervenir. • A travers la ligne de vie (tuyaux flexible) comprenant l’alimentation en gaz de respiration, téléphone et lumière ainsi que la mesure de la profondeur, le superviseur est en contact permanant avec le scaphandrier. • Scaphandrier No 1 est sous l’eau. Il termine son intervention. • Le scaphandrier No 2 en stand-by reprend la suite. • Le scaphandrier No 3 se met en standby. • Dès que le No 2 termine sa mission, c’est le scaphandrier No 3 qui démarre. • Le scaphandrier No 1 reprend le rôle du scaphandrier de secours. Les types de gaz de respiration utilisé sont: Nitrox 30/70% pour l’intervention pendant les travaux. Pour la décompression à partir d’une profondeur de 6 m, l’oxygène à 100% est utilisé. Le temps maximal d’intervention par scaphandrier avait été limité à 60 minutes, afin de se laisser
la possibilité de faire intervenir le même scaphandrier plusieurs fois. 5.5
Les conditions météorologiques On savait que ce chantier se réaliserait en hiver. Par contre, de se retrouver en mars avec des températures de –21 °C était inhabituel. Le vent fort venant du Nord ainsi que les chutes de neige aggravaient encore cette situation. L’équipement de plongée atteignait ses limites. 5.6 Les travaux L’équipe avait accompli sa mission grâce à son expérience professionnelle et les exercices menés à sec avec plein de succès. Malgré les conditions hors du commun, tous les travaux à savoir les inspections préalables, la prise des mesures, le film, le nettoyage à haute pression, la mise en place de l’obturateur , les forages ainsi que le démontage avaient été effectués sereinement, en respectant la sécurité et sans accident.
Adresse des auteurs Florian Vuistiner Chef de projet HYDRO Exploitation SA Rue des Creusets 41, CH-1951 Sion (VS) Tel. +41 (0) 27 328 44 11 vuf@hydro-exploitation.ch Pierre Perrottet, Directeur TSM Perrottet SA, Ch. de la Tour du Chêne 10, CH-1786 Sugiez, Tel. + 41 (0)26 673 11 62 www.tsm-perrottet.com Informations complémentaires: www.alpiq.com www.hydro-exploitation.ch
Vos aménagements - notre savoir-faire Ihre Kraftwerke - unser Know How Découvrez toutes nos prestations sur www.hydro-exploitation.ch/prestations Entdecken Sie unsere Leistungen auf www.hydro-exploitation.ch/leistungen HYDRO Exploitation SA, CP 750, CH-1951 Sion, Tél. +41 (0)27 328 44 11, Fax. +41 (0)27 328 44 12, www.hydro-exploitation.ch
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Bernard Comte, CHF 98.–. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Nachrichten Informationen aus der Wasser- und Energiewirtschaft
Po litik l i tik Bundesrat präzisiert Vollzug der kostendeckenden Einspeisevergütung Der Bundesrat hat einer Teilrevision der Energieverordnung zugestimmt. Sie beinhaltet Präzisierungen und Ergänzungen für den praktischen Vollzug der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV). Ausserdem werden die Regeln für die Stromkennzeichnung verschärft, um den Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Transparenz über die Herkunft des von ihnen konsumierten Stroms zu verschaffen. Die Änderungen treten am 1. Oktober 2011 in Kraft.
Seit Anfang 2009 wird in der Schweiz Strom aus erneuerbaren Energien mit der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) gefördert. Alle Stromkonsumentinnen und -konsumenten bezahlen dafür einen Zuschlag pro verbrauchte Kilowattstunde Strom. Im Juni 2010 hatte das Parlament mit der Änderung des Energiegesetzes entschieden, dass der Bundesrat diesen Zuschlag ab 2013 bedarfsgerecht auf maximal 0.9 Rappen/kWh erhöhen kann. Ab 2012 wird ausserdem ein neuer Zuschlag von 0.1 Rappen/kWh zur Finanzierung von Gewässerschutzmassnahmen erhoben (Revision Gewässerschutzgesetz vom Dezember 2009). Die vorliegende Revision der Energieverordnung setzt einerseits die erwähnten Änderungen des Energie- und Gewässerschutzgesetzes um. Andererseits umfasst sie notwendige Präzisierungen und Ergän-
zungen für den Vollzug der KEV, die sich nach zwei Jahren Praxiserfahrung ergeben haben: • Der Zuschlag zur Finanzierung der KEV und neu auch von gewissen Gewässerschutzmassnahmen wird bedarfsgerecht durch den Bundesrat festgelegt. Der Bundesrat hat den Zuschlag gemäss Artikel 15b Absatz 1 des Energiegesetzes auf derzeit insgesamt 0.45 Rappen/kWh festgesetzt. • Die Vergütungssätze für den produzierten Strom können neu nicht mehr nur jährlich sondern nötigenfalls auch im Verlauf des Jahres angepasst werden. Dies trägt der dynamischen Preisentwicklung bei den einzelnen Technologien Rechnung, insbesondere bei der Photovoltaik. • Die revidierte Energieverordnung regelt erstmals klar, wie Erneuerungen oder Erweiterungen von Anlagen gehandhabt werden müssen. Der Vergütungssatz der erneuerten oder erweiterten Anlage wird an die neue Gesamtstromproduktion angepasst und zwar zu den Vergütungssätzen der neuen Leistungsklasse. Eine Ausnahme bildet die Photovoltaik: Hier wird der neue Vergütungssatz proportional aus den Vergütungssätzen der ursprünglichen und der neuen Leistung der Anlage berechnet. Die Vergütungsdauer entspricht in jedem Fall derjenigen der ursprünglichen Anlage. Bei grösseren Erweiterungen kann der Anlageninhaber auch die gesamte Anlage neu anmelden, so dass die Vergütungsdauer neu beginnt, allerdings zum neuen Vergütungssatz, der in der Regel tiefer ist. • Die revidierte Energieverordnung legt eine generelle Sanktionsmöglichkeit bei verschuldetem Nichteinhalten der Mindestanforderungen fest (temporäre Herabsetzung der Vergütung auf Marktpreis und Ausschluss aus der KEV). • Zur Beurteilung der Standorteignung von Anlagen erarbeitet das Bundesamt für Energie (BFE) unter Einbezug
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der Bundesämter für Umwelt (BAFU) und Raumentwicklung (ARE) und unter Anhörung der Kantone Empfehlungen, insbesondere für die Kleinwasserkraft und die Windenergie. • Neu kann sich das Bundesamt für Energie für die Publikation von statistischen Daten über die KEV auf eine explizite Grundlage in der Energieverordnung stützen. Für Auskünfte über einzelne Anlagen gelten jedoch weiterhin die Datenschutzbestimmungen. Daneben umfasst die Revision der Energieverordnung Anpassungen und Ergänzungen zum Vollzug der wettbewerblichen Ausschreibungen, die über den gleichen Zuschlag wie die KEV finanziert werden, sowie Ausführungsvorschriften für die Globalbeiträge des Bundes an die Kantone für Information und Beratung sowie Aus- und Weiterbildung. Nicht Gegenstand der vorliegenden Revision sind die KEV-Vergütungssätze für die einzelnen Produktionstechnologien und Anlagentypen. Diese werden derzeit vom Bundesamt für Energie überprüft. Allfällig notwendige Anpassungen werden gegen Ende des Jahres 2011 in die Anhörung geschickt. Herkunftsnachweise und Stromkennzeichnung Durchschnittlich 20% und in Einzelfällen sogar über 90% des Stroms aus Schweizer Steckdosen stammt aus «nicht überprüfbaren» Energieträgern. Stromanbieter müssen Anteile von über 20% bereits heute gegenüber ihren Kundinnen und Kunden begründen. Um die Transparenz über den Energiemix weiter zu erhöhen, schreibt die revidierte Energieverordnung neu vor, dass die Anbieter alle vorhandenen Nachweise verwenden müssen. Zudem müssen alle Produktionsanlagen (Ausnahme: Kleinstanlagen mit einer Anschlussleistung von unter 30 kVA) ab 2013 im Schweizer Herkunftsnachweissystem erfasst werden. So wird gewährleistet, dass Nachweise lückenlos verwendet werden und keine Doppelzählungen erfolgen. Das zuständige UVEK hat in diesem Zusammenhang auch mehrere Punkte der Verordnung über den Nachweis der Produktionsart und der 251
Nachrichten
Herkunft von Elektrizität (HKNV) revidiert. Die revidierte HKNV tritt gleichzeitig mit der revidierten Energieverordnung per 1. Oktober 2011 in Kraft. Weitere Informationen: Sabine Hirsbrunner, Kommunikation BFE Der Anhörungsbericht und die revidierte Energieverordnung können auf der Webseite des BFE heruntergeladen werden: www.bfe.admin.ch
Vollzugshilfen für die Umsetzung der Änderung des Gewässerschutzgesetzes 2011 PFA. Seit Änderung des Gewässerschutzrechts des Bundes im Bereich Renaturierung (Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1.1.2011 und der Verordnungsänderung am 1.6.2011) sind die Bundesbehörden aktuell mit der Ausarbeitung von Vollzugshilfen in den verschiedenen Bereichen beschäftigt. Dazu wurde auch ein eigenes Internetportal eingerichtet. Aus Anlass des Inkrafttretens der revidierten Gewässerschutzverordnung hat das BAFU eine eigene, auf den Vollzug der Renaturierung der Gewässer ausgerichtete Internetseite «Vollzug Renaturierung der Gewässer» (www.bafu.admin. ch/Vollzug-Renaturierung) aufgeschaltet. Dadurch bietet das BAFU vor allem den Kantonen fachliche sowie kommunikative Hilfestellung beim Vollzug der Renaturierung der Gewässer. Auf dem Portal werden den Vollzugsbehörden mit der modular aufgebauten Vollzugshilfe «Renaturierung der Gewässer» Umsetzungshilfen für die neuen gesetzlichen Bestimmungen in GSchG und GSchV zur Verfügung gestellt. Weitere Fachinformation über die Renaturierung der Gewässer, welche nicht im direkten Zusammenhang mit dem Vollzug stehen, sowie weitere wasserwirtschaftliche Themen sind nicht Bestandteil dieses Portals. Die Vollzugshilfe «Renaturierung der Gewässer» ist in verschiedene Module gegliedert. Sie beinhaltet Module zur strategischen Planung, zur Umsetzung der Massnahmen, zur Finanzierung und zu den Anforderungen an Daten. Für einzelne Bereiche werden gute Beispiele zusammengestellt und unter der Rubrik Publikationen als weitere unterstützende Dokumente zur Vollzugshilfe angeboten. Erste drei Module in Anhörung Entwürfe von drei Modulen der Vollzughilfe «Renaturierung des Gewässer» wurden im Juni 2011 auf dem Internetportal aufge252
schaltet und sind aktuell in der Anhörung, es sind dies die Module: • «Sanierung bei Schwall und Sunk: Strategische Planung» • «Wiederherstellung der Fischwanderung: Strategische Planung» • «Revitalisierung von Fliessgewässern: Strategische Planung» Neue Dokumente, Aktualisierungen sowie weitere relevante Informationen zum Vollzug der Renaturierung der Gewässer werden laufend aufgeschaltet und mit einem e-Newsletter bekannt gemacht. Der Newsletter kann abonniert werden mit E-Mail unter Angabe von Name, Vorname und vollständiger Postadresse an: wasser@ bafu.admin.ch (Betreff: Newsletter Renaturierung der Gewässer). Weitere Informationen: BAFU, Rémy Estoppey, Chef Sektion Oberflächengewässer Morphologie und Wasserführung (Abt. Wasser). Die Stellungnahme des SWV zu den Anhörungsentwürfen der Vollzugshilfe kann auf der Webseite des SWV eingesehen werden: www.swv.ch/Downloads.
Was s e r kr af tnut zung Spatentstich für Neubau Wasserkraftwerk Hagneck Die Bielersee Kraftwerke AG, die je zur Hälfte im Besitz der Stadt Biel und der BKW FMB Energie AG ist, hat Ende Juni 2011 den offiziellen Spatenstich für den
Neubau des Wasserkraftwerks Hagneck vollzogen. Mit den Installationsarbeiten für den Bauplatz wurde Anfang Juli begonnen. Nach rund vierjähriger Bauzeit wird die Anlage Mitte 2015 die lokale Stromproduktion um 35 Prozent, von 80 Gigawattstunden (GWh) auf 108 GWh, erhöhen. Damit leistet das Wasserkraftwerk Hagneck einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Region Seeland mit einheimischer und erneuerbarer Energie. Der Neubau wird das bestehende, über 100-jährige Wasserkraftwerk durch ein neues Wehr mit integrierter Kraftwerksanlage im Aarelauf ersetzen. Eine wichtige Erneuerung wird die Erhöhung der Abflusskapazität des neuen Wehres sein. Diese ermöglicht das gefahrlose Ableiten der grössten zu erwartenden Hochwasser. Mit dem erneuerten, modernen Kraftwerk wird die Produktion ohne Nachteil für die Umwelt um 35% erhöht. Damit wird eine maximale Energieeffizienz unter zeitgemässen ökologischen Bedingungen erreicht. Im Herbst 2009 wurde ein öffentlicher Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben, aus welchem als Sieger das Projekt «Tiefgang» des Teams Penzel, Valier und Vogel hervorging. Das Vorhaben wird die Energieeffizienz des Kraftwerks verbessern und das umliegende Gelände mit diversen Massnahmen ökologisch aufwerten. Zu den Wichtigsten gehört die Verbesserung der Fischwanderung: Dank zwei naturnahen Gerinnen mit zusätzlichen Lockströmungen, werden die Fische in die «richtige Bahn» gelenkt. Weiter wird der bestehende Unterwasserkanal umgestaltet und
Das bestehend Kraftwerk Hagneck mit Wehr und Zentrale.
Das geplante Umgehungsgerinne. «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Weitere Informationen: Bielersee Kraftwerke AG, c/o BKW FMB Energie AG www.bielerseekraftwerke.ch
Wasserkraftwerk Taschinas nach plangemässer Fertigstellung am Netz Das neue Wasserkraftwerk Taschinas im vorderen Prättigau ist seit Anfang Juni 2011 am Netz. Der Bau der Anlage konnte plangemäss und erfolgreich abgeschlossen werden. Das neuste Kraftwerk im Repower-Anlagenpark produziert pro Jahr rund 41 Millionen Kilowattstunden Strom – das entspricht etwa dem Bedarf von 10 000 Haushaltungen. Nach einer längeren Phase der Entscheidfindung, Projektierung und Bewilligung konnte Repower im November 2008 mit dem Bau des Kraftwerks Taschinas beginnen. Vor wenigen Wochen wurden nun die Bauarbeiten an den zentralen Teilen der Anlage abgeschlossen, und dieser Tage ging das Kraftwerk ans Netz. Projektleiter Marcus Alig: «Die Bauarbeiten gingen plangemäss, reibungslos und unfallfrei vonstatten.» Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Probebetrieb, in dem im April und Mai 2011 alle Komponenten den notwendigen aufwändigen Funktions- und Sicherheitstests unterzogen wurden, produziert das Kraftwerk jetzt regulär Strom. Repower investierte rund 60 Millionen Franken in das Kraftwerk Taschinas. Strom aus Wasserkraft für etwa 10 000 Haushaltungen
Das Kraftwerk Taschinas nützt das Gefälle des Taschinasbachs zwischen dem Zusammenfluss des Canibachs mit dem Valserbach und Grüsch. Das Einzugsgebiet beläuft sich auf rund 48 Quadratkilometer. Das auf einer Höhe von rund 1028 m ü.M. gefasste Wasser wird über einen Druckstollen von 3.2 km Länge und eine Druckleitung von 1.7 km Länge in die unterirdische Zentrale geführt und dort turbiniert. Die Zentrale befindet sich bei Grüsch auf Gemeindegebiet von Seewis im so genannten Burgfelsen (Burg Solavers). Die 50-kV-Energieableitung erfolgt unterirdisch, der Strom wird im bestehenden Unterwerk Vorderprättigau ins Netz eingespiesen. Die installierte Leistung beträgt 11.5 Megawatt. Damit werden pro Jahr rund 41 Millionen Kilowattstunden Strom produziert werden können – das entspricht dem Bedarf von etwa 10 000 Haushaltungen. Das Kraftwerk Taschinas auf einen Blick: Auslegungswassermenge 3.5 m3/s Länge Druckleitung 1700 m Durchmesser Druckleitung 1.0 bis 1.1 m Länge Druckstollen 3200 m Durchmesser Druckstollen 4.1 m Fassungskote 1028 m ü.M. Kote Turbinenachse 640 m ü.M. Bruttogefälle 379 m Speichergrösse 25 000 m3 Investitionskosten ca. CHF 60 Mio Maschinenleistung 11.5 MW Jährliche Produktion 41 Mio kWh Energieableitung 50 Kv Einzugsgebiet ca. 48 km2 Baubeginn November 2008 Bauabschluss Sommer 2011 Wichtiges Element der Wasserkraftnutzung im Prättigau Für Repower bedeutet die Anlage eine wichtige Ergänzung ihres einheimischen Kraftwerkparks. Felix Vontobel, Stv.CEO und Leiter Anlagen: «Das Kraftwerk Taschinas belegt eindrücklich, dass es mög-
Fassung beim KW Taschinas (Quelle: repower). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
lich ist, die Nutzung der einheimischen Wasserkraft mit ökonomisch sinnvollen und ökologisch verträglichen Projekten weiterzuentwickeln». Repower nutzt die Wasserkraft im Prättigau bereits in den bestehenden Zentralen Klosters, Schlappin und Küblis und betreibt zudem das Kleinkraftwerk Wuorweg in Grüsch. Diese Anlagen werden laufend den neusten Anforderungen angepasst. So wurde erst 2010/2011 der Druckstollen, über den das Wasser vom Davosersee zum Kraftwerk Klosters geführt wird, umfassend saniert. Und das Kraftwerk Küblis unterzog Repower vor einigen Jahren einer umfassenden Erneuerung. Parallel dazu wurden im Kraftwerksgebäude auch neue Büros und Magazine erstellt. Repower arbeitet zudem derzeit am Projekt Chlus, das die Nutzung der untersten Stufe im Prättigau zwischen Küblis, der Chlus und dem Rhein vorsieht. Ende 2011 oder Anfang 2012 wird die Fertigstellung des Konzessionsprojektes erwartet. Weitere Informationen: Repower, Felix Vontobel, Stv. CEO, Leiter Anlagen, CH-7742 Poschiavo www.repower.com
Umwe lt Umweltzustand Schweiz: Erfolge und Herausforderungen Vor dem Jahr 2000 wurden im Umweltbereich zahlreiche Fortschritte gemacht. Seither gab es gewisse Verbesserungen, jedoch konnten bei Kernthemen wie Klimawandel oder Erhalt der Biodiversität die Ziele nicht erreicht werden. Im Inland steigt der Druck auf die Umwelt weiter an – wenn für manche Bereiche seit einigen Jahren auch etwas abgebremst. Mit den wachsenden Materialimporten nehmen die Auswirkungen im Ausland an Bedeutung zu. Das zeigt der Bericht «Umwelt Schweiz 2011», der gemeinsam vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Bundesamt für Statistik (BFS) erarbeitet wurde (vgl. dazu auch die Rubrik neue Literatur). Im Umweltbereich wurden im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte zahlreiche Fortschritte erzielt: Die Immissionsgrenzwerte der meisten Luftschadstoffe werden heutzutage eingehalten, und die Qualität der Oberflächengewässer sowie des Grundwassers ist im Allgemeinen gut. Insgesamt ist die Umweltbelastung durch Schwermetalle, Dioxine, polychlorierte Biphenyle (PCB) und persistente organische Schad253
Nachrichten
renaturiert, so dass ein neuer Auenwald entsteht. Der Betrieb des bestehenden Kraftwerks wird während der gesamten Bauzeit unverändert aufrecht erhalten. Das neue Kraftwerk wird voraussichtlich ab Mitte 2015 rund 27 000 Haushalte mit Strom aus erneuerbarer Energiequelle versorgen. Die Investitionskosten belaufen sich auf rund CHF 150 Mio.
Nachrichten
stoffe (POPs) zurückgegangen, und die Sanierung der Altlasten schreitet voran. Wie der Bericht aber auch zeigt, wurden die grössten Fortschritte – wie z.B. der Rückgang der Emissionen von Schwefeldioxid (SO2) oder die Abnahme des Phosphorgehalts in Oberflächengewässern – vor dem Jahr 2000 erzielt. Seither hat sich die Situation in manchen Bereichen nicht wesentlich verbessert. So werden die Immissionsgrenzwerte von Feinstaub (PM10), Ozon (O3) und Stickstoffdioxid (NO2) nach wie vor regelmässig und teilweise deutlich überschritten. Oder in Gewässern lassen sich noch immer Mikroverunreinigungen wie Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Medikamenten oder Reinigungsmitteln nachweisen. Klimawandel und Biodiversität bleiben Herausforderungen Bei Kernthemen wie dem Klimawandel oder dem Erhalt der Biodiversität konnten die Ziele bisher nicht erreicht werden. Die von der Schweiz im Rahmen des KyotoProtokolls eingegangene Verpflichtung, die Treibhausgasemissionen im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 um mindestens acht Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, wurde bisher nicht erfüllt. Hauptursache für die Treibhausgasemissionen ist die Verbrennung fossiler Energieträger. Zwischen 1990 und 2009 ist der Verbrauch von Erdölbrennstoffen um 23 Prozent zurückgegangen. Der Verbrauch von Treibstoffen hingegen hat in derselben Periode um knapp 16 Prozent und derjenige von Erdgas um rund 68 Prozent zugenommen. Beim Erhalt der Biodiversität konnte der Verlust an Tier- und Pflanzenarten und der Rückgang ihrer Lebensräume nicht gestoppt werden. Verantwortlich dafür sind vor allem die wachsenden Siedlungsflächen, die zunehmende Bodenversiegelung und Zerschneidung der Landschaften, aber auch die intensive Landwirtschaft. Zumindest wurden in jüngster Zeit drei regionale Naturpärke und ein Naturerlebnispark ausgeschieden. Auswirkungen im Ausland Jüngste Zahlen zeigen, dass der Druck auf die Umwelt in manchen Bereichen weniger stark zunimmt als noch vor einigen Jahren. Dies trifft insbesondere für die Zersiedelung der Landschaften zu. Aber auch der Anstieg des Energieverbrauchs und die Zunahme der Menge verbrannter Siedlungsabfälle haben sich verlangsamt (für das Total der Siedlungsabfälle trifft das nicht zu). Allerdings haben Produktion und Konsum oftmals auch Auswirkungen im Ausland: beispielsweise beim Abbau von 254
Rohstoffen, bei der Herstellung von Produkten oder beim Transport. Diese «indirekte» oder «versteckte» Belastung gewinnt angesichts der zunehmenden Importe immer mehr an Bedeutung. In den letzten Jahren wurden um die 70 Prozent des Schweizer Materialbedarfs vom Ausland gedeckt – Tendenz steigend. Weitere Informationen: Christine Hofmann, stellvertretende Direktorin des Bundesamts für Umwelt BAFU, Tel. +41 (0)31 322 90 00 Verena Hirsch, BFS, Sektionschefin Kommunikation, Tel. +41 (0)32 713 61 29 Bestellung: Vgl. Rubrik Publikationen.
Rüc kbl ic k Ve r anstaltungen anstaltunge n
Rückblick AGAW-Workshop Fische und Wasserkraft Von Lutz Fleischer/Pfa Auch beim 14. Workshop Fische und Wasserkraft der Arbeitsgemeinschaft Alpine Wasserkraft (AGAW) ist das Thema Durchgängigkeit weiterhin brandaktuell.
Der 14. Workshop «Fische und Wasserkraft» der Arbeitsgemeinschaft Alpine Wasserkraft (AGAW) wurde im Walchensee-Kraftwerk durch Bernhard Kalusa als Vertreter des «Hausherrn», der E-ON Wasserkraft GmbH, eröffnet. Mit einigen Eckdaten stellte er das Unternehmen vor: gut 6000 MW, rund 3000 davon in Deutschland, in 212 Wasserkraftwerken mit einer Regelerzeugung von insgesamt fast 20 TWh in Schweden, Spanien, Italien und natürlich Deutschland (110 Anlagen). Nicht alle haben Fischaufstiegsanlagen, so dass die Wasserhaushaltsgesetzgebung zu Nachrüstungen drängt. Im Einflussgebiet der E-ON ist auch der Rhein-MainDonau-Kanal, als Bundeswasserstrasse ist hier allerdings der Bund für Fischaufstiege zuständig. Österreichischer Leitfaden zum Bau von Fischaufstiegshilfen Dr. Otto Pirker, Verbund Hydro Power AG, berichtete über den in Österreich vom Lebensmittelministerium in Auftrag gegebenen Leitfaden zur Umsetzung der EUWasserrahmenrichtlinie. Ziele des Leitfadens sind die Bestimmung des Standes der Technik für die Planung und den Bau von Fischaufstiegshilfen, die Planungssicherheit für Anlagenbetreiber, Planer und Behörden und die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit von Fischaufstiegshilfen. Für die Erarbeitung sollen bestehende Grundlagen, vorhandenes Wissen und
Ersatzlebensräume durch neue Uferstrukturen im Stauraum Aschach (Quelle: R. Renner). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Luftaufnahme des Wehrs Albbruck-Dogern mit dem neuen Umgehungsgewässer (Quelle: N. Schneiderhahn, Radag). neue Erkenntnisse von österreichischen und internationalen Experten, vorhandenes Monitoring von Daten und Studien sowie nationale und internationale Richtlinien berücksichtigt werden. Dabei geht es grundsätzlich um eine Konzentration auf den Fischaufstieg bei kleinen und mittleren Gewässern, nicht für die Donau. Den Stand der Arbeiten skizzierte Pirker mit folgenden Eckdaten: Auftrag für das Grundlagendokument durch das Lebensmittelministerium im September 2008 an das Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement; Bildung einer Arbeitsgruppe für Fischaufstiegshilfen. Ein erster Entwurf wurde im Mai 2010 vorgelegt und mit den Beteiligten diskutiert. Hierbei konnten
Futterplatz
die Wasserkraftbetreiber Änderungsvorschläge und ihre Position einbringen. Bereits in diesem Stadium wurde der Entwurf des technischen Berichts als «Leitfaden» von den Behörden benutzt. Im März 2011 wurde ein zweiter Entwurf vorgelegt, der als Grundlage für den Leitfaden dienen soll. Eine Veröffentlichung des Leitfadens wurde immer wieder aufgeschoben. Um die Sichtweise der Wasserkraftbetreiber zu unterstreichen, wurden Kurzgutachten beauftragt. Ein fischökologischer Kommentar und Gegenüberstellung mit dem DWA-Markblatt M-509, eine Beurteilung aus technisch-hydraulischer Sicht. Hinsichtlich der Beckendimensionierung gibt es Kritikpunkte im Vergleich zu DWA-M-509. Nicht die Lockströmung sondern die Lage des Einstiegs ist für die Auffindung aus-
Wanderkorridor
Reproduktion Wanderung der Seeforelle am Alpenrhein (Quelle: R. Mendez, Axpo). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
Projektidee für eine verschliessbare Kammer vor dem Bypassrohr (Quelle: R. Mendez, Axpo). 255
Nachrichten
schlaggebend. Da der Fischabstieg nicht Stand der Technik ist, sollte er im Leitfaden nicht thematisiert werden. Abschliessend wies Pirker auf die Auswirkungen des Leitfadens auf die Energiewirtschaft hin. Je nach «verordneter» Restwassermenge und Durchgängigkeit kann es zu Erzeugungseinschränkungen bis zu 2 TWh/pro Jahr kommen. Lebensraumverbesserung Stauraum Aschach an der Donau Auf die Lebensraumverbesserung durch Strukturmassnahmen im Stauraum Aschach ging Roswitha Renner in ihrem Referat mit besonderer Betrachtung der Anlandungsprobleme ein. An zahlreichen Beispielen zeigte sie, wie das gewonnene Feinsegment zum Bau von Biotopen im Uferbereich verwendet wurde. Ziel war es, durch die neuen Uferstrukturen Ersatzlebensräume zu schaffen. Anlandungen im Flussbereich unter und über der Wasseroberfläche, mit und ohne Sicherung gegen Wellenschlag mittels Weidengeflecht führten nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Erst solidere Massnahmen mit Verwendung von Bruchschutt gegen das Ausschwemmen der Feinsegmente und Bildung von Biotopen waren erfolgreich. Dadurch entstand ein Vorland auf der Anlandung, der natürliche Bewuchs war erfolgversprechend. Der Einsatz grosstechnischer Anlagen zur Bildung von Inselbiotopen war dabei unumgänglich. Seit 1977 wurden so zahlreiche Biotope in den Donauwindungen errichtet. Allerdings verursachte das Hochwasser 2002 grosse Schäden, da die Donau Biotope wegriss und nur die Schotterbänke übrig blieben. Aber auch im reduzierten Zustand bieten die Biotope eine wesentliche Bereicherung von Fauna und Flora.
Nachrichten Detaillierte Strömungsanalysen zur Verbesserung der Wirksamkeit von Aufstiegsanlagen (Quelle: K. Seifert, Büro für Naturschutz). Umgehungsgewässer Albbruck-Dogern In Wort und Bild gab Norbert Schneiderhan, Rheinkraftwerk Albbruck-Dogern, einen Erfahrungsbericht über die Fischaufstiegsanlage beim Rheinkraftwerk Albbruck-Dogern. Kernstück der zahlreichen ökologischen Massnahmen der Radag ist ein gut 800 Meter langes und zwischen sieben und 15 Meter breites naturnahes Umgehungsgewässer (vgl. Bild 2). Das Besondere an der neuen Fischaufstiegshilfe, die nicht nur Lachsen den Weg flussaufwärts ermöglicht, ist die sogenannte Collection Gallery. Dabei handelt es sich um eine europaweit in dieser Grösse bislang einmalige Anlage. Fische, die sich am Turbinenauslauf befinden, werden durch diesen Kanal um das Wehrkraftwerk herum kurzerhand ins Umgehungsgewässer geleitet. Eindrucksvoll waren die Ergebnisse von Fischzählungen am Kanalkraftwerk und am Wehrkraftwerk mit rund 1150 Fischen pro Jahr bzw. 2626 Fischen pro Jahr mit 22 bzw. 26 Arten. Im April 2010 erfolgte ein Massenaufstieg, der die Zählanlagen überforderte. Forschungsprojekt Fischabstieg für Aare-Rheinkraftwerke Über das Studienprojekt «Fischabstieg», Konzept und Zielsetzungen des Verbands Aare-Rheinwerke (VAR), berichtete Peter Hässig, BWK FMB Energie AG. Zweck dieser Untersuchung ist eine Unterstützung für Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel der Förderung des Verständnisses für Anlieger der Wasserkraftwerke. Ziel ist aber auch die Schaffung einer Plattform für Informationstransfer und Erfahrungsaustausch. Angestrebt wird die Mitarbeit an Ausbau und Umsetzung der Gesetzgebung in Arbeitsgruppen, durch Stellungnahmen und ge256
zielte Informationen. Auslöser für das Projekt war ein revidiertes eidgenössisches Gewässerschutzgesetz mit Forderungen bezüglich Fischdurchgängigkeit bei Neukonzessionierungen und Ökostromzertifizierungen. Auch sollte das Image «grüne» Wasserkraft gestärkt werden. Finanziert wird das Projekt mit CHF 500 000 vom Verband Aare-Rheinwerke und Mitgliedsfirmen sowie dem swisselectric research. Vertragspartner sind die ETH Zürich, Versuchsanstalt Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie, die Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz sowie der Verband Aare-Rheinwerke. Zum Massnahmenkatalog zählt ein umfangreiches Literaturstudium und die nähere Untersuchung einer bestehenden Anlage in Kanada sowie ein physikalisches Modell bei der ETH. Die einzelnen Massnahmen werden sich bis in das Jahr 2014 erstrecken. Ein umfangreicher Betreiberfragebogen begleitet das
Projekt. Fischwanderung beim Kraftwerk Reichenau am Alpenrhein Über Untersuchungen zu Wanderungen der Seeforelle im Alpenrhein beim Kraftwerk Reichenau berichtete Ricardo Mendez, Axpo AG. Die Seeforelle wandert bekanntermassen vom Futterplatz Bodensee zur Reproduktion bis hinauf in den Vorderrhein. Das Kraftwerk Reichenau liegt auf dieser Wanderroute (vgl. Bild 3). Beim Bau der Fischtreppe im KW Reichenau im Jahr 2000 wurde gleichzeitig ein neuer Einlaufrechen in den Oberwasserkanal installiert. Der fälschlicherweise zu enge Stababstand von 60 mm hindert rückwandernde Seeforellen, die zwischen 60 und 75 cm lang sind, am Passieren des Kraftwerks. Anstelle eines Ersatzes des fehlerhaften Rechens wurde ein Forschungsprojekt mit CHF 400 000 für einen Fischauf-/-abstieg in die Wege geleitet. Geprüft werden soll ein Bypass an der Zen-
Aufstiegsanlage am Wehr Schönmühl/Loisach (Quelle: E-ON). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
beste Lösung ergab sich die Positionierung am Ende des Saugschlauchs auf der Kraftwerksseite. Weitere Untersuchungen galten der Gestaltung von Eingang und Ausgang bei einer Abflussmenge von 0.5 m3/s und einer Zusatzdotation von 1.1 m3/s – die sich aber bei diesen Bauwerken eher als kontraproduktiv auswirkte. Bei 89 Ausleerungen der eingesetzten Reuse wurden am 4.10.2010, 14 596 Individuen, darunter 22 Fischarten, gezählt. Der Referent der Bayerischen Elektrizitätswerke, Ralf Klocke, unterstrich die Bedeutung rechtzeitig und gut geplanter Kommunikation mit allen betroffenen Gremien und Institutionen von Ökologie und Hochwasserschutz beim Erhalt und Ausbau der Wasserkraft. Da Kraftwerksgebiete heute weitgehend als FHH-Gebiete ausgewiesen seien, müssen die Gesprächspartner bei Bauvorhaben klug ausgewählt und auch die Zuständigen für die Durchsetzung der WRRL hinzugezogen werden. Hauptziele sind Gewässerstruktur-Verbesserungsmassnahmen, ein Untersuchungsprogramm zur Fischbestandsentwicklung, die Errichtung weiterer Fischaufstiegsanlagen, Forschungsprojekte zum Fischaufstieg beim Kraftwerk Altenstadt (UIAG) mit den Fischereibehörden, Fragen der Lockströmung sowie die Auenbewässerung und Überlegungen zu Fischbesatz/ Gewässerstruktur. In einem ersten Paket der strategischen Schwerpunkte sollen 2011 Fischaufstiegsanlagen und Gewässerstruktur-Verbesserungsmassnahmen an fünf Günz-Staustufen realisiert werden. Im Anschluss an die Vortragsveranstaltung bestand die Möglichkeit, das Walchenseekraftwerk oder die Fischaufstiegsanlage am Wehr Schönmühl/Loisach zu besichtigen. Die Workshop-Reihe «Fische und Wasserkraft» der AGAW wird weitergeführt. Die 15. Ausgabe wird vorausschtlich 2012 in der Schweiz durchgeführt werden.
9. Doktorandenworkshop zur hydrologischen Modellierung (AG HYDMOD) in Bern, 28.–30. April 2011 Wie können abflussbildende Prozesse mit einem hydrologischen Modell möglichst realistisch nachgebildet werden? Wie kann die Kalibrierung von Modellen verbessert werden, um auch für zukünftige Klimabedingungen robuste Modellparamater zu bestimmen? Wie können die Unsicherheiten, die mit jeder Art der Modellierung einhergehen, beziffert und transparent
«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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trale des Kraftwerks mittels Rohrdurchlass durch einen bestehenden, aber nicht benutzten Nebenauslass. Mendez berichtete mit unterstützenden Bildern über verschiedene Möglichkeiten, wie die Fische in den Rohrdurchlass gelockt werden sollen. Da der einfache Rohrdurchlass aus verschiedenen Gründen nicht erfolgsversprechend war, wurde die Erstellung einer verschliessbaren Kammer vor dem Bypassrohr mit verschiedenen Einstiegshöhen und einer langsamen Entleerung der Kammer projektiert. Aktuell zeigen die Resultate, dass die beschriebene verschliessbare Kammer technisch machbar ist und eine Durchgängigkeit für Seeforellen mit einer geringen Verletzungswahrscheinlichkeit gegeben ist. Untersuchungen zur Aalwanderung am Rhein Von einem interessanten Projekt der EDF (Electricité de France) berichtete Jacky Letzter. Um die Überlebenschancen des Aals beim Passieren der Turbinen in den Rheinkraftwerken zu beziffern, hat die EDF ein interessantes Forschungsprogramm realisiert. Beginnend mit einer Untersuchung der Mortalität an einer vierflügligen Kaplanturbine wurden mehrere Messstellen vor und im Rheinseitenkanal bzw. den in Rheinschlingen angelegten Kraftwerken eingerichtet. In mehreren Untersuchungsphasen wurden Aale gefangen, mit Sendern und farbigen Ballons markiert, in verschiedenen Wassertiefen ausgesetzt und durch die Turbinen geschickt. Der Versuch an der Anlage in Fessenheim im November 2009 ergab dabei folgendes Ergebnis: von 350 Aalen mit einer Länge von 750 mm gingen 280 durch die Turbinen. 70 wurden danach gefangen und kontrolliert. Die Mortalitätsrate betrug (in 48 Stunden) 7.4% ± 3.6%. Eine normierte Prognose von ONEMA (Office national de l’eau et des milieux aqualiques) nent 15–16% Mortalität. Optimierung der Leitströmung für Fischaufstiege Dr. Seifert vom Büro für Naturschutz stellte seine Arbeiten zur Optimierung der Leitströmung an der Isarstufe Gottfrieding vor. Ziel war es, an diesem 30 Jahre alten Kraftwerk die beste Positionierung für den Einstieg zum Fischaufstieg zu finden. Mit Hilfe eines Unterwassermodells, aufgenommen mit Sonar- und Ultraschalltechnik, wurden die Verhältnisse am Auslauf des Kraftwerks nachgebildet. Der Weg der Fische war zu bestimmen – am Rand oder direkt im Wanderkorridor an der Uferseite der Hauptströmung des Wanderkorridors oder auf der Kraftwerksseite bei kombinierten Wehr-/Kraftwerksanlagen. Als
Ausleitbauwerk und Geschieberückhalt. Hochwasserschutzmassnahmen am Glyssibach, Schwanden bei Brienz (Foto: Viviroli 2011). kommuniziert werden? Die über 40 Teilnehmenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben am 28. und 29. April 2011 in der Universität Bern intensiv über diese und andere Fragen im Rahmen des jährlichen Doktorandenworkshops zur hydrologischen Modellierung (AG HYDMOD) diskutiert und mögliche Lösungswege vorgeschlagen. Der Workshop ist eine Fachtagung zur Modellierung hydrologischer Systeme im weitesten Sinne und richtet sich explizit an Nachwuchsforscher der Doktorats- und Masterstufe. Die von allen Teilnehmenden geschätzte ungezwungene Atmosphäre bietet den Raum, nicht nur das eigene Forschungsprojekt vorzustellen, sondern auch Probleme zu diskutieren und kreative Lösungsansätze zu entwickeln. Dies zeichnet diese Vortragsveranstaltung aus. Erstmalig konnten die Teilnehmenden in diesem Jahr die Theorie und deren Übertragbarkeit auf die Praxis auf einer Exkursion unmittelbar überprüfen. Durch die hydrologische Modellierung sollten immer auch Empfehlungen für praktische Anwendungen und Fragestellungen gegeben werden, wie z.B. für den Hochwasserschutz oder das Abschätzen des zukünftigen Wasserdargebots für die Hydroenergieproduktion. Auf der Feldexkursion in das Grimselkraftwerk und nach Brienz, wurden die für Hochwasserschutzmassnahmen und Wasserkraft relevanten Fragestellungen mit Experten vor Ort erörtert. Dabei wurde unter anderem deutlich, welchen Stellenwert der Praxisbezug in der Wissenschaft hat. Die 10. AG HYDMOD findet im Frühjahr 2012 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena statt. 257
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Anmeldung Anmeldungen sind ab sofort möglich. Bitte ausschliesslich einfach und bequem über die Webseite des SWV: www.swv.ch. Die Teilnehmerzahl ist auf 25 Personen beschränkt. Die Berücksichtigung erfolgt entsprechend dem Eingang der Anmeldungen.
Hochwasserschutz KOHS-Weiterbildungskurse 3. Serie Gefahrengrundlagen und Hochwasserbewältigung Lenzburg, 17./18. November 2011 Fachtagung Wasserkraft Die Rolle der Wasserkraft in der Energiestrategie 2050 Solothurn 24.11.2011
Die Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV startet zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) eine dritte Serie von Weiterbildungskursen. Thema der Kursserie ist die Bewältigung von Hochwasserereignissen, beginnend mit den für die Notfallplanung benötigten Gefahrengrundlagen über die Schwachstellenanalyse bis hin zu Sofortmassnahmen während und nach einem Ereignis. Die zentralen Elemente der Hochwasserbewältigung werden von ausgewiesenen Fachleuten präsentiert und in Workshops diskutiert. Die KOHS und das BAFU leisten mit diesem Kurs einen weiteren Beitrag für die Qualitätssicherung im Hochwasserschutz. Der Kurs richtet sich an Fachleute von Ingenieur- und Beratungsunternehmen sowie von kantonalen Verwaltungen. Kurssprache Der Kurs in Lenzburg wird in deutscher Sprache durchgeführt (Kurse in französischer Sprache werden folgen). Kurskosten Mitglieder SWV/VIB CHF 650.–. Nichtmitglieder SWV/VIB CHF 750.–. Inkl. Kursunterlagen, Verpflegung 1. Tag Mittag und Abend sowie 2. Tag Mittag, Pausenkaffee, Transporte für die Exkursion; exkl. 8% MWSt. und allfällige Übernachtungskosten. Programm Der diesem Heft beiliegende Flyer, der auch als Download auf unserer Webseite www.swv.ch erhältlich ist, informiert über das detaillierte Programm. 258
An dieser gemeinsam von der Stiftung Umweltschutz Schweiz und dem SWV durchgeführten Fachtagung werden die Potenziale zur zusätzlichen Nutzung der Wasserkraft in der Schweiz quantifiziert und kritisch diskutiert. Reichen technische Massnahmen zu deren Realisation oder braucht es eine Lockerung der Restwasservorschriften oder eine Verbesserung der Planungsabläufe und der Verfahren? Zudem werden verschiedene Einzelfragen diskutiert wie die Rolle der Pumpwasserspeicherung. Programm Der diesem Heft beiliegende Flyer, der auch als Download auf unserer Webseite www.swv.ch erhältlich ist, informiert über das detaillierte Programm. Kosten Tagungsbeitrag für Mitglieder SWV: CHF 270.– Tagungsbeitrag für Nicht-Mitglieder SWV: CHF 390.– Anmeldung Anmeldungen sind ab sofort möglich unter: www.umweltschutz.ch oder unter www.swv.ch
KOHS-Tagung 2012/Symposium CIPC 2012 Regulierung Gewässersysteme – von der Vorhersage zum Entscheid Freitag, 20. Januar 2012, Olten Vendredi, 20 janvier 2012, Olten
Die jährlich von der Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV organisierte Fachtagung ist diesmal dem Thema «Regulierung Gewässersysteme – von der Vorhersage zum Entscheid» gewidmet. Vorhersagen sind eine wichtige Voraussetzung, um frühzeitig auf kritische Hochwasser- und auch Niederwassersituationen reagieren zu können. Neben wissenschaftlichen Grundlagen interes-sieren dabei auch die Randbedingungen aus Sicht der Entscheidungsfindung und der Politik. Diese Aspekte werden an der KOHS-Tagung von ausgewiesenen Fachleuten ausgeleuchtet und diskutiert. Tagungssprachen/Langues Die Vorträge werden in Deutsch oder Französisch gehalten. Es ist keine Simultanübersetzung vorgesehen. Les conférences seront présentées en allemand ou français. La traduction simultanée n’est pas prévue. Tagungskosten/Frais Mitglieder SWV/Membres ASAE CHF 230.–. Nichtmitglieder SWV/Non-membres CHF 300.–. Studierende/Etudiants CHF 115.–. Inkl. Fachtagung, Mittagessen, Pausenkaffee, exkl. 8% MWSt./Y inclus inscription au symposium, repas de midi, café, 8% TVA exclue. Programm Der diesem Heft beiliegende Flyer, der auch als Download auf unserer Webseite www. swv.ch erhältlich ist, informiert über das detaillierte Programm. Anmeldung/Inscription Anmeldungen sind ab sofort möglich. Bitte ausschliesslich einfach und bequem über die Webseite des SWV/Inscriptions uniquement par le site web de l’ASAE s.v.p: www.swv.ch Die Anmeldungen werden nach Eingang berücksichtigt.
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L ite i te r atur
Lenzburg 17./18.11.2011 KOHS-Weiterbildungskurs Hochwasserschutz 3. Serie: Gefahrengrundlagen und Hochwasserbewältigung Kursangebot des Bundesamt für Umwelt (BAFU) in Zusammenarbeit mit der Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV. Information/Anmeldung: über den diesem Heft beiliegenden Flyer, bzw. direkt über unsere Webseite: www.swv.ch
Bericht Umwelt Schweiz 2011 Herausgeber: Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Statistik BFS; Publikation: Juli 2011, 101 Seiten
Rapperswil 23.–25.11.2011 Stahlwasserbau, Abschlussorgane, Druckleitungen, Rechenreinigungsmaschinen HSR, Hochschule für Technik, Oberseestrasse 10, CH-8640 Rapperswil www.weiterbildung-hydro.ch Solothurn 24.11.2011 Tagung: Die Rolle der Wasserkraft in der Energiestrategie 2050 Veranstaltung der Stiftung Praktischer Umweltschutz Schweiz (PUSCH) zusammen mit dem SWV. Information/Anmeldung: über den diesem Heft beiliegenden Flyer, bzw. direkt über unsere Webseite: www.swv.ch Rapperswil 11.–13.1.2012 Betriebsführung und Instandhaltung (F) HSR, Hochschule für Technik, Oberseestrasse 10, CH-8640 Rapperswil www.weiterbildung-hydro.ch Olten 20.1.2012 KOHS-Tagung Hochwasserschutz 2012: Regulierung Gewässersysteme – von der Vorhersage zum Entscheid Veranstaltung der Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV. Information/Anmeldung: über den diesem Heft beiliegenden Flyer, bzw. direkt über unsere Webseite: www.swv.ch Horw 28.–30. März 2012 Hydromechanik HSLU – Technik & Architektur, Technikumstrasse 21, CH-6048 Horw www.weiterbildung-hydro.ch Rapperswil 6.–8. Juni 2012 Stahlwasserbau, Abschlussorgane, Druckleitungen, Rechenreinigungsmaschinen (D) HSR, Hochschule für Technik, Oberseestrasse 10, CH-8640 Rapperswil www.weiterbildung-hydro.ch
Der Bericht «Umwelt Schweiz 2011» wurde wie bereits die Ausgaben 2007 und 2009 vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Bundesamt für Statistik (BFS) gemeinsam erarbeitet. Er gibt einen systematischen Überblick über den Zustand und die Entwicklung der Umwelt in der Schweiz und zeigt insbesondere die Auswirkungen unseres Lebensstils auf die Umwelt auf. Der Bericht zieht ausserdem Bilanz über die getroffenen Massnahmen zur Verbesserung der Umweltqualität, identifiziert aktuelle Handlungsfelder und stellt die Fort schritte der Schweiz denjenigen anderer europäischer Länder gegenüber Download oder Bestellung: www.bafu. admin.ch/publikationen
Die industrielle Schweiz Die industrielle Schweiz – vom 18. ins 21. Jahrhundert, aufgebaut und ausverkauft Hans-Peter Bärtschi, 2011, 308 Seiten, über 350 farbige und schwarzweisse Abb., Format 27 × 22 cm, Pappband, ISBN 9783-03919-145-1, Verlag: hier + jetzt, CH5400 Baden Bestellungen: www.hierundjetzt.ch Die Zeiten, als täglich Tausende von Werktätigen in riesigen Fabrikhallen ihrer Arbeit nachgingen, gehören in der Schweiz
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grösstenteils der Vergangenheit an. Gleichzeitig steht das Land im Bereich der technologischen Innovation bis heute an der Weltspitze. Die Schweiz ist als Industriestaat zum reichsten Land der Welt geworden. In den letzten Jahrzehnten ist das Land als Produktionsstandort stark unter Druck gekommen; Betriebsschliessungen, Abbruch und Umnutzung von Industrieanlagen haben die letzten Jahrzehnte geprägt. Hans-Peter Bärtschi aus Winterthur ist der beste Kenner der Schweizer Industriegeschichte. In einer beeindruckenden Tour d’Horizon schildert er die vielfältigen Erfolgsgeschichten, wirft aber auch einen kritischen Blick auf den Abbau und Ausverkauf der letzten Jahrzehnte. Das Buch ist ein leidenschaftliches Plädoyer für den Werkplatz Schweiz. Verlag Hier und Jetzt
Die Themen der deutschen «Wasserwirtschaft» 9-10-2011 • 68 Jahre nach Jambor: Untersuchungen zum Einfluss einer Wehrschwelle Michael Gebhardt, Udo Pfrommer, Fabian Belzner, Norbert Eisenhauer • Verminderung von Bodenerosion durch nachhaltige Bodenbewirtschaftung Andreas Klik, Stefan Strohmeier • Temperaturmanagement der Wupper im Bereich der Kraftwerke Barmen und Elberfeld Michael Windmann, Göran Kauermann, Andreas Hoffmann, Joachim Tischbierek, Volker Leonhard • Erste sichere Nachweise von Schweinswalen im Emsästuar Uwe Walter, Stella Mansky, Tobias Linke • Strömungsvisualisierung auf Blocksteinrampen in Riegelbauweise Mario Oertel • Turbulente Strukturen als Erfolgskriterium von Fischaufstiegsanlagen Matthias Haselbauer, Carlos Barreira Martinez • Neubau des Kraftwerkes Bruckhäusl Andreas Egger 259
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Das Wasserkraftpotenzial in Deutschland und Europa Pia Anderer Ökologische Anforderungen durch die WRRL Ute Schneider-Ritter Zukunft der Wasserkraft in Baden-Württemberg Helmfried Meinel, Jörg Heimler Die Very-Low-Head-Turbine – Technik und Anwendung Lutz Juhrig Die Steffturbine – eine auf einem Umlaufband beruhende Kleinwasserkraftanlage Andreas Malcherek, Helmut Kulisch, Christian Maerker Entwicklung einer kinetischen Strömungsturbine Albert Ruprecht und Andreas Ruopp Ausgleichsenergie – Perspektiven für Pumpspeicher Peter Vennemann Erweiterung des Pumpspeicherkraftwerkes Vianden in Luxemburg mit einer 11. Maschine Michael Moltrecht Neubauprojekt Pumpspeicherwerk Atdorf – Gesamtkonzeption Stephan Kolb
Die Themen der ÖWAW 5–8/2011 • Gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit – Grundlagen, Methodik und Erkenntnisse eines Forschungsprojektes in Rahmen des proVISION Programmes des BMWF M. Zessner, H. Steinmüller, K.H. Wagner, M.M. Krachler, S. Thaler, K. Fazeni, K. Helmich, M. Weigl, K. Ruzicka, • Ernährung und Flächennutzung in Österreich M. Zessner, K. Helmich, S. Thaler, M. Weigl, K.H. Wagner, T. Haider, M.M. Mayer, S. Heigl • Stickstoff- und Phosphorbelastungen der Fliessgewässer Österreichs und Möglichkeiten zu deren Reduktion C. Schilling, M. Zessner, A. Kovacs, G. Hochedlinger, G. Windhofer, O. Gabriel, S. Thaler, J. Parajka, S. Natho • Der Einfluss von Ernährungsgewohnheiten auf die Nährstoffbilanz Österreichs S. Thaler, M. Zessner, MM. Mayr, T. Haider, H. Kroiss, KH. Wagner, K. Ruzicka • Energiebilanzen der österreichischen Landwirtschaft unter Berücksichtigung von Ernährungsgewohnheiten H. Steinmüller, K. Fazeni 260
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Auf der Kanalautobahn zum Erfolg mit Kanalprognosen K. Jansen Schnittstellen im Katastrophenschutz der Stadt Graz am Beispiel Hochwasser G. Zenz, A. Hammer, R. Strukely Hochwasserereignisse in kleinen, urbanen Einzugsgebieten – Vorhersage und Vorwarnung am Beispiel Graz C. Jöbstl, S. Ortner, H. Knoblauch, G. Zenz HOWATI – HochWasser Tirol – ein Beitrag zur Harmonisierung von Bemessungshochwässern in Österreich M. Rogger, B. Kohl, H. Pirkl, M. Hofer, R. Kirnbauer, R. Merz, J. Komma, A. Viglione, G. Blöschl Abfall oder Rohstoff? Rechtsgrundlagen für die Wiederverwertung von Tunnelausbruchmaterial. M. Entacher, D. Resch, R. Galler Trinkwasserversorgung – Frequenzumrichter VLT® Low Harmonic Drives erhalten Netzqualität P. Leinberger
I ndustr ie iemit mit te iilungen lunge n Erstes Wellenkraftwerk der Welt kommerziell angeschlossen • Spanischer Energieversorger EVE Vorreiter: 300 kW Leistung am kommerziellen Netz. • Zuverlässige Technologie von Voith Hydro: Über 10 Jahre betriebserprobt. • Minimale Eingriffe in die Umwelt und hohe wirtschaftliche Synergie: 16 Wellsturbinen in neue Hafenmole von baskischer Küstenstadt Mutriku integriert.
Der Energieversorger Ente Vasco de la Energía (EVE) feierte die offizielle Inbetriebnahme des Wellenkraftwerks Mutriku – weltweit das erste in kommerziellem Betrieb befindliche. Der deutsche Technologieausrüster Voith Hydro hat für diese Anlage die Ausrüstung für die 16 Wellsturbinen-Einheiten geliefert, die eine Gesamtleistung von 300 Kilowatt haben und ausreichend Strom für 250 Haushalte produzieren. Das Projekt Mutriku zeigt: Unsere Technologie zur Nutzung der Wellenkraft ist kommerziell einsatzfähig und steht bereit für den weiteren Einsatz im globalen Markt», so Dr. Roland Münch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Voith Hydro Holding. «Um diese Entwicklung auch künftig zu fördern, können angemessene Einspeisevergütungen für Wellenkraft – wie sie bereits in einigen Ländern existieren – nun die richtigen politischen Rahmenbedingungen setzen.» Die Wellenkrafttechnologie von Voith Hydro kann sowohl in bestehende Wellenbrecher und Hafenmauern als auch in Neubauten integriert werden. Langfristig belegte Zuverlässigkeit und kontinuierliche Weiterentwicklung des Designs bilden die Grundlage der Performance dieser Technologie. Das weltweite Potenzial der Meeresenergien liegt bei 1.8 Terawatt und steht erst am Beginn seiner weltweiten Erschliessung. Die Voith Hydro OWC-Technologie (oscillating water column = oszillierende Wassersäule) ist die heute einzige unter kommerziellen Bedingungen erprobte. Auf der schottischen Insel Islay betreibt Voith Hydro bereits seit über zehn Jahren das Wellenkraftwerk Limpet, das über 65 000 Stunden am Netz ist und Strom in industriellem Massstab einspeist.
Das Wellenkraftwerk Mutriku (Quelle: Voith). «Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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Schweizerische Fachzeitschrift für Wasserrecht, Wasserbau, Wasserkraftnutzung, Gewässerschutz, Wasserversorgung, Bewässerung und Entwässerung, Seenregulierung, Hochwasserschutz, Binnenschifffahrt, Energiewirtschaft, Lufthygiene. Revue suisse spécialisée traitant de la législation sur l’utilisation des eaux, des constructions hydrauliques, de la mise en valeur des forces hydrauliques, de la protection des eaux, de l’irrigation et du drainage, de la régularisation de lacs, des corrections de cours d’eau et des endiguements de torrents, de la navigation intérieure, de l’économie énergétique et de l’hygiène de l’air. Gegründet 1908. Vor 1976 «Wasser- und Energiewirtschaft», avant 1976 «Cours d’eau et énergie» Redaktion: Roger Pfammatter (Pfa), Direktor des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes Layout, Redaktionssekretariat und Anzeigenberatung: Manuel Minder (mmi) ISSN 0377-905X Verlag und Administration: Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband, Rütistrasse 3a, CH-5401 Baden, Telefon 056 222 50 69, Telefax 056 221 10 83, http://www.swv.ch, info@swv.ch, E-Mail: r.pfammatter@swv.ch, m.minder@swv.ch, Postcheckkonto Zürich: 80-32217-0, «Wasser Energie Luft», Mehrwertsteuer-Nr.: 351 932 Inseratenverwaltung: Manuel Minder · Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband (SWV) Rütistrasse 3a · 5401 Baden · Telefon 056 222 50 69 · Fax 056 221 10 83 · E-mail: m.minder@swv.ch Druck: buag Grafisches Unternehmen AG, Täfernstrasse 14, 5405 Baden-Dättwil, Telefon 056 484 54 54, Fax 056 493 05 28 «Wasser Energie Luft» ist offizielles Organ des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) und seiner Gruppen: Associazione Ticinese di Economia delle Acque, Verband Aare-Rheinwerke, Rheinverband und des Schweizerischen Talsperrenkomitees. Jahresabonnement CHF 120.– (zuzüglich 2,5% MWST), für das Ausland CHF 140.–, Erscheinungsweise 4 × pro Jahr im März, Juni, September und Dezember Einzelpreis Heft, CHF 30.–, zuzüglich Porto und 2,5% MWST
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«Wasser Energie Luft» – 103. Jahrgang, 2011, Heft 3, CH-5401 Baden
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Gesunde Umwelt durch Wasserkraft.
Ökologische Bestnoten: Im Quervergleich mit anderen Stromerzeugungsarten hat die Wasserkraft in Sachen ökologischer Qualität die Nase ganz vorn.
Strom für morgen und übermorgen: Wasserkraft ist erneuerbare Energie, schont die Ressourcen und trägt entscheidend zur Nachhaltigen Stromerzeugung bei.
Trumpfkarte im Klimaschutz: Die saubere Energiequelle Wasserkraft trägt massgeblich zur Verbesserung der CO2-Bilanz der Schweiz bei.
Gebannte Hochwasser-Gefahr: Speicherseen halten bei starken Regenfällen die Wassermassen zurück und bewahren so tiefer gelegene Regionen vor Hochwasser.
Raum für neues Leben:
mmi · swv · 9/08
Wo Wasser gestaut wird, entstehen neue, biologisch wertvolle Wasserflächen und Uferzonen. Eine ganze Reihe davon stehen heute unter Naturschutz. 266
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