Wasser Energie Luft 3/2014

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3-2014

Der Gebirgsfluss Brenno unterhalb der Mündung des Riale Riascio, Foto: Martin Böckli, WSL

18. September 2014

· Geschiebetransport in alpinen Einzugsgebieten · Flexibilisierung Wasserkraft · Murgangsimulationen · Methoden der Hydrologie


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II

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


Editorial Hochwasserschutz und Wasserkraft

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Roger Pfammatter Geschäftsführer SWV, Directeur ASAE

ie Juli-Hochwasser in Teilen der Schweiz haben zwar regional zu grossen Schäden geführt. Gesamtschweizerisch handelte es sich aber eher um ein kleineres Ereignis, das bezüglich Schadensausmass um Faktoren hinter den sieben grössten Hochwassern der letzten 25 Jahre zurückgeblieben ist. Die Kombination von Schäden und Sommerloch der Medien hat allerdings genügt, um Spekulationen über die Rolle der Wasserkraft beim Hochwasserschutz zu nähren. Dabei werden die heute bestehenden Beiträge zur Reduktion der Risiken verkannt. Es gehört bekanntlich zum Geschäftsmodell der Wasserkraft, das von Frühling bis Herbst anfallende Schmelz- und Niederschlagswasser für die Winterproduktion in den alpinen Speichern einzulagern. Damit leistet die Wasserkraft nicht nur einen unverzichtbaren Beitrag an die Stromversorgungssicherheit, sondern sie reduziert auch die Spitzenabflüsse in den Gewässern und trägt damit massgeblich zur Reduktion der Hochwasserrisiken bei. Und zwar gerade in den in unseren Breitengraden primär heiklen Sommermonaten. Hochwasserschutz und Wasserkraft haben hier über weite Strecken gleichgerichtete Interessen. In alpinen Einzugsgebieten kommt der

Rückhalt von Geschiebe in den Speichern dazu. Dieser führt zwar zur unerwünschten Verlandung der Seen, trägt aber zur Reduktion der Geschiebetransporte und Übersarungen bei, die gemäss neuen Untersuchungen für rund einen Drittel der Schäden verantwortlich sind (vgl. dazu die Artikelserie zum Geschiebetransport ab Seite 187 in diesem Heft). Und schliesslich werden auch im Ereignisfall durch die Entnahme von tonnenweise Schwemmholz an den Kraftwerken weitere Schäden durch Verklausungen vermieden. Die Wasserkraft leistet also sehr wertvolle Beiträge zur Reduktion der Risiken – und das bis anhin im Allgemeinen ohne Entschädigung. Das Potenzial für zusätzlichen Hochwasserrückhalt bei der Wasserkraft sollte nicht überschätzt werden. Und wo doch Potenzial für Optimierungen besteht, sind intelligente Lösungen gefragt, die sowohl der Wasserkraft wie auch dem Schutz vor Naturgefahren dienen. Beispielsweise kann durch Erhöhungen von bestehenden Talsperren oder den Bau einzelner neuer Anlagen das Speicherund Rückhaltevolumen vergrössert und damit sowohl die Steigerung des Anteils Winterstrom wie auch die Schaffung von zusätzlichem Rückhalt erreicht werden.

Protection contre les crues et force hydraulique

Les crues du mois de juillet dans certaines régions de la Suisse ont certes provoqué d’importants dégâts, il s’agit cependant d’un événement de moindre ampleur à l’échelle du pays, se plaçant loin derrière les sept plus grandes crues de ces 25 dernières années en termes de dégâts. La combinaison des dommages engendrés et la période estivale creuse des médias a cependant suffit pour alimenter les spéculations sur le rôle de l’énergie hydraulique dans la protection contre les crues. Les contributions existantes visant à la réduction des risques sont ainsi méconnues. Dans les modèles économiques de l’énergie hydraulique, il est de notoriété qu’il faut, du printemps à l’automne, stocker les eaux de fonte et de pluie dans les réservoirs alpins en vue de la production hivernale. Ainsi, la force hydraulique non seulement est indispensable à la sécurité de l’approvisionnement électrique, mais permet aussi de réduire les débits de pointe des cours d’eau contribuant ainsi de manière significative à la réduction des risques de crue. Et ce particulièrement au cours des mois d’été délicats sous nos latitudes. La protection contre les crues et la force hydraulique ont ici à bien des égards des intérêts en commun. Dans les bassins versants alpins, la «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

rétention des matériaux charriés s’ajoute à cela. Bien que conduisant à un atterrissement indésirable des lacs, cette rétention réduit le charriage et les épandage d’alluvions qui, selon de nouvelles études sont responsables pour environ un tiers des dommages (cf. la série d’articles sur le transport des sédiments dès la page 187 de ce numéro). Enfin, d’autres dommages causés par des embâcles sont évités en cas d’événement par le prélèvement par milliers de tonnes de bois flottants sur les centrales. La force hydraulique offre ainsi de très précieuses contributions à la réduction des risques – et ce généralement sans compensation jusqu’à présent. Le potentiel de rétention supplémentaire des crues par la force hydraulique ne devrait pas être surestimé. Pourtant, là où un potentiel d’optimisation existe, des solutions intelligentes sont nécessaires, servant à la fois à la protection contre les dangers naturels et à l’énergie hydraulique. Par exemple, les volumes de stockage et de retenue peuvent être augmentés par le réhaussement de barrages existants ou la construction de nouvelles installations, et ainsi permettre tant la progression de la part d’électricité en hiver que la création de rétention supplémentaire. III


Inhalt

3l2014

175

Flexibilisierung der Wasserkraft in der Schweiz für zukünftige Aufgaben im internationalen Strommarkt Anton Schleiss, Felix Oberrauch

179

Vision Pumpspeicherwerke – keine Katastrophe Andreas Speich, Fritz Spinnler 176

183

Die neue Wasserkrafttechnologie: Entwicklungen für das Elektrizitätssystem der Zukunft Mirjam Sick

187

Geschiebetransport-Simulationen mit sedFlow in zwei Gebirgsflüssen der Schweiz Dieter Rickenmann, Florian Heimann, Martin Böckli, Jens M. Turowski, Claudia Bieler, Alexandre Badoux

200

Geschiebetransport und Forellenhabitate in Gebirgsflüssen der Schweiz: mögliche Auswirkungen der Klimaänderung Alexandre Badoux, Armin Peter, Dieter Rickenmann, Julian Junker, Florian Heimann, Massimiliano Zappa, Jens M. Turowski

210

Schäden durch Geschiebetransportprozesse in der Schweiz Norina Andres, Alexandre Badoux, Jens M. Turowski

188

201

215

Gefahrenkartierung von Murgängen – Numerische Modellsimulationen im Vergleich zu empirischen, analytischen Methoden Marco Walser, Christian Huggel, Brian McArdell, Christoph Graf

219

Lineares und quadratisches Speichermodell in der Hydrologie Harald Führer, Werner Georg Nowak 213

IV

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Inhalt

3l2014

Repräsentativität von Stichproben bezüglich Schwebstoffkonzentration – Erfahrungen der Abteilung Hydrologie bei der Probenahme Alessandro Grasso, Dominique Bérod, Hanspeter Hodel, Adrian Jakob, Petra Lalk, Manfred Spreafico

224

Albania Dam Safety Monitoring Michael Furrer, Max Osterried, Marialis Çelo, Hans-Jakob Becker

231

Pretziener Wehr – Nachhaltiger Stahlbau im Bestand Gunther Brux

237

Nachrichten Politik Energiewirtschaft Wasserkreislauf/Wasserwirtschaft Wasserkraftnutzung Hochwasserschutz/Wasserbau Gewässer/Revitalisierung Veranstaltungen Agenda Personen Literatur Industriemitteilungen

239 239 240 243 245 246 246 247 248 248 248 252

Branchen-Adressen

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Impressum

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227

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Flexibilisierung der Wasserkraft in der Schweiz für zukünftige Aufgaben im internationalen Strommarkt Anton Schleiss, Felix Oberrauch

2. Zusammenfassung Die angespannte Wirtschaftslage in Europa sowie das Überangebot von hochsubventionierter Sonnen- und Windenergie im europäischen Strommarkt hat zu einer extrem ungünstigen Konkurrenzsituation für die Wasserkraft in der Schweiz geführt. Kurzfristig sind die Aussichten so düster, dass viele Gesellschaften es nicht mehr wagen, den mittelfristig dringend nötigen Ausbau der Wasserkraft in der Schweiz zügig in Angriff zu nehmen, um die energiepolitischen Ziele zu erreichen. Düstere Aussichten hat es für die Wasserkraft schon immer gegeben; sie ziehen mit einer Periodizität von fünf bis acht Jahren. Die gute Nachricht ist, dass sich in der Vergangenheit keine noch so düstere Aussicht bewahrheitet hat. Die Wasserkraft ist immer wieder gestärkt daraus hervorgegangen, was wohl an deren unbestrittenen Nachhaltigkeit liegt. Um in einer unsicheren Zukunft erfolgreich zu sein, muss der Ausbau der Wasserkraft in erster Linie auf eine Flexibilisierung der Produktion und Anlagen abzielen. Der vorliegende Beitrag zeigt die konstruktiven Möglichkeiten sowie die methodischen Ansätze bei der Planung auf, mit welchen die Unsicherheiten in der Zukunft erfolgreich bewältigt werden könnten.

Résumé: Flexibilisation de la force hydraulique en Suisse pour les tâches futures dans un marché international d’électricité La situation économique tendue en Europe ainsi que la surabondance des énergies solaire et éolienne, fortement subventionnées, dans le marché de l’électricité européen ont créé une situation de concurrence très défavorable pour la force hydraulique en Suisse. A court terme, les perspectives sont tellement sombres que beaucoup de sociétés n’osent plus investir dans l’extension de l’hydraulique bien que ceci soit indispensable à moyen terme pour atteindre les objectifs de la politique énergétique. Dans le passé, de telles perceptives ont toujours existées pour le domaine de l’hydraulique et celles-ci revenaient avec une périodicité de 5 à 8 ans. La bonne nouvelle est que ces perceptives ne se sont jamais concrétisées. La force hydraulique les a toutes surmontées avec succès et ceci est certainement dû à son caractère incontestablement durable. Pour que l’extension de la force hydraulique soit un succès dans cet avenir incertain, elle doit viser, en premier lieu, la flexibilisation de la production et des aménagements. La contribution suivante présente les possibilités constructives ainsi que les approches méthodiques lors de la planification de projets qui permettent de maîtriser avec succès les incertitudes de l’avenir.

1.

Der gewünschte Beitrag Wasserkraft in der Schweiz zur Energiewende Der Wasserkraft wird im Rahmen der Energiestrategie 2050 eine bedeutende Rolle zugeordnet. Unter Berücksichtigung der erhöhten Restwassermengen nach Erneuerung der Konzessionen gemäss Gewässerschutzgesetz wird bis 2050 noch von einem Jahresenergiezuwachs aus der Wasserkraft unter den heutigen Nut-

zungsbedingungen von 1.53 TWh und von 3.16 TWh unter zukünftig optimierten Nutzungsbedingungen ausgegangen [1]. Allerdings kann das optimistisch abgeschätzte Ausbaupotenzial von etwas mehr als 3 GWh zusätzlicher Jahresproduktion unter den heutigen Bedingungen nicht ausgenutzt werden und die Rahmenbedingungen müssten sich in naher Zukunft einschneidend verbessern [2].

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Problematik der Winterversorgung Kritisch für die schweizerische Elektrizitätsversorgung ist aber das Winterhalbjahr, denn seit zehn Jahren müssen regelmässig bedeutende Strommengen von durchschnittlich rund 4 GWh/Jahr vom Ausland importiert werden [3]. Mit geringfügigen Erhöhungen von etwa 20 der bestehenden Talsperren, das heisst weniger als 10% der ursprünglichen Höhe, könnte die Winterproduktion um mehr als 2 TWh und somit um mehr als 10% gegenüber heute erhöht werden [3]. Die Vergrösserung des Speichervolumens ist für eine zukünftig sichere und eigenständige Stromversorgung der Schweiz und ihre Stärke für eine vorrangige Stellung im europäischen Strommarkt von ausserordentlicher Bedeutung. Dank ihren Speicherkraftwerken in den Alpen könnte die Schweiz eine massgebende Rolle als Lieferant von Spitzen- und Regulierenergie in Europa einnehmen. In diesem Sinne wird oftmals von einer Batteriefunktion gesprochen. 3.

Düstere oder gute Aussichten für die Wasserkraft? Im Sommer 2012 zogen nach einer längeren Renaissance der Wasserkraft in der Schweiz plötzlich wieder «dunkle Wolken» auf. Dunkle Wolken mit viel Niederschlag wären grundsätzlich für die Wasserkraft vorteilhaft. Im übertragenen Sinne wurden die dunklen Wolken für die Wasserkraft durch das sehr sonnenreiche Wetter in Europa verursacht. Die erzielten Preise für Spitzenenergie im europäischen Strommarkt schmolzen am Tage wie die Gletscher in den Alpen dahin. Dies ist neben der angespannten Wirtschaftslage in Europa insbesondere dem Überangebot von hoch subventionierter Sonnen- und Windenergie im europäischen Strommarkt zuzuschreiben. Inzwischen sind die Strompreise auf dem Spotmarkt zu Spitzenstunden des Verbrauchs infolge der erwähnten Subventionen auf ein so tiefes Niveau gesunken, dass nicht nur 175


seit 2005 in der Schweiz wieder eine erneute Blütezeit, nicht zuletzt mit dem Bau von Pumpspeicherwerken. 4.

Bild 1. Erhöhung der Staumauer Vieux Emosson (Foto Schleiss, Mai 2014). der Ausbau der Speicherkapazität in der Schweiz durch Speichervergrösserungen und Pumpspeicherwerke, sondern auch die Wirtschaftlichkeit der bestehenden Anlagen gefährdet ist. Werden sich diese zurzeit düsteren Aussichten auch in Zukunft bewahrheiten? Diese Frage ist zurzeit nicht sehr einfach zu beantworten, da sie von politischen Entscheiden zur Energiepolitik vor allem im Ausland abhängt. Blickt man zurück in die Vergangenheit, so stellt man fest, dass es düstere Aussichten für die Wasserkraft in der Schweiz schon mehrmals gab, aber sie haben sich nie bewahrheitet. Man stellt auch fest, dass der Zyklus von düsteren zu guten Aussichten eine Periode von etwa fünf bis acht Jahren aufweist. Erste düstere Aussichten nach der Blütezeit der Wasserkraft in der Schweiz gab es erstmals 1970 mit dem Beginn des Baus der Kernkraftwerke, welche sich mit dem Zitat des damaligen Delegierten des Bundesrates für Fragen der Atomenergie niederschlagen [4]: «Der Moment mag kommen, wo der Mensch den Genuss der reinen Natur höher schätzt als den Genuss der billigsten Energie und wo er, sei es auch nur um des Fremdenverkehrs willen, zu einem materiellen Opfer bereit ist. Er wird dann einige Atomkraftwerke mehr bauen als unbedingt nötig und die abgefangenen und erdrosselten Bäche zum Teil wieder frei springen lassen.» Trotzdem wurde noch erheblich in die Wasserkraft investiert, bis Mitte der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts mit 176

der Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und mit dem Einspracherecht der Umweltschutzorganisationen sowie den verschärften Restwasserregelungen im Gewässerschutzgesetz wieder dunkle Wolken für die Wasserkraft in der Schweiz aufzogen. Aussagen wie «…faktisch ein Moratorium für grössere Wasserkraftwerke…» [4], «Elektrizität kann in thermischen Anlagen wesentlich billiger erzeugt werden als in neuen Wasserkraftanlagen (Vollkosten)…» [5], «Wasserkraft, die verschmähte Perle» [6] konnten aus der Fachpresse entnommen werden. Es folgten trotzdem wieder gute Aussichten für die Wasserkraft mit dem Ausbau und der Erneuerung von vielen Kraftwerken. Düstere Aussichten gab es erst wieder ab Mitte der 90er-Jahre mit Beginn der Öffnung und Liberalisierung des Strommarktes in Europa. Man sprach erstmals von «gestrandeten, nicht amortisierbaren Investitionen» und fragte sich, ob man «vergoldete Staumauern» entschädigen soll; man sprach von bis zu 8 Mrd., von solchen nicht amortisierbaren Investitionen (NAI) (NZZ Nr. 224/1997). Es gab aber auch ermunternde Aussagen wie «der Markt hat begonnen – aber vorerst die gute Nachricht... . Die Betriebskosten von Wasserkraftwerken liegen deutlich unter denen von Konkurrenzkraftwerken. Dies bedeutet, dass sie, selbst wenn sie in Konkurs gehen, nicht abgestellt werden… aber keine neuen Kraftwerke und erschwerte Erneuerung und Modernisierung» [7]. Keine dieser Aussagen bewahrheitete sich und die Wasserkraft erlebte

Leitmotiv in einer unsicheren Zukunft: Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Wasserkraft durch Flexibilisierung der Produktion Die Zunahme von Alternativenergien wie Wind- und Sonnenenergie wird den Bedarf an Regulierenergie aus Wasserkraft mit hoher Verfügbarkeit mit Sicherheit erhöhen. Obwohl die hohe Subventionierung der Solar- und Windenergie in Europa sowie gewisse Überkapazitäten wegen der Finanzkrise die Strompreise am Spotmarkt auf ein tiefes Niveau gedrückt haben, bleibt die Wasserkraft in einem freien Strommarkt die wirtschaftlichste Erzeugungsart, welche auch zur Verwirklichung der Klimaziele beitragen kann. Nach dem Abbau der massiven Subventionen, welche sich eigentlich kein Staat auf lange Sicht leisten kann, sowie einer Verbesserung der Wirtschaftslage in Europa wird die Attraktivität von neuen Pumpspeicherkraftwerken und die Vergrösserung der bestehenden Stauseen sowie die Leistungserhöhungen an bestehenden Speicherkraftwerken in der Schweiz wieder zunehmen. Um die Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Wasserkraft auf dem europäischen Strommarkt zu erhalten und zu verstärken, ist die Flexibilisierung ihrer Produktion von grösster Bedeutung. Dies kann durch die Vergrösserung der bestehenden Stauseen, der Erhöhung der installierten Turbinen- und Pumpenleistung, sowie dem Bau von neuen Ausgleichbecken und neuen Triebwassersystemen, die parallel zu bestehenden sind, erfolgen. Das Potenzial von Leistungserhöhungen ist sehr gross; bei den bestehenden Speicherkraftwerken könnte eine zusätzliche Leistung von 1800 MW bis 3500 MW installiert werden [8]. Bei Pumpspeicherwerken gibt es bezüglich Leistung nahezu unbegrenzte Möglichkeiten zwischen bestehenden Stauseen. Allerding sollten zukünftig, unbesehen von firmenpolitischen Interessen, vorerst die besten Standorte im Sinne der altbewährten Partnerwerke ausgebaut werden, um möglichst konkurrenzfähige Anlagen zu erhalten. Schlussendlich ergeben sich nach Rückzug der Gletscher und der Bildung von Gletscherseen ab etwa 2050 attraktive Möglichkeiten für den Bau von neuen Stauseen. Dabei ist die Sicherung dieser Gletscherseen durch Talsperren unab-

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dingbar, um die Unterlieger vor unkontrollierten Ausbrüchen sowie gegen Flutwellen infolge von Hangrutschungen zu schützen. Diese Stauseen, welche auch als Speicherersatz der weggeschmolzenen Gletscher dienen müssen, können natürlich im Sinne von Mehrzweckprojekten auch für die Stromversorgung genutzt werden. Damit dürfte es möglich sein, nach 2050 die Produktionsverluste infolge Klimawandel zu kompensieren sowie die Flexibilität der Speicherkraftwerke in der Schweiz noch weiter zu erhöhen. 5.

Berücksichtigung der Unsicherheiten in der Zukunft bei der Auslegung der Projekte Für den Ausbau und Neubau von Wasserkraftanlagen stellt sich zunehmend die Frage, welche langfristigen Prognosen für die technische Auslegung berücksichtigt werden sollen. Ausgehend von einem breiten Fächer von Prognosen und Szenarien, müssen Auslegungsgrössen wie Ausbauwassermenge und nutzbares Speichervolumen gewählt werden. Dabei wird versucht, Zielgrössen wie Kapitalwert und Interner Zinssatz zu maximieren. Die dafür massgebenden langfristigen Prognosen, insbesondere von Abfluss und Energiepreisen, sind mit signifikanten Unsicherheiten behaftet. Abflussprognosen sind trotz Verfügbarkeit von langjährigen historischen Messreihen durch einen möglichen Klimawandel beeinflusst. Je nach Einzugsgebiet ist eine Zunahme oder Abnahme der Produktion zu erwarten, d.h. eine Klimaänderung kann sich auch positiv auf die Profitabilität einer Anlage auswirken. Insbesondere in von Gletschern geprägten Einzugsgebieten kann der Jahresabfluss in den nächsten 20 bis 30 Jahren ansteigen um dann mit vollständigem Abschmelzen der Gletscher wieder abzunehmen. Das wiederum kann eine Erhöhung der Ausbauwassermenge rechtfertigen. Allerdings sind trotz intensiver Forschung im Bereich Klimaänderung und hydrologischer Modellierung, Abflussprognosen mit grossen Unsicherheiten behaftet (siehe auch [9]). Dadurch wird die Wahl optimaler Ausbaugrössen erschwert. Noch deutlicher schlagen sich Unsicherheiten von Strompreisprognosen in der Auslegung von Wasserkraftanlagen nieder. Faktoren welche die Strompreisentwicklung beeinflussen, wie Subventionspolitik, Marktstrukturen, politische Präferenzen, technische Innovationen, oder Wechselkursschwankungen sind schwer prognostizierbar. So decken Sze-

Bild 2. Ausbauarbeiten in der Maschinenkaverne des Pumpspeicherwerkes Nant de Drance (Foto Schleiss, Mai 2014).

Bild 3. Ein- und Auslaufbauwerk im Stausee Mutt des Pumpspeicherwerkes Limmern Linthal 2015 (Foto Schleiss, Juli 2013). narien häufig ein breites Spektrum an Strompreisen ab (siehe z.B. [10]). Strompreisprognosen über die technische Lebensdauer einer Wasserkraftanlage (mehr als 50 Jahre) gleichen daher einem Blick in die Kristallkugel. Zurzeit wird bei der Planung von Wasserkraftanlagen meist von den wahrscheinlichsten Prognosen ausgegangen. Unsicherheiten werden durch Szenarien und Sensitivitätsanalysen abgeschätzt. Dabei wird häufig ausser Acht gelassen, dass Wasserkraftanlagen an zukünftige, sich ändernde Bedingungen angepasst werden können.

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Durch eine Anpassung einer Anlage können Unsicherheiten abgefedert werden. Sollte sich nach Jahren der Produktion abzeichnen, dass der Abfluss zunimmt, kann z.B. durch eine Zusatzmaschine der zusätzliche Abfluss genutzt werden. Sollte sich der Spitzenstrompreis erhöhen, könnte der nutzbare Speicher durch eine Dammerhöhung oder einen Zusatzspeicher vergrössert werden. Des Weiteren kann der Ausbau von Speicherkraftwerken zu Pumpspeicherkraftwerken eine vielversprechende Option darstellen, sollte sich der Base-Peak-Spread wieder einpendeln oder vergrössern. 177


Zahlreiche bestehende Anlagen und Neubauprojekte bieten die Möglichkeit einer flexiblen Anpassung. Teilweise wurden solche Möglichkeiten bereits vertiefend untersucht oder umgesetzt (z.B. Göscheneralp Dammerhöhung, Zusatzmaschine KW Bürglen). Allerdings werden solche Optionen derzeit bei einer Neuauslegung (z.B. im Zuge eines Vorprojektes) häufig ausser Acht gelassen und nicht explizit in ein Auslegungskonzept integriert. Zusätzlich werden Anlagen mit erhöhtem Kostendruck realisiert. So wird z.B. das Raumangebot bei Krafthäusern stark reduziert, um die Baukosten gering zu halten, wodurch ein späterer Ausbau erschwert wird. Eine Analyse, ob ein Ausbau mittel- oder langfristig sinnvoll sein könnte, wird dabei häufig nicht ausgeführt. Methodisch können solche Anpassungen durch eine Real-Optionen-Analyse bewertet werden (siehe [11], [12], [13]). Für eine umfassende Risikoabschätzung sowie bei der technischen Auslegung sollte die Flexibilität einer Anlage berücksichtigt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass durch eine flexiblere Auslegung von Wasserkraftanlagen auf langfristige Unsicherheiten reagiert werden kann. Derzeit wird am Wasserbaulabor (LCH) der EPFL das Forschungsprojekt «Hydropower under Uncertainties» erarbeitet, welches darauf abzielt, Methoden für die technische Auslegung von Wasserkraftanlagen zu entwickeln, welche eine erfolgreiche Bewältigung von Unsicherheiten erlauben.

178

Gekürzte und aktualisierte Fassung eines Vor-

Projekt «Klimaänderung und Hydrologie in der

trags, gehalten in Interlaken am 5. September

Schweiz» (CCHydro). Bundesamt für Umwelt,

2013 anlässlich des AGAW-Symposiums, 102.

Bern. Umwelt-Wissen Nr. 1217: 76 S., 2012.

Hauptversammlung SWV «Wasserkraft im Al-

[10] Bundesamt für Energie BFE (Hrsg.), Per-

penraum – Energiewirtschaftliche Rahmenbe-

spektiven für die Grosswasserkraft in der

dingungen».

Schweiz. Bundesamt für Energie, 2013. [11] De Neufville, R., Uncertainty Management

Literatur [1]

BFE

for Engineering Systems Planning Design. 2012:

Wasserkraftpotenzial

der

Engineering Systems Monograph, MIT ESD,

Schweiz, Abschätzung des Ausbaupotenzials

available online at http://esd.mit.edu/sympo-

der Wasserkraftnutzung im Rahmen der Ener-

sium/pdfs/monograph/uncertainty.pdf, 2004.

giestrategie 2050, Juni 2012.

[12] Wang, T., Real Options «in» Projects and

[2]

Pfammatter, R., Wasserkraftpotenzial der

Systems Design, Identification of Options and

Schweiz – eine Auslegeordnung. «Wasser Ener-

Solution for Path Dependency. Verlag Dr. Mül-

gie Luft» 104 (1), pp. 1–14, 2012.

ler, 2008.

[3]

Schleiss, A., Talsperrenerhöhungen in der

[13] Bockman, T., Fleten, S.E, Juliussen, E.,

Schweiz: energiewirtschaftliche Bedeutung und

Langhammer, H.J. Revdal, I., Investment timing

Randbedingungen. «Wasser Energie Luft» 104

and optimal capacity choice for small hydro-

(3), pp. 199–203, 2012.

power projects. European Journal of Operati-

[4]

onal Research, 190(1), 255–267, 2008.

Vischer, D., Wasserkraft im Widerstreit der

Meinungen. Schweizer Ingenieur und Architekt SIA, Heft 23/1990, pp. 655–660.

Anschrift der Verfasser

[5]

Anton Schleiss, Prof. Dr. Dipl. Bauing. ETHZ

Vischer, D., Alpine Wasserkraft im Wandel

der Zeit. Geowissenschaften 12, Heft 5/6, 1994,

und Felix Oberrauch, Dipl. Ing.

pp. 154–158.

Laboratoire de constructions hydrauliques

[6]

Biasutti, G., Wasserkraft – verschmähte

(LCH), Ecole polytechnique fédérale da Lau-

Perle. Force hydraulique-une perle dédaignée.

sanne, EPFL-ENAC-IIC, GC A3 514 (Bât. GC),

Bulletin VSE/ASE 2/2002, p.74.

Station 18, CH-1015 Lausanne

[7]

Ursprung, U., Wasserkraftnutzung im Rah-

anton.schleiss@epfl.ch

men der Marktliberalisierung. «Wasser Energie

felix.oberrauch@epfl.ch

Luft» (9), Heft 11/12, 1998, pp. 265–267. [8]

Schleiss, A., «L’hydraulique suisse: Un

grand potentiel de croissance par l’augmentation de la puissance» Bulletin SEV/AES, 2/2007, pp. 24–29, 2007. [9]

Bundesamt für Umwelt BAFU (Hrsg.), Aus-

wirkungen der Klimaänderung auf Wasserressourcen und Gewässer. Synthesebericht zum

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


Vision Pumpspeicherwerke – keine Katastrophe Andreas Speich, Fritz Spinnler

Zusammenfassung Die Klimagefahr ist ein beharrlich sich aufbauendes, unentrinnbares globales Phänomen; so langsam, dass die Menschen sich nicht zum Handeln entschliessen können. 2060 dürfen nur noch wenige Prozent fossiler Stoffe verbrannt werden. Die Energiestrategie 2050 des Bundes ist nicht zielführend. Eine prosperierende Schweiz braucht ein Vielfaches der Elektrizität, welche unsere heutigen Wasserkraftanlagen erzeugen. Kernkraft bleibt noch auf lange Zeit unersetzlich. Das Energiepotenzial der MENA-Länder (Middle East & North Africa) und das ausgleichende Wasserreservoir der Alpen sind überraschend gross. Jedoch fehlen die Rahmenbedingungen für die Langzeitinvestitionen. Unser Land kann einen wesentlichen Beitrag für die Abdeckung des Spitzenstrombedarfs durch neue Pumpspeicher-Kraftwerke liefern, beispielsweise durch ein 30-GW-Werk in der östlichen Genfersee-Region (Lac de Lovenay), welches als Vision hier dargestellt ist.

1. Keine Klimakatastrophe Katastrophen sind unerwartete, grosse Ereignisse, die plötzlich eintreten, viel Schaden stiften und unvorhersehbar sind. Die Klimaeskalation ist zwar ein grosses Ereignis, droht viel Unheil zu verursachen, aber ist weder unerwartet noch plötzlich oder unvorhersehbar. Also keine Katastrophe, sondern viel schlimmer: Ein unabänderliches, langsam und beharrlich sich aufbauendes, unentrinnbares globales Phänomen; so langsam, dass die Menschen sich nicht zum Handeln entschliessen können. Daraus werden wohl viele hintereinander folgende Katastrophen unterschiedlichster Art zu erwarten sein. Das ist der Tenor einer wichtigen Publikation 1 zu diesem Thema, die im Dezember 2013 erschienen ist. Als Folge der Nuklearkatastrophen von Fukushima und Tschernobyl sowie als Reaktion auf die schon lange bekannte Gefahr der Treibhausgase hat der Bun-

1

desrat im September 2013 die Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 2 verabschiedet und dem Parlament zur Beratung überwiesen. Der Energieverbrauch 3 der Schweiz von 882 PJ im Jahr 2012 soll bis 2050 auf 564 PJ 4) gesenkt werden, mit dann noch immer 7% fossiler Energie (Erdöl, Gas, Holz, usw). Beides ist unakzeptabel und in hohem Masse unverantwortlich. Das Erste ist zu wenig und das Zweite viel zu viel. Wegen den enormen Emissionen von Treibhausgasen und der daraus folgenden tiefgreifenden Störung des Klimas sollten im Jahr 2050 fossile gasförmige und flüssige Kohlenwasserstoffe sowie Kohle nur noch als Rohstoffe der chemischen Industrie dienen, keinesfalls mehr als Treibstoff, für die Erzeugung elektrischer Energie oder gar zu Heizzwecken. Holz darf nur noch in Ausnahmefällen zu Energiezwecken dienen. Schweden hat bereits im Jahre 2011 be-

schlossen, die Treibhausgas-Emissionen bis im Jahr 2050 auf NULL zurückzufahren. Das könnte die Schweiz auch, wenn sie die Zeichen der Zeit erkennen würde. Der Grund ist dreifach: • Die Verbrennung von Erdöl, Gas und Kohle zerstört das Klimagleichgewicht • Die fossilen Karbonstoffe werden bald aufgebraucht sein • Es gibt saubere und permanente Energiequellen, die sich auf lange Frist als wirtschaftlich erweisen werden und in schier unbegrenzter Menge vorhanden sind. Sonne, Wind und Geothermie sind nicht «erneuerbare Energien». Energie ist nicht «wiederherstellbar». Es handelt sich sprachlich und physikalisch-theoretisch richtig um saubere permanente Energiequellen 5; dazu gehört auch die Wasserkraft. 2.

Schwache Energiestrategie des Bundes Die Strategie 2050 des Bundes ist nicht nur terminologisch, sondern auch konzeptionell entgleist. Für das Jahr 2014 würden aus den Schätzungen des UVEK 6 eigentlich 824 PJ zu erwarten sein, schon 2012 waren es 6% mehr (882 PJ), Tendenz vermutlich leicht steigend. Wenn wir eine wirkungsvolle, konsequente Energiepolitik betreiben, können wir im Jahr 2060 einen Verbrauch von nicht weniger als 700 PJ erwarten. Die Schweizer werden den Gürtel nicht enger schnallen wollen, jedoch einige wenige Prozente fossiler Treibstoffe

James Hansen, Earth Institute, Columbia University, New York, USA und 17 weitere global führende Wissenschafter: Assessing «Dangerous Climate Change»: Required Reduction of Carbon Emissions to Protect Young People, Future Generations and Nature, December 2013, PLOS

Public

Library

of

Science.

http://www.plosone.org/article/fetchObject.action?uri=info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.

0081648&representation=PDF 2

Ziele und Massnahmen, Botschaft zur Energiestrategie 2050 vom 4. September 2013: Ziele und Massnahmen in der Übersicht: http://www.uvek.

3

Quelle: 6. Bericht der Schweiz zuhanden der Klimakonvention. FOEN (BAFU) Switzerland’s Sixth National Communication and First Biennial

admin.ch/themen/03507/03509/ Report under the UNFCC, http://www.bafu.admin.ch/climatereporting/00551/13139/index.html?lang=en 4

PJ = PetaJoule; Verbrauch Schweiz 2012: 882 PJ, entsprechen 245 Milliarden kWh; ein kleiner Staubsauger braucht 1 kW

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Clean and Permanent Energy Sources (CPES)

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Eidgenössisches Departement (Ministerium) für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

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und weiterhin einen substanziellen Anteil Nuklearenergie dulden müssen. Das unvermeidliche Bevölkerungswachstum und der hoffentlich dann nicht verlorene Wohlstand fordern auf lange Frist eine gute Energieversorgung. Die bisher bekannten Energieziele des Bundes gewährleisten diese noch nicht. Dort sind als Teil der «Wende» unrealistische 4 TWh mehr Strom aus Wasserkraft postuliert. Das Parlament hat das populistische Instrument der KEV 7 für Kleinstanlagen eingeführt. Das verzerrt das Marktgefüge, schädigt die Landschaft und ist für eine ausreichende Stromversorgung untauglich. James Hansen und die andern Autoren der erwähnten globalen Studie vom Dezember 2013 warnen, ohne Nuklearkraft werde das Klima unkontrollierbar und desaströs, selbst wenn die Karbonenergie sehr rasch penalisiert würde. Die Nukleartechnologie ist trotz ihrem Gefahrenpotenzial nicht stehen geblieben. Flüssigsalzreaktoren 8, 9 sind in Entwicklung. Längerfristig wird der Verzicht auf Nuklearenergie denkbar, aber «aussteigen» aus der Atomgefahr kann man keineswegs. Wir haben den radioaktiven Müll auf alle Ewigkeit und werden diesen nie los. Etwas mehr oder weniger davon macht keinen grossen Unterschied. Sehr gefährlich wäre es, wenn die Nukleartechnologie stehen bleiben würde. Dann wüsste in hundert Jahren niemand mehr, wie mit dem vielen giftigen und radioaktiven Abfall umgegangen werden muss. 3. Gigantische Stromquellen Es könnte der Schweiz bis zum Jahr 2060 möglicherweise gelingen, die fossilen und fast alle nuklearen Energiequellen durch sauber erzeugte Elektrizität zu ersetzen. Bis dann sind gigantische zusätzliche Stromquellen zu erschliessen, und zwar etwa dreimal so viel, wie heute alle einheimischen Wasserkraftanlagen liefern. 300% zusätzlichen Strom geben die Flüsse und Berge niemals her. Der Strom muss aus sauberen Solar- und Windanlagen mehrheitlich aus dem Ausland kommen, aus geografisch näheren Quellen als das Erdöl. Wind- und Sonnenkraft sind

7 8 9 10 11 12 13 14

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sehr zuverlässige, nicht stochastisch auftretende Mengen, wohl aber tageszeitlich und je nach Wetterlage variable, im überlagerten Rhythmus von Jahreszeiten und Stunden. Solarinstallationen (Concentrating Solar Power CSP) auf 3% der Fläche der Sahara sollen für den technischen Energiebedarf 10 der ganzen Erdbevölkerung ausreichen. Um Europa mit sauberer Energie aus den MENA-Ländern 11 zu versorgen, sind auf Jahrzehnte verteilt Investitionen von weit über 1000 Milliarden Euro erforderlich. Zum Vergleich: Allein im Jahr 2012 sind in den Ländern der Europäischen Union 14.7 Millionen neue Motorfahrzeuge im Wert von über 400 Milliarden Euro produziert worden. Die europäischen Volkswirtschaften könnten wohl die Kosten für eine saubere Energieversorgung aufbringen. Die Energiestrategie des Bundes sieht 67 Milliarden CHF für den Bau neuer Kraftwerke bis 2035 vor. Neue Pumpspeicherwerke in Synergie mit dem Stromverbund Europa-MENA sind im Strategiebericht des Bundes nicht explizit erwähnt. Für 100 GW neue schweizerische Pumpspeicheranlagen wird wohl das Doppelte dieses Betrages zu veranschlagen sein. Mit den Kosten für das HVDC-Supergrid 12 und der Beteiligung an den Wind- und Solaranlagen im Mittelmeerraum wird vielleicht ein schweizerisches Gesamtbudget von 250 CHF Milliarden ausreichen. 4. Komplexes Systemdenken Das Energie- und Klimaproblem kann nicht mit einfachen Rezepten gelöst werden. Komplexes Systemdenken ist gefragt mit vernetzten Optimierungszielen. Eines der Problemfelder ist die Lagerung der gewonnenen Energie, um sie dann einzuspeisen, wenn die Menschen Strom brauchen. Dazu ist die Schweiz noch schlecht gerüstet. «The existing park of fully flexible hydropower plants has been the reason why, despite good topographical and hydrological conditions, installed pumped storage capacity in Switzerland is relatively small», heisst es 2011 im Bericht 13 der europäischen Union der Elektroindustrie EURELECTRIC, der die Schweiz und 31 weitere Länder angehören. Die Schweiz muss

und kann Pumpspeicherkapazitäten in der Grössenordnung von mindestens 100 GW bereitstellen, ohne die Landschaft übermässig zu stören. Für den einheimischen Bedarf sind davon vielleicht 20–40 GW nötig. Der Rest kann dem europäischen Stromverbund gegen gutes Geld verkauft werden. Es ist an der Zeit, sich in der Schweiz Gedanken zu machen, wie unser prosperierendes Land in Synergie und Solidarität mit den europäischen Nachbarn die Zukunft lebbar machen kann. Die Rahmenbedingungen, um die Schweiz zur Strombatterie Europas werden zu lassen, stecken allerdings noch tief im Nebel. Sie lassen bis jetzt keine Massnahmen erkennen, welche die grossen, notwendigen Investitionen auslösen könnten. Das müsste der Hauptgegenstand der Energiestrategie des Bundes sein. Eine interessante Systementwicklung sind die Elektroautos; BMW und Nissan setzen auf abgasfreie Mobilität. Leider muss ein solches Auto derzeit etwa alle 100 bis 150 km an die Steckdose. Eine Fahrtunterbrechung von jeweils einer halben Stunde ist mühselig. Anders wäre es, wenn an Stromtankstellen das Batteriemodul innert zwei bis vier Minuten automatisch ausgewechselt würde, ohne dass der Fahrer auszusteigen braucht. BatterySwapping heisst dieses Konzept. Pro Personenwagen müssten dann vier Batterien vorhanden sein, eine im Wagen in Betrieb, eine an der Ladestation und zwei im weiträumigen Batteriepool vorreserviert. Diese vielen Batterien ergeben eine enorme Speicherkapazität, welche zur Stabilisierung und Pufferung der Netze angezapft werden könnte. Bedingung wäre ein einheitliches Batteriemodul aller Fahrzeugmarken, Personenautos, Lastwagen und Busse. Solche innovative Überlegungen fehlen in der Übersicht der UVEK-Energiestrategie. 5. Alpine Pumpspeicherwerke Für die Schweiz muss das spezifische Thema der alpinen Pumpspeicherwerke im Vordergrund stehen. Als Beispiel für ein solches Konzept wird in der Folge die Vision Lac de Lovenay–Lac Léman vorge-

KEV: Kostendeckende Einspeise-Vergütung Siehe: Liquid Fluoride Thorium Reactor, http://thoriumsingapore.com http://en.wikipedia.org/wiki/Molten_salt_reactor Quelle: «First steps to bring Saharan solar to Europe» (2010) http://www.euractiv.com4 MENA: Middle East and North Africa Höchstspannungs-Gleichstrom-Leitungen http://www.eurelectric.org/media/26690/hydro_report_final-2011-160-0011-01-e.pdf A. Speich und Ch. Göldi; Strom im Überfluss? «Wasser Energie Luft» – 104. Jahrgang, 2012, Heft 2, CH-5401 Baden

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stellt (30 GW). Es gibt noch viele andere gleichartige Möglichkeiten, ähnlich dem seit 1977 bestehenden italienischen Werk Roncocavallo-Delio 14 am Lago Maggiore (1.04 GW). Dieses nutzt ausschliesslich die Wassermengen des grossen Voralpensees. Die von EURELECTRIC angesprochene Eignung der Schweiz bezieht sich nicht nur auf die hohen Berge, sondern auch auf die vielen Seen. In Europa hat manches andere Land ebenfalls hohe Bergtäler mit Stauseen, aber keines verfügt über ähnlich viele, nahe und grosse natürliche Seen am Alpenrand. Das ist der doppelte Trumpf der Schweiz, um den man sie beneiden könnte. Die Vision Lac de Lovenay–Léman könnte ein solcher sein. Es wäre das weltweit grösste reine Pumpspeicherwerk – ohne negativen Einfluss auf natürliche Fliessgewässer. Aus den grössten, bestehenden, schweizerischen alpinen Stauseen könnte mit täglichem Wasseraustausch von nur etwa 10% des Stauvolumens eine dreistellige Giga-Watt-Leistung elektrischer Spitzenenergie geliefert werden. Allerdings müsste man in einigen Fällen 30 bis 40 km lange, grosse Wassertunnels bauen, um die entfernten Stauanlagen mit den Voralpenseen zu verbinden. Eleganter ist die Lösung nahe bei den grossen Seen mit neuen, kleinen Staubecken (40 bis 100 Mio. m3) auf 1300 bis 1800 m ü.M. Ein neues 30-GW-PumpspeicherWerk Lac de Lovenay VS–Lac Léman dürfte nach ersten überschlagsmässigen Schätzungen etwa die folgenden Eckwerte aufweisen (siehe Kasten). Im Verbund mit einem neuen kleinen Stausee bloss 4 km südlich auf französischem Territorium (Lac d’Arvouin, 1800 m ü.M. 0.31 km2) oder sogar mit den bestehenden ca. 36 km entfernten Stauseen Lac d’Émosson (1930 m) und Lac de Salanfe (1909 m) könnte in St. Gingolph flexibler produziert werden. Der Speichersee Lac de Lovenay würde dann nicht täglich zu drei Viertel ausgeschöpft. Ein zweites, etwa 25 GW leistendes, reines Pumpspeicherwerk ist mit einem neuen Stausee Lac de Tanay (ca. 1500 m ü.M.) denkbar. Die Distanz bis La Clésette am Lac Léman beträgt nur 4.6 km. Aber hier werden wohl Tourismus und Naturschutz Einsprache erheben. Ein drittes, kombiniertes Pumpspeicherwerk mit 25 GW Spitzenproduktion wäre zwischen Lac de Hongrin und Veytaux am Lac Léman realisierbar (Distanz 9.2 km). Die Verdoppelung der bisherigen Pumpspeicherleistung auf 0.48 GW ist im Bau und wird im Jahre 2015 den Be-

Konzept eines neuen, reinen Pumpspeicherwerks, 30 GW, Lac de Lovenay – Lac Léman bei St. Gingolph

Turbinen-Pumpen-Zentralen St. Gingolph La Clésette 64 sechsdüsige Pelton-Turbinen vertikalachsig mit 6-stufigen Zentrifugalpumpen 468 MW pro Turbine, Produktion 37 m3/sec/Turbine Produktionsleistung 30 GW, 5 Std/Tag Pumpleistung 25 GW, 7.6 Std./Tag Δ Lac Léman 372 m, Niveauvarianz ± 74 mm/Tag

Wasserschloss Le Grammont Pointe de la Chaumény Kote 1620/1800 m Δ max 1780 – 372 =1403 m Stausee-Zentrale Δ min 1660 – 372 =1288 m Stausee-Zentrale 4 Druckstollen ab Stausee, 2.3 km 12‰ , rund je ca. 10 m Ø, mit ca. 7.6 m/sec 4 × 4 Druckrohre ca. 52% Gefälle Fluss total ca. 2378 m3/sec Horizontaldistanz 2.4 km, schräg 2.8 km

Neuer Pumpspeichersee Lac de Lovenay ca. 0.78 km2 Kote max. 1780 m Grund 1630 m, ca. 60 Mio m3 nutzbar Δ Lac de Lovenay Seespiegelvarianz ± 70 Meter/Tag Bogenstaumauer Nord ca. 163 m hoch, Krone ca. 710 m lang, Mauer West ca. 26 m, 130 m lang Mauer Nordost ca. 6 m hoch, 100 m lang

Bild 1. Ausschnitt aus der Landkarte, reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA 140103). Parameter • Wasseroberfläche 0.78 Lac de Lovenay km2 • Volumen Lac de Lovenay 60 ca. Mio. m3 • Wasseroberfläche Lac Léman km2 580 • Kote m ü.M. Lac de Lovenay max. 1780 • Kote m ü.M. Grund im Zentrum Lac de Lovenay 1630 • Turbinen-Pumpen-GeneratorenZentrale St. Gingolph La Clésette, m ü.M. Lac Léman 372 • Pelton-Turbinen/Zentrifugalpumpen/Generatoren, Anzahl 64 • Mittlere Fallhöhe StauseeZentrale m 1372 • Vier Druckstollen bis Wasserschloss Querschnitt (rund) m 10 • Druckrohre WasserschlossZentrale, Fallhöhe m 1230 • Gefälle Druckleitungen 52% • Bogenstaumauer Nord, Höhe über Terrain m 163 • Kleine Staumauer Nordost, Höhe über Terrain m 6 • Kleine Staumauer West, Höhe über Terrain m 26

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Leistungsschätzung • Lac de Lovenay–Lac Léman Produktion ca. max. GW 30 • Mittlere Tagesproduktion GWh in den Zentralen St. Gingolph 150 • Während Std./Tag 5 Jahresproduktion TWh 27 • Niveauvarianz pro Tag im Lac de Lovenay ± Meter 70 • Niveauvarianz pro Tag im Lac Léman ± mm 74 • MW-Leistung pro Turbine 468 • Durchfluss sechs Düsen 37.2 pro Turbine m3/sec • Total Wasser m3/sec in allen Turbinen, Produktion 2378 • Pumpleistung m3/sec (66% von Produktion) 1569 • Pumpzeit Stunden pro Tag 7.6 • Gesamtwirkungsgrad geschätzt % 80 • Pumpstrom benötigt GW 25 • Pumpstrom benötigt GWh/Tag 187 • Tägliche Nutzung des Stauvolumens des Lac de Lovenay % 71

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trieb aufnehmen. Um gut fünfzigmal mehr, d.h. 25 GW Spitzenstrom erzeugen zu können, müsste der heutige Lac de Hongrin 45 m höher auf neu 1300 m ü.M. gestaut werden. 6.

Einwände gegen Pumpspeicher Einwände gegen den Bau sehr grosser Pumpspeicherkapazitäten wird es viele geben. Die tägliche Niveauschwankung des Lac Léman würde bei einer installierten Produktionsleistung von rund 30 GW immerhin ± 7.4 cm pro Tag betragen. Diese nur am späten Abend sichtbare, kurzzeitige Verringerung des Seeniveaus kann aber kaum zu ernsthaften Bedenken Anlass sein. Mit der hohen Leistung der wassergekühlten Anlagen wird die Frage der Seetemperatur laut werden. Die Wärmeabgabe durch das PumpspeicherwerkKonzept Lac Lovenay in den See wird im Laufe eines Tages auf den ganzen See verteilt höchstens 0.003 °C ausmachen und durch die natürliche Auskühlung weitgehend neutralisiert werden. Der Genfersee erneuert sich durch die natürlichen Zu- und Abflüsse alle elf Jahre. Die Wärmefrage ist nur im Nahbereich der Zentralen wichtig. Freilich könnte das durch die Generatoren erwärmte Kühlwasser für lokale Fernheiznetze zum Beispiel in Vevey und Montreux dienen. Mit dem stundenweisen Ausstoss grosser Wassermassen aus den Turbinenkavernen wird das Strömungsbild im See verändert. Die kurzzeitige Spitzenmenge von 2378 m3/sec im Konzept Lac de Lovenay–Lac Léman ist gut das Doppelte der in den letzten dreissig Jahren gemessenen Hochwasserspitze des Hauptflusses aus dem Wallis. Die Messstation liegt bei Vouvry, Port du Scex, 6 km vor der Einmündung der Rhône in den Genfersee. Die Verwirklichung grosser Speicherkapazitäten ist nicht ohne Eingriffe in die Landschaft möglich. Grosse Stromleitungen und die im Freien stehenden Unterwerke werden störend wirken. Für den verlustarmen Transport grosser Strommengen über weite Distanzen kommen Höchstspannungs-Gleichstrom-Leitungen (HVDC) infrage. Solch eine grosse, 2000 km lange Freileitung ist kürzlich in China gebaut worden. Mit ±800 kV DC und 6.4 GW gelangt der Strom vom Kraftwerk Xiangjiaba in die Industriemetropole Shanghai. Den vollen Betrieb wird das Werk im Jahr 2015 aufnehmen, dann die 21 Millionen städtische Bewohner versorgen und alte Kohlekraftwerke ersetzen. Höchstspannungs-Gleichstrom kann verkabelt, unterirdisch, in einem See 182

Bild 2. CO2-globale, klimazerstörende Emissionen/Jahr aus fossilen Brennstoffen, dargestellt als Giga-Tonnen reiner Kohlenstoff. Quelle: J. Hansen 2013, a.a.O. oder auf dem Meeresgrund über grosse Distanzen gelangen. In Nordeuropa, zwischen England und Irland sowie im Mittelmeer zwischen dem italienischen Festland, Sardinien und Griechenland bestehen solche Kabel. Neue sind bis nach Nordafrika geplant. Das 580 km lange einpolige Seekabel NorNed von Norwegen nach Holland hat mit ±450 kV DC und 0.7 GW im Jahr 2008 Weltrekorde gebrochen. Seekabel von ABB für ±300 kV/1.5 GW haben einen Aussendurchmesser von 155 mm. Um 100 GW zu transportieren, wären 67 parallele Kabel erforderlich, die in einem 25 m breiten Graben verlaufen könnten. Das ist ein Bruchteil des Bauaufwandes für eine Autobahn. Kostengünstiger als Kabel sind Freileitungen, aber nicht landschaftsverträglich und unsicher gegen Wettereinflüsse. Anfang Februar 2014 hat ein Eisregen einen grossen Teil der Stromversorgung in Slowenien unterbrochen. Über 100 000 Menschen waren während vielen Tagen ohne Elektrizität. Dort wird nun erwogen, das Hochspannungs-Stromnetz weitgehend zu verkabeln. 7. Strombatterie Schweiz Technisch scheint eine respektable Strombatterie Schweiz durchaus möglich zu sein, und sie wird sich auf bewährte Technologien verlassen können. Eine Alternative ist nicht in Sicht. Die Hauptschwierigkeit wird die Bereitstellung langfristig gebundener, grosser Finanzmittel sein. Die Rentabilität dieses Kapitals ist so lange ungewiss, bis die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas und der Import von Strom aus karbon-thermischen Anlagen verboten wird. Das ist die zentrale Herausforderung der langfristigen Energiestrategie. Obwohl das derzeitige politische und behördliche Umfeld an solchen Überlegungen noch wenig Interesse zu zeigen scheint, könnte auf planerischer Ebene schon viel vorbe-

reitet werden. Irgendwann wird die Zeit für ein Umdenken reif. Leider können sich offenbar nur wenige Politiker, Demokraten und Beamte vorstellen, dass Erdöl, Gas und Kohle sowie Nuklearbrennstoff eine ausserordentlich hohe Energiedichte haben. Diese mit Solar- und Windstrom zu ersetzen, braucht Anlagen in einer Dimension, welche die herkömmlichen Vorstellungen und Meinungen sprengt. Heute ist der Widerstand gegen hydroelektrische Neubauten, Freileitungen, thermische Elektrizitätswerke und Atomanlagen vonseiten der Natur- und Umweltschutzkreise sehr ernst zu nehmen. Angesichts der in höchstem Masse beängstigenden globalen Entwicklung der Treibhausgase lässt sich vielleicht ein Kompromiss finden: Verkabelungen und Verzicht auf die von den Bundesbehörden ins Auge gefasste (wenig effektive) Nutzung der letzten natürlich fliessenden Gewässer. Die Realisierung von grossen Pumpspeicheranlagen kann der Energiezukunft der Schweiz, unserer Stellung in Europa sowie der Bau-, Elektro- und Finanzwirtschaft ausgezeichnete Impulse geben. Dann wäre der Klimawandel nicht eine Katastrophe, sondern partiell ein schöner Segen. Anschrift der Verfasser Andreas Speich, dipl. Ing. ETH, fermo posta, CH-6614 Brissago speich@mail.archi.it, www.andreas-speich.ch Fritz Spinnler, dipl. Ing. ETH, Rentäcker 5, CH-5507 Mellingen, fritz.spinnler@gmx.ch

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Die neue Wasserkrafttechnologie: Entwicklungen für das Elektrizitätssystem der Zukunft Mirjam Sick

Zusammenfassung Strommarkt und Elektrizitätsnetz machen zurzeit in Europa eine rasante Entwicklung durch. Die wesentlichen Treiber hierbei sind die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen – Liberalisierung des Energiemarkts, Klimapolitik und Förderung der neuen erneuerbaren Energiequellen – und die technologischen Herausforderungen, vor allem für die Sicherheit und Stabilität des Stromnetzes. Im Fokus dieses Artikels steht die Wasserkraft: ihre besondere Rolle im elektrischen Netz als regelndes, stabilisierendes Element und der technische Entwicklungsbedarf, um dieser Rolle zuverlässig und wirtschaftlich gerecht zu werden.

1. Das Stromnetz in Europa In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten wurde in Europa sukzessive eine Überkapazität an Stromproduktion aufgebaut. Das sollte für die Verbraucher eigentlich eine gute Nachricht sein, zumal der elektrische Strom als Energieträger an Bedeutung gewinnt. Die gezielte Förderung von volatilen erneuerbaren Energieformen, vor allem Wind und Sonne, hat aber einen hohen Preis, und ihre Einbindung in das elektrische Netz ist eine grosse technische Herausforderung, an der die Netzbetreiber gemeinsam mit Stromerzeugern und Stromverbrauchern arbeiten müssen. Lösungsansätze sind auf allen Ebenen des elektrischen Netzes gefragt: von der intelligenten Steuerung der Verbraucherseite («demand-side management», siehe [1]), neuen Lösungen auf der Verteilerebene, vom Ausbau der Netzinfrastruktur einschliesslich Gleichstromübertragung bis hin zur maximal flexiblen Steuerung der grossen Stromerzeugungseinheiten. Um die in Europa gewünschte Energiewende herbeizuführen und das Stromnetz der Zukunft aufzubauen, sind noch viele Schritte notwendig. Welchen Beitrag kann die Wasserkraft zur Energiewende leisten? Wasserkraftwerke liefern Strom aus erneuerbarer Energie und haben besonders hohe Qualitäten im Bereich der Netzdienstleistungen, das heisst • Frequenzstabilität, indem Wirkleistung sehr schnell und flexibel geregelt wird

Spannungsstabilität durch Regelung der Blindleistung • Management schwerwiegender Fehler im System bis hin zur Fähigkeit, nach einem Blackout wieder Leistung ans Netz zu bringen Um all diese Leistungen im Netz zu erbringen, betrachten wir das Wasserkraftwerk als Gesamtsystem aus Turbine, Generator, Leistungselektronik, Steuerung und Automation, welches optimal, stabil und schnell Leistungen ins elektrische Netz liefert. In Bild 1 sind das Schema eines Wasserkraftwerks, und grau hinterlegt, die Anforderungen an ein Wasserkraftwerk im elektrischen Netz dargestellt. Zwar ist die Wasserkraft eine ausgereifte Technologie, jedoch zur Erfüllung dieser neuen Anforderungen sind neue

technische Lösungen gefragt oder zumindest eine energische Weiterentwicklung der bestehenden Technologie. Beispielsweise werden aufgrund der erhöhten Volatilität der Stromerzeugung Maschinensätze heute wesentlich häufiger gestoppt und wieder hochgefahren (bis zu mehreren Malen an einem Tag). Das bedeutet höhere mechanische Belastung der Turbine und des Generators sowie höhere thermisch bedingte Spannungen an der Hochspannungsisolation der Generatorstäbe. Um diese Anforderung zu erfüllen, wurden intensive Entwicklungsarbeiten bei AndritzHydro durchgeführt, Messungen am Prüfstand und an der Anlage vorgenommen, Berechnungsmethoden weiterentwickelt und das Design von Turbine und Generator entsprechend modifiziert. In diesem Artikel werden Beispiele von Entwicklungsschritten in der Wasserkrafttechnologie detaillierter dargestellt. 3.

Leistungselektronik: Neue Lösungen mit variabler Drehzahl Mit der Entwicklung der Frequenzumrichtertechnologie zu grossen Spannungen (von 3.3 und 6.6 bis 18 kV) und besseren Wirkungsgraden hin eröffnen sich ganz

2.

Bild 1. Gesamtsystem Wasserkraftwerk und die Anforderungen im elektrischen Netz.

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wasserführende System zu Pulsationen bringt und damit den Betrieb unmöglich macht. Weiterhin ist das Betriebsgebiet durch das Kavitationsrisiko auf den Laufradschaufeln sowohl bezüglich Fallhöhe als auch Durchfluss eingeschränkt. Dennoch gibt es Möglichkeiten, das Laufraddesign robuster, das heisst für einen breiten Betriebsbereich zu gestalten. Der Wirkungsgradverlauf ist dann typischerweise etwas flacher, siehe Bild 3.

Bild 2. Umschalten von Pump- zu Turbinenbetrieb mit variabler Drehzahl: hydraulische Leistung (rot), aufgenommene Leistung (blau).

Bild 3. Gemessener Wirkungsgradverlauf einer Francis-Turbine, die für 0–100% Betrieb optimiert ist. neue Möglichkeiten in der schnellen Ausregelung von Laständerungen im elektrischen Netz, siehe [2]. Dies wird am Beispiel des Umschaltvorgangs einer 150-MWPumpturbine mithilfe eine Frequenzumrichters und variabler Drehzahl gezeigt (Bild 2). Die Einheit wird abgebremst, innerhalb von zwei Sekunden wird der Energiefluss umgekehrt und vom Netz aufgenommen. In den weiteren 12 Sekunden wechselt die Pumpturbine die Drehrichtung und beginnt als Turbine zu arbeiten. Der gesamte Umschaltvorgang ist in ca. 15 Sekunden abgeschlossen. Allerdings ist dies noch reine Simulation. Die Überprüfung der dadurch erzeugten Druckfelder und mechanischen Spannungen an der Maschine ist Gegenstand derzeit laufender Forschungsaktivitäten. Flexibler Betrieb von 0–100% Last Während der breite Einsatz von Vollumrichtern in der Wasserkraft noch eher Zukunftsmusik ist, ist der schonungslose Betrieb der Turbinen von drehender Reserve über tiefe Teillast bis hin zur Volllast heute Realität in vielen Kraftwerken. Das ist technisch gesehen eine gewaltige Herausforderung an die Maschinen, einerseits aus rein strömungstechnischen Gründen und andererseits wegen der damit einhergehenden hohen dynamischen Spannungen,

die zu Ermüdung und Rissen, speziell in den Turbinenschaufeln, führen kann. 5.

Strömungstechnische Aspekte Der Betriebsbereich von Wasserturbinen ist aufgrund verschiedener physikalischer Effekte eingeschränkt. Da Francis-Turbinen (der häufigste Typ) nur einfach reguliert sind, sind sie stärker eingeschränkt als die doppelt regulierten Kaplan-Turbinen. Starke Wirbel können in tiefer Teillast zu Druckpulsationen führen. Im Saugrohrkonus tritt bei etwa 70% Last ein Wirbel auf, der Teillastzopf, der ebenfalls zu Druckpulsationen führt. In Volllast kann der sogenannte Volllastzopf zu einer strömungsbedingten Instabilität führen, die das gesamte

6. Mechanische Aspekte Aufgrund der ungeordneten Strömungsverhältnisse dominieren in der Teillast bis hin zum Betrieb als rotierende Reserve stochastische dynamische Lasten auf dem Laufrad. Das ist gut in Bild 4, links, zu erkennen, in welchem das Resultat einer Messung mit Dehnmesstreifen am Laufschaufelaustritt über den gesamten Leistungsbereich gezeigt wird. Die mechanische Analyse dieses spezifischen Laufrades ergibt, dass der Betrieb von einer Stunde Leerlauf eine Ermüdung verursacht, die äquivalent zu 10 Millionen Stunden Volllastbetrieb wäre. Entsprechend ist ein Start-Stopp-Zyklus äquivalent zu 240 Millionen Stunden Volllastbetrieb. In diesem konkreten Fall würde man als erste Massnahme zur Verlängerung der Lebensdauer des Laufrades das Hochfahren der Maschine langsamer und damit schonender ausführen und den Betrieb in tiefer Teillast beschränken. Weiterhin können die Wartungsintervalle aufgrund der vorliegenden Informationen abhängig von der Fahrweise der Maschinen optimiert werden. Die hier gezeigten Resultate sind das Ergebnis sehr intensiver Entwicklungstätigkeit, häufig in Zusammenarbeit mit Anlagenbetreibern, um Messungen an der Anlage durchzuführen und damit die Restlebensdauer der Maschinen zu ermitteln. Ziele dieser Entwicklungstätigkeit sind die treffsichere Ermittlung der

4.

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Bild 4. Mechanische Spannung an einer Francis-Laufschaufel, gemessener Verlauf über Leistung (links) und Riss am Laufradaustritt (rechts). «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


Betroffen sind vor allem die hochbelasteten Rotorkomponenten (Rotor-Ring und Pol-Endplatte). 8.

Bild 5. Berechnungsmethoden für die Festigkeit und Restlebensdauer von Laufrädern.

Die neue Wasserkrafttechnologie Die Veränderungen am Energiemarkt und im Stromnetz haben massive Auswirkungen auf Wirtschaftlichkeit und Betrieb von Wasserkraftwerken, denen wir mit innovativen Lösungen begegnen. Einige der Lösungen, mit denen Wasserkraftwerke vor allem für wertvolle Regelenergie und Netzdienstleistungen eingesetzt werden können, sind in diesem Artikel vorgestellt. Die mögliche Verringerung der Lebensdauer wichtiger Komponenten aufgrund der flexiblen, dynamischen Betriebsweise der Kraftwerke ist hier ein Thema, dessen sich die Betreiber bestehender Kraftwerke annehmen müssen und für das technische Lösungen vorhanden sind oder entwickelt werden. Weitere wichtige Treiber für Innovationen sind die Leistungselektronik und Automation, um Sicherheit und Stabilität des Netzbetriebs zu gewährleisten. Literatur [1] Staiblin, J. «Transformation der Energielandschaft – die neue Realität», Vortrag Powertage, Zürich, 2014.

Bild 6. Typischer Leistungsverlauf Speicherkraftwerk (oben links) und Laufwasserkraftwerk (oben rechts).

[2] Hell, J., Egretzberger, M., Lechner, A., Vaillant. Y., «Power balancing in the grid – a dynamic apporach with a pumped storage unit», Po-

Lebensdauer der Maschinenkomponenten, abhängig von der Betriebsweise der Maschine, siehe Bild 5, und das robuste Design der Maschine, sodass sie optimal flexibel betrieben werden kann. Wenn ein Laufraddesign nicht von vorneherein genügend robust konzipiert ist, so ist die Lebensdauer stark von der Betriebsweise der Maschine abhängig. Verschiedene Betriebsarten kosten entsprechend verschieden viel Lebensdauer – wir sprechen von «costs of operation», siehe [3]. 7.

Start – Stopp des Maschinensatzes Das häufige Aufstarten und Herunterfahren des Maschinensatzes bewirkt sowohl

bei der Turbine als auch beim Generator zusätzliche mechanische und, beim Generator, thermische Spannungen an der Hochspannungsisolation, die bei der Lebensdaueranalyse berücksichtigt werden müssen. Bild 6 illustriert die Fahrweise eines modernen Speicherkraftwerks mit häufigem Anfahren und Stoppen der Maschinensätze. Während früher die Festigkeit der Generatoren auf Basis von statischen Belastungsannahmen garantiert werden konnte, wird diese Annahme der heutigen Fahrweise von Wasserkraftwerken nicht mehr gerecht. In der Lebensdaueranalyse von Generatoren werden darum neu auch die Start-Stopp-Zyklen berücksichtigt.

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

wer-Gen Europe 2013, Vienna, June 4–6, 2013 [3] Sick, M., Oram, Chr., Braun, O., Nennemann, B., Coutu, A. «HPP delivering regulating power: Technical challenges and costs of operation» Hydro2013, Innsbruck, October 7–9, 2013. Anschrift der Verfasserin Mirjam Sick, Vice President, R&D und Innovation, Andritz Hydro mirjam.sick@andritz.com.

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Dieter Rickenmann, Florian Heimann, Martin Böckli, Jens M. Turowski, Claudia Bieler, Alexandre Badoux

Zusammenfassung Zur Berechnung des Geschiebetransportes in steilen Gerinnen mit Makrorauigkeit wurde an der WSL das neue eindimensionale Simulationsprogramm sedFlow entwickelt, welches für die schnelle Berechnung von Geschiebeverlagerungen in alpinen Einzugsgebieten konzipiert wurde. Mit diesem relativ einfachen mechanistischen Geschiebetransport-Modell konnten die generellen Trends zum beobachteten Geschiebetransport der Eichperiode in der Kleinen Emme sowie im Brenno entlang der 20 bis 25 km langen Untersuchungsstrecken plausibel abgebildet werden. Für die Kleine Emme werden die Resultate einer Sensitivitätsanalyse vorgestellt, wozu die Eingangsparameter für das Modell in einem plausiblen Bereich variiert wurden. Für den Brenno wurden verschiedene Hochwasserszenarien berechnet und der Einfluss von verschieden grossen Seiteneinträgen auf den Geschiebetransport im Vorfluter untersucht.

1. Einleitung Berechnungen zum Geschiebetransport in steilen Gerinnen beruhen in der Regel auf Gleichungen, die in Laborversuchen mit einer vereinfachten Nachbildung der Bachbettmorphologie und Kornverteilung des Geschiebes durchgeführt wurden. In Gebirgsflüssen und Wildbächen sind die Gerinne oft durch raue Sohlen und, im Verhältnis zu den grösseren Körnern, geringen Abflusstiefen charakterisiert. Mit konventionellen Berechnungsansätzen wird der Geschiebetransport in solchen Gerinnen zum Teil massiv überschätzt (Rickenmann, 2001; Badoux und Rickenmann, 2008; Chiari und Rickenmann, 2010; Nitsche et al., 2011, 2012; Rickenmann, 2012). Eine wichtige Rolle bei der Berechnung des Geschiebetransportes in Gebirgsflüssen und Wildbächen spielen die hohen Fliesswiderstände und die damit verbundenen Energieverluste (Rickenmann und Recking, 2011). Mit Daten zum Geschiebetransport aus mehreren Wildbächen und Gebirgsflüssen der Schweiz wurden verschiedene Ansätze zur Berücksichtigung solcher Energieverluste getestet (Nitsche et al., 2011). Wird nur ein reduzierter Anteil an der gesamten Fliessenergie für die Berechnung des Geschiebetransportes berücksichtigt, ergibt sich eine deutlich bessere Übereinstimmung mit beobachteten Geschiebefrachten. In steilen Gerinnen zeigt sich zudem ein Trend zu erhöhten

kritischen Schubspannungen beim Transportbeginn mit zunehmendem Gerinnegefälle (Lamb et al., 2008; Recking, 2009). Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes NFP61 «Nachhaltige Wassernutzung» wurde im Projekt «SEDRIVER» an der WSL das eindimensionale Geschiebetransport-Simulationsprogramm sedFlow entwickelt, welches die erwähnten neuen Ansätze zur Berechnung des Geschiebetransportes in steilen Gerinnen berücksichtigt. Dieses Modell wurde für die schnelle Berechnung der Geschiebeverlagerungen in alpinen Einzugsgebieten konzipiert. Das Programm sedFlow erlaubt die Simulation vieler verschiedener Szenarien oder die Durchführung von Sensitivitätsanalysen mit Variation verschiedener Eingabe- und Modellparameter in relativ kurzer Zeit. Dies scheint uns auch deshalb wichtig, weil die Unsicherheiten bei der eigentlichen Modellierung des Geschiebetransportes oftmals grösser sind als diejenigen bezüglich der Grundlagendaten wie zum Beispiel Gerinnegeometrie und Hydrologie. In diesem Artikel stellen wir Simulationsberechnungen für zwei Gebirgsflüsse in der Schweiz vor: für die Kleine Emme, ein voralpines Einzugsgebiet, und für den Brenno, ein alpines Einzugsgebiet. Für beide Flüsse sind durch Querprofilvermessungen und andere Untersuchungen Referenzdaten zum Geschiebetransport vor-

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handen. Zuerst beschreiben wir die Grundlagendaten und geben eine Übersicht über das Simulationsprogramm sedFlow. Dann präsentieren wir die Simulationsresultate für die Eichperiode mit den Referenzdaten, und schliesslich betrachten und diskutieren wir weitere Simulationsresultate, welche im Rahmen von Sensitivitätsanalysen, Hochwasserszenarien und unterschiedlichen Annahmen zu Sedimenteinträgen aus murgangfähigen Seitenbächen berechnet wurden. Die hier präsentierten Resultate beinhalten im Wesentlichen eine Zusammenfassung der Studie von Heimann et al. (2014b) für den deutschsprachigen Raum. Eine Anwendung des Modells sedFlow zur Untersuchung möglicher Auswirkungen der Klimaänderung auf das Forellenhabitat ist in Badoux et al. (2014; in dieser Ausgabe WEL) diskutiert. 2.

Untersuchungsgebiete und Grundlagen

2.1

Kleine Emme

Einzugsgebiet und Simulationsstrecke Die Kleine Emme befindet sich in der Zentralschweiz und entwässert das Entlebuch und das Mariental (Bild 1). In Emmen (frühere Stationsbezeichnung: Littau), knapp einen Kilometer vor der Einmündung in die Reuss auf 430 m ü.M., betreibt das BAFU seit 1936 eine Abflussmessstation. An dieser Stelle umfasst das Einzugsgebiet eine Fläche von 478 km2. Eine weitere BAFUMessstation befindet sich auf 595 m ü.M. am Standort Werthenstein-Chappelboden (seit 1985). Bei einer mittleren Einzugsgebietshöhe von 1050 m ü.M. liegt der höchste Punkt auf 2350 m ü.M. (Brienzer Rothorn). Das Gebiet weist keine Vergletscherung auf und das Abflussregime wird als «nivo-pluvial préalpin» (unterer Teil) bez. «nival de transition» (oberer Teil) angegeben (Weingartner und Aschwanden, 1989). Der jährliche Abflussverlauf ist weitgehend natürlich und wird nur im untersten Teil der Kleinen Emme durch kleine Lauf187

Geschiebetransport

Geschiebetransport-Simulationen mit sedFlow in zwei Gebirgsflüssen der Schweiz


Geschiebetransport Bild 1. Übersicht über die Einzugsgebiete: links das Einzugsgebiet der Kleinen Emme, rechts das Einzugsgebiet des Brenno. Dargestellt sind der simulierte Gerinneabschnitt (blau, dick), die grösseren Zubringer, die Abflussmessstationen (BAFU), Talsperren, Wasserfassungen und die Geschiebeentnahmestellen (gemäss der BAFU-GHO SOLID Datenbank). Simulation HW-Szenarien Gerinne Brenno della Greina Brenno del Lucom./Ri di Piera Riale Riascio Ri di Soi Ri di Prugiasco Lesgiüna Crenone (Vallone) Austrag in Ticino

Minimaler Eintrag [m3] Fluvial berechnet Fluvial berechnet 20 000 20 000 5000 Fluvial berechnet 5000 Fluvial berechnet

Mittlerer Eintrag [m3]

Maximaler Eintrag [m3]

50 000 50 000 15 000

100 000 100 000 30 000

15 000

30 000

Tabelle 1. Abschätzung wichtiger Geschiebeeinträge durch Murgänge in einigen Seitenbächen des Brenno für die Simulation von Hochwasserszenarien, basierend auf Untersuchungen von Flussbau (2003; 2003/2005), Stricker (2010), der Storme-Datenbank sowie eigenen Annahmen. Beim Ri di Prugiasco wurde angenommen, dass der Geschiebesammler überlastet ist und Geschiebe bis in den Brenno gelangt. kraftwerke marginal beeinflusst. Beim Unwetter im August 2005 wurde an der Kleinen Emme mit 650 m3/s die grösste Hochwasserspitze erfasst. Vor allem im untersten Flussabschnitt entstanden damals schwere Überflutungsschäden (Emmen, Littau und Malters). Ein Spitzenwert mit einer statistischen Wiederkehrdauer von 100 Jahren beträgt gemäss BAFU gut 710 m3s-1. Die Kleine Emme fliesst von Flühli bis zur Mündung in die Reuss in Littau im Molassegebiet. Unterhalb der Mündung 188

der Entlen wird das Gefälle steiler und die Kleine Emme fliesst durch Nagelfluhgebiet. Die Zubringer Wiss Emme und Fontanne liegen in Nagelfluh, der Rümlig und der Renggbach fliessen durch MergelSandsteinschichten und Moränenmaterial (HZP, 2008). Die 19.4 km lange Simulationsstrecke beginnt im Bereich von Doppleschwand und reicht bis zum Zufluss des Renggbach (oberhalb von Littau, vgl. Bild 1). Das Gerinnegefälle beträgt auf den obersten 2 km 0.5 bis 3.5%. Unterhalb der

Mündung der Fontanne bis nach Littau schwankt es im Wesentlichen zwischen 0.5 und 1.5% (tendenziell kleiner im unteren Bereich). In diesem Abschnitt ist die Kleine Emme weitgehend kanalisiert und mit zahlreichen Sohlschwellen stabilisiert (Bild 2). Das mittlere Gefälle der Untersuchungsstrecke beträgt 0.7% (Nettogefälle mit Berücksichtigung der Schwellen). Die wichtigsten Wasser- und Geschiebezubringer sind die Fontanne (bei km 23.3) und der Rümlig (bei km 12.6). Vor allem im oberen Bereich der simulierten Flussstrecke befinden sich mehrere Abschnitte, wo die Sohle auf Fels verläuft, insgesamt betrifft dies eine Streckenlänge von 1.3 km. Die Kornverteilungen in der Kleinen Emme basieren auf Linienzahlanalysen von Burkhard (2012) und von der WSL. Aus den Linienzahlanalysen wurde eine repräsentative Kornverteilung der Deckschicht und der Unterschicht ermittelt (Bild 2). Da die Kornverteilung des Flussbettes aufgrund des kanalisierten Gerinnes der Kleinen Emme und der erheblichen Abflusstiefen nicht einfach analysiert werden kann, wurden die Linienzahlanalysen in ufernahen Bereichen durchgeführt. Die Kornverteilungen entlang der Simulationsstrecke variieren stark. Beim D84 (84% der Geschiebekörner sind kleiner als dieser

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Beobachtungen zum Geschiebetransport Für die Eichung des Transportmodells in der Kleinen Emme liegen zwei Datensätze terrestrisch vermessener Querprofile im Abstand von ca. 50 bis 200 m vor, die im September 2000 und im November 2005 vom BAFU aufgenommen wurden. Für alle Querprofile wurde der Bereich der beweglichen Sohle definiert und daraus die Sohlenbreite und die mittlere Sohlenlage ermittelt. Die Differenz der mittleren Sohlenlage von 2000 und 2005 ergibt die Sohlenveränderung entlang des Gerinnes. Im Rahmen der Analyse des Unwetters vom August 2005 wurde aus diesen Sohlenveränderungen ein Geschiebefrachtdiagramm für das Hochwasserereignis erstellt (Flussbau, 2009a). Im Untersuchungszeitraum von 2000 bis 2005 spielt in der Kleinen Emme die Seitenerosion eine wesentliche Rolle für den Geschiebetransport (Hunzinger und Durrer, 2008). Demgegenüber fällt der Beitrag der Zubringer weniger ins Gewicht; Berechnungen der Flussbau (2009b) zeigen auf, dass von der gesamten mobilisierten Geschiebefracht während des Hochwassers vom August 2005 fast die Hälfte aus Seitenerosionsprozessen stammte. Für die Erstellung des Geschiebefrachtdiagramms der Kleinen Emme (Bild 3) wurden die Seiteneinträge aus der Studie der Flussbau (2009a) übernommen. Aufgrund der Querprofilvermessungen, der Geschiebestudien sowie der Ereignisanalyse zum Hochwasser 2005 wurde geschätzt, dass der Austrag der Kleinen Emme in die Reuss (mit Ausbaggerungen) ca. 160 000 m3 betrug. Der Geschiebeeintrag in die Simulationsstrecke bei Doppleschwand ergibt sich dann aus der Geschiebebilanz und beträgt rund 25 000 m3. Die drei deutlichsten Zunahmen der Geschiebefracht im unteren Abschnitt der simulierten Strecke entsprechen den drei wichtigsten Einträgen aus Seitenerosion und betragen jeweils ca. 25 000 m3 (km 12, 8.4 und 6). Erosion und Ablagerung traten über die gesamte Simulationsstrecke verteilt auf. Das beobachtete Geschiebefrachtdiagramm für die Kleine Emme (Bild 3) kann grob in zwei Bereiche unterteilt werden. Auf den oberen 10 km (km 25 – km 15) stabilisieren die vielen Schwellen die Sohle, und es gibt wenig netto Erosion oder netto Deposition (Bild 6b). Die unteren 10 km der Untersuchungsstrecke sind dominiert durch eine stufenweise Zunahme

Geschiebetransport

Wert) zeigt sich eine leichte Tendenz zu einer Vergröberung im Bereich der Mündungen der Fontanne und des Rümlig.

Bild 2. Kornverteilungen in der Kleinen Emme, gemäss Linienproben der WSL und von Burkhard (2012). Dargestellt sind die charakteristischen Korndurchmesser D50 und D84 der Deckschicht entlang der Untersuchungsstrecke (wobei jeweils 50% respektive 84% des Gewichtsanteils des Sohlenmaterials feiner sind).

Bild 3. Geschiebefrachtdiagramm für die Kleine Emme für die Periode 2000 bis 2005 für die Untersuchungsstrecke von Doppleschwand bis Littau. Die in Orange markierten Balken geben die während des Hochwassers 2005 als Seitenerosion eingetragenen Geschiebefrachten (ohne Feinmaterial) in den Hauptfluss an. der Geschiebefracht, welche vor allem auf die Seiteneinträge durch Ufererosion während des Hochwassers 2005 zurückzuführen ist.

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Hydrologische Grundlagen Für die Geschiebetransportsimulationen mit sedFlow müssen Informationen zum Abflussgeschehen entlang der gesamten Simulationsstrecke vorliegen. Zu diesem Zweck wurden einerseits Daten der Ab189


Geschiebetransport

flussmessstationen Littau (ab 2013 neu Emmen) und Werthenstein verwendet und andererseits mit dem hydrologischen Modell PREVAH (Viviroli et al., 2007) die Ganglinie für das Teileinzugsgebiet der Fontanne als Zubringer in die Kleine Emme im oberen Bereich der Untersuchungsstrecke für den Untersuchungszeitraum von 2000 bis 2005 berechnet. Die Ganglinie des Rümlig wurde aus der Differenz zwischen dem gemessenen Abfluss bei Werthenstein und dem um 5% reduzierten, gemessenen Abfluss bei Littau (Reduktion wegen des Zuflusses des Renggbach nach dem Ende der Untersuchungsstrecke) berechnet. 2.2

Brenno

Einzugsgebiet und Simulationsstrecke Der Brenno befindet sich im nördlichen Teil des Kantons Tessin und entwässert das Bleniotal (Bild 1). Einige Kilometer vor der Einmündung in den Ticino auf 348 m ü.M. befindet sich die BAFU Abflussmessstation Loderio. An dieser Stelle umfasst das Einzugsgebiet des Brenno eine Fläche von 397 km2. Bei einer mittleren Einzugsgebietshöhe von 1820 m ü.M. liegt der höchste Punkt auf 3402 m ü.M. (Rheinwaldhorn). Die Vergletscherung des Gebietes beträgt 1.1% und das Abflussregime wird als «nival méridional» angegeben (Weingartner und Aschwanden, 1989). Das Regime ist allerdings stark durch die Wasserkraftnutzung beeinträchtigt (Blenio Kraftwerke AG). Wasser wird über grosse Teile des Einzugsgebietes entnommen und unterhalb von Biasca in den Ticino zurückgeleitet. Die höchste im Brenno gemessene Abflussspitze betrug 515 m3s-1 (seit 1961, d.h. seit dem Bau der Wasserkraftanlagen) und trat während des Hochwassers von Juli 1987 auf. Ein Spitzenwert mit einer statistischen Wiederkehrdauer von 100 Jahren liegt gemäss BAFU bei knapp 500 m3s-1. Die Simulationsstrecke erstreckt sich von Olivone beim Zusammenfluss des Brenno della Greina mit dem Brenno del Lucomagno bis zur Mündung in den Ticino (Biasca) und hat eine Länge von 22 km (Bild 4). Das Gefälle der Untersuchungsstrecke variiert zwischen 0.5‰ und 15%, wobei das mittlere Gerinnegefälle 2.7% beträgt. Verzweigte Gerinne und Auenlandschaften weisen auf Abschnitte des Brenno mit einer weitgehend natürlichen Dynamik hin. Die wichtigsten Geschiebelieferanten sind der Ri di Soi und der Riale Riascio im oberen sowie die Lesgiüna und der Crenone im unteren Teil des Einzugs190

Bild 4. Kornverteilungen im Brenno, gemäss Linienproben der WSL. Dargestellt sind die charakteristischen Korndurchmesser D50 und D84 der Deckschicht entlang der Untersuchungsstrecke (wobei jeweils 50% respektive 84% des Gewichtsanteils des Sohlenmaterials feiner sind). gebietes. Bei diesen Wildbächen treten (mit Ausnahme der Lesgiüna) Murgänge bis in den Mündungsbereich auf. Beim Zusammenfluss von Ri di Soi und Riale Riascio mit dem Brenno wird das Flussbett durch grobe Blöcke stabilisiert. Die gesamte Simulationsstrecke wurde nach verschiedenen geomorphologischen Faktoren (Neigung, Breite und Lage der Seitenzubringer) in weitgehend homogene Abschnitte unterteilt. Für jeden Abschnitt wurden mehrere Linienzahlanalysen aufgenommen und daraus eine repräsentative Kornverteilung der Deckschicht und der Unterschicht ermittelt (Bild 4). Zusätzlich wurden auch in den wichtigen Seitenzubringern Kornverteilungen bestimmt. Die Kornverteilungen der einzelnen Abschnitte variieren stark. So wird zum Beispiel durch Zubringer (z.B. Riale Riascio und Ri di Soi) grobes Material in den Brenno eingebracht. Das D84 scheint trotz starker Variabilität Richtung Mündung tendenziell abzunehmen. Eine weitere lokale Vergröberung des Geschiebes unterhalb km 2.5 (flussabwärts der Mündung der Lesgiüna) ist auf einen früheren Felssturz zurückzuführen. Generell liegt in Flachstrecken eher feines Soh-

lenmaterial vor, während in Steilstrecken grobes Material zu finden ist. Beobachtungen zum Geschiebetransport Als Datengrundlage für die Eichung des Modells liegen für die Simulationsstrecke im Brenno zwei Datensätze terrestrisch vermessener Querprofile vor. Der erste stammt vom April 1999 und der zweite vom Juni/Juli 2009. Für die Strecke zwischen Olivone und der Mündung in den Ticino wurden jeweils 151 Profile erstellt, wobei der mittlere Abstand zwischen den Profilen rund 150 m beträgt. Die Differenz der mittleren Sohlenlage von 1999 und 2009 ergibt die Sohlenveränderung entlang des Gerinnes. Bei einigen Querprofilen hat sich die Geometrie aufgrund von Auflandungen oder Seitenerosion zwischen 1999 und 2009 stark verändert. Um die Änderung der Sohle trotzdem berechnen zu können, wurden zu diesem Zweck die vermessenen Profile von 1999 manuell ergänzt. Die grössten Veränderungen während der rund 10 Jahre ereigneten sich bei der Mündung des Ri di Soi zwischen km 17.8 und 18.7. Ober- und unterhalb der Mündung wurde eine mittlere Erhöhung der Sohle von vier Metern ermittelt, was

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auf das Murgangereignis vom September 1999 zurückzuführen ist (s. auch Bild 8b). Zur Erstellung des Geschiebefrachtdiagramms (Bild 5) wurden neben den Daten zu den Sohlenveränderungen auch Abschätzungen zu den Geschiebeeinträgen der Seitenzubringer sowie zum Austrag in den Vorfluter verwendet. Die Einträge der Zubringer wurden anhand früherer Studien (Flussbau, 2003/2005; Stricker, 2010) bestimmt. Zudem wurden Materialentnahmen während der Periode 1999 bis 2009 an drei Stellen entlang der Untersuchungsstrecke aufgrund von Angaben in der SOLID-Datenbank des BAFU berücksichtigt. Dabei wurde der Geschiebeaustrag in den Ticino aufgrund der Transportberechnungen mit sedFlow für die Bestvariante auf ca. 70 000 m3 abgeschätzt. Die Geschiebeeinträge der beiden Hauptzuflüsse in Olivone (Oberlauf) ergeben sich dann aus der Geschiebebilanz über die gesamte Untersuchungsstrecke für die Periode 1999 bis 2009 und betragen zusammen ca. 35 000 m3. Das beobachtete Geschiebefrachtdiagramm für den Brenno (Bild 5) kann grob in drei Bereiche unterteilt werden. Auf den obersten ca. 7 km (km 24 – km 17) sind die lokalen Geschiebeeinträge durch den Riale Riascio von ca. 100 000 m3 und durch den Ri di Soi von ca. 200 000 m3 in der Periode 1999–2009 von grosser Bedeutung. Beim Ri di Soi wurde allein durch das Murgangereignis vom September 1999 schätzungsweise 100 000 m3 Geschiebe in den Brenno eingetragen. Im mittleren ca. 8 km langen Abschnitt (km 17 – km 9) gibt es wenig netto Erosion oder netto Deposition, während die

Abnahme der Geschiebefracht bei km 9 auf Ausbaggerungen zurückzuführen ist. Im untersten Abschnitt (km 9–km 0) dominiert der Durchtransport von Geschiebe mit relativ wenig Deposition oder Erosion, mit Ausnahme der lokalen Ablagerung bei der Lesgiüna-Mündung (km 4.2) sowie des seitlichen Geschiebeeintrages durch Murgänge aus dem Crenone (Vallone). Hydrologische Grundlagen Die Daten der Abflussmessstation Loderio sind im Projekt nur lokal anwendbar. Für die Geschiebetransportsimulationen müssen die Abflüsse über die ganze Gerinnelänge bekannt sein. Zu diesem Zweck wurde das Niederschlags-Abfluss Modell PREVAH (Viviroli et al., 2007) eingesetzt. Um an verschiedenen Stellen entlang des Gerinnes eine Ganglinie zu erhalten, wurde das gesamte Einzugsgebiet in Teileinzugsgebiete aufgeteilt. Dabei wurde für wichtige Seitenzubringer ein eigenes Einzugsgebiet bereitgestellt und kleinere Seitenzubringer wurden zu einem zusammengefasst. Infolge der Wasserkraftanlagen der Blenio Kraftwerke AG mit den drei Reservoiren Carassina, Luzzone und Malvaglia ist das Abflussverhalten des Brenno seit dem Beginn der 1960er-Jahre stark anthropogen beeinflusst. Bei den PREVAHSimulationen wurden die Wasserfassungen und Reservoire nicht berücksichtigt. Um realistischere Abflusswerte zu erhalten, haben wir deshalb die Simulationsresultate um die gefassten Wassermengen korrigiert. Dazu wurden bei jeder Fassung die abgeleiteten Abflüsse sowie die Dotierwassermengen gemäss den Angaben der

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2.3

Das GeschiebetransportSimulationsprogramm sedFlow Das Geschiebetransport-Simulationsprogramm sedFlow wurde an der WSL im Rahmen des Projektes SEDRIVER entwickelt. Es wurde speziell für Berechnungen in Gebirgsflüssen konzipiert, mit den folgenden wesentlichen Elementen: (i) Berücksichtigung neuer Ansätze zur Berechnung des Geschiebetransportes in steilen Gerinnen mit Makrorauigkeit, (ii) Berechnung von fraktionsweisem Transport; (iii) schnelle Berechnungszeiten zur Modellierung ganzer Einzugsgebiete und zur Szenarienanalyse mit automatisierten Simulationsberechnungen vieler Varianten bezüglich der Eingabeparameter. Die Berechnung des Fliesswiderstandes wird entweder mit der variable power equation, VPE, von Ferguson (2007) (1a) oder mit einer Korngrössenabhängigen Manning-Strickler-Gleichung (1b) durchgeführt: rh a a 1 2 D84 vm = 53 v∗ a12 + a22 Drh84 (1a)

vm = a1 v∗

rh D84

16

(1b)

Dabei ist vm die mittlere Fliessgeschwindigkeit, v* = [g rh S]0.5 die Schergeschwindigkeit, rh der hydraulische Radius, S das Gerinnegefälle bzw. das Energieliniengefälle, D84 die charakteristische Korngrösse des Oberflächenmaterials (Deckschicht), für welche 84% des Materials feiner ist, und g die Gravitationsbeschleunigung. Gleichung (1a) wurde von Rickenmann und Recking (2011) anhand von fast 3000 Beobachtungen getestet und zeigt mit den 191

Geschiebetransport

Bild 5. Geschiebefrachtdiagramm für den Brenno für die Periode 1999 bis 2009 für die Untersuchungsstrecke von Olivone bis Biasca. Für die Berechnung wurden die mittleren geschätzten Seiteneinträge verwendet. Der Bereich zwischen minimalen und maximalen Einträgen beruht auf minimalen und maximalen Seiteneinträgen und ist blau schraffiert.

Kraftwerke (inkl. der monatlichen Schwankungen) berücksichtigt. Auch nach Durchführung dieser Korrekturen überschätzt die Simulation den gemessenen Abfluss während der Eichperiode (am Standort Loderio) immer noch stark. Um bessere Abflussganglinien für die Teileinzugsgebiete zu erhalten, skalierten wir den gemessenen stündlichen Abfluss bei Loderio entsprechend der PREVAH-Simulationen auf die Teileinzugsgebiete herunter. Mit diesem Vorgehen entspricht die Summe der Abflüsse bei Loderio immer der BAFUMessung und die räumliche Verteilung immer den (um den Einfluss der Wasserkraftnutzung korrigierten) Simulationsresultaten von PREVAH.


Geschiebetransport

Koeffizienten a1 = 6.5 und a2 = 2.5 eine sehr gute Übereinstimmung mit dem mittleren Trend der Beobachtungen, insbesondere auch bei kleineren relativen Abflusstiefen mit erhöhtem Fliesswiderstand. Rickenmann und Recking (2011) formulierten eine zu Gleichung (1a) äquivalente Form, wobei die Fliessgeschwindigkeit direkt als Funktion des Einheitsabflusses q berechnet werden kann. In sedFlow wird das Gerinne durch ein Rechteckprofil angenähert, und es bestehen im Wesentlichen folgende Optionen für die Abflussberechnung: (i) Unter Verwendung eines Potenzgesetzes für den Fliesswiderstand (wie die ManningStrickler-Gleichung) wird die Abflussveränderung entlang des Gerinnes mittels eines analytischen Ansatzes für die kinematische Welle nach Liu und Todini (2002) mit einem impliziten numerischen Verfahren berechnet, was schnelle Berechnungszeiten ergibt, wie das etwa auch beim Modell Topkapi der Fall ist (Konz et al., 2011). Für diese Option in sedFlow wird aus numerischen Gründen die Gleichung (1b) verwendet. (ii) Der Ansatz für die kinematische Welle wird mit einem expliziten numerischen Berechnungsverfahren mit Gleichung (1a) oder (1b) gelöst, was deutlich längere Berechnungszeiten erfordert. (iii) Es wird eine hydraulisch einfachere Berechnung durchgeführt unter der Annahme gleichen Abflusses pro Zeitschritt in den Gerinneabschnitten ohne Zufluss, wobei mit Gleichung (1a) oder (1b) (zusätzlich) das Energieliniengefälle zwischen den Gerinne-Abschnitten für Normalabfluss pro Abschnitt berechnet wird, und dabei ein minimaler positiver Wert nicht unterschritten werden darf (Heimann et al., 2014a). Damit ergeben sich ebenfalls schnelle Berechnungszeiten, aber der Fliesswiderstand wird in steilen und rauen Gerinnen mit Gleichung (1a) besser berücksichtigt als bei der Option (i). Option (iii) hat zudem den Vorteil, dass bei starken seitlichen Geschiebeeinträgen auch negative Sohlengefälle in Fliessrichtung zulässig sind. Betreffend Option (iii) ist zu präzisieren, dass das Energieliniengefälle für die Geschiebetransport-Abschätzung nicht das Ergebnis einer Staukurvenberechnung ist. Vielmehr ist es das Gefälle zwischen einzelnen Energiehöhen, die in den meisten Fällen unabhängig voneinander berechnet wurden, wobei das lokale Sohlengefälle als Proxy für das Reibungsgefälle verwendet wird. Dieses Vorgehen basiert auf der Annahme, dass das simulierte System nur aus den beiden Extremfällen des vollkommenen Einstaus auf der 192

einen Seite und von parallelen Sohl-, Reibungs- und Energieliniengefällen auf der anderen Seite besteht. Bei einer räumlichen Auflösung (Länge der Gerinneabschnitte) von mehreren Zehnermetern ist diese Annahme für die meisten Gebirgsflüsse zutreffend und ermöglicht eine effiziente Simulation von Einstausituationen, indem numerisch aufwändige Staukurvenberechnungen vermieden werden. Allerdings muss gesagt werden, dass dieses Vorgehen zu sehr grossen Fehlern führt, wenn mittlere Rückstaueffekte im simulierten System auftreten. In diesem Fall liefert ein Flow Routing, basierend auf der kinematischen Welle, welches das Sohlengefälle sowohl als Proxy für das Reibungsgefälle in den hydraulischen Berechnungen als auch als Proxy für das Energieliniengefälle in den Geschiebetransportberechnungen verwendet, bessere Abschätzungen der transportierten Geschiebefrachten. Dieses Verfahren ist aber nur sinnvoll, wenn keine negativen Sohlengefälle auftreten. Für die Berechnung des Geschiebetransportes können verschiedene Formeln verwendet werden. In «sedFlow» implementiert sind die Ansätze von Rickenmann (2001), Wilcock und Crowe (2003) und Recking (2010). Für die hier präsentierten Simulationen wurden die Berechnungen mit der Formel von Rickenmann (2001), modifiziert für fraktionsweisen Transport, durchgeführt:

D90 Φbi = 3.1 D30

0.2

θi,r (θi,r −θci,r ) √ Fr s−1

qb = Σ qbi , summiert über die Anzahl Kornfraktionen

(2a)

(2b)

Dabei ist Φbi = qbi/[Fi [(s−1) g Di3]−0.5] die dimensionslose Geschiebetransportrate pro Kornfraktion, Fi der relative Anteil der Kornfraktion i (an der Deckschicht-Kornverteilung für D > 2 mm) mit Di als deren mittlere Korngrösse, D30 und D90 charakteristische Korndurchmesser, wobei jeweils 30% respektive 90% des Gewichtsanteils des Sohlenmaterials feiner sind, qbi die volumetrische Geschiebetransportrate pro Einheitsbreite und Kornfraktion, s = ρs/ρ das Verhältnis von Feststoffdichte (ρs) zur Dichte des Fluids (ρ), Fr die FroudeZahl, θi,r = rhSred[(s−1)Di]−1 die dimensionslose Sohlenschubspannung und Sred das reduzierte Energieliniengefälle nach Rickenmann und Recking (2011), siehe auch Nitsche et al. (2011, 2012). qb ist die volumetrische Geschiebetransportrate

pro Einheitsbreite. Die kritische dimensionslose Sohlenschubspannung bei Transportbeginn θci wird mit einer sogenannten Versteckfunktion entweder mit einem Potenzansatz (Parker, 2008) gemäss Gl. (3a) oder dem Ansatz nach Wilcock und Crowe (2003) gemäss Gl. (3b, 3c) wie folgt berechnet: θci = θc50 (Di/D50)-Ɣ

(3a)

θci = θc50 (Di/Dm)-(1-b)

(3b)

b = 0.67/[1+exp (1.5-Di/Dm)]

(3c)

θc50 = 0.15 S0.25

(3d)

Dabei ist D50 die mediane Korngrösse und Dm die geometrisch mittlere Korngrösse des Oberflächenmaterials (Deckschicht) und y ein Exponent zwischen 0 und 1. Der Exponent b ergibt nach Gl. (3c) angenähert Werte von b = 0.12 für (Di/D50) < 1 und b = 0.67 für (Di/D50) ≥ 3. Die kritische dimensionslose Sohlenschubspannung bei Transportbeginn θc50 wird mit dem empirischen Ansatz von Lamb et al. (2008) gemäss Gleichung (3d) berechnet, wobei in sedFlow zusätzlich ein minimaler Wert für θc50,min definiert werden kann (da Gl. 3d für kleine Gerinnegefälle unrealistisch kleine Werte für θc50 ergibt). Damit die Berechnung konsistent ist, wird in Gleichung (2a) θci,r = θci (Sred/S) eingesetzt; damit variiert θci,r mit dem Abfluss, im Gegensatz zum Ansatz in Nitsche et al. (2011, 2012), worin für θc,r ein abflussunabhängiger Wert verwendet wird. In sedFlow wird die Zusammensetzung der Oberflächen- und Unterschicht laufend neu berechnet. Im Modell können auch Schwellen im Gerinne definiert werden, welche als Fixpunkte im Längenprofil für die Sohlenlage oberhalb davon wirken (sofern die Schwelle von unterstrom her nicht einsedimentiert wird), während die Sohlenlage unterhalb davon entsprechend dem Geschiebetransport angepasst wird. Die Beobachtungen zu den Sohlenänderungen und den davon abgeleiteten transportierten Geschiebefrachten beinhalten auch ein Porenvolumen. Deshalb ist bei der Darstellung der Simulationsresultate für die Sohlenänderungen und Geschiebefrachten ein angenommener Porenanteil von 30% eingerechnet. Eine detailliertere Beschreibung zu sedFlow findet sich in Heimann et al. (2014a), worin u.a. auch der Kornaustausch zwischen Oberflächen- und Unterschicht beschrieben ist. Für die Einspeisung von fluvial transportiertem Sediment werden an den

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Ergebnisse der Simulationen für die Eichperiode Für die Modelleichung in der Kleinen Emme und im Brenno wurde versucht, die Beobachtungen zum Geschiebetransport für die Eichperiode so gut wie möglich durch die Simulationen mit sedFlow zu reproduzieren, d.h. sowohl die Geschiebefracht als auch die Sohlenveränderungen möglichst gut abzubilden. Dabei wird durch die Wahl der Transportformel sowie des Grenzwertes θc50,min in erster Linie das Niveau des Geschiebetransportes beeinflusst, d.h. vor allem die Geschiebefracht. In zweiter Linie werden die Sohlenveränderungen bzw. die lokalen (abschnittsweisen) Änderungen des Transportverhaltens durch die Wahl der Versteckfunktion und des entsprechenden Exponenten (z.B. Gl. 3a), durch die Anfangskornverteilung sowie durch die repräsentative Gerinnebreite bestimmt. In Situationen mit nicht gut definierter Breite (einige Abschnitte im Brenno) wurde diese im Sinne eines Eichparameters variiert. Die Güte der während der Optimierung erhaltenen Simulationsresultate für die Eichperiode wurde im Wesentlichen anhand der gemessenen Sohlenveränderungen (Bilder 6b, 8b) sowie anhand der Entwicklung der Geschiebefracht über die Untersuchungsstrecke (Bilder 6a, 8a) visuell beurteilt.

Geschiebetransport

Modellrändern die Transportkapazitäten entsprechend dem aktuellen Abfluss und entsprechend Gefälle, Gerinnebreite und Kornverteilung in einer Schlüsselstrecke berechnet. Hierbei passt sich die Kornverteilung des eingespeisten Sediments dem aktuellen Abfluss an. Um Sediment auch unabhängig vom aktuellen Abfluss beispielsweise im Fall von Ufererosionen einspeisen zu können, lassen sich an beliebigen Punkten Sedimentganglinien als Input definieren. Hierbei bleibt die Kornverteilung des eingespeisten Sediments konstant. Für eher plötzliche Einspeisungen von Sediment, beispielsweise im Fall von Murgängen, lässt sich auch ein definiertes Sedimentvolumen mit festgelegter Korngrössenverteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer beliebigen Stelle in die modellierte Untersuchungsstrecke einfügen. 3.

3.1 Kleine Emme Für die Simulationsstrecke in der Kleinen Emme und für die Eichperiode 2000 bis 2005 sind die meisten Rahmenbedingungen für den Geschiebetransport relativ gut bekannt. Mit den zwei BAFU-Abfluss-

Bild 6. Kleine Emme, Simulationsresultate der Best-Variante (mit Formeln 1a, 2a, 3b,c, 3d mit θc50,min = 0.06) für die Kalibrierungsperiode von 2000 bis 2005. Dargestellt sind die akkumulierte Geschiebefracht, die Sohlenveränderung bzw. die Erosion und Auflandung, das Gerinnegefälle, die charakteristischen Korngrössen D50 und D84 sowie die Gerinnebreite entlang der Untersuchungsstrecke. messstationen bestehen bei der Hydrologie nur geringe Unsicherheiten. Neben den Querprofilvermessungen sind die Seitenerosionen infolge des Hochwassers 2005 durch die Ereignisanalyse gut quantifiziert, und wegen der häufigen Geschiebeentnahmen im Mündungsbereich ist der Geschiebeaustrag bekannt. Damit ist die Geschiebebilanz gut bestimmt. Da die Kleine Emme in der Untersuchungsstrecke weitgehend kanalisiert ist, sind die Querprofile und die Gerinnebreite ebenfalls gut

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definiert. Neben der Wahl der Geschiebetransportformel und der Festlegung der Bedingungen beim Transportbeginn (Versteckfunktion, kritische Schubspannung) verbleibt somit im Wesentlichen die Kornverteilung, welche für die Optimierung der Simulationsresultate in einem plausiblen Bereich variiert wurde. Bei der Kleinen Emme wurde die Abflussveränderung entlang des Gerinnes wegen der eher geringen Gerinnegefälle mit der kinematischen Welle nach 193


Geschiebetransport

Liu und Todini (2002) und einem impliziten numerischen Verfahren (Option i) unter Verwendung des Fliessgesetzes von Manning-Strickler (Gl. 1b) gerechnet. Mit den Geschiebetransportformeln von Rickenmann (2001), in Kombination mit dem reduzierten Energieliniengefälle nach Rickenmann und Recking (2011), konnten für die Kleine Emme plausible Resultate erreicht werden, insbesondere was das generelle Niveau der transportierten Geschiebefrachten betrifft. Um die lokalen Änderungen über die Untersuchungsstrecke besser abbilden zu können, wurden vor allem die Kornverteilungen in den «homogenen» Gerinneabschnitten variiert. Bei diesem Teil der Optimierung handelte es sich zu einem gewissen Grad um eine Feinjustierung. Für die Bestvariante wurde der Exponent der Versteckfunktion nach dem Ansatz von Wilcock und Crowe (2003) gewählt (Gl. 3b,c) und der Wert θc50,min = 0.06 gesetzt; die Versteckfunktion gemäss Gl. (3a) mit unterschiedlichen Exponenten (z.B. mit y = 0.8 oder mit y = 0, d.h. ohne Versteck-Effekte) ergab viel weniger plausible Resultate. Vergleicht man die Simulationsresultate der Bestvariante mit den Beobachtungen, so wird die Geschiebefracht insgesamt sehr gut abgebildet (Bild 6a), während die Sohlenänderungen nur teilweise zufriedenstellend simuliert werden (Bild 6b). Die Kornverteilungen (charakterisiert durch D50 und D84 in den Bildern 6d und 6e) sind über weite Bereiche recht ähnlich für den Anfangs- und Endzustand. Auf den obersten ca. 4 km ergibt sich bei der Modellierung eine z.T. deutliche Vergröberung, welche auf die vielen Felsstrecken in diesem Abschnitt (mit einer dünnen Alluvionsschicht im Modell) zurückzuführen ist. Für die Sensitivitätsanalyse wurden die Werte der Eingabedaten, im Vergleich zur Bestvariante, für die Kornverteilungen, die kritische Schubspannung bei Transportbeginn (θc50,min), die Gerinnebreiten und die Abflussganglinien um +/- 30% variiert. Für die Änderung der Kornverteilung wurden nur die mittleren Durchmesser der Kornfraktionen verändert, während die relativen Anteile der Kornfraktionen an der gesamten Kornverteilung beibehalten wurden. In Bild 7 sind die Geschiebefrachten und die Sohlenveränderungen von 81 Simulationen abgebildet. Jeder variable Parameter (Referenzwert, Minimal- und Maximalwert) aus Kornverteilung, kritischer Schubspannung, Gerinnebreite sowie Ganglinie wurde mit allen anderen kombiniert. Betrachtet man die beiden Quartile 194

Bild 7. Kleine Emme, Sensitivitätsanalyse: Berechnete Geschiebefrachten (oben) und Sohlenveränderungen (unten) aufgrund von 81 Simulationen mit variablen Eingangsparametern für die Modellierung mit sedFlow. (25%–75% aller simulierten Werte), so ist die Sensitivität der genannten Parameter auf die absoluten Sohlenveränderungen eher gering. Bei den extremen Perzentilen (2.5% bzw. 97.5 % aller simulierten Werte) ergeben sich in den Abschnitten km 16–11 sowie km 9–6 etwas stärkere Änderungen mit z.T. deutlich erhöhter Sohlenerosion v.a. in lokal steileren Strecken. Bei den Geschiebefrachten ergibt sich, bezogen auf einen mittleren Wert von ca. 62 000 m3 (im Bereich von km 13), bei der Bestvariante für das 75%-Perzentil eine relative Erhöhung um einen Faktor 2.1 und für das 97.5%-Perzentil um einen Faktor 5.7. 3.2 Brenno Für die Simulationsstrecke im Brenno, während der Eichperiode 1999 bis 2009, sind die Rahmenbedingungen für den Geschiebetransport generell weniger gut bekannt als für die Kleine Emme. Dies betrifft erstens die Hydrologie, dadurch dass nur eine Abflussmessstation am Ende der Untersuchungsstrecke vorhanden ist und der beträchtliche Einfluss der Wasserkraftnutzung zu Unsicherheiten bezüglich der Abflüsse aus den Teileinzugsgebieten führt. Zweitens ist für die Bestimmung der Geschiebebilanz weder der Eintrag am oberen Modellende noch der Austrag in den Ticino bekannt, und die wichtigen seitlichen Einträge aus dem Riale Riascio sowie dem Ri di Soi können nur grob quantifiziert werden. Drittens ist die Abschätzung einer repräsentativen Gerinnebreite (eines Rechteckprofiles) in einigen Abschnitten mit grösseren Unsicherheiten verbunden. Wir nehmen jedoch an, dass die gemessenen Korngrössenverteilungen etwas zu-

verlässiger sind, da die Zugänglichkeit der Gerinnesohle generell besser war als in der Kleinen Emme. Für alle Querprofile wurde die mittlere Sohlenlage des Brenno berechnet. Dabei wurden jeweils nur die Punkte berücksichtigt, die bei den Vermessungen der beweglichen Sohle zugeordnet wurden (unsere eigenen Berechnungen ergaben z.T. Unterschiede zu denjenigen in den dokumentierten Querprofilunterlagen). Die Querprofilbreite ist aufgrund der natürlichen Dynamik des Brenno vor allem in Ablagerungs- oder Umlagerungsstrecken sehr unsicher. Neben der Wahl der Geschiebetransportformel und der Festlegung der Bedingungen beim Transportbeginn (Versteckfunktion, kritische Schubspannung) wurden für den Brenno daher für die Optimierung der Simulationsresultate primär die repräsentativen Gerinnebreiten angepasst, d.h. in einem plausiblen Bereich variiert. Diese Anpassung betrifft insbesondere die folgenden Abschnitte: km 0.92, km 4–4.5, km 9.3–10.5, km 14.58–16.05, km 17.8–18.5, km 20.11 sowie km 21.4–21.8, und umfasst total ca. 5.6 km oder etwa 23% der gesamten Simulationsstrecke. Beim Brenno wurde die Abflussveränderung entlang des Gerinnes wegen der grösseren Gerinnegefälle und kleineren relativen Abflusstiefen mit der VPE Gl. (1a) und mit der Annahme Normalabfluss und einer vereinfachten hydraulischen Berechnung (Option iii) gerechnet. Bei der Optimierung zeigte sich, dass für den Brenno mit der Geschiebetransportformel von Rickenmann (2001), in Kombination mit dem reduzierten Energieliniengefälle nach Ri-

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von km 5 bis km 0 plausible Resultate erreicht wurden. Vergleicht man die Simulationsresultate der Bestvariante mit den Beobachtungen, so wird die Geschiebefracht insgesamt gut abgebildet (Bild 8a). Eine Ausnahme stellt der Bereich unterhalb der Geschiebeentnahme (Baggerung bei km 9) dar, welche in sedFlow nicht berücksichtigt wurde. Die Sohlenänderungen werden ebenfalls zufriedenstellend simuliert (Bild 8b). Die Kornverteilungen (charakterisiert durch D50 und D84 in Bild 8d, 8e)

sind über viele Bereiche ähnlich für den Anfang- und Endzustand. Dabei basiert die Anfangskornverteilung auf den Feldaufnahmen. Hingegen musste vor allem bei lokalen Versteilungen (Knickpunkten im Längsprofil) eine im Vergleich zur Linienprobe gröbere Anfangskornverteilung gewählt werden, damit diese Knickpunkte in der Simulation nicht zu stark erodierten und das lokale Längsprofil ausgeglichen wurde. An diesen Orten ist auch z.T. eine weitere Vergröberung für den Endzustand der Kornverteilungen festzustellen. Für die Sensitivitätsanalyse wurden die Werte der Eingabedaten, im Vergleich zur Bestvariante, für die Gerinnebreiten, die Kornverteilungen, die kritische Schubspannung bei Transportbeginn (θc50,min), die Abflussganglinien sowie die seitlichen Sedimenteinträge alle um +/30% variiert. Jeder variable Parameter (Referenzwert, Minimal- und Maximalwert) aus Gerinnebreite, Kornverteilung, kritischer Schubspannung, Ganglinie sowie Sedimenteintrag wurde mit allen anderen kombiniert und somit 243 Simulationen durchgeführt (keine Abbildung). Bezogen auf die beiden mittleren Quartile (25%–75% aller simulierten Werte) ist die Sensitivität der genannten Parameter auf die absoluten Sohlenveränderungen eher gering. Bei den Geschiebefrachten ergibt sich, bezogen auf einen mittleren Wert von ca. 125 000 m3 (im Bereich von km 9), bei der Bestvariante für das 75%-Perzentil eine relative Erhöhung um einen Faktor 1.5 und für das 97.5%-Perzentil um einen Faktor 2.6. Die relativen Änderungen bei den Geschiebefrachten sind somit deutlich geringer als bei der Kleinen Emme, was daran liegen dürfte, dass die Geschiebefrachten im Brenno auf einem erheblich höheren Niveau liegen als in der Kleinen Emme. 4.

Weitere Untersuchungen

4.1

Bild 8. Brenno, Simulationsresultate der Best-Variante (mit Formeln 1a, 2a, 3a mit y = 0, 3d mit θc50,min = 0.10) für die Kalibrierungsperiode von 1999 bis 2009. Dargestellt sind die akkumulierte Geschiebefracht, die Sohlenveränderung bzw. die Erosion und Auflandung, das Gerinnegefälle, die charakteristischen Korngrössen D50 und D84 sowie die Gerinnebreite entlang der Untersuchungsstrecke. «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

Einfluss der Abflussberechnung auf die Simulationsresultate für die Eichperiode Für den Brenno wurde untersucht, inwieweit sich drei unterschiedliche Optionen der Abflussberechnung auf die Simulationsresultate auswirken (s. auch Abschnitt 2.3): (i) flow routing mittels kinematischer Welle und implizitem Berechnungsverfahren kombiniert mit Gl. (1b); (ii) flow routing mittels kinematischer Welle und explizitem Berechnungsverfahren kombiniert mit Gl. (1a) oder (1b); (iii) hydraulische Berechnung mit Annahme Normalabfluss und einer vereinfachten hydraulischen Berechnung mit Gl. (1a) oder (1b). Diese Berechnungen für 195

Geschiebetransport

ckenmann und Recking (2011), plausible Resultate erreicht werden konnten, insbesondere was das generelle Niveau der transportierten Geschiebefrachten betrifft. Dabei wurde für diese Bestvariante ohne Versteckfunktion gerechnet (d.h. Gl. 3a mit einem Exponenten y = 0 verwendet), und der Wert θc50,min = 0.10 gesetzt. Berechnungen mit der Transportformel von Wilcock und Crowe (2003) ergaben von km 20 bis km 5 generell ein zu tiefes Niveau der simulierten Geschiebefrachten, während


Geschiebetransport Bild 9. Vergleich der Simulationsresultate mit «sedFlow» bei Anwendung eines flow routing Ansatzes (Gl. 1b und kinematische Welle implizit, «MS-impl»); Gl. 1a oder 1b und kinematische Welle explizit («VP-expl» bzw. «MS-expl») bzw. mit Annahme Normalabfluss und einer vereinfachten hydraulischen Berechnung (Gl. 1a oder 1b, «VP-unif» bzw. «MS-unif»). Eine genauere Beschreibung der Optionen der hydraulischen Berechnungen findet sich in Abschnitt 2.3 im Text (VP = variable power Gl. 1a, MS = Manning-Strickler Gl. 1b). den Brenno wurden für alle Optionen mit den gleichen Eingabeparametern durchgeführt wie bei der Bestvariante für die Eichperiode, welche mit Option (iii) und Gl. (1a) berechnet wurde, und der Vergleich der Resultate ist in Bild 9 dargestellt. Die simulierten Geschiebefrachten unterscheiden sich sehr deutlich, je nachdem ob Gl. (1a) oder Gl. (1b) verwendet wird. Beim hier verwendeten Fliessgesetz von Manning-Strickler (Gl. 1b) ist der Rauigkeitsbeiwert nach Strickler (Kst) nur eine Funktion des Korndurchmessers und ist vergleichbar mit dem Ansatz von Jäggi (1984) mit Kst = 21/(D900.167). Dieses Fliessgesetz entspricht eher der Kornrauigkeit und unterschätzt somit den gesamten Fliesswiderstand z.T. deutlich. Dadurch ergeben sich mit diesem Ansatz im Durchschnitt kleinere Abflusstiefen und damit geringere Transportraten als mit der variable power equation, VPE (Gl. 1a), welche den erhöhten Fliesswiderstand bei kleineren relativen Abflusstiefen besser abbildet. Bezüglich der simulierten Geschiebefrachten bestehen hingegen für ein gegebenes Fliessgesetz nur mässige oder geringe Unterschiede zwischen den Optionen (i), (ii) und (iii). Diese Resultate weisen darauf hin, dass mit Berechnungen ohne flow routing (Option iii) in Gebirgsflüssen plausible Resultate erhalten werden könnten. Solche Simulationen laufen viel schneller 196

ab, und sie erlauben in Anbetracht anderer Unsicherheiten bei der Berechnung des Geschiebetransportes die Durchführung von Sensitivitäts- und Szenarienanalysen unter Berücksichtigung vieler Varianten innerhalb von kurzer Zeit. 4.2

Hochwasserszenarien und Geschiebetransport Auch hier werden Untersuchungen für den Brenno vorgestellt. Für die Bildung möglicher zukünftiger Hochwasserszenarien wurden die Form der Abflussganglinie, das Abflussvolumen und die Hochwasserspitze variiert. Für die Form der Ganglinien wurden drei Varianten gewählt: eine front-, eine mitten- und eine schlussbetonte Form. Dafür wurden die historischen Ganglinien vom Juli 1987, September 2008 und November 2002 der Abflussmessstation Loderio verwendet. Der Grenzabfluss für Start und Ende wurde auf 25 m3/s festgelegt. Für die Abflussvolumina wurde die Hochwasserfracht des Ereignisses 1987 als Referenzwert verwendet und mit neun verschiedenen Faktoren in 2er-PotenzSchritten von 2^-0.2 = 0.87 bis 2^0.6 = 1.52 variiert. Für die Abflussspitzen wurde das 100-jährliche Ereignis als Referenz genommen (mit HQ100 = 497 m3/s) und in neun Stufen zwischen einem HQ30 und HQ300 variiert (mit HQ30 = 408 m3/s und HQ300 = 577 m3/s). Mit den drei unterschiedlichen

Formen der Hochwasserganglinien mit verschiedenen Abflussfrachten und -spitzen wurden anschliessend die potenzielle Geschiebeverfrachtung und Sohlenveränderung gerechnet. Als Grundlage für die Gerinnegeometrie wurde die Querprofilvermessung von 2009 verwendet. Es wurde ohne seitliche Sedimenteinträge durch Murgänge gerechnet. Nur die Zubringer, welche fluvial Material liefern (Brenno della Greina, Brenno del Lucomagno sowie Lesgiüna), wurden berücksichtigt. Dabei zeigte sich, dass die Form der Ganglinie für die drei untersuchten Hochwasserereignisse praktisch keinen Einfluss auf die Simulationsresultate hat. Entscheidend für den Geschiebetransport sind bei diesen Ereignissen die Abflussfracht und -spitze. Die Sohlenveränderung reagiert nicht sensitiv auf einen veränderten Abfluss, während sich die berechneten Geschiebefrachten viel deutlicher unterscheiden. Hier sind die Resultate für die mittenbetonte Form der Ganglinie gezeigt (Bild 10), basierend auf insgesamt 81 Simulationsrechnungen (für je 9 Volumen mit je 9 Abflussspitzen kombiniert). Bei diesen Modellierungen wurde angenommen, dass keine Ausuferungen aus dem Gerinne stattfinden; aus dem Vergleich der simulierten Abflussquerschnitte und Sohlenveränderungen mit den effektiven Querprofilen können jedoch kritische Gerinneabschnitte mit Ausuferungsgefahr identifiziert werden. Ähnliche Untersuchungen wurden auch für die Kleine Emme durchgeführt. Für diesen Fall ergeben sich prinzipiell ähnliche Resultate. Während sich die unterschiedlichen Abflussganglinienformen nur relativ schwach auf die Sohlenänderungen auswirken, werden die Geschiebefrachten viel stärker beeinflusst. Grundsätzlich zeigen sich bei den Hochwasserszenarien ähnliche Auswirkungen wie bei der Sensitivitätsanalyse. 4.3

Hochwasserszenarien und Einfluss seitlicher Geschiebeeinträge Um realistische Szenarien bezüglich des Geschiebetransportes zu erhalten, wurden für den Brenno in einem weiteren Schritt auch Feststoffeinträge aus den Seitenbächen berücksichtigt. Für die murgangfähigen Wildbäche wurden bei der Szenarienbildung ein minimaler, ein mittlerer und ein maximaler Eintrag in das Hauptgerinne angenommen (Tabelle 1). Die Annahmen basieren auf den Daten zur Geschiebelieferung während der Eichperiode (BAFU-GHO Datenbank Solid; Storme

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Bild 10. Darstellung der berechneten Geschiebefrachten (oben) und Sohlenveränderungen (unten) für mögliche Hochwasserszenarien im Brenno. Hier wurde für die Grundvariante die Form der Hochwasserganglinie vom Juli 1987 verwendet. Dargestellt sind die Resultate von 81 Simulationen (mit 9 Werten für die Abflussfracht und 9 Werten für die Hochwasserspitze).

5.

Diskussion

5.1

Bild 11. Berechnung von Szenarien für unterschiedliche Geschiebeeinträge aus den Seitenbächen beim Brenno für ein hundertjährliches Hochwasser (mit einer Form der Hochwasserganglinie wie im November 2002). Dargestellt sind Geschiebeverfrachtung (oben) und Sohlenveränderung (unten). Für die verschiedenen Seitenbäche wurde jeweils mit einem minimalen, einem mittleren und einem maximalen, kontinuierlichen Geschiebeeintrag gerechnet. Die Geschiebeeinträge wurden für den Riale Riascio, Ri di Soi, Ri di Prugiasco sowie Crenone variiert (vgl. Bild 4 für Verortung der Seitenbäche). (Am oberen Modellrand und beim Seitenbach Lesgiüna wird der Geschiebeeintrag fluvial berechnet und ist daher nicht variabel.) Datenbank). Zusätzlich zu den während der Eichperiode simulierten Seitenbächen wird der Ri di Prugiascio (mit der Annahme eines bereits gefüllten Geschiebesammlers) für die Szenarien berücksichtigt. Bei den nicht-murgangfähigen Zubringern wird der Eintrag fluvial vom Modell berechnet. Für die Szenarienbildung mit Berücksichtigung der Seiteneinträge wurde hier

die schlussbetonte Ganglinienform vom November 2002 verwendet und mit einer Hochwasserspitze gemäss HQ100 sowie mit einer mittleren Wasserfracht (Faktor 1.15) kombiniert. Bezüglich der zeitlichen Verteilung der Sedimenteinträge wurden zwei Varianten geprüft. In einem Fall (a) wurden die Einträge kontinuierlich über das Hochwasserereignis verteilt einge-

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Simulationsresultate für die Eichperiode Bei den Simulationen mit der Transportformel nach Rickenmann (2001) besteht für die Kleine Emme eine Tendenz, dass Unterschiede in den lokalen Gefällen über die Simulationsperiode teilweise ausgeglichen werden (Bild 6c); beim Brenno betrifft dies einige steilere Abschnitte und die Strecke von km 8 bis km 4.5 (Bild 8c). Vor allem bei flacheren und kürzeren Gerinneabschnitten können bei massiverem Geschiebetransport die simulierten Sohlenänderungen so gross sein, dass die Gefällsänderungen betragsmässig in einem änlichen Bereich sind wie die Gefällsunterschiede zwischen nachfolgenden Gerinneabschnitten, womit die in den Transportgleichungen angelegte Tendenz zum Gefällsausgleich sichtbare Auswirkungen zeigt. Für die Bestvarianten wurde beim Brenno die Transportformel nach Rickenmann (2001) mit der Versteckfunktion Gl. (3a) mit y = 0 kombiniert (d.h. es sind keine Versteckeffekte aktiv, und die minimale Schubspannung zur Mobilisierung der Partikel hängt linear vom Korndurchmesser ab) und bei der Kleinen Emme wurde sie mit der Versteckfunktion nach Wilcock und Crowe (2003) kombiniert. Der verwendete Wert von θc50,min = 0.10 für den Brenno mag auf den ersten Blick als hoch erscheinen. Nach neueren Untersuchungen liegt er aber durchaus noch in einem plausiblen Bereich (Bunte et al., 2013). Es ist hier darauf hinzuweisen, dass das 197

Geschiebetransport

speist, in einem zweiten Fall (b) wurden sie instantan zu einem Zeitpunkt eingegeben. Hier sind die Resultate für den Fall (a) gezeigt, wobei die angenommenen Seiteneinträge (minimal, mittel und maximal gemäss Tabelle 1) proportional zum Abfluss eingespeist wurden (Bild 1). Als Hauptresultat ergab sich, dass sich die seitlichen Einträge im Brenno flussabwärts umso weiter auf die Geschiebefracht auswirken, je grösser sie sind. Je nach lokalen Verhältnissen (Gerinneneigung, Transportkapazität, Sedimenteintrag) kann es flussabwärts zu einer Erhöhung oder einer Verminderung des Geschiebetransportes kommen. Die Auswirkungen auf die Sohlenveränderungen scheinen dagegen mehr auf die lokale Umgebung beschränkt zu sein. Grössere Ablagerungen bei der Mündung des Seitenbaches können flussaufwärts davon zu einer Verringerung des Wasserspiegelgefälles und damit zu einer Verminderung der Geschiebefracht führen.


Geschiebetransport

Transportverhalten bei relativ geringer Belastung (Schubspannung) der Gerinnesohle im Bereich des Transportbeginns immer noch relativ schlecht bekannt ist, und auch grosse Unsicherheiten bezüglich der Wahl einer geeigneten Versteckfunktion bestehen. Es kann vermutet werden, dass die geringen beobachteten Sohlenänderungen in der Kleinen Emme weitgehend im Bereich des «Rauschens» liegen im Bezug auf die Unsicherheit der relativ einfachen Geschiebeberechnungen. Beim Brenno hingegen sind die beobachteten Sohlenänderungen grösser und liegen daher eher in einem Bereich, welcher durch die Simulationen einigermassen zuverlässig abgebildet werden kann. 5.2 Weitere Feststellungen Die Kleine Emme weist innerhalb der obersten ca. 4 km der Simulationsstrecke viele Felsstrecken auf, wobei im Flussbett aus Nagelfluh an vielen Orten deutliche Rinnen herauserodiert wurden. Dies führt zu Rauigkeitselementen in der Grössenordnung von wenigen Dezimetern. Daher musste dort für die Bestvariante eine relativ grobe Anfangskornverteilung gewählt werden (Bild 6e); die Endkornverteilung wurde tendenziell noch gröber, was mit der dünnen Alluvionsschicht im Modell zusammenhängt. Beim Brenno musste wie erwähnt vor allem bei lokalen Versteilungen (konvexen Knickpunkten im Längsprofil) eine eher grobe Anfangskornverteilung gewählt werden (Bilder 8c, 8e). Alternativ konnte an diesen Stellen auch eine Felsstrecke definiert werden, damit diese Knickpunkte in der Simulation nicht zu stark erodierten und das lokale Längsprofil nicht ausgeglichen wurde. Die Wahl einer groben Anfangskornverteilung kann dadurch gerechtfertigt werden, dass bei diesen lokalen Steilstrecken eine beträchtliche Anzahl (natürlicher) grober Blöcke mit einer b-Achse von ca. 1 bis 2 m (bzw. bis zu 5 m an gewissen Orten) vorhanden ist. Diese tragen zu einer Stabilisierung des Flussbettes bei und wurden durch die Linienzahlanalyse ungenügend erfasst. Rechnet man die beobachteten (flächenbezogenen) Blockkonzentrationen (mit Berücksichtigung des halben Blockvolumens, da ein beträchtlicher Anteil über der mittleren Sohle liegt) in einen volumetrischen Anteil an der Oberflächenschicht um, so ergeben sich für die fünf Abschnitte mit lokalen Versteilungen Werte von bis zu 25% unterhalb des Riale Riascio bzw. von ca. 10% in den anderen Steilstrecken. In sedFlow 198

wird die Makrorauigkeit mit einem einfachen Ansatz über das D84 berücksichtigt. Ergänzt man bei den lokalen Versteilungen die Linienproben um die beobachteten Blockkonzentrationen und betrachtet z.B. das D90 als charakteristisches Rauigkeitsmass, so können die in diesen Abschnitten für die Modellierung erhaltenen Anfangs- und Endkornverteilungswerte für D84 (Bild 8e) als nicht unplausibel betrachtet werden. Für eine genauere Berücksichtigung der stabilisierenden Wirkung von groben Blöcken könnten z.B. auch Ansätze von Yager at al. (2012) oder von Whittaker et al. (1988) verwendet werden, wie sie etwa in Nitsche et al. (2011, 2012) diskutiert sind. Sowohl die Simulationen für die Sensitivitätsanalysen (Bild 7, Kleine Emme) als auch für die Hochwasserszenarien (Bild 10, Brenno) zeigen, dass sich die betrachteten Änderungen in den Modellparametern viel stärker auf das Niveau der simulierten Geschiebefrachten als auf die simulierten Sohlenänderungen auswirken. Dies dürfte teilweise damit zusammenhängen, dass bei unseren Analysen die Änderungen pauschal auf die ganze Untersuchungsstrecke angewendet wurden (z.B. Abfluss, Kornverteilung und θc50,min überall grösser) und somit die relativen Änderungen von Abschnitt zu Abschnitt ähnlich blieben. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass sich z.B. lokale Änderungen beim Geschiebeeintrag im Brenno räumlich weiter auf die Geschiebefrachten auswirken als auf die Sohlenänderungen (Bild 11).

die generellen Trends zum beobachteten Geschiebetransport entlang der etwa 20 km langen Untersuchungsstrecken plausibel abgebildet werden konnten. Dies bestätigt die grundsätzliche Anwendbarkeit von neueren Ansätzen zur Berechnung des Geschiebetransportes in steilen Gerinnen, welche in früheren Untersuchungen mit anderen Referenzdaten ebenfalls zu plausiblen Resultaten führten (Nitsche et al., 2012). Weitere Untersuchungen sind nötig, um herauszufinden, für welche Formelkombinationen und bei welchen Gerinneverhältnissen die Simulationen bei lokalen Versteilungen eine zu starke Tendenz zur Erosion von Knickpunkten zeigen. Andere wichtigen offenen Fragen bezüglich des Geschiebetransportes in steilen Gerinnen betreffen die Wahl einer geeigneten Transportformel, die Verhältnisse beim Transportbeginn und dabei insbesondere die Wahl einer geeigneten Versteckfunktion bei der fraktionierten Berechnung. Die aktuelle Version des Simulationsprogrammes sedFlow kann unter den Bedingungen der GNU General Public License (GPL) von der folgenden Seite heruntergeladen werden: www.wsl.ch/sedFlow Danksagung Die hier vorgestellten Untersuchungen und insbesondere die Entwicklung des Geschiebetransport-Simulationsprogrammes sedFlow wurden hauptsächlich im Rahmen des NFP61Projektes SEDRIVER des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissen-

6. Schlussfolgerungen Für die beiden Gebirgsflüsse Kleine Emme und Brenno konnten mit dem eindimensionalen Geschiebetransport-Simulationsprogramm sedFlow die Beobachtungen zu den Sohlenveränderungen und zu den Geschiebefrachten für die jeweils untersuchten Eichperioden zufriedenstellend nachgerechnet werden. Dabei wurde, neben der Wahl der Transportformel, bei der Kleinen Emme vor allem die Anfangskornverteilung des Flussbettes in einem plausiblen Bereich für die Bestvariante angepasst. Beim Brenno waren, neben der Wahl der Transportformel, der gewählte Wert der minimalen Grenzschubspannung für den Transportbeginn sowie lokale Anpassungen der Gerinnebreite in Umlagerungs- oder Ablagerungsstrecken bei der Optimierung der Simulationsresultate wichtig. Es kann festgestellt werden, dass mit einem insgesamt relativ einfachen mechanistischen Geschiebetransportmodell

schaftlichen Forschung (SNF Projekt Nr. 4061125975/1/2) durchgeführt. Die Arbeiten und Simulationen für den Brenno wurden parallel auch durch das BAFU-(GHO)-Projekt «Feststofftransport in Gebirgs-Einzugsgebieten» (Vertrags-Nr. 11.0026.PJ/K154-7241) unterstützt. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) sowie die Wasserbauämter der Kantone Luzern und Tessin stellen Daten zur Kleinen Emme und zum Brenno zur Verfügung. Wir danken im Weiteren Christa Stephan (Projektarbeit ETH/WSL), Lynn Burkhard (Masterarbeit ETH/WSL), Anna Pöhlmann (WSL) und Christian Greber (Masterarbeit ETH/WSL) für Beiträge zur Entwicklung und Anwendung von «sedFlow». Literatur Badoux, A., Rickenmann, D. (2008): Berechnungen zum Geschiebetransport während der Hochwasser 1993 und 2000 im Wallis. «Wasser Energie Luft» 100: 217–226. Badoux, A., Peter, A., Rickenmann, D., Junker, J., Heimann, F.U.M., Zappa, M., Turowski, J.M. (2014): Geschiebetransport und Forellenhabi-

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199

Geschiebetransport

tate in Gebirgsflüssen der Schweiz: mögliche


Geschiebetransport

Geschiebetransport und Forellenhabitate in Gebirgsflüssen der Schweiz: mögliche Auswirkungen der Klimaänderung Alexandre Badoux, Armin Peter, Dieter Rickenmann, Julian Junker, Florian Heimann, Massimiliano Zappa, Jens M. Turowski

Zusammenfassung Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes «Nachhaltige Wassernutzung» (NFP61) wurden im Projekt «SEDRIVER» an der WSL und der EAWAG die Folgen des Klimawandels sowie veränderter Abflüsse auf den Geschiebetransport und mögliche Auswirkungen davon auf die Fischhabitate untersucht. 1. Einleitung Für Salmoniden ist der Laichprozess ein äusserst wichtiger Teil des Lebenszyklus. Der genaue Zeitpunkt, die Verfügbarkeit passender Strömungs- und Sohlenverhältnisse in einem Gewässer sowie die Eingrabungstiefe der Fischeier beeinflussen die Erfolgsrate der Fortpflanzung auf verschiedene Weise (Sear und DeVries, 2008). Es ist daher notwendig und wichtig, möglichst umfangreiche Informationen zur Laichaktivität von Salmoniden an ihren Laichplätzen zu sammeln, um adäquate Massnahmen zur Erhaltung der Schweizer Fischpopulationen treffen zu können. Die Bachforelle (Salmo trutta fario) ist sowohl eine der verbreitetsten als auch ökonomisch wichtigsten Salmonidenart in der europäischen Alpenregion (Burkhardt-Holm, 2009). Zudem gilt sie für die Gebirgsgewässer als Indikatorart, da sie sehr sensibel auf Umwelteinflüsse reagiert. In der Schweiz ist sie gegenwärtig als gering gefährdet gelistet. Nichtsdestotrotz nahmen Fangraten der Bachforelle zwischen 1980 und 2000 um 60% ab. Als Ursache für diesen starken Rückgang werden unter anderem die Klimaerwärmung und die Verschlechterung der Lebensräume angegeben (Burkhardt-Holm et al., 2002; Burkhardt-Holm, 2009). In Schweizer Gebirgsflüssen hat die Klimaerwärmung verschiedene Einflüsse, welche die Population der Bachforellen direkt betreffen. Es ist unter ande200

rem davon auszugehen, dass aufgrund der Klimaänderung die Winterabflüsse ansteigen werden. Dies kann auch auf die Häufigkeit von Hochwasserereignissen mit Geschiebetransport im Winterhalbjahr einen Einfluss haben (KOHS, 2007; Jasper et al., 2004). Eine Zunahme der Hochwasserabflüsse und eine damit verbundene Zunahme der winterlichen Erosionstiefen in Gebirgsflüssen könnte wiederum die Laichplätze der Bachforellen gefährden (Unfer et al., 2010). Des Weiteren haben auch anthropogene Einschränkungen der natürlichen Gerinnemorphologie (stark beeinflusste oder künstliche Flussstrecken) und die Veränderung des Abflussregimes durch Wasserkraftanlagen einen ungünstigen Einfluss auf die Fischpopulationen. Für die schnelle Berechnung von Geschiebeverlagerungen in alpinen Ein-

zugsgebieten wurde an der WSL das eindimensionale Geschiebetransportmodell sedFlow entwickelt (Heimann et al., 2014). Mit diesem Simulationsprogramm wurden in einer Modelleichung Geschiebetransportberechnungen u.a. für die zwei Schweizer Gebirgsflüsse Kleine Emme und Brenno durchgeführt (Rickenmann et al., 2014; (siehe Seite 187–199 in dieser Ausgabe). Diese Vorarbeiten dienen als Basis für die hier präsentierten Modellierungen von Zukunftsszenarien des Geschiebetransportes unter Berücksichtigung des Klimawandels. Im vorliegenden Artikel werden zuerst Beobachtungen zur Laichaktivität der Bachforelle präsentiert, wobei ein Schwerpunkt auf der Eingrabungstiefe der Eier liegt. Diese Untersuchungen wurden in 20 voralpinen und alpinen Flussabschnitten

Bild 1. Lage der Untersuchungsgebiete der Kleinen Emme (Zentralschweiz) und des Brenno (Südschweiz), in denen der Sedimenttransport modelliert wurde. In Rot sind zudem die Gewässer angegeben, an denen die Aktivitäten auf den Laichgruben untersucht wurden. In den Voralpen sind dies die Waldemme und der Necker, in den Alpen die Reuss oberhalb Andermatt, die Weisse Lütschine und der Brenno. Die in den weiterführenden Untersuchungen von Polli (2012) verwendeten Fliessgewässer sind hier nicht eingezeichnet. Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (JA100118). «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


2.

Untersuchungen zu Laichtiefen von Forellen

Untersuchungsgebiete und Feldaufnahmen Ein wichtiges Ziel der Untersuchungen ist es, die Reproduktionsperiode und die Habitatsansprüche der Bachforellen in schweizerischen Gewässern zu kennen. Aus diesem Grunde wurden voralpine und alpine Gewässer während der Reproduktionsphase untersucht. Zudem sollte die Habitatsnutzung der laichenden Bachforellen aufgenommen werden. Als einer der wichtigsten Parameter zur Fortpflanzung der Bachforelle wurde untersucht, wie tief die Weibchen ihre Eier in die Kiessohle eingraben. Dies ist im Rahmen der Klimaveränderung und der damit verbundenen möglichen zunehmenden Geschiebebewegungen im Winter eine zentrale Frage. Die Dauer der Reproduktionsperiode (Aktivitäten auf den Laichgruben) wurde an den voralpinen Flüssen Waldemme (Kt. LU) und Necker (Kt. SG) sowie an den alpinen Gewässern Reuss oberhalb Andermatt (Kt. UR), Weisse Lütschine (Kt. BE) sowie am Brenno (Kt. TI) untersucht (Bild 1; vgl. auch Riedl und Peter, 2013). Insgesamt wurde die Laichaktivität in 217 Laichgruben beobachtet. Die Studie zur Habitatsbenützung sowie zu den Eingrabungstiefen wurde ebenfalls an diesen Flüssen durchgeführt, mit Ausnahme der Waldemme und des Neckers. In Rahmen weiterer Untersuchungen (Polli, 2012) beobachteten wir die Habitatsbenützung und die Eingrabungstiefen in sieben zusätzlichen voralpinen/ alpinen Fliessgewässern: Luthern (Kt. LU), Wigger (Kt. LU), Waldemme (Kt. LU), Ri-

Geschiebetransport

durchgeführt, um eine möglichst breite Übersicht zu erreichen. Dann werden die Resultate der Geschiebetransportmodellierungen für die nahe (2021–2050) und ferne (2070–2099) Zukunft für die beiden Gebirgsflüsse Kleine Emme und Brenno vorgestellt. Dabei wird vor allem die maximale Erosionstiefe in den Wintermonaten (während der Laichperiode) analysiert. Schliesslich werden die möglichen Auswirkungen des Klimawandels im Zusammenhang mit dem Geschiebetransport auf die Laichaktivität von Bachforellen diskutiert. In diesem Text fassen wir die Ergebnisse von Riedl und Peter (2013), Polli (2012) und Junker et al. (subm.) für den deutschsprachigen Raum zusammen. Dabei erweitern wir die dortigen Analysen um Simulationsresultate aus dem Einzugsgebiet des Brenno.

Bild 2. Längsschnitt einer Laichgrube mit zwei Eipaketen (aus Crisp, 2000); «Flow» = Fliessrichtung, «Water Surface» = Wasseroberfläche, «Egg pockets» = Eipakete, «Pit» = Grube, «Tail» = hinterer Teil der Laichgrube. Die Längen A und B kennzeichnen die Eingrabungstiefe, gemessen vom aufgeschütteten Kies bis zu den Eiern (A) sowie von der ursprünglichen Gewässersohle bis zu den Eiern (B).

2.1

Bild 3. Bachforellenlaichgrube in der Enziwigger LU mit einem Bachforellenpaar. Die Laichgrube ist auch ohne Fische gut erkennbar an der elliptischen Form und dem hellen Kies. ckenbach (Kt. SG), Thur (Kt. SG), Vorderrhein (Kt. GR) und Inn (Kt. GR). Zusätzlich wurden noch drei Gewässer im Kanton Tessin studiert: Laveggio, Vedeggio und Ticino. Für die Habitatsbenützung wurden bei den Laichgruben die Fliessgeschwindigkeiten, die Wassertiefen sowie die Substratzusammensetzung gemessen. Mindestens 15 verschiedene Laichgruben wurden pro Gewässer ausgesucht, um auch die Variabilität der Eingrabungstiefen der Eier zu bestimmen. Das Ausgraben der Eier erfolgte im hinteren Teil der Laichgrube mit einer Schaufel oder von Hand. Um dabei abdriftende Eier zu sammeln, wurde am unteren Ende der Laichgrube ein feinmaschiges Netz (Maschenweite 1 mm) aufgespannt. Es wurden zwei unterschiedliche Tiefen der abgelegten Eier bestimmt. Eingrabungstiefe A ist die Tiefe gemessen

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

vom aufgeschütteten Kies bis zu den Eiern, Eingrabungstiefe B ist die Tiefe gemessen ab der Gewässersohle (vor dem Anlegen der Laichgrube) bis zu den Eiern (Bild 2). Laichgruben sind als helle ellipsenähnliche Flächen erkennbar. Der tiefste Punkt ist die Grube; der vom Weibchen aufgeschüttete Kies zeigt sich als deutliche Erhebung (Kieshügel). Die Eier liegen in mehreren Paketen (2–4) im aufgeschütteten Kies vergraben. Die Bilder 2 und 3 zeigen Laichgruben von Bachforellen. 2.2 Resultate Die Laichperiode der Bachforelle begann am 25. Oktober und dauerte maximal bis am 11. Januar (Riedl und Peter, 2013). In den untersuchten Gewässern dauerte die Laichaktivität zwischen 28 und 72 Tagen (Mittelwert 45 Tage). Die Fische benutzten Wassertiefen zwischen 5 und 50 cm 201


Geschiebetransport

bei Fliessgeschwindigkeiten (bodennah) zwischen 5 und 70 cm/s. Die verwendeten Substratgrössen lagen zwischen 2 und 128 mm. Polli (2012) untersuchte zur Beschreibung der Habitatsbenützung 172 Laichgruben und kam zu sehr ähnlichen Werten. Bild 4 zeigt die Habitatsbenützung der Bachforellen für den Parameter Wassertiefe. Für die Eingrabungstiefe B beobachteten Riedl und Peter (2013) einen mittleren Wert von 3.8 cm. Polli (2012) fand eine etwas höhere mittlere Eingrabungstiefe B von 5.2 cm. Die mittlere Eingrabungstiefe A betrug 5.8 cm (Riedl und Peter 2013) respektive 10.1 cm (Polli 2012). 2.3 Vergleich mit anderen Studien Unsere Studie ergab für die Habitatsnutzung der Bachforellen sehr ähnliche Werte, wie sie in anderen Gewässern weltweit beobachtet wurden. Die laichenden Bachforellen bevorzugen Wassertiefen zwischen 10 und 20 cm, Fliessgeschwindgkeiten (bodennah) von 30 bis 40 cm/s und Substrate mit Korngrössen von 16 bis 32 mm. Die von uns beobachteten Eingrabungstiefen der Eier (mittlere Tiefen B von 3.8 respektive 5.2 cm) sind jedoch deutlich geringer als alle bisher in der Literatur publizierten Daten. Frühere Studien dokumentierten Eingrabungstiefen der Eier von zirka 10–20 cm. In der Literatur gibt es aber

keine Studie, die vergleichbar viele Laichgruben untersuchte. Wir analysierten total 297 Laichgruben (Riedl und Peter, 2013 sowie Polli, 2012). Bisher publizierte Studien bezogen sich meist auf wenige Laichgruben (einige Dutzend), der Maximalwert liegt bei 75 Laichgruben. Zudem beziehen sich die meisten Studien auf Flachlandgewässer, während wir vor allem voralpine und alpine Gewässer untersuchten. Die von uns festgestellten geringen Eingrabungstiefen der Eier bedeuten ein Risiko beim Auftreten von Hochwassern während der gesamten Inkubationszeit der Eier (Oktober bis zirka April/Mai). Diese Information ist für die Diskussion klimatischer Veränderungen und der damit verbundenen höheren Abflüsse im Winter und einer zunehmenden Häufigkeit des Geschiebetransports sehr wichtig.

rechnung des Geschiebetransportes in steilen Gerinnen mit Makrorauigkeit, (ii) Berechnung von fraktionsweisem Transport; (iii) schnelle Berechnungszeiten zur Modellierung ganzer Einzugsgebiete und zur Szenarienanalyse mit automatisierten Simulationsberechnungen vieler Varianten. Die eindimensionalen Berechnungen des Abflusses und Geschiebetransportes mit sedFlow basieren auf einem mittleren Rechteckprofil, welches die gemessenen Querprofile annähert. Eine Übersicht über das Simulationsprogramm sedFlow ist in Rickenmann et al. (2014) gegeben, eine detailliertere Beschreibung haben Heimann et al. (2014) gegeben.

3.

3.1.1 Kleine Emme Die Kleine Emme liegt in der Zentralschweiz und entwässert das Entlebuch und das Mariental (Bild 1). An der BAFU-Abflussmessstation Emmen (im Januar 2013 als Ersatz für die Station Littau, Reussbühl, in Betrieb genommen) umfasst das Einzugsgebiet eine Fläche von 478 km2. Eine weitere Abflussmessstation befindet sich am Standort Werthenstein-Chappelboden. Das Einzugsgebiet weist eine mittlere Höhe von 1050 m ü.M. auf und ist nicht vergletschert. Die Kleine Emme hat einen weitgehend natürlichen Abfluss. Weitere Details zum Untersuchungsgebiet sind in Rickenmann et al. (2014) gegeben. Die untersuchte Simulationsstrecke ist 19.4 km lang und reicht von Doppleschwand bis zum Zufluss des Renggbach (vgl. Rickenmann et al., 2014). Das Gerinnegefälle beträgt entlang der obersten 2 km der Strecke 0.5 bis 3.5% bzw. 0.5 bis 1.5% unterhalb der Mündung der Fontanne bis nach Littau. Im unteren flacheren Bereich ist die Kleine Emme weitgehend kanalisiert und mit zahlreichen Sohlschwellen versehen. Das mittlere Gefälle der gesamten Untersuchungsstrecke beträgt 0.9%. Die wichtigsten Wasser- und Geschiebezubringer sind die Fontanne und der Rümlig. Im oberen Bereich der simulierten Flussstrecke befinden sich mehrere Felsabschnitte. Die aufgenommenen Kornverteilungen in der Kleinen Emme basieren auf Linienzahlanalysen von Burkhard (2012) und der WSL und werden von Rickenmann et al. (2014) beschrieben. Sie variieren entlang der Simulationsstrecke stark. Das Geschiebetransportmodell sedFlow wurde für die Kleine Emme mit Hilfe von beobachteten Sohlenverände-

Geschiebetransportmodellierung für Klimaszenarien Für die Modellierung des Geschiebetransportes und der Gerinnemorphodynamik haben wir das Modell sedFlow verwendet (Heimann et al., 2014). Dieses wurde an der WSL im Rahmen des NFP61-Projektes «SEDRIVER» speziell für Berechnungen in Gebirgsflüssen entwickelt und enthält die folgenden grundlegenden Elemente: (i) Berücksichtigung neuer Ansätze zur Be-

Bild 4. Benutzung der Wassertiefen durch die laichenden Bachforellen. Es wurden 172 Laichgruben untersucht. Ein Nutzungsindex von 1 wird der Tiefe zugewiesen, die am häufigsten genutzt wird. Ein Nutzungsindex von 0 bedeutet keine Nutzung. Grafik aus Polli (2012). 202

3.1

Untersuchungsgebiete und Geschiebetransportsimulation für Eichperiode

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


3.1.2 Brenno Der Brenno entwässert das Bleniotal im Kanton Tessin und mündet bei Biasca in den Ticino (Bild 1). Bei der BAFU-Abflussmessstation Loderio (einige Kilometer vor der Mündung) hat das Einzugsgebiet eine Fläche von 397 km2. Dieses weist eine mittlere Höhe von 1820 m ü.M. auf und ist leicht vergletschert (gut 1%). Das Abflussregime des Brenno ist wesentlich durch die Wasserkraftnutzung beeinflusst. Über bedeutende Teile des Einzugsgebietes wird Wasser gefasst und ausserhalb des Gebietes in den Ticino geleitet. Weitere Details zum Untersuchungsgebiet werden von Rickenmann et al. (2014) gegeben. Der im Projekt modellierte Ab-

schnitt des Brenno erstreckt sich von Olivone bis zur Mündung in den Ticino und weist eine Länge von 23 km auf. Das mittlere Gefälle der Simulationsstrecke beträgt 2.4% und variiert lokal zwischen 15% und 0.3‰. Der Brenno verfügt über ein weitgehend natürliches Bett und ist kaum kanalisiert. Geschiebe wird von verschiedenen seitlichen Wildbächen geliefert (z.B. Ri di Soi, Riale Riascio, Lesgiüna und Crenone). Mit Ausnahme der Lesgiüna können sich in diesen Wildbächen Murgänge ereignen, welche grobes Material bis in die Mündungsbereiche liefern. Für geomorphologisch homogene Abschnitte des Brenno wurden mehrere Linienzahlanalysen aufgenommen und daraus eine repräsentative Kornverteilung der Deckschicht und der Unterschicht ermittelt. Des Weiteren wurden auch in einigen Zuflüssen Kornverteilungen bestimmt. Die Verteilungen entlang der Simulationsstrecke variieren beträchtlich (Rickenmann et al., 2014). Auch für den Brenno eichten wir das Transportmodell sedFlow anhand von beobachteten Sohlenveränderungen (terrestrisch vermessene Querprofile im April 1999 und Juni/Juli 2009) und des Geschiebefrachtdiagramms für diese Periode (Rickenmann et al., 2014). Die grössten Veränderungen während der rund zehnjährigen Eichperiode traten bei der Mündung des Ri di Soi auf (Murgang vom September 1999), mit Ablagerungen von bis zu 4 m. Für den Brenno wurde der Geschiebeaustrag in den Ticino durch Transportberechnungen mit dem Modell sedFlow abgeschätzt und beträgt rund 70 000 m3 (WSL, 2013). Die Einträge der Seitenzubringer wurden anhand von bestehenden Studien (Flussbau, 2003; 2003/2005; Stricker, 2010) bestimmt und belaufen sich auf insgesamt ca. 330 000 m3. Zudem wurden Materialentnahmen während der Eichperiode von 1999 bis 2009 gemäss Aufzeichnungen in der SOLIDDatenbank des BAFU berücksichtigt (gut 50 000 m3). Der Geschiebeeintrag am oberen Modellende bei Olivone in die Simulationsstrecke ergibt sich aus der Geschiebebilanz und beträgt rund 35 000 m3. Die Prozesse Erosion und Ablagerung traten über die gesamte Simulationsstrecke verteilt auf. Ohne Berücksichtigung der massiven Seiteneinträge durch Murgänge betrugen die (mittleren) Sohlenänderungen in einigen Gerinneabschnitten bis zu +/- 1 m. Die Modellparameter der Bestvariante für die Eichperiode werden von Rickenmann et al. (2014) beschrieben und wurden für die hier durchgeführten Zukunftsmodellierungen übernommen. Für die Bereitstellung der zur Ge-

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

schiebemodellierung notwendigen hydrologischen Daten wurde das Modell PREVAH (Viviroli et al. 2007) eingesetzt. Das gesamte Einzugsgebiet des Brenno wurde in Teileinzugsgebiete aufgeteilt, um an verschiedenen Stellen (Zuflüsse von Seitenzubringer) entlang des Gerinnes eine Ganglinie für die Jahre 1999 bis 2009 zu berechnen. Allerdings muss im Einzugsgebiet des Brenno der Tatsache Rechnung getragen werden, dass dessen Abflussverhalten infolge der Wasserkraftanlagen der Blenio Kraftwerke AG seit dem Beginn der 1960er-Jahre beträchtlich beeinflusst ist. Bei den PREVAH-Simulationen konnten Fassungen und Reservoire nicht berücksichtigt werden. Aus diesem Grund wurden die Simulationsresultate nachträglich korrigiert. Mittels dieser angepassten Daten wurde der gemessene Abfluss in Loderio auf die Teileinzugsgebiete herunterskaliert (vgl. auch Rickenmann et al. 2014). 3.2

Simulationen des Geschiebetransportes für die Zukunft

3.2.1 Hydrologische Modellrechnungen mit PREVAH Die Daten für die hydrologischen Zukunftsszenarien basieren auf den Resultaten des Projektes CC-Hydro, welche in Bernhard et al. (2013) und BAFU (2012) ausführlich beschrieben sind. Die Modellierungen in CC-Hydro wurden mit dem Niederschlagsabfluss Modell PREVAH (Viviroli et al. 2007) ausgeführt. Mit dem Modell konnte der Einfluss der Klimaerwärmung auf das Abflussregime bedeutender Schweizer Flüsse abgeschätzt werden. Hydrologische Berechnungen wurden dabei für die nahe (2021–2050) und die ferne (2070–2099) Zukunft realisiert, wobei die Klima-Impaktszenarien von Bosshard et al. (2011) zur Anwendung kamen. Für beide Zukunftsperioden wurden insgesamt zehn verschiedene Klimaketten des Emissionsszenarios A1B aus dem ENSEMBLES-Projekt (van der Linden und Mitchell, 2009) berücksichtigt. Die Simulationen im Rahmen von CC-Hydro wurden an 70 Abflussmessstationen des BAFU überprüft. Darunter fallen auch die Stationen Littau der Kleinen Emme und Loderio des Brenno (Bild 5). Geeicht wurde das Modellsystem anhand der gemessenen Abflussdaten der Periode 1980 bis 2009. Die zur Berechnung der Zukunftsszenarien verwendeten meteorologischen Inputdaten haben eine zeitliche Auflösung von einem Tag. Gemäss den PREVAH-Modellie203

Geschiebetransport

rungen (terrestrisch vermessene Querprofile im September 2000 und November 2005) und des Geschiebefrachtdiagramms für diese Periode geeicht (Rickenmann et al., 2014). In der Eichperiode von 2000 bis 2005 hatte die Seitenerosion in der Kleinen Emme eine grosse Bedeutung für den Geschiebetransport. Dies ist weitgehend auf das grosse und schadenreiche Hochwasserereignis vom August 2005 zurückzuführen (z.B. Hunzinger und Durrer, 2008). Basierend auf den Querprofildaten, den Geschiebestudien (Flussbau, 2009a; 2009b) sowie der Ereignisanalyse zum Hochwasser 2005 (Bezzola und Hegg, 2007) wurde der Austrag der Kleinen Emme in die Reuss (mit Ausbaggerungen) auf ungefähr 140 000 m3 geschätzt. Der Geschiebeeintrag in die Simulationsstrecke ergibt sich dann aus der Geschiebebilanz zu etwa 25 000 m3. Der Geschiebeeintrag durch die drei bedeutendsten Seitenzubringer war relativ gering, v.a. im Vergleich zur Seitenerosion. Die Prozesse Erosion und Ablagerung traten über die gesamte Simulationsstrecke verteilt auf, mit (mittleren) Sohlenänderungen im Bereich von +/- 0.5 m. Die Modellparameter der Bestvariante für die Eichperiode sind in Rickenmann et al. (2014) beschrieben und wurden für die hier durchgeführten Zukunftsmodellierungen übernommen. Die für die Geschiebetransportberechnungen notwendigen hydrologischen Daten für den Zeitraum 2000 bis 2005 stammen (i) von den Abflussmessstationen Littau und Werthenstein und (ii) von hydrologischen Simulationen mit dem Niederschlagsabfluss Modell PREVAH (Viviroli et al., 2007) für den Seitenzubringer Font anne. Details zur Datenaufbereitung und zu den Abflusssimulationen werden von Rickenmann et al. (2014) und bei WSL (2013) gegeben.


Geschiebetransport Bild 5. Szenarien des mittleren Abflusses für die Kleine Emme in Emmen (obere Grafiken a und b) und den Brenno in Loderio (untere Grafiken c und d). Die Jahresganglinie der Referenzperiode ist jeweils in Schwarz angegeben. Farbig dargestellt sind Realisationen für zwei Zukunftsperioden (jeweils links: 2021–2050; jeweils rechts: 2070–2099). Dargestellt ist das gleitende Mittel über eine Dauer von 30 Tagen. rungen kommt die Schneeschmelze aktuell (d.h. in der Eich- oder Kontrollperiode) für 11.5% des Jahresabflusses der Kleinen Emme auf. Die mittlere jährliche Abflussganglinie weist von Mitte März bis Mitte Juni ein deutliches Maximum auf, welches stark von der Schmelze beeinflusst wird (schwarze Linie in Bild 5a und b). Die für die nahe Zukunftsperiode (2021–2050) erhaltenen Resultate deuten auf eine klare Zunahme der mittleren Abflüsse im Winterhalbjahr hin (Bild 5a). Diese Tatsache ist sowohl auf die erwartete Zunahme der Niederschlagsmenge im Winter als auch auf die geringere Speicherung des Niederschlages in Form von Schnee infolge des Anstiegs der durchschnittlichen Temperatur zurückzuführen. Das mittlere saisonale Abflussmaximum im Frühjahr fällt gemäss Simulationen in der nahen Zukunft weniger hoch aus. Das bedeutet, dass in der Kleinen Emme mit einer etwas ausgeglicheneren, weniger saisonalen Jahresganglinie gerechnet werden kann. Die Mehrzahl der Szenarien sagen im Sommer von Mitte Juni bis Mitte August niedrigere Abflüsse vorher als in der Kontrollperiode. Im Mittel 204

aller zehn Zukunftsszenarien sind keine massgeblichen Veränderungen in der hydrologischen Jahresbilanz des Einzugsgebietes der Kleinen Emme zu erwarten. Allerdings ist mit einem leichten Rückgang des Anteils der Schneeschmelze am Gesamtabfluss auf 8% zu rechnen. In der fernen Zukunftsperiode (2070–2099) werden die Frühlings- und Sommerabflüsse weiter abnehmen (Bild 5b). Und aufgrund der Zunahme von Winterniederschlägen in flüssiger Form und dem damit verbundenen Rückgang der Schneedeckenakkumulation ist im voralpinen Einzugsgebiet der Kleinen Emme eine Modifikation des Abflussregimes zu erwarten. In der fernen Zukunft werden die Abflüsse möglicherweise im Winter ihre Höchstwerte erreichen und im Sommer lange Niedrigwasserperioden auftreten. Gemäss den Simulationen mit PREVAH trägt die Schneeschmelze in der Kontrollperiode 45% zum Jahresabfluss des Brenno bei. Die mittlere jährliche Abflussganglinie weist bisher zwei Perioden mit hohen Abflüssen auf (schwarze Ganglinie in Bild 5c und d): eine erste Phase von

Mitte April bis Ende Juni bildet ein deutliches Jahresmaximum und ist hauptsächlich auf die Schneeschmelze zurückzuführen. Ein zweites Maxima tritt im Herbst von September bis Oktober auf und widerspiegelt das typische Niederschlagsregime des Tessins. Die für die nahe Zukunftsperiode (2021–2050) erhaltenen Simulationsresultate weisen auf eine Zunahme der mittleren Winterabflüsse von Anfang November bis Ende Februar hin (Bild 5c). Auch beim Brenno ist dies auf die prognostizierte generelle Zunahme der Winterniederschläge in Kombination mit der Abnahme des Anteils der Niederschläge in Form von Schnee (Temperaturzunahme) zurückzuführen. Das mittlere Abflussmaximum im Mai wird in der nahen Zukunft eher tiefer ausfallen; das Schneeschmelzdefizit gegenüber der Kontrollperiode führt allgemein zu geringeren Abflüssen von Mai bis Juli. Ob das zweite mittlere Jahresmaxima im Herbst vorerst zu- oder abnimmt, ist nicht eindeutig erkennbar. Die hydrologische Bilanz des Einzugsgebietes des Brenno wird sich gemäss Zukunftsszenarien 2021–2050 (Mittelwert) kaum ändern.

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


3.2.2 Simulationsresultate Geschiebetransport für die nahe und ferne Zukunft Wie in Abschnitt 3.1 erklärt, wurde das Modell sedFlow in beiden Flussgebieten anhand der registrieren Sohlenveränderungen und des Geschiebefrachtdiagramms für eine Periode von fünf (Kleine Emme) und zehn Jahren (Brenno) geeicht. Die Güte der Modellresultate wurde evaluiert, indem die simulierten akkumulierten Geschiebetransportfrachten mit den aus den Sohlenveränderungen abgeleiteten Werten entlang der Untersuchungsstrecke verglichen wurden. Für die Kleine Emme resultierte dabei ein hoher NashSutcliffe-Gütewert von 0.95. Am Brenno wurde in der Simulation eine durchgeführte Kiesentnahme als anthropogener Eingriff nicht berücksichtigt. Das führte

dort zu einer geringeren Güte von 0.73. Dieser Wert ist jedoch für grosse Teile der Simulationsstrecke nicht repräsentativ, an denen die Modellierung gut mit den Beobachtungen übereinstimmt. Den Parametersatz der Modelleichung verwendeten wir sowohl für die Simulation der Kontrollperiode (1980–2009) als auch für die Zukunftssimulationen (2021–2050 und 2070–2099), wobei wir jeweils immer von denselben Anfangsbedingungen ausgingen und nur den Abfluss variierten. Jeder Modelllauf wurde am 16. April eines Simulationsjahres gestartet und endete am 15. April des Folgejahres. In unserer Untersuchung konzentrierten wir uns auf (i) die maximale Erosionstiefe während der Inkubationszeit, (ii) den Zeitpunkt des Erreichens des tiefsten Standes der Gerinnesohle innerhalb des Winterhalbjahres und (iii) die Bettstabilität in Abhängigkeit vom Sohlengefälle. Die simulierten Variablen (i) und (ii) wurden für jeden Gerinneabschnitt (Rickenmann et al., 2014) entlang der Simulationsstrecke während eines bestimmten Winters gespeichert. Dieses Vorgehen wurde für die 30 Jahre der Kontrollperiode sowie für die 30 Jahre der nahen und fernen Zukunftsperiode – jeweils für alle zehn verschiedenen Klimaszenarien – wiederholt. Die Erosionstiefe (i) ermittelten wir wie folgt: Die minimale simulierte Gerinnebetthöhe zwischen dem 20. Dezember und dem 15. April (Inkubationszeit) wurde von der simulierten Gerinnebetthöhe am

20. Dezember subtrahiert. Der Zeitpunkt (ii) wurde für die Periode vom 15. Oktober bis zum 15. April (entspricht hier einem Winterhalbjahr) jedes simulierten Jahres festgelegt. Für die Bettstabilität (iii) galt die Sohle eines Gerinneabschnittes für diejenigen Jahre als stabil, wenn die maximale Erosionstiefe während der Inkubationszeit den Grenzwert von 5 cm nicht überschritt. Dieser Grenzwert entspricht der mittleren Eingrabungstiefe B der Eier der Bachforelle in Gebirgsflüssen der Schweiz (vgl. Abschnitt 2 sowie Polli, 2012). Um den Einfluss der Klimaänderung auf den Auftretenszeitpunkt der minimalen Gerinnehöhe und auf die maximale Erosionstiefe zu analysieren, wurden sowohl räumliche wie auch zeitliche Quantile berechnet. Innerhalb eines simulierten Jahres wurde für alle Gerinneabschnitte die maximale Erosionstiefe berechnet und dann jene Tiefe bestimmt, für die nur ein Viertel aller Gerinneabschnitte einen höheren Wert aufweisen (räumliches 75. Perzentil), somit wird jedem Jahr eine repräsentative Erosionstiefe zugeordnet. Von diesen Werten wurden dann zeitliche Perzentile, bezogen auf die simulierten Jahre ermittelt. Für die nahe Zukunft lässt sich sowohl in der Kleinen Emme als auch im Brenno nur eine leichte Zunahme der Erosionstiefen beobachten. Deutlicher ist die Zunahme für die ferne Zukunft, wo sie meist über die Spannbreite der unterschiedlichen hydrologisch-klimatischen Szena-

Bild 6. Maximale Erosionstiefe während der Inkubationszeit vom 20. Dezember bis zum 15. April (räumliches 75. Perzentil) in der Kleinen Emme (a) und im Brenno (b). Die Boxplots widerspiegeln die Variabilität der Erosionstiefe über die verschiedenen hydrologischen/klimatologischen Szenarien (jeweils links, dunkelgrau, für die nahe Zukunft sowie rechts, hellgrau, für die ferne Zukunft). Die roten Punkte zeigen die Simulationsresultate der Kontrollperiode. Der Wert des 75. Perzentils trennt jenes Viertel der Gerinneabschnitte mit grösseren Erosionstiefen von den drei Vierteln der Abschnitte mit kleineren Erosionstiefen. Auf der Abszisse sind die zeitlichen Perzentile der maximalen Erosionstiefen dargestellt. Das heisst, die Boxplots mit tiefen Perzentilwerten repräsentieren Jahre mit wenig Wintererosion, die Boxplots mit hohen Perzentilwerten repräsentieren Jahre mit intensiverer Wintererosion. «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

205

Geschiebetransport

Wie in der Kleinen Emme ist jedoch mit einem Rückgang des Anteils der Schneeschmelze am Gesamtabfluss zu rechnen (auf 37%). In der fernen Zukunftsperiode (2070–2099) werden die Winterabflüsse im Brenno weiter deutlich zunehmen (gewisse Prognoseresultate geben hohe Spitzenwerte im November an, Bild 5d). Demgegenüber werden die von der Schneeschmelze beeinflussten Abflüsse im Frühling und Frühsommer gegen Ende des 21. Jahrhunderts noch stärker als zuvor abnehmen. Gemäss Simulationen wird dann der Anteil der Schneeschmelze am Gesamtabfluss nur noch 30% betragen.


01.Dez

01.Jan

01.Feb 01.Mär

01.Apr

0.004

0.006

(b)

0.002

0.006 0.004 0.002

01.Nov

züglich (i) maximaler Erosionstiefe (Bild 6), (ii) dem Auftretenszeitpunkt der maximalen Erosionstiefe (Bild 7) und (iii) der Beziehung zwischen Gerinnestabilität und -neigung (Bild 8) gewisse Unterschiede ergeben. Diese sind auf Verschiedenheiten in der Hydrologie und der Geomorphologie der beiden Untersuchungsgebiete zurückzuführen. Was das Abflussgeschehen angeht, sagen die Modellketten in keinem der beiden Gebiete Abflussrückgänge im Winter voraus, sondern es wird weitgehend von erhöhten Winterabflüssen ausgegangen. Im Brenno haben wir in den Winterhalbjahren der nahen Zukunft weniger Auswirkungen des Klimawandels zu erwarten als in der Kleinen Emme. Vermutlich spielen hier die Wasserkraftpuffer eine wichtige Rolle. Im Brenno beeinflussen die Schneeakkumulation und -schmelze das zukünftige Abflussverhalten stark. Einzelne Klimamodelle sagen höhere Wintertemperaturen voraus, was die winterlichen Abflussspitzen infolge von Regenfällen im November auftreten lässt. Andere Modelle hingegen prognostizieren im November auch in der fernen Zukunft Schneeakkumulation, verbunden mit einer früheren Jahresabflussspitze im September/Oktober. Das Gesamtbild der Abflussprognosen für die ferne Zukunft ist im Brenno deutlich komplexer als in der Kleinen Emme. Anders als beim Brenno wird die Abflussveränderung in der Kleinen Emme primär durch Niederschlagsänderungen und weniger durch Temperaturänderungen beeinflusst. Im Einzugsgebiet der

0.000

(a)

0.008

Vergleich zwischen Kleiner Emme und Brenno Die Simulationsresultate zum aktuellen und zukünftigen Geschiebetransport in der Kleinen Emme und im Brenno haben beWahrscheinlichkeitsdichte für Zeitpunkt der maximalen Erosionstiefe

3.3

0.008

0.010

sich für die nahe Zukunftsperiode kaum eine Änderung. In der fernen Zukunft tritt der Zeitpunkt der tiefsten Sohlenlage in einigen Klimaszenarien später auf, als dies in der Kontrollperiode der Fall ist. Generell ist das Bild im Fall der fernen Zukunft im Brenno komplexer als in der Kleinen Emme. Der Anteil stabiler Flussabschnitte (das heisst jener Abschnitte mit einer maximalen winterlichen Erosionstiefe von weniger als 5 cm) nimmt in den Zukunftssimulationen der Kleinen Emme ab (Bild 8a). Generell sind Abschnitte mit einem geringen Gefälle stabiler als jene mit einem steileren Gefälle. In der nahen Zukunft nimmt zudem der Anteil stabiler Profile mit steigendem Gefälle im Vergleich zur Kontrollperiode stärker ab (Bild 8a). Die gleiche Entwicklung ist auch in der fernen Zukunft im Vergleich zur nahen Zukunft zu beobachten. Auch für den Brenno nimmt der Anteil stabiler Flussabschnitte in den Zukunftssimulationen ab (Bild 8b). Allerdings zeigen die Simulationen für den Brenno nur eine sehr geringe Abnahme stabiler Flussabschnitte. Der etwas komplexere Zusammenhang zwischen Stabilität und Gerinnegefälle (als in der Kleinen Emme) könnte damit zusammenhängen, dass die maximalen Abflüsse im Bereich der kritischen Abflüsse für Transportbeginn liegen.

0.000

Wahrscheinlichkeitsdichte für Zeitpunkt der maximalen Erosionstiefe

Geschiebetransport

rien hinaus reicht (Bild 6). Diese Muster lassen sich für alle zeitlichen Perzentile beobachten. Das bedeutet, dass die beschriebenen Zunahmen der Erosionstiefe sowohl in erosionsarmen als auch in erosionsreichen Wintern vorkommen. Ebenso lassen sich für andere räumliche Perzentile, d.h. für andere Gerinneabschnitte, vergleichbare Muster beobachten. Im Vergleich ist die Wintererosion in der Kleinen Emme grösser als im Brenno. Für die Kontrollperiode fällt dies vor allem bei den hohen zeitlichen Perzentile deutlich aus. Dies ist weitgehend auf das alpinere Abflussregime aufgrund der höheren mittleren Gebietshöhe im Brenno zurückzuführen. Von Ende Dezember bis Mitte April traten bisher im Einzugsgebiet des Brenno nur sehr wenige Abflussereignisse auf, welche überhaupt Geschiebetransport verursachten. Die zu erwartende Zunahme der maximalen winterlichen Erosionstiefe scheint zudem in der Kleinen Emme stärker ausgeprägt zu sein als im Brenno. Von Dezember bis Februar, d.h. in der Zeit, in der der Forellennachwuchs besonders verletzlich ist, tritt der Zeitpunkt der tiefsten Sohlenlage für die Kleine Emme in den Zukunftssimulationen tendenziell später ein als in der Kontrollperiode (Bild 7). Das bedeutet, dass die Erosion während des Winters generell länger anhält. Dieser Trend ist in der fernen Zukunft bei allen Klimaszenarien deutlich ausgeprägt, während in der nahen Zukunft die Ausprägung des Effektes je nach Klimaszenario schwankt. Im Brenno zeigt

01.Nov

01.Dez

01.Jan

01.Feb 01.Mär

01.Apr

Bild 7. Wahrscheinlichkeitsdichte des Auftretenszeitpunktes der maximalen Erosionstiefe in der Kleinen Emme für die nahe (a) und ferne (b) Zukunft während des Winterhalbjahres (15. Oktober bis zum 15. April). Die rote Linie zeigt die Simulationsresultate der Kontrollperiode. Die schwarzen Linien stellen die verschiedenen hydrologischen/klimatologischen Szenarien dar. 206

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


0.0

0.5

99 98 97 96

Rel. Häufigkeit stabiler Abschnitte [%]

(b)

95

Grenzwert 5 cm Kontrollperiode 1980−2009 Nahe Zukunft 2021−2050 Ferne Zukunft 2070−2099

1.0

1.5

0

1

2

3

4

5

Sohlengefälle [%]

Sohlengefälle [%]

Bild 8. Gleitendes Mittel der relativen Häufigkeit stabiler Flussabschnitte in Abhängigkeit des Sohlengefälles in der Kleinen Emme (a) und im Brenno (b). Die räumliche Verteilung von Erosion wird hier als Funktion des Gerinnegefälles dargestellt. Dabei kommt ein gleitendes Gefällsfenster ΔS = 0.5% zum Einsatz. Das heisst, für ein gegebenes Gefälle S werden alle Flussabschnitte mit einem Gefälle im Bereich S +/- 0.25% betrachtet. Innerhalb dieser Flussabschnitte wird der relative Anteil jener Profile ermittelt, bei denen die maximale Erosionstiefe während der Inkubationszeit (20. Dezember bis zum 15. April) einen Grenzwert von 5 cm nicht überschreitet. Diese relative Häufigkeit stabiler Flussabschnitte ist in der Ordinate dargestellt, während die Abszisse die jeweilige Mitte des gleitenden Gefällsfensters zeigt. Kleinen Emme bringen die Zuflüsse weniger Sediment in das Hauptgerinne als im Brenno. Entlang der Untersuchungsstrecke ist die Gerinnebreite der Kleinen Emme homogener, die Gerinnegefälle sind kleiner und über die Untersuchungsstrecke hinweg gleichförmiger. Die Kornverteilungen sind generell feiner und besser sortiert als im Brenno. Im Tessiner Einzugsgebiet spielen die Sedimenteinträge aus den Zubringern eine wichtige Rolle und können sowohl in Form von Murgängen als auch in Form von fluvialem Transport erfolgen. Im Brenno ist eine naturnahe Ausprägung des Gerinnes zu beobachten, was eine heterogene Gerinnebreite mit sich bringt. Zudem liegen gröbere Korngrössen vor (besonders deutlich bei den Zusammenflüssen des Brenno mit Wildbächen, die Murgänge produzieren) und die Kornverteilungen sind grundsätzlich schlechter sortiert. Somit sind die geomorphologische Situation und ihr Einfluss auf den Geschiebetransport im Falle des Brenno insgesamt heterogener und komplexer als im Falle der Kleinen Emme. 4.

4.1

Mögliche Auswirkungen des Klimawandels

Mögliche Auswirkungen der simulierten zukünftigen Änderungen des Geschiebetransportes auf das Forellenhabitat In der vorliegenden Studie untersuchten

wir den Effekt des Klimawandels auf die Laichaktivität und die frühe Entwicklungsphase der juvenilen Bachforelle. Wir verglichen aktuelle Abflusscharakteristika (Kontrollperiode 1980–2009) mit den prognostizierten Abflussbedingungen für die nahe (2021–2050) und ferne (2070–2099) Zukunft. Unsere Resultate weisen für verschiedene Phasen des Reproduktionszyklus sowie für verschiedene Skalen im Gerinne auf qualitativ unterschiedliche Auswirkungen hin. Während die Trends in den Szenarien für die nahe Zukunft noch gering ausfallen, sind sie für die ferne Zukunft stark ausgeprägt. (i) Negativer Einfluss des Klimawandels auf grosser Skala: Unsere Resultate legen auf grosser Skala einen negativen Einfluss der Folgen des Klimawandels auf das Forellenhabitat nahe. Die prognostizierte Zunahme in Anzahl und Ausmass der Winterhochwasser führt gemäss nachgeschaltetem Sedimenttransportmodell spätestens in der fernen Zukunft zu einer Zunahme der maximalen Erosionstiefe in den untersuchten Gebirgsflüssen während der Inkubationszeit der Bachforellen. Zudem prognostiziert das Modell, dass der Zeitpunkt der maximalen Erosionstiefe (während eines Winters) in Zukunft tendenziell später auftreten wird. Erosion dürfte demnach in Gebirgsflüssen während eines längeren Zeitraumes auftreten als in der Kontrollperiode. Diese Punkte werden sich auf die natürliche Reproduktion der Fi-

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

sche negativ auswirken. Die Untersuchungen in alpinen Gebirgsflüssen ergaben für die Eingrabungstiefe der Bachforelleneier einen mittleren Wert von lediglich 3.8 cm (Riedl und Peter, 2013) bzw. 5.2 cm (Polli, 2012), wenn das Niveau der Sohle vor dem Anlegen der Laichgrube als Referenz verwendet wird (Eingrabungstiefe B). Es wird vor allem in der fernen Zukunft öfter vorkommen, dass während der Winterperiode Erosionstiefen erreicht werden, welche die in der vorliegenden Studie erstmalig belegte geringe mittlere Eingrabungstiefe überschreiten, und dass die Laichgruben entsprechend im Verlaufe der Inkubationszeit abgetragen werden. Die stabilen Bereiche im Gerinne, in denen Laichaktivität möglich ist, dürften in der Zukunft abnehmen. (ii) Andererseits könnte der Klimawandel auf kleinerer Skala und im Sommerhalbjahr einen positiven Einfluss auf die Population der Bachforelle haben. Für mehrere Abschnitte der Kleinen Emme ist aufgrund der vorhergesagten tieferen Niedrigwasserabflüsse im Sommer mit einer Diversifizierung der Fischhabitate mit mehr seichten Zonen (FlachwasserHabitate) im Gerinne zu rechnen (Junker et al., subm.). Eine Zunahme dieser Bereiche wirkt sich positiv auf Jungfische aus, die diese Habitate bevorzugen. Gemäss Goode et al. (2013) und Hauer et al. (2012) hängt die frühe Entwicklungsphase der Bachforellen stark von der Gerinne207

Geschiebetransport

100

100 95 90 85

Grenzwert 5 cm Kontrollperiode 1980−2009 Nahe Zukunft 2021−2050 Ferne Zukunft 2070−2099

80

Rel. Häufigkeit stabiler Abschnitte [%]

(a)


Geschiebetransport

morphologie und dem Abflussregime ab. Ein möglichst breites Flussbett puffert die Fliessenergie während Hochwassern ab und unter Niederwasserbedingungen steigt die Vielfalt der Lebensräume an. Diese Zusammenhänge gelten nur für natürliche Gewässer und nicht für stark anthropogen beeinflusste bzw. kanalisierte Gerinneabschnitte. 4.2

Bewertung der Resultate im Hinblick auf weitere Einflussfaktoren Neben den in Abschnitt 4.1 beschriebenen Problemen, mit denen die Bachforellen aufgrund des Klimawandels konfrontiert sind, haben Veränderungen in der Gerinnemorphologie – wie z.B. stark anthropogen geprägte oder gänzlich künstliche Flussabschnitte – und die Beeinflussung des Abflussregimes durch Wasserkraftwerke eine nachteilige Auswirkung auf die bestehenden Fischpopulationen. Die Bachforelle bevorzugt Lebensräume in naturnahen Gerinnen, die eine möglichst variable Breite und geeignete Strömungsverhältnisse aufweisen. Angesichts der erwarteten Veränderungen im Geschiebetransport voralpiner und alpiner Flüsse ist es in Zukunft für die Erhaltung der Fischpopulationen unerlässlich, verbaute Strecken zum Beispiel mittels Aufweitungen zu revitalisieren und neue, unangemessene Verbauungen zu verhindern. Zudem ist die Wiederherstellung der Konnektivität der seitlichen Zuflüsse anzustreben und langfristig aufrechtzuerhalten. Dies könnte der Bachforelle Zugang zu zusätzlichen potenziellen Laichplätzen und Refugien für die Wintermonate verschaffen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werden muss, ist die Wassertemperatur. Es wird erwartet, dass diese aufgrund des Klimawandels ansteigen wird. In diesem Fall wären die Bachforellenpopulationen gezwungen, sich in höher gelegene (und somit kältere) Gerinneabschnitte zu verschieben. Es wird wichtig sein, offene Fragen in Bezug auf die Wassertemperatur in zukünftigen Forschungsansätzen zu untersuchen. Seit den 1980er-Jahren geht der Fang von Bachforellen deutlich zurück. In schweizerischen Gewässern werden heute im Vergleich zur Zeit vor 1980 nur noch zirka 30% der damaligen Forellenfänge erreicht. Für die Äschen ist die Situation vergleichbar. Um das Problem der Bachforellen in unseren Gewässern zu erforschen, wurde das Projekt «Fischnetz» ins Leben gerufen. Eine nationale und regionale Übersicht über den Fangrückgang 208

sowie Abklärungen zur Fischgesundheit wurden vorgenommen und die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Forellenpopulationen analysiert. Die ausführlichen Untersuchungen ergaben, dass der Fangrückgang durch mehrere Faktoren bedingt ist und mögliche Ursachen für jedes einzelne Fliessgewässer getrennt zu betrachten sind (Fischnetz, 2004). Der Fangrückgang wurde jedoch in vielen Fällen auf die generell schlechte Situation der Lebensräume sowie auf die Fischkrankheit PKD zurückgeführt. Oft bieten die Lebensräume nicht genügend Habitate. Laichgebiete, Ruheund Schutzzonen für die verschiedenen Lebensstadien der Forellen sind nicht mehr in ausreichendem Ausmass vorhanden oder sie sind schlecht miteinander vernetzt. Schlechte Lebensraumqualität hängt mit der Morphologie, aber auch mit der Wasserqualität zusammen. In Gebirgsbächen kann allerdings meist von einer guten Wasserqualität ausgegangen werden. Negative Auswirkungen für die Fische bestehen jedoch auch wegen der Wasserkraftnutzung (Restwasser, Schwall-Sunk, bauliche Barrieren). Die Studien von Fischnetz belegen den starken Druck auf die Fliessgewässer. Mögliche Auswirkungen der Klimaveränderung sind auch in diesem Kontext zu beurteilen. Ebenso müssen diese klimatischen Veränderungen für das künftige Gewässermanagement und die Flussrevitalisierungen berücksichtigt werden. Hier können Habitatsmodellierungen helfen, Auswirkungen auf Bachforellen frühzeitig zu erkennen und sie im Kontext mit anderen Beeinträchtigungen einzuordnen. 5.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen In einer umfassenden Studie wurde die Laichtiefe von Bachforellen in der Kiessohle von voralpinen und alpinen Flüssen der Schweiz untersucht (Riedl und Peter, 2013; Polli, 2012). Pro Gewässer wählten die Autoren dabei jeweils mindestens 15 verschiedene Laichgruben aus, um die Eingrabungstiefe der Fischeier zu bestimmen. Die Studie zeigte erstaunliche Resultate auf: Die durchschnittliche Eingrabungstiefe (von der Gewässersohle aus bestimmt, vor dem Anlegen der Grube) lag bei 3.8 cm (Riedl und Peter, 2013) bzw. 5.2 cm (Polli, 2012). Diese Werte sind deutlich geringer als die bisher in der Fachliteratur publizierten Laichtiefen, welche im Bereich von ca. 10 bis 20 cm liegen. Die in Schweizer Gebirgsflüssen festgestellten Eingrabungstiefen könnten ein offensichtliches Risiko für die Reproduktion der

Bachforelle darstellen, falls zukünftig Winterhochwasser während der Inkubationszeit der Fischeier vermehrt und intensiver auftreten sollten. Das eindimensionale Geschiebetransport-Simulationsprogramm sedFlow wurde in einer vorangegangenen Studie (Rickenmann et al., 2014) für die beiden Gebirgsflüsse Kleine Emme und Brenno erfolgreich geeicht und validiert. Basierend auf diesen Arbeiten konnten Geschiebetransportprognosen für die nahe (2021– 2050) und die ferne (2070–2099) Zukunft realisiert werden, wobei für die Bereitstellung der hydrologischen Eingangsdaten auf etablierte Klima-Impaktszenarien zurückgegriffen wurde. Von besonderem Interesse ist dabei die Untersuchung der maximalen Erosionstiefe in den Wintermonaten (während der Laichperiode und Inkubationszeit). Unsere Simulationen für die Kleine Emme und den Brenno zeigen eine Zunahme der Erosionstiefe in der nahen Zukunft auf; diese Zunahme fällt in der fernen Zukunft sogar noch deutlicher aus. Zudem liegen sowohl für den Brenno wie auch für die Kleine Emme Hinweise vor, dass der Zeitpunkt der maximalen Wintererosion zukünftig später auftreten wird. Am stärksten ausgeprägt ist dieser Trend für die ferne Zukunft an der Kleinen Emme. Es ist generell schwierig vorherzusagen, wie erfolgreich sich Bachforellen an die aufgrund der Klimaerwärmung auftretenden Veränderungen in ihren Lebensräumen anpassen werden. Denn der Klimawandel beeinflusst verschiedene, in Wechselbeziehung stehende HabitatsParameter auf unterschiedlichen Skalen. Es zeichnet sich allerdings deutlich ab, dass sich der Klimawandel negativ auf die Laichaktivität von Bachforellen in Gebirgsflüssen auswirken wird. Spätestens in der fernen Zukunft führen die gemäss Klimamodellen öfters und stärker auftretenden Winterhochwasser zu einer Intensivierung der Erosion der Gerinnesohle. In Zukunft wird die Wintererosion regelmässig maximale Werte erreichen, die die Tiefen der Laichgruben überschreiten und diese wegspülen. Demgegenüber ist allerdings auf einer kleineren Skala auch ein positiver Einfluss des Klimawandels zu erwarten. Weil gemäss den Modellresultaten vermehrt mit tieferen Niedrigwasserabflüssen im Sommerhalbjahr zu rechnen ist, könnte dann eine Zunahme von Flachwasser-Habitaten erfolgen. Diese Zunahme von Niederwasserbedingungen in Gebirgsflüssen würde sich für im Frühjahr geschlüpfte Jungfische günstig aus-

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Geschiebetransport

Eidgenössische Forschungsanstalt WSL, EAWAG: Das Wasserforschungs-Institut des

Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches

209

Geschiebetransport

wirken. Diese Zusammenhänge konnten für gewisse Abschnitte der Kleinen Emme gezeigt werden und gelten nur für natürliche Gewässer (Junker et al., subm.). Es wird für die Erhaltung der Bachforelle entscheidend sein, dass anthropogen stark beeinflusste Strecken revitalisiert werden, der Hochwasserschutz in Zukunft naturnaher in Fliessgewässer eingreift und die Konnektivität zu seitlichen Zuflüssen verbessert wird.


Geschiebetransport

Schäden durch Geschiebetransportprozesse in der Schweiz Norina Andres, Alexandre Badoux, Jens M. Turowski

Zusammenfassung Im Rahmen der vorliegenden Studie werden die durch Geschiebetransport und Gerinneerosion in der Schweiz verursachten finanziellen Schäden für die Periode 19722011 untersucht. Als Datengrundlage dient die Unwetterschadens-Datenbank der Eidg. Forschungsanstalt WSL. Infolge Geschiebetransportprozessen entstanden in diesem Zeitabschnitt geschätzte Schadenskosten von 4.3 bis 5.1 Mrd. CHF. Der Anteil der Geschiebeschäden an den gesamten von der WSL erfassten Unwetterschäden beträgt über diese 40 Jahre rund 35%, variiert jedoch stark von Jahr zu Jahr. Am stärksten betroffen sind dabei die Bergkantone Wallis, Tessin, Uri und Bern.

1. Einleitung Die Naturgefahrenprozesse Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturz/ Steinschlag verursachten von 1972 bis 2011 in der Schweiz durchschnittliche finanzielle Schäden von ca. 330 Mio. CHF (Andres et al., 2013). Vor allem in Bächen und Gebirgsflüssen alpiner Regionen sind Hochwasser meist von fluvialem Geschiebetransport begleitet. Grosse Schäden können entstehen, wenn solche Gewässer ausufern und es zu Übersarungen kommt (z.B. Jäggi et al., 2004). Wo Gebirgsflüsse auf dicht besiedelte Gebiete und Infrastruktur treffen, ist das Schadenspotenzial beträchtlich (z.B. Bezzola et al., 1994). Auch Seitenerosion entlang von Flüssen führt während ausserordentlichen Hochwassern zu grossen Schadenskosten (Hunzinger und Durrer, 2008), z.B. wenn Landwirtschaftsland weggeschwemmt wird oder wenn Gebäude und Infrastruktur beschädigt oder zerstört werden. Die Bewertung von Unwetterschäden über grosse räumliche und zeitliche Skalen ist wichtig und unterstützt die Definition und Beurteilung von Schutzzielen. Kenntnisse zu Ort und Schwere von Schäden durch Geschiebetransportprozesse können Grundlagen für Gefahrenkartierung und Gefahrenplanung liefern und helfen, die Effizienz von bestehenden Schutzmassnahmen zu bestimmen. In einer vorhergehenden Studie an der Eidg. Forschungsanstalt WSL (Badoux et al., 2014) sind die durch Geschiebe210

transportprozesse verursachten finanziellen Schäden für sieben Regionen der Schweiz und die Jahre 1972 bis 2011 erstmals abgeschätzt und genauer untersucht worden. Im vorliegenden Beitrag werden die Resultate dieser Studie zusammengefasst und die Geschiebeschäden für die einzelnen Schweizer Kantone ausgewertet. 2. 2.1

Daten und Metoden

Daten aus der Unwetterschadens-Datenbank WSL Die Basis für unsere Auswertung bildet die Unwetterschadens-Datenbank der WSL, in welcher Angaben zu finanziellen Schäden durch Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse seit 1972 gesammelt werden (Schmid et al., 2004; Hilker et al., 2009). Zu diesem Zweck werden Meldungen aus rund 3000 Schweizer Zeitungen und Zeitschriften sowie zusätzliche Informationen z.B. von Versicherungen oder Behörden ausgewertet. Der finanzielle Schaden jedes Ereignisses wird aufgrund dieser Informationsquellen und langjähriger Erfahrung der WSL-Mitarbeitenden abgeschätzt. In den Schadenskosten sind versicherte Sach- und Personenschäden genauso wie nicht versicherte oder nicht versicherbare Schäden berücksichtigt. Indirekte Schäden, spätere Sanierungsmassnahmen oder ideelle Schäden werden hingegen nicht aufgenommen. Die Schäden werden drei Hauptkatego-

rien zugewiesen: Sachwerte wie Gebäude, Schutzbauten und Fahrzeuge, Verkehr/ Infrastruktur (z.B. Verkehrswege, Leitungen) sowie Wald/Landwirtschaft. Für unsere Auswertungen wurde die Teuerung berücksichtigt. 2.2

Abschätzung der Schäden durch Geschiebetransportprozesse Aus den insgesamt 19 013 Einträgen der Unwetterschadens-Datenbank WSL im Zeitraum von 1972 bis 2011 wurden mit einer Suche nach 22 Schlagwörtern Ereignisse extrahiert, bei denen Schäden durch fluvialen Geschiebetransport (hauptsächlich Übersarung) und Erosion (z.B. Ufererosion, Schäden an Schutzbauten, Kolkbildung) entstanden sind. Als Geschiebe wurde dabei Material mit Korngrössen, die mindestens der Sandfraktion entsprechen, betrachtet. Schadenskosten infolge von Murgängen wurden nicht in die Untersuchung miteinbezogen. Nach der Bereinigung der extrahierten Ereignisse blieben 3588 Einträge übrig, für welche in einem weiteren Schritt eine minimale und maximale Schätzung für den finanziellen Schaden des Ereignisses durchgeführt wurde. Je genauer der Schaden bestimmbar war, desto kleiner war die Spannweite zwischen dem unteren und oberen Wert. Oftmals war die Unterscheidung zwischen fluvialem Prozess und Murgangprozess nicht einfach. Diese Entscheidungen basierten auf dem Beschrieb des Ereignisses in der Datenbank und wurden zusätzlich durch Fotografien beispielsweise des Ablagerungsmusters, Karten, Expertenwissen und/oder Aussagen Ortsansässiger unterstützt. Die Verlässlichkeit jeder Zuordnung zu einem Prozess wurde mit einem Unsicherheitsindex quantifiziert (1 = grosse Zuverlässigkeit bis 3 = schlechte/schwache Zuverlässigkeit, vgl. Badoux et al., 2014).

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


3.1

Resultate

Zeitliche Verteilung der Geschiebeschadenskosten Von 1972 bis 2011 verursachten Geschiebetransport und Gerinneerosion in der Schweiz je nach Schätzung einen aufsummierten Schaden zwischen 4.3 und 5.1 Mrd. CHF. Rund 73% der Geschiebeschäden betreffen Sachwerte, 25% den Verkehr und die Infrastruktur und 2% den Wald und die Landwirtschaft. Die Höhe der Geschiebe- und Erosionsschäden variiert von Jahr zu Jahr stark mit mittleren jährlichen Kosten von 110 bis 125 Mio. CHF und einem Median von 13 bis 16 Mio. CHF (Bild 1). Jahre mit hohen Schäden durch Geschiebeprozesse (z.B. 1978, 1987, 1993, 2005) wechseln sich ab mit Jahren mit geringen Schäden, wobei Jahre mit tiefen Schäden häufiger waren. Dies widerspiegelt sich im beträchtlichen Unterschied zwischen Mittelwert und Median. Auffallend sind die relativ geringen Anteile der Geschiebeprozessschäden in den Jahren 1999 und 2007, als vor allem das Flachland von grossen Überschwemmungen betroffen war (BWG, 2000; Bezzola und Ruf, 2009). Der Anteil der Geschiebeschäden an den totalen Schadenskosten in der Unwetterschadens-Datenbank WSL beträgt 32% bis 37% über die gesamte Untersuchungsperiode, variiert allerdings ebenfalls von Jahr zu Jahr stark. Das Jahr 1993 war z.B. durch das September-Hochwasser in Brig geprägt, als die Saltina in BrigGlis über die Ufer trat, grosse Teile der Stadt überschwemmte und viel Geschiebe ablagerte (s. Abschnitt 3.3). Aufgrund dieses Ereignisses wurde für das Jahr 1993 ein Anteil der Geschiebeschäden an den Gesamtschäden von 63% bis 67% berechnet. Die saisonale Verteilung der Schadenswerte zeigt, dass die meisten durch Geschiebeprozesse verursachten Kosten im Sommer von Juni bis August (>75%) oder im Herbst von September bis November (ca. 23%) auftreten (s. Tabelle 1). Der am stärksten betroffene Monat ist mit ca. 56% aller Geschiebeschäden der August. Im Winter und Frühling treten nur ca. 2% aller Schäden auf. Der Anteil der Geschiebeschäden an den gesamten Unwetterschäden liegt für die Monate November bis Mai unter 10%. Im Juli, August und Oktober beträgt der Anteil knapp 40% und im September wird mit 61% der höchste Wert erreicht, welcher vor allem auf das Ereignis in Brig-Glis 1993 zurückzuführen ist.

3.2

Räumliche Verteilung der Geschiebeschadenskosten Die räumliche Verteilung der Geschiebeschadenskosten zeigt klar, dass die Bergkantone am stärksten betroffen sind (Bilder 2 und 3, Tabelle 2). Im Kanton Wallis ist die obere Schätzung der Geschiebeschadenskosten mit 1089 Mio. CHF am höchsten, gefolgt vom Tessin (971 Mio. CHF), von Uri (939 Mio. CHF) und Bern (624 Mio. CHF). Über 70% der gesamten Geschiebeschäden der Schweiz fielen in diesen vier Kantonen an. Der Anteil der Geschiebeschäden liegt für die Kantone Wallis und Uri im

Bereich von 60% und bei den Kantonen Tessin, Obwalden und Nidwalden beträgt zumindest der obere Grenzwert mehr als 50%. Auffallend ist der verhältnismässig geringe Anteil beim Kanton Bern (20%, resp. 24%). Mit ca. 2570 Mio. CHF wurden dort die höchsten gesamten Schadenskosten erfasst. Die meisten betroffenen Gemeinden weisen die Kantone Bern (196 Gemeinden), Wallis (124) und Graubünden (102) auf (Bild 3, Tabelle 2). Die Geschiebeschäden pro Person und Jahr sind im Kanton Uri am höchsten (631 CHF/Pers/ Jahr), gefolgt vom Kanton Obwalden (205 CHF/Pers/Jahr). In den dichter besiedel-

Bild 1. Jährliche Kosten durch Geschiebetransportprozesse für 1972–2011. Die ganze Länge der Säulen entspricht den totalen, jährlichen Schadenskosten, welche in die Unwetterschadens-Datenbank WSL aufgenommen wurden, und die zwei dunkleren Grautöne entsprechen der unteren und oberen Schätzung der Geschiebeschäden. Die Linien zeigen die kumulierten Schäden der totalen Kosten und der durch Geschiebeprozesse verursachten Kosten.

Tabelle 1. Monatliche Verteilung der Geschiebeschäden und der totalen Schadenskosten aus der Unwetterschadens-Datenbank WSL (Periode 1972–2011) sowie monatlicher Anteil der Geschiebeschäden an den totalen Schadenskosten. Für die Berechnung des Anteils wurde der mittlere Wert der unteren und oberen Schätzung verwendet.

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

211

Geschiebetransport

3.


Geschiebetransport

ten Flachlandkantonen wie Schaffhausen, Thurgau oder Zürich liegt dieser Wert zwei bis drei Grössenordnungen tiefer. Die Geschiebeschäden pro Fläche und Jahr sind in den Kantonen Uri (20 734 CHF/km2/ Jahr), Obwalden (14 985 CHF/km2/Jahr) und Nidwalden (9875 CHF/km2/Jahr) am grössten. Auf die einzelnen Gemeinden bezogen, ergibt sich eine grosse räumliche Variabilität des Schadens durch Geschiebeprozesse (Bild 3). Mittlere und hohe kumulative Kosten konzentrieren sich auf gebirgige Regionen. Es existieren nur einzelne Gemeinden, in denen sehr grosse Schäden aufgetreten sind. Meistens entstand der hohe Schaden durch ein einzelnes ausserordentliches Ereignis, z.B. in Brig-Glis 1993, als die Saltina über die Ufer trat (s. Abschnitt 3.3), in Sachseln 1997, als verschiedene Bäche, insbesondere der Dorfbach, viel Geschiebe ablagerten, in Schattdorf und Altdorf 2005, als der Schächen über die Ufer trat, in Losone und Locarno 1978, als die Melezza und die Maggia grosse Schäden anrichteten oder in Poschiavo 1987, als Geschiebe eines Murgangs aus dem Val Varuna sich bei der Brücke eingangs des Dorfes staute und der Poschiavino daraufhin ausbrach. Die meisten Gemeinden im Mittelland und Jura hingegen erlitten geringe Schäden durch Geschiebeprozesse. Der Anteil der durch Geschiebeschäden betroffenen Gemeinden pro Kanton variiert zwischen 4.4% und 100% (s. Tabelle 2). Bei mehr als der Hälfte der Schweizer Kantone beträgt der Anteil mehr als 50%. Vor allem die Kantone Graubünden und Tessin zeigen in Bild 3 eine grosse Heterogenität. Dort besteht die ganze Bandbreite von Gemeinden mit wenig oder keinem Geschiebeschaden bis hin zu sehr hohem kumulativem Schaden (>100 Mio. CHF). Dies zeigt auch der Anteil der durch Geschiebeschaden betroffenen Gemeinden während der 40-jährigen Studie (Tessin: 53%, Graubünden: 57%; Tabelle 2). Geschiebeschadenskosten während Grossereignissen Der Anteil der Geschiebeschäden an den totalen Schäden während grosser Hochwasserereignisse variiert von 4% bis 6% im Mai 1999 und 86% bis 92% im September 1993 (s. Tabelle 3). Hohe Werte sind vor allem auf Einzelereignisse mit ausserordentlich grossen Schäden durch Geschiebeprozesse zurückzuführen. Im September 1993 verursachten starke, lang andauernde Regenfälle viel Abfluss in der

Bild 2. Verteilung der Schadenskosten nach Kantonen für die Periode von 1972 bis 2011: Totale Schadenskosten der Unwetterschadens-Datenbank WSL, untere und obere Schätzung der Schadenskosten durch Geschiebeprozesse. Rund 430 Mio. CHF der totalen Schadenskosten konnten nicht einem einzelnen Kanton zugeordnet werden (Abkürzung CH).

3.3

212

Tabelle 2. Verteilung der Geschiebeschäden und der totalen Schadenskosten auf die verschiedenen Kantone (Periode 1972–2011). Rund 430 Mio. CHF der totalen Schadenskosten konnten keinem einzelnen Kanton zugeordnet werden (Abkürzung CH). Für die Berechnung der Geschiebeschäden pro Person und Fläche wurde der Mittelwert der unteren und oberen Schätzung verwendet. Quelle der Flächen und Bevölkerungszahlen: BFS. «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


Geschiebetransport Bild 3. Verteilung der von 1972 bis 2011 kumulierten Schadenskosten durch Geschiebeprozesse auf die Gemeinden der Schweiz (Mittelwert der unteren und oberen Schätzung). Anmerkung: 460–535 Mio. CHF Schäden konnten nicht einer einzelnen bestimmten Gemeinde zugeordnet werden.

Tabelle 3. Anteil der Geschiebeschäden an den Gesamtschäden während ausgewählter Grossereignisse. Saltina in Brig-Glis. Material sammelte sich unter einer Brücke und reduzierte den Durchfluss, woraufhin Wasser und Geschiebe über die Ufer traten, grosse Teile von Brig-Glis überschwemmten und zwei Todesopfer forderten. Vor allem wegen des Geschiebes waren die Schäden sehr hoch (Bezzola et al., 1994; Badoux und Rickenmann, 2008). Das Gebiet um den Bahnhof Brig sowie weitere Stadtteile wurden mit grobem und feinem Ablagerungsmaterial bis zu einer Höhe von 2 m bedeckt. Viele Gebäude erlitten Schäden und wurden mit Wasser und Sediment aufgefüllt.

Im Gegensatz zu diesem Ereignis 1993 stehen die Hochwasserereignisse vom Mai 1999 und August 2007. Vor allem im nördlichen Teil der Schweiz führte Schneeschmelze kombiniert mit Regen im Frühling 1999 zu Schäden aufgrund des Anstiegs der Pegel der Seen (z.B. in Thun) und Flüsse (z.B. Aare in Bern). Im August 2007 waren nordwestliche Teile der Schweiz betroffen, wo die Kapazitäten der Seen (Neuenburgersee, Bielersee, Murtensee) und der tiefer liegenden Aare überschritten wurde. Bei diesen beiden Ereignissen wurden kaum Schäden durch Geschiebeprozesse verzeichnet.

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

4. Diskussion Die Resultate zeigen den Bedarf an Methoden für die Prognose des Geschiebetransportes bei grossen Hochwasserereignissen. Solche Abschätzungen sind wichtige Grundlagen für Gefahrenkarten, für die Planung und den Bau von Massnahmen entlang von Gewässern und für die Planung von organisatorischen Massnahmen. Verschiedene Modellansätze wurden in dieser Hinsicht bereits erarbeitet und liefern aussichtsreiche und entwicklungsfähige Berechnungsresultate (z.B. Nitsche et al., 2011; Recking, 2010). Geschiebetransportmessungen anhand von Geschiebefallen oder Rückhaltebecken sind wichtig für die Kalibrierung von solchen Transportberechnungen, jedoch oftmals teuer und zeitaufwendig (Rickenmann et al., 2012). Billige, sogenannte indirekte Alternativen zur Messung, welche auf Akustik, Vibrationen oder Aufprallmessungen basieren, werden zurzeit entwickelt (Gray et al., 2010), müssen aber mittels direkten Messungen im Feld oder im Labor geeicht werden. Unsere Auswertungen stellen eine grobe Abschätzung der Geschiebeschäden dar. Unsicherheiten bestehen zum einen schon in der deskriptiven Quali213


Geschiebetransport

tät und regionalen Abdeckung der Zeitungsartikel und Berichte, welche für die Unwetterschadens-Datenbank der WSL ausgewertet werden (Hilker et al., 2009). Zum anderen ist die Definition der schadenverursachenden Prozesse und die Abschätzung der Schadenskosten durch Geschiebe, wie oben bereits erwähnt wurde, ebenfalls mit Unsicherheiten behaftet. Die Auswertungen von Badoux et al. (2014) weisen allerdings darauf hin, dass die Unsicherheit bezüglich der beteiligten Prozesse in den 40 Untersuchungsjahren tendenziell abnimmt. Tatsächlich lässt sich auch eine Verbesserung der Informationsqualität in Zeitungsartikeln und -berichten feststellen. Wir gehen davon aus, dass eine Zunahme des Bewusstseins der Bevölkerung für Themen rund um Naturgefahrenprozesse erfolgt ist, welche beträchtliche Fortschritte in der Genauigkeit und Vollständigkeit der Medianabdeckung mit sich brachte. Es wird auch angenommen, dass die Optimierung des Ablaufs von Datenaufnahme und die Verarbeitung innerhalb der Datenbank zu einer Verbesserung der Datenqualität geführt hat. Es erstaunt nicht, dass die Kosten durch Geschiebeprozesse vor allem in den Bergkantonen und Berggemeinden am höchsten sind. Steile Gebiete mit hohen Neigungen in den Gerinnen, kombiniert mit der Verfügbarkeit von Material und hohen Abflüssen, ermöglichen starken Geschiebetransport in den Bächen (Badoux et al., 2014). Oftmals sind es abrupte Änderung in der Gerinneneigung (z.B. beim Kegelhals), welche dazu führen, dass sich das Geschiebe im Gerinne ablagert und der Bach über die Ufer tritt. Die Geschiebeschadenskosten machen in der Schweiz mit 32% bis 37% einen grossen Anteil an den Gesamtkosten aus; ein Resultat, das die Gefährdung durch Geschiebeprozesse unterstreicht. In vielen Bächen und Flüssen in der Schweiz existieren deshalb bereits Schutzmassnahmen. Deswegen ist

214

anzunehmen, dass in anderen, weniger privilegierten Ländern der Anteil der Geschiebeschadenskosten höher ist.

Hilker, N., Badoux, A., Hegg, C. (2009): The Swiss flood and landslide damage database 1972–2007, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 9, 913–925.

Danksagung

Hunzinger, L., Durrer, S. (2008): Seitenero-

Wir danken M. Sieber für die Hilfe bei der Da-

sion, in: Ereignisanalyse Hochwasser 2005,

tenauswertung und dem Bundesamt für Um-

Teil 2 – Analyse von Prozessen, Massnahmen

welt BAFU für die langjährige und massgebli-

und Gefahrengrundlagen, Herausgegeben von

che Unterstützung bei der Erfassung der Un-

Bezzola, G.R. und Hegg, C., Umwelt-Wissen,

wetterschäden. Wir bedanken uns zudem bei

Nr. 0825, Bundesamt für Umwelt BAFU & Eidg.

C. Hegg, D. Rickenmann, B. McArdell, M. Böckli

Forschungsanstalt WSL, Bern, S. 125–136.

und M. Zappa für ihre fachliche Unterstützung

Jäggi, M.N.R., Nigg, U., Teysseire, P. (2004):

und bei C. Rickli für die wertvollen Kommentare

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«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


Gefahrenkartierung von Murgängen Numerische Modellsimulationen im Vergleich zu empirischen, analytischen Methoden

Marco Walser, Christian Huggel, Brian McArdell, Christoph Graf

Zusammenfassung Die Fortschritte der letzten Jahre bei der praktischen Anwendung von dynamischen und kinematischen Modellen zur Simulation von Murgang-Fliessverhalten bereichern die Gefahrenbeurteilung um eine objektive Methode. Um deren Eignung in Bezug auf die Gefahrenkartierung zu untersuchen, wurden Murgang-Gefahrenkarten, die ausschliesslich auf Modellsimulationen beruhen, verglichen mit den konventionell erstellten, offiziellen Karten. Die Resultate zeigen eine gute Übereinstimmung. Sorgfältiges Modellieren von Murgängen in Kombination mit Beurteilungen im Feld kann daher als vielversprechende Methode zur Gefahrenbeurteilung betrachtet werden. Gefahrenkarten sind ein Verbindungsglied zwischen der prozessbezogenen Grundlagenforschung und der Raumplanung, welches die Naturgefahren gesetzlich berücksichtigt. Um der raumplanerischen Verbindlichkeit der Gefahrenbeurteilung Rechnung zu tragen, diese der Gesellschaft zu kommunizieren und eine einheitliche Beurteilung zu garantieren, ist eine objektive und reproduzierbare Gefahrenkartierung eine wichtige Voraussetzung. Bis anhin basieren Murgang-Gefahrenkarten vorwiegend auf der Analyse von historischen Ereignissen, empirisch hergeleiteten Kennwerten und Expertenwissen. Diese konventionelle Methode führt zwar zu einer angemessenen Gefahrenbeurteilung, entspricht aber auch einer subjektiven Einschätzung des Experten und ist daher schwierig zu reproduzieren und zu vergleichen. Die Fortschritte der letzten Jahre bei der praktischen Anwendung von dynamischen und kinematischen Modellen zur Simulation von Murgang-Fliessverhalten bereichern die Gefahrenbeurteilung um eine Methode, die mehr Objektivität verspricht. Modellsimulationen, ihre Analyse und Überprüfung sind ein zentrales Thema der Forschung. Es fehlen allerdings Arbeiten, welche die neuesten Modellgenerationen auf ihre Eignung zur Unterstützung der Gefahrenkartierung evaluieren und sie mit konventionellen Methoden vergleichen. Mit dieser Studie soll daher durch den Vergleich von Gefahrenkarten, die konventionell gefertigt wurden, mit solchen, die ausschliesslich auf numerischen

Simulationen beruhen, ein weiterer Schritt hin zur adäquaten, objektiven und besser nachvollziehbaren Gefahrenkartierung gemacht werden. 1. Modellierung und Sensitivität Die Grundlage dieser Studie bilden die Murgangsimulationen für elf Gerinne in zwei Untersuchungsgebieten in den Schweizer Alpen. Gadmen und Leissigen sind zwei Gemeinden im Berner Oberland, welche sich aufgrund ihrer topografischen Gegebenheiten und der bisher beobachteten und erwarteten Ereignis-Magnituden für diese Studie gut eignen, da sie typischen, von Murgängen betroffenen Schweizer Gemeinden entsprechen. Zudem sind die offiziellen Gefahrenkarten nicht durch dieselben Büros erstellt worden. Die Modellierungen wurden mit dem Simulationsprogramm RAMMS (Modul Debrisflow 1.6.20) der eidgenössischen Forschungsanstalt WSL (Christen et al., 2010) realisiert, welches auf die nachfolgend erläuterten Input-Parameter angewiesen ist: • Um die Modellresultate mit den offiziellen Karten zu vergleichen, wurden die Abschätzungen der Murgangvolumen aus den technischen Berichten der jeweiligen Gefahrenkarten verwendet (Geotest, 2007 und Geo7, 2008), und zwar für jeweils 30-, 100- und 300-jährliche Szenarien. • Die Spitzenabflüsse der Murgänge wurden anhand einer empirischen Formel nach Rickenmann (2005) be-

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

rechnet und sind abhängig von den erwähnten Murgangvolumen. Durch den Gehalt an Feststoffen, die Kumulation von aufgestautem Wasser und die Übersättigung an Bodenmaterial sind die Spitzenabflüsse von Murgängen um ein Vielfaches höher als jene von Wasser ohne Geschiebe. • Die Modellkalibration anhand historischer Ereignisse resultiert in gebietsspezifischen Reibungsparametern (ξ und μ). • Als digitales Höhenmodell (DHM) wurde swissALTI3D verwendet. • Die Fliessgeschwindigkeit des Murganges zu Beginn der Simulation ist von untergeordneter Bedeutung, da sie anhand der Hangneigung fortlaufend berechnet wird und sich daher mit zunehmender Distanz zum Startpunkt den Gegebenheiten anpasst. Die Simulationen wurden anhand eines Input-Hydrographen initialisiert, da es sich für alle untersuchten Gerinne um kanalisierte Murgänge handelt. Der InputHydrograph definiert den Durchfluss an einem bestimmten Querschnitt im Gerinne als Funktion der Zeit (Bartelt et al., 2011). Die Sensitivitätsanalyse ist auf die relevanten Inputparameter beschränkt (Bild 1). Für das Murgangvolumen wurde erwartungsgemäss eine lineare Abhängigkeit zur bedeckten Fläche festgestellt. Somit resultiert eine Überschätzung des Murgangvolumens in einer prozentual ähnlich hohen Überschätzung der betroffenen Fläche und umgekehrt. Diese Feststellung ist nur vertretbar mit Rücksicht auf die Ausbreitungsmöglichkeit des Murgangs und beschränkt sich auf eher kleine Murgangmagnituden. Das Model ist nur wenig sensitiv auf Spitzenabflüsse (bei gleichbleibenden Volumen), diese haben keinen expliziten Einfluss auf das Ausmass der bedeckten Fläche, im Speziellen für Spitzenabflüsse kleiner als 1000 m3/s, wie sie in dieser Arbeit untersucht wurden. 215


Einen sehr grossen und linearen Einfluss hingegen hat der Reibungsparameter μ auf die relative Reichweite des Murgangs. Der die basale Reibung bestimmende Parameter μ resultiert im Bereich von 0.1–0.2 in einem Reichweitenunterschied von 200 m (bei einer möglichen Reichweite auf dem Kegel von ca. 800 m). Der Einfluss des turbulenten Reibungskoeffizienten ξ ist für die untersuchten Gerinne unwesentlich. Er bestimmt primär die Fliessgeschwindigkeit im Gerinne. Die grössten Unsicherheiten der Modellierung liegen daher in der Abschätzung der Eingangsparameter, insbesondere der Mugangvolumen, aber auch in der Kalibration des Modells anhand (weniger) historischer Ereignisse und der damit verbundenen Bestimmung des Reibungsparameters μ. 2. Kartierung Die Modellsimulationen liefern die Murgangfliesshöhen und -fliessgeschwindigkeiten für jede Gitterzelle entlang der Fliesswege. Zur Bestimmung der Intensitätsklassen gelten die offiziellen Empfehlungen (BWW, 1997) (Bild 2). Die Intensitäten aller drei Szenarien (30-, 100- und 300-jährlich) wurden in einem Geoinforma-

tionssystem (GIS) gemäss der 3×3-Matrix für Gefahrenkartierungen (Bild 2) zu einer Gefahrenkarte verschnitten (Bild 3). Um die modellierten Gefahrenkarten besser mit den offiziellen Karten zu vergleichen, wurden die Resultate in einem weiteren Arbeitsschritt manuell generalisiert. 3. Vergleich Ein visueller Vergleich der modellierten (oben) und der offiziellen Karten (unten) für Gadmen (Bild 4) und für Leissigen (Bild 5) zeigt auf den ersten Blick eine grundsätzlich gute Übereinstimmung. Die Tendenz zu kleineren gefährdeten Zonen auf den modellierten Karten beruht vor allem auf den folgenden zwei Aspekten: (1) Die gelben Gefahrenzonen der offiziellen Gefahrenkarten für Hochwasser werden dem Prozess Überschwemmung zugeschrieben, da nach den Empfehlungen 1997 keine Wertebereiche für schwache Intensität definiert sind und entsprechend keine geringe Gefahrenstufe für Murgänge zugewiesen werden kann. Dies steht im Widerspruch zum Gefahrenstufendiagramm, welches einem 300-jährlichen Ereignis bei mittlerer Intensität eine geringe bis mittlere Gefahr zuweisen würde (Bild 2). Dies ist auch der Fall für die modellierten Karten.

Daher können die gelben Zonen der beiden Karten nicht miteinander verglichen werden und die Unstimmigkeit in Theorie und Praxis sollte diskutiert werden. (2) Die grösser gehaltenen blauen Zonen in der offiziellen Karte von Gadmen (Bild 4) für den Spreitbach (rechts) und den Bündengraben (dritter von rechts) sind auf die Art der Berücksichtigung historischer Ereignisse zurückzuführen. Da dem Ereigniskataster keine Spezifikationen zu Fliesscharakter und Morphologie der Ablagerungen zu entnehmen sind, ist die eindeutige Prozesszuteilung dieser Ereignisse schwierig. Ob in älteren Beschrieben eine sedimentgesättigte Überflutung oder ein Murgang klassiert und kartiert wurde, ist oft nicht zu unterscheiden. Abgesehen von den erwähnten Unstimmigkeiten der gelben Zonen sind die Gefahrenzonen für Leissigen ähnlich (BIld 5). Einzig die blaue Zone des Griessbachs (links) wird von den Modellresultaten deutlich grösser angenommen. Die Unterschiede der roten Zonen dürften auf die Beurteilung im Feld zurückzuführen sein, da sie mögliche Verklausungen an Brücken und daraus resultierendem Ausbruch aufzeigen. Die kürzere Auslaufdistanz aus der Simulationen beruht auf der

Bild 1. Sensitivität der Inputparameter Murgangvolumen (links) und Spitzenabfluss (Mitte) auf die vom Murgang betroffene Fläche sowie die Sensitivität des Reibungsparameters μ (rechts) in Bezug auf die relative Reichweite des Murgangs.

Bild 2. Intensitätenklassifikation aufgrund der Fliesshöhe und der Fliessgeschwindigkeit des Murgangs (links) und das Gefahrenstufendiagramm (rechts) (BWW,1997).

Bild 3. Arbeitsschritte zur Verschneidung der Modellresultate (Fliessgeschwindigkeit und Fliesshöhe) zur Gefahrenkarte in ArcGIS. 216

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Bild 4. Manuell generalisierte Murgang-Gefahrenkarte von Gadmen, basierend auf Modellsimulationen (oben), und die offizielle, konventionelle Murgang-Gefahrenkarte von Geotest AG, 2007 (unten).

einphasigen Modellierung des Murgangs, welche keine Unterscheidung zwischen festen und flüssigen Anteilen zulässt und entsprechend die Entwässerung eines Murganges nicht wiedergeben kann. 4. Diskussion Aufgrund der Resultate und Erfahrungen dieser Arbeit können die folgenden Aspekte hinsichtlich der Praxis der Murgangkartierung und dem Potenzial der Murgangsimulationen genauer erläutert werden: • Die Empfehlungen zur Berücksichtigung der Hochwassergefahren bei raumwirksamen Tätigkeiten aus dem Jahr 1997 sind für die Anwendung auf Simulationsresultate problematisch, da sich deren Resultate auf diskrete Werte beziehen. Als Beispiel ist etwa anzuführen, dass vom Murgang betroffene Rasterzellen mit sehr geringer Fliesshöhe und mit Fliessgeschwindigkeiten über 1 m/s für ein 100-jährliches Ereignis aufgrund der resultierenden hohen Intensität als blaue Zone ausgeschieden werden. Dies hebt die Schwäche des Klassifikationsschemas für seine Anwendung auf Simulationsresultate hervor. Ein weiterer Konflikt zwischen den Empfehlungen und den Simulationen ist die Tatsache,

Bild 5. Manuell generalisierte Murgang-Gefahrenkarte von Leissigen, basierend auf Modellsimulationen (oben), und die offizielle, konventionelle Murgang-Gefahrenkarte von Geo7, 2008 (unten).

dass sich die konventionelle Methode auf die Ablagerungshöhe (statisch) bezieht, wobei aus der Simulation aber die Fliesshöhe (dynamisch) resultiert. Dies führt vor allem in steilem Gelände zu Schwierigkeiten und Unterschieden in der Beurteilung. Die Frage, ob nun die Ablagerungshöhe oder die Fliesshöhe die adäquatere Variable ist, ist ebenfalls klärungsbedürftig. Es ist aber festzuhalten, dass die aktuell gültige Klassifikation für die konventionelle Gefahrenbeurteilung durchaus geeignet ist, da sich das Ablagerungsvolumen mit dem mobilisierbaren Material deckt und die Fliessgeschwindigkeit von der Hangneigung abhängig ist. Das Murgangvolumen ist eine sehr wichtige Eingangsgrösse und typischerweise Basis der Szenariendefinition und somit stark bestimmend für die Gefahrenbeurteilung (ob konventionell oder auf Simulationen beruhend). Da diese Abschätzung mit enormen Unsicherheiten behaftet ist, relativieren sich die oben festgestellten Unterschiede zwischen den modellierten und den offiziellen Gefahrenkarten. Da die Murgang-Spitzenabflüsse über eine empirische Formel berechnet wurden, beziehen sie sich

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auf das Murgangvolumen. Dies kann zu Folgefehlern bei der Bestimmung der Spitzenabflüsse führen. Generell lässt sich sagen, dass die Forschung der systematischen Untersuchung des Einflusses von verschiedenen Murgangstypen und -volumen auf deren Auslauf und Ausbreitung bis jetzt zu wenig Gewicht beigemessen hat. Im Zuge von vermehrter Nutzung von Modellierungen für die Gefahrenkartierung sollte dieser Aspekt genauer analysiert werden, damit entsprechende Unsicherheiten transparenter gemacht werden können. Historische Ereignisse sind sowohl für die konventionelle Gefahrenkartierung als auch für die Arbeit mit Modellsimulationen sehr wichtig. Für die Kalibration des Modells ist ein gut dokumentiertes Ereignis essenziell. Wie bereits erwähnt, können aufgrund von fehlenden Spezifikationen der Ablagerungen Abschätzungen gemacht werden, welche eine falsche Kartierung, beruhend auf konventionellen Methoden, oder eine unzureichende Kalibration des Modells zur Folge haben. Einschränkungen des Modells an sich können zu Fehleinschätzungen der Murganggefahr führen. So resultiert 217


aus der einphasigen Modellierung des Murgangs, welcher nur eine Fliesscharakteristik zuweisbar ist, eine Unterschätzung der sedimentgesättigten Überschwemmung im Frontbereich des Murgangs. An der bis anhin fehlenden Implementierung der Tiefenerosion wird zurzeit gearbeitet. Das entsprechende Modul dürfte 2015 als Beta-Test-Version verfügbar sein. Die fehlende Berücksichtigung der Levée-Bildung führt zu weiteren Abweichungen für Auslaufdistanz und Fliesshöhe. Die Topografie ist eine der wichtigsten Inputgrössen der Simulation, da sie die Fliessrichtung des Murganges definiert. Das DHM muss daher auf dem neusten Stand sein, was bei hoch aufgelösten Höhenmodellen aus praktischen und finanziellen Gründen oft schwierig ist. Inwiefern Gebäude, Strassen usw. in der Modellierung berücksichtigt werden sollen, ist eine weitere Frage, die sich in dicht besiedelten Gebieten aufdrängt, weil solche Bauten entscheidenden Einfluss auf die Murgangausbreitung haben können. Auch die Variabilität der Topografie ist zu beachten, da sich die Ausganslage zwischen Ereignissen über Jahre als auch zwischen einzelnen Schüben in wenigen Stunden entsprechend verändert. Diesen Überlegungen muss aber auch die Unsicherheit der Input-Parameter, im Speziellen der Murgangvolumen, entgegengestellt werden. Wie sinnvoll das genaueste Modell ist, wenn sehr unsichere InputParameter den grössten Einfluss haben, ist fragwürdig.

5. Schlussfolgerungen Die Fallstudien zeigen eine gute Übereinstimmung mit Tendenz zu geringerer Ausprägung der modellierten Gefahr im Vergleich zur offiziellen Gefahrenkarte. Sorgfältiges Modellieren in Kombination mit Beurteilungen im Feld kann und muss daher als vielversprechende Methode zur Gefahrenbeurteilung betrachtet werden. Das heisst, Modellsimulationen müssen immer von eingehenden Felduntersuchungen begleitet sein und können nie alleinige Quelle für die Gefahrenkartierung sein. Weitere Untersuchungen in Bezug auf den Einfluss von Unsicherheiten der Input-Variablen auf die Kartierung sind noch ausstehend. Auch die Prüfung weiterer Standorte wäre nötig, um die erarbeiteten Grundlagen weiterzuentwickeln. Die Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit der Überarbeitung und Ergänzung der bestehenden Empfehlungen mit Rücksicht auf den Einsatz und die Möglichkeiten von Modellsimulationen zur Gefahrenbeurteilung von Murgängen. Die Erarbeitung eines adäquaten Klassifizierungsschemas und neuer Richtlinien ist daher zu begrüssen. Die Resultate dieser Studie legen nahe, dass die Kombination von konventionellen Techniken mit Modellsimulationen zu einer verbesserten und vor allem objektiven und reproduzierbaren Murgangkartierung führen können. Expertenwissen gilt auch bei der Anwendung von Modellsimulationen nach wie vor als wichtigste Voraussetzung, um Simulationsresultate korrekt einzuordnen und richtig zu interpretieren.

Literatur BWW (1997). Berücksichtigung der Hochwassergefahren bei raumwirksamen Tätigkeiten. Bundesamt für Wasserwirtschaft. Christen, M., Kowalski, J., Bartelt, P., (2010). RAMMS: Numerical simulation of dense snow avalanches in three-dimensional terrain. Cold Regions Science and Technology, Vol. 63, 1–2, pp. 1–14. Geotest (2007). Gadmen, Gefahrenkarte: Bericht zur Gefahrenkarte. GEOTEST AG, Birkenstrasse 15, 3052 Zollikofen. Geo7 (2008). Gefahrenkarte Leissigen: Technischer Bericht. Geo7 AG, Neufeldstrasse 5-9, 3012 Bern. Rickenmann, D., (2005). Runout prediction methods. In: Jakob, M. und Hungr, O. (Hrsg.): Debris-flow hazards and related phenomena. Springer Berlin Heidelberg 2005, 305–321. Bartelt, P., Buehler, Y., Christen, M., Deubelbeiss, Y., Graf, C., Mcardell, B., (2011). RAMMS user manual v1.4. Walser, M., et al. (2014): Inwiefern eignen sich numerische Modellsimulationen für die Gefahrenkartierung von Murgängen – ein Vergleich. Agenda FAN 1/2014, 21–23. Walser M.,(2013). Hazard mapping for debris flows. Empirical, analytical techniques compared to numerical model simulations. Masterarbeit am Geographischen Institut der Universität Zürich (Prof. Dr. A. Vieli, Dr. B. McArdell (WSL), Dr. C. Huggel). Anschrift der Verfasser Marco Walser, Geog Instit. Universität Zürich marcowalser@gmx.net Christian Huggel, PD Dr. Geog Instit. Universität Zürich Brian McArdell, Dr. WSL Birmensdorf Christoph Graf, WSL Birmensdorf

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Lineares und quadratisches Speichermodell in der Hydrologie Harald Führer, Werner Georg Nowak

Zusammenfassung Zur Thematik der hydrologischen Speichermodelle präsentiert dieser Artikel einen quadratischen Ansatz: Der Zusammenhang zwischen Speicherinhalt S und Abflussintensität Q wird durch eine Gleichung Q = aS + bS2 modelliert. Es zeigt sich, dass dies – zumindest für den wichtigen Fall eines Blockregens – ebenfalls auf explizite Modellfunktionen für S und Q führt, zum Unterschied zu den zur Verfügung stehenden komplizierteren Ansätzen, die durchwegs nur numerisch gelöst werden können. Für empirische Daten von zwei Fliessgewässern in Ostösterreich werden das lineare und das quadratische Modell miteinander verglichen, mittels zweier unabhängiger bekannter Verfahren, nämlich dem F-Test und dem sog. Akaike-Kriterium. Es zeigt sich eine signifikante Überlegenheit des quadratischen Ansatzes.

schwer zu beschreiben ist. Man betrachtet daher – zunächst als eine Art «virtuelles Konstrukt» (!) – zusätzlich den sogenannten Speicherinhalt S(t), den man sich als jene Wassermenge vorstellen kann, die vor dem Zeitpunkt t als Niederschlag auf das Einzugsgebiet fiel und nach dem Zeitpunkt t die betrachtete Messstelle passieren wird. Selbstverständlich gibt es realistische, anschauliche Interpretationen für S(t), etwa als Inhalt eines (Stau-)Sees. Unter Vernachlässigung bzw. Ausschluss von Änderungen des Aggregatzustandes (Verdunstung, Schneeschmelze) – dies möge im Folgenden durchwegs gelten – folgt plausibel die Speichermodellgleichung S’(t) = I(t) – Q(t)

(2)

mit einer noch unbekannten Funktion Φ. Daraus folgt S’(t) = I(t) – Φ (St)

Hier beschreibt der erste Term rechts den Einfluss des Niederschlags im Zeitintervall 0 ≤   t, der zweite das Abfliessen des bereits bei t = 0 vorhandenen Speicherinhalts. Allerdings ist es in der Praxis sehr problematisch, eine analytische Niederschlagsmodellfunktion I() anzugeben. Häufig wird der Niederschlag daher als auf einem Intervall zeitlich konstant I = Ic modelliert («Blockregen»). Hierfür vereinfacht sich Gl. (4) zu

(5) Weiter ist es üblich, längere Fliessgewässer abschnittsweise durch eine sogenannte Speicherkaskade zu beschreiben, d.h. durch eine Folge linearer Einzelspeicher Sj, j = 1, ...,J, welche durch die Gleichungen Ij(t) = Qj–1(t) für j ≥ 1 verbunden sind.

(3)

also eine Differentialgleichung, aus der Modellfunktionen S = S(t) und Q = Q(t) bestimmt werden können, sofern die Niederschlagsfunktion I(t) sowie Φ bekannt sind. Als grundlegende Literatur für dies und das Folgende seien T. Dracos [5], S. Dyck & G. Peschke [7], R. Herrmann [8], R. Hinkelmann [10], W. Hosang & W. Bischof [11] sowie U. Maniak [12] zitiert. 2. Der lineare Speicher Im Sinne der Einfachheit ist es in der Hydrologie Standard, zumindest als ersten Ansatz eine direkte Proportionalität zwischen S und Q anzunehmen, also Q = Φ(S) = a*S anzusetzen, wobei a* als Speicherkons-

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

(4)

(1)

Nun liegt es weiter nahe, dass die Abflussintensität (näherungsweise) nur vom Speicherinhalt abhängt: Q = Φ (S)

1. Einleitung In der Wasserwirtschaft und der angewandten Hydrologie besteht ein wichtiger Problemkreis darin, die Wasserstandshöhe fliessender Gewässer im Laufe der Zeit in Abhängigkeit von der Niederschlagsintensität zu modellieren und damit voraussagbar zu machen. Dies ist von Bedeutung sowohl für den Hochwasserschutz als auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Nutzbarkeit des Wassers für Bewässerung und den Betrieb von Kraftwerken. Für einen beliebigen Zeitpunkt t bezeichnet Q(t) die Abflussstärke eines bestimmten Fliessgewässers, gemessen an einem fixen Messpunkt, sowie I(t) die Gesamt-Niederschlagsintensität im zugehörigen Wassereinzugsgebiet, beide in m3/s. Q(t) hängt prinzipiell von den Niederschlagswerten I() vor dem Zeitpunkt t ab (t), wobei allerdings die Gewichtung

tante bezeichnet wird. Lösen der Gl. (3) führt damit schlussendlich auf die AbflussModellfunktion

3. Nichtlineare Modelle Zunächst sei erwähnt, was sich ergibt, wenn man den Speicher als Becken in Form eines verallgemeinerten Zylinders modelliert, aus dem unten durch eine fixe Öffnung (Rohr) das Wasser abfliesst. Dann hängt Q(t) nur von der Austrittsgeschwindigkeit ab und ist nach dem Gesetz von Tor, also Q = Φ(S) ricelli proportional zu = a0 . Diese Annahme hat allenfalls Bedeutung für das Entleeren von Stauseen; eine interessante praktische Anwendung auf die Möhnetalsperre in NordrheinWestfalen hat M. Dierks [4] im Detail ausgeführt. In der Praxis der Hydrologie geht man aber meist davon aus, dass bei stei219


gendem Speicherinhalt auch der natürliche Abflussquerschnitt deutlich wächst – nach welcher quantitativen Gesetzmässigkeit, ist a priori unklar. In der Literatur wurden teilweise auf empirischer Basis Ansätze der Form Q = Φ(S) = aSy mit Exponenten 1 < y < 2 verwendet, häufiger aber noch rein numerische Berechnungen mit einer unbestimmten nicht-linearen Funktion Φ durchgeführt. Man vgl. dazu – zusätzlich zu der bereits zitierten Literatur – A. Baumgartner & H.J. Liebscher [1], V.T. Chow [3], S. Dyck [6], K.H. Schmidt [14] und E.M. Shaw [15].

aSy mit 1 < y < 2 qualitativ gut approximiert, für den keine explizite analytische Lösung existiert. Dasselbe gilt für stückweise lineare Zusammenhänge

4. Der quadratische Ansatz Grundidee des vorliegenden Artikels ist es, die (a priori unbekannte) Funktion Φ durch eine passende quadratische Taylorentwicklung approximativ zu ersetzen: Es sei Ŝ ein typischer (mittlerer) Wert für S, dann ist es plausibel anzunehmen, dass Φ(S) in einer Umgebung von Ŝ eine Taylorentwicklung besitzt, die wir im Sinne einer Näherung nach dem quadratischen Term abbrechen:

5.

(9)

mit a1 < a2. Diese finden eine natürliche Interpretation in dem Szenario, dass bis zu einem Speicherinhalt S1 der Niederschlag teilweise vom Boden aufgenommen wird, dieser aber ab S = S1 gesättigt ist.

wobei sich für die Hilfsfunktion u(t) eine lineare Differentialgleichung ergibt. Beschränkt man sich auf ein hinreichend kleines Zeitintervall t1 ≤ t ≤ t2, dann ist es plausibel und praktisch, wie angekündigt I(t) durch eine Konstante Ic zu modellieren. Unter dieser Voraussetzung setzen wir auch S*(t) = S* konstant an und erhalten aus Gl. (8) die simple quadratische Gleichung von der

(11) Lösung der «quadratischen Speichergleichung» Gl. (8) ist eine sog. Riccati’sche Differentialgleichung: siehe H. Heuser [9]. Als solche besitzt sie die folgende nützliche Eigenschaft: Ist eine Lösung S*(t) bekannt, dann erhält man alle andern Lösungen durch den Ansatz (10)

eine Lösung ist. Wir werden daher durchwegs fordern, dass (12) gilt. Praktisch bedeutet dies keine wesentliche Einschränkung, da in der Regel ein konvexer Graph Q = Φ(S) und daher b ≥ 0 zu erwarten ist. (Vgl. die Bemerkung am Ende von Abschnitt 4.) Im Sonderfall b = 0

(6) Nun sollte für S = 0 auch Q = 0 folgen, daher wird c0 = 0 festgesetzt. Nach passender Umbenennung ergibt dies, wieder als Gleichung geschrieben, (7) und in Gl. (2) eingesetzt, (8) mit zwei Konstanten a und b, die jeweils an konkrete Daten angepasst werden können. Der durch Gl. (7) und (8) beschriebene «quadratische Speicher» hat – wie wir zeigen werden zwei Vorteile: • Zum Unterschied von den anderen zuvor erwähnten nicht-linearen Ansätzen erhält man zumindest für den wichtigen Fall I = Ic («Blockregen») explizite analytische Lösungsfunktionen. • Mindestens für gewisse, an zwei Fliessgewässern in Ostösterreich erhobene Datensätze ist das quadratische Modell dem linearen schlagend überlegen – in einem wissenschaftlich präzisen Sinn, wie später erörtert wird. Weiter sei darauf hingewiesen, dass Gl. (7) den früher erwähnten Ansatz Q = Φ(S) = 220

Bild 1. Ybbs, 1./2. September 2010.

Bild 2. Taffa, 2./3. Juni 2010. «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


ist S*= Ic/a. Setzt man Gl. (10) mit diesem S* in Gl. (8) ein, so folgt nach kurzer Rechnung die lineare Differentialgleichung u’(t) = Wu(t) + b. Ihre allgemeine Lösung lautet

Damit ergibt sich die allgemeine Lösung der Riccati’schen DGL (8) auf dem Intervall t1 ≤ t ≤ t2 als

mit konstant modellierter Niederschlagsintensität Ic (Phase A). • Danach folgt eine niederschlagsfreie Periode, während der das Wasser abfliesst und der Pegelstand des beobachteten Fliessgewässers sinkt (Phase B). Um für die Phase A die Modellfunktion SA(t) zu finden, brauchen wir nur in Gl. (13) die Anfangsbedingung SA(0) = S0 einzusetzen. So erhalten wir mit Gl. (11)

Zur Bestimmung von CB beachten wir die «Anfangsbedingung» SB(T) = SA(T), wobei SA(T) aus (14) zu berechnen ist. Eine kurze Rechnung ergibt

also letztendlich die Modellfunktion

(13) (15) Die Abflussstärke Q(t) ist daraus mittels Gl. (7) zu bestimmen. Es ist instruktiv, auf der Basis der allgemeinen Lösung (13) die folgende elementare Sequenz von Ereignissen zu diskutieren, die in einführenden Lehrveranstaltungen und Lehrbüchern der Hydrologie häufig betrachtet wird: • Beginnend mit einem «Anfangsspeicherinhalt» S0 ≥ 0 zum Zeitpunkt t = 0, gibt es zunächst einen Blockregen während eines Zeitintervalls 0 ≤ t ≤ T,

und somit die Modellfunktion Die Abflussstärken QA(t),QB(t) werden nun wieder mittels Gl. (7) aus Gl. (14) bzw. Gl. (15) berechnet. (14)

Während der Trockenphase B ist Ic durch 0 zu ersetzen, folglich W durch a (wieder wegen Gl. (11)), es entsteht die Modellfunktion

6.

Exkurs: Wie man Modelle vergleicht Zum Zweck einer fundierten Diskussion «quadratisches versus lineares Speichermodell» geben wir zunächst einen Abriss über zwei gebräuchliche statistische Methoden, Modelle miteinander zu vergleichen. Eine instruktive Darstellung findet man in H.J. Motulsky & A. Christopoulos [13], S. 134–159, deren Resultate wir hier zusammenfassen. (Vgl. auch K.P. Burnham & D.R. Anderson [2].) Empirisch gegeben seien N Datenpaare (x1,y1),...,(xN,yN). Zur Modellierung des funktionellen Zusammenhangs von x und y stehen zwei Modellfunktionen y = f1(x) und y = f2(x) zur Auswahl, mit p1 bzw. p2 freien Parametern, 0 < p1 < p2. Es seien f1,f2 «verschachtelt» (engl.: nested models) in dem Sinn, dass f1 entsteht, indem man p2 – p1 der Parameter von f2 einen festen Wert zuweist (meist 0). Es seien

Bild 3. Modellrechnung: Ybbs, Gesamtniederschlag Ic = 400 m3/s. die entsprechenden Fehlerquadratsummen, wobei die Parameter in fj jeweils so bestimmt werden, dass FQSj minimiert wird. Klarerweise ist FQS2 ≤ FQS1, wobei in der Regel das strikte Kleinerzeichen gilt. Methode (I) («F-Test»). Es wird der «FQuotient»

Bild 4. Modellrechnung Taffa, Gesamtniederschlag Ic = 25 m3/s.

berechnet und daraus z.B. mittels der Microsoft ExcelTM Formel =FVERT(F;p2 – p1;N – p2) die Wahrscheinlichkeit PF, dass die Verbesserung FQS2 <FQS1 nur durch Zufallsschwankungen der Daten zustande kam. Ist PF sehr klein, dann sollte die (kompliziertere) Modellfunktion f2 bevorzugt werden.

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

221


Methode (II) («Akaike’s Information Criterion»). Für die Modellfunktionen f1,f2 ist der («korrigierte») AIC-Index definiert als

Das Modell mit kleinerem Wert von AICcorr(fj) ist eher korrekt: Die Wahrscheinlichkeit, dass dies z.B. für f2 zutrifft, ist

zur Konkurrenz an, wobei , jeweils den gesamten «Speicherinhalt» zum Zeitpunkt t = 0 bezeichnet, geschätzt nach dem linearen bzw. quadratischen Modell. Die Modellfunktion f1 enthält also zwei freie Parameter, und a*, hingegen f2 drei: a,b und . Diese Parameter werden nun, im Sinne der nichtlinearen Regression, z.B. mit dem Solver von Microsoft ExcelTM, durch Minimieren der Fehlerquadratsummen an die gegebenen Abflusszeitreihen angepasst. Es ergeben sich im Einzelnen die folgenden Resultate (gerundet): • Datensatz 1: Ybbs, 1./2. September 2010. (Vgl. Datenpunkte in Bild 1.)

der sog. Evidenzquotient dafür errechnet sich als

Vergleich quadratisches versus lineares Modell, anhand empirischer Daten Zum Vergleich der Modelle wurden zwei durchaus verschiedenartige Flüsse im ostösterreichischen Bundesland Niederösterreich ausgewählt. Zum einen die Taffa (an der Messstelle Frauenhofen), die ein lokal sehr beschränktes Einzugsgebiet von 140 km2 aufweist, das geologisch am Rand der Böhmischen Masse liegt. Zum anderen die Ybbs (an der Messstelle Greimpersdorf), deren Einzugsgebiet von 1116.6 km2 bis in die niederösterreichischen Kalkalpen reicht. Die Daten der Durchfluss- bzw. Niederschlagsintensitäten von den offiziellen Messstellen des Landes Niederösterreich für das Jahr 2010 wurden uns freundlicherweise von der Abteilung Hydrologie und Geoinformation (BD3) des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung zur Verfügung gestellt. Ausgewählt wurden jeweils Abflusszeitreihen, die durchwegs nach einem ausgeprägten Niederschlagsereignis eine niederschlagsfreie Periode beschreiben; dadurch wurde die quantitative Verwendung von meist stärker fehleranfälligen Niederschlagsmessdaten umgangen. Im Sinne des in Abschnitt 6 Dargestellten stehen – angesichts der Gl. (5) bzw. (7) und (15) – die beiden Modellfunktionen

8.

Modellrechnung für konstante Niederschlagsintensität Wir führen nun noch, sowohl für das lineare als auch für das quadratische Modell, für beide Gewässer hypothetische Berechnungen durch unter der Annahme, dass am Ende der durch die Daten beschriebenen niederschlagsfreien Periode ein 24-stündiges Niederschlagsereignis mit einer konstanten Gesamtniederschlagsintensität Ic für das gesamte Einzugsgebiet stattgefunden hat. Wir verwenden dazu die Formeln (5) bzw. (14) und (7), weiter die in Abschnitt 7 jeweils errechneten Werte für a,b und a*. Für die Ybbs legen wir den plausiblen Niederschlagswert Ic = 400 m3/s zugrunde, sowie den Anfangswert = 59.85 m3s–1 (letzter Q-Wert des Datensatzes 1). Mittels (7) folgt

7.

Die Fehlerquadratsummen sind

daraus errechnen sich im Sinne der beiden Vergleichsmethoden in Abschnitt 6:

Die Wahrscheinlichkeit, dass das quadratische Modell eher zutrifft, ist somit nach dem AIC-Kalkül praktisch 1, der Evidenzquotient dafür ist grösser als 1.895 × 106. • Datensatz 2: Taffa, 2./3. Juni 2010. (Vgl. Datenpunkte in Bild 2.)

9. •

Die Fehlerquadratsummen sind •

daraus folgt nach Abschnitt 6:

und

Die Wahrscheinlichkeit, dass das quadratische Modell eher zutrifft, ist nach AIC wieder praktisch 1, der Evidenzquotient grösser als 3 × 105. 222

Das Ergebnis ist in Bild 3 grafisch dargestellt. Analog wird für die Taffa Ic = 25 m3/s angenommen, weiter ist = 2.32 m3s–1 5 3 und = 1.92 × 10 m , siehe Bild 4. Wie sich zeigt, führt das quadratische Modell, dessen Glaubwürdigkeit ja in Abschnitt 7 erhärtet wurde, zu einer deutlich höheren Prognose für die zu erwartende Abflussstärke Q(t). Dies könnte als Indiz angesehen werden, dass das klassische lineare Speichermodell die Abflussentwicklung als Folge eines Niederschlagsereignisses möglicherweise systematisch unterschätzt. Zusammenfassung der Ergebnisse Es wird eine Variante der mathematischen Speichermodellierung in der Hydrologie dargestellt («quadratischer Speicher»), die bei Tests an empirischen Daten dem klassischen linearen Modell deutlich überlegen ist. Dieses quadratische Speichermodell führt ebenfalls zu einer expliziten analytischen Abfluss-Modellfunktion. Die erforderlichen Berechnungen können folglich mit Standardsoftware wie Microsoft ExcelTM durchgeführt werden. Es zeigt sich, dass Prognoserechnungen anhand des linearen Modells die zu erwartende Abflussstärke als Folge eines vorgegebenen Blockregens eher unterschätzen, der quadratische Ansatz führt hier tendenziell zu höheren Werten.

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Es steht ausser Zweifel, dass aufwendigere Modelle, deren Lösungsfunktionen nur mehr numerisch bestimmt werden können, noch präziser und auch flexibler sein mögen, allerdings um den Preis wesentlich grösserer mathematischer Komplexität und damit auch höherer Anforderungen an die erforderliche Software. Für weitere Forschungen wäre es von Interesse, den quadratischen Ansatz an möglichst vielfältigen empirischen Daten zu testen, auch unter Berücksichtigung von Niederschlägen, und sowohl mit dem linearen als auch mit komplexeren Modellen zu vergleichen.

volle Zitat [13] sowie für hilfreiche Bemerkungen

Wasserwirtschaft – Hydrologische Modellie-

zum Text.

rung – Manuskript zur Vorlesung. TU Berlin, Fachgebiet Wasserwirtschaft und Hydroinfor-

Literatur

matik.

[1]

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A. Baumgartner, H.J. Liebscher (Hrsg.)

(1996), Allgemeine Hydrologie – Quantitative

technik, Teubner.

Hydrologie. – In: Lehrbuch der Hydrologie Bd.

[12] U. Maniak (2005), Hydrologie und Was-

1, 2. Aufl., Gebr. Borntraeger, Berlin-Stuttgart.

serwirtschaft. Eine Einführung für Ingenieure,

[2]

5. Aufl., Springer, Berlin.

K.P. Burnham, D.R. Anderson (2002),

Model selection and multimodel inference –

[13] H.J. Motulsky, A. Christopoulos (2003), Fit-

a practical information-theoretic approach,

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[4]

M. Dierks (o.J.), Anwendungen der Dif-

[14] K.H. Schmidt (1984), Der Fluss und sein

ferentialrechnung bei Stauseeentleerungen,

Einzugsgebiet – Hydrogeographische For-

Facharbeit.

schungspraxis, Wissenschaftl. Paperbacks,

Danksagung

http://www.lifeandscience.de/fileadmin/down-

Franz Steiner Verlag, Wiesbaden.

Die Verfasser danken Herrn Dipl.Ing. Christian

loads/referate/mathematik/Differentialrech-

[15] E.M. Shaw, (1994), Hydrology in Practice,

Krammer und Herrn Mag. Friedrich Salzer von

nung_bei_Stauseeentleerungen.pdf

Chapman & Hall, London u.a.

der Abteilung Hydrologie und Geoinformation

[5]

(BD3) des Amtes der NÖ Landesregierung für

rung für Ingenieure, Springer, Wien, New York.

Anschrift der Verfasser

die zuvorkommende und rasche Bereitstellung

[6]

S. Dyck (Hrsg.) (1980), Angewandte Hyd-

Prof. Dr. Werner Georg Nowak, Harald Führer,

der Durchfluss- bzw. Niederschlagsdaten.

rologie, Teil 1: Berechnung und Regelung des

BSc, Institut für Mathematik, Department für In-

Gedankt sei weiter dem hilfreichen Team des

Durchflusses der Flüsse, Teil 2: Der Wasser-

tegrative Biologie, Universität für Bodenkultur

Instituts für Wasserwirtschaft, Hydrologie und

haushalt der Flussgebiete, Verlag für Bauwe-

Wien, Gregor-Mendel-Strasse 33,

Konstruktiven Wasserbau der BOKU Wien für

sen, Berlin.

AT-1180 Wien

sehr informative beratende Kommunikation

[7]

sowie konstruktiv-kritische Lektüre verschie-

der Hydrologie, Verl. F. Bauwesen Berlin.

dener Fassungen dieses Artikels; namentlich

[8]

Herrn Prof. Hans-Peter Nachtnebel, Herrn

Hydrologie, Teubner Studienbücher Geogra-

Prof. Hubert Holzmann und Frau Katharina

phie, Stuttgart.

Lebiedziński. Dank gebührt auch Herrn Profes-

[9]

sor Norbert Brunner vom Institut für Mathematik

tialgleichungen, Teubner.

der BOKU Wien für den Hinweis auf das wert-

[10] R. Hinkelmann (2005), Hydrologie und

T. Dracos (1980), Hydrologie. Eine Einfüh-

S. Dyck , G. Peschke (1995), Grundlagen R. Herrmann (1976), Einführung in die

H. Heuser (2004), Gewöhnliche Differen-

Hydraulische Lösungen alles aus einer Hand Planen - entwickeln - produzieren Als innovatives Schweizer Traditionsunternehmen sind wir spezialisiert auf hydraulische Steuerungs- und Antriebstechnik. Ob grosse, komplexe Herausforderungen oder Einzelkomponenten: Jeder Auftrag ist für uns der Wichtigste. Bei Fragen, Anliegen oder Projekten freut es uns, für Sie da zu sein. Oelhydraulik Hagenbuch AG, Rischring 1, CH-6030 Ebikon, Tel. +41 (0)41 444 12 00, Fax +41 (0)41 444 12 01 ohe@hagenbuch.ch, www.hagenbuch.ch, www.hydraulikshop.ch

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

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Repräsentativität von Stichproben bezüglich Schwebstoffkonzentration Erfahrungen der Abteilung Hydrologie bei der Probenahme Alessandro Grasso, Dominique Bérod, Hanspeter Hodel, Adrian Jakob, Petra Lalk, Manfred Spreafico

Zusammenfassung Die Schwebstoffkonzentration (SSC) in den schweizerischen Fliessgewässern wird seit den 1960er-Jahren durch die Abteilung Hydrologie des Bundesamts für Umwelt (BAFU) gemessen. Das Messnetz wurde zur Überwachung der Erosion, des Feststofftransportes und der Ablagerungen von Sedimenten in Flüssen und Seen aufgebaut. Anhand der SSC-Datenreihen werden die täglichen, monatlichen und jährlichen Schwebstofffrachten geschätzt, statistische Eigenschaften wie jahreszeitliche Verläufe, Langzeittendenzen und Häufigkeitsverteilungen analysiert und die Korrelationen mit den Abflüssen und den Eigenheiten des Einzugsgebiets untersucht. Da die SSC in einem Fliessgewässer nicht gleichmässig verteilt ist, stellt die Repräsentativitätsprüfung der Stichproben in Bezug auf die SSC auf einen Gewässerabschnitt einen wichtigen Aspekt der Qualitätskontrolle des Monitorings dar. Um die Repräsentativität dieser Stichproben zu überprüfen, erstellt die Abteilung regelmässig Konzentrationsprofile für die überwachten Fliessgewässer. Diese Konzentrationsprofile sind ein aussagekräftiges und unerlässliches Instrument zur Qualitäts-/Repräsentativitätsprüfung der Proben.

1. Einleitung Die als Schwebstoffe transportierten Sedimente bestehen aus Feinsand, Schluff und Ton. Diese bilden sich durch die Bodenerosion und werden vom Wind und/oder Wasser transportiert. Der Erosionsprozess ist abhängig von der Morphologie, der Bodenstruktur (Geologie, Mineralogie) und den Regenmengen. Die Intensität des Erosionsprozesses unterliegt örtlich und jahreszeitlich hohen Schwankungen. Neben diesen natürlichen Faktoren begünstigen verschiedene menschliche Aktivitäten wie die Land- und Forstwirtschaft, Baggerungen, Sand- und Kiesentnahmen aus Flüssen, Gewässerregulierungen, Spülungen von Rückhaltebecken usw. die Erosion und den Sedimenttransport in Fliessgewässern. Schwebstoffe in den Fliessgewässern können u.a. bei Ausuferung auf genutzte Flächen beträchtliche Umweltschäden und damit bedeutende finanzielle Belastungen (Clark et al. 1985) verursachen. 224

Résumé La concentration des sédiments en suspension (SSC) dans les rivières Suisses est mesurée depuis les années 1960 par la division Hydrologie de l’Office fédéral de l’environnement (OFEV). Le réseau de surveillance a été mis en place pour surveiller l’érosion, le transport et le dépôt de sédiments dans les rivières et les lacs. Les séries de données de la SSC sont utilisées pour estimer les charges sédimentaires quotidiennes, mensuelles et annuelles; pour analyser les caractéristiques statistiques telles que les tendances saisonnières, les tendances à long terme, la répartition des fréquences; pour étudier la corrélation avec les débits et les caractéristiques des bassins versants, etc. Etant donné que la SSC n’est pas répartie uniformément le long du profil transversal du cours d’eau, le contrôle de la représentativité de l›échantillon par rapport à la SSC du cours d’eau est un élément important du monitorage des sédiments en suspension. Pour vérifier la représentativité des l’échantillonnage, la division exécute régulièrement des profils de concentration des cours d’eau surveillés. Ces profils de concentration sont un outil indispensable pour contrôler la qualité/représentativité des échantillons.

Auch bei der industriellen Trinkwasseraufbereitung entstehen durch schwebende Sedimente hohe Kosten. Schwebende Sedimente haben eine Vielzahl von Auswirkungen auf die Gewässer, darunter die Verfrachtung von Schadstoffen, besonders von Spurenelementen (Tessier, 1992) und toxischen organischen Substanzen. Bei hohen Konzentrationen von Feinsedimenten in der Wassersäule können manche Wasserlebewesen ersticken oder in der Fortpflanzung behindert werden (Ventling-Schwank & Livingston, 1994; Rubin, 1995, Henley et al. 2000). Das die Wassersäule durchdringende, für die Photosynthese erforderliche Sonnenlicht wird durch Schwebstoffe gedämpft (Kirk, 1994). Dies führt zu einer Verringerung der photosynthetischen Aktivität und damit der Primärproduktion (durch Photosynthese fixiertes organisches Material) (Ward 1992; Persaud & Jaagumagi, 1995). Die Verringerung der Wassertransparenz hat auch einen wesentlichen Ein-

fluss darauf, wie der Gesundheitszustand eines Gewässers durch Erholungssuchende wahrgenommen wird (Smith et al. 1995, b). Die Schwebstoffkonzentration (SSC) in den schweizerischen Fliessgewässern wird seit den 1960er-Jahren durch die Abteilung Hydrologie des Bundesamts für Umwelt (BAFU) überwacht. Das Messnetz wurde zur Überwachung der Erosion des Feststofftransportes und der Ablagerung von Sedimenten in Flüssen und Seen aufgebaut und betrieben. Anhand der SSC-Datenreihen werden die täglichen, monatlichen und jährlichen Schwebstofffrachten geschätzt, statistische Merkmale wie jahreszeitliche Verläufe, Langzeittendenzen und Häufigkeitsverteilungen analysiert und die Korrelationen mit den Abflüssen und Eigenschaften des Einzugsgebiets untersucht. Im Laufe der Jahre wurde das Monitoring weiterentwickelt und an neue Ziele angepasst (zum Beispiel die Beobachtung der Auswirkun-

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gen des Klimawandels). In den 1990erJahren begann das BAFU, die Schwebstoff-Messstationen mit Trübungssonden auszurüsten, um kontinuierliche indirekte Beobachtungen der Schwebstoffkonzentration durchführen zu können und um die Schätzungen der von den Fliessgewässern verfrachteten Sedimentvolumina zu verbessern (Grasso et al., 2007). Gegenwärtig umfasst das SSC-Beobachtungsnetz 14 hydrometrische Stationen, wovon 9 mit Trübungsmesssonden ausgestattet sind (Bild 1). 2.

Die Schwebstoffkonzentration in den Fliessgewässern Wegen der ungleichmässigen örtlichen und zeitlichen Verteilung der SSC in den Fliessgewässern ist das SSC-Monitoring ein komplexer Prozess. Nach Edward und Glysson (1999) besteht die SSC bei einer Fliessgeschwindigkeit von weniger als 0.6 m/s vor allem aus Schluff und Ton. Die SSC (Schluff und Ton) ist im Profil ziemlich gleichförmig verteilt (Bild 2a). Die Sedimentation von Schluff und Ton erfolgt im Vergleich zur Fliessgeschwindigkeit langsam, weshalb diese Partikel über grosse Distanzen verfrachtet werden. Übersteigt die Fliessgeschwindigkeit 3.7 m/s, sorgt die starke Turbulenz für eine Durchmischung der Schwebepartikel. In diesem Fall kann die Verteilung der SSC (Sand, Schluff und Ton) als gleichförmig betrachtet werden. Die Stichproben können in Ufernähe entnommen werden, wodurch sich die potenziellen Gefahren einer Entnahme bei Hochwasser reduzieren lassen (Bild 2c) (Edward und Glysson 1999). Liegt die Fliessgeschwindigkeit zwischen 0.6 und 3.7 m/s, wird auch Sand mobilisiert und dann als Schwebstoff transportiert. Doch die Verteilung der Sandkonzentration ist nicht gleichförmig. Die SSC nimmt mit der Wassertiefe zu (Bild 2b) (Edward und Glysson 1999). Die höchsten SSC findet man in den bodennahen Wasserschichten des Fliessgewässers. Bild 3 zeigt schematisch die vertikale Verteilung der Fliessgeschwindigkeit, der Schwebstoffkonzentration und der Schwebstoffführung (Rouse, 1938, Vanoni, 1984). Es besteht eine Korrelation zwischen der Fliessgeschwindigkeit und der Schwebstoffkonzentration. An jedem Punkt der Vertikalen beeinflussen sich die Fliessgeschwindigkeit, die Wasserturbulenz und die Schwebstoffkonzentration wechselseitig. Unter Gleichgewichtsbedingungen ist der vertikale Austausch von Feststoffen zwischen dem Flussbett und

Bild 1. Aktuelles Messnetz des Bundes zur Beobachtung des Schwebstofftransportes.

Bild 2. Die Fliessgeschwindigkeit bestimmt weitgehend die Verteilung der SSC in der Wassersäule (Edward und Glysson 1999).

Bild 3. Schema der vertikalen Verteilung der Fliessgeschwindigkeit, der Schwebstoffkonzentration und der Schwebstoffführung. Es besteht eine Korrelation zwischen der Fliessgeschwindigkeit und der Schwebstoffkonzentration (Rouse, 1938, Vanoni, 1984).

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Bild 4. SSC-Profile vom 28.7.2010 und vom 29.6.2012 bei der Messstation Rhein-Diepoldsau. Die Konzentrationen nehmen mit der Wassertiefe zu und gehen an den Rändern des Flussbetts zurück.

Bild 5. Die Fliessgeschwindigkeit des Rheins bei der Station Diepoldsau, die zwischen 0.6<v<3.7 variiert, lässt keine gleichförmige Verteilung der SSC zu (siehe auch Bild 2). der darüber befindlichen Wassermasse durch den Ausgleich zwischen der Absetzung fester Partikel (Wirkung der Schwerkraft) und der Turbulenz gegeben, welche die Schichten mit höchster Konzentration in der Wassersäule nach oben zieht. Die SSC variiert auch horizontal im Querprofil, wobei die höchsten Konzentrationen in der Regel im mittleren Teil des Fliessgewässers zu finden sind, wo die Fliessgeschwindigkeit am höchsten ist, zu den Ufern hin nehmen sie ab (Bild 4). 3.

Beobachtungsnetz der Schwebstoffverfrachtung der Abteilung Hydrologie des BAFU Der Betrieb des Messnetzes der SSC sieht regelmässige Probeentnahmen der SSC an festen Punkten vor. Eine unerlässliche Bedingung dafür ist, dass die Proben bezüglich der SSC für das Fliessgewässer repräsentativ sind. Wegen der ungleichmässigen Verteilung der SSC im Fliessgewässer besteht ein Risiko, dass die Wasserproben bezüglich der SSC 226

nicht repräsentativ sind. Die Wahl des Standorts der Probeentnahmen wirkt sich enorm auf die Berechnung der verfrachteten Schwebstoffvolumina aus. Eine für die SSC nicht repräsentative Probeentnahme kann zu Fehlern von mehr als 100% bei der Schätzung der Schwebstofffrachten führen (Grasso et al. 2012). Die Schwierigkeiten bei der Entnahme von repräsentativen Stichproben für die SSC mehren sich mit Unregelmässigkeiten im Gewässer, wie Hindernisse, Nähe zu seitlichen Sedimenteinträgen (Zuflüsse) usw. In grossen Flüssen wie dem Rhein variiert die Fliessgeschwindigkeit in einem Intervall von 0.6<v<3.7 (Bild 5). In diesem Fliessgeschwindigkeitsintervall ist die SSC nicht gleichförmig, weshalb es entscheidend ist, den Standort der Entnahme zu definieren, der für die SSC des Fliessgewässers repräsentative Stichproben liefert. Die Entnahme einer grösseren Zahl von Stichproben entlang des Wasserlaufs und in kürzeren Zeitabständen ist mangels Ressourcen und Personal auf lange Sicht finanziell nicht

Bild 6. Schwebstoffproben.

tragbar. Die Abteilung Hydrologie des BAFU überwacht daher die Schwebstoffverfrachtung in den Schweizer Flüssen, indem sie an den hydrometrischen Stationen zweimal wöchentlich Wasserproben (Bild 6) entnehmen lässt. Die zweimal wöchentliche Probeentnahme erfolgt von einer Brücke über dem Fliessgewässer aus oder mit einer Seilkrananlage einer hydrometrischen Station (Bild 7). Die Abteilung Hydrologie bestimmt den Entnahmepunkt der bezüglich der SSC für das Fliessgewässer repräsentativen Stichproben, indem sie Konzentrationsprofile erstellt. Die Aufnahme der Schwebstoffkonzentrationsprofile erfolgt von einer Brücke aus oder mit einer Seilkrananlage bei einer hydrometrischen Station (Bild 8). Anhand der Konzentrationsprofile lassen sich die Messvertikale und die Messtiefe für die bezüglich der SSC repräsentativen Probeentnahmen (Grasso et al. 2012) definieren (Bild 9). Die Stichproben werden mit dem von der Abteilung Hyd-

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


rologie des BAFU entwickelten Schwebstoffsammler entnommen. Der Sammler ist mit einer funkgesteuerten Klappe zum Öffnen und Schliessen der Eintrittsöffnung ausgerüstet. Mit diesem Sammler können Stichproben aus unterschiedlichen Tiefen des Wasserkörpers entnommen werden (Grasso et al. 2012). Der grösste Teil der Schwebstoffe wird bei Hochwasserereignissen transportiert. Die erhöhte Fliessgeschwindigkeit stellt für die Personen, die die Proben entnehmen, eine erhebliche Gefährdung dar. Um die Risiken zu minimieren, erfolgt die Probeentnahme nahe der Wasseroberfläche, in rund 15–20 cm Tiefe. Die Vertikale wird anhand des SSC-Profils gewählt. Im Fall der Messstation Rhein-Diepoldsau werden die Stichproben in der Nähe der Vertikalen 50m entnommen. In Bild 10 sind die Ergebnisse der 2012 erstellten Konzentrationsprofile dargestellt. Die Abbildung zeigt die Unter- und Überschätzung der SSC im Fliessgewässer durch die repräsentativste, in einer Tiefe von rund 15–20 cm entnommene Stichprobe und durch die am Ufer des Fliessgewässers entnommene Stichprobe in Prozent. Dabei lässt sich beobachten, dass die Über-/Unterschätzung der SSC bei den repräsentativsten Stichproben um ± 5% variiert, während die Unterschätzung der SSC bei am Ufer entnommenen Proben von -18% bis -85% variiert. Studien an der Donau (A) (Haimann et al., 2012) und im Einzugsgebiet des Humber (UK) (Wass und Leeks, 1999) zeigen, dass die mittlere SSC eines Flusses bis zu 2.5-mal höher sein kann als die SSC am Ufer. Die Unterschätzung der SSC anhand von am Ufer entnommenen Stichproben ist nicht konstant, sondern hängt von der Fliessgeschwindigkeit und der Wasserturbulenz ab (Bild 11 links). Die Differenz zwischen der SSC im Fliessgewäs-

ser und jener am Ufer ist bei niedrigen Abflussgeschwindigkeiten sehr klein. An der Messstation Aare-Hagneck (13.7.2010, mittlere Abflussgeschwindigkeit 0.8 m/s) beträgt die Unterschätzung der SSC im Fliessgewässer gegenüber den am Ufer entnommenen Stichproben -7%. Mit steigender Fliessgeschwindigkeit nimmt die Differenz zwischen der SSC im Fliessgewässer und jener der am Ufer entnommenen Stichproben zu (Bild 11 links). An der Messstation Kleine Emme-Littau (2.6.2012, mittlere Abflussgeschwindigkeit 1.9 m/s) beträgt die Unterschätzung der SSC im Fliessgewässer anhand der am

Ufer entnommenen Stichproben -86%. Die Differenz zwischen der mittleren SSC des Fliessgewässers und jener von am Ufer entnommenen Stichproben wächst mit steigender Fliessgeschwindigkeit so lange, bis die Turbulenz eine gleichförmigere Schwebstoffverteilung im Wasser zu bewirken vermag. Dann nimmt mit weiter steigender Fliessgeschwindigkeit die Differenz zwischen der SSC im Fliessgewässer und jener der am Ufer entnommenen Stichproben wieder ab (Bild 11 links). An der Messstation Emme-Wiler (10.10.2012, mittlere Abflussgeschwindigkeit 2.7 m/s) beträgt die Unterschätzung der SSC an-

Bild 7. Zweimal wöchentlich durchgeführte Probeentnahme von einer Brücke aus (links) oder mit einer Seilkrananlage einer hydrometrischen Station (rechts).

Bild 8. Die Aufnahme der Schwebstoffkonzentrationsprofile erfolgt von einer Brücke aus (links) oder mit einer Seilkrananlage bei einer hydrometrischen Station (rechts).

Bild 9. Mit Schwebstoffkonzentrationsprofilen lässt sich die Vertikale für die bezüglich der SSC repräsentativen Probeentnahmen definieren. «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

227


hand der am Ufer des Fliessgewässers entnommenen Stichproben -10%. Die von der Abteilung Hydrologie erstellten SSC-Profile zeigen, dass für die Korrelation zwischen der mittleren SSC im Fliessgewässer und der SSC von am Ufer entnommenen Stichproben zu beachten ist, dass der Abstand der repräsentativen Entnahmestelle für die SSC im Fliessgewässer und der am Ufer gemessenen SSC von der Fliessgeschwindigkeit und folglich von der Wasserturbulenz abhängig ist (siehe Simulation Bild 11 rechts). In Haimann et al. (2012) wird für die meisten österreichischen Schwebstoffmessstel-

len ein guter statistischer Zusammenhang zwischen sondennaher (am Ufer) und mittlerer Schwebstoffkonzentration im Profil, die jeweils bei unterschiedlichen Fliessgeschwindigkeiten ermittelt wurden, durch eine einfache lineare Regression beschrieben. Bild 12 zeigt die relativen Positionen (Vertikale der Probenahme/Breite des Fliessgewässers) der Stichproben jener Konzentrationsprofile, die für die SSC im Fliessgewässer am repräsentativsten sind. Die herangezogenen Proben wurden in einer Tiefe von rund 15–20 cm entnommen.

Bild 10. Am Ufer des Fliessgewässers entnommene Stichproben ergeben viel zu niedrige SSC-Schätzwerte. Die Berechnung der mittleren Schwebstoffkonzentration erfolgt aus 21 Messpunkten des SSC-Profils.

Der Standort der Probenahme der für das SSC-Profil repräsentativsten Stichprobe befindet sich im Bereich der Flussmitte des Fliessgewässers. In Fliessgewässern mit geraden Stromlinien und symmetrischem Flussbettprofil befindet sich der Entnahmepunkt der repräsentativsten Stichprobe nahe der Mitte des Fliessgewässers. Falls das Querprofil nicht symmetrisch ist (z.B. Arve-Bout du Monde, Kleine Emme-Littau) weicht der Entnahmepunkt der repräsentativsten Stichprobe stärker von der Mitte des Fliessgewässers ab. Änderungen des Bettprofiles (Bild 13) verursachen Verschiebungen des Ortes der repräsentativen Stichprobe von einer Vertikalen zu einer anderen angrenzenden (z.B. Aare-Brienzwiler, ReussSeedorf, Rhein-Diepoldsau). Im Fliessgewässer mit stabilem Bettprofil sollte permanent in der gleichen Vertikalen gemessen werden. Das SSC-Profil ist von den Stromlinien, aber auch von der Bettform des Fliessgewässers abhängig und verändert sich entsprechend (Bild 9). Bettform und Stromlinien beeinflussen sich gegenseitig, verändern zusammen das SSC-Profil des Fliessgewässers und folglich den repräsentativsten Probenahmepunkt. Deshalb ist es wichtig, die SSC-Profile periodisch neu zu erstellen. 4. Fazit Die grössten Schwebstoffmengen werden bei Hochwasserereignissen transportiert. Die Schwebstoffkonzentration (SSC) ist im Allgemeinen nicht gleichförmig im Was-

Bild 11.(Linkes Bild) Mathematische Simulation, gemäss dem Model von (Edward und Glysson 1999), des Verlaufes der SSC in Funktion der Zunahme der Fliessgeschwindigkeit. (Rechtes Bild) Die Simulation zeigt, dass man die Fliessgeschwindigkeit berücksichtigen sollte, um eine lineare Korrelation (siehe die verschiedenen farbigen Geraden) zwischen der SSC1 und SSC2 erstellen zu können. 228

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


serkörper verteilt. Zur Überwachung der Schwebstoffverfrachtung und Schätzung der Schwebstofffrachten ist der Standort der Probenahme der für die SSC repräsentativsten Stichproben im Fliessgewässer festzulegen. Das Konzentrationsprofil ist ein unerlässliches Instrument zur Bestimmung dieses Standortes und zur Überprüfung der Repräsentativität der Stichproben. Die Erfahrung der Abteilung Hydrologie des BAFU zeigt, dass anhand

von lediglich am Ufer des Fliessgewässers entnommenen Stichproben die SSC und folglich auch die Schwebstofffrachten unterschätzt werden. Das Bett eines Fliessgewässers ist Veränderungen unterworfen. Stromlinien und Wassergeschwindigkeit variieren zeitlich und verändern das Bettprofil und folglich auch die Verteilung der SSC. Es ist daher unerlässlich, regelmässig neue Konzentrationsprofile zu erstellen, um die

Repräsentativität der Proben überprüfen zu können. Danksagung Unser Dank geht an die Mitarbeitenden des METAS für die Analyse der Schwebstoffkonzentrationen und an die Mitarbeitenden der Sektion Hydrometrie für die Unterstützung bei der Erstellung der Konzentrationsprofile. Ein besonderer Dank geht an Herrn Dipl. Ing. Clemens Mathis vom Amt der Vorarlberger Landesregierung für seine Vorschläge und Beobachtungen. Literatur Clark, E. H., Haverkamp, J. A., Chapman, W. 1985. Eroding Soils. The Off-Farm Impacts. The Conservation Foundation, Washington D.C., 252 pp. Edwards, T.K., Glysson, G.D. 1999, Field methods for measurement of fluvial sediment: Techniques of Water-Resources Investigations of the U.S. Geological Survey, Book 3, Chapter C2, 89 p. Haimann, M., Liedermann, M., Naderer, A., Lalk, P., Habersack, H. 2012. Integratives Schwebstoffmonitoringkonzept – Innovative Ansätze auf Basis direkter und indirekter Methoden Österr. Wasser- und Abfallw. (2012) 64:535–543 Henley, W.F., Patterson, M.A., Neves, R. J., Lemly, A.D. 2000. Effects of Sedimentation and

Bild 12. Die für die SSC repräsentativen Stichproben, in einer Tiefe von rund 15–20 cm entnommen, sind im Bereich der Flussmitte angesiedelt. Die Stichproben werden in dieser Tiefe entnommen, um die potenziellen Gefahren einer Entnahme bei Hochwasser zu reduzieren.

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Bild 13. Querprofile (a) und Ganglinie der mittleren Tiefe (b) der Gewässersohle des Rheins bei Diepoldsau. «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

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230 23 2 30

«Wasser Energie Lu L Luft» ft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


Albania Dam Safety Monitoring Michael Furrer, Max Osterried, Marialis Çelo, Hans-Jakob Becker

Abstract This article deals with the implementation of geotechnical and geodetic monitoring systems for five hydropower dams in Albania. The dams were equipped with different automatic and manual sensor systems to improve the safety of the dams by monitoring the behaviour of the structures and their surroundings. The topography and accessibility in this wild and beautiful country presented a very special challenge.

1. Introduction As a mountainous country with a large amount of precipitation during the winter months, Albania has a huge potential for hydro power which has been used for a long time. Spread across the country there are numerous dams, big and small. Most of these dams are used for irrigation during the dry summer months. A number of dams are also used to produce electric power. The dams are mostly embankment dams with heights of up to 160 m. The three largest dams are under the control of KESH (Korporata Elektroenergjitike Shqiptar), a joint-stock company which is 100% state-

Figure 1. Geodetic Monitoring at Fierza HPP. owned. Hence KESH is responsible for the maintenance and the safety of these dams. 2. The Dam Safety Project A survey of the present state of the safety of the three hydropower plants of the Drin

River Cascade (Fierze, Koman, Vau I Dejes) and the two hydropower plants of the Mat River Cascade (Ulza, Shkopeti) in the north-eastern part of Albania (see Table 1) financed by SECO (Swiss Federal Department of Economic Affairs) was carried out.

Table 1. List of Hydropower Dams. «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

231


Figure 2. Automated rectangular weir measuring seepage flow inside Komani dam.

Figure 3. Drilling works for inclinometers with sub-contractors Altea Geostudio2000 at Porava.

strumental observations, periodic dam safety evaluations, etc.); • Operational safety and dam maintenance (reservoir rule curves, qualified staff, etc.); and • Emergency planning such as emergency action plans, alarm system, etc. The status of the structural safety of the dams built along the Drin and Mat rivers several decades ago was uncertain. Therefore, in the first step, the safety of these dams was assessed, and remedial actions were proposed, where necessary, to reduce the most urgent risks. As far as Dam safety monitoring is concerned, investments such as successful finalisation of the implementation of geotechnical and geodetic monitoring systems for five hydropower dams in Albania are discussed in this paper. 3. Geotechnical Monitoring Geotechnical monitoring included the design, specification, manufacturing/ procurement and installation of sensors and the data acquisition systems. This included all cabling, drilling and injection grouting works and the setup of monitoring stations. Data handling and analysis software and measurement devices were provided and local and personnel at headquarters were trained in using the measurement equipment and the data acquisition and analysis software, respectively. Measurement intervals and equipment maintenance schedules were suggested based on both local conditions and the experience with the systems in use.

Figure 4. Geodetic Network for Vau I Dejes HPP (with Zadeje and Qyraq dams), reference points and lines of sight in red and green, object points and lines of sight in blue, levelling points and lines in purple. In this context, the dams and appurtenant structures were inspected to identify the main hazards and the present conditions of the civil structures. Dam safety is a fundamental precondition for sustainability of hydropower generation. Without adequate safety, not only are there large numbers of people at risk, but the power production will be jeopardized. Since the Drin and Mat River 232

Cascades represent about 85% of the total electricity production in Albania, any loss of power production will have a significant negative impact on the economy and the regional energy market as well. Dam safety as an integral concept includes the following items: • Structural safety of dam and technical information and documentation; • Dam safety monitoring (visual and in-

4. Instrumentation To monitor the structural integrity of the dams a three-pronged approach is used. Seepage through the dam body is monitored using automated piezometers behind the grout curtain and by collecting and measuring seepage run-off via automated V-notch weirs (see figure 2). Standpipe piezometers are used on the downstream dam face and the abutments to monitor water levels. And lastly, an automated seismic network records vibrations in a background mode and seismic events. Other measurement points include inclinometers installed in landslide areas near the dams (Fierza HPP and Koman HPP). An example is shown in figure 3 regarding the Porava landslide area near HPP Fierza. Furthermore, jointmeters and pendulums are used inside Ulza dam to monitor its deformations depending on the reservoir level.

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Figure 5. The construction steps of a double-wall pillar, foundation, concrete, finish.

Figure 6. Transport of construction material, Mules, improvised cable cars.

5. Monitoring Measurements are taken automatically and also manually at specified intervals. Automatic data acquisition is achieved through a network of automated sensors, interfaces at the nodes and the Geomonitor software installed on a dedicated industrial PC inside the command centre where all the raw data streams come together at each hydropower plant. The Geomonitor software is very versatile in that it not only collects data, but also allows supervisors to monitor sensors in real-time, plot, view and interpret recorded data. Furthermore, alarms can be set and, when triggered, send event-specific information to supervisors via email, SMS or other pre-defined methods. Manual records and data downloaded from the Geomonitor system is then transferred to the Dam Department at KESH, Tirana. Trained staff there uses the WebDAVIS web-based data management and visualisation software to interpret, store, plot, manage and share the information. A periodical report is issued based on the visualised data. The installed systems provide both an early warning system for structural failure as well as long term monitoring capability to ensure correct maintenance procedures and enhance longevity of the dams. Thus, the future of Albanian energy production is secured and the safety of its people living downstream of the dams guaranteed.

Figure 7. Powerhouse in Koman with land slide area in the background.

Figure 8. Improvised ferry service downstream of Shkopet HPP, Installation of object points at Ulza HPP. 6. Geodetic Monitoring The geodetic monitoring encompasses the design, building, measurement and adjustment of a geodetic network of points on and around the hydropower dams as well as in land slide areas in the sphere of influence of the reservoirs. Furthermore, it involves the commissioning and delivery of all the specific equipment required to take the geodetic readings such as total stations, digital levels, adjustment software and accessories as well as the training of the personnel of the dam operator. The goal of a geodetic monitoring is to study the behaviour of the dam structure and its surroundings and to derive the structural health thereof. 7. Instrumentation In every geodetic monitoring the reference points are of greatest importance, since all future readings will be based on the coordinates of the 0-reading of these points.

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The reference points are properly and durably secured in stable ground outside the expected deformation area. In spring 2012 a first site visit of all the dams and land slide areas took place. Meanwhile the locations for the object points (on different levels of the downstream faces of the dams, on the intakes, on the spillways, on rocks in landslide area etc.) were set and stable locations for the construction of reference points were evaluated with the support of a geologist. The reference points were mainly built as doublewall survey pillars with centring plate and protective cover. The foundation of the pillars reaches up to 1.5 m into the soil and is whereever possible sounded in proper rock (see figure 5). Additional reference points have been mounted in the vicinity of the pillars as a back-up. Every network consists of approx. 10 pillars and 5 to 7 additional reference points (see figure 4). 233


Figure 9. Fierza HPP with horizontal displacement vectors and confidence ellipses 95%.

Figure 10. Ulza HPP with horizontal displacement vectors and confidence ellipses 95%. The civil work for the reference points was carried out in the summer months May to September 2012 and proved to be difficult due to the topography and accessibility. Most of the locations are in steep and rocky terrain and cannot be reached by car. The construction material such as cement, gravel, water, etc. had to be transported by mules or by pretty adventurous self-made cable cars. There 234

we were happy to have the support of a local subcontractor who had the experience and creativity to make it happen. All the excavations were done manually (see figure 6). The object points on the dams were either built as concrete foundations or secured directly into the rock or concrete of existing structures. Some of the points were mounted directly onto the inclino-

meter pipes to connect the geotechnical measurement systems with the geodetic network. Additionally to the 3d-deformation measurements a number of levelling points were installed on the dam crests. In Koman the rock mass above the intake and the slope above the power house proved to be very unstable and represents a serious hazard to the infrastructure (see figure 7). To monitor the move-

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Figure 11. Ulza HPP with vertical displacement vecotrs. ments and their velocity a number of object points were installed. In total 45 pillars, 70 concrete foundations, 147 bolts, 27 target plates and 5 permanent reflectors were installed. 8. Measurement concept All points (reference and object points) are measured and adjusted in one highly overdetermined network. Thus every point within the network receives a coordinate for its 0-reading position. The measurements are repeated in a slightly slimmeddown version at regular intervals. The network will be adjusted after every measurement and is referenced to the 0-reading coordinates of the stable reference points. With every measurement the stability of the reference points is checked again. Only in this way the comparability of results can be guaranteed over a long time. 9. 0-Readings The 0-readings for all dams took place in October 2012. Autumn holds the best conditions for geodetic measurements: the reservoirs are almost empty after the long and dry summer; the weather is usually still dry but not as hot as in summer anymore and the vegetation is getting lighter. The measurements were taken by a team consisting of specialists from BSF Swissphoto and KESH. Meanwhile on the job training was given. The measurements were completed within two days at each dam. Due to the difficult access and long distances between the points we were happy to have additional personnel of the hydropower plants at our disposal (see figure 8). On every pillar at least two to three sets of angles were measured. Every point within the network was observed from at least three positions.

The analysis of the measurements was done in the following week at the offices of the dam operator. All the measurements of each dam were evaluated and adjusted coordinates were calculated. In a first step the data was verified in a free network adjustment. The networks were measured highly over-determined whereby single erroneous measurements can be detected and eliminated. The reference frame for the adjustment was chosen locally so that the Y-axis is aligned with the dam crest and the X-axis points into the direction of the largest expected deformations. 10. First Sequence Readings The first sequence readings took place in early spring 2013 in the same constellation as in autumn the year before. After the long precipitation period in winter and the snow melting in spring the reservoirs were filled to their maximum level. All dams had to open their spillways to release water which caused flooding in the downstream areas. The metrological conditions for the geodetic measurements were excellent and the survey points had survived their first winter well. Only one pillar had been destroyed by «human rock-fall». Once again the measurements were also used to train the personnel of the dam operator in the handling of the equipment, the challenging logistic and the evaluation and interpretation of the data. 11. Results The analysis of the first Sequence reading data set allowed for a first interpretation of the deformation of the dams and the velocity of the land slides. The differences of the waterlevels of the reservoirs between the two measurements can be regarded as maximal for the first Levels of the Drin-

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(Fierza 40 m) and Mat-cascade (Ulza 12 m). The lower levels of the Drin- (Koman, Vau I Dejes) and Mat-cascade (Shkopet) can adjust their water levels only marginally. The results show that the embankment dams in Koman, Vau I Dejes and the buttress dam in Shkopet are stable and hardly show measurable deformations. The situation is different in Fierza and Ulza. In Fierza significant horizontal shifts towards the downstream side are recognisable. However, the displacements include a transversal component, which indicates an opening and closing of the valley cross section and a resulting influence on the dam (see figure 9). The valley cross section narrows in spring by about 8 mm at a distance of about 420 m, but the uncertainty with only one measurement is high. In the meantime, the dam operator carried out a second sequence reading which confirmed this effect. The «breathing of the valleys» was already observed in Switzerland during the permanent monitoring related to AlpTransit Gotthard [1], [2]. There a continious series of measurements over several years is available and the validity of the results is much higher. It is interesting that in Albania,this effect is evident only in Fierza, which is probably related to the geology and natural fluctuation in ground water level in this area. Unfortunately the geotechnic lot had not yet been completed and therefore no data from geotechnical sensors such as piezometers were available for the period of the geodetic measurements. On the gravity dam in Ulza, significant deformations that resemble the shape of a folding motion, occur (see figure 10). The settlements along the dam crest are significant with up to 5 mm over the entire crest (see figure 11). Again, the uncertainty 235


with only one measurement is high and the behavior of the dam can not be conclusively determined. However, it is conceivable that the additional applied load due to the higher water level (+12 m) causes a settlement and vertical tilting. Although the settlements are at their maximum in the middle of the dam, the largest horizontal displacement or tilting can be found towards the left abutment. This might be caused by either topography/geologie or structural unstabilities. The downstream tilting/displacement seems to effect the whole structure by pulling the right abutment towards the left abutment. Basically, the deformations in Fierza and Ulza are large. The dams are already 35 respectively 56 years old. Unfortunately no previous measurements are available. Before a series of at least four measurements over two years is present, it can not be determined whether the deformations only represent a special event or a normal behavior and how these movements influence the stability of the dams.

12. Conclusions Within the Dam Safety Project a geodetic and geotechnical network has successfully been implemented for the five largest hydropwer dams in Albania. The local staff was trained thoroughly and is now able to carry out the measurements independently which they have already demonstrated. The project was a success from the perspective of the entrepreneurs involved. The dam operator must collect further data through periodical measurements within the next two years, to re-evaluate the stability of the dams. After completion of the geotechnical part more data from inclinometers, piezometers, pendulums, etc. will be available with which a more detailed assessment of the behavior of the dams will be possible. The maintenance of the measuring equipment and devices will constitute a further challenge. Due to the large deformations in Fierza and Ulza a permanent automatic monitoring would be desirable.

Bibliografie [1] Studer, Salvini; «Automatic Monitoring of large Dams in the Swiss Alps during Construction of the Gotthard Base Tunnel» (57 km), Geomatik Schweiz 12/2010. [2] Hansmann, Loew Evans; «Reversible rockslope deformations caused by cyclic watertable fluctuations in mountain slopes of the Central Alps, Switzerland», Hydrology Journal (online) 8.11.2011. Adress of the Authors: Michael Furrer, BSF Swissphoto AG michael.furrer@bsf-swissphoto.com Max Osterried, Solexperts AG max.osterried@solexperts.com Marialis Çelo, KESH, celom@kesh.al Hans-Jakob Becker, Solexperts AG hansjakob.becker@solexperts.com

Die nächste Ausgabe von «Wasser Energie Luft» erscheint am Donnerstag, 4. Dezember 2014

Foto: MMi

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Pretziener Wehr – Nachhaltiger Stahlbau im Bestand Gunther Brux

Zusammenfassung Seit über 135 Jahren besteht südlich von Pretzien an der Elbe das grösste Schützentafelwehr Europas als wirksamste Hochwasserschutzeinrichtung Mitteldeutschlands; es regelt den Zulauf zu einem rund 25 km langen Umflutkanal vorbei an den Städten Magdeburg und Schönebeck sowie bei Niedrigwasser für die Schiffbarkeit der Elbe. Das Wehr besteht noch fast unverändert, doch mussten in den letzten Jahren vor allem Stahlbauteile wegen Werkstoffalterung und Korrosion behandelt oder auch denkmalschutzgerecht ausgetauscht werden.

1. Das Pretziener Wehr Nach einem katastrophalen Hochwasser baute man südlich der Ortschaft Pretzien ein Wehr (1871–1875) für die Zulaufregelung zu einem etwa 25 km langen Umflutkanal, der im Hochwasserfall etwa ein Drittel des Elbwassers an den Städten Magdeburg und Schönebeck vorbeileitet. Dies ist eine der wirkungsvollsten Hochwasserschutzeinrichtungen Deutschlands; das zeigte sich wieder am 3. Juni 2013, als das Wehr zum 64. Mal seit über 135 Jahren zum Hochwasserschutz der beiden Elbstädte geöffnet wurde. Das Pretziener Wehr besteht aus neun je 12.50 m breiten Wehröffnungen, die durch die Widerlager und Pfeiler gebildet werden; die Gesamtbreite des Wehrs beträgt etwa 170 m. Zwei Winden werden auf Gleisen von Joch zu Joch geschoben und die Schützentafeln mittels Drahtseilen einzeln hochgezogen. Ursprünglich wurden alle Winden von Hand betätigt, heute unterstützen Elektromotoren die schwere, noch immer fünf Stunden dauernde Arbeit. Aufgaben des Pretziener Wehrs Bei Niedrigwasser verhindert das Wehr, dass Wasser in den östlich der Elbe in einem Altarm angelegten Umflutkanal ab-

Bild 1. Anordnung des Pretziener Wehrs an der Elbe mit Umflutkanal und dem Leitpegel Barby. fliesst, und sorgt für eine Erhöhung des Wasserspiegels für die Schifffahrt auf der Elbe. Bei erhöhtem Mittelwasser schützt das Wehr auch das landwirtschaftlich genutzte Umflutgelände vor Überflutung. Bei Hochwasser wird das Wehr beim Wasser-

Bild 2. Das bei Hochwasser geöffnete Pretziener Wehr – mit Umleitung eines Teils des Elbwassers durch den Umflutkanal – an Schönebeck und Magdeburg vorbei. stand der Elbe von 5.50 m am Leitpegel Barby geöffnet und dadurch etwa ein Drittel des Wassers (über 1500 m3/s) in den Umlaufkanal abgeleitet. Das abgeleitete

2.

Bild 3. Eisbildung bei Vollstau bedeutet höchste Belastung für die Wehrkonstruktion.

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Bild 4. Das Wehr mit neun 12.50 m breiten Wehröffnungen.

Bild 5. Beschichtungssysteme für Stahlwasserbauteile des Pretziener Wehrs. Wasser fliesst hinter Magdeburg wieder in die Elbe. Dazu wird der kritische Höchststand des Wasserpegels bereits fünf Tage im Voraus mit einem rechnergestützten Modell bestimmt. Nach dem Abfliessen der Wassermassen und Erreichen eines Wasserstandes von 4.50 m am Wehroberpegel, was einem Wasserstand von 5.25 m am Leitpegel Barby entspricht, wird das Wehr wieder geschlossen. 3.

Instandsetzungs- und Anpassungsarbeiten Trotz seinem Alter besteht dieses grösste Schützentafelwehr Europas fast unverändert und erfüllt zuverlässig seine Aufgabe. Nach Untergrundverpressungen wegen starker Unterlaufigkeit im Jahr 1960 wurden 30 Jahre später der Korrosionsschutz 238

der Stahlbauteile der Wehrbrücke sowie die Stahlseile und Ketten zur Wehrbetätigung erneuert und 2009 weiterer Sanierungsbedarf festgestellt. 4. Korrosionsschutz Immerhin hat die alte Stahlkonstruktion des Wehrs über 135 Jahre gehalten und in der gesamten Lebensdauer ihre Aufgabe zuverlässig erfüllt. Der historische, hinsichtlich der Korrosion vergleichsweise gutmütige Puddelstahl und die Verwendung von Bleimennige als Grundierung – auch in den zahlreichen Fügespalten – haben dazu beigetragen. Zehn Jahre nach der letzten Vollerneuerung des Korrosionsschutzes (C2 nach EN ISO 129442) wurden im Jahr 2010 wesentliche Teile der Stahlkonstruktion nicht aus Korro-

sionsfolgen, sondern wegen Alterung und Versprödung der Bauteile ausgetauscht. Im Folgenden einige Korrosionsschutzarbeiten am Wehr: • Die korrosiv geringer beanspruchten stählernen Wehrbrücken wurden mit einem vierschichtigen System von insgesamt 290 μm Schichtdicke versehen und die Deckbeschichtung im Eisenglimmerfarbton DB 601 ausgeführt. • Bei der Erneuerung der Wehrbrücken wurden die vorgestrahlten Bleche aus S235 vor dem Vernieten mit EP-Zinkstaub grundiert und die zahlreichen Fügespalten zusätzlich abgedichtet • Die fein gegliederte Oberfläche der Nietkonstruktion mit insgesamt fast 100 000 Nietköpfen erforderte neben einem zusätzlichen Kantenschutz mit EP-Zinkphosphat besondere Sorgfalt bei den Korrosionsschutzarbeiten. • Die feingliedrige und bei der Betätigung hohen mechanischen Belastungen ausgesetzte Verschlusseinrichtung des Wehrs wurde mit einem Mehrschichtsystem mit 630 μm Gesamtschichtdicke versehen und mit Eisenglimmerbeschichtung abgedeckt. Wegen der hohen Korrosionsbelastung sind diese Bauteile voll verschweisst ausgeführt – denkmalschutzgerecht mit Nietkopfnachbildungen. • Die zur Ergänzung des historischen Wehres zeitgemäss aus Edelstahl oder verzinktem Stahl hergestellten Bauteile sind ebenfalls im Farbton DB 601 beschichtet, und zwar die Edelstahlteile nach einem Anstrahlen mit einem zweischichtigen System mit PUR-Eisenglimmer mit 160 μm Schichtdicke und die verzinkten Bauteile (Lichtmaste) mit einer zusätzlichen Beschichtung mit dann 210 μm Gesamtschichtdicke. Zusammen mit den Unterbauten aus Naturstein und dem Wehrbrückenbelag aus afrikanischem Bongossiholz ergibt die sorgfältig beschichtete Stahlkonstruktion einen nachhaltigen Stahlbau im Bestand. Den Korrosionsschutz der Stahlkonstruktion des Pretziener Wehrs führte die Ilako GmbH, Aken/Elbe, in Zusammenarbeit mit der Sika (Deutschland) GmbH, Stuttgart, durch – einschliesslich der umfangreichen Fügespaltenabdichtungen und Massnahmen zum Kantenschutz. Anschrift des Verfassers Dipl. Ing. Gunther Brux, Fachjournalist SFJ Schreyerstrasse 13, DE-60596 Frankfurt

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Nachrichten Informationen aus der Wasser- und Energiewirtschaft

P ol iti k Politi Bundesrat will mit Lenkungsabgaben den Energieverbrauch drosseln Der Bundesrat hält an seinen in der Energiestrategie 2050 publizierten Plänen fest, ab 2021 das Fördersystem durch Lenkungsabgaben zu ersetzen. Weil das neue System in der Verfassung verankert werden soll, wird das Volk das letzte Wort haben. Aufgrund einer vom EFD durchgeführten Konsultation hat der Bundesrat das EFD und das UVEK, in Zusammenarbeit mit dem EDA, dem EJPD und dem WBF beauftragt, bis Anfang 2015 eine Vernehm-lassungsvorlage zur Konkretisierung eines Klimaund Energielenkungssystem in Form eines Verfassungsartikels zu erarbeiten. In einem zweiten Schritt werden die Details des Lenkungssystems in der Energie- und in der Klimagesetzgebung geregelt. Wer viel spart, wird belohnt; wer viel verbraucht, bestraft. Damit liessen sich die Energie- und Klimaziele laut Finanzdepartement erreichen. Das neue System soll ab 2021 in Kraft treten und bis etwa 2030 das heutige Fördersystem vollständig ersetzen. Bei der Ausgestaltung hat sich der Bundesrat denn auch noch nicht festgelegt, aber folgende Eckpunkte beschlossen: • Im Klimabereich soll die heutige CO2Abgabe weitergeführt und periodisch erhöht werden. Parallel dazu soll das über die CO2-Abgabe finanzierte Gebäudeprogramm ab 2020 schrittweise abgebaut werden. Bei den Treibstoffen werden zwei Varianten weiterverfolgt: eine mit und eine ohne Treibstoffabgabe. • Im Energiebereich will der Bundesrat eine Stromabgabe einführen und erwägt dabei, die erneuerbaren und die nichterneuerbaren Energien gleich zu behandeln. Die Stromabgabe soll während der Übergangsphase durch eine weiterentwickelte Form der KEV ergänzt werden, die neuen Fördermittel sind jedoch bis 2030 schrittweise ab zubauen. • Um deren internationale Wettbewerbs-

fähigkeit zu erhalten, sind Abfederungsmassnahmen für die energieund treibhausgasintensiven Unternehmen vorgesehen, die durch die Energie- und/oder Klimaabgaben substanziell benachteiligt würden. • Die Einträge aus der CO2-Abgabe sollen vollständig an die Unternehmen und die Bevölkerung zurückverteilt werden. Das EFD und das UVEK sind vom Bundesrat beauftragt worden, in Zusammenarbeit mit dem EDA, dem EJPD und dem WBF einen Verfassungsartikel zur Einführung eines Klima- und Energielenkungssystems auszuarbeiten. Die Vernehmlassungsvorlage soll dem Bundesrat Anfang 2015 unterbreitet werden. Basierend auf weiteren Detailabklärungen werden darin die Eckpunkte des Klima- und Energielenkungssystems konkretisiert. Die Ausgestaltung der Klimapolitik nach 2020 wird im Rahmen einer durch das UVEK bis Mitte 2016 zu erarbeitenden Vernehmlassungsvorlage konkretisiert. Die beiden Vorlagen zur Klimapolitik und zum Klimaund Energielenkungssystem werden eng miteinander koordiniert. (Energienachrichten)

UREK-N mit Beschlüssen zur Förderung der Wasserkraft Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) hat die Beratung des ersten Massnahmepaketes der Energiestrategie 2050 Ende August fortgesetzt und dabei über die Förderung der Wasserkraft beschlossen. Die Kommission tagte am 25./26. August 2014 unter dem Vorsitz von Nationalrat Hans Killer (AG) sowie in Anwesenheit von Bundesrätin Doris Leuthard in Bern. Um die Ziele der Energiestrategie beim Ausbau der erneuerbaren Energien auch bei der Wasserkraft erreichen zu können, sollen neben der Kleinwasserkraft neu auch Grosswasserkraftwerke über 10 MW Leistung gefördert werden. Die Kommission beantragt, die vom Bundesrat vorgeschlagene Obergrenze für Investitionsbeiträge von 10 MW aufzuheben. Dadurch erhalten Grosskraftwerke – sowohl Neubauten wie auch erhebliche

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Erweiterungen und Erneuerungen, jedoch nicht Pumpspeicherkraftwerke – bis zu 40% der anrechenbaren Investitionskosten vergütet. Wenn die Bedingungen des Energiemarktes in Zukunft zu einer übermässigen Rentabilität der Kraftwerke führen, soll der Bundesrat die Investitionsbeiträge zurückfordern können. Im Gegenzug beantragt die Kommission, die Untergrenze zur Förderung von Kleinwasserkraftwerken von 300 kW auf 1 MW anzuheben. Auch hier sind sowohl Neubauten wie auch erhebliche Erweiterungen und Erneuerungen betroffen. Dadurch sollen nachteilige Eingriffe durch Kleinwasserkraftwerke in naturnahe Gewässer verhindert werden. Trotzdem gefördert werden sollen Kleinwasserkraftwerke unter 1 MW, die mit Trinkwasser- oder Abwasseranlagen verbunden sind, sowie Kraftwerke die in bereits benutzten oder beeinträchtigen Gewässerstrecken realisiert werden. Eine Minderheit beantragt, die Untergrenze wie vom Bundesrat vorgeschlagen bei 300 kW zu belassen. Ein Antrag zum gänzlichen Verzicht auf Investitionsbeiträge wurde mit 16 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. (UREK-N)

Anhörung zur Totalrevision der VBLN abgeschlossen Die vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) um Auftrag des Bundesrates vorangetriebene Totalrevision der Verordnung über das Bundesinventar von Landschaften und Naturdenkmäler von Nationaler Bedeutung (VBLN) war vom 23.1.2014 bis zum 16.5.2014 in der Anhörung. Der SWV hat sich eingehend mit dem Entwurf der revidierten Verordnung und den 162 Objektblättern befasst und kommt zum Schluss, dass die aktuelle Fassung die Bedingungen gerade für die absolut unverzichtbare Wasserkraftnutzung verschärft und auch Neukonzessionierungen bestehender Anlagen stark erschwert oder gefährdet (vgl. dazu die Zusammenfassung der Stellungnahme SWV im Kasten). Nach Ansicht des SWV ist die Vorlage deshalb zurückzuweisen und unter Beteiligung der Betroffenen zu überarbeiten. (SWV) 239


Nachrichten

Stellungnahme SWV zur Revision VBLN Die Totalrevision richtet sich in verschiedenen Punkten explizit gegen die Wasserkraftnutzung und würde namentlich auch die Neukonzessionierung bestehender Anlagen erschweren oder gefährden. Der SWV fordert deshalb die Zurückweisung und Überarbeitung. Der SWV erachtet den Schutz wertvoller Landschaften in der Schweiz als sinnvolle und wichtige Aufgabe. Auch die von der Geschäftsprüfungskommission des Bundesparlamentes im Jahre 2003 angestossene Revision der VBLN mit dem Ziel der Präzisierung der Schutzziele zwecks Vereinfachung des Vollzugs ist im Grundsatz zu begrüssen. In der vorliegenden Form ist die Revision aber als zielverfehlend zurückzuweisen. Die folgenden grundlegenden Kritikpunkte untermauern diese Einschätzung: • Dem Inventar fehlt die demokratische Legitimation; zudem wurde auch die vorliegende Totalrevision ohne Einbezug der Betroffenen entwickelt, was zu Fehlinterpretationen führt und auch der Akzeptanz nicht förderlich ist. • Der Entwurf begrenzt die erhaltenswerte «kulturlandschaftliche Eigenart» einseitig auf «Besiedlungs-, land- und waldwirtschaftliche Nutzungsformen»; Kulturlandschaften sind aber mindestens ebenso geprägt durch Energieund Wasserwirtschaft, die völlig ungenügend berücksichtigt werden. • Die vorliegende Revision führt zu einer Verschärfung für die Wasserkraft; das neu eingeführte allgemeine Schutzziel «Natürliche Dynamik [...] der Gewässer erhalten» stellt sich gar explizit gegen die Wasserkraft und gefährdet auch Konzessionserneuerungen von seit Jahrzehnten bestehenden Anlagen. • Die Vorlage widerspricht diametral der sowohl vom Nationalrat wie auch vom Ständerat jüngst angenommenen Motion «Der Bau von Wasserkraftwerken innerhalb BLN-Objekten soll erleichtert werden» und der vom Bundesrat in seiner Botschaft zur Energiestrategie 2050 vorgeschlagenen Einführung des «Nationalen Interesses» von erneuerbaren Energien. Die detaillierte Stellungnahme des SWV, inklusive konkreten Anträgen zur Verordnung und den Objektblättern, kann unter www.swv.ch/Dokumentation, heruntergeladen werden. (SWV/Pfa) 240

Ene E ne r g iiewi ewi r ts t s c haf t Sind die Schweizer Energieversorgungsunternehmen fit für die Energiezukunft? Das Schweizer Energieversorgungssystem ist in voller Entwicklung: Es wird dezentraler und integriert zunehmend erneuerbare Energien. Neue Technologien sorgen für eine intelligente Steuerung von Produktion, Verbrauch und Verteilung. Wie gut sind die schweizerischen Energieversorgungsunternehmen (EVU) auf diese Herausforderungen vorbereitet? Eine vom Bundesamt für Energie (BFE) mit Unterstützung des Verbands der schweizerischen Elektrizitätsunternehmen (VSE) durchgeführte Pilotstudie versucht, Strategien, Produkte und Dienstleistungen der schweizerischen EVU in einem sogenannten Benchmarking zu vergleichen. 24 EVU haben an dieser erstmals durchgeführten Vergleichsstudie teilgenommen. Ziel des Benchmarking ist es, dass die Stromlieferanten einen aussagekräftigen Vergleich mit ihren Mitbewerbern erhalten und so einen möglichst grossen Nutzen aus ihrer Teilnahme ziehen können. Um Methodik und Bewertungskriterien testen zu können, wurde die Zahl der Teilnehmenden EVU an der Pilotstudie beschränkt: Im Auftrag des BFE hat der VSE 55 EVU zur freiwilligen Teilnahme eingeladen. 24 Stromlieferanten haben teilgenommen, 12 Unternehmen waren einverstanden, namentlich genannt zu werden, die restlichen 12 nahmen anonym teil. Unter den teilnehmenden EVU befinden sich grosse und kleine Unternehmen sowie lokal, regional und kantonal tätige EVU in der deutschen und französischen Schweiz, die zusammen rund 40% des Schweizer Stromabsatzes abdecken. Im Benchmarking wurden sieben Handlungsfelder (1. Unternehmensstrategie; 2. Vorbildwirkung; Strom aus erneuerbaren Energiequellen: 3. Produktion, 4. Gewässerschutz, 5. Lieferung, 6. Energiedienstleistungen, 7. Förderprogramme und tarifliche Massnahmen) anhand von 19 Kriterien beurteilt. Diese sind im Teil II des Berichts «Resultate» im Detail erläutert. Das Gesamtergebnis zeigt, dass beträchtliche Unterschiede zwischen den Stromlieferanten bestehen. Ein einziger Stromlieferant erfüllt mehr als 80% der Zielsetzungen. Die Mehrheit der Stromlieferanten erfüllt die Zielsetzungen zu 40–70%, der Durchschnitt liegt bei 57%. Vier Stromlie-

feranten schaffen zurzeit weniger als 40% der Zielsetzungen in den sieben Handlungsfeldern. Mit der Entwicklung und Durchführung der vorliegenden Pilotstudie hat das BFE die Arbeitsgemeinschaft INFRAS/ VUE beauftragt. Ziel des Auftrags war es, die konzeptionellen Grundlagen für das Benchmarking zu erarbeiten und dieses erstmalig umzusetzen. Das Konzept soll auf Basis der Erfahrungen überarbeitet und weitere Stromlieferanten zum Mitmachen motiviert werden. Die Studie kann unter www.bfe.admin.ch des BFE heruntergeladen werden. (BFE)

Energieverbrauch der Schweiz 2013 um 2.5% gestiegen Der Endenergieverbrauch der Schweiz ist 2013 gegenüber dem Vorjahr um 2.5% auf 896 000 Terajoule (TJ) gestiegen. Hauptgrund dafür war die kühle Witterung. Zum Verbrauchsanstieg trugen aber auch die positive Wirtschaftsentwicklung und das anhaltende Bevölkerungswachstum bei. Mit 896 000 TJ lag der Endenergieverbrauch 2013 nur wenig unter dem Spitzenwert des Jahres 2010 (902 980 TJ). Wie 2010 gab es auch 2013 einen kalten Winter. So haben die Heizgradtage, ein Indikator für den Energieverbrauch zu Heizzwecken, gegenüber dem Vorjahr um 5.8% zugenommen. Zum höheren Energieverbrauch beigetragen hat aber auch die Zunahme der ständigen Wohnbevölkerung (+1.2%), des Bruttoinlandprodukts (+2.0), des Motorfahrzeugbestands (+1.6%) sowie des Wohnungsbestands (keine genauen Zahlen verfügbar). Verbrauchsanstieg von Energieträgern zu Heizzwecken Die kalte Witterung bewirkte einen Anstieg des Verbrauchs von Energieträgern zu Heizzwecken: Der Verbrauch von Heizöl extraleicht stieg um 5.4%, derjenige von Erdgas um 5.9% gegenüber dem Vorjahr an. Der Elektrizitätsverbrauch legte um 0.6% zu (siehe Medienmitteilung BFE vom 10. April 2014). Zugenommen hat auch die energetische Verwendung von Industrieabfällen (+2.3%) und Kohle (+7.6%). Der Verbrauch der schweren Heizölsorten sank um 41.2%, derjenige von Petrolkoks um 23.4%. Treibstoffverbrauch konstant Der Treibstoffverbrauch insgesamt blieb gegenüber dem Vorjahr konstant. Der Trend zur Substitution von Benzin durch Dieseltreibstoff setzte sich jedoch unge-

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Endenergieverbrauch 2013 Consommation finale d’énergie 2013 Total: 896 000 TJ) Rest 10%

Erdölbrennstoffe Combustibles pétrolliers 19%

Gas Gaz 14%

Elektrizität Electricité 24%

Erdöltreibstoffe Carburants pétrolliers 33%

Bild 1. Anteile Energieträger am Endenergieverbrauch der Schweiz 2013.

Bild 2. Entwicklung Endenergieverbrauch der Schweiz und Anteile Energieträger 1910–2013.

Revision der Gesamtenergiestatistik 1980–2012 Die Zahlen der Gesamtenergiestatistik 2013 basieren auf der im Mai 2014 publizierten revidierten Datengrundlage und sind deshalb nur bedingt mit den im letzten Jahr veröffentlichten Werten vergleichbar. Die Revision beinhaltete neue Heizwerte für fossile Brenn- und Treibstoffe sowie Kohle, aktualisierte Datengrundlagen zu den Leitungsverlusten beim Erdgas und Anpassungen beim Heizölverbrauch (siehe Medienmitteilung BFE vom 2. Mai 2014). Die Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2013 ist im Internet verfügbar und seit August 2014 in gedruckter Form erhältlich. (BFE)

Sichere Stromversorgung in der Schweiz? Die Stromversorgungssicherheit in der Schweiz ist gut und auch mittelfristig gewährleistet. Zu diesem Schluss kommt die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) in ihrem im Juni 2014 veröffentlichten Bericht zur Stromversorgungssicherheit in der Schweiz. Die wichtigsten Beobachtungsgrössen im Systembetrieb des Übertragungsnetzes und in der Produktion haben sich über die letzten drei Jahre positiv entwickelt. Die Netzverfügbarkeit erreicht im internationalen Vergleich eine sehr hohe Qualität. Der geplante Ausstieg aus der Kernenergie ist mittel- bis langfristig mit Herausforderungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit verbunden. Die ElCom ist verpflichtet, die Entwicklung der Elektrizitätsmärkte im Hinblick auf eine sichere und erschwingliche Versorgung zu überwachen. Aus diesem Grund wertet sie in ihrem Monitoring unter anderem Messgrössen aus den Bereichen Netz und Produktion aus. In Bezug auf den Systembetrieb des Übertragungsnetzes kommt die ElCom zum Schluss, dass sich die wichtigsten technischen Beobachtungsgrössen über die letzten drei Jahre positiv entwickelt haben und die Versorgungssicherheit insgesamt als gut zu betrachten ist. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Anforderungen an den Systembetrieb aufgrund der sich verändernden Lastflüsse in Zukunft zunehmen. Insbesondere bei einem Szenario, bei dem die Importabhängigkeit zunimmt, akzentuieren sich die Herausforderungen bezüglich Systembetrieb und Ausbau der Infrastruktur des Übertragungsnetzes. Die

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ElCom unterstreicht die Bedeutung einer gesicherten Inlandproduktion und eines gut funktionierenden internationalen Verbundbetriebs als Rückgrat einer sicheren Versorgung. Durchschnittliche Unterbrechungsdauer von 25 Minuten Bei den Verteilnetzen verweist die ElCom primär auf die ausgezeichnete Netzverfügbarkeit. Die durchschnittliche Unterbrechungsdauer pro Endverbraucher lag im Jahr 2013 bei 25 Minuten und erreichte somit den tiefsten Wert der vergangenen vier Jahre. Diese im internationalen Vergleich hervorragende Qualität ist primär auf die in der Vergangenheit geschaffenen Strukturen – grosser Anteil von ringförmig angeschlossenen Endkunden sowie gut etablierte Pikettdienste – zurückzuführen. In Bezug auf die Investitionstätigkeit geht die ElCom davon aus, dass die Werterhaltung der Verteilnetze insgesamt als gegeben zu betrachten ist. Nettoimporte von 4 TWh im Winterhalbjahr Seitens der Produktion hält die ElCom fest, dass der Nettoenergieimport im Winterhalbjahr von rund vier Terawattstunden (TWh) über die letzten fünf Jahre stabil verlief. Der Schweizer Kraftwerkspark weist gemäss international üblicher Betrachtungsweise im Winter 2015 eine Leistungsreserve von rund 500 Megawatt (MW) auf. Die Inbetriebnahme der beiden Pumpspeicherkraftwerke Linth-Limmern und Nant de Drance werden sich positiv auf die Leistungsreserven auswirken. Mittelfristig abnehmende Leistungsreserven Ab dem Jahr 2019 könnten die Leistungsreserven aufgrund zunehmender Last und der Stilllegung der Kernkraftwerke Mühleberg und Beznau I + II deutlich abnehmen, falls die Ziele der Energiestrategie 2050 nicht realisiert werden. In Bezug auf die Energie- und Leistungsbetrachtung erscheint die Versorgungssicherheit aus Produktionssicht bis 2025 als gewährleistet. Allerdings geht die ElCom davon aus, dass aufgrund der erodierenden Marktpreise die Kapitalkostendeckung für die bestehenden Produktionsanlagen eine erhebliche Herausforderung darstellt. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie fällt im Inland eine Produktionsmenge von etwa 25 TWh sowie Leistung von rund 3300 MW weg. Zunehmende Importabhängigkeit? Da sich aufgrund der aktuellen Grosshandelspreise neue fossile Kraftwerke auch in der Schweiz nicht rentabel betreiben lassen und die Realisierbarkeit von Förder241

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brochen fort: Der Absatz von Dieselöl erhöhte sich um 4.4%, hingegen war der Benzinverbrauch wie jedes Jahr seit 2001 rückläufig (-4.5%). Der Absatz von Flugtreibstoffen stieg um 1.1%. Verbrauchsanstieg auch bei den erneuerbaren Energien Die Witterung wirkte sich auch auf den Verbrauch der erneuerbaren Energieträger zu Heizzwecken aus. Der Verbrauch von Energieholz stieg um 9.4%. Auch die Nutzung von Umgebungswärme durch Wärmepumpen lag 11.8% über dem Vorjahreswert, ebenso der Verbrauch von Fernwärme (+6.0%) und Solarwärme (+10.3%). Die direkte Nutzung von Biogas erhöhte sich um 0.6%. Unter Berücksichtigung des ins Erdgasnetz eingespeisten Biogases (das statistisch als Erdgas verbucht wird), ergibt sich ein Anstieg des Biogasverbrauchs von 7.1%. Hingegen sank der Verbrauch von Biotreibstoffen um 7.7%.


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modellen im grossen Massstab fraglich ist, dürfte sich die Importabhängigkeit nach Einschätzung der ElCom erhöhen. Eine erhöhte Importabhängigkeit ist aus Sicht der Versorgungssicherheit dann vertretbar, wenn die mit ihr verbundenen Risiken minimiert werden können. Dazu zählen zum Beispiel die Marktzugangsbedingungen und die Verfügbarkeit ausreichender Transportkapazität. Die ElCom fokussiert sich in diesem Sinne auf Massnahmen zur Optimierung des grenzüberschreitenden Stromhandels als Voraussetzung für die Gewährleistung einer sicheren und effizienten Stromversorgung. Über die ElCom Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) ist die unabhängige staatliche Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich. Sie überwacht die Einhaltung des Stromversorgungs- und Energiegesetzes, trifft die dazu nötigen Entscheide und erlässt Verfügungen. Sie überwacht die Strompreise und kann Absenkungen verfügen oder Erhöhungen untersagen. Ferner entscheidet sie als richterliche Behörde bei Differenzen betreffend den Netzzugang oder die Auszahlung der kostendeckenden Einspeisevergütung für erneuerbare Energien. Sie überwacht zudem die Versorgungssicherheit im Strombereich und regelt Fragen betreffend den internationalen Stromtransport und -handel. Die sieben Kommissionsmitglieder werden vom Bundesrat gewählt. Sie sind von der Elektrizitätswirtschaft unabhängig. (ElCom)

Trilaterale Studie zur Zukunft von Pumpspeicherkraftwerken in der Schweiz, in Österreich und Deutschland Deutschland, Österreich und die Schweiz haben in ihrer «Erklärung zu gemeinsamen Initiativen für den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken» von 2012 festgestellt, dass die verstärkte Nutzung der erneuerbaren Energien das europäische Stromversorgungssystem vor grosse technische Herausforderungen stellt. Langfristig ist dafür ein Ausbau von Speicherkapazitäten unabdingbar. Nun legen die Ministerien der drei Länder eine trilaterale Studie vor, die sich mit den Potenzialen und wirtschaftlichen Aussichten der Pumpspeicherkraftwerke befasst. Die trilaterale Studie besteht aus drei Teilstudien und einem zusammenfassenden Bericht (die vier Dokumente stehen zum Download unter www.bfe.admin.ch zur Verfügung): 242

Teilstudie A: Bewertung des Beitrags von Speichern und Pumpspeichern Die vom Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IAEW) der RWTH Aachen durchgeführte Teilstudie untersucht die systemischen Aspekte des Pumpspeichereinsatzes in Deutschland, Österreich und der Schweiz und bewertet den Beitrag von Pumpspeicherkraftwerken für die Markt- und Netzintegration erneuerbarer Energien in verschiedenen mittelfristigen (Referenzjahr 2022) und langfristigen Szenarien (Referenzzeitraum 2032–2035). Teilstudie B: Ökonomische Untersuchungsgegenstände Die von der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) der TU Berlin in Zusammenarbeit mit dem IAEW der RWTH Aachen verfasste Teilstudie geht der Frage nach, wie sich die Situation von Pumpspeicherkraftwerken in den nächsten zwei Jahrzehnten aus einer Deckungsbeitragsperspektive darstellt und welche Entwicklungsaussichten bestehen. Teilstudie C: Rechtliche Aspekte Das von Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB erstellte Rechtsgutachten gliedert sich in eine Bestandsaufnahme des Rechtsrahmens in Deutschland, Österreich und der Schweiz und eine Untersuchung der rechtlichen Vorgaben zur grenzüberschreitenden Vermarktung von Strom aus Pumpspeicherkraftwerken. Zusammenfassender Bericht: Pumpspeicher im trilateralen Umfeld Deutschland, Österreich und Schweiz Das Bundesamt für Energie (BFE) beauftragte in Absprache mit den entsprechenden Ministerien in Deutschland und Österreich das Energy Science Center (ESC) der ETH Zürich mit der Erstellung eines Berichts, der die drei Teilstudien zusammenfasst. Der Bericht des ESC diskutiert und bewertet die Resultate aus wissenschaftlicher Sicht. Wichtigste Ergebnisse Das Investitionsumfeld hat sich aufgrund der jüngsten Entwicklungen im europäischen Stromverbund derart entwickelt, dass Neuinvestitionen in Pumpspeicherkraftwerke heute nur schwierig zu begründen sind. Dennoch ist es offensichtlich, dass Pumpspeicherkraftwerke insbesondere langfristig für ein funktionierendes Gesamtsystem von grosser Bedeutung sein können. Die zukünftige Bedeutung der Pumpspeicherkraftwerke hängt davon ab, wie sich das Energiesystem in Europa als Gesamtes entwickelt. Hier sind noch viele Fragen offen. Der ESC-Bericht identifiziert fol-

gende Bereiche, die vertieft zu diskutieren sind: Rolle des Marktes Es stellt sich die Frage, ob und wie das heutige Marktsystem im Hinblick auf den weiteren Ausbau von dargebotsabhängiger Produktion (vorwiegend Sonnen- und Windenergie) weiterentwickelt werden kann unter Berücksichtigung der systemtechnisch relevanten Eigenschaften von Energiespeichersystemen. Versorgungseinheit Zu diskutieren ist, wie eine bedarfsgerechte und finanzierbare Versorgungssicherheit in einem zukünftigen System gewährleistet werden kann. Dabei ist sicherzustellen, dass alle der Sicherheit dienlichen Systeme, so auch die Pumpspeicherkraftwerke, ihre Wirkung voll entfalten können. Netzausbau Der effiziente Einsatz bestehender und zukünftiger Pumpspeicherkraftwerke hängt stark von den verfügbaren Transportkapazitäten auf dem Übertragungsnetz ab. So sollte die Planung des Ausbaus des Übertragungsnetzes und der Pumpspeicherkraftwerke koordiniert erfolgen. Systemdienstleistungen Pumpspeicherkraftwerke spielen eine wichtige Rolle in der Bereitstellung von systemrelevanten Dienstleistungen. Zu diskutieren ist, welche Rolle sie bei netzdienlichen Aufgaben übernehmen könnten, z.B. durch die Erhöhung der N-1-Sicherheit in spezifischen Situationen des Netzbetriebs. Die Regierungen der Länder müssen nun gemäss der Studie abklären, welche politischen bzw. regulatorischen Instrumente geeignet sind, um die Sicherheit der Stromversorgung auch langfristig gewährleisten zu können. Dabei genügt die nationale Sichtweise nicht, sondern es muss der internationale Kontext betrachtet werden. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist sinnvoll, um Ineffizienzen rein nationaler Lösungen zu vermeiden. Eine Harmonisierung der Rahmenbedingungen der involvierten Länder ist anzustreben (z.B. bei den Netzentgelten), um Marktverzerrungen möglichst zu verhindern und die grenzüberschreitenden Bewirtschaftungsmöglichkeiten zu erweitern. (BFE)

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Hydrologischer Atlas der Schweiz (HADES) online zugänglich Es ist ein eindrückliches Werk: Der Hydrologische Atlas der Schweiz (HADES) fasst das umfangreiche Wissen über das Wasser in kompakter Form zusammen. Das wichtige Nachschlagewerk wird nun noch einfacher zugänglich. Die insgesamt 63 Tafeln sind ab sofort als PDFDateien für jedermann frei einsehbar. Es war ein spezieller Winter: Während im Schweizer Mittelland kaum je Schnee fiel, türmte sich auf der anderen Seite des Gotthards die weisse Pracht in rauen Mengen auf. Und auch zum Frühlingsanfang machte das Wetter weiterhin Kapriolen. Die Schweiz blickt auf einen sehr milden Frühlingsanfang zurück, und der März 2014 wird als trockener und warmer Monat in die Annalen eingehen. Doch wie ungewöhnlich sind solche Verhältnisse überhaupt? Und wie sehr weichen die beobachteten Schnee- und Regenfälle vom «Normalzustand» ab? Wichtige Grundlagen Antworten auf solche Fragen liefert der Hydrologische Atlas der Schweiz (HADES). Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) als Herausgeber des HADES hat mit der Umsetzung das Geographische Institut der Universität Bern beauftragt, das dafür eng mit weiteren Forschungsinstitutionen zusammenarbeitet. Seit mehr als 20 Jahren fasst dieses umfangreiche Werk das Wissen und die verfügbaren Daten rund um

das Thema Wasser in kompakter Form zusammen. Auf den inzwischen 63 Tafeln werden die unterschiedlichsten Themen mittels Karten und Grafiken sowie eines ergänzenden Begleitextes übersichtlich dargestellt. Das Spektrum reicht von der regionalen Verteilung des Niederschlags über die saisonale Verdunstung in den verschiedenen Landesteilen bis hin zu den abfliessenden Wassermengen. Auch Informationen zum Rückgang der Gletscher, zum Grundwasservorkommen, zum Einfluss der Wasserkraft auf die Gewässer oder zur Belastung der Flüsse und Seen mit Chemikalien finden sich in HADES. Der Hydrologische Atlas wurde bisher nur in gedruckter Form publiziert, in zwei eindrucksvollen, aber eben auch sperrigen Bänden mit grossen Karten, auf denen die ganze Schweiz im Massstab 1:500 000 abgebildet ist. Ein Teil der Daten steht den Abonnenten seit einigen Jahren auch in digitaler Form zur Verfügung, als Exceltabellen und Geodaten, die in einem geographischen Informationssystem (GIS) weiterverarbeitet werden können. Genutzt wird der HADES bisher vor allem von Forschungsinstituten, Verwaltungen, Bibliotheken und Ingenieurbüros. Für sie ist der Atlas ein wichtiges Instrument bei der täglichen Arbeit. Öffnung für alle Das BAFU will das Werk nun für einen grösseren Nutzerkreis öffnen. Das gesamte Kartenwerk ist neu seit dem 25. Juni 2014 in digitaler Form im Internet frei zugänglich. Die Nutzerinnen und Nutzer können die Tafeln als PDF-Dateien im Browser anschauen und auch auf ihren eigenen Computer herunterladen. Damit profitie-

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Bild. Screenshot der neu allen zugänglichen HADES-Webseite.

ren jetzt auch Personen, die bisher keinen Zugang zum HADES hatten, von diesem Nachschlagewerk, etwa Behördenmitglieder, Journalistinnen und Journalisten oder Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Laien, die sich für naturwissenschaftliche Fragen interessieren. Hintergründe zum Klimawandel Die Anwendungen der digital verfügbaren Karten sind vielfältig. Für Journalisten und Laien, die sich mit dem Thema Klimawandel auseinandersetzen, bietet beispielsweise die Tafel 1.4 interessante Einblicke. Sie zeigt auf, wie sich die jährlichen und saisonalen Niederschläge und Temperaturen seit dem Jahr 1659 entwickelt haben. Die Karten und Zeitreihen bestätigen, dass bei den Niederschlägen noch keine eindeutigen längerfristigen Veränderungen festgestellt werden können. Anders sieht es bei der durchschnittlichen Lufttemperatur aus: Diese ist insbesondere im 20. Jahrhundert markant angestiegen. Anregungen für den Unterricht Eine interessante Informationsquelle für den Geographieunterricht in den Schulen ist Tafel 6.4. Sie verdeutlicht, was mit der Formulierung «die Alpen als Wasserschloss Europas» gemeint ist. Insbesondere in den Sommermonaten ist der Alpenraum für weite Teile Europas eine unverzichtbare Wasserquelle. Mehr als die Hälfte des Wassers, das der Rhein nach Holland führt, stammt in dieser Jahreszeit aus dem Alpenraum. Bei der Rhone beträgt der Anteil des Alpenwassers bei der Mündung ins Mittelmehr im Juli sogar mehr als 60 Prozent. Lohnenswert ist in diesem Zusammenhang auch ein Blick auf Tafel 2.6, welche die Niederschlagsverteilung im Alpenraum zeigt. Die farbige Karte macht auf eindrückliche Weise sichtbar, wie ungleich die Niederschläge verteilt sind. Anhand der Karte lässt sich leicht erklären, wie die Niederschläge von der Topografie beeinflusst werden. Während im Hochgebirge umgerechnet mehr als drei Meter Niederschlag pro Jahr fallen – das ist ungefähr gleich viel wie im Amazonas – regnet es in den tiefen Lagen der grossen Alpentäler teilweise nur halb so viel wie beispielsweise in Zürich oder Bern. Der Walliser Talboden gehört also zu den trockensten Gebieten Mitteleuropas, obwohl er mitten im «Wasserschloss» liegt. Hilfe für die Praxis Auch die Praktiker profitieren vom offenen Zugang zu den HADES-Daten. So liefern beispielsweise die Tafeln 3.2 und 3.11 zum Thema Schneefall und Schneehöhen wichtige Vergleichsdaten, die gerade in einem schneereichen Winter nützlich sind.

Was s e r kr ei s lauf/ Was s e r wi r ts c haf t


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Die Tafeln dokumentieren, wie die starken Schneefälle auf der Alpensüdseite im letzten Winter einzuordnen sind. Dabei zeigt sich beispielsweise: In der Tessiner Gemeinde Bosco Gurin lag in diesem Februar fast dreimal so viel Schnee wie sonst üblich. Die frei zugänglichen digitalen Tafeln des HADES finden sich unter: www.hades.unibe.ch (GIUB und BAFU)

Gewässerinformationssystem der Schweiz (GEWISS) mit sechs neuen Themen Das Gewässerinformationssystem der Schweiz (GEWISS, www.bafu.admin.ch/ gewiss) ist um sechs Themen reicher. Die meisten dieser Themen stammen aus in letzter Zeit vom BAFU veröffentlichten Produkten, deren raumbezogene Ergebnisse nun im GEWISS visualisiert werden können. • Typisierung der Schweizer Fliessgewässer (www.bafu.admin.ch/FGT) • Mittlere modellierte natürliche jährliche Abflüsse (www.bafu.admin.ch/MQ-GWN-CH-d) • Abflussregimetypen der Schweiz (www.bafu.admin.ch/MQ-GWN-CH-d) • Ökomorphologie der Fliessgewässer der Schweiz (www.bafu.admin.ch/uz-0926-d) • Badegewässerqualität (www.bafu.admin.ch/UV-1310-D) • Biogeographische Regionen der Schweiz Weitere, bereits bestehende Themen in GEWISS wurden aktualisiert. Neben den Grundlagen wie Gewässernetz, Einzugsgebiete, Verwaltungsgrenzen, Topographie und Landnutzung stehen damit über 50 schweizweite Themen in den Bereichen Hydrologie, Hydrogeologie, Feststoffe, Gefahren, Wassernutzung, Wasserbau, Gewässerschutz, Schutzgebiete, Gewässerökologie und Gewässermorphologie zur Verfügung. Zusammen mit dem im GEWISS integrierten Tool zur Bestimmung von Einzugsgebieten (Grenzen, Grösse und Kennwerte) an beliebiger Stelle auf dem Gewässernetz eröffnen sich damit interessante Analyse- und Darstellungsmöglichkeiten für diverse hydrologische und wasserwirtschaftliche Aufgaben. Système d’information géographique sur les eaux en Suisse (GEWISS) enrichi de six nouveaux thèmes Le système d’information géographique sur les eaux en Suisse (GEWISS, www. 244

bafu.admin.ch/gewiss) s’est enrichi de six nouveaux thèmes. La plupart de ces thèmes proviennent de travaux récemment publiés par l’OFEV, dont les résultats cartographiés peuvent dorénavant être visualisé dans GEWISS. • Typologie des cours d’eau suisses (www.bafu.admin.ch/TCE) • Débits naturels (moyennes mensuelles et annuelles simulées) (www.bafu.admin.ch/MQ-GWN-CH-f) • Types de régime d'écoulement de la Suisse (www.bafu.admin.ch/MQ-GWN-CH-f) • Écomorphologie des cours d’eaux en Suisse (www.bafu.admin.ch/uz-0926-f) • Qualité des eaux de baignade (www.bafu.admin.ch/UV-1310-F) • Régions biogéographiques de la Suisse De plus, certains thèmes déjà existants ont également été actualisés. En complément des thèmes de base tel que le réseau hydrographique, les bassins versant, le limites politico-administratives, la topographie et l’utilisation du sol, plus de 50 relevés nationaux sont disponible dans les domaines de l’hydrologie, hydrogéologie, matières solides, risques, utilisation de l’eau, aménagement des eaux, protection des eaux, zones protégées, écologie et éco-morphologie des eaux. En combinaison avec l’outil intégré dans GEWISS pour déterminer le bassin versant (limites, superficie et divers paramètres) à n’importe quelle position sur le réseau hydrographique, cela offre des possibilités intéressantes d’analyse et de visualisation utile à divers travaux d’hydrologie et de gestion des eaux. (BAFU / OFEFP)

Was s e r kr af tnut zung Grande Dixence mit erhöhter Verfügbarkeit und Flexibilität – Sanierung der Kraftwerke Fionnay und Nendaz Um die Verfügbarkeit und dadurch die Flexibilität des Kraftwerkskomplexes Grande Dixence langfristig sicherzustellen, saniert die Gesellschaft die 12 Maschinengruppen der Kraftwerke Fionnay und Nendaz. Durch die Sanierung bleibt die Leistung der Kraftwerke Fionnay (290 MW) und Nendaz (390 MW) unverändert, deren Flexibilität hingegen wird erhöht. Damit können die Kraftwerke besser auf die aktuellen Anforderungen des Strommarktes reagieren. Grande Dixence SA

investiert einen Gesamtbetrag von CHF 103 Mio. in diese Sanierungen. Die 2007 in Fionnay aufgenommenen Sanierungsarbeiten bestanden darin, zahlreiche Komponenten der Gruppen zu ersetzen oder zu überholen, jedoch ohne ihre Funktionsweise und Haupteigenschaften zu verändern. Zudem wurden der Wirkungsgrad der Generatoren erhöht und der Wärmeverlust reduziert. Obschon die Leistung der beiden Kraftwerke unverändert bleibt, gewinnen sie dadurch an Effizienz. Dies ist bereits der Fall für die sechs Maschinengruppen des Kraftwerks Fionnay, wo die Sanierungsarbeiten im April 2014 abgeschlossen wurden. In Nendaz wurden 2011 vergleichbare Arbeiten aufgenommen, die 2017 fertiggestellt sein dürften. Diese zeitliche Verschiebung ermöglicht es, von den Erfahrungen bei der Sanierung des Kraftwerks Fionnay zu profitieren und die Ressourcen besser aufzuteilen.

Bild. Der Kraftwerkskomplex Grande Dixence (zVg). Garantierte Verfügbarkeit für mehr Flexibilität Nach den abgeschlossenen Sanierungsarbeiten garantiert Grande Dixence eine maximale Verfügbarkeit seiner Kraftwerke Fionnay und Nendaz und stellt dadurch die Flexibilität seiner gesamten Anlage sicher. Die heute sehr tiefen Preise auf dem Strommarkt stellen grosse Herausforderungen an die Rentabilität von Wasserkraftanlagen. Vor diesem Hintergrund stellt die Flexibilität von Speicherkraftwerken wie Grande Dixence einen entscheidenden Vorteil dar. In der unregelmässigen und schwankenden Stromproduktion aus den neuen erneuerbaren Energien – wie Photovoltaik und Windkraft – nehmen die Speicherkraftwerke eine regulierende Funktion im Höchstspannungsnetz ein. Ihre hohe Flexibilität trägt somit bedeutend zur Stabilität des Stromnetzes auf europäischer Ebene und zur Versorgungssicherheit in der Schweiz bei. Die Wasserkraftwerke Fionnay und Nendaz sind beide Bestandteil des Kraftwerkskomplexes Grande Dixence. Das

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Inbetriebnahme und Probebetrieb Dotierkraftwerk Wehr Pradella Die Engadiner Kraftwerke AG (EKW), konnte dieses Frühjahr das Dotierkraftwerk Wehr Pradella erstmals in Betrieb nehmen. Mit den Anpassungen kann das Überlaufwasser, d.h. die Wassermenge, welche nicht für den Betrieb des Kraftwerks Martina genutzt wird und bisher über die Wehrklappen abfloss, zur Produktion umweltfreundlicher Energie genutzt werden.

Bild 1. Baustelle des Dotierkraftwerks Wehr Pradella (Foto: ©www.mattiasnutt.ch). Das Kraftwerk konnte in rund eineinhalb Jahren Bauzeit realisiert werden. Mit einer Jahresproduktion von 2.8 Mio. Kilowattstunden wird die Anlage über 600 Haushalte mit erneuerbarer Energie versorgen können. Die Investitionen des neuen Kraftwerks belaufen sich auf CHF 5.4 Mio., wobei ein beachtlicher Anteil der Aufträge an lokale und regionale Unternehmen vergeben wurde. Insgesamt waren über 70 Unternehmen am Bau des Kraftwerks beteiligt. In der neu erbauten Zentrale wurden zwei baugleiche Kaplan-Turbinen installiert. Die eine Maschine nutzt das Dotierwasser (= Restwasser) das ganze Jahr über, die andere hingegen kann das Überlaufwasser abarbeiten, das bisher während ca. 90

Bild 2. Die zwei baugleichen Kaplan-Turbinen im Dotierkraftwerk (Foto:EKW). Tagen im Jahr ungenutzt über die Wehrklappen abfloss. Das Dotierkraftwerk gilt als Vorzeigeobjekt, das die Nutzung von Wasserkraft ohne jeglichen Eingriff in die Natur ermöglicht. Nach erfolgreichem Probebetrieb von ein paar Monaten wird das Kraftwerk anlässlich einer Einweihungsfeier dem ordentlichen Betrieb übergeben werden. (EKW)

Umweltunfall am Spöl: Bilanz nach einem Jahr Der Spöl ist etwas mehr als ein Jahr nach dem Ökounfall am 30. März 2013 in Punt dal Gall auf gutem Weg. Dies zeigen die seit dem Unfall bis im Sommer 2014 durchgeführten Untersuchungen zahlreicher Fachleute. Die Ausgangslage und sämtliche Ergebnisse sowie vorbeugende Massnahmen werden im Herbst in einem Schlussbericht veröffentlicht. Dies beschloss die Task Force Spöl, welche im Anschluss an den Ökounfall gebildet wurde. In der Nacht vom 29. zum 30. März 2013 führte Feinsedimenteintrag in die Dotieranlage des Stausees Livigno zum Ausfall der Restwasserabgabe und zur Verschlammung und zeitweisen Trockenlegung des Spölbachs im Schweizerischen Nationalpark (SNP). Mehrere Tausend Fische verendeten. Untersuchung der Ursachen Um die Ursachen und die ökologischen Auswirkungen zu untersuchen, wurde in der Folge eine Task Force – bestehend aus Vertretern der betroffenen eidgenössischen und kantonalen Ämter, den Engadiner Kraftwerken (EKW), dem Schweizerischen Nationalpark (SNP) und der Forschungskommission des SNP – gebildet, um die Ursachen und Folgen des Unglücks zu untersuchen. Diese unbürokratische und partnerschaftliche Zusammenarbeit war möglich, weil diese Gremien am Spöl seit Jahren erfolgreich mit künstlichen Hochwassern ein naturnahes Regime simulieren und dessen Entwicklung wissen-

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schaftlich begleiten. Aufgrund der dadurch vorhandenen Kenntnisse über die Prozesse und die Lebewelt des Spöls war ein detaillierter Vergleich des ökologischen Zustandes vor und nach dem Unfall möglich. Die strafrechtlichen Untersuchungen sind nicht Gegenstand dieser Task Force. Im Sommer trafen sich die Experten in Chur, um die Ergebnisse der bisherigen Abklärungen zu diskutieren und zu verabschieden. Zudem wurden eine Reihe von möglichen Empfehlungen zu Handen von Bund und Kanton, der EKW und der Forschung erörtert, welche das Risiko solcher Ereignisse am Spöl weiter minimieren sollen. Fischbestand erholt sich durch natürliche Reproduktion Eine Kartierung der Bachforellen-Laichplätze im Frühwinter belegte, dass die überlebenden Fische ihre angestammten Laichplätze wieder aufsuchten. Anhand der Fischbestandsaufnahmen 2013 und 2014 konnte rekonstruiert werden, dass mindestens ein Drittel der ursprünglichen Bachforellen-Population den Unfall an Ostern 2013 überlebt hatte. Dafür entscheidend waren das aus den Seitenbächen zufliessende Wasser und die Fluchtmöglichkeit in tiefere Becken und in den unterhalb liegenden Stausee Lai da l’Ova Spin. Im Frühjahr 2014 wurden im unteren Teil des betroffenen Spöl-Abschnitts wieder zahlreiche und wohlgenährte Bachforellen angetroffen, auf den ersten ca. 1.5 km unterhalb der Staumauer geht die Wiederbesiedlung allerdings erst langsam voran. Hier hatten wahrscheinlich keine Forellen überlebt, die an ihre Standorte zurückkehren konnten. Der Bestand muss sich deshalb vor allem durch die natürliche Reproduktion erholen. Erhöhung Absenkziel als Sofortmassnahme Die Engadiner Kraftwerke haben aufgrund der Vorkommnisse als Sofortmassnahme das betriebliche Absenkziel auf 1735 m ü.M. erhöht. Damit kann das Risiko von erneuten Schlammausträgen minimiert werden. Zudem prüfen die EKW technische Verbesserungen im Rahmen der in den kommenden Jahren vorgesehenen Sanierung der Stauanlage. Dazu gehören eine Höherlegung des Dotierwassereinlaufs, um jederzeit in der Lage zu sein, sau-beres Wasser in den Spöl zu leiten, sowie die Installation redundanter Restwassermessungen. Aufgrund der Erkenntnisse aus dem Umweltunfall sollen sämtliche Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, ohne den Stausee abzusenken. Im Verlauf der kommenden Monate werden die EKW die 245

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Herzstück der Anlage, die Staumauer Grande Dixence, hält 400 Mio. m3 Wasser von 35 Walliser Gletschern zurück. Dieses Wasser treibt zuerst die Turbinen des auf 1490 Metern Höhe gelegenen Kraftwerks Fionnay an. Danach wird es in das 1000 Meter weiter unten gelegene Kraftwerk Nendaz geleitet und ein zweites Mal turbiniert, bevor es in die Rhone fliesst. Die beiden Wasserkraftwerke verfügen über je sechs Maschinengruppen mit zwei Pelton-Turbinen, die zwischen 1957 und 1964 etappenweise in Betrieb genommenen wurden. Weitere Informationen zum Komplex der Grande Dixence finden sich unter: www.grande-dixence.ch. (Alpiq)


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für die Projektanpassungen notwendigen Genehmigungsverfahren einleiten. Weiterhin künstliche Hochwasser und Monitoring Die Task Force begrüsst dieses Vorgehen der EKW und beschloss darüber hinaus die folgenden weiteren Massnahmen: Die künstlichen Hochwasser am Spöl sollen weiterhin durchgeführt werden, um einerseits den Grundablass freizuhalten, andererseits aber auch, um die Dynamik im Spöl und damit die natürliche Artenvielfalt zu fördern. Zudem wird das ökologische Monitoring am Spöl und seinen grösseren Seitenbächen unter der Leitung der Forschungskommission des SNP weitergeführt, ergänzt mit weiteren Fischbestandaufnahmen im Rhythmus von 1–2 Jahren. Zudem wünscht sich die Taskforce, dass in Zukunft weitere Forschungsarbeiten im Bereich der Sedimentbewegungen gemacht werden, um diese Abläufe besser zu verstehen. (TaskForce Spöl)

H o c hwas s e r s c hut z/ Was s e r bau Naturgefahrenkartierung für das Siedlungsgebiet der ganzen Schweiz steht Die Kartierung der Naturgefahrengebiete in der Schweiz ist abgeschlossen. Damit ist eine wichtige Etappe in der Vorsorge vor Hochwasser, Lawinen, Felsstürzen und Rutschungen in Siedlungsgebieten vollendet. Als nächstes sollen Gebiete ausserhalb von Siedlungen kartiert und zum Beispiel wichtige Verkehrswege erfasst werden. Weltweit verfügt die

Schweiz als eines der ersten Länder über eine solche umfassende Übersicht. Die Naturgefahrenkartierung der Siedlungsgebiete der Schweiz liegt bis auf kleine Lücken in wenigen Kantonen vor. Die noch ausstehenden Gebiete sollen bis 2016 erfasst sein. Roberto Loat, der die jährliche Erhebung der Gefahrenkartierung beim Bundesamt für Umwelt BAFU leitet: «Die Karten sind zu 93 Prozent erstellt. Damit können wir die Naturgefahrenkartierung für die ganze Schweiz als praktisch abgeschlossen betrachten.» Die Gefahrenkarten sind mehrheitlich auch im Internet einsehbar. Dies gibt auch Privatpersonen die Möglichkeit, vorzusorgen und geeignete Massnahmen zu ergreifen. Der Abschluss der Naturgefahrenkartierung bedeutet jedoch nicht, dass keine weiteren Massnahmen nötig sind. So müssen die bestehenden Karten zur Sicherstellung der angepassten Bauweise nachgeführt und vervollständigt werden. Der nächste wichtige Schritt nach der Kartierung im besiedelten Gebiet ist die Erstellung von Gefahrenkarten ausserhalb der Siedlungsgebiete. Damit könnte zum Beispiel die Gefährdung wichtiger Verkehrswege dargestellt werden. Kombiniert mit Daten zur Nutzung des Raums, können zudem Gebiete mit besonders hohen Risiken erkannt werden. Dadurch wird ersichtlich, wo Handlungsbedarf für Schutzmassnahmen besteht und wie die Prioritäten gesetzt werden sollen. Gefahrenkarten sind eine wichtige Grundlage für die gute und sichere Entwicklung der Schweiz. Die Schweiz gehört weltweit zu denjenigen Ländern, die mit der Kartierung von Naturgefahren schon weit fort-

Bild. Stand Gefahrenkartierung verschiedener Prozesse im Siedlungsgebiet, Januar 2014. 246

geschritten sind. Sie setzt im Rahmen des Integralen Risikomanagements, IRM, verschiedene Massnahmen gegen Gefahren wie Hochwasser oder Lawinen um. Das Know-how, das die Schweiz in diesem Bereich aufgebaut hat, stösst auch international auf reges Interesse, so zum Beispiel bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, oder in China. Gefahr Eine Gefahr stellen Naturereignisse wie Hochwasser oder Lawinen dar, wenn sie z.B. auf ein Gebäude treffen und Menschen gefährden oder Schäden verursachen können. Risiko Das Risiko ergibt sich aus der Häufigkeit und der Höhe der möglichen Schäden. Besonders hohe Risiken bestehen dort, wo Gefahren oft auftreten und hohe Schäden verursachen können. (BAFU)

G ewäs s e r/ Revital i s ie rung Revitalisierung Gewässerraum im Landwirtschaftsgebiet: Bund und Kantone legen Vorgehen fest Bis Ende 2018 müssen die Kantone entlang von Gewässern Gebiete festlegen, die dem Gewässer- und Hochwasserschutz dienen. Nachdem 2013 bereits das Merkblatt zum «dicht überbauten Gebiet» verabschiedet werden konnte, haben die Bundesämter für Umwelt (BAFU), Landwirtschaft (BLW) und Raumentwicklung (ARE), die Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK) sowie die Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren (LDK) das Merkblatt «Gewässerraum und Landwirtschaft» erarbeitet. Gemäss der Revision des Gewässerschutzgesetzes vom 1. Januar 2011 soll entlang von Seen, Flüssen und Bächen ein Gewässerraum ausgeschieden werden. Damit sollen die natürlichen Funktionen der Gewässer erhalten, der Hochwasserschutz gewährleistet und die Gewässernutzung langfristig ermöglicht werden. Die Gewässerräume sind extensiv zu gestalten und zu bewirtschaften (Art. 36a Abs. 3 GSchG). Deshalb sind im Gewässerraum nur standortgebundene, im öffentlichen Interesse liegende Anlagen zugelassen, und die Bewirtschaftung der Flächen unterliegt strengen Vorgaben. Die Einzelheiten sind

«Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden


Zwischenbilanz zur strategischen Planung Fischwanderung und Reduktion Schwall/Sunk Im Rahmen der Renaturierung der Gewässer müssen die Kantone gemäss revidiertem Gewässerschutzgesetz die negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung auf das Ökosystem Gewässer entschärfen. Ende 2013 haben sie dem Bund ihre Bestandesaufnahmen der Beeinträchtigungen und ihre Planungen der Arbeiten vorgelegt. Insgesamt müssen für die Fischgängigkeit rund 1000 Wanderhindernisse saniert und an 100 Kraftwerken die starken Schwankungen der Wasserstände abgeschwächt werden. Die 2010 vom Parlament verabschiedeten Bestimmungen über die Renaturierung

der Gewässer sehen vor, Teilstrecken von Schweizer Flüssen zu revitalisieren, entlang von Flüssen und Seeufern den Gewässern Raum zu lassen und negative Effekte der Wasserkraftnutzung zu reduzieren. Die Kantone müssen dafür sorgen, dass Flüsse wieder fischgängig werden, die stark schwankenden Wasserstände bei der Rückgabe von turbiniertem Wasser in die Gewässer reduziert werden und der Geschiebehaushalt wiederhergestellt wird. Zwischenberichte Fischwanderung und Schwall/Sunk Das Gesetz legt ein schrittweises Vorgehen fest: Basierend auf einer Bestandsaufnahme der Beeinträchtigungen müssen entsprechende Verbesserungsmassnahmen erarbeitet werden. Das BAFU hat die Zwischenberichte und Planungen der Kantone in den Bereichen Fischwanderung, Schwall/Sunk ausgewertet. Der Stand präsentiert sich wie folgt: • Damit sich die Fische sowohl wieder flussaufwärts als auch -abwärts bewegen können, müssen an voraussichtlich rund 1000 von insgesamt 1850 Querbauten von Wasserkraftwerken Massnahmen umgesetzt werden. Vor allem die Abwärtswanderung bzw. der Schutz der Fische vor den Turbinen stellt eine grosse Herausforderung dar. • Zur Behebung der Schwall/SunkProblematik, also der Wasserstandschwankungen, müssen rund 100 von insgesamt 560 Kraftwerksanlagen saniert werden. Es sollen unter anderem Ausgleichsbecken gebaut werden, um den erhöhten Wasserabfluss (Schwall), der bei der Stromproduktion entsteht, aufzufangen und dosiert in die Gewässer abzulassen. Die Arbeiten in den Kantonen sind weit fortgeschritten, und die Planungen sollten fristgerecht Ende 2014 vorliegen. Diese erste Zwischenbilanz zeigt aber bereits die Dimensionen der ökologischen Defizite und die Breite der in Angriff zu nehmenden Massnahmen. Das BAFU wird 2015 eine Gesamtsicht der schweizweit vorgesehenen Massnahmen im Bereich Geschiebehaushalt veröffentlichen. Nach der Planungsphase müssen die Betreiber von sanierungspflichtigen Anlagen konkrete Massnahmen ausarbeiten und bis 2030 umsetzen. Die Kraftwerksbetreiber werden für die Ausarbeitung und Umsetzung der Massnahmen sowie die Erfolgskontrollen vollumfänglich entschädigt. Die Mittel dafür stammen aus dem Zuschlag von 0.1 Rappen pro Kilowattstunde auf die Übertragungskosten der

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Hochspannungsnetze. Der Ertrag dieser seit 2012 erhobenen Abgabe beläuft sich auf rund 50 Millionen Franken pro Jahr. Die Sanierungsmassnahmen, mit denen die negativen Folgen der Wasserkraftnutzung behoben werden sollen, werden damit von den Stromkonsumentinnen und -konsumenten bezahlt. (BAFU)

Ve r anstaltunge n Fachtagung Wasserkraft 2014/Journée Technique Force hydraulique 2014 Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserkraftwerken/Construction, exploitation et entretien des centrales hydroélectriques Mittwoch, 19. November 2014, Hotel Arte, Olten/Mercredi, 19 novembre 2014, Hôtel Arte, Olten

Die von der Kommission Hydrosuisse des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) bereits zum dritten Mal durchgeführte Tagung bezweckt den Austausch aktueller technischer Entwicklungen rund um die Wasserkraftnutzung./Sur l’initiative de la commission Hydrosuisse de l’Association suisse pour l’aménagement des eaux (ASAE), le symposium a pour objectif de faciliter les échanges en matière de développements techniques actuels liés à l’utilisation de l’énergie hydraulique. Zielpublikum/Publique cible Angesprochen werden insbesondere Ingenieure und technische Fachleute von Wasserkraftbetreibern, Beratungsbüros und der Zulieferindustrie./Le symposium est destiné en particulier aux ingénieurs et aux spécialistes des exploitations hydrauliques, des bureaux de conseil et des activités induites. Zielsetzung, Inhalt/But, contenu Die Fachtagung bezweckt den Austausch zu aktuellen Entwicklungen aus Forschung und Praxis in den Bereichen Wasserbau, Stahlwasserbau, Maschinenbau, Elektrotechnik sowie Projektvorbereitung und -abwicklung. Das detaillierte Tagungsprogramm ist diesem Heft als Flyer beigelegt 247

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in der Gewässerschutzverordnung festgelegt und gelten seit 1. Juni 2011. Mit Blick auf einen landesweit harmonisierten Vollzug haben Bund und Kantone das Merkblatt «Gewässerraum und Landwirtschaft» erarbeitet. Es gewährleistet eine einheitliche Auslegung von Gesetz und Verordnung. Es verdeutlicht die Regeln zur Ausscheidung des Gewässerraumes, zur Harmonisierung der Abstandsvorschriften, zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung des Gewässerraums, zum Umgang mit Dauerkulturen sowie landwirtschaftlichen Anlagen im Gewässerraum und nimmt den Lösungsansatz des Bundesrates zu den Fruchtfolgeflächen auf. Die Kantone stehen hinter der Kompromisslösung, welche die Fruchtfolgeflächen im rund 20 000 ha grossen Gewässerraum als Potenzial weiterhin anerkennt und damit sowohl der wirtschaftlichen Landesversorgung als auch dem Gewässerschutz gerecht wird. Aus Sicht der Kantone soll dieser Kompromiss auf Verordnungsstufe festgeschrieben werden. Die Bestimmungen zum Gewässerraum können anhand des Merkblatts nun landesweit einheitlich vollzogen werden. Die Kantone haben bis Ende 2018 Zeit, die Ausscheidung des Gewässerraums zu vollziehen. Er ist in der kantonalen Richtund Nutzungsplanung zu berücksichtigen. Auch der Bund ist in dieser Zeit noch gefordert. Es gilt, die im Merkblatt «Gewässerraum und Landwirtschaft» gemeinsam erarbeitete Auslegung von Gesetz und Verordnung mitzutragen und den Vollzug zu unterstützen. Die Merkblätter können unter: www.bafu.admin.ch kostenlos heruntergeladen werden. (BAFU/BLW/ARE)


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bzw. kann der Webseite entnommen werden. Tagungssprachen sind Deutsch und Französisch./Le symposium a pour objectif de faciliter les échanges en matière de développements techniques actuels liés à l’utilisation de l’énergie hydraulique. Pour les détails voir le programme adjoint dans la présente revue ou sur le site web. Kosten/Frais Für Einzelmitglieder und Vertreter von Kollektivmitgliedern des SWV gelten vergünstigte Tarife/Membres de l’ASAE profitent des tarifs préférentiels: Mitglieder/Membres: CHF 150.– Nichtmitglieder/Nonmembres: CHF 230.– Studierende/Etudiants: CHF 075.– Inkl. Mittagessen und Pausenkaffee; exkl. 8% MWSt./Sont inclus le repas de midi, les pauses café. 8% TVA exclue. Anmeldung/Inscription Ab sofort ausschliesslich, bequem und einfach über unsere Webseite./Inscriptions uniquement par le site web de l’ASAE s.v.p: www.swv.ch/Tagung-Wasserkraft-2014 Die Anmeldungen werden nach Eingang berücksichtigt. Bestätigung und Rechnungsstellung erfolgen im November 2014./Les inscriptions seront considerées par ordre d’arrivée. Confirmations et factures seront envoyées en Novembre 2014.

Age nda Kempten, DE 25./26.9.2014 17. Internationales Anwenderforum Kleinwasserkraftwerke (d) OTTI. Mitglieder des SWV als Mitveranstalter und Medienpartner haben vergünstigte Teilnahmekonditionen. Infos: www.otti.de Zürich 30.9.2014 SCCER-Conference on Challenges for Hydro-Power Electricity Production (e) Swiss Competence Center for Energy Research (SCCER). Free entrance. More information: www.sccer-soe.ch Biel 30.10.–1.11.2014 Fachsymposium Fischmigration mit Exkursion (d) Wasser-Agenda 21. Programm und weitere Information: www.wa21.ch/de/ Bern/Solothurn 4./5.11.2014 Abschlussveranstaltung NFP Nachhaltige Wassernutzung: Tagung und Praxisworkshop (d) Nationales Forschungsprogramm NFP61. Programm und weitere Information: www.nfp61.ch 248

Olten 19.11.2014 Hydrosuisse-Fachtagung Wasserkraft 2014: Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserkraftanlagen III (d/f) Kommission Hydrosuisse des SWV. Weitere Informationen, siehe detailliertes Tagungsprogramm im beigelegten Flyer in dieser Ausgabe und auf Seite 247.

Aufgaben des SWV und seiner Verbandsgruppen wahrgenommen und sich mit viel Engagement für das gute Funktionieren der Administration auf der Geschäftsstelle und an Veranstaltungen eingesetzt. Nach nunmehr 5 Jahren hat sie die Geschäftsstelle verlassen. Wir danken Esther Zumsteg für ihr Engagement und wünschen ihr alles Gute und viel Erfolg.

Sursee 6./7.11.2014 KOHS-Weiterbildungskurs 4. Serie, 2. Kurs: Revitalisierung von kleinen und mittleren Gewässern (d/f) Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV. Zweiter von acht identischen 2-Tage-Kursen. Weitere Information und Anmeldung: www.swv.ch Sonja Ramer Zürich 27.–29.4.2015 VAW-Workshop Sedimentumleitstollen (e) VAW-ETHZ mit Unterstützung SWV. Bitte Termin reservieren. Weitere Informationen auf der Webseite: www.vaw.ethz.ch Interlaken 5./6.5.2015 KOHS-Tagung 2015 mit Exkursion: 10 Jahre seit dem Ereignis 2005 – neuer Umgang mit Hochwasser (d/f) Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV. Bitte Termin reservieren; weitere Informationen folgen: www.swv.ch Tagungsort noch offen 21.5.2015 Verleihung des Schweizer Gewässerpreises 2015: Vortragsveranstaltung mit Exkursion (d/f) Trägerschaft Gewässerpreis Schweiz. Bitte Termin reservieren; weitere Informationen folgen: www.swv.ch

Als neue Assistentin des Geschäftsführers wurde Sonja Ramer gewonnen. Sie hat sich im Selektionsverfahren gegen rund hundert Mitbewerberinnen durchgesetzt und wird ihre Tätigkeit mit einem 90%-Pensum per 1. November 2014 aufnehmen. Zwecks Übergabe und Einführung steht sie bereits im September einzelne Tage für den SWV zur Verfügung; unter anderem war sie auch an der Hauptversammlung vom 11. September 2014 anwesend. Wir heissen Sonja Ramer schon jetzt ganz herzlich in unserem Team willkommen und wünschen ihr einen guten Start in die Welt des SWV und seiner Verbandsgruppen. R. Pfammatter, SWV

L ite i te r atur Faszination Bergwasser – Die schönsten Wasserlandschaften der Schweiz

Perso one ne n Personalwechsel auf der Geschäftsstelle des SWV Nach rund 5 Jahren Engagement für den SWV hat Esther Zumsteg die Geschäftsstelle verlassen, um sich beruflich neu zu orientieren. Mit Sonja Ramer wurde eine neue Assistentin des Geschäftsführers gewonnen, die ihre Tätigkeit per Anfang November 2014 aufnimmt. Esther Zumsteg hat am 1. Dezember 2009 ihre Tätigkeit als administrative Assistentin des Geschäftsführers aufgenommen. Mit einem Pensum von 90% hat sie die vielfältigen administrativen und organisatorischen

Publikation: Mai 2014, Roland Gerth und Emil Zopfi, 128 Seiten, 105 Fotos vierfarbig, 30×24 cm, Hardcover, ISBN 978-3906055-176, CHF 45.-, Bezug: AS Verlag, www.as-verlag.ch

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Welche Pflege braucht es? Das Buch «Niederwassergerinne», herausgegeben von den Kantonen Luzern, Zürich und Aargau, gibt ausführliche und vor allem auch sehr schön bebilderte Antworten zu diesen Fragen und kann als Grundlagenwerkl bezeichnet werden. (vif, Kanton Luzern/Pfa)

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Beschrieb: Zum grenzenlosen Formenreichtum der Natur gehören die unzähligen Gewässer der Schweizer Bergwelt. Geschaffen durch Erosion, verändert sich die Landschaft im Lauf der Jahre und Jahrhunderte. Neue, teilweise noch namenlose Seen entstehen durch den Rückzug der Gletscher. Winterrinnsale verwandeln sich nach der Schneeschmelze in tosende Wasserfälle. Der Naturfotograf Roland Gerth hat die Wasserlandschaften der Schweizer Berge ins beste Licht gerückt. Die Bilder werden durch die Texte des Schweizer Schriftstellers Emil Zopfi begleitet und ergänzt. Das Buch ist eine Aufforderung, sich selber auf eine Entdeckungsreise durch die faszinierende Wasserwelt der Schweizer Berge zu machen, und zeigt dabei, wie bedeutungsvoll ein sorgsamer und nachhaltiger Umgang mit der Ressource Wasser ist. (AS Verlag)

Technische Hydromechanik 3 - Aufgabensammlung

Beschrieb: Analyse der Herausforderungen für die Wasserkraft in Graubünden aufgrund der sich verändernden Rahmenbediungen auf den Energiemärkten. (Pfa)

Niederwassergerinne

Merkblatt DWA-M 509: Fischaufstiegsanlagen und fischpassierbare Bauwerke – Gestaltung, Bemessung, Qualitätssicherung

Publikation: Mai 2014, Herausgeber: Kantone Luzern (vif), Zürich (AWEL) und Aargau (BVU), 112 Seiten, A4, ISBN 978-3271-60001-8, Kantonaler Lehrmittelverlag Luzern, Preis: CHF 30.–, Bestellung: vif@lu.ch Beschrieb: Als ständig wasserführender Bereich eines Gewässers kommt dem Niederwassergerinne eine grosse ökologische Bedeutung zu. Dennoch ist zu diesem wichtigen Thema in der Fachwelt kaum Lektüre zu finden. Wie kann der Begriff definiert werden? Wozu braucht es überhaupt ein Niederwassergerinne? Welche Grundsätze sind in der Planung zu beachten? Welche baulichen Elemente stehen für die Gestaltung zur Verfügung?

Publikation: Juli 2014, Reihe: Beuth Wissen, Autoren: Helmut Martin und Reinhard Pohl, 260 Seiten, A5, Preis: 28 Euro, ISBN 978-3-410-24130-0 Bezug: www.beuth.de Beschrieb: Die nun in der vierten, überarbeiteten und erweiterten Auflage vorliegende Aufgabensammlung «Technische Hydromechanik 3» der Reihe Beuth Wissen soll den Einstieg in die Technische Hydromechanik erleichtern und ist eine wertvolle Ergänzung zu den anderen drei Bänden der Reihe: 1 Grundlagen, 2 Spezialfälle und 4 Hydraulische und numerische Modelle. Der Band 3 enthält zu den physikalischen Phänomenen der Hydromechanik insgesamt 97 Aufgaben mit Lösungen und soll damit ermöglichen, hydraulische Zusammenhänge zu vertiefen und spezielle Fertigkeiten in der Hydromechanik zu trainieren. (Beuth Verlag)

Elektrizitätswirtschaft Graubünden – Trends 2014 Publikation: Mai 2014, Wirtschaftsforum Graubünden, 80 Seiten, A4, kostenloser Download oder Bezug: www.wirtschaftsforum-gr.ch

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Publikation: Mai 2014, A4-Format, 334 Seiten, ISBN 978-3-942964-91-3, Ladenpreis: 134 Euro, Bezug: DWA, E-Mail: info@ dwa.de, DWA-Shop: www.dwa.de/shop Beschrieb: Es handelt sich um eine erweiterte und stark überarbeitete Fassung des DWVK-Merkblatts 232/1996 zum Thema. Im neuen Merkblatt wird nicht mehr zwischen «naturnahen» und «technischen» Bautypen unterschieden, da für die Funktionsfähigkeit einer Aufstiegsanlage weder 249


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Baumaterial noch landschaftsästhetische Gesichtspunkte entscheidend sind, sondern lediglich ihre Anordnung, Bemessung und Konstruktion. Das Merkblatt listet Kriterien auf für die Umgestaltung von Querund Kreuzungsbauwerken, Siel- und Schöpfbauwerken, Hochwasserrückhaltebecken, Schiffsschleusen und Bootsgassen, denn Fischaufstiegsanlagen und fischpassierbare Bauwerke sollen an mindestens 300 Tagen im Jahr für die grössten, aber auch für die leistungsschwächsten Arten auffindbar und durchgängig sein. Biologisch begründete Anforderungen an diese Anlagen werden daher in Kriterien zur Positionierung sowie in geometrische und hydraulische Grenzwerte übersetzt. Die Einführung von Bemessungswerten erleichtert die Einhaltung dieser Grenzwerte. Um nachträgliche «Funktionskontrollen» durch Zählung der aufwandernden Fische zu erübrigen, wird der Qualitätssicherung während Planung, Bau und Betrieb ein eigenes Kapitel gewidmet. Da biologische Untersuchungen jedoch einen wertvollen Beitrag zum Verständnis von Fischwanderungen sowie zur Wirkweise von Fischaufstiegsanlagen und fischpassierbaren Bauwerken leisten, werden die hierfür geeigneten Methoden ebenfalls dargestellt. Adressat des Merkblatts sind Behörden, Verbände, Ingenieur- und ökologische Fachbüros sowie Betreiber von Wasserkraft- und Wehranlagen.

OptiMeth – Beitrag zur optimalen Anwendung von Methoden zur Beschreibung von Wildbachprozessen

TERPRAEVENT; ISBN 978-3-901164-200, pdf-Download unter: www.interpraevent.at Beschrieb: Eine zuverlässige Einschätzung von Wildbachprozessen (Hochwasserabfluss, Murgang, Feststofftransport) ist eine entscheidende Grundlage für die Bestimmung von Gefahrenzonen und die Entwicklung von integralen Schutzkonzepten. Diese Aufgabe stellt sich jedoch meist als sehr schwierig heraus, weil die Prozesse sehr schnell und komplex ablaufen und genaue Beobachtungen oder gar Messungen zum Ablauf der Ereignisse in der Regel nicht verfügbar sind. Heute stehen zwar eine ganze Reihe von Verfahren, Berechnungs- und Modellansätzen, die im Folgenden als Methoden bezeichnet werden, zur Verfügung, es ist jedoch für den Einzelnen oft schwierig, deren Zuverlässigkeit und die Randbedingungen für deren Anwendung richtig einzuschätzen. Dies gab Anlass, im Rahmen einer internationalen Arbeitsgruppe namens OptiMeth den «State of the Art» im Alpenraum zu ermitteln, die in der Praxis bereits verwendeten Methoden zusammenzustellen sowie Hinweise und Anregungen zur Anwendung dieser Methoden zu erarbeiten. Ziel war es, Qualitätsstandards zu definieren und auch länderübergreifend ein vergleichbares Niveau sicherzustellen. Die Arbeitsgruppe wurde von der Internationalen Forschungsgesellschaft INTERPRAEVENT ins Leben gerufen. Die gedruckte Broschüre kann online unter www.interpraevent.at bestellt oder digital heruntergeladen werden. (INTERPRAEVENT)

Publikation: 2013, Autoren: Rimböck A. et al., 36 Seiten, A4-Format; Herausgeberin: Internationale Forschungsgesellschaft IN-

Methoden zur quantitativen Beurteilung von Gerinneprozessen in Wildbächen Publikation: 2014, Autor: Dieter Rickenmann; 105 Seiten, A4-Format; Herausgeberin: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf; WSL Berichte, Heft 9 / 2014, ISSN 2296-3456, pdf-Download: www.wsl.ch/ publikationen Beschrieb: Zu den vielfältigen alpinen Naturgefahren gehören auch Wildbachprozesse in steilen Gerinnen. Wildbachverbauungen haben in den europäischen Alpenländern eine lange Tradition. Bei der Planung und Umsetzung von Schutzmassnahmen spielte die Erfahrung der Fachleute früher eine überragende Rolle. Quantitative Messungen zum Beispiel zum Abfluss und zu erodierten und abgelagerten Feststoffmengen wurden ver-

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mehrt erst etwa ab den 1990er-Jahren begonnen. Entsprechend gab es früher auch wenige quantitative Methoden zur Beschreibung der Gerinneprozesse. Mittlerweile stützt sich auch die Beurteilung der Wildbachprozesse vermehrt und sehr stark auf quantitative Ansätze und auch auf numerische Simulationsmodelle ab. Die vorliegende Publikation soll dazu beitragen, die quantitative Beschreibung von Wildbachprozessen und die Bestimmung von wichtigen Kennwerten zu unterstützen und die Wahl und Dokumentation der verwendeten Methoden zu erleichtern. Das Dokument wird auch für die Vorlesung «Wildbach- und Hangverbau» an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ) verwendet. Zudem wurden die Unterlagen im Rahmen des Projektes OPTIMETH – Beitrag zur optimalen Anwendung von Methoden zur Beschreibung von Wildbachprozessen, einer Initiative aus dem Kreis der Forschungsgesellschaft Interpraevent, Klagenfurt (AT), teilweise überarbeitet. Im Projekt OPTIMETH wurde eine vergleichende Übersicht über Methoden zur Gefahrenbeurteilung von Gerinneprozessen in Wildbächen erstellt. (WSL)

Hydrologisches Jahrbuch der Schweiz 2013 – in neuer Form Publikation: September 2014; A4-Format; Herausgeber: Bundesamt für Umwelt BAFU; Schriftenreihe Umweltzustand, Nr. UZ-1321; Bestellung und pdf-Download: http://www.bafu.admin.ch/UZ-1411-D Beschrieb: Das «Hydrologische Jahrbuch», wie es die Hydrologinnen und Hydrologen kennen: Ein dickes Buch mit Stationsverzeichnissen, Datentabellen, Grafiken und einzelnen beschreibenden

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Texten. Ein Nachschlagewerk, das die benötigten Zahlen und Angaben für viele Forschungsarbeiten, Bauprojekte und Hochwasserabschätzungen enthielt. In den letzten Jahren hat sich die Nutzung dieser Datenblätter immer mehr ins Internet verlagert und die Datennutzung geschieht meist digital. Das Bundesamt für Umwelt BAFU, welches das «Hydrologische Jahrbuch» herausgibt, hat deshalb entschieden, die Publikation nach beinahe 100 Ausgaben an die neuen Bedürfnisse und Technologien anzupassen. Für die Ausgabe 2013 erscheint das «Hydrologische Jahrbuch» nun erstmals in neuer Form: Die Tradition einer jährlichen Publikation wird fortgesetzt. Auch das neue Jahrbuch soll in Zukunft einen Überblick über den Wasserhaushalt der Schweiz geben. Neu werden auch Beiträge zur Witterung, zum Schnee und zur Entwicklung der Gletscher im Berichtsjahr aufgenommen, und der Schwerpunkt wird auf die Interpretation der Messwerte gelegt. Ergänzt wird der Überblick über das jeweilige vergangene Jahr mit Informationen zu ausgewählten Besonderheiten – im Fall des Jahres 2013 sind dies zwei Hochwasserereignisse. Die Ausgabe des «Hydrologischen Jahrbuchs der Schweiz 2013» ist nun erschienen. Es wurde in gedruckter Form und als PDF auf Deutsch, Französisch und Italienisch herausgegeben und ist als PDF zusätzlich auch auf Englisch verfügbar. Gedruckte Exemplare können kostenlos bestellt werden. (BAFU)

• Publikation: September 2014; A4-Format; Herausgeber: Anton Schleiss et. al: Verlag: CRC Press; abgeben an die Teilnehmenden der KOHS-Tagung 2014; bei Interesse können Exemplare auf Anfrage beim SWV bezogen werden. Beschrieb: Das Buch vereint die Beiträge von eingeladenen Autoren zum Thema «Schweizerische Kompetenzen in Flussbau und Gewässerrevitalisierung». Es werden die neuesten Tendenzen und Schlüsselprojekte in der Schweiz vorgestellt und damit ein Beitrag an den Erfahrungsaustausch und die Entwicklung von Hochwasserschutz und Revitalisierung geleistet. Der im Verlag CRC Press gedruckte Band wurde allen Teilnehmenden der diesjährigen KOHS-Tagung abgeben. Bei Interesse können Exemplare auf Anfrage über den SWV bezogen werden. (EPFL/SWV)

Die Themen der deutschen «Wasserwirtschaft» 7–10-2014 • Fischschutz und Fischabstieg: Erforddernis aus dem Blickwinkel eines Fischerei- und Naturschutzverbandes Johannes Schnell • Vorgehensweise zur Entwicklung von populationsunterstützenden Massnahmen für die Fischarten am Inn in Oberbayern Manfred Holzner, Georg Loy, Hans Michael Schober, Ralf Schindlmayr, Christoph Stein

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Massnahmen zur Förderung von Populationen bedrohter Fischarten am Inn (Oberbayern) im Rahmen des Gewässerunterhaltes Georg Loy, Manfred Holzner, Hans Michael Schober, Ralf Schindlmayr, Christoph Stein Massnahmen zur Förderung von Fischpopulationen in Schwaben Gerhard Haimerl, Oliver Born, Dagobert Smija Modellierung der Schwimmfähigkeit europäischer Fischarten – Zielgrössen für die hydraulische Bemessung von Fischschutzsystemen Guntram Ebel Fischabstieg über Schlauchwehre: Untersuchungen der Strömungsverhältnisse und Identifizierung der Abflussbereiche mit erhöhtem Verletzungsrisiko Michael Gebhardt, Tobias Rudolph, Wolfgang Kampk, Norbert Eisenhauer Funktionskontrolle der Fischwechselanlagen am Main-Kraftwerk Kost heim Jörg Schneider, Dirk Hübner Versuche zum Scheuchen und Leiten von Fischen mit elektrischem Strom Ulrich Rost, Uwe Weibel, Steffen Wüst, Oliver Haupt Herstellung des Standes der Technik zum Fischschutz bei der Gewässerbenutzung durch das Pumpspeicherkraftwerk Geesthacht Beate Adam, Ulrich Schwevers, Margit Lenser Durchgängigkeitskonzept Unstrut Pia Anderer, Christof Bauerfeind, Jens Görlach Berücksichtigung des Tierschutzgesetzes bei der Durchführung fischökologischer Untersuchungen Stefan Gischkat , Beate Adam Historische Wasserbauten in der Türkei Ünal Öziş, Orhan Baykan, Ayhan Atalay, Yalçın Arısoy, Ahmet Alkan, Yalçın Özdemir Die nachträgliche Untergrundabdichtung des Wadi-Dayqah-Dammes im Oman Norman Dix Tiefspeicherdimensionierung unterirdischer Pumpspeicherwerke – Numerische Modellierung Désirée Plenker, Elena Pummer, Holger Schüttrumpf Herausforderungen beim Einsatz innovativer Messverfahren in der Talsperrenüberwachung Holger Rosenkranz

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Swiss Competences in River Engineering and Restoration – das Buch zur KOHS-Tagung 2014


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Verarbeitung und Bedeutung von erfassten Messdaten bei vertieften Überprüfungen Daniel Stolz, Tobias Gebler , Silke Wieprecht Vertiefte Analyse der Messdaten an der Ennepestaumauer- 10 Jahre nach ihrer Sanierung Frank Roesler Strukturell Redundante Überwachungssysteme und deren Einsatz (auch) bei einem teilweisen Ausfall der üblichen Informationsstruktur Franz Zeilinger, Jürgen Prammer Laserscanning passé? 3-D-Oberflächenmodelle aus Bilddaten und deren messtechnischer Nutzen Hartmut Malecha, Joachim Klubert , Sabine Heinen Faseroptische Messtechnik im Wasserbau – Praxiserfahrungen und neue Entwicklungen Andrea Senze, Anne Schwartz, Thomas Pfeiffer Fünf Jahre neues Wasserhaushaltsgesetz – eine Bilanz Konrad Berendes Aufbau eines bodenhydrologischen Messnetzes in der sibirischen Kulundasteppe Eckart Stephan, Ralph Meissner, Holger Rupp, Manfred Frühauf, Gerd Schmidt, Patrick Illiger, Andrej Bondarovitsch, Dmitri Balykin, Vsevolod Scherbinin, Alexander Puzanov Abschätzung von Auswirkungen des Klimawandels auf den Landschaftswasserhaushalt im Fläming Gundula Paul, Ralph Meissner, Gregor Ollesch Hydraulische Untersuchungen für den Neubau der Weser-Schleuse Minden Christoph Heinzelmann, Carsten Thorenz Ein 1-D-Modell für ein Tiroler Wehr mit Kurvenströmungen für Standorte mit Steffturbine Ivo Baselt, Andreas Malcherek Der Lageenergiespeicher aus Sicht der Wasserwirtschaft Eduard Heindl

I ndustriemit ndustr ie mit teilungen tei lunge n

Entsanderanlagen für Wasserkraftwerke – Stand der Technik Moderne Ausrüstungen für Entsanderanlagen Seit 2001 und mit über 53 ausgerüsteten Entsanderbecken in der Schweiz, in Österreich und Italien haben sich die patentierten Abzugeinrichtungen System HSR bezüglich Sicherheit, Kosten, Effizienz und Betriebstüchtigkeit durchgehend bewährt. Dies gilt für Kleinkraftwerke, grosse Fassungsanlagen wie auch für Kiesspülrinnen und weitere speziellen Anwendungen. Auch Erneuerungsprojekte mit ausgewiesenen Effizienzsteigerungen konnten realisiert werden. Grossprojekte in Österreich: Wasserfassung Kraftwerk Stanzertal: • Sediment-Abzugrohre DN 600 × 44 m 3×2 Sedimentmesseinrichtungen Kraftwerk Tumpen-Habichen: • 6 Sediment-Abzugrohre DN 600 × 42.5 m Entsander • 1 Sediment-Abzugrohr DN 600 × 60m Kiesspülrinne Die Anforderungen der Betreiber konnten bei Grossanlagen mit extremem Sedimentanfall, bei Kleinanlagen und bei Erneuerungen mit bestehenden Strukturen erfolgreich erfüllt werden. Dabei zeigten sich verschiedene Vorteile wie sehr geringes Verschleissausmass auch bei grossen Belastungen, geringe Instandhaltungsaufwendungen bei hoher Zuverlässigkeit im Betrieb, wesentlich verbesserte Sicherheit durch geringere Schwallbildung im Vorfluter, sichere Beherrschung des Spülprozesses und hohe Akzeptanz bei Bewilligungsbehörden durch Minimierung der Umweltbelastungen. Vollautomatische Anlagen mit Fernsteuerung und Überwachung sind für unzugängliche Anlagen, zur Minimierung der Personalkosten und zur Erfüllung von Sicherheits- und Umweltauflagen zuverlässig lösbar. Mit dem Entsanderabzugsystem HSR ist ein Produkt verfügbar, das den extremen Verschleissanforderungen in Gebirgsbachfassungen standhält und bezüglich wirtschaftlicher Betriebsführung und minimierten Instandhaltungskosten die heutigen Anforderungen der Betreiber erfüllen kann.

Bild 1. Typische Ausrüstung Wasserfassung Kleinwasserkraftwerk mit Abzugrohr, Sedimentmessung und Spülschieber. Anforderungen an Kraftwerksausrüstungen Moderne Kraftwerksausrüstungen müssen grundsätzlich • marktgerecht • kundengerecht • sicher • konform, den Anforderungen entsprechend • betriebstüchtig • zuverlässig verfügbar und instandhaltbar sein. Damit werden die Ansprüche des Bauherrn, die gesetzlichen Anforderungen der Produktesicherheit und der Arbeitssicherheit sowie der Betriebstüchtigkeit erfüllt. Mit geringen Investitionskosten, einer hohen Effizienz und tiefen Betriebs- und Instandhaltungsaufwendungen werden optimale Life-cycle-Kosten erreicht.

Bild 2. Grossanlage Wasserfassung Titer mit extrem grossem Anfall an abrasiven Sedimenten. Hier konnte die Schwallbildung durch Spülungen auf ein sicheres Mass verringert werden. Anforderungen an Entsanderanlagen und Entsanderausrüstungen

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Bild 3. Vergleich des Querschnitts eines konventionellen Entsanderbeckens mit den Möglichkeiten bei Einbau des HSRAbzugsystems: Einsparungen im Aushub oder Ausbruch und wesentlich höhere Lage des Spülrohres. Damit werden auch Spülleitungen in sehr flachem Gelände erst möglich. Die moderne Betriebsführung will eine operative Instandhaltung mit der Möglichkeit von Austauschinstandsetzung reali-

sieren. Elektrotechnische Ausrüstungen sollen ohne Betriebsunterbrüche mit minimalem Aufwand und minimalen Kosten gewartet und instandgesetzt werden können. Inspektionen und Reinigungsarbeiten müssen effizient und mit den heutigen Ansprüchen an die Arbeitssicherheit ausgeführt werden können. Bewegliche elektrische, hydraulische oder mechanische Komponenten in Entsanderbecken mit sedimenthaltigem Wasser erfüllen die heutigen Ansprüche an Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Instandhaltung und Sicherheit nicht mehr. Für die Spülschützen sind spezielle Vorkehrungen notwendig. Patentierte Sedimentabzüge System HSR Die Sedimentabzüge System HSR wurden als fabrikationsgerechte Schweisskonstruktion entwickelt und in aufwendigen hydraulischen Modellversuchen optimiert. Entsprechend der Dimensionierung wird der Durchmesser gewählt. In der Praxis werden meist Abzugvorrichtungen mit Durchmesser 600 mm gewählt. Standardlösungen für grosse Entsander sind mit Durchmesser 800 mm und kleine Ausführungen mit Durchmesser 400 mm standardisiert worden. Aufgrund der Modellversuche kann die Spülwassermenge im Vergleich mit einem konventionellen Längsspülkanal auf weniger als 20% reduziert werden. Damit kann in den meisten Vorflutermorphologien auf das Warnwasser verzichtet werden. Die resultierende Spülwassereinsparung kann damit über 90% betragen. Die Abzugrohre können ohne Effizienzeinbusse seitlich in einem Entsanderbecken mit rechteckigem Querschnitt platziert werden. Damit erhalten Sie eine einfache, kostengünstige Entsanderkammer mit grossem Volumen bei minimalem Ausbruchquerschnitt, respektive hoher Einbaukote mit reduzierter Aushubtiefe. In den Ecken über dem Spülrohr und gegenüberliegend bilden sich entsprechend dem Schüttwinkel bleibende schräge Sedimentdepots. Beim Spülen und Entleeren werden diese nicht komplett ausgetragen. Für die laufende Evakuation der Sedimente ist dies aber nicht von Bedeutung. Als optimale, saubere Lösung kann gegenüber dem Abzugrohr eine Schräge von ca. 45° betoniert werden. Für Reinigungsarbeiten ist ein Ausbaurohr in den Abzügen vorgesehen. Die Abzugrohre sind einfach und kostengünstig zu unterhalten. Reparaturen oder ein Auswechseln sind einfach und ohne grossen Aufwand möglich.

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Die Sedimentabzüge erlauben die Gestaltung der Sedimentbecken so, dass sie sicher begangen und Wartungsarbeiten ohne Gefährdungen durchgeführt werden können. Die Abzugvorrichtung besteht aus folgenden Teilen: • Stahlrohr(konus) direkt in die Baukonstruktion versetzt als Anschluss des Spülrohres • Ausbaurohr für gute Instandhaltungsmöglichkeiten • modular aufgebauten Spülrohren mit regelmässig angeordneten Spülkästen • einstellbaren Deckeln zum Einstellen der Spülöffnungen Bei Erneuerungen werden mit minimalen Anpassarbeiten Spülkästen und Abdeckbleche in den Spülschlitz eingebaut. Die Konstruktion ist so konzipiert, dass die Montage in den knappen Spülkanälen problemlos durchgeführt werden kann. Das Spülrohr und die Spülkästen sind so ausgebildet, dass folgende Funktionen ausgelöst werden: • Mit dem Öffnen des Spülorgans wird der Spülvorgang ausgelöst • Mit einem hydraulischen Schalteffekt wird der Abzugvorgang ausgelöst • Die gezielt aufgebaute Wirbelströmung erlaubt, die Schleppgeschwindigkeit ohne zusätzliche Verluste zu erhöhen. • Das Spülorgan kann von der Anwurföffnung auf die Spülöffnung zugesteuert werden und wird nach erfolgter Spülung geschlossen. Es werden 2 Spülabläufe unterschieden: • Spülvorgang während des Betriebs (automatischer Betrieb ist möglich): Durchgehender Fassungsbetrieb; Feststoffabzug mit optimalem Wirkungsgrad, d.h. mit minimaler Spülwassermenge. Zur vollen Ausnützung der Möglichkeiten des Sedimentabzuges ist ein Spülschieber mit entsprechend hohen Stellgeschwindigkeiten nötig. • Entleerungsvorgang (dieser Betrieb ist ferngesteuert möglich): Vollständiger Abzug aller Feststoffablagerungen (entsprechend der Form des Absetzbeckens). Dieser Spülvorgang wird bei ausser Betrieb gesetzter Fassung eingesetzt zum Entleeren des Absetzbeckens, zum weiterreichenden Verteilen der Feststoffe im Vorfluter und für Revisionen. Bei Entsandern mit Betondecke ist eine genügend grosse Revisionsöffnung für die Montage und Instandhaltung unbedingt zu empfehlen. Das gilt auch für Montagehilfsmittel an der Entsanderdecke. Die Öffnung soll die Montage der Spülrohre ermöglichen. 253

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Entsanderanlagen sollen einen möglichst hohen Anteil an Sedimenten aus dem Betriebswasser abziehen. In Spülrinnen und Entkiesern können die Sedimente sehr grobkörnig sein. In den Entsanderbecken müssen zusätzlich sehr feine Sedimentanteile ausgeschieden werden. Dies geschieht heute praktisch ausschliesslich in Langsandfängen, die oberirdisch entlang dem Vorfluter mit Spülung in Richtung der Durchströmung angeordnet werden oder unterirdisch in ausgebrochenen Felskavernen mit Spülung entgegen der Fassungsrichtung eingebaut werden. In beiden Fällen führt ein kleiner Entsanderquerschnitt mit hoch liegender Achse des Spülkanals zu tiefen Baukosten. Der Sedimentationsquerschnitt ist wasserbaulich vorgegeben. Mit einer effizienten Abzuganlage kann der Ablagerungsquerschnitt verkleinert werden und das Spülrohr sehr hoch platziert werden. Zusammen mit einfachen Beckenformen können erhebliche Einsparungen in den Baukosten erzielt werden und eine Realisierung bei gewissen Projekten erst ermöglicht werden. Aus Gründen des Umweltschutzes und der Sicherheit muss der Vorfluter sorgfältig und kontrolliert beschickt werden können. Minimale Spülwassermengen mit kontrollierter Sedimentkonzentration, kombiniert mit einer flexiblen und anpassbaren Fern- und Vorort-Steuerung mit Automatik, müssen heute realisiert werden können. Betriebsregime wie Verzicht auf Spülungen bei Tag oder zur schonenden, biologischen Beschickung des Vorfluters müssen möglich sein.


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Sedimentabzüge System HSR können auch in Entkiesern, Kiesspülkanälen, Geschiebesammlern, Ausgleichsbecken und Kühlwasserbecken eingebaut werden. Die Korngrösse darf dabei Bahnschotter erreichen und bei genügender Wasserüberdeckung sogar überschreiten.

Hochleistungsspülschieber mit selbstreinigenden Führungsnuten und rostfreien, geschützten Dichtungsgegenflächen eingesetzt werden. Der Antrieb erfolgt vorteilhaft mit unempfindlichen, hydraulischen Antrieben. Sedimentmessung Grenzstand-Vibrationssonden erfüllen die heutigen Anforderungen der Instandhaltung zu sehr günstigen Kosten. Unterwasserinstallationen entfallen vollständig. Die Messsonden können in vollem Betrieb ohne Absenkung gewartet und ausgewechselt werden. Zugangsschächte zu den Sedimentmesseinrichtungen sind sehr zu empfehlen.

Bild 7. Bezüglich Zuverlässigkeit, Instandtandhaltung und Sicherheit optimierte, rostfreie Konstruktion eines Beruhigungsrechens. ger zu realisieren als die direkte Dotierung über die Sedimentabzugvorrichtung und erlauben einen eindeutigen Nachweis der exakten Dotierwassermenge. Zusatzausrüstungen Abstiege und Zugangsmöglichkeiten erlauben sichere Wartungsarbeiten und Inspektionsmöglichkeiten. Revisionsöffnungen, fest installierte Hubmittel und entsprechende Gestaltung der Entsanderbecken und Sedimentabzüge gewährleistet die Sicherheit bei Instandhaltungsarbeiten.

Bild 4. Effizienter Sedimentabzug mit kostengünstigem Bauwerk und sicherem Inspektionszugang.

Bild 6. Moderne, kostengünstige Sedimentmesseinrichtung.

Literatur: Bernhard Truffer, Martin Küttel, Jürg Meier: «Wasserfassung Titer der GKW – Entsander-

Bild 5. Steigerung der Effizienz und Betriebstüchtigkeit eines Entsanders mit verschlissenem Lamellenabzug: Sedimentabzug HSR und verschleissfeste Bodenbleche zur Sanierung der verschlissenen Sohle und Ecken. Spülschieber Gute Erfahrungen liegen mit kostengünstigen Plattenschiebern in rostfreier Ausführung mit selbstreinigenden Führungsnuten und abgedeckten Dichtungen vor. Im Sinne der Austauschinstandsetzung lassen sich damit die günstigsten Life-cycleKosten realisieren. Bei extremen Beanspruchungen können 254

Beruhigungsrechen Sedimentationsbecken reagieren sehr empfindlich auf die Zuströmverhältnisse. Beruhigungsrechen werden als Lösung deshalb meist am Ende des schrägen Einlaufkonus eingebaut. Die Komponenten können beim raschen Füllen oder bei Schlagwetter beschädigt werden. Die Einzelteile müssen leicht und einfach auswechselbar sein. Mit modernen Fertigungsmethoden können sie trotzdem stabil und kostengünstig in rostfreiem Stahl ausgeführt werden. Die aktuellen Anforderungen der Produktsicherheit und Arbeitssicherheit können so erfüllt werden. Dotiereinrichtungen Der konstante Wasserspiegel und das bei richtiger Platzierung sedimentarme Wasser erlauben sehr genaue und nachvollziehbare Dotiereinrichtungen des Vorfluters. Jahreszeitlich unterschiedliche Dotiermengen sind einfach möglich. Eine Kompensation der Spülwasserverluste ist mit entsprechendem Aufwand machbar. Separate Dotiereinrichtungen sind günsti-

abzüge System HSR in grossen Entsanderanlagen», «Wasser Energie Luft» 2009 Heft 3, CH-5401 Baden Prof. Dr. Robert Boes «Wasserbau Fassungen»; Professur für Wasserbau ETH Zürich Christoph Ortmanns: «Entsander von Wasserkraftanlagen»; Dissertation 2006, VAW ETH Zürich Heinz Patt, Peter Gonsowski: «Wasserbau» 7. Auflage 2011, Springer-Verlag Berlin Heidelberg Anschrift des Verfassers Prof. Jürg Meier, Dipl. Masch. Ing. ETH, Institut für Anlagen- und Sicherheitstechnik SITEC, HSR Hochschule für Technik Rapperswil Oberseestrasse 10, CH-8640 Rapperswil www.sitec.hsr.ch

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Wärmerückgewinnung und zeigt auf, mit welchem finanziellen Aufwand diese umgesetzt werden kann. Mit Hilfe der PinchAnalyse kann der Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent gesenkt werden. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen immer wieder aufs Neue damit auseinandersetzen, wie sie die Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit ihrer Anlagen erhöhen können. Zudem bekräftigt der Bund in der Energiestrategie 2050, dass er die Energieeffizienz signifikant steigern will. Im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) und mit Unterstützung der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) wird an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur der Stützpunkt «PinCH» betrieben. Experten des Kompetenzzentrums Thermische Energiesysteme & Verfahrenstechnik führen Pinch-Analysen in Unternehmen durch, veranstalten Schulungen für Firmen, Ingenieurinnen und Ingenieure und untersuchen, wie sie die Analyse praxistauglicher und kostengünstiger gestalten können. Die Entwicklung der

Bild 1. Benutzeroberfläche der Engineering-Software PinCH 2.0, mit welcher der Energieeinsatz von industriellen Prozessen optimiert werden kann. Bild 2. Don Olsen (links), (Projektleiter Softwareentwicklung PinCH 2.0) und Beat Wellig (rechts), (Leiter Kompetenzzentrum Thermische Energiesysteme & Verfahrenstechnikder Hochschule Luzern sowie Leiter des dortigen PinCH-Stützpunktes), (Bilder Hochschule Luzern). «Wasser Energie Luft» – 106. Jahrgang, 2014, Heft 3, CH-5401 Baden

Engineering-Software PinCH 1.0 vor rund vier Jahren war ein erster Schritt in diese Richtung. Eine schnelle Einarbeitung in die Methodik und das zielgerichtete Durchführen einer Pinch-Analyse wurden möglich. Seither wurde mit der Software eine Vielzahl von Produktionsanlagen analysiert und optimiert. Ein Werkzeug für die Industrie – weltweit einzigartig PinCH 2.0 geht nun noch weiter. Mit der neuen Software können auch Anlagen mit mehreren Betriebsfällen aufgrund unterschiedlicher Produkte, Produktionsauslastungen oder saisonalen Schwankungen sowie Batch-Prozesse optimiert werden. Dies ist einerseits weltweit einzigartig und eröffnet andererseits neue Möglichkeiten. «Die Herstellungsverfahren von chemischen, pharmazeutischen Produkten und Lebensmitteln haben oft verschiedene Betriebsfälle oder laufen diskontinuierlich ab. Gerade diese Prozesse weisen ein beträchtliches Potenzial für Effizienzsteigerungen auf», erklärt Beat Wellig, Leiter des PinCH-Stützpunktes. PinCH 2.0 ist nicht nur für Grossbetriebe interessant, die Entwickler haben ihr Augenmerk gerade auch darauf gelegt, dass sich die Software für den Einsatz in kleineren und mittleren Betrieben eignet. Denn dort sind die Prozesse ebenfalls komplex, beispielsweise wenn verschiedene Produkte in der gleichen Anlage hergestellt werden. Neben den zahlreichen neuen Features besitzt PinCH 2.0 eine verbesserte Benutzeroberfläche und ist in der Handhabung im Vergleich zur Vorgängerversion noch praktischer geworden. Weitere Informationen: www.pinch-analyse.ch Hochschule Luzern – Technik & Architektur, Prof. Dr. Beat Wellig, Leiter Kompetenzzentrum Thermische Energiesysteme & Verfahrenstechnik CC TEVT Tel. +41 (0)41 349 32 57 beat.wellig@hslu.ch, www.hslu.ch/tevt Hochschule Luzern Die Hochschule Luzern ist die Fachhochschule der sechs Zentralschweizer Kantone und vereinigt die fünf Departemente Technik & Architektur, Wirtschaft, Soziale Arbeit, Design & Kunst sowie Musik. Über 5800 Studierende absolvieren ein Bachelor- oder Master-Studium, knapp 4400 besuchen eine Weiterbildung. Die Hochschule Luzern ist die grösste Bildungsinstitution in der Zentralschweiz und beschäftigt rund 1500 Mitarbeitende.

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Mit PinCH 2.0 industrielle Prozesse energieeffizienter gestalten Seit 2010 besteht an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur der nationale Stützpunkt «PinCH». Von hier aus unterstützt ein Expertenteam Industrieunternehmen und Ingenieurbüros bei PinchAnalysen, dem Schlüsselinstrument für die Erhöhung der Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit in der Industrie. Im Vordergrund steht die Entwicklung der Software PinCH. Mit dem Release von PinCH 2.0 wird es nun erstmals möglich, Prozesse mit mehreren Betriebsfällen und BatchProzesse zu optimieren. 20 Prozent des schweizerischen Energieverbrauchs gehen auf den industriellen Sektor zurück. Rund die Hälfte davon macht Prozesswärme aus. Kann sie besser oder mehrfach genutzt werden, sinken der Energieverbrauch und somit auch die Energiekosten. Eine Pinch-Analyse ist das Schlüsselinstrument zur Verbesserung der Energieeffizienz industrieller Prozesse. Sie beurteilt das vorhandene Potenzial zur


Kompletterneuerung – Der Weg zur Leistungsoptimierung bestehender Wasserkraftwerke Mit geplanten oder ausserordentlichen Erneuerungsmassnahmen lassen sich in bestehenden Wasserkraftwerken zusätzliche Leistungspotenziale erschliessen. Sie verlängern nicht nur die Lebensdauer der Anlage, sondern verbessern auch deren Wirtschaftlichkeit. Die optimale Ausnutzung der Potenziale bedingt allerdings oft eine Kompletterneuerung. Hydro-Generatoren sind komplexe Maschinen, deren Leistungsfähigkeit von der perfekten Interaktion aller Komponenten abhängig ist. Im Hinblick auf Erneuerungsarbeiten lohnt es sich deshalb immer, nicht nur den planmässigen Ersatz einzelner Komponenten durchzuführen, sondern mögliche Auswirkungen oder Zusatzpotenziale des anstehenden Retrofits zu analysieren, um das Optimum bezüglich Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit zu erreichen. So birgt beispielsweise der Einbau einer neuen Statorwicklung in ein 40 Jahre altes Blechpaket erhebliche Risiken für die zukünftige Zuverlässigkeit.

*: Verluste der Erregungseinrichtung nicht berücksichtigt, **: inkl. Verluste der Erregungseinrichtung

Tabelle 1. Gesamtoptimierung eines 60 MVA Generators bei Austausch von Statorblechkörper und Polen.

Bild 3. Schichten des Blechpakets nach ALSTOM-Design.

Bild 1. Dreidimensionale Strömungsberechnung zur optimalen Gestaltung der Kühlluftmengen und -verteilung.

Bild 2. Polfertigung im Polworkshop in der ALSTOM Fabrik in Birr, Kanton Aargau. 256

Ebenso bietet es sich beim Austausch des Blechkörpers an, die Maschine (eventuell zusammen mit den Polen) hinsichtlich des Wirkungsgrades und/oder einer Leistungssteigerung zu optimieren. Produktionsgewinne rechtfertigen Zusatzinvestitionen Die Steigerung von Output-Leistung und Wirkungsgrad lässt sich gerade bei älteren Generatoren durch die erhebliche Reduktion der Verluste realisieren, die sich in den verschiedenen Komponenten verbergen und summieren. Die dazu allenfalls notwendigen Zusatzinvestitionen werden aber durch die sofort und jahrelang anhaltenden Produktionsgewinne der Anlage rechtfertigt. Dabei hilft eine weit vor dem geplanten Retrofit durchgeführte Lebensdauerberechnung, den optimalen Zeitpunkt des Komponentenaustausches bzw. der Kompletterneuerung festzulegen. Das unten aufgeführte Beispiel einer gleichzeitigen Erneuerung von Statorblechkörper und Polen zeigt auf, wie unter Einbezug aller beteiligten Fachgebiete die Neuauslegung der Maschine realisiert wird und diese so zur schrittweisen Reduktion der Verluste führt:

Elektromechanische Auslegung: • Optimierung des Statorblechkörpers inklusive Nutfüllung: Durch den Einsatz von verlustärmeren Blechen lassen sich die Verluste zum Teil massiv verringern. • Einsatz neuer Pole: Durch den Ersatz der Pole lassen sich nebst der Verbesserung des Wirkungsgrads und der Leistung zusätzlich auch mechanische Probleme beseitigen. Ventilation und Kühlung: • Optimierung der Statorkühlkanäle • Neuauslegung des Ventilators und Anpassung der Kühlluftmenge • mechanische Festigkeit Für weitere Informationen steht die HydroAbteilung von Alstom in Birr jederzeit gerne zur Verfügung: Dr. Christoph Ortmanns Service Wasserkraftanlagen, Leiter Verkauf & Projektleitung D/CH christoph.ortmanns@alstom.com Dr. Armin Schleussinger Service Wasserkraftanlagen, Technischer Direktor Generator, Erregung, Leittechnik Europa

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Nebenanlagen

Impressum

Stahlwasserbau

«Wasser Energie Luft» Schweizerische Fachzeitschrift für Wasserrecht, Wasserbau, Wasserkraftnutzung, Gewässerschutz, Wasserversorgung, Bewässerung und Entwässerung, Seenregulierung, Hochwasserschutz, Binnenschifffahrt, Energiewirtschaft, Lufthygiene. / Revue suisse spécialisée traitant de la législation sur l’utilisation des eaux, des constructions hydrauliques, de la mise en valeur des forces hydrauliques, de la protection des eaux, de l’irrigation et du drainage, de la régularisation de lacs, des corrections de cours d’eau et des endiguements de torrents, de la navigation intérieure, de l’économie énergétique et de l’hygiène de l’air. Gegründet 1908. Vor 1976 «Wasser- und Energiewirtschaft». / Fondée 1908. Avant 1976 «Cours d’eau et énergie». Redaktion Roger Pfammatter (Pfa) Direktor des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV)

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Layout, Redaktionssekretariat und Anzeigenberatung Manuel Minder (Mmi) ISSN 0377-905X Verlag und Administration SWV · Rütistrasse 3a · CH-5401 Baden Tel. +41 56 222 50 69 · Fax +41 56 221 10 83 www.swv.ch · info@swv.ch roger.pfammatter@swv.ch manuel.minder@swv.ch Postcheckkonto Zürich: 80-1846-5 Mehrwertsteuer-Nr.: CHE-115.506.846 Inseratenverwaltung Manuel Minder SWV · Rütistrasse 3a · 5401 Baden Tel. +41 56 222 50 69 · Fax +41 56 221 10 83 manuel.minder@swv.ch Preis Jahresabonnement CHF 120.– (zuzüglich 2,5% MWST), für das Ausland CHF 140.–, Erscheinungsweise 4 × pro Jahr im März, Juni, September und Dezember; Einzelpreis Heft, CHF 30.–, zuzüglich Porto und 2,5% MWST «Wasser Energie Luft» ist offizielles Organ des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) und seiner Gruppen: Associazione Ticinese di Economia delle Acque, Verband Aare-Rheinwerke, Rheinverband und des Schweizerischen Talsperrenkomitees. Die publizierten Beiträge geben die Meinung der jeweiligen Autoren wieder. Diese muss sich nicht mit derjenigen der Redaktion oder der Verbände decken. Druck Binkert Buag AG Baslerstrasse 15 · CH-5080 Laufenburg Tel. +41 62 869 74 74 · Fax +41 62 869 74 80

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«Wasser Energie Luft» wird mit Strom aus 100% Wasserkraft produziert und auf FSC-Papier gedruckt.

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