Wasser Energie Luft 3/2015

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Staumauerbau Muttenalp by night (Bild: Axpo © Daniel Boschung)

17. September 2015

· Projekt Linthal 2015 · Optimierung Turbinenanströmung · Aufgaben Talsperrenwärter · Hochwasserschutz Melchaa


Gesunde Umwelt durch Wasserkraft

Ökologische Bestnoten: Im Quervergleich mit anderen Stromerzeugungsarten hat die Wasserkraft in Sachen ökologischer Qualität die Nase ganz vorn.

Strom für morgen und übermorgen: Wasserkraft ist erneuerbare Energie, schont die Ressourcen und trägt entscheidend zur nachhaltigen Stromerzeugung bei.

Trumpfkarte im Klimaschutz: Die saubere Energiequelle Wasserkraft trägt massgeblich zur Verbesserung der CO2-Bilanz der Schweiz bei.

Gebannte Hochwasser-Gefahr: Speicherseen halten bei starken Regenfällen die Wassermassen zurück und bewahren so tiefer gelegene Regionen vor Hochwasser.

mmi · swv · 9/08

Raum für neues Leben: Wo Wasser gestaut wird, entstehen neue, biologisch wertvolle Wasserflächen und Uferzonen. Eine ganze Reihe davon stehen II heute unter Naturschutz.

«Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden


Editorial Auswege aus dem Dilemma

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Roger Pfammatter Geschäftsführer SWV, Directeur ASAE

ie einheimische Wasserkraft ist unter enormem Kostendruck. Die Handelspreise auf dem Europäischen Strommarkt sind im Vergleich zum Hochpreisjahr 2008 auf einen Drittel zusammengeschrumpft und scheinen noch keinen Boden gefunden zu haben. Trotz sehr effizienter und vergleichsweise günstiger Produktion fehlen der Wasserkraft damit die Erträge zur Deckung der Gestehungskosten. Das zehrt an der Substanz und beschert der öffentlichen Hand als Eigentümerin gewaltige Wertverluste. Nicht durch Misswirtschaft, sondern aufgrund energie- und klimapolitischer Fehlentwicklungen mit verzerrenden Milliardensubventionen, einem nicht funktionierenden CO2-Emissionshandel und hohen staatlichen Abgaben im eigenen Land. Entgegen dem geäusserten politischen Willen kommt damit ausgerechnet der energiepolitische Trumpf der Schweiz unter die Räder. Das dürfte nicht im Sinne der Erfinder einer erneuerbaren und klimaschonenden Energiezukunft sein. Und es ist bestimmt nicht im Interesse des Landes! In einem funktionierenden Markt würde sich die Wasserkraft mit ihren vielen Vorzügen mit Sicherheit durchsetzen. Aber solange die masslosen Verzerrungen und Diskriminierungen

bestehen, gilt es zum Schutz der systemrelevanten Wasserkraft dringend Korrekturen anzubringen. Das eigentliche Dilemma: die Schweiz kann die internationale Klima- und Energiepolitik als Ursache nur sehr marginal beeinflussen. Deshalb braucht es inländische Überbrückungsmassnahmen, welche die Gestehungskosten rasch und effektiv reduzieren, unkompliziert umsetzbar sind und keine neuen Diskriminierungen schaffen. Eine kluge Energiepolitik sorgt sich um ihr wichtigstes Standbein. Diese Einsicht hat sich in der Debatte zur Energiestrategie inzwischen bis nach Bundesbern durchgesetzt. Nachdem der Nationalrat noch den Ausbau im Fokus hatte, wurde in der Energiekommission des Ständerates nun auch die schwierige Situation der bestehenden Wasserkraft thematisiert (vgl. dazu die Mitteilung im Nachrichtenteil ab S. 243 dieser Ausgabe). Das ist ein Zeichen, dass die Politik die Problematik erkannt hat. Die vorgeschlagene Finanzhilfe für den Einzelfall hingegen ist nicht nur unfair und viel zu bürokratisch, sie dürfte auch kaum die gewünschte Wirkung zeigen. Und das lässt Zweifel aufkommen, ob die Politik in der Lage ist, gangbare Auswege aus dem Dilemma zu finden.

Echappatoires au dilemme

La force hydraulique indigène fait face à une énorme pression des coûts. Par rapport aux plus hauts niveaux de 2008, les prix sur le marché européen ont diminué d’environ deux tiers et semblent ne pas encore avoir atteint un plancher. Malgré une production très efficace, l’énergie hydraulique manque de revenus pour couvrir ses coûts. Cela pèse sur les ressources et provoque des pertes massives auprès des pouvoirs publics, propriétaires des installations. Les causes proviennent non pas d’une gestion déficiente, mais de distorsions provoquées par une politique faussant le marché à coup de milliards de subventions, un échange de droits d’émissions de CO2 ne fonctionnant pas et des taxes étatiques excessif dans le propre pays. Contrairement à la volonté politique exprimée, l’atout suisse en matière de politique énergétique passe aux oubliettes. Cela ne devrait pas être l’intention de ceux qui veulent mettre en avant un avenir énergétique renouvelable, et cela n’est certainement pas dans l’intérêt du pays! Dans un marché qui fonctionne, l’énergie hydraulique s’imposerait à tous les coups grâce à ses nombreux avantages. Mais tant que les énormes distorsions et discriminations «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

persistent, il est impératif d’apporter des corrections afin de protéger l’importance systémique de l’énergie hydraulique. Le véritable dilemme: la Suisse ne peut que très peu influencer la politique climatique et énergétique internationale. Par conséquent, des mesures transitoires domestiques réduisant efficacement les coûts de production, facilement applicables et ne créant pas de nouvelles formes de discrimination sont nécessaires. Une bonne politique énergétique se préoccupe de son pilier le plus important. Dans le débat sur la stratégie énergétique, cette idée a fait son chemin jusqu’à Berne. Alors que le Conseil National songeait encore à son expansion, la situation difficile de la force hydraulique était débattue dans la commission énergétique du Conseil des Etats (cf. la communication à partir de la page 243 ce bulletin). Ceci est un signe de reconnaissance de la problématique de la part des milieux politiques. Néanmoins, la proposition concrète d’une évaluation au cas par cas est non seulement arbitraire et trop bureaucratique, elle devrait de plus ne guère avoir d’effet. Et cela soulève des doutes quant à savoir si la politique est capable de trouver des échappatoires au dilemme. III


Inhalt

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Zukunft Wasserkraft – «Linthal 2015» – Kraftwerk Linth-Limmern AG Norbert Wohlkinger

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Optimierung der Turbinenanströmung des Kraftwerks RyburgSchwörstadt mittels numerischer Modellierung Nicola Lutz, David Vetsch

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Lösungen für den Fischabstieg am Columbia-River (USA) – Prüfung im Hinblick auf grosse mitteleuropäische Flusskraftwerke Jochen Ulrich, Ricardo Mendez, Carl Robert Kriewitz

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Rolle und Aufgaben der Talsperrenwächter – Niveau 1 der Überwachung von Stauanlagen Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung 2015

200

Ruolo e compiti del custode diga – Livello 1 nel concetto di sorveglianza degli impianti di accumulazione Gruppo di lavoro Osservazione delle dighe 2015

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Visuelle Kontrollen an Schüttdämmen von Stauanlagen Sophie Messerklinger

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Quadrokopterbasierte Messung von Oberflächengeschwindigkeiten Martin Detert, Jürg Trachsel, Volker Weitbrecht

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Inhalt

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Heimische Flusskrebse in Bedrängnis – Gewässerrenaturierung und Kraftwerksanierung – Fluch oder Segen? Raphael Krieg, Armin Zenker

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Hochwasserschutzprojekt Grosse Melchaa, Sarnen Stephan Flury, Christoph Rüedlinger, Werner Eicher, Jürg Pieren

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Jost Wey und die Alpenrhein-Korrektion Willi H. Hager

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Nachrichten Politik Energiewirtschaft Wasserkraftnutzung Wasserbau/Hochwasserschutz Mitteilungen Rückblick Veranstaltungen Veranstaltungen Agenda Personen Literatur Industriemitteilungen

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Branchen-Adressen

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Impressum

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Zukunft Wasserkraft – «Linthal 2015» – Kraftwerk Linth-Limmern AG Norbert Wohlkinger

Zusammenfassung Die Kraftwerke Linth-Limmern AG (KLL) mit Sitz in Linthal ist eine Partnerunternehmen des Kantons Glarus und der Axpo Power AG. Das Unternehmen erweitert seine bestehenden Anlagen mit einem flexiblen, leistungsfähigen Pumpspeicherkraftwerk (Projekt Linthal 2015). Ein neues, unterirdisch angelegtes Pumpspeicherkraftwerk wird Wasser aus dem Limmernsee in den gut 600 Meter höher gelegenen Muttsee zurückpumpen und bei Bedarf zur Stromproduktion nutzen. Das neue Werk wird eine Pumpleistung und eine Turbinenleistung von je 1000 MW aufweisen. Damit wird sich die Leistung der KLL-Anlagen von heute rund 480 MW auf 1480 MW erhöhen. Das entspricht leistungsmässig (jedoch nicht energiemässig) dem Kernkraftwerk Leibstadt oder dem Wasserkraftwerk Cleuson-Dixence. Für die Realisierung wird mit einer Bauzeit von rund sieben Jahren gerechnet. Vorgesehen ist, mit der ersten der vier Maschinengruppen im Dezember 2015 ans Netz zu gehen. Die Maschinengruppen 2 bis 4 werden bis April 2017 den Betrieb aufnehmen. Für die Realisierung waren umfangreiche Bauvorbereitungsarbeiten notwendig, diese umfassten die gesamt Erschliessung der Hochgebirgsbaustellen und Sicherung vor Naturgefahren. Die baulichen Massnahmen (Staumauer, Kavernen, Stollen) sind termingerecht abgeschlossen, zurzeit laufen die Innenausbau-, Montage- und Inbetriebsetzungsarbeiten.

1.

Das Projekt

1.1 Kraftwerke Linth-Limmern AG Die Kraftwerke Linth-Limmern AG (KLL) mit Sitz in Linthal ist eine Partnerunternehmen des Kantons Glarus und der Axpo Power AG. Am Aktienkapital sind der Kanton Glarus mit 15 Prozent und die Axpo Power AG

mit 85 Prozent beteiligt. Die erste Anlage der Kraftwerke Linth-Limmern wurde zwischen 1957 und 1968 erbaut. 2009 erfolgte eine erste Anlagenerweiterung mit der Inbetriebnahme des Pumpspeicherwerks Tierfehd. Die verschiedenen Kraftwerksstufen nutzen die Wasserzuflüsse eines rund 140 km2 grossen Einzugsgebiets im

Quellgebiet der Linth. Die durchschnittliche Stromproduktion aus natürlichen Zuflüssen beträgt 460 GWh pro Jahr. Die Bedeutung der KLL für die schweizerische Stromversorgung ist aber weit grösser. Als Speichkraftwerk produziert die KLL vor allem Spitzenenergie. Sie trägt damit entscheidend dazu bei, dass der Stromverbrauch und die Stromproduktion im Gleichgewicht gehalten werden können. Da der Bedarf nach höherer Flexibiltät laufend zunimmt, werden die Anlagen mit einem zusätzlichen leistungsfähigen Pumpspeicherkraftwerk (Projekt Linthal 2015) erweitert. 1.2 Bauvorbereitungsarbeiten Der Verwaltungsrat der Kraftwerke LinthLimmern genehmigte im Januar 2008 den Kredit für die Bauvorbereitungsarbeiten über CHF 140 Mio. Mit diesen Arbeiten wurde die Erschliessung und Sicherung der Baustelle realisiert. Damit war die Voraussetzungen geschaffen, dass mit dem Realisierungsprojekt begonnen werden konnte. Wegen des langen und harten Winters 2008/09 waren zeitliche Verzögerungen nicht ganz zu vermeiden. Diese konnten auf den geplanten Beginn der Realisierung für

Bild 1. 3D-Grafik des PSW-Limmern. «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

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Projekt entwickelt. Die Alstom Renewable Schweiz AG erstellte ein Modell im Massstab 1:7, dieses wurde im Februar 2009 in umfangreichen Untersuchungen auf dem Prüfstand der Alstom in Grenoble erfolgreich getestet.

Bild 2. Die Staumauer November 2014. das Pumpspeicherwerk Limmern im Spätherbst 2009 rechtzeitig umgesetzt werden. 1.2.1 Massnahmen zur Sicherung vor Naturgefahren Um auf dem Installationsplatz Ochsenstäfeli auch im Winter arbeiten zu können, waren umfangreiche Schutzmassnahmen erforderlich. Ein Grossteil des 320 Meter langen und 12 Meter hohen Lawinenschutzdammes konnte noch vor dem Wintereinbruch 2009 fertiggestellt werden. 1.2.2 Bauseilbahnen Für den Materialtransport wurden von Tierfehd nach Kalktrittli und von Ochsenstäfeli zum Muttsee je eine 25-TonnenPendelbahn gebaut. Die Arbeiten an der Bergstation Kalktrittli wurden während des gesamten Winters vorangetrieben. Zwischen Ochsenstäfeli und Muttsee wurde anschliessend eine baugleiche Bauseilbahn erstellt. 174

1.2.3 Zugangsstollen 2 Vom bestehenden Zugangsstollen 0, Kalktrittli-Ochsenstäfeli, wurde für den Bau der Kavernenzentrale ein neuer, rund 1.8 Kilometer langer Zugangsstollen gebaut. Dieser wurde von zwei Seiten in den Berg vorgetrieben: von oben ab dem Stollen Kalktrittli-Ochsenstäfeli und von unten ab dem Sondierstollen, welcher ins Limmerntobel führt. Der Durchschlag erfolgte im Spätsommer 2009. 1.2.4 Erschliessung Tierfehd Zur Erschliessung der Grossbaustelle wurden Werkleitungen verlegt und eine Umfahrungsstrasse zur Trennung des Baustellenverkehrs vom öffentlichen Verkehr realisiert. 1.2.5 Modellversuche Pumpturbinen Die Pumpturbinen, welche im Pumpspeicherkraftwerk Limmern zum Einsatz kommen werden, wurden eigens für dieses

1.3 Netzanschluss Im Februar 2013 konnten die Holzerarbeiten zur Niederhaltung der Bäume in den künftigen Leitungstrasses im steilen Gebiet abgeschlossen werden. Dazu wurden acht neue Erschliessungsstrassen gebaut. Diese forstlich genutzten Strassen sind nötig für die zukünftige Schutzwaldpflege. Dank ihnen kann das Holz auch in Zukunft für reguläre Holzerarbeiten genutzt werden, ohne dass die neue 380-kV-Leitung dabei tangiert wird. Die 65 Betonfundamente für die Stromasten wurden stellenweise in sehr unwegsamem Gelände gebaut. Bei 13 Masten wurden wegen möglichen Naturgefahren wie Steinschlag, Murgang und Lawinen Schutzbauwerke nötig. Das bedeutet, dass die Masten bis in eine Höhe von fünf Meter ab Boden geschützt werden mussten. Ab Juli 2013 wurden die Strommasten montiert. In bis zu neun Meter langen Bündeln wurden die in Einzelteile zerlegten Masten angeliefert. Der Stahl wurde an drei Standorten gelagert. Die 65 Masten sind mitunter bis zu 89 Meter hoch, ihre Einzelteile wurden für die Montage, wo immer möglich, über Zugangsstrassen angeliefert. Der letzte Strommast wurde im Sommer 2014 fertig montiert, sodass die Hauptarbeiten auf Ende 2014 abgeschlossen werden konnten. Gleichzeitig wurde auf einer Gesamtlänge von 18.4 Kilometer die bestehende 110-kV-Leitung in die Erde verlegt und das Unterwerk Linthal gebaut. Die neue 17.25 Kilometer lange 380-kV-Leitung ist im Frühling 2015 in Betrieb gegangen. 1.4 Realisierung Die Kraftwerk Linth-Limmern AG (KLL) bestand vor dem Bau des Pumpspeicherwerkes Limmern aus den Kraftwerken Muttsee, Tierfehd und Linthal. Im Rahmen des Realisierungsentscheids wurde eine neue Konzession durch den Kanton Glarus vergeben. • Das Kraftwerk Muttsee nutzte den natürlichen Wasserinhalt des Muttsees zur Stromproduktion. Es hatte eine Leistung von 4.4 MW. Die Zentrale befand sich in einer Felskaverne, von wo das Wasser in den Limmernsee abfloss. Im Rahmen des Projektes Linthal 2015 ist diese Anlage in der Zwischenzeit stillgelegt worden.

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Das Kraftwerk Tierfehd umfasst zwei Stufen. Die eine Stufe verarbeitet das Wasser aus dem Limmernsee, die andere das Wasser aus dem Ausgleichsbecken Hintersand. Die Kraftwerkstufe Limmern hat eine Leistung von 261 MW, die Kraftwerkstufe Hintersand eine von 40 MW. Nach der Stromproduktion fliesst das Wasser in die im Jahr 2011 weiter ausgebauten Ausgleichsbecken in Tierfehd. Das Wasser aus dem Ausgleichsbecken Hintersand kann bei geringer Stromnachfrage auch in den Limmernsee gepumpt werden. • Das Pumpspeicherwerk Tierfehd, das 2009 den Betrieb aufnahm, benutzt das bestehende Drucksystem Limmern. Die Maschinengruppe verfügt über eine maximale Leistung von 120/140 MW im Turbinen-/Pumpbetrieb. • Das Kraftwerk Linthal nutzt das Gefälle zwischen Tierfehd und Linthal. Es hat eine Leistung von 34.4 MW. Nach dem Kraftwerk fliesst das Wasser in das Ausgleichsbecken Linthal und von dort zurück in die Linth. Die Anlagen der Kraftwerke Linth-Limmern leisten schon heute einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgung der Schweiz. Mit dem Ausbauprojekt «Linthal 2015» werden nun die bestehenden Anlagen mit einem zusätzlichen, leistungsfähigen Pumpspeicherkraftwerk erweitert und optimiert. Ein neues, unterirdisch angelegtes Pumpspeicherkraftwerk wird Wasser aus dem Limmernsee in den gut 600 m höher gelegenen Muttsee zurückpumpen und bei Bedarf zur Stromproduktion nutzen. Das neue Werk wird eine Pumpleistung und eine Turbinenleistung von je 1000 MW aufweisen. Damit wird sich die Leistung der KLL-Anlagen von heute rund 480 MW auf 1480 MW erhöhen. Das entspricht leistungsmässig (jedoch nicht energiemässig) dem Kernkraftwerk Leibstadt oder dem Wasserkraftwerk Cleuson-Dixence. Für die Realisierung wird mit einer Bauzeit von rund sieben Jahren gerechnet. Vorgesehen ist, mit der ersten der vier Maschinengruppen im Dezember 2015 ans Netz zu gehen. Die Maschinengruppen 2 bis 4 werden bis April 2017 den Betrieb aufnehmen. Während der Bauzeit waren teilweise bis zu 600 Personen gleichzeitig auf den verschiedenen Bauplätzen tätig sein. Die Investitionskosten für die Realisierung dieses Grossprojektes betragen CHF 2.1 Mia.

2.

Die wichtigsten Ausbauvorhaben

2.1 Muttsee Eine neue 1025 Meter lange Gewichtsstaumauer ermöglicht die Speicherkapazität des Muttsees von heute 8.76 Mio. auf 26.53 Mio. m3 zu vergrössern. Die natürliche Seehöhe von heute 2446 m ü.M. wird auf eine Stauhöhe von 2474 m ü.M. erhöht. 2.2

Pumpspeicherwerk Limmern (Kavernenzentrale) Am Fuss der heutigen Staumauer des Limmernsees, auf ca. 1700 m ü.M. entstand rund 600 m im Berginnern eine neue Kavernenzentrale für die vier Maschinengruppen. Zwei parallel geführte Druckleitungen verbinden den Muttsee mit der Zentrale und zwei 405 Meter lange Unterwasserstollen die Zentrale mit dem Limmernsee. Der Zugang zur Kaverne wird von Tierfehd aus über einen neuen 4036 m langen Zugangsstollen sichergestellt, der mit einer Standseilbahn ausgerüstet wurde. 2.3 Ausgleichsbecken Tierfehd Das bestehende Ausgleichsbecken wurde durch ein weiteres Becken nördlich des Betriebsgebäudes ergänzt. Die Speicherkapazität konnte von ca. 350 000 m3 auf ungefähr 560 000 m3 Wasser erweitert werden. 2.4 Netzanschluss Die massive Leistungserhöhung, die mit dem Projekt Linthal 2015 verbunden ist, bedingt den Anschluss der Anlagen an das schweizerische Hochspannungsnetz. Heute besteht eine 220-kVFreileitung von Tierfehd in die Grynau bei Uznach. Für Linthal 2015 ist parallel zur heutigen Leitung eine neue 380-kVFreileitung von Tierfehd bis in den Raum Schwanden/Sool vorgesehen. Hier wird sie an die bestehende 380-kv-Leitung angeschlossen. 3.

Die Herausforderungen eines Grossprojektes

3.1 Baustellenlogistik Mehr als zehn Bau- und Installationsplätze waren (oder sind) in den sieben Jahren auf der Grossbaustelle gleichzeitig in Betrieb. Der Transport von Geräten, Baumaterial und Personal zu den Bauplätzen erfolgt über eine komplexe Logistikkette. Ab dem Basisinstallationsplatz Tierfehd sind die höher gelegenen Bauplätze nur über Seilbahnen erreichbar. Die Baustellenlogistik basiert auf den Prinzipien der Containerlo-

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gistik, ähnlich wie sie in Seehäfen betrieben wird. Abgestimmt auf die Seilbahnkapazität werden für den Gütertransport primär Standardcontainer von bis zu 25 Tonnen eingesetzt. Auch Spezialtransporte mit Gewichten bis zu 40 Tonnen oder für Übergrössen wurden durchgeführt. Von 2010 bis Ende März 2015 wurden 3.3 Mio. Tonnen Material und 1.2 Mio. Personen mit 474 597 Fahrten berg- und talwärts transportiert. Massengüter wie Zement und Baustahl wurden, um die Umweltbelastung zu reduzieren, mit der Eisenbahn bis zum Bahnhof Linthal angeliefert. In einer eigens dafür vorgesehenen, neu erstellten Halle erfolgte der Güterumschlag auf Lastwagen, welche das Transportgut zum Installationsplatz in Tierfehd brachten. Dort werden auch die Güter angeliefert, die über die Strasse zu Baustelle gelangen. Auf dem Installationsplatz war ein Team von über 70 Logistik- und Transportspezialisten an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr im Einsatz. Die Logistikplanung erfolgte über ein speziell entwickeltes IT-Tool. Aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse auf den Bau- und Installationsplätzen mussten die Güter «just in time» in Tierfehd eintreffen. Auf diesen Transportwegen wurden rund 100 000 Tonnen Zement und 40 000 Tonnen Stahl sowie die Baumaschinen und Anlagen transportiert. Grosse Geräte, wie z.B. die Tunnelbohrmaschine für die Druckschächte oder die beiden 180 Tonnen schweren Raupenkrane für den Staumauerbau, mussten für den Seilbahntransport in entsprechend kleinere Teile zerlegt werden. Neben dem Transport des grossen Gütervolumens musste auch ein effizienter Transport für die Bauarbeiter und Montageequipen sichergestellt werden. Die Seilbahnen werden zwei Mal jährlich einer Inspektion und Revision unterzogen. Neben den Transportaufgaben ist laufend die Stromversorgung der einzelnen Installations- und Bauplätze sicherzustellen. 3.2 Baustellensicherheit Die Grundlage für die Baustellensicherheit bildet die spezifische Sicherheitsdokumentation für Linthal 2015. Diese beinhaltet unter anderem Themen wie den Gesundheitsschutz der Arbeiter, den Sprengvortrieb, die Notfallplanung, den Umgang mit Starkstrom (auf der Baustelle wird mit 16 kV gearbeitet), den Baustellenverkehr sowie die ganzen Schadstoffthemen und die Klimasituation in den Stollen. Die Hauptaufgabe des Sicherheitsbeauftragten Linthal 2015 ist die Umsetzung, 175


Überwachung, Koordination und Kontrolle des Sicherheitskonzeptes. Rund um die Uhr sind bis zu zwei Rettungssanitäter des Kantonsspitals Glarus inklusive Rettungswagen im Einsatz. Eine Grubenwehr ist bei Bedarf sofort vor Ort, um die Bergung und Rettung von Personen übernehmen zu können. Die mit der Baustellensicherheit beauftragten Personen werden periodisch mit Übungen auf einen allfälligen Ernstfall vorbereitet. Damit die Kommunikation sichergestellt werden kann, wird ein Funk-, GSM- und Festnetz unterhalten und betrieben. 3.3 Naturgefahren Unter anderem waren im Winter 2011/12 aufwendige Scheeräumungen auf der Muttenalp notwendig, damit die Anlieferung des Ausbruchmaterials für den Staumauerbau den ganzen Winter sichergestellt war. Während des ganzen Winters lagen über vier Meter Schnee am Muttsee. Zudem waren zur Sicherung der Baustelle zahlreiche Lawinensprengungen notwendig. Insgesamt wurden durch den Lawinendienst 150 Sprengungen ausgelöst. 3.4

Umwelt-Monitoring Auf Basis des Umweltverträglichkeitsberichtes wird laufend die Einhaltung der Bewilligungsauflagen überwacht. Bei Projektänderungen wird überwacht, dass die Umwelt nicht zusätzlich belastet wird. 3.5

Verfolgung der Kostenentwicklung Für dieses Grossprojekt wurde ein Controlling-Instrument auf Basis SAP/PS/ MM/BW entwickelt, das die Projektoberleitung, Gesamtprojektleiter, Projektleiter, Vertragsmanager und Controller bei der Abwicklung von Projektänderungen und Nachträgen (Zusatzofferten und – forderungen) unterstützt. Dank diesem System werden die Prognose der Endkosten und die Abweichungsanalyse laufend nachgeführt. Den Projektleitern und Vertragsmanagern steht ein laufend nachgeführtes Zusatzofferten-Cockpit und Vertragscontrolling zur Verfügung, auf dem der Verhandlungsstand der Zusatzoffertenresp. -forderungen ersichtlich ist. Dies mit gleichzeitigem elektronischem Zugriff auf die relevanten Dokumente. Auf der gleichen Basis stehen der Projektoberleitung und den Gesamtprojektleitern Reports mit dem Kredit, der aktuellen Prognose sowie deren Entwicklung, dem Ist-Kostenstand, der Obligo sowie der Teuerung und den erwarteten Mehr- und Minderkosten, zur Verfügung. 176

3.6

Termincontrolling – Überwachung des kritischen Weg Mit MS-Project werden Hunderte von Vorgängen und deren Abhängigkeiten geplant. Neben dem Gesamtterminplan wurde pro Objekt ein eignes, abgestimmtes Terminprogramm erstellt. Veränderungen in den Terminen werden im zweiwöchentlichen Rhythmus verarbeitet und die Auswirkungen auf den kritischen Weg berechnet. Laufend werden Optimierungsmöglichkeiten sowie Reduktionen von Abhängigkeiten nicht nur auf dem kritischen Weg, sondern auch auf den subkritischen Wegen mit der Projektleitung und technischen Gesamtkoordination identifiziert. Die Massnahmen daraus werden abgesprochen mit den Unternehmern umgesetzt. 3.7

Technische Gesamtkoordination Die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Losen Bau, Kraftwerksausrüstung, Stahlwasserbau, Haustechnik und Innenausbau müssen durch die technische Gesamtkoordination bewirtschaftet werden. Allfällige Lücken zwischen den Losen müssen rasch identifiziert und in enger Zusammenarbeit mit Planer und Unternehmer geregelt werden. 4.

Stand der Arbeiten im Sommer 2015

4.1

Zugangsstollen 1

4.1.1 Beschreibung Termingerecht ging die im November 2013 von der Schweizer Seilbahnspezialistin Garaventa AG erstellte Standseilbahn in Betrieb. Sie stellt die Hauptversorgungsachse zur Maschinen- und Transformatorenkaverne sicher. Die fristgerechte Inbetriebnahme galt als wichtiger Meilenstein für den weiteren Ausbau der Maschinenkaverne, zumal die Standseilbahn als einzige in der Lage ist, die 215 Tonnen schweren Transformatoren und weitere schwere Anlagenteile in die Kavernenzentrale auf 1700 m ü.M. zu befördern. Der Ausbruch des Zugangsstollens 1 wurde im Oktober 2010 gestartet und erfolgte mit einer riesigen Tunnelbohrmaschine. Mit der 160 Meter langen und 1500 Tonnen schweren Bohrmaschine wurden rund 185 000 Kubikmeter bzw. 490 000 Tonnen Gestein ausgebrochen, das grösstenteils im Raum Tierfehd abgelagert wurde. Dank modernster und computergestützter Vermessungstechnik wurde das Ziel zentimetergenau erreicht.

Nach der Fertigstellung des Rohbaus wurden für die 1.8 Meter breite Fahrbahn 832 Fertigelemente verbaut. Mit einer Länge von 4036 Meter und einem Durchmesser von acht Meter ist der Zugangsstollen 1 der grösste Tunnel im Projekt. Er führt von Tierfehd (813.6 m ü.M.) zuerst 300 Meter lang horizontal in den Berg und steigt danach mit 24 Prozent bis zur Kavernenzentrale konstant an. Um den hohen Transportansprüchen gerecht zu werden, wurde eine Bahn konstruiert, die in ihrem Endausbau und mit ihrer Transportleistung genau den Anforderungen vor Ort entspricht. Der Antrieb der Standseilbahn ist vergleichbar mit dem Antrieb zweier Güterlokomotiven. Die beiden 40 Tonnen schweren Bahnwagen sind mit einem 58 Millimeter starken Zugseil miteinander verbunden. Die Strecke im Berginnern wird bei Schwersttransporten im Kriechtempo absolviert. Gerade mal einen halben Meter pro Sekunde bewegt sich die Standseilbahn bei einer Maximalladung von 215 Tonnen bergwärts. Mit dem Transport der vier 215 Tonnen schweren Transformatoren hat die Standseilbahn ihren Härtetest bestanden. Auch die vier voluminösen Spiralgehäuse für die Turbinen sind erfolgreich transportiert worden. Während die Bauseilbahnen nach Ende des Projektes zurückgebaut werden, bleibt die Standseilbahn wichtige Verbindungslinie zur Kavernenzentrale. Nur mit ihr können auch künftig schwere Maschinenteile – wie das beispielweise bei Revisionen nötig sein wird – direkt und in einem Stück transportiert werden. 4.1.2 Stand der Arbeiten Der Zugangsstollen I ist im Betrieb, die Arbeiten sind abgeschlossen. 4.2

Staumauer Muttsee

4.2.1 Beschreibung Im September 2011 konnte vorzeitig mit dem Bau der Staumauer begonnen werden. Die Staumauer wurde in 68 Blöcken à je 15 Meter Länge und Höhen zwischen 4 und 33 Meter im sogenannten Pilgerschrittverfahren gebaut. Dabei wurde jeder zweite Block bis zu seiner abschliessenden Höhe betoniert (Vorläufer). Anschliessend wurden die Blöcke dazwischen erstellt (Nachläufer). So konnte der Beton besser auskühlen, und die bereits erstellten Teilstücke dienten als Schalung links und rechts von den danach einzupassenden Blöcken. Jeder Block wurde in Betonieretappen von drei Metern Höhe eingeteilt. Vor der ersten Betonieretappe musste das Fundament vorbereitet werden. Das Fun-

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Bild 3. Ausbruch der Maschinenkaverne. dament wurde für jeden Block aus dem Fels gesprengt. Die Felsoberfläche musste entsprechend der geologischen Gegebenheiten mit Bagger und Abbauhammer modelliert werden. Grössere Unebenheiten und Störzonen mussten vorgängig mit einem feinen Beton (Dental-Concrete), verfüllt und sorgfältig vibriert werden. Die erste Schicht von etwas zehn Zentimeter Dicke wurde mit Kontaktbeton gegossen, dessen Mischung besonders fein war, weil damit die Felsunebenheiten ausgeglichen werden konnten. Über diese Schicht kam dann der eigentliche Mauerbeton, auch Vorsatzbeton genannt. Der Staumauerbeton besteht aus einer Mischung von Kies, Zement, Flugasche und Wasser. Beim Vorsatzbeton ist der Kies gröber als beim Kontaktbeton. Das Ausbruchmaterial der Kaverne wurde für die Herstellung des Kieses verwendet, so wurde der ausgebrochene Fels gleich wieder vor Ort in die Staumauer verbaut. Die Eigenschaft des Vorsatzbetons liess ein Befahren des Frischbetons mit Raupenfahrzeuge zu, ohne dass diese einsinken. Weil er so dicht ist, lässt er sich nur schwer verteilen, und der Aufwand, um von Hand zu vibrieren, ist hoch. Diese Arbeiten wurden mit kleinen Baggern ausgeführt. So wuchs die Mauer Block um Block.

Bild 4. Die fertiggestellte Maschinenkaverne. 4.2.2 Stand der Arbeiten Im Herbst 2014 waren die Massenbetonarbeiten an der Staumauer beendet. Die Mauerkrone wurde 2014, eine Bausaison früher als geplant, ebenfalls realisiert. Das Ein- und Auslaufbauwerk Muttsee ist fertiggestellt. Die Betonarbeiten am Wärterhaus wurden planmässig Mitte Oktober 2014 abgeschlossen. Die Fertigstellungsund Umgebungsarbeiten für das Wärterhaus werden nach dem Winter 2014/15 fortgeführt. Im Herbst 2015 wird an der rechten Flanke der Staumauer der Dichtschirm mittels Injektionen ausgeführt. Die Beton-, Bohr- und Injektionsarbeiten in der Staumauer und die Instrumentierung haben begonnen. Mit dem Erstaufstau kann planmässig am 1. Juli 2016 begonnen werden. 4.3

Oberwasserdruckleitung, Wasserschloss und Schieberkammer

4.3.1 Beschreibung Der Oberwasserstollen ist bis zum Verteilbauwerk 513 Meter lang und hat einen Durchmesser von 8 Meter. Auf diesem Abschnitt ist der Stollen mittels passiver Vorspannung verstärkt. Die passive Vorspannung hat zum Ziel, die Betonverkleidung

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so stark vorzuspannen, dass diese durch die Belastung des Innenwasserdruckes nicht beschädigt wird. Diese Vorspannung nutzt den Gebirgsdruck aus, indem zwischen der Auskleidung und dem Fels ein Injektionsgut unter hohem Druck injiziert wird. Nach dem Verteilbauwerk haben die zwei Oberwasserdruckstollen einen Durchmesser von 4.4 Meter und sind mit Stahlrohren gepanzert. Die zwei Oberwasserstollen sind mit einem Wasserschloss mit einem Durchmesser von 10.5 Meter verbunden. Das Wasserschloss ist 125.36 Meter hoch und schliesst oberirdisch mit einem 13 Meter hohen Belüftungskamin ab. Die zwei Oberwasserstollen enden in der Schieberkammer. Diese ist 66 Meter lang, 20 Meter breit und 19 Meter hoch und enthält zwei Drosselklappen für den Abschluss des Muttsees vor dem Druckschacht Richtung Maschinenkaverne. Die Drosselklappen dienen als Sicherheitsorgane im Fall eines Lecks oder Bruchs im Druckschacht. 4.3.2 Stand der Arbeiten Die Dammbalken beim Ein- und Auslaufbauwerk Muttsee sind entfernt. Der Oberwasserstollen ist bis zur Drosselklappe der Druckleitung 12 (für die Maschinengruppe 1 und 2) geflutet. Die Drosselklappe ist 177


dicht. Die Druckleitung 34 bleibt mittels Klöpperboden geschlossen, deren Fertigstellung ist noch in vollem Gange. Die Trockentests der Kugelschieber 1 und 2 mit deren Schutz und Leittechnik laufen zurzeit. Wenn die Trockentests erfolgreich abgeschlossen sind, wird der Druckschacht 12 mit Wasser gefüllt. Das Wasserschloss ist erstellt. In der Schieberkammer sind noch die Arbeiten für die Fertigstellung der zweiten Druckleitung im Gang. 4.4

Druckleitungen Muttsee – Kavernenzentrale

4.4.1 Beschreibung der Druckleitung Die 1206 Meter lange Druckleitung 1 für die Maschinengruppe 1 und 2 ist mit Feinkornbaustahl S690QL und S500ML gepanzert. Die 830 Bleche mit 3 × 13.2 m für die zwei Druckschächte wurden vor Ort zu Rohrschüssen verarbeitet. Während rund drei Jahren wurden in einer Fertigungshalle in Tierfehd die Rohre gebogen, geschweisst und für den Transport auf den Berg vorbereitet. In einem ersten Schritt wurden die schweren Stahlplatten auf 150 °C vorgewärmt und anschliessend durch eine Walze gerollt. Dieser Prozess dauerte vier bis sechs Stunden. Dann fand eine erste punktuelle Schweissung statt, bevor die definitive Längsschweissung vorgenommen wurde, diese dauerte weitere 16 Stunden. Mit aufwendigen Prüfverfahren wurde kontrolliert, ob die Schweissnähte zu 100 Prozent fehlerfrei sind. Abschliessend wurde die Passform zum Anschlussrohr geprüft und alle Rohre für den Einbau nummeriert. Die Wandstärke beträgt unten 60 mm und oben 35 mm, der Innendurchmesser 4.2 m. Die Rohre wiegen zwischen 11–19 t. Die fertigen Rohre wurden mit der Bauseilbahn 1 zum Zugangsstollen 0 gebracht, welcher zum Ochsenstäfeli führt. Von dort erfolgte der Weitertransport mit der Bauseilbahn 2 bis zur Schieberkammer auf 2300 m ü.M. Hier wurden je drei Rohre zu 9 Meter langen Rohrschüssen zusammengeschweisst und von oben in die Druckschächte eingeführt. Unter anspruchsvollsten Bedingungen wurden sie in Handarbeit endgültig zusammengeschweisst und die Schweissnähte auf ihre Qualität überprüft. Die Schweissarbeiten dauerten rund fünf bis sechs Tage pro Rohrschuss. 4.4.2 Stand der Arbeiten Die beiden Druckschächte wurden nacheinander mit der selben Tunnelbohrmaschine ausgebrochen. Mit einem Durch178

messer von 5.2 m, einer Länge von rund 130 m und einem Gewicht von 700 Tonnen war die Tunnelbohrmaschinen kleiner und leichter als die für den Zugangsstollen 1. Sie schwang hingegen mit ihren Kletterkünsten klar oben aus. Sie bohrte sich mit einer Steigung von beachtlichen 90 Prozent in den Fels hinauf. Nachdem der erste Schacht fertig war, wurde sie rückwärtsgezogen und begann mit der Bohrung des zweiten Druckschachtes. Die Druckleitung 1 ist fertig montiert und mit dem Kugelschieber unten und der Drosselklappe oben verbunden. Der Hohlraum zwischen Berg und Rohr ist mit Beton hinterfüllt und injiziert. Die Leitung wird auf den Beginn der Nassversuche im Sommer 2015 bereit sein. Die Druckleitung 2 ist fertig montiert, offen sind noch die Injektionen, der Korrosionsschutz die Montage der Drosselklappe und der Kugelschieber. 4.5

Pumpspeicherwerk Limmern (Kavernenzentrale)

4.5.1 Beschreibung Nachdem im 2012 die Ausbrucharbeiten abgeschlossen waren, sind nun die Maschinen- und die Trafokaverne ausgebaut. Die Maschinenkaverne hat folgende Abmessungen: 150 m/31 m/53 m (L/B/H) und die Trafokaverne 131 m/22 m/24 m (L/B/H). Für beide Kavernen wurden 242 000 m3 Fels ausgebrochen, das entspricht ca. 18 000 Dumper-Ladungen. Die Kavernenzentale wird durch den Zugangsstollen (ZS I) von Tierfehd aus erschlossen. Die Dimensionen sind nötig, um die vier tonnenschweren Maschinengruppen – das Herz des Pumpspeicherwerks – beherbergen zu können. Zu den wichtigsten Teilen der hydraulischen Maschinen gehören je vier Pumpturbinen, Spiralgehäuse, Saugrohre und Kugelschieber. Die elektrische Maschine, der Stator und Rotor werden vor Ort in der Maschinenkaverne zum Generator zusammengebaut und in Kleinstarbeit aufeinander abgestimmt; das alles in vierfacher Ausführung. Das Abstimmen von Rotor und Stator ist Millimeterarbeit. Möglichst klein sollte der Abstand zwischen dem sich drehenden Rotor und seiner Ummantelung, dem Stator, sein, um eine optimale Umwandlung der Rotationsenergie in elektrische Energie zu erreichen. Spezialisten von Alstom verlegen dünnste Bleche von 0.5 mm Dicke. Schicht um Schicht bis zu einer Endhöhe von 3.2 Meter rund um den Rotorstern. Bei jedem Montageschritt gewinnen Planer wie auch Monteure laufend wertvolle

Erkenntnisse, um die Arbeiten an den folgenden Maschinengruppen zu optimieren. Erst Anfang 2017 wird die vierte und somit letzte Maschinengruppe in Betrieb gehen. Die nominale Durchflussmenge im Turbinenbetrieb beträgt rund 46 m3/s pro Maschine. Die nominale Durchflussmenge im Pumpbetrieb beträgt rund 36 m3/s pro Maschine. Die vier Transformatoren wiederum, platziert in der nebenan liegenden, etwas kleineren Kaverne, werden dereinst die Generatoren-Spannung von 18 kV auf 400 kV wandeln. 4.5.2 Beschreibung der hydraulischen Maschinen Die hydraulischen Maschinen mit einer Leistung von 4 × 250 MW sind mit reversiblen einstufigen Pumpturbinen für eine Fallhöhe von 709 Metern ausgelegt. Die einstufigen Pumpturbinen werden mit Asynchron-Motorgeneratoren ausgerüstet, deren Anwendung einen deutlich erweiterten und hocheffizienten Betriebsbereich im Vergleich zu konventionellen Technologien verspricht. Jeder Pumpspeichersatz besteht aus einer 1-stufigen Pumpturbine, Bauart Francis, mit vertikaler Welle und einem Motor-Generator. Die Pumpturbinen werden starr mit den Motor-Generatoren gekuppelt. Als Motorgeneratoren werden vier drehzahlgeregelte, doppeltgespeiste Asynchronmaschinen eingesetzt. Was schweizweit in dieser Leitungsklasse ein Novum ist. Sie können beim Pumpen ihre Leistung regeln und damit das Stromnetz stabilisieren. 4.5.3 Stand der Arbeiten Für die Maschinengruppe 1und 2 ist der Rotor (380 t) in den Stator eingefahren worden. Das Saugrohr ist einbetoniert und das Laufrad montiert. Die Trockentests laufen. In der Maschinengrube 3 wurde die Turbinenwelle und die Wellen-Stillstands-Dichtung montiert. Die Stator-Montage hat begonnen. Die Wicklungsarbeiten für den Rotor 3 laufen. Für die Maschinengruppe 4 ist der Saugrohrkonus und der untere Turbinendeckel eingebaut sowie der obere Turbinendeckel vormontiert. Die Montagearbeiten für den Rotor haben begonnen. Die Hilfssysteme (Kühlwassersystem, Druckluftsysteme) sind grösstenteils montiert. Für die AC-Erreger-Maschinengruppe 1 und 2 laufen die Trocken-Inbetriebnahmen. Sämtliche Haustechnik-Installationen für die Inbetriebsetzung (Kälteanlagen, Lüftung, Entrauchung) sind bereit. Der Innenausbau (Unterdächer,

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Türen, Tore, Brandabschottungen, Malerarbeiten, Aufzüge) sind auf Kurs. 4.5.4 Beschreibung Trafos/Hochspannungsschaltanlage (GIS)/Hochspannungskabel Die vier baugleichen Trafos erreichen je eine Nennleistung von 280 MVA. Sie wandeln die Generatoren Spannung von 18 kV auf 400 kV mit einem Wirkungsgrad von 99.5% um. Die Trafos haben folgende Masse 12.9 m/3.5 m/7.3 m (L/B/H) und sind mit Öl gefüllt 250 t schwer. Die Hochspannungsschaltanlage hat folgende Daten: 380 V/4000 A und folgende Masse: 25.5 m/8.7 m/7.4 m (L/T/H) und setzt sich aus ca. 200 Rohrstücken zusammen. Das Hochspannungskabel hat eine Spannung von 380 kV und 1700 A. Das Kabel ist 4600 m lang und hat einen Durchmesser von 132 mm (Leiterdurchmesser 50 mm).

mit rund 35 Tonnen Armierungseisen verstärkt. Bis zum Ein- und Auslaufbauwerk Limmernsee wurde der Stollen mittels passiver Vorspannung verstärkt. Die passive Vorspannung hat zum Ziel, die Betonverkleidung so stark vorzuspannen, dass diese durch die Belastung des Innenwasserdruckes nicht beschädigt wird. Diese Vorspannung nutzt den Gebirgsdruck aus, indem zwischen der Auskleidung und dem Fels ein Injektionsgut unter hohem Druck injiziert wird. 4.6.2 Stand der Arbeiten Jetzt steht das Wasser im Zu- und Abflussbereich des Limmernsees direkt vor den Unterwasserschützen der Transformatorenkaverne. Dafür wurden der Limmernsee Ende 2014 eigens abgesenkt und die beiden Betonzapfen im Unterwasserdruckstollen im Februar 2015 mit 30 Sprengungen entfernt. 5.

4.5.5 Stand der Arbeiten Die vier Maschinentrafos sind montiert und bereit zum Anschluss an die Energieableitungen. Die Energieableitung der Maschinengruppe 1 wird zurzeit fertiggestellt. Die Hochspannungsschaltanlage ist erstellt. Das 380-kV-Kabel im Zugangsstollen 1 bis zum Unterwerk Tierfehd ist eingezogen und alle Muffen sind montiert. Die Hochspannungsprüfung der Kabel ist abgeschlossen. Die Anlagen sind für die Inbetriebsetzung bereit. 4.6

Unterwasserstollen mit Einund Auslaufbauwerk

4.6.1 Beschreibung Die zwei Unterwasserstollen sind 405 Meter lang und haben eine Steigung von 17.6%. Der Durchmesser beträgt 5.58 Meter. Im Bereich vor den Unterwasserschützen wurde der Stollen mit Stahlrohren gepanzert. Das Verteilbauwerk zwischen den zwei Unterwasserstollen ist

Ausblick

5.1 Anstehende Arbeiten Um die Maschinengruppe 1 mit ihrer Leistung von 250 Megawatt anzutreiben braucht es schon in der Testphase sehr viel Wasser. Für die Tests stehen rund 6 Mio. Kubikmeter Wasser zur Verfügung. Grund dafür sind einerseits die geringen natürlichen Zuflüsse des Muttsees und anderseits darf die Staumauer wegen bevorstehender Prüfschritte in 2015 erst im Sommer 2016 mit Wasser in Berührung kommen. Die Tests sind so ausgerichtet, dass möglichst umgehend der Pumpbetrieb aufgenommen werden kann. Ein weiteres Highlight der Inbetriebsetzung wird die erste Synchronisation mit dem elektrischen Netz sein, damit kurz darauf der erste Pumpbetrieb aufgenommen werden kann. Ab diesem Zeitpunkt wird die Maschinengruppe 1 Strom aus dem Netz beziehen oder an dieses abgeben. Um die gewaltigen Energiemengen für die Tests zur Verfügung zu haben, ist die Planung

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bereits umgesetzt. Nach erfolgreichem Abschluss der Nasstests nimmt die Maschinegruppe 1 einen zweimonatigen Probebetrieb auf, währenddessen die Zuverlässigkeit der Anlage im Betrieb überprüft wird. In dieser Phase setzt Axpo die Maschinengruppe 1 am Markt ein. Nach erfolgreich absolviertem Probebetrieb geht die erste von vier Maschinengruppen in das Eigentum der Kraftwerke Linth-Limmern AG über. Das Inbetriebnahme-Prozedere wiederholt sich in den Jahren 2016 und 2017 drei Mal. Nach den Abschlussarbeiten an der Staumauer und dem Wärterhaus erfolgt bis zum Wintereinbruch 2015 der Rückbau der Baustelle. Schritt um Schritt wird das Gelände um den Muttsee frei gemacht. Das Containerdorf mit Kantine und Werkstatt hatte drei Sommer lang auf 2500 m ü.M. Schlafplatz für 150 Bauarbeiter geboten. Alles, was auf der Hochgebirgsbaustelle Muttsee nicht mehr benötigt wird, wird über die beiden Bauseilbahnen hinunter ins Tal transportiert. Erst wenn das letzte Gerät abtransportiert worden ist, startet Mitte 2016 der Rückbau der beiden Bauseilbahnen. Daneben werden die Installationsplätze renaturiert. 5.2 Kosten Bei einem aktuellen Kostenstand von CHF 1.6 Mia. geht man davon aus, dass der Kredit von CHF 2.1 Mia. eingehalten werden kann. Weitere Informationen sowie Film- und Bildmaterial zum Projekt findet man auf der Homepage www.axpo.com Anschrift des Verfassers Norbert Wohlkinger, Leiter Projekt-Controlling Axpo Power AG, Hydroenergie Parkstrasse 23, CH-5401 Baden Tel. +41 56 200 44 83 norbert.wohlkinger@axpo.com www.axpo.com

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Optimierung der Turbinenanströmung des Kraftwerks Ryburg-Schwörstadt mittels numerischer Modellierung Nicola Lutz, David Vetsch

Zusammenfassung Das Flusskraftwerk Ryburg-Schwörstadt liegt am Ende einer Rechtskurve des Hochrheins. Das Maschinenhaus wurde an der Kurveninnenseite gebaut und die Strömung wird durch einen markanten Trennpfeiler zu den Turbineneinläufen gelenkt. Aufgrund der Schräganströmung des Trennpfeilers entsteht eine ausgeprägte Ablösezone, die zu einer ungünstigen Anströmung und geringeren Fallhöhe vor dem angrenzenden Turbineneinlauf führt. Vor dem Trennpfeiler und den Turbineneinläufen liegen quer zur Flussachse Überreste eines alten Fangedamms mit einer Höhe von mehreren Metern. Zur Verbesserung der Turbinenanströmung wird die Trennpfeilerform optimiert und der Einfluss der Überreste des Fangedamms auf die Turbinenanströmung abgeklärt. Dazu werden ein grossräumiges tiefengemitteltes 2D-Modell und ein lokales 3D-Modell verwendet. Die Resultate der numerischen Simulationen zeigen, dass die Turbinenanströmung durch die teilweise Entfernung des Fangedamms in Kombination mit einer optimaleren Trennpfeilerform wesentlich verbessert werden kann, während die separate Anwendung der einzelnen Massnahmen nur eine geringe Verbesserung bewirkt.

1. Einleitung Das am Hochrhein gelegene Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt (KRS) befindet sich am Ende einer Rechtskurve, ungefähr 25 km flussaufwärts von Basel. Es wurde zwischen 1927 und 1931 gebaut und wird von der Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt AG betrieben. Das Flusskraftwerk besteht aus einem an der Kurveninnenseite angeordneten Maschinenhaus mit vier Kaplanturbinen und einem links davon angeordneten Stauwehr mit vier Feldern (Bild 1). Die Strömung wird durch einen markanten Trennpfeiler zum Maschinenhaus gelenkt. Durch die Anordnung des Kraftwerks auf der Kurveninnsenseite entsteht eine Schräganströmung des Trennpfeilers, was zur Strömungsablösung und einer ausgeprägten Rückströmungszone und Wirbelbildung vor dem

Bild 1. Luftbild zur grossräumigen Anströmung des Maschinenhauses KRS (Bild Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt AG).

angrenzenden Turbineneinlauf (Maschine 1) führt (Bild 2). Der Strömungsschatten bewirkt vor diesem Einlauf einen im Vergleich zu den anderen Turbinen geringeren Wasserspiegel, was einen entsprechenden Fallhöhenverlust und somit eine Produktionseinbusse zur Folge hat. Die Trennpfeilerumströmung und Anströmung der Kraftwerkseinläufe wird zusätzlich durch Überreste des alten Fangedamms aus der Bauzeit beeinflusst. Diese reichen bis zum Kopf des Trennpfeilers und weisen teilweise eine Höhe von über 3 m auf (Bild 3). 1.1 Ausgangslage Die Anströmungsverhältnisse des KRS wurden im Jahr 1987 genauer untersucht, wobei Wasserspiegelmessungen auf Höhe der Rechenebene für Rheinabflüsse zwi-

schen 682 m3/s und 3054 m3/s durchgeführt wurden. Dabei wurde festgestellt, dass der Wasserspiegel vor dem an den Trennpfeiler angrenzenden Einlauf der Maschine 1 je nach Abfluss 6 bis 30 cm tiefer liegt als bei den anderen Maschineneinläufen. Zur Verbesserung der Turbinenanströmung wurden damals einerseits eine hydraulisch günstigere Form des Trennpfeilers und andererseits eine Verlängerung des Trennpfeilers mit einer Pfahlwand vorgeschlagen. Gut zwanzig Jahre später hat die Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt AG die Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie der ETH Zürich (VAW) beauftragt, diese Varianten in einem numerischen Modell zu untersuchen, wobei auch der Einfluss der Überreste des Fangedamms auf die Turbinenanströmung abgeklärt werden sollte. 1.2 Vorgehensweise Die Untersuchung wurde mit einem numerischen Kompositmodell durchgeführt. In der ersten Phase wurden die grossräumigen Strömungsverhältnisse im Oberwasser des Kraftwerks mit einem zweidimensionalen, tiefengemittelten Modell berechnet. Durch die Untersuchung eines grossen Spektrums unterschiedlicher Rheinabflüsse und Betriebszustände konnten die für die Trennpfeilerumströmung massgebenden Lastfälle ermittelt werden. Dabei wurden dieselben Rheinabflüsse wie bei der Naturmessung von 1987 berücksichtigt. Die Strömungsverhältnisse im nä-

Bild 2. Strömungsablösung am Trennpfeiler (Bild VAW).

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heren Zuströmungsbereich des Trennpfeilers und der Turbinen sind ausgeprägt dreidimensional. Daher wurde in der zweiten Phase für die Optimierung der Turbinenzuströmung ein dreidimensionales numerisches Detailmodell im Bereich des Wehrs und des Maschinenhauses eingesetzt. Die benötigten Randbedingungen oberstrom wurden aus den Resultaten der 2D-Berechnungen abgeleitet. 2.

Grossräumige 2D-Modellierung Für die hydraulischen 2D-Berechnungen wurde die an der VAW entwickelte Software BASEMENT verwendet, welche sich für die Simulation von instationären Strömungen in offenen Gerinnen oder Stauhaltungen eignet (BASEMENT 2014). Anhand der tiefengemittelten Flachwassergleichungen berechnet das Programm die Abflusstiefe und das horizontale Strömungsfeld im Modellgebiet. 2.1 Modellaufbau Das numerische 2D-Modell umfasst eine 2.5 km lange Strecke im Oberwasser des Kraftwerks (Bild 4). Die Geländetopographie basiert auf Querprofilen, die 2004 vermessen wurden, und flächendeckenden Höhendaten aus dem Jahr 2007, die im Nahbereich des Kraftwerks zur Verfügung stehen. Das Berechnungsgitter ist

aus über 5000 Dreiecks- und Viereckszellen aufgebaut. Die Zellengrösse wurde im Nahbereich des Kraftwerks kleiner gewählt, da dieser Bereich für die Modellierung von grossem Interesse ist. Zudem stehen dort hochaufgelöste topografische Daten zur Verfügung. Am Zuflussrand, wo als Randbedingung der Rheinabfluss vorgegeben wird, wurde unter Annahme eines mittleren Gefälles die Manning-Strickler-Formel auf den Gerinnequerschnitt angewendet (Normalabflussrandbedingung). Daraus ergibt sich die Zuflussgeschwindigkeit für die verschiedenen Abflüsse. Die Turbinen des Kraftwerks wurden durch vier lokale Senken (lokale Entnahme einer vorgegebenen Wassermenge) modelliert und für die Modellierung der einzelnen Wehrfelder wurde je eine Wehrrandbedingung verwendet. Die Wehrhöhe wurde so eingestellt, dass pro Wehrfeld die gewünschte Abflussmenge abgeführt wird und dass der Wasserstand im Oberwasser mit dem gemessenen Pegel übereinstimmt. 2.2 Kalibrierung des 2D-Modells Die massgebende Kalibrierungsgrösse ist die Gerinnerauheit, ausgedrückt durch den Stricklerbeiwert kstr. Durch Variation von kstr werden die kontinuierlichen Fliessverluste und somit das Energielinien- und Wasserspiegelgefälle verändert. Im Rahmen der Kalibrierung ist die Rauheit kstr so zu wäh-

Bild 3. Einlaufbereich des KRS. Die Überreste des Fangedamms reichen vom Trennpfeiler bis vor die Maschine 2 und weisen eine Höhe von bis zu 3 m auf.

len, dass die Pegel-Abfluss-Beziehungen im gesamten Modellgebiet korrekt abgebildet werden. Jedoch liegt der untersuchte Gerinneabschnitt im Staubereich des Kraftwerks, womit die Fliessgeschwindigkeiten verhältnismässig klein sind. Entsprechend ist der Einfluss der Gerinnerauheit auf die Wasserspiegellagen gering. Im Modellgebiet stehen nur Pegeldaten unmittelbar vor dem Kraftwerk zur Verfügung, weshalb das Modell nur bedingt anhand der Wasserspiegellagen kalibriert werden konnte. Der Einfluss der Gerinnerauhigkeit und der Topografie wurde daher im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse für einzelne Lastfälle untersucht. Es zeigte sich, dass moderate Veränderungen der Gerinnerauhigkeit und der Topographie die Wasserspiegellagen im modellierten Staugebiet kaum beeinflussen. Im Nahbereich des Kraftwerks resultieren Wasserspiegeldifferenzen von maximal 0.5% der Abflusstiefe. 2.3 Resultate 2D-Modellierung Das grossräumige 2D-Modell liefert die Wasserspiegellagen und tiefengemittelten Geschwindigkeiten im Modellgebiet, insbesondere im Querschnitt. in dem die obere Randbedingung für die lokale 3D-Modellierung angesetzt wird. In Bild 5 sind beispielhaft die Fliessgeschwindigkeiten und Stromlinien für einen Rheinabfluss von 1390 m3/s und 3054 m3/s konsturiert dargestellt.

Bild 4. Modellgebiet und Randbedingungen (RB) im 2D-Modell. Die Anbindung des 3D-Modells erfolgt im Querprofil 400 m oberhalb des Kraftwerks (Ausschnitt A).

Bild 5. Tiefengemittelte Geschwindigkeiten des 2D-Modells für einen Rheinabfluss von a) 1390 m3/s und geschlossenem Wehr und für b) 3054 m3/s mit Wehrbetrieb. 182

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Hinsichtlich der Trennpfeilerumströmung zeigen die Simulationsresulate, dass unter all den untersuchten Lastfällen mit und ohne Wehrbetrieb derjenige Lastfall der kritischste ist, der bei geschlossenem Wehr den grössten Turbinendurchfluss aufweist. Dies entspricht einem Rheinabfluss beim Kraftwerk von 1390 m3/s mit einer Turbinierwassermenge von 347.5 m3/s pro Maschine. Die Wasserspiegelsenke vor der Maschine 1 und somit der Fallhöhenverlust ist bei diesem Lastfall am grössten. Bei grösseren Rheinabflüssen wird das Wehr in Betrieb genommen, was sich positiv auf die Anströmung der Maschine 1 neben dem Trennpfeiler auswirkt. Einerseits wird nicht mehr die gesamte Strömung vor dem geschlossenen Wehr um den Trennpfeiler zum Kraftwerk geführt. Andererseits löst im Oberwasser die Strömung am Ende der Rechtskurve am rechten Ufer ab und konzentriert sich in Flussmitte und vor dem Wehr. Dadurch wird der Trennpfeiler weniger schräg angeströmt und die Wasserspiegelsenke im Strömungsschatten des Trennpfeilers ist schwächer ausgeprägt.

Die mit dem 2D-Modell ermittelte Strömungsablösung und Wasserspiegelsenke vor Maschine 1 ist für den kritischen Lastfall in Bild 16 dargestellt. Da die Strömungsverhältnisse im Nahbereich des Kraftwerks ausgeprägt dreidimensional sind, können mit dem 2D-Modell in diesem Bereich nur qualitative Aussagen gemacht werden, die mit der 3D-Modellierung überprüft werden müssen (Abschnitt 6). 3. Lokale 3D-Modellierung Für die 3D-Berechnungen wurde das Programm FLOW-3D verwendet. Das Modell basiert auf den Reynolds-gemittelten Navier-Stokes-Gleichungen und verwendet ein strukturiertes Rechengitter mit rechteckigen Zellen. Für diese Untersuchung wird das Rechengitter aus einzelnen Blöcken aufgebaut, womit lokal eine höhere Auflösung gewählt werden kann. Die Gerinnesohle und das Kraftwerk werden als Objekte in das Gitter eingefügt. Dabei kommt für teilweise durchströmte Zellen der Favor-Ansatz (Fractional Area-Volume Obstacle Representation) zur Anwendung.

Für die Simulationen wurde das «Renormalized Group Model» (RNG Modell, Yakhot & Orszag 1986) verwendet, welches eine Weiterentwicklung des k--Modells ist, das sich in der Praxis bei vernünftigem Rechenaufwand gut bewährt hat. In FLOW-3D werden dabei die Koeffizienten gemäss Yakhot & Smith (1992) verwendet. 3.1

Aufbau des numerischen 3D-Modells Im 3D-Modell wurde zusätzlich zur hochaufgelösten Gerinnetopographie das Bauwerk modelliert. Dabei wurden die Turbineneinläufe bis zum Dammbalkenquerschnitt hinter der Einlaufhaube abgebildet, wobei der Einlaufrechen vernachlässigt wurde. Im Anschluss daran wurde anstelle der Einlaufspirale ein Stollen angeordnet. Am Ende dieser Stollen wurde je eine Druckrandbedingung definiert, um bei einem bestimmten Turbinendurchfluss die Stauhaltung im Oberwasser zu simulieren. Der Wehrkörper und die Wehrpfeiler wurden komplett nachgebildet, während die Doppelhakenschützen als Tafelschützen modelliert wurden. Als untere Randbedingung folgte jeweils unmittelbar nach der Schütze eine der Schützenhöhe und dem Abfluss entsprechende Druckrandbedingung. Am oberen Modellrand wurden die aus den Resultaten der 2D-Modellierung abgeleiteten Geschwindigkeiten und Wasserspiegellagen vorgegeben. Als Zuflussrandbedingung wurde die Geschwindigkeitsrandbedingung gegenüber der

Bild 6. Querprofil am oberen Rand des 3D-Modells 400 m oberhalb des Kraftwerks. Die mit dem 2D-Modell ermittelten Geschwindigkeiten sowie die Unterteilung des Einlaufrandes in Gitterblöcke sind eingetragen.

Bild 7. Mit dem 3D-Modell ermittelte Wasserspiegeldifferenzen und Stromlinien beim Ist-Zustand für a) 1390 m3/s und für b) 3054 m3/s mit Wehrbetrieb.

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Bild 8. Ausgewählte Stromlinien in Trennpfeilernähe bei einem Rheinabfluss von 1390 m3/s ohne Wehrbetrieb. Die Kolorierung kennzeichnet die lokale Fliessgeschwindigkeit. Erkennbar sind die Strömungsablösung am Trennpfeilerkopf sowie eine Spiralströmung, die von den Überresten des Fangedamms vor dem Trennpfeiler bis zum Kraftwerkseinlauf reicht. 183


Abflussrandbedingung bevorzugt, da zusätzlich die turbulente kinetische Energie k und deren Dissipation  vorgegeben werden können. Die Eignung der gewählten Diskretisierung und des Turbulenzmodells wird dadurch bekräftigt, dass die berechneten Wasserspiegellagen zufriedenstellend mit den Naturmessungen und der Ablösepunkt am Trennpfeiler sowie die anschliessende Scherschicht zwischen Hauptströmung und Strömungsschatten gut mit der Naturbeobachtung (Bild 2) übereinstimmen. Eine weitere Kalibrierung des 3DModells war anhand der Datengrundlage nur bedingt möglich. Deshalb wurde mit einer Sensitivitätsanalyse überprüft, dass die Kraftwerkszuströmung nicht von den oberen und unteren Randbedingungen beeinflusst wird. 3.2

Anbindung des 3D-Modells an das 2D-Modell Um den Berechnungsaufwand zu minimieren, muss die Fliessstrecke im Oberwasser möglichst kurz gewählt werden. Daher wurde versucht, die Geschwindigkeitsverteilung schon am oberen Modellrand möglichst nahe an die Realität anzunähern, indem das Berechnungsgitter in diesem Bereich in mehrere Gitterblöcke über die Tiefe und Breite unterteilt wurde. Die Verteilung der mittleren Geschwindigkeit über die Flussbreite wurde den Ergebnissen der 2D-Modellierung entnommen. In der Vertikalen wurde von einer logarithmischen Geschwindigkeitsverteilung ausgegangen. Die Wahl der Lage der oberen Randbedingung im Modellgebiet ist nicht offensichtlich. Daher wurde als Referenz eine 3D-Berechnung vom Kraftwerk bis knapp 1 km oberstrom durchgeführt, um den Einfluss der Kurvenströmung auf die Strömungsverhältnisse im Bereich der

gewählten Randbedingung und vor dem Kraftwerk abschätzen zu können. Bei einer ersten Wahl des oberen Modellrands ca. 200 m oberhalb des Kraftwerks wurden drei verschiedene Varianten zur Unterteilung des Einlaufrandes in Gitterblöcke untersucht. Bei allen Varianten stellte sich nach etwa 120 m – d.h. ca. 80 m oberhalb des Kraftwerks – eine Geschwindigkeitsverteilung ein, die mit der Referenzberechnung vergleichbar ist. Jedoch wird bei dieser Lage der Randbedingung eine Strömungsablösung entlang des linken Ufers nahe der Randbedingung nicht detailliert simuliert. Um diese Ablösung abzubilden, wurde das Modellgebiet um weitere 200 m bis zum Querschnitt 400 m oberstrom des Kraftwerks verlängert (Ausschnitt A, Bild 4). Die Unterteilung des Einlaufrandes in Gitterblöcke erfolgte gemäss Bild 6. Pro Gitterblock wurden die Geschwindigkeiten senkrecht und quer zum Gitterrand sowie die turbulenten Grössen k und  gemäss Nezu & Nakagava (1993) vorgegeben. Dadurch konnte im Oberwasser des Kraftwerks und des Wehrs eine Geschwindigkeitsverteilung erreicht werden, die gut mit den Referenzberechnungen übereinstimmt. 3.3

3D-Simulation des Ist-Zustandes Die Turbinen wurden im verwendeten Modell nicht abgebildet. Als Ersatz wurden Druckrandbedingungen angesetzt, die kalibriert werden müssen. Um Zeit zu sparen, wurde dazu das Rechengitter (Ausschnitt A) mit knapp 2 Mio. Zellen mit einer Grösse von Δx*Δy*Δz = (1–2)*1*(0.5–1) m verwendet. Anschliessend folgte ein Neustart mit einem um 200 m verkleinerten Rechengitter (Ausschnitt B), das um den Trennpfeiler verfeinert wurde. Die Zellgrösse beträgt dort 0.3*0.3*0.5 m statt 1*1*0.5 m und die Anzahl

Bild 9. Optimierte Trennpfeilerform (rote Linie).

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Gitterzellen kann durch die Verkleinerung des Berechnungsgebietes ebenfalls auf ca. 2 Mio. beschränkt werden. Als obere Randbedingung können in FLOW-3D in diesem Fall direkt die Strömungsverhältnisse der vorangegangenen Berechnung übernommen werden. Es wurde generell festgestellt, dass die Strömungsverhältnisse im Modellgebiet sehr sensitiv auf die Definition der oberen Randbedingung reagieren. Jedoch unterscheidet sich die Strömung unmittelbar um den Trennpfeiler und vor den Kraftwerkseinläufen bei allen Varianten der oberen Randbedingung kaum voneinander. Deshalb wird davon ausgegangen, dass die Trennpfeilerumströmung und Anströmung der Kraftwerkseinläufe nicht vom oberen Modellrand beeinflusst wird und das Modell gut für die eigentlichen Untersuchungen hinsichtlich der Trennpfeileroptimierung verwendet werden kann. Die mit dem 3D-Modell berechneten grossräumigen Strömungsverhältnisse sind tiefengemittelt vergleichbar mit denjenigen der 2D-Modellierung. Die Strömungsablösung am Trennpfeiler und die dadurch entstehende Wasserspiegelsenke in dessen Strömungsschatten sind analog zur 2D-Modellierung bei einem Rheinabfluss von 1390 m3/s am deutlichsten ausgeprägt. Bild 7 zeigt die Strömungsverhältnisse an der Wasseroberfläche im Zulaufbereich des Kraftwerks für den kritischen Lastfall mit Rheinabfluss 1390 m3/s ohne Wehrbetrieb und den Lastfall mit 3054 m3/s mit Wehrbetrieb. Anhand der lokalen Wasserspiegeldifferenzen zum Pegel und der Stromlinien im Horizontalschnitt knapp 0.5 m unter der Wasseroberfläche lässt sich die Strömungsablösung am Trennpfeiler erkennen. Bei kleinen Abflüssen (1390 m3/s) wird eine Querströmung vor dem Einlauf der Maschine 1 beobachtet.

Bild 10. Verlängerung des Trennpfeilers mit einer Pfahlwand. «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden


Unmittelbar vor dem Rechen verläuft der Wasserspiegel im Bereich der Maschine 4 bis zum linken Drittel des Einlaufs der Maschine 1 annähernd horizontal und fällt dort beim Lastfall mit 1390 m3/s um ca. 20 cm ab. Mit zunehmendem Wehrabfluss wird diese Waserspiegelsenke kleiner und beträgt bei 3054 m3/s ca. 10 cm. Die Wasserspiegeldifferenzen sind für fast alle untersuchten Lastfälle gut vergleichbar mit den in den Jahren 1987 und 2008 vor Ort durchgeführten Wasserspiegelmessungen. Bei allen Lastfällen tritt das gleiche Strömungsmuster mehr oder weniger ausgeprägt auf. Beim Umströmen des Trennpfeilers löst sich die Strömung vom Trennpfeilerkopf ab. An der Sohle vor dem Trennpfeilerkopf, wo die Überreste des Fangedamms liegen, bildet sich eine Spiralströmung, die sich bis in den Kraftwerkseinlauf fortpflanzt (Bild 8 für 1390 m3/s). 4. Optimierungsmassnahmen Zur Optimierung der Trennpfeilerumströmung und der Anströmung der Maschine 1 wurden einerseits strömungsgünstige Geometrien des Trennpfeilerkopfes sowie die Verlängerung des Trennpfeilers mit einer Pfahlwand und andererseits eine lokale Entfernung der Überreste des Fangedamms vor dem Trennpfeiler untersucht. Die Modellierung der Massnahmen erfolgte ausschliesslich im 3D-Modell, wobei die Randbedingungen am oberen Modellrand von den Simulationen des Ist-Zustandes übernommen wurden. 4.1 Trennpfeileroptimierung Die optimierte Geometrie des Trennpfeilerkopfes nach Rouvé (1958) ist in Bild 9 und die Pfahlwand zur Verlängerung des Trennpfeilers in Bild 10 dargestellt. Bei der optimierten Trennpfeilerform löst sich die Strömung nicht mehr am Scheitelpunkt des Trennpfeilers ab, sondern folgt weitgehend der Trennpfeilerwand bis zum Kraftwerkseinlauf. Die Spiralströmung entlang des Trennpfeilers ist jedoch stärker ausgeprägt und reicht nahezu über die gesamte Abflusstiefe. Bezüglich der Wasserspiegelsenke vor der Maschine 1 wird die Situation nicht massgeblich verbessert. Durch die Optimierung der Trennpfeilerform allein kann der entsprechende Fallhöhenverlust kaum reduziert werden. Die Verlängerung des Trennpfeilers mit einer Pfahlwand als weitere Optimierungsvariante sollte die Querströmung vor dem Trennpfeiler verhindern und somit auch die Strömungsablösung. Die Geometrie der Pfahlwand wurde so bestimmt, dass sie am unteren Ende ohne Knick in die

Bild 11. Wasserspiegeldifferenzen zum Wert des Pegels bei Verlängerung des Trennpfeilers mit Pfahlwand, a) 1390 m3/s bei geschlossenem Wehr, b) 3054 m3/s mit Wehrbetrieb. Seitenwand des Trennpfeilers übergeht und am oberen Ende annähernd in Richtung der für den Ist-Zustand ermittelten Stromlinien liegt. Die Form entspricht einer Klothoide. Die Pfahlwand wurde im numerischen Modell als durchgehende Leitwand sowie als offene Pfahlwand untersucht. Letztere bedingt durch die kleinen Pfahlabstände (ca. 20 cm) sehr kleine Gitterzellen, um die Pfähle im numerischen Modell einzeln abbilden zu können. Die Simulationen mit Pfahlwand bestätigten die Annahme, dass auch mit einer strömungsgünstigen Ausrichtung und Geometrie der Pfahlwand keine Verbesserung der Anströmung der Maschine 1 bei allen untersuchten Lastfällen erreicht werden kann. Bei Betriebszuständen ohne oder mit geringem Wehrabfluss (Normalfall) entsteht durch die Umlenkung der Strömung vor dem geschlossenen Wehr eine Schräganströmung der Pfahlwand, was zu einer Strömungsablösung und einer Rückstömungszone im Strömungsschatten der Pfahlwand führt. Die entsprechende Wasserspiegelsenke ist bei geschlossener Pfahlwand deutlich breiter als beim Ist-Zustand und annähernd gleich tief, was insgesamt eine Vergrösserung des Fallhöhenverlustes bei Maschine 1 im Vergleich zum Ist-Zustand bedeutet (Bild 11). Bei offener Pfahlwand ist die Wasserspiegelsenke etwas weniger tief, jedoch wird auch in diesem Fall keine Verbesserung gegenüber dem Ist-Zustand erreicht. 4.2

Entfernung Überreste Fangedamm Bei allen untersuchten Varianten des Trennpfeilers, einschliesslich des Bestehenden, bildet sich eine Spiralströmung, die von den Überresten des Fangedamms bis in den Einlauf der Maschine 1 reicht und eine

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Verdrängung der Hauptströmung weg vom Trennpfeiler unterstützt. Zudem ist davon auszugehen, dass die Spiralströmung zu erhöhten Rechenverlusten führt. Der teilweise Abtrag der unmittelbar vor dem Trennpfeiler vorhandenen Überreste des Fangedamms bewirkt beim bestehenden Trennpfeiler eine weitgehende Unterdrückung der Spiralströmung. Dadurch kann sich eine ausgeprägte Rezirkulationszone im Strömungsschatten des Trennpfeilers ausbilden, die durch die Strömungsablösung am Trennpfeilerkopf verursacht wird. Die Wasserspiegelsenke vor der Maschine 1 unterscheidet sich kaum vom Ist-Zustand, der Fallhöhenverlust kann durch den Abtrag des Fangedamms allein nicht reduziert werden. Die besten Resultate ergeben sich in Kombination mit der optimierten Trennpfeilergeometrie. Dabei führt der Abtrag der Überreste des Fangedamms ebenfalls zu einer Abschwächung der Spiralströmung. Jedoch wird diese nicht vollständig unterdrückt. Sie reicht nach wie vor bis in den Einlauf der Maschine 1 (Bild 12). Die Reduktion der Spiralströmung bewirkt bei allen untersuchten Lastfällen eine Verringerung der Wasserspiegelsenke um ca. 50%, was einen entsprechend kleineren Fallhöhenverlust bedeutet (Bild 13). 5.

Vergleich 2D- und 3D-Modellierung Die Strömung um den Trennpfeiler ist komplex und hat insbesondere durch die Spiralströmung einen dreidimensionsionalen Charakter. Es stellt sich nun die Frage, wie weit die Optimierung der Kraftwerkszuströmng mit einem hochaufgelösten 2DModell hätte durchgeführt werden können. Dazu wurde für den kritischen Lastfall mit 185


Bild 12. Trennpfeilerumströmung bei optimiertem Trennpfeiler und teilweise abgetragenem Fangedamm. a) ausgewählte Stromlinien, b) Stromlinien in Oberflächennähe und Wasserspiegeldifferenzen zum Wert des Pegels.

mung, die ausgehend von den Überresten des Fangedamms an der Sohle vor dem Trennpfeilerkopf bis in den Einlauf der Maschine 1 reicht. Aufgrund dieser dreidimensionalen Strömungsverhältnisse kann der Verlauf der Wasserspiegelagen mit einem 2D-Modell nicht abgebildet werden, was durch eine zusätzliche 2D-Simulation mit einem stark verfeinerten Gitter bestätigt wurde. Zur Optimierung der Zuströmung wurden eine strömungsgünstige Trennpfeilerform sowie die Verlängerung des Trennpfeilers mit einer geschlossenen Pfahlwand im 3D-Modell untersucht, wobei letztere zu einer negativen Beeinflussung der Kraftwerkszuströmung führte. Mit optimierter Trennpfeilerform kann die Ablösung am Trennpfeiler annähernd verhindert werden. Zudem bewirkt ein teilweiser Abtrag des Fangedamms unmittelbar vor dem Trennpfeilerkopf eine deutliche Reduktion der Spiralströmung. Bei der Kombination dieser beiden Massnahmen ergibt sich eine gegenüber dem heutigen Zustand günstigere Trennpfeilerumströmung und Anströmung der angrenzenden Maschine 1, was zu einer deutlich geringeren Wasserspiegelsenke vor der Maschine 1 führt.

Bild 12. Querprofile der Wasserspiegellagen vor dem Rechen für den Ist-Zustand und die Bestvariante bei 1390 m3/s (Blick in Fliessrichtung). Die Wellen in den Wasserspiegellagen der 3D-Modellierung sind auf den Pfeilerstau zurückzuführen.

Danksagung

einem Abfluss von 1390 m3/s zusätzlich eine 2D-Berechnung mit einem stark verfeinerten Gitter durchgeführt. Bei diesem weisen die Gitterzellen im Bereich des Trennpfeilers im Mittel eine Fläche von ca. 2 m2 anstatt ca. 20 m2 auf. Die Berechnung wurde sowohl für den Ist-Zustand als auch für die Variante mit optimiertem Trennpfeiler und teilweise abgetragenem Fangedamm ausgeführt. Die Wasserspiegellagen der beiden Gitterauflösungen unterscheiden sich kaum voneinander. Die Geschwindigkeitsvektoren lassen die Schräganströmung des Trennpfeilers erkennen. Ein Vergleich der Geschwindigkeitsvektoren und Wasserspiegellagen des tiefengemittelten 2D-Modells mit den Resultaten der 3D-Modellierung zeigt, dass das 2D-Modell mit einem verfeinerten Gitter die Ablösung der Strömung am Trennpfeilerkopf und die Rückströmungen entlang des Trennpfeilers wiedergibt. Der Einfluss der dreidimensionalen Spiralströmung kann jedoch nicht berücksichtigt werden. Die Wasserspiegellagen vor dem Rechen weisen deshalb einen anderen Verlauf auf (Bild 13). Die Wasserspiegelsenke beschränkt sich nicht nur auf das linke Drittel der Maschine 1, son-

Literatur

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dern reicht bis über die Maschine 2 hinaus. Ebenfalls haben die Form des Trennpfeilers und der teilweise Abtrag der Überreste des Fangedamms im 2D-Modell kaum eine Wirkung auf die Wasserspiegelsenke neben dem Trennpfeiler. Die Rückströmungen entlang des Trennpfeilers werden durch diese Optimierung nur leicht abgeschwächt und der Winkel der Schräganströmung der Maschine 1 ist etwas kleiner.

Diese Untersuchung wurde im Auftrag der Ryburg-Schwörstadt AG durchgeführt.

Vetsch D., Rousselot P., Volz C, Vonwiller L., Peter S., Ehrbar D., Gerber M., Faeh R., Farshi D., Mueller R., Veprek R. BASEMENT – Basic Simulation Environment for Computation of Environmental Flow and Natural Hazard Simulation. © VAW, ETH Zurich, 2006–2014. Nezu, I., Nakagawa, H. «Turbulence in openchannel flows». Balkema,1993. Rouvé, G. «Der Krafthaustrennpfeiler – Strömungsverhältnisse an gekrümmten Wänden».

6. Schlussfolgerungen Durch die Lage des Kraftwerks RyburgSchwörstadt entsteht eine Schräganströmung des Trennpfeilers, was zur Strömungsablösung und einer entsprechenden Wasserspiegelsenke vor dem angrenzenden Turbineneinlauf führt. Zur Untersuchung und Optimierung der Trennpfeilerumströmung wurden an der VAW numerische Simulationen mit einem Kompositmodell, bestehend aus einem grossräumigen 2D-Modell und einem lokalen 3DModell, durchgeführt. Die Simulationen des Ist-Zustands mit dem 3D-Modell zeigen bei allen untersuchten Lastfällen eine Strömungsablösung am Trennpfeiler sowie eine Spiralströ-

Theodor-Rehbock-Flussbaulaboratorium, Technische Hochschule, Karlsruhe, 1958. Yakhot, V., Orszag, S. A. «Renormalization-Group analysis of turbulence» Physical Review Letters, 57 (14), pp. 1722–1724, 1986. Yakhot, V., Smith, L. M. «The Renormalization Group, the e-Expansion and Derivation of Turbulence Models», Journal of Scientific Computing, 7 (1), pp. 35–61, 1992. Anschrift der Verfasser: Nicola Lutz, lutz@vaw.baug.ethz.ch Dr. David Vetsch, vetsch@vaw.baug.ethz.ch ETH Zürich Versuchsanstalt für Wasserbau,Hydrologie und Glaziologie (VAW), Hönggerbergring 26, CH-8093 Zurich

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Lösungen für den Fischabstieg am Columbia River (USA) Prüfung im Hinblick auf grosse mitteleuropäische Flusskraftwerke Jochen Ulrich, Ricardo Mendez, Carl Robert Kriewitz

Zusammenfassung Der Columbia River und seine Zuflüsse im Nord-Westen der USA besitzen eine lange Geschichte der menschlichen Nutzung für industrielle Zwecke, als Transportweg, für die Bewässerung und nicht zuletzt für die Produktion elektrischer Energie in Wasserkraftwerken. Man erkannte frühzeitig, dass die Summe der anthropogenen Einflüsse negative Auswirkungen z.B. auf die lokale Fischfauna haben kann. Aus diesem Grund werden bereits seit Mitte des letzten Jahrhunderts mit hohem finanziellen Aufwand umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsprogramme auf dem Gebiet der ökologischen Gewässersanierung durchgeführt. Es ist nicht übertrieben, den Columbia River und seine Flusskraftwerke als eine der bedeutendsten Quellen der Fischgängigkeitsforschung weltweit zu bezeichnen. Um von diesem Wissensschatz zu profitieren und den Austausch mit Fachkollegen zu fördern, bereiste eine interdisziplinäre Gruppe von Fachleuten und Forschern aus der Schweiz und Deutschland im Sommer 2013 Kraftwerksanlagen am Columbia und Snake River, die über erfolgreiche Fischschutzmassnahmen verfügen. Die gewonnenen Erkenntnisse und ihre Übertragbarkeit auf die Situation an den grossen Flusskraftwerken der Mittellandflüsse und des Hochrheins werden in diesem Artikel vorgestellt. Bericht des Verbands Aare-Rheinwerke über die Erfahrungen eines Forschungsaufenthalts im Nordwesten der USA. 1. Einleitung Der Verband Aare-Rheinwerke (VAR) hat im Jahr 2011 ein dreijähriges Forschungsprojekt mit dem Titel «Massnahmen zur Gewährleistung eines schonenden Fischabstiegs an grösseren mitteleuropäischen Flusskraftwerken» in Auftrag gegeben. Auftragnehmer ist die Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie an der ETH Zürich (VAW) sowie die eawag, das Wasserforschungsinstitut des ETHBereichs. Um für das Projekt sowohl auf Behörden- als auch Verbandsebene eine entsprechende Akzeptanz zu schaffen sowie Transparenz für die Öffentlichkeit herzustellen, wurde eine Begleitgruppe mit Verbands- und Behördenvertretern aus der Schweiz und Deutschland einberufen, die das Forschungsprojekt während der gesamten Projektdauer fachlich begleiten. Das Forschungsprojekt verfolgt schwerpunktmässig nachstehende Fragestellungen: 1. Literaturstudium VAW (technische Lösungen für den Fischabstieg) und eawag (biologische Grundlagen und

dahingehende Beurteilung der Lösungen). 2. Besichtigung und Überprüfung der umgesetzten Lösungen für Fischabstieg an grossen Anlagen. 3. Modellversuche zur Hydraulik von mechanischen Verhaltensbarrieren (Louver, Bar-Racks). 4. Ethohydraulische Modellversuche zur

Erforschung des Verhaltens potamodromer Fischarten an Verhaltensbarrieren wie Louvern und Bar-Racks. Zur Bearbeitung der Fragestellung 2 hatte die Projektgruppe im Laufe des Forschugsprojekts die Möglichkeit, unter fachkundiger Begleitung Anlagen in den USA zu besichtigen. Im Jahr 2012 besichtigten Vertreter der Projektgruppe Anlagen am Connecticut River an der Ostküste der USA mit dem Fokus auf Verhaltensbarrieren. Im Jahr 2013 reiste eine Expertengruppe in den Nordwesten der USA an den Columbia River, um die dort umgesetzten Massnahmen zum Fischschutz und Fischabstieg zu beurteilen. Über Letzteres wird nachstehend berichtet. Die Expertengruppe setzte sich aus Vertretern von Kraftwerksunternehmen (Axpo, Energiedienst und EWZ), Forschungsinstituten (VAW und eawag), Behörden (Bundesamt für Umwelt, Bern sowie Ministerium Ländlicher Raum, Baden Württemberg) und Verbänden (Aquaviva-Rheinaubund) zusammen und deckte somit verschiedene Interessenlagen und Fachgebiete ab.

Bild 1. Expertengruppe aus der Schweiz und Deutschland am Rocky Reach Dam, Columbia River, USA; mit Carl Robert Kriewitz, Jochen Ulrich, Ricardo Mendez (Foto: VAR).

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nete Hochwasser des Columbia River liegt bei 35 000 m3/s. Weite Teile des Einzugsgebiets des Columbia River liegen in semiariden Gebieten ohne Bewaldung. Aus diesen Gründen gibt es am Columbia River eine wesentlich geringere Treibgut-, Laubund Geschiebefracht als in Mitteleuropa. (Bild 3). Als kulturelle Besonderheit der Region ist zu nennen, dass der Fluss durch ausgedehnte indianische Stammesgebiete führt und die Berücksichtigung der kulturellen Identität der Indianer eine grosse Rolle spielt. Hierzu gehört insbesondere auch der Erhalt der Fischpopulationen. Bild 2. Einzugsgebiet des Columbia und Snake River und Kraftwerksstandorte (Quelle: US Corps of Engineers). 2.

Kraftwerke und Rahmenbedingungen am Columbia River

2.1 Naturräumliche Verhältnisse Der Columbia River ist der zweitgrösste Fluss in den USA. Er hat eine Länge von rund 2000 km und ein Einzugsgebiet von 670 807 km2 im Nordwesten der USA und Südwesten von Kanada (Bild 2). Der durchschnittliche mittlere Abfluss (MQ) liegt am letzten Kraftwerk vor der Einmündung in den Pazifik bei 7500 m3/s und übersteigt damit die Dimensionen des Rheins um ein Mehrfaches. Am Hochrhein bei Rheinfelden liegt der mittlere Abfluss bei gut 1000 m3/s. Der grösste Nebenfluss des Columbia River ist der Snake River mit einem mittleren Abfluss von 1611 m3/s. Das grösste jemals aufgezeich-

2.2 Fischerei Der Columbia River beheimatet neben den mindestens 27 potamodromen Fischarten auch viele anadrome Wanderfischarten wie Lachs, Forelle und Stör sowie die Rundmaul-Art Meerneunauge. Die potamodromen Fischarten spielen bei der Betrachtung der Durchgängigkeit der Kraftwerke am Columbia River keine Rolle. Folgende Fischarten sind für die Massnahmen zur Durchgängigkeit von besonderer Bedeutung: Königslachs (Engl: Chinook Salmon) (Bild 4), Silberlachs (Coho Salmon), Rotlachs (Sockeye Salmon), Regenbogenforelle (Steelhead). Ausserdem steht zunehmend auch die Verbesserung der Durchgängigkeit für Pazifische Meerneunaugen (Pacific Lamprey) im Fokus. Neben den Lachsen und Forellen profitiert auch der Maifisch (American Shad) von den Massnahmen zur Durchgängigkeit. Allerdings ist diese Fischart nicht heimisch und spielt daher bei den Aktivitäten keine Rolle, wenngleich er die häufigste Fisch-

Bild 3. Der Columbia River, hier in der Nähe vom Wanapum Dam, Washington, USA fliesst in weiten Teilen durch semiarides Gebiet (Foto: VAR). 188

art in den Fischpassanlagen darstellt. Zum Weissen Stör (White sturgeon), der ebenfalls am Columbia River heimisch ist, werden derzeit keine gezielten Massnahmen für die Durchgängigkeit umgesetzt. 2.3 Kraftwerke am Columbia River Im Rahmen des Forschungsaufenthalts wurden sechs Anlagen am Columbia River sowie eine Anlage am Snake River besichtigt (siehe Bild 1). Beim Bau dieser Anlagen spielte nicht die Energieproduktion, sondern die Schiffbarmachung eine wesentliche Rolle. Daher sind die Anlagen mit grossen Schleusen ausgerüstet und die hydroelektrische Wassernutzung ist nicht maximal ausgebaut. Dennoch haben diese Anlagen, verglichen mit den Anlagen an Hochrhein und Aare, eine andere Dimension. Die Leistung der besichtigten Anlagen am Columbia River liegt zwischen 1.08 und 2.3 Gigawatt (GW) und damit um ein Zehn- bis Zwanzigfaches über der Leistung der Rheinkraftwerke (Bild 5). Die Leistung einzelner Turbinen liegt zwischen 43 und 155 MW. Verantwortlich hierfür sind nicht nur der höhere Abfluss des Columbia River, sondern auch deutlich höhere Fallhöhen von 18 bis 68 m bei ansonsten ähnlicher Kraftwerkstechnik. Die Kraftwerke befinden sich überwiegend in öffentlichem Eigentum. Für die Umsetzung der Massnahmen zur Durchgängigkeit stehen in der Regel Bundesmittel zur Verfügung. 2.4

Forschung und Entwicklung/ Förderprogramme Im Jahr 1991 wurde das «Fish Mitigation Project» begonnen, das die Auswirkungen der Schiffbarmachung und der Wasserkraftnutzung hinsichtlich Durchgängigkeit

Bild 4. Königslachs (Chinook Salmon) beim Fischaufstieg im Zählfenster. Da die Fettflosse abgetrennt ist, handelt es sich um einen ursprünglich besetzten Fisch (Foto: VAR). «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden


mindern soll In den vergangenen Jahren wurden an den Anlagen des US Corps of Engineers jährlich rund 85 Mio US$ für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Bis zum Ende des Programms in 2018 werden insgesamt 2.1 Mrd US$ veranschlagt. 80% der Kosten für die Durchgängigkeit werden durch öffentliche Mittel aufgebracht (Langesley 2013). 3.

Fischabstieg am Columbia River

3.1

Zielsetzung/Herangehensweise beim Fischabstieg Am Columbia River werden die Bemühungen um den Fischschutz- und Fischabstieg ganzheitlich für die gesamte Staustufe betrachtet. Alle potenziellen Wanderwege der Fische werden in die Überlegungen einbezogen. Dabei spielt nicht nur der technische Fischschutz, sondern auch die gezielte Betrachtung des grossräumigen Wanderverhaltens, des Verhaltens unmittelbar vor der Anlage sowie der Massnahmen gegen Prädatoren eine Rolle. Am Columbia River gilt die Zielsetzung von 95% Schutzrate (an staatlichen Anlagen 96%) für abwandernde Smolts (Junglachse) pro Anlage. In der Schweiz fehlt zu diesen Schutzraten die Erfahrung und es gibt hierzu keine Regelungen. Das heisst, dass es einzelne Wanderwege geben kann, die geringere Überlebensraten und andere die höheren Überlebensraten aufweisen. Die Betrachtungsweise kann beispielhaft in Bild 6 nachvollzogen werden. Die gesamte Überlebensrate an einer Staustufe berechnet sich nach folgender Formel: Gesamte Schutzrate an der Staustufe = (x% Turbinenpassage * x% Überlebensrate Turbine) + (x% Bypass-Passage * x% Überlebensrate Bypass) + (x% WehrPassage * x% Überlebensrate Wehr) + … 3.2 Monitoring Die Wanderbewegungen der anadromen Fischarten werden über ein umfangreiches Monitoring festgehalten. Dafür werden nahezu alle derzeit verfügbaren technischen Möglichkeiten genutzt. Seit Beginn der Untersuchungen Ende der 80er-Jahre wurden beispielsweise insgesamt 35 Mio. Lachs-Smolts mit sogenannten Pit-Tags markiert. Davon in den letzten 10 Jahren jährlich durchschnittlich rund 2.5 Millionen. (Ploskey 2013) An verschiedenen Anlagen konnte über akustische Telemetrie nachgewiesen werden, dass die Fische vor der Anlage durchaus aktive Suchbewegungen durch-

Bild 5. John Day Dam, Leistung: 2.1 Gigawatt, Fallhöhe: 34 m, Länge Staustrecke: 123 km (Foto: VAR).

Bild 6. Aufteilung der Fische auf die einzelnen Abwanderwege und Überlebensrate bei den einzelnen Wanderwegen am Beispiel Königslachs (Chinook Salmon) am McNaryDam (Hockersmith 2013).

Bild 7. Bypasseinrichtung am Wanapum Dam mit einer Dotierung von 600 m3/s erreicht ca. 80% Leitwirkung und ca. 98% Überlebensrate für Smolts. (Foto: VAR).

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führen und ein Teil der abwandernden Fische beispielsweise die Turbinenpassage vermeiden und oberflächennahe Bypässe aufsuchen. (Ploskey 2013) Am Wanapum Dam wurde mit akustischer Telemetrie festgestellt, dass ein Grossteil der Fische an einer bestimmten Stelle zwischen Kraftwerk und Wehr «ankommt». Dieses Wissen hat man sich zunutzen gemacht, um genau an dieser Stelle einen Bypass zu installieren, über den nun rund 80% Prozent der Fische bei einem Bypassabfluss von ca. 10% des Turbinenabflusses abgeleitet werden können. (Dotson 2013) (Bild 7). 3.3

Beschreibung der einzelnen Fischschutz- und BypassSysteme

3.3.1 Überblick Bild 8 gibt einen Überblick über die einzelnen Fischschutzsysteme, die am Columbia River umgesetzt wurden. Der Einsatz

der Fischschutzsysteme beschränkt sich allerdings nur auf den Zeitraum der Fischabwanderung zwischen April und Ende August während der Lachs- und Steelhead-Abwanderung. Ausserhalb dieser Zeit werden die Abstiegsanlagen ausser Betrieb genommen. 3.3.2 Abstieg durch die Turbine Am Columbia River werden in der Regel vertikal angeordnete Kaplan-Turbinen eingesetzt. Am Rocky Reach Dam werden mit den modernen Kaplan-Turbinen bei abwandernden Lachs-Smolts und Fallhöhen von über 30 m Überlebensraten von 95% erreicht. Diese sogenannten Minimum Gap Runner (MGR) werden bereits am Bonneville Dam, Rocky Reach Dam und Wanapum Dam eingesetzt. Die MGR haben die besondere Eigenschaft, dass sie in die bestehenden Anlagen eingebaut werden können und nach Auskunft der Betreiber vergleichbare, wenn nicht sogar höhere, Turbinenwirkungsgrade

aufweisen. Zurückzuführen ist diese Synergie vor allem auf die Verringerung von Spaltmassen und die Optimierung der Laufradgeometrie, die zur Verringerung der Druckgradienten führt. Die Forschung auf diesem Gebiet ist zudem noch nicht abgeschlossen. Es werden fortgesetzte, umfangreiche Anstrengungen unternommen, um die Überlebensraten weiter zu steigern. Dies beinhaltet den Einsatz von numerischen Modellen, die Auswertung von «Sensor-Fish»-Daten, die eine Vielzahl von Parametern bei der Turbinenpassage aufzeichnen und Feld-Untersuchungen mit markierten Fischen. 3.3.3 Oberflächennahe Öffnungen An einzelnen Standorten dienen bestehende (Treibgut- oder Eisabfuhr) oder eigens eingerichtete oberflächennahe Öffnungen im Bereich des Turbineneinlaufs als Fischabstiegsweg. Untersuchungen zu den Bewegungen der Fische vor dem Turbineneinlauf am John Day Dam belegen

Bild 8. Potenzielle Abstiegswege an einer Wasserkraftanlage (Quelle: US Corps of Engineers, Walla Walla District).

Bild 9. Modell mit dem Vergleich einer herkömmlichen Kaplan Turbine (rot) mit einem Minimum Gap Runner (MGR, grün) (Foto: VAR).

Bild 10. Schematische Darstellung der Teilabschirmungen im Turbinenzulauf mit umlaufenden Rechen (Travelling Screen) (Foto: VAR).

Bild 11. Element mit umlaufendem Rechen (Travelling Screen) an der Oberfläche am Bonneville Dam (Foto: VAR).

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beispielsweise, dass rund 2/3 der Fische, welche die Anlage im Bereich der Turbinen passieren möchten, die oberflächennahen Bypässe aufsuchen, statt den Rechen zu passieren (Ploskey 2013). 3.3.4 Teilabschirmungen des Turbinenzulaufs Bei den Teilabschirmungen im Turbinenzulauf macht man sich die Tatsache zunutze, dass die Mehrzahl der Smolts oberflächennah abwandern (Bild 10 und Bild 11). Durch eine Teilabschirmung mit umlaufenden Rechen (Engl: Travelling Screens) können somit sehr hohe Leitwirkungen erreicht werden. Zur Installation der Feinrechenelemente werden die Dammbalken-Nischen genutzt. Die Fische werden dann in der Dammbalkennische nach oben und über Öffnungen an der Oberfläche in ein Bypass-System geleitet. Diese Systeme sind technisch sehr anspruchsvoll und störanfällig. Aufgrund der geringen Maschenweite des NylonNetzes von 1.5 mm werden die Elemente mit Treibgut verlegt. Durch das umlaufende System wird das Netz auf der Rückseite von der Strömung wieder frei gespült. Am Bonneville Dam sind nach Aussagen der Betreiber alleine sechs Mitarbeiter ganzjährig mit Betrieb und Unterhalt der Travelling Screens beschäftigt. Beim Einsatz der Systeme kommt es zudem zu empfindlichen Energieverlusten, deren Höhe allerdings von den Betriebsleuten vor Ort nicht beziffert werden konnte. An einigen besichtigten Standorten werden die Travelling Screens inzwischen wieder abgebaut, da die erforderlichen Schutzraten durch andere, in der Regel günstigere Massnahmen erreicht werden.

3.3.5 Wehrabstieg Während der Abwanderungszeit der Lachs-Smolts, die am Columbia River zwischen April und Ende August stattfindet, spielt der Abstieg über das Wehr an den meisten Kraftwerksstandorten eine wichtige Rolle. Folgende Arten der Wehrpassage werden unterschieden: • Klassische Wehrpassage, in der Regel bei gehobenem Schütz. • Oberflächennahe Wehrpassage mit speziellen Wehrkörpern, die entweder dauerhaft oder temporär (Temporary Spillway Weir) eingebaut werden (Bild 12). Bei letzteren stellt das sogenannte Removable Spillway Weir, ein im Hochwasserfall auf die Flusssohle absenkbarer Wehrkörper, eine Sonderform dar. • Speziell gestaltete Bypässe zur Wehrpassage wie am Wanapum Dam oder am Rocky Reach Dam. Ursprünglich wurden an vielen Standorten die Wehrfelder während den Monaten der Abwanderungszeit der Lachs-Smolts geöffnet und mit bis zu 40% des Gesamtabflusses dotiert, sodass ein grosser Teil des Fischabstiegs über das Wehr lief. Dieses System wird heute noch an vielen Standorten eingesetzt, z.B. Bonneville Dam oder The Dalles Dam. Diese Art des Fischabstiegs ist als selektiv zu betrachten, da der Abstiegskorridor bei den meist vorhandenen Segmentwehren in der Tiefe liegt. Lachs-Smolts, die eher oberflächennah abwandern, führen daher oft längere Suchbewegungen durch, die eine Verzögerung beim Fischabstieg bewirken. Geschichtlich ist diese Fischabstiegsmassnahme auf Verträge mit den örtlichen Indianerstämmen zurückzufüh-

Bild 12. Temporärer Wehrkörper zur oberflächennahen Wehrpassage (Temporary Spillway Weir) (Quelle: Hockersmith 2013). «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

ren, welche sich für den Erhalt der Lachspopulationen einsetzen. Beim Wehrabstieg treten aber verschiedene Probleme auf, die in den vergangenen Jahren genauer untersucht wurden. • Gasblasenkrankheit der Fische. Diese resultiert aus einer erhöhten Gassättigung. Sie kann insbesondere dadurch behoben werden, dass beim Wehrüberfall Einbauten gemacht werden, welche die Gassättigung mildern. Beispiele sind sogenannte Flip Lips, obengenannte Bypässe wie am Wanapum Dam oder eigens gestaltete Wehrkörper wie «Removable Spillway Weir», oder «Temporary Spillway Weir» über welche die Gassättigung gegenüber normalem Wehrabfluss reduziert werden kann. • Direkte Schädigungen der Fische beim Wehrüberfall einerseits durch starke, abrupte Druckänderungen am Auslaufquerschnitt der Segmentwehre und andererseits durch mechanische Einwirkungen im Tosbecken. • Prädatoren im Unterwasser. Diese Gefahr ist aufgrund der Desorientierung der Fische nach der Wehrpassage sehr relevant und an manchen Standorten für einen Teil der Mortalität verantwortlich. Der Wehrabfluss während der Hauptwanderzeit verursacht immense wirtschaftliche Einbussen. Daher werden zunehmend Lösungen umgesetzt, mit denen bei geringeren Bypassabflüssen ähnliche oder grössere Leitwirkungen für den Fischabstieg erreicht werden können. Als Beispiele hierfür dienen die obengenannte Massnahme am Wanapum Dam (Bild 7) oder das Bypass-System am Rocky Reach Dam (Bild 13) und eine erst

Bild 13. Bypasseinrichtung am Rocky Reach Dam mit 85% Leitwirkung und nahezu 100% Überlebensrate. (Foto: VAR). 191


für die potamodromen Arten nahezu keine Grundlagen zur Verhaltensbiologie vor. Kaplanturbinen zeigen insgesamt gesehen sehr geringe Verletzungsraten. Dies gilt insbesondere für Kaplan-Rohrturbinen, wie sie hierzulande in modernen Anlagen teilweise eingesetzt werden. Mit modernen Kaplan-Turbinen können am Columbia-River sehr hohe Überlebensraten erreicht werden. Aufgrund der geringen Verletzungsraten ist der Abstieg durch die Turbinen ein realistischer Abwanderweg. Der Trend am Columbia River geht neben der modernen Turbinentechnik dahin, dass mithilfe der Erkenntnisse aus langjährigen Monitoringmassnahmen zunehmend versucht wird, intelligente oberflächennahe Bypasssysteme umzusetzen, um hohe Wasserverluste zu vermeiden. Bild 14. Leitwand (links) für den Fischabstieg, um Prädation zu verringern (Foto: VAR). Literatur

im vergangenen Jahr eingerichtete Passage am Priest Rapids Dam.

laden und unterhalb der letzten Staustufe (Bonneville Dam) wieder zurück gesetzt.

3.4 Massnahmen gegen Prädatoren Infolge von Desorientierung der Fische nach der Kraftwerkspassage oder Rückführung der Fische in seichten Bereichen kommt es am Columbia River zu erheblichen Verlusten durch Prädatoren. Hierdurch können die Überlebensraten massgeblich beeinflusst werden. Zur Eindämmung der Prädation werden an den Rückführungen aus dem Bypasskanal Wasserfontänen, Netzüberspannungen oder Vergrämungsanlagen installiert, sodass Möwen und andere Raubvögel die Fische an diesen Stellen nicht erbeuten können. Im Bereich der Wehrpassage am The Dalles Dam wurde eine unterwasserseitige Leitmauer errichtet, um die Fische in tiefere Gewässerbereiche mit geringerer Prädation zu leiten. Damit konnte die Mortalität bei der Wehrpassage deutlich verringert werden. Die Kosten für diese Massnahme alleine lagen bei 50 Mio. US Dollar (Bild 14).

4.

Dotson, Curt (2013), Grant County Public Utility District: The Development Process of Designing a Fish Passage at a Hydraulic Dam on the Co-

3.5 Trap, Truck/Trap and Ship Um zu verhindern, dass die Wanderfische bei der weiteren Wanderung flussabwärts an anderen Kraftwerken geschädigt werden, werden Teile der Fische, die das Kraftwerk über die Bypass-System passieren, gesammelt, in Schiffe oder Lastwagen ver-

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Zusammenfassung und Übertragbarkeit Die Verhältnisse am Columbia-River sind nicht mit denen an Aare und Hochrhein vergleichbar. Insbesondere die geringere Treibgut- und Geschiebefracht ermöglicht den Einsatz von empfindlichen Fischschutzsystemen, welche an der Aare und am Hochrhein nicht einsetzbar sind. Der Einsatz von umlaufenden Rechen vor dem Turbineneinlauf ist neben den wirtschaftlichen Auswirkungen auch technisch nicht realisierbar. Der Fokus der Aktivitäten in den USA liegt ausschliesslich auf anadromen Wanderfischen (Lachs, Forelle, Meerneunauge). Potamodrome Arten spielen keine Rolle. Dies erleichtert die gezielte Umsetzung von Massnahmen. In der Schweiz sind aktuell in Rhein und Aare über 30 verschiedene Fischarten zu berücksichtigen. Die Massnahmen beruhen zum grossen Teil auf langjährigen verhaltensbiologischen Untersuchungen zu den Populationen und zum Wanderverhalten der Fische. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, ist es, wie die Beispiele aus den USA zeigen, zwingend erforderlich, das Wanderverhalten der Fische vor den Anlagen zu erforschen. Hierzu liegen derzeit aber in Europa für anadrome Fischarten wenige,

lumbia River, Präsentation vom 21.06.2013 Hockersmith (2013), Mc Nary Lock and Dam, Swiss-Hydro-Tour,-Präsentation vom 19. Juni 2013. Langeslay, Mike (2013), US Army Corps of Engineers: Columbia River Salmon and den Columbia River Fish Mitigation Project, Präsentation vom 17. Juni 2013. Ploskey, Gene (2013), Pacific Northwest Nationals Laboratory: Juvenile Salmon Fisch Passage Studies at Lower Columbia River Dams, Präsentation vom 2. Juli 2013. Reese, Lynn (2013), US Army Corps of Engineers: Downstream Fish Passage History and Technologies, Präsentation vom 19 Juni 2013. Anschrift der Verfasser Jochen Ulrich Energiedienst Holding AG Basler Str. 44, CH-5080 Laufenburg jochen.ulrich@energiedienst.de Ricardo Mendez Axpo Power AG | Hydroenergie Parkstrasse 23, CH-5401 Baden ricardo.mendez@axpo.com Dr. Carl Robert Kriewitz BKW Energie AG (ehem. ETH Zürich, VAW) Viktoriaplatz 2, CH-3013 Bern robert.kriewitz@bkw.ch

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Talsperren-Tagung

Rolle und Aufgaben der Talsperrenwärter Niveau 1 der Überwachung von Stauanlagen

Ruolo e compiti del custode diga Livello 1 nel concetto di sorveglianza degli impianti di accumulazione

Schweizerisches Talsperrenkomitee, Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung 2015 Comitato svizzero delle dighe, Gruppo di lavoro Osservazione delle dighe 2015

Talsperrenwärter beim Ablesen der Lotmessung / Custode diga mentre misura la posizione del pendolo.

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Talsperren-Tagung

Rolle und Aufgaben der Talsperrenwärter Niveau 1 der Überwachung von Stauanlagen

Schweizerisches Talsperrenkomitee, Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung

Vorwort Stauanlagen sind Schlüsselelemente von Werken, die zur Speicherung der potenziellen Energie bei Wasserkraftanlagen dienen, sowie für solche, die zum Rückhalt von Wasser, Schlamm, Schnee und anderem Material in Schutzbauwerken gegen Naturgefahren erstellt werden. Sie stellen jedoch auch ein Risiko für die Bevölkerung dar: Verluste an Menschenleben und bedeutende Sachschäden sind zu befürchten, falls eine Stauanlage ihre Speicherfunktion verlieren sollte. Die zweifache Rolle, welche die Talsperrenwärter innehaben, kommt dabei in ihrer gesamten Bedeutung zum Ausdruck: zum einen bei der Substanzerhaltung der Stauanlage und zum andern bei der Sicherstellung einer ersten Verteidigungslinie gegen Unfälle. Mit der vorliegenden Publikation soll daran erinnert werden. Damit die Talsperrenwärter ihre Aufgaben gekonnt erfüllen können, müssen sie einerseits eine entsprechende Qualifikation, die den Anforderungen und der Verantwortung gerecht wird, aufweisen sowie andererseits über angemessene Arbeitsbedingungen verfügen können. Es liegt am Betreiber der Stauanlage sicherzustellen, dass diesbezüglich Qualifikation, Ausbildung, der zur Verfügung gestellten Zeit wie auch der Arbeitssicherheit der Talsperrenwärter erfolgt. Die Arbeit der Talsperrenwärter stellt das Fundament der vierstufig organisierten Talsperrenüberwachung in der Schweiz dar. Diese Organisation und der Platz, welchen die Talsperrenwärter darin einnehmen, sind einer der Gründe dafür, dass während mehr als 10 000 Talsperrenbetriebsjahren in der Schweiz kein Talsperrenunfall vorgekommen ist. Alle Beteiligten haben dafür zu sorgen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Es ist wichtig, dies in Erinnerung zu rufen, um zu vermeiden, dass die aktuelle wirtschaftliche Situation dazu verleitet, durch Leistungseinschränkungen bei den Talsperrenwärtern die Qualität der Überwachung und damit die Sicherheit der Talsperren in Frage zu stellen. Georges R. Darbre, Präsident der Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung, Beauftragter für die Sicherheit der Talsperren (BFE).

1. Einführung Gemäss dem Stauanlagengesetz vom 1. Oktober 2010 (StAG) und der zugehörigen Stauanlagenverordnung vom 17. Oktober 2012 (StAV) liegt die Verantwortung für die Sicherheit der Talsperre bei ihrer Betreiberin 1. Die für die Sicherheit unabdingbare Überwachung erfolgt in vier Niveaus und hat zum Ziel: • jederzeit das zufriedenstellende Verhalten des Absperrbauwerks, seiner

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Fundation und seiner Umgebung bestätigen zu können, beziehungsweise • Verhaltensanomalien rechtzeitig und präzise feststellen zu können, so dass frühzeitig allfällig erforderliche Massnahmen zur Abwendung potenzieller Gefahren in die Wege geleitet werden können. Die vier Niveaus der Überwachung, deren Organisation und Inhalt im Überwachungsreglement 2 festgehalten sind, sind die folgenden:

Niveau 1: Talsperrenwärter (in der Regel Angestellter der Betreiberin der Stauanlage): Verantwortlich für die regelmässige Durchführung visueller Kontrollen, Kontrollmessungen, Unterhalt der Stauanlage (insbesondere die Messinstrumentierung) und Prüfung der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen. Niveau 2: erfahrene Fachperson (in der Regel ein Bauingenieur): Verantwortlich für die laufende Beurteilung der Mess- und Beobachtungsergebnisse, Durchführung einer jährlichen Kontrolle vor Ort (Jahreskontrolle) und Erstellung eines Jahresberichtes über den Zustand und das Verhalten der Stauanlage. Niveau 3 3: ausgewiesene Experten in Bau und in Geologie: Verantwortlich für die Durchführung einer umfassenden Überprüfung des Zustandes und des Verhaltens der Sperre, ihrer Fundation und ihrer Umgebung. Dies erfolgt alle fünf Jahre. Die Experten können auch mit Sonderabklärungen zur Sicherheit der Stauanlage beauftragt werden (Erdbebensicherheit, Hochwassersicherheit usw.). Niveau 4: Aufsichtsbehörde: Das Bundesamt für Energie, BFE, beaufsichtigt als Aufsichtsbehörde des Bundes direkt die grossen Stauanlagen. Die Kantone beaufsichtigen diejenigen Stauanlagen, welche nicht unter der direkten Aufsicht des Bundes stehen. Die Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass die Betreiberin ihren Pflichten in Bezug auf die Sicherheit gemäss den entsprechenden Bestimmungen nachkommt.

Als Betreiberin gilt, wer die Bewilligung für die Inbetriebnahme der Stauanlage innehat (Art. 1 Abs. 5 StAV) oder de facto innehat. Gemäss Art. 14 Abs. 2 StAV muss die Betreiberin ein Reglement für die Überwachung der Stauanlage im normalen Betrieb sowie bei ausserordentlichen Ereignissen erstellen und der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung unterbreiten (Überwachungsreglement).

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Bei den Stauanlagen mit einer Stauhöhe von mindestens 40 m oder einer Stauhöhe von mindestens 10 m und einem Stauraum von mehr als 1 Million m3 (Art. 18 Abs. 1 StAV) oder auf Anordnung der Aufsichtsbehörde (Art. 18 Abs. 4 StAV).

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Sie prüft und validiert die ihr zugestellten sicherheitstechnischen Berichte und inspiziert selber die Stauanlagen regelmässig. 2. Rolle der Betreiberin Die Betreiberin der Stauanlage muss eine Organisation des Überwachungsniveaus 1 schaffen, welche es gestattet, die laufende Überwachung der Stauanlage zu gewährleisten. Diese Organisation wird im Überwachungsreglement festgehalten. Die Betreiberin muss insbesondere (Art. 8 StAG): • in regelmässigen Abständen visuelle Kontrollen der Talsperre und ihrer Nebenbauwerke und Umgebung durchführen; • in der Sperre und ihrer Umgebung periodische Kontrollmessungen durchführen, diese sogleich grob überprüfen und an die erfahrene Fachperson (Niveau 2) weiterleiten; • mindestens jährlich die Funktionskontrollen an den Entlastungs- und Ablassvorrichtungen durchführen (Art. 15 StAV) und die Funktionstüchtigkeit der Kommunikationsmittel sicherstellen. Die Betreiberin beauftragt zur Ausübung der Aufgaben des Niveaus 1 im Normalfall den Talsperrenwärter 4. In gewissen Fällen werden auch andere Mitarbeitende eingesetzt, beispielsweise bei den Funktionskontrollen der Entlastungs- und Ablassorgane, bei den geodätischen Messungen usw. Es ist entscheidend, dass sich die Betreiberin von dieser zentralen Rolle des Talsperrenwärters bei der Gewährleistung

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Talsperren-Tagung

Bild 1. Büro des Talsperrenwärters.

Bild 2. Talsperre mit Seilbahnerschliessung. der Sicherheit der Stauanlagen bewusst ist und dass sie ihn entsprechend in ihre Organisationsstruktur eingliedert. Die als Talsperrenwärter eingesetzten Personen müssen in der Lage sein, eine aussergewöhnliche Situation bzw. eine im ersten Moment als ausserordentlich erscheinende Situation zu erkennen, um die für die Überwachung verantwortliche, erfahrene Fachperson benachrichtigen zu können, in einem schweren Fall auch die Aufsichtsbehörden des Bundes oder des Kantons. Sie müssen dann über das entsprechende anlagen- und branchenspezifische Wissen verfügen. Es liegt in der Verantwortung der Betreiberin dafür zu sorgen, dass der Talsperrenwärter über das notwendige Wissen und die notwendigen Mittel zur Ausübung seiner Arbeit verfügt und dass seine Arbeitsbedingungen sicherheitstechnisch auf dem neusten Stand gehalten werden. Die Betreiberin hat auch darauf zu achten, dass die Zusammenarbeit zwischen der erfahrenen Fachperson (Niveau 2) und dem Talsperrenwärter gut funktioniert und auf gegenseitigem Vertrauen basiert. Die Wichtigkeit der Aufgaben des Talsperrenwärters wird diesem bewusst, wenn ihm in diesem Zusammenhang die ausgewerteten Daten (Jahresbericht des Niveaus 2) übermittelt werden. Dies führt auch dazu, dass der Talsperrenwärter besser einschätzen kann, wie wichtig seine Beobachtungen, selbst diejenigen, welche ihm zunächst als unbedeutend erscheinen mögen, sind. Weiter ist die Betreiberin verant-

wortlich, dass die Überwachungsorganisation ganzjährlich reibungslos funktioniert (während der Ferienzeit, bei Krankheit oder Unfall und auch im Winter, wenn sich der Zugang zu den Talsperren schwierig gestaltet). Darum muss die Betreiberin eine Stellvertretung regeln, welche die Aufgaben in gleicher Qualität übernehmen kann. Eine geschickte Wahl der Stellvertreter trägt im Übrigen dazu bei, das Problem der Nachfolge des Talsperrenwärters zu lösen, wenn dieser altershalber oder aus anderen Gründen zurücktritt. Diese Rollen- und Aufgabenteilung bei der Überwachung gilt unabhängig von der Grösse, dem Typ oder dem Zweck der Anlage, wie auch, ob die Anlage durch den Bund oder den Kanton direkt beaufsichtigt wird. Die Anforderungen an die Überwachung inklusiv ihr Umfang und ihre Organisation sind jedoch anlagenspezifisch. Je nach Grösse und Instrumentierung reduzieren sich bzw. entfallen gewisse Aufgaben. Insbesondere bei kleineren Anlagen können auch durchaus die Aufgaben des Talsperrenwärters mit denjenigen der erfahrenen Fachperson vereint werden. Die nachfolgenden Ausführungen, die sich eher auf grosse Anlagen beziehen, müssen dann sinngemäss interpretiert und umgesetzt werden. 3.

Kenntnisse und Aufgaben des Talsperrenwärters Durch die Funktion, welche er bekleidet, nimmt der Talsperrenwärter eine zentrale und verantwortungsvolle Stellung ein und ist die Schlüsselperson, welche die Tal-

Der Talsperrenwärter kann ein Angestellter der Betreiberin sein oder durch diese beauftragt werden. In Anlehnung an die Begriffsverwendung in der neuen Gesetzgebung (Stauanlagengesetz und Stauanlagenverordnung) müsste für die Funktion Talsperrenwärter konsequenterweise neu die Bezeichnung Stauanlagenwärter verwendet werden. Aufgrund der weiterhin geltenden Namensgebung des STK (Schweizerisches Talsperrenkomitee) und in Ermangelung einer klaren Bezeichnung in der französischen Sprache (heute: barragiste) wird jedoch an dieser Stelle auf diese Anpassung verzichtet.

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sperre am besten kennt. Er hält sich sehr oft in der Talsperre und in der Umgebung auf und kennt daher jeden Winkel, jeden Riss und jede feuchte Stelle. Ausserdem kennt er auch den aktuellen Zustand der Messeinrichtung und ihre positiven wie auch negativen Eigenschaften. Nur der Talsperrenwärter ist in der Lage, der erfahrenen Fachperson des Niveaus 2 zahlreiche zusätzliche Angaben über das Verhalten und den genauen Zustand einer Anlage zu machen, welche durch Messdaten allein nicht geliefert werden können. Dies bedeutet auch, dass der Talsperrenwärter über einen ausgezeichneten Beobachtungssinn verfügen und zuverlässig arbeiten muss. 3.1

Kenntnisse des Talsperrenwärters Die Betreiberin muss sicherstellen, dass der Talsperrenwärter über die notwendigen Kenntnisse zur Wahrnehmung der anvertrauten Aufgaben verfügt, welche manchmal unter erschwerten Bedingungen erfolgen müssen. Sie beziehen sich insbesondere auf: • die Stellung und die Rolle des Talsperrenwärters im Überwachungssystem, das durch den Bund umgesetzt wird. Es ist insbesondere wichtig, dass der Talsperrenwärter den Wert seiner Arbeit versteht, sodass er präzise und repräsentative Angaben an die weiteren Beteiligten der Überwachung zustellen kann. In dem Zusammenhang ist es nützlich, dem Talsperrenwärter Beispiele von Auswertungen seiner Messdaten zu übergeben. Die Kommunikationskette muss ihm auch klar gemacht werden. Er muss zum Beispiel verstehen, dass das Überwachungsniveau 2 ein Partner ist, dem man vertrauen kann (und muss!) und nicht jemand, der seine Arbeit beurteilt; • die technischen Grundlagen des Baus, der Festigkeit, des Verhaltens und des Versagens von Anlagen des gleichen Typs wie vom Talsperrenwärter betreut. Diese Kenntnisse erlauben ihm seine Beobachtungen besser zu fokussieren und zum Beispiel auf Symptome zu achten, die ihm zuerst als unwichtig erscheinen mögen. Es muss dem Talsperrenwärter dann auch erklärt werden, welche Typen von Beobachtungen und Bemerkungen er im Talsperrenbuch erfassen soll. Zum Beispiel muss er wissen, ab wann eine Rissöffnung aufgenommen werden soll oder ab wann eine Zustandsverschlechterung zu melden ist; 196

das genaue Funktionieren und den Grundunterhalt der Messeinrichtung, die dem Talsperrenwärter anvertraut ist. Er muss verstehen, wie die Knöpfe und Rädchen eines Instrumentes funktionieren um dieses allenfalls nach einer Fehlmanipulation in den Ursprungszustand wieder herstellen zu können. Er muss auch den Anwendungsbereich der einzelnen Einrichtungen kennen (Temperatur, Feuchtigkeit) und wissen, was ausserhalb dieses Anwendungsbereiches zu tun ist. Die entsprechende Ausbildung soll den laufenden Unterhalt aller Elemente des Messsystems abdecken, sowohl der festen wie der mobilen Elemente. Für letztere muss er zusätzlich auch die Lagerungsbedingungen kennen. Der Talsperrenwärter muss auch beurteilen können, ob ein Gerät zufriedenstellend funktioniert oder ob es dem Hersteller zur Wartung, Reparatur oder Ersatz eingeschickt werden muss. Mögliche (schwer zu erkennende) Fehlfunktionen des Messsystems wie auch Messfehler müssen angesprochen werden; • die Arbeitssicherheit, sowohl bei der Sperre wie auch auf den Weg zur Sperre. Er muss auf die vielen Gefahren im Umfeld seines Einsatzes aufmerksam gemacht werden. Der Talsperrenwärter muss auch die Einsatzmöglichkeiten und die Bedienung des zur Verfügung gestellten Rettungsmaterials kennen; • die Übermittlung der Messungen und Beobachtungen des Talsperrenwärters. Falls die gelesenen Daten in einem elektronischen Erfassungssystem erfasst werden, soll der Talsperrenwärter die Eigenschaften dieses Systems kennen. Er muss in der Lage sein, eine Fehlmanipulation zu korrigieren oder das Gerät nach einem einfachen Ausfall wieder in Betrieb nehmen zu können. Er muss auch die Kommunikationsprotokolle zum Server kennen, wenn notwendig. Falls es im Verantwortungsbereich des Talsperrenwärters liegt, die Daten in einer elektronischen Tabelle aufzunehmen, dann muss er auch die entsprechenden Werkzeuge beherrschen. Auf die Bedeutung und Verantwortung des Talsperrenwärters hat auch die Einführung/Anwendung einer automatischen Messdaten-Erfassung keinen schmälernden Einfluss. Die automatisch erfassten und weitergeleiteten Messdaten sind zusätzliche Angaben, welche dem

Wärter die Arbeit etwas erleichtern, sein Interesse an der Talsperrenbeobachtung steigern und sein Verständnis für das Talsperrenverhalten verbessern können. 3.2

Die laufenden Aufgaben des Talsperrenwärters Die Überwachungsaufgaben des Talsperrenwärters können in sechs Gruppen eingeteilt werden, nämlich: 1. Ausführen von periodischen visuellen Kontrollen der Talsperre, ihrer Nebenbauwerke und der Umgebung; 2. Ausführen der periodischen Kontrollmessungen; 3. Durchführen einer Grobkontrolle der gemessenen Werte (aufgrund bekannter oder errechneter Sollwerte); 4. Warten der Messeinrichtungen, Revisionen an Messgeräten, Unterhalt der Sperre; 5. Weiterverarbeitung der Messdaten (Eingeben in digitale Systeme); 6. Funktionskontrollen bei den Entlastungs- und Ablassvorrichtungen. Weiter begleitet der Talsperrenwärter jeweils die erfahrene Fachperson bei Anlagenkontrollen wie auch die Aufsichtsbehörde und die Experten anlässlich der im Rahmen der Erstellung der Fünfjahresexpertise durchgeführten Begehung. Er nimmt ebenfalls an den anschliessenden Besprechungen teil. Je nach Betreiberin werden die Talsperrenwärter auch mit anderen Aufgaben betraut. Diese können u.a. die folgenden Bereiche betreffen: • Ausführung allgemeiner Unterhaltsarbeiten wie zum Beispiel Entfernung von Sinterablagerungen usw.; • Organisieren der Messeinsätze ex-

Bild 3. Kontrollmessungen in der Talsperre.

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3.2.1 Periodische visuelle Kontrollen Die visuellen Kontrollen sind wichtig, denn sie können Informationen über die Anlage liefern, welche durch die Messdaten nicht erfasst werden. Da der Talsperrenwärter nicht bei jeder Begehung alles beobachten kann, gilt es, für verschiedene Begehungen ein Programm aufzustellen, welches klar regelt, was wann zu beobachten ist. Dabei müssen Prioritäten gesetzt werden, welche natürlich von der spezifischen Anlage abhängen. Die hauptsächlichsten Beobachtungen sind etwa: Im Sommer: • Allfällige Quellen, feuchte Zonen und Setzungen talseits der Sperre oder auf Dammböschungen; • Felszustand in unmittelbarer Nähe der Fundamente ; • Zustand der Nebenbauwerke sowie der Felsen in der Nähe der Ein- und Ausläufe dieser Bauwerke; • Aufnahme eventueller Schäden infolge Schnee, Lawinen und Steinschlägen; • Kontrolle von Messeinrichtungen ausserhalb des Sperrenkörpers (zum Beispiel Pfeiler und Bolzen von geodätischen Messanlagen);

• •

Vorhandensein und Zustand des Rettungsmaterials auf der Mauerkrone; Kontrolle des Geländes um die Talsperre und der Ufer des Seebeckens.

Im Winter: • Spezielle Aufmerksamkeit ist dem Abfluss des Sickerwassers zu schenken, kann dieser doch in Situationen, in denen das Bauwerk infolge der herrschenden Kälte erhöhte Verformungen erleidet, ansteigen; • Das korrekte Funktionieren der Lote und Schwimmlote (z.B. Auftreten von Vereisungen); • Feststellen von eventuellen Lawinenschäden, Beobachtung möglicher Eisbildung talseits der Talsperre. Ganzjährlich: • Zustand der Wasserseite der Sperre, bei tiefem See; • Feuchtigkeitsgrad der Kontrollgänge sowie Entwicklung des Abflusses von Sicker- und Drainagewasser in den Kontrollgängen, bzw. am luftseitigen Parament; • Sickerwasser im Gelände talseits der Talsperre; • Bildung, bzw. Weiterentwicklung von Rissen im Sperrenkörper; • Zustand der Messeinrichtungen; • Kontrolle der Kommunikationsmittel; Zusätzliche Kontrollen sind in folgenden Fällen vorzusehen: • Während und nach aussergewöhnlichen Hochwassern; • Nach einem Erdbeben ab Intensität IV am Standort der Stauanlage; • Nach dem Niedergang von Lawinen;

Nach einem erfolgten Erdrutsch oder einem Felssturz.

3.2.2 Periodische Kontrollmessungen Die Messungen erfolgen primär gemäss Überwachungsreglement. Das Tagesprogramm für den Talsperrenwärter muss so gestaltet werden, dass dieser über genügend Zeit verfügt, um die Messungen ohne «Zeitdruck» ausführen zu können. Der Ablauf der Begehung der Anlage wird am besten durch den Talsperrenwärter selbst bestimmt. Die folgenden Grundsätze sind für die erfolgreiche Ausübung der Tätigkeit des Talsperrenwärters von Bedeutung: • Der Talsperrenwärter darf seine Arbeit nicht einfach routinemässig erledigen, sondern soll seine Messungen (und Beobachtungen) stets mit kritischem Geist und Sinn durchführen; • Bei Zweifeln oder ungewöhnlichen Verhältnissen ist es empfehlenswert, die abgelesenen Messwerte mit Bemerkungen zu ergänzen. Diese gestatten der erfahrenen Fachperson, die Zuverlässigkeit einer Messung zu beurteilen und zu berücksichtigen, dass eine Messeinrichtung eventuell nicht mehr richtig funktioniert (vgl. auch Publikation STK «Messgeräte kontrollieren und kalibrieren»). Ausserdem ermöglichen solche Bemerkungen, geeignete Massnahmen zu ergreifen und allenfalls rasch einen eventuellen Defekt zu beheben; • Nach der Messung, der Überprüfung der Ergebnisse mittels einer Grobkontrolle und deren allfälligen Eingabe in ein Programm oder eine Datenbank, müssen die Ergebnisse und Beobachtungen vom Talsperrenwärter so rasch als möglich an die erfahrene Fachperson des Niveaus 2 weitergeleitet werden; • Stellt der Talsperrenwärter bei der Kontrolle Ablesewerte fest, welche unter Berücksichtigung der Veränderung des Seestandes und der Temperaturbedingungen unüblich stark von den vorhergehenden Ablesewerten oder den Sollwerten abweichen, oder welche klar ausserhalb des Messbereiches der vorhergehenden Jahre liegen, muss dieser sofort der erfahrenen Fachperson des Niveaus 2 Meldung erstatten. Was die einzelnen Messungen betrifft, müssen folgende Punkte speziell hervorgehoben werden:

Bild 4. Kontrolle der Talsperrenumgebung. «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

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terner Spezialisten (z.B. geodätische Messungen); Kontrolle der Dotierwassermengen, der Wassertrübungen usw.; Weitere Arbeiten im Zusammenhang mit Betrieb und Unterhalt der Stauanlagen, je nach Grundausbildung und Erfahrung (Maurer, Elektriker, Mechaniker usw.).


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Lote • Anlässlich einer Messung müssen die Verschiebungen an allen Messstellen von Hand abgelesen werden, auch an denen, die mit einem Fernübertragungsgerät ausgerüstet sind. Dabei muss die Übereinstimmung zwischen Handablesung und der vom automatischen Instrument angezeigten und/ oder registrierten Lotdrahtlage überprüft werden (diese Überprüfung kann auch durch die erfahrene Fachperson erfolgen). • Mindestens zweimal jährlich muss überprüft werden, ob die Lote sich in den Schächten und Dämpfergefässen absolut frei bewegen können. • Bei den Umkehrloten muss regelmässig der Flüssigkeitsstand im Schwimmergefäss kontrolliert und geprüft werden, ob der Schwimmer sich im Gefäss frei bewegen kann. • Lote, deren Lage für die Fernübertragung durch ein Abtastgerät (mithilfe einer auf den Draht geklemmten Gabel) abgenommen wird, müssen periodisch ohne Messgabel kontrolliert werden, um sich zu vergewissern, dass die Lage des Drahtes nicht durch das Abnahmegerät (Reibungserscheinungen) verfälscht wird. Auftrieb • Damit die Messergebnisse nicht verfälscht werden, müssen die Manometer von Auftriebsmessstellen beständig unter Druck stehen. Die Manometer können selbstverständlich nach erfolgter Druckablesung kurz ausgeschaltet werden, zum Beispiel für die Messung des Durchflusses, sie müssen aber sofort wieder eingeschaltet werden. Klinometer • Klinometermessanlagen sind in vielen Talsperren vorhanden, werden aber meistens nicht mehr regelmässig benutzt. Sollten Klinometermessungen noch durchgeführt werden, empfiehlt es sich, diese relativ schwierige Messung mindestens zwei Mal pro Jahr vorzusehen. Es ist selbstverständlich, dass dabei immer in der direkten und der umgekehrten Instrumentenlage gemessen werden muss. Sickerwasser • Zur Sicherstellung von korrekten Messergebnissen müssen die Sickerwassermessanlagen, welche die Menge mit einer Pegelablesung erfassen, re198

gelmässig kontrolliert werden (volumetrische Kontrolle). Stangenextensometer • Die Verankerung der Messstangen muss periodisch geprüft werden. Gleitdeformeter • Messungen mit dem Gleitdeformeter entlang einem Bohrloch sind von oben nach unten und dann von unten nach oben auszuführen. Zudem sind die Eichwerte nach Anweisung der Herstellerfirma zu berücksichtigen. 3.2.3 Grobkontrolle der Messungen (Plausibilitätsüberprüfung) Bevor der Talsperrenwärter die Talsperre verlässt, sollte er sich durch Vornahme einer Grobkontrolle vergewissern, dass die abgelesenen Werte plausibel sind. Aussergewöhnliche Messresultate sind vor Ort zu überprüfen. Es ist empfehlenswert, dass die erfahrene Fachperson und der Talsperrenwärter die Methode dieser Kontrolle gemeinsam erarbeiten. Als praktische Hilfsmittel haben sich bis heute bewährt: • Diagramme, welche für ausgewählte Messposten die Ablesewerte in Abhängigkeit des Seestandes darstellen; • Vorgängig errechnete Sollwerte (z.B. mithilfe einer statistischen Auswertung); • Messbüchlein mit den Messungen der Vorjahre; • Tabellen, welche Seestände und Ablesewerte der vorhergehenden Messungen für eine Periode von einigen Monaten bis zum Beispiel einem Jahr zusammenfassen; • Erwartungswerte im Palmgerät, errechnet aus einem Vorhersagemodell. Es ist selbstverständlich, dass auch andere mehr oder weniger ähnliche Methoden zur Grobkontrolle erarbeitet werden können. Nachstehend seien einige typische Beispiele (Liste ist nicht abschliessend) von Ursachen aufgeführt, welche zu nicht plausiblen Messresultaten führen können. Die meisten davon können mit der Grobkontrolle durch den Talsperrenwärter erkannt werden: a) Fehler bei der Messung: hier handelt es sich meistens um: • Ablesefehler, zum Beispiel FehIer von 1, 5 oder 10 Messeinheiten; • Schreibfehler, zum Beispiel 34 anstatt 43 oder 34.0 anstatt 30.4 usw.; • Übertragungsfehler beim Einlesen mit digitalen Geräten.

b) Unkorrekte Aufstellung des Messgerätes Dieser Fehler passiert hie und da mit dem Koordiskop, welches zum Ablesen der Lage der Lotdrähte benützt wird. c) Unkorrektes Funktionieren von Messeinrichtungen (vgl. auch Publikation STK «Messgeräte kontrollieren und kalibrieren»). Es gibt viele Gründe, welche das korrekte Funktionieren eines Messinstrumentes verhindern. Die Ursache können menschliche Fehler (schlechte Installation, Fehlmanipulation, falsche Interpretation usw.), Interventionen in der Nähe der Instrumentierung (Unterhalt, Arbeitstätigkeiten, Schläge usw.) oder natürliche Vorkommnisse (Eisbildung, Wasser, Kalzit, Felsbewegungen usw.) sein. Folgende Beispiele betreffen Lotmessungen: • Ein Lotdraht kann sich infolge Auftretens eines Hindernisses nicht mehr frei bewegen, zum Beispiel: · nach einigen Jahren haben die Aussinterungen an einer Schachtwand so stark zugenommen, dass sie den Draht berühren; · der Lotdraht berührt den Hals des Dämpfergefässes, nachdem dieses aus irgendeinem Grund etwas verschoben wurde; · das Gestänge des Lotgewichtes beginnt nach jahrelangem störungsfreiem Betrieb den Boden des Dämpfergefässes, bzw. den in diesem abgesetzten Schlamm zu berühren; · der Lotdraht wird durch zu starke Reibung im Abtastungsgerät einer Fernmessanlage (tritt nur bei den älteren Geräten auf: heutige Fernablesungen sind berührungslos) an der freien Bewegung gehindert. Alle diese Fehler führen zu einer Abweichung des Lotdrahtes aus seiner vertikalen Lage, was dann bei der Auswertung der Ablesungen in Form von scheinbaren anormalen Verformungen des Bauwerkes in Erscheinung tritt. • Eine Lotablesung stimmt nicht, da das Lot anlässlich der Messungen langsamen Schwingungen unterworfen war, welche vom Beobachter nicht bemerkt wurden; • Gleicher Fehler wie vorhin, weil der Draht bei der Messung infolge von Luftzug rasche Schwingungen erlitt, welche ein genaues Anzielen des Drahtes verunmöglichten.

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e) Weiterverarbeiten von Messdaten Beim Weiterverarbeiten von Messdaten in ein Programm oder in eine Datenbank können Tippfehler auftreten. Die Beispiele dieses Kapitels 3.2.3 zeigen auf, dass Fehler nie ganz ausgeschlossen werden können, und dass Messeinrichtungen, selbst solche, welche sich schon seit Langem bewährt haben, hie und da nicht richtig funktionieren. Dies führt dann zu Situationen, in welchen die erfahrene Fachperson des Niveaus 2 dem Talsperrenwärter Fragen bezüglich einer Messung stellen muss. 3.2.4 Unterhalt der Messeinrichtungen und der Sperre Es ist bekannt, dass nur sorgfältig unterhaltene Messeinrichtungen und korrekt funktionierende Messgeräte Resultate von guter Qualität liefern. Da der Talsperrenwärter als erster an einem tadellosen Zustand der Messeinrichtungen interessiert ist, wird ihm in der Regel auch deren Unterhalt anvertraut. Er wird somit auch für den Zustand der Einrichtungen verantwortlich sein. Ein Talsperrenwärter ist jedoch nicht in der Lage, alles allein zu machen. Es ist deshalb notwendig, dass sein Vorgesetzter die mündlichen und schriftlichen Bemerkungen, welche ihm der Talsperrenwärter bezüglich Zustand der Messeinrichtungen und der Sperre macht, aufmerksam registriert. Es ist wichtig, dass der Vorgesetzte von Zeit zu Zeit mit dem Talsperrenwärter einerseits über den Zustand der Messeinrichtungen und der Talsperre diskutiert, andererseits aber auch über die Arbeitsbe-

dingungen spricht. Regelmässige Inspektionen aller Kontrollgänge und Schächte, sowie aller Messeinrichtungen, zusammen mit dem Talsperrenwärter, sind nicht nur empfehlenswert, sondern unerlässlich, da diese Begehungen dem Vorgesetzten gestatten, sich an Ort und Stelle über die Probleme ein Bild zu machen, welche seinen Talsperrenwärter beschäftigen. Ähnlich steht es mit der Pflege der geodätischen Messanlage, für welche die geodätischen Visuren frei von Gewächsen zu halten und die Bestockung auf Dämmen zu entfernen sind. Zur Pflege der geodätischen Messanlage gehört auch, dass die Messpunkte regelmässig auf Beschädigungen oder Zuerstörung kontrolliert sowie allfällige Behinderungen der Messvisuren durch neue Einrichtungen (wie Signalisationstafeln, Geländer, Bauten usw.) dem zuständigen Geodäten mitgeteilt werden. 3.2.5 Weiterverarbeitung der Messdaten Nach jeder Dateneingabe in ein Programm oder eine Datenbank ist unverzüglich zu kontrollieren, ob die eingegebenen Daten mit jenen der Messprotokolle übereinstimmen. Mithilfe der Auswertungen im Programm oder in der Datenbank kann allenfalls bereits der Talsperrenwärter eine weitere Kontrolle seiner Messungen vornehmen. 3.2.6 Funktionskontrollen der Entlastungs- und Ablassorgane Damit in einer Notsituation zuverlässig und rasch gehandelt werden kann, ist es wichtig, jederzeit über voll funktionsfähigen Entlastungs- und Ablassorgane verfügen zu können. Es ist somit ebenfalls wichtig, dass diese Organe regelmässigen Funktionskontrollen durch das speziell dafür vorgesehene und geschulte Personal unterworfen werden. In vielen Fällen und in Übereinstimmung mit dem Überwachungsreglement, insbesondere dem Vorgehen betreffend die Funktionsproben, übernimmt der Talsperrenwärter diese Aufgabe.

Seine Hauptaufgaben sind: Visuelle Kontrollen der Anlage und ihrer Umgebung, Durchführen der Kontrollmessungen, Überprüfen der Ergebnisse durch eine Grobkontrolle, Unterhalt der Anlage samt ihren Messeinrichtungen, Übermittlung der Messdaten an das Überwachungsniveau 2, Prüfung der Entlastungs- und Ablassorgane. Die Überwachungsorganisation muss so konzipiert sein, dass die Verantwortung des Talsperrenwärters durch die automatischen, fernübertragenen Messungen nicht vermindert wird. Die zusätzlich anfallenden Messdaten sollen ihm jedoch die Arbeit erleichtern und sein Interesse für das Verhalten der Sperre fördern. Die Fähigkeiten, welche von einem Talsperrenwärter verlangt werden, sind: Sinn für Verantwortung, Initiative, Fähigkeit selbständig zu arbeiten und Exaktheit in der Arbeit. Zudem muss er in der Lage sein, klare Meldungen abzufassen. Die Betreiberin soll die Arbeit des Talsperrenwärters durch eine gut strukturierte Organisation (inklusive Stellvertretung) erleichtern. Sie muss sicherstellen, dass der Talsperrenwärter über die zur Ausübung seiner Aufgaben notwendigen Kenntnisse verfügt, bzw. sie durch eine entsprechende Aus- und Weiterbildung erlangen und pflegen kann. Auf Basis der schriftlichen Fassung des Vortrages von Walter Indermaur aus dem Jahre 1983 wurde das vorliegende Dokument durch die Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung unter Leitung von Andres Fankhauser erarbeitet. Die Technische Kommission (TEKO) des Schweizerischen Talsperrenkomitees hat das Dokument am 18.11.2014 genehmigt.

4. Schlussfolgerungen Über die Rolle und die Aufgaben des Talsperrenwärters können nachfolgende Schlussfolgerungen gezogen werden: • Der Talsperrenwärter ist für die Sicherheit der Anlage der wertvollste Mitarbeiter der Betreiberin, der das Fundament der Überwachungsorganisation darstellt. Er muss dies wissen und man muss ihn entsprechend informieren.

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d) Andere Vorfälle • Bei einer Messung treten plötzlich bei einer oder mehreren Ablesestellen veränderte Messwerte auf. In einem solchen Fall muss abgeklärt werden, ob der Grund einem anormalen Verhalten der Talsperre oder einem Defekt an der Messeinrichtung zugeschrieben werden muss. Hier einige Beispiele: · Defekt am Ablese- bzw. Messgerät; · Ein Messbolzen wurde anlässlich von Arbeiten beschädigt; · Der Lotdraht wurde im Anzielbereich des Koordiskopes etwas geknickt, wenn dieser eine Drehung um seine Achse erfährt, führt er infolge einer geringen Ausmittigkeit leichte seitliche Bewegungen aus; · Das Ablese- bzw. Messgerät ist neu revidiert worden; dabei wurde seine Messkonstante verändert.


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Ruolo e compiti del custode diga Livello 1 nel concetto di sorveglianza degli impianti di accumulazione

Comitato svizzero delle dighe, Gruppo di lavoro Osservazione delle dighe

Prefazione L’impianto di ritenuta è un elemento chiave in un complesso di accumulazione: serve ad accumulare l’energia potenziale negli impianti idroelettrici e a ritenere acqua, fango, neve e altri materiali nelle strutture di protezione contro i pericoli naturali. Allo stesso tempo rappresenta un rischio per la popolazione: se dovesse perdere la sua funzione di ritenuta, perdite di vite umane e danni ingenti ne sarebbero la conseguenza. Il doppio ruolo che hanno i custodi diga appare dunque in tutta la sua importanza: da una parte di conservare la sostanza di un impianto e dall’altra di assicurare una prima linea di difesa contro gli incidenti. Con questa pubblicazione ci s’impegna a ricordarlo. Perché possano adempiere i loro compiti in maniera competente, i custodi diga devono avere qualifiche adatte alle esigenze e alle loro responsabilità e condizioni di lavoro adeguate. Rientra nella responsabilità dei gestori di assicurarsene, che sia a livello delle loro qualifiche, della loro formazione, del volume di lavoro e del tempo a disposizione, o della loro sicurezza sul lavoro. Il lavoro dei custodi diga rappresenta la base di tutta l’organizzazione della sorveglianza con i suoi quattro livelli, sviluppata per le dighe in Svizzera. Quest’organizzazione e il ruolo che i custodi diga vi rivestono sono una delle ragioni per le quali finora nessun incidente di un impianto di ritenuta si è verificato dopo più di un equivalente di 10 000 anni di esercizio. Tutti i coinvolti devono provvedere affinché questa situazione possa permanere anche in futuro. È importante ricordarlo per evitare che la congiuntura economica attuale induca a mettere in causa la qualità della sorveglianza, e di conseguenza la sicurezza degli impianti, riducendo le prestazioni dei custodi diga. Georges R. Darbre, Presidente del gruppo di lavoro Osservazione delle dighe Incaricato della vigilanza sugli impianti di accumulazione (UFE). 1. Introduzione Secondo la Legge sugli impianti d’accumulazione del 1 ottobre 2010 (LlmA) e la corrispondente Ordinanza sugli impianti d’accumulazione del 17 ottobre 2012 (OlmA) la responsabilità per la sicurezza della diga spetta al gestore dell’impianto 1. • La sorveglianza, che è indispensabile per la sicurezza della diga, è basata su quattro livelli e ha l'obiettivo: • Di confermare in ogni momento il comportamento soddisfacente della diga, della sua fondazione e dei dintorni e • Di individuare in tempo e con precisione un comportamento anomalo in modo che eventuali provvedimenti per

contrastare il potenziale pericolo possano essere intrapresi per tempo. I quattro livelli della sorveglianza, la cui organizzazione e i compiti dei quali sono descritti nel regolamento di sorveglianza 2 di un impianto di accumulazione, sono i seguenti: Livello 1: custode diga (di regola un impiegato del gestore dell'impianto di accumulazione). È responsabile per l’esecuzione dei controlli visivi periodici, delle misurazioni di controllo, della manutenzione dell’impianto di accumulazione (in particolare delle istallazioni per le misurazioni) e delle prove di

funzionamento degli sfioratori e dei dispositivi di scarico. Livello 2: Professionista esperto (di regola un ingegnere civile). È responsabile per la continua valutazione dei risultati delle osservazioni e delle misurazioni, l’esecuzione del sopralluogo annuale (ispezione di controllo annuale) e la redazione di un rapporto annuale sullo stato ed il comportamento dell’impianto di accumulazione. Livello 3 3: Periti qualificati in ingegneria civile e in geologia. Sono responsabili per l’esecuzione di un esame approfondito della sicurezza della diga, della sua fondazione e dei dintorni. Questo avviene ogni 5 anni. I periti possono anche essere incaricati di svolgere indagini speciali per la sicurezza dell’impianto di accumulazione (sicurezza contro le piene, sicurezza in caso di eventi sismici ecc.). Livello 4: Autorità di vigilanza. L’Ufficio federale dell’energia UFE è l’autorità federale che esercita la vigilanza diretta sui grandi impianti di accumulazione, mentre i Cantoni esercitano la vigilanza sugli impianti che non sottostanno alla vigilanza diretta della Confederazione. L’autorità di vigilanza vigila sull’esecuzione dei compiti da parte del gestore in conformità alle esigenze di sicurezza per l’impianto di accumulazione. Verifica e convalida i rapporti di sicurezza ad essa inviati ed effettua regolarmente delle proprie ispezioni degli impianti di accumulazione. 2. Ruolo del gestore Nel contesto della sorveglianza dell’impianto, il gestore deve creare un’organizzazione che permetta di svolgere i com-

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Il gestore di un impianto di accumulazione è il titolare (anche de facto) dell’autorizzazione di messa in esercizio (art. 1 cpv. 5 OImA).

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Secondo l’art. 14 comma 2 OImA, Il gestore deve redigere un regolamento per la sorveglianza dell’impianto di accumulazione in caso di esercizio normale e di eventi straordinari e lo sottopone per approvazione all’autorità di vigilanza (regolamento di sorveglianza).

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Per gli impianti di accumulazione con un’altezza d’invaso di almeno 40 m o un’altezza d’invaso di almeno 10 m e una ritenuta superiore a 1 milione di m3 (art. 18 comma 1 OImA) o dopo decisione dell’autorità di vigilanza (art. 18 comma 4 OImA).

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piti del livello 1 di sorveglianza, con lo scopo di assicurare un controllo corrente. Quest’organizzazione è definita nel regolamento di sorveglianza. Il gestore in particolare deve (secondo l’art. 8 LImA): • Svolgere a intervalli regolari dei controlli visivi della diga, delle opere adiacenti e del terreno circostante; • Eseguire periodicamente misurazioni di controllo nella diga e nei dintorni, farne subito un controllo di massima e trasmetterli al professionista esperto (livello 2); • Almeno una volta all’anno eseguire una prova di funzionamento degli sfioratori e dei dispositivi di scarico (art. 15 OImA) e garantire il funzionamento dei mezzi di comunicazione. Il custode viene incaricato con l’esecuzione dei compiti di livello 1 4. In certi casi, per esempio per le prove di funzionamento degli sfioratori e degli organi di scarico o per le misurazioni geodetiche, il custode viene affiancato da altri collaboratori. Partendo dal ruolo centrale che occupa il custode per garantire la sicurezza dell’impianto, è fondamentale che il gestore tenga conto di questo fatto, e lo integri in maniera adeguata nella struttura della sua organizzazione. Il custode diga dev’essere capace di identificare una situazione particolare, rispettivamente una situazione a priori anomala, per poter informare il professionista esperto livello 2 e nei casi gravi anche i periti e l’autorità di vigilanza competente. Per fare ciò deve disporre delle conoscenze 4

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Figura 1. Ufficio dei custodi diga.

Figura 2. Diga con l’accesso via teleferica.

necessarie riguardo al funzionamento dell’impianto. È compito del gestore di assicurarsi che il custode disponga della formazione e dei mezzi necessari per poter eseguire i suoi compiti, nel rispetto delle regole di sicurezza in vigore. Il gestore deve badare che il rapporto tra l’ingegnere esperto (livello 2) e il custode sia buono e si basi sulla fiducia reciproca. In questo contesto, la trasmissione dei valori misurati (rapporto annuale preparato dal livello 2) conferma l’importanza dei suoi compiti. Ciò porterà il custode a meglio apprezzare l’importanza delle sue osservazioni, anche di quelle che a prima vista non gli sembrano importanti. Inoltre il gestore è responsabile che l’organizzazione di sorveglianza funzioni regolarmente tutto l’anno (compreso il periodo di vacanze, in caso di malattie o incidenti, e anche in inverno, quando l’accesso alla diga si presenta difficoltoso). Questo include anche l’organizzazione di supplenze, che possano riprendere i compiti con la medesima qualità. Inoltre, una scelta appropriata del sostituto aiuta a risolvere il problema della successione del custode se quest’ultimo si ritira a causa di pensionamento o altro. Questa assegnazione dei ruoli e dei compiti nella sorveglianza vale indipendentemente dalla grandezza, dal tipo e dallo scopo dell’impianto e indipendentemente se l’impianto è sorvegliato dalla confederazione o dal cantone. Le esigenze di sorveglianza, inclusa la loro entità e la loro organizzazione, dipendono tuttavia dall’impianto. A dipendenza della grandezza e della strumentazione presente si

riducono rispettivamente decadono certi compiti. Specialmente per piccoli impianti i compiti del custode diga possono essere congiunti con quelli del professionista esperto. Le seguenti descrizioni, che si riferiscono prevalentemente a grandi impianti, devono pertanto essere interpretate e applicate col giusto senso. 3.

Conoscenze e compiti del custode diga Il custode diga riveste una posizione importante nell’organizzazione di sorveglianza. È la persona che meglio conosce l’impianto. Egli si trova molto spesso sulla diga e nei dintorni, e dunque ne conosce ogni angolo, ogni fessura e ogni zona umida. Inoltre conosce anche lo stato attuale dell’impianto di misurazione e le sue caratteristiche sia positive che negative. Il custode diga, tramite le sue osservazioni, è in grado di dare al professionista esperto del livello 2 delle preziose informazioni sull’impianto e sul suo sistema di sorveglianza, informazioni che i risultati delle sole misurazioni non possono fornire. Perciò, il custode diga deve disporre di un’eccellente senso di osservazione e dev’essere affidabile nello svolgimento dei compiti a lui affidati. 3.1 Conoscenze del custode diga Il gestore deve assicurarsi che il custode diga disponga delle conoscenze richieste per svolgere i compiti a lui conferiti, talvolta sotto condizioni di lavoro difficili. Ciò in rispetto a: • Posizione e ruolo del custode diga nel sistema di sorveglianza disposto

Il custode diga può far parte dell’organizzazione del gestore, o può essere incaricato da quest’ultimo. Con riferimento ai termini usati nella legge sugli impianti di accumulazione (LImA) e l’ordinanza sugli impianti d›accumulazione (OImA) si dovrebbe usare piuttosto il termine di «custode dell’impianto» invece di «custode diga». A causa della denominazione tuttora usata per il CSD (Comitato svizzero delle dighe) e del termine analogo chiaro in lingua francese («barragiste») si rinuncia in questo documento all›adattamento del termine.

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dalla Confederazione. In particolare è essenziale che il custode diga comprenda l’importanza del suo lavoro perché possa fornire alle altre persone coinvolte nella sorveglianza delle indicazioni precise e rappresentative. In questo contesto è utile dare al custode degli esempi di analisi dei valori di misurazioni da lui eseguite. La catena d’informazione gli deve egualmente essere precisata. Ad esempio deve capire che il livello 2 di sorveglianza è un partner con il quale può (e deve) consultarsi, e non una persona che giudica il suo lavoro; Le basi tecniche della costruzione, della resistenza, del comportamento e della rottura di uno sbarramento dello stesso tipo del quale il custode ha la responsabilità. Queste conoscenze gli permettono di meglio orientare le sue osservazioni, per esempio portando la sua attenzione su comportamenti che potrebbero, a priori, sembrargli insignificanti. In quest’ambito si deve precisare al custode quali tipi di osservazioni e commenti si aspettano da lui nella raccolta degli atti 5. Per esempio, deve conoscere i criteri per segnalare o no un apertura di una fessura o una degradazione; Il funzionamento dettagliato e la manutenzione di base del sistema di misurazione del quale il custode è incaricato. Deve conoscere il funzionamento di ogni pulsante e rotella degli strumenti utilizzati per poter rimetterli, se necessario, in funzione normale dopo una falsa manipolazione. Deve anche conoscere il campo di affidabilità per i diversi strumenti (temperatura, umidità) e sapere cosa fare nel caso che certi limiti siano superati. La formazione corrispondente deve enfatizzare la manutenzione corrente di tutte le parti del sistema di misurazione, sia degli elementi fissi che degli strumenti mobili. Per quest’ultimi, deve anche conoscere le condizioni di conservazione degli strumenti. Le conoscenze del custode diga devono permettergli di giudicare quando uno strumento non funziona più in maniera soddisfacente e dev’essere inviato al produttore per manutenzione, riparazione o sostituzione. La formazione deve anche enfatizzare le (numerose) trappole di malfunzionamento o di errori che possono concernere il sistema di

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misurazione del quale il custode ha la responsabilità; La sicurezza sul lavoro, sia sul posto stesso che sulle vie d’accesso. Dev’essere sensibilizzato a riconoscere i diversi pericoli ai quali è esposto. Il custode diga deve assolutamente conoscere le disposizioni per l’utilizzazione del materiale di sicurezza messo a sua disposizione nonché l’uso appropriato del materiale; L’elaborazione e il trasferimento delle misurazioni e delle osservazioni del custode diga. Se le letture vengono registrate in un sistema di acquisizione digitale, il custode ne deve conoscere le diverse funzioni. Dev’essere capace di correggere una falsa manipolazione o di rimettere l’apparecchio in servizio dopo un semplice guasto. Inoltre, nel caso fosse necessaria la trasmissione dati verso un sistema remoto, ne deve conoscere i protocolli necessari per la connessione. Se è poi compito del custode trasferire le letture in un foglio elettronico, deve allora saper usare almeno le funzioni base di questo tipo di strumento. L’importanza e la responsabilità del custode diga non diminuisce con l’introduzione e l’utilizzazione di un sistema automatico di misurazione. Le misurazioni lette e trasmesse automaticamente sono dei dati supplementari che semplificano un po’ il lavoro del custode diga, e che possono aumentare il suo interesse per l’osservazione della diga nonché migliorare la sua capacità di capire il comportamento dello sbarramento.

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3.2.1 Controlli visivi periodici I controlli visivi sono importanti perché forniscono informazioni sull’opera che non sono contenute nei dati delle misurazioni. Poiché il custode non può osservare tutto ad ogni sopralluogo, si deve fissare un programma che definisca chiaramente per i vari sopralluoghi cosa si debba controllare e quando. Devono essere fissate delle priorità che ovviamente possono variare da opera a opera. Generalmente, i controlli visivi hanno lo scopo di osservare e protocollare ogni cambiamento, rispettivamente ogni

3.2 I compiti del custode diga I compiti di sorveglianza del custode diga possono essere suddivisi nelle categorie seguenti: 1. Esecuzione periodica dei controlli visivi della diga, delle opere adiacenti e dei dintorni; 2. Esecuzione delle misurazioni di controllo periodiche; 3. Esecuzione del controllo di plausibilità dei valori misurati (con valori teorici conosciuti o calcolati); 4. Manutenzione dell’impianto di misurazione, revisione degli apparecchi di misurazione, manutenzione dell’impianto; 5. Elaborazione dei valori di misurazione (introduzione in un sistema digitale);

La raccolta degli atti è la raccolta interna di tutte le osservazioni, avvenimenti e interventi concernenti l’impianto di accumulazione.

6. Controllo di funzionamento degli sfioratori e dei dispositivi di scarico. Inoltre il custode accompagna il professionista esperto durante le sue ispezioni, nonché l’autorità di vigilanza e i periti durante il sopralluogo nell’ambito della perizia quinquennale. Partecipa poi alle rispettive sedute che seguono le ispezioni. Ai custodi diga possono essere assegnati anche altri compiti. Questi possono tra l’altro toccare i seguenti campi: • Esecuzione di lavori di manutenzione correnti, per esempio rimuovere le efflorescenze ecc.; • Preparazione e partecipazione alle misurazioni da parte di specialisti esterni (p.e. misurazioni geodetiche); • Controllo del deflusso di dotazione, dell’intorbidamento delle acque, ecc.; • Altri lavori in relazione con la manutenzione più o meno corrente dell’impianto, in base alla sua formazione di base e alla sua esperienza professionale (lavori di muratura, impiantistica, meccanica etc.).

Figura 3. Lettura degli strumenti di controllo nello sbarramento.

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Le osservazioni principali sono: In estate • Presenza di sorgenti, zone umide e assestamenti a valle o sul pendio di una diga. • Stato della roccia in vicinanza della fondazione. • Stato delle opere adiacenti e della roccia in vicinanza delle opere di presa e di rilascio di quest’ultime. • Rilievi di eventuali danni causati dalla neve, da valanghe o da cadute di massi. • Controllo degli impianti di misurazione al di fuori del corpo diga (per esempio pilastrini e punti per misurazioni geodetiche). • Presenza e stato del materiale di sicurezza e salvataggio sulla corona diga. • Controllo del terreno attorno alla diga e delle rive del bacino. In inverno • Si deve prestare particolare attenzione alle infiltrazioni perché esse possono aumentare quando l’opera subisce delle deformazioni maggiori dovute alle basse temperature invernali. • Il funzionamento corretto dei pendoli e dei pendoli rovesci (per esempio effetti dovuti alla formazione di ghiaccio). • Verifica di possibili danni causati da

valanghe, osservazione di possibili formazioni di ghiaccio a valle della diga. Tutto l’anno • Con livello d’invaso basso, stato del paramento lato acqua. • Grado di umidità nelle gallerie di controllo, nonché lo sviluppo di deflussi d’infiltrazione e di drenaggio nelle gallerie di controllo o sul paramento di valle. • Perdite d’acqua nel terreno a valle della diga. • Formazione risp. allungamento di fessure nel corpo diga o nelle opere annesse. • Stato dell’impianto di misurazione. • Controllo dei mezzi di comunicazione. Controlli supplementari sono da prevedere nei casi seguenti • Durante e dopo le piene straordinarie. • Dopo un terremoto di intensità IV o maggiore sul luogo della diga. • Dopo la caduta di valanghe. • Dopo uno smottamento o una caduta di roccia. 3.2.2 Misurazioni di controllo periodiche Le misurazioni si svolgono in primo luogo secondo il regolamento di sorveglianza dell’impianto. Il programma del custode deve essere elaborato in modo che egli abbia abbastanza tempo per eseguire misurazioni di buona qualità. Lo svolgimento del sopralluogo è definito preferibilmente dal custode stesso. I seguenti principi sono importanti per svolgere con successo il lavoro di custode diga:

Figura 4. Controllo dei dintorni dello sbarramento. «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

Il custode non deve svolgere il suo lavoro solamente in modo meccanico, ma deve eseguire le sue misurazioni e osservazioni sempre con spirito e senso critici. • In casi dubbi o di comportamento straordinario è raccomandato di corredare i valori rilevati con commenti. Questi permettono al professionista esperto di giudicare l’attendibilità delle misurazioni e prendere in considerazione che eventualmente un’apparecchiatura di misurazione non funziona più correttamente. (Confronta anche la pubblicazione CSD Controllo e calibrazione delle apparecchiature di misurazione). Inoltre questi commenti permettono di prendere misure appropriate e di eliminare rapidamente eventuali difetti. • Dopo la misurazione, la verifica dei risultati con un controllo di massima l’eventuale inserimento dei dati in un programma o in una banca dati, il custode deve trasmettere i risultati e le osservazioni al più presto all’ingegnere esperto del livello 2. • Se il custode al controllo dovesse costatare dei valori che divergono in modo insolito dai valori precedenti o dai valori prestabiliti o che si trovano chiaramente al di fuori del campo delle misurazioni dell’anno precedente, anche tenendo conto della variazione del livello del lago e delle condizioni termiche, deve immediatamente avvisare il professionista esperto del livello 2. Per quanto concerne le misurazioni singole si devono sottolineare specialmente i seguenti punti: Pendoli • Durante una misurazione manuale di controllo di un apparecchio di teletrasmissione, deve essere controllata la corrispondenza tra i valori rilevati a mano e i valori indicati/registrati automaticamente (questa verifica può eventualmente essere fatta dal professionista esperto). • Almeno due volte l’anno si deve controllare se i pendoli si muovano del tutto liberamente nei pozzi e nei bacini di smorzamento. • Al pendolo rovescio si deve controllare regolarmente il livello del liquido nel bacino e verificare se il galleggiante si possa muovere liberamente nel bacino. • I pendoli la cui posizione per la teletrasmissione è ricavata tramite contatto (forchetta che tocca il filo) devono 203

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evoluzione dello stato dello sbarramento e delle sue parti strutturali o annesse, che queste siano all’interno o all’esterno dello sbarramento o nei dintorni. Il sistema di misurazione dello sbarramento deve altrettanto essere regolarmente ispezionato tramite controlli visuali dettagliati.


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essere controllati periodicamente senza forchetta, per assicurarsi che la posizione del filo non venga falsata dall’apparecchio di misurazione (attrito forchetta-filo) Sottopressioni • Per evitare che i risultati delle misurazioni siano falsati, i manometri devono essere tenuti costantemente sotto pressione. Dopo la misurazione della sottopressione si possono ovviamente aprire i manometri per breve tempo, per esempio per la misurazione delle perdite. Dopo la misurazione si deve però subito rimetterli sotto pressione. Clinometri • Gli impianti di misura con clinometro si incontrano in tante dighe ma in genere questi non vengono più usati regolarmente. Se si eseguono ancora queste misurazioni relativamente difficili si raccomanda di eseguirle almeno due volte all’anno. Essendo una misurazione con bolla d’acqua o elettronica, la misurazione si effettua poggiando lo strumento prima in un senso e poi nell’altro, facendo attenzione a mantenere uguale l’ordine di misurazione da una campagna di misurazione all’altra. Infiltrazioni • Per garantire dei risultati di misurazione corretti, impianti che misurano le perdite con un idrometro devono essere controllati regolarmente (controllo volumetrico). Estensimetri • L’ancoraggio delle aste di misurazione deve essere controllato periodicamente. Deformometri • Misurazioni con il deformometro lungo un foro devono essere eseguite prima dall’alto verso il basso, poi dal basso verso l’alto. Inoltre si devono considerare i valori di taratura secondo le indicazioni del fornitore. 3.2.3 Controllo di plausibilità dei valori misurati Prima che il custode lasci la diga, deve assicurarsi della plausibilità dei valori rilevati. Risultati insoliti devono essere controllati sul posto (nuova misurazione). E’ raccomandabile che il professionista esperto responsabile e il custode elaborino 204

assieme il metodo per effettuare questo controllo. Come aiuto pratico si sono resi utili fino ad oggi: • Diagrammi, che per i singoli posti di lettura mostrano la dipendenza della misurazione dal livello lago. • Valori di prognosi calcolati in precedenza (per esempio con un’analisi statistica). • Libretto delle misurazioni con i risultati rilevati l’anno precedente. • Tabelle, che riassumono i livelli del lago e i valori rilevati alle misurazioni precedenti per un periodo di alcuni mesi fino a un anno. • Valori aspettati rilevati direttamente dall’apparecchio portatile, calcolati con un modello di predizione. E’ ovvio che per il controllo di plausibilità dei risultati possono essere elaborati anche altri metodi simili. Di seguito sono elencati alcuni esempi tipici (elenco non esaustivo) di cause che conducono a dei risultati non plausibili, la maggior parte delle quali possono essere riconosciute con il controllo di plausibilità del custode: a) Errori di misurazione, qui si tratta maggiormente di: • Errori di lettura, per esempio errore dell’unità di misura di 1, 5 o 10; • Errori di trascrizione, per esempio 34 invece di 43 o 34.0 invece di 30.4, ecc.; • Errori di rilevamento quando si leggono i valori con un’apparecchiatura digitale. b) Posa scorretta dell’apparecchio di misurazione Questo errore succede ogni tanto con il cordiscopio, che si usa per il rilevamento della posizione dei fili del pendolo. c) Funzionamento scorretto dell’apparecchio di misurazione (vedi anche pubblicazione CSD «Controllo e calibratura di apparecchi di misurazione») Per ogni tipo di strumento di misura, le cause possibili di un malfunzionamento sono multiple, come errori umani (incorrettezze nell’istallazione, nella manipolazione o nell’interpretazione), interventi in prossimità degli apparecchi di misura (manutenzione, lavori, urti ecc.) o influssi esterni (formazione di ghiaccio, presenza d’acqua, efflorescente, movimenti rocciosi ecc.). Sono stati scelti i seguenti esempi riferiti ai pendoli: • Il filo del pendolo non si muove più li-

beramente a causa di un ostacolo, per esempio. · Le efflorescenze sulla parete di un pozzo sono talmente aumentate che toccano il filo. · Il filo tocca il collo del bacino contenente il liquido di smorzamento perché questo si è per qualche ragione spostato. · Dopo anni di servizio il fissaggio del peso del pendolo comincia a toccare il fondo del bacino del liquido. · Il movimento libero del filo del pendolo è ostacolato dall’attrito eccessivo che il sensore del rilevatore automatico esercita sul filo (avviene solo nei vecchi sistemi, i nuovi sistemi funzionano senza contatto diretto). Tutti questi errori provocano una deviazione del filo del pendolo dalla posizione verticale, che nell’analisi dei risultati si manifesta poi in spostamenti apparentemente anormali dell’opera. • Una misura del pendolo corrisponde male perché il pendolo era soggetto a oscillazioni lente durante la misurazione e il custode non le ha notate. • Oscillazioni veloci del filo perché questo era soggetto a correnti d’aria, il che impediva di mirare bene il filo. d) Altri avvenimenti: • Durante una misurazione si notano, a uno o diversi posti di lettura, valori significativamente cambiati. In questo caso si deve analizzare se la ragione è un comportamento anormale dell’opera o un difetto all’impianto di misurazione. Di seguito alcuni esempi: · Difetto all’apparecchiatura di lettura o misurazione · Un bullone di misurazione è stato danneggiato in occasione di lavori · Il filo del pendolo è leggermente deformato nella zona di lettura. Se poi il filo si gira attorno all’asse, fa dei piccoli movimenti laterali causati dall’eccentricità. · L’apparecchiatura di rilevamento o di misurazione è stata revisionata e in quell’occasione sono stati spostati dei parametri di misurazione. e) Trattamento dei dati delle misurazioni: Durante un’ulteriore elaborazione dei dati di misurazione con un programma o in una banca dati possono verificarsi errori di trascrizione o battitura. Gli esempi di questo capitolo mostrano che gli errori non possono mai essere esclusi e che i dispositivi di misurazione, anche se hanno fatto buona prova

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3.2.4 Manutenzione degli strumenti di misurazione e dello sbarramento E’ provato che solo strumenti di misurazione ben mantenuti che funzionano correttamente forniscono risultati di buona qualità. Siccome il custode è il primo interessato che gli strumenti siano in uno stato impeccabile, gli viene di regola anche affidata la loro manutenzione. Un custode non è però in grado di fare tutto da solo. E’ perciò necessario che il suo superiore registri accuratamente le osservazioni orali e scritte che il custode gli fa sullo stato degli strumenti di misurazione e dello sbarramento. È importante che il superiore discuta ogni tanto con il custode sullo stato degli strumenti di misurazione e della diga, ma anche sulle condizioni di lavoro. Ispezioni regolari di tutti i cunicoli di controllo e pozzi, come pure di tutti gli impianti di misurazione assieme al custode non sono solo raccomandate, ma addirittura indispensabili, poiché questi sopralluoghi permettono al superiore di rendersi conto sul posto dei problemi con cui è confrontato il custode. La manutenzione della rete di misurazione geodetica fa egualmente parte dei compiti di manutenzione, tenendo libere dalla vegetazione le visuali geodetiche e controllando regolarmente i punti di misura per rallentarne i danneggiamenti o la distruzione. Eventuali impedimenti delle visuali geodetiche da nuove installazioni (cartelli, ringhiere, costruzioni, etc.) saranno comunicate al geometra responsabile.

3.2.5 Elaborazione dei valori misurati Dopo ogni introduzione di dati in un programma o una banca dati si deve immediatamente controllare se i dati introdotti corrispondano con quelli del protocollo di misurazione. Con l’aiuto delle valutazioni nel programma o nella banca dati il custode può già eventualmente (nel caso di valori anomali o non plausibili) eseguire un altro controllo delle sue misurazioni (misurazioni di verifica). 3.2.6 Prove di funzionamento degli sfioratori e dei dispositivi di scarico Per reagire in modo preciso e veloce in una situazione di pericolo è importante che gli sfioratori e i dispositivi di scarico siano pianamente funzionanti e che i loro regolari controlli di funzionamento siano effettuati dal personale specializzato previsto e istruito per questo. In tanti casi, in conformità con il regolamento di sorveglianza e le specificazioni relative alle prove di funzionamento, questo compito è assunto del custode diga. 4. Conclusioni Sul ruolo e i compiti del custode diga si possono tirare le seguenti conclusioni: • Il custode diga è un collaboratore importante per il gestore, che rappresenta la base dell’organizzazione della sorveglianza degli impianti di accumulazione. Egli deve saperlo e bisogna informarlo in modo corrispondente. • I suoi compiti principali sono: controlli visivi dell’opera e dei suoi dintorni, esecuzione delle misure di controllo, verifica dei risultati con una prima analisi di plausibilità, la manutenzione dell’opera incluso l’impianto di misurazione, la trasmissione dei dati misurati al livello

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2 di sorveglianza, e le prove di funzionamento degli sfioratori e organi di scarico. L’organizzazione di sorveglianza di un impianto deve essere concepita in modo che la responsabilità del custode non venga diminuita dall’eventuale introduzione della teletrasmissione automatica dei dati. I dati supplementari che ne derivano gli dovrebbero invece semplificare il lavoro ed incrementare il suo interesse per il comportamento della diga. I requisiti per un custode diga sono: senso di responsabilità, iniziativa, capacità di lavorare in modo indipendente, precisione nel lavoro e capacità di comunicazione. Il gestore dell’impianto deve facilitare il lavoro del custode tramite un’organizzazione ben strutturata (incluse le supplenze). Il gestore deve assicurarsi che il custode abbia le conoscenze richieste per affrontare i compiti a lui affidati, rispettivamente che possa acquistarle e svilupparle grazie ad una formazione adeguata. Il presente documento è stato elaborato sotto la guida di Andres Fankhauser del gruppo di lavoro Osservazione delle dighe sulla base della versione scritta della presentazione di Walter Indermauer tenutasi nel 1983. La Commissione Tecnica (TEKO) del Comitato Svizzero delle Dighe ha approvato e sancito il documento il 18 novembre 2014.

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per tanto tempo, non funzionano sempre correttamente. Ciò conduce regolarmente alla situazione in cui il professionista esperto livello 2 deve richiedere al custode diga dei dettagli di certe misurazioni.


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Visuelle Kontrollen an Schüttdämmen von Stauanlagen Sophie Messerklinger

Zusammenfassung Die Analyse von weltweiten Dammversagen (derzeit sind dies gemäss ICOLD Statistik ca. 1% aller erbauten Schüttdämme) zeigt, dass die dominierenden Versagensursachen äussere oder innere Erosionen sind. Vor allem für das frühzeitige Erkennen von innerer Erosion sind visuelle Kontrollen durch geschultes Personal erforderlich. Regelmässige visuelle Kontrollen werden in der Schweiz an allen Schüttdämmen durchgeführt, die dem Stauanlagengesetz (StAG) unterstellt sind. Bei den regelmässigen visuellen Kontrollen werden (i) Sickerwasseraustritte und Feuchtstellen, (ii) Verformungen und Risse, (iii) Beschädigungen wie Abplatzungen oder Rutschungen und (iv) Messinstrumente und deren Funktionsfähigkeit überprüft. Die visuelle Kontrolle beschränkt sich dabei nicht nur auf den Schüttdamm selbst, sondern erstreckt sich auf alle Anlagenteile. Insbesondere werden die Dammkrone, die Widerlagerbereiche, die luft- und wasserseitigen Dammoberflächen, der Dammfuss, die Stollensysteme und Kammern, die Messeinrichtungen sowie die Entlastungsorgane besichtigt. Die visuellen Kontrollen werden in einem vierstufigen System durch die Talsperrenwärter, Fachpersonen, Experten und Aufsichtsorgane durchgeführt. Die Kontrollen der Talsperrenwärter sind im Überwachungsreglement für jede Anlage beschrieben. Spezielles Augenmerk wird dabei auf Veränderungen an der Anlage gelegt. Diese Veränderungen werden systematisch dokumentiert und in Zusammenarbeit mit der Fachperson in Bezug auf deren Auswirkung auf die Dammsicherheit analysiert. Mindestens einmal jährlich erfolgt eine visuelle Kontrolle durch die Fachperson und in entsprechend grösseren Abständen durch die Experten und Aufsichtsorgane, im Rahmen dessen die gesammelten Beobachtungen nochmals in Bezug auf die Dammsicherheit analysiert werden. Dieses mehrstufige System, wie es in der Schweiz praktiziert wird, hat sich für diese komplexe Aufgabe der visuellen Kontrollen gut bewährt.

1.

Sicherheitsüberwachung grosser Talsperren in der Schweiz Visuelle Kontrollen sind in der Schweiz an allen Schüttdämmen vorgesehen, die dem Stauanlagengesetz (StAG) unterstellt sind. Also jene Anlagen, mit mindestens 10 m Stauhöhe oder 5 m Stauhöhe bei einem Stauraum von mehr als 50 000 m3, sowie Anlagen mit einem besonderen Gefahrenpotenzial im Bezug auf Menschenleben oder Sachschäden bei einem Dammbruch (Art. 2, StAG) 1. Die Stauhöhe wird vom Niederwasser oder vom tiefsten Fundationsniveau aus gemessen. Diese visuellen Kontrollen werden einerseits im Rahmen der laufenden Kontrollen durch die Talsperrenwärter (Art 16,

1

StAG) und andererseits im Rahmen der jährlichen Kontrolle durch die gewählte Fachperson sowie, falls erforderlich, der Fünfjahreskontrolle 2 durch die Experten für Bau und Geologie im Beisein der Talsperrenaufsicht durchgeführt. Die visuellen Kontrollen erfolgen also von unterschiedlichen Personen und in unterschiedlichen Frequenzen (Bild 1). Die Talsperrenwärter kontrollieren in kurzen Zeitabständen (je nach Anlage täglich, wöchentlich, manchmal monatlich), mit dem vorrangigen Ziel, Veränderungen an der Anlage sowie deren Auswirkung auf die Dammsicherheit frühzeitig festzustellen und zu dokumentieren. Der Inhalt dieser visuellen Kontrollen ist für jede Anlage im Überwachungsreglement

(«Reglement für die Überwachung der Stauanlage im normalen Betrieb sowie bei ausserordentlichen Ereignissen», Art 14 StVO) beschrieben, welches eines der drei Reglements neben dem Wehrreglement 3 und dem Notfallreglement 4 ist, dass für jede in Betrieb befindliche Anlage vorliegen und von der Aufsichtsbehörde genehmigt sein muss. Die visuellen Kontrollen durch die Fachperson und die Experten erfolgen in längeren Zeitintervallen. Sie dienen als Grundlage für das Analysieren und Interpretieren der durch die Talsperrenwärter festgestellten Veränderungen in Bezug auf die Sicherheit der Stauanlage.

Im Stauanlagengesetz werden neben den «Stauanlagen» noch «grosse Stauanlagen» definiert als Anlagen mit (a) einer Stauhöhe von mindestens 25 m oder (b) 15 m bei mehr als 50 000 m3 Stauraum oder (c) 10 m bei mehr als 100 000 m3 (Art 3, StAG). Diese Unterscheidung von Stauanlagen und grossen Stauanlagen wird unter anderem für die Aufteilung der Zuständigkeit von Bund und Kantonen herangezogen (Art 22, StAG).

2

Fünfjahreskontrollen sind gemäss Stauanlagenverordnung (StAV) im Allgemeinen für Anlagen mit einer Stauhöhe von mindestens 40 m oder 10 m und mehr als 1 Mio m3 Stauraum erforderlich (Art 18, StAV).

3

«Reglement zur Bedienung der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen mit beweglichen Verschlüssen, die für die Bewältigung eines Hochwassers nötig sind», Art 11 StVO.

4

206

«Reglement zur Alarmierung der Behörden und der Bevölkerung im Notfall und zu dessen Bewältigung», Art 11 StVO. «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden


Talsperren-Tagung

− Kenntniss der Bemessungsgrundlagen der Anlage und der Baugeschichte − Kenntniss der Messeinrichtungen − Kenntniss der Messdaten, Beobachtungen und Unterhaltsarbeiten seit Ersteinstau; − Durchführen einer visuellen Kontrolle am Damm sowie den Neben- und Entlastungsanlagen − Plausibilitätskontrollen der Messresultate − Überprüfungen der Bemessungsgrundlagen − Interpretation der Beobachtungen im Bezug auf die Dammsicherheit − Durchführen von Berechnungen (Dammstabilität, Hochwasserableitung, etc.) aufgrund von neuen Erkenntnissen und Richtlinien

EXPERTEN

Jahresbericht

FACHPERSON

Funktionskontrollen der Entlastungsorgane

TALSPERRENWÄRTER

Kontrollmessungen mit Plausibilitätsüberprüfung und Wartung der Messgeräte;

5-Jahreskontrolle

Visuelle Kontrollen mit Aufzeichnung der Beobachtungen im Dammbuch und Interpretation bezüglich Dammsicherheit;

Jahreskontrolle

Überwachungsreglement

DAMM

Laufende Kontrolle

5 - Jahresbericht

H 10 m oder V 50´000 m3

AUFSICHTSBEHÖRDE Bild 1. Visuelle Kontrollen im Rahmen der Sicherheitsüberwachung grosser Talsperren. überwiegenden Teil von 94% die Versagensursache durch Erosionen begründet wurde. Einerseits durch äussere Erosionen (48%) und andererseits durch innere Erosion (46%). Diese Statistik bezieht sich auf Fälle vor 1986. Beispiele für aktuelle Dammbrüche sind in Bild 3 dargestellt. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass derzeit ca. 1% der Dämme im Laufe ihrer Lebensdauer versagen.

Bild 2. Statistische Auswertung der Versagensursachen von Schüttdämmen nach ICOLD Bulletin No. 164 und Foster et al. (2000). 2.

2.1

Sicherheit von Schüttdämmen

Statistische Auswertung der Dammversagen Im neuen ICOLD Bulletin Nummer 164 «Internal Erosion of existing Dams, Levees and Dikes, and their Foundations» wird eine statistische Auswertung der Ursachen für Dammversagen präsentiert.

5

Bis zum Jahr 1986 haben 146 5 der 11 192 damals bestehenden Schüttdämme also ca. jeder 77igste Damm weltweit versagt wobei 36% davon beim Ersteinstau oder in den ersten fünf Betriebsjahren und 64% zu einem späteren Zeitpunkt gebrochen sind. Die Auswertung der Versagensursachen, soweit diese bekannt waren, zeigte (Bild 2), dass nur 6% der Fälle durch Böschungsinstabilitäten versagten und beim

2.2 Äussere Erosion Als äussere Erosion werden Erosionsmechanismen an der Dammoberfläche, zum Beipiel aufgrund von Überstömen, umschrieben. Ursachen dafür können (i) grosse Flutwellen, (ii) geringe Hochwasserentlastungskapazitäten, (iii) nicht funktionierende bewegliche Entlastungsorganen, usw. sein. 2.3 Innere Erosion Als innere Erosion werden Mechanismen bezeichnet, bei denen Erosionen im Damminneren stattfinden, zum Beispiel wenn gemeinsam mit dem Sickerwasser auch

Die aktuell vom ICOLD präsentierte Statistik weist ca. 300 Dammbrüche bei ca. 36 000 bestehenden grossen Dämmen aus (siehe www.icold-cigb.org/GB/Dams/dams_safety.asp). Die Dammsicherheit hat sich in den letzten Jahrzehnten demnach etwas erhöht.

«Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

207


Talsperren-Tagung

Dammmaterial transportiert wird, das an anderen Stellen im Damm oder in der Fundation wieder abgelagert oder mit dem Drainagewasser ausgespült wird. Nachfolgend soll auf Mechanismen der inneren Erosion vertieft eingegangen werden, da besonders für innere Erosion, aufgrund deren lokalen Auftretens, die visuelle Kontrolle oft die einzige Methode darstellt, diesen fortschreitenden Mechanismus festzustellen. Bei der inneren Erosion werden vier Mechanismen unterschieden (Bild 4): (1) Erosion entlang von Rissen und Hohlräumen, (2) Rückschreitende Erosion, (3) Kontakterosion und (4) Suffosion. 2.3.1 Erosion entlang von Rissen und Hohlräumen Die Erosion entlang von Rissen und Hohlräumen tritt vorallem in kohäsiven Böden (Tone aber auch Silte mit scheinbarer Kohäsion) auf, in denen Risse und Hohlräume über längere Zeit stabil und offen bleiben. Solche Risse und Hohlräume entstehen zum Beispiel durch (i) differenziellen Setzungen an Zonen mit unterschiedlicher Steifigkeit, (ii) Porenwasserüberdrücke, (iii) Planzenbewuchs und Baumwurzeln oder (iv) Aktivitäten von Lebewesen wie Mäusen oder Murmeltieren usw. Bei diesem Erosionprozess konzentriert sich der Sickerwasserfluss entlang dieser Risse und Hohlräume. Es wird vermehrt Material erodiert und der Hohlraum ausgeweitet und verlängert bis zum oberwasserseitigen Zutrittsbereich des Sickerwassers. Ist dieser erreicht, vergrössert sich die Sickerwassermenge und der Erosionsprozess schreitet voran. Da dieser Mechanismus in der Entstehungsphase weder Setzungen noch wesentlich erhöhte Sickerwassermengen verursacht, ist er sowohl durch Messungen als auch durch Inspektionen schwer erkennbar und es sind entsprechend hohe Inspektionsfrequenzen erforderlich. 2.3.2 Rückschreitende Erosion Rückschreitende Erosion tritt in kohäsionslosen Böden bei kritischen hydraulischen Gradienten an freien Oberflächen auf. Dabei wird am Sickerwasseraustritt Dammkörpermaterial ausgeschwemmt. Dieser Mechanismus ist nur möglich, wenn sich erodierbares Material am Sickerwasseraustritt befindet. Der Mechanismus kann bei visuellen Kontrollen der Wasseraustrittsstellen gut erkannt werden. 2.3.3 Kontakterosion Kontakterosion kann bei Sickerwasserströmungen entlang von Schichtgrenzen, 208

Bild 3. Beispiele von Dammbrüchen der vergangenen Jahre: (a) Versagen eines homogenen Schüttdammes in Panama (Messerklinger, 2014) (b) Dammbruch eines gezonten Schüttdammes in Schweden (Ekström, 2012). 1

2

3

4 Kernzone

1 1 – Vertikale Risse durch differenzielle Setzungen und radiale Verformungen 2 – Austrocknung 3 – Rissbildung durch Porenwasserüberdruck 4 – Reibung und Aufhängung am rauhen Widerlager

Sickerwasserströmung

4

4

(a) Erosion entlang von Rissen und Hohlräumen

Rückschreitende Erosion

(b) Rückschreitende Erosion

Feinkörniges Dammmaterial

Sickerwasser(b) Rückschreitende Erosion strömung

Kontakterosion

Grobkörniger Untergrund

(c) Kontakterosion

Sickerwasserströmung

Intern instabiles Material z.B. Ausfallskörnung

(d) Suffosion

Bild 4. Mechanismen der inneren Erosion. wie sie zum Beispiel entlang der Dammaufstandsfläche gegeben sind, auftreten. Dabei wird das feinkörnigere Material mit dem Sickerwasser in das Grobkörnigere

bzw. in Felsspalten transportiert. Dies tritt auf, wenn die Filterkriterien nicht eingehalten werden (siehe auch Messerklinger & Straubhaar, 2011).

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3.

Talsperren-Tagung

2.3.4 Suffosion Bei der Suffosion werden die feinen Komponenten eines Bodens mit dem Sickerwasser durch das Korngerüst der grobkörnigen Komponenten gespühlt. Das tritt vorallem bei Dammmaterialien mit Ausfallskörnungen auf, wie sie für Flusschotter typisch sind. Die letzten beiden Mechanismen können, wenn sie in kohäsionslosen und locker gelagerten Materialien auftreten, Setzungen an der Dammoberfläche in Form von flachen Mulden verursachen. Da die Dammmaterialien im allgemeinen nicht locker gelagert, sondern gut verdichtet sind, kann der Erosionsmechanismus im Allgemeinen erst im fortgeschrittenen Stadium an der Oberfläche erkannt werden. Eine Analyse über das Risiko von innerer Erosion bei bestehenden Schüttdämmen kann basierend auf den bodenmechanischen Daten der verwendeten Dammbaumaterialien und der vorhandenen Untergrundbeschaffenheit erfolgen. Durchführen von visuellen Kontrollen

3.1

Beobachtungen bei visuellen Kontrollen Wie im Kapitel 2 aufgezeigt wurde, sind Erosionen die überwiegende Ursache von Dammversagen. Deshalb wird bei Schüttdämmen, zur frühzeitigen Erkennung von Erosionsmechanismen, unter anderem besonderes Augenmerk auf die Beobachtung bzw. Kontrolle der folgenden vier Aspekte gelegt.

Tabelle 1. Grundlagen zur Durchführung von visuellen Kontrollen an einem Schüttdamm.

3.1.1 Sickerwasseraustritte Bei Schüttdämmen bergen jegliche Arten von Sickerwasser die Gefahr von Erosionen des Dammkörpers oder des Untergrundes. Deshalb ist das Erkennen von Sickerwasseraustritten, deren Beobachtung und Messung ein wesentlicher Bestandteil von visuellen Inspektionen an Schüttdämmen. Nach dem Erkennen einer neuen Austrittsstelle wird beobachtet, ob Feststoffe mit dem Sickerwasser transportiert werden, ob sich die Wassermengen ändern und ob das Sickerwasser Verfärbungen aufweist. Tabelle 2. Vorbereitung auf die visuelle Kontrolle. 3.1.2 Verformungen Verformungen können Anzeichen von Vorgängen im Damminneren sein. Da Verformungen lokal in Form von Mulden oder Anrissen auftreten können, ist die visuelle Kontrolle neben den Deformations-

6

messungen ein wesentlicher Bestandteil der Sicherheitsüberwachung. Beobachtet werden Depressionen an den Dammoberflächen, lokal auftretende Vertiefungen, Anrisse, Verschiebungen, Setzungen

und differenzielle Setzungen, Risse in Erdbaustrukturen usw. 3.1.3 Beschädigungen Beschädigungen an den Anlagenteilen

Mit dem Begriff Untergrund werden hier Fels/Bodenvorkommen an den Talflanken und in der Talsohle zusammengefasst.

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209


Talsperren-Tagung

und an Kontaktstellen zum Beispiel zwischen Damm und Widerlager oder Betonbauteilen geben ebenfalls Hinweise auf Vorgänge im Damminneren oder im Untergrund. Beobachtet werden Risse und Abplatzungen an Betonstrukturen usw. 3.1.4 Messinstrumente Auch Messinstrumente sind einem Alterungsprozess ausgesetzt und können mit der Zeit ihre Funktionsfähigkeit verlieren und eigenartige Messdaten liefern, die zu Alarmsituationen führen. Um diesem vorzubeugen und auch, um die genau Lage und die Randbedingungen der Messinstrumente zu kennen, ist während der visuellen Kontrolle sinnvoll, zumindest augenscheinlich festzustellen, ob sich das Messinstrument noch in einem einwandfreien Zustand befindet. 3.2

Grundlagen für die Durchführung von visuellen Kontrollen Personen, die eine visuelle Kontrolle an einem Schüttdamm durchführen, informieren sich vorab über die Bauweise und das Verhalten des Dammes seit Inbetriebnahme. Eine Zusammenstellung einiger dieser Punkte ist in Tabelle 1 angegeben. 3.3

Vorbereitung von visuellen Kontrollen Vor der Durchführung von visuellen Kontrollen, insbesondere von Jahres- und 5-Jahreskontrollen, werden zumindest die in Tabelle 2 aufgelisteten Daten gesichtet. Vorgehen bei der Durchführung von visuellen Kontrollen Einerseits werden die visuellen Kontrollen nach einem Begehungsprogramm durchgeführt. So können Veränderungen zum Vorjahr beobachtet werden. Andererseits ist die Begehung so flexibel zu gestalten, dass auch, abweichend vom Begehungsprogramm, Anlagenteile soweit es der Talsperrenwärter, die Experten oder die Vertreter der Talsperrenaufsicht für notwendig erachten, besichtigt werden können. Für die visuelle Inspektion eines Schüttdammes kann zum Beispiel der folgende Ablauf für die Begehung gewählt werden: • Dammkrone: Fahrbahn, Kanten zur luft- und wasserseitigen Böschung, Leitwände • Widerlagerbereiche und Kontaktzonen Damm/Untergrund • Luftseitige Dammoberfläche: Wege, Dammoberfläche, Messeinrichtungen • Dammfuss: Kontaktzone Damm-/Un-

• • • • • • • •

tergrund und luftseitiger Talboden sowie Flanken Stollen und Galerien im Dammkörper und im Untergrund Kavernen: Drosselklappenkammer, Grundablass usw. Wasserseitige Dammoberfläche Hochwasserentlastungsanlagen Mittel- und Grundablässe Wasserfassungen und Zuleitungen Reservoirflanken Funktionskontrollen der Schütze

Fachperson, Experten, Aufsichtsbehörde) mit unterschiedlichen Qualifikationen und in unterschiedlichen Zeitabständen eine visuelle Kontrolle am Damm durchführen und eine Sicherheitsbeurteilung abgeben. Literatur Ekström, I. (2012). Recent dam incidents and failures in Sweden. ICSE6 Paris: 281–288. Foster, M., Fell, R ., Spannagle, M. (2000). The statistics of embankment dam failures and accidents. Canadian Geotechnical Journal 37:1000–1024.

3.5 Dokumentation Alle Beobachtungen, die während der visuellen Kontrolle gemacht werden, werden von den Talsperrenwärtern im Dammbuch dokumentiert. Die Fachpersonen und Experten dokumentieren ihre Beobachtungen in den jeweiligen Jaresberichten, die im Dokumentenarchiv der Talsperre verwahrt werden.

ICOLD Bulletin No. 164, Internal erosion of existing dams, levees and dikes and their foundations. Volume 1: Internal erosion processes and engineering assessment. Ed.: International Commission on Large Dams. http://www.icoldcigb.org. Messerklinger, S., Straubhaar, R. (2011). «Filter Design for a High Earth Core Rockfill Dam made of Moraine.» 79th ICOLD Annual Meeting. May 29–June 3, Lucerne, Switzerland: 229–238.

4. Zusammenfassung Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass visuelle Kontrollen einen wesentlichen Teil der Sicherheitsüberwachung von Schüttdämmen darstellen, da die massgebenden Versagensmechanismen der Erosion sehr lokal auftreten und oftmals nur schwer mittels automatisierten Messanlagen überwacht werden können. In der Schweiz ist die visuelle Kontrolle zur Sicherheitsüberwachung von grossen Schüttdämmen in einem vierstufigen System organisiert, in dem unterschiedliche Personen (Talsperrenwärter,

Messerklinger, S. (2014). Failure of a MembraneLined Embankment – Case Study. Geotextiles and Geomembranes 42(3): 256–266. Stauanlagengesetz (StAG) vom 1. Oktober 2010. Stauanlagenverordnung (StAV) vom 17. Oktober 2012. Anschrift der Verfasserin Sophie Messerklinger Dipl. Bauingenieur, Dr. sc. ETH Ernsting 25, A-5121 Ostermiething Tel. +43 660 5142 111 sophie.messerklinger@gmx.at

3.4

210

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Quadrokopterbasierte Messung von Oberflächengeschwindigkeiten Martin Detert, Jürg Trachsel, Volker Weitbrecht

Zusammenfassung Dieser Beitrag zeigt die Möglichkeit, Low-Cost-Quadrokopter in Kombination mit handelsüblichen Actioncams zur Vermessung von Oberflächengeschwindigkeitsfeldern typischer Mittellandflüsse einzusetzen. Zur Auswertung des Videomaterials wurde jedes Einzelbild automatisiert orthorektifiziert und mittels Bodenreferenzpunkten georeferenziert. Die so stabilisierten Videoaufnahmen wurden mithilfe eines Particle-Image-Velocimetry-Verfahrens, welches einzelne zeitlich aufeinanderfolgende Bildbereiche miteinander korreliert, in Oberflächengeschwindigkeitsfelder umgerechnet. Ein Vergleich mit zeitgleich aufgenommenen, akustischen Geschwindigkeitsmessungen verdeutlicht sowohl das generelle Potenzial der neuen Technik, als auch ihre für Feldmessungen hohe Genauigkeit. Anwendungsbereiche sind z.B. die Dokumentation von grossflächigen Geschwindigkeitsfeldern vor und nach Massnahmen zur Dynamisierung eines Gewässers oder die Schätzung von Abflussraten.

Résumé Cet article présente l’application d’un quadricoptère équipé d’une caméra miniature comme instrument à faible coût pour déterminer les vitesses de surface d’une rivière type du plateau suisse. Au cours du traitement des données, chaque image du flux vidéo est automatiquement rectifiée et géoréférencée grâce à l’utilisation de points de référence distribués dans le périmètre. Ces images stabilisées sont évaluées par vélocimétrie des images des particules (PIV), qui permet de déterminer les champs de vitesse de la surface de l’eau en corrélant les images consécutives. La comparaison avec des mesures de vitesse d’écoulement acoustiques effectuées simultanément montre une haute précision pour des données relevées sur site et prouve le potentiel de cette nouvelle méthode. Celle-ci ouvre la voie de plusieurs applications prometteuses, parmi lesquelles le calcul des vitesses d’écoulement avant et après des mesures de dynamisation d’un cours d’eau ainsi que l’estimation des débits d’eau.

1. Einleitung Die Verbreitung von sog. Unpiloted Aerial Vehicles (UAV, auch Drohnen) hat in den letzten Jahren in vielen zivilen Bereichen Einzug gehalten. Durch die einfache Steuerbarkeit, die ruhige Fluglage und die stark gesunkenen Anschaffungskosten sind sie für jedermann erschwinglich und zu bedienen. Auch dem Flussbauingenieur eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten zur Fernerkundung, Datenakquisition und -analyse. Eine anspruchsvolle Anwendung liegt in der bildbasierten Geschwindigkeitsmessung, wie der Particle Image Velocimetry (PIV, z.B. Adrian, 2005). Für den Einsatz im hydraulischen Versuchswesen ist diese Methode Stand der Technik. Ein Einsatz für Feldmessungen ist jedoch die

Ausnahme, da erforderliche Tracerpartikel meist keinen adäquaten Kontrast zur Wasseroberfläche geben. Daher verwendeten Sukhodolov et al., (2007) z. B. Schwimmkerzen bei Nacht. In anderen Studien wird auch die Bewegungsinformation von Oberflächenreflexionen, natürlichem Geschwemmsel oder Schaumkronen an der Oberfläche genutzt (Hauet et al., 2008, Dramais et al., 2011). Eine weitere Herausforderung besteht darin, einen optischen Zugang zu einem aussagekräftigen Bildbereich zu erhalten. Muste et al. (2008) haben PIV-Messungen mit fixierter Kamera von Brücken per Messfahrzeug mit Kragarm durchgeführt. Auch Hubschrauberbasiertes Oberflächen-PIV wurde bereits erfolgreich von Fujita und Kunita (2011) eingesetzt. Die Georeferenzierung

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erfolgte hier per Hand über markante Geländepunkte wie Strassenkreuzungen, Häuser oder Strommasten. Der Schwerpunkt ihrer Untersuchungen lag in der Abschätzung von Hochwasserabflüssen und nicht in der Beschreibung vollständiger Geschwindigkeitsfelder, sodass der Anspruch an die Genauigkeit deutlich geringer ist. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen haben Detert und Weitbrecht (2014 a, b) demonstriert, dass auch räumlich hochaufgelöste Geschwindigkeitsmessungen aus Helikoptern möglich sind, wenn eine Orthorektifizierung von Einzelbildern vorgenommen wird, die idealerweise auch automatisiert ist. Kürzlich haben Pagano et al. (2014) eine an einen Quadrokopter montierte Actioncam eingesetzt, um eine grobe Abschätzung der Oberflächengeschwindigkeiten an einem Bach anhand von Bildsequenzen von wenigen Sekunden zu klassifizieren. Tatsächlich fehlt jedoch eine standardisierte Methode, um qualifizierte, UAV-basierte Videos auszuwerten. Die VAW hat daher ein Messsystem entwickelt und getestet, das aus Actioncam, Quadrokopter, Tracerpartikel (sogenanntes «Seeding») und Georeferenzpunkten (GRP) besteht. Nachstehend werden die Messtechnik sowie die notwendigen Schritte der Bildbearbeitung beschrieben. Der Einfluss der Aufnahmen auf die Genauigkeit der berechneten, grossskaligen Oberflächengeschwindigkeitsfelder wird exemplarisch anhand von Messungen an der Thur im Kanton Zürich quantifiziert. Zusätzlich wird auf Basis dieser Daten eine Schätzung des Durchflusses vorgenommen. 2

Messtechnik

2.1 Aufnahme der Videos Messungen wurden an der Eggrankkurve der Thur (691 144/271 605) durchgeführt. Bis 2020 soll dort ein 4.5 km langer Abschnitt bis zur Mündung in den Hochrhein im Rahmen des Projektes «Hochwasser211


* Berechnet aus sämtlichen Distanzen der mittels Objekterkennung detektierten GRP (Beschreibung: s. Kap. 3)

Tabelle 1. Charakteristische Parameter der verschiedenen Flüge und der dazugehörigen Videoaufnahmen.

Bild 2. Quadrokopter DJI Phantom FC40 mit montierter 4KKamera GoPro Hero3+ Black-Edition (Orientierungsrichtung zum Boden, inkl. wasserdichtem Schutzgehäuse).

Bild 1. Untersuchungsbereich, mit am Ufer liegenden GRP (rotes x = Messung mit Leica GPS 1200, schwarzes x = einzelne, über den Tag verteilte Handmessungen mit Garmin eTrex) und fünf charakteristischen Einzelbildfeldern aus verschiedenen Messflügen (blaue Umrandung). schutz und Auenlandschaft Thurmündung» ökologisch aufgewertet werden (Mende et al., 2014). Bild 1 gibt einen Überblick vom Messgebiet, bei dem auch die nummerierten GRP und einzelne Bildausschnitte charakteristischer, während der Messflüge beobachteter Bildfelder dargestellt werden. In Summe wurden fünf Flüge durchgeführt (M1T1, M2T1, M3T1, M3T2, M4T1), mit jeweils einer Dauer zwischen 1.5–3.5 min. Jeder Flug hat einen Fokus auf ein einzelnes, spezifisches Areal mit mehreren GRP auf beiden Flussuferbereichen. 212

Tabelle 1 fasst die spezifischen Parameter der Flüge und der Videoaufnahmen zusammen, d.h. die Flughöhe über Grund hg, die Messdauer Δt und statistische Kennwerte der berechneten Auflösung in Pixel Per Meter (PPM). Letztere wird nachstehend über den BildsequenzMedian m für jeden GRP charakterisiert als (1) Mittelwert über alle GRP pro Messflug, d.h. μn,i als μ(m{n}){i}, und (2) die darauf bezogene Standardabweichung n,i als (m{n}){i}, mit n als Ganzzahl der Bildernummer und i als Ganzzahl der GRPNummer.

2.2 Kamera und Quadrokopter Bild 2 zeigt die verwendete Kamera und den Quadrokopter. Das Gesamtfluggewicht beträgt etwa 1200 g, wovon Kamera inkl. Schutzgehäuse etwa 130 g ausmachen. Videoaufnahmen wurden mit einer GoPro Hero3+ Black-Edition durchgeführt, deren Kosten etwa CHF 400.– betragen (Februar 2015). Die Kameraeinstellungen wurden zu einer Auflösung von 4096×2160 px2 und einer Bildrate von 11.988 Hz gewählt. Das Videobild wurde unter Verwendung des Wi-Fi 2.4 Ghz-Band von der Kamera live auf ein Smartphone am Boden übertragen, um die passende Aufnahmeposition zu finden. Während der Aufnahme selbst stand kein Videobild zur Verfügung. Als Quadrokopter wurde ein DJI Phantom FC40 eingesetzt, welcher leicht modifiziert wurde durch eine leistungsstärkere LiPo-Batterie, den Einbau eines Flugschreibers Flytrex Core V1 sowie eines zusätzlichen Dämpfungssystems der Kamerabefestigung. Auf eine kardanische Aufhängung (Gimbal) der Kamera wurde bewusst verzichtet, um dem Grundsatz eines Low-Cost-Projekts gerecht zu werden. Dies hat den Vorteil, dass durch das kleinere Fluggewicht die Flugdauer ver-

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längert wird. Typischerweise konnten so Flugzeiten von rund 6 min erreicht werden. Die Kosten für das Flugsystem belaufen sich auf etwa CHF 400.– (Februar 2015). 2.3 Seeding Zur Visualisierung des Strömungsfelds ist es notwendig, einen adäquaten Tracer zu finden. Dieser sollte so gleichmässig wie möglich auf der Wasseroberfläche aufgebracht werden, um im Anschluss eine PIVAnalyse der Videoaufnahmen durchführen zu können. Die Tracerpartikel sollten folgende Eigenschaften aufweisen: ein hinreichendes Schwimmverhalten, einen signifikanten Farbkontrast, eine passive Reaktion zur Strömung, die Möglichkeit zur einfachen Massenproduktion, adäquate Dimensionen (idealerweise > 3×3 px2 auf dem Kamerachip) und keine Beeinträchtigung der Wasserqualität. Gewählt wurden Fichtenholzschindeln mit einer Stärke von 2 bis 3 mm, zugeschnitten auf Abmessungen von 60×60 mm2. Für jede Videosequenz wurden einzelne Chargen von rund 1500 Stück zur Strömung gegeben. Die Schindeln wurden zuvor für einige Minuten in Eimern gewässert, um ihr Gewicht und die mögliche Wurfweite bei der Zugabe zu erhöhen. 2.4 Georeferenzpunkte (GRP) Ufernahe GRP werden als Ankerpunkte gebraucht, um die einzelnen Videobilder zu einer einheitlichen Referenz zu skalieren und zu transformieren. Die GRP wurden aus fabrikationstechnischen Gründen auf das Format A1 (594×841 mm2) mit einem schwarzen Mittelkreis von 90 mm Durchmesser und einem schwarzen Ring mit innerem und äusserem Radius von 130 mm bzw. 240 mm auf PVC-Banner gedruckt. Bilder 3a + b zeigen in der oberen linken Ecke einen solchen GRP. Die Mittelpunktkoordinaten der GRP wurden mit einem Leica GNSS-1200 System mit einer Standardabweichung von  ≤ 0.05 m terrestrisch eingemessen. 3. 3.1

Bildbearbeitung

Notwendigkeit der Bildbearbeitung Die aufgenommenen Kamerabilder haben in ihrer Rohversion für eine PIV-Auswertung im Wesentlichen zwei Unzulänglichkeiten. Zum einen erzeugt die asphärische Glaslinse einen Fischaugeneffekt, der mit der kostenfreien Software GoPro-Studio nachträglich im Rahmen des Postprocessings korrigiert wurde. Zum anderen führen die Schwankungen des fliegenden

Bild 3. Überblendung von je zwei Bildausschnitten bei Zeitabstand von 500.5 ms, (a) offensichtlicher Versatz verursacht durch unvermeidliche instabile Position des UAV, (b) nach Georeferenzierung, wodurch auch die Bewegung der Tracer deutlich wird; schwarze Rechtecke beziehen sich auf gleiche Areale von 300×450 px2 bzw. ~10.3×15.5 m2 und zeigen die Verformung der Ausschnitte im Zuge der Georefenzierung (Verdrehung und Stauchung). Quadrokopters zu einem instabilen Kamerabild, sodass jedes Einzelbild einen leicht anderen Bildausschnitt zeigt. Bild 3 zeigt jeweils zwei überblendete, Linsen-korrigierte Ausschnitte aus einer Videoaufnahme mit einem Zeitabstand 500.5 ms. Bild 3a zeigt den starken Versatz, der trotz des Einsatzes einer Gyrostabilisierung und einer vibrationsdämpfenden Kamerabefestigung entsteht. Bild 3b zeigt den, mit dem nachfolgend beschriebenen Verfahren stabilisierten, Ausschnitt der überblendeten Bilder. In den Bildern 3a + b ist je ein Areal einer Fläche von 300×450 px2 (~10.3×15.5 m2) markiert, in dem neben dem GRP und den Seedingpartikeln eine Person sichtbarist. Auf Basis der rechnerisch stabilisierten Aufnahmen (Bild 3b) kann im Anschluss eine bildbasierte Geschwindigkeitsberechnung durchgeführt werden. 3.2

Methode zur Einzelbildstabilisierung Die Grundidee zur Stabilisierung der Videos besteht darin, jedes Einzelbild mittels der ufernahen GRP zu georeferenzieren. Die dreistufige Prozedur lässt sich wie folgt zusammenfassen: • Vordefinition von sog. Regions Of Interests (ROIs) für jeden einzelnen, sichtbaren GRP • Identifizierung der ROIs-Umrandungen und der entsprechenden GRPKoordinaten [x, y] (px) auf sämtlichen Bildern der Videosequenz (SpeededUp-Robust-Features-(SURF-Schema, Herbert et al., 2008)

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Georeferenzierung von jedem Einzelbild mittels projektiver Transformation auf Hoch- und Rechtswertkoordinaten [N, E] (m). Das Verfahren wurde mithilfe des Softwarepaketes MATLAB (Mathworks) implementiert (Detert und Weitbrecht 2015a). Das Ergebnis ist eine weitgehende Eliminierung der Relativbewegung des Kamerabilds, so dass die Überblendung zweier Kamerabilder nur noch die strömungsbedingte Tracerbewegung zeigt. Positive Nebeneffekte sind, dass die Bilder georeferenziert und skaliert werden. Im Hinblick auf die finale Bestimmung der Strömungsgeschwindigkeit wurde hier für die Rasterinterpolation eine Skalierung von PPM = 32 px m-1 gewählt. 3.3

Genauigkeit der Videostabilisierung Nachstehend werden drei Fehlereinflüsse diskutiert, die nach der Videostabilisierung verbleiben. Sie haben direkten Einfluss auf die Genauigkeit der Geschwindigkeitsmessungen und entstehen aufgrund des approximativen, d.h. nicht idealen Charakters der durchgeführten projektiven Transformation. Positionsfehler Die Residuen [r, s] und ihre Euklidische Distanz REN geben Aufschluss über den Positionsfehler der Geolokalisierung. Sie quantifizieren, wie präzise das Ergebnis nach projektiver Transformation (Weltkoordinaten [NT, ET]) mit den «exakten» Punktko213


ordinaten aus terrestrischer Vermessung (Weltkoordinaten [N, E]) übereinstimmt. Die mathematische Definition lautet [r, s] = [NT, ET] - [N, E]

(1)

REN = (r2 + s2)1/2.

(2)

Als Kennwert des mittleren Positionsfehlers für jeden GRP wurde μn,i (REN) für die Testflüge berechnet und weist typische Werte zwischen 0.17–0.39 m auf. Die ermittelte Streuung n,i (REN) für eine Zeitreihe der Lage eines einzelnen GRP rangiert jedoch lediglich zwischen 0.03–0.05 m. Damit liegt auch der absolute Fehler der Position von im Anschluss berechneten Geschwindigkeitsvektoren bei rund 0.17– 0.39 m, bleibt jedoch für den Einzelvektor näherungsweise konstant. Deskalierungsfehler Ein Folgeeffekt des Positionsfehlers ist eine Deskalierung der realen Distanzen in jedem Einzelbild. Ein Mass für die Intensität DEN resultiert aus allen Kombinationen der Distanzen innerhalb eines Einzelbildes der transformierten GRP im Verhältnis zu den tatsächlich vor Ort geoterrestrisch vermessenen Distanzen. Die berechnete Standardabweichung n,i (DEN) zeigt, dass dieser Fehler die Genauigkeit pro Einzelbild mit weniger als 1% beeinflusst, wobei einzelne Distanzunterschiede als Extremwert um bis zu ±2% schwanken können. Deskalierungsfehler können daher vernachlässigt werden.

Verbleibende Versatzgeschwindigkeit nach Videostabilisierung Auch nach der Einzelbildstabilisierung verbleibt eine geringe Relativbewegung auf der Videosequenz und somit eine scheinbare Geschwindigkeit über Grund [uEN, vEN]. Diese und ihr euklidischer Wert UEN, sind definiert als [uEN, vEN] = [(rn+i – rn), (sn+i – sn)] / (tn+i – tn) (3) UEN = (uEN2 + vEN2)1/2.

(4)

Ein exemplarischer Whiskerplot für UEN eines Einzelflugs wird in Bild 4 gezeigt. Der Median von neun Werten für UEN liegt zwischen 0.02–0.05 m/s. Der Streubereich für einen Einzelwert von UEN kann relativ gross werden: Maximalwerte erreichen bis zum Dreifachen des Medians (ohne Betrachtung der Ausreisser). In Tabelle 2 sind die statistischen Parameter für UEN aus allen fünf Flügen zusammengestellt. Typischerweise ergibt sich für μn,i (UEN) als Kennzahl des mittleren Geschwindigkeitsfehlers ein Wert von ~0.03 m s-1, mit einer kleinen Streuung von n,i (UEN) ≤ 0.01 m s-1. Absolute Maxima liegen näherungsweise zwischen 0.06–0.11 m s-1, was in der Grössenordnung der langsamsten erwarteten Oberflächengeschwindigkeiten liegt. Im Vergleich mit der scheinbaren Geschwindigkeit über Grund vor der Videostabilisierung ist der verbleibende Fehler um den Faktor 50–100 reduziert. Der vorliegende Fehler erlaubt nun eine exakte Auswertung hin-

Bild 4. Exemplarische Whiskerplot-Darstellung der verbleibenden Versatzgeschwindigkeiten UEN für alle im Video zum Flug M2T1 detektierten GRP; horizontale (rote) Linie = Median, (blaue) Box = 25- und 75-Perzentile, (schwarze) Whiskers = Extremwerte, (rote) Pluszeichen = Ausreisser. 214

sichtlich der zeitlich gemittelten Fliessgeschwindigkeiten. 4.

Oberflächengeschwindigkeiten

4.1 Bearbeitung der Bildqualität Das wesentliche Ziel dieses Arbeitsschritts ist, die Seedingpartikel im Bild optisch hervorzuheben. Dazu wurde jedes Bild in ein 8-bit-Graustufenbild umgewandelt sowie anschliessend mit einem 7×7 Gaussfilter und einem Highpassfilter bearbeitet. Weiter wurde der Bildkontrast durch Filterung mit einem kontrastlimitierenden adaptiven Histogrammabgleich verstärkt. Uferbereiche wurden ausgeblendet. 4.2

Bestimmung der Fliessgeschwindigkeiten mit Particle Image Velocimetry (PIV) Die Fliessgeschwindigkeiten wurden unter Verwendung der georeferenzierten und gefilterten Bilder anhand eines PIVAlgorithmus bestimmt. Mit der Anwendung eines Kreuzkorrelationsverfahrens zwischen zwei Bildpaaren mit bekannter Zeitschrittweite wurde die Verschiebung von mehreren Partikeln bzw. Intensitätsmustern analysiert und die Geschwindigkeitsvektoren auf einem Raster dargestellt. Damit ist das gesamte Geschwindigkeitsfeld in Zeit und Raum diskretisiert, was im Vergleich zu Ergebnissen aus typischen Punktmessungen ein deutliches mehr an Information bei deutlich kürzerer Messdauer darstellt. Eine weiterführende Beschreibung der Methodik grossskaliger Oberflächen-PIV-Messungen wird z. B. in Weitbrecht et al. (2002) gegeben. Im vorliegenden Fall wurde die MATLAB-basierte Open-Source-Software PIVlab von Thielicke und Stamhuis (2014) genutzt, um die Geschwindigkeiten zu bestimmen. Die Bildanalyse wurde an Bildsequenzpaaren von [(1:6), (6:12), (12:18), ...] durchgeführt, um einen hinreichenden Zeitversatz zu erreichen. So werden Fehler aufgrund von unzureichend kleinen Partikelverschiebungen minimiert. Der PIVAlgorithmus wurde auf einem Gitter von 32×32 px2 mit 50% Überlappung angewendet. Mit einer Rasterskala von PPM = 32 px m-1 für die georeferenzierten Einzelbilder führt dies zu einem Vektorabstand von 0.5 m und einer zeitlichen Auflösung von 2.0 Hz. Sowohl unrealistisch grosse Strömungsvektoren als auch Fehlvektoren im Uferbereich wurden automatisch herausgefiltert.

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Bild 6. Vergleich von Geschwindigkeitsprofilen aus 3D-ACDP Messung in den obersten 0.25 m der Strömung und Airborne PIV (Punkte: Rohdaten, Linien: geglättet mit Savitzky-Golay Filter); Lage der Profile: siehe Bild 5.

Bild 5. Zeitlich gemitteltes Feld der Oberflächenströmung in einer Rasterauflösung von 1.0×1.0 m2 und 50% Überlappung, entsprechend einem Vektorabstand von 0.5 m, sowie Stromlinien. 4.3

Zeitlich gemitteltes Strömungsfeld Bild 5 gibt einen georeferenzierten Überblick über das zeitlich gemittelte Strömungsfeld innerhalb eines Flussabschnitts von 310 m Länge. Zusätzlich sind zugehörige Stromlinien dargestellt. Diese zeigen eine Strömungskonzentration zum äusseren Ufer hin. Auch Lage und Ausdehnung der Strömungsablösungszone entlang des inneren Kurvenbereiches sind deutlich erkennbar. Mit dem neuartigen Airborne-PIV-System können demnach zeitlich gemittelte Oberflächenströmungsfelder gut beschrieben werden.

Bild 7. Vergleich von Geschwindigkeitsprofilen aus tiefengemittelter 3D-ACDP-Messung und Airborne-PIV an der Wasseroberfläche (Punkte: Rohdaten, Linien: geglättet mit SavitzkyGolay-Filter) sowie zugehörige Querprofile der Wassertiefen; Lage der Profile: siehe Bild 5; Hinweis: horizontale Achsen nicht äquidistant.

Bild 6 zeigt vier Geschwindigkeitsprofile, die mit einem 3D-Acoustic-Doppler-Current-Profiler (ADCP, SonTek-RiverSurveyor M9) nahe der Wasseroberfläche quasi simultan gemessen wurden. Im Vergleich mit den Geschwindigkeitsdaten aus den PIV-Ergebnissen zeigt sich durchweg eine gute Übereinstimmung. Allerdings werden in den Bildern 5 + 6 auch Abschnitte mit grösseren Streuungen sichtbar, welche auf eine nicht hinreichende Dichte der Seedingpartikel oder auf den Einfluss von Wellen (Weisswasser und Oberflächenreflektionen) zurückzuführen sind.

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Tabelle 2. Charakteristische Parameter der scheinbaren Geschwindigkeit über Grund UEN (verbleibender Fehler aus Versatzgeschwindigkeit) sämtlicher Flüge nach Videostabilisierung. 215


4.4 Durchflussschätzung Bild 7 zeigt über die gesamte Wassertiefe gemittelte ADCP-Geschwindigkeitsprofile im Vergleich zu den Oberflächengeschwindigkeiten aus den PIV-Ergebnissen. Im Gegensatz zu Bild 6 zeigen hier beide Profile die Komponente von (U2+V2)1/2, die senkrecht zur jeweiligen Profilachse  steht, wobei U bzw. V die jeweilige Geschwindigkeitskomponente nach Ost bzw. Nord ist und  die Projektion indiziert. Weiter ist in Bild 7 auch die mit dem ADCP gemessene Wassertiefe h angegeben. Damit wird der Durchfluss folgendermassen abgeschätzt Q = ∫√(U2+V2) h d

(5)

Das PIV-System gibt nur die Information zur Oberflächengeschwindigkeit, im Gegensatz zur in Bild 7 ebenfalls dargestellten, über die ganze Wassertiefe gemittelten Geschwindigkeit aus den ADCP-Messungen. Der Einsatz der PIV-Ergebnisse ist bei der Bestimmung der Durchflussrate also limitiert. Um die daraus entstehenden Abweichungen näher zu betrachten, wird zunächst die Abweichung  vom Durchfluss QGauge, gemessen an der Pegelstation Andelfingen, definiert als

i = QGauge / Qj.

(6)

Dabei gibt der Index j entweder die Bestimmung über ADCP oder PIV. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die direkte Übertragung der Messdaten der Pegelstation unzureichend ist, da die Station 4.4 km oberstrom des PIV-Messbereiches liegt. Die Durchflussmessung QGauge wird daher auf die Situation an der Eggrankkurve umgerechnet, indem pauschal ein zeitlicher Versatz von 1 h angesetzt wird, entsprechend einer mittleren Fliessgeschwindigkeit von 1.22 m s-1. Es ergibt sich für die Messkampagne ein «in-situ»-

Durchfluss abfallend von 36.0 m3 s-1 um 13:00 Uhr bis 33.5 m3 s-1 um 21:00 Uhr. Tabelle 3 listet die Ergebnisse für Qj und j an den vier Querprofilen #6–9 auf (zur Lage siehe Bild 5). Die über die ADCPMessungen ermittelte Durchflussrate stimmt gut mit den Angaben der Messstation überein, mit (ADCP) bei lediglich 1%. Das Verhältnis von QGauge zu QPIV, d.h. PIV, liegt bei 0.88–0.99. Die direkte Verwendung der Oberflächengeschwindigkeit führt also zu einer Überschätzung des Durchflusses. Ein typischer Korrekturwert aus der Literatur ist  = 0.85, mit Werten von 0.9 für grössere Wassertiefen und 0.8 für geringere Wassertiefen (Creutin et al., 2003). Damit bestätigt der bei Profil #6 gefundene Wert von PIV = 0.88 tendenziell diese Literaturangaben. Profil #6 liegt im Einströmbereich der Kurve und hat damit ein relativ ungestörtes Geschwindigkeitsprofil. Die Profile #7–9 liegen jedoch in der Kurve bzw. in deren Nachlaufbereich, die dort deutlich abweichenden (höheren) iPIV Werte sind folglich erklärbar. Die Betrachtung der Situation zeigt, dass die Strömung deutlich von 3D-Effekten dominiert sein muss, sodass eine pauschale Abschätzung der tiefengemittelten Geschwindigkeiten über die Oberflächengeschwindigkeiten nicht genau ist. Im Fall einer homogenen Strömungsverteilung, wie bei Profil #6, erscheint die Annahme von PIV = 0.85–0.90 jedoch zu einer befriedigenden Abschätzungen der Durchflussrate zu führen. Eine extensivere Messkampagne ist notwendig, um die volle Variabilität von PIV zu interpretieren. 5.

Schlussfolgerungen und Ausblick Das Konzept einer Quadrokopter-basierten Geschwindigkeitsmessung konnte erfolgreich geprüft werden. Damit ist der Grundstein für eine neue Low-CostMesstechnik gelegt. Die Anschaffungs-

Tabelle 3. Vergleich der Abflussschätzungen Qj und deren Korrekturfaktoren j , j, Lage der Profile: siehe Bild 3. 216

kosten des getesteten Messsystems, bestehend aus modifiziertem Quadrokopter, Actioncam und Seedingmaterial betragen rund CHF 1000.–. Das eingesetzte Fluggerät in Kombination mit der Kamera eignet sich unter optimalen Bedingungen zur Erfassung hochwertiger Videoaufnahmen. Das angewendete Verfahren zur Bildstabilisierung anhand der automatisierten Georeferenzierung über Erkennung von Bodenreferenzpunkten bewährt sich zur Aufbereitung der Videoaufnahmen. Unvermeidbare Kameraschwankungen werden bis zu einer verbleibenden scheinbaren Geschwindigkeit über Grund von ~0.03 m s-1 bzw. ~1 px s-1 herausgefiltert. Die anschliessende Berechnung der zeitlich gemittelten Geschwindigkeitsfelder mittels PIV liefert somit eine hohe Genauigkeit. Zusätzlich lassen sich mit Kenntnis von Geometrie- bzw. Querprofildaten auch Durchflussschätzungen vornehmen. Die quasi als Nebenprodukt anfallenden georeferenzierten Bilder eignen sich zudem zur Dokumentation des IstZustands bei Revitalisierungs- oder sonstigen Baumassnahmen. In Kombination mit der Software BASEGRAIN (Detert und Weitbrecht, 2012; Detert und Weitbrecht, 2013) lassen sich bei gröberen Kiesbänken auch Korngrössenanalysen mit den aufgenommenen Videosequenzen durchführen. Verbesserungs- und Optimierungspotenzial des Verfahrens ist bei folgenden Punkten gegeben: • Verwendung eines Gimbals zur Reduktion von Kameraschwankungen • Vergrösserte GRP zur verbesserten Detektion von Referenzpunkten • Korrektur der Linsenverzerrung durch Bestimmung der effektiven Kameraparameter anstelle von pauschalen Black-Box-Korrekturwerten gemäss Kamerahersteller • Gleichmässige Verteilung, Erhöhung der Anzahl und Variation der Abmessungen der Tracerpartikel je nach Flussbreite und Flughöhe (alternativ: Nutzung von Lichtreflexionen an Oberflächenwellen) • Einbezug vollständiger Zeitreihen anstelle der Nutzung nur jedes sechsten Videobilds (wie im vorliegenden Fall) zur Herausfilterung unpräziser Datenpunkte bei GRP-Detektion oder einzelner PIV-Fehlvektoren analog Despiking-Methode (Goring und Nikora, 2002) • Durchflussschätzungen nach Johnson und Cowen (2014), wobei die lokale Abflusstiefe über turbulente Län-

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genskalen geschätzt wird und somit keine direkte Messung der aktuellen Abflusstiefe erforderlich ist. Ziel ist es nun, dieses Verfahren zur Anwendungsreife zu bringen. Es soll einsetzbar sein für Zwecke des flussbaulichen Monitorings, zur Durchflussschätzung oder für weitere Fragestellungen bei grossräumigen Strömungsstrukturen. Dem Endnutzer soll damit in naher Zukunft ein möglichst universelles Bildbearbeitungs-Tool für UAV-basierte Luftbildvideos zur Anwendung im Fluss- und Wasserbau zur Verfügung gestellt werden.

  

= Profilachse (m)

River Flow Lausanne, Switzerland, 1935–1941.

= Achse senkrecht zur Profilachse (m)

Mende, M., Pellandini, S., Grober, O., Lüthi, P.,

= Standardabweichung (..)

Oplatka, M. (2014). Ökologische Aufwertung der Thur an der Eggrankkurve bei Andelfingen ZH.

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velocimetry. Proc. ASME 2014 Dynamic Sys-

R.M. Muños (Ed.), Taylor & Francis Group, Lon-

tems and Control Conf., San Antonio, USA,

Danksagung

don, ISBN 978-0-415-62129-8, 595-600.

DSCC2014-5838.

Wir danken der Monitron AG, Altdorf, für die

Detert, M., Weitbrecht, V. (2013). User guide to

Sukhodolov, A., Uijttewaal, W.S.J., Schnauder,

Messung und Aufbereitung der 3D-ADCP-Da-

gravelometric image analysis by BASEGRAIN.

I., Sukhodolova, T.A., Erdbrink, C., Brevis, W.,

ten und für die terrestrische Einmessung der

Advances in Science and Research, S. Fu-

Garcia, X.-F., Pusch, M.T., Gabel, F. (2007).

GRP. Ebenfalls möchten wir die wertvolle Ein-

kuoka, H. Nakagawa, T. Sumi, H. Zhang (Eds.),

Quantitative visual methods for natural stream:

führung in die UAV-Technologie durch Maros

Taylor & Francis Group, London, ISBN 978-1-

Examples and perspectives. Proc. 32nd IAHR

Bláha (Institut für Geodäsie und Photogram-

138-00062-9, 1789–1795.

Congress Venice, Italy, 68–78.

metrie, ETH Zürich) sowie Dominik Smaniotto

Detert, M., Weitbrecht, V. (2014a). Helicopter

Thielicke, W., Stamhuis, E.J. (2014). PIVlab:

wertschätzen.

based surface PIV experiments at Thur River.

Time-resolved digital Particle Image Veloci-

Proc. 7th Int. Conf. River Flow Lausanne, Swit-

metry tool for MATLAB (version: 1.35).

Finanzierung

zerland, 2003–2008.

dx.doi.org/10.6084/m9.figshare.1092508

Teile dieser Arbeit wurden unterstützt durch das

Detert, M., Weitbrecht, V. (2014b). Oberflächen-

Trachsel, J. (2014). Grundlagenarbeiten für ein

Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL)

PIV aus Helikopteraufnahmen. Intl. Symposium

River Monitoring. Masterarbeit. Versuchsan-

des Kantons Zürich.

Wasser- und Flussbau im Alpenraum, R. Boes

stalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziolo-

(Ed.), Zürich, 389–398.

gie (VAW), ETH Zürich, Zürich, unveröffentlicht

Bemerkung

Detert, M., Weitbrecht, V. (2015a). A low cost

Weitbrecht, V., Kühn, G., Jirka, G.H. (2002).

Der vorliegende Aufsatz orientiert sich stark an

airborne velocimetry system: proof of concept.

Large-scale PIV-measurements at the surface

der Masterarbeit von Jürg Trachsel (2014) und

J. Hydr. Research, DOI:

of shallow water flows. Flow Meas. Instr. 13(5-

an zwei englischsprachigen Veröffentlichungen

10.1080/00221686.2015.1054322.

6), 237–245.

von Detert und Weitbrecht (2015a+b).

Detert, M., Weitbrecht, V. (2015b). Estimation

Parameter

of flow discharge by an airborne-velocimetry-

Anschrift der Verfasser

system. Congrès SHF Drones et hydraulique.

Martin Detert, Wiss. Mitarbeiter Abteilung Fluss-

DEN

= Deskalierungsfehler (-)

Paris, April 2015, im Druck (La Houille Blache,

bau, Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrolo-

GRP

= Georeferenzpunkt (-)

DRONES-6).

gie und Glaziologie (VAW), ETH Zürich, Höng-

h

= Wassertiefe (m)

Dramais, G., Le Coz, J., Camenen, B., Hauet, A.

gerbergring 26, CH-8093 Zürich

hg

= Flughöhe über Grund (m)

(2011). Advantages of a mobile LSPIV method

detert@vaw.baug.ethz.ch

i, j, n

= Ganzzahlwerte (-)

for measuring flood discharges and improving

Jürg Trachsel, Doktorand Abteilung Schnee und

m

= Median (..)

stage-discharge curves. J. Hydroenviron. Res.

Permafrost, WSL-Institut für Schnee- und La-

N, E

= Hochwert (Northing) und Rechts-

5(4), 301–312.

winenforschung SLF, SLF Davos, Flüelastr. 11,

wert (Easting) (m)

Fujita, I., Kunita, Y. (2011). Application of aerial

CH-7260 Davos Dorf, juerg.trachsel@slf.ch

= Hochwert (Northing) und Rechts-

LSPIV to the 2002 flood of the Yodo River using a

Volker Weitbrecht, Leiter Abteilung Flussbau,

wert (Easting) berechnet über Trans-

helicopter mounted high density video camera.

Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und

formation (m)

J. Hydroenviron. Res. 5(4), 323–331.

Glaziologie (VAW), ETH Zürich, Hönggerberg-

PPM

= Pixel pro Meter (px m-1)

Goring, D., Nikora, V. (2002). Despiking Acou-

ring 26, CH-8093 Zürich

Q

= Durchfluss (m3 s-1)

stic Doppler Velocimeter data. J. Hydraul. Eng.

weitbrecht@vaw.baug.ethz.ch

r, s

= Residuen des Positionsfehlers (m)

128(1), 117–126.

REN

= (r2 +s2)1/2 (m)

Hauet, A., Creutin, J.D., Belleudy, P. (2008).

t

= Zeit (s)

Sensitivity study of large-scale particle image

U, V

= Oberflächengeschwindigkeit (m s-1)

velocimetry measurement of river discharge

uEN, vEN = Scheinbare Geschwindigkeit über

using numerical simulation, J. Hydrol. 349(1-2),

NT, ET

Grund nach Videostabilisierung (m s-1)

178–190.

UEN

= (uEN 2 +vEN 2)1/2 (m s-1)

Herbert, B., Ess, A., Tuytelaars, T., Van Gool,

x, y

= Bildkoordinaten (px)

L. (2008). SURF: Speeded Up Robust Features.

μ

= Mittelwert (..)

Comp. Vision Image Underst. 110(3), 346–359.

j

= Tiefengemittelter Korrekturwert zur

Johnson, E., Cowen, E. (2014). Remote monito-

Abschätzung von Q aus Oberflächen-

ring of volumetric discharge based on surface

geschwindigkeiten (-)

mean and turbulent metrics. Proc. 7th Int. Conf.

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217


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Heimische Flusskrebse in Bedrängnis Gewässerrenaturierung und Kraftwerksanierung – Fluch oder Segen?

Raphael Krieg, Armin Zenker

Zusammenfassung Jene sind eher in der Minderheit, die wissen, dass unsere Gewässer von gepanzerten, unscheinbaren, etwa handgrossen Gesellen bevölkert werden. Im Schutze der Nacht und immer bereit sich schnell aus dem Staub zu machen, suchen sie den Gewässergrund nach Nahrung ab. Dies sind unsere Flusskrebse. Die drei einheimischen Arten werden von vier aus Amerika eingeschleppten Invasoren verdrängt und ohne unser Einschreiten werden bald keine indigenen Flusskrebse mehr in der Schweiz vorhanden sein. Die sich seit Anfang 2014 im Aufbau befindliche Koordinationsstelle Flusskrebse Schweiz (KFKS) setzt sich für den Erhalt der heimischen Flusskrebse ein. Eine der Möglichkeiten, die Ausbreitung der exotischen Krebse zu verhindern, ist das Errichten von Krebssperren. In den letzten beiden Jahren wurden in der Schweiz bereits erste Feldversuche in einer Fischtreppe, einem Industriekanal und einem natürlichen Gewässer durchgeführt. Die Ergebnisse lassen hoffen, dass es bald eine praktikable Lösung gibt und auch unsere Nachkommen noch einheimische Flusskrebse in Bächen antreffen können.

1. Flusskrebse im Gewässer Die Relevanz der nachtaktiven Gesellen im Ökosystem Gewässer ist nicht zu unterschätzen. Sie gelten als Bioindikatoren für intakte Gewässer. Durch ihren vielseitigen Ernährungsplan gehören Sie zu den Organismen, die den Lebensraum Wasser massgeblich beeinflussen. Unterwasserpflanzen werden in Schach gehalten, tote Fische beseitigt, der Untergrund umgegraben und junge Krebse dienen Fischen und anderen Tieren als Futter (Usio & Townsend, 2004; Dorn & Wojdak, 2004; Statzner, et al., 2003). Lange Zeit galten Flusskrebse als das tägliche Brot der Fischer. In riesigen Mengen wurden sie aus den Gewässern gefangen und verkauft. Aus Ostpreussen ist aus früherer Zeit eine Verordnung bekannt, in der steht, dass es verboten ist «dem Gesinde öfter als dreimal die Woche Krepsen als Speis vorzusetzen» (Hager, 2003). Heute ist das Essen von Flusskrebsen in der Schweiz bekanntlich nicht mehr stark verbreitet und eher auf der Menükarte nobler Restaurants als in jedermanns Heimküche anzutreffen. 2. Bedrohungen Die früher noch häufig anzutreffenden heimischen Flusskrebse sind heute selten geworden. Der Lebensraumverlust durch Gewässerverbauungen, -verschmutzung

und die invasiven Flusskrebsarten aus Amerika machen den Tieren zu schaffen (Holdich et al., 2010; Peay & Füreder, 2011; Stucki & Zaugg, 2011). Früher wurden amerikanische Arten sogar gezielt als Speisekrebs ausgesetzt (Füreder, 2009). Die nordamerikanischen Konkurrenten sind Überträger der Krebspest (Aphanomyces astaci), einem Eipilz (Oomycet) gegen den sie selbst jedoch immun sind (Holdich et al., 2010; Vennerström et al., 1998). Unsere bereits bedrohten Bestände werden bei einem Krebspest-Befall fast gänzlich ausgelöscht. Die invasiven Arten sind zudem konkurrenzstärker und verdrängen die lokalen Arten (Usio et al., 2001; Vorburger & Ribi, 1999). Ausserdem haben sie einen starken Einfluss auf das gesamte Ökosystem und führen zu einer geringeren Biodiversität und Fischdichte (Matsuzaki et al., 2012; Ficetola et al., 2012; Klose & Cooper, 2012; Mccarthy et al., 2006; Nunes et al., 2013). Dieses Problem gibt es nicht nur in Mitteleuropa. Um den ganzen Globus; in Amerika, England und sogar Madagaskar kämpft man gegen die eingeschleppten Arten (Jones et al., 2007; Harlioğlu & Harlioğlu, 2006; Scalici et al., 2009). In der Schweiz ist es seit einiger Zeit verboten exotische Krebse zu halten und einzuführen (Hefti & Stucki, 2006).

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3. Situation in der Schweiz Den drei heimischen Flusskrebsarten: dem Edelkrebs (Astacus astacus), dem Dohlenkrebs (Austropotamobius pallipes) und dem Steinkrebs (Austropotamobius torrentium) stehen vier gebietsfremde Arten gegenüber: der Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus), der Kamberkrebs (Orconectes limosus), der Rote Amerikanische Sumpfkrebs (Procambarus clarkii) und der aus Osteuropa stammende Galizische Sumpfkrebs (Astacus leptodactylus). Dabei macht der Galizische Sumpfkrebs am wenigsten Probleme, da er selbst der Krebspest zum Opfer fällt und seine ökologische Nische sich nicht mit der des Dohlen- und Steinkrebses überschneidet (Cammà et al., 2010).Im Gegensatz dazu stehen die amerikanischen Arten, die sich stark ausbreiten und stetig dabei sind neue Gewässer zu erobern. Der Kamberkrebs breitet sich dabei bevorzugt in grösseren Fliessgewässern aus. Er dringt nicht wie der Signalkrebs in kleinere Seitengewässer vor, wo dieser heimische Dohlen- und Steinkrebsbestände verdrängt (Füreder, 2009). Eine weitere invasive Art, die sich langsam im Rhein ausbreitet und bald in der Schweiz ankommt, ist der Kalikokrebs (Orconectes immunis) (Rey et al., 2005; Gelmar et al. 2006). Auch er gilt als Überträger der Krebspest (Schrimpf et al., 2013). Gemäss der Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei (VBGF) von 1991 gelten Stein- und Dohlenkrebse in der Schweiz als stark gefährdet, der Edelkrebs als gefährdet. Die Kantone sind dazu verpflichtet Massnahmen einzuleiten, um die Ausbreitung der invasiven Bestände zu verhindern als auch Lebensräume einheimischer Arten zu schützen (Stucki & Zaugg, 2011). Um die weitere Ausbreitung der Invasoren und ein völliges Verschwinden der heimischen Arten zu verhindern, gilt es nun sofortige Massnahmen zu treffen. Je länger mit dem Handeln gewartet wird, desto schwieriger wird das Problem zukünftig zu lösen sein (Edgerton & Jussila, 2004). 219


4. Flusskrebsberatung Schweiz Aus den obengenannten Gründen wurde im Frühling 2014 die Koordinationsstelle Flusskrebse Schweiz (KFKS) vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) ins Leben gerufen. Sie ist seitdem in der dreijährigen Aufbauphase. Der Auftrag wird von der Fachhochschule Nordwestschweiz ausgeführt, welche einen Arbeitsplatz in Muttenz (BL) für die Koordinationsstelle eingerichtet hat. Sie unterstützt die Kantone bei Bekämpfungs- und Schutzmassnahmen, welche im «Aktionsplan Flusskrebse Schweiz» (Stucki & Zaugg, 2011) beschrieben sind. Weitere Aufgaben sind die Bereitstellung eines Kompetenzzentrums und das Führen eines nationalen und internationalen Netzwerks, um auf dem neusten Stand der Forschung zu sein. Sie realisiert, begleitet und stösst neue Projekte zum Erhalt der heimischen Flusskrebse an. Die Internetseite www.flusskrebse.ch, bietet zudem Informationen und Aktuelles rund um die Thematik der Flusskrebse. Einmal jährlich wird im Herbst ein Flusskrebssymposium veranstaltet, welches die neuesten Erkenntnisse und Wissenswertes über Flusskrebse an im Flusskrebsschutz beteiligte Personen weitergibt. Mithilfe von Öffentlichkeitsarbeit soll die Bevölkerung für die Thematik sensibilisiert werden. Für die KFKS ist die Zusammenarbeit mit den Fischereiverantwortlichen der Kantone und Fachleuten sehr wichtig. Es geht darum, die bereits gewonnenen Erfahrungen der Kantone zu sammeln, um sie dann weiterzugeben. Stopp der Ausbreitung invasiver Flusskrebse Die amerikanischen Flusskrebsarten befinden sich in ständiger Ausbreitung. Verschiedene Massnahmen wurden bereits eingeleitet. Neben dem Haltungs- und Verkaufsverbot von exotischen Flusskrebsen in der Schweiz ist es verboten, die Tiere zu fangen, zu transportieren oder auszusetzen (Füreder 2009). Durch starke Befischung erhofft man sich bei einigen Beständen einen Ausbreitungsstopp, da dadurch der Populationsdruck verringert wird (Moorhouse & Macdonald, 2011). Zu diesem Zweck wurden auch Raubfische, wie Aale oder Hechte, in betroffene Gewässer ausgesetzt (Stucki & Zaugg, 2011; Flückiger & Müller, 2002). Die Dezimierung durch Befischung oder Räuber wird aber nie zum Verschwinden einer Population führen (Gherardi et al., 2011). Methoden, wie sie in England eingesetzt werden, wie beispielsweise durch Verschütten oder Vergiften von Populationen (Peay, 2001;

Peay & Hiley, 2006) sind in der Schweiz schwer umsetzbar. Die Lösung hierzulande liegt in sogenannten Krebssperren. Diese stoppen die weitere Ausbreitung der invasiven Arten und schützen somit heimische Bestände im oberhalb liegenden Gewässerabschnitt. Das Ziel mit Sperren die Ausbreitung zu verhindern, kollidiert aber direkt mit der vom Bund angestrebten Vernetzungsstrategie der Gewässer. Die Fischgängigkeit der Gewässer soll die Fischwanderung ermöglichen (Göggel, 2012). Leider hilft dies auch den invasiven Krebsen sich weiter auszubreiten. Somit ist es anzustreben von Fall zu Fall unterschiedlich zu entscheiden, ob ein vorhandenes Querbauwerk zum Schutze heimischer Populationen bestehen bleiben soll oder nicht. Konzepte für fischpassierbare Sperren sind jedoch ebenso in der Entwicklung. 6.

Krebssperrenprojekt 2013/14 Wie man Krebssperren baut und wie man deren Tauglichkeit testet, ist ein grosses Thema. In Deutschland (Frings et al., 2013) und den USA (Ellis, 2005) wurden bereits Versuche zur Überwindbarkeit von glatten Oberflächen bei verschiedenen Strömungsgeschwindigkeiten und Winkeln unternommen. Diese Erkenntnisse sind wichtig, um funktionierende Sperren zu entwickeln. Um das theoretische Wissen in der Praxis umzusetzen, wurden in den Jahren 2013 und 2014 Projekte mit Krebssperren durchgeführt (Krieg et al., 2013).

Dabei ging es um fischgängige Sperren, Sperren in natürlichen Gewässern und das Sammeln von Erfahrungen im Einbau von Sperren in Fischtreppen. Folgend werden die verschiedenen Teilprojekte vorgestellt und die Resultate präsentiert. 7.

Fischpassierbare Krebssperre Im St.-Albanteich, einem Industriekanal in Münchenstein (BL), wurde 2013 ein erster Versuch mit einer Sperre gestartet, die das Aufsteigen der Flusskrebse verhindern sollte, aber für Fische seitlich passierbar wäre (Krieg et al., 2013) (Bild 1). Der Kanal hatte einen regulierbaren Wasserstand und besass auf beiden Seiten eine steile unüberwindbare Betonwand. Total wurden 300 Signalkrebse direkt unterhalb der Sperre ausgesetzt und mit ober- und unterhalb platzierten Reusen überprüft, ob diese die Sperre überwinden können oder flussabwärts wandern. Theoretisch war eine Überwindung nicht möglich. Aufgrund zeitweiser Absenkung des Wasserstandes wegen Bauarbeiten am Kanal sank die Strömungsgeschwindigkeit von den benötigten 0.65 m/s auf stellenweise unter 0.4 m/s. Zudem zeigte sich, dass die Konstruktion teilweise unterspült wurde. Ob dies der Grund war, wieso ein weiblicher Krebs die Sperre überwinden konnte, kann nicht bestätigt werden. Eine wichtige Erkenntnis war, dass sich mit den eingesetzten Reusen nur ein Bruchteil der Krebse, die sich im Gewässer befinden nachweisen lassen. Der Versuch markierte Krebse durch nächtliche Begehungen nachzuwei-

5.

220

Bild 1. Fischpassierbare Krebssperre mit seitlichen Durchgängen für die Fische. «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden


sen, erwies sich als ergiebiger und weniger aufwendig. Eine solche Sperrenkonstruktion macht theoretisch durchaus Sinn. Der Einbau kommt aber nur an Orten in Frage, welche eine kontrollierbare Wasserführung aufweisen. Auch stellt sich das Problem, dass bei einer kurzzeitigen Reduzierung der Wassermenge die Möglichkeit besteht, die Sperre zu überwinden. Ob Fische die Sperre überwinden können, wurde auch noch nicht abschliessend geklärt. 8.

Sperre in einem natürlichen Gewässer Im Waldbach bei Winterthur wurde eine Stahlkonstruktion eingebaut, die den Wasserteil sowie beidseitig das Ufer mit einer 30 cm hohen, senkrechten Wand abriegelte. Insgesamt wurden 75 Signalkrebse im Bereich vor der Sperre ausgesetzt, wo zusätzliche Verstecke in Form von in Zement gegossenen Plastikrohren angeboten wurden. Bei nächtlichen Begehungen wurde beobachtet, wie sich die Signalkrebse vor der Sperre verhielten und ob die Sperre überwunden wurde. Dabei wurden jeweils auch die Bereiche 100 Meter oberund 200 Meter unterhalb der Sperre sowie die Uferböschung nach Krebsen abgesucht, um jene Exemplare zu entdecken, die sich über Land bewegten. Schon wenige Stunden nach dem Aussetzen der ersten 50 Signalkrebse fand sich der erste Krebs im Bereich der Sperre ausserhalb des Gewässers. Nach drei Nächten wurde der erste Flusskrebs nachgewiesen, der die Sperre überwinden konnte. Der Trend der nächtlichen Landwanderungen setzte sich fort. Aus diesem Grund wurde die Landbarriere auf beiden Seiten mit einer Art Amphibienzaun ausgebaut und nochmals 25 Krebse vor der Sperre ausgesetzt (Bild 2). Die Signalkrebse brachen ihren Landgang aber keineswegs nach wenigen Metern ab, sondern wanderten nachweislich an der steilen Uferböschung bis zu 4.5 Meter der Barriere entlang, um die Sperre zu überwinden. Es ist nicht klar, ob die Tiere noch weiter über Land wandern würden, da diese nach den 4.5 Metern in zuvor vergrabenen Kübeln abgefangen wurden. Insgesamt fanden sich während des Versuches 29 Signalkrebse an Land bei der Sperre. In anderen Bereichen des Baches konnten keine Landgänge beobachtet werden. Die Krebse scheinen sich schwer von ihrem Vorhaben abbringen zu lassen und scheuen auch für sie gefährliche Landgänge nicht. Eine funktionierende Sperre muss demnach unbedingt auch das Um-

land miteinbeziehen. Ideen hierzu werden dieses Jahr umgesetzt und ihre Tauglichkeit überprüft. Die zentrale Frage ist, wie sich die Tiere beim Treffen auf ein Hindernis verhalten. Eine Konstruktion, die im Bereich des Wasserteils der Sperre auch das seitliche Ufer direkt absperrt, könnte dazu führen, dass die Krebse nach unten und nicht seitlich geleitet werden. Hier sind Verhaltensbeobachtungen von grossem Interesse. Ob die Landgänge mit der hohen Dichte unterhalb der Sperre zusammenhingen, liess sich nicht bestätigen. Bei Laborversuchen zeigte sich, dass bei einer hohen Krebsdichte der Ausbreitungsdruck zunimmt und die Krebse aktiv nach neuen Lebensräumen suchen (mündl. Mitteilung Vaessen, 2013; Wutz & Geist, 2013). Bis jetzt können folgende Vorschläge für eine Konstruktion gemacht werden:

• •

• • • •

Einbau eines vorgelagerten Schwemmholzrückhaltes Im Bereich der Sperre sollten keine Bäume stehen oder ein entsprechender Schutz der Sperre vor Fallholz wird konstruiert Konstruktion soll eine Überkragung aufweisen (Flusskrebse klettern sehr gut) Absperren des direkten Uferbereichs bei der Sperre Populationsdruck durch Befischung gering halten Edelstahl verwenden (langlebig, glatte Oberfläche) regelmässige Kontrollen durchführen (am besten lokale Personen, wie Anwohner oder Fischer miteinbeziehen) ausgewählte Standorte sollten nicht zu stark von Menschen frequentiert sein, da Gefahr besteht, dass Krebse gefan-

Bild 2. Krebssperre in Winterthur mit ausgebauter Landbarriere.

Bild 3. Mit Aluminiumblech ummantelter Beckenübergang in der Fischtreppe als Krebssperre. Links vor und rechts nach dem Einbau.

«Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

221


gen und oberhalb der Sperre ausgesetzt werden 9.

Fischtreppen mit Krebssperren Eine Krebssperre in einer Fischtreppe kann im Grunde aus einem glatten Untergrund und einer genügend hohen Strömungsgeschwindigkeit bestehen. Welche Probleme dabei in der Praxis auftauchen, wurde in den letzten beiden Jahren in zwei verschiedenen Fischtreppen beobachtet. Je nach Konstruktionstyp der Fischtreppe ist ein Einbau einfach. So konnte 2013 im Kleinwasserkraftwerk Münchenstein eine simple Aluminiumblechummantelung im Übergangsbereich zweier Becken eingebaut werden (Bild 3). Bei Strömungsgeschwindigkeiten von über 0.65 m/s kann von einer Unüberwindbarkeit durch Krebse ausgegangen werden (Frings et al., 2013). Dies trifft auch zu, wenn sie Fluchtverhalten zeigen, indem Sie den Schwanz einklappen und rückwärts schwimmen (Ellis, 2005). Im Versuch konnte keine Überwindung dieser Sperre festgestellt werden. Mithilfe der Fischreuse im oberen Teil der Fischtreppe konnten die Fische nachgewiesen werden, die trotz Krebssperre aufstiegen. Für grössere Fische (>9.5 cm) war dies kein Problem, da sich die Strömungsverhältnisse im Vergleich zur Situation ohne Sperre nicht geändert haben. Beim zweiten Projekt 2014 im Beckenfischpass der SH-Power in Schaffhausen wurde das Aluminiumblech im oberen Ausgang der Fischtreppe eingebaut. Um im horizontalen Ausgangsbe-

Bild 4. Aufbau des Fischtreppenversuchs von 2014: links die GoPro zur Überwachung des Durchganges. Im Vordergrund sind die künstlichen Verstecke zu sehen. 222

reich eine genügend hohe Strömungsgeschwindigkeit zu erreichen, wurde der Bereich mit Schaltafeln verengt (Bild 4). Die eingesetzten Edelkrebse (Astacus astacus) wurden mittels einer GoPro-Kamera, die sich in einer Plexiglasröhre befand, überwacht. So konnten während den 222 Stunden Aufnahmezeit 1015 Versuche registriert werden, die Sperre zu überwinden. Kein Krebs konnte die Konstruktion bei Strömungsgeschwindigkeiten von 0.4 bis 0.8 m/s überwinden. Bei 0.4 m/s gab es einige Versuche, die fast geglückt wären. Dabei konnten sich die Krebse an rauen Stellen der Schaltafel festhalten und sich so entlang des Durchganges bewegen. Die nachträglich untersuchte Überwindbarkeit durch Fische wurde mit einer Unterwasserkamera von Rovtech Solutions Ltd. überprüft. Barben in der Grösse von 5 bis 35 cm konnten die Sperre ohne grosse Mühe überwinden. Schon nach wenigen Wochen hatten sich Wandermuscheln (Dreissena polymorpha) an den Ecken des Aluminiumbleches angesiedelt. Es ist anzunehmen, dass sich die Krebse an den Muscheln festhalten und so die glatte Oberfläche überwinden können. Bei zeitweiser Senkung oder gänzlichem Ablassen des Wassers in der Fischtreppe im Rahmen von Reinigungs- und Wartungsarbeiten wird die Sperre überwindbar. Hier braucht es einen geeigneten Managementplan, wie solche Eingriffe abgewickelt werden sollen, ohne dass die Krebse die Sperre überwinden. Um die genannten Schwierigkei-

ten zu beheben, werden demnächst einige neue Ideen ausgetestet, die noch ihre Praxistauglichkeit belegen müssen. Durch das Schaffen eines Ganges von etwa 30 cm mit runden Ecken, im Bereich des Durchlasses zum nächsten Becken, kann verhindert werden, dass sich die Krebse an den Ecken festhalten. Zusätzlich wird es für Wandermuscheln schwieriger sich anzusiedeln. Um eine Überwindung bei sehr niedrigem Wasserstand zu verhindern, muss der Durchgang zudem erhöht platziert werden (Bild 5). Bei der Konstruktion einer Krebssperre in einer Fischtreppe oder einem anderen künstlichen Bauwerk muss somit folgendes beachtet werden: • Glatte Oberflächen (Aluminiumblech oder Vergleichbares) • Strömungsgeschwindigkeiten von mind. 0.65 m/s im Bereich mit der glatten Oberfläche • Durchgang (ca. 30 cm lang) mit runden Ecken • Durchgang nicht direkt am Boden (ca. 20 cm Abstand vom Boden) • Einbau von zwei oder drei Sperren zwischen mehreren Becken. 10. Wie geht es weiter? Im Jahr 2015 ist bereits die Weiterführung der Krebssperrenprojekte geplant. Es gilt die gewonnenen Erfahrungen an anderen Standorten umzusetzen und ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Schon jetzt sollen bei Fischpassplanungen bzw. -sanierungen diese Erkenntnisse berücksichtigt werden. Der Stopp von exotischen Grundeln,

Bild 5. Skizze für die angepasste Konstruktion für einen Beckenfischpass. Die abgerundete Ecke rechts soll das Hinaufklettern im Becken verhindern.

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«Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden


Hochwasserschutzprojekt Grosse Melchaa, Sarnen Stephan Flury, Christoph Rüedlinger, Werner Eicher, Jürg Pieren, Pierre Lehmann

Zusammenfassung Die Ereignisanalyse des Hochwassers 2005 der Grossen Melchaa zeigte deutlich auf, dass bezüglich Hochwassersicherheit auf dem Gemeindegebiet Sarnen erhebliche Schutzdefizite bestanden. Folgende wesentliche Projektziele wurden dem HWS-Projekt Grosse Melchaa zugrunde gelegt: • Rückhaltemassnahmen für Geschiebe und Schwemmholz für ein 100-jährliches Hochwasserereignis. • Absolute Sicherheit gegen Ausbruch der Grossen Melchaa auf der rechten Flussseite in Richtung Dorf Sarnen. • Schutz des Gebietes Seefeldpark (Lido) für ein 100-jährliches Hochwasserereignis unter Berücksichtigung der Geschiebeablagerungsprozesse im Deltagebiet. • Schaffung des notwendigen Geschiebeablagerungsraums für grosse Hochwasserereignisse. • Ökologische Aufwertung und Erweiterung des Gewässerraumes primär im Melchaa-Delta und in der Chalcheren, da im Zwischenabschnitt der Melchaa aufgrund der bestehenden, beidseitigen Nutzungen (Zeughaus- und Militärbauten rechtsufrig bzw. Autobahn N8 linksufrig der Grossen Melchaa) das Potenzial für ökologische Aufwertungsmassnahmen sehr gering ist. • Entwicklung eines systemstabilen und gutmütigen Überlastfallkonzeptes. Das Projekt wurde in drei Etappen von 2010 bis 2014 realisiert. Der Kostenvoranschlag von CHF 12 Mio. konnte dabei um ca. CHF 2.0 Mio. oder 17% unterschritten werden. Dank dem Ausbau der Grossen Melchaa, der vorgesehenen Geschiebebewirtschaftung und dem Alarmierungs- und Interventionskonzept erhöht sich die Hochwassersicherheit von Sarnen markant.

Bild 1. Überschwemmung Melchaa-Delta mit Campingplatz (August 2005). «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

1.

Ausgangslage

1.1. Einleitung Die Grosse Melchaa entwässert das Grosse Melchtal und hat eine Einzugsgebietsfläche von rund 73 km2. Nach einer längeren Schluchtstrecke fliesst sie in den flachen Talboden von Sarnen, welcher dicht besiedelt ist und intensiv genutzt wird. 1.2. Umlegung der Melchaa 1880 Bis 1880 floss die Grosse Melchaa nach dem Verlassen der imposanten Melchaaschlucht in nördliche Richtung und mündete unterhalb des Dorfes Sarnen direkt in die Sarneraa. Die ganze Talsohle zwischen Sarnen und dem Alpnachersee war geprägt von der mäandrierenden Sarneraa und dem aus der Melchaa stammenden Geschiebe. Die Sarneraa war jedoch nicht in der Lage, das anfallende Geschiebe weiter zu befördern; das Gerinne wurde angehoben, der Wasserspiegel stieg und Sarnen wurde häufig von der Sarneraa, der Grossen Melchaa und vom See überflutet. Nach verschiedenen Ideen legte Caspar Diethelm um 1866/67 erstmals die Idee vor, die Melchaa mittels Geschiebetriebkanal «talaufwärts» in den Sarnersee zu führen. Er wollte den See als Ablagerungsbecken für das Geschiebe und die Retention des Sees zur Reduktion des Hochwasserabflusses nutzen. Die Umsetzung dieser Idee begann im Frühjahr 1879, und bereits am 9. Juni 1880 floss die Grosse Melchaa durch ihren neuen, 1200 m langen Unterlauf in den Sarnersee. 1.3. Hochwasser 2005 Der erste Hinweis über ein Hochwasser an der Grossen Melchaa stammt aus dem Jahre 1475, allerdings ohne Angaben zum Schadensausmass. Im 19. und 20. Jahrhundert sind 29 grössere Ereignisse registriert. Verursacht wurden diese durch Schneeschmelze, Dauerregen oder Gewitter. Keines dieser Ereignisse war aber 225


nur annähernd so schwer wie jenes vom August 2005. Das Hochwasser vom 18.–22. August 2005 wurde durch ein sogenanntes Genua-Tief verursacht. Das damalige Bundesamt für Wasser und Geologie (BWG) beschrieb die Wetterlage wie folgt: «Vom 10. bis 23. August 2005 zog ein Tiefdruckgebiet aus dem Raum Frankreich zum Golf von Genua und schliesslich über die Ostalpen nach Norden. Dadurch wurden feuchtwarme Luftmassen aus dem Mittelmeerraum über die Alpen verfrachtet, mit einer nordöstlichen Strömung zum Alpennordhang zurückgeführt und dort gestaut. Das zusätzliche Zusammentreffen mit kühler Luft von der Nordsee löste langanhaltende, ergiebige Niederschläge aus.» Im Einzugsgebiet der Grossen Melchaa wurden zwei Grossrutschungen und 275 Rüfen kartiert mit einer Gesamtfläche von 41 ha und einem Gesamtvolumen von 500 000 m3. Etwa die Hälfte dieses Volumens erreichte die Melchaa, wurde teilweise abgespült und verursachte die enormen Verwüstungen im Talboden. Die Schwemmholzmenge von 14 000 m3 lose bzw. 3500 t war gewaltig. Im Verlaufe des Unwetters staute sich an der ZentralbahnBrücke ein grosser Holzpfropfen, drückte die ganze Fachwerkkonstruktion vom Widerlager, sodass diese ins Bachbett stürzte und den Durchfluss vollends ab-

dichtete. Die Melchaa brach nach rechts aus, spülte den Bahndamm weg und bildete ein neues Bachbett durch den Campingplatz und die Tennisanlage, welche bis 2 m hoch überschüttet wurden. 1.4. Sofortmassnahmen Die Grossrutschung Cholrütiwald wurde total und die Grossrutschung Stöckwald teilsaniert und mit einer Warnanlage versehen. Von den 275 Rüfen wurden nur jene 100 instand gestellt, welche besondere Gefährdungen für Infrastrukturanlagen, Gewässer oder Gebäude darstellten. Die wasserbaulichen Sofortmassnahmen kosteten den Kanton Obwalden CHF 16 Mio., davon entfielen auf Grosse Melchaa/Sarneraa CHF 1.5 Mio. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, versuchte man von Anfang an, Verbauungen vorwiegend über künftige Projekte zu realisieren. 1.5. Gefährdungsbild Die Ereignisanalyse des Hochwassers 2005 der Grossen Melchaa zeigte deutlich auf, dass bezüglich Hochwassersicherheit auf dem Gemeindegebiet Sarnen erhebliche Schutzdefizite bestanden. Im Wesentlichen wurden folgende Schwachstellen aufgedeckt: • ungenügende Gerinneabflusskapazität • ungenügender Geschiebeablagerungsraum

• •

fehlender Schwemmholzrückhalt verklausungsgefährdete Brückenbauwerke • fehlendes Überlastfallkonzept. Die Naturgefahrenkarte der Gemeinde Sarnen wurde im Nachgang zum Hochwasserereignis 2005 überarbeitet und entsprechend der Erkenntnisse aus der Ereignisanalyse angepasst. Aufgrund der ungenügenden Gerinneabflusskapazität, dem fehlenden Geschiebeablagerungsraum und des erheblichen Verklausungsrisikos, insbesondere der Autobahnzubringerbrücke beim Kreisel, aber auch der Autobahnbrücke N8 über die Grosse Melchaa, musste für das Siedlungsgebiet Sarnen mit erheblichen und vor allem grossräumigen Überflutungs- und Übersarungsgebieten gerechnet werden, mit einem Schadenpotenzial vor Massnahmen von rund CHF 40 Mio. 1.6.

Projektziele und Bemessungsgrössen Folgende wesentliche Projektziele wurden dem HWS-Projekt Grosse Melchaa zugrunde gelegt: • Rückhaltemassnahmen für Geschiebe und Schwemmholz für ein 100-jährliches Hochwasserereignis. • Absolute Sicherheit gegen Ausbruch der Grossen Melchaa auf der rechten Flussseite in Richtung Dorf Sarnen.

Bild 2. Zerstörte Eisenbahnbrücke der Zentralbahn (August 2005). 226

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Schutz des Gebietes Seefeldpark (Lido) für ein 100-jährliches Hochwasserereignis unter Berücksichtigung der Geschiebeablagerungsprozesse im Deltagebiet. • Schaffung des notwendigen Geschiebeablagerungsraums für grosse Hochwasserereignisse. • Ökologische Aufwertung und Erweiterung des Gewässerraumes primär im Melchaa-Delta und in der Chalcheren, da im Zwischenabschnitt der Melchaa aufgrund der bestehenden beidseitigen Nutzungen (Zeughausund Militärbauten rechtsufrig bzw. Autobahn N8 linksufrig der Grossen Melchaa) das Potenzial für ökologische Aufwertungsmassnahmen sehr gering ist. • Entwicklung eines systemstabilen und gutmütigen Überlastfallkonzeptes. Ausgehend von der Ereignisanalyse 2005 wurden für die Projektierung des Hochwasserschutzes Grosse Melchaa folgende Bemessungsgrössen (Schutzziel HQ100, geschlossene Siedlung) bezüglich Hochwasserabflussmengen, Geschiebefrachten und Schwemmholzaufkommen festgelegt: • Dimensionierungs-Wassermenge 125 m3/s (Kurzzeitereignis) • Dimensionierungs-Geschiebemenge 50 000 m3 (Langzeitereignis) • Dimensionierungs-Holzmenge 1000 fm3 (Langzeitereignis) Massgebend für die Auslegung der Hochwasserschutzmassnahmen sind bezüglich Hochwasserabflussmenge Kurzzeitereignisse (Gewitter), bezüglich Geschiebe und Schwemmholz hingegen werden Langzeitereignisse (Dauerregen) ausschlaggebend. Charakteristisch für die Grosse Melchaa ist zudem der sehr grosse Silt-Anteil von bis zu 60% der gesamten Feststofffracht (geschätzte Feststoffvolumina für 100-jährliches Langzeitereignis 100 000 m3). 2.

Planung

2.1. Projektorganisation Gemäss dem kantonalen Wasserbaugesetz sind im Kanton Obwalden in der Regel die Einwohnergemeinden für den Wasserbau zuständig. Neben dem Gewässerunterhalt obliegt ihnen somit auch die Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzprojekten. Beim vorliegenden Projekt trat daher die Gemeinde Sarnen als Bauherrschaft auf. Das Hochwasserschutzprojekt wurde in enger Zusammenarbeit der Ge-

meinde, dem kantonalen Amt für Wald und Landschaft (AWL), dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und den Projektingenieuren ausgearbeitet. Betroffene Interessengruppen waren in der Projektbegleitgruppe vertreten und konnten auf diese Weise am Projektierungsprozess partizipieren. Die betroffenen Anwohner und Grundeigentümer wurden an Begehungen und Besprechungen über den Projektstand informiert. Die Bevölkerung konnte sich über das Informationsblatt der Gemeinde zeitnah über die Planung und den Ausführungsstand ins Bild setzen. 2.2. Politischer Prozess Das Hochwasser im August 2005 hat den Kanton Obwalden ausserordentlich stark getroffen und einen grossen Bedarf an wasserbaulichen Massnahmen ausgelöst. In der Folge wurde an zahlreichen Gewässern mit der Projektierung von Hochwasserschutzmassnahmen begonnen. Es zeichnete sich ab, dass die dem Kanton Obwalden in Aussicht gestellten Bundesmittel nicht für sämtliche vom Hochwasser 2005 ausgelösten Wasserbauprojekte ausreichen würden. Die in der Folge vom Regierungsrat vorgenommene Priorisierung wies dem Hochwasserschutzprojekt Grosse Melchaa aufgrund des geringeren Risikos im Vergleich zu anderen Gewässern nicht die erste Priorität zu. Somit drohte eine Verzögerung der Planung und Ausführung um mindestens vier Jahre. Eine eingehende Prüfung der Schwemmholz- und Verklausungsrisiken zeigte aber auf, dass das Gefährdungspotenzial der Grossen Melchaa bislang unterschätzt wurde. Daraufhin wurde die Gefahrenkarte im Bereich der Grossen Melchaa angepasst und die Planung des Hochwasserschutzprojekts prioritär weiter vorangetrieben. Der geplante Wiederaufbau des beim Hochwasser 2005 zerstörten Schwimmbades und des Campingplatzes erhöhte die Dringlichkeit der Massnahmen zusätzlich. Mit dem Wiederaufbau dieser Anlagen durfte erst nach Ausführung des geplanten Hochwasserschutzdammes begonnen werden, da sich das Gebiet nach dem Hochwasser 2005 neu in der roten Gefahrenzone befand. Die Erinnerungen an das Hochwasser 2005, die latente Gefährdung der Grossen Melchaa für das Dorf Sarnen und der öffentliche Druck führten danach zu einem reibungslosen Ablauf sowohl bei der Genehmigung der Kreditgeschäfte wie auch beim Bewilligungsverfahren.

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2.3. Bauprojekt Bei den Planungsarbeiten wurden zwei Ausbauvarianten untersucht, welche sich hauptsächlich bezüglich Etappierungsmöglichkeiten/Investitionskosten und nur teilweise in der Projektwirksamkeit unterschieden. Die erste Variante sah einen Endausbau des Geschiebesammlers für einen Geschiebe- und Schwemmholzrückhalt von max. 130 000 m3 und Holzrückhaltemassnahmen mit einem grossen Schwemmholzrückhalterechen im untersten Bereich der Chalcheren vor. Weil bei einer Rechenverklausung mit einem praktisch vollständigen Geschieberückhalt im Sammler gerechnet werden musste, hätte bei dieser Variante auch der Unterlauf unterhalb des Sammlers ausgebaut bzw. für geschiebefreien Abfluss ertüchtigt werden müssen. Dieser Abschnitt war ursprünglich (Umlegung der Melchaa, Projekt 1880) als Geschiebetriebkanal ausgelegt mit nur minimalen Fundationstiefen von Uferverbau und Querschwellen. Die Kosten für diese erste Variante wurden, je nach GerinneAusbaustandard des Zwischenabschnittes, auf CHF 17 bis 22 Mio. geschätzt. In der zweiten Variante plante man einen Teilausbau des Geschiebesammlers in der Chalcheren in Form eines Dosiersammlers für ein Geschiebeablagerungsvolumen von rund 36 000 m3 sowie einen etwas reduzierten Schwemmholzrückhalt mit sechs punktuellen Einzelrechenbauwerken (Teilrückhalt Schwemmholz 600– 900 fm3). Mit diesem Konzept konnte auf den kostspieligen Vollausbau des MelchaaUnterlaufes verzichtet werden, da ein vollständiger Geschieberückhalt in der Chalcheren nicht mehr zu erwarten ist. Dadurch reduzierten sich auch die Investitionskosten in der Chalcheren für die vorgezogenen Massnahmen gegenüber der definitiven Lösung der ersten Variante deutlich. Mit dem in der zweiten Variante vorgesehenen Teilausbau des Geschiebe- und Schwemmholzrückhaltes in der Chalcheren ist es möglich, die definierten Schutzziele in Verbindung mit den Massnahmen Überlastkorridor und den Massnahmen im Melchaa-Delta mit einer Reaktivierung des Geschiebeablagerungsraumes von weiteren rd. 16 000 m3 zu erreichen. Die Kosten für diese zweite Variante wurden auf rund CHF 12 Mio. geschätzt. Es bleibt zudem die Möglichkeit offen, den Geschiebe- und Schwemmholzrückhalt zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend der ersten Variante zu realisieren, allerdings in Verbindung mit der damit erforderlichen Ertüchtigung bzw. dem Ausbau des Melchaa-Unterlaufes zwi227


schen Geschiebesammler und MelchaaDelta. Aufgrund der sehr guten Projektwirksamkeit, der guten Etappierbarkeit, der finanziellen Möglichkeiten von Kanton und Gemeinde sowie unter Berücksichtigung der weiteren und ebenso dringenden Hochwasserschutzprojekte im Kanton wurde die zweite Variante zur weiteren Planung und zur Realisierung freigegeben. Anhand von Überflutungssimulationen, ausgehend von den im Überlastfall zu erwartenden Verklausungsszenarien bei der Autobahnbrücke N8 und bei der Autobahnzubringerbrücke beim Kreisel, untersuchte man das Verhalten im Überlastfall. Dabei wurde rasch klar, dass der Überlastfall nicht ohne umfassende Geländeanpassungen zu bewältigen ist. Im Nadelöhr der Überführung Flüelistrasse musste das Terrain rund 1 m tiefergelegt und der Querschnitt unter der Unterführung aufgeweitet werden, um sicherzustellen, dass auch in einem Überlastfall

kein Wasser Richtung Siedlungsgebiet von Sarnen ausufert. Ähnliche Terrainverschiebungen waren im Gebiet Schlossacher erforderlich. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Hochwasserschutzprojekt Grosse Melchaa mit der Erhöhung der Gerinneabflusskapazität primär die Sicherheitsanhebung des siedlungsseitigen rechten Ufers, Rückhaltemassnahmen für rund 50 000 m3 Geschiebe und Schwemmholz sowie ökologische Aufwertungsmassnahmen umfasst. 2.4. Etappierung Das Projekt wurde prioritätsbezogen in drei Ausführungsetappen unterteilt: Die erste Etappe umfasste den Bau eines rund 400 m langen und bis zu 4 m hohen Dammes zum Schutz der neuen Campinganlage Seefeldpark (Lido) (1), die Reaktivierung des Melchaa-Deltas mit Vergrösserung des Geschiebeablagerungsraumes auf rund 16 000 m3 (2), die Revitalisierung des Gal-

Bild 3. Überlastfall: Ausuferung oberhalb der Autobahnbrücke N8 (links) und oberhalb der Autobahnzubringerbrücke (rechts).

genbaches als Seeforellenlaichgewässer (3) sowie den Neubau des Fussgängersteges mit Vergrösserung des Abflussquerschnittes der Grossen Melchaa (4). Ökologische und landschaftliche Massnahmen (5) bezwecken die Begünstigung einer natürlichen Auendynamik, einer naturnahen Ausbildung der Flussufer sowie einer attraktiven Gestaltung der Fuss- und Radwege. Die zweite Etappe betraf den Ausbau des Geschiebesammlers in der Chalcheren mit einem Geschiebeablagerungsraum von rd. 36 000 m3 (6) sowie den Bau von jeweils kurvenaussenseitig angeordneten Schwemmholzrückhalterechen an sechs Standorten (7). Das Projekt beinhaltete zudem die Umlegung der Zufahrtsstrasse sowie der Werkleitungen an den Rand des Geschiebesammlers. Deren Schutz innerhalb des Geschiebeablagerungsraumes wird mit einem grösstenteils überdeckten Blockwurf gewährleistet. Die dritte Etappe beinhaltete die Hochwasserschutzmassnahmen entlang des Melchaa-Unterlaufs. Diese Massnahmen umfassen den Bau von HWSSchutzmauern entlang des Pfadiheims (8) und des Zeughausareals (10), die Abflusskapazitätserhöhung unter der Autobahnbrücke N8 (9) sowie die Ausgestaltung des Überlastkorridors. Dieser besteht aus den Hochwasserentlastungen mittels Kippelementen oberhalb der Autobahnbrücke N8 linksufrig und oberhalb der Autobahnzubringerbrücke beim Kreisel rechtsufrig sowie grossräumigen Terrainanpassungen im Hasli und im Schlossacher (11). Zusätzlich sieht das Projekt an neuralgischen

Bild 4. Übersicht Etappierung Grosse Melchaa. 228

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Stellen Interventionsplätze und Schlauchsperren als mobile Massnahmen vor (12). Die Gefahrenkarte nach Realisierung der Massnahmen der 1. bis 3. Etappe zeigt, dass nur noch kleine Teile des geschlossenen Siedlungsgebietes von Sarnen geringfügig gefährdet sind. Bei Investitionskosten von rund CHF 10 Mio. konnte ein sehr gutes Nutzen-Kosten-Verhältnis erreicht werden (siehe Bild 8 auf Seite 230). 2.5. Kosten und Finanzierung Im Kostenvoranschlag auf Stufe Bau- und Auflageprojekt ging man von Gesamtkosten von CHF 12 Mio. aus. Dank einer schlanken und effizienten Projektorganisation, preisgünstigen Unternehmerofferten und einem strikten Kostenmanagement schliesst die Schlussabrechnung mit rund CHF 10 Mio. deutlich unter dem Kostenvoranschlag ab. An den Gesamtkosten beteiligten sich neben Bund, Kanton und Gemeinde auch Dritte wie Werke, Bundesamt für Strassen, ASTRA, und armasuisse. Die Mobiliar leistete aus ihrem Überschussfonds einen nennenswerten Beitrag und unterstützte damit das Projekt als eine konkrete Präventionsmassnahme, um künftige Schäden zu verhindern. Der Bund richtete einen Beitrag von 65% der anrechenbaren Kosten aus, d.h. der Gesamtkosten abzüglich der Kostenbeteiligungen Dritter. Darin enthalten ist ein Schwerfinanzierbarkeitszuschlag von 20%, welche der Bund den Kantonen mit besonders hoher finanzieller Belastung durch Schutzbautenprojekte gewährt. Der Kanton Obwalden steuerte 21.5% an die anrechenbaren Kosten bei, während auf die Gemeinde Sarnen die Restkosten von 13.5% sowie die Kosten des Schutzdamms Seefeldpark (Lido) fallen. 3.

Bild 5. Erste Etappe, Reaktivierung Melchaa-Delta.

Bild 6. Zweite Etappe, Geschieberückhalteraum Chalcheren.

Realisierung

3.1. Zeitplan Der Zeitplan wird in Tabelle 1 auf Seite 230 präsentiert. 3.2. Melchaa-Delta Bei der Ausführung der 1. Etappe wurde das Hauptaugenmerk auf die Materialanforderungen für die Dammschüttungen und Hinterfüllungen gelegt. Die Eigenschaften der Materialtypen sind durch die Funktion definiert: • Beschränkung der Dammdurchsickerung auf ein vertretbares, sicheres Mass sowie Verhinderung der inneren Erosion und des hydraulischen Grundbruches.

Bild 7. Dritte Etappe, Melchaa-Unterlauf. •

Ausreichende Standfestigkeit gegen hydrostatischen Wasserdruck und Strömungsdruck. Die grössten Diskussionen bei der Realisierung der 1. Etappe betrafen nicht die Erfüllung der technischen Randbedingungen wie Kornverteilungen und Blockqualitäten, sondern die Zuordnung des «Waldbodens». Es zeigte sich während der Aushubarbeiten, dass die in der Aus-

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schreibung gewählte Bezeichnung «Waldboden» für das angetroffene Material nicht korrekt war. Es handelte sich um mineralisches Lockergestein, welches während des Unwetters 2005 abgelagert wurde und zwei Arten von Holz enthielt: einerseits mitverfrachtetes Schwemmholz (faustgrosse Stücke bis kleine Baumstämme) und andererseits feines Wurzelholz aus der intensiven Durchwurzelung des Bodens in 229


Bild 8. Gefahrenkarte vor Realisierung (links) und nach Realisierung der Massnahmen der 1.–3. Etappe (rechts). gen schliesslich als unbelasteter Bodenaushub (Unterboden) definiert und in die Unternehmerdeponie geführt. Dort wurde es für die Rekultivierung der Deponie wiederverwendet. Die entsprechenden Mehrkosten machten beinahe 20% der Baukosten der 1. Etappe aus.

Tabelle 1. Zeitplan Realisierung. den Jahren 2005 bis 2010. Aufgrund der Aushubrichtlinie (BUWAL, 1999) konnte das Material nicht als unverschmutztes 230

Aushubmaterial bezeichnet werden, weil dieses keine Fremdstoffe wie Holz enthalten darf. Das Material wurde vom Geolo-

3.3. Geschiebesammler Chalcheren Die Bauarbeiten wie auch die Zusammenarbeit zwischen Unternehmer und Bauleitung verliefen problemlos. Dies zeigte sich unter anderem darin, dass sich die nach Fuhrscheinen ermittelten Transportkubaturen in die Unternehmerdeponie gegenüber den Geometeraufnahmen vor Bau-

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beginn/nach Bauabschluss nur um ca. 100 m3 unterschieden. 3.4.

Schlossacher, Hasli, Zeughausareal Im Ausführungsprojekt war vorgesehen, die Dammabdichtung beim Pfadiheim mithilfe einer Schmaldichtwand vorzunehmen und das Ufer zwischen dem bestehenden Uferschutz und der Oberkante Böschung mit einem überdeckten Blocksatz zu schützen. Mit diesen Massnahmen sollte sichergestellt werden, dass auch im Überlastfall (Ausuferung auf der linken Flussseite) die rechtsufrige Böschung bis Oberkante Ortbetonmauer nicht erodiert werden kann. Diese relativ harte Verbauungsmassnahme wurde aus dem Umstand gerechtfertigt, dass das rechte Melchaaufer zwischen Chalcheren und Autobahnbrücke N8 den absolut kritischsten Bereich bezüglich Hochwassersicherheit im Dorf Sarnen darstellt. Im Verlaufe der Vertragsverhandlungen mit dem vorgesehenen Unternehmer zeigte sich, dass das Verfahren einige Risiken beinhaltet (Verschmutzung Grund-

wasser, Abfliessen der Suspension, Behinderung durch Steine oder Blöcke, Ungenauigkeit wegen der geringen Dicke und daraus folgende Undichtheit). Aufgrund dieser Einwände wurden zwei weitere Varianten genauer untersucht: • Mixed-in-Place-Verfahren, bei welchen das anstehende Material mit einer Ton-Zement-Suspension vermischt und wieder eingebracht wird. Dieses Verfahren besteht aus einer deutlich dickeren Dichtwand, kostet aber ca. 250% der Schmaldichtwand. • Spundwandschirm mit einem Profilgewicht von 116 kg/m2. Die Beteiligten entschieden sich für diese leicht günstigere Variante anstelle des Mixed-in-Place-Verfahrens, weil der Vorteil der erhöhten Dichtheit eines Spundwandschirms gegenüber der Dichtheit einer Schmaldichtwand ergänzt wird durch den verbesserten erdbaumechanischen Widerstand einer Spundwand. Gleichzeitig konnte mit dieser Lösung auch auf die Ufersicherung mit einem überdeckten Blocksatz verzichtet werden. Dank des

Spundwandschirms auf der Wasserseite der Ortbeton-Schutzmauer sind sowohl der Damm als auch die Schutzmauer gegen Erosion geschützt, der Hochwasserschutz in diesem höchst gefährdeten Bereich ist folglich vollumfänglich gewährleistet. Die zweite Projektänderung umfasste den Erosionsschutz zwischen der Nationalstrasse N8 und der Melchaa. Anstelle des geplanten Spundwandschirms wurde wegen der zahlreichen erdverlegten und oberirdischen Werkleitungen ein Erosionsschutz mit einem überdeckten Blocksatz ausgeführt. 3.5. Öffentlichkeitsarbeit Vor Baubeginn der jeweiligen Etappen wurden Informationstafeln vor Ort aufgestellt. Auf diesen waren die einzelnen Projektteile sowie deren Wirkung zeichnerisch und in Textform dargestellt. Über alle Etappen verteilt organisierte die Gemeinde zusätzlich Begehungen mit interessierten Kreisen sowie mit der Bevölkerung von Sarnen. Ausserdem erschienen laufend Artikel und Beiträge im Informati-

Bild 9. Wirkungsweise Holzrückhalterechen im Geschiebesammler (Ereignis 31. Mai/ 1. Juni 2013). «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

231


onsblatt der Gemeinde, in der lokalen Zeitung sowie im regionalen Fernsehen. Nach Abschluss der Bauarbeiten erfolgte eine Begehung mit anschliessendem Volksapéro. Bei dieser Gelegenheit wurde auch ein Flyer mit den wichtigsten Informationen zum Projekt gestreut. 4.

Betrieb und Unterhalt

4.1. Geschiebebewirtschaftung Die künftige Geschiebebewirtschaftung geschieht mit einem einfach aufgebauten Geschiebebewirtschaftungskonzept. Sowohl im Melchaa-Delta als auch im Hauptgeschiebeablagerungsraum der Chalcheren sind Kontrollquerprofile eingerichtet und Interventionskosten definiert. Nach Hochwasserereignissen bzw. in periodischen Zeitabständen werden die Kontrollprofile durch die für den Unterhalt zuständige Gemeinde Sarnen aufgenommen. Sobald die ermittelten mittleren Sohlenlagen in den Kontrollprofilen die Interventionskosten erreichen, werden Geschiebeentnahmen angeordnet. Diese erfolgen dann bis auf die im Projekt festgelegte Projektsohlenlage. 4.2.

Konzept Alarmierung und Intervention Vor Eintritt einer Überlast müssen diverse Vorbereitungen getroffen werden. Diese Arbeiten brauchen Zeit. Falls die Vorbereitungen nicht ausgeführt werden können, funktionieren die Überlastkorridore trotzdem, es kommt jedoch zu grossen Schäden. Während eines Überlastfalls dürfen sich keine Personen in den gefährdeten Bereichen aufhalten. Der Alarmierung kommt daher eine grosse Bedeutung zu. Die Grosse Melchaa ist ein Wildbach. Eine Voraussage der Entwicklung bezüglich Wassermengen, Geschiebe- und Holzfrachten ist entsprechend schwierig. Einerseits soll nicht zu früh interveniert werden, da dies einen grossen Aufwand sowie Verkehrsbehinderungen u.a. auf der Nationalstrasse verursacht. Andererseits sind beachtliche Sachwerte betroffen, wenn zu spät interveniert wird. Die Alarmierung erfolgt über den Gemeindeführungsstab. Interveniert wird durch die Feuerwehr. Die notwendigen Strassensperrungen und Umleitungen werden über die Kantonspolizei organisiert. Um die Pegel überwachen zu können, wurden Überwachungskameras installiert. In der Nacht können die Pegel mittels Infrarot beobachtet werden. Bei einem Ausfall der Technik wird die Pegelüberwachung von sicheren Beobachtungsposten aus sichergestellt. 232

Bei der Autobahnbrücke N8 wird bei einem Abfluss von 90 m3/s die Vorbereitungsphase eingeleitet. Hierbei werden das Material sowie die Mannschaft vor Ort gebracht. Bei 110 m3/s erfolgen die Befüllung der Schlauchsperren mit Luft sowie die Vorbereitungen für die Demontage der Leitschranken. Ab 130 m3/s wird die Autobahn gesperrt. Dann werden die Leitschranken entfernt sowie die Schlauchsperren in Funktion gebracht. Um Schwemmholz unter der Autobahnbrücke N8 hindurchzudrücken bzw. herauszuheben, wird ein Bagger auf der Brücke abgestellt. Am Autobahnzubringer beim Kreisel erfolgen die Vorbereitungsarbeiten bei 85 m3/s und die Befüllung der Schlauchsperren mit Luft bei 100 m3/s. Die Sperrung der Autobahnausfahrt Sachseln sowie der Brünigstrasse erfolgt bei 120 m3/s. Dann werden die Schlauchsperren in Funktion gebracht. Auch hier wird präventiv ein Bagger mit geeignetem Greifer auf die Autobahnzubringerbrücke gestellt. Der Rückbau der Schlauchsperren nimmt beträchtliche Zeit in Anspruch. Die Nationalstrasse und die kantonale Brünigstrasse bleiben während dieser Zeit gesperrt.

Hochwasserereignisses vom 31. Mai/1. Juni 2013 eindrücklich bewiesen. Glücklicherweise handelte es sich dabei nicht um ein Jahrhunderthochwasser, welches den Einsatz der Überlastkorridore erfordert hätte: Diese befanden sich zu diesem Zeitpunkt nämlich mitten in der Ausführung. Dank Mit dem Abschluss der Bauarbeiten im Frühjahr 2014 konnte nach 7 Jahren Projektierung und Realisierung ein interessantes und zielorientiertes Projekt erfolgreich abgeschlossen werden. Die Gefahren der Grossen Melchaa auf das Dorf Sarnen sind gebändigt, ein grosser Risikofaktor bezüglich Hochwasser ist damit markant reduziert. Der Dank geht an alle Beteiligten, welche das Projekt unterstützt haben. Dieses Wohlwollen hat es erlaubt, das Werk in einem jederzeit vertrauensvollen und partnerschaftlichen Klima zu planen und zu realisieren. Anschrift der Verfasser Stephan Flury, Dipl. Förster HF / Dipl. Projektmanager NDS/HF, Bereichsleiter Infrastruktur/ Raumentwicklung Brünigstrasse 160, CH-6060 Sarnen stephan.flury@sarnen.ow.ch Christoph Rüedlinger MSc ETH Atmos Clim Sc, Amt für Wald und Landschaft, Flüelistrasse 3, CH-6060 Sarnen

5.

Fazit

christoph.rueedlinger@baslerhofmann.ch Werner Eicher, Dipl. Bauingenieur HTL

5.1.

Erfahrungen, Folgerungen und Ausblick Die Planung und Umsetzung des Hochwasserschutzprojekts Grosse Melchaa stellte hohe Anforderungen an die Fachplaner, die Unternehmungen und die Projektleitung. Das Projekt Grosse Melchaa hat die messbaren Ziele bezüglich Terminen, Qualität und Kosten erreicht. Die schlanke Projektorganisation, verbunden mit einer hohen Entscheidungskompetenz der Projektleitung, hat wesentlich zu diesem Erfolg beigetragen. Auch hat sich gezeigt, dass der Aufwand für Kommunikation und Partizipation bei Bauprojekten im öffentlichen Raum sehr hoch ist. Zielführend hierbei ist, dass das Projekt ein «Gesicht» bekommt. Vorzugsweise ist dies die Projektleitung, welche die Anliegen der verschiedenen Anspruchsgruppen aktiv entgegennimmt und behandelt. Mit diesem offensiven Vorgehen steigen die Chancen, dass die Anzahl der Einsprachen reduziert oder, wie im vorliegenden Fall, gar eliminiert werden kann. Die Geschieberückhalteräume im Delta und in der Aufweitung Chalcheren sowie die Holzrückhalterechen haben die Funktionstüchtigkeit anlässlich des

Mitglied Wasserbaukommission Feldstrasse 14b, CH-6060 Sarnen eicher.werner@bluewin.ch Jürg Pieren, Dipl. Bauingenieur HTL Kissling und Zbinden AG, Ingenieure Planer USIC, Brunnhofweg 37, CH-3000 Bern 14 juerg.pieren@kzag.ch Pierre Lehmann, Dipl. Bauingenieur ETH/SIA CES Bauingenieur AG, Güterstrasse 3, CH-6060 Sarnen pierre.lehmann@cesag.ch

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Jost Wey und die Alpenrhein-Korrektion Willi H. Hager

Zusammenfassung Neben den Flusskorrektionen an der Linth und den Juragewässern stellt jene am Alpenrhein die dritte grosse Ingenieursleistung des 19. Jahrhunderts dar. Einen bedeutenden Anteil am Erfolg dieses Projekts hat man Jost Wey zu verdanken, der mit grossem Einsatz seine Visionen jedoch nur zum Teil verwirklichte. Sein Werdegang, seine Ideen und seine Erfolge werden wiedergegeben im Lichte der nach wie vor aktuellen Umgestaltungen und Anpassungen des Alpenrheins. Gleichzeitig wird aber auch Weys Empfehlung besprochen, mit dem Diepoldsauer Durchstich zu warten, um die Auswirkungen seiner bereits gebauten Werke abzuwarten, insbesondere die wissenschaftliche Untersuchung des Sedimenttransports, welcher in den 1930er-Jahren von der ETH Zürich geleistet wurde. Das Ziel dieser Arbeit ist zudem, eine heute beinahe vergessene Persönlichkeit des schweizerischen Flussbaus aufleben zu lassen, deren Hauptwerk der Werdenberger Binnenkanal darstellt.

Gewidmet Herrn Em. Prof. Dr.-Ing., Dr. h.c. Daniel L. Vischer, Zürich 1. Einleitung Die Flussbegradigung des Alpenrheins entlang der Staatsgrenze ÖsterreichSchweiz zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird als Rheinregulierung bezeichnet. Sie diente einerseits zur Verminderung der Hochwasser-Gefahren, andererseits zur Neuregelung der entlang der früheren Rheinarme verlaufenden Staatsgrenze. Der 1892 zwischen Österreich-Ungarn

Summary Next to the river corrections along Linth River and of the Jura Waters, these along the Alpine Rhine River count to a lasting engineering effort of the 19th century. The successful contributions of Jost Wey are of particular note who realized his vision with a large personal effort. His engineering career, his ideas, and his accomplishments are highlighted herein against the background of the current improvements and adaptions of the Alpine Rhine River. In parallel, Wey’s proposal to postpone the Diepoldsau Cut until better design bases would be available is also discussed in the light of research developments in sediment transport conducted at ETH Zurich from the 1930s. The purpose of this work is thus to present a notable Swiss river engineer of the late 19th century, whose life achievement was the Werdenberger Binnenkanal.

und der Schweiz abgeschlossene Staatsvertrag setzte den vielen Überschwemmungs-Katastrophen zwischen der IllMündung und dem Bodensee ein Ende, indem mit zwei sogenannten Durchstichen der Flusslauf um rund 10 km verkürzt wurde, womit das Sohlengefälle und somit die Schubkraft des Wassers vergrössert und dadurch massive Geschiebeablagerungen vermieden wurden (Wey, 1893, Bild 1). Die Internationale Rheinregulierung (IRR) der beiden Anrainerstaaten Österreich und der Schweiz koordinierte den

a)

Bau und unterhält die Dämme noch heute. Ihr Sitz befindet sich in Rorschach mit je einer Bauleitung im österreichischen Lustenau und im schweizerischen St. Gallen. Nach Vertrags-Unterzeichnung wurde 1900 nach sechsjähriger Bauzeit der Fussacher-Durchstich zum Bodensee eröffnet. Infolge Verzögerungen durch den 1. Weltkrieg wurde 1923 der Rhein beim Diepoldsauer-Durchstich in sein neues Flussbett geleitet. Da eine Verlandung der Fussacher- und Harder-Bucht einsetzte, wurde 1924 ein 2. Staatsvertrag zur Fort-

b)

Bild 1. (a) Überschwemmung von Lustenau 1890 (IRR 1993), (b) Arbeiten am Werdenberger Binnenkanal in Salez um 1882 (Reich 1990, Vischer 2003). «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

233


b) Bild 2. Dampfbagger (a) von vorne, (b) von hinten links (Wey, 1898b).

a)

a)

b) Bild 3. Durchstiche bei Diepoldsau und Fussach (a) Normalprofil, (b) Längsschnitt (Wey 1898a). führung der Regulierungsarbeiten und zur Vorstreckung des Flussbetts in den Bodensee geschlossen. Über die Jahre entstandene Geschiebeablagerungen im Flusslauf führten zur Erkenntnis, dass der Querschnitt des Mittelgerinnes zu gross war. 1954 wurde deshalb der 3. Staatsvertrag abgeschlossen, um dieses Gerinne einzuengen, die Hochwasserdämme für einen Durchfluss von 3100 m3/s zu erhöhen und die Vorstreckung weiter in den See hinaus zu legen. Das Hochwasserer234

eignis von 1987 mit 2650 m3/s Maximaldurchfluss hat dieses Konzept bestätigt. Das Rheinbett ist 60 bis 70 m breit und hat beidseits Hochwasserdämme von bis zu 260 m Abstand. Das Rheinvorland liegt zwischen dem Hochwasserdamm und dem Niederwasserbett (Mittelgerinne). Es wird als Weidefläche genutzt, aber bei grösserem Hochwasser für kurze Zeit überflutet. Die vom Rhein abgetrennten Gewässer, die bei der Begradigung des Flusslaufs vom Bodensee bis St. Margre-

then und östlich von Diepoldsau entstanden, heissen Alter Rhein. Die sogenannten Binnenkanäle entwässern grosse Teile des Rheintals parallel zum Rhein. Die längsten sind der Werdenberger- und der Rheintaler-Binnenkanal auf Schweizer Seite sowie der Vorarlberger Rheintal-Binnenkanal auf Österreichischer Seite. In Anbetracht dessen, dass die Arbeiten am Alpenrhein auch noch heute weitergeführt werden und Hochwasserschutz im Alpenrheintal hohe Priorität besitzt, soll ein Teil der Arbeiten im

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auslaufenden 19. Jahrh. hier nachgezeichnet werden. Insbesondere betrifft dies die Arbeiten unter der Leitung von Jost Wey. Wer war diese Person, wie war sein beruflicher Werdegang und was hat er mit seinen Arbeiten und Visionen erreicht? 2. Publikationen Wey hat für seine Zeit eine Vielzahl von Publikationen, Schriften und Gutachten verfasst, die sich meistens auf den Alpenrhein beziehen (Heer, 1992 a, b). Bereits 1870 wurden die drei damaligen, national bekannten Experten Karl Pestalozzi (1825–1891), Wasserbau-Professor an der jungen ETH, Adolf von Salis (1818– 1891), 1. Bundesingenieur der Schweiz seit 1871, sowie Gottlieb Heinrich Legler (1823–1897), damals Linth-Ingenieur und somit vertraut mit Flusskorrektionen, eingeladen, Vorschläge für die Alpenrheinkorrektur zu unterbreiten (Wey, 1879a, 1879e). Abschliessend hält Wey fest, dass (Wey, 1884a, 1884b, 1885): • Ein praktischer Erfolg selbst bei günstigen Verhältnissen zweifelhaft sei, • Erhebliche Kosten entstehen, die nicht im Verhältnis zu den Nutzen seien • Die Nachbarstaaten gegen ein solches Projekt protestieren würden. Wey hat also realisiert, dass die Zeit für ein solches Projekt noch unreif war. Weitere Untersuchungen folgten dann durch Wey, (1890a). Wey, (1898a) unterscheidet bei einem Vortrag zwischen der Rheinkorrektion, der Korrektion der Binnengewässer und der internationalen Rheinregulierung, also des Baus der Durchstiche. Nach einer kurzen historischen Übersicht (Wey, 1879d, 1890b, 1906a) wird auf den 1. Staatsvertrag eingegangen, welcher den Bau des Durchstichs bei Fussach und die «Abschneidung» der Diepoldsauer Kurve umfasst, womit die Länge des Rheins um rund 10 km verkürzt wird. Infolge des Fussacher Durchstichs tritt im Oberwasser eine Sohlabsenkung von 2.5 m auf, während der Diepoldsauer Durchstich eine Absenkung von rund 4 m erzeugen würde, womit sich auch der Geschiebetrieb ändern würde. Vom Bauprogramm her sei es notwendig, vorerst den Rheintalischen Binnenkanal (RBK) zu erstellen, um anschliessend den Diepoldsauer Durchstich zu bauen. 1898 war der Rheintalische Binnenkanal mit einer Länge von 18 km beinahe vollendet; er diente anschliessend hauptsächlich zur Drainage des Rheintals. Das Aushubmaterial wurde mittels eines Baggers in Tieflagen des Tals und in alte Wasserläufe geschüttet. Der Bag-

ger (Bild 2) befand sich auf 2 gekuppelten Schiffen, wobei eines 22 m lang, 7 m breit und 2.60 m hoch war. Die 110 l fassenden Eimer leerten den Inhalt auf einen Rost aus. Bei Kies, Sand oder Erde wurden die Rostabstände auf rund 10 mm verkleinert. Eine schnell laufende Dampfmaschine mit rund 600 Umdrehungen/min. auf dem zweiten Schiff pumpte das notwendige Wasser zur Förderung des Materials, mit einer Pumpenleistung von 10 m3/min. Das Material passierte den Rost um durch eine zweite, 0.35 m weite Rohrleitung ins Reservoir des 2. Schiffs zu gelangen, von wo her es dann weggespült wurde. Das ganze Rohrsystem von über 200 m Länge wurde auf Rollwagen gelegt und auf Gleisen sukzessive bewegt. Das 2. Schiff hatte eine Länge von 16 m, eine Breite von 6 m und eine Höhe von ebenfalls 2.6 m. Die stündliche Leistung des Apparats wurde auf 75 m3 Material geschätzt. Er war seit 1896 in Betrieb. Bild 3a zeigt das Normalprofil des Rheins, welches auf einen MaximalDurchfluss von 3000 m3 bemessen wurde. Zwischen den Wuhren und den Binnendämmen wurden in Abständen von 60 bis 150 m steinerne Traversen eingelegt, um Kolke im Vorland und Erosion zu vermeiden. Bild 3b zeigt das Längsprofil der Durchstiche. Für den Fussacher Durchstich wurde vom Bodensee her auf einer Länge von 1 km ein Vollaushub durchgeführt, während weiter im Oberwasser lediglich ein Leitkanal erstellt wurde und die Abschwemmung der seitlichen Erdkörper dem fliessenden Wasser überlassen wurde. Betreffend der Kosten wurden CHF 16.5 Mio. für die Internationale Rheinregulierung und CHF 6.6 Mio. für die Binnengewässer-Korrektion, also total CHF 23.1 Mio. veranschlagt. 3. Buchbeitrag Wey (1911) hat postum zum wichtigen deutschen Werk Der Wasserbau ein nahezu 100 seitiges Kapitel beigetragen. Vorerst werden Flussdeiche allgemein beschrieben, deren Vor- und Nachteile diskutiert, um anschliessend eine Anzahl von erfolgreichen Deichsystem vorzustellen, etwa am Weichseldelta bei Danzig, längs des Unterrheins, der Elbe und der Weser, der Loire und des Pos, aber auch entlang der Donau und des Mississippis. Dann wird auf Dämme längs Gebirgsflüssen eingegangen, also etwa entlang der Töss, der Glatt oder des Alpenrheins. Die 75 km lange Flussstrecke war schon um das Jahr 1000 mittels Uferschutzarbeiten verbessert worden. Infolge der Erhöhung der Flusssohle und den damit einherge-

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henden Überschwemmungen begann man, Dämme entlang der Ufer anzulegen. Diese waren aber lediglich rund 2 m hoch mit einer Kronenbreite von gut 1 m. Um 1800 wurden dann zusammenhängende Leitwerke gebaut, um die Schutzwirkung zu verbessern. Um 1850 legte der Kanton St. Gallen einen Entwurf zur «Bändigung» des Rheins von Tardisbrücke an der Kantonsgrenze von St. Gallen und Graubünden bei Mastrils bis zum Monstein oberhalb von St. Margrethen vor. Schon damals war vorgesehen, von dort aus den Fluss direkt in den Bodensee zu leiten und damit eine Senkung der Flusssohle zu erzielen, was um 1900 mit dem FussacherDurchstich erreicht wurde (Bild 4). Ursprünglich war vorgesehen, ein Doppelprofil für den Alpenrhein zwischen der Tardisbrücke und Oberriet zu erstellen: Hinter den überflutbaren Leitwerken wären dabei Dämme erstellt worden. Von diesem Konzept sei man jedoch 1880 abgewichen und zum Hochwuhrbau übergegangen, dies insbesondere nach den

Bild 4. Entwurf zur Rheinkorrektion von Tardisbrücke bis Bodensee (Wey, 1991). 235


grossen Überschwemmungen der Jahre 1868 (Wey, 1883) und 1871, da die WuhrBauweise zu schwach war (Bilder 5a, 9a). Die Hochwuhrstrecke sei aus Rheinkies erstellt worden, welcher aus rund 30% Sand besteht und dauerhafte, dichte Dämme ergibt, falls sie auf Kiesboden oder Faschinenbauten gründeten. Bild 5b zeigt im Gegensatz dazu das zwischen Oberriet und Monstein erstellte Doppelprofil, welches kurzen Hochwassern problemlos standhielt, bei längeren Ereignissen über Wochen jedoch Wasser aufsaugte, seine Form verlor und partiell versagte. Deshalb sei auch der Damm mit Kieskörpern verstärkt worden, womit sich der eigentliche DammMittelbereich nicht mehr bewege (Bild 5b), ein Konzept, das erfolgreich gewesen sei (Wey, 1911). Hingegen traten an gewissen Stellen unterirdische Durchsickerungen in Kiesschichten auf, welche Sedimente ausgespült hätten. Solche Erscheinungen seien aber erst gefährlich, falls das austretende Wasser stark gefärbt sei.

Der dritte Rheinabschnitt zwischen Monstein und dem Bodensee (Bild 4), also der Fussacher-Durchstich, wurde ebenfalls mittels des Doppellinien-Systems erbaut. Falls für den Binnendamm kein Platz vorhanden war, etwa bei St. Margrethen oder Rheineck, wo die Eisenbahn direkt an den Rhein stösst, wurden Mauern errichtet. Während längs des linken Rheinufers lediglich der Kanton St. Gallen Anstösser ist, sind dies entlang des rechten Ufers der Kanton Graubünden, das Fürstentum Lichtenstein und das heutige Bundesland Vorarlberg, was die Arbeiten nicht erleichtert habe. Infolge verschiedener «Freiheiten» betreffend den Ausführungen hätte sich diese Sachlage bei der Rheinbettbildung gerächt, die uneinheitlich ausfiel. Ein weiteres Unterkapitel des Buchbeitrags betrifft Deiche im Allgemeinen. Unter einem Deich versteht man ein künstlich angelegtes Bauwerk als wasserbaulichen Schutz entlang von Flüssen (oder Meeren). Oft sind Deiche ohne ein

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b) Bild 5. (a) Hochwuhr von Tradisbrücke bis Oberriet, (b) Doppelprofil verstärkt (Wey, 1911).

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b) Bild 6. Damm-Querprofile vom Diepoldsauer-Durchstich (a) ausserhalb, (b) innerhalb von Torfstrecken (Wey, 1911). 236

Innenleben, im Gegensatz zu Dämmen, die oft Kerne aufweisen und i.A. viel höher gebaut werden. Sie sind typischerweise an Stauanlagen und Talsperren anzutreffen. Als Maxime der Bautechnik von Deichen werden erwähnt (Wey, 1911): • Ein Deich muss parallel zum Hochwasserstrich verlaufen • Die Vorlandbreite muss so gross sein, dass zwischen den beiden unberührt am Fluss und vor dem Deichfuss zu belassenden Landstreifen genügend Fläche zur Materialgewinnung verbleibt, mit dem der Deich unterhalten wird. • Ein Deich muss möglichst gerade verlaufen, um Schäden durch die Strömung des Wassers, Eisgang und Wellenbildung zu widerstehen. • Der Deich sollte auf guter Fundation errichtet werden, um geringen Unterhalt zu erfordern. • Grössere Vertiefungen des Geländes mit oft sandigem oder stark durchlässigen Untergrund sollten auf der Flussseite belassen, aber ausserhalb davon vorsichtig behandelt werden, um Rutschungen zu vermeiden. • Deiche sollten die Binnenschifffahrt nicht beeinträchtigen. • Scharfe Flusskrümmungen sind zu beseitigen, damit auch das Deich-Bauwerk keine aufweist. • Anlage- und Unterhaltskosten sollten in sinnvollem Mass mit den ersteigerten Erträgen aus dem Deichwerk sein. • Örtliche Verhältnisse sind zu berücksichtigen. Wie so häufig widerspiegeln diese Grundsätze die Philosophie des Ingenieurwesens im 19. Jahrh. Es handelt sich um Maximen, die auf einem allgemeinen Konsens fussen, welche aber nie wissenschaftlich geprüft und verifiziert wurden. Insbesondere fehlt der rechnerische Nachweis verschiedener Maximen, die z.T. bis heute infolge Unkenntnis der oft komplizierten physikalischen Verhältnisse nicht erbracht wurden. Immerhin hat sich im 20. Jahrh. der Flussbau zu einer eigenständigen Disziplin des Ingenieurwesens entwickelt, womit viele Grundsätze klarer formuliert wurden. Im Gegensatz dazu darf man Ingenieure des 19. Jahrh. als Baumeister bezeichnen, die ihr Wissen hauptsächlich durch die Baumethoden, andere ähnlich gelagerte, erfolgreiche Bauwerke und durch persönliche Erfahrungen erhielten. Als Nächstes ging Wey (1911) auf den Bau von Flussdeichen ein. Dabei wird die Vorbereitung des Deichgrunds diskutiert, die Deicherde spezifiziert, dann

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deren Schüttung beschrieben und das Setzen eines Deichkörpers besprochen. Anschliessend wird auf den Diepoldsauer Durchstich eingegangen (Wey, 1906a, 1907). Bei diesem Projekt handle es sich mehr um eine Lenkung des Rheins als um einen eigentlichen Durchstich. Durch die Erfahrungen mit dem Fussacher-Durchstich von 1894 bis 1900 und infolge mangelhaften Baugrunds wurde beim Diepoldsauer Durchstich vorerst im Torfgebiet ein Versuchsdamm hergestellt. Bei einer Deichhöhe von 7 m verschwand die Auffüllung nach 6 Jahren fast vollständig im Boden, während seitlich massive Erdverschiebungen festgestellt wurden. Wey folgerte daraus, dass die bis zu 9 m mächtige Torfschicht vor den eigentlichen Arbeiten auszuheben war, womit die Senkungen weit weniger stark ausfallen würden. Damit sollte eine stabile und zeitlich wenig veränderliche Gründung des Bauwerks erreicht werden, deren hohe Kosten sich langfristig rechtfertigten. Bei der endgültigen Ausführung des Diepoldsauer Durchstichs wurden die Expertenmeinungen der Schweiz und Österreichs beachtet. Abweichend vom Projekt von Wey (1906a, 1906b) betrug die Breite zwischen den Wuhrkanten nun 110 m und 260 m zwischen den Innenkanten der Deichkronen. Das Längsprofil verlief wie im Staatsvertrag festgelegt. Betreffend der Deichprofile wurde unterschieden zwischen Strecken inner- und ausserhalb von Torfgebieten (Bild 6). Die Kronenbreite war einheitlich 6 m, die wasserseitige Böschung 1:3, landseitig hingegen 1:2 mit einer 5 m breiten Berme. Die Deichhöhe betrug 8.60 m ausserhalb und 5.5 m innerhalb der Torfstrecke, wobei lediglich Kies verwendet wurde. Weitere Angaben betreffen die Sicherung der Deichoberfläche gegen Niederschlag, Strömung, Eisgang und Wind. Ein zusätzlicher Aspekt betraf den Unterhalt eines Flussdeichs. Es gehe dabei insbesondere um eine widerstandsfähige Rasendecke, welche zweimal jährlich von Unkraut zu säubern sei. Zudem dürften keine Bäume, Hecken oder Sträuche auf einem Deich geduldet werden. Grössere Risse in der Deichoberfläche müssten geschlossen werden, um den Eintritt von Niederschlag zu vermeiden. Ebenfalls sind jegliche Löcher tierischen Ursprungs zu schliessen und Treibholz zu entfernen. Bei Hochwasserperioden ist ein Deich zu verteidigen. Dazu nötig sind Deichwachen, welche den Deich regelmässig begehen und nach Schäden untersuchen; in den Deich-Wachhäusern werden die wichtigs-

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b) Bild 7. Aufkadungen einer Deichstrecke bei Hochwasser (a) auf Deichkrone, (b) bei Rutschung der Deichaussenseite (Wey, 1911). ten Werkstoffe und Werkzeuge gelagert, damit diese innert nützlicher Frist greifbar sind. Die wichtigsten Arbeiten umfassen Massnahmen gegen den Wellenschlag mittels Faschinen, welche am jeweiligen Ufer befestigt werden. Grössere Quellen an Binnenböschungen sind mit Sandsäcken zu stopfen, um weiterer Erosion zu begegnen. Jegliches Überströmen eines Deichs ist zu verhindern; dazu werden sogenannte Aufkadungen, also mauerartige Bauwerke längs der gefährdeten Deichkrone erstellt, welche bis zu 1 m Höhe aufweisen (Bild 7a). Beim Absacken eines Deichs ist der Deichfuss vorübergehend durch «Einwerfen» von Senkfaschinen zu verstärken. Falls die Aussenböschung versagt, soll ein Fangdamm an der Wasserseite erstellt werden, der den eigentlichen Dammkörper entlastet (Bild 7b). Im Notfall lassen sich auch Sandsäcke verwenden. Bei Rissbildung entlang eines Deichs infolge schlechten Untergrunds ist Abhilfe durch «starkes Belasten» der Deichoberfläche zu suchen. Wird schliesslich Material durch starken Wasserdruck aus dem Deichkörper gepresst, so ist wiederum ein Fangdamm zu errichten, um damit einen Gegendruck zu erreichen, welcher dieses Übel stoppe. Insgesamt sind sich die Mittel zur Bekämpfung eines Deichbruchs in den letzten 100 Jahren damit fast identisch geblieben. Häufig tritt eine Ratlosigkeit insbesondere bei den Behörden zutage. Erst kürzlich ist man dazu übergegangen, Deiche labormässig, physikalisch unter solchen Belastungen zu untersuchen. Bis heute liegen jedoch nur partielle Resultate vor, insbesondere infolge der komplexen physikalischen und materialtechnologi-

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schen Prozesse. Es soll hier zudem erwähnt werden, dass der Beginn der Bodenmechanik erst um 1930 insbesondere durch Karl Terzaghi (1883–1963) einsetzte, welcher dieses Fachgebiet ins Leben rief. Es ist ausserdem anzuführen, dass Wey (1911) neben direkten Methoden zur Verhinderung eines Deichbruchs auch indirekte Methoden anspricht. Dabei handelt es sich um Hochwasser-Reduktion etwa durch die Waldpflege, Entwässerungen von Flussgebieten, Flusskorrektionen, den Bau von Rückhalteräumen, die Bekämpfung von heute in Mitteleuropa kaum auftretendem Eisgang, die Berechnung von Hochwasserwellen, welche um die Jahrhundertwende in der Tat einsetzten, sowie die Versicherung wichtiger Infrastrukturen, welche aber auch heute noch kaum auf Erfolg stösst. Wey hat mit diesem Kapitel deshalb einen wichtigen Bereich des Flussbaus eröffnet, leider durfte er die Umsetzung seines Werks nicht mehr erleben. 4. Vortragsunterlagen Wey (1890c) hat verschiedene Vorträge vor Fachkollegen auch als ETH-Manuskript erstellt. Das handschriftlich vorliegende Manuskript beschäftigt sich mit Flussbau im Allgemeinen, und ist eine Zusammenfassung des dann von Wey (1911) erstellten Buchkapitels. Es diente als Vorlesungsgrundlage des Fachs Flussbau, welches Wey nach dem Ableben des Wasserbau-Professors Karl Pestalozzi (1825–1891) von 1891 bis 1893 lehrte. Es geht im Manuskript um Niederschläge, Abflussmengen, die Charakterisierung eines Gewässers, die Normalabflussformeln und die Flussbettbildung. Anschliessend finden sich Kapitel über Wildbäche, 237


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Bild 8. Rheintaler Binnenkanal, Bauarbeiten um (a) 1905, (b) um 1906 (IRR 1993). Verhinderung von Erosion, Sicherung und Heben einer Sohle, Talsperren im damaligen Sinne als Wildbachsperren, Verlegung eines Bachbetts und Bau von SedimentAblagerungsplätzen. Im eigentlichen Kapitel Flussbau werden die Sinkstoffe, die Flussregulierung, das Normalprofil sowie Buhnensysteme besprochen. Anschliessend werden Durchstiche, Parallelwerke sowie Dämme und Deiche erläutert. Diese Schrift hat nur einen kleinen Bezug zu den Arbeiten am Alpenrhein. 5.

Würdigung zum 100. Geburtstag Stuber (1943) hat mit einer fünfseitigen Schrift den 100. Geburtstag von Jost Wey gewürdigt. Auszugsweise sollen die wichtigsten Textstellen hier wiedergegeben werden, da diese Schrift wenig bekannt ist. Jost Wey arbeitete während 35 Jahren mit grossem Erfolg an der St. Galler Rheinkorrektion. Sein Name ist unauslöschbar mit der Erstellung des Werdenberger Binnenkanals (WBK) und damit der Sanierung der klimatisch bevorzugten, 140 km2 grossen Rheintalebene verbunden. Wey, Bürger von Buttisholz LU, wurde am 11. Juli 1843 in Eich LU als Sohn von Kleinbauern geboren. Um 1855 entschlossen sich seine Eltern nach Uruguay auszuwandern, um dort eine bessere Existenz zu finden. Jost wurde in der Heimat zurückgelassen, damit er den Beruf des Käsers erlerne und anschliessend seinen Eltern folge. Der talentierte Knabe bezog jedoch 1864 das Eidg. Polytechnikum, die heutige ETH Zürich, wo er 1867 als Bauingenieur und 1868 als Mathematiker abschloss. Nach einem Aufenthalt an einem Ingenieurbureau in Paris, sowie Arbeiten für Eisenbahnprojekte in Frankreich und Österreich, trat er 1873 als Sektionsingenieur bei der St. Galler Rheinkorrektion ein. Dort hatte der Kanton erst 1862 das Wuhrwesen übernommen, womit die eigentliche Rheinkorrektion einsetzte. Unter staatli238

Bild 9. Titelseiten von (a) Wey (1883), (b) Wey (1906a) cher Leitung und Absprache mit den Anrainern wurde nach einheitlichen Vorlagen gebaut, die sowohl der Kanton als auch der Bund subventionierte. So entstanden die Wuhren, also Leitwerke, und die Deiche. Bereits 1868 und 1871 folgten riesige Hochwasserkatastrophen, welche diese Arbeiten zerstörten. Deshalb sollten zukünftige Bauten höher und widerstandsfähiger ausgebildet werden, was grössere finanzielle Mittel bedingte (Anonym 1908, Heer, 1993). Nach Stuber (1943) blieb Dank des energischen und zielbewussten Weys die St. Gallische Rheinseite von 1871 bis 1943 gänzlich von Rheineinbrüchen verschont. Der Schaden durch das Hochwasser von 1868 etwa betrug CHF 2.4 Mio. Als 1874 Oberingenieur Hartmann verstarb, übernahmen Wey und ein Kollege die Projektleitung. Nach dessen Rücktritt wurde Wey 1879 durch die St. Galler Regierung zum Oberingenieur der Rheinkorrektion ernannt. Damit ist ein neuer Geist in dieses Unternehmen eingezogen, dem keine

Mühe zu gross war, um den Kampf gegen widerstrebende Interessen, Vorurteile und irrtümliche Anschauungen aufzunehmen, um damit die Bauten gewissenhaft durchzuführen. In den Berichten von Wey (1878a, 1883) werden die folgenden Forderungen an den Kanton St. Gallen gestellt (Bild 8): • Ableitung der Werdenberger Binnengewässer in einem Kanal und Schliessung der Rhein-Wuhrlücken (Wey, 1878b, 1879b, 1879c). • Beständige und exakte Ermittlung der Sohlenhöhen und Aufbau der Wuhr je nach Baufortschritt längs des rechten Rheinufers bis mindestens über 1 m des 1868er Hochwassers. • Ausnutzung des Schlamms zur Verlandung des Bodens entlang der Wuhr, sodann Kolmation weiter landeinwärts. Wey erstellte als Erster die Hochwasserdeiche allein aus Rheinkies und verstärkte diese durch auf Kies fundierten Bermen. Vor 1873 wurde die Stein-

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verkleidung der Rheinwuhr etwa 1.5 m stark eingebracht. Aufbauend auf Versuchen reduzierte Wey diese schliesslich auf 0.50 m. Diese neue Böschungsverkleidung ging einher mit grossen finanziellen Einsparungen und es traten längs des ganzen Alpenrheins keine Schäden an der Steinverkleidung mehr ein. Trotz anfänglicher Opposition wurde durch den Einbau von Schleusen in die Hochwuhren das schlammhaltige Rheinwasser hinter die Deiche in die tiefergelegenen Gebiete eingelassen, um damit die stete Verlandung zu fördern. Damit nahm die Durchsickerung des Untergrunds zwischen Deich und Wuhr beträchtlich ab, womit wertvolles Kulturland gewonnen wurde. Die Hochwasser von 1885, 1888 und 1890 leisteten zudem den Nachweis der Richtigkeit dieser Schritte (Heer, 2011). Die durch die planmässige Einschnürung zwischen Leitwerken und den Deichen erhoffte Sohleintiefung stellte sich jedoch lediglich im oberen Alpenrhein ein; flussab von Trübbach erhöhte sich dagegen die Sohle infolge starker Zufuhr von Geschiebe. Um 1890 lagen die Wasserspiegel bei Niedrigwasser um 3 m, bei Hochwasser gar um 8 m über der tiefsten Talsohle. Durch die Rheinkorrektion allein wäre deshalb keine Sicherheit gegenüber Einbrüchen erzielt worden, weshalb als wichtige Ergänzung dazu die Korrektion der Binnengewässer gefordert wurde. Vor 1860 gab es mehr als 30 seitliche Bacheinmündungen in den Rhein, in welche sich ein hochliegender Rhein zurückstaute und damit die ganze Talschaft unter Wasser setzte und somit versumpfte. Diese Einmündungen schwächten zudem den eigentlichen Rheinfluss und riefen Einbrüche des Deichsystems bei Hochwasser hervor. Um der Forderung von Wey nachzukommen, wurde von 1882 bis 1884 der 21 km lange WBK von Sevelen bis Rüthi erstellt, womit dieses Gebiet komplett vom Rhein abgeschlossen war. Die fruchtbare Talebene wurde entwässert und entwickelte sich in der Folge zu einem landwirtschaftlich erfolgreichen Gebiet der Schweiz. Trotz massiver Kritik der Anwohner schuf Wey so innert knapp zwei Jahren ein Werk, das trotz des Hochwassers von 1885 keinen Schaden nahm. Durch die erwähnte Einschnürung des Rheins wurde zudem die Sohlerosion angeregt, welche aber unbefriedigend war, wie Wey (1890a, 1890b) feststellte. Daher mussten die beiden Durchstiche weiter verfolgt werden, entsprechend einer Flussverkürzung und der damit einhergehenden Zunahme des Sohlgefälles

(Wey, 1891). Nach den Hochwasserkatastrophen von 1885, 1888 und 1890 auf österreichischer Flussseite wurden die zwischenstaatlichen Verhandlungen mit der Eidgenossenschaft wieder aufgenommen. Der 1892 abgeschlossene Staatsvertrag verfolgte den Zweck, die Regulierung (und nicht mehr die Korrektion) des Rheins von der Illmündung bei Feldkirch bis zum Bodensee einschliesslich der beiden Durchstiche bei Fussach und Diepoldsau als Internationale Rheinregulierung (IRR) durchzuführen. Wey setzte sein ganzes diplomatisches Können und fachtechnisches Wissen in den erfolgreichen Vertrag ein und wurde als schweizerischer Bauleiter der IRR gewählt. Der rund 5 km lange Fussacher Durchstich wurde unter Leitung von k.k. Bauleiter Philipp Krapf (1854–1939) im Jahr 1894 begonnen und 1900 eröffnet, womit die Vorflut für den Rheintalischen Binnenkanal (RBK) geschaffen war. Zudem war bis 1906 der fast 8 km lange ZapfenbachKrummenseekanal bei Kriessern vollendet. Mit der Erstellung der Binnenkanäle sank die Anzahl der seitlichen Einmündungen in den Rhein auf lediglich drei Gewässer, nämlich der Tamina bei Ragaz, der Saar und der Trübbach bei Trübbach sowie der WBK bei Rüthi. Infolge der tiefen Lage der beiden Binnenkanäle längs der Rheintals liess sich deren Trockenlegung einfach bewerkstelligen. Damit diente Wey speziell der Landwirtschaft, bedauerte jedoch die zu knappen finanziellen Mittel für den Feinausbau (Wey, 1902, 1905, 1906a). Neben der Erstellung der Binnenkanäle beschäftigte sich Wey ab 1905 mit dem Diepoldsauer Durchstich, welcher nach Weisung der Intl. RheinregulierungsKommission von 1905 zu erstellen war.

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Nach ausführlichen Untersuchungen kam er zum Schluss, dass dieses Projekt noch zu warten hätte, um genügend Abklärungen durchzuführen, insbesondere hinsichtlich Deichsetzungen und der damit zu erwartenden Geschiebeführung. Er arbeitete dementsprechend ein Gegenprojekt aus (Wey, 1907). Speziell wurden als Modifikationen des Originalprojekts gefordert: • Reduktion des Mittelprofils auf 90 m Breite. • Höherlegung der Rheinsohle entsprechend einer Anpassung an den Fussacher Durchstich. Damit sagte Wey die später beobachtete Sedimentablagerung in diesem Flussbereich richtig vorher (Anonym, 1909). Infolge besserer Wuhr- und Deichfundationen gelangte Wey auf totale Baukosten von CHF 20 Mio.; diese Summe wurde jedoch ohne Begründung auf CHF 14 Mio. reduziert. Als Folge begann Wey gegen die Ausführung dieses Projekts zu kämpfen, da er den Misserfolg kommen sah (Wey, 1906a, 1906b, 1907). Weiter fragte er sich, ob die beträchtliche Summe wirklich den daraus abgeleiteten Nutzen erbringe. Wey (1907) schlug in seinem Memorial folgende Änderungen vor (Bild 9b): • Zeitliche Verschiebung der Ausführung des Diepoldsauer Durchstichs, jedoch Vorarbeiten betreffend Entwässerungen und Expropriation. • Ausführung der Normalisierung des Flussprofils bis zur Illmündung. • Intensive Verbauungen und Aufforstungen im Rhein-Einzugsgebiet zur Reduktion der Geschiebefracht (Wey, 1898a). • Ausführung des Durchstichs in frühestens 10 Jahren, nach denen sich diese Massnahmen bewährt hätten.

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Bild 10. Oberingenieur Jost Wey (a) Foto (Riegg, 1908), (b) Portraitbüste (Anonym, 1943).

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Wey realisierte also, dass eine Vorhersage der Auswirkungen dieser und anderer Massnahmen schwierig war. Andererseits muss auch festgestellt werden, dass um diese Zeit der hydraulische Modellversuch die ersten bescheidenen Anfänge nahm, um das Problem insbesondere des Sedimenttransports auf diese Weise anzugehen. Es ist zudem der ausserordentliche Beitrag Österreichs zu diesem Problem zu erwähnen, wo gleichzeitig an den TH Graz und Wien bedeutende Untersuchungen durchgeführt wurden. Ab Mitte der 1930er-Jahre übernahm die wissenschaftliche Forschung dann die 1930 eingeweihte Versuchsanstalt für Wasserbau (VAW) der ETH Zürich, was schliesslich unter der Leitung von Eugen Meyer-Peter (1883–1969) in die noch heute gebräuchliche Meyer-Peter-Müller (MPM) Sedimenttransportformel ausmündete. Wey hatte also das «Bauchgefühl», dass sich in diesem Wissensgebiet vieles tun würde, und schlug deshalb eine Rückstellung des Ausbaus vor, einhergehend mit grossen finanziellen Einsparungen. Wey kämpfte unermüdlich für seine Vision, hielt Vorträge, verfasste Pamphlete, bereiste das Einzugsgebiet des Rheins, trat mit der Bevölkerung in Kontakt und führte Interessierte zum Rheintal (Wey, 1890c, 1893, 1902, 1906c). Mitten in diesem Kampf verstarb er am 07.02.1908 in Rorschach SG an den Folgen eines Hirnschlags. Er sah deshalb die österreichische Expertise, welche seine Vorschläge abwies, nicht mehr. Der Diepoldsauer Durchstich sollte unmittelbar durchgeführt werden, auch gegen die Meinung von Krapf (Bild 10). Der Durchstich wurde also gebaut und 1923 eingeweiht (Anonym, 1923). Die

a)

Kosten beliefen sich auf CHF 18 Mio. Die ersehnte Wirkung blieb jedoch aus, da das Mittelbett des Rheins verschotterte, die Flusssohle sich hob und Probleme mit dem Grundwasser begannen. Bereits 1934 war das Mittelbett um fast 2 m mit Geschiebe gefüllt, womit sich die Durchflusskapazität des Rheins reduzierte. Dieses Problem wurde in der Folge durch die VAW gelöst, was an anderer Stelle näher betrachtet werden soll. Die Ratschläge des Flussbauers Wey wurden also nicht befolgt, es wurde viel Geld unnütz ausgegeben: es blieb ein schaler Nachgeschmack. Schliesslich erwähnte Stuber (1943) auch die Gedenktafel, welche für Conrad Escher von der Linth (1767–1823) errichtet wurde. Es bedauerte, dass ein Gegenstück für Wey, den steten Förderer des Rheinwerks, nicht geschaffen wurde. Erst 2009, 100 Jahre nach seinem Tod, wurde ein Gedenkstein in Buchs SG eingeweiht (Reich, 2009). Nach Anonym (1908) wird das Leben von Wey zusammengefasst durch: Wey war ein «durchgebildete, charaktervolle, ganze Persönlichkeit. In seinem Dienst äusserst fleissig, gewissenhaft, sparsam und energisch, etwas temperamentvoll, aber immer gerecht, sachlich, als Freund zuverlässig und als Familienvater ebenso liebevoll als geliebt und geehrt». Bild 11 zeigt Weys Familie vor seinem Haus in Rorschach und das Rheinbaubüro um die Jahrhundertwende. Der Nachfolger von Wey, Karl Ulrich Böhi (1869–1945), leitete den Diepoldsauer Durchstich und trat 1938 vom Amt zurück. Neben dem Durchstich folgte er Weys Rat und trieb die Verbauung der dem Rhein zufliessenden Wildbäche voran. In seinem Nekrolog (Anonym, 1945) wird das Memorial von

Wey (1906a) angesprochen, in welchem die wichtige Streitfrage die Breite des Mittelgerinnes des Rheins bei Diepoldsau war: 120 m oder nur 90 m? Beide hatten letzteres als richtig angesehen, da nur so der Sedimenttransport aufrechterhalten würde. Böhi musste jedoch erleben, wie die geforderten 120 m Flussbreite den gewünschten Erfolg nicht erbrachten, infolge der «bedenklichen Auflandung» in diesem Bereich. Aufgrund der Versuchsresultate der VAW wurde anschliessend diese Rheinstrecke modifiziert, was für Böhi (und auch für Wey) eine späte Genugtuung darstellte. Stuber (1949) lenkte als ehemaliger Mitarbeiter von Wey seine Gedanken nochmals in diese Richtung. 6. Schlussfolgerungen Das Leben und Werk von Jost Wey wird besprochen. Er gilt als Vater der Rheinkorrektion um die Jahrhundertwende und hat sich speziell einen Namen mit der Erstellung des Werdenberger Binnenkanals gemacht. Daneben setzte er sich für die wasserwirtschaftlichen, grundwassertechnischen und landwirtschaftlichen Belange des St. Galler Rheintals ein. Seine Forderungen an Behörden, Fachkollegen und an die Bevölkerung legte er in einer Vielzahl von Schriften nieder, mit denen er sich jedoch nicht nur Freunde verschaffte. Sein Lebenswerk ist in der Zwischenzeit in Vergessenheit geraten, weshalb es hier in Erinnerung gerufen wird, um einem bedeutenden Flussbauer des ausgehenden 19. Jahrhunderts Respekt zu verschaffen. Ein vor wenigen Jahren errichteter Gedenkstein wurde zu diesem Anlass ebenfalls eingeweiht, das Hauptwerk Weys bleibt indessen der unter seiner Leitung erstellten Werdenberger Binnenkanals.

b)

Bild 11. (a) Wey mit Familie und Schwiegereltern Dürst vor seinem Haus in Rorschach, (b) Annexbau mit Rheinbüro in Rorschach (Sammlung K. Schürch-Wey). 240

«Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden


Verdankung

wasserschutzes in der Schweiz. Bericht 5, Serie

von Herr Rheiningenieur J. Wey. Fretz: Zürich.

Ich möchte mich bei Herrn Anton Heer, Flawil

Wasser. Bundesamt für Wasser und Geologie

Wey, J. (1891). Der Einfluss der projektierten

SG, für die Durchsicht und die wertvollen Kom-

BWG: Bern.

Rheindurchstiche bei Diepoldsau und Brugg-

mentare an dieser Arbeit bestens bedanken. Bei

Wey, J. (1878a). Die St. Gallische Rheinkor-

Fussach auf die Wasserspiegelhöhe im Bo-

Frau K. Schürch-Wey möchte ich mich für die

rektion, ihr bisheriger Erfolg, ihr gegenwärtiger

densee. Zürcher & Furrer: Zürich. Ebenfalls

freundliche Überlassung einiger privater Bilder

Stand, ihre Sicherheit und Zukunft. Beilage zum

SBZ 18(9): 51–53; 18(10): 57–60; 18(11): 63–66;

bedanken.

Oberländer Anzeiger, ebenfalls Sonderdruck

18(12): 72–73.

aus St. Galler Tagblatt.

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Durchstiches. Zollikofer: St. Gallen.

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Herrn Linthingénieur Legler. Kuhn: Buchs.

17–21; 49(3): 34–39; 49(14): 176–177; 52(21):

Reich, H.J. (2009). Späte Würdigung für Inge-

Wey, J. (1885). Randglossen zu dem Gutachten

278–279; 53(11): 141–143; 53(14): 181–182.

nieur Jost Wey. Wasser Energie Luft 101(2):

des Herrn Ingenieur Wetli über Ableitung von

Wey, J. (1911). Flussdeiche und sonstige Mittel

151–152.

Rhein-Hochwasser durch das Rinnsal in den

zur Bekämpfung des Hochwassers der Flüsse.

Riegg, A. (1908). Zur Erinnerung an Oberingeni-

Bodensee. Kuhn: Buchs.

Der Wasserbau 3(7): Landwirtschaftliche Bo-

eur Jost Wey. Zollikofer: St. Gallen.

Wey, J. (1890a). Die technischen Verhältnisse

denverbesserungen, Fischteiche, Flussdeiche,

Stuber, R. (1943). Oberingenieur Jost Wey zu

der Rheindurchstichs-Angelegenheit. Kuhn:

Seedeiche, Deichschleusen: 530–621, F. Kreu-

seinem 100. Geburtstag. St. Galler Tagblatt

Buchs.

ter, ed. Engelmann: Leipzig.

(318): 10.07.1943.

Wey, J. (1890b). Geschichtliche Darstellung

Stuber, R. (1949). Das Rheintal in seinem

der technischen Entwicklung der St. Gallischen

Anschrift des Verfassers

Kampfe gegen den unbändigen Rhein. Unser

Rheincorrection. SBZ 15(4): 19–20; 15(5): 25–

Prof. Dr. Willi H. Hager, VAW, ETH-Zurich

Rheintal 6: 21–35.

27; 15(6): 31–34.

CH-8093 Zürich

Vischer, D.L. (2003). Die Geschichte des Hoch-

Wey, J. (1890c). Der Flussbau, nach Vorträgen

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241


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Nachrichten Informationen aus der Wasser- und Energiewirtschaft

P ol iti k Politi Beschlüsse der UREK-S zur Wasserkraft Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates hat die Vorlage zur Energiestrategie mit 11 zu 0 Stimmen und einer Enthaltung in der Gesamtabstimmung angenommen (13.074). Die Kommission weicht in ihren Entscheidungen in wesentlichen Punkten vom Beschluss des Nationalrates ab und führt die Vorlage dabei wieder näher an den Entwurf des Bundesrates. Sie setzt aber neue Akzente insbesondere bei der Unterstützung der Wasserkraft, und sie befristet das System zur finanziellen Förderung erneuerbaren Energien. Nach ausführlicher Analyse verschiedener Varianten hat die Kommission mit 9 zu 4 Stimmen eine Notfalllösung für einzelne, im Weiterbetrieb gefährdete Wasserkraftwerke beschlossen (Art. 33a–33c). Die Massnahme sieht vor, dass der Bund Anlagen der Grosswasserkraft (mehr als 10 MW), die sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinden und deren langfristiger Weiterbetrieb gefährdet ist, eine Finanzhilfe gewähren kann. Sie erfolgt nur im Einzelfall nach eingehender Prüfung, vorausgesetzt, dass alle Betroffenen mit entsprechenden Massnahmen zur Entlastung der Kraftwerke beitragen. So müssen Betreiber und Eigner einen Eigenbeitrag leisten, aber auch die Standortkantone sollen mit einer Reduktion der Wasserzinsen auf 90 Franken/kWbr beim Werk, das Unterstützung erhält, ihren Teil beitragen. Der Bund steuert den Restbetrag bei. Dieser soll mit 0.2 Rappen/kWh aus dem Netzzuschlag finanziert werden (Art. 38 Abs. 1), dessen Höhe die Kommission wie Bundesrat und Nationalrat auf 2.3 Rappen/kWh festlegt (Art. 37 Abs. 3). Die Finanzhilfe ist befristet und soll längstens bis fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen können. Die Kommissionsmehrheit hält fest, diese gezielte, im Bedarf rasch verfügbare Notfalllösung müsse geschaffen werden, damit die Stromproduktion aus Schweizer Wasserkraft gesichert werden könne.

Strom aus Wasserkraft sei eine tragende Säule der inländischen Produktion aus erneuerbaren Energien und unverzichtbar für die erfolgreiche Umsetzung der Energiestrategie 2050. Eine erste Minderheit ist gegen eine Unterstützung der bestehenden Wasserkraft und lehnt zusätzliche Subventionen und damit verbundene Marktverzerrungen ab. Sie ist der Auffassung, noch bestünde kein Handlungsbedarf, und eine Notfalllösung könne im Bedarfsfall rasch geschaffen werden. Die Minderheit stellt sich aber auch gegen die konkrete Massnahme der Kommissionsmehrheit mit der Kritik, sie bevorteile die hochverschuldeten Betreiber und sei keine zweckdienliche Lösung. Sie beantragt, die Höhe des Netzzuschlages lediglich auf 2.1 Rappen/kWh festzulegen. Eine andere Minderheit stimmt zwar der Unterstützung der Grosswasserkraft zu, lehnt aber eine Reduktion der Wasserzinse ab. Weitere Vorschläge der Kommission Die Kommission hält auch an der verstärkten Förderung für den Ausbau der Wasserkraft fest, wie sie der Nationalrat beschlossen hatte (Art. 30). Ausserdem beantragt sie die Einführung einer CO2Abgabe auf «Dreckstrom» (Art. 29 Abs. 3 CO2-Gesetz). Diese Idee wurde im Nationalrat knapp verworfen. Neu legt die Kommission im Gesetz auch eine Frist fest, nach welcher die Förderung erneuerbaren Energien auslaufen wird. So sollen ab dem sechsten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes keine neuen Anlagen in das Einspeisevergütungssystem aufgenommen werden, und ab 2031 sollen auch die restlichen Vergütungen gestoppt werden (Einmalvergütungen, Investitionsbeiträge, Geothermie-Garantien, wettbewerbliche Ausschreibungen sowie Gewässerschutzabgabe; Art. 39a). [...] (UREK-S)

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Ene E ne r g iiewi ewi r ts t s c haf t Mehr erneuerbare Energie aus Schweizer Steckdosen Der Strom, den die Schweizerinnen und Schweizer aus ihren Steckdosen beziehen, stammt zu 51% aus Wasserkraft, zu 30% aus Kernenergie, zu 4% aus neuen erneuerbaren Energiequellen und zu rund 2% aus Abfällen und fossilen Energieträgern. Für 13% des gelieferten Stroms sind Herkunft und Zusammensetzung nicht überprüfbar. Dies zeigt der vom Bundesamt für Energie veröffentlichte Bericht zur Stromkennzeichnung im Jahr 2013. In der Schweiz wird Strom zu rund 58% aus Wasserkraft, zu 36% aus Kernkraft und zu 6% aus fossilen und neuen erneuerbaren Energien produziert (= Schweizer Produktionsmix). Die jährliche Produktionsmenge stimmt dabei ziemlich genau mit dem Stromkonsum überein. An die Schweizer Steckdosen wird aber nicht nur Strom aus Schweizer Produktion geliefert: Es herrscht ein reger Handel mit dem Ausland, bei dem Strom exportiert und importiert wird. Aus diesem Grund stimmt der Produktionsmix nicht mit der durchschnittlichen Zusammensetzung des gelieferten Stroms (= Schweizer Liefermix) überein. Für den Konsumenten ist es aber wichtig, über den Mix seines Lieferanten informiert zu sein. Nur so kann er sich bewusst für ein bestimmtes Stromprodukt entscheiden. Seit 2005 sind die schweizerischen Stromversorgungsunternehmen deshalb gesetzlich verpflichtet, Herkunft und Zusammensetzung des gelieferten Stroms offenzulegen. Die Deklaration erfolgt jeweils rückwirkend, basierend auf den Daten des vorangegangenen Kalenderjahres. Seit 2006 müssen diese Zahlen allen Kundinnen und Kunden mit den Stromrechnungen bekannt gegeben und seit 2013 auch auf der zentralen Internetplattform www. stromkennzeichnung.ch veröffentlicht werden. Das Bundesamt für Energie (BFE) veröffentlicht alle zwei Jahre einen Bericht zum 243


Nachrichten

Strommix. Der nun veröffentlichte Bericht gibt Aufschluss über die Stromlieferung 2013. Dazu hat das BFE die Zahlen des Jahres 2013 von 543 Unternehmen erfasst. Die so erfasste Strommenge umfasst 89% des total in der Schweiz gelieferten Stroms. Im Vergleich zum Jahr 2011 sind deutliche Änderungen ersichtlich: • 51% des im Jahr 2013 gelieferten Stroms wurden in Wasserkraftwerken produziert (2011: 41%). Der Anstieg dürfte auf die erhöhte Nachfrage nach erneuerbaren Energien als Folge des Reaktorunglücks von Fukushima zurückzuführen sein. Die Wasserkraft wurde zu 84% (2011: 79%) in der Schweiz produziert. • 30% (2011: 41%) des gelieferten Stroms wurde in Kernkraftwerken produziert. Dies ist etwas tiefer als der Anteil der Kernenergie am Schweizer Produktionsmix (36%). Die gelieferte Kernenergie stammt zu 91% aus der Schweiz. • 13% (2011: 12%) des gelieferten Stroms stammten aus nicht überprüfbaren Energieträgern. Die Herkunft dieses Stroms ist aus buchhalterischen Gründen nicht mehr nachvollziehbar. Es darf aber vermutet werden, dass Schweizer Wasserkraftstrom ins Ausland verkauft und im Gegenzug im internationalen Handel Strom eingekauft wurde, der mehrheitlich aus fossilen und nuklearen Quellen stammt. Der leichte Anstieg dürfte darauf zurückzuführen sein, dass vermehrt Strom auf dem Markt beschafft wird, ohne Zukauf von entsprechenden Herkunftsnachweisen. • Der Anteil neuer erneuerbarer Energieträger (Sonne, Wind, Biomasse und Kleinwasserkraft) nimmt stetig zu, von 2.2% (2011) auf 3.8% im Jahr 2013. Knapp zwei Drittel davon sind durch die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) gefördert. • In geringen Mengen stammte der 2013 gelieferte Strom aus Abfällen (1.2%) und fossilen Energieträgern (0.8%). Noch deutlicher zeigt sich die Entwicklung im langjährigen Vergleich. Während 2005 nur 34% des gelieferten Stroms aus erneuerbaren Quellen stammten, sind es 2013 bereits knapp 55%. Entsprechend stark rückläufig ist der Anteil aus nicht erneuerbaren Energien, von 43% (2005) auf 31% (2013). Ebenfalls stark reduziert hat sich der Anteil nicht überprüfbarer Energieträger. Dieser betrug 2005 noch 21%, im 2013 waren es rund 13%. Um die Transparenz für die Kundinnen und 244

Kunden zu erhöhen und die Qualität der Stromkennzeichnung sicherzustellen, hat der Bundesrat verschiedene Massnahmen umgesetzt. Seit 2013 müssen – mit der Ausnahme von Kleinstanlagen – alle Kraftwerke im Herkunftsnachweissystem der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid registriert sein. Zudem verlangt die Energieverordnung von den Lieferanten, dass sie alle vorhandenen Herkunftsnachweise für die Stromkennzeichnung einsetzen und einen Anteil der «nicht überprüfbaren Energieträger» von über 20% gegenüber ihren Kundinnen und Kunden erklären. (BFE)

Was s e r kr af tnut zung Axpo und AEW streben gemeinsam Konzession für Aarekraftwerk Klingnau an Die Konzession für das Kraftwerk Klingnau im Kanton Aargau läuft diesen Sommer aus. Die von Axpo und der AEW Energie AG (AEW) gemeinsam neu gegründete Gesellschaft Aarekraftwerk Klingnau AG reicht ein Gesuch für die Neukonzessionierung der Anlage ein. Der Betrieb wird mit der bestehenden Belegschaft nahtlos weitergeführt. Nach 80 Jahren ist am 7. Juli 2015 die aktuelle Konzession des Kraftwerks Klingnau abgelaufen und damit das Nutzungsrecht der bisherigen Betreiberin Aarewerk AG (AWAG), an der Axpo Power AG, AEW Energie AG, Finelectra, BKW Energie AG, Alpiq AG, RWE Innogy GmbH sowie Securum AG beteiligt sind. Der Kanton Aargau übt den Heimfall aus. Die beiden Partner Axpo und AEW übernehmen den Weiter-

betrieb der Anlage und reichen im Sommer 2015 im Namen der neu gegründeten Gesellschaft Aarekraftwerk Klingnau AG ein entsprechendes Konzessionsgesuch bei den zuständigen Behörden ein. Der Kanton Aargau hat bereits 2012 dem Konsortium Axpo (60%) und AEW (40%) den Zuschlag für den Erwerb der Anlagen und für ein Nutzungsrecht von 60 Jahren erteilt. Um einen nahtlosen Weiterbetrieb des Kraftwerks bis zur definitiven Konzessionserteilung sicherzustellen, wird der Kraftwerksbetrieb auf Basis einer Duldungsverfügung, das heisst befristeten Betriebsbewilligung des Kantons Aargau weitergeführt. Die Aarekraftwerk Klingnau AG hat Axpo mit der Geschäfts- und Betriebsführung beauftragt. Die Belegschaft der bisherigen Konzessionärin Aarewerke AG wird von Axpo übernommen. Zum Erhalt bestehender Anlagen Die Wasserkraft ist mit rund 57% die bedeutendste Quelle der Schweizer Stromproduktion. Ihr kommt im Rahmen der Energiestrategie 2050 eine entscheidende Bedeutung zu. Weil das wirtschaftliche Potenzial für neue, grosse Wasserkraftwerke in der Schweiz weitgehend ausgeschöpft ist, ist der Erhalt bestehender Anlagen, die einen wesentlichen Beitrag zur umweltfreundlichen Stromproduktion in der Schweiz leisten, umso wichtiger. Zusammen mit dem Kanton Aargau machen sich Axpo und die AEW daher für einen nahtlosen Weiterbetrieb des Kraftwerks Klingnau stark. Mit einer installierten Leistung von 42.9 MW und einer mittleren jährlichen Stromproduktion von rund 210 Mio. kWh deckt das Kraftwerk Klingnau, das die Wasserkraft der Aare vor der Einmündung in den Rhein nutzt, rechnerisch den Stromverbrauch von bis zu 50 000 Haushalten

Bild 1. Klingnauer Stausee an der Aare (zvg). «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden


Ausbau des Kraftwerks Russein erfolgreich abgeschlossen Die Kraftwerk Russein AG (Ovra Russein SA) weiht nach rund zwei Jahren Bauzeit das erneuerte Wasserkraftwerk ein. Die Leistung des Kraftwerks wurde mehr als verdoppelt und die Staumauer bei Barcuns um 5 Meter erhöht. Die Investitionen für den Ausbau des Kraftwerks belaufen sich auf rund CHF 100 Mio. Die Wasserkraftwerksanlage nutzt den Russeinbach zwischen dem Staubecken Barcuns und der Zentrale am Vorderrhein zur Stromproduktion. Durch die Erhöhung der Staumauer konnte das Nutzvolumen des Stausees von 115 000 m3 auf 210 000 m3 gesteigert werden. Die bestehende, weitgehend oberirdisch verlegte Druckleitung wurde durch eine neue, erdverlegte Druckleitung mit doppeltem Durchmesser von bis zu 1.70 Meter ersetzt. Damit konnte die bisherige Durchflussmenge von 4 m3 pro Sekunde auf neu 7 m3 pro Sekunde erhöht werden. In der Maschinenhalle der Zentrale Russein wurden schliesslich zwei neue, vertikalachsige Turbinen mit neuen Generatoren eingebaut. In diesem Zusammenhang wurden verschiedene Umbauten in der Maschinenhalle und für den Unterwasserkanal

Nachrichten

und trägt wesentlich zur Stromversorgung in der Nordostschweiz bei. Gleichgewicht zwischen Schutz und Nutzen wahren Der Klingnauer Stausee ist nicht nur ein Wasservogel-Schutzgebiet von internationaler Bedeutung, die Landschaft um den See ist auch ein beliebtes Erholungsgebiet. Der Kanton Aargau und die neue Kraftwerksbetreiberin Aarekraftwerk Klingnau AG streben gemeinsam ein Gleichgewicht zwischen Schutz und Nutzen bei der Kraftwerksanlage an und stellen die Umweltverträglichkeit des neuen Nutzungsrechts sicher. Neben aktualisierten Nachweisen zur Hochwasser- und Erdbebensicherheit der Anlagen erstellt die Aarekraftwerk Klingnau AG einen Umweltverträglichkeitsbericht. In der unmittelbaren Umgebung des Klingnauer Stausees sind verschiedene ökologische Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen geplant sowie ein Projekt zur Verbesserung der Fischwanderung und zur Sanierung des Geschiebehaushalts beim Kraftwerk Klingnau. Damit wird den neuen Anforderungen des Gewässer-schutzgesetzes und des Bundesgesetzes über die Fischerei von Beginn der neuen Konzession an Rechnung getragen. (Axpo)

Bild 1. Die inzwischen fertiggestellte Erhöhung der Staumauer Barcuns während des Baus (Foto: SWV/Pfa).

Bild 2. Die neu erdverlegte Druckleitung vor der Überdeckung (Foto: SWV/Pfa). ausgeführt. Das ausgebaute Kraftwerk wird einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit in der Region leisten. Die installierte Leistung wurde von 11.6 auf 24.2 Megawatt erhöht und konnte so mehr als verdoppelt werden. Das ausgebaute Kraftwerk produziert rund 67 Gigawattstunden Strom pro Jahr, womit der jährliche Konsum von rund 17 000 Haushalten gedeckt werden kann. Die Anlage wird unbemannt, d.h. fernüberwacht, betrieben. Die beiden Maschinengruppen können sowohl vom Kraftwerkleitstand im Maschinenhaus vor Ort als auch von der zentralen Steuerstelle in Tavanasa aus überwacht und gesteuert werden. An der Kraftwerk Russein AG sind die Axpo Hydro Survelva AG mit 60 Prozent, die beiden Gemeinden Sumvitg und Disentis/

«Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

Mustér mit je 15 Prozent und der Kanton Graubünden mit 10 Prozent beteiligt. Für den Betrieb des Kraftwerks ist weiterhin die Axpo Hydro Survelva verantwortlich. (Axpo)

Komplett erneuertes Flusskraftwerk Rüchlig an der Aare eingeweiht Das komplett erneuerte Flusskraftwerk Rüchlig in Aarau ist nach rund dreieinhalb Jahren Bauzeit im Sommer 2015 eingeweiht worden. Die neue Anlage erfüllt höchste Umweltstandards und zeichnet sich durch einen verbesserten Hochwasserschutz sowie eine um rund 25% gesteigerte Energieproduktion aus. Die Kosten für die Erneuerung des Kraftwerks belaufen sich auf rund CHF 120 Mio. Grossen Wert legte Axpo auf die 245


Nachrichten

Was s e r bau / H o c hwas s e r s c hut z

Bild 1. Kraftwerk Rüchlig in Aarau kurz vor Abschluss der Arbeiten (zvg). ökologischen Ausgleichsmassnahmen. Mit einem eingebauten Fischabstieg ist das Kraftwerk Rüchlig besonders fischfreundlich. Im Rahmen der Neukonzessionierung, die im September 2011 erfolgte, hat Axpo das bestehende Kraftwerk auf der Zurlindeninsel in Aarau durch ein komplett erneuertes Kraftwerk am selben Standort ersetzt. Seit Sommer 2014 produzieren die ersten Maschinengruppen im Hauptwerkt wieder zuverlässig erneuerbare Energie aus Wasserkraft. Mit der erhöhten Leistung von neu 11 Megawatt wird die Versorgungssicherheit in der Region Aarau optimiert. Das sanierte Kraftwerk produziert jährlich etwa 64 Gigawattstunden Strom und versorgt damit rund 17 000 Haushalte. Das Kraftwerk wird unbemannt, d.h. fernüberwacht betrieben. Die Maschinengruppe kann sowohl vom Kraftwerkleitstand im Maschinenhaus vor Ort als auch von der zentralen Steuerstelle im hydraulischen Kraftwerk Beznau aus überwacht und gesteuert werden. Hochwassergefahr erheblich verringert In der Vergangenheit wurden die Aarauer Quartiere Scheibenschachen und Telli wiederholt von Überschwemmungen heimgesucht. Durch die neue Hochwasserentlastung mit zwei Wehrfeldern kann das Überschwemmungsrisiko für die beiden Quartiere in Zukunft beträchtlich verringert werden. Zwei neue Absperrorgane der Hochwasserentlastung werden mit dem bestehenden Wehr fähig sein, ein Jahrhundert-Hochwasser mit einem Aareabfluss von bis zu 1400 m3/s abzuführen, was der Abflussmenge des Hochwassers von 2007 entspricht. Seit Ende Juni 2014 ist die neue Hochwasserentlastung vollumfänglich automatisch in Betrieb. Ein 246

neues Dotierkraftwerk stellt zudem sicher, dass die vorgeschriebene Restwassermenge im Flussbereich erhalten bleibt. Umgebung ökologisch aufgewertet Die im Rahmen der Neukonzessionierung umgesetzten ökologischen Ausgleichsmassnahmen und die deutliche Erhöhung der Restwassermenge werten das Naherholungsgebiet rund um die Zurlindeninsel und das angrenzende Gebiet deutlich auf. Die Reaktivierung der Auenlandschaft im Summergrien sowie die Schaffung von Uferbuchten mit Seichtwasserzonen und die vollständige Öffnung des Frey-Kanals schaffen neue separate Lebensräume für unterschiedliche Tierarten und fördern somit die Artenvielfalt am Aarelauf. Spezielles Bauwerk für den Fischabstieg Axpo hat beim Kraftwerk Rüchlig ein besonderes Augenmerk auf die Voraussetzung für die Wanderung der Fische gelegt. Zwei neue Fischaufstiege sowie erstmalig auch ein Fischabstieg beim Dotierkraftwerk ermöglichen es Fischen und anderen Wassertieren, den Höhenunterschied der Anlage in beiden Richtungen zu überwinden. Mit dem Bau des Fischabstiegs und der Wahl von horizontalachsigen, fischfreundlichen Kaplanturbinen beim Hauptkraftwerk wurden alle aktuell möglichen Massnahmen zum Schutz der Fische gemäss dem heutigen Stand der Technik realisiert. Das Projekt konnte dank der guten Zusammenarbeit mit allen Beteiligten zeitgerecht zu Ende gebracht werden. Die Abschlussarbeiten dauern noch bis in den Herbst 2015 hinein. (Axpo)

Gefahrenkarten grösstenteils im Internet verfügbar Im vergangenen Jahr haben fünf weitere Kantone ihre Gefahrenkarten ins Internet gestellt. Somit sind jetzt die Gefahreninformationen bis auf zwei Kantone online verfügbar. Die raumplanerische Umsetzung der kartierten Gebiete geht weniger schnell voran: Bisher sind 66 Prozent umgesetzt, ein Prozent mehr als im Vorjahr. Per Ende 2014 haben die Kantone BaselStadt, Glarus, Jura, Thurgau und Wallis (für die Rhone) ihre Gefahrenkarten im Internet verfügbar gemacht. Es fehlen noch die Kantone Uri und Tessin; dieser wird seine Karten bis Ende Jahr online zugänglich machen. Mit den Online-Angeboten kann sich die Bevölkerung einfach über die grundsätzliche Gefährdung im Siedlungsgebiet informieren und vorsorgen. Sie kann beispielsweise feststellen, wie stark eine Liegenschaft bezüglich Hochwasser, Rutschungen und Felsstürze oder Lawinen gefährdet ist.

Bild 1. Online-Publikation der Gefahrenkarten, Beispiel Webseite Kanton Aargau. Die Übersicht zum Zugang nach Kanton und der jeweilige Link zu den Karten finden sich auf folgender Webseite: www.bafu. admin.ch/naturgefahren>Gefahrenkarten. Bereits vorhandene Gefahrenkarten werden nach Bedarf aktualisiert und neuen Erfahrungen angepasst. Dies trifft beispielsweise, nach den Hochwasser- und Rutschereignissen vom Herbst 2014, auf den Kanton Tessin zu. Im Vergleich zu Fels- und Bergstürzen traten Hangmuren – ein relativ rasch hangabwärts fliessendes Gemisch aus Lockergestein, Boden und Wasser – bisher relativ selten auf. In einigen Tessiner Gemeinden werden die bestehenden Gefahrenzonen nun bezüglich Hangmuren entsprechend überprüft. (BAFU)

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Kommentar zur Stellungnahme des Bundesamtes für Energie (BFE) zum Artikel «Methode zur Beurteilung des maximalen Breschenabflusses bei progressivem Bruch homogener Erdschüttdämme an kleinen Stauhaltungen», WEL 2/2015. David Vetsch, Lukas Vonwiller, Samuel Peter, Robert M. Boes Das von der VAW vorgestellte Verfahren (WEL 1/2015) ermöglicht die Modellierung eines progressiven Versagensvorgangs bei homogenen Schüttdämmen. Beim gängigen Ansatz mit der Standardbresche fliesst lediglich die Stauhöhe in die Berechnung des Breschenabflusses mit ein. Hingegen werden bei der vorgestellten Methode zusätzliche Parameter berücksichtigt, die für den maximalen Breschenabfluss bestimmend sind. Dabei wird das System «Reservoir-Damm-Abfluss» dynamisch betrachtet, womit es je nach Parameterwahl zu deutlich grösseren Abflüssen als bei der Standardbresche kommen kann. Dies tritt vor allem bei Anlagen mit grossen Stauvolumina auf, bei welchen sich eine Bresche mit einer grösseren Breite als der doppelten Stauhöhe einstellen kann. Dies wurde durch eine kürzlich an der VAW durchgeführten Masterarbeit (Herrsche, 2015) bestätigt. Im Rahmen der Arbeit wurde eine Sensitivitätsanalyse mit mehr als 250 Simulationen von progressiven Dammbrüchen mit BASEMENT durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass das Stauvolumen die massgebende Einflussgrösse bezüglich des maximalen Breschenabflusses ist. Wie bereits im Artikel erwähnt, sind die «IMPACT»-Versuche nur bedingt geeignet, um das Parametermodell BASEbreach zu validieren. Bei der Durchführung der «IMPACT»-Versuche wurde der Zufluss so gesteuert, dass der Wasserspiegel im Reservoir möglichst konstant blieb, um somit die Erosion des Damms zu fördern. Durch den Zufluss wurde das effektiv für den Erosionsprozess verfügbare Wasservolumen grösser als das statische Stauvolumen. Des Weiteren wird in der Regel der Gültigkeitsbereich eines Modells durch die Parameterbandbreite der Kalibrierung definiert. Die Validierung dient lediglich zur punktuellen Überprüfung der Modellgüte. Hinsichtlich der Frage, ob das angenommene Bruchszenario dasjenige ist, welches die grösstmögliche Flutwelle verursacht, ist folgendes zu beachten:

Sowohl der Ansatz mit der Standardbresche als auch das Verfahren mit progressivem Bruch beschränken sich auf eine Aussage zum maximalen Breschenabfluss, wobei bei Letzterem zusätzlich zum Spitzenabfluss eine Ausflussganglinie (Hydrograph) resultiert. • Dämme mit Böschungsneigungen steiler als 1:2 haben bei gleichen Kronenbreiten generell ein kleineres Dammvolumen als vergleichbare Dämme mit geringerer Neigung und somit auch eine geringere widerstehende Wirkung, d.h. ein grösseres Erosionspotenzial. Im Kanton Zürich gibt es Anlagen mit Dammböschungsneigungen von 1:1.5. • Für die Fälle, bei denen der maximale Breschenabfluss mit dem vorgestellten Verfahren grösser ausfällt (und somit auch eine grössere Flutwelle verursacht) als mit der Standardbresche, stellt sich somit die Frage, ob hierfür eine Beurteilung mit der Standardbresche auf der sicheren Seite liegt. • Ebenfalls ist bei Anlagen mit grossem Damm- und kleinem Stauvolumen aufgrund des tendenziell geringen Erosionspotenzials eine Beurteilung mit der Standardbresche kritisch zu hinterfragen. In Anbetracht der hier genannten Aspekte erachten wir den von den Autoren angegebenen Anwendungsbereich des Parametermodells BASEbreach, welcher sich auf die Parameterbandbreite der Modellkalibrierung abstützt, für geeigneter und schlüssiger als den vom BFE eingeschränkten Wertebereich. Bei einer Beurteilung von Anlagen sind insbesondere jene Fälle näher zu betrachten, bei welchen sich mit der Standardbresche ein deutlich höherer oder tieferer maximaler Breschenabfluss ergibt als mit dem vorgestellten Verfahren. Referenz: R. Herrsche (2015). Simulation der Breschenbildung bei kleinen Stauanlagen. Masterarbeit, Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), ETH Zürich, unveröffentlicht. Kontakt: Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), ETH Zürich, Dr. David F. Vetsch, CH-8093 Zürich, vetsch@vaw.baug.ethz.ch

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Rüc kbl ic k Ve r anstaltunge n Rückblick Fachtagung und Einweihung Hagneckkanal Die Sanierung des Hagneckkanals als Nadelöhr beim Schutz vor Hochwasser an der Aare ist nach acht Jahren Planung und Bau abgeschlossen. Das Bauwerk, das dem Hochwasserschutz und verbesserter Ökologie dient, wurde anlässlich einer Fachtagung und einer feierlichen Einweihung näher vorgestellt. Die häufigen Hochwasser der vergangenen Jahre haben den über 130 Jahre alten Hagneckkanal beschädigt und geschwächt. Mit der umfassenden Sanierung des Bauwerks hat der Kanton Bern die Hochwassersicherheit wieder hergestellt. Gleichzeitig konnten wesentliche ökologische Aufwertungen umgesetzt werden. An der vom AWA Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern organisierten Tagung am 20. August 2015 im Bernischen Seeland haben die Bauherrschaft und die beteiligten Fachleute das Sanierungsprojekt in Kurzreferaten und im Gelände präsentiert.

Der acht Kilometer lange Hagneckkanal ist das Herzstück der Juragewässerkorrektion. Er leitet seit 137 Jahren das Wasser der Aare in den Bielersee. Ohne das Bauwerk würde der Fluss das Seeland immer wieder überfluten. Die erhöhten und verstärkten Dämme fallen kaum mehr auf. Die Erweiterung des Gewässerraumes mit Seitenarm hingegen wirken landschaftsprägend. (Foto: AWA). Als Vertreter der Bauherrschaft hat Bernhard Schudel (AWA) den Nutzen der partizipativen Projektentwicklung herausgestrichen. Nicht verschwiegen hat er allerdings, dass vor rund 10 Jahren «Hochwasserereignisse und Hangrutsche im richtigen Moment und im richtigen Ausmass» die Erkenntnis, dass die Sanierung nicht nur nötig, sondern dringend war, in optimaler Weise beschleunigt und gefördert haben. An der durch Heinz Habegger, 247

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M it tei lunge n


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Amtsvorsteher AWA, moderierten Tagung kamen anschliessend die wichtigsten Projektvertreter aus den Disziplinen Geotechnik, Hydraulik, Ingenieurwesen und Ökologie zu Wort. Abgerundet wurde der Tagungsmorgen durch einen Vertreter der Bauunternehmung bevor schliesslich Hans-Peter Willi vom Bundesamt für Umwelt das Projekt aus übergeordneter Sicht würdigte: «Die Sanierung des Hagneckkanals zeigt die Notwendigkeit und die grosse Herausforderung des langfristigen Erhaltens der Funktionsfähigkeit von Schutzbauten und Anlagen.» Der Hagneckkanal wurde aufgrund einer Gesamtüberprüfung zeitgemäss ertüchtigt und erneuert. Ausgelöst durch das Hochwasser 1999 wurde 2004 eine Gefahrenanalyse durchgeführt, die Hoch-wasser 2005 und vor allem 2007 verhalfen der Sanierung des Hagneckkanals schliesslich zum Durchbruch. Die Umsetzung erfolgte innerhalb eines ehrgeizigen Zeitplans mit Start 2007 (partizipativer Prozess), Baubeginn im Dezember 2010 und nun im Sommer 2015 können die Arbeiten im veranschlagten Kostenrahmen abgeschlossen werden. Dies wurde nur dank dem Engagement aller beteiligten Akteure möglich. Die Sicherheit und die Ökologie haben gewonnen und auch mit der Landwirtschaft konnte eine akzeptierbare Lösung gefunden werden. Der Hagneckkanal ist saniert und ökologisch aufgewertet. Dank der eingebauten überströmbaren Dammstrecke (Überlastsektion) sind auch bei extremen Ereignissen keine unkontrollierten Dammbrüche zu erwarten. Den Projektverantwortlichen darf zu dieser positiven Bilanz und zum beispielhaft erreichten Ergebnis gratuliert werden».

sanierten Kanal wieder besser vor Hochwasser geschützt sei. Gleichzeitig hätten zahlreiche Tier- und Pflanzenarten neuen Lebensraum erhalten. Für die Menschen, die dort fischen, spazieren, Velo fahren oder die Natur beobachten, sei der Kanal attraktiver geworden. Die Dämme des mehr als 130 Jahre alten Kanals wurden beidseitig erhöht und verstärkt, so dass sie künftig auch dank der Überlastsektion einem Extremhochwasser standhalten können. Der rutschgefährdete Hang im Hagneckeinschnitt wurde zurückgebaut. Zudem wurde das Gebiet mit verschiedenen Massnahmen ökologisch aufgewertet. Insbesondere wurde im Epsemoos ein 500 Meter langer Seitenarm geschaffen. Die bernische Baudirektorin zeigte sich erfreut darüber, dass beim Bau der zeitliche und finanzielle Rahmen eingehalten werden konnte. Insgesamt wird die Sanierung rund 42 Millionen Franken kosten. Der Bund beteiligt sich daran mit dem maximal möglichen Ansatz von 45 Prozent. Unterstützt wird das Projekt auch durch den kantonalen Renaturierungsfonds mit Fr. 1.6 Mio. und der BKW Ökofonds steuert Fr. 140 000.– bei.

Als Dank für die fachliche und finanzielle Unterstützung überreichte Barbara Egger-Jenzer dem Vertreter der Eidgenossenschaft (BAFU Vizedirektor Josef Hess) einen «Gemüsekratten» aus dem Seeland. (Foto: F. Frank).

Geführte Besichtigung des sanierten Bauwerks am Nachmittag der Fachtagung. (Foto: AWA). Zwei Tage später, am 22. August 2015, wurde der sanierte Hagneckkanal mit einem Tag des offenen Bauwerks offiziell eingeweiht. Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer betonte in ihrem Grusswort, dass das Grosse Moos dank dem 248

Hinweis: Die Tagungsunterlagen, die Broschüre «Der neue Hagneckkanal» und die Tonbildschau sind zugänglich unter: www. be.ch/hagneckkanal (AWA/Pfa)

Ve r anstaltunge n

KOHS-Weiterbilungskurs 4. Serie, 5. Kurs Revitalisierung von kleinen und mittleren Gewässern Kriegstetten, 5./6. November 2015

Die Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV führt zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) diese 4. Serie der erfolgreichen wasserbaulichen Weiterbildungskurse durch. Zielpublikum Der Kurs richtet sich an Fachleute von Ingenieur- und Beratungsunternehmen sowie von kantonalen Verwaltungen. Zielsetzung, Inhalt Der praxisorientierte, zweitägige Kurs soll den planenden Ingenieuren und weiteren mit Revitalisierungen beschäftigten Fachpersonen zentrale Aspekte mit Schwerpunkt auf Unterhalt und Wasserbau aufzeigen. Aus dem Inhalt: Donnerstag • Ziele der Revitalisierung • Sicht der Landwirtschaft • Gestaltung und Unterhalt • Workshop: Unterhaltsplan Freitag • Gewässerraum für Revitalisierungen • Bauliche und hydraulische Grundlagen • Erwünschte / nicht erwünschte Arten • Exkursion zu konkreter Revitalisierung Für die Details siehe das Kursprogramm auf der Webseite. Sprache Der Kurs wird auf Deutsch durchgeführt. Kursunterlagen Die Kursunterlagen bestehend aus Skript und Handout der Folien werden zu Beginn des Kurses allen Teilnehmenden verteilt.

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Fachtagung Wasserkraft 2015/ Journée Force hydraulique 2015 Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserkraftwerken/ Construction, exploitation et entretien des centrales hydroélectriques Freitag, 27. November 2015, Olten/ Vendredi, 27 novembre 2015, Olten

Die von der Kommission Hydrosuisse des SWV bereits zum vierten Mal durchgeführte Tagung bezweckt den Austausch aktueller technischer Entwicklungen rund um die Wasserkraftnutzung und ist immer auch ein ausgezeichneter Treffpunkt der Fachwelt./Sur l’initiative de la commission Hydrosuisse de l’ASAE, le symposium a pour objectif de faciliter les échanges en matière de développements techniques actuels liés à l’utilisation de l’énergie hydraulique. Zielpublikum/Publique cible Angesprochen werden insbesondere Ingenieure und technische Fachleute von Wasserkraftbetreibern, Beratungsbüros und der Zulieferindustrie./Le symposium est destiné en particulier aux ingénieurs et aux spécialistes des exploitations hydrauliques, des bureaux de conseil et des activités induites. Inhalt, Sprache/Contenu, Langues Das detaillierte Tagungsprogramm ist die-

sem Heft als Flyer beigelegt bzw. kann der Webseite entnommen werden. Die Vorträge werden in Deutsch und Französisch gehalten mit Parallelprojektion der Folien in beiden Sprachen./Pour les détails voir le programme adjoint dans la présente revue ou sur le site web. Les conférences seront présentées en allemand ou français avec projection simultané des slides dans les deux langues. Kosten/Frais Für Einzelmitglieder und Vertreter von Kollektivmitgliedern des SWV gelten vergünstigte Tarife./Membres de l’ASAE profitent des tarifs préférentiels: • Mitglieder SWV/ Membres ASAE: CHF 150.– • Nichtmitglieder/ Non-membres: CHF 230.– • Studierende/ Etudiants: CHF 75.– Inkl. Mittagessen und Pausenkaffee; exkl. 8% MWSt./Sont inclus le repas de midi, les pauses café. 8% TVA exclue. Anmeldung/Inscription Anmledungen bitte bis spätestens 30. Oktober 2015 über die Webseite des SWV: / Inscriptions s.v.p. par le site jusqu’au 30 octobre 2015: www.swv.ch/Tagung-Wasserkraft-2015 Die Anmeldungen werden nach Eingang berücksichtigt. Als Anmeldebestätigung gilt die automatisch generierte AntwortMail auf die Online-Anmeldung./Les inscriptions seront considerées par ordre d’arrivée. Après l’inscription en ligne une confirmation est envoyée automatiquement par courrier électronique.

KOHS-Tagung 2016/ Symposium CIPC 2016 Besondere Herausforderungen des Schutzwasserbaus/Défis particuliers dans la protection contre les crues Donnerstag, 21. Januar 2016, Olten/ Jeudi, 21 janvier 2016, Olten

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Die jährlich von der Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV organisierte Tagung widmet sich 2016 besonderen Herausforderungen des Schutzwasserbaus mit Fokus auf der Kontrolle von Geschiebetransport und -ablagerung (Session 1) sowie Hochwasser-Entlastungsstollen (Session 2). Die Tagung ist immer auch ein exzellenter Treffpunkt der Fachwelt des Wasserbaus./Le symposium annuel de la Commission pour la protection contre les crues (CIPC) de l’ASAE a pour sujet des défis particuliers dans la protection contre les crues. L’accent est mis sur le contrôle du transport et dépôt de matériaux charriés (session 1) et les galeries d’évacuation de crue (session 2). La journée est d’ailleurs une excellente opportunité d’échange entre les professionnels de l’aménagement des cours d’eau. Zielpublikum/Public cible Angesprochen werden wie üblich Wasserbauer und weitere mit Hochwasserschutz beschäftigte Fachleute aus der Privatwirtschaft und der Verwaltung. Die Tagung ist immer auch ein ausgezeichneter Treffpunkt der Fachwelt. / Le symposium est destiné comme d’habitude aux ingénieurs et aux spécialistes des aménagements des cours d’eau. La journée est d’ailleurs toujours une excellente opportunité d’échange entre les professionnels. Inhalt, Sprache / Contenu, Langues Das detaillierte Tagungsprogramm ist diesem Heft als Flyer beigelegt bzw. kann der Webseite entnommen werden. Die Vorträge werden in Deutsch und Französisch gehalten mit Parallelprojektion der Folien in beiden Sprachen. / Pour les détails voir le programme adjoint dans la présente revue ou sur le site web. Les conférences seront présentées en allemand ou français avec projection simultané des slides dans les deux langues. Kosten/Frais Für Einzelmitglieder und Vertreter von Kollektivmitgliedern des SWV gelten vergünstigte Tarife / Membres de l’ASAE profitent des tarifs préférentiels: • Mitglieder SWV/ Membres ASAE: CHF 230.– • Nichtmitglieder/ Non-membres: CHF 300.– • Studierende/ Etudiants: CHF 115.– Inkl. Mittagessen und Pausenkaffee; exkl. 8% MWSt. / Sont inclus le repas de midi, les pauses café. 8% TVA exclue. Anmeldung/Inscription Anmeldungen bitte bis spätestens 31.12.2015 über die Webseite des SWV / Inscriptions s.v.p. jusqu’au 31.12.2015 par 249

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Kosten Für Mitglieder des SWV gelten vergünstigte Tarife (bitte im Formular anwählen): • Mitglieder SWV: CHF 650.– • Nichtmitglieder SWV: CHF 750.– Inkl. Kursunterlagen, Verpflegung 1. Tag Mittag und Abend sowie 2. Tag Mittag, Pausenkaffee, Transporte für die Exkursionen; exkl. 8% MWSt. und allfällige Übernachtungskosten. Anmeldung Anmeldungen über die Webseite: www.swv.ch/KOHS-Kurs-Kriegstetten-2015 Die Zahl der Teilnehmenden ist auf 28 Personen limitiert; Berücksichtigung nach Eingang der Anmeldungen.


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le site web de l’ASAE: www.swv.ch/KOHS-Tagung-2016 Die Anmeldungen werden nach Eingang berücksichtigt. Als Anmeldebestätigung gilt die automatisch generierte AntwortMail auf die Online-Anmeldung./Les inscriptions seront considerées par ordre d’arrivée. Après l‘inscription en ligne une confirmation est envoyée automatiquement par courrier électronique.

Age nda Horw 21.–23.9.2015 Hydro-Weiterbildung: Hydromechanik (d) Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit den Fachhochschulen Sion und Rapperswil: www.swv.ch Schaan, FL 24./25.9.2015 18. Internationales Anwenderforum Kleinwasserkraftwerk (d) OTTI. Weitere Informationen und Anmeldung: www.otti.de

Zürich 31.5.–2.6.2016 Powertage 2016: Messe der Schweizer Stromwirtschaft mit Vorstragsveranstaltungen Trägerschaft Powertage, in Zusammenarbeit mit dem SWV. Weitere Informationen: www.swv.ch Wallgau (D) 29.6.–1.7.2016 18. Wasserbausymposium: Wasserbau – mehr als Bauen im Wasser (90 Jahre VAW Obernach) (d) TU München, Versuchsanstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft. Weitere Informationen und Anmeldung: www.freunde.wb.bgu.tum.de

Olten 27.11.2015 4. Hydrosuisse-Fachtagung Wasserkraft: Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserkraftanlagen (d/f) Kommission Hydrosuisse des SWV. Bitte Termin reservieren; weitere Informationen: www.swv.ch Olten 21.1.2016 KOHS-Tagung 2016: Besondere Herausforderungen im Schutzwasserbau (Geschiebe, Entlastungsstollen) (d/f) Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV. Weitere Informationen: www.swv.ch

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Anton Schleiss to be next president of ICOLD Following three years as the organization’s vice president for Europe, Anton Schleiss has now been elected as president of the International Commission on Large Dams (ICOLD).

Perso one ne n Anton Schleiss receives the Hydraulic Structures Medal of ASCE Professor Anton Schleiss is awarded the Hydraulic Structures Medal 2015 of the American Society of Civil Engineers for his «significant contributions to the hydraulic engineering community.»

Horw 30.9.2015 Fachtagung Hydroabrasion: Schwebstoffe, Verschleiss und Wirkungsgradänderungen an Pelton-Turbinen (d) VAW-ETHZ und HSLU mit Unterstüztung des SWV. Weitere Informationen und Anmeldung: www.swv.ch Kriegsstetten 5./6.11.2015 KOHS-Weiterbildungskurs, 5. Kurs der 4. Serie: Revitalisierung von kleinen und mittleren Gewässern (d) Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV und BAFU. Bitte Termin reservieren; weitere Informationen folgen: www.swv.ch

that have made the biggest difference to the sector [of] water power and dam construction over the last 10 years.» (ASCE)

Bild 2. Anton Schleiss. Anton Schleiss has been elected among five candidates as the next president of the International Commission on Large Dams (ICOLD). The mission of ICOLD is to lead the field in setting standards and guidelines to ensure that dams are built and operated safely, efficiently, economically, and are environmentally sustainable and socially equitable. The election was held in Stavanger, Norway, during the organization’s 83rd Annual Meeting followed by its 25th Congress. (ICOLD)

Bild 1. The gold-plated medal. Every year, the American Society of Civil Engineers (ASCE) awards the Hydraulic Structures Medal to honor individuals who contribute significantly to the art and science of hydraulic engineering in the context of hydraulic structures. This year, the award went to Anton Schleiss, director of the Hydraulic Constructions Laboratory at EPFL. Schleiss received the award at the 2015 World Environmental and Water Resources Congress, held in Austin Texas. The ACSE highlights Schleiss’s contributions «to the hydraulic engineering community in the areas of hydropower, river engineering and flood protection, rock scour and sediment transport, and physical and numerical modeling», and point out that «he was listed by Water Power & Dam Construction magazine in 2011 as being among the 20 international personalities

Nachruf Rudolf Biedermann Im Februar 2015 ist Dr. Rudolf Biedermann im Alter von 83 Jahren verstorben. Im Jahre 1980 übernahm er die Aufgabe des Beauftragten des Bundesrats für die Sicherheit der Stauanlagen. Damals standen bereits annähernd 200 Talsperren unter der Aufsicht des Bundes. Dr. Biedermann widmete sich mit Leib und Seele dieser Aufgabe und dabei insbesondere der Entwicklung und Implementierung eines Sicherheitskonzepts. Rudolf Biedermann absolvierte die Schule in Bern und begann nach Erhalt der Maturität das Studium des Bauingenieurwesens an der Eidg. Technischen Hochschule in Zürich, das er 1955 mit dem Diplom abschloss. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter konnte er seine Kenntnisse der Hydraulik an der Versuchsanstalt für Wasser-

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Arbeitsgruppe entstand unter seiner Leitung auch eine Serie von nützlichen Publikationen, welche das ganze Spektrum der Talsperrenüberwachung umfassten, wie Berichte zu den Messeinrichtungen der Talsperren und ihrer Umgebung, Checklisten für die visuellen Kontrollen und die Anwendung der Informatik sowie über den Beton der Talsperren. Neben seiner beruflichen Tätigkeit beim Bund war er Dozent für Wasserbau an der Ingenieurschule Bern, und seine militärische Karriere vollendete er als Geniechef einer Gebirgsbrigade im Range eines Oberstleutnats. Interessiert an antiken Kulturen und Geschichte, schrieb er sich nach seiner Pensionierung in der Universität Bern ein und absolvierte ein Archäologiestudium, das ihn auf zahlreiche Reisen zu antiken Stätten führte. Henri Pougatsch und Rudolf W. Müller

Bild. Rudolf Biedermann.

Hommage a M. Rudolf Biedermann En février 2015, M. le Dr Rudolf Biedermann est décédé à l’âge de 83 ans. En 1980, il s’était vu confier la tâche de chargé de la sécurité des barrages, A ce moment, près de 200 grands barrages en exploitation étaient sous le contrôle direct de la Confédération. Il s’attacha avec force et vigueur à cette tâche en développant et mettant en place un concept de sécurité. Rudolf Biedermann suivit ses écoles à Berne et, après avoir obtenu sa maturité scientifique à Berne, il entreprit des études d’ingénieur en génie civil à l’Ecole polytechnique fédérale de Zurich (EPFZ) et obtint son diplôme en 1955. En tant que collaborateur scientifique auprès du Laboratoire d’essais hydrauliques et de mécanique des sols, il a pu approfondir ses connaissances dans le domaine de l’hydraulique. Puis, il a été appelé à prendre la direction de la sta-

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tion extérieure de recherche de Würenlos et mena des essais sur modèle de rupture de barrages. Cette recherche a été entreprise après des bombardements de barrages situés sur la Ruhr en 1943 au cours de la deuxième guerre mondiale. Ces essais sur modèle hydraulique concernaient les calculs de la vitesse de propagation du front de l’onde et la détermination de l’étendue des zones inondées en vue de l’installation d’un système d’alarme-eau. Ces travaux de recherche seront le support d’une thèse intitulée «Numerisches Näherungsverfahren zur Berechnung der Entleerung einer Stauhaltung». Il reçut le titre de docteur es sciences en 1963. En 1964, il est entré au service de l’Office fédéral de l’économie des eaux (OFEE) et a été promu en 1968 chef de la section de «l’économie hydraulique générale» qui traitait des questions posées par l’utilisation rationnelle des eaux et les débits résiduels. Il a aussi dirigé une vaste étude pour évaluer les possibilités de turbinage-pompage en Suisse qui fut l’objet d’une publication de l’Office en 1972. Enfin en 1980, il est nommé «chargé du Conseil fédéral de la sécurité des barrages», mission qu’il assumera jusqu’à sa retraite début 1997. M. le Dr Biedemann s’attella avec la vigueur qui le caratérisa à la mise en place d’un concept de sécurité basé sur 3 piliers. Il y définit la sécurité structurale, la surveillance et le plan en cas d’urgence. M. le Dr Biedermann a attaché une très grande importance à la recherche et au développement dans le domaine des barrages. Il a encouragé des projets de recherche pour le calcul des barrages en cas de sollicitations sismiques, l’analyse relative au comportement du béton sous sollicitations dynamiques variables, l’étude des propriétés et du comportement à long terme des barrages en béton, l’examen du comportement du sous-sol rocheux en cas de sollicitations statiques et dynamiques, ainsi que l’estimation de la plus grande crue possible et de la crue millénale. Signalons encore dans le cadre de la recherche, la mise en place d’un réseau d’accélérographes sur 3 barrages en béton et 1 barrage en remblai, grâce à un fond mis à disposition par l’UCS. Comme président du groupe de travail «Observation des barrages» du Comité suisse des barrages (CSB), il encouragea avec un fort engagement la formation continue des responsables des barrages. Dans ce sens, il organisa chaque année des journées d’études qui ont suscité au fil des années toujours plus d’intérêt. Elles s’adressaient principalement aux exploitants des barrages. Dans le cadre de ce 251

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und Erdbau (VAWE) vertiefen. Zum Leiter der Aussenstation Würenlos der VAWE ernannt, führte er Modellversuche zum Talsperrenbruch aus. Die diesbezügliche Forschung erfolgte im Lichte der im zweiten Weltkrieg 1943 stattgefundenen Bombardierungen von Talsperren im Ruhrgebiet. Ziel der hydraulischen Modellversuche war, hinsichtlich der Errichtung eines Wasseralarmsystems, die Geschwindigkeit der Flutwelle sowie die Ausdehnung der überfluteten Zone zu berechnen. Mit der daraus entstandenen Dissertation unter dem Titel Numerisches Näherungsverfahren zur Berechnung der Entleerung einer Stauhaltung erlangte er 1963 den Titel eines Doktors der Technischen Wissenschaften. 1964 trat er in das Eidg. Amt für Wasserwirtschaft (BWW) ein und wurde 1968 zum Sektionschef für Wasserwirtschaftliche Fragen, die im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Wassernutzung und Restwasser standen, ernannt. Er leitete auch die umfangreiche Studie über Pumpspeichermöglichkeiten in der Schweiz, publiziert durch das Amt 1972. Schliesslich wurde er 1980 zum Beauftragten des Bundesrats für die Sicherheit der Talsperren ernannt, eine Aufgabe, die er bis zur Pensionierung 1997 erfüllte. Mit grossem Einsatz widmete er sich der Sicherheit der Talsperren und vertiefte das weitherum akzeptierte Sicherheitskonzept, welches auf den drei Pfeilern konstruktive Sicherheit, Überwachung und Notfallstrategie fusst. Grossen Wert legte Rudolf Biedermann auch auf die Forschung und Entwicklung im Bereich der Talsperren. So förderte er Forschungsprojekte über die Erdbebenberechnung von Talsperren sowie des Verhaltens von Beton bei rasch wechselnder dynamischer Beanspruchung, über die Abschätzung von maximal möglichen Hochwassern und des tausendjährlichen Hochwassers, über das Langzeitverhalten der Betonsperren sowie über das Verhalten von Felsfundationen bei statischer und dynamischer Beanspruchung. Zu erwähnen ist dabei auch die erfolgte Installation einer durch einen Fonds des VSE ermöglichten Starkbebeninstrumentierung bei drei grossen Betonmauern und einem Schüttdamm. Als Präsident der Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung des Schweizerischen Talsperrenkomitees widmete Biedermann sich mit grossem Engagement der Weiterbildung der Talsperrenverantwortlichen. Er führte jährliche Tagungen durch, welche sich insbesondere an die Betreiber unserer Stauanlagen richteten und die stetig an Interesse gewannen. Im Rahmen dieser


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groupe de travail, il dirigea la rédaction de nombreuses publications scientifiques, qui englobent tout le spectre de la surveillance des barrages, à savoir le dispositif d’auscultation des ouvrages et de ses environs, des check lists pour les contrôles visuels, l’utilisation de l’informatique, de même que les bétons des barrages. Parallèlement à son activité à la Confédération, il fut chargé de cours de construction hydraulique à l’Ecole d’ingénieurs de Berne et il termina sa carrière militaire comme chef du génie d’une brigade avec le grade de lieutenant-colonel. Le moment de la retraite venu, son intérêt pour la culture et l’histoire l’a amené à suivre des cours à l’Université de Berne et a effectué une étude archéologique qui le conduisit à entreprendre de nombreux voyages vers des villes antiques. Henri Pougatsch et Rudolf W. Müller

L ite i te r atur Ingenieure bauen die Schweiz – Technikgeschichte aus erster Hand (Band 1 und 2) Publikation: 2014; Hrsg.: F. und St. Betschon, W. Schlachter, Format je 17 × 24 cm, gebunden; Band 1: 2., überarbeitete Auflage 2014, 534 Seiten, 185 Abbildungen, CHF 58.–, ISBN 978-303823-911-6; Band 2: 2014, 504 Seiten, 150 Abbildungen, CHF 58.–, SBN 978-303823-912-3; Beide Bände im Set: CHF 98.–, SBN 978-3-03823-925-3, Bezug: www.nzz-libro.ch Beschrieb Band 1: Die Schweiz verdankt ihre Wirtschaftskraft und ihren Wohlstand der produzierenden Industrie im 19. und 20. Jahrhundert: den grossen Unternehmen wie Brown Boveri, Saurer, Sulzer, Rieter, Wild Leitz, Landis+Gyr sowie herausragenden Ingenieurleistungen. Heute sind viele der grossen Firmen verschwunden und viele der technischen Pionierleistungen sind wenig bekannt oder gar vergessen. Die Herausgeber, Ingenieure mit lebenslanger Berufserfahrung, wollen das Wissen darüber bewahren und halten Erstaunliches und Einmaliges fest. Sie erzählen für jedermann von Visionen und Emotionen, erfolgreichen Produkten, aber auch verpassten Chancen. Zur Sprache kommt die Bedeutung von Rotations- und Kolbenmaschinen, Produktionstechnik, Infrastrukturbauten, Land- und Luftfahrzeugbau, Optik- und Uhrenindustrie, der Weg zur Informationsgesellschaft, aber auch die typisch schweizerische duale Ingenieurausbildung. 252

Beschrieb Band 2: Auf den Erfolg des ersten Bandes, in dem längst nicht alle wichtigen Branchen Platz finden konnten, folgt der zweite nach bewährtem Konzept: Rund 40 Autoren und Autorinnen berichten über spannende Entwicklungen auf den Gebieten Architektur, Luft- und Raumfahrt, Landverkehr inkl. Seilbahnen, Leistungselektronik, Maschinen für die Halbleiterindustrie, Geodäsie und Vermessung, Medizintechnik, Mess- und Sensortechnik, Hydromaschinen, Turbolader. Ein Beitrag über die Schweizer Softwareszene rundet das Buch ab, das wie schon der erste Band eindrücklich zeigt, auf wie vielen Gebieten in der Schweiz Pionierleistungen erbracht worden sind und dank herausragender Forschungstätigkeit an den Hochschulen und in der Industrie weiterhin erbracht werden. Ein eindrückliches Vademecum über das Ingenieurland Schweiz und die Erklärung für die pro Kopf erfolgreichste Industrienation unserer Zeit. (Verlag NZZ)

Die Themen der «Wasserwirtschaft» 7–10-2015 • Umsetzung der EG-WRRL an der österreichischen Donau – Erfahrungen und Ausblick Herfried Harreiter, Gerd Frik, Roland Schmalfuss, Walter Reckendorfer • Aufbau ökologisch aktiver Gewässerabschnitte in stark veränderten Fliessgewässersystemen mit Auen Ulrich Schwevers, Oliver Engler • Anwendung eines numerischen Modellsystems zur Bewertung von Geschiebehaushalt und Äsche-Laichhabitaten des Hochrheins Minh Duc Bui, Peter Rutschmann • Ethohydraulik – Die Kunst aufsteigende Fische am Kraftwerk abzuholen Beate Adam, Dennis Appelhoff • Die Seeforellenweiche – ein mobiles Leitsystem für aufsteigende Wandersalmoniden Matthias Meyer, Steffen Schweizer, Daniel Göz, Andreas Funk, Sandro Schläppi, Andrea Baumann, Jan Baumgartner, Willy Müller, Martin Flück • Einsatz des Leitrechen-Bypass-Systems an Wasserkraftanlagen – Grundlagen, Erfahrungen und Perspektiven Guntram Ebel, Arne Gluch, Martin Kehl • Bemessung von Blocksteinrampen in Riegelbauweise – Hydraulik und Stabilität Mario Oertel • Beobachtungen zumStand der Technik beim Bau von Fischaufstiegshilfen in Österreich Paul Jäger • Untersuchungen zu hydraulischen Berechnungsansätzen von Schlitzpässen Béla Sokoray-Varga, Roman Weichert, Franz Nestmann • Beitrag zu detaillierten Analysen der Hydraulik von Schlitzpässen Mark Musall, Peter Oberle, Ruth Carbonell Baeza, Juan F. Fuentes-Pérez, Jeffrey A. Tuhtan, Franz Nestmann • Dimensionierung von Schlitzpässen – Anforderungen der Fische und der Hydraulik Rolf-Jürgen Gebler • Innovative Druckkammerfischschleuse mit energetischer Nutzung an der Talsperre Höllenstein Johann Fischer, Rudolf Metzka, Helmut Kruczek • Monitoring des Fischaufstieges an der Fischschleuse Höllenstein Maria Schmalz • Ökologische Grundlagen und Rand-

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Entspannungsturbine zur Energierückgewinnung Andreas Neipp, Stefan Riedelbauch Kleinwasserkraftwerke im Inselbetrieb Albert Ruprecht Teilnahme von Kleinwasserkraftwerken am Regelenergiemarkt Jonas Zingerle Ejektorwirkung bei Überwasser mit Vertikaler Kaplan-Turbine Rudolf Fritsch, Reinhard Fritsch, Jürgen Schiffer Hydro-Fischlift Andreas Roth Optimierung der Druckkammerfischschleuse mit energetischer Nutzung an der Talsperre Höllenstein Johann Fischer, Maria Schmalz Zeitgemässer Fischschutz an bestehenden Anlagen – ein Beispiel Günther Hartmann Wasserkraft im Wohngebiet – Unterschreitung der geforderten Schallemissionsgrenzwerte Christian Winkler Betriebserfahrungen im Wasserkraftwerk Hemelingen Jan Niko Häuser Entwicklung eines verlustarmen Stabprofils für Rechen mit kleiner lichter Weite Oliver Kirschner, Albert Ruprecht, Huiming Wang, Emanuel Kretz

I ndustriemit ndustr ie mit teilungen tei lunge n Wenn Staumauern alt werden Beton ist sehr langlebig und deshalb wohl auch der wichtigste Baustoff weltweit. Aber auch Beton altert. Dann wird er mitunter rissig als Folge der sogenannten Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR). Betroffen von dieser landläufig auch Betonkrebs genannten Schädigung sind gemäss Schätzungen möglicherweise zehn bis 20 Prozent der Staumauern in den Schweizer Alpen. Ein Forschungsprojekt an der ETH Lausanne erarbeitet die Grundlage, damit Ingenieure auf die Rissbildung angemessen reagieren können. Von Benedikt Vogel, im Auftrag BFE In den Schweizer Alpen gibt es über 200 Stauseen. Einer davon ist der Salanfe-See oberhalb von Martigny (VS). Der 1952 erbaute Staudamm ist 52 Meter hoch und hat eine über 600 Meter lange Krone. 230 000 Kubikmeter Beton wurden in dieser Staumauer mittlerer Grösse verbaut. Die Generatoren im Turbinenhaus liefern seit

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Jahrzehnten zuverlässig Strom. Für die Wanderer, die hier oben gern die Walliser Alpen geniessen, ist es ein ganz normaler Stausee. Doch der Schein trügt. Vor einiger Zeit fiel auf, dass sich die Betonmauer über lange Zeiträume geringfügig, aber doch messbar ausdehnt. Später wurde entdeckt, dass diese Ausdehnung mit kleinen Rissen einhergeht. Ein Prozess, der sich über die Jahre sehr langsam, aber stetig fortsetzt und zu einer Ausdehnung um mehrere Zentimeter führen kann. Ein Prozess, der sich nach bisherigem Wissensstand nicht stoppen lässt. Beton quillt langsam auf Der Salanfer Staudamm leidet an einer für Beton typischen Alterserscheinung. Mitte der 1990er-Jahren wurde das Phänomen erstmals an einer Schweizer Staumauer beobachtet. Unterdessen sind mehrere Staumauern in den Alpen betroffen. Ursache der Schädigung ist ein sehr langsam ablaufender physikalisch-chemischer Prozess, die sogenannte Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR). Die Reaktion führt im Innern des Betons zu feinen Rissen, die sich mit der Zeit bis an die Oberfläche fortpflanzen können und dort mitunter zu einem mit dem Auge sichtbaren Rissnetz führen. Risse in einer Staumauer – das klingt nach akuter Bedrohung. Karen Scrivener ist Professorin an der ETH Lausanne (EPFL) und Expertin für AAR. Sie sieht keinen Grund für Besorgnis: «In vielen Fällen sind die Folgen der AAR so gering, dass man nicht eigentlich von einer Beschädigung des Betons sprechen kann. Auch unterstehen die Schweizer Stauanlagen einem strikten Monitoring, mit dem allfällige Gefährdungen frühzeitig erkannt würden», sagt Scrivener. Auch wenn zur Zeit keine Gefahr droht, haben die Risse in den Betonmauern zu intensiven Foschungsaktivitäten geführt. Seit rund zehn Jahren erforscht die britische Materialwissenschaftlerin Karen Scrivener das Phänomen am Labor für Baumaterialien an der EPFL. Drei an ihrem Lehrstuhl erstellte Doktorarbeiten hatten die AlkaliAggregat-Reaktion bereits zum Gegenstand. Zur Zeit läuft ein vom Bundesamt für Energie und Swisselectric research finanziertes, mehrjähriges Experiment, das das Verhalten des Betons bei AAR vertieft untersucht. Ergänzend zu dem Experiment entwickeln die Wissenschaftler der EPFL mathematische Modelle, um die im Beton ablaufenden Vorgänge möglichst realitätsnah nachvollziehen zu können. Betonproben unter Druck gesetzt Dr. Cyrille Dunant steht in einem unterirdischen Laborraum der EPFL. Hier hat der wissenschaftliche Mitarbeiter von Karen 253

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bedingungen für die Planung des 1. Fischliftes Österreichs an der Wehranlage Runserau, Tirol Martin Schletterer, Robert Reindl, Stefan Thonhauser Funktionskontrolle von Fischwanderhilfen in Österreich Paul Jäger Technisches Fischmonitoring: Installation des ersten RiverWatcher-Fischzählers in Österreich Martin Schletterer, Gebhard Senn, Manfred Menghin, Michael Hubmann, Richard Schwarzenberger, Christian Haas, Philipp Thumser, Magnus Thor Asgeirsson Zwischenstand und weitere Aufgaben bei der Umsetzung der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie Uwe Müller HWRM-Pläne im Rheineinzugsgebiet von IKSR, IKSMS und RheinlandPfalz: Ziele und Massnahmen Bernd Worreschk Erstellung der Hochwasserrisikomanagement-Pläne in Rheinland-Pfalz Heinrich Webler Umgang mit Extremereignissen auf kommunaler Ebene – Notfallkonzepte als Mittel der Wahl? Corinna Gall, Robert Jüpner Parametrisierte synthetische Schadensfunktionen zur Abschätzung hochwasserinduzierter Gebäudeschäden Thomas Naumann, Sebastian Golz, Reinhard Schinke Das Starkniederschlagsereignis in Meissen im Sommer 2014 Steffen Wackwitz Wasserrückhalt in landwirtschaftlich genutzten Gebieten Walter Schmidt, Ellen Müller, Silke Peschke, Nicole Seidel Umgang mit wild abfliessendem Wasser und Bodenerosion in Dresden Jens-Olaf Seifert, Matthias Röder Starkniederschläge: Umsetzungsaspekte in der praktischen Planung Klaus Piroth Einsatz von Drohnen im Hochwasserfall – Erfahrungen und Ideen Robert Jüpner, Jens Brauneck, Reinhard Pohl Herausforderungen und Chancen für die Kleinwasserkraft Albert Ruprecht Hydraulische Entwicklung einer Axialmaschine – Vergleich zwischen Simulation und Messung Bernd Junginger, Stefan Riedelbauch Entwicklung einer modularen axialen


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Bild 1. Risse im Salanfer Staudamm im Wallis aufgrund der Alkali-Aggregat-Reaktion. Rechts im Bild ein Gerät für das Monitoring der Rissbildung. (Foto: Cyrille Dunant).

Bild 2. Die Alkali-Aggregat-Reaktion führt insbesondere bei Staudämmen zu einer Rissbildung. Diese ist im fortgeschrittenen Stadium als Rissnetz an der Oberfläche sichtbar. (Foto: Johannes Maier).

Bild 3. Über die Jahre hinweg nimmt die Ausdehnung des Betons infolge der AAR zu, und zwar an der Krone stärker als auf mittlerer Höhe des Staudamms. Die Ausdehnung ist einer jahreszeitlichen Schwankung unterworfen. (Grafik: BFE).

Bild 4. Der Salanfer Staudamm oberhalb von Martigny (VS) wurde vor zwei Jahren saniert, nachdem AAR-bedingte Risse aufgetreten waren. (Foto: Cyrille Dunant).

Scrivener auf wenigen Quadratmetern das neuste Experiment aufgebaut. Der 35-jährige Materialwissenschaftler will untersuchen, wie schnell sich Beton unter dem Einfluss der AAR ausdehnt. Im Gegensatz zu früheren Experimenten berücksichtigt der neue Versuchsaufbau, dass sich eine von AAR betroffene Staumauer nicht frei ausdehnen kann. Der Ausdehnung wirken vielmehr Drücke von verschiedenen Seiten entgegen: vom Stausee, vom angrenzenden Felsmassiv, vom Eigengewicht des Betons. Im Labor hat Cyrille Dunant zusammen mit Wissenschaftlerkollegen sechs Edelstahlzylinder aufgebaut, jeder 150 cm hoch und 30 cm im Durchmesser. Die Zylinder enthalten von Wasser umgebene Betonproben, in denen eine AAR abläuft. Jede Betonprobe wird in der Versuchsanordnung vertikal und horizontal unterschiedlich hohen Drücken ausgesetzt, die zwischen 0 und 15 Megapascal (entspricht 150 bar) liegen. Zehn Monate läuft das Experiment schon, und mindestens nochmals so lange soll es andauern. Im 30 Minuten-Takt messen die Sensoren, wie stark sich die Betonproben in den Edelstahlzylindern aufgrund der darin ablaufenden AAR vergrössert haben. 254

Bild 5. Die Abbildung illustriert die drei Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die Alkali-Aggregat-Reaktion in Beton abläuft. Illustration: BFE. Die Messwerte werden über grüne Glasfaserkabel an den Computer im Nebenraum übermittelt. «Wir stecken noch mitten im Experiment und für definitive Aussagen ist es noch zu früh», sagt Cyrille Dunant, «aber was wir bisher gemessen haben, hat uns extrem überrascht.» In zehn Monaten sind die Betonproben um bis zu 0.7 Prozent gewachsen. Anders als Dunant erwartet hatte, scheint der Druck die Expansion des Betons nicht zu verhindern.

Bild 6. Bei der Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR) wird amorphes Silika im alkalischen Porenwasser zunächst gelöst und dann als kristallisiertes Silika-Gel ausgeschieden. (Foto: TFB-Bulletin). Dem Beton Raum schaffen – oder doch nicht? Bestätigt sich dieser Befund im weiteren Verlauf des Experiments, hiesse das: Die AAR-bedingte Ausdehnung von Beton erfolgt selbst unter Druck. Also doch eine Bedrohung? Cyrille Dunant verneint: «Die Gefahr würde in diesem Fall nicht grösser, aber anders, als wir bisher gedacht haben.» Die Erkennnisse aus dem Labor der EPFL liefern den Ingenieuren nämlich wichtige Hinweise, wie sie mit den betroffenen Staumauern am besten umgehen. Bisher ist es

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üblich, die Staumauern zu sanieren, indem sie mit Schlitzen versehen wurden, um dem Beton mehr Raum für die Ausdehnung zu geben. Auf die Weise wurde vor zwei Jahren auch der Salanfer Staudamm erneuert: Ingenieure brachten mit einem Diamentdraht 22, jeweils 11 mm dicke Schnitte an. Diese Schnitte, so die Annahme der Ingenieure, würde die Sicherheit der Dämme erhöhen, weil der Beton weniger Schaden nimmt, wenn er sich ausdehnen kann. Dunant will diese Annahme überprüfen. Er hat die Hypothese, der Beton dehne sich nicht – wie bisher angenommen – proportional zur Menge des im Zuge der AAR gebildeten Silika-Gels (vgl. Textbox) aus, sondern proportional zur Anzahl der Risse. «Wenn das Experiment meine Hypothese bestätigt, wäre das für Staudamm-Ingenieure eine interessante Erkenntnis, die dazu führen könnte, dass sie künftig in bestimmten Fällen auf das Einschneiden der Staudämme verzichten», sagt Dunant. Der EPFL-Forscher betont zugleich, man werde auf Schnitte nie ganz verzichten können. Diese sind zum Beispiel erforderlich, um Deformationen des Turbinenhauses zu vermeiden, die die Stromerzeugung beeinträchtigen würden. Auch im Fall des Salanfer Staudamms, betont Dunant, sei die Sanierung durch Schnitte aufgrund der speziellen Geometrie sinnvoll gewesen. Das gelte auch für andere Schweizer Staudämme. Forschung im Zeitraffer Noch ist Cyrille Dunants Experiment am laufen. Doch seine Überlegungen zeigen,

welche Bedeutung dem Langzeitexperiment im Untergeschoss der EPFL erwachsen könnte. Erst einmal ist bei dem EPFLForscher aber Geduld gefragt. Immerhin ahmt er mit seinem Experiment einen Vorgang nach, der in der Natur ein halbes Jahrhundert in Anspruch nimmt. Um nicht ganz so lange auf die Resultate warten zu müssen, hilft der Forscher im Labor et-was nach. Dank einer erhöhten Temperatur läuft die AAR-bedingte Ausdehnung des Betons im Labor quasi im Zeitraffer ab. Deshalb herrschten im Labor 38 °C. So erfolgt die Ausdehnung des Betons rund 20 mal schneller als in Wirklichkeit. Und die Forscher kommen 20 mal schneller zu ihren Resultaten. Weitere Auskünfte zum Projekt erteilt: Markus Schwager (markus.schwager@bfe. admin.ch), Leiter des BFE-Forschungsprogramms Talsperren; weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrationsund Leuchtturmprojekte im Bereich Wasserkraft unter: www.bfe.admin.ch/CT/hydro.

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In der Grimselwelt fliesst die Energie – auch dank Krananlagen von Marti Dytan AG Die KWO – Kraftwerke Oberhasli AG – ist eines der führenden Wasserkraftunternehmen der Schweiz. Die Nutzung der Wasserkraft im Gebiet von Grimsel und Susten nahm 1925 mit der Gründung der Kraftwerke Oberhasli AG ihren Anfang. Dank der grossen Stauseen, die auch im Winter eine Menge «Treibstoff» zur Verfügung stellen, kann sie das ganze Jahr über augenblicklich auf die ständigen Schwankungen des Strombedarfs reagieren und die Produktion nach dem Bedarf ausrichten. Die mittlerweile über 60-jährige Kraftwerksanlagen Innertkirchen 1 und Handeck 2 werden derzeit nach heutigen Gesichtspunkten aufgewertet. Neue Druckschächte verringern Reibungsverluste und dank dem Einflechten von zwei neuen Maschinen wird das Leistungsangebot um total 240 Megawatt gesteigert. Aufwertung Kraftwerk Handeck 2 Die unterirdische Zentrale Handeck 2, Teil des Wasserkraft Unternehmens, wurde nach dem zweiten Weltkrieg von 1947 bis 1950 mit vier Peltonturbinen erbaut. Ein grundsolides «Arbeitspferd», das zur Produktion von Spitzenenergie und zur Regulierung des Netzes eingesetzt wird. Durch den Bau eines zweiten Triebwasserweges, der parallel zum bestehenden verläuft, werden die Fliessgeschwindigkeiten des Wassers und damit deren Reibungsverluste in den Druckleitungen reduziert. Die Kraftwerke können so aus dem genutzten Wasser mehr Energie herausholen. Die zwei in den Apparatekammern Handeck 2a montierten Marti Dytan-Zweiträger-Laufkrane werden vor allem zur Montage der Druckrohre und Drosselklappen sowie zum Bewegen aller schweren Teile während der Bau-, Montage- und Inbetriebnahmephase benötigt. Wenn die Anlagen fertig erstellt sind, werden die Krane im Revisionsfall der Drosselklappen eingesetzt. Im Kraftwerk Handeck 2 verläuft ein paralleler Stollen vom Räterichsbodensee zum Wasserschloss Handeckfluh. Gleichzeitig dazu entsteht ein Druckschacht vom Wasserschloss Handeckfluh zur Zentrale Handeck 2 und in die Nebenzentrale Handeck 2a, wo eine 90-MW Peltonturbine montiert wird. Nach einer fünfjährigen Bauzeit und Investitionen von 305 Millionen Franken wird dereinst ein Energiegewinn von 70 GWh pro Jahr erreicht werden. Anfangs November 2014 waren die Arbeiten soweit fortgeschritten, dass die KWO den Räterichbodensee und das darunter255

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Die Alkali-Aggregat-Reaktion Zur Herstellung von Beton wird eine Kies-Sand-Mischung (genannt auch «Zuschlagstoffe» oder «Aggregat») mit dem Bindemittel Zement versetzt und dann durch Zugabe von Wasser eine chemische Reaktion ausgelöst, die zur Erhärtung des Betons führt. Der ausgehärtete Beton enthält winzige Poren, in denen sich eine alkalische Lösung ansammelt. Diese Lösung reagiert mit dem amorphen (also nichtkristallinen) Siliziumdioxid (auch: Silika), das im Aggregat in mehr oder weniger grosser Menge enthalten ist. Bei der Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR) wird das Silika im alkalischen Porenwasser zunächst gelöst und dann als Silika-Gel ausgeschieden. Dieses SilikaGel nimmt Feuchtigkeit aus der Umgebung auf und quillt dabei auf. Diese Volumenausweitung führt in einem langsamen, über Jahrzehnte andauernden Prozess zu Rissen. Im fortgeschrittenen Stadium verlaufen die Risse durch den Zementstein und es kann ein an der Oberfläche sichtbares Rissnetz entstehen. Längst nicht jeder Beton ist von AAR betroffen. Die Reaktion kommt nur in Gang, wenn erstens die Zuschlagstoffe (Aggregat) über die nötige Reaktivität verfügen, wenn zweitens der Alkaligehalt im Betonstein genügend gross ist und drittens wenn genügend Feuchtigkeit vorhanden ist. Diese drei Bedingungen sind bei Staumauern oft erfüllt, auch deswegen, weil die im Alpenraum gewonnenen Zuschlagstoffe oft über eine besonders hohe Reaktivität verfügen. Häuser sind von AAR dagegen kaum betroffen, da sie weniger stark Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Man hat versucht, AAR bei Staumauern zu verhindern, indem man die Wand wasserseitig beschichtet hat. Der entsprechende Versuch bei der Stauanlage Illsee (VS) blieb allerdings erfolglos; der Quellprozess liess sich nicht stoppen. AAR kann bis anhin nicht verhindert werden. BV


Nachrichten Bild 1. Der 20 t Zweiträger-Laufkran bringt die neuen Druckrohre in den Stollen ein.

Bild 2. Thomas Borer, Techniker HF, KWO, bedient mittels ABUS-Hängetaster sichtlich stolz den neuen 32-t-ZweiträgerLaufkran. liegende hydraulische Stollensystem entleeren konnte. Somit steht dem Bau des Stollenanschlusses an den Räterichbodensee nichts mehr im Weg. Die UNESCO hat der KWO den Welterbekristall 2014 aufgrund der eigens entwickelten Methode zur umfangreichen Aufwertung der Gewässer im Oberhasli überreicht. Die über mehrere Jahre laufende Gewässeraufwertung im Oberhasli durch die KWO zeigt auf, dass Energiegewinnung im grossen Umfang konfliktfrei funktionieren kann. Thomas Borer, Sachbearbeiter/Projektleiter bei der KWO, Innertkirchen, erklärt beim Besichtigen der Anlagen: «Für die Anschaffung von Krananlagen von Marti Dytan AG waren diverse Kriterien massgebend. So ist Marti Dytan zum Beispiel im Bereich der Standardkrane breit abgestützt und war zudem in der Lage, aufgrund der feuchten Umgebung in den Apparatekammern, die speziellen Anforderungen zu meistern: Schichtdicke der Lackierung, zweistufige Antriebe statt Frequenzumrichter, steckbare Kabelver256

Bild 3. Der 32-t-Laufkran hilft beim Einbringen der schweren Drosselklappenteile.

bindungen zwischen Steuerung und Laufkatze, so dass beispielsweise bei Bedarf das Hubwerk einfach ausgetauscht werden kann. Alle diese Kriterien waren im Standardsegment erfüllt, was sich schlussendlich auch im Preis wiederspiegelte.» Technische Daten Zweiträger-Laufkran Typ ZLK 20t wird eingesetzt zur Montage der Druckrohe und Drosselklappen 9500 mm Spannweite, Hubklasse H2. Zweiträger-Laufkran Typ ZLK 32 t wird eingesetzt zur Montage der 28 Tonnen schweren Drosselklappe, 8500 mm Spannweite, Hubklasse H2. ABUS Elektro-Seilzug mit Hakenweg bis 10 000 mm, Heben, 2-stufig 0.7/4 m/min, Katzfahren 2-stufig 5/20 m/min, Korrosionsschutz für den Betrieb in einer geschlossenen Umgebung. Bedienung von Flur mittels ABUS-Hängetaster. Die frei verfahrbare Steuerung und die Katzstromzuführung sind als Energiezuführungskette ABUPowerline ausgeführt. Keine Schleppleitungen entlang der Kran-

brücke und dennoch geschützte Zuleitungen. Die 4-polige Ausführung ist für eine Bahnlänge von 24 000 mm ausgelegt. Für die Hauptstromführung wurde eine 4-polige Schleppleitung vorgesehen. ABUS LIS-SE Mikroprozessteuerung für das Hubwerk: · Überlastsicherung mit schneller Last-erkennung · Motorstromüberwachung schütz Hubmotor vor Überlastung · Schutz vor Tippbetrieb schont Hubwerksschütze und Hubantrieb · Generatorisches Bremsen erhöht die Standzeit der Hubwerksbremse Sicherheit gross geschrieben Die Einbringung der beiden Marti DytanZweiträger-Laufkrane in die engen Kavernen, war eine Meisterleistung. Aufgrund des zur Verfügung stehenden Platzes, musste alles minutiös vorbereitet werden. Die Ingenieure der Marti Dytan konnten all diese Vorgaben, auch dank jahrzehntelanger Erfahrung, problemlos meistern und die beiden Krane an ihrem Bestimmungsort montieren. Im Zusammenhang

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Bild 4. Die ABUS-Laufkatze mit einer Hubleistung von 2.4/15.1 kW und einer Fahrleistung von 2 × 0.14 / 0.65 kW ist zweistufig polschaltbar 5/20 m/min. mit Wasser und Energie hat das Thema Sicherheit einen grossen Stellenwert. Bei Überfahren des Schaltpunktes wird die Kranfahrt auf die kleine Fahrstufe geschaltet. Ein Pufferstoss mit Nenngeschwindigkeit wird dadurch vermieden und ein reduziertes Lastpendeln im Falle des Pufferstosses erreicht. Die Kranbahnendanschläge können dennoch angefahren werden. Bei Überfahren des ersten Schaltpunktes wird die Katzfahrt zunächst auf die kleine Fahrstufe geschaltet und anschliessend, bei Überfahren des zweiten Schaltpunktes, abgeschaltet. Ein Pufferstoss am Katzpuffer und das damit verbundene Lastpendeln werden dadurch vermieden. Stolz, aber auch zuverlässig Marti Dytan ist stolz darauf, ihre Kräne in einem solchen Jahrhundertbauwerk dabei zu wissen und die Kraftwerke Oberhasli KWO können sich weiterhin auf die Kompetenz des Kranspezialisten verlassen. Die Mitarbeiter des Horwer Unternehmens sind überaus zuverlässige Partner und schnell vor Ort, wenn Not am Mann ist, rund um die Uhr. Höchste Qualität auf allen Stufen ist oberste Maxime des Unternehmens. Wer etwas bewegen will, muss selber beweglich bleiben. Selbstverständlich sind sämtliche Prozesse im Sinne der Qualitätssicherung gemäss ISO 9001 zertifiziert. Weitere Informationen: Marti Dytan AG, Allmendstrasse 11 CH-6048 Horw, Tel. +41 (0)41 209 61 61, Fax +41 (0)41 209 61 62 info@marti-dytan.ch, www.marti-dytan.ch

gendwo ein Kochherd oder ein PC eingeschaltet, muss genau zu diesem Zeitpunkt ein Kraftwerk die dafür benötigte zusätzliche Energie produzieren. Die Band- oder Grundlastenergie wird in der Schweiz hauptsächlich von Kernkraftwerken, Flusskraftwerken, Biomassekraftwerken sowie konventionell thermischen Kraftwerken abgedeckt. Die Spitzenenergie liefern Speicherkraftwerke. Hier ist die Energie in Form von Wasser in einem Stausee gespeichert. Im Gegensatz zu den Kernkraft- und Flusskraftwerken können die Speicherkraftwerke die Stromproduktion sehr schnell an den wechselnden Bedarf anpassen. Zunehmender Regelungsbedarf ergibt sich durch die Zunahme der stochastischen Energien (unregelmässig anfallend, Beispiel Windund Fotovoltaik-Kraftwerke). Pumpspeicherwerke dienen auch der Stromspeicherung Im Gegensatz zu reinen Speicherkraftwerken können Pumpspeicherwerke nicht nur Spitzenenergie erzeugen, sondern auch Stromüberschüsse, die während Schwachlastzeiten anfallen, in wertvolle Spitzenenergie umwandeln. Sie pumpen zu diesem Zweck Wasser in den höher gelegenen Stausee zurück und nutzen es

Bild 1. Spitzenenergie und Stauseen – ein erfolgreiches Tandem, Limmernsee mit Bogenstaumauer.

Bild 2. Übersicht über die Erweiterungsbauten beim Projekt Linthal 2015. «Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

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Puls garantiert reibungslose Kommunikation auf 2-Milliarden-Baustelle 300 Notrufstationen sorgen für Sicherheit Das dem Kanton Glarus und der Axpo AG gehörende Kraftwerk Linth-Limmern wurde zwischen 1957und 1968 erbaut. 2009 erfolgte eine erste Erweiterung. Im Rahmen des Projekts Linthal 2015 kommt ein weiteres Pumpspeicherwerk hinzu. Für den sicheren Betrieb, der in diesem 2-Mrd.-Projekt eingesetzten300 Notrufstationen, sorgen Stromversorgungen und Netzgeräte von Puls. Die verschiedenen Kraftwerkstufen des KLL, Kraftwerk Linth-Limmern, nutzen die Wasserzuflüsse eines rund 140 km2 grossen Einzugsgebiets im Quellgebiet der Linth. Die durchschnittliche Stromproduktion aus natürlichen Zuflüssen beträgt 460 GWh pro Jahr. Da der Bedarf an Spitzenenergie laufend zunimmt, werden die Anlagen mit einem zusätzlichen, leistungsfähigen Pumpspeicherwerk (Projekt Linthal 2015) erweitert. Strom lässt sich schlecht speichern Strom kann in grösseren Mengen nicht gespeichert werden. Deshalb müssen die Kraftwerke jederzeit genau so viel Strom produzieren, wie im entsprechenden Stromnetz gebraucht wird. Wird etwa ir-


Bild 3. In allen 300 Notrufstationen sitzen Netzteile und Stromversorgungen von Puls. zu einem späteren Zeitpunkt erneut zur Stromproduktion. Die Pumpspeicherung ist eine bewährte Methode, um Angebot und Nachfrage in einem Stromnetz auf umweltfreundliche und wirtschaftliche Art auszugleichen. KLL wird Stromversorgungssicherheit gewährleisten Beim bedeutenden Ausbauprojekt «Linthal 2015» pumpt ein neues, unterirdisch angelegtes Pumpspeicherwerk Wasser aus dem Limmernsee in den gut 600 m höher gelegenen Muttsee zurück und nutzt es bei Bedarf wieder zur Stromproduktion. Das neue Werk soll eine Pumpleistung und eine Turbinenleistung von je 1000 MW aufweisen. Damit wird sich die Leistung der KLLAnlagen von heute rund 480 auf 1480 MW erhöhen. Das entspricht leistungsmässig – jedoch nicht energiemässig – dem Kernkraftwerk Leibstadt oder dem Wasserkraftwerk Cleuson-Dixence. Für die Realisierung wird mit einer Bauzeit von rund sieben Jahren gerechnet. Vorgesehen ist, mit der ersten der vier Maschinengruppen 2015 den Betrieb aufzunehmen. Während der Bauzeit werden bis zu 700 Personen auf den verschiedenen Bauplätzen tätig sein. Die Investitionskosten für dieses Gross¬projekt betragen rund 2 Mrd. Franken. Aufwendige Kommunikationstechnik erfordert hohe Sicherheit Bei einem 2-Mrd.-Projekt in unwegsamer, gebirgiger Umgebung bedarf es einer ausgeklügelten, sicheren Kommunikationstechnik. Einerseits müssen die Verantwortlichen auf allen Baustellen te258

lefonisch immer erreichbar sein, andererseits müssen die Daten wie Mails, Pläne, Memos, technische Unterlagen und Dokumente usw. sicher via Internet übertragen werden. Beim Projekt Linthal 2015 gibt es sechs Kommunikations-Hauptstellen, die die Verteilung von Sprache und Daten an die zahlreichen Aussenstellen übernehmen. Dazu verlegten die Verantwortlichen insgesamt 17 km Glasfaserkabel – Funkdatenübertragung ist dafür nicht verfügbar. Auf der ganzen Baustelle – im Tage- wie im Tunnelbau – befinden sich 300 Notrufstationen, die alle ein Nottelefon beinhalten. «Diese Nottelefone können unsere Mitarbeiter auch als ganz normales Telefon nutzen», erklärt Hanspeter Blumer, Leiter Elektrotechnik, ARGE Kraftwerk Limmern, Los A2, Marti Technik AG. USV kann eine Stunde überbrücken Für die sichere Stromversorgung dieser jeweils etwa 5000 Franken teuren Notrufstationen bedarf es zahlreicher USV, Batterien und Netzteile. Pro Nottelefon kommen eine DC-USV mit Batterie sowie ein Netzgerät zum Einsatz. Letzteres wandelt die 230 VAC vom Netz auf die benötigte Telefonspannung von 24 VDC um. Im Falle eines Stromausfalls beträgt die Akku-Laufzeit der USV etwa eine Stunde. Ein Stromunterbruch kommt immer wieder mal vor, denn bei den sehr rauen Arbeitsund Umgebungsbedingungen kappt immer wieder mal ein Bagger, eine andere Baumaschine, eine Sprengung oder ein grosser Steinschlag eines der empfindlichen LWL-Kabel. Im Schadensfall werden diese aus Kosten- und Zeitgründen immer als Ganzes getauscht und nicht gespleisst. Verlässlicher Partner mit hoher lokaler Kompetenz Die Notrufstationen sind alle so konzipiert, dass ihre Funktion in der zentralen Leitstelle überwacht wird. Aus Sicherheitsgründen ist dafür gesorgt, dass die teils extremen Aus-sentemperaturen – bis zu –20°C sind keine Seltenheit – den Telefonen nichts anhaben können, da die Notrufstationen beheizt sind. Als Lieferant für die Stromversorgungen fiel die Wahl auf Puls. Der deutsche Hersteller von DINSchienen-Netzteilen ist bekannt für hohe Wirkungsgrade, Flexibilität, Robustheit, Zuverlässigkeit und Innovationskraft. Da der Platz im Schaltschrank immer begrenzt ist und speziell bei diesem Projekt jedes Kilogramm teuer zu transportieren ist, war der Fall relativ schnell klar. Hanspeter Blumer: «Die technischen Spezifikationen, die Abmessungen, die rasche Verfügbarkeit, das Pricing und nicht zuletzt die professionelle Beratung und Betreuung

durch das lokale Puls-Team gaben den Ausschlag.» Bis zum heutigen Tag funktionieren die Notrufstationen fehler- und störungsfrei. Einzig eine extreme Überspannung in 2014 – es kamen irrtümlich plötzlich 600 statt 380 V an – machte den elektronischen Komponenten den Garaus. Doch gegen solche Fehler ist keine Stromversorgung gefeit. Für Hanspeter Blumer steht fest, dass die Partnerschaft zwischen Puls und Marti Technik im Bereich Notrufstationen weiter gepflegt und ausgebaut wird. Denn die sichere Kommunikation ist das A&O bei anspruchsvollen Grossprojekten wie Linthal 2015 eines ist. Puls-Geräte Im Projekt Linthal 2015 kommen folgende Puls-Geräte zum Einsatz: • Hauptstellen: CS10.244, QS10.241, QT40.241, UBC10.214 • Nottelefone: CS5.244, UB10.241, UZK12.261

Bild 4. Eine DC-USV UB10.241. Weitere Informationen Puls Electronic GmbH Lindenrain 2, CH-5108 Oberflachs, Tel. +41 (0)56 450 18 10, Fax +41 (0)56 450 18 11 info@puls-power.ch, www.puls-power.ch

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Abdichtungen

Generatoren – Kühler

Branchen-Adressen Hydrografie

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COLD+HOT engineering AG Industrie Neuhaus Tunnelstrasse 8, CH-8732 Neuhaus SG Tel. +41 (0)55 251 41 31 Fax +41 (0)55 251 41 35 info@cold-hot-engineering.ch www.cold-hot-engineering.ch

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«Wasser Energie Luft» – 107. Jahrgang, 2015, Heft 3, CH-5401 Baden

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Schlammentwässerung

Impressum

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«Wasser Energie Luft» Schweizerische Fachzeitschrift für Wasserrecht, Wasserbau, Wasserkraftnutzung, Gewässerschutz, Wasserversorgung, Bewässerung und Entwässerung, Seenregulierung, Hochwasserschutz, Binnenschifffahrt, Energiewirtschaft, Lufthygiene. / Revue suisse spécialisée traitant de la législation sur l’utilisation des eaux, des constructions hydrauliques, de la mise en valeur des forces hydrauliques, de la protection des eaux, de l’irrigation et du drainage, de la régularisation de lacs, des corrections de cours d’eau et des endiguements de torrents, de la navigation intérieure, de l’économie énergétique et de l’hygiène de l’air.

Umweltfreundliche und effiziente Schlammentwässerung mit dem bewährten Geotube®-Verfahren

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Gegründet 1908. Vor 1976 «Wasser- und Energiewirtschaft». / Fondée 1908. Avant 1976 «Cours d’eau et énergie». Redaktion Roger Pfammatter (Pfa) Direktor des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV)

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Layout, Redaktionssekretariat und Anzeigenberatung Manuel Minder (Mmi) Französische Übersetzung Editorial und SWV-Jahresbericht Rolf T. Studer

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ISSN 0377-905X Verlag und Administration SWV · Rütistrasse 3a · CH-5401 Baden Tel. +41 56 222 50 69 · Fax +41 56 221 10 83 www.swv.ch · info@swv.ch roger.pfammatter@swv.ch manuel.minder@swv.ch Postcheckkonto Zürich: 80-1846-5 Mehrwertsteuer-Nr.: CHE-115.506.846 Inseratenverwaltung Manuel Minder SWV · Rütistrasse 3a · 5401 Baden Tel. +41 56 222 50 69 · Fax +41 56 221 10 83 manuel.minder@swv.ch

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«Wasser Energie Luft» ist offizielles Organ des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) und seiner Gruppen: Associazione Ticinese di Economia delle Acque, Verband Aare-Rheinwerke, Rheinverband und des Schweizerischen Talsperrenkomitees. Die publizierten Beiträge geben die Meinung der jeweiligen Autoren wieder. Diese muss sich nicht mit derjenigen der Redaktion oder der Verbände decken.

Infos unter: SWV «Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband» Rütistr. 3a · CH-5401 Baden Tel. 056 222 50 69 manuel.minder@swv.ch

Druck/Lektorat Binkert Buag AG Baslerstrasse 15 · CH-5080 Laufenburg Tel. +41 62 869 74 74 · Fax +41 62 869 74 80 «Wasser Energie Luft» wird mit Strom aus 100% Wasserkraft produziert und auf FSC-Papier gedruckt.

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