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Seeforellen in einer Restwasserstrecke der Kraftwerke Oberhasli AG, Foto: © Daniel Göz
19. September 2013
· Schwall/Sunk-Sanierungen Hasliaare (Teil 1) · Pumpspeicher Lagobianco · Monitoring und Erfolgskontrolle im Wasserbau
Nachhaltigen Strom erzeugen – mit Alstom STROMERZEUGUNG Alstom stellt sich zusammen mit seinen Partnern den Herausforderungen unserer Gesellschaft. Wir verringern den ökologischen Fussabdruck unserer Kunden, optimieren die Flexibilität und die Zuverlässigkeit ihrer Kraftwerke und senken die Kosten der Stromerzeugung.
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«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Editorial Von halbvollen und halbleeren Gläsern
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Roger Pfammatter Geschäftsführer SWV, Directeur ASAE
ie Schweiz verfügt über insgesamt 65 000 Kilometer Fliessgewässer. Von diesem Lebensraum sind gemäss Zahlen des Bundes 78% in morphologisch natürlichem oder naturnahem Zustand. Nun ist damit zwar nur ein Teil der relevanten Kriterien beschrieben. Aber das gute Resultat bezüglich Gewässerstruktur ist doch bemerkenswert für ein enges, dicht besiedeltes Land. Klar: man kann monieren, dass nicht alle Gewässer in naturnahem Zustand sind – und das halbleere Glas beklagen. Aber schliesslich leben wir nicht mehr im Mittelalter mit ein paar 100 000 Einwohnern, die in ärmlichen Verhältnissen wenig Ressourcen brauchten. Die Bevölkerung hat sich vervielfacht. Und diese muss sich ernähren, will würdig bis luxuriös wohnen und sich frei und oft motorisiert bewegen. Das braucht viel Land und Energie. Gefragt sind also wie eh und je gangbare Kompromisse zwischen angemessener Pflege der Gewässer und deren Nutzung. Nur wird das zunehmend schwieriger: nicht nur der Nutzungsdruck steigt, sondern auch der Anspruch unserer Wohlstandsgesellschaft an intakte Gewässer. Es braucht Augenmass
und viel Kompromissfähigkeit. Dass solche Kompromisse möglich sind, zeigen die vereinbarten Restwassersanierungen bei zwei der grössten Wasserkraftwerke der Schweiz: den Kraftwerken Oberhasli und den Kraftwerken Hinterrhein (vgl. dazu den Nachrichtenteil ab Seite 239 in diesem Heft). Die mit den Sanierungen einhergehenden Energieverluste sind zwar schmerzlich – vor allem in einer Zeit, in der die Schweiz um jede erneuerbare Kilowattstunde Strom ringt. Aber sie sind mit Augenmass erfolgt und damit als gelungen zu bezeichnen. Diese Vernunft gilt es auch bei den anstehenden, weitaus komplexeren Sanierungen von Abflussschwankungen aufzubringen (vgl. erster Teil der Artikelserie zur Hasliaare ab Seite 191 in diesem Heft). Dass der Erhalt des Gewässerlebensraumes und die Wasserkraftnutzung kein Widerspruch sein müssen, illustriert im Übrigen auf eindrückliche Weise das Titelbild zu diesem Heft: es zeigt ein Seeforellenpaar in einem für die Wasserkraft genutzten Fliessgewässer – und zwar vor der Sanierung. Das Glas ist also sicherlich eher halbvoll als halbleer.
Plutôt moitié plein qu’à moitié vide
La
Suisse dispose de 65 000 kilomètres de cours d’eau au total. D’après les chiffres de la Confédération, 78% de ces espaces vitaux sont dans un état morphologique naturel ou proche de la nature. Certes seule une partie des critères pertinents est ainsi décrit, mais ce bon résultat concernant la structure des cours d’eau est quand même remarquable pour un pays étroit et fortement peuplé. Il est clair que l’on peut déplorer le fait que pas tous nos cours d’eau ne se trouvent dans un état naturel – et se plaindre d’un verre à moitié vide. Néanmoins, nous ne vivons plus au Moyen-âge avec quelques centaines de milliers d’habitants aux moyens limités et nécessitant peu de ressources. La population s’est démultipliée. Elle doit se nourrir, veut habiter décemment voire dans le luxe, se déplacer librement et souvent motorisée. Cela demande beaucoup d’espace et d’énergie. Comme toujours, des compromis praticables sont demandés. Mais cela devient de plus en plus difficile: non seulement la pression d’utilisation augmente, mais également les exigences de notre société en matière de protection de l’environnement. Néanmoins, de tels compromis sont possibles,
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
comme le montre l’assainissement réussi des débits résiduels pour deux des plus aménagements centrales hydroélectriques en Suisse: les centrales d’Oberhasli et de Hinterrhein (cf. les contributions à partir de la page 239 de ce numéro). Les pertes énergétiques allant de pair avec ces assainissements sont certes navrantes – surtout au moment où la Suisse lutte pour chaque nouveau kilowattheure d’électricité. Mais les assainissement se sont déroulés avec la clairvoyance de tous les participants et peuvent donc être qualifiés de réussis. Ce bon sens doit aussi valoir pour les assainissements en cours et de loin plus complexes comme par example des fluctuations d’écoulement (cf. première partie de la série d’articles sur la Hasliaare dès la page 191). La conservation de l’espace naturel et l’utilisation de la force hydraulique ne sont pas nécessairement contradictoires, comme l’image de titre de ce numéro l’illustre de manière impressionnante. Elle montre un couple de truite lacustre dans des eaux utilisées pour la force hydraulique – et ce, avant l’assainissement. Le verre est alors certainement plutôt moitié plein qu’à moitié vide.
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Inhalt 173
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Pumpspeicherkraftwerk Lagobianco: Projekt, Erhöhung der Staumauern und Marktumfeld Dominik Peyer, Markus Schmidmeister, Luciano Lardi, Sabrina Schellenberg
Einfluss von Pumpspeichersequenzen auf die Strömungsverhältnisse und das Absetzverhalten von Feinsedimenten in Stauseen Michael Müller, Giovanni De Cesare, Anton Schleiss 175
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Schwall/Sunk-Sanierung in der Hasliaare – Phase 1a: Gewässerökologische Bestandsaufnahme Steffen Schweizer, Stephanie Schmidlin, Diego Tonolla, Peter Büsser, Matthias Meyer, Judith Monney, Sandro Schläppi, Kurt Wächter
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Schwall/Sunk-Sanierung in der Hasliaare – Phase 1b: Ökologische Bewertung des Ist-Zustands anhand der 12 Indikatoren der aktuellen BAFU-Vollzugshilfe Steffen Schweizer, Stephanie Schmidlin, Diego Tonolla, Peter Büsser, Matthias Meyer, Judith Monney, Sandro Schläppi, Matthias Schneider, Jeff Tuhtan, Kurt Wächter
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Monitoring und Erfolgskontrolle im Wasserbau – wie viel Kontrolle braucht es und für was? Bruno Käufeler
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Erfolgskontrolle Hochwasserschutz Alt St. Johann – Unterwasser Remo Solèr, Ueli Schällibaum, Jürg Marthy, Ralph Brändl
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«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Inhalt
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Gefahrenhinweiskarte Überflutung des Kantons Bern Peter Mani, Serena Liener, Ursin Caduff, Heinz P. Roth
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Kleinwasserkraftwerkstudie Kitogota, Tansania David Rothweiler, David Arnold, Robin Schwab, Annette Ziller, Robert M. Boes
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Photovoltaikanlagen an Lawinenverbauungen – Wahrnehmung und Akzeptanz verschiedener Bevölkerungsgruppen Carmen Graf, Matthias Buchecker
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Nachrichten Politik Wasserkreislauf/Wasserwirtschaft Wasserkraftnutzung Gewässer/Revitalisierung Energiewirtschaft Klima Rückblick/Veranstaltungen Veranstaltungen Agenda Personen Literatur
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Stellenangebot
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Branchen-Adressen
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Impressum
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«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
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Gemeinsam halten Sie sich über Wasser. Wasser kennt keine Grenzen, insbesondere wenn es in Massen kommt. Lösungen gegen Hochwasser, die zusammen mit Ihrer Nachbargemeinde umgesetzt werden, sind oft wirksamer. Kooperationen sind auch bei der Wasserversorgung, beim Abwasser oder bei der Revitalisierung von Gewässern von Nutzen. Weshalb sie sich lohnen und wie Sie vorgehen können, der2013, Wasserkompass VI «Wasser Energie Luft» – 105.zeigt Jahrgang, Heft 3, CH-5401 Baden für Gemeinden. Bestellen Sie ihn unter www.wasser2013.ch
Pumpspeicher-Kraftwerk Lagobianco: Projekt, Erhöhung der Staumauern und Marktumfeld Dominik Peyer, Markus Schmidmeister, Luciano Lardi, Sabrina Schellenberg
1. Zusammenfassung Das Projekt umfasst die Nutzung der Wasserkraf im ganzen Puschlav, d.h. von der Berninapasshöhe bis zur Landesgrenze mit Italien in Campocologno. Dazu gehört einerseits der Weiterbetrieb der neu zu konzessionierenden, bestehenden Anlagen und andererseits, als Hauptbestandteil des Projekts, der Bau eines neuen PumpspeicherKraftwerks. Bei Letzterem werden die zwei bestehenden Seen, der Lago Bianco und der Lago di Poschiavo, über einen 18 km langen Druckstollen und einen 2.5 km langen Druckschacht zu einem hydraulischem System verbunden. Die Kraftwerkszentrale mit einer installierten Leistung von 1000 Megawatt wird am Ufer des Lago di Poschiavo im Berginnern erstellt. Für die neue Anlage wird das Nutzvolumen im oberen Becken von 18 auf 26 Millionen m3 vergrössert. Dazu wird das Stauziel im Lago Bianco um 4.35 m angehoben und die bestehenden Staumauern im Norden und Süden entsprechend erhöht. Die Erhöhung der Nordmauer wird in Form eines gezonten Schüttdamms mit einem Betonkern, erhalten aus der Aufbetonierung der bestehenden Mauerkrone, erstellt. Die Südmauer wird durch eine wasserseitige Betonverstärkung und durch die Aufbetonierung der heutigen Krone um 3.5 m erhöht. Im vorliegenden Beitrag werden das Projekt Lagobianco im allgemeinen vorgestellt, die Teilprojekte für die Erhöhung der zwei bestehenden Staumauern präsentiert sowie Gedanken zum aktuellen energiewirtschaftlichen Umfeld dargelegt.
Die Tradition der Wasserkraftnutzung wird fortgesetzt Die Stromproduktion mit Wasserkraft hat im Puschlav eine lange Tradition. Seit 1907 wird das Wasser im Lago di Poschiavo gefasst und über einen Stollen und eine offen verlegte Druckleitung dem Kraftwerk Campocologno zugeführt. Diese erste Wasserkraftanlage im südlichen Teil des Tals war bei ihrer Inbetriebnahme das grösste Hochdruck-Kraftwerk in Europa. Etwas später wurde auch das Wasser aus dem Einzugsgebiet des Lago Bianco zur Stromproduktion genutzt, wobei bis zum Jahr 1927 die drei Kraftwerkstufen Palü, Cavaglia und Robbia entstanden. Schliesslich wurde die gesamte Kaskade 1950 mit dem Kleinwasser-Kraftwerk Campocologno II ergänzt, welches das Turbinenwasser von Campocologno I und das Gefälle bis zur Landesgrenze nutzt.
Bild 1. Das Projekt Lagobianco auf einen Blick. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
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Die Tradition der Wasserkraftnutzung soll im Puschlav mit dem Projekt Lagobianco fortgesetzt werden. Das Hauptelement des Projekts besteht im Bau eines neuen 1000-Megawatt-Pumpspeicherwerks. Dieses nutzt bereits bestehende Seen: als oberen Speicher den Lago Bianco auf dem Berninapass (aktuelles Stauziel 2234.65 m ü. M.) und als unteren Speicher den im Talboden gelegenen Lago di Poschiavo (aktuelles Stauziel 962.40 m ü. M), wobei die Kapazität des Lago Bianco erhöht wird. Beide Speicher werden auf der rechten Talseite des Puschlavs durch einen ca. 18 km langen Druckstollen und einen ca. 2.5 km langen Druckschacht hydraulisch zusammengeschlossen. Das Herzstück des Pumpspeicher-Kraftwerks, die Zentrale, entsteht beim Lago di Poschiavo als Kavernenzentrale. Die Instandstellung und der Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen ist der zweite Bestandteil des Projekts Lagobianco. Das geplante Pumpspeicherkraftwerk erlaubt es, in Zeiten von Stromüberschuss Wasser vom Lago di Poschiavo 1275 m nach oben in den Speicher Lago Bianco zu pumpen. Hier wird das Wasser gespeichert und genau dann wieder Richtung Lago di Poschiavo geleitet und in der Zentrale turbiniert, wenn Strom benötigt wird.
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2.
Die wichtigsten Projekt bestandteile Das Pumpspeicherkraftwerk Lagobianco besteht im Wesentlichen aus folgenden Elementen: 2.1.
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Pumpspeicherkraftwerk zwischen Lago Bianco und Lago di Poschiavo Erhöhung der beiden Staumauern am Lago Bianco Um das Nutzvolumen des Lago Bianco um ca. 8 Mio. m3 (von heute 18 auf 26 Mio. m3) zu erhöhen muss das Stauziel um ca. 4.35 m angehoben werden; dazu werden die beiden Staumauern am Nord- und Südende des Sees entsprechend erhöht. Dieser Projektbestandteil wird im nächsten Kapitel des vorliegenden Artikels eingehend behandelt. Ein- und Auslaufbauwerk Lago Bianco (EAB LB) und Einlaufstollen Im Norden des Lago Bianco, in seinem tiefsten Bereich, wird das Bauwerk zur Wasserentnahme und -rückgabe erstellt. Über den Einlaufstollen wird dieses, gesteuert durch eine Schütze
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in der Apparatekammer Cambrena, mit dem Druckstollen verbunden. Apparatekammer Cambrena Erschlossen durch einen ca. 600 m langen Zugangsstollen befinden sich in der Apparatekammer Sicherheitseinrichtungen zum Abschluss des Druckstollens. Sie verhindern, dass der See im Falle eines Bruchs oder sonstiger Unregelmässigkeiten im Druckstollen ausläuft. Druckstollen Lago Bianco–Motta da Torn/Wasserfassungen Der Druckstollen verläuft auf der rechten Talseite des Puschlavs auf einer Höhe zwischen ca. 2200 und ca. 2075 m ü. M. Er ist 18 km lang und weist im Endausbau einen Innendurchmesser von 6.4 m auf. Der Druckstollen wird im Norden durch die Sicherheitsschütze in der Apparatekammer Cambrena, am Südende durch die Drosselklappe in der Apparatekammer Motta da Torn abgeschlossen. Zusätzlich zu den Zugangsstollen an beiden Extremitäten des Druckstollens sind weitere Zwischenzugänge geplant. Mittels einer Wasserfassung im PalüGletschersee sowie im Seitenbach Acqua da Cancian wird dem System zusätzliches Wasser zugeführt. Apparatekammer Motta da Torn/Wasserschloss Im Bereich der Apparatekammer Motta da Torn am südlichen Ende des Druckstollens erfolgt der Übergang vom betonverkleideten Druckstollen in den gepanzerten Druckschacht. Hier sorgt eine Drosselklappe für Sicherheit gegen Auslaufen des Druckstollens im Fall einer Leckage im Druckschacht zwischen dem Wasserschloss und der Zentrale. Kurz oberhalb der Apparatekammer Motta da Torn ist das höherliegende Wasserschloss angeordnet, worin Druckschwankungen, verursacht durch Durchflussänderungen im hydraulischen System, ausgeglichen werden. Druckschacht Motta da Torn–Lago di Poschiavo (Schrägschacht) Der gepanzerte Druckschacht mit einem variablen Innendurchmesser von 4.2 bis 3.8 m und einem Ausbruchsdurchmesser von 5.5 m führt, im oberen Teil mit einem Gefälle von 70%, im unteren Bereich von 10%, von der Apparatekammer in Motta da Torn zur Kraftwerkszentrale Camp Martin am Lago di Poschiavo. Er ist insgesamt rund 2.5 km lang und überwindet einen Höhenunterschied von über
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1100 m. Ein Zugangsstollen auf halber Höhe in Torn erlaubt den 70% geneigten Teil des Druckschachtes in zwei Abschnitte aufzuteilen, wodurch die Montagearbeiten der Panzerung auf zwei Fronten rascher erfolgen können. Kraftwerkszentrale Camp Martin, bestehend aus Trafo- und Maschinenkaverne Die Kraftwerkszentrale wird in Camp Martin am Lago di Poschiavo im Berginnern erstellt. In der Trafokaverne sind sechs Maschinentransformatoren untergebracht. In der Maschinenkaverne stehen sechs ternäre Maschinensätze. Diese bestehen aus Peltonturbine, Synchron- Motorgenerator, Wandler und einer Speicherpumpe. Diese Auslegung der Maschinengruppen erlaubt in kurzer Zeit einen Übergang zwischen Turbinen- und Pumpbetrieb, womit eine hohe Flexibilität des Pumpspeicher-Kraftwerks gewährleistet ist. Ein- und Auslaufbauwerk am Lago di Poschiavo (EAB LdP) Das Ein- und Auslaufbauwerk am Lago di Poschiavo ist in einer steilen Felsuferwand, ca. 250 m nördlich von Camp Martin angeordnet und besteht aus zwei, ca. 30 m voneinander entfernten Bauteilen. Durch die aus seeökologischen Gründen geforderte Tiefenlage von 925 m ü.M. (d.h. rund 30 m unter dem Senkziel) stellt dieses Bauwerk ausführungstechnisch eine grosse Herausforderung dar. Energiezu- und -ableitung, Netzanschluss Die Anbindung ans 380 kV-Netz erfolgt über ein Unterwerk, welches im Gebiet Golbia unterhalb Miralago vorgesehen ist. Zwischen Golbia und der Kraftwerkszentrale in Camp Martin wird die Energie in einem unterirdisch verlegten Kabelrohrblock von ca. 1.7 km Länge übertragen.
2.2.
Instandstellung und Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen Neben dem geplanten Pumpspeicherkraftwerk bildet die Instandstellung und der Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen das zweite wichtige Element des Projektes Lagobianco. Nach Inbetriebnahme des Pumpspeicherkraftwerks Lagobianco wird das Kraftwerk Palü stillgelegt, da das Wasser aus dem Einzugsgebiet des Lago Bianco über Druckstollen und Druckschacht di-
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
rekt in der Zentrale Camp Martin turbiniert wird. Die Kraftwerke Cavaglia, Robbia sowie Campocologno I und II werden dagegen auch nach dem Bau der neuen Anlage weiterbetrieben. Dazu sind, bedingt auch durch die Neukonzessionierung dieser Anlagen, verschiedene Massnahmen geplant: • Umbau der bestehenden Wasserfassungen Die Wasserfassungen Braita, Salva und Puntalta im oberen Puschlav sowie im Lago di Poschiavo und am Saent im unteren Puschlav werden gemäss den neuen ökologischen und technischen Anforderungen (Restwasserabgabe) umgebaut und saniert. • Sanierung sowie Ausbau und Ersatz des Triebwassersystems des Kraftwerkes Robbia Die Asciali-Leitung, welche das gefasste Wasser der Fassungen Salva (Campobach) und Braita (Poschiavino) nach Puntalta (und Robbia) leitet, wird gemäss umwelttechnischen und wirtschaftlichen Kriterien ausgebaut und saniert. Zusätzlich wird die Druckleitung von Puntalta nach Robbia saniert. Weitere Projektbestandteile: • Dotiersee Miralago, Wasserfassung und Kleinwasser-Kraftwerk Crodalöc Am Südende des Lago di Poschiavo, bei Miralago, ist ein Dotiersee geplant, welcher die Gewässervernetzung zwischen dem See und dem Unterlauf des
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Poschiavino sicherstellen soll. Im Crodalöc-Bach wird Wasser gefasst, in einem Kleinwasser-Kraftwerk nördlich von Miralago genutzt und anschliessend zur Speisung des Dotiersees verwendet. Eine unterirdische Leitung ermöglicht einen gesteuerten Seeauslauf bei drohenden Überläufen des Lago di Poschiavo. Sie vermeidet konzentrierte Hochwasserabflüsse im Unterlauf des Poschiavino und stellt somit die Seebewirtschaftung sicher. Lago Botul, Revitalisierungen des Poschiavino, übrige Ersatzmassnahmen Zum Projekt Lagobianco gehören auch verschiedene Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen. So entsteht am Nordende des Lago di Poschiavo mit dem Lago Botul ein Satellitensee, welcher von Seespiegelschwankungen befreit ist und somit einen wichtigen Lebensraum für Flora und Fauna darstellt. Ausserdem sind verschiedene Revitalisierungen am Talfluss Poschiavino sowie weitere Ersatzmassnahmen vorgesehen.
3.
Erhöhung des Nutzvolumens des Lago Bianco Die Vergrösserung des Nutzvolumens des oberen Speichers des geplanten Pumpspeicherkraftwerks stellt einen wichtigen und landschaftsprägenden Bestandteil des Projekts Lagobianco (vgl. vorhergehender Abschnitt) dar und ist für den Be-
trieb der künftigen Anlage von grosser Bedeutung. Bestehende Stauanlage Der Lago Bianco befindet sich auf dem Berninapass auf der Wasserscheide zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer auf über 2200 m ü. M. Zwischen 1910 und 1912 wurden die beiden natürlichen Berninaseen durch zwei aus Zyklopenbeton und Bruchsteinen errichteten Gewichtsmauern Nord und Süd zum heutigen Lago Bianco zusammengeführt und aufgestaut. In den Jahren 1941/42 erfolgte eine erste Erhöhung der beiden Staumauern um rund 4 m auf das heutige Niveau. Der zur Energieproduktion genutzte Saisonspeicher weist beim Stauziel von 2234.65 m ü. M. einen Nutzinhalt von 18 Mio. m3 auf. Die in drei Bogen gegliederte Nordmauer hat eine maximale Höhe von 13 m und eine Kronenlänge von 290 m (Bild 2). Im Süden wird der Lago Bianco durch eine bogenförmige, 26 m hohe Gewichtsmauer mit einer Kronenlänge von 190 m begrenzt. Die als freier Stirnüberfall konzipierte Hochwasserentlastung befindet sich im östlichen Mauerbereich der Südmauer. Die Hochwasserentlastung erfolgt über die luftseitige Sammelrinne in eine kurze, getreppte Steilrinne, welche sich anschliessend mit dem Grundablassstollen vereinigt. Luftseitig waren die Mauern ursprünglich mit Granitsteinquadern verkleidet (Bild 3).
1. Granitsteinverkleidete Gewichtsmauer, 2. Stirnüberfall, 3. Sammelrinne, 4. Mittelauslass, 5. Getreppte Steilrinne, 6. Stollen HWE/Grundablass, 7. Grundablassstollen, 8. Belüftungsturm, 9. Treppenhaus zum Sohlgang, 10. Wärterhaus, 11. Rhätische Bahn (RhB).
Bild 2. Nordmauer, Wasserseite. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Bild 3. Südmauer, Vogelperspektive. 175
Das Auftreten einer ausgeprägten Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR) führte bei beiden Staumauern in den Jahren 2000/02 zu umfangreichen Sanierungsarbeiten mit dem Ziel, die geschädigte Struktur zu ersetzen und weiteres Eindringen von Wasser in den Mauerbeton und damit ein Fortschreiten der AAR zu verhindern. Die Staumauer Nord wurde dabei auf den oberen 5.25 m abgebrochen und durch abgefugte Betonblöcke mit einer Länge von rund 14.3 m neu aufgebaut und die Fugen wasserseitig mit einem Anstrich aus Flüssigkunststoff versehen. Die Südmauer wurde auf der Wasserseite vollflächig bis auf Höhe der gleichzeitig neu aufgesetzten Kronenplatte mit einer Flüssigfolie abgedichtet. Mit den getroffenen Massnahmen wird ein Fortschreiten der AAR erfolgreich verhindert. 3.1.
Allgemeine Projektbedingungen Zur Vergrösserung des Nutzvolumens von 18 auf 26 Mio. m3 wird das Stauziel im Lago Bianco um 4.35 m auf 2239.0 m ü. M. angehoben, die Nord- und Südmauer entsprechend erhöht. Das Beziehungsnetz aus Technik, Sicherheit, Ökonomie, Ökologie, Landschaft und Ästhetik stellte bei der Projektierung eine wesentliche Herausforderung dar. Aufgrund der Lage des Projekts in einer ökologisch sensiblen, hochalpinen Region in einer national geschützten Landschaft (BLN) und durch das Angrenzen an die zum Unesco-Weltkulturerbe gehörende Bernina-Linie der Rhätischen Bahn (RhB) werden neben den technischen auch sehr hohe Anforderungen betreffend die Gestaltung der Bauwerke gestellt. Zudem mussten die Belange von Naturund Landschaftsschutz sowie denkmalpflegerische Aspekte berücksichtigt werden. Die Projektierung erfolgte deshalb in enger Zusammenarbeit mit einem Architektenteam und Fachspezialisten in Umwelt- und Landschaftsfragen. So konnten insbesondere auch im Hinblick auf die Bewilligungsfähigkeit sämtliche Anliegen optimal berücksichtigt werden. Die projektierten Sperren repräsentieren somit zwei gute Beispiele für eine gelungene, angepasste Auslegung im Talsperrenbau. 3.2.
Für die Dammschüttung kann das als Betonzuschlagsstoff ungeeignete, aufgearbeitete TBM-Material verwendet werden. Dies ist ökonomisch vorteilhaft und reduziert gleichzeitig den Flächenverbrauch für Materialdeponien, wodurch sich lange Transportwege und Umweltimmissionen vermeiden lassen. Geometrie und Gestaltung Die luftseitige Dammböschung wird mit einer Neigung von 2:3 möglichst steil ausgebildet; dies aufgrund der geometrischen Randbedingungen, die aus der gegebenen Lage des Betonkerns und dem luftseitig angrenzenden, geschützten Flachmoor Lej Nair hervorgehen, in welches der Böschungsfuss nicht vordringen darf. Hauptsächlich aus gestalterischen Gründen wird die wasserseitige Böschung mit einer Neigung von 1:2 (oberhalb der Berme) bis 1:3 (unterhalb der Berme) sowie die Breite der Dammkrone mit 8–12 m grosszügig gestaltet. Die Berme,
Bild 4. Aufbau des gezonten Schüttdamms.
Erhöhung der Staumauer Lago Bianco Nord
Projekt Für die Erhöhung der Nordmauer hat sich die Erstellung eines gezonten Schüttdamms mit innenliegendem Dichtungskern aus Beton als beste Alternative her176
auskristallisiert. Ausschlaggebend für die Wahl eines Damms anstelle der Gewichtsmauer ist insbesondere die hohe Verfügbarkeit von Schüttmaterial zur Erstellung des wasser- und luftseitigen Stützkörpers. Diese sollen mit Ausbruchmaterial erstellt werden, das beim TBM-Vortrieb des neuen Triebwasserwegs in unmittelbarer Nähe zum Einbaustandort anfällt. Nicht zuletzt ist die Wahl des Sperrentyps aber auch motiviert durch die landschaftliche Aufwertung des Standorts dank einer sorgfältigen Einpassung des Bauwerks, welche somit auch Zustimmung der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) fand. Vorrangig sind dabei natürlich die (sicherheits-) technischen Anforderungen an das Dammbauwerk, also insbesondere die geometrischen Minimalbedingungen der Stützkörper zur Gewährleistung der Stabilität. Basierend auf den Mindestabmessungen der Stützkörper konnte eine ästhetische, in die Landschaft passende Sichelform entwickelt werden.
Tabelle 1. Schüttvolumen. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Bild 5. Umhüllende Kornverteilungskurven TBM-Ausbruchmaterial (B-I-G, Büro für Ingenieurgeologie AG, Gümligen).
Bild 7. Typisches Querprofil durch die Südmauer mit Hochwasserentlastungsanlage.
einer erheblichen Belastung ausgesetzt ist. Aufbau des gezonten Schüttdamms Der Damm weist im Wesentlichen fünf unterschiedliche Materialzonen mit unterschiedlichen Funktionen auf (Bild 4). Das gesamte Schüttvolumen (ohne Beton) beträgt rund 135 000 m3.
Bild 6. Typisches Querprofil durch die Südmauer. welche knapp über dem heutigen Stauziel auf 2235.0 m ü. M. erstellt wird, gewährleistet eine durch den Dammbau unbehinderte Zufahrt zum Cambrena-Delta, wo sich das Stollenportal, die Materialbewirtschaftungsstelle, die Materialzwischenlager, die Betonanlage und der TBM-Installationsplatz befinden. Als optisches Element markiert die Berme gleichzeitig den Übergang von geometrisch definierter zu natürlich gestalteter Dammböschung. Neben dem optischen Gewinn bringen eine Berme und eine flachere Böschung auch Vorteile in Bezug auf die Materialanforderungen zur Gewährleistung der Stabilität des Stützkörpers, der durch die schnellen Wasserspiegeländerungen im Pumpspeicherbetrieb
Beurteilung des Dammschüttmaterials Mit dem gewählten Baukonzept fällt das für die Dammschüttung verwendete Material erst während des Vortriebs des Triebwasserwegs an. Eine frühzeitige Analyse der Eigenschaften des Dammschüttmaterials wie Reibungswinkel, Kornverteilung, Kornform, Verdichtbarkeit usw. ist somit nicht möglich. Diese Parameter hängen mitunter von den Felseigenschaften, dem Anpressdruck sowie vom Abstand der TBM-Disken ab. Für Stabilitätsberechnungen können gesammelte Erfahrungswerte von Ausbruchmaterial im TBM-Vortrieb bei anderen Projekten herangezogen werden. Diese erlauben die Annahme eines Reibungswinkels von etwa 36°. Bild 5 zeigt die umhüllende, verschiedener Sieblinien von rohem TBM-Ausbruchmaterial (Gneis oder Granit) im Vergleich mit einer mittleren Kornverteilungskurve eines nach USCS GW-GM/GP-GM klassifizierten Bodens (SN 670 010b). Bekannte Probleme im Zusammenhang mit der Verwendung von TBMAusbruchmaterial für die Dammschüttung sind aus Sicht des Umweltschutzes die Verunreinigung des Materials durch Öl, Fett, Treibstoff oder Schlamm aus der Tunnelentwässerung. Diese muss in der Ausführung durch geeignete Massnahmen möglichst minimiert werden. Überwachung und Instrumentierung Zur Kontrolle des Porenwasserdrucks
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werden im luftseitigen Stützkörper Piezometer versetzt. Das in der Sickerwasserleitung entlang des Böschungsfusses anfallende Sickerwasser wird Schächten in lokalen Tiefpunkten zugeführt und kann dort gemessen und optisch beurteilt werden. Deformationen des Dammkörpers werden mittels geodätischer Vermessung überwacht. Auf der Dammkrone und den Böschungen sind dazu Schächte mit Messbolzen vorgesehen. 3.3.
Erhöhung der Staumauer Lago Bianco Süd
Projekt Während der Nordmauer historisch keine besondere Bedeutung zukommt, ist die Südmauer mit ihrer charakteristischen, luftseitigen Bruchsteinverkleidung aus Granit und dem Belüftungsturm im Objektinventar der kantonalen Denkmalpflege aufgeführt. Dies war unter anderem mit ein Grund, die Südmauer durch eine Betonverstärkung auf der Wasserseite und mittels Aufbetonieren der Krone um 3.5 m zu erhöhen, siehe Bild 6. Der typische Eindruck wird durch die Verfüllung und Verkleidung der Bögen am Mauerfuss und der Verkleidung der Krone mit Granitquadern beibehalten. Das gesamte für die Erhöhung erforderliche Betonvolumen beträgt etwa 20 000 m3. Im Endzustand wird ein möglichst monolithisches Verhalten des zusammengesetzten Mauerquerschnitts angestrebt. Dies zu erreichen erfordert den kompletten Abtrag des 2001 wasserseitig aufgebrachten Dichtungsanstrichs mittels Wasserhochdruck, womit gleichzeitig die Betonoberfläche aufgeraut wird. Zusätzlich sorgt ein dichtes Raster aus Verbundankern für einen guten Schubverbund von bestehender und neuer Struk177
Bild 8. Südmauer, Ist-Zustand.
Bild 9. Südmauer, Projektzustand.
Bild 10. Schematische Darstellung des Ablaufsystems beim Bemessungshochwasser. tur. Über die gesamte Mauerlänge wird auf Höhe der heutigen Krone eine Galerie angeordnet. Die dort liegenden Instrumentenablesestellen zur Mauerüberwachung sind damit weiterhin unverändert und unabhängig von Witterungseinflüssen zugänglich. Infolge des zukünftig höheren Wasserspiegels sind im östlichen Mauerbereich Massnahmen zur Vermeidung von Umläufigkeiten erforderlich. Aus diesem Grund wird nordöstlich der Hauptsperre eine kleine Betonmauer als Nebensperre (Länge: 16 m, Höhe: 8 m) erstellt und die Hauptsperre ostwärts verlängert. Die Kronengalerie wird dabei als Winterzugang zum neuen Ein-/Ausstieg bei der RhB weitergeführt und übernimmt gleichzeitig die Funktion der Abdichtung. Aus landschaftlichen Gründen wird vorgesehen, den Winterzugang, die Nebensperre sowie Relikte/Terraineingriffe aus früherer Bauzeit (Wege, Gebäude) durch eine Geländegestaltung zu überdecken. Im Rahmen der Neugestaltung der Hochwasserentlastung werden auch die heute offenlie178
genden, luftseitigen Ablaufrinnen mit der Geländegestaltung zugedeckt. Die Geländegestaltung ermöglicht auf diese Weise eine Renaturierung und somit eine landschaftliche und ökologische Aufwertung des Gebiets. Gleichzeitig kann auch hier ein Teil des Ausbruchmaterials, das beim Vortrieb des Triebwasserwegs anfällt, verwertet werden. Hochwasserentlastung und Hochwassersicherheit Die Hochwasserentlastung (HWE) ermöglicht das sichere Ableiten von Bemessungs- und Sicherheitshochwasser. Unter dieser Voraussetzung wurde eine Lösung zur Umgestaltung der HWE entwickelt, die auch den hohen architektonischen Anforderungen an das Projekt gerecht wird. Das neue Bauwerk besteht aus einem in den Mauerquerschnitt integrierten, wasserseitigen Stirnüberfall mit Sammelkanal (Länge: 38 m) mit Anschluss an den bestehenden Mauerdurchlass. Die getreppte Ablaufrinne wird abgebrochen
und in der gleichen Linienführung ohne Treppen mit einem geschlossenen Rechteckquerschnitt aus Stahlbeton neu erstellt und schliesst an den durch das Projekt unveränderten Auslaufstollen an. Der Abfluss im Fall des Bemessungshochwassers (HQ1000) von ca. 50 m3/s wird durch das gesamte Ableitsystem im Freispiegel entlastet. Beim Sicherheitshochwasser ist der Abfluss mit 125 m3/s rund 2.5-mal grösser als beim Bemessungshochwasser. Dies weil die Grösse des Sicherheitshochwassers nicht auf dem Bemessungshochwasser basiert, sondern anhand einer Niederschlags-Abfluss-Beziehung aus dem maximal möglichen Niederschlag (PMP) im Projektgebiet hergeleitet wurde (siehe dazu: Basisdokument zum Nachweis der Hochwassersicherheit, Bundesamt für Energie BFE, Juni 2008). Im Fall des Sicherheitshochwassers gerät das Ablaufsystem unter Druck, wobei der gesamte Abfluss jedoch ohne die Kronenkote (= Gefahrenkote) zu erreichen, entlastet
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werden kann. Die Mauerkrone der Südmauer liegt auf 2240.5 m ü. M. Die Dammkrone im Norden liegt 0.5 m höher auf 2241.0 m ü. M., womit ein Überströmen des Norddamms praktisch ausgeschlossen werden kann. Der Dichtungskern des Norddamms erreicht mindestens die Höhe der Krone der Südmauer. Damit wird gewährleistet, dass sich auch beim Sicherheitshochwasser beim neuen Norddamm keine gefährliche Sickerströmung im luftseitigen Stützkörper einstellt. Überwachung und Instrumentierung Die Mauer ist mit Extensometern, Piezometern, Thermometern, Jointmetern und einem Drainagewasser-Messsystem ausgerüstet. Mittels Felsdrainagen wird der Auftriebsdruck in der Fundation unterwasserseitig des Dichtungsschleiers reduziert. Zur Verbesserung der Überwachung der radialen und tangentialen Deformationen wird im höchsten Mauerquerschnitt zudem ein Umkehrpendel installiert, dessen Fixpunkt etwa in 12 m Tiefe unter der Fundation liegt. Für die regelmässige geodätische Überwachung werden auf der Krone in jedem Mauerblock Messbolzen versetzt. 4.
Ein Blick auf das Umfeld und die Aussichten Vor der Inangriffnahme der dargelegten Arbeiten zur Erhöhung des Nutzvolumens des Lago Bianco gilt es, das Gesamtprojekt in allen Bereichen voranzutreiben. Dabei ist auch ein Ausblick auf das momentane energetische Umfeld in Europa angebracht. Dieses bringt grosse Herausforderungen für Projekte wie Lagobianco mit sich. Die aktuellen Fördermodelle führen dazu, dass Strom aus erneuerbaren Quellen über Abgaben und Steuern finanziert wird. Als Folge davon kommt es zu Markt-
verzerrungen, der Strompreis sinkt und die Wirtschaftlichkeit von Anlagen, welche nicht von den Fördermodellen profitieren, wird infrage gestellt. Gleichzeitig führt die vermehrte Förderung insbesondere von Sonnen- und Windstrom zu einer Veränderung der Preiskurve, und der klassische Unterschied zwischen «Peak» und «Base» verschwindet. Damit verändert sich auch das Einsatzschema von PumpspeicherKraftwerken. Wurde früher nachts bei niedrigem Verbrauch mit günstigem Strom gepumpt und tagsüber, bei grosser Nachfrage und somit hohen Preisen turbiniert, so entscheidet heute die Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Quellen über den Strompreis und dadurch den Einsatz von Pumpspeicherwerken. Wenn bei Sonnenschein und Wind ein Überschuss an Strom entsteht, kann zu günstigen Preisen gepumpt werden. Umgekehrt läuft das Kraftwerk im Turbinierbetrieb, wenn die Produktion aus Wind- und Photovoltaikanlagen wegen ungünstigen meteorologischen Verhältnissen plötzlich wegfällt und die Strompreise dadurch in die Höhe klettern. Dieser Einsatz der Pumpspeicherwerke ist jedoch nicht nur für einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb relevant – er macht sie auch zu einem essenziellen Baustein der Energiezukunft: denn damit eine Stromversorgung, in der die Produktion vermehrt aus nicht programmierbaren Quellen anfällt, funktionieren kann, braucht es Speicher. Wie «Batterien» müssen diese Strom aus Photovoltaik- und Windanlagen in nachfrageschwachen Stunden aufnehmen, zwischenspeichern und dann wieder freigeben, wenn er tatsächlich benötigt wird. Pumpspeicherwerke übernehmen genau diese Funktion und sind die am Besten bekannte, weitverbreitetste und wirtschaftlichste Speicherform. Im Energiesystem der Zukunft kommt diesen Anlagen auch eine weitere wichtige Aufgabe zu: dadurch,
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dass sie überschüssigen Strom aufnehmen und diesen in Stunden schwacher Produktion wieder einspeisen können, leisten sie einen bedeutenden Beitrag zur Netzstabilität und somit zur Versorgungssicherheit. Damit kann auch die Rolle der Schweiz als Stromdrehscheibe Europas gefestigt werden. Dieser Rund- und Ausblick bestätigt die grosse Bedeutung von Anlagen, wie dem im Projekt Lagobianco vorgesehenen Pumpspeicherwerk. Wenn auch die momentanen Marktverhältnisse sehr schwierig sind, so werden solche Anlagen für eine zuverlässige Stromversorgung immer wichtiger. Aus diesem Grund ist auch davon auszugehen, dass sich entweder das Marktumfeld wieder normalisieren wird oder aber weitere, neuartige Fördermechanismen eingeführt werden, sodass ein wirtschaftlicher Betrieb von Pumpspeicherwerken sichergestellt ist. Aus dieser Überzeugung werden die Arbeiten am Projekt Lagobianco in allen Bereichen vorangetrieben. Anschrift der Verfasser Dominik Peyer, AF-Consult Switzerland AG, CH-5405 Baden, dominik.peyer@afconsult Markus Schmidmeister, AF-Consult Switzerland AG, CH-5405 Baden, markus.schmidmeister@afconsult.com Luciano Lardi Lagobianco SA, CH-7742 Poschiavo luciano.lardi@repower.com Sabrina Schellenberg Lagobianco SA, CH-7742 Poschiavo sabrina.schellenberg@repower.com Im Projekt involvierte Fachspezialisten: Architekten: Aurelio Galfetti, Giacomo Zamboni CH-6900 Massagno Umwelt/Landschaft: ecowert gmbh, CH-7013 Domat/Ems Nina von Albertini, CH-7417 Paspels
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Einfluss von Pumpspeichersequenzen auf die Strömungsverhältnisse und das Absetzverhalten von Feinsedimenten in Stauseen Michael Müller, Giovanni De Cesare, Anton Schleiss
Zusammenfassung Die nachhaltige Nutzung von Speicherseen wird zunehmend durch die Verlandung bedroht. Dabei stellt sich die Frage, wie der Pumpspeicherbetrieb den Verlandungsprozess in den oberen und unteren Staubecken beeinflusst. In der vorliegenden Studie wurde erstmals untersucht, ob Feinsedimente nach deren Eintrag in den Stausee im Bereich der Wasserfassung durch die von Pumpspeichersequenzen erzeugte Turbulenz in Suspension gehalten werden können. Falls sich die Partikel langsamer absetzen, könnten sie allenfalls durch das Triebwassersystem aus dem unteren Staubecken abturbiniert werden. Prototypmessungen sowie Laborversuche zeigen, dass Pumpspeichersequenzen die Strömungsbedingungen in Staubecken und insbesondere im Nahbereich der Wasserfassung bedeutend beeinflussen. Die verursachte Turbulenz hält Feinsedimente in Suspension, so dass beträchtliche Sedimentmassen im System hin- und hertransportiert werden. Die Sedimentbilanz bleibt jedoch neutral, solange beide Stauhaltungen ungefähr gleiche Partikelkonzentrationen aufweisen.
1. Einführung In der Energieversorgung und einem zukünftigen Strommarkt mit stark variabler Nachfrage an Spitzenenergie und erhöhtem Bedürfnis an Netzregulierung spielen Pumpspeicherwerke eine zentrale Rolle. Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts HydroNet (hydronet.epfl. ch) wurden neue Methoden für die Bemessung, den Betrieb sowie die Überwachung von Pumpspeicherkraftwerken erarbeitet. Im vorliegenden Artikel werden die wesentlichen Resultate des Teilprojekts zum Thema «Einfluss des Pumpspeicherbetriebs auf die Verlandung von Stauseen» vorgestellt (Müller, 2012). Dabei wurden folgende Hauptziele verfolgt: • Beschrieb des Einflusses von wechselndem Betrieb zwischen Pumpen und Turbinieren auf Strömungsgeschwindigkeiten im Stauraum, insbesondere im Bereich der Triebwasserfassungen, sowie auf das Absetzverhalten von Feinsedimenten. Hier ging
Résumé La gestion durable des retenues est de plus en plus menacée par l’alluvionnement. Une exploitation par pompage-turbinage pourrait être en mesure d’influencer ces processus d’alluvionnement dans les retenues supérieures et inférieures. L’objectif de la présente recherche était donc de déterminer si les particules fines transportées dans le réservoir dans une zone proche de la prise d’eau peuvent être maintenues en suspension par la turbulence induite lors des séquences de pompage-turbinage. Le dépôt des sédiments fins pourrait ainsi être retardé et ces derniers pourraient éventuellement être évacués de la retenue par le système d’adduction d’eau du palier inférieur. Des mesures sur prototype et en laboratoire ont démontré que les séquences de pompage-turbinage influencent significativement les conditions d’écoulement dans les retenues. La turbulence ainsi générée permet de maintenir en suspension les sédiments fins, entrainant un transport de masse considérable dans le système. Globalement, le bilan sédimentaire reste équilibré tant que les deux réservoirs présentent des concentrations similaires.
es insbesondere darum, bestimmte Pumpspeicherzyklen zu definieren, welche die Feinpartikel länger in Suspension halten und so die Verlandung verlangsamen und den Sedimentaustrag unterstützen. • Entwicklung und Anwendung möglicher Überwachungsmethoden in einer bestehenden Anlage, um Strömungsbilder im Stausee und Sedimenttransport zwischen zwei Stauhaltungen kontinuierlich und über längere Zeit zu beobachten. • Parameterstudie im Versuchsstand, um den Einfluss der Amplitude (Abfluss) und der Frequenz von Pumpspeicherzyklen, der relativen Zyklendauer, der initialen Sedimentkonzentration sowie der Position des Ein- und Auslaufbauwerks zu untersuchen. Nachfolgend wird die Fliessrichtung stets aus der Sichtweise des Stauraumes angegeben. Während einer In-Sequenz wird also Wasser in den Speicher
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eingetragen, während einer Out-Sequenz wird Wasser entnommen. 2.
Feldmessungen beim Pumpspeicherkraftwerk Grimsel 2
2.1 Motivation Durch den Pumpspeicherbetrieb sind die Wassermassen vor den Triebwasserfassungen schnellen und häufigen Wechseln zwischen turbulenten Strömungsverhältnissen bei einströmendem Wasser und relativ langsamen, potenziellen Geschwindigkeitsfeldern bei ausströmendem Wasser unterstellt. Studien haben gezeigt, dass der Pumpspeicherbetrieb Auswirkungen auf die Schichtung und damit die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Speichers hat (Potter et al., 1982). Durch das Mischen der Wassersäule können die thermische Stratifikation, der Nährstoffhaushalt sowie das Ökosystem beeinträchtigt werden. Häufig ist der künstliche Eintrag von turbulenter 181
a)
b)
Bild 1. Lage (a) und Hauptelemente (b) des Pumpspeicherwerks Grimsel 2. kinetischer Energie im Vergleich zu natürlichem windinduziertem Eintrag gross, so dass Feinsedimente in Schwebe gehalten oder gar aufgewirbelt werden können (Anderson, 2010; Imboden, 1980; US Bureau of Reclamation, 1993). Kenntnisse über die Strömungsbedingungen vor den Wasserfassungen sind für bestehende Anlagen wertvoll, um Hauptströmungsrichtungen, Zirkulationszellen und Geschwindigkeiten zu beobachten und damit eventuelle Auflandungszonen vorherzusagen. Für zukünftige Anlagen könnte dieses Wissen für die Wahl einer optimalen Geometrie und Anordnung der Treibwasserfassung dienen, um im späteren Betrieb Verlandungsprobleme zu minimieren. Im Rahmen der Forschungsarbeit wurden während mehreren Tagen kontinuierlich Geschwindigkeitsprofile im Bereich der unteren Wasserfassung des Pumpspeicherkraftwerks Grimsel 2 gemessen. Resultate aus numerischen Simulationen ergänzten die Analyse. Eine kontinuierliche Messung der Feststoffkonzentrationen im Triebwasserweg würde es dem Kraftwerksbetreiber erlauben, die im Pumpspeicherbetrieb hinund herbewegten Sedimentmassen zu quantifizieren und allfällige Anstiege des Sedimentgehalts nach Hochwasser mit Trübeströmen frühzeitig zu erkennen und den Betrieb nach Möglichkeiten anzupassen. Werden die Messungen über mehrere Jahre geführt, kann die Sedimentbilanz zwischen zwei Speichern beobachtet und der Einfluss des Pumpspeicherbetriebs abgeschätzt werden. In der vorliegenden Studie wurde am Triebwasserweg des Grimsel-2-Kraftwerks über acht Monate ein Trübungsmonitoring betrieben, wobei die Echtzeitdaten sowohl vor Ort, wie auch über eine Internetverbindung, jederzeit einsehbar waren. 182
2.2
Pumpspeicherkraftwerk Grimsel 2 Das Einzugsgebiet der Aare in der Region Oberhasli, Schweiz, ist Teil eines komplexen Wasserkraftsystems mit acht grösseren Stauseen und neun Kraftwerken. Bewirtschaftet von den Kraftwerken Oberhasli AG (KWO), stehen dort rund 8% der installierten Leistung von Schweizer Speicherkraftwerken bereit, und es werden rund 10% der elektrischen Energie des Landes produziert. Das Pumpspeicherkraftwerk Grimsel 2 (Bild 1) nutzt seit 1982 das Gefälle zwischen den beiden Stauseen Oberaar (Oa) und Grimsel (Gr). Das Oberbecken Oberaarsee liegt auf 2303 m ü. M. und stellt ein Speichervolumen von VOa = 57 × 106 m3 zur Verfügung, der Grimselsee auf 1909 m ü. M. beinhaltet VGr = 95 × 106 m3. Im Turbinierbetrieb beträgt der Abfluss zu Spitzenzeiten bis zu QTurb = 93 m3/s (Oa – Gr), während im Pumpbetrieb maximal QPump = 80 m3/s in den Oberaarsee zurückfliessen. Jährlich werden rund 600 bis 700 × 106 m3 Wasser zwischen den beiden Stauseen hin- und herbewegt. Die beiden Wasserfassungen im Oberaar- und Grimselsee sind durch einen zum Teil gepanzerten Triebwasserweg von rund fünf Kilometer Länge verbunden. Von der Fassung im Oberaarsee führt ein Druckstollen zum Wasserschloss Kessiturm, von wo aus ein geneigter Druckschacht zum Kraftwerk Grimsel 2 führt. Die Triebwasserfassung im Grimselsee ist ein zylinderförmiges, seitlich offenes und am Stauseeboden angeordnetes Bauwerk mit einem relativ dichten Rechen, der die ein- und ausströmenden Wassermassen gleichmässig über den gesamten Querschnitt verteilt (VAW, 1982). Im Oberaarsee besteht die am Ufer angeordnete Fassung aus einem trompetenförmigen Ein- und
Auslaufbauwerk. Das unterirdische Kraftwerk Grimsel 2 ist mit vier Pump-Turbinengruppen ausgerüstet, die insgesamt eine installierte Leistung von 350 MW bereitstellen. Die Einzugsgebiete der beiden Seen sind teilweise vergletschert. Oberflächenerosionsraten von 1 bis 2 mm/Jahr führen zu einem hohen Sedimenteintrag. In den drei Hauptspeichern der KWO (Oberaar-, Grimsel- und Räterichsbodensee) gelangen jährlich nur 40 000 t unterstrom in die Aare, während rund 230 000 Kt/Jahr zurückgehalten werden (Anselmetti et al., 2007). Die Eigenschaften der Schwebstoffe im Grimselgebiet wurden in der Vergangenheit unter anderem von Blaser und Bühler (2001), Bühler und Siegenthaler (2003) sowie Bonalumi et al. (2011) untersucht, um die hydromechanischen Auswirkungen der Pumpen und Turbinen auf die Trübung, den Feststofftransport im System und die Schwebstoffverteilung zwischen den Seen mit und ohne Pumpspeicherbetrieb zu beschreiben. Die Korngrössen liegen zwischen dS = 0.2 und 40 μm, mit einem mittleren Durchmesser von dS,m = 3 bis 4 μm. Je nach Jahreszeit variiert die Schwebstoffkonzentration zwischen C = 50 und 200 mg/l in den Tiefenwasser der beiden Seen, wobei speziell der Grimselsee im Sommer einen erhöhten Schwebstoffgehalt aufgrund Gletscherschmelze und Trübeströmen aufweisen kann (Bonalumi et al., 2011). In Extremfällen können im Unterbecken Konzentrationen von C = 700 mg/l nahe der Spittellammsperre auftreten (Bühler et al., 2005). 2.3
Strömungsverhältnisse im Bereich der Ein- und Auslaufbauwerke Das Absetzen von Feinsedimenten vor Wasserfassungen wird unter anderem von
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a)
b)
Bild 2. Seetopographie und Messlinien für Geschwindigkeitsprofile im Bereich der Fassung Grimsel 2 (a), Acoustic Doppler Current Profilers (ADCP, b). den Strömungsgeschwindigkeiten und -richtungen im Nahbereich der Bauwerke beeinflusst. Der Eintrag an turbulenter kinetischer Energie durch den Turbinierbetrieb ist im Falle des Grimselsees rund 25 mal höher als jener, der auf natürliche Weise durch Wind verursacht wird. Die thermische Schichtung wird dadurch beeinflusst und das Wasser vor der Fassung durchmischt. Deshalb wurde in Feldmessungen untersucht, wie der Pumpspeicherbetrieb des Grimsel-2-Kraftwerks die Wassermassen im Grimselsee bewegt. Gleichzeitig sollte die Funktionstüchtigkeit der Messinstrumente für eine allfällige Langzeitüberwachung in alpinen Speichern getestet werden. Während je drei Wochen im September und November 2008 wurden jeweils drei Acoustic Doppler Current Profilers (ADCP) auf dem Seegrund platziert, die im Fünfminutentakt auf jedem Meter entlang der Wassersäule eine Ost- und eine Nordkomponente der Strömungsgeschwindigkeit aufzeichneten. Nach der Auswertung der Daten konnten so einund zweidimensionale Strömungsbilder erstellt und mit den Betriebsabflüssen verglichen werden. Das Instrument sowie die drei Messlinien, die je 3.5, 4.5 und 7.5 Aufzeichnungstagen entsprechen, sind in Bild 2 dargestellt. Die Messpositionen wurden aufgrund der Seetopographie und der geografischen Hauptausrichtungen des Stausees gewählt. Im Pumpbetrieb (Out-Sequenz) wurde nur ein sehr geringer Einfluss auf die Strömungsgeschwindigkeiten in unmittelbarer Nähe der Fassung festgestellt. Die Geschwindigkeiten lagen bei rund 6 cm/s in 30 m und bei 2 cm/s in 50 m Ent-
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Bild 3. 2-D-Geschwindigkeitsprofile im Bereich der Wasserfassung Grimsel 2 während Turbinier- (In-Sequenz, links) und Pumpbetrieb (Out-Sequenz, rechts) am 17. September 13.20 Uhr (a), 19. September 05.00 Uhr (b), 7. November 10.30 Uhr (c) und 05.50 Uhr (d), 17. November 18.20 Uhr (e) und 02.10 Uhr (f).
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183
a)
b)
Bild 4. Geschwindigkeitsprofile im numerischen Modell nach 150 Minuten Turbinierbetrieb bei Maximalabfluss (a) und Powerspektren der Zeitreihen von Abfluss (PQ) und Geschwindigkeit (PvE, Ostkomponente) für das Messinstrument P1 im September 2008 (b). fernung zum Rechen (Bild 3b, d, f). Die Geschwindigkeitsvektoren waren für alle drei Messlinien in Richtung Fassung gerichtet. Im Turbinierbetrieb (In-Sequenz) wurden wesentlich höhrere Geschwindigkeiten gemessen, mit Werten bis zu 12 cm/s in 150 m Entfernung zum Auslaufbauwerk (Bild 3a, c, e). Die stärkste Strömung wurde dabei in der E-SE ausgerichteten Messlinie beobachtet. Dies lässt darauf schliessen, dass die Wassermassen im Norden und Süden des Bauwerks an den relativ steilen Felswänden ab- und entlang des flachen Seegrunds in Richtung Spittellammsperre gelenkt werden. Etwa fünf bis zehn Meter oberhalb des Seebodens wurden Rückströmungen zur Fassung hin gemessen, die in der E-NE-Messlinie besonders ausgeprägt auftraten. Auch bei Nichtbetrieb waren die Wassermassen in Fassungsnähe stets in Bewegung; klare Tendenzen bezüglich Strömungsrichtungen konnten dabei jedoch nicht beobachtet werden. Ebensowenig erlaubten die ADCP-Messungen, den zeitlichen Aufbau der Strömungsfelder detailliert aufzuzeigen. Deshalb wurden die den Feldmessungen entsprechenden Pumpspeicher-
a)
zyklen in einem dreidimensionalen numerischen Modell in ANSYS-CFD nachsimuliert. Die numerischen Resultate bildeten die im Prototyp beobachteten Strömungsphänomene gut nach und bestätigten die Hauptrichtungen und die Grössenordnung der gemessenen Geschwindigkeitsprofile. Das Modell berechnete leicht höhere Geschwindigkeiten, die sich mit der grösseren zeitlichen Kontinuität der simulierten Geschwindigkeitsprofile erklären lassen. Stationäre Bedingungen, d.h. ein zeitlich stabiles Strömungsbild, wurden nach rund 150 Minuten kontinuierlichem Turbinierbetrieb erreicht (Bild 4a). Eine Sensitivitätsanalyse bezüglich des Temperaturunterschiedes zwischen einströmendem und stagnierendem Wasser zeigte, dass ein im Prototyp gemessener Unterschied von ΔTw = +/- 0.5 °C keinen wesentlichen Einfluss auf die Strömungsbedingungen hat. Grosse Wasservolumen können durch Wind in Eigenschwingung geraten, deren Frequenz von der Tiefe und der Oberfläche des Sees abhängt. Um aufzuzeigen, dass die aufgezeichneten Geschwindigkeitsdaten nicht von solchen internen Schwingungen (sog. Seiches) beeinflusst
b)
Bild 5. Fotos der Trübungsmessstelle nahe des Druckschachts (a) und der eingerichteten Datenakquisition (b) im Wasserschloss Kessiturm. 184
wurden, sondern mit dem Pumpspeicherbetrieb korrelieren, wurde eine Spektralanalyse der aufgezeichneten Daten durchgeführt. Die Hauptperiode der Geschwindigkeitskomponenten entsprachen derjenigen der Betriebszyklen von einem Tag, wobei vor allem die Ostkomponente stark mit dem Pumpspeicherbetrieb korreliert (Bild 4b) und die Nordkomponente mit einer wesentlich geringerer Amplitude reagiert. Frequenzen von Schwingungen des gesamten Sees waren dabei nicht vorhanden. Die Geschwindigkeitsprofile konnten so eindeutig den Pumpspeichersequenzen zugeordnet werden, ungestört von Eigenschwingungen des Sees. 2.4
Transport von Feinsedimenten zwischen zwei Stauseen Um den Feststofftransport zwischen den beiden Seen Oberaar und Grimsel zu untersuchen wurde der Druckschacht des Kraftwerks in der Nähe des Wasserschlosses mit einer Trübungsmessstelle ausgerüstet. Während rund acht Monaten konnte so die Partikelkonzentration des gepumpten und turbinierten Wassers kontinuierlich aufgezeichnet werden. Ziel der Messungen war, die langfristige Entwicklung der Sedimentkonzentration zu überwachen, um eine Sedimentbilanz des Systems zu errechnen und allfällige kurzfristige, durch den Pumpspeicherbetrieb hervorgerufene Veränderungen der Sedimentkonzentration festzustellen. Von der Entnahmestelle am Druckschacht wurden 1 bis 2 l/s Wasser in einen Messzylinder mit einer Züllig-Cosmos®25E-Trübungssonde geleitet (Bild 5a). Via einem b-line II-Messverstärker gelangte ein elektronisches Signal zur Akquisitionskarte und von dort aus an einen Industrie-
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a)
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Bild 6. Entwicklung der gemessenen Sedimentkonzentration C und Betriebsabflüsse QPump, Turb während den Messperioden vom 8. bis 15.11.2010 (a, Seepegel Oberaar 2298 m ü. M., Grimsel 1900 m ü. M.) und vom 11. bis 18.4.2011 (b, Seepegel Oberaar 2265 m ü. M., Grimsel 1870 m ü. M.). computer, wo die aufgezeichneten Daten gespeichert wurden und in Echtzeit einsehbar waren (Bild 5b). Via Internet konnte auf die Messresultate zugegriffen und das Messsystem gesteuert werden. Das Trübungssignal wurde mit einer Kalibrierungsfunktion in eine Feststoffkonzentration umgerechnet. Wochenweise erstellte Monitoringdiagramme zeigten die Entwicklung des Partikelgehalts im Triebwassersystem der Anlage (Bild 6). Ende 2010 betrugen die Monatsmittel der Konzentrationswerte zwischen Cm = 80 und 90 mg/l, bevor sie zwischen Februar und April 2011 auf Cm = 55 bis 60 mg/l sanken. In den Wintermonaten ist die Sedimentzufuhr in den Stausee aufgrund des schneeund eisbedeckten Einzugsbegiet bekanntlich klein. Nach der Schneeschmelze im Frühling wurden im System Grimsel 2 wieder erhöhte Sedimentkonzentrationen von rund Cm = 80 mg/l gemessen. Im Verlaufe der Messperiode wurden auch kurzfristige Schwankungen der Sedimentkonzentration aufgezeichnet. Der Quotient zwischen der Konzentration im Pumpwasser CPump und im Turbinenwasser CTurb zeigt, wieviel mehr Sediment in die eine oder andere Betriebsrichtung transportiert wurde. Zwischenzeitlich wurden im Pumpbetrieb 16% höhere Konzentrationen gemessen als in den vorherge-
henden oder folgenden Turbiniersequenzen (CPump/CTurb = 1.16). Diese kurzfristigen Veränderungen in der Sedimentkonzentration korrelieren mit den Betriebsabflüssen und wurden sowohl bei hohen wie auch tiefen Monatsmitteln Cm beobachtet. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Wasserstände der beiden Seen. Eine erhöhte Sedimentkonzentration im Pumpbetrieb wurde bei sehr tiefem Grimselseestand gemessen, während ein tiefer Pegel des Oberaarsees höhere Konzentrationswerte im Turbinierbetrieb hervorrief. Über die gesamte Messdauer von rund acht Monaten wurden etwas mehr als 45 000 t Feinsediment durch den Pumpspeicherbetrieb hin- und herbewegt. Bei einer Dichte des Sedimentge-
misches von 1500 kg/m3 entspricht dies einem Volumen von rund VS = 30 000 m3, wobei zu beachten ist, dass Aufzeichnungen in den Sommermonaten und damit der Zeit des maximalen Sedimenteintrags aus dem Einzugsgebiet fehlen. Ein Vergleich mit den von Anselmetti et al. (2007) berechneten Absetzraten von VS = 22 000, resp. 74 000 m3/Jahr im Oberaarund Grimselsee zeigt, wie beträchtlich die Sedimentvolumen sind, die alleine durch den Kraftwerksbetrieb im System bewegt werden. Die in die eine oder andere Richtung transportierten Volumen variierten beträchtlich von Woche zu Woche (Bild 7). Nichtsdestotrotz war die Sedimentbilanz über die Messperiode von Oktober 2010 bis Juni 2011 ausge-
Bild 7. Während Pump- (Gr – Oa) und Turbinierbetrieb (Oa – Gr) transportierte Sedimentvolumen VS vom November 2010 bis Juni 2011.
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glichen, es fand also kein Nettoaustausch an Sedimenten zwischen Oberaar- und Grimselsee statt. 3.
Laborversuche zum Absetzverhalten von Feinsedimenten unter dem Einfluss von Pumpspeichersequenzen Die Laborversuche hatten zum Ziel, die durch den Pumpspeicherbetrieb verursachten Strömungen sowie das Absetzverhalten von Feinsedimenten in Stauseen, respektive im Nahbereich der Wasserfassung zu beschreiben. Dazu wurden verschiedene In-Out-Zyklen zwischen zwei Becken simuliert und die daraus resultierenden Geschwindigkeitsfelder und Trübungswerte gemessen. 3.1
Versuchsstand und Messeinrichtung Der Versuchsstand bestand aus zwei rechteckigen Becken, zwischen welchen Wasser hin- und hergepumpt werden konnte. Im 12 m3 fassenden Hauptbecken der Anlage (sog. «main basin», MB) wurde ein trompetenförmiges Ein-/Auslaufbauwerk eingebaut. Das Mischbecken («mixing tank», MT) stellte die für die Versuche nötige Wassermenge zur Verfügung, so dass das Modell im geschlossenen Kreislauf funktionieren konnte. In beiden Becken massen zwei Trübungssonden kontinuierlich die Partikelkonzentration und erlaubten so, die Sedimentbilanz (SB) zwischen den Becken sowie den in Suspension gehaltenen Sedimentanteil («suspended sediment ratio», SSR) in beiden Testvolumen zu errechnen. Die Strömungsverhältnisse im Hauptbecken wurden mit 2 MHz Ultrasonic Velocity Profilers (UVP, MetFlow SA, Schweiz) gemessen. 17 Sonden zeichneten in einem Quadranten horizontale 2-DGeschwindigkeitsfelder auf und erlaubten
so, die kinetische Energie des Testvolumens zu bestimmen.
fangskonzentrationen in den Becken untersucht.
3.2 Parameterstudie Die experimentellen Parameter wurden entsprechend der Froudschen Ähnlichkeit ausgewählt, so dass das Verhältnis aus Trägheits- und Gewichtskräften im Modell demjenigen im Prototyp entspricht. Die Reynoldszahl des Ein-/Auslaufbauwerks lag bei 7560 ≤ Rei ≤ 29 180 und war damit turbulent für alle getesteten Abflüsse. Sämtliche Längen wurden mit der Breite des Hauptbeckens BMB normiert, die Geschwindigkeiten mit der Fliessgeschwindigkeit in der Druckleitung v0 = QIN,OUT/A und die Zeit mit der mittleren Aufenthaltszeit tm = VMB/QIN,OUT. Letztere wurde von Stefan und Gu (1992) für Mixvorgänge durch Wasserstrahlen vorgeschlagen und kann auch für bestehende oder geplante Pumpspeicherkraftwerke errechnet werden. Im Versuchsstand liegt die mittlere Aufenthaltszeit zwischen tm = 8000 und 30 000 s, also rund zwei bis 8.5 Stunden.
3.2.2 Amplitude und Frequenz der In-Out-Zyklen Unter Berücksichtigung der Beckenvolumen, der Bemessung des Ein- und Auslaufbauwerks (Jenzer Althaus, 2011) sowie realen Pumpspeicherzyklen wurden fünf verschiedene Abflüsse (Amplitude) zwischen Q = 0.3 und 1.1 l/s getestet (Bild 9a bis e). Die ursprüngliche Zyklendauer wurde in Klarwasserversuchen und numerischen 3-D-Simulationen ermittelt. Die Zeit, die benötigt wird, um während In-, Out- oder Nichtbetrieb-Sequenzen stationäre Strömungsbedingungen und damit konstante kinetische Energie im Becken zu erreichen, wurde als sog. «time to peak» tP definiert. Diese Dauer hängt vom Abfluss ab und führte bei fünf In-Out-Zyklen und einer Zyklenfrequenz von KtP = 1.0 zu einer absoluten Versuchsdauer 10tP zwischen 2 h 15 min und 11 h 20 min, wobei KtP = 1.0 bedeutet, dass eine In-, resp. OutSequenz genau während tP gefahren wird. Zusätzlich wurden schnellere Zyklen mit KtP = 0.6 und 0.8 simuliert, also mit schnelleren Wechseln zwischen den beiden Betriebsrichtungen und damit einer Reduktion der Zeit, in welcher das Geschwindigkeitsfeld im Becken aufgebaut werden kann (Bild 9f und g). So wurden keine stationären Bedingungen erreicht während einer In- oder Out-Sequenz. Schliesslich wurden langsamere Zyklen mit KtP = 1.2 getestet, also mit verlängerter Dauer des stationären Strömungszustands, bevor die Betriebsrichtung wieder geändert wurde (Bild 9). Die studierten Abflüsse und Frequenzen decken eine recht grosse Bandbreite von langsamen, schnellen, starken und schwachen Pumpspeichersequenzen ab. Selbstverständlich sind reale Pumpspeicherdiagramme bezüglich Dauer und Abflusswert weitaus unregelmässiger, weisen jedoch ebenfalls zyklisches Verhalten auf, je nachdem ob es sich um Tages-, Wochen- oder Jahresspeicher handelt. Zwei zusätzliche Szenarien mit einer unterschiedlichen relativen Sequenzdauer tP,IN/tP,OUT trugen dieser Gegebenheit Rechnung (Bild 9i und j). Schliesslich wurde die Wasserfassung an drei verschiedenen Höhenlagen zi/BMB über dem Beckenboden angebracht, um den Einfluss der Lage des ein- und ausströmenden Wassers zu untersuchen. Für einen Abfluss von Q = 1.1 l/s wurde das Bauwerk von der ursprünglich in Beckenmitte gelegenen Position
3.2.1 Feinsedimente Absetzvorgänge werden vom umgebenden Fluid und den Eigenschaften der Partikel beeinflusst (van Rijn, 1984). Im Experiment wurden die Feinsedimente durch gemahlene Nussschalen mit homogener Korngrösse simuliert, welche sich für Versuche bezüglich Verlandungsproblemen als ideal erwiesen haben (Jenzer Althaus, 2011; Kantoush et al., 2008). Mit einer spezifischen Dichte von ρs = 1480 kg/m3 und einem mittleren Korndurchmesser von dm = 121 μm konnten prototypähnliche Verhältnisse zwischen Fliess- und Absetzgeschwindigkeiten reproduziert werden. Da auch die Sedimentkonzentration die Absetzgeschwindigkeit beeinflusst, wurden drei verschiedene An-
Bild 8. Schema mit Hauptelementen der Versuchsanlage. 186
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c)
h)
Bild 9. Auswahl von untersuchten In-Out-Sequenzen. Variation des Abflusses Q = 0.3 (a), 0.5 (b), 0.7 (c), 0.9 (d) und 1.1 l/s (e) für eine Zyklenfrequenz von KtP = 1.0. Variation der Zyklenfrequenz KtP = 0.6 (f), 0.8 (g) und 1.2 (h) für einen Abfluss von Q = 0.7 l/s. Variation der relativen Zyklendauer tP,IN/tP,OUT = 0.5 (i) und 2.0 (j) für Q = 0.7 l/s und KtP = 0.6. zi/BMB = 0.25 auf zi/BMB = 0.125 und 0.375 verlegt. 3.3
Resultate
3.3.1 Strahleigenschaften und 2-D-Strömungsfelder Eine erste Versuchsreihe konzentrierte sich wie erwähnt auf den Beschrieb der
Strömungsbedingungen im Hauptbecken und der Entwicklung der kinetischen Energie während der In-Out-Zyklen. 1D-UVPMessungen erlaubten, den bei In-Sequenzen ins Becken eintretenden Wasserstrahl zu charakterisieren und mit Angaben in der Literatur zu vergleichen. Für die gegebenen Becken- und Fassungsgeometrien hat der Strahl einen sehr kurzen Kern, in dem
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
die Fliessgeschwindigkeit noch der Austrittsgeschwidigkeit, respektive der Anströmgeschwindigkeit in der Druckleitung entspricht. Danach folgt eine rasche Abnahme der Achsengeschwindigkeit, welche ähnlich der von Abramovich (1963), Revill (1992) und Jirka (2004) gegebenen Werten verläuft. Eine Analyse horizontaler 2-D-Geschwindigkeitsfelder und die Be187
a)
b)
Bild 10. Horizontales Geschwindigkeitsfeld [m/s] auf Fassungshöhe zi/B = 0.25 während einer In- (a) und einer Out-Sequenz (b) für einen Abfluss von Q = 1.1 l/s und eine Zyklenfrequenz von KtP = 1.0. rechung der kinetischen Energie im Becken erlaubte die vom Abfluss abhängige «time to peak» zu definieren, die zwischen tP/tm = 0.099 und 0.136 variierte. Die auf Höhe der Wasserfassung ebenfalls mit UVP aufgenommenen horizontalen Geschwindigkeitsfelder zeigten unabhängig vom Abfluss jeweils einen oszillierenden Wasserstrahl und Rotationsströmungen bei In-Sequenzen (Bild 10a). Zu Beginn der Out-Sequenzen war jeweils noch der Einfluss der vorangehenden In-Sequenz messbar. Mit Ausnahme der unmittelbaren Nähe zum Einlaufbauwerk, wo sehr tiefe Geschwindigkeiten zur Fassung hin gemessen wurden, waren kaum Tendenzen bezüglich systematischen Bewegungen des Wasservolumens feststellbar (Bild 10b). Ober- und unterhalb der Fassungsachse hingegen konnten für hohe Abflüsse bei In-Sequenzen ebenfalls Rotationsströmungen gemessen werden, die für kleinere Abflüsse nicht entstanden. Die Zyklenmagnitude beeinträchtigte im Wesentlichen die kinetische Energie im Becken. Ein Abfluss von Q = 1.1 l/s generiert rund dreimal soviel Energie wie der Minimalabfluss von 0.3 l/s. Die Zyklenfrequenz spielt eine untergeordnete Rolle, während eine asymetrische Lage der Wasserfassung näher an der Oberfläche oder am Beckengrund ebenfalls höhere Energieeinträge bewirkt. 3.3.2 Absetzverhalten der Feinsedimente Der Einfluss von Pumpspeichersequenzen wurde anhand des sogenannten «suspended sediment ratio» SSR und des «increased suspended sediment ratio» INCSSR beschrieben, welche wie folgt definiert sind:
(1)
188
wobei Msusp der Masse der Feinsedimente in Suspension [g] und M0 der ursprünglich dem System beigefügten Sedimentmasse [g] entsprechen.
(2) Gleichung 1 beschreibt den normierten Anteil an Material, welcher während der Versuchsdauer in Suspension bleibt und Gleichung 2 die Effizienz der getesteten In-Out-Sequenzen im Vergleich zu einem Nichtbetrieb-Szenario (Referenzversuch, Absetzverhalten in stagnierendem Wasser ohne In-Out-Sequenzen). Die Resultate der Laborversuche zeigten, dass sich nahezu immer rund 60% der Feinsedimente in einer ersten Phase während einer Dauer von t/tm = 0.2 (einem bis zwei In-Out-Zyklen, je nach Abfluss) absetzen. Die Absetzkurve entspricht einer Potenzfunktion, wobei nur ein unwesentlicher Einfluss der ursprünglichen Konzentration im System C0 gemessen wurde. Hohe Abflüsse kombiniert mit hoher Zyklenfrequenz führten zu maximalem Sedimentanteil in Suspension SSR. Dabei wurden Werte um 50 bis 80% höher als bei Nichtbetrieb erreicht. Zudem korrelierte der zeitliche Verlauf der Effizienz der In-Out-Sequenzen mit den Betriebsabflüssen der Versuchsanlage (Bild 11). Tiefere Abflüsse führten ebenfalls zu 10 bis 40% höheren SSR-Werten im Vergleich zum Referenzversuch. Die Korrelation zwischen dem Absetzverhalten der Feinsedimente und den Abflussdaten war jedoch nicht mehr messbar. Die Zyklenfrequenz ist insbesondere in den ersten Zyklen ein Schlüsselfaktor für die Effizienz der Pumpspeichersequenzen. Wenn zu Beginn schnelle InOut-Sequenzen gefahren wurden, konnte der SSR wesentlich erhöht werden, insbesondere auch über verlängerte Versuchs-
dauern mit bis zu zehn In-Out-Zyklen. So konnte der SSR auch nach t/tm = 1.6 rund 60% über dem Referenzwert gehalten werden. Wasserfassungen, die näher zur Wasseroberfläche und zum Beckengrund angeordnet sind, führten zu einer um 20% erhöhten Effizienz der Zyklen im Vergleich zur Lage des Bauwerks in Beckenmitte. Durch die asymetrische Konfiguration entstehen vermehrt auch vertikale Rotationsbewegungen der Wassermassen, welche erlauben, mehr Feinsedimente in Schwebe zu halten. 3.3.3 Sedimenttransport zwischen den Becken Die Sedimentbilanz entspricht der normierten Sedimentmasse, die während eines Versuchs von einem ins andere Becken transportiert wurde. Sie errechnete sich aus der Differenz zwischen der Masse an Feinsedimenten, die ins Hauptbecken eintritt, resp. letzteres wieder verlässt:
(3) Auch wenn die transportierten Sedimentmassen aufgrund der In-OutZyklen beträchtlich waren, wurde die Sedimentbilanz von den Betriebszyklen kaum beeinflusst. Die gemessenen Werte zwischen -0.03 < SB < 0.04 für alle getesteten Konfigurationen lagen innerhalb des Messfehlers der Trübungssonden und sind vernachlässigbar. Obwohl der Pumpspeicherbetrieb viele Sedimente zwischen den beiden Becken der Versuchsanlage hin und her bewegte, war keine Umverteilung der Sedimentanteile zu beobachten. Grundsätzlich war es die Betriebsrichtung der ersten Sequenz, die zu einer leicht positiven oder negativen Bilanz führte, da zu Beginn des Versuches die höchsten Konzentrationen vor den Fassungen vorhanden waren. 4. Schlussfolgerungen Die Verlandung von Stauseen gefährdet die Betriebssicherheit und die Nachhaltigkeit von Speicherkraftwerken. Der Einfluss der stetig wechselnden Betriebsregimes von Pumpspeicherwerken auf die Verlandung von Stauseen wurde bisher verhältnismässig wenig erforscht. Die präsentierte Arbeit untersuchte deshalb die Auswirkungen von Pumpspeichersequenzen auf die Strömungsbedingungen und das Absetzverhalten von Feinsediment, mit dem Ziel, die vor die Wasserfassun-
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
•
bei einem Betrieb über mehrere Jahre das Erstellen einer Sedimentbilanz zwischen zwei Speichern. Integriert in ein bestehendes oder neues Kontroll- und Überwachungssystem eines Kraftwerkbetreibers kann ein Trübungsmonitoring zu einem aktiven Sedimentmanagement beitragen, sofern die Anlage die Möglichkeit bietet, die durch den Pumpspeicherbetrieb in Suspension gehaltenen Feinsedimente durch eine untere Kraftwerksstufe auszutragen.
a)
b)
c)
d)
Bild 11. Normierter Sedimentanteil in Suspension SSR, relative Effizienz INCSSR und Abfluss Q in Funktion der normierten Zeit t/tm für C0 = 0.8 g/l, Q = 1.1 l/s und KtP = 0.6 (a), 0.8 (b), 1.0 (c) und 1.2 (d). gen gelangenden Partikel möglichst lange in Suspension zu halten, um sie über den Triebwasserweg oder Spül- und/oder Auslassorgane abführen zu können. 4.1 Überwachung im Prototyp Geschwindigkeitsmessungen vor einem Ein- und Auslaufbauwerk kombiniert mit numerischen Simulationen erlauben: • die Haupströmungsrichtungen und Rückströmungen im Nahbereich der Wasserfassung aufzuzeigen, • die Strömungsgeschwindigkeiten vor dem Bauwerk zu quantifizieren sowie • die zeitliche Entwicklung der von Pumpspeichersequenzen hervorgerufenen Strömungsfeldern zu beschreiben. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der To-
pographie des Seegrundes zu, welche die Entstehung und die Hauptrichtungen von Strömungsfeldern und Zirkulationszellen im Stausee wesentlich beeinflusst. Die angewandte Messmethode (Acoustic Doppler Current Profilers) ist eine geeignete Überwachungsmethode, die dank der unabhängigen Energieversorgung bei Bedarf auch über mehrere Monate betrieben werden könnte. Die Trübungsmessungen in der Druckleitung, respektive die Aufzeichnungen der Partikelkonzentration im bewirtschafteten Wasser eines Pumpspeicherwerks ermöglichen: • die frühzeitige Erkennung von erhöhten Sedimentkonzentrationen im System und damit vor den Wasserfassungen und
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4.2 Resultate der Laborversuche Fünf Parameter wurden systematisch in Experimenten untersucht, wobei insbesondere die Amplitude (Abfluss) und die Frequenz der Zyklen des Pumpspeicherbetriebes von Bedeutung sind. Rund 60% der ursprünglichen Sedimentmasse setzt sich zu Beginn des Versuches ab. Diese erste Absetzphase kann durch In-Out-Zyklen mit hohen Abflusses und hoher Frequenz verlängert werden. Tiefe und mittlere Abflüsse halten gegenüber dem Referenzversuch 10% bis 40% mehr Feinsediment in Suspension, hohe Abflüsse bis zu 60%. Eine erhöhte Zyklenfrequenz hat lediglich bei hohem Abfluss eine messbaren Einfluss; der Anteil an Sediment in Suspension kann dabei auf 80% gesteigert werden. Bei geringen Abflüssen bleibt dieser zwischen 10% und 40%. Sind die In-Sequenzen im Vergleich zu den Out-Sequenzen länger, sind auch die Phasen mit starker Turbulenz im Becken länger und der relative Sedimentanteil in Suspension kann erhöht werden. Bei asymetrischer Position des Ein- und Auslaufbauwerks, sprich einer Lage der Fassung näher an der Wasseroberfläche oder am Beckengrund, wird der relative Sedimentanteil in Suspension gegenüber einer Fassung in Beckenmitte um rund 20% gesteigert. Die in den Versuchen hin- und hertransportierten Sedimentmassen sind beträchtlich. Nichtsdestotrotz ist die Sedimentbilanz für alle getesteten Szenarien ausgeglichen, sprich sie wird kaum von den In-Out-Sequenzen beeinflusst. Da sich ein grosser Anteil der Partikel zu Beginn der Versuche absetzt, bewirkt die Anfangsrichtung des Betriebs eine leicht positive oder negative Sedimentbilanz. 4.3 Empfehlungen und Ausblick Für den realen Fall, dass ein Trübestrom vor die Ein- und Auslaufbauwerke eines Pumpspeicherkraftwerks gelangt und sich dort Feinsedimente abzusetzen beginnen, kann davon ausgegangen werden, dass 189
ein Grossteil des Absetzens in den ersten Stunden nach dem Trübeereignis erfolgt. Diese Absetzphase kann durch den Pumpspeicherbetrieb nicht ganzheitlich verhindert, jedoch gemäss den Resultaten aus den Laborversuchen durch schnelle und mit maximal möglichem Abfluss gefahrene Pumpspeichersequenzen verlängert werden. Im späteren Verlauf erlauben Sequenzen mit Maximalabfluss, die Feinsedimente länger in Schwebe zu halten, um sie allenfalls kontinuierlich durch die Triebwasserfassung einer Unterstufe abzuführen. Bei sehr unterschiedlicher Sedimentkonzentration in den beiden Staubecken könnte der Pumpspeicherbetrieb eine Verschiebung der Sedimentbilanz und somit einen künstlichen Sedimenteintrag in eines der Becken zur Folge haben. Die Prototypmessungen am Pumpspeicherwerk Grimsel 2 zeigten jedoch keinen Nettoaustausch zwischen den beiden Stauseen. Dem Absetzverhalten der Feinsedimente kann bereits bei der Bemessung und Anordnung des Ein- und Auslaufbauwerks Rechnung getragen werden, indem ein möglichst grosser Eintrag an kinetischer Energie, sprich Turbulenz, im Nahbereich der Fassung angestrebt wird. Die kinetische Energie ist der am einfachsten quantifizierbare Faktor, welcher vorgängig im numerischen Modell berechnet oder später vor Ort mit Geschwindigkeitsmessungen bestimmt werden kann. Die Lage des Ein-und Auslaufbauwerks im Unterbecken sollte zudem optimal zu bestehenden Triebwasserfassungen der Unterstufe angeordnet werden, so dass die in Schwebe gehaltenen Sedimente durch letztere abgeführt werden können.
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190
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Phase 1a: Gewässerökologische Bestandsaufnahme Steffen Schweizer, Stephanie Schmidlin, Diego Tonolla, Peter Büsser, Matthias Meyer, Judith Monney, Sandro Schläppi, Kurt Wächter
Zusammenfassung In der Hasliaare wurden zahlreiche gewässerökologische Untersuchungen durchgeführt, die eine sehr gute Basis für eine ökologische Beurteilung der künstlichen Pegelschwankungen (Schwall/Sunk) bieten. Die Untersuchungen legen nahe, dass bei dieser Beurteilung auch der Einfluss der Morphologie berücksichtigt werden muss und dass für eine erfolgreiche ökologische Aufwertung der Schwallstrecke sowohl hydrologische als auch morphologische Verbesserungen nötig sind.
Abstract The comprehensive study on river ecology at the Hasliaare river serves as a sound basis for the evaluation of the effects of hydropeaking on the ecological status of the river. However, the additionally impacted river morphology requires combined morphological and hydrological measures to archive successful ecological improvements.
1. Einleitung In der Öffentlichkeit wird im Rahmen der Energiewende häufig über die zukünftige Rolle der Wasserkraft diskutiert. Neben der Energieproduktion muss dabei auch deren Funktion für die Netzstabilität und die Möglichkeit zur kurz- sowie langfristigen Speicherung von Energie genannt werden. Seit knapp 100 Jahren erfüllen die alpinen Speicherkraftwerke der Schweiz diese volkswirtschaftlich und gesellschaftlich bedeutenden Aufgaben. In den meist sehr grossen Stauseen wird potenzielle Energie gespeichert, in dem Wasser gestaut wird. Je nach Bedarf wird das Wasser in die Kraftwerksturbinen geleitet, um Strom im gewünschten Ausmass zu produzieren. Unterhalb der Wasserrückgabe führt dies zu variablen Abflussbedingungen (Schwall/Sunk). Für die aquatischen Organismen und die Bewohner der Wasserwechselzone kann dies unterschiedlich starke Folgen mit sich ziehen (Bruder et al., 2012a). Mit der 2011 in Kraft getretenen Revision des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) sollen unter anderem die wesentlichen Beeinträchtigungen durch Schwall/ Sunk bis 2030 behoben werden (Art. 39a GSchG). Dafür sind in erster Linie bauliche Massnahmen geplant, wie ein Speichervolumen zwischen Kraftwerk und Was-
serrückgabe oder eine Direktableitung des turbinierten Wassers in ein grösseres Gewässer. Bei der ersten Variante können insbesondere die Änderungsraten im Abfluss gedämpft werden, während im zweiten Fall die künstlichen Pegelschwankungen durch ein Restwasserregime ersetzt werden. Auf Antrag der Kraftwerksbetreiber sind allerdings auch betriebliche Massnahmen (freiwillige Einhaltung von Grenzwerten wie z.B. maximaler oder minimaler Abfluss) möglich, bzw. eine Kombination mit einer baulichen Massnahme. Die Kosten für die Sanierungsmassnahmen werden vom Stromkonsumenten durch eine Abgabe von 0.1 Rappen pro kWh getragen (wobei diese Beiträge auch für die Sanierung der Aspekte Geschiebehaushalt und Fischgängigkeit verwendet werden). Die Umsetzung der Schwall/ Sunk-Sanierung erfolgt in insgesamt vier Phasen: Defizitanalyse, Erarbeitung von Sanierungsmassnahmen, Umsetzung der Massnahmen und Erfolgskontrolle. Im Rahmen des Investitionsprogramms KWO plus wird unter anderem die Zentrale Innertkirchen 1 mit einer zusätzlichen Turbine erweitert (Schweizer et al., 2012a). Damit wird die maximale Betriebswassermenge in Innertkirchen von heute 70 auf 95 m3/s erhöht. Ohne Gegenmassnahmen würde der Ausbau zu einer Ver-
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
schärfung der künstlichen Pegelschwankungen führen. Daher wurde bereits bei der Planungsphase des Projekts ein Expertenteam (Limnex, Eawag, Büsser, EPFL-LCH, Schneider & Jorde Ecological Engineering) damit beauftragt, eine Defizitanalyse durchzuführen und daraus Gegenmassnahmen abzuleiten. Die Abklärungen wurden in einer Begleitgruppe mit Vertretern vom Amt für Wasser und Abfall (Kanton Bern, Judith Monney und Vinzenz Maurer) und vom Bundesamt für Umwelt (Manfred Kummer, Diego Tonolla, Martin Huber-Gysi und Daniel Hefti) besprochen und koordiniert. Das beschriebene Untersuchungsprogramm bildete die Grundlage für die ersten beiden Phasen der Schwall/ Sunk-Sanierung (Schweizer et al., 2013a, 2013b und 2013c). 2.
Einzugsgebiet und Schwallstrecke Das Einzugsgebiet der KWO erstreckt sich von der Wasserrückgabe in Innertkirchen (rund 600 m ü. M.) bis zum Finsteraarhorn (4274 m ü. M.) auf eine Fläche von 450 km2. Zwischen Innertkirchen und der Mündung in den Brienzersee verläuft die Hasliaare auf einer Strecke von rund 16 km als Schwallstrecke (Bild 1). Direkt unterhalb der Wasserrückgabe durchfliesst die Hasliaare auf einer Länge von 0.7 km einen Gewässerabschnitt mit Buhnen, an den sich die 1.9 km lange Aareschlucht anschliesst. Unterhalb der Schlucht verläuft die Hasliaare im Raum Meiringen zunächst als Kiesbankstrecke (1.4 km) und flussabwärts dann bis zur Mündung in den Brienzersee als Kanal (11.5 km). Aufgrund extrem hoher Beschattung und stark ausgeprägter seitlicher Einengung finden sich in der Schlucht sehr selten zu beobachtende hydraulische, morphologische und gewässerökologische Rahmenbedingungen. Daher wurde dieser Streckenabschnitt bei den Untersuchungen nicht berücksichtigt. Die mittlere Sohlenbreite 191
Schwall/Sunk – Hasliaare
Schwall/Sunk-Sanierung in der Hasliaare
Schwall/Sunk – Hasliaare
a)
b)
c)
Bild 1. Die Hasliaare: Buhnen- (a), Kiesbank- (b) und Kanalstrecke (c). Im Rahmen der Hochwasserschutzprojekte «Innertkirchen» und «Meiringen bis Brienzersee» sowie im Zuge des Investitionsprogramms KWO plus (Schweizer et al., 2012b) sind verschiedene morphologische Aufwertungen in der Hasliaare geplant. Dabei handelt es sich u.a. um grössere Flussaufweitungen, Absenkungen der Vorländer und Förderungen zur Ufer- und Gewässerstruktur. der drei untersuchten Abschnitte variiert zwischen 34 m (Kiesbankstrecke), 27 m (Buhnenstrecke) und 20 m (Kanalstrecke). Sämtliche Abschnitte der Schwallstrecke sind morphologisch stark beeinträchtigt. Im oberen Bereich der Schwallstrecke liegt ein etwas höheres Gefälle mit rund 0.8% gegenüber 0.5% im unteren, kanalisierten Bereich vor. Die mittlere Korngrösse
(dm) in der Schwallstrecke fällt auf allen Abschnitten mit 13 cm relativ gross aus, ebenso das 90%-Perzentil (d90) mit 32 cm (Herzog, 2010). 3.
Gewässerökologische Untersuchungen Das im Jahr 2007 begonnene Untersuchungsprogramm (Bild 2) berücksichtigt
die Aspekte Abflussregime (Kap. 3.1), Wasser- und Sohlenqualität (Wassertemperatur, Nährstoffe, Kolmation; Kap. 3.2), Makrozoobenthos (MZB; Kap. 3.3) und Fische (Kap. 3.4). Durchgeführt wurden die Untersuchungen von spezialisierten Umweltbüros und Forschungseinrichtungen (Eawag, EPFL, FH Fribourg, TH München).
Bild 2. Gewässerökologische Untersuchungen in der Hasliaare. 192
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Hydrologie
3.1.1 Saisonale Aspekte des Abflussregimes mit und ohne Kraftwerksbetrieb Rund 20% des Einzugsgebiets der KWO sind vergletschert, wodurch unter natürlichen Verhältnissen (ohne Kraftwerkseinfluss) ein glazionivales Abflussregime mit einem stark ausgeprägten Maximum im Sommer resultieren würde. Trotz einer saisonalen Verlagerung der Stromproduktion vom Sommer- in das Winterhalbjahr lassen sich auch heute klare saisonale Unterschiede im Abfluss erkennen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass im Gadmental (rund ⅓ des genutzten Einzugsgebiets) keine grossen Wassermengen gespeichert werden und dass sich mit dem Einsetzen der Gletscherschmelze die Stauseen im Grimselgebiet relativ schnell füllen. Hochwasserabfluss und Murgänge Hochwasserereignisse treten typischerweise zwischen den Monaten Mai und Oktober auf. In Brienzwiler liegt das fünfjährliche Hochwasser in der Grössenordnung von 250 m3/s. Mit ihren Stauseen konnte die KWO bereits mehrere Hochwasserspitzen im Talboden deutlich reduzieren. Beim bisher grössten registrierten Ereignis vom August 2005 konnte eine Abflussreduktion von 650 m3/s auf 520 m3/s in Brienzwiler erreicht werden (Bieri, 2012). Treten Hochwasserereignisse in der Aare mit Murgängen in den seitlichen Zuflüssen gleichzeitig auf, kann dies gravierende ökologische Folgen mit sich ziehen. In den letzten Jahren wurde mit dem Auftauen von Permafrostböden ein sprunghafter Anstieg von Murgängen im Einzugsgebiet der KWO beobachtet. Der bisher schwerste Murgang (Spreitlaui, Aaretal von 2011) zog fast die gesamte Fischfauna sowie auch einen Grossteil des Makrozoobenthos in Mitleidenschaft. Schnee- und Gletscherschmelze Während der Monate April und September treten infolge von Schnee- und Gletscherschmelze deutlich höhere Abflüsse auf als im Winterhalbjahr. Da die Schmelzvorgänge von der Tagestemperatur und Einstrahlung abhängen, können in gletschergeprägten Flüssen häufig natürliche Abflussschwankungen bis zu einem Faktor von zwei bis drei (Mathez, 2013, mdl.) im Tagesverlauf beobachtet werden. In der Schwallstrecke liegen die täglichen Abflussschwankungen i.d.R. in der gleichen Grössenordnung. Allerdings fallen die Änderungsraten und die Häufigkeit der
Abflusszu- und Abnahmen ungleich höher aus und können daher nicht mit der natürlichen hydrologischen Variabilität verglichen werden.
Statistischer Kennwert
Dezember bis März
Minimaler Abfluss (95%-Perzentil)
2.4 m3/s
Minimaler Abfluss (100%-Perzentil)
2.1 m3/s
Maximaler Abfluss (95%-Perzentil)
10.2 m3/s
Maximaler Abfluss (100%-Perzentil)
41.7 m3/s
Mittlerer Abfluss
5.0 m3/s
Tabelle 1. Statistische Kennwerte der winterlichen Abflüsse von 1913 bis 1921 (vor dem Bau der KWO). Mittlerer Abfluss Unterhalb der Wasserrückgabe bewirkt die saisonale Verlagerung der Stromproduktion eine künstliche Erhöhung der Abflüsse im Winter, resp. eine Reduktion in den Sommermonaten. Über das ganze Jahr betrachtet heben sich diese Effekte gegenseitig auf, sodass der mittlere jährliche Abfluss (35 m3/s bei der Wasserrückgabe) nicht oder nur geringfügig vom Kraftwerksbetrieb beeinflusst ist. Niedrigwasserabfluss Die natürliche typische Niedrigwasserperiode beginnt typischerweise im November und endet mit dem Einsetzen der Schneeschmelze im März. Aufgrund einer kantonalen Vereinbarung liegt der minimale Abfluss heute bei mindestens 3 m3/s (natürlicher Niedrigwasserabfluss Q347 = 2.4 m3/s). 3.1.2 Fokussierung auf Niedrigwasserperiode Während den Wintermonaten fallen die künstlichen Änderungen im Abflussregime am stärksten aus. Ausserdem finden in dieser Jahreszeit diverse gewässerökologische Schlüsselprozesse (u.a. Laichzeit der Bach- und Seeforelle, Entwicklung der meisten Insektenlarven) statt. In Absprache mit den Experten und den Begleitgruppenmitgliedern (Kap. 1) fokussiert sich daher der Grossteil der gewässerökologischen Arbeiten auf diese Jahreszeit. Allerdings wurden für bestimmte Thematiken (z.B. Lebenszyklus der Fische) auch die anderen Jahreszeiten miteinbezogen. Natürliches Abflussregime der Aare im Winter (Referenz für natürliche Hydrologie) Für die Dimensionierung der ersten Kraftwerke wurde zwischen den Jahren 1913 und 1921 der Abfluss in Innertkirchen aufgezeichnet. Ein minimaler Abfluss von rund 2 m3/s trat ausschliesslich im Winter auf (bei längeren Phasen mit kalter und trockener Wetterlage). Dagegen kamen im Winter höhere Abflüsse nur während aussergewöhnlichen Föhn- oder relativ warmen und
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
starken Niederschlagsereignissen vor. Auf die gesamte Wintersaison bezogen lag das Verhältnis von maximalem zu minimalem Abfluss zwischen 4:1 (95%-Perzentile als Grundlage) und 20:1 (100%-Perzentile als Grundlage). Allerdings kann diese natürliche hydrologische Variabilität nicht mit den täglichen Abflussschwankungen verglichen werden, da durch den Kraftwerksbetrieb die Geschwindigkeit und Häufigkeit der Abflussänderungen heute deutlich höher ausfällt. Als eine weitere Referenz kann zudem die benachbarte Lütschine herangezogen werden, die hydrologisch nur geringfügig beeinflusst ist und morphologisch der heutigen Schwallstrecke sehr ähnlich ist (kanalisierte Abschnitte und Strecken mit Kiesbänken). Heutiges Abflussregime der Aare als Bewertungsgrundlage Für den heutigen Zustand des Abflusses liegen insgesamt drei verschiedene Datengrundlagen vor: • Wasserrückgabewerte der Kraftwerke Innertkirchen 1 und 2 (15 Minutenwerte) • Pegel Aare Meiringen-Schattenhalb (15 Minutenwerte, rund 3 km unterhalb der Wasserrückgabe) • Pegel Aare Brienzwiler (15 Minutenwerte, rund 12 km unterhalb der Wasserrückgabe) In Absprache mit den Experten und der Begleitgruppe wurde gemeinsam festgelegt, dass bei den Untersuchungen die Abflussganglinien von November 2008 bis März 2012 herangezogen werden, da die KWO seit dieser Zeit regelmässig Systemdienstleistungen (SDL) anbietet (weitere Ausführungen zu SDL siehe Schweizer et al., 2013a). Infolge einer freiwilligen Vereinbarung zwischen der KWO und dem Kanton beträgt der Mindestabfluss in der Hasliaare 3 m3/s und liegt damit etwas über dem natürlichen Tiefstwert (Tabelle 1). Dagegen treten aufgrund des Kraftwerksbetriebs heute deutlich höhere Winterabflüsse in der Hasliaare auf. Zwischen 193
Schwall/Sunk – Hasliaare
3.1
Schwall/Sunk – Hasliaare
Statistischer Kennwert
Hasliaare bei
Pegel Meiringen-
Wasserrückgabe in
Schattenhalb
Pegel Brienzwiler
Innertkirchen Minimaler Abfluss (95%-Perzentil)
3.1 m3/s
3.1 m3/s
3
3.1 m3/s
Minimaler Abfluss (100%-Perzentil)
3.0 m /s
3.0 m /s
3.0 m3/s
Maximaler Abfluss (95%-Perzentil)
42.2 m3/s
44.8 m3/s
45.4 m3/s
Maximaler Abfluss (100%-Perzentil)
52.8 m3/s 3 -1
3
55.4 m3/s -1
Schwallrate (95%-Perzentil)
1.36 m s min
Schwallrate (100%-Perzentil)
1.77 m3s-1min-1 3 -1
-1
3 -1
56.0 m3/s -1
0.76 m3s-1min-1
1.11 m3s-1min-1
0.99 m3s-1min-1
0.86 m s min 3 -1
-1
Sunkrate* (95%-Perzentil)
-0.70 m s min
-0.37 m s min
-0.20 m3s-1min-1
Sunkrate* (100%-Perzentil)
-1.28 m3s-1min-1
-0.67 m3s-1min-1
-0.40 m3s-1min-1
Tabelle 2. Statistische Darstellung der Schwallkennwerte für die winterlichen Abflüsse von 2008 bis 2012 (mit Kraftwerkseinfluss) für die Wasserrückgabe in Innertkirchen sowie für die Pegel Meiringen-Schattenhalb und Brienzwiler. * Bei der Sunkrate wurden nur Abflüsse < 8.1 m3/s berücksichtigt. Nur in diesem tiefen Abflussbereich besteht ein Risiko, dass Fische stranden (Schweizer et al., 2013a). 2008 und 2012 lag der höchste beobachtete Abfluss mit 56 m3/s (Tabelle 2) allerdings deutlich unter dem Schwellenwert für ein Aufreissen der Sohlendeckschicht (150–180 m3/s, Hartlieb et al., 2007). In den letzten sieben Jahren lagen die Winterabflüsse stets unterhalb von 60 m3/s. Aufgrund von grossmasstäblicher Rauheit werden deutliche Dämpfungseffekte der Schwall- und Sunkraten im Längsverlauf beobachtet (LCH, 2010). Allerdings liegen die heute beobachteten Änderungsraten auch in Brienzwiler immer noch weit über den natürlich auftretenden Abflussschwankungen. 3.2
Weitere abiotische Untersuchungen
Wassertemperatur Für eine Beurteilung des aktuellen Temperaturregimes kann auf die Aufzeichnungen vom Pegel Brienzwiler (10-Minuten-Intervall) sowie auf eine einjährige Messkampagne (Person et al., 2013) in der Buhnen-, Kiesbank- und Kanalstrecke (60-MinutenIntervall) zurückgegriffen werden. Zusätzlich wurden auch die Daten der benachbarten Lütschine betrachtet (Station Gsteig mit 10-Minuten-Intervall). Aufgrund eines vergleichbaren Einzugsgebiets und des naturnahen Abflussregimes eignet sich die Lütschine sehr gut als Referenzgewässer. Der Vergleich der beiden Flüsse zeigt, dass die täglich auftretenden maximalen Temperaturänderungsraten in der Hasliaare um rund ein Drittel höher ausfallen als in der Lütschine. Zudem treten in der Schwallstrecke rund doppelt so viele tägliche Temperaturpeaks auf. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese künst194
lichen Änderungen im Temperaturregime einen langfristigen Einfluss auf die aquatischen Organismen ausüben (Schweizer et al., 2009, Bruder et al., 2012a). Wie verschiedene biologische Untersuchungen zeigen, dürften diese künstlichen Änderungen für die meisten Organismen allerdings in einem ökologisch tolerierbaren Bereich liegen (Bruno et al., 2009, Carolli et al., 2012, Limnex 2012). Kolmation Mit dem Kraftwerksschwall können sowohl die Schwebstoffkonzentration (insbesondere beim Abflussanstieg) als auch die Sohlenschubspannung und der hydraulische Gradient erhöht werden. Diese drei Einflüsse können zu einem verstärkten Eintrag von Feinpartikeln in das Porensystem der Sohle und damit zu einer stärkeren inneren Kolmation führen (Baumann et al. ,2012). Bei den verschiedenen biologischen Feldarbeiten (Kap. 3.3 und 3.4) wurden jeweils auch die Bedingungen der Sohle (innere Kolmation) mit folgenden Methoden untersucht: Kolmation nach Schälchli (2002), entsprechend Modul
äusserer Aspekt (Binderheim & Göggel, 2007) und mit der Kickfahnenprobe (Strohmeier et al., 2005). Die Feldbeobachtungen wiesen mehrheitlich auf eine schwache bis mittlere innere Kolmation hin. Aufgrund der morphologischen Voraussetzungen treten Effekte einer äusseren Kolmation nur im Abschnitt in Innertkirchen im Zwischenraum der Buhnen auf. Zusätzlich wurden auch biologische Versuche mit Laichboxen durchgeführt (Haas & Peter, 2009, KWO, 2012a, Person et al., 2013). Dazu wurden im Herbst befruchtete Bachforelleneier in 20 wasserdurchlässige Brutboxen (Bild 3) gegeben, diese verschlossen und anschliessend in der Gewässersohle vergraben. Im darauf folgenden März wurden die Boxen wieder gehoben und die Entwicklung der Eier (Augenpunktstadium) untersucht. Dabei wurden sehr hohe Überlebensraten von rund 95% festgestellt, die nur bei einer ausreichenden Zufuhr von Frischwasser im Zwischenbereich der Sohle erreicht werden können. Die Kontrollproben in der Brutanstalt lagen in der gleichen Grössenordnung. Daraus kann auf eine geringe bis mittlere Kolmation geschlossen werden. Auch der Vergleich der Grundwasserganglinien von benachbarten Messstationen (Bild 2) mit der Abflussganglinie der Aare deuten auf einen aktiven hydraulischen Austausch zwischen Hasliaare und Grundwasserleiter hin (Limnex, 2012). Gesamthaft betrachtet zeigen diese Untersuchungsergebnisse, dass die Gewässersohle hinsichtlich ihrer hydrologischen und biologischen Funktionalität nicht wesentlich beeinflusst ist.
Bild 3. Befruchtete Eier in einer Laichbox. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
10
100
50
5
0
0 Buhnenstrecke Tiere <5mm + übrige Taxa
Aareschlucht Würmer
Eintagsfliegen
Köcherfliegen
Wasserqualität In den letzten zehn Jahren lagen die gemessenen Nährstoff- und Schadstoffwerte durchwegs im guten Bereich (Limnex, 2012). 3.3
Untersuchungen zum Makrozoobenthos (MZB)
Besiedlung des MZB In den letzten 15 Jahren wurde in der Schwallstrecke die Besiedlung der Gewässersohle durch Wasserinsekten und -pflanzen sehr detailliert untersucht (Vuille 1997, AquaTerra, 2007, Limnex 2009, Tanno et al., 2013). Trotz künstlichem Abflussregime wurde eine weitestgehend natürliche Artenvielfalt (in der Kanalstrecke 35 und in der Kiesbankstrecke 45 taxonomische Einheiten) nachgewiesen (Bild 4). In den strukturreicheren Abschnitten liegt die Biomasse der Wirbellosen allerdings z.T. deutlich unter den Erwartungswerten für ein Fliessgewässer mit der entsprechenden Höhenlage (Dückelmann, 2001, Bild 4). Etwas überraschend fallen die Biomassen in der Kanalstrecke deutlich höher aus und erreichen in etwa den BiomassenSollwert. Dieses Ergebnis ist teilweise auf die lokale Dominanz von Würmern zurückzuführen. Driftversuche Im Frühling 2008 wurden ergänzend zu den Aufnahmen der Sohlenbesiedlung zwei Schwallversuche durchgeführt (Limnex, 2009). Bei beiden Versuchen wurde mit Tauchpumpen und im Gewässer aufgestellten Netzen sowohl in der Kiesbank- als auch in der Kanalstrecke die Verdriftung der Wasserwirbellosen gemessen. Während beim ersten Schwallversuch die Wasserrückgabe in Innertkirchen innerhalb von fünf Minuten von 8 auf 62 m3/s gesteigert wurde, erfolgte die Rückgabe beim zwei-
Kiesbankstrecke Kriebelmücken Steinfliegen
Kanalstrecke Zuckmücken Anteil an Sollwert (%)
ten Schwallversuch deutlich gedämpfter (innerhalb von 30 Minuten). Bei beiden Schwallversuchen und in beiden Untersuchungsstrecken der Hasliaare nahm die Wirbellosen-Drift mit dem Abflussanstieg deutlich bis stark zu. Im weiteren Verlauf des Schwalldurchgangs (während einem konstant hohen Abfluss) sank die Verdriftung wieder auf ein tiefes bis mittleres Niveau ab. Sowohl die Verringerung der Schwallrate als auch die vielfältigere Morphologie in den alternierenden Kiesbänken bewirkten eine markante Reduktion (jeweils auf rund 30–50%) der maximalen Konzentration an driftenden Organismen. Dieser Effekt kann auf die längeren Reaktionszeiten und auf die grössere Anzahl an Rückzugsräumen in der Kiesbankstrecke zurückgeführt werden. Die heute regelmässig stattfindende Verdriftung reduziert die Gesamtbiomasse an Wirbellosen und dürfte daher die Hauptursache für die relativ tiefen Biomassenwerte (s.o.) sein. Habitatmodellierung Zusätzlich zu den Feldmessungen wurde auch eine hydraulische Modellierung der Lebensräume für das MZB vorgenommen (Tanno et al., 2013). Dafür wurde, wie bei einer ähnlichen Studie am Alpenrhein (Eberstaller, 2012), der Ansatz vom CASiMiR-Modell (Jorde, 1997, Schneider, 2001) gewählt. Diese Art der Modellierung verknüpft hydraulische Aspekte mit biologischen Lebensraumansprüchen, wobei explizit die dabei auftretende Unschärfe berücksichtigt wird (Zadeh, 1965). Mit Hilfe des CASiMiR-Modells wurden die mit dem Abfluss wechselnden Bedingungen u.a. für die Biomasse und die Artenvielfalt des MZB simuliert. Während im Winter die benthische Besiedlung tendenziell stärker durch das künstliche Abflussregime beeinflusst wird, beschränkt im Frühjahr und im Sommer die relativ eintönige Morphologie
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Bild 4. Biomasse (Primärachse) und Anteil am Biomassen-Sollwert nach Dückelmann (2001, Sekundärachse) der Wirbellosen. Die weissen Säulen sind jeweils den bunten Säulen vorgelagert.
die natürliche Entwicklung der Insektenlarven. 3.4 Untersuchungen zu den Fischen Eine vollständige Beurteilung der Fischökologie erfordert die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus der vorkommenden Fischarten und der damit verbundenen wechselnden Ansprüche. Im Einzelnen müssen für das Vorkommen einer natürlichen Fischfauna u.a. folgende Anforderungen erfüllt sein: • Geeignetes Laichsubstrat und günstige hydraulische Bedingungen während der Paarung • Stabile und permanent durchflossene Laichgruben, bis die Fischlarven das Kiesbett verlassen • Ausreichender Lebensraum für Brütlinge, Jungfische und adulte Tiere • Genügendes Nahrungsangebot • Gute Wasserqualität (insbesondere Sauerstoffgehalt, Wassertemperatur, Nährstoffe, Verunreinigungen). Hinsichtlich Schwall/Sunk sind für die Hasliaare vor allem die oberen vier Punkte relevant. Fischregion Die Lebensbedingungen (z.B. Breite, Fliessgeschwindigkeit, Wassertemperatur) in einem Fliessgewässer ändern sich mit dem Längsverlauf und damit auch die Zusammensetzung der aquatischen Arten (Vannote et al., 1980). Auf diese Weise kann z.B. jeder Flussabschnitt einer Fischregion zugeordnet werden (Huet, 1949). Im Fall der Hasliaare ergibt sich eine Einteilung in die untere oder in den Übergang zwischen unterer und oberer Forellenregion (Limnex, 2012). Bestand der Fischfauna Aufgrund der Trübung in der Hasliaare und der schwierigen Zugänglichkeit in das Gewässer konnten nur halbquantitative Ufer195
Schwall/Sunk – Hasliaare
150
Anteil an Biomassen-Sollwert [%]
Biomasse Makrozoobenthos [g/m2]
15
Schwall/Sunk – Hasliaare
Abfluss (m3/s) 70 60 50 40 30 20 10 0 05.Nov.2010
12.Nov.2010
19.Nov.2010
26.Nov.2010
Bild 5. Typische Abflussganglinie der Aare in der Kiesbankstrecke für November 2010. In diesem Flussabschnitt treten günstige Laichbedingungen bei Abflüssen < 20 m3/s (rote Linie) auf.
Bild 6. Schematische Illustration einer künstlichen Laichgrube mit drei Schichten verschiedenfarbiger Steine (mit Korndurchmessern von 10 bis 65 mm). Die Schichtdicke der gefärbten Steine beträgt jeweils 5 bis 7 cm. Die blauen Steine liegen rund 45 cm, die gelben Steine 25 cm und die orangen Steine 15 cm unterhalb der Gewässersohle. Die gestrichelte Linie stellt die ca. 50 cm tiefe Grube dar. streifenbefischungen durchgeführt werden. Insgesamt wurden neben den heimischen Arten von Bach- und Seeforelle, Groppe und Trüsche auch eine standortfremde Art (Bachsaibling) angetroffen. Wie fischökologisch zu erwarten ist, wird die Fischpopulation in der Hasliaare von der Bachforelle klar dominiert. Das Vorkommen und die Dominanzverteilung der Fischarten entsprechen damit der zugeordneten Fischregion (Haas & Peter, 2009). Sowohl die Individuendichten als auch die Biomassen der Bachforellen fielen sehr tief aus. Aufgrund der sehr geringen Dichten an Jungfischen kann die Altersstruktur der Fischpopulation als stark beeinträchtigt charakterisiert werden. Dies ist neben dem künstlichen Abflussregime auch auf die relativ eintönige Morphologie mit fehlenden Jungfischhabitaten zurückzuführen (Haas & Peter, 2009). Habitatmodellierung Zusätzlich wurde eine hydraulische Modellierung der Lebensräume für die ver196
schiedenen Lebensstadien der Bachforelle durchgeführt (Person et al., 2013). Für die Simulationen wurde wie bei der Habitatmodellierung des MZB der CASiMiRAnsatz (Jorde, 1997, Schneider, 2001) gewählt. Lebensstadium natürliche Reproduktion (Paarung) Für das Verlaichen werden von den Bachund Seeforellen bestimmte hydraulische Bedingungen und Substrateigenschaften bevorzugt. So werden niedrige bis mittlere Fliessgeschwindigkeiten (20–70 cm/s), Abflusstiefen grösser als 10 cm und eine kiesige Gewässersohle mit einer guten Durchströmung favorisiert (Riedl & Peter, 2013). Für ein erfolgreiches Laichen müssen diese Bedingungen über mehrere Stunden eingehalten werden, kürzere Unterbrüche können toleriert werden (Göz & Meyer, 2012, mdl.). Feldbeobachtungen zeigten zudem, dass Seeforellen in der Hasliaare (oberhalb der Wasserrückgabe) vorwiegend eine Stunde vor Beginn der
Abenddämmerung mit den Vorbereitungen für die Verlaichung beginnen und bis tief in die Nacht damit beschäftigt sind. Auf Basis der Habitatmodellierung konnten für jeden Abschnitt in der Schwallstrecke die für die Verlaichung günstigen hydraulischen Bedingungen abgeschätzt werden. Felduntersuchungen zeigten, dass nur wenig günstiges Laichsubstrat in der Schwallstrecke vorhanden ist (Limnex, 2012). Im überwiegenden Teil der Schwallstrecke sind die Korngrössen tendenziell zu gross für das Ablaichen von Bach- und Seeforellen. Wie hydraulische Untersuchungen (Hartlieb et al., 2007, Schneider & Jorde Ecological Engineering, 2012) allerdings zeigen, ist das Fehlen kleinerer Korngrössen nicht auf den Kraftwerksbetrieb zurückzuführen. Indessen hängen die hydraulischen Bedingungen sowohl vom Kraftwerksbetrieb als auch von der Flussmorphologie ab. Für die Kanal- und die Buhnenstrecke existieren nur unterhalb von 5 m3/s günstige Laichbedingungen, während in der Kiesbankstrecke bis 20 m3/s gute Verhältnisse vorliegen. Im zuletzt genannten Abschnitt treten bereits heute während der Laichzeit längere Perioden mit diesen Bedingungen auf (Bild 5). Lebensstadium Entwicklung des Laichs Damit sich die in der Sohle abgelegten Eier bis zum Frühling erfolgreich entwickeln können, müssen sie permanent über ausreichend Frischwasser verfügen. Daher darf die Laichgrube weder trockenfallen, zufrieren noch darf die Sohle zu stark kolmatieren. Ausserdem darf es während dem Heranreifen der Eier zu keinen stärkeren Bewegungen der Sohle infolge von hohen Abflüssen kommen. Mit Versuchen von Laichboxen (Kap. 3.2 Bild 3) konnte nachgewiesen werden, dass bereits heute hinsichtlich minimalem Abfluss und innerer Kolmation gute Bedingungen für die Entwicklung der Bachforelleneier vorliegen (Haas & Peter, 2009, KWO, 2012a). Die Stabilität der Laichgruben konnte sowohl mit einer hydraulischen Modellierung (Schneider & Jorde Ecological Engineering, 2012) als auch mit einem physikalischen Modellversuch (Hartlieb et al., 2007) nachgewiesen werden. Da beide Ansätze von einer Deckschichtbildung ausgehen und diese bei natürlichen Laichgruben nicht gegeben ist, wurden im Frühling 2012 zusätzlich noch Felduntersuchungen direkt in der Hasliaare durchgeführt (KWO, 2012b). Dafür wurden in der Kiesbankstrecke zwei repräsentative Stellen ausgewählt, die auch für Fische als poten-
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Lebensstadium Fischlarven und Jungfische In der Hasliaare erfolgt das Schlüpfen der Fischlarven in der Regel zwischen März und April. Die Brütlinge und auch die etwas älteren Sömmerlinge benötigen als Lebensraum flache und gleichzeitig leicht durchströmte Flächen, wie sie an natürlichen flachen Uferpartien anzutreffen sind. Die relativ eintönige Morphologie, die seitlichen Begrenzungen und die künstliche (steile) Ufergestaltung sind dafür verantwortlich, dass nur bei vergleichsweise tiefen Abflüssen günstige Lebensbedingungen für Jungfische bestehen. Für jeden Gewässerabschnitt wurde mit der CASiMiR-Modellierung der kritische Abfluss bestimmt, oberhalb dessen die Lebensräume für Jungfische verschwinden. In der Kanal- und Buhnenstrecke beträgt der kritische Abfluss 5 m3/s und in der Kiesbankstrecke 20 m3/s (Bieri, 2012, Person et al., 2013). Ein Vergleich mit den historischen Abflüssen (Kap. 3.1.2) zeigt, dass bereits im Mai der natürliche mittlere Monatsabfluss mit 45 m3/s diese kritischen Werte deutlich überschreitet. Dagegen treten während der Entwicklung der jungen Fische (April bis September) keine ökologisch kritischen Niedrigwasserperioden auf. In dieser Zeit sind insbesondere die
Bild 7. Seeforellenpärchen in der Hasliaare, Quelle: Daniel Göz, 2012. Zuflüsse aus dem Gadmental sehr hoch, da in diesem Gebiet keine Speichermöglichkeiten vorhanden sind (Kap. 3.1.1). Das Fehlen der Jungfischhabitate ist während des Sommerhalbjahrs daher vorwiegend auf die Flussmorphologie zurückzuführen. Allerdings müssen bei einer fischökologischen Beurteilung auch die heutigen unnatürlich hohen Schwall- und Sunkraten in der Hasliaare berücksichtigt werden. Während ein zu schneller Anstieg im Abfluss die Verdriftung begünstigt, kann ein zu rascher Rückgang zum Stranden der Tiere führen. Aufgrund der eintönigen Morphologie wurde ein Stranden von Jungfischen allerdings nur in Einzelfällen und unter Extrembedingungen (sehr ausgeprägte Minimalabflüsse) beobachtet (Limnex, 2012). Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass eine wesentliche Verbesserung der fischökologischen Situation nur mit einer Kombination aus morphologischer Aufwertung und hydrologischer Sanierung erreicht werden kann. Lebensstadium adulte Fische Entsprechend dem Grössenwachstum bevorzugen die adulten Tiere höhere Strömungsgeschwindigkeiten und Wassertiefen als die Jungfische. Die CASiMiR-Modellierungen zeigen, dass in der Kanalstrecke bereits bei tiefen Abflüssen (25 m3/s) das Lebensraumangebot durch die einförmige Morphologie begrenzt wird (Bieri, 2012), während in der Kiesbankstrecke noch geeignete Stellen bis rund 40 m3/s anzutreffen sind. Vereinzelt können in Innertkirchen in den Zwischenbereichen der Buhnen auch bei hohen Abflüssen (100 m3/s) noch geeignete Habitate für adulte Forellen beobachtet werden. Um die hier angegebenen Abflusswerte fischökologisch einordnen zu können, sollte der natürliche mittlere Monatsabfluss im Juli
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
mit rund 90 m3/s herangezogen werden. Für eine naturnahe Entwicklung der Fische spielen zudem die Nahrungsverfügbarkeit und die Unterstände eine entscheidende Rolle. Aufgrund der relativ geringen Fischdichte dürfte sich das Nahrungsangebot nicht limitierend auswirken (Limnex, 2009 und 2012). Dagegen führen die künstlichen Uferverbauungen sowie die unnatürliche Ufervegetation zu einem Defizit an Unterständen, in denen sich die Fische vor Prädatoren (z.B. Vögel, Fischer) effizient schützen können. Wanderung Seeforelle Neben den bereits beschriebenen fischökologischen Aspekten kommt der Schwallstrecke auch eine wichtige Bedeutung als Wanderkorridor und teilweise auch als Laichgebiet für die Seeforelle (Bild 7) zu. Im Herbst steigen die geschlechtsreifen Seeforellen vom Brienzersee zu ihren Laichgründen im Raum Meiringen und Innertkirchen auf. Wie bei den Bachforellen werden Laichgruben angelegt, die Eier reifen über den Winter heran, um im darauffolgenden Frühling zu schlüpfen. Die jungen Seeforellen bleiben das erste und vermutlich häufig auch ihr zweites Lebensjahr in ihrem angestammten Laichgewässer, bevor sie zum Brienzersee abwandern und vier bis fünf Jahre nach dem Schlüpfen zum ersten Mal zum Ablaichen wieder in die Hasliaare zurückkehren. Die jährlichen Fangerfolge beim Laichfischfang belegen, dass trotz künstlicher Pegelschwankungen und der einförmigen Morphologie der Aufstieg der Seeforelle gelingt. 4.
Diskussion und Schlussfolgerungen Dank der zahlreichen Untersuchungen kann die heutige gewässerökologische Situation relativ gut und umfassend beschrieben werden. Mit den durchgeführten 197
Schwall/Sunk – Hasliaare
tielle Laichplätze attraktiv wären. Während tiefem Abfluss wurde jeweils eine Laichgrube mit einer Tiefe von rund 50 cm von Hand ausgehoben und mit drei Schichten von vorher eingefärbten Steinen aufgefüllt (Bild 6). Die Lage der drei Schichten orientierte sich dabei an wissenschaftlichen Arbeiten und Feldbeobachtungen. Für Bachforellen werden Tiefen von 0 bis 25 cm (Ottoway et al., 1981) und für Seeforellen Tiefen bis 50 cm (Rubin et al., 2004, Fischereiinspektorat des Kanton Bern, 2012–mdl.) berichtet. Mehrere Tage nach der Installation der künstlichen Laichgruben wurde die Stromproduktion in Innertkirchen für mehrere Stunden erhöht. Mit dem Zufluss aus dem Zwischeneinzugsgebiet resultierte so ein Abfluss von knapp 110 m3/s. Daran anschliessend erfolgte eine Feldbegehung (bei Niedrigwasser), bei der die gefärbten Steine an ihrem ursprünglichen Ort wieder gefunden wurden. Mit dieser Versuchsanordnung wurde damit der Praxisnachweis erbracht, dass an den ausgewählten Stellen die Laichgruben solange stabil sind, bis die Fischlarven die Sohle verlassen. In der Zwischenzeit konnten diese Resultate für weitere Stellen in allen Gewässerabschnitten der Schwallstrecke bestätigt werden.
Schwall/Sunk – Hasliaare
Arbeiten wurden einerseits die bestehenden ökologischen Defizite identifiziert und anderseits die Widerstandsfähigkeit und Toleranz des gewässerökologischen Systems auf Abflussregime und Morphologie dokumentiert. Abiotische Aspekte Wie die umfangreichen Untersuchungen zur Gewässersohle zeigen, führt das Abflussregime der Hasliaare weder zu einer starken Sohlenkolmation noch zu einer Abnahme an Laichsubstrat (Limnex, 2012, Schneider & Jorde Ecological Engineering, 2012). Aufgrund einer kantonalen Vereinbarung, die einen minimalen Abfluss von rund 3 m3/s festlegt, tritt gemäss BAFUVollzugshilfe auch keine ökologische Beeinträchtigung durch einen zu geringen Niedrigwasserabfluss auf (Baumann et al., 2012). Zudem zeigen die chemischen Untersuchungen eine gute bis sehr gute Wasserqualität. Allerdings wird durch den Kraftwerksbetrieb eine Änderung des Temperatur- und Trübstoffregimes verursacht. Bei den aquatischen Organismen können dadurch Beeinträchtigungen hinsichtlich Lebensrhythmus und Stoffwechsel hervorgerufen werden (Schweizer et al., 2009). Jedoch deuten die biologischen Untersuchungen darauf hin, dass diese Stressfaktoren im Gegensatz zu den morphologischen und hydrologischen Beeinträchtigungen (z.B. Verdriftung von Organismen) eine untergeordnete Rolle einnehmen. MZB Neben der Besiedlung der Invertebraten wurde auch deren Verdriftung in Abhängigkeit von Abfluss und Schwallrate detailliert untersucht (Limnex, 2009 und 2012). Während die Artenvielfalt der Wirbellosen als standorttypisch bezeichnet werden kann, ist die Biomasse in der Schwallstrecke deutlich reduziert. Die Ergebnisse der Driftversuche von 2008 deuten darauf hin, dass die verringerte Biomasse auf eine verstärkte Verdriftung der Invertebraten zurückzuführen ist. Diese Untersuchungen zeigen ausserdem, dass die Verdriftung vor allem vom Abflussanstieg und von der Morphologie abhängt, während der maximale Abflusswert eine weniger entscheidende Rolle spielt. Um eine Erhöhung der benthischen Biomasse zu erreichen, muss die Sanierungsplanung daher auf eine Reduktion der Schwallrate und auf morphologische Aufwertungen in der Schwallstrecke fokussieren.
198
Fische Für eine erfolgreiche Reproduktion der standortgerechten Fischfauna müssen die Ansprüche aller Lebenszyklen erfüllt werden. Die durchgeführten fischökologischen Untersuchungen belegen, dass das künstliche Abflussregime weder die Bedingungen für die Verlaichung (nur Kiesbankstrecke) noch die Entwicklung des Laichs wesentlich beeinträchtigen. In der Kiesbankstrecke verschwinden die Lebensräume für Brütlinge und Jungfische bei Abflüssen über 20 m3/s, resp. oberhalb von 5 m3/s in der Buhnen- und in der Kanalstrecke (Bieri, 2012, Person et al., 2013). Da der natürliche Abfluss bereits im Mai mit 45 m3/s deutlich über dieser Schwelle liegt, lässt sich das Fehlen der Jungfischhabitate in erster Linie auf die morphologischen Verhältnisse zurückführen. Für die adulten Forellen stellt sich die Situation etwas differenzierter dar. Während der Schnee- und Gletscherschmelze fehlen auch unter natürlichen Abflussbedingungen geeignete Lebensräume in der Kanal- und Kiesbankstrecke. Dagegen bieten die Zwischenräume der Buhnen auch bei hohen Abflüssen noch geeignete Habitate für die erwachsenen Tiere. In allen Abschnitten dürfte allerdings das geringe Angebot an geeigneten Unterständen limitierend wirken. Neben der Morphologie müssen jedoch auch die hohen Anstiegs- und Rückgangsraten im Abfluss als deutliche Beeinflussung der Fischfauna berücksichtigt werden. Insbesondere dürfte ein schneller Abflussanstieg zu einer erhöhten Verdriftung von Jungfischen führen. Aufgrund der eintönigen Morphologie fällt das Risiko des Strandens für Jungfische hingegen eher gering aus (Limnex, 2012). Die Untersuchungsergebnisse zeigen damit deutlich, dass eine fischökologische Verbesserung nur durch eine Kombination aus hydrologischer und morphologischer Massnahmen erzielt werden kann. Bei den morphologischen Verbesserungen sollte die Bildung von flachen Uferbereichen im Vordergrund stehen, die sowohl bei tiefen als auch bei hohen Abflüssen Lebensräume für Jungfische bieten. Zusätzlich würde eine natürliche Ufervegetation die Quantität und Qualität der Unterstände für erwachsene Forellen erhöhen. Aufgrund der sehr hohen Abflüsse während der Schnee- und Gletscherschmelze wäre eine permanente Reduktion des Abflusses im Sommer nur mit einer Direktableitung in den Brienzersee möglich. Diese Option ist allerdings mit extrem hohen Kosten verbunden. Aufgrund des Kosten-Nutzen-Verhältnisses
drängt sich daher ein Speicher zwischen Turbinenausfluss und Wasserrückgabe auf, um sowohl die Schwall- als auch die Sunkraten zu reduzieren. Damit würden die aquatischen Organismen in Zukunft längere Reaktionszeiten erhalten, um sich den wechselnden Abflussbedingungen anpassen zu können. Für die Festlegung des Speichervolumens und der Speichersteuerung bedarf es noch weitergehende Abklärungen, die in den Folgeartikeln detailliert beschrieben sind (Schweizer et al. 2013a, 2013b, 2013c). Danksagung Dieser Artikel basiert zum überwiegenden Teil auf den Vorarbeiten, Untersuchungen, Erfahrungen und dem einmaligen Wissen von Peter Baumann. Er hinterlässt nicht nur in diesem Projekt eine kaum zu schliessende Lücke im Fachbereich der Gewässerökologie. Für die fachlich hervorragende und die sehr konstruktive Zusammenarbeit bedanken sich die Autoren ganz herzlich bei Manfred Kummer, Martin Huber Gysi, Daniel Hefti, (alle Bundesamt für Umwelt) und Vinzenz Maurer (Amt für Wasser und Abfall) sowie Armin Peter und Emilie Person (beide Eawag). Catherine Mathez (BWU), Bernhard Luder (BAFU), Heinz Peter Tscholl, Oliver Kost, Jan Baumgartner und Daniel Fischlin (alle KWO) gebührt ein grosser Dank für die wertvollen Anmerkungen und für das kritische Durchlesen des Manuskripts. Literatur AquaTerra (2007): Umweltverträglichkeitsbericht Kraftwerk Innertkirchen 1, Aufwertung 2. Etappe. Fachbereich Gewässerökologie. Bericht im Auftrag der KWO (Autoren: Lubini V. & Meier C.). Baumann P., Kirchhofer A. und Schälchli U. (2012): Sanierung Schwall/Sunk – strategische Planung. Ein Modul der Vollzugshilfe Renaturierung der Gewässer. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Vollzug Nr. 1203: 126 S. Bieri M. (2012): Operation of Complex Hydropower Schemes and its Impact on the Flow Regime in the Downstream River System under Changing Scenarios. Diss. EPFL No 5433., Zürich, Schweiz. Binderheim E. & Göggel W. (2007): Methoden zur Untersuchung und Beurteilung der Fliessgewässer. Äusserer Aspekt. Schriftenreihe Umwelt Vollzug Nr. 0701. Bundesamt für Umwelt, Bern: 43 S. Bruder A., Schweizer S., Vollenweider S., Tonolla D. und Meile T. (2012a): Schwall und Sunk: Auswirkungen auf die Gewässerökologie und mögliche Sanierungsmassnahmen. «Wasser Energie Luft» 2012(4): 257–264. Bruder A., Vollenweider S., Schweizer S., Tonolla D. und Meile T. (2012b): Schwall und Sunk:
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«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
199
Schwall/Sunk – Hasliaare
Planung und Bewertung von Sanierungsmass-
Schwall/Sunk – Hasliaare
Schwall/Sunk-Sanierung in der Hasliaare Phase 1b: Ökologische Bewertung des Ist-Zustands anhand der 12 Indikatoren der aktuellen BAFU-Vollzugshilfe Steffen Schweizer, Stephanie Schmidlin, Diego Tonolla, Peter Büsser, Matthias Meyer, Judith Monney, Sandro Schläppi, Matthias Schneider, Jeff Tuhtan, Kurt Wächter
Zusammenfassung In der Hasliaare wurden zahlreiche gewässerökologische Untersuchungen durchgeführt, die eine sehr gute Basis für eine Bewertung anhand der BAFUVollzugshilfe «Sanierung Schwall/Sunk – Strategische Planung» bieten. Im Rahmen einer Begleitgruppe (Bundesamt für Umwelt und Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern) wurde ein Expertenteam (Limnex AG, Eawag, Büsser, EPFL-LCH, Schneider & Jorde Ecological Engineering) damit beauftragt, alle Indikatoren der Vollzugshilfe anzuwenden. Bei der Beurteilung musste auch der Einfluss der Morphologie berücksichtigt werden. Zusätzlich waren Anpassungen in der Methodik (BAFU-Vollzugshilfe) erforderlich. Während einem gemeinsamen Workshop legten das Expertenteam und die Begleitgruppe die endgültige Bewertung für alle Indikatoren und für die verschiedenen Flussabschnitte fest. Dabei zeigte sich, dass für eine erfolgreiche Sanierung der Schwallstrecke sowohl hydrologische als auch morphologische Verbesserungen nötig sind.
Abstract A number of ecological and hydraulic studies have been carried out in the Hasliaare River in accordance with the BAFU (Federal Office for the Environment) guidance document «Hydropeaking Mitigation – Strategic Planning». Under the auspices of a monitoring group (Swiss Federal Office for the Environment, Cantonal Bureau for Water and Waste) an expert team (Limnex AG, Eawag, Büsser, EPFL, Schneider & Jorde Ecological Engineering) was assembled in order to apply the full catalog of indicators in the guidance document. Moreover, morphological effects were included in the assessment, and for some indicators it was necessary to make adjustments to the proposed methodology. The results and recommendations for the indicators in different investigation reaches were determined during a workshop including both the monitoring group and the expert team. Finally, it was determined that for a successful mitigation of the hydropeaking impacts both, hydrological and morphological measures are required.
1. Einleitung Wasserkraftwerke mit grossen Speicherseen können die Stromerzeugung variabel gestalten und tragen auf diese Weise einen grossen Teil zur Netzstabilität bei. Gleichzeitig führt die flexible Stromproduktion jedoch zu einer unregelmässigen Wasserrückgabe in den Vorfluter. Dadurch wird das Abflussregime unterhalb der Wasserrückgabe in zweifacher Weise verändert (Schwall/Sunk): • Saisonale Verschiebung des Abflusses vom Sommer in den Winter • Kurzfristige Änderungen im Abfluss. Für die aquatischen Organismen und die Bewohner der Wasserwechselzone kön-
nen sich die Auswirkungen dieser künstlichen Pegelschwankungen unterschiedlich stark ausprägen (z.B. Schweizer et al., 2009). Mit der 2011 in Kraft getretenen Revision des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) sollen unter anderem die wesentlichen Beeinträchtigungen durch Schwall/Sunk behoben werden. Dafür sind in erster Linie bauliche Massnahmen (z.B. Beruhigungsbecken zur Reduktion der Geschwindigkeit von Abflusszu- oder -abnahme oder Direktableitung in ein grösseres Gewässer) geplant. Auf Kraftwerksantrag sind aber auch betriebliche Massnahmen (freiwillige Einhaltung von Grenzwerten wie z.B. maximaler oder
200
minimaler Abfluss) möglich, bzw. in bestimmten Fällen kann die Sanierung auch aus einer Kombination von baulichen und betrieblichen Massnahmen bestehen. Die Kosten für die Sanierungsmassnahmen werden vom Stromkonsumenten durch eine Abgabe von 0.1 Rappen pro kWh getragen (wobei diese Beiträge auch für die Sanierung der Aspekte Geschiebehaushalt und Fischgängigkeit verwendet werden). Die Umsetzung der Schwall/Sunk-Sanierung ist in vier Phasen gegliedert: • Phase 1: Beurteilung des Ist-Zustands (Defizitanalyse). Der Kanton klärt, ob eine wesentliche Beeinträchtigung durch die künstlichen Pegelschwankungen im Sinne des Gesetzes vorliegt. • Phase 2: Bei einer wesentlichen Beeinträchtigung erarbeitet das Kraftwerk verschiedene Sanierungsmassnahmen. Der Kanton und das BAFU verfügen die umzusetzende(n) Sanierungsmassnahme(n). • Phase 3: Das Kraftwerk setzt die verfügte(n) Massnahme(n) um und wird entschädigt. • Phase 4: Nach Umsetzung der Massnahme(n) wird eine Erfolgskontrolle durchgeführt. In der vom BAFU herausgegebenen Vollzugshilfe «Sanierung Schwall/ Sunk – Strategische Planung» (Baumann et al., 2012) werden insgesamt zwölf Indikatoren beschrieben, mit denen für die Phase 1 bestimmt werden kann, ob in einem bestimmten Gewässer eine wesentliche Beeinträchtigung durch Schwall/ Sunk vorliegt. Bis Ende 2014 müssen diese Abklärungen von den Kantonen durchgeführt werden. Zur Unterstützung der Kraftwerke und der kantonalen Fachstellen werden aktuell für die Phasen 2 und 3 zusätzliche Bewertungsmethoden erarbeitet.
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Situation Oberhasli
Untersuchungsprogramm Bei den Kraftwerken Oberhasli AG (KWO) erfolgt die Wasserrückgabe in die Hasliaare über die zwei Zentralen Innertkirchen 1 (Speicherstufe mit max. Wasserdurchfluss von heute 40 m3/s) und Innertkirchen 2 (Laufwasser mit max. Wasserdurchfluss von heute 30 m3/s). Im Rahmen des Investitionsprogramms KWO plus wird die Zentrale Innertkirchen 1 mit einer zusätzlichen Turbine erweitert, womit die künftige maximale Wasserrückgabe um 25 m3/s erhöht wird (Schweizer et al., 2012a). Die technischen und ökologischen Planungen dieser Kraftwerkserweiterung begannen bereits Jahre vor dem Inkrafttreten der Revision des GSchG (Schweizer et al., 2008). Im Auftrag der KWO führten verschiedene Umwelt- und Ingenieurbüros (Limnex, Büsser, Schneider & Jorde Ecological Engineering, AquaTerra, Herzog, BWU) sowie Forschungseinrichtungen (Eawag, EPFL, FH Fribourg) umfassende gewässerökologische Untersuchungen in der Hasliaare durch (Schweizer et al., 2013a). Die dabei gewonnenen Ergebnisse erlauben eine vollständige Bewertung des Ist-Zustands anhand der BAFU-Vollzugshilfe (Baumann et al. 2012). Morphologie der Schwallstrecke Unterhalb von Innertkirchen lässt sich die Hasliaare in vier verschiedene morphologisch identische Abschnitte gliedern: • Buhnenstrecke Innertkirchen (0.7 km) • Aareschlucht (1.9 km) • Kiesbankstrecke Meiringen (1.4 km) (Bild 1a und 1b) • Kanalstrecke Meiringen bis Brienzersee (11.5 km)
Ein ausführlicher Beschrieb der Schwallstrecke, des natürlichen und aktuellen Abflussregimes sowie der gewässerökologischen Untersuchungen finden sich in Schweizer et al. (2013a). Aufgrund starker Beschattung und seitlicher Einengung wurde die Aareschlucht bei der Bewertung nicht berücksichtigt. Für die Untersuchungen wurde zusätzlich auch die benachbarte Lütschine als Referenzgewässer herangezogen (Schweizer et al., 2013a). Die Lütschine wird durch die Wasserkraft geringfügig genutzt und eignet sich aufgrund der ähnlichen Einzugsgebietscharakteristik (Grösse, Vergletscherung) und Flussmorphologie als Referenzgewässer. 3.
Begleitgruppenprozess und Vorgehen Im Rahmen dieser Fallstudie wurde die BAFU-Vollzugshilfe zum ersten Mal vollständig angewendet. Die Bewertung wurde von einem Expertenteam (Limnex, Eawag, Büsser, EPFL-LCH, Schneider & Jorde Ecological Engineering) durchgeführt und die dafür notwendigen Arbeitsschritte in einer Begleitgruppe diskutiert und festgelegt. In der Begleitgruppe vertraten Manfred Kummer, Diego Tonolla und Martin HuberGysi das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und Judith Monney das Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern (AWA). Die ökologische Bewertung wird sowohl vom Abflussregime als auch von der Morphologie beeinflusst. Daher erfolgte je Indikator eine separate Bewertung für die Buhnen-, Kiesbank- und Kanalstrecke. Die endgültige Gesamtbewertung je Indikator erfolgte im Rahmen eines Workshops mit Expertenteam und Begleitgruppe. An dieser Veranstaltung nahmen
Daniel Hefti (BAFU) und Vinzenz Maurer (AWA) zusätzlich teil. 4.
Konstruktion und Anwendung repräsentativer Abflussganglinien Für die Anwendung mehrerer Indikatoren (z.B. F2 Stranden von Fischen oder F3 Laichareale der Fische) werden verschiedene hydrologische Eingangsgrössen benötigt. Dafür wurde der Betrachtungszeitraum vom Expertenteam festgelegt und anhand statistischer Werte für jeden Gewässerabschnitt eine repräsentative Abflussganglinie definiert. Systemdienstleistungen und Abflussregime Vor wenigen Jahren orientierte sich die Stromproduktion in Innertkirchen hauptsächlich am Strompreis und an der Wasserverfügbarkeit. Seit dem Jahr 2008 stellt die KWO Systemdienstleistungen (SDL) bereit, womit sich das Betriebsregime deutlich verändert hat. Mit einer SDL verpflichtet sich ein Kraftwerk, bei einem Stromüberschuss oder -mangel im Netz innerhalb kurzer Zeit (im Sekunden- oder Minutenbereich) regulatorisch einzugreifen. Dieser wichtige Beitrag zur Netzstabilität wird einem Kraftwerk finanziell entschädigt. In den meisten Fällen werden die Kraftwerke auf halber Last gefahren, um je nach Bedarf kurzfristig mehr oder weniger Strom ins Netz einspeisen zu können. Verglichen mit der früheren Situation führt die Bereitstellung von SDL zu einer insgesamt weniger stark schwankenden Stromproduktion aus Wasserkraft. Dementsprechend erfolgt auch die Wasserrückgabe tendenziell homogener und die künstlichen Pegelschwankungen fallen weniger deutlich aus. Mit der geplanten
a)
b) 3
3
Bild 1a und 1b. Hasliaare im Raum Meiringen (Kiesbankstrecke) bei niedrigem (links, ca. 3 m /s) und mittlerem (rechts, ca. 60 m /s) Abfluss. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
201
Schwall/Sunk – Hasliaare
2.
Schwall/Sunk – Hasliaare
Energiewende werden die Anteile von Photovoltaik und Wind am Energiemix künftig erhöht. Da die Stromproduktion dieser Energiequellen nur bedingt vorhersagbar und nicht planbar ist, dürften die Schwankungen im Stromnetz tendenziell weiter zunehmen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass sich künftig die Bedeutung der Wasserkraft für die Netzstabilität weiter erhöht und damit auch vermehrt SDL angeboten werden. Betrachtungszeitraum Im Einzugsgebiet der KWO fallen die relativen Änderungen des Abflusses und der Lebensraumbedingungen während den Wintermonaten am stärksten aus. In dieser Jahreszeit finden zudem diverse gewässerökologische Schlüsselprozesse (u.a. Laichzeit der Salmoniden, Entwicklung der meisten Insektenlarven) statt. Daher konzentrierten sich die gewässerökologischen Beurteilungen vorwiegend auf das Winterhalbjahr. Für bestimmte Fragestellungen (z.B. Jungfischhabitate) wurden weitere Jahreszeiten miteinbezogen. Aufgrund energiepolitischer und gewässerökologischer Überlegungen wurde von der Begleitgruppe und dem Expertenteam beschlossen, die Bewertungen v.a. auf die Abflussganglinien der Wintermonate von 2008 bis 2012 abzustützen. Konstruktion repräsentativer Abflussganglinien anhand statistischer Kennwerte Allgemein lassen sich die künstlichen Abflussverhältnisse anhand der Schwall- und Sunkrate sowie dem minimal und maximal auftretenden Abfluss hydrologisch relativ gut beschreiben (Bruder et al., 2012a). Mit diesen hydrologischen Kennwerten kann anschliessend eine repräsentative Schwall/Sunk-Abflussganglinie (Bild 2) konstruiert werden. Die Bestimmung dieser Kennwerte erfolgte anhand der 95%-Perzentile (basierend auf den täglichen Extremwerten). Die natürliche Dynamik im Abflussverhalten und die Widerstandsfähigkeit der aquatischen Gemeinschaft bei Extremereignissen rechtfertigen die Konzentration auf das 95%-Perzentil. Allerdings flossen bei bestimmten Fragestellungen auch die Werte der 100%-Perzentile in die ökologische Bewertung mit ein. Für die drei betrachteten Gewässerabschnitte wurde je eine repräsentative Ganglinie konstruiert. Schwall- und Sunkraten im Längsverlauf Aufgrund grossmassstäblicher Rauheiten treten im Längsverlauf zwischen den 202
Bild 2. Repräsentative Abflussganglinien (auf Basis von 95%-Perzentilen) für die Flussabschnitte «Buhnenstrecke Innertkirchen», «Kiesbankstrecke Meiringen» und «Kanalstrecke Brienzwiler». einzelnen Abschnitten deutliche Dämpfungseffekte bei den Abflussgradienten auf (LCH 2010): Die Schwallraten nehmen von 1.36 m3s-1min-1 in Innertkirchen auf 0.76 m3s-1min-1 in Brienzwiler deutlich ab (Schweizer et al., 2013b). Bei den Sunkraten wurden in erster Linie die tiefen Abflussbereiche betrachtet, da nur unterhalb 8.1 m3/s ein Stranden von Fischen potenziell möglich ist (Kap. 5.3). Mit Werten von 0.70 m3s-1min-1 in der Buhnen- und 0.22 m3s-1min-1 in der Kanalstrecke kann auch für die Sunkraten eine markante Dämpfung beobachtet werden. Sowohl die Schwall- als auch die Sunkraten liegen in der gesamten Schwallstrecke weit über den Abflussschwankungen, die natürlicherweise auftreten würden. Maximaler und minimaler Abfluss im Längsverlauf Zwischen 2008 und 2012 betrug der maximale Winterabfluss in Innertkirchen 42.2 m3/s (95%-Perzentil) bzw. 52.8 m3/s (100%-Perzentil) und lag damit deutlich unter dem Schwellenwert für ein Aufreissen der Sohlendeckschicht (150– 180 m3/s, Hartlieb et al., 2007). Die theoretisch maximale Wasserrückgabe (70 m3/s) wurde seit 1990 nur zweimal erreicht. Im Längsverlauf führen die seitlichen Zuflüsse zu einer leichten Erhöhung des Maximalabflusses um bis zu 3.2 m3/s. Infolge einer Vereinbarung zwischen KWO und dem Kanton Bern beträgt der Mindestabfluss in der Hasliaare heute 3 m3/s (heutiges 95%-Perzentil 3.1 m3/s, natürlicher Niedrigwasserabfluss = 2.4 m3/s). Während der Niedrigwasserperiode sind die seitlichen Zuflüsse vernachlässigbar. Modellierung der Lebensräume Die repräsentativen Ganglinien wurden u.a. für eine Habitatmodellierung der drei Untersuchungsabschnitte verwendet. Als Software wurde dafür das Modellsys-
tem CASiMir (www.casimir-software.de, Jorde, 1997, Schneider, 2001) gewählt. Die CASiMiR-Modellierung verknüpft hydraulische Aspekte mit biologischen Lebensraumansprüchen, wobei explizit die dabei auftretende Unschärfe mit einer Fuzzy-Logik (Zadeh, 1965) berücksichtigt wird. Damit konnten sowohl die Habitateignungen für den Lebenszyklus der Bachforelle (Person et al., 2013) als auch für verschiedene Wasserinsekten (Tanno et al., 2013) modelliert werden. 5.
Bewertung anhand der BAFU-Indikatoren Die Ergebnisse des umfangreichen Untersuchungsprogramms (Schweizer et al., 2013a) erlauben eine vollständige Anwendung der BAFU-Vollzugshilfe (Tabelle 1). Im Rahmen eines Workshops wurde von den beteiligten Gewässerexperten die definitive Bewertung je Indikator festgelegt. Dabei mussten bei einzelnen Indikatoren methodische Anpassungen vorgenommen und für jeden Indikator eine Gesamtbewertung über alle drei betrachteten Gewässerabschnitte durchgeführt werden. 5.1 Abiotische Indikatoren Gemäss Vollzugshilfe sind für die Bewertung des Indikators H1 Kolmation die Aspekte hochwinterliche Schwebstoffkonzentration (während einem Schwallereignis) sowie die Morphologie der Schwallstrecke massgebend. Werden ausschliesslich diese Parameter herangezogen, ergäbe dies sowohl für die Hasliaare als auch für die Lütschine eine Einteilung mit der Klasse mässig (gelb) oder schlechter. Andererseits wurde in der Schwallstrecke bei der Mehrzahl der durchgeführten Feldmessungen eine schwache bis mittlere innere Kolmation festgestellt (Limnex, 2012). Hinzu kommen die biologischen Feldversuche vom Winter 2011/2012. Dabei wurden künstlich befruchtete Fisch-
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Indikator
Anpassungen
Bu
Ki
Ka
Gesamt-
Schwall/Sunk – Hasliaare
Schwallstrecke Hasliaare
Lütschine Ki
Ka
bewertung H1 Innere Kolmation
Messungen
A1 Mindestabfluss Q1 Wassertemperatur B1 Biomasse MZB B2 MSK Modul MZB B3 Längenzonation MZB
Referenz Lütschine
B4 EPT-Familien F1 MSK Modul Fische F2 Stranden von Fischen
Wertefunktion
F3 Laichareale der Fische
Annahme hinsichtlich Substrat
F4 Reproduktion der Fischfauna F5 Fischereiliche Produktivität
Wertefunktion
Tabelle 1. Bewertung der Hasliaare und der Lütschine (Referenzgewässer) anhand der Indikatoren der BAFU-Vollzugshilfe. Klasseneinteilung: blau = sehr gut, grün = gut, gelb = mässig, orange = unbefriedigend, rot = schlecht, grau = nicht bewertet. Abkürzungen: Bu = Buhnenstrecke, Ki = Kiesbankstrecke, Ka = Kanalstrecke, MZB = Makrozoobenthos, MSK = Modulstufenkonzept, EPT = Familien der Eintagsfliegen-, Steinfliegen- und Köcherfliegenlarven.
eier in Laichboxen in der Sohle vergraben und im darauf folgenden Frühjahr die Überlebensraten des Laichs untersucht (Schweizer et al., 2013a). Das Überleben von über 90% der Eier dokumentiert die ausreichende Zufuhr an Frischwasser, die nur bei einer geringen oder mittleren inneren Kolmation der Sohle möglich ist. Aufgrund dieser direkt im Feld erhobenen Werte und dem Vergleich mit dem Referenzgewässer (Lütschine) wurde dieser Indikator mit der Klasse Grün bewertet. Mit der kantonalen Vereinbarung, die für die Hasliaare einen minimalen Abfluss von 3 m3/s festlegt (Kap. 4), wird die Vorgabe des Indikators A1 Mindestabfluss für die Klasse Grün erfüllt. Für die Anwendung des Indikators Q1 Wassertemperatur sind fünfjährige Messreihen mit einer zeitlichen Auflösung von 15 Minuten vorgesehen. Eine dementsprechende Datenreihe ist allerdings nur für den Pegel Brienzwiler (Kanalstrecke) vorhanden. Für die beiden oberen Abschnitte liegen nur Messdaten für jeweils ein Jahr mit einer zeitlichen Auflösung von einer Stunde vor (Schweizer et al., 2013a). Auf Basis von Analogieschlüssen konnten aber auch diese beiden Abschnitte nachvollziehbar bewertet werden (Limnex, 2012). Bei einem Vergleich mit der Lütschine zeigte sich, dass die täglichen Temperaturänderungsraten in der Hasliaare etwas höher ausfallen und im Mittel rund doppelt so viele Temperaturpeaks pro Tag auftreten. Damit liegen die
gemessenen Wassertemperaturen und deren Verlauf in der Hasliaare gemäss Vollzugshilfe allerdings immer noch im Bereich der Klasse Grün. 5.2
Indikatoren Makrozoobenthos (MZB) Die relativ grosse Anzahl von MZB-Probenahmen erlaubt eine sehr gut abgestützte Bewertung aller vier Indikatoren, die den Zustand der Wirbellosen beschreiben (Schweizer et al., 2013a). Bei den biologischen Aufnahmen zeigte sich, dass die Biomasse des MZB im Vergleich zu Referenzgewässern reduziert ist (Dückelmann, 2001, Schweizer et al., 2013a). Dies ist sehr wahrscheinlich auf eine erhöhte Verdriftung bei einer schnellen Zunahme des Abflusses zurückzuführen (Limnex, 2009). Etwas überraschend wurde in der Kanalstrecke eine deutlich höhere Biomasse bestimmt (Klasse Blau) als in den beiden morphologisch vielfältigeren Abschnitten (Klasse Gelb). Da dies u.U. auch auf methodische Gründe bei den Probenahmen (lokale Dominanz von Würmern) zurückzuführen ist, wurde für den Indikator B1 Biomasse MZB eine Gesamtbewertung mit der Klasse Gelb festgelegt. Dagegen zeigten die beiden Indikatoren B2 Modulstufenkonzept Modul Benthos und B4 EPT-Familien (Eintags-, Stein- und Köchenfliegenlarven), die jeweils die Artenvielfalt in einem Gewässer beschreiben, für alle Abschnitte die Klasse Grün an. Dementsprechend wurde diese
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Bewertungsklasse auch für die Gesamtbewertung übernommen. Im Längsverlauf eines Gewässers verändern sich die hydraulischen, thermischen und morphologischen Eigenschaften. Dies führt dazu, dass mit der jeweiligen Flussregion auch die Zusammensetzung der aquatischen Arten variiert (Vannote, 1980). Mit dem Indikator B3 Längenzonation wird bestimmt, ob es infolge von veränderten hydraulischen Bedingungen (z.B. höhere Fliessgeschwindigkeiten bei Schwall) zu einer Verschiebung der Artengemeinschaft kommt (Céréghino et al. ,2002). Bei der Anwendung dieses Indikators ist die Referenzregion entscheidend, die sich an der Fischregion orientiert. Aus fischökologischer Perspektive kann die Hasliaare als obere Forellenregion oder als Übergang zwischen unterer und oberer Forellenregion eingestuft werden. Je nach gewählter Fischregion unterschieden sich allerdings die Ergebnisse für diesen Indikator um mindestens eine Klasse. Daher wurden die in der Lütschine angetroffenen Arten mit in die Betrachtung einbezogen und für die Bestimmung der Referenzregion (Übergang obere zur unteren Forellenregion) verwendet. Auf diese Weise resultieren für die Abschnitte der Lütschine sowie für die Kiesbank- und die Kanalstrecke der Hasliaare jeweils die blaue und für die Buhnenstrecke die grüne Bewertungsklasse (Tabelle 1). Gesamthaft wurde die Schwallstrecke mit der Klasse Blau bewertet (Limnex, 2012). 203
Schwall/Sunk – Hasliaare
5.3 Indikatoren Fische Der Indikator F1 MSK Fische berücksichtigt die folgenden Kriterien, die mit MalusPunkten bewertet werden können (Schager & Peter, 2004): • Artenspektrum und Dominanzverhältnisse • Deformationen/Anomalien • Populationsstruktur der Indikatorarten • Fischdichte der Indikatorarten. Während bei den ersten beiden Aspekten keine Beeinträchtigungen (für alle Gewässerabschnitte) festzustellen sind, wurden aufgrund der sehr geringen Dichte an jungen und adulten Fischen für die letzten beiden Punkte jeweils die maximale Anzahl an Malus-Punkten vergeben. Diese Einschätzung trifft auf alle Gewässerabschnitte zu, womit sich eine Gesamtbeurteilung von «mässig» (Klasse Gelb) ergibt. Die Bewertung des Indikators F2 Stranden von Fischen erfolgt anhand folgender Arbeitsschritte: (i) Anteil trockenfallender Fläche bei Sunkabfluss an der benetzten Fläche bei Schwallabfluss (ii) Pegelrückgangsrate (iii) Anzahl gestrandeter Fische je 100 m Fliesslänge (iv) Betrachtung der Aspekte (i) bis (iii) für die Gesamtbeurteilung von Indikator F2. (i) Trotz der eingeschränkten Flussbreite allen bei Sunkabfluss über 30% der Fläche in der Buhnen- und Kiesbankstrecke trocken (Klasse Rot). Dagegen ist die morphologische Beeinträchtigung in der Kanalstrecke so stark ausgeprägt, dass sich die benetzte Fläche wischen Sunkund Schwallabfluss nur um 16% verändert (Klasse Grün).Methodisch bedingt schnei-
Buhnenstrecke
Kanalstrecke
(ii) Pegelrückgangsrate (iii) Beobachtung gestrandeter Fische (iv) Gesamtbewertung Indikator F2
Tabelle 2. Unterindikatoren und Gesamtbewertung des Indikators F2 Stranden von Fischen (Bedeutung der Farben entsprechend Tabelle 1). det bei diesem Kriterium eine monotone Flussform positiver ab als eine vielfältige Morphologie. Allerdings ist auch in einem schwallbeeinflussten Gewässer eine hohe morphologische Variabilität als ökologisch wertvoller einzustufen. (ii) Für die Beurteilung der Pegelrückgangsrate müssen in einem ersten Schritt die Stellen identifiziert werden, wo die Gefahr besteht, dass Fische bei einem abrupten Abflussrückgang stranden können (Bild 3). Anschliessend wird der kritische Abfluss bestimmt, bei dem der höchste Punkt der Fischfalle mit 20 cm überflossen wird und somit der laterale Weg zum Hauptgerinne behindert wird (Halleraker et al., 2003, Limnex, 2004, Irvine et al., 2009). Für die Bewertung sind ausschliesslich die Pegelrückgangsraten relevant, die bei Abflüssen unterhalb dieses kritischen Abflusswerts auftreten. Für die Hasliaare erfolgte die Durchführung dieser einzelnen Schritte auf Basis der repräsentativen Ganglinien (Bild 2) und der CASiMiR-Modellierung (Schneider & Jorde Ecological Engineering, 2012). Da ausschliesslich in der Kiesbankstrecke potenzielle Fischfallen auftreten, wurde lediglich dieser Abschnitt für die weitere Beurteilung dieses Kriteriums berücksichtigt. Der kritische Abfluss liegt dort bei 8.1 m3/s. In diesen tiefen Abflussbereichen liegen die Pegelrückgangsraten bei 0.8 cm/
Bild 3. Lage einer potenziellen Fischfalle in der Kiesbankstrecke (rot eingefärbt).
204
Kiesbankstrecke
(i) Trockenfallende Fläche
min (95%-Perzentil) und damit deutlich über dem Sollwert von 0.5 cm/min (Baumann et al., 2012). Dies führt zu einer Bewertung mit der Signalfarbe Rot (Tabelle 2). (iii) Im Jahr 2012 wurde bei der Begehung während extremem Niedrigwasserabfluss eine am Ufer gestrandete Bachforelle in der Buhnenstrecke entdeckt (Limnex, 2012). In den beiden anderen Abschnitten wurden keine gestrandeten Fische gefunden. Somit schneidet der Abschnitt in Innertkirchen mit der Klasse Grün und die beiden anderen Abschnitte jeweils mit der Klasse Blau ab (Tabelle 2). Allerdings dürfte auch die geringe Fischdichte in der Schwallstrecke (Haas & Peter, 2009) einen Einfluss auf die Anzahl gestrandeter Fische ausüben. Da bei diesem Indikator aber ausschliesslich das Strandungsrisiko beurteilt wird, floss der Umstand der geringen Fischpopulation nicht in die Bewertung ein. (iv) Für die Gesamtbewertung des Indikators F2 sind insgesamt nur die Klassen Blau, Grün und Rot vorgegeben (Baumann et al., 2012). Da die Beurteilung der einzelnen Abschnitte mit den drei Kriterien (i–iii) kein eindeutiges Bild ergibt (Tabelle 2), wurden für die Gesamtbewertung (iv) auch Bewertungsklassen zwischen Grün und Rot zugelassen. Während die Kanalstrecke relativ eindeutig mit der Klasse Grün bewertet werden kann,
Bild 4. Stabile Flächen bei Schwall (lila) und Zonen mit instabilem Sohlensubstrat (dunkel-lila). AS1 = Buhnen-, AS3 = Kiesbank- und AS4 = Kanalstrecke. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Paarungszeit nicht berücksichtigt. Die Kombination der Abflussganglinien im November (Laichzeit) mit der Habitatsmodellierung (Kapitel 4) zeigen jedoch, dass immer wieder genügend grosse Zeitfenster für eine erfolgreiche Paarung zur Verfügung stehen. Unter Berücksichtigung aller o.g. Umstände wurde dieser Indikator für alle Abschnitte gesamthaft mit der Klasse grün bewertet. Als Grundlage für die Bewertung des Indikators F4 Reproduktion der Fischfauna dienten die Fangergebnisse der Jahre 2009 bis 2011 (Haas & Peter, 2009, Limnex, 2012). Um die Brütlingsdichte (0+-Fische) zu bestimmen, wurden jeweils im Mai Abfischungen durchgeführt. Anhand der gefangenen 0+-Fische wurde die Ende Sommer für den Indikator zu berücksichtigende Sömmerlingsdichte abgeschätzt. Bei einer angenommenen Fangwahrscheinlichkeit von 20% und einer geschätzten Mortalität von 50% zwischen Mai und August ergeben sich für die einzelnen Abschnitte Sömmerlingsdichten zwischen 33 und 40 Fische pro Hektar. Diese extrem tiefen Werte führen für alle Fliessstrecken zu einer Bewertung mit der Signalfarbe Rot. Die Hauptgründe für diese schlechte Beurteilung liegen in der eintönigen Morphologie, bzw. ist insbesondere auf das Fehlen von geeigneten Jungfischhabitaten zurückzuführen (Schweizer et al. 2013a, Bieri, 2012). Die Bewertung des Indikators F5 Fischereiliche Produktivität orientiert sich an den Aspekten Wassertemperatur, morphologische Variabilität (Lebensraum), Längsvernetzung, Restwasserführung, Fischregion und Nahrungsverfügbarkeit (Vuille, 1997, Baumann et al. 2012). Angegeben wird die Produktivität als Jahreshektarertrag (JHE). Unter den heutigen Zuständen werden Werte zwischen neun (Buhnenstrecke) und 10 kgha-1a-1 (Kiesbankstrecke) berechnet. Der für die Hasliaare bestimmte JHE kann somit als gering eingestuft werden. Dieser Wert liegt jedoch in derselben Grössenordnung (10–20 kgha-1a-1) wie ein Grossteil der Gebirgsflüsse des Berner Oberlandes (Vuille, 1997). Die in der Vollzugshilfe angegebene Wertefunktion sieht allerdings für einen JHE zwischen 10–20 kgha-1a-1 die Bewertungsklasse Orange vor. Deshalb passten die Fischexperten die Wertefunktion für die Hasliaare den regionalen Gegebenheiten an. Die neue Wertefunktion verläuft in Schritten von je 5 kgha-1a-1, beginnend mit der Klasse Rot für 0–5 kgha-1a-1. Somit ergibt sich für die Buhnen- und Ka-
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
nalstrecke eine Bewertung mit der Klasse Orange, während die Kiesbankstrecke mit der Klasse Gelb etwas besser abschneidet. Die gesamte Schwallstrecke wurde mit der Klasse Orange bewertet. Grundsätzlich reagiert dieser Indikator sowohl auf das Abflussregime als auch auf die morphologischen Gegebenheiten. 5.4 Wesentliche Beeinträchtigung Die abiotischen Indikatoren sowie die Indikatoren, welche die Artenvielfalt und -verteilung des MZB beschreiben, schneiden für die Schwallstrecke mit gut oder sehr gut ab. Allerdings zeigen die Indikatoren F1, F2, F4, F5 und B1 eine wesentliche Beeinträchtigung durch den Kraftwerkbetrieb in der Hasliaare an. Während für eine Verbesserung der Indikatoren F1, F4 und F5 eine morphologische Aufwertung zwingend ist, könnten für die Indikatoren F2 und B1 bereits Schwalldämpfende Massnahmen (z.B. Beruhigungsbecken) zu einer Verbesserung führen. 6.
Diskussion
Datengrundlage und Sanierungspflicht Die sehr gute Datengrundlage (Schweizer et al., 2013a) ermöglichte die vollständige Anwendung der zwölf Indikatoren der BAFU-Vollzugshilfe. Aufgrund der wesentlichen Beeinträchtigung liegt für die Hasliaare eine Sanierungspflicht hinsichtlich Schwall/Sunk (Art. 39 a GSchG) vor. Erfahrungen der Fallstudie Hasliaare Im Fall der Hasliaare beurteilten die Experten die Indikatoren B2, F1, F5 und H1 als teilweise sensitiv hinsichtlich Schwall/ Sunk. Für bestimmte Indikatoren (B2, B3 und B4; B1 und F1; F1 und F4) wurde eine gewisse Redundanz festgestellt. Aufgrund von vergleichenden Untersuchungen in der Lütschine und Feldversuchen in der Hasliaare wurden bestimmte Indikatoren (H1, B3, F2, F3 und F5) den Gegebenheiten im Oberhasli angepasst. Die jeweiligen Modifikationen wurden im Expertenteam diskutiert und gemeinsam festgelegt. Empfehlungen für die Anwendung der BAFU-Vollzugshilfe Die Hasliaare ist die erste Schwallstrecke, die mit der Vollzugshilfe vollständig bewertet wurde. Bei der Anwendung des neuen Bewertungssystems an weiteren Flüssen können zusätzliche fachliche und methodische Fragen auftauchen. Aufgrund der hohen Komplexität der gewässerökologischen Zusammenhänge ist eine vollständige Berücksichtigung aller Einflussfaktoren bei der Thematik Schwall/Sunk 205
Schwall/Sunk – Hasliaare
dürfte bei den beiden oberen Abschnitten das Risiko des Strandens etwas höher liegen. Daher wurden diese Strecken mit der Klasse Gelb bewertet. Auch für die Bewertung des Indikators F3 Laichareale von Fischen sieht die BAFU-Vollzugshilfe ein mehrstufiges Vorgehen vor. Dabei wird für jeden Schritt die heutige Situation mit Kraftwerksbetrieb mit dem natürlichen Abflussregime verglichen: (i) Bestimmung der Flächen, die bei na-türlichem Niedrigwasserabfluss und bei Sunkabfluss eine Wassertiefe > 20 cm aufweisen (ii) Bestimmung der Flächen mit günstigem Substrat für Laichareale (iii) Bestimmung der Flächen mit stabilem Substrat (iv) Auswerten der Schnittmengen der Schritte (i) bis (iii) für die Zustände mit und ohne Kraftwerksbetrieb (v) Vergleich der Werte aus (iv) mit dem Flächenbedarf der Bachforellenpopulation im Ist- und Sollzustand. (i) Aufgrund der kantonalen Vereinbarung liegt der heutige Minimalabfluss über dem natürlichen Niedrigwasser (Kap. 4). Daher ergibt sich bei Niedrigwasser keine Einschränkung hinsichtlich der Laichflächen. (ii) Im überwiegenden Teil der Schwallstrecke sind die Korngrössen tendenziell zu gross für das Ablaichen von Bach- und Seeforellen. Wie hydraulische Untersuchungen allerdings zeigen, ist das Fehlen kleinerer Korngrössen nicht auf den Kraftwerksbetrieb zurückzuführen (Schneider & Jorde Ecological Engineering, 2012, KWO, 2012a). Daher wurde von einem ausreichenden Angebot an Laichsubstrat (Korngrösse 30 mm) in der Schwallstrecke ausgegangen. Dies ermöglichte, den Einfluss von Schwall/Sunk auf die Entwicklung des Laichs dennoch möglichst objektiv abschätzen zu können. (iii) Selbst bei diesen sehr kleinen Korngrössen liegt der Anteil an instabilen Flächen unter 2% (Bild 4) und ist daher in der weiteren Betrachtung zu vernachlässigen (Schneider & Jorde Ecological Engineering, 2012). (iv) Die Auswertung der Schnittmengen der Zustände mit und ohne Kraftwerksbetrieb zeigen für die Schritte (i) bis (iii) eine nahezu vollständige Übereinstimmung. (v) Die Auswertung der Schritte (i) bis (iv) zeigt, dass nur ein geringer Einfluss des Abflussregimes auf die Entwicklung des Laichs vorliegt. Allerdings werden bei diesem Indikator die Fliessgeschwindigkeiten während der
Schwall/Sunk – Hasliaare
äusserst schwierig. Die o.g. Erläuterungen verdeutlichen, dass die Anwendung dieser Bewertungsmethodik daher eine ausreichende Erfahrung in der Thematik Schwall/Sunk voraussetzt. Im Fall der Hasliaare bewährte sich die kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Gewässerexperten, Amts- und Kraftwerksvertretern und ermöglichte eine dem aktuellen Wissensstand entsprechende Anwendung der Bewertungsmethodik. Trotz bestehender Wissenslücken und methodisch bedingter Unsicherheiten können mit der BAFU-Methodik die bestehenden ökologischen Defizite sehr gut und umfassend analysiert und beschrieben werden. Aus dieser Defizitanalyse lassen sich in einem nächsten Schritt (Phase 2 der Sanierung) konkrete Sanierungsansätze sehr effizient ableiten. 7.
Schlussfolgerungen für die konkrete Schwall/SunkSanierung
zudem das Risiko des Strandens von Fischen (F2). Die verschiedenen Untersuchungsresultate deuten darauf hin, dass die maximal und minimal auftretenden Abflüsse zu keiner extremen Beeinflussung der aquatischen Gemeinschaft führen. Auf Basis dieser Überlegungen drängt sich daher ein zwischen Wasserrückgabe und Vorfluter geschaltetes Speichervolumen auf. Dies kann in Form eines Beruhigungsbeckens und/oder Speicherstollens realisiert werden. Für ein möglichst effizientes Kosten-Nutzen-Verhältnis ist insbesondere das zur Verfügung stehende Speichervolumen entscheidend. Um die geeignetste Sanierungsvariante nachvollziehbar bestimmen zu können, sind neben technischen Abklärungen daher noch weitergehende hydrologische (Schweizer et al., 2013b) und gewässerökologische (Schweizer et al., 2013c) Studien unabdingbar.
mögliche Sanierungsmassnahmen. «Wasser Energie Luft» 2012(4): 257–264. Bruder A., Vollenweider S., Schweizer S., Tonolla D. und Meile T. (2012b): Schwall und Sunk: Planung und Bewertung von Sanierungsmassnahmen – Möglichkeiten und Empfehlungen aus wissenschaftlicher Sicht. «Wasser Energie Luft» 2012(4): 265–273. Céréghino R., Cugny P. und Lavandier P. (2002): Influence of intermittent hydropeaking on the Longitudinal zonation patterns of benthic invertebrates in a mountain stream. Internat. Rev. Hydrobiol. 87: 47–60. Dückelmann H. (2001): Seehöhen-BiomassenBeziehung des Makrozoobenthos in österreichischen Fliessgwässern. Diplomarbeit an der Universität für Bodenkultur, Wien. Haas R. & Peter A. (2009): Lebensraum Hasliaare 2009 – eine fischökologische Zustandserhebung zwischen Innertkirchen und Brienzersee. Eawag Kastanienbaum. KTI-Projekt: Nachhaltige Nutzung der Wasserkraft – Innovative Massnahmen zur Reduzierung der Schwall-
Danksagung
Sunk-Problematik.
Ein Grossteil der hier beschriebenen Untersu-
Halleraker J.H., Saltveit S.J., Harry A., Arnekleiv
Berücksichtigung der Morphologie Wie die Defizitanalyse deutlich aufzeigt, kann eine ökologische Verbesserung nur erreicht werden, wenn sowohl das Abflussregime saniert als auch die Flussmorphologie aufgewertet wird (Kapitel 5.4). Bei den morphologischen Massnahmen ist das Hauptaugenmerk auf die Gestaltung von Lebensräumen für Jungfische zu legen, wobei die Bedürfnisse der adulten Forellen nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Im Rahmen der aktuellen Hochwasserschutzkonzepte und den Ausgleichsmassnahmen zu KWO plus (Schweizer et al., 2012b) liegen bereits konkrete Aufwertungsmassnahmen vor. Inwieweit mit einer Kombination aus morphologischen und hydrologischen Massnahmen die Indikatoren F1, F4 und F5 verbessert werden können, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nur bedingt mit physikalischen Modellen oder Simulationsrechnungen abschätzen.
chungen und Schlussfolgerungen ist den de-
J.V., Fjeldstad H.P. und Kohler B. (2003): Fac-
taillierten Vorarbeiten und dem einzigartigen
tors influencing stranding of wild juvenile brown
Wissen von Peter Baumann zu verdanken. Ins-
trout (Salmo trutta) during rapid and frequent
besondere die vielen Diskussionen haben den
flow decreases in an artificial stream. River Res.
Autoren ein tieferes Verständnis in die komplexe
Applic. 19: 589–603.
Materie der Schwall/Sunk-Problematik ermög-
Hartlieb A., Sperer A. und Rutschmann P. (2007):
licht. Peter Baumann hinterlässt nicht nur in
Ausgleichsbecken Innertkirchen. Zwischenbe-
diesem Projekt, sondern im gesamten Fach-
richt zum Modellversuch. Studie der Versuchs-
bereich der Gewässerökologie eine kaum zu
anstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft der
schliessende Lücke.
Technischen Universität München.
Für die fachlich hervorragende und die sehr
Irvine R.L., Oussoren T., Bacter J.S. und
konstruktive Zusammenarbeit bedanken sich
Schmitdt D.C. (2009): The effects of flow reduc-
die Autoren ganz herzlich bei Manfred Kummer,
tion rates on fish stranding in British Columbia.
Martin Huber-Gysi, Daniel Hefti (alle Bundesamt
Candad. River Research and Applications 25:
für Umwelt), Vinzenz Maurer (Amt für Wasser
409–415.
und Abfall) sowie Armin Peter und Emilie Person
Jorde, K. (1997): Ökologisch begründete, dy-
(beide Eawag).
namische Mindestwasserregelungen bei Aus-
Für die wertvollen Anmerkungen und für das kri-
leitungskraftwerken. Dissertation, University of
tische Durchlesen des Manuskripts gebührt ein
Stuttgart, Germany.
grosser Dank an Catherine Mathez (BWU), Bern-
KWO (2012a): Untersuchungen zur Stabilität
hard Luder (BAFU), Heinz Peter Tscholl, Oliver
von Laichgruben in der Schwallstrecke der
Kost, Jan Baumgartner und Daniel Fischlin (alle
Hasliaare (Autoren Schweizer S., Meyer M.,
KWO) sowie für Michael Döring (EQCharta).
Schläppi S.).
Sanierung des Abflussregimes Unabhängig von der Flussmorphologie zeigen die gewässerökologischen Untersuchungen, dass vor allem die Schwallund Sunkraten gedämpft werden müssen, um die Reaktionszeiten für die aquatischen Organismen zu verlängern. Die Driftversuche aus dem Jahr 2008 zeigen, dass eine Reduktion der Schwallrate die Verdriftung von Wirbellosen und Jungfischen deutlich verringert (Verbesserung der Indikatoren B1, F1, evtl. auch B2 und B4). Eine geringere Sunkrate bei Niedrigwasser minimiert
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206
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
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Sanierung in der Hasliaare – Phase 2a: Kons-
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der Indikatoren F2 und F3 in drei schwallbeein-
Sunk-Sanierung in der Hasliaare – Phase 1b:
flussten Strecken der Hasliaare für den Ist-Zu-
Ökologische Bewertung des Ist-Zustands an-
Anschrift des Verfassers
stand und weitere Szenarien. Bericht im Auftrag
hand der 12 Indikatoren der aktuellen BAFU-
Steffen Schweizer
der KWO (Autoren Schneider M., Kopecki I. und
Vollzugshilfe. «Wasser Energie Luft» 2013(3):
Kraftwerke Oberhasli AG
Tuhtan J.).
200–207.
Grimselstrasse, CH-Innertkirchen
Schweizer S., Neuner J., Ursin M., Tscholl H.
Schweizer S., Bieri M., Tonolla D., Monney J.,
sste@kwo.ch
und Meyer M. (2008): Ein intelligent gesteuertes
Rouge M. und Stalder P. (2013b): Schwall/Sunk-
Tel. +41 33 982 20 19
Schwall/Sunk – Hasliaare
Szenarien. Bericht im Auftrag der KWO (Auto-
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Inserat_quer_RZ.indd 1 Prozessfarbe CyanProzessfarbe MagentaProzessfarbe GelbProzessfarbe Schwarz
207 23.03.12
13:25
Monitoring und Erfolgskontrolle im Wasserbau Wie viel Kontrolle braucht es und für was? Bruno Käufeler
Zusammenfassung An den modernen Wasserbau werden vielfältige Anforderungen gestellt. So wird u.a. standardmässig auch das Durchführen einer Erfolgskontrolle gefordert. Diese soll mittels geeigneten Messungen und Kontrollen zeigen, ob mit dem investierten Geld die angestrebten Ziele tatsächlich erreicht werden. Für das Entwickeln und Anwenden von passenden Erfolgskontroll-Systemen existieren mittlerweile einschlägige Literatur und vermehrt auch Erfahrungen aus konkreten Projekten. Der Aufbau der Erfolgskontrolle, das Durchführen der Nullerhebung und der wiederkehrenden Erhebungen kosten zusätzlich Geld. An was soll sich die Erfolgskontrolle orientieren? Welche Aspekte sollen kontrolliert werden? Welches sind die geeigneten Messgrössen und wie viele davon braucht es, damit aus der Erfolgskontrolle die richtigen Schlüsse gezogen werden können? Mit wie viel Aufwand muss gerechnet werden? Klare und gleichzeitig allgemeingültige Antworten für alle Fälle gibt es nicht, denn jeder Fluss und jedes Projekt ist anders. Der vorliegende Beitrag versucht, die wichtigen Fragen im Zusammenhang mit der geforderten Erfolgskontrolle aufzuzeigen. Er gibt Einblick in die Praxis und vermittelt Grundbotschaften und Empfehlungen für den Aufbau und die Anwendung der Erfolgskontrolle.
1.
Einführung ins Thema
1.1 Freude oder Frust Das Thema Erfolgskontrolle EK existiert bereits seit vielen Jahren. Einzug gehalten hat die EK auch bei mehreren Gewässerrevitalisierungen. Die bisher gemachten Erfahrungen an konkreten Beispielen wie an der Thur, Kander oder Aare helfen, auf Erfahrungen zu bauen und die EK für weitere Anwendungen weiter zu entwickeln. Das Monitoring und die EK gehören zu den gängigen Anforderungen an den modernen Wasserbau. Der vorliegende Beitrag • befasst sich mit der EK im Zusammenhang mit Wasserbauprojekten, • fokussiert vor allem auf die Aspekte Lebensräume und Arten (Ökologie) sowie Erholung und Landschaftsbild (Naherholung), • präsentiert keine detaillierte Anleitung, sondern stellt Fragen und vermittelt Grundbotschaften zum Aufbau und Einsatz von EK, • stützt sich u.a. auf eigene Erfahrungen und ist deshalb auch eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Thema. 208
Trotz seinem Fokus auf die Ökologie und Naherholung sind die Grundaussagen aus vorliegendem Bericht auch ableitbar für den Teilaspekt Hochwasserschutz. Nachstehendes Zitat (BAFU, 2012) greift – gewollt oder ungewollt – einen heiklen Punkt auf: «Die Beurteilung des Erfolgs eines Revitalisierungsprojektes hängt auch von den Indikatoren ab, welche für die Erfolgskontrolle gewählt wurden.» Dieser Satz zeigt, dass der Erfolg auch messtechnisch manipulierbar ist. So können wir beispielsweise interpretieren: wenn wir möglichst positiv über unser Revitalisierungsprojekt berichten wollen, dann definieren wir die Indikatoren entsprechend. Oder anders formuliert: wir sind selber schuld, wenn wir nach der Gewässerrevitalisierung eher Frust empfinden. Aber es gibt auch andere Einflussfaktoren, so z.B. die Faktoren Zeit und Gebietsgrösse. Und zudem: was ist, wenn die Natur sich nicht so verhält wie wir sie «steuern» möchten? Freude oder Frust: beides ist möglich, auch wenn die Revitalisierungsmassnahme und die Wirkung die Selbe ist.
1.2 Von was reden wir eigentlich? Betrachten wir die Begriffsdefinitionen etwas näher: • Monitoring ist ein Überbegriff für alle Arten der unmittelbaren systematischen Erfassung (...), Beobachtung oder Überwachung eines Vorgangs oder Prozesses mittels technischer Hilfsmittel (…) oder anderer Beobachtungssysteme. Dabei ist die wiederholte regelmässige Durchführung ein zentrales Element der jeweiligen Untersuchungsprogramme, um anhand von Ergebnisvergleichen Schlussfolgerungen ziehen zu können (…) (aus Wikipedia, 2012). • Erfolgskontrolle (ist) allgemein die Gesamtheit der Analysen und Untersuchungen, mit denen festzustellen versucht wird, ob die mit Hilfe von bestimmten Massnahmen, Programmen oder Strategien angestrebten Ziele wie z.B. Absatz-, Umsatz-, Werbe- oder Marketingziele tatsächlich erreicht wurden, (…) (aus online Enzyklopädie, 2012). Den Definitionen können wir entnehmen, dass das «Monitoring» mit einer Beobachtung eines Vorganges oder Prozesses zu tun hat. Die Wiederholung der Beobachtung ist dabei ein zentrales Element. Im Vordergrund steht das Feststellen von Veränderung. Wenn wir den Begriff «Erfolgskontrolle» im Internet eingeben, dann erhalten wir vorwiegend Definitionen und Beschreibungen aus wirtschaftlicher Sicht. Sinngemäss lassen sich die Definitionen aber sicher auch auf den naturwissenschaftlichen Bereich anwenden. Wir sehen, dass auch die Erfolgskontrolle mit Beobachtungen zu tun hat. Im Unterschied zum Monitoring sind die Beobachtungen aber offenbar so angelegt, dass wir daraus klar erkennen können ob unsere vorgesehenen Massnahmen, unser Programm, unsere Strategie auch tatsächlich zielführend waren. Etwas provokativ können wir festhalten:
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
•
Das Monitoring ist ziel- und zeitlos. Oft basiert das Monitoring auf einer These, einer Theorie. Gestützt auf das Monitoring kann dann diese These oder Theorie bestätigt oder verworfen werden. Ein Beispiel hierzu ist die Landschaftsbeobachtung Schweiz (BAFU, 2010). • Die Erfolgskontrolle ist ziel- und massnahmenorientiert und auch terminiert. Sie orientiert sich an klaren Wirkungsund Leistungszielen. Mit den kombinierten Projekten «Hochwasserschutz und Gewässerrevitalisierung» wollen wir direkt oder indirekt Mehrwerte erzielen, so u.a.: • Schutz des Menschen vor HW-Schäden • Schutz der Infrastrukturen vor HWSchäden • Erhöhung der Artenvielfalt • Erhöhung der Erholungswerte Da wir Ziele haben, ist die EK bei Gewässerrevitalisierungen das geeignetere Instrument als das Monitoring. Im Folgenden konzentriert sich der vorliegende Bericht deshalb auf die Erfolgskontrolle. 2.
•
Warum den Erfolg kontrollieren? •
2.1 Keine gesetzliche Grundlage … Im Zusammenhang mit EK müssen wir uns ganz grundsätzlich folgende Fragen stellen: • Warum denn überhaupt eine EK? • Wer fordert eine EK? • Was sagt das Gewässerschutzgesetz? • Was sagt die Gewässerschutzverordnung? Das Gewässerschutzgesetz äussert sich nicht zum Thema EK (auch das Wasserbaugesetz nicht). Die Gewässerschutzverordnung sagt nichts zum Thema EK (auch die Wasserbauverordnung nicht). Ebenso wenig macht z.B.. das «Gesetz über Gewässerunterhalt und Wasserbau» im Kanton Bern eine Aussage bezüglich EK. Erst auf der konkreteren Ebene wird die EK zum Thema (Beispiele: Renaturierungsdekret des Kantons Bern, Programmvereinbarungen Bund-Kanton). Erst darin wird die EK als Aufgabe explizit aufgeführt. … und trotzdem gibt es gute Gründe Auch wenn die übergeordneten Gesetze nichts oder wenig dazu aussagen, es gibt gute Gründe, warum eine Erfolgskontrolle trotzdem gemacht werden soll: • In und entlang den Gewässern beste-
hen teilweise bereits heute bedeutende, oft auch geschützte Naturwerte (Arten und Lebensräume). Wir müssen uns bewusst sein: mit Gewässerrevitalisierungen schaffen wir nicht nur neue Werte, sondern oft zerstören wir kokal auch bestehende Werte. Eine Verminderung der Naturwerte in seiner Gesamtbilanz kann und darf aber nicht in Kauf genommen werden. Der Investor (die öffentliche Hand, Fonds, Stiftungen, Sponsoren) will wissen, ob die Investition gut angelegt ist. Er trägt eine Verantwortung in Bezug auf die Verwendung der finanziellen Mittel; gegenüber seinen eigenen Geldgebern ist er Rechenschaft schuldig. Wenn im Vergleich dazu z.B. Geld für eine neue Tramlinie investiert werden soll, dann zeigt sich im laufenden Neubetrieb über die Anzahl Nutzer automatisch, ob sich die Investition gelohnt hat. Über die gekauften Fahrkarten zählen sich die Nutzer quasi selber. Nicht so bei Gewässerrevitalisierungen. Weder Pflanzen noch Tiere, noch Kiesbänke melden ihre (neue) Präsenz explizit an. Hier muss deshalb ein zusätzlicher Aufwand betrieben werden. Aus den gemachten Erfahrungen soll gelernt werden. Einerseits sollen Nachjustierungen am laufenden Projekt getätigt werden können, andererseits sollen zukünftige Projekte profitieren können. Die nächste Investition kann dadurch noch erfolgsversprechender angelegt werden.
3.
Welche Aspekte können und sollen kontrolliert werden? Bestehende EK-Systeme zeigen, dass die zu kontrollierenden Aspekte in unterschiedlichen Bereichen zusammengefasst werden. Das Ganze ist eine Frage der Definition. Bedeutender sind die Inhalte. Wir
können grundsätzlich zwischen zwei Aspekten unterscheiden: • technisch-naturwissenschaftlicher Aspekt • sozial-politischer Aspekt Der «technisch-naturwissenschaftliche» Aspekt enthält drei EK-Teilaspekte: • HW-Schutzwerte (Mensch und Infrastruktur sollen geschützt werden) • Naturwerte (Lebensräume und Arten sollen gefördert werden) • Erholungswerte (Erholungsqualität für den Menschen soll gesteigert werden) Der «sozial-politische» Aspekt enthält zwei EK-Teilaspekte: • Prozess (Politikevaluation: Norm Planung Realisierung Verhalten) • Projektakzeptanz (u.U. Teil des «Prozess») Alternativ oder ergänzend dazu kann auch eine «integrale Nachhaltigkeitsbeurteilung» vorgenommen werden. Diese umfasst alle der oben erwähnten Aspekte, inkl. Kosten-Nutzen-Verhältnis. 4.
Entscheidend sind die Ziele
4.1 Wirkungs- und Leistungsziele Die wichtigste Eingangsgrösse für die EK sind die Ziele. Ausgehend von der Analyse des Gewässers und dem partizipativen Prozess – z.T. auch von bereits formulierten Oberzielen – müssen die Ziele formuliert werden: Wirkungsziele und Leistungsziele. An diesen muss sich die EK orientieren. Die Wirkungen, die wir mit der Revitalisierung erreichen wollen, werden in den Wirkungszielen abgebildet. Die baulichen und organisatorischen Massnahmen, die für das Erreichen der Wirkungsziele nötig sind, werden in den Leistungszielen abgebildet. Gestützt auf die Zielformulierungen wählen wir die Messgrössen (Indikatoren und Methoden). Wenn es beispielsweise das Ziel ist, im betroffenen Gewässer-
2.2
Bild 1. Zusammenhang zwischen Zielen und Indikatoren.
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
209
•
•
•
Tabelle 1. Beispiele von Indikatoren gestützt auf definierte Wirkungsziele. • abschnitt auch die Erholungsqualität zu verbessern, dann gehören die Erholungswerte ebenfalls in die EK. Synergien sind durchaus vorhanden und zu nutzen: die konkreten wasserbaulichen oder organisatorischen Massnahmen leisten oft einen Beitrag an verschiedene Wirkungsziele. 4.2
Ziele und Messungen – drei Beispiele in Kurzform Kontrolliert und gemessen wird der Erfolg oder Misserfolg gemäss der Beschreibung des Indikators. Zu beachten ist, dass jede Entwicklung auch von nicht beeinflussbaren Aussenfaktoren abhängt. Jede Interpretation des Messergebnisses birgt also auch Risiken für Fehlschlüsse, und zwar im gewünschten wie auch im ungewünschten Sinne. 5. Hilfsmittel sind vorhanden ... Der Aufbau eines massgeschneiderten Systems Erfolgskontrolle ist sehr anspruchsvoll. Bereits das Formulieren klarer Wirkungsziele ist nicht einfach. Etwas einfacher ist gestützt darauf das Formulieren von Leistungszielen. Je nach Zielsetzungen sind andere Indikatoren und Messmethoden anzuwenden. Wir können uns aber auf wertvolle Hilfsmittel stützen. So z.B. Woolsey et al (2005), BAFU (2012) und BAFU (2008) um nur einige zu nennen. Weiter bestehen theoretische und praktische Hilfsmittel auf Stufe der einzelnen Kantone und Projekte. 5.1 ... Aber jeder Fluss ist anders! Wichtig zu beachten ist: beim Produkt 210
«Gewässerrevitalisierung» reden wir nur in den Grundzügen vom gleichen Inhalt. Sowohl naturräumlich wie auch sozial und verfahrenstechnisch unterscheidet sich jede Gewässerrevitalisierung von der anderen. Weil Gewässerrevitalisierungsprojekte heute im Allgemeinen breit partizipativ entwickelt werden, entstehen bereits auf der Zielebene Unterschiede. Die erwähnten bestehenden Grundlagen sind deshalb jeweils auf das konkrete Wasserbau- und Revitalisierungsprojekt zu adaptieren und ergänzen. 6.
Wie viel Erfolgskontrolle muss sein?
6.1 Fragen über Fragen ... In der Tat könnten wir es uns mit ein paar wenigen Indikatoren ganz einfach machen: • Die Flussrevitalisierung ist realisiert (ja/nein) • Die Seeforelle laicht im revitalisierten Abschnitt (ja/nein) • Das Budget wurde eingehalten (ja/ nein). Der Lerneffekt aus den Ergebnissen einer derart einfach aufgebauten EK wäre gering. Hierfür benötigten wir mehr Inhalte. Bei der Frage zum Ausmass und zur Ausgestaltung der EK müssen uns dennoch viele weitere Fragen beschäftigen: • Können wir die Komplexität des Lebensraumes «Gewässer» überhaupt jemals fassen? Unterliegen wir der Versuchung, möglichst viele, detaillierte Daten zu sammeln, weil wir die
Komplexität des Lebensraumes Gewässer effektiv kaum fassen können? Wie viele Daten benötigen wir? Reicht z.B. das Beobachten von fünf Arten oder sollten es eher 500 Arten sein? Benötigen wir drei Indikatoren oder 15 Indikatoren? Welche Daten benötigen wir, damit wir klare Rückschlüsse auf bauliche oder organisatorische Massnahmen ziehen können? Können wir z.B. gestützt auf den Nachweis, resp. das Fehlen einer bestimmten Pilzart einen klaren Rückschluss auf eine wasserbauliche Massnahme machen? Sind zwingend alle im Abschnitt vorhandenen ökologischen Verantwortungsarten, die geschützten und gefährdeten Arten in die EK einzubeziehen oder reicht das Erfassen von grundlegenden Lebensraumstrukturen? Kann der Projektträger für alle an die Revitalisierung geknüpften Erwartungen die Verantwortung übernehmen und muss er entsprechend die oft umfangreichen Inhalte der EK aufbauen? Kann und soll er alle Kompetenzen und allfällige Spezialkenntnisse der involvierten Personen (Fachstellen und Beauftragte) vollumfänglich mitberücksichtigen? (Beispiel: wenn ein Libellenkenner involviert ist, dann finden auch die Libellen Eingang in die EK, sonst vermutlich eher nicht).
6.2 Gewagte Hypothesen? Bezüglich der Anzahl erforderlichen Indikatoren liesse sich folgende Hypothese aufstellen: «Mit ein paar wenigen, aber gezielt ausgewählten Indikatoren können die wichtigsten Aussagen zum Erfolg gemacht werden». Oder anders formuliert: «Zu viele Indikatoren erzeugen mehr Fragen als Antworten. Diese bergen das Risiko, dass sie die Diskussion von den Hauptzielen der Revitalisierung wegführen». Zwischen «Indikatoren» und «Aussagekraft» besteht gemäss Bild 2 im Idealfall folgende Beziehung: je mehr Indikatoren, umso höher ist die Aussagekraft darüber ob das angestrebte System funktioniert (Ökotop, HW-Schutz, Erholung). Aber bereits mit wenigen Indikatoren erreichen wir eine hohe Aussagekraft. Entsprechend wird das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag mit zunehmender Indikatorenzahl schlechter. Zu einer ähnlichen Aussage kommt auch Capelli (2005). Wo definieren wir das Optimum?
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Der Renaturierungsfonds des Kantons Bern verfolgt bei den EK das Prinzip der «Typenprüfung». Dabei werden nicht jede einzelne Massnahme, sondern stellvertretende Typen (Repräsentanten von Massnahmen) mit einem vordefinierten Set an Indikatoren einer EK unterzogen. Dies führt zu einem besseren AufwandNutzen-Verhältnis. Zum grössten Teil müssen für die Durchführung der EK ausgebildete Fachpersonen eingesetzt werden. Im Ausnahmefall (z.B. für den Aspekt «Erholung») kann die Feldarbeit auch mit geschulten Studenten gemacht werden. Dies führt zu verhältnismässig günstigeren Ergebnissen.
Bild 2. Anzahl Indikatoren und deren Aussagekraft bezüglich einem gewünschten, funktionierenden System. Entscheidend ist, dass die wenigen gewählten Indikatoren dann auch die richtigen sind. Doch welches sind die richtigen Indikatoren und was ist ein gutes Mass? 6.3 Was ist ein gutes Mass? Für das Identifizieren der geeigneten Indikatoren und des guten Masses hilft uns, wenn wir noch einmal folgendes festhalten: die EK soll uns helfen, • festzustellen, ob wir die angestrebten Ziele erreicht haben, • die richtigen Rückschlüsse auf planerische, bauliche oder organisatorische Mängel zu ziehen, wenn wir die Ziele nicht erreicht haben. Bei einer angestrebten Reduktion des Indikatorensets tun wir gut daran, die angestrebten Hauptwirkungen von den «geschenkten» Nebenwirkungen zu unterscheiden. Im Vordergrund stehen dabei sicher die Hauptwirkungen und diesbezüglich die «Längsvernetzung» und bei grossen Projekten auch die «Dynamik». Erfahrungen aus der bisherigen Praxis Betrachten wir die bisher angewandte EK bezüglich Natur- und Erholungswerten bei verschiedenen Revitalisierungsprojekten (Impuls, 2013). In der Kurzanalyse wurden Arten, Strukturen, Zeiträume und Anzahl der EK dokumentiert, sowie der Kostenanteil im Verhältnis zu den Gesamtprojektkosten eingeschätzt. Die Kosten der untersuchten Projekte variieren zwischen 1–190 Mio. Franken. Bei einzelnen Projekten wurde die Nullerhebung bereits vorgenommen, andere sind erst auf Stufe Konzeption der EK. Zusammengefasst lassen
sich u.a. folgende Aussagen machen: • Ausmass und Art der EK unterscheiden sich je nach Projekt stark. • Beobachtet werden zwischen zwei bis 16 Artengruppen und im Einzelfall bis über 500 Arten. • Bei einzelnen Projekten wird das Gewicht bei der EK eher auf die Erfassung von Arten gelegt, bei anderen eher auf die Erfassung von Strukturen. • Der Zeitraum der geplanten EK bewegt sich zwischen fünf und 20 Jahren. • Mehrheitlich werden zwischen zwei bis vier Wiederholungen der EK gemacht. • Der geschätzte Kostenanteil am Gesamtprojekt beträgt bei grossen Projekten ungefähr 1%, bei kleinen bis zu 14%. • Nebst der EK wird unterstützend teilweise auch ein Monitoring eingesetzt.
7. Fazit und Empfehlungen Bezüglich der Frage Erfolgskontrolle – wie viel braucht es und für was können wir folgendes Fazit ziehen: • Es gibt wenig bis keine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von EK, aber es gibt trotzdem gute Gründe dafür. • Eine klare Aussage darüber wie umfangreich eine EK sein muss und was sie enthalten soll, ist im Allgemeinen nicht möglich, sie kann abschliessend nur auf Stufe Projekt gemacht werden. Die entscheidenden Indikatoren sind mit Fachleuten massgeschneidert auf Stufe Projekt zu definieren. • Um zu einzelnen Aspekten flussübergreifend Vergleiche machen zu können lohnt es sich u.U., wenige Minimalstandards zur EK auf Stufe Bund zu definieren und anzuwenden. • Bei der Definition des EK-Systems stehen die angestrebten Hauptwirkungen im Vordergrund, nicht die «geschenk-
6.4
Bild 3. Hochwasserschutzprojekt Aare Thun–Bern. Lokal ist auch die Verbesserung des Erholungswertes und der Erholungsinfrastruktur ein Ziel.
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
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ten» Nebenwirkungen, insbesondere bei Finanzknappheit. Das EK-System muss mit dem Zielsystem des Projektes korrespondieren. Es ist besser, sich auf wenige, klar formulierte Wirkungs- und Leistungsziele zu konzentrieren. Dies ermöglicht eine kompakte EK mit wenigen, dafür – bezüglich der Ziele – aussagekräftigen Indikatoren. Erst bei Misserfolg sollen, resp. müssen noch breitere oder detailliertere Informationen beschafft werden. Hierzu wäre es hilfreich, wenn man sich auf einen Wissenspool abstützen könnte (z.B. zusammengestelltes Wissen aus anderen Projekten oder Projektabschnitten). Die Ergebnisse aus der EK sind jeweils mit Vorsicht zu interpretieren (Fehlschlüsse, Rahmeneinflüsse). Bei grossen Projekten (ab 30–50 Mio. Franken) empfehlen wir, eine integrale EK durchzuführen, die drei bis fünf Aspekte abdeckt. Bei kleinen Projekten empfehlen wir, eine EK mit lediglich ein bis drei Aspekten durchzuführen. Dabei Konzentration auf zwei bis drei Schlüsselindikatoren (Kombination von abiotischen und biotischen). Grundsätzlich ist eine EK erst dann beendet, wenn sich der Erfolg eingestellt hat (oder keine Aussicht mehr auf Erfolg besteht). Die Dauer einer EK ist auf mindestens 10–20 Jahre anzusetzen (die Natur braucht Zeit). Für die Umsetzung der EK müssen bei grossen Projekten ca. 1% der Investitionskosten budgetiert werden, bei kleinen Projekten ca. 10% (exkl. Aufbau des passenden EK-Systems). Um den Aufwand im vernünftigen Rahmen
zu halten kann z.B. das Prinzip der Typenprüfung angewendet werden. Die Kosten sind zwingend in den Projektkosten zu integrieren.
liegende Thema anlässlich der KOHS-Tagung 2013 in Olten zu präsentieren. Besonderer Dank gebührt den Mitarbeitenden von IMPULS, deren praktische Erfahrungen aus verschiedenen Projekten hier einfliessen konnten.
8. Offene Fragen Es bleiben offene Fragen, so z.B.: • Was sind effektiv die Konsequenzen, wenn sich kein Erfolg einstellt? Wie weit werden wasserbauliche Massnahmen in einem solchen Fall nachjustiert, resp. neu gebaut? Was ist für die Bauherrschaft verantwortbar? • Wie und wo können die wichtigsten Erkenntnisse aus den durchgeführten EK zusammenfliessen? Wer baut einen zentralen Wissenspool über gemachte Erfahrungen auf? Hinweis: Verschiedene Akteure der Wasserwirtschaft beabsichtigen, eine solche Wissensplattform aufzubauen. • Wer finanziert die EK für die erforderliche Dauer? Könnte es Sinn machen, einen Finanzpool zu schaffen, in den verschiedene Institutionen und Fachstellen Beiträge einzahlen? (Der Finanzpool und damit die EK könnten auf diese Weise zeitlich unabhängig von den anderen Projektformalitäten betrieben werden.) Hinweis: aufgrund formaler Aspekte müssen Wasserbauprojekte finanziell und administrativ bereits vor dem (sinnvollen) Ende der EK abgeschlossen werden. Die EK kann theoretisch auch 100 Jahre oder mehr dauern (HW-Schutz!).
Literatur AfU Kanton Solothurn (2013): Konzept Erfolgskontrolle HWS Emme. BAFU (2012): Merkblatt-Sammlung Wasserbau und Ökologie; Merkblatt 8: Erfolgskontrolle bei Revitalisierungen. BAFU (2011): Handbuch Programmvereinbarungen im Umweltbereich. BAFU (2010): Zustand der Landschaft in der Schweiz – Zwischenbericht Landschaftsbeobachtung Schweiz (LABES). BAFU (2008): Handbuch EK Auen. Capelli F. (2005): Analyse der Indikatoren zum Rhone-Thur-Projekt – ausgetestet an zwei Gewässerabschnitten der Thur. Impuls (2013): Analyse von konzipierten und angewandten Erfolgskontrollen in 11 verschiedenen Projekten und Erfolgskontrollsystemen – nicht veröffentlicht. Kanton Bern (1999): Renaturierungsdekret (RenD) Kanton Bern. Kirchhofer A. (2000): Erfolgskontrolle bei Gewässer-Renaturierungen im Kanton Bern. Mauerer et al. (1997): Kontrollprogramm Natur und Landschaft Kanton Aargau. Woolsey et al. (2005): Handbuch für die Erfolgskontrolle bei Fliessgewässerrevitalisierungen.
Danksagung
Anschrift des Verfassers
Für die kritische Korrekturlesung und wertvol-
Bruno Käufeler, Impuls AG – Wald Landschaft
len Anregungen danke ich Willy Müller, Leiter
Naturgefahren, Seestrasse 2, CH-3600 Thun
Renaturierungsfonds Kanton Bern. Gleichzei-
bruno.kaeufeler@impulsthun.ch
tig danke ich Adrian Fahrni, Projektleiter OIK II Kanton Bern, der es mir ermöglicht hat, das vor-
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Erfolgskontrolle Hochwasserschutz Alt St. Johann – Unterwasser Remo Solèr, Ueli Schällibaum, Jürg Marthy, Ralph Brändle
Zusammenfassung Im Oktober 2011 wurde die Talebene des Obertoggenburgs nach den grossen Hochwassern von 1999 und 2005 erneut von einem grösseren Hochwasserereignis betroffen. In den vorangegangenen Jahren wurden in den Ortsteilen Unterwasser und Alt St. Johann verschiedene Massnahmen zum Hochwasserschutz entlang der Säntisthur und der Thur ergriffen. Zur Minimierung der Folgen wurden planerische, bauliche und organisatorische Massnahmen im Sinne des integralen Risikomanagements umgesetzt. Das Tiefbauamt des Kantons St. Gallen hat das Ereignis 2011 zum Anlass genommen, die vergangenen Hochwasserereignisse im Rahmen einer Ereignisanalyse aufzuarbeiten und auf dessen Grundlage eine Erfolgskontrolle der Massnahmen während des Ereignisses 2011 auszuwerten und weitere Optimierungen aufzuzeigen.
1. Ausgangslage In der Gemeinde Wildhaus-Alt St. Johann kam es bei den Hochwasserereignissen der Jahre 1999 und 2005 in den Ortsteilen Unterwasser und Alt St. Johann zu grossen Schäden. Die sich in der Talebene des Obertoggenburgs zur Thur vereinigenden Säntisthur und Wildhuser Thur sowie die zahlreichen Seitenbäche und Quellen des Karstgebiets aus dem Alpsteinmassiv führten grosse Wassermassen. Weite Teile der Talebene standen bei diesen Ereignissen unter Wasser. Im Jahr 2001 wurde für die Talebene eine vorgezogene Gefahrenbeurteilung durchgeführt. Aufgrund der Erkenntnisse dieser Untersuchung wurde ein Massnah-
menkonzept mit raumplanerischen, baulichen und organisatorischen Massnahmen erarbeitet [2]. Mit dem Konzept sollte das Siedlungsgebiet bis zu einem HQ100 geschützt werden. Die landwirtschaftlich genutzte Talebene sollte hingegen weiterhin bereits bei kleineren Ereignissen Überflutungen in Kauf nehmen. Im Sommer 2011 wurde die letzte bauliche Massnahme des Massnahmenkonzeptes – die Umlegung der Säntisthur im Gebiet Sändli in Unterwasser – fertig gestellt. Das kurz darauf folgende Hochwasser vom Oktober 2011 bewegte das Tiefbauamt des Kantons St. Gallen dazu, eine Ereignisanalyse der Hochwasserereignisse 1999, 2005 und 2011 sowie eine
Bild 1. Überflutung der Talebene bei Alt St. Johann am 10. Oktober 2011. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Erfolgskontrolle der umgesetzten Massnahmen im Sinne des integralen Risikomanagements erarbeiten zu lassen. 2.
Übersicht
2.1
Elemente des Massnahmenkonzepts Das Massnahmenkonzept [2] konzentrierte sich auf die Sicherung des Siedlungsgebiets gegen Hochwasser der Säntisthur in Unterwasser und der vereinigten Thur in Alt St. Johann. Das gesamtheitliche Konzept sah neben raumplanerischen auch bauliche Massnahmen und zusätzliche Begleitmassnahmen (Objektschutzmassnahmen und Notfallkonzept) vor. Übersicht Massnahmen Unterwasser Im Ortsteil Unterwasser wurde mit nachstehenden Massnahmen die Hochwassersicherheit bezüglich der Säntisthur verbessert. M1: Geländeanpassung (Dammschüttung) im Gebiet Au entlang der Säntisthur. M2: Verlegung und Gerinneausbau Säntisthur. Die Ausuferungen der Wildhuser Thur wurden mit der Massnahme M3 eingegrenzt. M3: Terrainanpassungen und diverse kleinere Massnahmen.
Bild 2. Übersicht Massnahmenperimeter.
213
Übersicht Massnahmen Alt St. Johann Im Ortsteil Alt St. Johann wurde der Kapazitätsengpass der Thur mit nachstehenden Elementen verbessert. M4: Geländeanhebung Ochsenwis, kombinierter Hochwasserschutz mit permanenten Mauern und temporären Absperrungen mit Schläuchen auf der rechten Thurseite. M5: Linksseitige Entlastung der Thur und Ableitung im ausgeschiedenen Entlastungskorridor Hofwis (inkl. Absenkung Staatsstrasse und Anpassung Querstrasse zum Korridor). M6: Zonenplananpassung im Gebiet Weier, inkl. Strassenabsenkung. Bild 3. Übersicht der Massnahmen M1 bis M3 im Ortsteil Unterwasser. 2.2 Raumplanerische Massnahmen Aus der vorgezogenen Gefahrenanalyse hervorgehende Überflutungsflächen resp. gefährdete Gebiete wurden mit Umzonungen gesichert. Die mit dem Entlastungskorridor zusammenhängende Geländemulde wurde bereits vor Ausführung der baulichen Massnahmen (Absenkung der Strasse) in der Nutzungsplanung berücksichtigt.
Bild 4. Übersicht der Massnahmen M4 bis M6 im Ortsteil Alt St. Johann.
Bild 5. Umsetzung der Grünzone im Gebiet Weier (Massnahme M6).
2.3 Technische Massnahmen Es wurde versucht, bebautes Gebiet mit bewirtschaftbaren Dämmen und Mulden zu schützen. Mit diesen Massnahmen sollte das Wasser wieder dem Gerinne zugeführt werden. Ausserhalb des Siedlungsgebietes werden Überflutungen weiterhin zugelassen. Im dicht bebauten Gebiet von Unterwasser floss die Säntisthur vor den Massnahmen in einer ausgeprägten, beidseitig hart verbauten Schlaufe durch den Dorfkern von Unterwasser. Für die Behebung des hydraulischen Engpasses wurden mehrere Varianten untersucht. Mit der umgesetzten Bestvariante wurde die Schlaufe der Säntisthur in das südlich gelegene, landwirtschaftliche Gebiet verlegt. Ein Teil der ursprünglichen Schlaufe wurde aufgrund eines kleinen Seitengewässers beibehalten und das Gerinne auf die deutlich geringeren Wassermengen angepasst. Unterhalb der Staatsstrassenquerung fliesst die Säntisthur heute in einer leicht geschwungenen Linienführung in der Landwirtschaftszone. Im Falle einer Überlastung des Gerinnes entlastet die Säntisthur in diesem Bereich in das südlich gelegene Landwirtschaftsgebiet. Die Fertigstellung der Gerinneumlegung und der beiden neuen Brückenbauten erfolgte im Frühjahr 2011.
Bild 6. Umlegung der Säntisthur im Gebiet Sändli (Massnahme M2). 214
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Bild 7. Einzugsgebiet mit Gewässerverlauf und Standorte der Wetterstationen (rot) und Abflussmessstationen (violett). 2.4 Objektschutzmassnahmen Nach den Ereignissen der vergangenen Jahre wurden an mehreren Gebäuden durch deren Eigentümer Objektschutzmassnahmen erstellt, welche auch nach den umgesetzten technischen Massnahmen beibehalten wurden. 2.5 Intervention Das Notfallkonzept der Feuerwehr sieht neben der Alarmierung und Überwachung auch den Einsatz von mobilen Schutzmassnahmen an neuralgischen Punkten vor. In Alt St. Johann wird mit mobilen Schläuchen das rechte Ufer erhöht und gesichert (Massnahme M4). Ausserdem hält die Feuerwehr die Brücken und Durchlässe frei von Schwemmholz.
3. Ereignisanalyse Die Hochwasserereignisse 1999, 2005 (vor Massnahmen) und 2011 (nach Abschluss aller Massnahmen) wurden im Rahmen der Erfolgskontrolle ausführlich analysiert [1]. Es wurde auch versucht, die eingetretenen Ereignisse in Hinblick auf ihre Häufigkeit einzuordnen. 3.1 Allgemeines Das Gewässersystem der Thur setzt sich aus der Säntisthur (Einzugsgebiet ca. 20 km2) und der Wildhuser Thur (Einzugsgebiet ca. 21 km2) zusammen, welche sich unmittelbar oberhalb der Abflussmessstation Chlostobel zur Thur vereinigen. An der Gemeindegrenze zur Gemeinde Nesslau-Krummenau, befindet sich die
Messstation Iltishag (Einzugsgebiet ca. 81 km2). 3.2 Grundlagen Als Basis dienten die Projektgrundlagen der realisierten Massnahmen, die Spurensicherungen nach den Unwettern durch das Kantonsforstamt, Pegelauswertungen der kantonalen Abflussmessstationen Iltishag und Chlostobel sowie Niederschlagsanalysen umliegender Wetterstationen. Aufgrund der Spurensicherung und der geführten Interviews mit den Gemeindebehörden und Leitern der Einsatzkräfte flossen die beim Ereignis 2011 gewonnenen Informationen und Erkenntnisse in die Beurteilung der Organisation und Massnahmen ein. Für die Zuordnung der Jähr-
Bild 8. Ausuferungen in Alt St. Johann im Jahr 1999. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
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Bild 9. Verteilung der Niederschlagsmengen des Ereignisses 2005 [5]. Die Konzentrierung der Niederschläge über dem Säntis und der Gemeinde Schänis in der Linthebene sind deutlich erkennbar. lichkeiten der Abflüsse wurden die im Jahr 2008 bestimmten massgebenden Hochwasserabflüsse der Thur (Unterwasser bis Bischofszell) [3] verwendet, welche auch der Gefahrenanalyse des Kantons St. Gallen zu Grunde liegen. Zusätzlich wurden die Überflutungssimulationen der Gefahrenanalyse [4] als Vergleich der Überflutungsflächen beigezogen. Für die Ereignisse 2005 und 2011 wurde bei der MeteoSchweiz eine Wetterradar-Expertise [5] erstellt. Der Wetterradar lieferte flächendeckend Messdaten mit einer räumlichen Auflösung von einer Zelle pro km2 und einer zeitlichen Auflösung von fünf Minuten. Die statistische Wiederkehrperiode der Regenintensität wurde aufgrund der extremen Punktregen des hydrologischen Atlas der Schweiz eingestuft. Zusätzlich wurde auch die Niederschlagsanalyse des Kantons St. Gallen verwendet, welche die Niederschlagsmessungen bis 2008 statistisch berücksichtigt. Um Aussagen zu einer allfälligen Veränderung der Sohlenlage machen zu können, wurden neue Querprofilaufnahmen gemacht und mit früheren verglichen. Die Daten der Schadenssummen wurden von der Gebäudeversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen (GVA) zur Verfügung gestellt. 3.3 Hochwasser Mai 1999 Der Monat Mai 1999 war ein sehr nasser und warmer Monat. Nach den Regenereignissen in der zweiten Maiwoche (Auffahrtswochenende) kam es am Pfingstwochenende zwischen dem 20. und dem 22. Mai 1999 erneut zu sehr grossen Niederschlägen im Gebiet des Säntis und in Wildhaus. Die Nullgradgrenze lag bei rund 2000 m ü. M. 216
Bild 10. Ereignis Oktober 2011: Überlagerung der Niederschläge und Abflussganglinien Chlostobel (blau), Iltishag (rot) mit dem Temperaturverlauf des Säntis (grün).
Die höchste registrierte Niederschlagsmenge wurde am 21. Mai 1999 in Wildhaus (201 mm/24h) gemessen, was einer Wiederkehrperiode von ca. 120 Jahren entspricht und statistisch als sehr seltenes Regenereignis eingestuft wird. Die Abflussmessstationen wurden bei diesem Ereignis teilweise zerstört, weshalb keine zuverlässigen Daten und Ganglinien ausgewertet werden konnten. An der Abflussmessstation Iltishag wurde mit 130 m3/s der grösste je gemessene Spitzenabfluss bestimmt. 3.4 Hochwasser August 2005 Der Monat August 2005 war ein regenreicher Monat. Vom Abend des 20. August bis zum frühen Morgen des 23. August 2005 war das Wetter entlang des gesamten Alpennordhangs anhaltend regnerisch. Auslöser für die grossflächigen Starkniederschläge war ein stabiles Tiefdrucksystem südlich der Alpen, welches feuchte Luftmassen an den Alpennordrand führte. Alle Messstationen im Untersuchungsgebiet erreichten am 22. August 2005 Tagesniederschlagsmengen zwischen 135 bis 190 mm. Die Messstation am Säntis verzeichnete ein sehr seltenes Regenereignis (Wiederkehrperiode ca. 140 Jahre). Die Auswertung der Radardaten zeigten im Einzugsgebiet der Säntisthur rund 30% mehr Niederschläge als in den angrenzenden Gebieten. Die Ganglinien der Pegelmessstationen zeigten einen rapiden Anstieg in der Nacht vom 22. auf den 23. August. Während die Säntisthur grosse Wassermassen führte, kam es bei der Wildhuser Thur kaum zu Ausuferungen. Die Stationen registrierten keine statistisch aussergewöhnlichen Spitzenabflüsse. Die Mess-
stelle Chlostobel lieferte jedoch keine zuverlässigen Daten, da diese beim Ereignis teilweise umflossen wurde und die Messstelle Schäden aufwies. Aufgrund von hydraulischen Rückrechnungen ergab sich für Alt St. Johann ein Abfluss von ca. 50 m3/s, was aufgrund der statistischen Werte der Messstation Chlostobel ungefähr einem HQ50 entsprechen würde. 3.5 Hochwasser Oktober 2011 Vom 7. bis zum 10. Oktober 2011 herrschte anhaltend regnerisches Wetter. Die registrierten Tageswerte lagen zwischen 49 bis 69 mm, was in der Grössenordnung eines jährlichen Niederschlagsereignisses liegt. Anhand der Radardaten konnte eine gleichmässige Verteilung der Niederschläge im gesamten Kessel des Obertoggenburgs festgestellt werden. Die Abflussmessstationen registrierten eine kurze Ganglinienspitze, welche im Verlauf des Tages rasch wieder abflachte. An der Messstation Iltishag wurde eine Spitze von 76 m3/s verzeichnet, was etwa einem HQ5 entspricht. Die Messstation Chlostobel wurde wiederum umflossen, weshalb der tatsächliche Abfluss höher gelegen haben muss, als die registrierten 30 m3/s. Die hydraulische Rückrechnung im Dorfteil von Alt St. Johann ergab einen Abfluss von ca. 55 m3/s. Der tatsächliche Abfluss im Bereich Chlostobel dürfte unwesentlich darunter gelegen haben und somit ein knapp seltenes Ereignis darstellen. Hydraulische Nachrechnungen an den beiden Zuflüssen ergaben für die Säntisthur einen Abfluss von ca. 28 m3/s (HQ50) und für die Wildhuser Thur einen solchen von ca. 25 m3/s (HQ15).
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Die Ganglinie lässt sich nicht aufgrund der Niederschlagsdaten erklären. Erst die Überlagerung mit dem Tempe-
raturverlauf zeigt, wie es am Mittag des 10. Oktobers 2011 zum Hochwasserabfluss gekommen ist. Vom Freitag 7. bis
Sonntag 9. Oktober 2011 fiel der Temperaturgradient in der gesamten Region abrupt um mehr als 10 ° C. Auf dem Säntis (2502 m ü. M.) fiel die Temperatur während diesen Tagen unter Null und die Neuschneestärke belief sich auf rund 50 cm. Die Schneefallgrenze sank im Toggenburg auf unter 1000 m ü. M. Am Montagmorgen des 10. Oktobers stieg die Temperatur infolge feuchter Warmluft wiederum rasch an, was die Schneefallgrenze in kurzer Zeit auf über 3000 m ü. M. ansteigen liess. Das in der Folge ausgeprägte Tauwetter führte dazu, dass ein erheblicher Teil des zuvor gefallenen Schnees rasch schmolz und mit den Niederschlägen zu grossen Abflüssen führte. 3.6
Kurzübersicht der Ereignisanalyse (Siehe nebenstehende Tabelle 1). 4. Erfolgskontrolle In der Erfolgskontrolle wurde analysiert, ob die mit den Massnahmen angestrebten Ziele des Hochwasserschutzes tatsächlich erreicht werden konnten oder Optimierungen notwendig sind. 4.1 Raumplanerische Massnahmen Die im Jahre 2011 registrierten Ausuferungen fanden in den dafür vorgesehenen Überflutungsräumen statt, ohne Schäden im Siedlungsgebiet zu verursachen. Der vorgesehene Entlastungskorridor Hofwis (Massnahme M5) ist im Ereignis 2011 nicht angesprungen, der Grund hierfür wird bei den technischen Massnahmen erläutert. Der Korridor in Alt St. Johann führte zur Überflutung der dafür raumplanerisch vorgesehenen Grünzone (Massnahme M6). Tabelle 1. Zusammenfassung der Ereignisanalyse.
Bild 11. Umsetzung der Grünzone Weier (vormals Industriezone) als Überflutungsraum M6.
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Bild 12. Ausgebautes Gerinne der Säntisthur mit der neu erstellten Brücke Langhans. Die Entlastung entlang des linken Ufers ist 2011 nicht angesprungen. 217
Bild 13. Hochwasserschutzschläuche in Alt St. Johann.
Bild 14. Intervention der Feuerwehr beim Durchlass Schwendistrasse (Wildhuser Thur) in Unterwasser.
Tabelle 2. Zusammenstellung der Schadenswerte und der Einordnung der Abflussspitzen. 4.2 Technische Massnahmen Aufgrund der Geländeanhebungen (M1/ M4) konnten 2011 im gesamten Massnahmenperimeter unkontrollierte Ausuferungen verhindert werden. Die verbleibenden Überflutungen sind auf die Wildhuser Thur – welche im Ereignis 2011 aussergewöhnlich viel Wasser führte – und die Seitenbäche zurückzuführen. Mit der Umlegung der Säntisthur in Unterwasser (M2) konnte der Engpass der früheren Thurschlaufe aufgehoben werden. Die vorgesehene Entlastung bei der Langhansbrücke springt erst bei Abflüssen ab ca. 30 m3/s an und ist daher 2011 nicht angesprungen. Die Massnahme M4 – Geländeanhebung Ochsenwis und die mobilen Hochwasserschutz-Schläuche entlang des rechten Thurufers – verhinderten unkontrollierte Ausuferungen in Alt St. Johann. Die Überprüfung der Sohlenlage hat ergeben, dass aufgrund des Hochwassers 2011 keine nennenswerten flussmorphologischen Veränderungen aufgetreten sind. 4.3 Intervention Neben dem Freihalten von Brücken und Durchlässen, der Schwemmholzabwehr (im Jahr 2011 besonders an der Wildhuser Thur) und dem Beobachten von neuralgischen Punkten ist die Feuerwehr als Teil des Massnahmenkonzepts für den Aufbau und die Sicherung der temporären Erhöhung der rechten Uferlinie (M4) in Alt St. Johann verantwortlich. Als temporäre 218
Absperrung werden Hochwasserschutzschläuche verwendet. Die Bereitstellung und der Aufbau der Schläuche klappten im Ereignis 2011 einwandfrei. Ausgeführte bauliche Massnahmen an einer den Entlastungskorridor querenden Strasse führten dazu, dass die Entlastung Hofwis im Ereignis 2011 nicht angesprungen ist, was im Bereich der mobilen Hochwasserschutzmassnahmen M4 zu höheren Wasserspiegellagen geführt hat. Glücklicherweise erreichte der Wasserstand bei diesem Ereignis nicht die kritische Höhe der Schläuche und der Kollaps trat nicht ein. Auch die Wildhuser Thur führte im Ereignis 2011 ungewöhnlich viel Wasser. Die Feuerwehr konnte dank ihrer Erfahrung mit Hochwassern sehr schnell reagieren und hat die kritischen Stellen mit Schaltafeln und Sandsäcken rechtzeitig gesichert. 4.4 Schadenentwicklung Im Kanton St. Gallen besteht ein Versicherungsobligatorium bei der kantonalen Gebäudeversicherungsanstalt (GVA). Somit sind die ausgewerteten Schadenswerte im Vergleich zu den in der Ereignisanalyse bestimmten Wiederkehrintervallen der Hochwasser repräsentativ (siehe Tabelle 2). Nicht enthalten sind jedoch Mobiliarschäden, Flurschäden und Schäden an Infrastrukturen, da diese – sofern abgesichert – bei verschiedensten Gesellschaften versichert sind. Erfahrungen anderer Hochwasserereignisse zeigen, dass die sogenannten volkswirtschaftlichen Schä-
den oft um den Faktor 4 bis 5 höher liegen als die jeweils der GVA gemeldeten Schäden. Die Ereignisse 2005 und 2011 zeigen bei ähnlichen Abflussspitzen eine erhebliche Reduktion der Schadenssumme. Die Verringerung der Schäden ist insbesondere auf die raumplanerisch gesicherten Ausuferungsflächen, die ausgeführten technischen Massnahmen und der Intervention der Einsatzkräfte zurückzuführen. Aufgrund des funktionalen Konzepts, inkl. Überlastbetrachtungen, kann davon ausgegangen werden, dass auch ein grösseres Ereignis – wie im Jahr 1999 verzeichnet – mit den umgesetzten Massnahmen zu deutlich geringeren Schäden führen würde. 4.5 Fazit Massnahmenkonzept Das Ereignis 2011 kann knapp als seltenes Hochwasserereignis eingestuft werden. Für die Erfolgskontrolle ist das Ereignis mit dem Hochwasser 2005 vergleichbar, welches eine ähnliche Hochwasserspitze erreichte, aber zu deutlich grösseren Schäden im Siedlungsgebiet führte. Ausserdem zeigte das Hochwasser 2011, dass die umgesetzten Hochwasserschutzmassnahmen im Allgemeinen gut funktioniert haben. Die Entlastungskorridore sind beim Ereignis 2011 aufgrund der zu geringen Abflussspitzen resp. erläuterten Umstände nicht angesprungen. Die im Hochwasserschutzkonzept Alt St. Johann – Unterwasser gewählten Massnahmen, insbesondere deren Kombination, haben sich bewährt. Es wurde nicht versucht, durch rein bauliche Massnahmen der Überflutungsgefahr gerecht zu werden und alles zu schützen. Kostenintensive bauliche Massnahmen konnten durch raumplanerische Massnahmen, das Zulassen von Überflutungen in der Land-
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wirtschaftszone, Objektschutzmassnahmen und gezielte Interventionen der Feuerwehr auf ein vertretbares Mass reduziert werden. 5.
Optimierungspotenzial und Empfehlungen Aufgrund der Ereignisanalyse konnten folgende Optimierungen der ausgeführten Massnahmen ausgemacht werden. 5.1 Entlastungskorridor Das Ereignis 2011 zeigt, dass die Entlastung im Bereich Hofwis in Alt St. Johann (Massnahme M5) nicht oder allenfalls zu spät einsetzt. Ursache sind ausgeführte bauliche Massnahmen an einer den Überflutungskorridor querenden Strasse, welche die wasserbaulichen Aspekte des Entlastungskorridors nicht berücksichtigen. Eine Überflutung des mit mobilen Schutzmassnahmen (Schläuche) geschützten Siedlungsgebietes (Massnahme M4) auf der gegenüberliegenden Seite trat nur knapp nicht ein. Der Wiederherstellung der funktionierenden Entlastung ist hohe Priorität zukommen zu lassen. 5.2 Wildhuser Thur Aufgrund der Ausprägung der Hochwasserschäden 1999 und 2005 an der Säntisthur standen die Massnahmen in Unterwasser und an der Thur in Alt St. Johann im Vordergrund. Das Ereignis 2011 und die definitive Gefahrenkarte des Kantons St. Gallen [4] zeigen jedoch auch Gefährdungen durch die Wildhuser Thur – insbesondere im Bereich Zufluss Nasenbach – und ein Schutzdefizit für Unterwasser. Zudem sind verschiedene Längs- und Querbauwerke beschädigt und sanierungsbedürftig. Aufgrund dieser Erkenntnisse wird die Gemeinde die Planung eines Gesamtkonzepts für die Wildhuser Thur beauftragen. 5.3 Intervention Die Gemeinde verfügt bezüglich Hochwasser über eine äusserst gut ausgebildete Feuerwehr. Aufgrund ihrer Erfahrung kontrolliert sie im Alarmfall verschiedene neuralgische Stellen periodisch. Dadurch ist sichergestellt, dass die erforderlichen Interventions- und Objektschutzmassnahmen zeitgerecht montiert sind. Als Verbesserung wird angeregt, dass das Notfallkonzept zwingend in schriftlicher Form bei der Feuerwehr vorliegt. Im Nachgang an
Einsätze sollen allfällig neue Erkenntnisse in die Notfallplanung einfliessen. 5.4 Objektschutzmassnahmen Seit Abschluss der baulichen Massnahmen könnte auf mehrere mobile Einrichtungen zum Objektschutz verzichtet werden. Im Hinblick auf die Gefährdungen durch Seitengewässer und die Überlastfallbetrachtung der Thur sollen die bestehenden Objektschutzmassnahmen aber weiterhin beibehalten werden. 5.5 Messstellen Die Messstelle Chlostobel wurde bei allen untersuchten Ereignissen umflossen. Die gemessenen Hochwasserspitzen wie auch die statistischen Werte der Messstelle dürfen deshalb nicht unkorrigiert verwendet werden. Die hydrologischen Werte, insbesondere für die Wildhuser Thur, sind wahrscheinlich aufgrund der Einschätzung der Karsteinflüsse eher tief angesetzt. Es wird angeregt, die Wildhuser Thur detaillierter zu untersuchen, bevor weitere Planungsarbeiten angegangen werden. Da Aussagen zu den jeweiligen Abflusscharakteristiken der Teileinzugsgebiete der Säntisthur und Wildhuser Thur von Interesse sind, wird vorgeschlagen, die beiden Arme mit je einer separaten Messstelle zu beobachten.
letzten Hochwasser im Juni 2013. Dank der durchgeführten Erfolgskontrolle der Hochwasserschutzmassnahmen, waren sich die Einsatzkräfte des Schwachpunktes bewusst und konnten diesen während der Interventionsphase beheben. Dadurch wurde ein Versagen des Systems (kollabieren der mobilen Schutzmassnahmen) verhindert. Nachdem die bisherigen Massnahmen konzentriert entlang der Säntisthur und der Thur ausgeführt wurden, soll nun mit einem Gesamtkonzept ebenfalls der Hochwasserschutz an der Wildhuser Thur verbessert werden. Die dazugehörenden Planungsarbeiten werden in diesem Jahr gestartet. Literatur [1] Schällibaum AG (2013): Erfolgskontrolle Hochwasserschutz Alt St. Johann – Unterwasser. Im Auftrag des Tiefbauamts des Kantons St. Gallen. [2] Ingenieure Bart AG (2002): Vorstudie Thur, Gefahrenkarte (vor und nach Massnahmen) und Massnahmenstudie. Im Auftrag des Tiefbauamts des Kantons St. Gallen. [3] Flussbau AG – SAH (2008): Hydrologie Thur (Unterwasser – Bischofszell). Im Auftrag des Tiefbauamts des Kantons St. Gallen. [4] Ingenieure Bart AG (2012): Gefahrenkarte Kanton St. Gallen (Teilgebiet 7). Im Auftrag des Tiefbauamts des Kantons St. Gallen.
6. Schlusswort Aufgrund der Ereignisanalyse konnten die Hochwasser grob beurteilt und gemäss ihrer Wiederkehrperiode eingestuft werden. Die beiden Hochwasserereignisse 2005 und 2011 sind bezüglich Abflussspitzen vergleichbar. Die anschliessende Erfolgskontrolle Hochwasserschutz Alt St. Johann – Unterwasser hat gezeigt, dass sich die Elemente des integralen Risikomanagements grundsätzlich bewährt haben und eine deutliche Schadenreduktion erreicht werden konnte. Zusätzlich konnten aufgrund des Ereignisses 2011 und der Erfolgskontrolle verschiedene Optimierungsmassnahmen lokalisiert und weitere Verbesserungen angeregt werden. Es zeigte sich klar, dass die den Entlastungskorridor querende Strasse (Massnahme M5) angepasst werden muss (Absenkung des Längenprofils), damit die Funktionsweise des Entlastungskorridors Hofwis – wie ursprünglich vorgesehen – gewährleistet werden kann. Die Absenkung der Strasse erfolgte dann während dem
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[5] MeteoSchweiz (2012): Expertise Radar 2012100 (Ereignis 2005) und 2012101 (Ereignis 2011). Im Auftrag des Tiefbauamts des Kantons St. Gallen. Fotonachweis Bilder 1, 5, 11, 12, 13 und 14: Gemeinde Wildhaus-Alt St. Johann. Bilder 2, 6 und 8: Baudepartement des Kantons St. Gallen. Bilder 3, 4, 7 und 10: Erfolgskontrolle Hochwasserschutz Alt St. Johann–Unterwasser. Bild 9: MeteoSchweiz [5]
Anschrift der Verfasser Remo Solèr, Ueli Schällibaum, Schällibaum AG, Ingenieure und Architekten, Ebnaterstrasse 143, CH-9630 Wattwil r.soler@schaellibaum.ch u.schaellibaum@schaellibaum.ch Jürg Marthy, Ralph Brändle, Tiefbauamt des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 51, CH-9001 St. Gallen juerg.marthy@sg.ch, ralph.braendle@sg.ch
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Die nächste Ausgabe von «Wasser Energie Luft» erscheint am Donnerstag, 5. Dezember 2013
Foto: MMi
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Gefahrenhinweiskarte Überflutung des Kantons Bern Peter Mani, Serena Liener, Ursin Caduff, Heinz P. Roth
Zusammenfassung Die Gefahrenkarte Wasser, welche in den meisten Gemeinden der Schweiz vorliegt, enthält detaillierte Informationen zur Überflutungsgefährdung. Die Gefahrenbeurteilung beschränkt sich jedoch auf die Bauzonen oder die Siedlungsräume. Werden Informationen zur Gefährdungslage ausserhalb des Gefahrenkartenperimeters benötigt, sei das für Baugesuche ausserhalb der Bauzone, für Umzonungen oder zur Gefahrenbeurteilung wichtiger Infrastrukturen, fehlen detaillierte Aussagen über die Überflutungsgefahr. Die GHK Überflutung, wie sie für den Kanton Bern erstellt wurde, füllt diese Lücke. Mit detaillierten Höhenmodellen und effizienten Modellen können Überflutungsflächen heute grossräumig und detailliert ausgeschieden werden. Wir widmen den Artikel unserem Co-Autor Heinz P. Roth, der uns überraschend und viel zu früh für immer verlassen hat.
1. Einleitung Die Überschwemmungen der vergangenen Jahre (1999, 2005, 2007) haben deutlich gezeigt, dass Ausuferungen von kleineren und grossen Flüssen zu massiven Schäden führen können. Im Nachgang zu diesen Ereignissen wurden einerseits Verbauungsmassnahmen ergriffen und andererseits konzeptionelle Projekte in Angriff genommen (Aufbau eines Unwetter-Warnsystems, Revision des Wasserbaugesetzes). Dabei werden Grundlagen zur Gefahrensituation, insbesondere im Zusammenhang mit Wassergefahren, benötigt. Für weite Teile des Kantonsgebietes liegen heute Gefahrenkarten vor, die auch die Überflutungsgefährdung zeigen. Diese beschränken sich jedoch normalerweise auf die Siedlungsgebiete. Für die übrigen Gebiete und somit bedeutende Teile des Kantonsgebietes liegen keine Angaben zur Gefährdungssituation durch Überflutung vor. In den 90er-Jahren wurde im Kanton Bern eine Gefahrenhinweiskarte für gravitative Prozesse und Wildbachprozesse erstellt. Auf die Ausarbeitung einer Gefahrenhinweiskarte für flachere Gewässer wurde verzichtet, da einige Jahre zuvor die Überflutungsgefährdungskarte des Kantons Bern erarbeitet wurde. Ebenso war die technische Machbarkeit damals noch nicht gegeben. Die Überflutungsgefährdungskarte zeigt mit Symbolen Schwachstellen im Gerinnebereich und mögliche Folgen von Überflutungen auf,
ohne jedoch die Überflutungsflächen flächenhaft darzustellen. Ende 2008 wurde vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) die Überflutungskarte, die im Rahmen des Projektes Aquaprotect ausgearbeitet wurde, veröffentlicht. Sie zeigt schweizweit die Überflutungsgefährdung bei 50-, 100-, 250- und 500-jährlichen Ereignissen. Die Karte dient dem Zweck, die Verteilung der Bundesmittel für den Wasserbau auf eine objektive Basis abzustützen. Sie kann jedoch nach Aussagen des BAFU eine Gefahrenhinweiskarte nicht ersetzen. Erste eigene Analysen, aber auch Reaktionen aus anderen Kantonen, bestätigen diese Aussage.
Aus diesen Gründen hat sich der Kanton Bern entschieden, eine Gefahrenhinweiskarte Überflutung auszuarbeiten. Die geo7 AG hat die beschriebenen Arbeiten durchgeführt. 2.
Die Gefahrenhinweiskarte (GHK) Überflutung Bern Die GHK Überflutung ist eine einheitliche kantonsweite Übersichtskarte der Überflutungsgefahren im Massstab 1:25 000. Die auf der Karte dargestellten Überflutungsflächen bilden die Umhüllende aller möglichen, seltenen Überflutungsereignisse. Schutzbauten sind berücksichtigt, soweit sie im digitalen Höhenmodell (DTM) integriert sind. Die dargestellten Überflutungstiefen sind analog zu den Intensitätskarten der Gefahrenkarten in drei Klassen unterteilt, Überflutungstiefen kleiner als 0.5 m in Hellblau, Tiefen von 0.5–2 m in Mittelblau und Überflutungstiefen grösser als 2 m in Dunkelblau (vgl. Bild 1). Neben der Version als PDF-Karten steht die GHK Überflutung auch in digitaler Form als Shapefile zur Verfügung. In der digitalen Karte sind die Überflutungsflächen für jede verantwortliche Schwachstelle und somit für jede Prozessquelle separat erfasst (vgl. Bild 2).
Bild 1. Ausschnitt aus der GHK Überflutung des Kantons Bern im Bereich von Wichtrach und Kiesen. Die unterschiedlichen Blautöne symbolisieren die Wassertiefenklassen. Das Rechteck symbolisiert den Ausschnitt, welcher in Bild 2 vergrössert dargestellt ist. Karte: Bundesamt für Landestopografie (BA130166).
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Bild 2. Ausschnitt der GHK Überflutung auf dem Gebiet der Gemeinde Wichtrach. Um den Bezug von Überflutungsflächen und Schwachstellen darzustellen, wurde die Überflutungsfläche, welche aus der violett umkreisten Schwachstelle resultiert, Rot eingefärbt. Karte: UP5, Kanton Bern.
3. DTM Aufbereitung Eine wichtige Grundlage für die Gefahrenhinweiskarte Überflutung bildet das Höhenmodell DTM-AV 2m. Fehler und Ungenauigkeiten im DTM wirken sich direkt auf die Modellergebnisse aus. Insbesondere im Bereich von Flüssen weist das DTM-AV teilweise grosse Fehler auf. Mit Hilfe von Gerinnequerprofil-Daten des BAFU und des Kantons Bern konnte die Qualität des DTM im Gerinnebereich wesentlich verbessert werden. Aus den Querprofildaten wurden automatisch Bruchkanten entlang des Gerinnebettes und der Dammkronen generiert, welche in das DTM integriert wurden. Weitere Korrekturen betrafen Schluchtstrecken, bei denen das Höhenmodell keinen durchgängigen Abflussweg aufweist. Das korrigierte DTM-AV wurde zudem geglättet, um das im DTM vorhandene Rauschen zu eliminieren. Bei der Glättung wurde darauf geachtet, dass für die Simulation relevante Strukturen wie z.B. Strassen nicht verloren gehen. Als weitere Korrektur wurden unerwünschte Strukturen vonAckerkulturen, welche im DTM sichtbar sind, lokalisiert und aus dem DTM entfernt. Ein Einbrennen der verschiedenen Korrekturen in das bestehende DTMAV würde in den Übergangsbereichen zu nicht erwünschten Artefakten führen. Deshalb wurde auf Basis der relevanten Punkte des DTM-AV, der Korrekturdaten und der Gerinne-Bruchkanten ein neues DTM berechnet (vgl. Bild 3). 4. Simulationsmodell Für die Berechnung der Überflutungsflächen wurde das Simulationsmodell FloodArea der Firma geomer GmbH eingesetzt. Die Berechnung der Überschwemmungs222
bereiche basiert in diesem Modell auf Bild 3. Zur Neuberechnung des DTM werden die relevanten einem hydrodyna- Punkte des DTM-AV (violett) und die Daten, die aus den DTMmischen Ansatz. Korrekturen stammen, miteinander kombiniert (Hintergrund: Betrachtet werden Hillshade des aufbereiteten DTM-AV, Kanton Bern). jeweils die acht Nachbarn einer Rasterzelle. Das Abflussvolumen zu den Höhe der Wasserpegel der entlasteten Nachbarn wird mit Hilfe der Fliessformel Staukurven und der Höhe der Dämme. Genach Manning-Strickler errechnet. rade an grösseren Gewässern muss auch Als Input für die Überflutungsmo- von Dammbrüchen ausgegangen werden. dellierung erlaubt das Modell ent-weder Dammbruchszenarien wurden in der GHK die Wasserspiegellage im Gerinne oder die Überflutung ebenfalls berücksichtigt und Ganglinie an bestimmten Ausbruchstel- simuliert. Grundlage für die Dammbruchlen. Ausgehend von den Ausbruchstel- simulationen bilden der Hochwasserpelen wird in einem iterativen Verfahren das gel sowie die Dammbreschenlänge. An Gefälle des Wasserspiegels berechnet. Gewässern ohne Staukurvensimulation Das grösste Gefälle des Wasserspiegels wurde das Verfahren zur Detektion der fliesst in die Manning-Strickler-Formel ein. Schwachstellen angepasst: Als SchwachDie errechnete Fliessgeschwindigkeit wird stellen gelten an diesen Gewässern Brümit dem Fliessquerschnitt multipliziert und cken, der Beginn von eingedolten Geergibt die Austauschwassermenge für den wässerabschnitten sowie reliefbedingte aktuellen Rechenschritt. Nach jedem Re- Schwachstellen. Letztere werden mittels chenschritt wird die Volumenbilanz be- DTM-Analyse ausgeschieden. Alle 50 rechnet. In wählbaren Zeitschritten kön- Meter wird dafür die Höhendifferenz zwinen die Überflutungsflächen in ein Raster schen dem Gewässer und dem Umland hinaus geschrieben werden. FloodArea analysiert (vgl. Bild 4). Sämtliche Schwachliefert dabei nicht nur die Überflutungs- stellen wurden von den Wasserbauingenifläche, sondern auch Informationen zur euren des Kantons plausibilisiert. Überflutungstiefe. 6. Einfache Hydrologie 5. Definition für Schwachstellen von Schwachstellen Im Gegensatz zu den Gewässern mit StauDen Ursprung für jede Überflutungsfläche kurvenberechnungen müssen für die Simuin der Karte bildet eine Schwachstelle. Da lation der übrigen Schwachstellen die hyddie Datengrundlage je nach Gewässer- rologischen Parameter berechnet werden. grösse variiert, wurden zwei verschiedene Als Grundlage zur Bestimmung der HydroVerfahren zur Detektion der Schwachstel- logie dient das Modell von Kürsteiner (Bunlen eingesetzt. Für die meisten grösseren desamt für Wasser und Geologie, 2003). Gewässer des Kantons Bern existieren Der c-Wert wird jedoch nicht aus GebietsStaukurvenberechnungen. In diesen Fäl- eigenschaften (Hangneigung) abgeleitet, len resultieren die Schwachstellen aus der sondern anhand beobachteter Hochwas«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
serereignisse bestimmt. An Abflussmessstationen kann mittels Extremwertstatistik die Abflussmenge für den 300-jährlichen Abfluss ermittelt werden. Setzt man diesen Wert als Abflussspitze in die Gleichung von Kürsteiner ein, kann für jede Abflussmessstation ein c-Wert ermittelt werden, welcher für das Einzugsgebiet oberhalb der Messstation repräsentativ ist. Mittels Interpolation (IDW-Interpolation) der c-Werte wird eine c-Wertkarte erstellt. Bei grossen Einzugsgebieten führt der Umstand, dass der c-Wert das Einzugsgebiet oberhalb der Messstation repräsentiert dazu, dass der c-Wert im Bereich der Messstation die lokalen Eigenheiten der Abflussbildung zu wenig oder gar nicht mehr abbildet. Deshalb werden für die Erstellung der c-Wertkarte Messstellen an Unterläufen grosser Flüsse nicht berücksichtigt. Als Beispiel ist hier die Emme bei der Station Wiler zu nennen. Ebenfalls werden Messstationen unterhalb von grösseren Seen nicht berücksichtigt, da das Abflussverhalten und somit auch der c-Wert dieser Messstationen von der Speicherwirkung des Sees stark beeinflusst ist. Die c-Wertkarte dient dazu, für jeden beliebigen Punkt im Kanton Bern einen c-Wert zu erhalten, mit welchem man unter Einbezug der Einzugsgebietsgrösse den Hochwasserabfluss für ein sehr seltenes Ereignis abschätzen kann. Ein Vergleich der für die GHK Überflutung Bern berechneten Abflussspitzen mit den Abflussspitzen der Gefahrenkarten des Kantons Bern (HQ300) zeigt, dass die erwarteten Abflussspitzen in derselben Grössenordnung liegen (vgl. Bild 5). Für die Simulation wird nicht der Spitzenabfluss, sondern die Ganglinie der Ausbruchwassermenge benötigt. Um diese zu erhalten, wird für jede Schwachstelle eine Dreiecksabflussganglinie aus dem Spitzenabfluss und der Ereignisdauer erstellt. Die Ereignisdauer wird in Abhängigkeit zur Einzugsgebietsgrösse bestimmt und basiert auf Erfahrungswerten. Aus der Dreiecksabflussganglinie lässt sich das Gesamtabflussvolumen bestimmen. Die Ausbruchwassermenge ist die Differenz zwischen dem Abfluss und der Gerinnekapazität. Da die Gerinnekapazität der einzelnen Schwachstellen nicht bestimmbar ist, wird die Ausbruchwassermenge vereinfacht als Funktion vom Gesamtabflussvolumen und der Einzugsgebietsgrösse angesehen. 7. Simulationsstrategie Die Simulationsstrategie verfolgt das Ziel, für die über 11 000 Schwachstellen des
Bild 4. Querprofilanalyse zur Detektion von reliefbedingten Schwachstellen. In Abhängigkeit des Gerinnegefälles werden die sechs Abtastpunkte (gelb, grün, rot) in unterschiedlichen Abständen gesetzt. Die gelben Punkte zeigen detektierte reliefbedingte Schwachstellen (Hillshade DTM-AV, Kanton Bern).
Bild 5. Vergleich von Spitzenabflüssen. Linke Spalte Spitzenabflüsse aus den Gefahrenkarten (Stalder S., 2010), rechte Spalte Spitzenabflüsse für Schwachstellen der GHK Überflutung. Kantons Bern Überflutungsflächen zu generieren, welche voneinander unabhängig sind. Das heisst, es muss eine Simulationsstrategie verfolgt werden, die verhindert, dass Wasser von zwei verschiedenen Überflutungsflächen zusammenfliessen kann. Um die Unabhängigkeit der Überflutungsflächen zu erreichen, wurde die Anzahl der Simulationsdurchgänge erhöht, so dass pro Simulationsdurchgang weniger Schwachstellen miteinander simuliert wurden. Eine erste Aufteilung der Einspeisepunkte in verschiedene Simulationsläufe erfolgte über die Einzugsge-
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bietsgrösse. Dank dieser Aufteilung ist es möglich, die Simulationsdauer auf die Einzugsgebietsgrösse abzustimmen. Weiter wurde eine Mindestdistanz zwischen den Schwachstellen jedes Simulationsdurchganges vorgegeben. In der Nachbearbeitung wurden die Überflutungsflächen zusätzlich auf Unabhängigkeit kontrolliert. Falls eine Überschneidung von zwei Überflutungsflächen gefunden wurde, wurden die beiden Überflutungsflächen eliminiert und die beiden Schwachstellen nochmals simuliert. Die Simulationsstrategie ist in Abbildung 6 schematisch dargestellt. 223
Bild 6. Darstellung der Simulationsstrategie. Das Auftrennen der Schwachstellen erfolgt aufgrund der EZG-Fläche. In einem weiteren Schritt ist eine Mindestdistanz zwischen den Schwachstellen für die weitere Auftrennung massgebend. In der Nachbearbeitung wurden die Simulationsresultate generalisiert, die Überflutungstiefen klassiert und die verschiedenen Überflutungsflächen zu einer Karte aggregiert. Die unabhängige Simulation der Punktausbruchstellen bietet verschiedene Vorteile: • Die Auswirkung einer einzelnen Schwachstelle ist genau definiert. • Überflutungsflächen können nach Prozessquellen unterschieden werden (z.B. Überflutungsflächen nur vom Seitenbach). • Für jede Überflutungsfläche können die dafür verantwortlichen Schwachstellen eruiert werden. Zur Erstellung der GHK Überflutung Bern wurden gesamthaft 277 Simulationen durchgeführt, das heisst pro Simulationsdurchgang wurden gleichzeitig durchschnittlich 40 Schwachstellen simuliert, verteilt über den ganzen Kanton Bern. 8. Qualität der Simulation Die GHK Überflutung ist wesentlich genauer und vollständiger als Aquaprotect. Ebenfalls ist sie genauer als die GHK für gravitative Gefahren. Tendenziell liegen die Resultate näher bei der Gefahrenkarte. Sie haben jedoch nicht deren Aussagegenauigkeit, da z.B. die Jährlichkeit fehlt und Detailstrukturen sowie Schutzmassnahmen, die nicht im DTM-AV erfasst sind, nicht berücksichtigt werden. In Bild 7 sind die GHK Überflutung, Aquaprotect und die Gefahrenkarte Wasser einander gegenübergestellt, dies im 224
Bild 7. Vergleich der verschiedenen Produkte. Links Aquaprotect W 250 Jahre (Quelle: Swiss Re/BAFU, 2008), in der Mitte die GHK Überflutung und rechts die GK Wasser (Geoportal Kanton Bern, Stand April 2013) im Bereich von Kirchberg BE. Karte: Bundesamt für Landestopografie (BA130166). Bereich von Kirchberg BE. Die Gegenüberstellung zeigt die Nähe der GHK Überflutung zur Gefahrenkarte Wasser. Deutlich ersichtlich sind auch die Unterschiede zu Aquaprotect. Bei der GHK Überflutung sind im Unterschied zu Aquaprotect auch sehr kleine Gewässer berücksichtigt. Zudem ist die der Karte zugrunde liegende Methodik unterschiedlich: Aquaprotect generiert die Überflutungszonen aus drei Parametern, der horizontalen und vertikalen Distanz eines Punktes zum Gewässer sowie der Grösse des Teileinzugsgebietes. Bei der GHK Überflutung sind es Simulationen, ausgehend von eruierten Schwachstellen.
Im Geodatenportal des Kantons Bern wird die Umhüllende der GHK Überflutung zudem einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Literatur Bundesamt für Wasser und Geologie (2003): Hochwasserabschätzung in schweizerischen Einzugsgebieten, Berichte des BWG, Serie Wasser, Bern. 118 S. Geoportal Kanton Bern (Zugriff 17.04.2013): Naturgefahrenkarten 1:5000. (http://www.apps. be.ch/geo/index.php?tmpl=index&option =com_easysdi_catalog&Itemid=2&context=g eocatalog&toolbar=1&task=showMetadata &type=complete&id=2fd935ef-91d7-436f-
9. Einsatzmöglichkeiten Dank der Simulationsstrategie und des Datenmodelles, bei dem sich jede Überflutungsfläche einer Schwachstelle zuweisen lässt, bietet das Produkt «Gefahrenhinweiskarte Überflutung» vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, ohne dass spezifische Neu-Simulationen durchgeführt werden müssen. • In Gebieten ausserhalb des Gefahrenkartenperimeters gibt die GHK Überflutung einen detaillierten Hinweis auf eine potenzielle Überschwemmungsgefahr. Somit ermöglicht sie die Beurteilung von Baugesuchen ausserhalb des Siedlungsgebietes. • Die GHK Überflutung dient als Grundlage für die Definition des Überlastfalles. • Dank der Zuordnung der Überflutungsflächen zu Schwachstellen ist eine erste Grobabschätzung der Wirkung von Massnahmen möglich. • Die GHK Überflutung bietet die Grundlage für grossräumige Risikoabschätzungen und Hotspot-Analysen.
a17e-85f0db350705&lang=de) Stalder, S. (2010): Analyse von Gefahrenkarten. Am Beispiel der Hochwasserabschätzungen im Kanton Bern. Masterarbeit, Geogr. Inst. Universität Bern. 127 S.
Anschrift der Verfasser Peter Mani, Dr. Serena Liener, Ursin Caduff, geo7 AG, Neufeldstr. 5–9, CH-3012 Bern naturgefahren@geo7.ch Heinz P. Roth, ehem. TBA, Fachstelle Hochwasserschutz, Reiterstrasse 11, CH-3011 Bern
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Kleinwasserkraftwerkstudie Kitogota, Tansania David Rothweiler, David Arnold, Robin Schwab, Annette Ziller, Robert M. Boes
Zusammenfassung In einem Entwicklungsland wie Tansania ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser und elektrischer Energie keine Selbstverständlichkeit. Trotz grosser nationaler Energiereserven sind viele ländliche Gebiete infolge Infrastrukturdefizite nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Für diese stellen Kleinwasserkraftwerke eine kostengünstige Lösung dar. Im Rahmen zweier Masterarbeiten der Professur für Wasserbau an der ETH Zürich wurde die Machbarkeit eines Kleinwasserkraftwerkes auf dem Kamachumu-Plateau in der Kagera-Region im Nordwesten des Landes untersucht (Bild 1). Die beiden darin erarbeiteten Konzepte beruhen auf der Analyse von alten Projektunterlagen aus den 1980er-Jahren, neu erstellten hydrologischen Grundlagen, sowie einem vierwöchigen Studienaufenthalt in Tansania. (1) Das Konzept Kashule stellt ein neu projektiertes Kleinwasserkraftwerk dar. Es weist bei einer Nettofallhöhe von 98.8 m und einer Ausbauwassermenge von 1.5 m3/s eine Jahresproduktion von rund 6.3 GWh auf. Die installierte Leistung von 1.175 MW berechtigt zu einer Einspeisevergütung, wodurch jährliche Einnahmen von ca. 580 000 USD möglich sind. (2) Beim Konzept Kitogota werden vorhandene Anlagenteile des alten Projekts einbezogen. Die installierte Leistung der vorhandenen Durchströmturbine beträgt 376 kW. Es kann von einer jährlichen Energieproduktion von rund 1.8 GWh und jährlichen Einnahmen von 167 000 USD ausgegangen werden.
1. Einleitung Im ostafrikanischen Staat Tansania sind gegenwärtig rund 48 Millionen Einwohner aus über 130 Ethnien beheimatet [1]. Gut drei Viertel der Bevölkerung wohnt in ländlichen Gebieten und lebt von der Landwirtschaft [2]. Zum Heizen und Kochen wird mehrheitlich Brennholz und Holzkohle verwendet, da landesweit lediglich 14% der Bevölkerung Zugang zu Elektrizität hat [3]. Mit ca. 85 kWh pro Kopf ist der Stromverbrauch dementsprechend niedrig und beinahe um einen Faktor 100 kleiner als in der Schweiz [4]. Bedingt durch die voranschreitende Elektrifizierung und den Bevölkerungszuwachs von durchschnittlich etwa 3% pro Jahr wird bis 2020 eine Verdoppelung der erforderlichen Spitzenleistung auf rund 2200 MW erwartet [4, 5]. Zur Vermeidung einer Stromlücke sollen in den kommenden Jahren die nationalen Gas- und Kohlereserven gefördert und das Verbundnetz mit den Nachbarländern Sambia und Kenia erweitert werden [3]. Mittel- bis langfristig stehen weitere Investitionen in die Wasserkraft an, deren Potenzial landesweit erst zu ca. 12% genutzt und auf insgesamt rund 4800 MW
geschätzt wird [6]. Ergänzend stehen erneuerbare Energiequellen wie Geothermie, Wind- und Solarenergie zur Diskussion. Dank den künftigen Investitionen in eine moderne Energieinfrastruktur im Landesinneren erhofft sich die tansanische Regierung eine Verbesserung der Le-
bensqualität und der Wirtschaftsleistung. Hierbei setzt sie einerseits auf die Unterstützung internationaler Organisationen, wie z.B. die Weltbankgruppe oder die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB). Andererseits sollen mit der Liberalisierung des Strommarktes vermehrt Public Private Partnerships (PPPs), sowie private Investoren (IPPs) zum Zuge kommen [7, 8]. Aufgrund der Weitläufigkeit des Landes und den schlechten Strassenverhältnissen lässt sich die Modernisierung und Erweiterung des öffentlichen Stromnetzes jedoch nur schleppend umsetzen, bzw. ist mit hohen Kosten verbunden. Daher bieten sich für abgelegene Gebiete grundsätzlich Kleinwasserkraftwerke im Inselbetrieb an. Diese haben sich seit der Kolonialzeit zur Energieversorgung religiöser Zentren bewährt und haben den Vorteil, dass die Anschlusskosten an das öffentliche Stromnetz entfallen und fossile Brennstoffe eingespart werden können [9]. Als Anreiz für zukünftige Investoren hat die Regierung eine Einspeisevergütung für Kleinkraftwerke mit einer Leistung von 100 kW–10 MW und eine Abnahmegarantie über eine Zeitspanne von 15 Jahren beschlossen. Die Einspeisevergütung orientiert sich hierbei an den Gestehungskos-
Bild 1. Wasserfall Kitogota am Rande des Kamachumu-Plateaus.
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ten des staatlichen Elektrizitätsunternehmens, es handelt sich also nicht um einen subventionierten Tarif [10]. Landesweit wurden in mehreren Studien des staatlichen Energieunternehmens TANESCO bereits über 85 mögliche Standorte für Kleinwasserkraftwerke mit einer Leistung von insgesamt rund 187 MW nachgewiesen [11]. 2.
Ausgangslage
2.1 Standort Der in dieser Studie betrachtete Standort für ein potenzielles Kleinwasserkraftwerk befindet sich in der Region Kagera im Nordwesten des Landes. Die Region liegt unmittelbar südlich des Äquators und grenzt an die Länder Uganda im Norden und Ruanda und Burundi im Westen. Von energetischem Interesse ist insbesondere das mittlere Einzugsgebiet des Flusses Kamwana auf dem Kamachumu-Plateau im Bezirk Muleba am Westufer des Viktoriasees (siehe Bild 2). Das Plateau liegt zwischen 1300– 1600 m ü. M. und überragt das umliegende Gelände mit den Flüssen Muleleizi und Ngono um rund 300 m. Der mittlere Jahresniederschlag auf dem Plateau beträgt rund 1200–1300 mm und verteilt sich primär auf eine grosse Regenzeit von März bis Mai und eine kleine von Oktober bis Dezember. Insgesamt leben auf dem 280 km2 umfassenden Plateau rund 97 000 Menschen [12]. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt zwischen 60–90 CHF/Jahr, womit dieses Gebiet zu einem der ärmsten des
Landes gehört [13]. Die typischen Häuser haben weder einen Wasser- noch einen Stromanschluss und sind aus einfachen Lehmziegeln und einem Wellblechdach aufgebaut. Als Nahrungsquelle dienen der Bevölkerung hauptsächlich eigens angepflanzte Kochbananen, Bohnen, Maniok und Mais. 2.2 Chronologie Ein wichtiger Anlaufpunkt für die lokale Bevölkerung ist das Bezirksspital und die katholische Kirche in Rubya. Bis Anfangs der 1990er-Jahre wurden diese Bauwerke durch ein gemeinsames Dieselaggregat mit elektrischer Energie versorgt. Der Grenzkonflikt mit Uganda in den Jahren 1978–1979 und die darauffolgende Ölkrise im Jahre 1980 haben jedoch immer wieder zu Versorgungsengpässen und schliesslich zu einem Umdenken geführt [14]. Darauffolgend wurden alternativ zu den Kraftstoffen aus dem Ausland mehrere Wasserkraftprojekte in der Umgebung geprüft. Nach dem Jahre 1985 kam im Auftrag des niederländischen Ministeriums für Entwicklungszusammenarbeit gar ein Kleinwasserwerk-Projekt (376 kW) in die Ausführungsphase [15]. Die geplanten elektrischen Installationen des Spitals wurden vollendet – zur Fertigstellung des Kraftwerkes kam es jedoch nie. Gemäss den verfügbaren Informationen traten bei der Erstellung eines Staudammes Terminprobleme und schwierige Baugrundverhältnisse zu Tage, worauf die Geldgeber nicht mehr bereit waren, die anfallenden Mehrkosten zu tragen. Des Weiteren hatte sich im Verlaufe der Zeit die politische Lage derart stabilisiert, dass die betroffenen Institutionen den Strom kostengünstig über neu errichtete Zuleitungen aus Uganda beziehen konnten. Seit nun schon über zwei Jahrzehnten lagert eine für das Kleinwasserkraftwerk extra aus Europa importierte Durchströmturbine mit GeneraBild 2. Einzugsgebiet des Flusses Kamwana auf dem KamachumuPlateau.
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tor samt Zubehör ungenutzt in Holzkisten auf dem Spitalgelände in Rubya. Dieser Umstand hat den diplomierten Schweizer Betriebs- und Produktionsingenieur Robin Schwab dazu bewogen, ein neues Projekt ins Leben zu rufen. Er und seine Ehefrau Corin Schwab, eine diplomierte Umweltnaturwissenschafterin, leisten in der Region Kagera einen mehrjährigen Entwicklungseinsatz für die Schweizer Organisation Interteam und unterstützen so die lokale Bevölkerung mit ihrem Fachwissen, indem zum Beispiel Robin Schwab in der Firma KAMTES für die Wartung und Inbetriebnahme von medizinischen Geräten in Spitälern der Kagera-Region zuständig ist. 2.3 Zielsetzung In Zusammenarbeit mit der Professur für Wasserbau, ETH Zürich, entstand die Idee, im Rahmen von zwei Masterarbeiten die Machbarkeit eines Kleinwasserkraftwerkes in dieser Region auf heutiger Basis zu prüfen. Das neu lancierte Kleinwasserkraftwerkprojekt hat zum Ziel, das Wasserkraftpotenzial des Flusses Kamwana möglichst wirtschaftlich zu nutzen. Im Rahmen der Studie sollen daher mehrere Standorte für Wasserfassungen und Zentralen geprüft und in einer Wirtschaftlichkeitsanalyse gegenübergestellt werden. Hierbei sind die ökologischen Anforderungen und die gesellschaftliche und politische Akzeptanz zu berücksichtigen. 3.
Vorgehensweise
3.1 Grundlagenstudium Als erster Schritt stand die Grundlagenbeschaffung an, welche sich bei diesem Projekt als schwierig herausstellte. Die seinerzeit für die Realisierung des Kleinwasserkraftwerkes verantwortliche Entwicklungshilfeorganisation wurde inzwischen aufgelöst und auch der damalige Projektleiter aus den Niederlanden war unauffindbar. Glücklicherweise konnte aber das holländische Unternehmen eruiert werden, welches Ende der 1980er-Jahre die Erneuerungen der elektrischen Installationen in Rubya erfolgreich abschloss. Diverse in der Firma archivierte Projektunterlagen wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt, welche nach dem Eintreffen in der Schweiz für die einfachere Weiterbearbeitung teilweise digitalisiert wurden. Vom Projektgebiet existieren weiter topographische Karten im Massstab 1:50 000 aus dem Jahre 1989. Mit Hilfe der Karten konnten im Vorfeld erste geeignete Standorte für ein Kleinwasserkraftwerk evaluiert werden.
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Zur Ermittlung der einzelnen oberirdischen Einzugsgebietsflächen wurde anstelle eines Planimeters auf das Geoinformationssystem ArcGIS 10 zurückgegriffen. Die Flächen wurden anhand zweier Verfahren ermittelt. Beim ersten Verfahren wurde auf Basis der Höheninformationen aus den Karten ein digitales Höhenmodell (DHM) erstellt und anhand der Hangneigungen und dem Lauf der Gewässer die jeweiligen Einzugsgebietsgrenzen berechnet. Um das zeitintensive Digitalisieren und Attribuieren der Höhenkurven zu umgehen, wurde bei der zweiten Methode ein satellitenbasiertes Höhenmodell aus den USA und Japan als Datengrundlage verwendet. Dieses wird aus Stereobildern des ASTER-Sensors des Satelliten Terra generiert und kann aktuell mit einer maximalen Auflösung von einer Bogensekunde (ca. 30.8×30.8 m) bei verschiedenen Datenportalen kostenlos bezogen werden [16]. Die ermittelten Einzugsgebiete lagen je nach Standort zwischen 104 und 118 km2, wobei die relativen Abweichungen der Methoden unter 1% betrugen. Wie bei vielen Wasserkraftprojekten üblich, lagen für den betroffenen Flussabschnitt keine langfristigen Abflussdaten vor. Aus diesem Grunde wurde eine Abflussganglinie und Dauerkurve des Flusses Kamwana basierend auf unterschiedlichen Grundlagen hergeleitet. Für eine erste Abschätzung konnten die zehn Jahre umfassenden Pegelmessdaten des nahegelegenen Flusses Ngono aus den 1980er-Jahren unter Berücksichtigung der Einzugsgebietsflächen verwendet werden. Leider war es nicht möglich, an aktuellere Daten der Station zu kommen. Bei einem weiteren hydrologischen Modell wurden Niederschlagsdaten von Satelliten und Bodenstationen einbezogen [vgl. 17, 18, 19]. Der Abfluss wurde hierbei aus der allgemeinen Wasserhaushaltsgleichung vereinfachend nur über den Niederschlag abzüglich der Evapotranspiration berechnet. Da in der Region keine Lysimeter-Messungen bekannt sind, wurde u.a. auf Basis der vier Landoberflächenmodelle CLM, Mosaic, NOAH und VIC des Global Land Data Assimilation Systems (GLDAS) der NASA die Evapotranspiration bestimmt [20]. Zu beachten ist, dass neben der zeitlichen und räumlichen Auflösung der Niederschlagsdaten insbesondere die Ermittlung der Evapotranspiration mit Unsicherheiten verbunden ist, da diese von mehreren Faktoren wie Temperatur, Luft- und Bodenfeuchtigkeit, Wind, Topographie, Sonneneinstrahlung und Bodenbedeckung abhängig ist.
Bild 3. Neu errichtete Abflussmessstation am Fluss Kamwana.
Bild 4. Referenzstation im oberen Teil des Projektgebietes.
Weil das Wasserdargebot neben der Fallhöhe und dem Wirkungsgrad der Turbine einen entscheidenden Einfluss auf die Energieproduktion und somit die Wirtschaftlichkeit der Anlage hat, wurde beschlossen, eine eigene Pegelmessstation am Fluss Kamwana zu errichten. Die Station ist mit einer Druckmesssonde ausgestattet und wurde Ende Januar dieses Jahres in Betrieb genommen (Bild 3). Die Umrechnung der gemessenen Drücke auf den Abfluss erfolgt über eine Pegelrelation, welche mit Hilfe der Verdünnungsmethode mit Salz bei unterschiedlichen Pegelständen erstellt wird.
sidenten mit den Messarbeiten begonnen werden konnte. Mit Hilfe von Satellitenaufnahmen und eines tragbaren differentiellen GPS-Systems (DGPS) wurde das mehrheitlich offene und teils felsige Terrain erfasst (vgl. Bild 4). Diese Arbeiten blieben nicht lange unbemerkt. Die Bevölkerung, besonders die Kinder, erfreuten sich an den zwei Wazungu (Weissen), welche mit dem GPS-Empfänger im Gelände herumliefen. Als Auskunftsstelle für die Bevölkerung wurde daher eine lokale Person engagiert, welche daneben die Messausrüstung bewachte. Des Weiteren wurden die Tätigkeiten durch einen Lehrling von KAMTES unterstützt. In intensiven Messtätigkeiten wurden insgesamt über 2000 Geländepunkte aufgenommen. Für spätere Vermessungsarbeiten wurde zudem am Ende des Aufenthaltes ein einfaches Fixpunktnetz mit im Fels verankerten Messingbolzen aufgebaut. Neben den Vermessungsarbeiten wurden an einzelnen Tagen auch Abflussmessungen durchgeführt. Aufgrund der starken Variation der Gerinnegeometrie und den damit verbundenen hochturbulenten Strömungen wurde dabei die Salzverdünnungsmethode zur Durchflussermittlung gewählt (siehe Bild 5). Die Werte lagen für den Fluss Kamwana zwischen 0.8 und 1.3 m3/s, wobei der auf Grundlage der oben genannten hydrologischen Daten geschätzte mittlere jährliche Abfluss etwa 1.4 m3/s beträgt.
3.2 Studienaufenthalt Anfangs November 2012 stand für die beiden Erstautoren zur Ergänzung der Grundlagen und Überprüfung der Modelle ein eindrücklicher vierwöchiger Studienaufenthalt mit Hauptunterkunft in Bukoba auf dem Programm, wo sie von der Familie Schwab herzlichst in Bukoba empfangen wurden. Zur Durchführung diverser Untersuchungen vor Ort wurden entsprechende Messinstrumente aus der Schweiz mitgebracht. In der ersten Woche konnten aufgrund von Zeitverzögerungen bei der Arbeitsbewilligung noch keine Messarbeiten durchgeführt werden. Daher standen zunächst eine Begehung des Projektgebietes und das Kennenlernen der Umgebung und Bevölkerung im Vordergrund. Weiter wurden die verschiedenen Komponenten des vorangehenden Kleinwasserkraftwerkprojektes inspiziert und eine Inventarliste erstellt. In der zweiten Woche wurde dank der Unterstützung des Bischofs die Arbeitsbewilligung erteilt, so dass nach Information der umliegenden Gemeindeprä-
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4. Vorgeschlagene Konzepte Mit den aus dem Studienaufenthalt gewonnen geodätischen sowie hydrologischen Daten konnten zwei unterschiedliche Kraftwerkskonzepte erarbeitet werden. Diese Konzepte betrachten separate 227
dene technische Material kann dabei je nach Funktionstüchtigkeit wiederverwendet, bzw. muss teilweise ersetzt werden. In einem Variantenstudium wurden die Konzepte weitgehend optimiert.
Bild 5. Einspeisung von Salz zur Abflussbestimmung im oberen Teil des Projektgebietes. Flussabschnitte des Flusses Kamwana und sind somit prinzipiell voneinander unabhängig (Bild 6). Beiden Projekte ist gemeinsam, dass die gewünschte Wassermenge bei einer Sperre kontrolliert in einen Oberwasserkanal ausgeleitet und über eine Druckleitung der Turbine zugeführt wird. (1) Beim Konzept Kashule, im oberen Teil des Projektgebietes, wird der durch einen Canyon hervorgerufene Höhenunterschied genutzt. Dieser Canyon ist mit einer Breite von ca. 5 m an der engsten Stelle und einer geschätzten Tiefe von 30 m für Menschen nur erschwert zugänglich (Bild 7). Da die Bruttofallhöhe von rund 100 m über der Leistungsgrenze der vorhandenen Turbine liegt, wird eine neue Turbine mit einer grösseren Ausbauwassermenge vorgeschlagen. (2) Beim Konzept Kitogota wird die Höhendifferenz des gleichnamigen Wasserfalls weiter flussabwärts ausgenutzt. Das Konzept widerspiegelt grundsätzlich das bereits Mitte der 1980er-Jahre projektierte Kleinwasserkraftwerk. Das vorhan-
4.1 Konzept Kashule Beim Projekt Kashule wird das Wasser bei der sog. Kafunda-Brücke gefasst und zum Krafthaus in der Nähe einer Strassenbrücke geleitet. Dadurch wird das komplette Gefälle des Canyons für die Stromerzeugung ausgenutzt. Das Triebwasser wird dabei an der orographisch rechten Flanke über einen 1510 m langen Freispiegelkanal und eine 1000 m lange Druckleitung zur Turbine und von dort in das Unterwasser des Kamwana-River geleitet. In der Nähe des Krafthauses befindet sich eine 33-kVStromleitung, welche die Einspeisung und Verteilung des Stromes zu den Nutzern gewährleistet. Die Wasserfassung wird mit einem 7.4 m hohen Schüttdamm mit Dichtungskern konzipiert. Das Dammvolumen beträgt 8100 m3, die Speicherkapazität rund 60 000 m3. Im Stauraum befinden sich keine Häuser. Die Hochwasserentlastung wird durch einen Entlastungskanal auf der östlichen Flussseite gebildet. Sie wird direkt in den angrenzenden Fels gegründet und mittels Injektionen abgedichtet und versiegelt. Die im Staubereich liegende Kafunda-Brücke wird durch eine befahrbare Dammkrone ersetzt. Das Wasser aus dem Staubereich wird mittels einer Fassung in den Triebwasserkanal geleitet. Ein Sandfang ist nicht erforderlich, da einerseits der Stauraum als Sandfang dient und andererseits das Wasser sedimentarm ist. Zur Begrenzung der Stauraumverlandung wird ein Tiefauslass für regelmässige Spülungen vorgesehen. Der Kanal wird abschnittsweise im Lockergestein bzw. im Fels fun-
Bild 6. Projektgebiet mit den beiden optimierten Kleinwasserkraftwerks-Konzepten. 228
diert, so dass Sprengarbeiten erforderlich werden. Anders als in westlichen Ländern ist in Tansania nicht die Arbeit der treibende Kostenfaktor, sondern die Materialbeschaffung. Daher werden möglichst lokale Materialien verwendet. Dadurch können die Kosten tief gehalten und der lokalen Bevölkerung Arbeit geboten werden. Für die Druckleitung wurden verschiedene Varianten untersucht, wobei sich als kostengünstigste Lösung eine GFK-Druckleitung DN 1000 erwiesen hat. Die Erdverlegung garantiert nicht nur eine längere Lebensdauer aufgrund kleinerer Temperaturunterschiede und der Vermeidung von UV-Strahlen, sondern auch Schutz vor Vandalismus und gravitativen Naturgefahren. Die Zentrale wird als Freiluftkrafthaus gestaltet. Als Turbine wird eine Durchströmturbine verwendet. Durch ihren geringen Wartungsbedarf eignet sie sich optimal für Entwicklungsländer wie Tansania, zudem weist dieser Turbinentyp eine geringe Anfälligkeit gegen Schwimmstoffe sowie hohe Teillastwirkungsgrade auf.
Tabelle 1. Kenndaten Projekt Kashule. 4.2 Konzept Kitogota Das Gebiet Kitogota ist dank dem Vorgängerprojekt bereits gut über Baupisten erschlossen (vgl. Bild 8). Aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse und der Überströmbarkeit ist hier anstelle eines Dam-
Bild 7. Kaonjuba-Canyon im oberen Teil des Projektgebietes.
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mes eine Gewichtsstaumauer mit einem 18 m breiten Überfall und nachfolgendem Tosbecken geplant. Die Höhe der Sperre wird mit 5.5 m über GOK veranschlagt, womit ein Tagespeicher mit einem Nutzvolumen von rund 50 000 m3 geschaffen würde. Vor dem Betonieren der Mauer sind grundsätzlich die bis zu 1.5 m starke Lockergesteinsschicht sowie der darunter liegende verwitterte Fels abzutragen. Ein Injektionsschirm entlang der Sperrenachse soll die Unterströmung und den Auftrieb verringern. Für die Fundationsarbeiten eigenen sich die niederschlagsarmen Monate zwischen Juli und September, um die Kapazität der Bauumleitung zu limitieren. Es ist jedoch wichtig, dass der Pegel weiter flussaufwärts stets überwacht wird, um in einer kritischen Bauphase die Geräte und Personen rechtzeitig in Sicherheit bringen zu können. Dazu ist zwingend ein Notfallkonzept zu erarbeiten. Als Wasserfassung ist eine Seitenentnahme mit Absperrschieber an der orographisch rechten Seite der Sperre vorgesehen. Die Einlaufkote der Fassung liegt etwa 1.3 m über dem natürlichen Flusslauf, um den Eintrag von Feinmaterial in die Fassung zu minimieren. Anschliessend fliesst das Triebwasser in den rund 390 m langen Oberwasserkanal mit einem mittleren Gefälle von 0.1%. An dessen Beginn ist ein seitlicher Überfall eingeplant, welcher ein Überströmen des Kanals infolge Fehlregulierung des Einlaufschiebers verhindern soll. Eine hangaufwärts parallel zum Kanal angeordnete Sammelrinne mit einzelnen Durchlässen dient zudem der Reduktion des Strömungsdruckes auf die Kanalwände infolge Hangwasser.
Der Oberwasserkanal endet in der Nähe des Wasserfalls Kitogota in einem Ausgleichsbecken mit Überlauf und Grundablass. Das Becken wird vor Beginn der Druckleitung leicht abgesenkt und mit einem Rechen versehen, um genügend Überdeckungshöhe zur Vermeidung von Lufteintrag in die Druckleitung zu gewährleisten und Schwimmstoffe abzuhalten. Vom Vorgängerprojekt existiert noch das leicht beschädigte Einlaufrohr, welches als Mahnmal im Gelände liegt (siehe Bild 9). Die ehemalige Stahldruckleitung DN 1100 lagert angeblich seit einem gescheiterten Diebstahlversuch auf dem Polizeiposten in Muleba. Sofern sie sich mit ihrer Wandstärke von 11 mm weiter verwenden lässt, könnten die Investitionskosten deutlich gesenkt werden. Aufgrund des felsigen Untergrundes soll die rund 103 m lange Druckleitung mit einer Nettofallhöhe von 35 m oberirdisch verlegt werden. In der Freiluftzentrale soll die vorhandene Durchströmturbine der Firma Ossberger eingebaut werden. Die Turbine wurde 1989 produziert und weist eine Ausbauwassermenge von 1.37 m3/s auf. Dank dem zweizelligen Laufrad (mit 1/3- zu 2/3-Aufteilung) kann auch bei Teillast ein hoher Wirkungsgrad erzielt werden. Gekoppelt an die Turbine folgt ein Schwungrad und ein Getriebe, welches mit dem Synchrongenerator verbunden ist. Die elektrische Energie wird anschliessend über ein kurzes Erdkabel in das vorhandene Netz eingespeist. Die Leistung kann hierbei über die Erregung und den hydraulischen Drehzahlregler mit einem Schieber und der Beaufschlagung des Laufrades beeinflusst werden. Über das
Bild 8. Übersichtsplan des geplanten Kleinwasserkraftwerkes im Gebiet Kitogota unter Verwendung der vorhandenen Bauund Anlagenteile. «Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Saugrohr unterhalb der Turbine kann der Fallhöhenverlust bei der Ausleitung des turbinierten Wassers in den Unterwasserkanal auf rund 0.6 m begrenzt werden.
Tabelle 2. Kenndaten Projekt Kitogota. 5.
Schlussfolgerungen und Ausblick Beide ausgearbeiteten Konzepte erweisen sich auf Grundlage einer groben Wirtschaftlichkeitsrechnung als vielversprechend. Ob sich die Konzepte tatsächlich wirtschaftlich realisieren lassen, hängt jedoch stark von juristischen und steuertechnischen Fragen ab, die im Rahmen dieser Arbeiten nicht beantwortet werden konnten. So sind in Tansania Kirchen und der Staat von der Körperschaftssteuer befreit, Private bezahlen je 30% auf Einnahmen und Dividenden [21]. Zusätzlich erhalten Kirchen oder staatliche Firmen kostenlos Wasserrechte und Land, während Private dafür zahlen müssen. Daher bieten sich Finanzierungsmodelle an, in denen eine Kirche oder der Staat (Mehrheits-)Eigentümer der Anlage sind. Zudem vergibt die Weltbank via Rural Energy Agency (REA) Kredite zu vergünstigten Konditionen, doch werden viele Bedingungen gestellt, die wiederum die Projektkosten erhöhen [22]. All dies muss bei einer
Bild 9. Einlaufrohr des Vorgängerprojektes.
229
definitiven Wirtschaftlichkeitsrechnung berücksichtigt werden. Technisch bestehen nicht allzu grosse Unterschiede zwischen den Konzepten, jedoch ist die Motivation verschieden. Beim Konzept Kashule wird durch eine grössere Fallhöhe und eine Erhöhung der Ausbauwassermenge die jährliche Energieproduktion gegenüber dem Vorgängerprojekt um mehr als das Dreifache gesteigert. Sofern die Energie vollständig in das bestehende Übertragungsnetz gespeist werden kann, ist das Projekt trotz höherer Investitionskosten insgesamt wirtschaftlicher. Mit einem entsprechenden Investor könnte dieses Kleinwasserkraftwerk erfolgreich umgesetzt werden. Es wäre von Vorteil, wenn es sich dabei um einen lokalen Investor handelte. Damit könnten viele Probleme umgangen werden und auch die Akzeptanz unter der Bevölkerung wäre sicherlich um einiges grösser. Beim Konzept Kitogota wird beabsichtigt, das abgebrochene Vorgängerprojekt in leicht modifizierter Form doch noch erfolgreich abzuschliessen. Unter Verwendung der vorhandenen Bau- und Anlagenteile würden so lange Transportwege vermieden. Zwar fällt der Ertrag bei diesem Projekt im Vergleich geringer aus, dafür ist die Investitionssumme kleiner und die Bauzeit kürzer. Zudem wird bei einem Kleinwasserkraftwerk unter 1 MW Leistung keine Stromerzeugungs-Lizenz benötigt und so das Realisierungsrisiko weiter reduziert. Wichtig ist bei diesem Projekt, dass baldmöglichst die genauen Rechtsansprüche der vorhandenen Bauund Anlagenteile abgeklärt werden. Weiter sind sowohl eine fachliche Inspektion und allfällige Instandsetzung der vorhandenen Bauteile als auch vertiefte Baugrundabklärungen vorrangig. Als nächster Schritt gilt es, mit der neu erstellten Messstation den Abfluss des Flusses Kamwana genauer zu bestimmen. Zudem sind Investoren zu finden, die nicht auf eine Gewinnmaximierung fixiert sind, sondern Interesse an einer nachhaltigen Unterstützung der lokalen Bevölkerung haben. Ausserdem müssen die Land- und Wasserrechte erworben werden. In einem Land wie Tansania können sich solche administrative Tätigkeiten erfahrungsgemäss sehr lange hinziehen. Ein Kleinwasserkraftwerk in der Kagera-Region würde nach Überzeugung der Autoren für alle Beteiligten nutzbringend sein. Es ist daher zu hoffen, dass eines der vorgeschlagenen Konzepte in den nächsten Jahren umgesetzt wird. 230
Verdankung
villages-districts-and-regions, Zugriffsdatum:
Die Autoren bedanken sich bei der Erich Degen-
30.3.2013.
Stiftung der ETH Zürich für die Unterstützung an
[13] URT (2002): Wilaya ya Muleba (Bezirk Mu-
den Reisekosten der beiden Erstautoren. Weiter
leba), The United Republic of Tanzania (URT) –
wird der Firma ETW Breda, (NL), für die Zusen-
Regional Commissioner's Office Kagera, http://
dung von früheren Projektunterlagen gedankt.
www.kagera.go.tz > Muleba, Zugriffsdatum:
Schliesslich geht unser Dank an das Institut für
30.3.2013.
Geodäsie und Photogrammetrie (IGP), das In-
[14] Ndulu B. J., O'Connell S., Azam J.-P.,
stitut für Umweltingenieurwissenschaften (IfU)
Bates R. H., Fosu A. K., Gunning J. W. & Njinkeu
und das Institut für Geotechnik (IGT) der ETH
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Photovoltaikanlagen an Lawinenverbauungen – Wahrnehmung und Akzeptanz verschiedener Bevölkerungsgruppen Eine Untersuchung in Zusammenarbeit mit der Energieregion Goms Carmen Graf, Matthias Buchecker
Zusammenfassung Die Gemeinde Bellwald im Goms (VS) ist durch ihre geografische Lage ein klimatischer Gunstraum für Photovoltaik. Einerseits entspricht der Energieeintrag gemessen an Sonnenstunden dem 1.6-fachen desjenigen im Mittelland und andererseits sind es die langen, kalten und schneereichen Winter, die der Technologie Photovoltaik entgegenkommen. Mit zwei Photovoltaikanlagen wird getestet, ob sich Lawinenverbauungen als Träger für Solarmodule und damit zur Produktion von Solarstrom eignen. Die Photovoltaikanlagen im Skigebiet Bellwald wurden im Juli 2012 auf ca. 2400 m ü. M. montiert und sind zusammengenommen als eine Pilotanlage zu sehen, welche Antworten auf Fragen wie Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit, ökologische Aspekte und gesellschaftliche Reaktionen solcher Bauwerke in der alpinen Landschaft geben wird. Voraussetzung für die Realisierung dieses Projektes war die Innovationsbereitschaft aller Beteiligten, denn Pilotprojekte sind teuer. Die Photovoltaikanlagen im Skigebiet Bellwald sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirtschaftlich. Sie werden aber von der grossen Mehrheit der lokalen Bevölkerung und den Gästen dieser touristisch ausgerichteten Region als überaus positiv und schön wahrgenommen. Somit liegt die Relevanz dieses Pilotprojektes nicht in der Optimierung der Wertschöpfung, sondern darin, die Diskussion zur Vereinbarkeit von schonendem Umgang mit Natur und Landschaft und der Förderung von erneuerbaren Energien anzustossen.
1.
Das Goms und die Photovoltaik Das Goms als Ganzes betrachtet ist eine naturnahe Landschaft, die viel Potenzial hat, den Energiebedarf der Region zu grossen Teilen aus einheimischer erneuerbarer Energie zu decken. Altbewährte und grösste Energiequelle ist die Wasserkraft. Aber auch Biomasse, Wind- und Solarenergie sind erneuerbare Energiequellen, die das Goms nutzt. Der Verein energieregionGoms arbeitet seit fünf Jahren daran, dem Ziel der energieautarken Region näher zu kommen. Diverse Projekte wurden in den letzten Jahren gestartet. Einige befinden sich zurzeit in der Entwicklung, andere sind bereits umgesetzt. Ein aktuelles Projekt befasst sich mit umweltschonenden Möglichkeiten zur Nutzung der Photovoltaik in der Region. Photovoltaik ist eine Technologie mit breiter Anwendungsmöglichkeit. Sie kann dezentral beispielsweise als Freiflä-
chenanlage als auch in Kombination mit bestehenden Trägern wie Industriehallen oder Lärmschutzwänden entlang von Autobahnen eingesetzt werden. Dadurch bieten sich Möglichkeiten für individuelle Lösungen der Energiegewinnung. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten implizieren, dass unterschiedliche Parameter die Gestehungskosten beeinflussen. Das kann beispielsweise die Grösse einer Anlage sein oder der Anteil an grauer Energie, die im bewussten Umgang mit Ressourcen eine wesentliche Rolle bei der Kostenberechnung spielt. Die graue Energie berechnet sich aus der Energiemenge, welche für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes benötigt wird. Berücksichtigt werden dabei alle Vorprodukte, von der Rohstoffgewinnung bis zum Energieeinsatz aller durchgeführten Produktionsprozesse. An dezentralen Standorten, die nicht über eine gut ausgebaute Infrastruk-
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tur verfügen, wie beispielsweise in den Alpen, ist der Erschliessungsaufwand und der Anteil an grauer Energie besonders hoch. Müssen beispielweise Stromleitungen neu gezogen werden, liegen die Kosten für den Laufmeter in Randregionen deutlich höher als jene in der Stadt Zürich, mit ca. CHF 400.–. Neben diesen Gestehungskosten bildet jedoch auch die geografische Lage einen zentralen Wertschöpfungs-Faktor. Silizium, der Hauptbestandteil von Solarzellen, reagiert stark auf Temperatur. Solarmodule sind auf plus 25 Grad ausgemessen. Mit jedem zusätzlichen Grad geht die Leistung um 0.4 Prozent zurück, mit jedem Grad weniger nimmt die Leistung um 0.4 Prozent zu. Dies bedeutet, dass sich die alpinen Regionen aufgrund ihrer langen, kalten und schneereichen Winter sowie auch der verminderten Filterung der Sonnenstrahlung durch Dunst und Luftverschmutzung in den erhöhten Lagen besonders gut als Standort für Photovoltaik eignen. Die hohen Gestehungskosten solcher Randregionen können dadurch verringert werden, dass Solarmodule dort montiert werden, wo die nötige Erschliessung und die Träger bereits existieren, wie beispielsweise bei Skiliften und Bahnen. Auch Lawinenverbauungen könnten als bereits vorhandene Trägerkonstruktion potenziell geeignete Standorte für Solaranlagen sein, würden die Solarmodule mit einfachen Rahmenkonstruktionen auf die Verbauungen aufgesetzt werden. In der gesamten Schweiz besteht eine Gesamtlänge von rund 600 km Lawinenverbauungen, die sich in der Regel zwischen 1800 und 2500 m ü. M. befinden. Es gab bereits Versuche mit Photovoltaikanlagen an Lawinenverbauungen, wie beispielsweise in St. Antönien. Diese beschränken sich aber alleinig auf den rein mechanischen Mon231
tageprozess der Solarmodule, das heisst ohne Einspeisung und Stromabtransport. Im Sommer 2012 wurden im Skigebiet der Gemeinde Bellwald zwei Photovoltaikanlagen an Lawinenverbauungen aufgebaut und im Anschluss in Betrieb genommen. 2.
Die sozialwissenschaftliche Untersuchung Der Aufbau und Betrieb der Versuchsanlage wurde von Beginn weg, ab den ersten Montagearbeiten im Juni 2012, im Rahmen einer sechsmonatigen sozialwissenschaftlichen Untersuchung begleitet und fotografisch- sowie filmisch dokumentiert. Die Untersuchung fand mittels qualitativen Methoden statt. Dabei wurden die Daten in Form von insgesamt 16 semistandardisierten Interviews erhoben. Geführt wurden sie mit Personen aus vier Gruppen: Technikern, Politikern, Einheimischen und Touristen. Dieser Artikel präsentiert die Ergebnisse dieser Untersuchung und soll aufzeigen, wie die betroffenen Bevölkerungsgruppen auf solche Anlagen in der alpinen Landschaft reagieren. Dabei steht die Wahrnehmung und Akzeptanz technischer Anlagen für die Gewinnung von Solarenergie im Zentrum. Weitere Themenbereiche, wie beispielweise die Wirt-
schaftlichkeit, Machbarkeit oder ökologische Aspekte dieses Projektes, werden in diesem Artikel lediglich angeschnitten. Geplant ist, dass weitere Untersuchungen folgen, welche sich diesen Aspekten annehmen. Als Quelle für diesen Artikel dienen die geführten Interviews, die auszugsweise sinngemäss wiedergegeben oder zitiert werden, sowie die auf den Internetseiten des energievereinsGoms verfügbaren Angaben. 3. Die Pilotanlage Im Skigebiet der Gemeinde Bellwald wurden Anfang der 80er-Jahre steile Hänge zum Schutz der Siedlung vor Lawinen mit sogenannten Stützverbauungen gesichert. Auf diese Lawinenverbauungen wurden im Juli 2012 im Rahmen eines Pilotversuchs Photovoltaikanlagen montiert. Das Besondere an diesem Pilotprojekt ist, dass zwei Initiantengruppen zeitgleich und unabhängig voneinander die Idee hatten, im Skigebiet der Gemeinde Bellwald Lawinenverbauungen als Träger für Photovoltaik zu nutzen. Ein Initiant meinte zur Entstehung dieser Idee, die schon ungefähr dreieinhalb Jahren zurücklag: «Es ist manchmal so, dass etwas einfach reif ist» (Quelle: Interview 1). Beide Projekte unterscheiden sich bezüglich der
Bild 1. Lawinenverbauungen im Skigebiet der Gemeinde Bellwald vor den ersten Montagearbeiten, links Standort Pilot-Einzel, rechts Standort Pilot-Band, (Quelle: Graf, 2012).
Montagetechnik und dem Ansatz der Realisierung. Das optische Unterscheidungsmerkmal der Anlagen liegt in der Struktur der genutzten Lawinenverbauungen. Eine Anlage besteht aus einzelnen, locker angeordneten Lawinenverbauungen und wird daher «Pilot-Einzel» genannt, die andere Anlage besteht aus mehreren zusammenhängenden Lawinenverbauungen (plus/ minus 60 Meter) und wird als «Pilot-Band» bezeichnet. 3.1 Pilot-Einzel Die Initiatoren von Pilot-Einzel finanzierten ihre Anlage aus eigenen Mitteln und verfolgten einen ressourcenschonenden Ansatz. Der Aufbau der Anlage erfolgte unter möglichst geringem Einsatz von Technologie, mit dem Ziel, möglichst wenig graue Energie zu verbrauchen. Beispielsweise wurden die Rahmenkonstruktionen der Anlage auf die Lawinenverbauung geklemmt und nicht geschweisst, denn für Schweissverbindungen werden Schweissgeräte benötigt, die wiederum Hilfsmittel für den Transport erfordert hätten. Die Konstruktion der Solarmodulrahmen und die Befestigung an die Lawinenverbauungen wurde vom Initiator Pilot-Einzel als Seminararbeit an Studenten weitergegeben, welche individuelle Lösungen erarbeiteten. Somit gibt es bei Pilot-Einzel mehrere Konstruktionsund Befestigungsvarianten von Solarmodulen an den Lawinenverbauungen. Die monokristallinen Solarmodule stammen aus China und wurden an die Rahmenkonstruktion geklebt. Für den Stromabtransport musste ein circa 60 bis 80 Meter langer Graben ausgehoben werden, der unter Mithilfe von Solarjugend Greenpeace gegraben wurde. Witterungsbedingt, und da alle Arbeiten für Pilot-Einzel in der Freizeit erbracht wurden, dauerte die Montage circa einen Monat. 3.2 Pilot-Band Um Pilot-Band realisieren zu können, suchte der Verein energieregionGoms finanzkräftige Partner im Energiebereich
Bild 2 (links) und Bild 3 (rechts). Lawinenverbauungen vor den ersten Montagearbeiten, Standort Pilot-Band, (Quelle: Graf, 2012). 232
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Bild 4 (links) und Bild 5 (rechts). Lawinenverbauungen vor den ersten Montagearbeiten, Standort Pilot-Einzel, (Quelle: Graf, 2012).
Bild 6 (links) und Bild 7 (rechts). Pilot-Einzel (links); Pilot-Band (rechts), (Quelle: Graf, 2012). und fand diese in der Region. Pilot-Band ist bezüglich der Zahl der montierten Panels grösser als Pilot-Einzel und seine Umsetzung war komplizierter, da keine Zufahrtstrasse existiert und die Grabenarbeiten für den Stromabtransport mit einer Grabenlänge von 200 bis 250 Meter wesentlich aufwendiger waren. Der Hauptinvestor, der sich mit 80 Prozent an den Kosten für das Projekt beteiligte, übernahm die Bauplanung. Der Gestehungspreis für Photovoltaik bei Pilot-Band entspricht dem einer Dachanlage vor 20 Jahren. Wie bereits bei Pilot-Einzel musste projektspezifisch gearbeitet werden. Viele Teile wurden nach Mass angefertigt, da weder Erfahrungswerte bezüglich der einzelnen Fertigungsschritte bestanden, noch ein Anbieter für das spezifische Produkt existierte. Dadurch werden Pilotprojekte teuer und müssen als Investition für Folgeprojekte gesehen werden. Die Motivation für den Hauptinvestor liegt somit in erster Linie in der Entwicklung eines Prototyps einer Photovoltaikanlage an Lawinenverbauungen und dem Sammeln von Erfahrungen im Einsatz von Pilot-Band. Die Montagearbeiten mit drei Arbeitskräften dauerten circa zwei Tage. Die Solarmodule stammen aus Deutschland. Es wurden mono- als auch polykristalline Module verwendet. Bei monokristallinen Modulen ist das Diffuslichtverhalten besser, was bedeutet, dass der Ertrag bei nicht direkter Sonneneinstrah-
lung höher ist. Auch ist bei monokristallinen Modulen bekannt, dass diese ein besseres Hochtemperaturverhalten haben, was vor allem im Hochsommer von Vorteil ist. Vergleicht man die Moduleffizienz, liegen die polykristallinen Module bei circa 17 Prozent, die monokristallinen bei ca. 19 Prozent. Die Konstruktion von Pilot-Band wird problemlos Sturmböen von über 200 Stundenkilometern überstehen. Hingegen besteht noch wenig Wissen über die entsprechende Widerstandsfähigkeit der Solarmodule. Es wird auch interessant sein, welche Elevation der Panels (senkrecht, 75 oder 60 Grad) sich am besten bewährt. Wahrnehmung und Akzeptanz von Photovoltaik-Anlagen an Lawinenverbauungen im Skigebiet Bellwald Seit Sommer 2012 sind die beschriebenen Anlagen in Betrieb. Noch vor der Wintersaison 2012/13 wurden Interviews mit Einheimischen, Gästen, Politikern und Technikern geführt mit dem Ziel, die Wahrnehmung und Akzeptanz dieser technischen Bauten zur Gewinnung erneuerbarer Energie in naturnahen Räumen zu untersuchen.
Bild 8. Pilot-Einzel Montage der Solarmodulrahmen, (Quelle: Graf, 2012).
4.
4.1 Sensibilisierung durch Fukujima Bei der Abgabe der Vormeinung für die kantonale Baukommission gab es seitens der Einheimischen keine Einsprache. Diese schätzten auch die Reaktion der Gäste auf das Projekt angesichts der Fol-
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Bild 9. Pilot-Band mit Photovoltaik, (Quelle: Graf, 2012). gen von Fukujima und der aktuellen Energiedebatte als positiv bis sehr positiv ein: «... Aufgrund von der ganzen Atomdiskussion, die wir jetzt im Gange haben, wird das auch von den Gästen sehr gut aufgenom233
men. Weil da sieht man: Bellwald will etwas wagen oder probiert etwas in eine andere Richtung zu machen, probiert mit grünem Strom zu arbeiten. Und da habe ich das Gefühl, dass wird bei den Gästen sehr gut ankommen.» (Quelle: Interview 3). Wie dieses Zitat verdeutlicht, gehen die Einheimischen mehrheitlich davon aus, dass in Europa eine allgemeine Sensibilisierung bezüglich der Förderung erneuerbarer Energien stattgefunden hat, welche den zusätzlichen Natureingriff rechtfertigt und eine Befürwortung von Projekten dieser Art mit sich bringt. Es wird erwartet, dass die Bevölkerung zu weiten Teilen bezüglich solcher Projekte auch kompromissbereiter ist als es die Natur- und Umweltverbände sind. Die grosse Mehrheit der Einheimischen sieht solche Projekte gar als Symbole und Wegbereiter für weitere Anlagen. Von der einheimischen Seite wird eine solche Folgewirkung allerdings auch als kritisch angesehen. Denn sollten sich aus der Pilotanlage Folgeprojekte ergeben, so die Befürchtung, dürften die existierenden Stromleitungen für den Stromabtransport nicht mehr ausreichen, so dass zusätzliche Hochspannungsleitungen durch die Region gezogen werden müssten. Auch wurde die Vermutung geäussert, dass der Strom in der Region durch den Ausbau solcher Projekte teurer werden könnte. Dies umso mehr, da solche Projekte über die KEV (kostendeckende Einspeisevergütung) laufen, die von allen bezahlt wird. Falls die KEV wegfalle, weil sie nicht mehr finanzierbar wäre, werde der Solarstrom so teuer, dass zu teure Anlagen stillgelegt und nicht amortisiert werden könnten. Denn letztlich werde die billigste Alternative für die erneuerbare Stromproduktion gesucht, was Photovoltaik nicht ist. Damit würden solche Projekte die Lebensunterhaltskosten enorm in die Höhe treiben, so dass die Menschen im Goms die Gestraften wären. 4.2
Weiterentwicklung bestehender Strukturelemente Mehrheitlich nehmen die Gäste die Lawinenverbauungen grundsätzlich als unschön wahr. «Im Sommer sieht man sie nicht, dann ist es nicht so schlimm. Und im Winter fallen sie natürlich auf, weil sie nicht weiss angemalt sind. Und wenn sie weiss angemalt wären, würde man sie im Sommer sehen …» (Quelle: Interview 16). Lawinenverbauungen finden aber bei allen Befragten volle Akzeptanz, weil sie vor Lawinen schützen und Menschenleben retten können. Die Kombination von 234
Lawinenverbauung und Photovoltaikanlage wird als Aufwertung gesehen, als gestaltendes Element, welches interessant wirkt, da es die Lawinenverbauungen, die rostigen alte Böcke, ins Zentrum rücke und ihnen eine zusätzliche sinnvolle Funktion verleihe. Der zusätzliche Natureingriff wird als gering und vertretbar gesehen. Nicht als abrupter Eingriff in die naturnahe Landschaft, sondern eher als Weiterentwicklung. Allen Befragten wurde die Frage gestellt, wie Sie die Anlage an diesem Ort finden: «… Man muss ja klar sagen: Lawinenverbauungen sind grundsätzlich nicht etwas Schönes (…) es wertet, von mir aus gesehen, enorm auf. Also man verbaut ja nicht zusätzlich etwas, sondern gestaltet eigentlich die Anlage eher interessanter, man stellt etwas, was man eigentlich nicht gerne sieht, ein bisschen ins Zentrum. Und kann auch zeigen, dass man daraus etwas Sinnvolles machen kann.» (Quelle: Interview 6). Bestehende Strukturelemente weiter zu entwickeln, ihnen eine neue Funktion zu geben, wird als «etwas Gutes», eine Win-win-Situation und als Zeichen von Innovation wahrgenommen. Die ganze Diskussion bezüglich Doppelnutzung, Mehrwert und Aufwertung ist für einen Befragten aus der Gruppe der Touristen allerdings kein gültiges Argument, sondern eher ein typisch schweizerischer Kompromiss. Eine klare Haltung zum Thema erneuerbare Energien sei wichtig und nötig. Ob Solarmodule auf bestehende Trägerkonstruktionen oder auf die grüne Wiese beziehungsweise ins Gebirge verbaut werden, sei diskussionslos, denn entweder man geht den Weg und akzeptiert zusätzliche Natureingriffe, oder man geht diesen Weg nicht. 4.3
Photovoltaik auf Dächern und an Gebäuden Photovoltaik auf Dächern und an Gebäuden wurde von der grossen Mehrheit der Befragten als sinnvoll und aus ästhetischer Sicht kaum störend kommentiert. Innerhalb der generell positiven Grundeinstellung für Photovoltaik auf Dächern und an Gebäuden gingen Ansichten bei einigen soweit, für neue Dächer mit Süd- und Südwestlage die Bestückung mit Solarpanels als obligatorisch zu erklären, beispielsweise als Indachanlagen. Photovoltaikanlagen auf Dächern könnten auch alternativ zu bestehenden Dachmaterialien eingesetzt werden, die in traditionellen Bergregionen oft sehr teuer seien, oder auch in Kombination mit Hybridkollektoren. So könne Strom und Warmwasser gleichzeitig erzeugt werden.
Photovoltaikanlagen auf Flachdächern wurde von der Mehrheit als ästhetische Aufwertung benannt. Diese Dächer erscheinen, wenn sie gut einsehbar sind, weniger flächig. Da die meisten Flachdächer nur aus der Vogelperspektive zu sehen seien, reflektierten sie auch nicht. Auch der Vorteil der Doppelnutzung wird erneut angesprochen, da Dächer existieren und die Nutzung der Photovoltaik ein Potenzial für die Produktion von Solarstrom ohne zusätzliche Eingriffe in naturnahe Landschaften und Naturlandschaften darstelle. In diesem Zusammenhang wird mehrheitlich davon gesprochen, dass zuerst bestehende Gewerbehäuser, Industriehallen, Baugenossenschaften und staatliche Bauten, wie Schulen und Bahnhöfe mit Photovoltaik bestückt werden müssten. Photovoltaikanlagen auf Dachlandschaften werden weniger wahrgenommen als Anlagen in Natur- oder Kulturlandschaften. Aus einheimischer Perspektive wurde jedoch mehrfach auch bezweifelt, ob sich Photovoltaikanlagen auf Flachdächern im Goms eignen. Durch die grossen Schneemengen entstünde ein enormer Schneedruck auf solchen Dächern. Zwar herrsche bei Solarmodulen, die 60 Grad oder steiler gestellt würden, kein Schneedruck mehr, da der Schnee abrutscht. Dies bringe aber auf Flachdächern nicht viel, da der Schnee nicht abrutschen könne und somit der Wirkungsgrad sinke. Als zusätzliches Argument für die dezentrale Stromproduktion generell wurde erwähnt, dass diese Art der Stromerzeugung den Strom da produziert, wo er gebraucht wird und dadurch die Hochspannungsleitungen entlastet. Der aktuelle Umgang mit selbst produziertem Solarstrom wurde stark kritisiert. Denn die Mehrheit des dezentral produzierten Solarstroms werde nicht selber genutzt, sondern teuer verkauft, während der eigene Strombedarf durch Atomstrom gedeckt werde. Daher müsste eine Regel eingeführt werden, dass in der Region produzierter Solarstrom in erster Linie selbst verbraucht werden muss und nur bei einem Defizit Strom zugeschaltet werden darf. Allgemein sollten der Bund und die Kantone potenziellen Interessenten für Solarstrom finanzielle Unterstützung bieten. Zudem seien Richtlinien zu erstellen, damit ein Ausbau von Photovoltaik, privat wie auch gewerblich, einheitlich von statten gehen könnte. 4.4
Photovoltaik auf dem Matterhorn Auf die Frage nach der Grenze, wo es keine
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Photovoltaikanlagen geben soll, herrscht durch alle Gruppen hindurch eine klare und grösstenteils einheitliche Haltung. Tabuzonen sind geschützte Ortsbilder, beziehungsweise Kernzonen, Kirchen, denkmalgeschützte Häuser und Kulturland. Vor allem in Bezug auf Kernzonen wurde zudem darauf hingewiesen, dass technische Elemente auch immer ein zusätzliches Risiko darstellten, bei Photovoltaik insbesondere die erhöhte Brandgefahr. Naturnahe Räume und Naturräume, wie die hohen Alpenregionen, historische Alpstallungen oder Maiensässe sollte nach Meinung der Befragten nicht verbaut werden. In solchen Räumen sollte die Natur unberührt bleiben. Freiflächenanlagen werden als allerletzte Option gesehen. In der Schweiz mit den knappen Bodenressourcen sei es zudem schwierig, grössere Freiflächenanlagen zu finden. Es gäbe jedoch viele verbaute Bereiche, die zunächst als mögliche Standorte geprüft werden sollten, wie beispielsweise Autobahnlärmschutzwände. Photovoltaikanlagen sollten ganz generell von ihrer Dimension, aber auch Symbolik her ins Landschaftsbild reinpassen. Also nicht unbedingt aufs Matterhorn, wie von der einheimischen Seite angemerkt wurde. Die Standortwahl im Skigebiet Bellwald wurde von einem Gast folgendermassen beschrieben: «Für den Test finde ich die Lawinenverbauung gut. Für die Umsetzung nachher würde ich einen anderen Platz wählen, der nicht direkt einsehbar ist. Weil das ist quasi, ich sage jetzt mal, wie die Speerspitze von diesem Ort.» (Quelle: Interview 16). Aufgrund der Interviewaussagen entspricht die Bewertung von geeigneten Standorten einer Gratwanderung zwischen Effizienz oder Rentabilität der Anlage und Ausmass des Eingriffes. Die Effizienz ist bei kleineren Anlagen geringer, aber der Eingriff ist auch weniger schwerwiegend als bei grossen Freiflächenanlagen. Es sollen deshalb individuelle Lösungen gesucht und definiert werden, immer an der Leitfrage orientiert: Was ist wichtiger für den spezifischen Standort, das Orts- beziehungsweise Landschaftsbild oder die erneuerbare Energiegewinnung? 4.5
Natur in Wert setzen: Tourismus und Energie Das Wallis als touristischer Kanton hat Erfahrung damit, wie man den Gästen die Natur am besten näher bringen, beziehungsweise wie man die Natur in Wert setzen kann. Die Gemeinde Bellwald könnte in Zukunft zwei Standbeine haben: Touris-
mus und Energiegewinnung. Die Energie zu gewinnen, welche vor Ort ist, kann eine Marketingstrategie der touristisch ausgerichteten Region sein. Denn die Anlagen könnten einen positiven Einfluss auf das Image des Ortes und der Region haben. Die Pilotanlagen hatten im Sommer und Frühherbst 2012 jedenfalls ein grosses und positives Medienecho. Die sozialwissenschaftliche Untersuchung kam zudem klar zum Schluss, dass die Einheimischen und Touristen die Anlage fast einhellig als schön und als «Aufsteller» wahrnehmen. «Also, für mich persönlich, ich habe ja eine Nacht dort übernachtet und ich habe von meinem Hotelzimmer direkten Blick gehabt auf die Anlage und ich habe mich jedes Mal gefreut. Für mich ist das der Aufsteller gewesen. Auch am Morgen, auf den Balkon, dort ist sie, wunderschön. (…) ich kann mir aber auch vorstellen, dass das Image und die Reputation sich verbessern.» (Quelle: Interview 7). Das Pilotprojekt wird als Vorleistung für die nächste Generation im Bereich erneuerbarer Energiemöglichkeiten für Randregionen gesehen. Unsere Generation muss neue Quellen entdecken und erneuerbare Energieformen aufbauen, die von der nächsten Generation ausgebaut werden können. «Ich kann mir auch schon vorstellen, dass ich dort im Sessellift bin, mit meinen Kindern und erkläre was dort passiert. Und dass einfach der Sessellift läuft, weil die Panels, die man sieht, die Sonne auffangen. Schön, es ist wirklich schön.» (Quelle: Interview 2). Die Motivation für die Realisierung von Photovoltaikanlagen an Lawinenverbauungen liegt in erster Linie an der Innovationsbereitschaft aller Beteiligten. Ihr Wert liegt primär in der Möglichkeit, Erfahrungen mit dieser Technologie in den Alpen zu sammeln, technische Lösungen für Bergregionen zu entwickeln auch im Hinblick auf Massentauglichkeit. Aus diesen Gründen wurde Pilot-Band klein konzipiert, könnte aber bei entsprechenden Resultaten ausgebaut werden, was jedoch zurzeit nicht geplant ist. Das Skigebiet Bellwald nördlich der Mittelstation des Sesselliftes gehört der Bürgergemeinde. Da der Standort der Pilotanlage aber ausserhalb der Bauzone liegt, konnte die Gemeinde nur eine Vormeinung zur Bewilligung an die kantonale Baukommission abgeben. Diese erteilte eine befristete Baubewilligung für fünf Jahre. Die Initiatoren müssen während dieser Zeit dem Kanton über Aufbau, Realisierung und Betrieb Bericht erstatten. Das Ziel der Initianten ist es, dass die Bewilligung
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nach fünf Jahren erneut verlängert wird. Jetzt wird auf den Publikumseffekt gehofft, vor allem durch die Skifahrer, die im Winter in grosser Zahl nach Bellwald kommen und den Skilift nutzen werden, von dem die Anlage gut einsehbar ist. Es soll nicht nur ein positives Thema für die Gäste sein, für die saubere Energieerzeugung mehrheitlich erwünscht sein dürfte. Das Projekt soll auch zu einer Sensibilisierung der Bevölkerung im Alpenraum gegenüber erneuerbarer Energien beitragen. Vor allem von der Wirkung solcher Anlagen auf das Landschaftsbild kann sich im Skigebiet Bellwald jeder selbst ein Bild machen. 5. Ausblick Im Rahmen einer Masterarbeit an der Universität Zürich findet im Frühjahr 2013 im Goms eine weitere Erhebung statt, welche die Wahrnehmung und Akzeptanz der Versuchsanlage, aber auch generell von Solaranlagen im öffentlichen Raum untersucht. Diese Erhebung ist quantitativ ausgerichtet und erfolgte mittels standardisierter Fragebögen, die an Touristen von Bellwald verteilt und an alle Haushalte der Gemeinden Bellwald, Ernen und Münster versandt wurden. Die Masterarbeit wird im September 2013 abgeschlossen sein. Die Einweihung der Photovoltaikanlagen im Skigebiet Bellwald im Juli 2012 sollte verdeutlichen, dass nach der individuellen Realisierung der einzelnen Anlagen ein gemeinsames Pilotprojekt entstanden ist. Die Initiatoren werden bald erneut gemeinsam auftreten, um am diesjährigen Wettbewerb für den schweizerischen Solarpreis teilzunehmen. Anschrift der Verfasser Carmen Graf, Kreisplanerin, Kanton St.Gallen, Baudepartement, Amt für Raumentwicklung und Geoinformation Tel. +41 58 229 31 13, carmen.graf@sg.ch Dr. Matthias Buchecker, Projektleiter Wirtschaft- und Sozialwissenschaften Sozialwissenschaftliche Landschaftsforschung Eidg. Forschungsanstalt WSL, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf.
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Nachrichten Informationen aus der Wasser- und Energiewirtschaft
P ol iti k Politi National- und Ständerat sowie Bundesrat für «Nationales Interesse» an Erneuerbarer Energie Der Bau neuer und der Ausbau bestehender Wasserkraftwerke soll nach dem Willen des Bundesparlaments nicht durch die bestehenden Objekte des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) sowie regionale Naturpärke verhindert werden können. Der Ständerat hat im Frühling 2013 eine entsprechende BDP-Motion (Mo. 12.3251) als Zweitrat gutgeheissen. In der grossen Kammer war die Vorlage bereits im letzten Herbst mit 94 zu 87 Stimmen angenommen worden. Die Motion verlangt, dass eine Interessenabwägung zwischen der Gewinnung erneuerbarer Energie und Natur- und Landschaftsschutz stattfindet, die der neuen Energiestrategie 2050 genügt. Hierbei sollen auch Ersatzmassnahmen mitberücksichtigt werden. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen der Motion. «Es will niemand den Naturschutz aushebeln», warb Energieministerin Doris Leuthard. Gebaut werden soll dort, wo der Eingriff verhältnismässig sei und viel Produktion liefere. Viele kleine Wasserkraftprojekte stünden dagegen klar im Missverhältnis zum Eingriff. Der Bundesrat hat offen gelassen, ob die Umsetzung des Parlamentsauftrages nun mit Anpassungen am Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) oder in einem anderen Erlass erfolgen wird. Die Grundlagen für die Festlegung von «Grösse und Bedeutung», ab welcher eine Anlage als im nationalen Interesse zu gelten hat, werden zurzeit in einer Studie vom BFE mit Einbezug der wichtigsten Akteure (unter anderem auch mit einem Vertreter des SWV) erarbeitet. Die Resultate dürften in die Botschaft des Bundesrates zur Energiestrategie 2050 einfliessen. (Energieforum/Pfa)
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Zuschlag für erneuerbaren Strom und Gewässerschutz steigt 2014 auf 0.6 Rappen pro Kilowattstunde Für die Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und den Gewässerschutz bezahlen die Schweizer Stromkonsumentinnen und -konsumenten ab 2014 einen Zuschlag von 0.6 Rappen pro Kilowattstunde. Dies hat der Bundesrat Ende Juni 2013 mit einer Revision der Energieverordnung festgelegt. Seit Anfang 2009 wird in der Schweiz Strom aus erneuerbaren Energien mit der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) gefördert. Alle Stromkonsumentinnen und -konsumenten bezahlen dafür einen Zuschlag pro verbrauchte Kilowattstunde. Im Juni 2010 hatte das Parlament mit der Änderung des Energiegesetzes entschieden, dass der Bundesrat diesen sogenannten Netzzuschlag ab 2013 bedarfsgerecht auf maximal 0.9 Rappen/kWh erhöhen kann. Seit 2012 wird ausserdem ein Zuschlag von 0.1 Rappen/kWh zur Finanzierung von Gewässerschutzmassnahmen erhoben (Revision Gewässerschutzgesetz vom Dezember 2009). Nachdem der Netzzuschlag zur Finanzierung der KEV und der Gewässerschutzmassnahmen in den Jahren 2012 und 2013 bei 0.45 Rappen lag (0.35 Rp/kWh für KEV, 0.1 Rp/kWh für Gewässerschutz) hebt der Bundesrat diesen für das Jahr 2014 auf 0.6 Rappen/kWh an (0.5 Rp/kWh für KEV, 0.1 Rp/kWh für Gewässerschutz). Für einen 4-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 5000 kWh erhöht sich die Belastung damit von 22.50 auf 30 Franken pro Jahr, das sind 7.50 Franken mehr als bisher. 2014 werden mit dem erhöhten Netzzuschlag rund 288 Millionen Franken für die Finanzierung der Massnahmen gemäss Energiegesetz sowie rund 57 Millionen Franken für Gewässerschutzmassnahmen generiert. Die Erhöhung ist gemäss Bundesrat erforderlich, um die Finanzierung der zusätzlichen Produktionsmengen 2014 sicherzustellen. Konkret ist 2014 mit einer Stromproduktion aus erneuerbaren Energien von rund 1.6 Milliarden kWh zu rechnen. Die daraus entstehenden Kosten für die KEV belaufen sich auf knapp 330
Millionen Franken (ca. 50 Millionen Franken mehr als 2013). Zurückzuführen ist diese Zunahme unter anderem auf deutlich grössere Photovoltaik-Kontingente. Hinzu kommen weitere Ausgaben in der Höhe von rund 60 Millionen Franken für die ab Anfang 2014 vorgesehene Einmalvergütung für kleine Photovoltaikanlagen (PV) mit einer Leistung von weniger als 30 kW (gemäss Parlamentarische Initiative 12.400 «Freigabe der Investitionen in erneuerbare Energien ohne Bestrafung der Grossverbraucher» der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats). Die Kosten für die weiteren Massnahmen, die gemäss Energiegesetz aus dem Netzzuschlag finanziert werden müssen (unter anderem die Rückerstattungen an die Strom-Grossverbraucher, die wettbewerblichen Ausschreibungen sowie die Verluste aus Bürgschaften für Geothermie) belaufen sich 2014 auf voraussichtlich 122 Millionen Franken. Der gesamte Mittelbedarf für das Jahr 2014 beläuft sich damit auf rund 569 Millionen Franken (= 330 Mio. KEV + 60 Mio. Investitionshilfen kleine Photovoltaik + 122 Mio. weitere Massnahmen + 57 Mio. Gewässerschutz). Er wird durch die vorliegende Erhöhung des Netzzuschlags sowie aus den Reserven der Vorjahre gedeckt. (BFE)
Was s e r kr ei s lauf/ Was s e r wi r ts c haf t Schutz- und Nutzungskonzept des Kantons Uri auch von der Korporation genehmigt Anfang Mai 2013 haben die Bürgerinnen und Bürger der Korporation Uri dem Schutz- und Nutzungskonzept erneuerbare Energien (SNEE) des Kantons Uri zugestimmt. Die Zustimmung erfolgte erst nach abgewiesenen Rückweisungsanträgen und langer Diskussion. Nun geht es an die Umsetzung der Vorhaben in den zur Nutzung freigegebenen Gebieten. Mit dem SNEE verfügt der Kanton Uri über einen Plan, der die Zielkonflikte zwischen der Nutzung der einheimischen Energien
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Wasser, Wind und Sonne sowie dem Schutz von Natur, Landschaft und Gewässer regelt. Das Konzept zeigt auf, wo künftig Anlagen für die Nutzung von erneuerbaren Energien erstellt und wo Landschaften und Gewässer ungeschmälert erhalten bleiben sollen. Nach dessen Genehmigung geht es nun an die Umsetzung der Vorhaben in den zur Nutzung freigegebenen Gebieten. Im September 2013 wird dem Landrat Bericht zum SNEE erstattet; er ist zuständig für die Konzessionsvergaben.
wobei vom Gesuchsteller noch prioritär die technische Machbarkeit in Bezug auf den Hochwasserschutz nachzuweisen ist. Der Bericht und Antrag des Regierungsrates an den Landrat sowie der Bericht SNEE in seiner aktualisierten Version vom 13. März 2013 kann auf der Webseite des Kantons Uri www.uri.ch heruntergeladen werden. (Kt. Uri/Pfa)
Was s e r kr af tnut zung
Versammlung der Korporation Uri (Foto: Urs Hanhart/Neue UZ). Zahlreiche Ausbauvorhaben zur Nutzung erneuerbare Energien Wasserkraft sind nur im Rahmen des SNEE realisierbar. Dazu gehören unter anderem die folgenden, bereits weit vorangeschrittenen Wasserkraftprojekte: • Neues Kraftwerk am Chärstelenbach. Das Projekt liegt in einem BLN-Gebiet, wozu die Zustimmung der Eidg. Naturund Heimatschutzkommission notwendig ist und auch bereits vorliegt. Vorgesehen ist ein Partnerwerk zwischen Kanton Uri, Korporation Uri, Gemeinde Silenen und der Elektrizitätswerk Altdorf AG (EWA). Das Projekt wird voraussichtlich im Oktober 2013 dem Landrat zur Konzessionserteilung unterbreitet. • Erweiterung und Neukonzessionierung der bestehenden Anlagen des EWA am Gornerbach. Dank dem SNEE konnten deutlich tiefere Restwasserauflagen verfügt werden. Die Umsetzung ist 2014 bis 2015 vorgesehen. • Neues KW Realp II zur Nutzung der Wittenwasserenreuss. Die Konzession dürfte an einer ausserordentlichen Talgemeinde im Herbst 2013 an das EW Ursern erteilt werden. • Nutzung des Alpbachs, der das grösste noch nicht genutzte Energiepotenzial im Kanton Uri aufweist. Vorgesehen ist ein Partnerwerk zwischen Kanton Uri, Korporation Uri, Gemeindewerke Erstfeld und EWA. • Neues Kraftwerk am Schächenbach,
Start für den Ausbau des Kaftwerkes Russein Die Kraftwerk Russein AG hat den Spatenstich für den Ausbau der bestehenden Wasserkraftwerksanlage vorgenommen. Ausgebaut werden die Stauanlage Barcuns, die Druckleitung sowie die Zentrale Russein. Nach dem Ausbau wird das Kraftwerk ab Frühjahr 2015 den Strombedarf von rund 17 000 Haushalten decken. Die Wasserkraftwerksanlage nutzt den Russeinbach zwischen dem Staubecken Barcuns und der Zentrale am Vorderrhein zur Stromproduktion. Den Spatenstich für den Ausbau haben die vier Partner Axpo Hydro Surselva AG (AHS), die beiden Konzessionsgemeinden Sumvitg und Disentis/Mustér sowie der Kanton Graubünden beim Kraftwerk Russein gemeinsam vorgenommen.
Bild 1. Die Staumauer Barcuns wird um fünf Meter erhöht (Quelle: SLF). Anfang Juni, nach Abschluss der Vorarbeiten, wurde das Kraftwerk ausser Betrieb genommen. Die Staumauer bei Barcuns wird in zwei Sommersaisons um rund 5 Meter erhöht. Dadurch steigt das Nutzvolumen des Stausees von 1150 00 m3 auf 210 000 m3. Zudem wird die bestehende,
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Bild 2. Die Druckleitung wird neu und mit fast doppeltem Durchmesser in die Erde verlegt (Quelle: Südostschweiz). weitgehend oberirdisch verlegte Druckleitung durch eine neue erdverlegte Druckleitung mit etwa doppeltem Durchmesser von bis zu 1.70 Meter ersetzt. Die bisherige Ausbauwassermenge von 4 m3 pro Sekunde erhöht sich damit auf neu 7 m3 pro Sekunde. In der Maschinenhalle der Zentrale Russein werden zwei neue vertikalachsige Peltonturbinen mit neuen Generatoren eingebaut. Dazu werden diverse Umbauten in der Maschinenhalle und für den Unterwasserkanal ausgeführt. Im Frühjahr 2015 soll das ausgebaute Kraftwerk wieder ans Netz angeschlossen werden. Die installierte Leistung von 24.2 Megawatt (vorher 11.6 MW) wird sich so mehr als verdoppeln und rund 67 Gigawattstunden pro Jahr liefern. Damit können rund 17 000 Haushalte zuverlässig mit Strom versorgt werden. Die Investitionen für den Ausbau belaufen sich auf rund 100 Mio. CHF. An der Kraftwerk Russein AG (Ovra Russein SA) sind die AHS mit 60 Prozent, die beiden Gemeinden Sumvitg und Disentis/ Mustér mit je 15 Prozent und der Kanton Graubünden mit 10 Prozent beteiligt. Für den Betrieb des Kraftwerks ist weiterhin die AHS verantwortlich. (Axpo/Pfa)
Erfolgreiche Gesamtbilanz der Fischaufstiege am Kraftwerk Rheinfelden Für die Erfolgskontrolle zählten die örtlichen Fischervereine im Auftrag von Energiedienst die Fische in Rheinfelden am naturnahen Fischaufstiegs- und Laichgewässer sowie am Fischpass auf Schweizer Seite vom 1. April 2012 bis zum 31. März 2013. Die nun von Fischbiologen ausgewerteten Ergebnisse zeigen, dass beide Fischaufstiegsanlagen sehr gut funktionieren: Insgesamt wurden 40 264 Fische gezählt und 34 verschiedene Arten registriert. Für ihre Wanderung bevorzugen Fische das Umgehungsgewässer: Rund sechsmal mehr Fische nutzten es für den Aufstieg. 237
Nachrichten
«Wir freuen uns über die hohen Aufstiegszahlen und die grosse Artenvielfalt. Sie zeigen, dass die Aufstiegsmöglichkeiten in Rheinfelden sehr gut den Bedürfnissen der Fischfauna am Hochrhein entsprechen», sagt Jochen Ulrich, Leiter Ökologie und Werkdienst bei Energiedienst. Dies belegt der nun vorliegende Bericht vom Fachbüro für Fischerei- und Umweltbiologie Aquarius, in dem die Fischaufstiegsanlagen am Kraftwerk Rheinfelden die Bewertung «sehr gut» erhalten haben. Eine ähnliche Zählung hatte zuletzt 2005/06 an allen Fischpässen am Hochrhein stattgefunden. Regelmässig stehen die Aufstiegsanlagen bei Monitorings in Zusammenarbeit mit Fischereiverbänden und Fischbiologen auf dem Prüfstand. Aufschluss über die Funktion der Fischtreppen geben Fischzählungen, bei denen alle rheinaufwärts wandernde Fische in einem Zählbecken erfasst werden. Der Fischereiverein Bezirk Rheinfelden (Schweiz) und der Fischerverein Karsau führten im Auftrag von Energiedienst die Massnahme durch. Rolf Bürgi von den Rheinfelder Fischern erklärt: «Die eigens für die Zählung eingebauten Becken haben Mitgliedern des Fischereivereins während der Hauptaufstiegszeit alle ein bis zwei Tage und im Winterhalbjahr alle zwei bis drei Tage kontrolliert und die Fische nach Art, Anzahl, Grösse und Besonderheiten bestimmt.» Viele Fische – viele Arten Am Umgehungsgewässer wurden insgesamt 34 991 Fische und 34 verschiedene Arten, am Vertical-Slot-Fischpass 5273 Fische und 24 unterschiedliche Arten gezählt. Sehr gute Erfolge zeigten sich unter anderem bei gefährdeten und stark gefährdeten Arten im Rhein, wie zum Beispiel der Nase und der Äsche. Am Umgehungsgewässer wurden 448 Nasen und 20 Äschen registriert. Zum Vergleich: Bei der vom Schweizer Bundesamt für Umwelt koordinierten Fischzählung am Hochrhein 2005/06 wurden an allen 15 Fischauf-
Bei den Fischzählungen waren ausser dem Rotauge auch Nasen und Barben unter den aufgestiegenen Fischen. 238
stiegshilfen am Hochrhein insgesamt nur 157 Nasen und sieben Äschen gezählt. Dies ist aus Sicht von Energiedienst ein besonderer Erfolg, da speziell für diese beiden Arten Laichplätze im Umgehungsgewässer geschaffen wurden. Beide Arten wurden auch im Fischpass auf Schweizer Seite gezählt. Neben Äschen und Nasen sind auch Hechte, Bitterlinge, Stichlinge, Schneider und Felchen als Besonderheiten anzusehen. Die beiden erstmals seit den 50er-Jahren registrierten Lachse waren im Rahmen der Fischzählung ein besonderer Höhepunkt. «Mit dem Umgehungsgewässer ist es gelungen, allen Fischarten, insbesondere auch den Kleinfischarten, den Aufstieg zu ermöglichen: Die naturnahe Ausgestaltung und die Einstiegsmöglichkeiten haben sich in der Praxis bewährt», kommentiert Michael Strittmatter von den Karsauer Fischern. Die nächsten koordinierten Fischzählungen finden am Hochrhein 2015–2016 an allen Kraftwerken statt. Diese Ergebnisse ermöglichen es, zusätzliche Vergleichswerte für die beiden Fischaufstiegsanlagen in Rheinfelden zu erhalten. Naturgemässe Lebensbedingungen Das Kraftwerk Rheinfelden wurde während der Planung und des Baus auf seine Umweltverträglichkeit geprüft und unterliegt weitere 12 Jahre einer Überprüfung zur Wirksamkeit der Umweltmassnahmen. Insgesamt investierte Energiedienst 12 Millionen Euro in über 65 ökologische Einzelprojekte. Kern der Aufwertungsmassnahmen ist das naturnahe Fischaufstiegs- und Laichgewässer, das unzähligen Tier- und Pflanzenarten als neuer Lebensraum dient. Mit einer Länge von rund 900 Metern und einer Breite von etwa 60 Metern ist das Fliessgewässer einzigartig in dieser Grössenordnung. «Dank einer Leitströmung finden die Fische den Einstieg in die Mündungsrampe und können die Staustufe mit einer Höhendifferenz von neun Metern überwinden», erklärt Jochen Ulrich. Ausserdem wurden gezielt Bereiche gestaltet, die Fischen als Laich- und Ruhezonen dienen. Fischarten wie Nasen, Barben, Forellen und Äschen profitieren ebenso wie Krebse und andere wassergebundene Tiere von diesem strukturreichen Lebensraum mit Stromschnellen, Rinnen und Kiesinseln. Um den Lebensraum «Rhein» zu vernetzen, wurde 2005 auf der deutschen Uferseite ein Raugerinne-Beckenpass fertiggestellt. Ein weiterer Fischpass (VerticalSlot) ist seit 2010 auf der Schweizer Seite des Rheins in Betrieb. Alle Anlagen sind
nach neuesten fischbiologischen Erkenntnissen gestaltet. Für die Fischzählung wurden eigens Zählbecken eingebaut, die Fischverletzungen bei der Zählung wirkungsvoll verhindern. (Energiedienst)
G ewäs s e r/ Revital i s ie rung Revitalisierung Restwassersanierungen: Zahlreiche Kantone im Rückstand Um die natürlichen Gewässerfunktionen zu erhalten, müssen unterhalb von Wasserentnahmen in Flüssen und Bächen ausreichende Restwassermengen gewährleistet sein. Die Kantone hatten Zeit bis 2012, diese Bestimmung des Gewässerschutzgesetzes auf Wasserentnahmen anzuwenden, die vor 1992 bewilligt worden waren. Gemäss einer Umfrage des Bundesamts für Umwelt BAFU werden die Sanierungen in 16 Kantonen voraussichtlich bis Ende 2015 abgeschlossen sein. In den übrigen Kantonen dauern die Fristen länger. Seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Gewässerschutz (Gewässerschutzgesetz, GSchG) im Jahr 1992 müssen unterhalb von Wasserentnahmen – namentlich solchen zur Nutzung der Wasserkraft – angemessene Restwassermengen im Bett belassen werden. Für Entnahmen, die vor 1992 bewilligt worden waren, gilt diese Bestimmung erst, wenn die entsprechende Konzession erneuert wird. In der Zwischenzeit müssen die bestehenden Restwasserstrecken saniert werden, soweit dies wirtschaftlich tragbar ist. Dies bedeutet, dass die Konzession nicht beeinträchtigt werden darf. Die Frist für den Abschluss der Restwassersanierungen wurde im Gewässerschutzgesetz auf Ende 2012 festgesetzt. 2009, 2011 und Anfang 2013 befragte das Bundesamt für Umwelt BAFU als Aufsichtsbehörde die Kantone über den Stand der Restwassersanierungen. Es gibt rund 1500 Wasserentnahmen, welche für die Wasserkraft genutzt werden, rund die Hälfte davon muss saniert werden. Aufgrund unvollständiger Daten können diese Zahlen nicht genau bestimmt werden. Seit der Umfrage 2011 hat sich die Zahl der sanierten Restwasserstrecken um 181 auf 487 erhöht. 60 bis 100% der Restwassersanierungen in 16 Kantonen abgeschlossen Ende 2012 waren in 16 Kantonen 60 bis 100% der Restwasserstrecken saniert. Appenzell-Innerrhoden und Schaffhausen weisen keine sanierungspflichtigen
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Erfolgreiche Umsetzung der Restwassersanierung der Kraftwerke Oberhasli AG Seit 1991 schreibt das eidgenössische Gewässerschutzgesetz (GSchG) in den Artikeln 80ff. die Sanierung der Restwasserstrecken bei bestehenden Wasserkraftkonzessionen vor. Ziel dieser Gesetzesrevision war es, dass ab dem Jahr 2013 angemessene Restwassermengen in den schweizerischen Gewässern fliessen und damit eine natürliche Besiedlung von aquatischen Tieren und Pflanzen ermöglicht wird. Die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) haben die Sanierungen in ihrem Einzugsgebiet erfolgreich umgesetzt. Seit 2005 verfügt die KWO über eine eigene Abteilung Ökologie, die alle umweltrelevanten Themen des Unternehmens bearbeitet. Durch die tägliche Arbeit im Gebiet konnte ein grosses ökologisches Wissen über die Gewässer im KWO-Einzugsgebiet aufgebaut werden. Um die bestmöglichen Massnahmen im Rahmen der Restwassersanierung und dem Investitionsprogramm KWO plus zu entwickeln, wurden ergänzend anerkannte Umweltbüros und Forschungseinrichtungen beauftragt, Abflussregime, Fischökologie, Insektenlarven, Wasserpflanzen, Lebensräume im und am Gewässer, Vernetzung/Durchgängigkeit, Geschiebe, Trübung sowie die landschaftliche Wirkung eingehend zu untersuchen (Schweizer et al., 2010).
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Breit abgestützter Begleitgruppenprozess und Gesamtlösung ohne Einsprachen In einem breit abgestützten Prozess mit Vertretern der kantonalen Ämter, den Umweltschutzverbänden und dem Bernisch Kantonalen Fischerei-Verband (BKFV) wurden die Untersuchungsergebnisse diskutiert (Schweizer et al., 2012). Dabei zeigte sich, dass sich ein Grossteil der heute genutzten Gewässer bereits in einem guten ökologischen Zustand befindet und sich die ökologischen Defizite hauptsächlich auf bestimmte Abschnitte direkt unterhalb der Fassungen und auf Versickerungsstrecken beschränken. Bei der definitiven Festlegung der Massnahmen zur Restwassersanierung und zu den KWO plus-Projekten floss zusätzlich noch die wertvolle Ortskenntnis der lokalen Fischer mit ein. Der breit angelegte partizipative Prozess war die Grundlage dafür, dass eine einvernehmliche und von allen Beteiligten gutgeheissene Gesamtlösung über den Umfang der Sanierungsmassnahmen erzielt wurde. Zur definitiven Verfügung der Restwassersanierung gingen keine Einsprachen ein und die KWO konnte die Restwassersanierung fristgerecht zum 1. Januar 2013 umsetzen. Die konkreten Massnahmen sind in der untenstehenden Tabelle zusammengefasst (für Details siehe Schweizer et al., 2011). Nach fünf Jahren erfolgt eine erste biologische Erfolgskontrolle für jede Mass-
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Wasserentnahmen auf, und die Kantone Basel-Landschaft und Genf haben die Sanierungen innerhalb der gesetzten Frist abgeschlossen. In Glarus, St. Gallen und Uri sind bereits 90% oder mehr der Restwasserstrecken saniert, die noch ausstehenden Sanierungen dürften noch im laufenden oder aber nächstes Jahr abgeschlossen werden. Die Kantone Aargau, Obwalden, Tessin, Waadt, Zug, Bern, Nidwalden, Solothurn und Schwyz haben zwischen 60 und 90% der Sanierungen durchgeführt. In sechs dieser Kantone sollten bis 2015 alle Sanierungen abgeschlossen sein. Tessin, Nidwalden und Solothurn nannten kein Datum. Überarbeitung des Sanierungskonzeptes im Wallis und Jura Der Kanton Wallis (für den keine Daten vorliegen) hat mitgeteilt, er werde sein Sanierungskonzept gestützt auf das Urteil des Bundesgerichts vom 15. November 2012 zur Restwassersanierung der Misoxer Kraftwerke AG überarbeiten. In ihrem Urteil hatten die Bundesrichter die Restwassermengen als zu gering beurteilt. Auch der Kanton Jura will seinen Sanierungsbericht revidieren. Die Sanierungen werden im Wallis voraussichtlich Ende 2014 und im Jura bis Ende 2015 abgeschlossen sein. Mehr Zeitbedarf in den übrigen Kantonen Von den Kantonen, die weniger als 60% ihrer Restwasserstrecken saniert haben, plant Appenzell-Ausserrhoden den Abschluss der Arbeiten bis 2014. Die übrigen Kantone – Graubünden, Thurgau, Zürich, Freiburg und Luzern – rechnen mit einem Abschluss der Sanierungen bis 2018 oder 2020, beziehungsweise nennen kein Abschlussdatum. Basel-Stadt hat noch keine Restwasserstrecken saniert (eine sanierungspflichtige Entnahme). Der Kanton Neuenburg hat an der Umfrage nicht teilgenommen. Das BAFU unterstützt die Kantone bei der Sanierung ihrer Restwasserstrecken. In diesem Zusammenhang erkundigt es sich regelmässig über den Stand der Arbeiten und informiert über die Fortschritte. Die rasche Umsetzung der Sanierungen wird auch vom Bundesrat eingefordert und ist beim Ausbaupotenzial berücksichtigt, welches der Wasserkraft in der Energiestrategie 2050 zukommt. Der Bericht «Restwassersanierungen nach Art. 80 ff. GSchG: Stand Ende 2012 und Entwicklung seit Mitte 2012» mit den Ergebnissen der Umfrage kann auf der Webseite des BAFU heruntergeladen werden: www.bafu.admin. ch/gewaesserschutz (BAFU)
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nahme. Die Massnahmen der Restwassersanierung sind mit weiteren ökologischen Aufwertungen im Rahmen des Investitionsprogramms KWO plus abgestimmt, sodass möglichst viele Synergien genutzt werden. Die höheren Restwassermengen, die Zugabe von Geschiebe ins Gadmerwasser und der Fischlift inklusive Fischabstiegsanlage verbessern den Lebensraum für alle aquatischen Organismen, insbesondere für die bedrohten Bach- und Seeforellen (inkl. Speicherkaverne, siehe Artikel dieser Ausgabe). Gemeinsam mit der Realisierung des Beruhigungsbeckens bei der Wasserrückgabe in Innertkirchen werden auch die neuen Anforderungen
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des revidierten Gewässerschutzgesetzes nach heutigem Wissensstand erfüllt. Im Zuge der Restwassersanierung haben die KWO und der BKFV ein Postkartenset mit eindrucksvollen Unterwasseraufnahmen produziert Die Unterwasseraufnahmen der seltenen Seeforellen wurden vom Naturfotografen und Filmemacher Daniel Göz gemacht. Sie entstanden in Restwasserstrecken im Einzugsgebiet der KWO im November 2012. Zur Realisierung der faszinierenden Bilder kam es durch die Freundschaft zu Matthias Meyer, der in der Gewässerökologischen Abteilung der KWO arbeitet und die Gebirgsbäche der Region sehr gut kennt.
Matthias Meyer bestimmte den idealen Zeitraum und führte Daniel Göz an die entsprechenden Laichplätze. Etwa zehn Tage verbrachten die beiden Fischspezialisten in den schwer zugänglichen Schluchten der Gebirgsbäche. Nach der Installation der speziellen Unterwasserkamera war stundenlanges und regungsloses Verharren notwendig, um die scheuen Fische bei der Paarung nicht zu stören. Im Anschluss an das Fotoprojekt stand schnell fest, dass sich die Strapazen für die Aufnahmen gelohnt haben. Es entstanden einmalige Unterwasserbilder der Seeforelle in ihrem natürlichen Fortpflanzungslebensraum im Oberhasli.
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Schweizer S. & Zeh Weissmann H. (2011): Restwassersanierung der genutzten Gewässer im Oberhasli. «Wasser Energie Luft» 2011 (1): 25–30. Schweizer S., Zeh Weissmann H. und Ursin M. (2012): Der Begleitgruppenprozess zu den Ausbauprojekten und zur Restwassersanierung im Oberhasli. «Wasser Energie Luft» 2012(1): 11–17. (KWO)
Restwassersanierung der Kraftwerke Hinterrhein AG Die Kraftwerke Hinterrhein AG (KHR) hat bei der Restwassersanierung ihrer Anlagen gemeinsam mit Bund, Kanton, Gemeinden, Umwelt- und Fischereiverbänden eine ökologisch sinnvolle und wirtschaftlich verträgliche Lösung erarbeitet. Die entsprechenden Verfügungen von Bund und Kanton sind in Rechtskraft erwachsen. Die gesetzlich vorgeschriebene Restwassersanierung ist somit für die KHR rechtsverbindlich vollzogen worden.
den vier Wasserfassungen Madris, Niemet, Pignia und Rongellen abzugeben sowie die bereits bestehenden Dotierungen unterhalb der Stauhaltungen Ferrera, Sufers und Bärenburg jahreszeitlich teilweise umzulagern. Die Verfügung des Bundes ist im Einvernehmen mit den italienischen Behörden erfolgt und mit jener des Kantons Graubünden abgestimmt. Produktionseinbussen Die Produktionseinbussen, die aus der von Bund und Kanton verfügten Sanierungslösung gesamthaft entstehen, werden für die KHR als wirtschaftlich tragbar eingestuft. Die KHR gehört zu den grössten Energieversorgungsunternehmen im Kanton Graubünden. Mit rund 1400 Millionen Kilowattstunden (kWh) trägt sie fast zu einem Fünftel an die jährliche Stromproduktion aus Bündner Wasserkraft bei. Rasche Umsetzung Die neuen Dotiereinrichtungen an den vier Wasserfassungen Madris, Niemet, Pignia und Rongellen werden von der KHR noch in diesem Jahr gebaut und spätestens Ende 2013 in Betrieb genommen. Dazu sind Investitionen von rund CHF 300 000.– nötig. Dank der gemeinsamen Herangehensweise ist es gelungen, trotz der komplexen wasserrechtlichen Verhältnisse, der Internationalität der obersten Kraftwerksstufe sowie der aufgeteilten Zuständigkeit zwischen Bund und Kanton, die Sanierungsmassnahmen im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Frist festzulegen. Unter Berücksichtigung der speziellen Begebenheiten bei der KHR und der bereits bestehenden Dotierungen ist es insgesamt gelungen, ökologisch sinnvolle Lösungen zu erzielen. (KHR/Pfa)
Kraftwerke Hinterrhein (zvg). Partizipativer Prozess Die vom Bund für die internationale Stufe und vom Kanton Graubünden für die kantonalen Stufen verfügten Lösungen zur Restwassersanierung der KHR wurden in einer auf Initiative der KHR eingesetzten Arbeitsgruppe unter Einbezug aller wichtigen Anspruchsgruppen – einschliesslich der Umweltverbände WWF und Pro Natura sowie des Kantonalen Fischereiverbands – in einem partizipativen und fachlich fundierten Prozess mit Dotierversuchen, ökologischen Abklärungen, Begehungen und Besprechungen erarbeitet und einvernehmlich beschlossen. Sanierung von Fassungen Mit den vorliegenden Sanierungsverfügungen wird die KHR verpflichtet, die im Massnahmenkatalog der Arbeitsgruppe neu festgelegten Dotierwassermengen an
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Ene E ne r g iiewi ewi r ts t s c haf t Energieverbrauch der Schweiz 2012 um 3.7% gestiegen Der Endenergieverbrauch der Schweiz ist gemäss Mitteilung des Bundesamt für Energie (BFE) gegenüber dem Vorjahr um 3.7% auf 882 280 Terajoule (TJ) gestiegen. Hauptgrund dafür war die kühlere Witterung. Zum Verbrauchsanstieg trugen aber auch die positive Wirtschaftsentwicklung und das anhaltende Bevölkerungswachstum bei. Trotz dieses Anstiegs kann 2012 als durchschnittliches Energiejahr bezeichnet werden, da der Endenergieverbrauch von 882 280 TJ in etwa dem Mittel der letzten zehn Jahre entspricht, deutlich unter dem Spitzenwert des Jahres 2010 (911 100 TJ). 241
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Wissenswertes zur Seeforelle Die Seeforelle zählt zu den faszinierendsten Fischen unserer heimischen Fischfauna. Sie ist keine eigenständige Art, sondern ein sogenannter Ökotyp der europäischen Forelle (Salmo trutta), wie auch die Bach- und Meerforelle. In der Schweiz gilt die Seeforelle als stark gefährdet. Dies, weil sie während ihres Lebenszyklusses verschiedene Lebensräume beansprucht. Dort, wo sie noch vorkommt, müssen naturnahe Bedingungen herrschen. Aus dem Ei schlüpft sie in strukturreichen, naturnahen Gewässerabschnitten mit klarem, sauerstoffreichem Wasser der Gebirgsbäche mit Seeanschluss Hier wächst sie heran und verbringt in der Regel die ersten beiden Lebensjahre, bis sie die flussabwärts gerichtete Wanderung zum See antritt. Dort folgt sie als gefrässiger Räuber den Felchenschwärmen und vollzieht aufgrund der guten Nahrungsverfügbarkeit ihre stärksten Wachstumsphasen. Ausgewachsene Seeforellen können eine Länge von über einem Meter erreichen und bis zehn Kilo schwer werden. Im Spätsommer, nach ungefähr zwei Jahren Seeaufenthalt, steigt sie das erste Mal in das Fliessgewässersystem ihrer Geburt zurück, um sich in der kalten Jahreszeit fortzupflanzen. Das Seeforellenweibchen schlägt hierzu mit Hilfe ihrer Schwanzflosse in kräftezehrender Arbeit eine Laichgrube in die kiesige Gewässersohle und gibt ihre Eier hinein. Die Eier werden bei der Abgabe umgehend durch ein oder mehrere Seeforellenmännchen befruchtet. Im Anschluss deckt das Weibchen die Laichgrube zu, um so die befruchteten Eier zu schützen. Das Schlüpfen der kleinen Seeforellenlarven findet im Frühjahr statt und ist abhängig von der vorherrschenden Wassertemperatur im Fliessgewässer. Elterntiere, welche die Wanderung und das kräftezehrende Laichgeschäft unbeschadet überstanden haben, werden sich auch im nächsten Jahr am Laichgeschehen beteiligen. Für einige Tiere endet das anstrengende Laichgeschäft jedoch tödlich. Die Postkartensets und weitere Informationen zur Restwassersanierung der KWO können unter der folgenden Adresse bezogen werden: Steffen Schweizer, Leiter Gewässerökologie KWO, Tel. +41 33 982 20 19, sste@kwo.ch, www.grimselstrom.ch Erwähnte Literatur Schweizer S., Meyer M., Heuberger N., Brechbühl S. und Ursin M. (2010): Zahlreiche gewässerökologische Untersuchungen im Oberhasli. Wichtige Unterstützung des partizipativen Begleitprozesses von KWO plus. «Wasser Energie Luft» 2010 (4): 289–300.
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Zurückzuführen ist der Verbrauchsanstieg in erster Linie auf die im Vergleich zum Vorjahr deutlich kältere Witterung: Die Heizgradtage, ein Indikator für den Energieverbrauch zu Heizzwecken, nahmen gegenüber dem Vorjahr um 11.7% zu. Zum höheren Energieverbrauch trug aber auch die Zunahme der ständigen Wohnbevölkerung bei (+1.0%), des Bruttoinlandprodukts (+1.0%), des Wohnungsbestand (Zuwachs, jedoch noch keine detaillierte Zahlen verfügbar) sowie des Motorfahrzeugbestands (+2.3%) Endenergieverbrauch 2012 Consommation finale d’énergie 2012 Rest 10%
Erdölbrennstoffe Combustibles pétrolliers 19%
Gas Gaz 13%
Elektrizität Electricité 24%
Erdöltreibstoffe Carburants pétrolliers 34%
Bild 1. Anteile Energieträger am Endenergieverbrauch 2012 (BFE). Endenergieverbrauch der Schweiz seit 1910 Consommation finale d’énergie depuis 1910
Übrige erneuerbare Energien/ Autres énergies renouvelables
Erdölbrennstoffe/ Combustibles pétroliers
Fernwärme/ Chaleur à distance/
Industrieabfälle/ Déchets industriels
Elektrizität/ Electricité
Kohle/ Charbon
Gas/ Gaz
Holz/ Bois
Treibstoffe/ Carburants
Bild 2. Entwicklung Endenergieverbrauch und Anteil Energieträger 1910–2012 (BFE). Zunahme bei Brennstoffen, Treibstoffen und Elektrizität Der Brennstoffverbrauch stieg gegenüber dem Vorjahr stark an. Der Verbrauch von Heizöl extraleicht stieg um 7.4%, derjenige von Erdgas um 9.7%. Der Treibstoffverbrauch nahm insgesamt zu (+1.1%). Der Absatz von Dieselöl (+6.1%) legte deutlich zu, derjenige der Flugtreibstoffe (+2.4%) 242
moderat, während der Benzinverbrauch wie in den letzten zwölf Jahren rückläufig war (-3.5%). Der Trend zur Substitution von Benzin durch Dieseltreibstoff setzte sich damit ungebrochen fort. Der Verbrauch von schweren Heizölsorten blieb praktisch konstant (+0.7%), jener von Petrolkoks stieg an (+7.1%). Der Elektrizitätsverbrauch nahm um 0.6% zu. Verbrauchsanstieg auch bei den erneuerbaren Energien Der Verbrauch von Energieholz stieg um 10.6%. Auch die Nutzung von Umgebungswärme durch Wärmepumpen stieg mit 16.9% sehr deutlich an, was den anhaltenden Trend zu diesem Heizungssystem unterstreicht. Eine hohe Zuwachsrate gab es auch bei der Fernwärme (+6.4%). Wie schon im Vorjahr legten Solarwärme (+11.4%), Biogas (+4.8%) und auch die Biotreibstoffe wiederum deutlich zu (+15.6%). Rückläufig waren die energetische Verwendung von Industrieabfällen (-2.6%) und Kohle (-8.7%). Die Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2012 ist seit der zweiten Hälfte Juli auf Internet verfügbar und seit Anfang August 2013 auch in gedruckter Form erhältlich. (BFE)
Leichter Zuwachs an Wasserkraftanlagen im 2012, wetterbedingt sehr gutes Produktionsjahr Gemäss der vom Bundesamt für Energie BFE geführten Statistik zu den Wasserkraftanlagen der Schweiz WASTA (Zentralen mit installierter Leistung > 0.3 MW) ist per Anfang 2013 ein leichter Anstieg der Produktionserwartung aus Wasserkraft zu verzeichnen. Die tatsächliche Produktion hat im 2012 abflussbedingt gegenüber dem (trockenen) Vorjahr stark zugenommen und lieferte rund 59% der Gesamterzeugung der Schweiz. 12 Zentralen neu im Betrieb mit Nettozuwachs von 108 GWh/a Im Berichtsjahr 2012 wurden 12 Zentralen neu in Betrieb gesetzt und drei Umbauten fertig. Insgesamt kann damit bei den Wasserkraftzentralen der Schweiz ein Leistungszuwachs von 30.5 MW auf neu 13 800 MW (ab Generator, inkl. Schätzung für die Anlagen < 0.3 MW) verzeichnet werden. Die Produktionserwartung, inklusive Berücksichtigung der Verluste aus neuen Restwasserdotierungen und anderen Berichtigungen, steigert sich netto um 108 GWh/a auf neu 36 061 GWh/a. Mit einem Plus von rund 70 GWh/a entfällt mehr als die Hälfte dieses Zuwachses auf die Inbetriebnahme des erneuerten
KW Eglisau am Hochrhein. Immerhin zusätzliche 30 GWh/a liefern die drei neuen 2–3 MW-Zentralen Splügen (Tambobach), Punt Gronda (Segna) und Unteraa (Melchaa). 21 Zentralen im Um- oder Neubau Weiterhin oder neu im Bau befindlich sind 21 Zentralen, davon 16 Neu- und fünf Umbauten. Das sind zum einen die drei grossen Pumpspeicherwerke LinthLimmern, Nant de Drance und HongrinLéman, die ab ca. 2015 einen enormen Leistungszuwachs von rund 2100 GW bringen werden. Zum anderen beinhaltet der laufende Zubau Lauf- und Speicherwerke, die in den nächsten paar Jahren einen Leistungszuwachs von 35 MW bzw. einen mittleren Produktionszuwachs von 120 GWh/a (ohne Bereinigung mit allfälligen Verlusten) erwarten lassen. Die grössten Beiträge werden bis ca. 2015 von den Erneuerungen der beiden Aare-KW Hagneck und Rüchlig kommen. Der Rest teilt sich auf Kleinwasserkraftwerke, unter anderem auf die neuen Zentralen Lüen (Sagenbach) und Lavin (Prà da Plaiv). Wetterbedingt dritthöchstes jemals erzieltes Produktionsergebnis Die tatsächliche Produktion aus Wasserkraft hat im 2012 abflussbedingt gegenüber dem (trockenen) Vorjahr stark zugenommen. Gemäss Daten des BFE erzeugten sämtliche Wasserkraftanlagen der Schweiz aufgrund vieler Niederschläge und überdurchschnittlicher Schneemenge mit total 39 906 GWh rund 18% mehr Strom als im Vorjahr und lieferten rund 59% der Gesamterzeugung der Schweiz. Die Speicherwerke steigerten dabei die Produktion um 16% und die Laufkraftwerke um 21%. Das ist nach den wasserreichen Jahren 1999 und 2001 das dritthöchste jemals erzielte Produktionsergebnis der Schweiz. Die Zunahme liegt im Rahmen der wetterbedingt erwartbaren Schwankungen der Produktion von ± 20%. Die Statistik kann im Original auf der Webseite des BFE heruntergeladen werden und ist für Anlagen > 1 MW auch auf der Webseite des SWV: www.swv.ch/Fachinformationen zusammengestellt und ausgewertet. (Pfa)
K l i ma CO2-Ziel 2012 nicht erreicht: Abgabe auf Brennstoffe wird 2014 erhöht Die Schweiz hat 2012 ihr CO2-Verminderungsziel nicht erreicht. Deshalb wird ab nächstem Jahr die CO2-Abgabe auf
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die Stiftung Klimarappen, die dem Treibstoffziel angerechnet werden dürfen, sind die CO2-Emissionen aus Treibstoffen zwar 6.6 Prozent tiefer als 1990, das Ziel von 8 Prozent wird aber nicht erreicht. Die CO2-Emissionen aus Brennstoffen liegen im Mittel der Periode 2008–2012 und unter Berücksichtigung des Zukaufs von Emissionsminderungszertifikaten 14.7 Prozent tiefer als 1990 und erreichen das Ziel von 15 Prozent ebenfalls knapp nicht. Gesamtziel erreicht Das Gesamtziel des alten CO2-Gesetzes, eine Reduktion um 10 Prozent der Brennund Treibstoffe, wird dagegen unter Berücksichtigung des Zukaufs von Emissionsminderungszertifikaten aus dem Ausland erreicht (Reduktion um 11.6 Prozent). Dies, weil das Gesamtziel im CO2Gesetz weniger streng festgelegt wurde als die Summe der beiden Teilziele. Ob die Schweiz ihre im Kyoto-Protokoll gesetzten internationalen Ziele erreicht hat, lässt sich erst 2014 abschliessend sagen (siehe Kasten). Erste Schätzungen des Treibhausausstosses 2012 Um die Erreichung des Schweizer Ziels gemäss Kyoto-Protokoll zu kontrollieren, muss die Summe von sechs klimawirksamen Treibhausgasen (Kohlendioxid, Methan, Lachgas und verschiedene synthetische Gase) rapportiert werden. Auf Grund der heute vorliegenden Daten kann der Treibhausgasausstoss gemäss Kyoto-Protokoll für 2012 geschätzt werden: er beträgt zirka 51.5 Millionen Tonnen, was rund 2.5 Prozent weniger als 1990 ist (52.8 Mio. Tonnen). Damit wird die bisherige Schätzung bestätigt, dass die Schweiz das Kyoto-Ziel nur unter Berücksichtigung des Kaufs ausländischer Zertifikate und der Senkenleistung des Waldes erreichen kann. Eine definitive Aussage dazu wird jedoch erst 2014 nach der Einreichung des Treibhausgasinventars für das Jahr 2012 an die UNO möglich sein. (BAFU)
Rüc kbl ic k Ve r anstaltunge n Symposium Projekt Hochwasserschutz Linth 2000: Expertenwissen der Linthwerk-Sanierung bereits greifbar Rund 180 Fachleute trafen sich am 6./7.
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Juni an der Hochschule Rapperswil zum Symposium über die Sanierung des Linthwerks. Neben 25 Referaten aus verschiedensten Fachrichtungen zum komplexen Grossprojekt fanden Exkursionen statt. Zur Tagung wurde auch ein Fachbuch publiziert. Dass Hochwasserschutz in der Schweiz derzeit ein hoch aktuelles Thema ist, zeigt das grosse Interesse der Fachwelt am Symposium zum Linthwerk. Nicht weniger als 180 Ingenieure, Ökologen, Wasserbauexperten, aber auch Planer, Behördenvertreter und Politiker nahmen an der zweitägigen Veranstaltung in der Hochschule in Rapperswil teil. Die hohe Besucherzahl überrascht nicht, denn das Linthwerk hatte bei der kürzlich abgeschlossenen Sanierung – genauso wie bei seinem Bau im 19. Jahrhundert – wieder eine Pionierrolle inne: Es ist das erste grosse Hochwasserschutzprojekt, das nach dem neuen Bundesgesetz über den Wasserbau «rasch und erfolgreich umgesetzt wurde», wie Regierungsrat Willi Haag, Präsident der Linthkommission, in seiner Begrüssungsansprache festhielt.
Rund 180 Fachleute interessieren sich für die vielfältigen Themen rund um das Projekt Hochwasserschutz Linth 2000. Projekt als interdisziplinäres Gesamtwerk Die heute geltende Gesetzgebung verlangt von Hochwasserschutzbauten mehr als Gefahrenabwehr. So müssen diese Infrastrukturanlagen unter anderem mögliche Risiken berücksichtigen und ökologisch nachhaltig sein. Das Linthwerk-Projekt war darum ein interdisziplinäres Gesamtwerk von Bauexperten, Ingenieuren und Fachleuten aus Raumplanung, Hydrologie und Umweltschutz bis hin zur Archäologie. Am Symposium kamen auch die historischen, politischen und sozialen Dimensionen der Linthwerk-Sanierung ausführlich zu Wort. Aus erster Hand war zu erfahren, 243
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Brennstoffen von heute 36 auf 60 Franken pro Tonne CO2 erhöht. Dieser Mechanismus zur Erhöhung ist in der CO2-Verordnung vorgesehen. Mit der Erhöhung der CO2-Abgabe stehen ab 2014 zirka 260 Millionen Franken pro Jahr für das Gebäudeprogramm zur Verfügung. Weitere rund 480 Millionen Franken werden an Bevölkerung und Wirtschaft rückverteilt. Die im Sommer 2013 vom Bundesamt für Umwelt BAFU veröffentlichte CO2-Statistik zeigt, dass sich der CO2-Ausstoss aus dem Verbrauch von Brennstoffen zwischen 2011 und 2012 nur wenig verändert hat. Er betrug im Jahr 2012 82.5 Prozent des Wertes von 1990 und lag damit deutlich über dem Zielwert von 79 Prozent. Deshalb wird gemäss der vom Bundesrat erlassenen CO2-Verordnung die CO2-Abgabe erhöht. Sie wird per 1. Januar 2014 von heute 36 auf 60 Franken pro Tonne CO2 erhöht. Dies entspricht einem Anstieg von 9.5 auf 16 Rappen pro Liter Heizöl extraleicht, resp. von 7 auf 12 Rappen pro Kubikmeter Erdgas. Die Erhöhung der CO2-Abgabe ist im vom Parlament auf den 1. Januar 2013 erlassenen CO2-Gesetz vorgesehen und setzt einen Anreiz, klimaschädigende Treibhausgase zu vermindern, damit die Schweiz ihre Klimaziele erreicht und unabhängiger von fossilen Brennstoffen wird. Ein Grossteil der CO2-Abgabe – rund 480 Millionen Franken – wird an die Bevölkerung und die Wirtschaft rückverteilt. Ein Drittel des Ertrags der CO2-Abgabe wird für Massnahmen zur Verminderung der CO2-Emissionen bei Gebäuden verwendet. Mit der Erhöhung der CO2-Abgabe kann das Gebäudeprogramm im Jahr 2014 von ca. 260 Millionen Franken profitieren. Teilziele des CO2-Gesetzes knapp nicht erreicht Mit der CO2-Statistik vom 3. Juli 2013 zieht das BAFU auch Bilanz über die 2012 zu Ende gegangene erste Reduktionsperiode des CO2-Gesetzes. Darin war festgelegt, dass die CO2-Emissionen aus der energetischen Nutzung fossiler Brennstoffe um 15 Prozent und diejenigen aus fossilen Treibstoffen um acht Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren sind. Massgebend ist der Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012. Verminderungen der Emissionen, die im Ausland erzielt und von der Schweiz oder von in der Schweiz ansässigen Unternehmen finanziert werden, dürfen angerechnet werden. Unter Berücksichtigung des Kaufs von ausländischen Emissionszertifikaten im Umfang von zirka drei Millionen Tonnen pro Jahr (für die Periode 2008–2012) durch
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wie man im Spannungsfeld von Sicherheitsanforderungen und landwirtschaftlicher Nutzung agierte, wie die Partizipation von verschiedenen Umweltorganisationen erfolgte oder wie die Bevölkerung über die Geschehnisse während der Planungsund Bauzeit informiert wurde. Die Bauleitung gab Einblick in die komplexen Bauvorgänge, die Herausforderungen beim Bauen am fliessenden Wasser, die Anwendung neuster Vermessungstechniken und die ökologisch sinnvolle Materialbewirtschaftung. Auch das Management der Grossbaustellen und die Kostenkontrolle während der fünfjährigen Bauzeit wurden thematisiert. Und schliesslich referierten mehrere Fachleute über die weiterlaufenden Aufgaben des Linthwerks: Erfolgskontrolle des Projekts, Überwachung und Unterhalt der Bauwerke, speziell bei auch bei Hochwasser, Monitoring verschiedener Entwicklungen in Flora und Fauna. Anschauungsunterricht vor Ort Eine hervorragende Ergänzung zu den Vorträgen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen aus dem Projekt bildeten die geführten Exkursionen an die Schlüsselstellen des neuen Linthwerks. Im Chli Gäsitschachen am Escherkanal erlebten die Symposiumsteilnehmenden die bereits gut sichtbaren Wirkungen der Glarner Linth, die hier in einer Aufweitung wieder ein gleich breites Flussbett erhalten hat wie vor der Linthkorrektion durch Hans Konrad Escher. Besonders eindrücklich sind die dynamische Entwicklung des geschiebehaltigen Flusslaufs, die Rückkehr einer natürlichen Ufer- und Riedvegetation und die Waldentwicklung im neu ausgeschiedenen Waldreservat bis zum Gäsi am Walensee. Bei der Aufweitung Hänggelgiessen am Linthkanal lag das Hauptaugenmerk der Exkursion auf den technischen Massnahmen zur Hochwasserentlastung mit dem regulierbaren Wehr und auf dem Wilddurchlass und seinen Möglichkeiten zur Vernetzung der Wildtiere vom Benkner Büchel bis zum Voralpengebiet. Die benachbarten Tümpel haben sich bereits zu neuen Lebensräumen für Amphibien entwickelt und in der Aufweitung sind erfreulicherweise viele Jungfische festzustellen. Beim Benkersteg, der dritten Exkursionsstation, lässt sich das hydraulische System des Linthwerks mit den drei Ebenen Linthkanal, Hintergraben und F-Kanal am besten erfassen. Themen hier waren die Entwässerungssysteme, die Methoden der Dammverlegung und Dammsanierung und die Flachufergestaltungen. Auch hier ging es um ökologisch bedeutsame 244
Lebensräume für bedrohte oder seltene Lebewesen. Fachpublikation erschienen Nur wenige Wochen nach dem offiziellen Abschluss des Projekts Hochwasserschutz Linth 2000 und der Eröffnung des Linthkanals am 27. April 2013 liegt bereits eine gedruckte Bilanz der 15-jährigen Planungs- und Bauzeit vor. Die 412 Seiten starke Fachpublikation enthält alle Referate des Symposiums und zehn weitere Beiträge zu speziellen Themen wie Vegetationsentwicklung, Geschiebehaushalt am Escherkanal, Zwischenbilanz der Umweltverbände, Besucherlenkung, Sicht der Fischer und der Projektgegner. Der Band mit CD aller Referate kann unter www.linthwerk.ch bestellt werden, (vgl. auch Hinweis unter neue Publikationen in diesem Heft). Das Linthwerk Das Linthwerk führt die Linth im Escherkanal von Mollis zum Walensee und im Linthkanal vom Walensee zum Zürichsee. Es schützt die Linthebene vor Hochwasser. Gebaut wurde das Linthwerk von 1807 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auf Initiative des Zürchers Hans-Konrad Escher (1767– 1823). Zwischen 2008 und 2013 wurde das Werk saniert und renaturiert. Das Linthwerk wird im Rahmen des Linthkonkordats durch die Kantone Glarus, Schwyz, St. Gallen und Zürich verwaltet. Federführend sind die Linthkommission und die Linthverwaltung.
Projekt Hochwasserschutz Linth 2000 Das im April 2013 abgeschlossene Grossprojekt zur Sanierung des Linthwerks und zur Sicherung des Hochwasserschutzes in der Linthebene beanspruchte eine 10-jährige Planungszeit und fünf Jahre Bauzeit. Gesamtkosten: 126 Mio. Franken. Saniert oder erneuert wurden 23.6 km Dämme, 7.8 km Nebendämme und 16.6 km Uferstrecken. Als ökologische Ausgleichs- und Vernetzungsmassnahmen wurden u.a. zwei grosse Flussaufweitungen, ein Wildtierkorridor und Schutzzonen geschaffen und Uferstrecken renaturiert. Auf dem erneuerten Wegnetz hat die Bevölkerung Zugang zu verschiedenen Erholungsflächen. (Linthwerk)
Ve r anstaltunge n
Fachtagung Wasserkraft 2013/ Symposium Force hydraulique 2013 Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserkraftwerken/ Construction, exploitation et entretien des centrales hydroélectriques Mittwoch, 6. November 2013, Hotel Arte, Olten / Mercredi, 6 novembre 2013, Hôtel Arte, Olten
Die von der Kommission Hydrosuisse des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) lancierte Tagung bezweckt den Austausch aktueller technischer Entwicklungen rund um die Wasserkraftnutzung./Sur l’initiative de la commission Hydrosuisse de l’Association suisse pour l’aménagement des eaux (ASAE), le symposium a pour objectif de faciliter les échanges en matière de développements techniques actuels liés à l’utilisation de l’énergie hydraulique. Zielpublikum/Publique cible Angesprochen werden insbesondere Ingenieure und technische Fachleute von Wasserkraftbetreibern, Beratungsbüros und der Zulieferindustrie./Le symposium est destiné en particulier aux ingénieurs et aux spécialistes des exploitations hydrauliques, des bureaux de conseil et des activités induites. Zielsetzung, Inhalt/But, contenu Aus dem Inhalt/Du contenu: • Travaux sous-marins au barrage de l’Hongrin (f/d) • Planung und Bau von Anlagen ausserhalb Beschaffungswesen (d) • Produktesicherheit bei Instandhaltung und Re-Engineering (d) • Condition monitoring: de la théorie à la pratique (f) • Auswirkungen Regelbetrieb auf die Lebensdauer (d) • Entsander an Wassekraftanlagen – Stand Forschung/Praxis (d)
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Vorankündigung: KOHS-Tagung 2014 Swiss competences in river engineering and restoration Freitag, 5. September 2014, ETH Lausanne
sondere Wasserbauer und weitere mit Revitalisierungen beschäftigte Fachleute aus der Privatwirtschaft und der Verwaltung. Den Schweizer Teilnehmern sowie dem Internationalen Publikum werden laufende Projekte und Entwicklungen zum Thema «Schweizerische Kompetenzen im Flussbau und Gewässerrevitalisierung» vorgestellt. Programm Die Tagung wird wie üblich drei Sessionen mit je vier Vorträgen haben (ab 10.40 Uhr bis 18.10 Uhr). Das detaillierte Programm ist bei der KOHS in Erarbeitung und wird ca. im März 2014 publiziert. Sprache, Tagungsband Die Vorträge werden ausnahmsweise in Englisch gehalten und in einem Tagungsband «Swiss competences in river engineering and restoration» publiziert. Es ist keine Simultanübersetzung vorgesehen. Anmeldung Beiträge Neben den vorgetragenen Projekten wird der Tagungsband auch andere Beiträge aus der Schweiz beinhalten. Diese können bis zum 15. Oktober 2013 mit einer Kurzfassung auf der Konferenz-Webseite River Flow 2014 angemeldet werden. Der schriftliche Beitrag von maximal acht Seiten in Englisch muss bis am 1. März 2014 eingereicht werden. Rahmenprogramm Die Teilnehmer der KOHS-Tagung haben auch die Gelegenheit, am 5. September 2014 an einem Nachtessen auf einem Schiff auf dem Genfersee sowie am 6. September 2014 an einer Exkursion ins Wallis teilzunehmen. Die Tagung wird auch von einer technischen Ausstellung begleitet, wo mehrere Firmen ihre Dienstleistungen und Produkte vorstellen. Weitere Informationen: riverflow2014.epfl.ch Die Anmeldung zur Sondersession KOHS-Tagung vom 5. September erfolgt wie üblich über den Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband (SWV) und wird ca. im März 2014 auf der Webseite www.swv.ch/KOHS-Tagung-2014 publiziert.
Publique cible, contenu Le symposium est destiné comme d’habitude aux ingénieurs et aux spécialistes des aménagement et revitalisation des cours d’eau. Aux participants suisses, ainsi qu’au public international, seront présentés des projets actuels et des développements concernant le thème «Compétences suisses en aménagement et revitalisation des cours d’eau». Programme Le symposium CIPC a pour habitude trois sessions avec 4 présentations (de 10.40 à 18.10). Le programme détaillé est en élaboration et sera publié en mars 2014. Langue, publication Exceptionnellement, les conférences seront données en anglais et publiées dans le livre «Swiss competences in river engineering and restoration» qui sera offert à tous les participants. La traduction simultanée n’est pas prévue. Annonce des contributions A part les projets présentés, le livre contiendra d’autres contributions suisses. Ces contributions peuvent être annoncées avec un résumé jusqu’au 15 octobre 2013 sur le site de la conférence River Flow 2014. L’article complet en anglais doit être soumis jusqu’au 1er mars 2014. Programme cadre Les participants du symposium ont la possibilité de participer à la croisière sur le Lac Léman avec un repas le vendredi soir 5 septembre 2014 et de prendre place à une excursion technique en Valais le samedi 6 septembre 2014. Le symposium est accompagné par une exposition technique où différentes entreprises exposeront leurs services et produits. Plus d’information: riverflow2014.epfl.ch L’inscription pour le symposium CIPC du 5 septembre 2014 se fait comme d’habitude par l’Association suisse pour l’aménagement des eaux (ASAE) et sera publié en mars 2014 sur le site web: www.swv.ch/KOHS-Tagung-2014.
Age nda
Die jährlich von der Kommission «Hochwasserschutz, Wasserbau und Gewässerpflege» (KOHS) des SWV organisierte Tagung wird 2014 als spezielle Session im Rahmen der Internationalen Konferenz «River Flow 2014» in Lausanne durchgeführt. Zielpublikum, Inhalt Angesprochen werden wie üblich insbe-
Annonce: Symposium CIPC 2014 Swiss competences in river engineering and restoration Vendredi, 5 septembre 2014, EPF Lausanne Le symposium traditionnel organisé par la Commission pour la protection contre les crues (CIPC) de l’ASAE aura lieu le 5 septembre 2014 comme session spéciale dans le cadre de la conférence internationale «River Flow 2014» à Lausanne.
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
Sion, 2.–4.10.2013 Formation continue Hydro: Hydromécanique (F) Hautes écoles spécialisées, en coopération avec l’ASAE. Information et inscription: www.swv.ch Olten, 6.11.2013 Fachtagung Wasserkraft 2013: Bau, Be245
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Das detaillierte Tagungsprogramm ist diesem Heft als Flyer beigelegt bzw. kann der Webseite entnommen werden. Tagungssprachen sind Deutsch und Französisch. Kosten /Frais Für Einzelmitglieder und Vertreter von Kollektivmitgliedern des SWV gelten vergünstigte Tarife/Membres de l’ASAE profitent des tarifs préférentiels: • Mitglieder SWV/Membres ASAE: CHF 150.– • Nichtmitglieder/Non-membres: CHF 230.– • Studierende/Etudiants: CHF 75.– Inkl. Mittagessen und Pausenkaffee; exkl. 8% MWSt./Sont inclus le repas de midi, les pauses café. 8% TVA exclue. Anmeldung/Inscription Ab sofort ausschliesslich bequem und einfach über unsere Webseite:/Inscriptions uniquement par le site web de l’ASAE s.v.p: www.swv.ch/Tagung-Wasserkraft-2013 (bzw. Direktlink auf der Startseite). Die Anmeldungen werden nach Eingang berücksichtigt. Teilnahmebestätigung und Rechnungstellung erfolgen im Oktober 2013./Les inscriptions seront considerées par ordre d’arrivée. Confirmations et factures seront envoyées en Octobre 2013.
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trieb und Instandhaltung von Wasserkraftwerken (D/F) Informationen und Anmeldung: www.swv.ch Zürich, 25.–27.6.2014 Internationales Symposium VAW: Wasser- und Flussbau im Alpenraum (D) Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), ETH Zürich, in Zusammenarbeit mit der TU Graz und der TU München. www.vaw-symposium.ethz.ch Lausanne, 3.–5.9.2014 River Flow 2014: International conference on fluvial hydraulics (E) IAHR-Committee on Fluvial Hydraulics and EPFL-LCH. Information and Anmeldung: http://riverflow2014.epfl.ch/ Lausanne, 5.9.2014 KOHS-Tagung 2014: Swiss competences in river engineering and restoration Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV, im Rahmen der Konferenz Riverflow. Informationen folgen: www.swv.ch
Perso one ne n Zum Rücktritt von Peter Molinari aus Kommissionen und Vorstand SWV Per Ende Oktober 2013 wird sich Peter Molinari aus dem aktiven Berufsleben verabschieden und seine Stelle als Direktor der Engadiner Kraftwerke AG aufgeben. Mit der SWV-Hauptversammlung 2013 vom 5.9.2013 hat er sich auch von seinen Ämtern beim Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband zurückgezogen.
Peter Molinari. 246
Peter Molinari wurde im Jahre 2004 von der Hauptversammlung SWV als Direktor der Engadiner Kraftwerke AG (EKW), in den Vorstand und Vorstandsausschuss des SWV gewählt. Bis zur diesjährigen Versammlung in Interlaken sind das neun Verbandsjahre, in denen er ununterbrochen im Vorstand engagiert war, davon vier Jahre als Vizepräsident. Aber nicht nur im Vorstand war er eine prägende Figur: er war mitverantwortlich für die Überführung der Interessengemeinschaft Wasserkraft (IGW) in die per Anfang 2005 im SWV neu gegründete Kommission Hydrosuisse – für den SWV sicherlich eine der bedeutendsten Anpassungen der letzten Jahrzehnte. Und er hat diese Kommissionstätigkeit bis heute stark mitgeprägt, die ersten drei Jahre als deren Vorsitzender und seither als engagiertes Mitglied. In all diesen Jahren hat sich Peter Molinari enorm für den SWV und die Wasserkraft eingesetzt. Beharrlich, mit klaren Ansagen und ohne Scheu vor Konflikten. Aus der raren Ausbildungsspezies der ETHKulturingenieure hervorgegangen und in schwierigen Auslandprojekten gestählt, hat er mehr als viele andere das technische und praktische Know-how eingebracht. Er ist ein eigentliches Urgestein der Wasserkraft. Als langjähriger Direktor eines der grössten Kraftwerke der Schweiz wusste er bestens Bescheid über die konkreten Herausforderungen der Wasserkraftproduktion, die immer mehr Anforderungen zu erfüllen hat und gleichzeitig unter zunehmenden wirtschaftlichen Druck gerät. Dennoch ist es ihm auch gelungen, Brücken zu den oft übertriebenen ökologischen Forderungen zu schlagen, namentlich mit der weitum beachteten Restwasserdynamisierung am Spöl. Dass gerade dieser Erfolg in seinem letzten Jahr noch überschattet wird, war ihm nicht zu wünschen – aber der Vorfall und damit die Gesamtbilanz wird in ein paar Monaten oder Jahren mit Sicherheit wieder positiver beurteilt. Neben all seinen beruflichen und familiären Aktivitäten fand Peter Molinari zum Glück auch noch Zeit, seine wertvollen Erfahrungen ehrenamtlich in den SWV einzubringen. Und mehr noch: als Autor und Mit-Autor hat er diverse Beiträge für unsere Fachzeitschrift «Wasser Energie Luft» verfasst. Insgesamt vier Artikel sind verbrieft: vom Erstling mit technischen Ausführungen zu den «Erfahrungen beim Ausbruch des Druckstollens für die Wasserkraftanlage Samanalawewa auf Sri Lanka» aus dem Jahre 1994 über die Einschätzung der «Interessen eines Wasserkraftbetreibers am
Verein für umweltgerechte Energie» aus dem Jahre 2000 bis zum Bericht über das Vorzeigeprojekt der «Dynamisierung des Restwassers im Spöl» im Jahre 2005. Die Geschäftsstelle des SWV und die Redaktion der Zeitschrift «Wasser Energie Luft» danken Peter Molinari für das langjährige Engagement und die wertvollen Beiträge. Wir wünschen ihm alles Gute im neuen Lebensabschnitt und freuen uns auf weitere Begegnungen an Veranstaltungen des SWV. Roger Pfammatter, SWV
Michael Roth neuer Direktor der Engadiner Kraftwerke AG und weiterhin Vorstandsmitglied im SWV Per Anfang November 2013 wird Michael Roth als neu gewählter Direktor der Engadiner Kraftwerke AG (EKW) die Nachfolge von Peter Molinari antreten und die Geschäftsführung der EKW übernehmen. Michael Roth war bereits als Vertreter der Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz) im Vorstand des SWV engagiert und wird diese Tätigkeit als Vertreter der EKW fortführen. Im Hinblick auf die Pensionierung von Peter Molinari per Ende Oktober 2013 hat der Verwaltungsrat der Engadiner Kraftwerke AG (EKW) bereits Ende 2012 Michael Roth zum neuen Direktor gewählt. Michael Roth ist diplomierter Elektroingenieur ETH, 38 Jahre alt und verheiratet. Er ist per 1. September 2013 bereits bei den EKW eingetreten und wird die Geschäftsführung am 1. November 2013 übernehmen.
Michael Roth Michael Roth arbeitete vorher beim Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz). Dort war er als Mitglied der Geschäftsleitung für die Stromproduktion und den Energiehandel zuständig. Zu seinem Verantwortungsbereich gehörten unter anderem die
«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
in seinem Buch nach, wie es innerhalb weniger Wochen nach Fukushima zu dieser politischen Spitzkehre kam, ob und wie die neuen Strategien in die globale Klima- und in die europäische Energiepolitik passen und was in dieser «grossen Kiste» tatsächlich verpackt ist. Und vor allem: wie Staat und Politik die Bevölkerung und Wirtschaft für diese «Quadratur des Kreises» gewinnen wollen. Ab Herbst/Winter 2013 sollte das Schweizer Parlament über die Vorlage des Bundesrats beraten. Später wird das Volk zu Wort kommen. Lundsgaard-Hansen formuliert zehn Thesen für eine «Energiestrategie 2050» mit mehr Chancen und weniger Risiken. (NZZ Libro)
L ite i te r atur Energiestrategie 2050 – das Eis ist dünn Jens Lundsgaard-Hansen, Energiestrategie 2050 – das Eis ist dünn. Die Schweiz und Deutschland auf neuen Wegen, 2013, 258 Seiten, broschiert, Format 15×22 cm, CHF 42.–/ € 37.–. NZZ Libro, Postfach, CH-8021 Zürich www.nzz-libro.ch
Geodäsie für die Überwachung von Stauanlagen – Empfehlungen STK Publikation: Juni 2013, Hrsg: Schweizerischeres Talsperrenkomitee (STK), Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung, 76 Seiten inklusive Anhang, Bezug: als Download auf der Webseite des STK: www.swissdams.ch
darf der Erstellung von entsprechenden Pflich-tenheften, was ein klares Verständnis sowohl des Geodäten von den Erwartungen des Bauingenieurs wie auch des Bauingenieurs von den Anforderungen an die Geodäsie voraussetzt. Die Empfehlungen sollen die Anlagebetreiber bei der Auswahl ihres Geodäten unterstützen, den Geodäten bei der Wahl von Messinstrumentarium und Verfahren helfen und die Anforderungen an Messnetz, technische Ausrüstung, Auswertung und Berichterstattung festhalten. Es handelt sich um einen neu erarbeiteten und publizierten Bericht des Schweizerischen Talsperrenkomitees (STK). Die zum Thema bereits früher publizierten zwei Berichte haben weiterhin ihre volle Gültigkeit: «Geodätische und photogrammetrische Deformationsmessung für die Überwachung der Stauanlagen» (1993/1997) und «Messanlagen zur Stauanlagenüberwachung: Konzept, Zuverlässigkeit und Redundanz» (2007). Diese sind nach Bedarf ebenfalls beizuziehen und können gleichenorts bezogen werden. (STK/Pfa)
Projekt Hochwasserschutz Linth 2000 – Tagungsband
Der Bundesrat spricht von einem «Paradigmawechsel», Bundesrätin Doris Leuthard von einer «grossen Kiste» und der deutsche Umweltminister Peter Altmaier von der «grössten wirtschaftspolitischen Herausforderung seit dem Wiederaufbau». Die Veränderungen sind fundamental, gemeint die deutsche «Energiewende» und die Schweizer «Energiestrategie 2050». Ausstieg aus der Kernenergie, 50 Prozent weniger Energieverbrauch und radikale Klimapolitik, so lautet die Schweizer Kurzformel. Jens Lundsgaard-Hansen zeichnet
Geodätische Methoden zur Bestimmung von Lage- und Höhenänderung sind längst zu einem integralen Bestandteil der Stauanlagenüberwachung geworden. Diese werden in der Regel weder vom Werkpersonal noch von den für die Stauanlagen verantwortlichen Bauingenieuren, sondern von besonders ausgebildeten Geodäten geplant und angewandt. Eine enge Zusammenarbeit mit den Bauingenieuren ist aber zentral, da letztere die benötigten Messgrössen definieren und schliesslich auch die Messresultate bezüglich des Verhaltens einer Anlage analysieren. Es be-
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CHF 48.–, inkl. CD mit allen Tagungsbeiträgen als PDF, Umfang, 412 Seiten, ISBN: 978-3-85724-030-0, Bestellformular: www.linthwerk-symposium.ch (Linthwerk)
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Kraftwerke in Mittelbünden und im Bergell. Zudem war er als Verwaltungsrat für zahlreiche Kraftwerksgesellschaften, an denen die Stadt Zürich beteiligt ist, tätig. Michael Roth war bereits als Vertreter des ewz im Vorstand des SWV engagiert. Er wird diese Tätigkeit nun als Vertreter des EKW weiterführen. Die Geschäftsstelle des SWV gratuliert Michael Roth zur Wahl als Direktor der EKW und freut sich auf die weiterhin bestehende Zusammenarbeit im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit für den SWV. Roger Pfammatter, SWV
Nachrichten
Technische Hydromechanik, Band 1: Grundlagen
Form von Formelansätzen, Beiwerten und Kennzahlen auch ein bewährtes Nachschlagewerk in der täglichen Praxis. Zusammen mit Band 2 «Spezielle Probleme», Band 3 «Aufgabensammlung» und Band 4 «Hydraulisch und numerische Modelle» liegt mit der Reihe «Technische Hydromechanik» ein umfassendes Lehrwerk auf dem Gebiet der Wassertechnik/Wasserwirtschaft vor. (Beuth Verlag GmbH)
Merkblatt DWA-M 1002 Anforderungen an die Qualifikation und die Organisation von Betreibern von Talsperren und anderen grossen Stauanlagen
Beuth Wissen von Dr.-Ing. habil. Gerhard Bollrich, 7., überarbeitete Auflage 2013, 449 Seiten, A5, gebunden. 58.– EUR, ISBN 978-3410-23481-4. Auch erhältlich als E-Book im Download: 58.– EUR E-Kombi (Buch + E-Book): 75.40 EUR www.beuth.de/sc/hydromechanik-1 Der Klassiker jetzt neu Das seit vielen Jahren bekannte und bewährte Fachbuch erklärt kompetent und nachvollziehbar die Grundlagen der Hydromechanik. Behandelt werden die Gesetzmässigkeiten des ruhenden und fliessenden Wassers sowie Ansätze und Formeln für deren Erfassung und hydraulische Berechnung. Dabei werden die Kraftwirkungen ruhender Flüssigkeiten und die Strömungsvorgänge an wasserwirtschaftlichen Anlagen und Bauwerken betrachtet. Gegenüber der vorhergehenden Auflage wurden einige Änderungen und Ergänzungen aufgenommen, die sich sowohl durch aktuelle Literatur, neuere Regelwerke der Wasserwirtschaft als auch durch Hinweise von Fachkollegen ergeben haben. Aus dem Inhalt: • Hydrostatik • Grundlagen der Hydrodynamik • Rohr- und Gerinnehydraulik • Abfluss aus Öffnungen, unter Schützen und an Überfällen • Ausgewählte instationäre Strömungsvorgänge. Das Buch ist nicht nur als studienbegleitende Literatur geeignet, sondern mit seinen wichtigen Berechnungsgrundlagen in 248
Juni 2013, 16 Seiten, ISBN 978-3-94296494-4, Ladenpreis: 29.– Euro, fördernde DWA-Mitglieder: 23.20 Euro Herausgeber und Vertrieb: DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V., Theodor-Heuss-Allee 17, De-53773 Hennef, Tel. 02242/872333, Fax 02242/872-100, info@dwa.de, DWA-Shop: www.dwa.de/shop Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) hat in Kooperation mit dem Deutschem Talsperrenkomitee (DTK), der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT) und der Arbeitsgemeinschaft der Trinkwassertalsperren (ATT) ein neues Merkblatt veröffentlicht, das Anforderungen an die Qualifikation des Betriebspersonals und die sicherheits- und betriebstechnische Organisation von Talsperren- und anderen grossen Stauanlagenbetreibern beschreibt. Mit DWA-M 1002 liegt die Grundlage für ein Technisches Sicherheitsmanagement (TSM) für diesen Bereich vor. Zur Umsetzung des «TSM-Stauanlagen» hat die DWA Leitfäden entwickelt, anhand
derer die Aufbau- und Ablauforganisation von Anlagenbetreibern überprüft werden kann. Der bestehende Ordnungsrahmen und die geltenden technischen Regeln bilden die Grundlage für die im Merkblatt formulierten Anforderungen. Wesentliche Voraussetzungen für die Einhaltung der gesetzlichen und technischen Anforderungen bei Planung, Bau, Betrieb und der Instandhaltung von Stauanlagen sind • eine sach- und ordnungsgemässe Aufgabenerledigung, • eine sozialkompetente und weitsichtige Führung, • ausreichendes und qualifiziertes Personal, • wirksame Qualitätssicherungsmassnahmen, • ausreichende Finanzmittel und wirtschaftliches Handeln und • eine ständige Weiterentwicklung. Das Merkblatt ist für Talsperren (DIN 19 700, Teile 10 und 11) konzipiert. Insbesondere für grosse Talsperren wird seine Anwendung empfohlen. Eine Anwendung auch für andere Stauanlagen wie Hochwasserrückhaltebecken (DIN 19 700, Teil 12), Staustufen (DIN 19700, Teil 13), Pumpspeicherbecken (DIN 19700, Teil 14) oder Sedimentationsbecken (DIN 19 700, Teil 15) ist grundsätzlich möglich. Der jeweiligen Stauanlagenart geschuldete Besonderheiten sind bei der Überprüfung und Beurteilung der Anforderungen zu berücksichtigen. DWA-M 1002 richtet sich an Stauanlagenbetreiber, Consulting-Gesellschaften, Wasserwirtschaftsverwaltungen, Kommunen und Länderverwaltungen, um sie darin zu unterstützen, einen sicheren, umweltgerechten und wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. (DWA)
Die Themen der deutschen «Wasserwirtschaft» 7–10/2013 • Verwaiste Schifffahrtswege – Herausforderung und Chance Andrea Hartmann, Juliane Tack, Detlef Sönnichsen, Winfried Meyer • Die Bundeswasserstrassen als Energiespeicher – Potenzial und Herausforderungen Thomas Weiss, Stephan Mattner, Florian Grumm, Detlef Schulz • Wasserkraftwerke und Architektur Max Rieder • Betriebsbereiche und Wirkungsgrade der Wasserkraftschnecke Alois Lashofer, Werner Hawle, Bernhard Pelikan
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Betriebsarten von Wasserkraftschnecken Dirk Michael Nuernbergk, Alois Lashofer, Werner Hawle, Bernhard Pelikan Experimentelle Untersuchungen an einem Wasserwirbel-Kraftwerk Franz Mühle, Christoph Rapp, Oliver Mayer Entwicklung kleiner Pumpturbinen – Vorteile eines modularen Ansatzes Philipp Unterberger, Eduard Doujak, Christian Bauer Grizzly-Rechen – eine innovative Technologie für Wasserfassungen Adolf Dengg Wasserkraft und/oder Naturschutz? – Variantenuntersuchung zur Sanierung der Unteren Salzach Michael Spannring, Michael Hengl, Klaus Michor, Reinhard Schaufler, Tilmann Zinsser Flussrückbau und Sohlenstabilisierung am Beispiel der Oberen Drau Helmut Habersack, Mario Klösch, Bernadette Blamauer Die Obere Drau in Kärnten – ein Beispiel für Hochwasserschutz mit Mehrwert Klaus Michor Das grenzüberschreitende EuphratTigris-Becken Ünal Öziş, Yalçın Özdemir, Türkay Baran Hochwasserschutz für New Orleans – acht Jahre nach Katrina Reinhard Pohl
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RFID-Monitoring-System zur Identifizierung von Lachsen in der Rur Thomas Waaden, Christoph Degen, Rainer Kufferath Automatisierte Tiefenprofilmessung zur Wassergütesteuerung in Trinkwassertalsperren Lothar Scheuer, Hubert Scholemann, Rolf Liebig, Helge Klopsch, Wolfram Merz Tiefenwasserbelüftung in der Heilenbecketalsperre Niklas Lücke Verschneidung von Airborne Hydromapping und Fächerecholotvermessung bei Rheinfelden Ramona Baran, Wolfgang Dobler, Frank Steinbacher, Marcel Ritter, Manfred Niederwieser, Werner Benger, Markus Aufleger Detaillierte Vermessung von Gewässersohlen mit dem Fächerecholot Jürgen Trenkle, Jürgen Peregovits Analyse der Porenwasserdruckmessungen am Sylvensteindamm während des Schlitzwandbaus 2012 Andreas Bauer, Tobias Lang, Gregor Overhoff, Theodor Strobl Ein einfaches Verfahren zur Wertermittlung in Hochwasserrisikoana-lysen Martin Gocht Wasserkraft in Baden-Württemberg – Stand und technische Entwicklungen Albert Ruprecht Hochwasserschutz contra Wasser-
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kraft – ein unlösbarer Konflikt? Jürgen H. R. Küenzlen, Dieter Lind Wasserkraftpotenzial einfach und effizient nutzen: StreamDiver®-Technologie von Voith Jörg Lochschmidt, Bernd Junginger Nutzung kleiner Fallhöhen – ein Beitrag aus Forschung und Entwicklung Matthias von Harten, Shakun Paudel, Nicole Saenger Strömungsverhalten in wassergeschmierten Axial- und Radialgleitlagern Oliver Kirschner, Konstantinos Loakimidis, Albert Ruprecht Fischschutz und Fischabstieg im Dialog – Forum «Fischschutz und Fischabstieg» Stephan Naumann, Stephan Heimerl Ethohydraulik – Grundlagen, Einsatzmöglichkeiten, Befunde Boris Lehmann Neubau der Wasserkraftanlage Willstätt mit Fischschutz und vollständiger Fischwechselanlage Gereon Hermens, Ulrich Dumont Die fischfreundliche Turbine – ein innovativer Lösungsansatz R. J. Meijnen, Thomas Grünig Die Wasserkraftanlage Leerstetten am Main-Donau-Kanal Dieter Wirth Simulation von Gezeitenströmungen zur Standortanalyse und Bestimmung vorhandener Potenziale Andreas Ruopp, Philipp Daus
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Schweizerische Fachzeitschrift für Wasserrecht, Wasserbau, Wasserkraftnutzung, Gewässerschutz, Wasserversorgung, Bewässerung und Entwässerung, Seenregulierung, Hochwasserschutz, Binnenschifffahrt, Energiewirtschaft, Lufthygiene. Revue suisse spécialisée traitant de la législation sur l’utilisation des eaux, des constructions hydrauliques, de la mise en valeur des forces hydrauliques, de la protection des eaux, de l’irrigation et du drainage, de la régularisation de lacs, des corrections de cours d’eau et des endiguements de torrents, de la navigation intérieure, de l’économie énergétique et de l’hygiène de l’air. Gegründet 1908. Vor 1976 «Wasser- und Energiewirtschaft», avant 1976 «Cours d’eau et énergie» Redaktion: Roger Pfammatter (Pfa), Direktor des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes Layout, Redaktionssekretariat und Anzeigenberatung: Manuel Minder (mmi) ISSN 0377-905X Verlag und Administration: Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband, Rütistrasse 3a, CH-5401 Baden, Tel. 056 222 50 69, Fax 056 221 10 83, http://www.swv.ch, info@swv.ch, E-Mail: r.pfammatter@swv.ch, m.minder@swv.ch, Postcheckkonto Zürich: 80-32217-0, «Wasser Energie Luft», Mehrwertsteuer-Nr.: 351 932 Inseratenverwaltung: Manuel Minder · Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband (SWV) Rütistrasse 3a · 5401 Baden · Tel. 056 222 50 69 · Fax 056 221 10 83 · E-mail: m.minder@swv.ch Druck: Binkert Buag AG, Baslerstrasse 15, CH-5080 Laufenburg, Tel. 062 869 74 74, Fax 062 869 74 80 «Wasser Energie Luft» ist offizielles Organ des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV) und seiner Gruppen: Associazione Ticinese di Economia delle Acque, Verband Aare-Rheinwerke, Rheinverband und des Schweizerischen Talsperrenkomitees. Jahresabonnement CHF 120.– (zuzüglich 2,5% MWST), für das Ausland CHF 140.–, Erscheinungsweise 4 pro Jahr im März, Juni, September und Dezember Einzelpreis Heft, CHF 30.–, zuzüglich Porto und 2,5% MWST
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«Wasser Energie Luft» – 105. Jahrgang, 2013, Heft 3, CH-5401 Baden
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