1. Ausgabe 2009

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magazin für schule und studium

Engagiert

Adina Rom redet Klartext vor der UNO

Motiviert

Marilen Dürr entwirft coole T-Shirts

Talentiert

01.2009

www.tango-online.ch

Guptara-Zwillinge landen einen Bestseller

Traumjob

Topmodel?

Ein Kurztrip nach New York, ein Fotoshooting in Paris – doch auf dem Laufsteg wird einem nichts geschenkt


Sie haben ein Ziel. Hier ist der Start.

7. April nächster Infotag

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das f채ngt ja gut an

Das Foto stammt vom 28-j채hrigen Fotok체nstler Mladen Penev. In seinen Arbeiten setzt er sich immer wieder kritisch mit der Konsumgesellschaft auseinander. Mehr von Mladen gibts auf Seite 66.

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inhalt

ENGAGIERT Die 20-jährige Schneiderin Silvia Mettler träumte schon immer ein

topstory

22 GLAMOURÖS Traumjob Topmodel

report

19 TRENDIG

mal davon, in einem Land der Dritten Welt zu leben. Als sie davon hört, dass in einer Schneiderinnenschule in Togo eine Praktikantin gesucht wird, bewirbt sie sich. Die Grosszügigkeit der Einwohner, die selbst kaum etwas besitzen, berührt sie: «Die ganze Dorfbevölkerung begrüsst mich mit Trommeln und Rasseln. Mir wird das komfortabelste Bett im Dorf angeboten.»

A wee bit of fashion and fair trade

38 ENGAGIERT Schweizer „Youth Rep“ haben an der UNO etwas zu sagen

reportage

45 TOGO Erdnüsschen zum Zmorge, Maisbrot zum Znacht

49 RUMÄNIEN Haus Nummer 11

portrait

52 TALENTIERT Zwei Brüder, eine Geschichte

kurzgeschichte

14 AUSGEHEN

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Eine Party voller Spass 17 TANZEN Wochenende

32 FARBLOS Gelb

TRENDIG

36 KINDERSOLDAT Der Feind

Seit knapp zwei Jahren gibt es «aweebit.ch», ein trendiges

56 FÜGUNG Taucher

sind zwischen 16 und 23. «Von allem Anfang an war für uns

59 GLÜCKSGEFÜHL

wollen, sondern dass unsere Textilien auch umweltgerecht

Aus der Ferne und doch so nah

lyrik

T-Shirt-Label aus Basel. Die sieben kreative Köpfe dahinter klar, dass wir nicht nur coole und preiswerte Ware anbieten und zu fairen Bedingungen hergestellt werden müssen», sagt Marilen Dürr, kreativer Kopf des Unternehmens.

60 MUNDART + Co. Wortspielereien

umfrage

12 NUR EINE FRAGE Was musst du unbedingt noch erleben?

service

8

planet tango

humor

4 DAS FÄNGT JA GUT AN Mladen Penev 66 DAS HÖRT JA GUT AUF Mladen Penev

34 aufruf

10 impressum 6

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ciao Die Fragen, die Adina Rom seit langem beschäftigen, haben globale Dimensionen: Welche Antworten gibt es auf gewaltsame Konflikte, Armut und Hunger oder die Klimaerwärmung? Und was kann man als junger Mensch dagegen tun? Adina fand einen vielversprechenden Ansatz: Sie setzt sich als «Youth Rep» dafür ein, dass die Jugend eine Stimme in der UNO hat. Die Worte, die die Zürcherin dann an die UN-Generalversammlung in New York richtete, waren unmissverständlich: «Fast die Hälfte der Jugendlichen dieser Welt müssen mit weniger als zwei Doller am Tag

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auskommen, sie leiden Not und können ihre Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken und Schafen nicht befriedigen, geschweige denn ihre Träume und Wünsche verwirklichen.» An einer Kundgebung mit dem

TALENTIERT

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon doppelte sie nach:

Zwei Brüder, eine Geschichte: Mit ihrem 720 Seiten starken Fantasy-Epos

«Es ist die Verpflichtung von uns allen, Rahmenbedin-

«Calaspia. Die Verschwörung» landen die in der Schweiz lebenden 20-Jähri-

gungen zu schaffen, die eine gerechtere Verteilung der

gen Zwillinge Suresh und Jyoti Guptara einen Bestseller. Nachdem sie an rund

Ressourcen ermöglicht.» Aber Adina redet nicht nur,

100 Lesungen das Buch vorgestellt haben, stellen sie nun an der Leipziger

sie handelt auch. Unter anderem gründete sie den

Buchmesse den zweiten Teil ihrer Triologie vor. tango porträtiert die beiden

Verein «Together Against Malaria» und versucht in

Schriftsteller.

Workshops, junge Mitstreiter/-innen im Kampf für eine bessere Welt zu finden. Mehr dazu auf Seite 38. Wir freuen uns über alle Einsendungen und Zuschriften, die wir erhalten! In tango darfst du die Themen aufgreifen, die dich besonders interessieren und betreffen. Wir brauchen dich. Ob als Geschichtenerzähler/-in, als Fotograf/-in, als Journalist/-in oder als Cartoonist/-in – in tango hat vieles Platz, vorausgesetzt, dein Beitrag ist gut geschrieben und auch für andere Schüler/-innen spannend. Beachte unseren Aufruf zum Mitmachen in der Heftmitte. Wir freuen uns auf deinen Beitrag! Markus Isenrich

GLAMOURÖS Ein Leben im Luxusloft, ein Kurztrip nach New York, ein Shooting für die «Vogue», eine Fashion Show mal schnell in Mailand oder Paris – wer wünschte sich nicht ein Leben à la «Germany’s next Topmodel»? Doch wer auf dem Laufsteg gross herauskommen will, muss viel Durchhaltewillen zeigen, erklärt Zineta Blank, Inhaberin der internationalen Agentur «Visage» in Zürich, die rund 150 weibliche und 70 männliche Models

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unter Vertrag. tango hat bei ihr nachgefragt und präsentiert einige Shoo-

Moni Rimensberger gestaltete tango. Gerne schaut sie sich Filme in Alternativkinos an, geniesst den Spaziergang zu oder von der Arbeit, um den Kopf zu lüften, ist ein Nachtmensch und findet das St.Galler Klosterbräu eines der besten Biere.

tingstars. 7


service

planet planet tango tango

Gut zu wissen

Warum summen Mücken? Das Geräusch hat einen tieferen Sinn – es geht um Sex. Das Geräusch der männlichen Mücken liegt bei einer Frequenz von etwa 600 Hertz. Dagegen kommen die Weibchen nur auf 550 Hertz, weil sie ein wenig langsamer mit den Flügeln schlagen und daher ein tieferes Geräusch erzeugen. Dieses Zeichen von Weiblichkeit wirkt auf Mückenmänner unwiderstehlich.

Betrug aufgedeckt Die 17-jährige Sabinne Langhart von der Kantonsschule Rychenberg brachte es ans Licht: Ein bekanntes Marktforschungsinstitut fälschte Umfragen. Die Schülerin arbeitete oft abends in einem Callcenter und erlebte dort Haarsträubendes. War es schwierig, für eine Telefonbefragung genug Personen zu finden, wurde sie von den Vorgesetzten angewiesen, Interviews zu frisieren oder gar zu erfinden. Weil sie zudem erkannte, dass die temporär angestellten Schüler/innen ausgebeutet wurden, verlangte sie bei ihrer Chefin eine Aussprache, wo sie aber nur abgekanzelt wurde. Die Gymnasiastin informierte daraufhin die Medien. Das Callcenter musste die Fälschungen zugeben, die Führungskräfte wurden entlassen.

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Rettung vor Ölkatastrophen? Fliessen grosse Mengen Öl aus einem Tanker ins Meer, kommt es zu einer Umweltkatastrophe. Daniel Duner, 21, aus Adligenswil, Flavio Wirth, 21, aus Ebikon und Matthias Zurmühle, 20, aus Buchrain haben nach einer Lösung gesucht und konnten nach rund einem Jahr Arbeit eine interessante Lösung präsentieren: Bei ihren praktischen Versuchen fanden die Jungforscher nämlich heraus, dass Schweröl mittels eines von ihnen entwickelten Vlies aus dem Wasser gefischt werden kann, denn das Öl klebt wie Honig an dem stoffartigen Gewebe. Am Computer entwickelten die drei Lehrlinge der Firma Schindler eine Konstruktion, die an Frachtschiffe montiert werden kann und dort das Öl abschöpft. Damit könnte bei Ölkatastrophen im Meer Soforthilfe geleistet werden, bevor sich das Öl verbreitet und grosse Schäden an der Umwelt anrichtet. Die Arbeit wurde von «Schweizer Jugend forscht» ausgezeichnet, nun steckt das Trio in Verhandlungen mit Interessenten.

Gut zu wissen

Warum wachsen Fussnägel langsamer als Fingernägel? Ganz einfach, weil die Füsse so weit weg sind vom Zentrum des Körpers. Nährstoffe brauchen länger, bis sie «da unten» angekommen sind, deshalb ist die Zellteilung dort langsamer und damit auch die Verhornung der Haut, aus der die Nägel entstehen. Fingernägel wachsen bis vier Millimeter im Monat, Fussnägel nur einen.

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rubrik impressum

planet tango

Verlag, Redaktion, Anzeigen tango magazin für schule und studium Postfach 2133 9001 St. Gallen Telefon 076 513 28 57 Fax 071 310 13 17 redaktion_tango@hotmail.com MitarbeiterInnen dieser Ausgabe Jeanine Ammann Marilen Dürr Eveline Hanns Christian Hug Markus Isenrich Anik Kohli Thomas Linke Silvia Mettler Rick Noack Mladen Penev Alexandra Preopudis Mirjam Richner Harun Roci Caroline Röhrl Michèle Schenker Veronica Scherrer Sarah Stucki Nadine Zybach Korrektorat

Peter Litscher

Gestaltung

Moni Rimensberger

Bild

Titelseite Yuri Arcurs istock.com

S.15 Nitrolaus photocase.com

S.16–17 Jan Ulrich photocase.com

S. 36 Jack Simanzik photocase.com

S. 45 Peeter Viisinaa istock.com

S. 56–57 Simon Gurney istock.com

S. 60, 61, 63 monopohl photocase.com

Druck

AVD Goldach Sulzstrasse 10 9403 Goldach

Auflage

26‘000 Exemplare

Abonnement Einzelausgabe: Fr. 5.– Jahresabonnement: Fr. 10.– Erscheinungsweise halbjährlich (15. März / 15. September) Redaktions- und Anzeigenschluss 15. Februar / 15. August

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Yes, we can Wer zum ersten Mal eine Matura-, Fach- oder Semesterarbeit schreibt, sitzt oft ratlos am Schreibtisch. Greenpeace hat nun einen handlichen Leitfaden und verschiedene Merkblätter zusammengestellt, um Schwierigkeiten zu meistern. Zudem gibt es eine praktische Themenliste für all jene, die sich mit ökologischen und umweltpolitischen Themen auseinandersetzen möchten. infoservice@greenpeace.ch


Fotos: Thomas Buchwalder/Schweizer Illustrierte, Andy Pfister, Pablo Faccinetto/Beobachter, ooyoo (istock.com), Douglas Allen (istock.com)

Was lange gärt, wird endlich gut Schon als 13-Jähriger versucht sich der Urstermer Andy Pfister als Bierbrauer: In Mutters Küche wird Emmer in der Kaffemühle geschrotet und anschliessend mit dem Bunsenbrenner zum Kochen gebracht. Um die Flüssigkeit vom Getreide zu trennen, nimmt er ein feines Baumwolltuch, durch das er den heissen Brei quetscht. Die Brüher versüsst er mit einem Kilo Zucker, gibt einen Klumpen Hefe dazu und füllt das Gebräu in Flaschen. Einige Tage später ist die Gärung abgeschlossen, Andy öffnet begeistert die erste Flasche: Ein Knall, eine weisse Schaumfontäne und die Flasche ist leer. Dafür tropft eine vergorene Mehlsuppe von der Küchendecke. Auch der zweite Versuch endet katastrophal, und das Bier überschwemmt die Garage. Enttäuscht gibt Andy das Brauen für den Moment auf und widmet sich anderen Hobbys. Doch nachdem er einige Motorräder revidiert, seine Begeisterung fürs Comiczeichnen entdeckt und die Schule abgeschlossen hat, zieht es ihn wieder in die Braustube. Diesmal mit Erfolg. Sein „Ustermer Schlossbräu“ verkauft sich bestens und trinkt sich noch besser. Womit der 17-jährige Polytechniker-Lehrling zum vermutlich jüngsten Bierbrauer der Schweiz avanciert ist.

Mutiger Fasnächtler rettet Leben Fasnacht in Luzern: Um 2 Uhr morgens zieht der eingefleischte Guggenmusiker Christian Lüthi mit seinen Kollegen durch die Gassen. Plötzlich hört er Schreie. Ein 16-Jähriger ist beim Pinkeln in den Fluss gefallen. Ohne zu zögern, springt der 22-jährige Automechaniker in die fünf Grad kalte Reuss. Eine Temperatur, die nach spätestens zehn Minuten lebensgefährlich wird. Lüthi gelingt es, den Jugendlichen zu packen und ans Ufer zu bringen. Für seinen beherzten Sprung ins kalte Wasser wurde er von der Zeitschrift «Beobachter» für den Prix Courage nominiert.

Ratsport Ratsport

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umfrage

N Nuur re i nee i Fnr aeg eF! Was musst du unbedingt noch erleben?

Manuel, 17, Luzern: «Den Rest meines Lebens!» Sonya, 17, Uster: «Ein Date mit Peach Weber.»

Trööx, 17, Villmergen: «…dass der FC Basel Konkurs geht. » Caaroo, 17, Kaiseraugst: «Ein Tag ohne Panne …»

Roman, 19, Ossingen: «Ein AC/DC-Konzert!»

Wofür bist du dankbar?

Aline, 17, Wittenbach: «Für die Erfindung von Schokolade.»

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Anja, 17, Zürich: «Für die Entwicklung des Grünzeugs.»

Sandra, 17, Sumvitg/ GR: «Für meine Lehrstelle.»

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Wann hast du dich zum ersten Mal so richtig alt gefühlt?

a g e !

Felix, 17, Gossau: «Bei der Geburt.»

Nikolina, 17, Zürich-Altstetten: «Als ich das Kind meines Cousins in den Kindergarten brachte.»

Sandro, 19, Wittenbach: «Als ich zum ersten Mal die AHV zahlen musste.» Linda, 17, Illnau: «Man ist doch so alt, wie man sich fühlt …» Enrico, 17, Baden: «Als ich mich das erste Mal rasiert habe.»

Wen würdest du gerne kennenlernen?

Welches ist das sportlichste Tier?

Didi, 18, Rapperswil: «Ich kenne alle, die ich kennen muss.»

Andreas Frey, 18: «Die Ente – sie schwimmt, läuft und fliegt.»

Vanessa, 17, Winterthur: «Mich selbst in 20 Jahren. Um zu sehen, ob ich Angst vor der Zukunft haben muss.»

Priska Halter, 17: «Der Windhund!»

Simon, 17, Zürich: «Mike Shiva – den würde ich ganz schön fertigmachen.»

Zafer Ünal, 19: «Die Ameise vielleicht?»

Christian Egli, 17: «Also beim Sex die Schildkröte, glaub’ ich …»

Cyrill Bochsler, 17: «Der Pavian – eindeutig»

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kurzgeschichte

Eine Party voller Spass

«Wie alt?», fragt ein kahler, breitschultriger Mann. «Achtzehn», lügst du, und diese Lüge erweist sich als deine Eintrittskarte.

Veronica Schärer Du wirfst deinen Bleistift absichtlich auf den Boden. Nun nimmst du auch den unschuldigen Radiergummi in deine vom Schreiben verkrampften Hände. Du beisst mit der ganzen Kraft deiner Zähne in den vom Radieren warmen Gummi, dann schmeisst du auch den vor deine Füsse und starrst gebannt auf den Boden. Du siehst das Parkett, das deine Eltern für dein Zimmer ausgesucht haben. Wie viele Stunden hast du wohl schon in diesem Raum damit verbracht, ein vernünftiger, fleissiger Mensch zu sein? Dein einige Jahre älterer Bruder steckt den Kopf zu dir ins Zimmer. Dein erster Gedanke ist es, ihn sofort wieder aus dem Raum zu verbannen, doch da steigt dir ein angenehmer männlicher Duft in die Nase. «Gehst du noch weg?», murrst du leise, um ihm kein Kompliment machen zu müssen. «Ja, komm doch mit, du siehst aus, als bräuchtest du eine Abwechslung», entgegnet dir dein Bruder,

«Toller Typ, der da», flüsterst du kichernd ins Ohr deiner Freundin, die du seit drei Minuten kennst. der heute gut aussieht. Du stehst auf, diese Bewegung deutet dein Bruder als Zustimmung. Er ruft nur noch: «In zehn Minuten in meinem Auto.»

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eine party voller spass

Du weisst gar nicht, warum du überhaupt eingestiegen bist, wahrscheinlich war es einfach dieses Verlangen, alles wenigstens für einen Augenblick zu vergessen, dein Gehirn auf Leerlauf zu schalten und irgendwo in ein Becken voller Spass zu springen und darin zu ertrinken.

diesem Raum haben einen Drink in der Hand, deshalb besorgst du dir auch einen. So passt du schon viel besser in die Szene. Du verlässt die schön geschmückte Bar und folgst der ohrenbetäubenden Musik. Vor dir räkelt sich ein riesiger menschlicher Apparat. Du siehst krei-

Wahrscheinlich war es einfach dieses Verlangen, dein Gehirn auf Leerlauf zu schalten und irgendwo in ein Becken voller Spass zu springen und darin zu ertrinken «Wie alt?», fragt ein kahler, breitschultriger Mann. «Achtzehn», lügst du, und diese Lüge erweist sich als deine Eintrittskarte und als dein Zugangscode für alle beliebigen Suchtmittel. Dein Blick schweift durch die Menge, als dein Bruder dich allein stehen lässt, da er einen seiner Freunde erblickt hat. Viele fröhliche Menschen. Du fragst dich, ob «fröhlich» gleich «glücklich» ist. Du verwirfst diese Frage bald wieder, genauso wie du all die kommenden Fragen nahezu abwürgst, die dir dein Kopf in dieser Nacht stellt. Alle frohen Menschen in

sende Arme, schüttelnde Köpfe und stampfende Beine. Die Neugier befällt langsam und fast unmerklich deinen Körper, sodass du dich nur mit kleinen, zögerlichen Schritten deinem Ziel näherst. Sobald du ein Teil des Apparats geworden bist, dringt die Musik in deinen Körper ein. Der Beat der rhythmischen Komposition wird eins mit dem schmerzenden Pochen deines nach Spass lechzenden Herzens. Dein Kopf beginnt sich nun auch zu schütteln, deine Arme zu schwingen und deine Füsse zu stampfen. «Das macht Spass», kreischst du

und winkst deinem Bruder mit breitem Grinsen zu. Doch ist das wirklich dein Bruder, der mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden liegt und seine Hände nach einem imaginären Gegenstand ausstreckt? «Toller Drink», gurrst du, und deine Augen werden glasig. Ein Gefühl von Unbesiegbarkeit und Mut steigt in dir hoch. Du fühlst dich unwiderstehlich und bewegst dich lasziv, weil du weisst, dass dies Reaktionen beim anderen Geschlecht auslöst. «Toller Typ, der da», flüsterst du kichernd ins Ohr deiner Freundin, die du seit drei Minuten kennst. Ein anderer streift plötzlich mit seiner rauen Hand über deine schneeweissen Beine. Jetzt wird dir zudem klar, dass du nirgends sonst so leicht einen Kuss bekommen kannst. «Hier ist es himmlisch», sagst du zu ihm, um etwas Abwechslung in die Küsserei zu bringen. Als du versuchst, seine Augenfarbe zu erkennen, sagt er in einem eindeutigen Ton:» Wenn es dir schon hier so gut gefällt, dann bringe ich dich jetzt an einen Ort, der diese Nacht unvergesslich für dich machen wird ...» Du stehst auf.

Veronica Schärer, 18, aus Küttigen, besucht die Alte Kantonsschule Aarau und möchte nach der Matura Medizin studieren. «Ich bin ein äusserst aktiver Mensch und möchte ständig in Bewegung sein oder Dinge in Bewegung bringen. Ein Zitat, das ich mir immer vor Augen halte: ‹Wer glaubt, etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden.›»

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Wochenende

Bildfetzen ziehen an mir vorbei, Farben vermischen sich. Völliges Loslassen vom Alltag, Vergessen der Realität. Sarah Stucki Tanze, Kind, tanze. Ich spüre meine Füsse nur noch knapp, mein Körper bewegt sich wie von allein. Ich bin nicht mehr ich, ich bin ein Teil der Musik, bin durchtränkt von ihr, atme und lebe sie. Bildfetzen ziehen an mir vorbei, Farben vermischen sich. Völliges Loslassen vom Alltag, Vergessen der Realität. Das ganze Universum ist ein vibrierendes Etwas, voller Leben und Energie. Alles ist in einer göttlichen Symmetrie angeordnet, alles hat einen Sinn, nichts ist umsonst. Ich schwinge auf einer höheren Ebene, gehe vollkommen in der Musik auf. Tanze Kind, tanze weiter. Vergesse alles Unwichtige. Da steht er plötzlich vor mir: «Hey, schöne Frau …», haucht er mir ins Ohr. Ich schaue in seine blaugrünen Augen … Blau-

grün. Wie ein See, so tief. Ich verliere mich darin, sehe in das Labyrinth seiner Seele. Hunderte von Gängen, verwirrend, unergründlich. Er streicht mit seiner weichen, feinen Hand meinen Körper entlang. Ein Kribbeln auf meiner Haut. Ich spüre, wie sie sich anschleicht, die Liebe, sich durch die Rippen schlängelt, mir ins Herz sticht, während es im Hinterkopf flüstert: «Er spielt mit dir, benützt dich, lass es sein!» Doch ich tauche wieder ein in die Harmonie aus Musik und seinem Körper an meiner Seite, fliege weit, weit weg an einen Ort der absoluten Glückseligkeit. Tanze, Kind, tanze … und träume schon wieder vom nächsten Wochenende.

Tanze Kind, tanze weiter. Vergesse alles Unwichtige.

Sarah Stucki, 19, aus Nussbaumen, besucht die Kantonsschule Wettingen. Sie interessiert sich für Kunstgeschichte, Musik und Literatur und sagt von sich: «Ich bin eine Querdenkerin, manchmal etwas kompliziert und stur, und mag es, über den Wolken zu schweben und sich über Gott und die Welt den Kopf zu zerbrechen.»

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report

A wee bit

of fashion and fair trade

Seit knapp zwei Jahren gibt es «aweebit.ch», ein trendiges T-ShirtLabel aus Basel. Die sieben kreativen Köpfe dahinter sind zwischen 16 und 23. «Von allem Anfang an war für uns klar, dass wir nicht nur trendige und preiswerte Ware anbieten wollen, sondern dass unsere Textilien auch umweltgerecht und zu fairen Bedingungen hergestellt werden müssen», sagt Marilen Dürr, kopf des jungunternehmens.

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a wee bit of fashion and fair trade

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Marilen Dürr Seit knapp zwei Jahren gibt es «aweebit.ch», ein trendiges T-Shirt-Label aus Basel. Dahinter stecken meine Brüder Frederick und Raoul, die Freunde Agnes Schubert, Nicolas Schmutz und Andreas Siegrist und ich selbst. Seit wir im Sommer 2007 unsere Ferien zusammen verbrachten und auf die Idee kamen, ein eigenes T-Shirt-Label zu gründen, designen wir in unserer Freizeit Shirts, Pullis und Hoodies. «A wee bit» ist ein schottischer Ausdruck und meint «ein ganz kleines bisschen». Der Name ist gut geeignet als Label für Klamotten mit unterschiedlichem Druck. Die ersten Shirts nannten wir zum Beispiel «a wee bit of music» oder «a wee bit different». Wir versuchen, möglichst coole und ausgefallene Motive zu entwerfen. Diese werden jeweils im ganzen Team diskutiert, verfeinert und für den Druck bearbeitet. Bis alle mit einem Motiv zufrieden sind, kann es ziemlich dauern, denn Raoul lebt mittlerweile in Berlin und Valentin in Neuenburg – aber die Diskussionen sind wichtig, und die Motive sollen ja auch ein breites Publikum ansprechen. Von allem Anfang an war uns klar, dass wir nicht nur trendige und preiswerte Ware anbieten wollen, sondern dass unsere Textilien auch umweltgerecht und zu fairen Bedingungen hergestellt werden müssen. Die Zusammenarbeit mit dem Label «Fruit of the Loom» ermöglicht dies, ist doch das Label bestrebt, die höchsten Umwelt- und Ethiknormen in

seinen weltweiten Betrieben um- und durchzusetzen. Zudem sind wir selber ganz begeistert von den stylishen Schnitten und modischen Farben ... Zunächst waren es nur unsere Freunde und Bekannte, die unsere Shirts bestellten und sie begeistert trugen. Aber der Erfolg kam schnell. Um unser Label besser bekannt zu machen, schmissen wir unter anderem eine «New Collection Party», an der gegen 200 Leute teilnahmen, von denen viele noch am selben Abend ihr erstes aweebit.ch-Shirt bestellten. Mit der Zeit wurden wir von verschiedensten Seiten immer häufiger nach neuen Motiven gefragt, erst recht seitdem man auf unserer Homepage die neue Kollektion ansehen und mit wenigen Mausklicks bequem bestellen kann. Nebst immer neuen Motiven haben wir in der Zwischenzeit auch das Sortiment erweitert. Neu bieten wir nun auch für Frauen Polo-Shirts und für Männer zweifarbige T-Shirts an, und bereits planen wir neue Überraschungen. Es gibt viel zu tun, aber genau deshalb macht uns unsere Arbeit so viel Spass!

Bis alle mit einem Motiv zufrieden sind, kann es ziemlich dauern.

Von oben links nach unten rechts: Agnes Schubert, 19, macht nach bestandener Matura erst einmal ein Zwischenjahr. Sie interessiert sich für Musik und Tanz. Andreas Siegrist, 23, absolviert ein Bachelorstudium Informatik an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Hobbys: Musik, Fotografieren, Astronomie. Nicolas Schmutz, 21, orientiert sich beruflich gerade neu. Seine Leidenschaft gilt dem Schlagzeugspielen in verschiedenen Bands. Frederick Dürr, 16, besucht das Gymnasium Leonhard in Basel. Ansonsten: Schlagzeuger in der Indie-Rock-Band «Wie like white shoes». Valentin Schubert, 18, besucht das Lycée Denis-de-Rougemont. Hobbys: Musik und Design. Marilen Dürr, 19, absolviert ein Bachelorstudium in Wirtschaft an der Uni Basel. Hobbys: Sport, Theater, Nähen. Raoul Dürr, 19, fehlt auf dem Foto, denn er weilt in Berlin. Er liebt Breakdance.

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topstory

«Der Weg zur Vernunft führt über das Herz» Rebekka Martic, 16

Foto: Nadine Ottawa

Die ruhige und sensible Gymnasiastin macht ganz vieles ganz gern: malen zum Beispiel oder Musik hören oder aber auf den Flohmarkt gehen oder in alten Vogue-Heften blättern. Klar, dass ihr neben der Schule wenig Zeit für sich selbst bleibt, deshalb beneidet sie auch ein wenig ihren Kater Alex, «der hat so ein unbeschwertes Leben». lhr Lebensmotto: «Der Weg zur Vernunft führt über das Herz.»

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Traumjob Topmodel? Ein Leben im Luxusloft , ein Kurztrip nach New York, ein Shooting für die «Vogue» – wer wünschte sich nicht ein Leben als Topmodel? Doch wer auf dem Laufsteg gross herauskommen will, muss klein anfangen und viel Durchhaltewillen zeigen, erklärt Zineta Blank, Inhaberin der internationalen Agentur «Visage». Anja Dällenbach und Rebekka Martic erzählen aus ihrem Model-Alltag.

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traumjob topmodel?

Interview: Harun Roci Frau Blank, Sie begegnen auf der Strasse einem wunderschönen Mädchen. Wie reagieren Sie? Es kann schon einmal vorkommen, dass mir ein Mädchen auf der Strasse auffällt und ich es anspreche. Dann frage ich gewöhnlich zuerst nach ihrem Alter und ob sie bereits Model ist. Wenn nicht, biete ich ihr meine Visitenkarte an, sodass sie sich bei Interesse bei mir melden kann. Sollte sie nicht volljährig sein, spreche ich mich mit den Eltern ab. Wie kommen sie sonst zu neuen Models? Wir bekommen das ganze Jahr hindurch Einsendungen. Dazu gibt es Empfehlungen von Bekannten. Welche Ratschläge geben Sie Ihren Nachwuchsmodels auf den Weg? Das Wichtigste ist, dass sie schnell realisieren, dass es sich beim Modeln um sehr harte Arbeit handelt. Ein Model soll also nicht nur gut aussehen, es muss auch Charakter und Persönlichkeit mitbringen. Es muss wirklich wollen und bereit sein, alles dafür zu tun. Bleibt da überhaupt Zeit für das Privatleben? Nur mit Einschränkungen, denn der Job bringt viel Stress und Forderungen mit sich. Wenn an einem Sonntag ein Casting für eine tolle Kampagne ansteht, dann muss das Model bereit sein, einen privaten Termin abzusagen – auch wenn

vielleicht der Freund Geburtstag hat ... Und wie sieht ein normaler Arbeitstag für die Inhaberin einer internationalen Agentur aus? Ab 9 Uhr bin ich in der Agentur und werde sie nicht vor 21 Uhr verlassen. Hinzu kommen Einladungen an Veranstaltungen oder zum Dinner. Während des Tages empfange ich häufig Models und Kunden, mache Medienarbeit, Telefone, checke Mails ... – Ich arbeite durchschnittlich an sechs Tagen in der Woche. Hört sich stressig, aber aufregend an. Pflegen Sie persönlichen Kontakt zu den Models, oder ist es eine Arbeitsbeziehung? Ich lege sehr viel Wert auf die persönliche Betreuung meiner Models. Das ist mir sehr, sehr wichtig. Was ist Ihr berufliches Ziel? Ich würde gerne einmal eine Agentur in New York leiten. New York ist die Stadt der Träume und wo Träume wahr werden. Wenn man den Durchbruch in New York geschafft hat, hat man es überall geschafft.

Die gebürtige Kroatin Zineta Blank arbeitete jahrelang als Model. Seit 12 Jahren leitet sie die Modelagentur Visage in Zürich. Sie hat rund 150 weibliche und 70 männliche Models unter Vertrag.

Harun Roci, 18, aus Rorschach, blickte im Rahmen einer Projektwoche seiner Schule hinter die Kulissen von «Visage». Der Wirtschaftsmittelschüler sagt von sich: «Ich bin eine sehr offene, kreative, ehrgeizige, und spontane Person, die viel lacht und das Leben in vollen Zügen geniesst.».

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TA N G O - FA C T S Jedes Jahr wird ein frisches Gesicht zum Schweizer Ford Supermodel gewählt. Während der männliche Gewinner einen Modelvertrag bekommt, darf die Gewinnerin des Wettbewerbs die Schweiz am grossen Weltfinale in New York vertreten und hat dabei die Chance auf einen Kontrakt über 250'000 Dollar. Leute wie Christy Turlington, Jerry Hall oder die Schweizerin Jennifer Ann Gerber begannen ihre Karriere auch mit diesem Wettbewerb. – Visage hat rund 150 weibliche und 70 männliche Models unter Vertrag. Interessent(inn)en können sich direkt bewerben: www.visage.ch


«Manchmal hinkt die Seele etwas hinterher» Denise Rombouts, 22 «Blick» jubelte kürzlich: «Sie hat das Gesicht einer Kate Hudson, die Beine einer Nadja Auermann und die Magie einer Kate Moss: Kein Wunder ist Denise Rombouts der kommende Stern am internationalen Modelhimmel.» Die 22-jährige Schaffhauserin liebt jedenfalls ihr Leben als Model, «denn das Stadtleben, das Abenteuerlustig-Freakige, die Reisen und die Feiern passen zu mir». Obwohl sie auch zugibt: «Bei den vielen Reisen hinkt meine Seele manchmal etwas hinterher.» 25


traumjob topmodel?

«Ich bin süchtig nach Kaugummis» Anja Dällenbach, 20 «Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich», sagt die Bernerin, die vor drei Jahren zum Schweizer Ford Supermodel gewählt wurde und am Weltfinale in New York teilnahm. Die Journalistin, die sich als «ein bisschen schüchtern und total chaotisch, aber mit grossem Herz» charakterisiert, bewundert ihre besten Freundinnen, «weil sie aus jeder Situation das Beste machen und sich nie unterkriegen lassen».

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Anja Dällenbach:

«Ich kam mir total überflüssig vor»

Foto: Stella del Monaco

Eines meiner prägendsten Erlebnisse im Model-Business war mein erster Auslandaufenthalt. Ich war damals 17 Jahre alt und ging für die Fashion Week nach Mailand. Weil ich total unerfahren war, begleitete mich meine Agentin. Wir fuhren ganz unglamourös mit dem Zug und ich versuchte die ganze Reise lang vergeblich zu schlafen. Natürlich war ich viel zu aufgeregt. Auch die Erklärungen, wie ich mir meinen knapp zweiwöchigen Aufenthalt vorstellen musste, halfen nicht, meine Unruhe zu vertreiben. Im Gegenteil, ich brannte darauf, endlich in die fantastische Modewelt einzutauchen und eine sensationelle Karriere zu starten. Endlich in Mailand angekommen, schnappten wir uns ein Taxi und fuhren auf direktem Weg zu einer der renommiertesten Agenturen Italiens. Voll bepackt mit unseren Koffern, kamen wir in dem sonnendurchfluteten Büro an. An den Wänden hingen grosse Bilder von Topmodels, die die Agentur förderte, und in der Mitte sassen an mehreren Tischen eifrig telefonierende Agenten. Die Agenturchefin begrüsste mich herzlich und stellte mich den andern vor, die mich mit derselben ehrlichen Freude empfingen. Ich war überglücklich, hatte aber gleichzeitig auch unglaubliche Angst. Die unzähligen Setkarten, die alphabetisch geordnet in Regalen standen, waren viel besser als meine, vor allem aber schüchterten mich die Models ein, die im Warteraum auf schwarzen

Ledersofas sassen. Sie unterhielten sich auf Englisch, blätterten in der neusten Vogue oder zeigten sich gegenseitig ihre Fotomappe. Plötzlich hatte ich das Gefühl, am völlig falschen Ort zu sein. Die Mädchen sahen so toll und erfolgreich aus, und ich wollte genau so sein wie sie. Als ein Agent mich vermessen und meine Mappe neu geordnet hatte, fuhr mich ein extra dafür angestellter Fahrer zu einem zentral gelegenen Appartement. In der spärlich eingerichteten Bleibe wohnten fünf Models. Das Schlafzimmer teilte ich mit zwei von ihnen. Als ich endlich eingerichtet war, lag ich erschöpft auf dem Bett und hätte am liebsten geschlafen. Aber nichts da: Draussen wartete der Fahrer, um mich zurück in die Agentur zu fahren. Dort erhielt ich eine Liste mit Castings, die ich noch am selben Tag erledigen musste. Erst spätabends kam ich ins Appartement zurück und fiel todmüde ins Bett. Jeder der zehn Tage sah nun ähnlich aus: Mit einem Stadtplan in der Hand, der Fotomappe und Highheels in der

grossen Tasche hetzte ich von einem Casting zum anderen, und da Fashion Week war, gab es zum Teil mehr als zehn pro Tag ... Und manchmal waren so viele Models an einem Casting, dass man eine Stunde warten musste, um den Designer zu sehen. Ich beobachtete die Girls, wie sie in den Gängen standen und sich mit den verschiedensten Beschäftigungen die Zeit vertrieben. Zwischen den vielen jungen und selbstsicheren Frauen kam ich mir total überflüssig vor, und die vielen Absagen, die ich erhielt, trugen nicht gerade zur Stärkung meines Selbstbewusstseins bei. Nach den ersten Tagen in Mailand wurde mir so richtig bewusst, wie schwer das Modeln wirklich ist. Es gibt so viele Mädchen da draussen, die ihr Glück in den Modemetropolen suchen, und die für den Job eine Menge Opfer erbringen. Dass jemand einfach so eine sensationelle Karriere startet, geschieht äusserst selten und ist eigentlich fast nicht möglich. Alle fangen unten an, in einem spärlich eingerichteten Appartement, und hoffen darauf, den Glamour zu erleben, den sie alle für die schwere Arbeit verdienen würden.

Plötzlich hatte ich das Gefühl, am völlig falschen Ort zu sein.

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traumjob topmodel?

«Ts Läbä isch kes Güetzi, aber ...» Eglé Peterson, 18 «Ts Läbä isch kes Güetzi, aber dri bissä müesch glich», sagt die zielstrebige und selbstbewusste Berner Oberländerin Eglé Peterson, die bald ihre Bürolehre abschliessen wird. Sie hofft, dann mehr Zeit für ihre Hobbys zu haben – denn Mode, Musik, Sport und Reisen sind ihre wahre Leidenschaft.

«Ich habe immer zwei ipods bei mir» Raquel Alvarez, 23 Meine Marotte? «Ich habe immer zwei iPods bei mir, damit ich sicher nie ohne Sound unterwegs sein muss», grinst die schöne Bernerin Raquel Alvarez, die es in der Model-Castingshow «Germany’s Next Topmodel» fast ganz nach oben schaffte. «Mein Leberfleck und das Peace-Zeichen gehören zu mir», sagt die wandelbare Studentin, deren Lebensmotto lautet: «Wie man in den Wald hineinruft, so schalllt es heraus.»

«Lebe jeden Tag so, als wäre es dein letzter!» Anouk Manser, 21 Ohne Klamotten, dafür mit Tasche: So lässt sich das die schöne Baslerin für Valentino ablichten. Zuvor hat sie schon für Labels wie Benetton oder Armani gearbeitet. Als Model muss sie auf vieles verzichten. Trotzdem ein Traumberuf? «Ich liebe es, mich oft zu verwandeln und zu reisen. Jeden Tag ins Büro zu gehen, wäre nichts für mich», sagt die Absolventin der Schweizerischen Textilfachschule, die sich als «direkt, ehrlich, temperamentvoll und ein bisschen schusselig» bezeichnet. 28


«mein vorbild? Giselle Bündchen» Rayane Wechler, 16 Rayane Wechler wagte bereits als 15-Jährige ihre ersten Schritte im Modelbusiness. «Ich bin zielstrebig, kontaktfreudig und geniesse mein Leben in vollen Zügen. In meiner Freizeit bin ich sehr sportlich, schwimme, snowboarde und tanze sehr gerne. Mein Vorbild ist das brasilianische Topmodel Giselle Bündchen», sagt die Sekundarschülerin.

«ein tag ohne lachen ist ein verlorener tag» Jasmin Ploder, 17

Fotos: Eric Kiss, Serat Bunjaku, Foto Solar

Ihre Lehre musste Jasmin Ploder abbrechen, nachdem sie bereits als 15-Jährige zum Schweizer Ford Supermodel gekürt worden war und immer häufiger für Fotoshootings, Modeschauen oder Werbespots in New York, Mailand und Paris gebucht wurde. Und, Jasmin, welche Eigenschaften musstest du dir aneignen, um in der Modewelt bestehen zu können? «Disziplin und Durchhaltewillen. Man ist sehr oft auf sich allein gestellt und muss sich überall in der Welt zurechtfinden. Ganz selbstverständliche Eigenschaften wie Pünktlichkeit und Freundlichkeit gehören natürlich auch dazu. Ich bin jedenfalls immer für einen Spass zu haben.»

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traumjob topmodel?

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Rebekka Martic:

«Am Set erwartete mich eine traurige Überraschung» Als ich dreizehn Jahre alt war, wurde ich zufällig von meiner heutigen Agentin Zineta Blank beim Shopping angesprochen, ob ich Model werden möchte. Ich war ziemlich verblüfft, weil ich noch ein halbes Kind war und mir das eigentlich noch nie überlegt hatte. Ich sprach zuerst mit meinen Eltern darüber und nahm erst nach etwa einem Monat Bedenkzeit die Visitenkarte in die Hand, um mich bei der Agentur zu melden. Wenn ich heute an die Anfänge zurückdenke, erinnere ich mich zuerst an meinen ersten Auftrag: ein Covershooting in Genf, das in einer Migros-Filiale stattfand. Ich stand da in hohen Schuhen, gestylt bis in die Haarspitzen. Um mich herum kichernde Mädchen und verwirrte Männer ... Kurze Zeit später lief ich meine ersten Shows. Bei der Ankleideprobe hatte ich starke Schmerzen in meinem Fuss. Den ganzen Abend ignorierte ich es, bis es nicht mehr auszuhalten war. Jetzt erst erkannte ich, dass mein Fuss stark blutete, da der Nagel des Absatzes nicht richtig eingesetzt war. Doch die Show musste weitergehen. Später am Abend bekamen wir Masken oder farbigen Brillen aufgesetzt. Mit der Bril-

le konnte ich nur sehr verschwommen sehen, was nicht weiter schlimm gewesen wäre, hätte ich keine Zwölf-Zentimeter-Absätze getragen ... In diesem Geschäft muss man lange warten können. Es kann durchaus passieren, dass die Fotografin eben mal schnell telefonieren geht und daraus drei Stunden werden. Oder dass man einen halben Tag zu früh ans Set bestellt wird. Das Schlimmste, was ich bisher erlebt habe, war, als ich für einen Job vorerst nicht gebucht wurde und man mich am Tag des Shootings anrief, ich solle sofort kommen. Was mich am Set erwartete, war aber alles andere als erfreulich: Das Model, das ausgewählt worden war, stand vor mir und weinte. Ich wurde in einen Nebenraum geschickt und man sagte mir, dass sie ihre Sache nicht gut genug gemacht habe. Da die Bilder am gleichen Tag noch im Kasten sein mussten, stand ich ziemlich unter Druck, und ich musste immer wieder an das andere Mädchen denken. Diesen ganzen Tag hatte ich deswegen ein seltsames Gefühl, aber ich versuchte trotzdem professionell zu sein. Meine letzte Reise führte mich nach

Foto: Nadine Ottawa

Man darf in dieser oberflächlichen Welt nicht immer alles ganz ernst nehmen.

London, ich war gerade 16 geworden. Das Shooting war eine tolle Erfahrung, denn ich war so, wie ich bin, ein bisschen burschikos und wild, und versuchte nicht, jemand anderes zu sein. Ich bin der Meinung, man muss sich in dieser oberflächlichen «Welt» selber treu bleiben, um Erfolg zu haben, und nicht immer alles ganz ernst nehmen. Dies zeigte sich erst recht beim Rückflug: Meine Agentin und ich konnten nicht wie geplant am selben Abend zurückfliegen, weshalb wir in ein Hotel am anderen Stadtrand verfrachtet wurden. Als wir nach einigen Stunden dort angekommen waren, mussten wir erkennen, dass es insgesamt vier Hotels mit diesem Namen gab. Also fragten wir einen Polizisten, der uns erneut auf eine ewig lange Busfahrt schickte. Endlich im Hotel angekommen, dachten wir beide an den vergangenen Tag zurück und lachten laut los ...

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kurzgeschichte

Gelb Er würde Marina anrufen. Sofort. Einfach darum, weil sein Leben jetzt gelb war. Weil er etwas anderes brauchte als die farblose Iris mit ihrem Gekeife. Mirjam Richner Mit dem Zeigefinger malte er verschlungene Muster auf den beschlagenen Spiegel. Es faszinierte ihn, wie überall dort, wo er mit dem Finger das Kondenswasser wegwischte, Teile seines Gesichts zum Vorschein kamen, bruchstückhaft, von träge herunterrinnenden Wassertropfen zerschnitten. Dann wischte er kurz und heftig mit der gesamten Handfläche über das Glas, hielt den Atem an, kniff die Augen zu und wartete, bis seine Lungen zu bersten drohten. Sparsam sog er nun Luft durch die Nase, langsam öffnete er die Augen. «Eigentlich ist es gar nicht so schlimm», wisperte er seinem Spiegelbild zu. Der Zeigefinger fuhr der Narbe entlang, die sich über die Wange

«Wer bist du?», fragte er leise sein Spiegelbild.

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zog. Jetzt nach dem Duschen kam sie ihm heller vor als gerade nach dem Aufstehen, vielleicht täuschte er sich aber, vielleicht lag es einfach nur daran, dass seine Wangen vom heissen Wasser gerötet waren und deshalb die Narbe, die sich doch sonst wie ein hässlicher, roter Wurm über sein Gesicht zog, seltsam farblos schien. «Warum dauert das denn so lange? Die Abmachung war: du zehn Minuten im Bad, ich zehn Minuten im Bad! Und warum schliesst du immer ab?» – Heftig polterte Iris mit den Fäusten gegen die Badezimmertüre. Er stellte sich vor, wie sie draussen stand: dick, ungepflegt, spärlich bekleidet. Genauso farblos wie seine Narbe nach dem Duschen. Er drehte den Wasserhahn voll auf und lauschte dem Geräusch des aus dem Hahn spritzenden Wassers. Beim Abfluss entstand ein kleiner Wirbel. «Wer bist du?», fragte er leise sein Spiegelbild. Gerade so, als hätte es da Antworten bereit, wo er nur Leere fühlte. «Mach auf, verdammt noch mal!» – Iris’ Schreie schmerzten ihn in den Ohren. «Ich bin mir fremd», wisperte er. «Mein Leben ist gross, rund und gelb geworden. Mit orangenfarbenen Streifen an den Rändern.» Er lächelte über seine eigene Kuriosität und beobachtete dabei neugierig, wie bei eben diesem Lächeln seine Narbe nach oben zu rutschen schien, nicht viel, aber doch einige Millimeter. Wie ein eigenständiges Lebewesen. Ob er Marina anrufen sollte? Ein einziges, winziges Telefonat? Aber konnte nicht ein winziges Telefonat der

Auftakt zu etwas Gigantischem sein, zu etwas, was er nicht mehr unter Kontrolle haben würde, was ihn wegschwemmen würde, fort ins dunkle Abflussrohr? Iris polterte wieder an die Badezimmertür und er drehte den Wasserhahn zu. Er würde Marina anrufen. Sofort. Einfach darum, weil sein Leben jetzt gelb war. Weil er etwas anderes brauchte als die farblose Iris mit ihrem Gekeife. Vielleicht auch, weil er jetzt ein anderer war, weil er jetzt einer war, der auch eine Affäre haben konnte. Haben durfte. Er streichelte zärtlich über die Narbe, schloss die Badezimmertür auf, trat an Iris vorbei splitternackt auf den Flur hinaus und bückte sich nach dem Mobiltelefon in der Tasche seiner am Boden liegenden Hose. Dreimal klingelte es, bevor sie abhob und er ihre Stimme hörte. Eine Stimme, die ganz gut zu seinem gelben Leben zu passen schien.

Ob er Marina anrufen sollte? Ein einziges, winziges Telefonat?

Mirjam Richner, 20, aus Unterentfelden, studiert an der Pädagogischen Hochschule Aarau und ist «total schreibsüchtig». In ihrer Schublade lagert bereits das Manuskript eines ersten Kriminalromans. Mirjam: «Ich bin süchtig nach interessanten Menschen, absurden Metaphern, Franz Kafka, Ohrringen, Erdbeerlikör und M-Budget-Kaugummis.»

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kurzgeschichte

Der Feind Der Kleine griff mit seiner verrussten Hand in seine Hosentasche und umklammerte einen harten, kühlen Gegenstand. Sein Blick war weiterhin starr nach vorn gerichtet, Gleichgültigkeit sprach aus seinen Augen. Er erinnerte sich kaum mehr an seine Heimat und an seine Eltern. lebten sie überhaupt noch? Caroline Röhrl Lichter explodierten über den Hausdächern, Lärm zerriss die Stille, Bomben fielen rauschend und tötend. Verbrannte Dächer verströmten ihren wohligen Duft, müde Mauerwerke gaben der Erdanziehung langsam nach und zerbröckelten Stück für Stück, bis sie endlich unter kurzem Tosen erleichtert zusammenstürzten. Am Horizont stieg langsam die Sonne empor, das Morgengrauen. Durch Lautsprecher erklang triumphale Musik, und die Nachricht vom Sieg ertönte. Doch Jubel blieb aus. Wer sollte auch jubeln?

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in seinen Händen gespürt. Der Kleine griff mit seiner verrussten Hand in seine Hosentasche und umklammerte einen harten, kühlen Gegenstand. Sein Blick war weiterhin starr nach vorn gerichtet, Gleichgültigkeit sprach aus seinen Augen. Er erinnerte sich kaum mehr an seine Heimat und an seine Eltern. Lebten sie überhaupt noch? Hatte er Geschwister gehabt? Er versuchte, sich den Grund für diesen Krieg zurück ins Gedächtnis zu rufen, doch es gelang ihm nicht. Die Gitarre klimperte noch immer. Sie war seit sehr langer Zeit nicht mehr gestimmt worden, aber die falschen Töne störten niemanden. Die beiden jungen Soldaten waren vollkommen allein. – Gegen Mittag schickte die Sonne ihre Strahlen erbarmungslos auf ihre Köpfe herab, der Schweiss lief ihren Körper hinab, ihre Füsse schmerzten in den zu engen Stiefeln. Doch sie blieben sitzen, ohne sich die Jacken auszuziehen oder die Schuhe aufzuschnüren. Die beiden jugendlichen Soldaten blickten weiterhin gleichgültig in die vor ihnen liegende Gasse. Plötzlich taumelte ein Schatten aus einem Hauseingang, hielt sich erschöpft an der zersprengten Tür fest und riss sich dabei die Hand blutig. Er wankte weiter in die Sonne und schien nicht zu wissen, wohin er lief. Er war ein kleiner Junge, In einer er mochte sein sein zehntes Lebensjahr bereits erreicht haben, Gasse stand vielleicht auch nicht. Sein zerrissenes Hemd reichte ihm bis zu ein pompöses den Knien und erschwerte seinen hilflosen Gang. Auf seinem Sofa. Es war von blutigen Kopf sass ein übergrosser Militärhelm, seine langen Staub bedeckt, seine schwarzen Locken lugten darunter hervor. Er war ein Besieggoldenen Verzierungen ter, ein Gegner, ein Feind. Der Jüngere auf dem Sofa zog langsam den harten, kühlen hatten den früheren Glanz vollkommen verloren, und trotz- Gegenstand aus seiner Hosentasche und richtete ihn auf den Lockenkopf. Seine Finger zitterten nicht, dem schien es Auf seinem blutigen als er den Auslöser fester umgriff. Er seinen Stolz nicht Kopf sass ein über- blickte gleichgültig, sein Kumpan schauvergessen zu haben. te nicht vom Gitarrenspiel auf. Zwei Jungen starrten es grosser MilitärDer Lockenkopf fiel ermattet in den schüchtern an. Der Jüngere helm, seine langen Staub. der beiden traute sich zuerst und schwarzen liess sich auf das Möbel plumpsen, Locken lugten darder andere folgte ihm. unter hervor. Still sassen sie nebeneinander und blickten starr. Der Jüngere war vielleicht vierzehn Jahre alt, auch sein Kumpan hatte noch nicht das Erwachsenenalter erreicht. Beide trugen sie eine verschmutzte Caroline Röhrl, 19, aus Büsserach, hat soeben Uniform, die seit Wochen nicht mehr gewaschen worden war. die Matura am Gymnasium Laufenthal-ThierIhre Füsse steckten in schweren Militärstiefeln. Der Ältere be- stein geschafft und will nun an der Universität gann zaghaft an einer Gitarre zu zupfen, welche er aus einem St. Gallen «International Affairs» studieren. zerstörten Gebäude erbeutet hatte. Die leisen, traurigen Klän- Sie liebt Grenzerfahrungen und absolviert ge erfüllten die staubige Luft. Früher einmal hatte er gut zu daher Gigathlons, Triathlons und Duathlons. spielen gewusst, aber er hatte fast alles verlernt, denn zu lange Caroline beschreibt sich als «zielstrebig, ideaschon war er fort von zu Hause und hatte keine Gitarre mehr listisch und loyal». 37


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Schweizer «Youth Rep» haben an der UNO etwas zu sagen Wie kann man als junger Mensch die Welt verändern? Welche Antworten gibt es auf gewaltsame Konflikte, Armut und Hunger oder die Klimaerwärmung? – Die «Youth Rep» sind die Stimme der Schweizer Jugend an der UNO.

Anik Kohli Jonas Rey fragte sich schon seit Langem, wie Antworten auf gewaltsame Konflikte, Armut und Hunger oder die Klimaerwärmung gefunden werden können. «Es ist mir schwer gefallen, mir vorzustellen, wie solche komplizierten Themen angegangen werden können, bis ich die UNO und deren Bedeutung besser verstand. Als mir klar wurde, dass die UNO einen grossen Beitrag zur Lösung dieser Probleme leisten kann, habe ich den Entschluss gefasst, mich dafür zu engagieren», meint Jonas. Schliesslich stiess er auf das Projekt «Youth Rep – Jugenddelegierte der Schweiz an der UNO». Der Schweizer Jugend an der UNO eine Stimme zu geben, das war genau das, was Jonas wollte. «Es reizte mich, die UNO hautnah zu erleben, interessante Kontakte herzustellen und mit anderen engagierten

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schweizer «youth rep» haben an der uno etwas zu sagen Adina Rom spricht zusammen mit UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon TA N G O - FA C T S Youth Rep Ziel des Projekts «Youth Rep» ist es, Jugendliche stärker in die Arbeit der UNO einzubeziehen. Den Jugendlichen wird ein Einblick in die UNO gegeben, zudem können sie aktiv ihre Interessen auf internationalem Niveau vertreten. Das Programm wird von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV) koordiniert und in Zusammenarbeit mit dem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) durchgeführt. Weltweit gibt es in zahlreichen Ländern Jugenddelegierte, mit denen die Schweizer «Youth Rep» zusammenarbeiten. Wenn du mehr über die «Youth Rep» wissen oder sie an deine Schule einladen willst, dann besuche die Internetseite www.youthrep.ch oder schreibe Jonas Rey und Adina Rom direkt an (vorname.name@youthrep.ch). Wenn du mehr von ihren Abenteuern auf dem internationalen Parkett erfahren möchtest, so besuche ihren ständig aktualisierten Blog youthrep08.wordpress.com. Das Leitthema der «Youth Rep» sind die Milleniumentwicklungsziele. Diese bilden den Rahmen für die verschiedenen Sensibilisierungsaktionen innerhalb der Schweiz. Die Millenniumsentwicklungsziele Im Jahr 2000 haben sich die UNO-Mitgliedstaaten auf acht Entwicklungsziele geeinigt. 1. Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, halbieren 2. Allen Kindern eine Grundschulausbildung ermöglichen 3. Gleichstellung der Geschlechter fördern 4. Kindersterblichkeit verringern 5. Gesundheit der Mütter verbessern 6. AIDS, Malaria und andere übertragbare Krankheiten bekämpfen 7. Schutz der Umwelt verbessern 8. Weltweite Entwicklungspartnerschaft aufbauen Auch die Schweiz hat sich dazu verpflichtet, 0,7% ihres Bruttoinlandprodukts für die Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen, was bisher leider nicht geschehen ist. Die Youth Rep Jonas Rey, 22, stammt aus dem Wallis und studiert derzeit an der Uni Zürich. Er ist Vizepräsident von JUNES (Jugend-Netzwerk Schweiz) und möchte später für eine internationale Organisation arbeiten. Er mag Sport und Kino und sagt von sich: «Ich bin immer motiviert!» Adina Rom, 23, hat in Genf Politologie studiert und ist derzeit bei der Schweizer Mission an der UNO in New York tätig. Sie verbringt gerne Zeit mit Freunden und ihrer Familie, reist, fotografiert oder schwimmt im See. Ihr Berufsziel: «Eine Arbeit, mit der ich Gutes tue, die mich erfüllt und mit der ich auch noch ein intensives Familien- und Sozialleben haben kann.» 40

Jugendlichen zusammenzuarbeiten», erklärt Jonas. Nachdem er das Auswahlverfahren erfolgreich überstanden hatte, war es so weit: Jonas wurde einer der drei Schweizer Jugenddelegierten. Er konnte als Youth Rep im Oktober 2008 an der 63. UNO-Generalversammlung in New York teilnehmen und dort sogar eine Rede halten. Darin forderte er die Staaten auf, gezielte und effiziente Massnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu ergreifen. Ausserdem organisierte er für die in New York anwesenden Jugenddelegierten ein Arbeitsfrühstück an der Schweizer Mission und konnte hierfür verschiedene hochkarätige Rednerinnen und Redner gewinnen. «Schliesslich versuchte ich mit anderen Jugenddelegierten, Einfluss auf eine Resolution zu nehmen, die das Thema Gewalt gegen Frauen behandelte. Wir wollten unbedingt, dass darin auch die Gewalt gegen Mädchen erwähnt wird, und trafen Delegationen von verschiedenen Ländern, um sie von unserer Idee zu überzeugen», erklärt er. Adina Rom konnte 2007 an der 62. UN-Generalversammlung teilnehmen. «Wir Jugenddelegierte aus verschiedenen Ländern haben uns oft auch spät am Abend noch getroffen, um uns gemeinsa-

Es reizte mich, die UNO hautnah zu erleben, interessante Kontakte herzustellen und mit anderen engagierten Jugendlichen zusammenzuarbeiten. me Ziele für die Resolution zu setzen und Strategien auszuarbeiten, diese zu erreichen», berichtet sie. Mit Hilfe der Schweizer Mission und den anderen Jugenddelegierten brachte Adina verschiedene Paragraphen in die Resolution ein, welche die Staaten dazu auffordern, sich gegen Hunger und Armut speziell von Jugendlichen einzusetzen und Diskriminierung in der Schule und am Arbeitsplatz zu bekämpfen. «Fast die Hälfte der Jugendlichen dieser Welt müssen mit weniger als zwei Dollar am Tag


auskommen, sie leiden Not und können ihre Grundbedürfnisse, wie Essen, Trinken und Schlafen, nicht befriedigen, geschweige denn ihre Träume und Wünsche verwirklichen. Deshalb ist es mir ein grosses Anliegen, dass die internationale Gemeinschaft dazu aufgefordert wird, die Armut zu bekämpfen und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.» Beim Aktionstag «Stand Up and Speak Out Against Poverty» rief Adina als Vertreterin der jungen Generation zusammen mit dem UNOGeneralsekretär Ban Ki-Moon und weiteren Persönlichkeiten zur Bekämpfung der Armut auf. «Es ist die Verpflichtung von uns allen, die Not der Armen zu lindern und Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine nachhaltige Entwicklung fördern und eine gerechtere Verteilung der Ressourcen ermöglicht», sagt Adina. «Doch Aufrufe sind nicht genug, sie müssen auch umgesetzt werden, und dazu kann jede und jeder einen Beitrag leisten. Daher habe ich nach meiner Rückkehr den Verein «Schweizer Freunde von TAMTAM – Together Against Malaria» mitbegründet. Mit gerade einmal 6 Franken wird einer bedürftigen Familie ein Netz gespendet, das vor Malaria schützt. Dieser

Schutz senkt die Kindersterblichkeit um 20%. Adina fasst zusammen: »Youth Rep bot mir die Gelegenheit, einen kleinen Beitrag zu den grossen Zielen der UNO zu leisten. Es braucht die Mithilfe von ganz vielen Menschen überall auf der Welt, um zu erreichen, dass Kinder und Jugendliche frei von Angst und Schrecken aufwachsen können, dass sie zur Schule gehen und sich selbst verwirklichen können.» Auch für Jonas war die Teilnahme an der Generalversammlung nicht das Ende seines Abenteuers als Youth Rep. «Nach meiner Rückkehr», meint Jonas, «hat die wirkliche Hauptarbeit erst begonnen. Mit meinem Kollegen führen wir verschiedene Aktivitäten durch, um Junge für die Themen der UNO zu sensibilisieren, wir organisieren Workshops, eine Schultournee durch Berufs- und Mittelschulen und und und ...»

Fast die Hälfte aller Jugendlichen müssen mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen.

Anik Kohli, 24, studiert Politologie an der Universität Zürich und schreibt derzeit an ihrer Lizentiatsarbeit. Sie ist Gründungs- und Vorstandmitglied des «Model United Nations Team» der Uni. In der Freizeit unterrichtet sie Karate und verbringt viel Zeit mit ihren Freund(inn) en. «Durch mein Engagement lerne ich viele interessante Leute kennen und kann mit ihnen unsere gemeinsamen Ideale verfolgen.»

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reportage

Erdnüsschen zum Zmorge, Maisbrei zum Znacht Die ganze Dorfbevölkerung begrüsst mich mit Trommeln und Rasseln. Mir wird das komfortabelste Bett im Dorf angeboten. Einmal mehr beeindruckt mich die Grosszügigkeit dieser Leute, die selber kaum etwas besitzen. Silvia Mettler Mit einem Schlafsack (aus Angst vor kühlen Nächten), einer Tafel Schokolade und einigen Getreidestängeln (aus Angst vor Hunger), einem Schweizerfähnchen (aus Stolz auf meine Heimat), ein paar anderen (bis anhin) lebensnotwendigen Dingen im Gepäck und einigen (falschen) Vorstellungen im Kopf steige ich ins Flugzeug. Zielort: Togo, Westafrika. Seit zwei Jahren träume ich davon, einmal in einem Land der Dritten Welt zu leben. Die Lust auf einen ganz einfachen Lebensstil treibt mich in dieses unbekannte Land nach Westafrika. Dank Kontakten zum Trägerverein Suisse-Togo kann ich ein fünfmonatiges Praktikum in einer Schneiderinnenschule in Davié absolvieren. Hier lernen ehemalige Prostituierte, alleinerziehende Mütter, Kinder von Eltern, die keine Lehre bezahlen können, Arbeits-

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erdnüsschen zum zmorge, maisbrot zum znacht

TA N G O - FA C T S MAURETANIEN NIGER MALI SENEGAL

TSCHAD

BURKINA FASO GUINEA

BENIN ELFENBEINKüSTE

GHANA

NIGERIA

TOGO

Davié KAMERUN

KONGO

GABUN

(BRAZZAVILLE)

DEMOCRATIC REPUBLIC OF THE CONGO

ANGOLA

Im westafrikanischen Togo leben 6 Millionen Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung ist unter 16 Jahre alt. Es gibt eine ausgeprägte Wanderungsbewegung vom Land in die Städte, dort besteht allerdings eine immer höhere werdende Arbeitslosigkeit gerade unter jungen Menschen. (Aus)Bildung hilft Menschen, ihren Handlungsspielraum zu erweitern und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der Trägerverein Suisse-Togo strebt mit diversen Projekten die Selbständigkeit der involvierten Menschen an. Mehr Infos unter www.suisse-togo.ch

Möchtest du einen massgeschneiderten und farbenfrohen Jupe aus der Schneiderinnenschule von Davié? Der Erlös (Fr. 45.–) für das fair produzierte Kleidungsstück fliesst als Spende ins Projekt. Du kannst das Bestellformular direkt bei silviamettler@hotmail.com anfordern.

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lose und Behinderte die gängigen afrikanischen Modelle zu schneidern. Hinzu kommt Stricken, Sticken, Färben von Stoffen mit Naturfarben und Batik. Gearbeitet wird an fussbetriebenen oder elektrischen Nähmaschinen und mit Kohlebügeleisen, die zwar museumsreif anmuten, aber ihren Zweck erfüllen und vor allem reparierbar sind. Offene Menschen, fremde Kultur, andere Sprache – alles begeistert mich sofort. Doch als mich nach der ersten Woche eine Grippe befällt und ich nur den hier üblichen Zitronengrastee trinken kann (der mehr nach Chlorwasser und Feuer riecht als nach Zitronengras), kommen die ersten Zweifel. Ich erhalte einen monatlichen Lohn von 100 Franken und muss kämpfen, damit es für mich reicht. Später bemerke ich, dass ein Lehrer 75 Franken verdient Offene Menschen, und damit die ganze Familie ernährt ... Schnell begreife fremde Kultur, ich, dass dieser Aufenthalt andere Sprache – kein Zuckerschlecken ist, alles begeistert mich sondern dass ich alles gesofort. ben muss, damit er nützlich


ein. Doch es gibt mehr Interessierte als Stricknadeln – also schnitzen wir uns erst einmal unsere Stricknadeln … Zusammen mit dem Schuldirektor reise ich in den Norden des Landes. Die Zustände sind hier noch viel schwieriger als in Davié und schockieren mich. Die Sonne brennt auf das flache Land, und ich frage mich, wovon sich die Menschen hier ernähren können. Wir übernachten in kleinen Dörfern und in Städten. Zum Frühstück gibt es geröstete Erdnüsse, zubereitet von Kindern mit Hungerbäuchen und knochigen Ärmlein. Die Menschen in dieser Gegend müssen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen. Die einzige Einkommensquelle ist die Landwirtschaft, doch der Boden ist sehr karg. Wenn alles klappt, wird hier bald eine zweite Schule errichtet und jungen Frauen eine Ausbildung ermöglicht werden. Eine weitere Woche verbringe ich in Nygbe und helfe bei der Ernte mit. Auch dieses Dorf ist ohne Stromanschluss. Die ganze Dorfbevölkerung freut sich riesig über meinen Besuch und begrüsst mich mit einem Willkommenskonzert mit Trommeln und Rasseln. Mir wird das wahrscheinlich komfortabelste Bett im Dorf angeboten. Auch der Abschied ist überwältigend. Jeder bringt mir etwas von seinem Feld. Am Ende habe ich so viel, dass ich es nicht selber tragen kann. Einmal mehr beeindruckt mich die Grosszügigkeit dieser Leute, die selber kaum etwas besitzen.

wird für die Menschen in Davié. Das gemeinschaftliche Morgengebet berührt mich so sehr, dass ich die Tränen nicht zurückhalten kann. Zwar kann ich die Worte der Schülerinnen nicht verstehen, aber ich verstehe, dass sie sehr dankbar sind. Diese Ausbildung ist für die jungen Frauen eine grosse Hoffnung, unabhängig zu werden und sich eine Einkommensquelle zu schaffen. Die Zustände im Norden Togos Es beeindruckt mich sehr, sind noch viel schwieriger wie sich die Leute umeinanund schockieren mich. der kümmern. Eine gelähmte Schülerin wird bei Regen auf dem Rücken nach Hause getragen. Wenn jemand einen vollen Teller hat, ruft er laut «midunu», was so viel heisst wie «essen wir». Und alle, die in der Silvia Mettler, 20, aus Speicher, hat eine Ausbildung als Schneiderin Nähe sind, können von Hand mitessen, auch wenn der Teller abgeschlossen und die BMS absolviert. Ihr Ziel: «etwas bewirken nur eine Person sattmachen kann. können für Mensch und Umwelt, möglichst viele verschiedene Überhaupt muss ständig improvisiert werden. Als die Menschen und ihre Lebensstile kennen lernen. Ich bin unkompliSchülerinnen wünschen, stricken zu lernen, kaufen wir Wolle ziert, abenteuerlustig und anpassungsfähig.»

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Polizistin oder Polizist in der grössten Schweizer Stadt zu sein, ist spannend, vielseitig und anspruchsvoll – sei es im Streifenwagen, auf dem Motorrad, auf dem See, in Uniform oder in Zivil. Für diese aussergewöhnliche Aufgabe brauchen Sie Einsatzbereitschaft, Besonnenheit und eine gute Ausbildung. Aufgeweckte, kontaktfreudige 20- bis 35-jährige Schweizerinnen und Schweizer mit Berufsabschluss, Matur oder anerkanntem Diplom bilden wir während zwei Jahren bei vollem Lohn zu verantwortungsbewussten, kompetenten Polizistinnen und Polizisten aus. Unsere künftigen Mitarbeitenden müssen körperlich fit und mental belastbar sein.

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reportage

Haus Nummer elf Seine Eltern haben ihn in ein rum채nisches Kinderdorf gegeben, als er sechs war. Nun hat Dani, 17, eine neue Mutter und einen grossen Traum: Er will Fussballstar werden.

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haus nummer elf

Thomas Linke und Rick Noack Er ist wieder zurück. Dani steht vor seiner Mutter, schaut sie an. Er hat seine zwei Brüder mitgebracht. Aber für die Frau stehen da nur drei Jugendliche. Sie erkennt ihre Söhne nicht mehr. Vielleicht will sie es auch nicht. Acht Jahre ist es her, seit Dani ihr zum letzten Mal in die Augen geschaut hat. Sie hat nie nach ihm gesucht, wollte nie wissen, was aus ihrem Sohn geworden ist. Der Vater ist verschwunden. Wohin, das weiss Dani nicht. Damals, vor acht Jahren, da ging alles ganz schnell. «Du musst gehen», hatten sie gesagt. Dani war sieben Jahre alt und verstand nicht, warum er mit dem Auto weggebracht wurde. Er kam zusammen mit seinen zwei jüngeren Brüdern in das Kinderdorf in Cisnadie, nahe der Kulturhauptstadt Sibiu. Es war das Letzte, was seine Eltern für ihn getan haben. Zwei Jahre nach dem Treffen mit seiner Mutter sitzt Dani

neben einem Fussballplatz. Die Sonne geht unter, und das Tal um Cisnadie versinkt langsam im Dunkeln. Eine schwarze Wolke schiebt sich über den Himmel, aber sie wird vorbeiziehen. Es hat eine Woche lang nicht mehr geregnet. Dani weiss jetzt, dass seine Eltern ihn nicht einfach bei dem Kinderdorf abgegeben haben. Sie wollten ihn nicht einfach schnell loswerden, sondern haben lange mit Mitarbeitern der SOSKinderdörfer über diesen Schritt diskutiert. Das ändert nicht viel daran, dass sie nicht mehr seine Eltern sind. Dani ist jetzt 17 Jahre alt. Er ist sport-

Dani war sieben Jahre alt und verstand nicht, warum er mit dem Auto weggebracht wurde.

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lich, geschätzte 1,80 m gross und seine blauen Augen glänzen und bewegen sich lebhaft, während er von sich erzählt. Es ist eine Geschichte vom Fussball, von seinen Träumen und von seiner Familie. Der 17-Jährige übt viel für die Zukunft. Zweimal am Tag spielt er in den Ferien auf dem Fussballplatz, denn der Sport ist sein Leben. Schon jetzt verdient er Geld damit. Dani spielt für eine grosse Mannschaft in Sibiu und bekommt umgerechnet bis zu 30 Euro pro Spiel. Für ihn ist das viel. Später will er einmal ein Profi werden. Und er weiss: Dazu hat er nur eine einzige Chance. Die darf er nicht verpassen. An den Wochenenden wohnt der Junge noch immer im Kinderdorf in Cisnadie. Aber während der Woche lebt er mit seinem 15-jährigen Bruder in Sibiu, wo er auf die Sportschule geht. «Eigentlich bin ich in jeder Sportart gut», erzählt er grinsend. Nur mit Basketball habe er einige Probleme: «Ich verstehe einfach nicht, warum man den Ball mit den Händen trägt. Ich mache das immer mit dem Fuss.» Er lacht. Vor zehn Jahren kam Dani mit seinen zwei Brüdern eines Abends in Cisnadje an. «Sie waren so müde, dass wir nicht miteinander sprechen konnten», erinnert sich Joana. Seit dieser Nacht ist sie die Mutter von den dreien und noch von drei weiteren Schützlingen. So wie sie leben auch die anderen zehn Mütter mit fünf oder sechs Kindern jeweils in einem eigenen Haus. Der Direktor, Florin Hariga, lobt das «Prinzip der Fürsorge», denn es sei «einer normalen Familie sehr ähnlich. Joanas Beispiel beweist das: Von den Kindern wird sie «Mama» genannt. Und das, obwohl es ihr Job ist, Mutter zu sein. Sie bekommt Geld dafür. Joana ist eine Angestellte, eine, die Tag und Nacht arbeitet. Sie hat auch den gesetzlich vorgeschriebenen Urlaub. Aber die Kinder sind Teil ihres Lebens, auch dann, wenn das Gesetz es nicht vorschreibt: Vergangenes Jahr hat sie Dani im Sommer mit in die Ferien genommen. Er weiss das zu schätzen. «Ich liebe meine Mutter, und sie liebt mich.»

Für diesen Satz hätten andere Jungen in dem Alter lange proben müssen. Die Familie aus dem Haus Nummer elf hat sich im Wohnzimmer versammelt. Im Fernsehen laufen Musikvideos. Joana versucht, eine gute Mutter zu sein. «Ich möchte alle Wünsche, die meine Kinder haben, erfüllt sehen», sagt sie. Die 16-jährige Inge, ein grosses, hübsches, braunhaariges Mädchen, möchte zum Beispiel auf eine Schauspielschule gehen. Sie singt und tanzt für ihr Leben gern und geht täglich in einen Tanzclub. Aber um aufgenommen zu werden, muss Inge Prüfungen bestehen. Ihre Mutter wird sie dabei so gut wie möglich unterstützen. Genauso wie sie vor zwei Jahren Dani half, auf die Sportschule zu kommen. Mit 15 Jahren musste er dafür nach Sibiu umziehen. «Aber er kommt jedes Wochenende zurück nach Cisnadie zu seiner Mutter und zu seinen Freunden. Er ist ein guter Junge, wie alle hier.» Wenn Dani das Spielfeld betritt, dann ist er ein ganz anderer Mensch. Er schreit, rennt, und er klopft anderen freundschaftlich auf die Schulter. Er liebt seinen Sport. «Der Sport schafft gute und disziplinierte Menschen», sagt Dani. Und da ist es wieder: dieses Lachen, das alle mögen. Später wird er es vielleicht für Geld verkaufen können. Dann wird der Fussballer Dani von Werbeplakaten lächeln, die Milchschachteln zieren und auf Titelseiten erscheinen. Aber noch ist das ein Traum. Noch lächelt Dani nicht von Plakaten, sondern nur aus dem Familienalbum. «Ich bin glücklich», sagt er und schaut hinüber zu jenen, die alle an ihn glauben: der Dorfleiter, seine Mutter und die Kinder aus Haus Nummer elf. Er wird sie nicht enttäuschen, da ist sich Dani sicher.

«Ich liebe meine Mutter, und sie liebt mich.» Für diesen Satz hätten andere Jungen in dem Alter lange proben müssen.

Thomas Linke, 18, aus Neugersdorf, besucht das Gymnasium und möchte danach Germanistik studieren. Seine Hobbys: Kreatives Schreiben, Lesen und Theaterspielen. «Mich zu charakterisieren würde mehrere Stunden in Anspruch nehmen.»

Rick Noack, 16, aus Dresden, schreibt als freier Journalist für verschiedene Medien. Im vergangenen Oktober machte er ein Praktikum bei einer der grössten Tageszeitungen an der Westküste der USA. Rick ist ein begeisterter Ruderer «und kann enorm nervig sein».

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porträt

Zwei Brüder, eine Geschichte Eine Referenz an Tolkiens «Herr der Ringe» und doch ganz anders: Mit ihrem 720 Seiten starken Fantasy-Epos «Calaspia» landeten die in der Schweiz lebenden 20-jährigen Brüder Suresh und Jyoti Guptara einen Bestseller. Jetzt erscheint der zweite Teil ihrer Trilogie.

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Christian Hug «Guptara» heisst es schlicht an der Klingel des unscheinbaren Einfamilienhauses, das in einem ebenso unauffälligen Einfamilienhaus-Quartier in Weinfelden steht, wo die Häuser wie üblich um die begrünte Decke der Tiefgarage stehen, dazwischen ein Kinderspielplatz. Hier, mitten in der mittelständischen Anonymität, leben jene zwei Autoren, die gegenwärtig die internationalen Beststellerlisten stürmen. Jyoti und Suresh Guptara. Jyoti Guptara öffnet die Tür und grüsst in perfektem Schweizerdeutsch: «Sali zäme, chömed ine.» Er tischt Tee und Biscuits auf. Jyotis Bruder Suresh kommt vom oberen Stock die Treppe herunter. Suresh und Jyoti sind 19, Zwillingsbrüder – zweieiige, was ihr unterschiedliches Aussehen erklärt. Das Wohnzimmer ist unspektakulär eingerichtet, Sofa mit roter Decke, winziger Fernseher, daneben einige englischsprachige Videos. Nur das grosse Diplom aus Amerika an der Wand weist darauf hin, dass die Bewohner dieses Hauses eine Sensation auf dem Büchermarkt sind, die in Indien und Amerika genauso zu reden gaben und die inzwischen auch in Deutschland und in der Schweiz für Aufsehen sorgen. Die Sensation heisst «Calaspia – die Verschwörung» und ist 720 Seiten dick. Die Guptara-Brüder waren gerade mal 17, als das Buch in Indien erstmals auf Englisch erschien und dort prompt Platz zwei der BücherCharts erklomm. Seit 2008 ist «Calaspia» auch auf Deutsch erhältlich. Der zweite Band des «Calaspia»-Epos ist bereits geschrieben und wird in diesem Frühling präsentiert.

Eines Tages fragten wir uns: Warum spielen wir Geschichten nur nach? Wir können ebenso gut selber eine schreiben.

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zwei brüder, eine geschichte

«Calaspia – Die Verschwörung» liest sich am Anfang fast wie J. R. R. Tolkiens «Herr der Ringe», das erste und grösste aller Fantasy-Bücher. «Wir haben bewusst einige Parallelen gesetzt», antwortet Suresh. «Das ist eine Respektbezeugung und gleichzeitig auch ein bisschen ironisch gemeint.» Das alleine ist schon bemerkenswert, da die beiden Brüder bereits mit 11 die erste Fassung ihres Romans zu Papier gebracht haben. 50 A4-Seiten war sie damals lang, sechs Monate haben sie daran gearbeitet. Aber mit dem Einstieg in die Geschichte sind die Ähnlichkeiten zu Tolkien auch schon vorbei. Denn mit 14, als sie an der vierten Version von «Calaspia» feilten, begannen sie sich für Dinge zu interessieren, bei denen andere nur Bahnhof verstehen: parallele Welten, die Multiuniversum-Theorie, die Zeitverschiebung. «All diese Dinge haben wir in unsere Geschichte eingewoben. Bei uns ist die Zauberei der Helden nicht einfach mystisch, sondern physikalisch erklärbar.» Wie kommt es, dass zwei Teenager eine solch komplexe Weltsicht zu einem Roman verarbeiten? Für Jyoti Guptara keine Frage: «Unsere Mutter hat uns schon die ersten Buchstaben beigebracht, als wir drei Jahre alt waren. Und sie las uns immer tolle Abenteuergeschichten vor. Diese haben Suresh und ich immer nachgespielt.» Damals wohnte die Familie Guptara in Farnham, eine gute Autostunde von London entfernt. Su und Yo, wie sich die beiden heute nennen, sind die jüngsten von vier Geschwistern. Prabhu, der Vater, ist Inder, er arbeitete als Management-Trainer und war oft im Ausland unterwegs, aber er legte Wert darauf, dass seine Kinder ihre indischen Wurzeln kennen. Philippa, die Mutter, ist Engländerin und brachte den Kindern europäische Werte bei. Als der Vater von einer Schweizer Grossbank ein Jobangebot erhielt, zog die Familie in den Thurgau. «Das fanden wir am Anfang alles andere als toll», erinnert sich Suresh, «aber wir haben uns schnell ein-

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gelebt.» Nach einem halben Jahr Intensiv-Deutschkurs war auch die Verständigung auf dem Schulhof kein Problem mehr. Die Freude am Theaterspielen ist den beiden passionierten Fussballfans und Schachspielern geblieben. «Aber eines Tages fragten wir uns: Warum spielen wir Geschichten nur nach? Wir können selbst eine schreiben.» Das war die Initialzündung für «Calaspia». Hartnäckig überarbeiteten sie ihre Geschichte immer und immer wieder und bauten sie sukzessive aus. Insgesamt neun Versionen entstanden, und alle gingen an verschiedene Verlage, mit der Hoffnung der Autoren, dass daraus ein Buch wird. Bei der zehnten Version biss der indische Verlag Tara an – und landete, wie die Literaturwelt inzwischen weiss, einen Bestseller. Der Rowohlt-Verlag, der das Buch in Deutsch veröffentlicht, rechnet ebenfalls mit einem Grosserfolg. Denn die Startauflage von «Calaspia» beträgt 100’000 Stück. Das ist eine Auflage, die sonst nur Stars wie Paulo Coelho zugestanden wird. Es könnte also sein, dass Bryn Bellyset, der Held des Planeten Calaspia, eines Tages berühmt wird wie Harry Potter. «Das würde uns nicht aus der Ruhe bringen», sagt Jyoti entspannt. «Wir wollen einfach in Ruhe an unserer Geschichte weiterarbeiten.» Suresh hat letzten Sommer in einem Londoner Internat das A-Level abgeschlossen, was unserer Matura entspricht, und lebt seither wieder zu Hau-

se in Weinfelden. Er hat sich noch nicht entschieden, ob er nach England zurückkehren und dort ein Physik- und Philosophiestudium beginnen oder ob er hierbleiben und schreiben will. Für Jyoti hingegen ist der Fall klar: «Ich bin Autor.» Tatsächlich gehören die beiden Brüder zu den jüngsten Vollzeitautoren der Welt. Inzwischen sind sie derart gut eingespielt, dass sie zuerst mündlich Szenen diskutieren und dann aufteilen, wer welche Sequenz schreibt. Stilistisch und inhaltlich erscheint «Calaspia» trotzdem wie aus einer Feder – beziehungsweise Tastatur. Im Dachzimmer arbeiten sie Rücken an Rücken an ihren Computern. Das Zimmer, ihr «Kinderzimmer», ist vollgeklebt mit überdimensional grossen Fantasy-Filmplakaten, die Bücherregale sind voll mit Fantasy-Romanen, die Betten sehen aus, als wären sie Nebensache. Denn vor allem wird hier die «Calaspia»-Geschichte weiterentwickelt. «Unsere Saga ist vorerst auf drei Bücher ausgelegt», sagt Suresh. «Aber wir haben schon Stoff für sieben Bände im Kopf. Und daraus könnten dann leicht zwölf werden.»

Aber wir haben schon Stoff für sieben Bände im Kopf. Und daraus könnten dann leicht zwölf werden.

Christian Hug, aus Stans, ging einst ins Kollegi Stans. «Davon bleibt mir das intensive, warme Gefühl, in einer grossen, tollen Familie aufgehoben gewesen zu sein». Heute arbeitet er als freier Journalist. Dieser Text wurde zuerst in der «Schweizer Familie» abgedruckt. Fotos: Alex Buschor

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kurzgeschichte

Taucher

Es fiel ihr auf, wie viele Blautöne es im Meer gab. Dort unten schienen sie alle zusammenzutreffen, um geheimnisvolle Muster zu zeichnen und dann ineinander zu verschwimmen. Eveline Hanns Es war ein perfekter Ferientag. Die Möwen kreisten über dem türkisblauen Meer, in dessen Wasser sich die eitle Sonne spiegelte. Am Himmel war kein Wölkchen zu sehen, die Touristen tummelten sich am Strand, erholten sich eingepfercht zwischen Liegestühlen, verbrannten sich die Haut, in der Hoffnung, etwas Farbe abzukriegen, und schlugen sich beim vergeblichen Versuch, im überfüllten Wasser zu schwimmen, vergnügt die Arme ins Gesicht. Weit weg von diesem Treiben tuckerte ein kleines Motorboot durch das kühle Nass. An Bord befand sich der Reiseleiter José mit einem abenteuerlustigen Grüppchen von Touristen, die sich alle für einen Tauchkurs angemeldet hatten. Plötzlich verstummte der Motor. Das Plätzchen hier sei gut, meinte José. Letzte Instruktionen wurden gegeben, und schliesslich glitten die Taucher in voller Montur hinab in das klare Blau. Voller Aufregung, voller Erwartungen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als Paul zwischen den glitzernden Wellen eintauchte. Das Wasser schmiegte sich angenehm kühl an seinen Körper, glitt an ihm vorbei, umhüllte ihn wie eine Decke, gesponnen aus Millionen von funkelnden Wassertröpfchen. Er zappelte zuerst

noch etwas unbeholfen mit seinen Flossen, wurde mit der Zeit jedoch immer geschickter. Staunend betrachtete er die vielfältige Unterwasserwelt. Paul war sehr zufrieden mit sich. Dieser Urlaub war genau das Richtige für ihn. Er arbeitete als Chef in einer Firma, die Schnürsenkel herstellte. Als solcher hatte er stets viel zu tun und aus diesem Grund auch keine Familie. Und weil er für keine Familie da sein musste, so konnte er noch mehr Zeit bei seiner Arbeit verbringen. Leider vergass er dabei manchmal, an sich selbst zu denken, und verpasste das Leben. Aber nicht heute. Heute war er ein ganz normaler Urlauber, der sich entspannte und der eine völlig neue Welt entdeckte. Es war schon sehr lange her, dass Paul sich so etwas gegönnt hatte. Das letzte Mal, als er einen Tauchkurs besucht hatte, war mit seinem Studienfreund. Es war ein eindrückliches Erlebnis gewesen, wohl eines der schönsten seines Lebens. Leider war der Kontakt inzwischen abgebrochen, da Paul ein so viel beschäftigter Mann war. Er erinnerte sich nicht einmal mehr an seinen Namen. Aber der Tauchgang, der hatte sich für immer in sein Gedächtnis eingebrannt. Etwas unterhalb von Paul schnellte Marcel durch das Wasser. Er war hierher

Leider vergass Paul manchmal, an sich selbst zu denken und verpasste das Leben.

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gekommen, um alles zu vergessen. All die schrecklichen Dinge, die er getan hatte. Doch die belebende Frische des Meeres liess ihn ungewohnt klar denken. Gegen seinen Willen schossen entsetzliche Bilder durch seinen Kopf, wirbelten herum und quälten ihn. Seine Umgebung nahm er kaum wahr. Das Wasser schien plötzlich eine unheimlich erdrückende Last auf ihm zu sein, und er glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Wenn nur diese grauenhaften Erinnerungen verschwinden würden. Doch er sah alles wie in einem Film vor sich. Er sah sich selbst, wie er maskiert in die Bank eilte, er sah die Angst in den Gesichtern der andern. Marcel wusste noch, was für ein gutes Gefühl es war, so viel Macht auszuüben. Bis ein Angestellter aufstand und begann, wie wild nach der Polizei zu rufen. Dumm, so dumm. Dann fiel der Schuss, ausgelöst durch Marcels Hand. Marcel wollte schreien, was jedoch nicht möglich war, da ihn das Mundstück des Lungenautomaten daran hinderte. Plötzlich realisierte er wieder, wo er war. Seine Umgebung nahm wieder Gestalt an,


gemacht hatte und dass genau so ein Tauchkurs ihr Start in ein neues Leben sein sollte. Ein neues Leben – ohne ihren Mann. Monika vermisste ihn sehr. Er war viel zu jung gewesen und hätte eigentlich noch nicht sterben müssen. Und tatsächlich hatte ihn sein Beruf das Leben gekostet. Wie zerbrechlich ein Menschenleben doch ist. Eine Kugel reicht, um einer Person für immer den Atem auszuhauchen. Doch auch wenn ihr Mann nicht mehr lebte, sie würde für ihn weiterleben. An diesem Tag erkundete sie für ihn die Welt unter den Wellen. Es fiel ihr auf, wie viele Blautöne es eigentlich gab. Dort unten schienen sie alle zusammenzutreffen, um geheimnisvolle Muster zu zeichnen und dann ineinander zu verschwimmen. Als José, indem er den Daumen nach oben streckte, das Zeichen zum Auftauchen gab, waren alle ein wenig enttäuscht, dass ihre Tauchzeit schon zu Ende ging. Trotzdem beeilten sie sich, an die Oberfläche zu gelangen. Kaum auf dem Boot angekommen, schwärmten sie alle, wie faszinierend die Unterwasserwelt doch sei. José freute sich, dass er die drei hatte begeistern können, und steuerte das Boot wieder in Richtung Ufer. Da fuhren sie also. Ein Grüppchen von Fremden auf einem Motorboot. Sie waren so verschieden, doch in diesem Augenblick waren sie alle Taucher, miteinander verbunden durch ein unvergessliches Erlebnis.

Dann fiel der Schuss, ausgelöst durch Marcels Hand.

und er sah alles ganz klar. Direkt vor ihm zeichneten sich die Konturen Monikas ab. Der Anblick der vielen farbenfrohen Fische in der Tiefe des Wassers überwältigte sie. Monika war hierhergekommen, um neu zu beginnen. Vor einem Monat war ihr Mann gestorben. Zuerst war sie furchtbar traurig gewesen und hatte nicht geglaubt, dass ihr Leben noch irgendwie weitergehen könne. Aber dann hatte sie den Entschluss gefasst, sich nicht hängen zu lassen, weil es niemandem nützte, wenn sie sich in Selbstmitleid suhlte. Ihr Mann hatte immer viel und gerne von seiner Studienzeit erzählt. Sie konnte sich genau daran erinnern, dass er einmal davon geschwärmt hatte, wie er mit seinem Freund in den Ferien einen Tauchkurs gemacht hatte. Monika glaubte, dass dieses Erlebnis einen prägenden Eindruck auf ihn

Eveline Hanns, 18, aus Widnau, besucht derzeit die Kantonsschule Heerbrugg. Sie mag Skifahren, Schwimmen und Lesen und bezeichnet sich als begeisterungsfähig und zielstrebig.

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kurzgeschichte

Aus Au s der de r Ferne Fe rn e un d doch und do ch so nah na h

Ich versuche dir nahe zu sein, versuche Dinge über dich herauszufinden, obwohl du mich nicht einmal kennst. Wie soll ich dich erreichen?

Jeanine Ammann Eigentlich bin ich noch nie gerne zur Schule gegangen. Ich gehe eben zur Schule, weil es sich so gehört, weil es alle andern auch so machen, vielleicht auch weil ich nicht weiss, was ich sonst tun sollte. Deshalb war ich wohl auch nie ein überaus guter Schüler. Ich wollte es auch gar nie sein – wozu auch? Seit kurzem gibt es aber einen Grund, gerne zur Schule zu gehen. Wenn ich nämlich Glück habe, dann treffe ich dich irgendwo auf dem Weg ins Schulzimmer auf dem Flur. Dieser kurze Blick, ein schwach angedeutetes Lächeln und diese Sekunde des Glücksgefühls – das ist es, warum ich jeden Morgen aufstehe. Das ist es, was meinem trostlosen Leben einen Sinn gibt. Ich weiss deinen Namen, ja, ich weiss sogar, wo du wohnst. Wann immer ich kann, beobachte ich dich. Ich versuche dir nahe zu sein, obwohl ich es nicht bin, versuche Dinge über dich herauszufinden, obwohl du mich nicht einmal kennst. Kenne ich dich denn? Kann man jemanden kennen, wenn man noch nie mit ihm gesprochen hat? Du bist so unnahbar und trotzdem immer da. Du bist da, wo ich bin, bist immer um mich herum und doch so fern. Wie soll ich dich erreichen? Meine Freunde behaupten, dass du einen

Meine Freunde sprechen einmal mehr nur über die Eroberungen, die sie am Wochenende gemacht haben.

Freund hast, doch wo ist er? Ist er für dich da? Beobachtet er dich auch so liebevoll wie ich dich? Kann er dir geben, was ich dir zu geben bereit bin? Was für ein doofer Tag. Meine Freunde sprechen einmal mehr nur über die Eroberungen, die sie am Wochenende gemacht haben. Ich sitze einfach da und schweige. Mit aufgestütztem Kopf schaue ich aus dem Fenster, betrachte die Regentropfen, wie sie langsam und gleichmässig vom Himmel fallen. An der Tafel steht irgendein Lehrer, redet über belanglosen Kram, den ich nicht höre. Als die anderen aus dem Raum stürmen, packe ich ohne jegliche Hast meine Sachen zusammen, merke, dass ich mir schon wieder keine Notizen gemacht habe, obwohl ich es mir doch vorgenommen hatte. Im Gang drängen sich andere Schüler nahe an mich, viele verschiedene Gesichter strömen an mir vorbei. Doch da, inmitten der Menge erblicke ich eine kleine Lücke. Dort, dort stehst du. Die Zeit scheint stehen zu bleiben, wie in Zeitlupe bewege ich mich gemächlich weiter, immer näher zu dir. Du beachtest mich nicht, schaust geradeaus. Ich starre dich an, möchte dich am liebsten in meine Arme nehmen. Graziös wirfst du dein langes Haar zurück, schwebst weiter. Ganz langsam drehst du den Kopf zu mir, deutest ein schwaches Lächeln an, bevor du dich wieder abwendest. Da ist es wieder, dieses Gefühl von Glück, das mich alles um mich herum vergessen lässt.

Jeanine Ammann, 18, aus Kreuzlingen, mag Sport, Lesen und Zeichnen. Nach der Matura will sie an der ETH Lebensmittelwissenschaften studieren.

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lyrik

Wortspielereien MundArt Gumpä, göiferä, gruusig, giftelä, giigsä (schlächt gölet), Gygä, magerä Girgu, Gring, gnietig, Ghöiu, Gorps, Gemschi, Gopfertami, Gäut, Gamaschä, ginä, Gampu, Gauä, Gwändli, Gschtaut, Geischt, guguus, Guguhopf, Gusto, Granium, Gremium, Gwinn, Gwicht, gwagt, gsung, gnuä, gimrs, gang ga grännä, Gries, groggy, gäbig, Gfauä, Gurnigu, Gschpüri, Gschpändli, Gschpängschtli, gschmuech, grümschelä, gänggelä, gigelä, gröölä, gwaagt, gnau, Gnom, Gsang, Grappa, geschter, gsche, ginggä, gnagä, ghörä, glüüssle, Gieu, Gwundernasä, gangä, gschafft, Gumpibäuäli, Gumslä Güggu, Guschti, Gnuusch, im Güegi, Glugsi. Rittigampfi, Himugüegeli, Höigümper, Miesch, boosgä, abläschälä, schtibitzä, vertörle, umefiguretlä, für z Läbä gärn, schtüpfä, müpfä, süfzgä, umeniflä, sabere, strigle, lisme, luege, lose, loufe, tröschtä, trötzelä, zwängä, töipelä, tüümelä, trööle, trädelä, träie, umerugelä, es Trümeli mache, meiälä, fidlä, fingerlä, schnaagä, umestrolche, schliiche, schleglä, zanggä, schmüselä, äuä, änenache. Lulaatsch, Hampumaa, Nachegaageri, Tütschi, Tschaagä, Scheichä, Schnägg, Wäschpi, Büüsssi ,Hueschtä, Höirüümä, Schnouz, Brüue, Schueu, Nuggi, Pijama, Finöggeli, Mockä, ä nättä Burscht, Schnüggu, Pfüderi, Hagu, Schmierfink, Tscholi, Tüssu, Totsch, Tätschbum, Heiteräfahne, Stäckätööri, Himmuheilandttonner. Fadegrad, a Chopf päfzgerä, speter, itz chasch iiluegä, im Vergäs, pfitz di furt, i chönnt di wuusche, umeschlängge, stogle, stockbsoffe, bloderä, kömerlä, horte, wunderlig, pfuuse, de nid z gääi, fäderläsis machä, tifig, reklamierä, schampar blöd, ling, fideu, Rüebli, Buuch, Nuggi, umätigerä, umäflänzä, möögä, potz tuusig. Ds Preichi, Mäschäli, Hüentschi, Hörnli, Härdöpfu, Hebammä, Servierdüüse. Item.

Nadine Zybach, 18, aus Zollikofen, besuchte das Gymnasium Köniz-Lerbermatt und beginnt nun mit ihrem Jus-Studium an der Uni Bern. Sie spielt Geige, besucht den Ballettunterricht und lacht gerne. «Mein Tag hat immer zu wenig Stunden.»

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Assoziationen Zitronengelb und zuckersüss. Carminrot. Kirschrot. Knutschrot. Azurblau. Leidenschaft. Ich. Leide. Gerne. Von der Sonne geküsst werden. Sonnenstrahlen auf der Haut. Durch die Haut. Gute Nacht. Rot. Knutschrot. Blau? Erst wenn die Leidenschaft nachlässt. Sind wir gezwungen, im Meer zu ertrinken. Doch die Sinnlichkeit wird siegen. Wo finden wir sie? Überall. Man muss nur bereit sein, sie zu entdecken. Staat der Sinnlichkeit. Krasser Widerspruch und Wort-Verbrechen? Wörter können nichts verbrechen, nur der, der sie in den Mund nimmt. Wörter im Mund. Zergehen lassen. Wörter kann man weder schlucken noch verdauen. Haben Bücher Geschmack? Hoffentlich, schliesslich müssen sie von sich überzeugt sein. Wohl eher die Autoren. Papier ist geduldig. Nur unser Verstand nicht. In einem fort lechzt er nach Wort und Sinn. Besser so, als wenn das nicht der Fall wäre. Was sich jedoch wie eine Seuche unter den Politikern zu verbreiten scheint. Seuchen des Geistes. Gegenmittel? Generalamnestie? General Amnestie – Wer ist das? Ich kenn ihn nicht. Ist der Diktator der Geschichte. Dann möchte ich nicht mit ihm Kaffee trinken. Kuchen essen auch nicht. Sonst erdrückt er uns noch. Scheint das Schlaraffenland zu sein. Unbedacht durchs Leben fressen. Völlerei. Brot und Spiele. Als Flucht vor der Wirklichkeit. Scheitern. Glücksverlust. Schlaraffenland. Land der Affen. Der Einfachheit halber nicht aufrecht gehen. Was ist der Mensch denn mehr? Leidenschaftlich der Sinnlichkeit der Völlerei verfallen. Wir sind nur grössenwahnsinnig. Mehr nicht.

Alexandra Preopudis, 19, (links) und Michèle Schenker, 20, beide aus Therwil, besuchen das Gymnasium Oberwil. «Unser Text entstand in einer etwas langweiligen Schulstunde. Es begann mit einem Wort, wir assoziierten weiter und irgendwie entstand plötzlich ein fiktives Gespräch.»

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Standing There Ich stand da, wartete, worauf auch immer. Dann kamst du auf mich zu. Sofort kam dieses Gefühl in mir auf. Was war es? Was hatte es zu bedeuten? Ich bemerkte dein unwiderstehliches Lächeln ... Es raubte mir meinen Verstand, ich konnte nicht mehr klar denken. Geblendet von deinen wunderschönen Augen stand ich da und sah zu, wie du mit meinem Herz an mir vorbei liefst. Ich drehte meinen ohnehin schon verdrehten Kopf noch etwas mehr, um dir nachblicken zu können und um zu hoffen, dass du meinen Blick erwidern würdest. Jedoch währte diese Hoffnung nur, bis du um die nächste Ecke gebogen warst. Da stand ich nun, meine Seele verloren im Spiel der Liebe, mein Herz zertrümmert wie eine zu Boden gefallene Vase.

Deny Ammann, 18, aus Kreuzlingen, mag Schach und Leichtathletik. Berufs- oder Studienziel? «Hmmm … noch alles offen.»

Das Glück Das Glück ist wie ein Vogel. Lässt man ihn hungern, fliegt er davon. Hält man ihn zu fest, tut man ihm weh. Öffnet man die Hände, fliegt er davon. Nimmt man ihm die Freiheit, fühlt er sich eingesperrt. Lässt man das Fenster offen, fliegt er davon. Gibt man ihm keine Liebe und Geborgenheit, fühlt er sich einsam und fliegt davon. Sorgt man sich um das Glück, so bleibt es, lässt man es im Stich, so geht es. Nicht jeder, der es bekommt, hat es verdient, Nicht jeder bekommt es, der es verdient. Wie das Leben, wie die Liebe. Das grosse, wahre und reine Glück gibt es nur einmal.

Monika Stucki, 19, aus Flawil, hat soeben das KV abgeschlossen. Sie mag Filme und Museen, lernt Dänisch und Holländisch. Sie bezeichnet sich als «direkt, ehrlich und humorvoll».

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das hรถrt ja gut auf

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Mladen Penev lebt in Wien und beschäftigt sich in seinen vielschichtigen Fotoarbeiten immer wieder mit dem Überschreiten von Grenzen. «Bei diesem Foto habe ich ein Stück Apfelschale und einen eingefärbten Küchenschwamm verwendet», schmunzelt der 28-Jährige.

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