tango – magazin für schule und studium – 2014/01

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das fängt ja gut an

Big Ben im Farbenrausch Der Gymnasiast Lukas Gawenda, 18, aus Löwenstein, fotografiert seit seinem zehnten Lebensjahr. Er sagt zu diesem Bild: «Big Ben und Westminster Palace sind die Wahrzeichen Londons – fast schon ‹zu Tode fotografiert›. Ich wollte diese weltbekannten Motive aussergewöhnlich im Bild festhalten und gleichzeitig auch mit einem weiteren Symbol Londons verbinden: einem roten Doppeldecker-Bus. Mittels einer Langzeitbelichtung des im Vordergrund vorbeifahrenden Busses habe ich mein Ziel erreicht. Der Bus scheint das Gebäude in der Abenddämmerung wie mit einem Tuch zu umhüllen, auch ein Brautpaar versteckt sich dahinter.» – Mehr von Lukas gibt es auf Seite 64 zu sehen.

4


5


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inhalt

topstory 24

OLÁ, BRASIL! Von Pelé zur Schweizer Nati

report 14 NACHWUCHSFORSCHER Science rocks

reportage 46 VELOKURIER

Höllenritt durch den Grossstadtdschungel

54

50 MEDIZINSTUDIUM Date mit einer Leiche

58 ZUKUNFTSSTADT

Im Teamwork zur Zukunftsstadt

glosse

KRABBENFISCHER

18 SHOPPING

Wer da nicht Bescheid weiss

Jerry Wilson, 33, ist Krabbenfischer in der Beringsee zwischen Alaska und Sibirien.

33 UNGEDULDIG

Allerlei Warterei

Sein Beruf gilt als einer der gefährlichsten weltweit. Alice Eichenberger hat mit ihm

kurzgeschichte

gesprochen.

22 EIFERSUCHT

Sie denkt. An ihn.

30

60 STOPP

Wurde still

62 UNGERECHTIGKEIT Entflammt

interview

Erleichterung: Ich bin nicht der Einzige, der

Suche nach Antworten.

porträt LUKAS HUBSCHMID Spitzenplatz

28 SCHWIMMTALENT

Als Studentin und Athletin in den USA

30

ICH BIN ICH

Ich bin ich – und schwul

umfrage 12

Nur eine Frage

36

Ivans Youtube-Top Ten

52

Moment mal …

foto DAS FÄNGT JA GUT AN Big Ben im Farbenrausch

38 WAISENHAUS Zuckerblau

42 KINDERLACHEN

Die kleinen Perlen von Madagaskar

64

Jungs in meinem Alter kennen. Eine grosse

Warum ich?» Markus Trachsel über seine

Jerry, der Krabbenfischer

4

«Durch das Internet lerne ich schwule

so fühlt! Aber dennoch: Warum bin ich so?

54 KRABBENFISCHER

20

ICH BIN ICH

DAS HÖRT JA GUT AUF Wanderung am Farbenspiel

10 aufruf 62 impressum 8

KINDERLACHEN Kinderlachen umarmt mich, Kinderbeine folgen mir und Kinderhände winken mir zu. Annina Gutmann ist mit dem Rucksack in Madagaskar unterwegs, Kinder werden zu ihren ständigen Begleitern.

42


Die Künstlerinnen und Künstler werden eingeladen ein Team fürs Sammelalbum zu zeichnen

Für die Fussballverrückten in der tango-Redaktion war der Fall schnell klar, denn die Fussball-WM in Brasilien steht schliesslich vor der Tür: Als wir nämlich Wind davon bekamen, dass in Luzern ein alternatives WM-Album mit Fussballstickern entsteht und die Bilder nicht nur äusserst originell, sondern auch auch einem guten Zweck dienen, fackelten wir nicht lange: Fabian Moor suchte Patrick Graf auf, der die Ehre hat, die Spieler der Schweizer Fussballnationalmannschaft zu karikieren. Als wir dessen erste Entwürfe sahen, war es definitiv um uns geschehen. «Wir MÜSSEN tango unbedingt einige witzige Fussballsticker von Ronaldo, Neymar, Benaglio und Co. beilegen», ging die Fussballfraktion einen Schritt weiter. Nach dem Motto «Wo ein Wille ist, ist ein Weg» haben wir dann die Aktion umgesetzt – dass es am Ende geklappt hat und du auf Seite 27 dein Sticker-Starterset findest, macht uns «ganz e bitzeli» stolz, denn nun können unsere Fussballer wie zu Primarschulzeiten weiterhin ihrer Leidenschaft frönen und Fussballbildchen sammeln, tauschen und aufkleben. Wir finden das jetzt nicht mehr so peinlich.

24 OLÁ, BRASIL!

Nicht immer muss es die ganz grosse Kiste sein: Wir freuen uns über alle, die uns erfrischende Texte oder spannende Themen anbieten! Es sind zwar sehr viele Beiträge, die wir immer erhalten, aber jeder Text wird im Team intern besprochen, jedes Mail wird einzeln beantwortet – auch wenn es leider manchmal etwas dauern kann …

Wir spannen mit tschutti heftli und terre des hommes für einen guten Zweck zusammen. Sammle originelle FussballWM-Bilder und unterstütze so ein Projekt in Brasilien!

Damit wäre auch geklärt, dass wir keine Themen vorgeben, aber gerne zur Seite stehen, wenn es zunächst einmal nur um eine Anfrage geht, ob ein Vorschlag realistisch ist oder nicht. Allerdings: Für unsere Strassenumfrage «Nur eine Frage …» (Seite 12) suchen wir jedes Mal einen neuen

NACHWUCHSFORSCHER Noch nie wurden so viele Arbeiten bei Schweizer Jugend forscht eingereicht. Wir stellen einige der prämierten Projekte von Nachwuchsforschern vor.

Fragesteller und auch für unsere neue Rubrik «Meine Youtube-Top Ten» (Seite 36) suchen wir jemanden, der Lust hat, Youtube zu durchforsten. Melde dich bei uns, wenn du mitmachen möchtest. Also: Hast du eine geniale Idee? Bist du gut im Recherchieren? Schiesst du eindrucksvolle Fotos? Zeichnest du grandiose Comics? Dann immer her damit! Wir freuen uns auf dich und deinen Beitrag und drucken ihn im tango ab oder veröffentlichen ihn in unserem Online-Magazin www.tan-

14

go-online.ch. Beachte dazu unseren Aufruf auf Seite 10. Unser Coverfoto stammt diesmal von Oscar Lebeck, 20. Dazu sagt er: «Nach einem langen Dienstagabend waren wir auf der Suche nach einem Taxi. Meine romantisierende Wahrnehmung trieb mich vom Trottoir zwischen die parkenden Autos. Der Verkehr brauste vorbei. Leise und ohne Blitz fing ich das Geschehen ein.»

9


tang

aufruf

OTOGRAFIEREN • ZEICHNEN • SCHREIBEN • DICHTEN • INTERVIEWEN • GESTALTEN • EXPERIMENTIEREN • BERICHTEN DU BIST KREATIV schreibst gerne (und gut) • schreibst spannende Reportagen • verfasst originelle Kurzgeschichten • schiesst starke Fotos • zeichnest witzige Cartoons, Comics, Karikaturen • verfasst eine spezielle Matura-, Abschluss- oder Facharbeit • Dann brauchen wir dich als Geschichtenerzähler/-in oder Reporter/-in oder Fotograf/-in oder Cartoonist/-in …

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originell oderu sonst tn wie rcnhfaszinierend sein. Mache uns einen e ze esn eieHsizauscbh b ris s a F u Artikelvorschlag schicke uns gleich deinen Text. Ha Scbhew lmModer ax h t r e e ü t t s Attraktive Fotos, Zeichnungen etc. erhöhen deine Chancen! or Mi n Btw an Ja Beitrag • Dein sollte 8000 Zeichen (ca. 3 A4-Seiten) nicht übersteigen • Schreibe an: Redaktion tango, Postfach 2133, 9001 St.Gallen oder redaktion_tango@hotmail.com 02

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Schweinsfüsse – im Austauschjahr in Mexiko. Alina Burkart, 18, aus Sins

Sand – wir waren doch alle einmal jung. Riccardo Femiano, 17, aus Muri

12

Lammzunge – wenn ich gewusst hätte, was ich da eigentlich esse! Luca Festini, 18, aus Villmergen

Isländische Leberwurst – man will ja alles einmal im Leben ausprobieren. Cristina Urzola, 18, aus Wohlen


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Glas – das hat mal jemand im Fernsehen vorgeführt, also wollte ich es auch ausprobieren. Liberto Beltran, 18, aus Bremgarten

Austern, direkt aus dem Meer. Igitt! Laura Matter, 18, aus Villmergen

Einen Wurm – ich hatte halt eine Wette verloren. Fabian Manser, 19, aus Arni

Diese Umfrage stammt von Patrick Züst, 18, aus Villmergen. Er besucht die Kantonsschule Wohlen. Er mag Barcelona (am Morgen), London (am Mittag) und Paris (in der Nacht). Er hasst Fahrradfahren im Regen und er wünscht

Eine Zitrone, aber mit Schale!

Corinne Wiss, 18, aus Dietwil

sich ein bisschen mehr Zeit.

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report

Science rocks Noch nie wurden so viele Arbeiten bei «Schweizer Jugend forscht» eingereicht. Wir stellen einige der prämierten Projekte von Nachwuchsforschern vor. Thomas Eppenberger, 20, aus Meggen, setzte sich mit der von Leonardo da Vinci skizzierten Luftschraube auseinander, die als erster Entwurf eines Hubschraubers gilt. Er beschloss, die Luftschraube genauer zu analysieren, um eine gut begründete Aussage über ihre Flugtauglichkeit machen zu können: Wäre die durch Menschenkraft angetriebene Luftschraube von Leonardo da Vinci flugfähig gewesen? Seine Antwort: «Nein.»

Cornelia Jäschke, 20, aus Arlesheim, hat sich mit der Welt der Orgeln auseinandergesetzt und ein Portativ gebaut. «Dabei interessierte mich die Frage, ob es mir als Laie möglich ist, selbstständig ein funktionierendes Instrument zu bauen, also nicht in der Werkstatt eines Orgelbauers.» Nun, der Versuch ist gelungen!

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Olivia und Patrizia Püntener, 19, aus Ebikon, haben die Bremskräfte von Carbon- und Aluminiumlaufrädern verglichen. In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik wurde ein Bremsenprüfstand aufgebaut, um die Bremskräfte zu messen. Getestet wurden zwei Aluminiumlaufräder, ein Carbonlaufrad sowie insgesamt sechs verschiedene Bremsbeläge.

Vitus Durandi, 19, aus Stans, hat einen «Airfist» gebaut. Das Ziel seiner Arbeit bestand darin, ein Luftstossgerät als Discoeffekt zu entwickeln und zu bauen. Ich fragte mich: «Wie kann ich ein Gerät bauen, welches einen starken Luftstoss erzeugt, der mechanisch oder elektrisch ausgelöst werden kann?» Nach Experimenten mit drei unterschiedlichen Funktionsprinzipien hat er sich für ein mit Druckluft betriebenes Gerät entschieden und zwei Prototypen gebaut.

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science rocks

Der Ansatz von Michael

Baumann, 19,

aus Bonaduz geht so: Täglich verkehren immer mehr Drohnen am Himmel und machen der bemannten Luftfahrt zunehmend Konkurrenz. «Aus diesem Grund habe ich mir als Maturaarbeit die Aufgabe gestellt, einen Quadrocopter selbst zu bauen und zu programmieren.» Obwohl diese Aufgabe extrem komplex ist und Wissen in diversen Gebieten der Regelungstechnik, Informatik und Elektrotechnik voraussetzt, flog am Ende Michaels Quadrocopter. Nebenbei entwickelte er auch noch eine Homepage, die ein Video des Fluges, georeferenzierte hochaufgelöste Bilder und den Pfad auf einer Karte darstellt.

Für ihre Maturaarbeit ging

Eva Hanselmann, 22, aus Ennetmoos, der Frage nach, wie die Ergotherapie Kinder mit körperlichen Beeinträchtigungen unterstützt, damit sie eine grösstmögliche Partizipation im alltäglichen Leben erlangen können. In ihrer Fallstudie hat sie zwei Kinder während eines Jahres begleitet.

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Roman Brunner, 19 und Dominik Schilling, 20, aus Tann, haben

TANGO-FACTS

einen eigenen Tablet-Computer gebaut und

SCHWEIZER JUGEND FORSCHT

dazu auch gleich das Software-Interface programmiert. Das Tablet haben sie dabei aus einem Laptop-Computer, einer berührungsintensiven Oberfläche und einem eigenen Gehäuse konstruiert.

Hast du in der Schule oder in der Lehre eine Arbeit verfasst, die du mit viel Motivation weiterverfolgen möchtest? Oder beschäftigst du dich in deiner Freizeit leidenschaftlich mit einem Thema, das du wissenschaftlich vertiefen möchtest? Dann ist der Wettbewerb „Schweizer Jugend forscht» genau das Richtige für dich! Mitmachen kannst du ab dem 14. Altersjahr bis zum Abschluss der Mittel- oder Berufsfachschule. Deinem Einfallsreichtum bezüglich Themenwahl sind keine Grenzen gesetzt. Dein Projekt kann aus Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften oder der Kunst stammen und muss eine wissenschaftliche Fragestellung sowie eine methodische Abhandlung derselben enthalten. Weitere Infos: www.sjf.ch

Patricia Brülisauer, 22, aus Haslen, hat sich In ihrer Arbeit mit dem Titel «Im Auge des Betrachters» gefragt, ob Appenzeller Detailhandelsbetriebe Menschen mit einer starken Seh-

Sascha Fuchs, 19, aus GräniOberholzer, 20,

chen, und Timon

behinderung blindengerecht beraten. Ergebnis: Es gibt noch viel zu tun!

aus Suhr, haben eine Plattform entwickelt, die Filmbegeisterte zu einem Einstig in die Videoproduktion animieren soll. Zudem untersuchten sie typische stilistische Elemente eines Kinofilms und versuchten diese in zwei eigenen Filmen einzubauen.

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Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik an einer international führenden Universität studieren Bachelorstudiengänge ::: Biochemie ::: Biologie ::: Chemie ::: Erdsystemwissenschaften ::: Geographie ::: Informatik ::: Mathematik ::: Physik ::: Wirtschaftschemie Masterstudiengänge ::: Biochemie ::: Biologie mit 14 Vertiefungsrichtungen ::: Biostatistik ::: Chemie ::: Computational Science * ::: Computergestützte Biologie und Bioinformatik * ::: Erdsystemwissenschaften ::: Geographie mit 4 Vertiefungsrichtungen ::: Informatik ::: Mathematik ::: Neuronale Systeme und Computation * ::: Physik ::: Umweltwissenschaften ::: Wirtschaftschemie * spezialisierte Masterstudiengänge mit eigenem Zulassungsverfahren

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8. März 2014, 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr Mehr dazu am Science Info Day – dem Informationstag für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrpersonen Universität Zürich, Campus Irchel, Winterthurerstrasse 190, 8057 Zürich www.mnf.uzh.ch


glosse

D

Kim Pasche och auch ich bin längst Teil dieses

überdimensionalen

Laufstegs, auf dem täglich

tausende Heidi Klums, Bar Refaelis und Naomi Campbells beweisen wollen, wie einzigartig sie sind, indem sie ihre Vorbilder perfekt kopieren. Hüften schwenkend und mit wallender Haarpracht die Zürcher Bahnhofstrasse entlangschreitend, hat das Aussehen den Kampf gegen innere Werte wie Charakter oder Humor längst gewonnen.

Die Jugend geht mit der Mode. Wer sich nicht auf dem Laufenden hält, ist out. Grelle Farben sind das neue

WER DA NICHT BESCHEID WEISS

Schwarz, das kleine Schwarze längst von gestern. Den Kindern schenkt man keine Barbie mehr, eine Brustvergrösserung gehört zum 16. Geburtstag, so machen es uns die Stars vor.

Setze ich mich sonntags bei schönem Wetter mit Freunden an den Zürichsee und geniesse die Sonne, kommt es schon mal vor, dass Barbies Ebenbild in Leopardendress und High Heels den Nachmittag damit verbringt, die Seepromenade auf und ab zu schreiten und die unter Make-up erstickende Visage den Zuschauern zu präsentieren.

Die in Rudeln vorhan-

Ich möchte betonen, dass ich den dreihundert Franken teuren tiefblauen Wintermantel, der nirgends bei New Yorker, H&M, Clockhouse oder Tally Weijl zu finden ist und den bestimmt niemand in meinem Umfeld zu Hause im Schrank hängen hat, nur deshalb gekauft habe, weil er so wunderbar warm gibt.

denen

jungen

Männer

setzen auf Coolness. Sie halten sich eher am Rande des Geschehens auf, wo sie mit Jeans in den Kniekehlen, Caps, die genug Platz für viel Hirn bieten, und Sneakers in allen Farben und Variationen die Barbiekopien

begutachten

und bewerten. Je nach Platz in der Notenskala wird ab und zu eine die-

ser jungen stilbewussten Frauen für würdig empfunden, worauf ein Spruch oder ein lang geübter Pfiff fallen gelasKim Pasche, 20, aus Freienbach, be-

sen wird.

sucht die Berufsschule KV Wetzikon.

Wer da nicht Bescheid weiss, kann

Sie mag es, Zeit mit Freunden zu ver-

sich gleich mit der Gamekonsole zu

bringen. Was sie gar nicht mag: Cola

Hause verschanzen und das Weekend

ohne Kohlensäure, Normalität – und

damit verbringen, den dunklen Mäch-

ihren Wecker.

ten des Science-Fiction zu trotzen. 19


porträt

Spitzenplatz Der junge Informatiker Lukas Hubschmid erreichte an der Berufs-WM in Leipzig den 4. Rang. Die Teilnahme an diesem Grossevent, aber auch der Zusammenhalt im Schweizer Team waren für ihn einzigartig. Lukas Hubschmid im Vordergrund; ich lernte alle 38

mich über den tollen 4. Platz als bes-

nik sind seit der Schulzeit

Teilnehmer des Schweizer Teams

ter Europäer in Informatik/Netz-

meine Passion, von Beginn

kennen – vom Polymechaniker bis

werktechnik.

weg hat mich die Vernetzung meh-

zum Goldschmied, von der Floristin

Natürlich bedeutete die Teil-

rerer

bis zur Köchin. Wie ich unser Team

nahme an dieser WM ein Riesenauf-

Komponenten

interessiert.

Nach Abschluss

erlebt

Professionelle Vorbereitung

der Berufslehre mit Berufsmatu-

wand. Aber die WorldSkills waren

Es war einfach

habe?

für mich eine einmalige Erfahrung,

genial,

da konnte ich meine Hobbys wie die

freund-

schaftlich,

rität belegte ich

mit

an den ICT-Schweizermeisterschaf-

einem tollen Zusammenhalt. Trotz

ten 2011 den ersten Platz, 2102 war

Wettkampf-Stress gab es immer viel

ich Vize-Schweizermeister. In einem

zu lachen!

Musik (Kontrabass) und das Hochsee-Segeln etwas zurückstellen …

Speziell war auch, wie unser Team von Verbänden und in den Me-

weiteren Wettbewerb qualifizierte

Am meisten beeindruckt hat

dien gewürdigt wurde. Besonders

ich mich für die Teilnahme an den

mich aber der Grossevent selbst mit

eindrücklich war der Empfang im

WorldSkills vom 2.–7.Juli 2013 in

über 1000 hochmotivierten Wett-

Bundeshaus durch den Bundesprä-

Leipzig.

kämpfern aus der ganzen Welt und

sidenten und die Standing Ovation

Nun folgte eine intensive Vorbe-

über 200’000 Zuschauern in den fünf

des Nationalrats. Persönlich profi-

reitungszeit, weshalb ich das Infor-

Messehallen in Leipzig. Meine Kon-

tiere ich vom erworbenen Fachwis-

matik-Studium an der Fachhoch-

kurrenz mit Teilnehmern aus der

sen, vom Bewusstsein meiner Stär-

schule Nordwestschweiz etwas zu-

ganzen Welt, von Brasilien über die

ken und Schwächen in Stresssitua-

rückstellen musste. Dabei wurde ich

USA

bis

nach

von einem Fachberater unterstützt

Südkorea,

war

und es hiess: üben, üben, üben ...

sehr stark. Dank

Ich sammelte Erfahrungen beim

meinem

Lösen von Aufgabenstellungen in

wissen und viel Nervenstärke muss-

aus der IT-Branche und anderen

Netzwerktechnik und musste Wett-

te ich mich nur ganz knapp von vier

Berufen. Mein nächstes Ziel? Der

kampfsituationen

In

asiatischen Kollegen geschlagen ge-

Abschluss des Informatikstudiums

drei Vorbereitungscamps standen

ben – aber etwas Glück gehört halt

und der Hochseeschein im Segeln.

Mentaltraining und Teambildung

immer auch dazu. Nun freue ich

trainieren.

Fach-

Glück und Nervenstärke

tionen sowie von all den geknüpften

Kontakten

mit

Personen

TANGO-FACTS ERFOLGREICHES SCHWEIZER TEAM An der alle zwei Jahre durchgeführte Berufs-WM beteiligen sich jeweils über 50 Nationen mit über 1000 Teilnehmenden in

Lukas Hubschmid, 21, aus Effingen/AG, hat

mehr als 40 verschiedenen Berufen. Ein grosser Erfolg auch für das

eine Berufslehre als Informatiker mit Berufs-

Schweizer Team: Hinter Korea belegte es mit 17 Medaillen

maturität abgeschlossen und studiert nun

und 18 Diplomen den zweitbesten Rang. www.swiss-skills.ch

Informatik an der FHNW in Brugg-Windisch.

Informatik studieren an der FHNW: 20

www.fhnw.ch/technik/bachelor/informatik

Seine Hobbies: Musik (Kontrabass) und Hochsee-Segeln.

Bilder: SwissSkills und Lukas Hubschmid

I

nformatik und Netzwerktech-


21


kurzgeschichte

Sie denkt. An ihn. Die Nacht ist klar, der Mond wirft leise Schatten in ihr Zimmer. Das Zirpen der Grillen stört sie, sie ist unruhig. Seufzend dreht sie sich im Bett hin und her. Er ist wieder einmal nicht da. Dana Liechti

K

kein

und die Menschen würden sie aus-

ten, dann erwacht sie wieder. Eine

Anruf seit dem Streit.

einanderreissen. Hämisch lacht die

Hand streicht über ihr Gesicht. Er.

Eifersucht und ein fader

Angst sie aus.

Das Licht brennt, sie sieht in seine

eine

Nachricht,

Geschmack von Enttäuschung liegt

Sie wünscht sich, sie hätten

Augen. Er blickt sie liebevoll an, als

in der Luft. Warum sie ihm nicht

sich nicht so früh kennen gelernt.

hätte er noch nie etwas Schöneres

einfach vertraue, hat er gefragt. Da-

Sie weiss, er ist ihre grosse Liebe.

gesehen. Er legt sich neben sie. Sie

ran liege es nicht, hat sie geantwor-

Sie schläft ein, wacht wieder auf.

spürt seine Wärme, als er sich an

tet. Sie habe nur Angst. Sie seien so

Schweissperlen liegen auf

sie drückt. «Ich liebe dich», sagt er.

jung, er treffe auf so viele andere

Stirn, sie hat geträumt. Von ihm.

Frauen, wenn er nicht bei ihr sei.

Wie er sie verlässt, wie er andere

Vielleicht sei sie ihm nicht genug.

Frauen küsst, wie er ihr den Rücken

Er hat nicht geantwortet, nur, dass

kehrt. Eine Träne wandert über

sie nicht so reden solle.

ihre Wange.

ihrer

Doch die Angst klammert sich

Es ist jetzt dunkel, schwere

schon wieder um ihren Hals, flüs-

Wolken haben sich vor den Mond

tert ihr ins Ohr, dass sie naiv sei, un-

geschoben. Sie fragt sich, wo er

realistisch. Sie seien zu jung, es sei

ist, noch immer keine Nachricht.

unmöglich, undenkbar. Sie würden

Sie kann nicht einschlafen, schläft

niemals zusammenbleiben. Die Zeit

dann doch wieder etwas, nur Minu-

Angst weg. Licht aus.

TANGO-FACTS LIEBESGEDICHTE Du bist so nah bei mir meine Gedanken bei dir die Reize des Verbotenen das Lachen der vergangen Tage (…) Lies «Sehnsucht» und drei weitere Liebesgedichte von Dana Liechti auf www.tango-online.ch/lesen/94.

Dana Liechti, 19, aus Ins, macht nun nach der Matura am Gymnasium Neufeld in Bern ein Zwischenjahr. Sie mag die ersten Schneeglöckchen im Frühjahr, Lachfältchen um die Augen und den salzigen Geschmack des Meeres.

22


Elias studiert an der Hochschule f端r Technik FHNW. Erfahre mehr 端ber sein praxisbezogenes Studium. www.fhnw.ch/zusammenbilden


topstory

Von Pelé zur Schweizer Nati Panini kennt jedes Kind. Aber tschutti heftli? Dabei ist das WM-Stickeralbum aus Luzern viel origineller: Alle Spieler wurden von Künstlern liebevoll gezeichnet, gestickt oder sogar modelliert. Patrick Graf zeichnete die Karikaturen der Schweizer Nati, tango hat ihm dabei über die Schulter geschaut. Fabian Moor

W

er vor der Fussball-WM den

Brasilien. Patrick Graf durfte die Schweizer

Hype um die Panini-Bildchen

Nati zeichnen.

nicht mitmachen möchte, aber

«Mein Ziel beim Zeichnen von Karikaturen

trotzdem nicht auf Sammelspass verzichten

ist es, mit übertrieben dargestellten Gesichts-

will, findet im tschutti heftliSammelalbum eine witzige

merkmalen einen Wiedererkennungseffekt hervorzurufen, sodass man denkt:

Alternative: 32 Künstler

‹Wow, de Pelé hätt ja würkli en Riise-

– durch einen interna-

zingge!›», erklärt Patrick Graf seine

tionalen

Illustrations-

Philosophie. Der Mitgründer der

wettbewerb ausgewählt

Firma Elefant Studios, die sich auf

– zeichneten die Spieler

3D-Animationen und Illustrationen

aller

spezia-lisiert hat, bewarb sich, um

Teilnehmerlän-

der der Fussball-WM in

eine der an der Fussball-WM teilnehmenden Mannschaften fürs tschutti heftli-Sammelalbum zu zeichnen. «Ich bin ein riesiger Fan des Albums. Also wollte ich unbedingt meinen Teil dazu beitragen», sagt Patrick.

Die

Illustratoren

stammen aus der ganzen Welt und wurden

24


Nby orman Whiteside stefanie

ouic-Eekokottlbo Abyssal (17)

dietiker

Zidane

by s onja

rogg

er

Harstchröte

Xhaka

by

by pa tri

ck gr af

durch eine Jury (in der nationale Grössen wie Beni Thurnheer und internationale Stars wie der grosse Pelé sassen!) sowie durch ein Online-Voting von 20 Minuten ermittelt. Und siehe da: Patrick Grafs Pelé-Karikatur landete ganz oben auf dem Podest, weshalb er die Spieler der Schweizer Nati karikieren durfte.

Drei Monate brauchte er, bis Shaqiri und Co. fertiggestellt waren. «Zunächst befasste ich mich mit allen Spielern, beziehungsweise mit deren Aussehen und besonderen Merkmalen. Ich analysierte möglichst viele Fotos in unterschiedlichen emotionaTANGO-FACTS PATRICK GRAF Die schrägen TV-Spots der Bündner Steinböcke Gian und Giachen wurden von Patrick Grafs Elefant Studios www.elefantstudios.ch produziert. Lerne die inneren Werte der Steinböcke kennen: Gian verschluckt die Kamera! Hier findest du noch mehr Arbeiten von Patrick Graf: www.patrickgraf.ch

len Situationen. Danach begann

Drei Monate für Shaqiri + Co.

ich diverse Skizzen zu entwerfen», sagt er. «Viele Karikaturisten zeichnen jeden Gesichtsteil einzeln. Ich hingegen zeichne aus der Fläche heraus, das heisst, ich zeichne zuerst eine Fläche mit der Hautfarbe, dann eine Fläche für die Haa25

do gui


von pelé zur schweizer nati

re und danach kommen immer mehr Einzelhei-

EMANUEL ROTH zeichnet Russland Der Zürcher Emanuel Roth, 26, ist freischaffender Illustrator: «Ich liebe meinen Beruf, weil er mich täglich aufs Neue herausfordert und weil er mir grosse Freiheiten bietet.» Emanuel spielt Fussball bei «Zwietracht Turicum» in der Alternativen Liga Zürich und hat schon Legenden wie Kolumbiens Paradiesvögel Carlos Valderrama oder René Higuita (siehe Bilder unten) gezeichnet. Schau dir auf YouTube die spektakuläre Parade von René Higuita gegen England an! Mehr zu Emanuels Arbeiten: www.emanuelroth.ch

ten dazu.»

Schon schüler

als

Primar-

verbrachte

Pa-

trick viel Zeit damit, mit Hilfe von Post-it-Notizblöcken Daumenkinos zu er-

tja by Ka

SLaotmtaarSacshiendorfer

stellen, meistens handelte es sich um StrichmännchenGeschichten. «In der Oberstufe war ich viel mit meinen Kollegen auf dem Skateboard unterwegs und habe für alle ein individuelles Board gestaltet, indem ich das Design der gekauften Bretter abschliff und selbst etwas Neues entwarf. Meine Eltern bemerkten meine Leidenschaft

und

unterstützten

mich.» Er absolvierte den Vorkurs der Kunstgewerbeschule und anschliessend studierte

Honda

by cl ayt

er an der heutigen Zürcher Hochschule der Künste, wo er die Fachklasse «Wissenschaftliche Illustration» abschloss. Später gründete er mit anderen Freelancern die Elefant Studios. «Auch die aus der TV-Werbung bekannten Bündner Steinböcke Gian und Giachen stammen aus unserer Küche», sagt Patrick lachend, und beginnt während unseres Gesprächs

ganz

locker

eine Karikatur von Ottmar Hitzfeld anzufertigen …

de Jong

by ph ilip

KATJA SCHIENDORFER stickt Griechenland Katja Scheindorfer, 25, ist ein Multitalent: Sie gestaltet Flyer und Plakate, strickt Mützen, häkelt, designt Schmuck … «Ich mag es, so zu leben, weil es abwechslungsreich ist», sagt sie Luzernerin. Sie hat sich entschieden, die griechische Mannschaft mit Nadel und Garn zu … sticken!

waech

ter

Chiellinmialt

rdi by ma

Fabian Moor, 19, aus Kloten, mag «meine eigene Musik,

er

bachilch g o r s

by

t

von anderen mit mir». Er wünscht sich, «dass die Lesenden

ho

by

26

Musik von anderen, Musik von mir mit anderen und Musik

Dmas

Ö nd zil ri k

dieser Buchstaben meine Homepage checken». Also dann:

he

www.thefabmusic.com jo

na

s

on ju nio

r


Olá, Brasil!

Sammelbilder für einen guten Zweck Fred e

by fi lip

tango und tschutti heftli spannen für einen guten Zweck zusammen. Sammle Fussballbilder und unterstütze so auch ein Projekt von terre des hommes schweiz in Brasilien.

altin

o

F

reust du dich auch auf

die Schweizer Nationalmannschaft

spannende Spiele an der

spielt, unterstützt terre des hommes

Fussball-WM

schweiz ein Bürgerkomitee, das sich

in

Brasi-

lien? Hast du Lust, die Wartezeit zu

gegen die unsozialen Auswir-

verkürzen und dich wie in Kinder-

kungen

tagen dem Fussball-Sammelfieber

rechtsverletzungen

hinzugeben? Dann mach es mit dem

Rahmen der WM einsetzt.

tschutti heftli für einen guten Zweck!

Denn nur wenige sind am

Die Macher des tschutti heftli ver-

und

Menschenim

WM-Profit beteiligt. Terre des

suchen der allgemeinen Kommerzia-

hommes schweiz schreibt dazu:

lisierung des Fussballs zumindest

«Ganze Stadtviertel werden dem

ein bisschen entgegenzuwirken. Sie

Erdboden gleichgemacht, nur um

wollen mit ihrem Sammelalbum

beispielsweise

2014 zeigen, dass man auch ohne

parkplatz vor dem Stadion zu bau-

finanzielle Hintergedanken, dafür mit viel Begeisterung Herzblut zu

einem

und etwas

Fussball sollte verbinden – und nicht trennen

sol-

einen

Besucher-

en. Der Strassenhandel, mit dem viele

Menschen

in Brasilien ihren Lebensunterhalt

verdienen,

chen Grossanlass beitragen kann.

ist im Umkreis der Stadien verbo-

Statt langweiliger Fotos bietet das

ten. Das Bürgerkomitee setzt sich

tschutti heftli-Sammelalbum echte

nicht gegen das sportliche Ereignis

Kunstwerke. Die Teams wurden von

als solches ein, sondern macht auf

Illustratoren, Grafikern, Zeichnern

die Missstände aufmerksam und

und Künstlern gestaltet.

fordert mehr Rechte für die lokale

UND SO FUNKTIONIERT DER SAMMELSPASS Auf dieser Seite findest du sechs individuelle Sammelbilder – sozusagen dein Starterkit für das Sammelalbum. (Sollten die Sammelbilder fehlen, dann war leider jemand schneller.) Alle weiteren Infos zu Verkaufsstellen, Tauschbörsen, Release-Party, Online-Bestellung usw. findest du auf www.tschuttiheft.li oder www.facebook.com/tschuttiheftli

Ebenfalls mit viel Herzblut agiert

Bevölkerung – damit die fussball-

Bestelle bereits jetzt dein Sammelalbum.

terre des hommes schweiz, eine Hilfs-

begeisterte brasilianische Bevölke-

organisation, die primär Jugendli-

rung nicht mitansehen muss, wie

che unterstützt. Ein Teil des Erlöses

sich das soziale Gefälle im Land

aus dem Verkauf der Sammelbilder

weiter verschärft. Fussball sollte

In diesem Sinn hoffen wir, dass dir das Sammeln und Tauschen der 500 kleinen Kunstwerke Spass macht, einem guten Zweck dient es sowieso.

geht an ein brasilianisches Projekt:

verbinden – und nicht trennen.»

In der Stadt Salvador, in der auch 27


porträt

Als Studentin und Athletin in den USA Wenn der Wecker um 5.30 Uhr unerbittlich klingelt, ist dies seit dem Sommer harte Realität in meinem neuen Leben als «student athlete» an der Wingate University in North Carolina.

Laura Godenzi

S

28

chnell den Trainingsanzug

more weight, girls!» Danach stürzen

Nach der netten Begrüssung folgt

anziehen, einen Energie-

wir uns ein erstes Mal ins Wasser

die Anwesenheitskontrolle, die hier

riegel verdrücken und ab

und machen hauptsächlich Sprints

sehr streng gehandhabt wird. In

in den Kraftraum, wo sich das ganze

sowie Start- und Wendeübungen.

diesem Semester besuche ich unter

Sprintteam bereits versammelt hat.

Nach dem zweistündigen Training

anderem Statistik, Einführung in

Um Punkt 6 Uhr durchbricht die be-

folgt das Frühstück – der Hunger ist

die Psychologie und natürlich Sport.

stimmte und laute Stimme unserer

gross …

Mein Hauptfach ist Kommunika-

Trainerin Maria die Stille: «Ladies,

«Good morning everybody, how

tion, aber im ersten Jahr an der

one bulldog lap now!», und sogleich

are you guys doing? Did y’all have a

Uni sind viele allgemeine Grund-

drehen wir eine schnelle Runde um

good weekend?», begrüsst uns der

kurse obligatorisch. Den Vorlesun-

den Campus. Zurück im Kraftraum

Professor in breitem Südstaatenak-

gen kann ich gut folgen und bei

sorgt Teamcaptain Amanda mit gu-

zent, als er den

ter Pump-up-Musik für Motivation

Vorlesungsraum

und wir wagen uns an die Gewichte,

mit etwa 30 Stu-

nach dem Motto: «Last set, add some

denten

betritt.

«Go faster, come on, keep it up, guys!»

Fragen kann ich mich immer an die

Professoren

wenden.

Auch


nach den Unterrichtszeiten sind sie

auszutauschen. Etwa die Hälfte der

chen wir oft Footballspiele – meine

für uns verfügbar, und wenn nötig

45 «student athletes» kommen aus

amerikanischen

kommen sie sogar sonntags an die

Europa und Südamerika, daher

chen mir dann mehr oder weniger

Uni.

sind ganz verschiedene Akzente am

erfolgreich die Regeln zu erklären.

Um 12 Uhr herrscht reger Be-

Tisch zu hören. Danach geht es ab

Oder aber wir machen einen Aus-

trieb in der Mensa. Das Angebot

nach Hause, wo die Uniarbeit war-

flug zum nahegelegenen See oder

besteht meistens aus Pasta, Reis

tet. Müde und mit reichlich Muskel-

in eine Shopping Mall. Allerdings

Freunde

versu-

geht in Amerika ohne Auto fast gar nichts …

So bin ich froh, dass sich meine Beharrlichkeit ausgezahlt hat und ich nach unzähligen E-Mails, Formularen, Sprach- und Mathematiktests am Ende ein grosszügiges Stipendium und ein Visum erhalten habe, um Studium und Leistungsschwimmen kombinieren zu können. Das Leben als Studentin und Athletin ist zwar anstrengend, doch erlebe ich viele schöne und manchmal auch überwältigende Momente. «In the end it’s gonna be worth it!» oder Kartoffeln mit Beilagen, Ham-

kater geht dann um 22 Uhr ein lan-

burgern, Pommes Frites und Piz-

ger und strenger Tag zu Ende.

za. Eine Salat- und Sandwichbar,

An den Wochenenden ist je-

Früchte, Joghurt und Desserts er-

weils viel los: Regelmässig schwim-

gänzen das Angebot. Nach dieser

men wir gegen andere Universi-

kurzen Pause ruft bereits wieder die

tätsmannschaften. Die Atmosphäre

Uni: Wöchentliche Kurztests und Prüfungen sind hier üb-

TANGO-FACTS

lich und setzen voraus, dass

Laura Godenzi, 19, aus Chur verblüffte an

man den Stoff immer gut re-

den Schweizer Sommermeisterschaften

petiert.

2013. Sie gewann mit ihren Kolleginnen des

Um 17 Uhr folgt das zweite

Schwimmtraining.

Schwimmclubs Chur die Goldmedaille in

Die

der 4x100-m-Lagenstaffel sowie Bronze in

Trainer treiben uns vom Be-

der 4x200-m-Freistilstaffel.

ckenrand aus an: «Go faster, come on, keep it up, guys!» Wir werden gefordert und gehen an unser Limit, doch wenn man mit 25 anderen

Laura Godenzi, 19, aus Chur, strebt einen Mas-

Schwimmern trainiert, fällt

ter in Kommunikation oder Psychologie an.

es leichter. Ebenfalls sehr

Sie liebt Schweizer Schokolade, hasst Men-

wichtig ist der «team spirit»:

schen mit schlechter Laune und wünscht sich

Nach dem Training besetzt

ein Training mit dem US-Spitzenschwimmer

das Schwimmteam meistens

Ryan Lochte.

zwei lange Tische, nebenan sind viele verschwitze Footballer,

an den Wettkämpfen ist sehr mo-

die auch gerade aus dem Training

tivierend, da die Amerikaner ihre

kommen. Das Abendessen ist eine

Schützlinge frenetisch anfeuern. An

gute Gelegenheit, sich ein wenig

den wettkampffreien Tagen besu-

29


porträt

TANGO-FACTS Hast du Fragen zum Thema Homound Bisexualität? Willst du mehr über Coming-out, Liebe und Sex wissen? du-bist-du.ch ist eine Beratungsplattform für schwule und bisexuelle Jungs, aber auch für Jungs, die sich in ihrer sexuellen Orientierung nicht sicher sind. Berater im ähnlichen Alter wie die Ratsuchenden bieten via E-Mail oder im persönlichen Kontakt Unterstützung im Coming-out-Prozess an oder beantworten Fragen zu den Themen Liebe, Sex und Gesundheit.

30


Ich bin ich – und schwul

Genau am heutigen Tag, an dem ich mir vorgenommen habe, meine Geschichte niederzuschreiben, ist er da. Er klingelt, um sich zu entschuldigen, dass er mich auf dem Weg von der Arbeit zum Bahnhof aufs Übelste beschimpft und mir einfach ins Gesicht geschlagen hat. Und warum? Weil ich schwul bin.

Markus Trachsel Doch beginnen wir von ganz vorne.

rede mit niemandem darüber. Mit

nicht, wie die Reaktion ist … ich

Ich werde als Jüngster in eine

wem auch? Ein Jahr später wechsle

werde der gleiche Mensch bleiben

fünfköpfige Familie, die in einem

ich die Schule. Neues Gebäude, neue

… das Leben wird sich vielleicht än-

kleinen Dorf lebt, hineingeboren.

Leute, neuer Schulweg. Für mich

dern …» Schliesslich lockt mir mei-

Die Kindheit könnte nicht schöner

endlich ein Neustart. Doch bald holt

ne Mutter die drei Worte aus dem

sein: viele Freiheiten, tolle Nach-

mich alles wieder ein. Es fallen wie-

Mund: «Ich bin schwul.»

barn und eine beste Freundin. Be-

der verletzende Sprüche, und ich

Wir führen ein langes und gutes

reits als kleines Kind war ich kein

verstecke aus Angst mein wahres

Gespräch. Ich bin erleichtert und

typischer Junge. Ich spiele mit Pup-

Ich.

spüre die Unterstützung, die mir

pen und ziehe ab und zu einen Rock

Ich bin 16, wechsle an die Berufs-

entgegengebracht wird. Auch die

an. Dieses Benehmen wird mir nicht

schule. Niemand weiss «es». Ich füh-

nachfolgenden Outings im Freun-

untersagt, man lässt mich machen.

le mich einsam, obwohl ich einen

deskreis verlaufen meist viel positi-

In der Primarschule geniesse ich

grossen Freundeskreis habe. Durch

ver, als ich befürchtet habe.

den Unterricht mit fünfzehn Jungen

das Internet lerne ich schwule Jun-

Heute, einige Jahre nach mei-

und fünf Mädchen. Ich gehöre eher

gen in meinem Alter kennen. Ich

nem Outing, kann ich viel offener

in die Mädchenclique, da mir ihre

tausche mich aus und entdecke viele

mit meiner Homosexualität umge-

Themen mehr zusagen. Bereits jetzt

Gemeinsamkeiten zwischen deren

hen. Doch einfach, das ist es nicht.

ist mir klar, dass ich mich mehr zu

Geschichten und meinem Leben.

Negative und beleidigende Sprüche

Jungen bzw. Männern hingezogen

Eine grosse Erleichterung: Ich bin

gehören zu meinem Leben. Darum

fühle. Doch in diesem Alter sehe ich

nicht der Einzige, der so fühlt! Das

kämpfe ich aktiv für die Gleichstel-

keinen Grund, mit jemandem darü-

Bedürfnis, mich meinem Umfeld zu

lung. Denn ich, wie auch viele ande-

ber zu sprechen,

öffnen,

wächst.

re, werde noch heute diskriminiert.

man spricht ja

Welche

Reakti-

Wie auch am heutigen Abend: Ein

erwarten

junger Mann, ein mir bekanntes Ge-

Werde

sicht, beginnt mich zu beschimpfen

ich aus meinem

und schlägt mir ins Gesicht. Und

Elternhaus ver-

warum? Weil ich schwul bin.

auch noch kaum über

Sexualität

oder Liebe. Wir sind noch Kin-

Bin ich nicht normal? Warum bin ich so? Warum ich?

mich?

bannt?

der, und es kann sich doch vieles ändern.

onen

Lachen

mich meine Freunde aus? Bin ich

Mit zwölf Jahren komme ich in

nicht normal? Warum bin ich so?

die Realschule. Schnell werde ich

Warum ich? Viele Fragen und keine

von den Mitschülern auf meine eher

Antworten.

feine Art aufmerksam gemacht und

Meine Mutter bemerkt, dass mit

als «Schwuchtel» beschimpft. Sie ge-

mir etwas nicht stimmt. «Ich habe

ben mir zu verstehen, dass ich nicht

den Eindruck, dich beschäftigt et-

der Norm entspreche, unnatürlich

was.» Das ist der Moment! Wir sit-

Markus Trachsel studiert soziokulturelle Ani-

sei und es offenbar nicht in Ordnung

zen in der Küche. Ich kann kaum

mation an der Hochschule Luzern. Er liebt den

sei, als Mann auf Männer zu stehen.

sprechen. Tränen füllen meine Au-

Geruch des Sees und geht gerne ins Kino. Er

«Nein, ich bin nicht schwul», streite

gen. Ich rede um den heissen Brei:

hasst es, wenn das Essen anbrennt und wenn

ich Gerüchte immer wieder ab. Ich

«… ich möchte etwas sagen … weiss

Menschen unehrlich sind.

31


GEWINNE MIT TANGO EINEN EINTRITT IN DEN EUROPA-PARK FÜR DICH UND VIER FREUNDE!

Beantworte eine Quizfrage auf

www.tango-online.ch/gewinnen


glosse

Allerlei Warterei Langsam reicht es. Ich bin jetzt achtzehn. Ausgewachsen, wahlberechtigt, faltenfrei, gebärfreudig. Das Älterwerden veredelt mich nicht, ich bin weder Wein noch Käse. Merkst du etwas? Es wäre höchste Eisenbahn, um endlich aufzutauchen. Tanja Isler

L

ieber Mr Right

den Tod warten, in der Hoffnung,

sehr geduldig mitteilen, dass dies

Die Suche nach dir

das Paradies zu finden. Aber es gibt

mit dem weiblichen Zyklus nicht

strapaziert mein Nerven-

immerhin Situationen, in denen ich

vereinbar ist.

kostüm erheblich. Wann endlich

dem Warten etwas Gutes abgewin-

Hast du den Wink mit dem Zaun-

wirst du aus deinem Iglu in Alaska

nen kann. Wobei: In meinem Falle

pfahl begriffen? Obwohl ich die

oder aus deiner Höhle im Atlasge-

redet niemand von «Geduldsfaden»,

Queen der Geduldigen bin, will ich

birge kriechen und dich in meinem

sondern nur von «Geduldsstahlsei-

nicht länger auf dich warten. Auf

Leben endlich … ausbreiten?

dich zu warten, hat nämlich absolut

Aus leidvoller Erfahrung weiss

keine positiven Aspekte, weder psychische, physische noch ökonomi-

ich: Auf dem Singlemarkt geht

sche. Die Suche nach dir hat ja

es primitiver zu und her als

auch eine gewisse Zeit Spass

in meinen RTL-2-Trash-TVSerien.

Die

gemacht. Nichts geht über

pietätlosen

Anmachsprüche («Sorry,

das Kribbeln bei ersten

bisch öfter da?») lassen

Dates. Aber wie gesagt: Langsam reicht es!

meine Fäuste zucken. Wären mir jeweils mei-

Stehst du nicht spä-

ne mühsam lackierten

testens in drei Wochen

Nägel nicht zu schade,

bei mir auf der Matte,

wäre ich wohl längst

setzt es ein Donner-

gegen einen dieser chau-

wetter ab. Laut einer

vinistischen Möchtegern-

Studie in meinem Freun-

Alpha-Typen handgreiflich

deskreis haben in hundert

geworden. Nicht dass ich ein besonders

Prozent aller Beziehungen

unausgeglichenes

die Damen die Hosen an. Bei

Gemüt wäre, aber wer nicht zwi-

uns wird es nicht anders sein.

schen Tier- und Menschenwelt un-

Bis zum nächsten Brief,

terscheiden kann, hat es schlicht

deine Ms Right

nicht anders verdient. Ich bin doch

len». Ich kann wirklich richtig gut

keine läufige Hündin, die man von

warten. Vermutlich ist das erblich

hinten packen, bespringen und in-

bedingt. Meine Mutter hat ganze

nert Sekunden begatten kann.

zehn Jahre auf den Heiratsantrag

Schätzchen, die Zeit ist reif, um

meines Vaters gewartet. Das nenne

zu mir zu fliegen, paddeln, wandern,

ich mal eine Geduldsmeisterleis-

hüpfen,

Tempo.

tung. Falls du allerdings glaubst, es

Zwar bin ich ein ziemlich geduldi-

sei nicht notwendig in den nächsten

Tanja Isler, 19, besucht die Kanti Baden und

ger Mensch. Na gut, vielleicht nicht

Jahren aufzutauchen, da es ja kein

möchte Journalistin werden. Sie mag Schnee,

so geduldig wie Nonnen, die, wenn

Problem sei, mit dem Kinderkriegen

Gewitter und lange Sommernächte, und sie

sie Pech haben, achtzig Jahre auf

bis vierzig zu warten, werde ich dir

hasst Pärchen, die in der Öffentlichkeit knut-

whatever.

Aber

schen.

33


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BACHELOR

Ihre Ausbildung ist u ns wichtig

für individuelle Ziele

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T Z U R Y OU

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w. ta

9 n / se e l /   -online.ch

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S

DI

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So viel Spass wie dieser DJ hat wohl selten jemand – ausser vielleicht diejenigen, die ihn beobachten. (1:13 Minuten)

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Der Boxtrainer Agim Mustafa findet ganz eigene Worte, um die Fitness seines Schützlings zu beschreiben: «Er isch brutal getrainiert. Wie eine Maschine, Traktor, Panzer, er schlag. I will eine gute Kampf zum Schauen, zum Sehen, alles, er ist so Kraft brutal.»» (2:28 Minuten) www.tango-online.ch/lesen/95

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37


foto

Die meisten Kinder sind Sozialwaisen, das heisst, ihre Eltern leben noch. Masha und viele andere Kinder glauben daher fest daran, dass ihre Eltern sehr bald kommen und sie abholen.

Zuckerblau

Ich verbringe einen Monat in russischen Waisenhäusern. Dabei blicke ich in Schlaf- und Speisesäle, in denen die Ausstattung nicht die geringste persönliche Spur aufweist. Die Kinder erscheinen wie Fremdkörper im eigenen Lebensraum. 38


Kühl, funktional und ein fröhliches Kind an der Wand – solche Räume und Wandbilder sind typisch für russische Waisenhäuser.

Der Mädchenschlafsaal des Waisenhauses Nummer 2: Die Kinder haben oft nur wenig Privatsphäre und können sich nicht zurückziehen. Deswegen flüchten sich viele in eine Traumwelt.

Svetlana Mychkine

D

ie Wände sind mit einer ölhaltigen Farbe angestrichen, denn

Schmutz lässt sich darauf leicht abwaschen.

ohne die geringste persönliche Note mit dem Lebensraum eines Kindes vereinbaren?

Im Schlafsaal reiht sich Bett an Bett an Bett.

Auf den ersten Blick sehen alle Kinder

Ich habe die ersten fünf Jahre in Russland

sehr glücklich aus, sie lachen und spielen ge-

gelebt und kenne diese funktionalen öffent-

meinsam. Doch sobald sie allein sind, verlieren

lichen Räume noch aus meiner Kindheit. Als

sie sich in Gedanken, starren an die Decke und

Einzelkind wollte ich schon immer wissen,

träumen sich ihre eigene Welt. Auch wenn sie

wie das Leben in einer grossen Gemeinschaft

im Kollektiv leben, sind Waisenkinder oft sehr

sein könnte. Mit meinen Fotos habe ich ver-

einsam. Gerade die Jüngeren glauben fest dar-

sucht, beide Themen zusammenzubringen:

an, dass ihre Eltern irgendwann kommen und

Wie lassen sich diese «eingefrorenen» Räume

sie abholen. Gleichzeitig drängen sie sich in 39


zuckerblau

Je grösser das Waisenhaus ist, umso höher auch die Gefahr der Einsamkeit und Isolation der Kinder. Denn ihnen fehlt eine klare Bezugsperson.

Der Geist der russischen WirGesellschaft ist in den Waisenhäusern deutlich spürbar. Mit meinen Fotos möchte ich die Kinder in ihrer Einzigartigkeit – und gleichzeitig im Kontrast zum Kollektivismus – zeigen.

Ich habe mich oft gefragt: Wie lassen sich diese Räume mit ihrem reservierten Charakter mit dem Lebensraum eines Kindes vereinbaren? Die Kinder erscheinen wie Fremdkörper im eigenen Lebensraum.

40


Von klein auf im Waisenhaus: Die jungen Erwachsenen haben es nach der Entlassung oft schwer, sich zurechtzufinden.

den Mittelpunkt, sobald jemand Fremder in

Daher habe ich auch

die Einrichtung kommt. So läuft ein achtjähri-

den Titel «Zuckerblau»

ges Mädchen sofort auf mich zu und sagt: «Du

gewählt: Blau steht für

bist meine Mama.» Dann kommt sofort das

Wolken

nächste Kind und sagt: «Nein, sie ist meine

reien. Der Zucker, der

Mama.» Und das dritte: «Nein, meine Mama.»

schnell in Verbindung mit Kindern und Sü-

und

Träume-

Zum einen möchte mit den Fotos die Ein-

ssigkeit gebracht wird, hat auch die Eigen-

samkeit und Isolation thematisieren. Zum an-

schaft, sich in Wasser aufzulösen – wie die

deren möchte ich die Kinder in ihrer Einzigar-

Träume der Waisen, die sich in Anbetracht

tigkeit mitten im Kollektivismus fotografieren

der Realität schnell in Luft auflösen.

– und gleichzeitig im Kontrast dazu.

Svetlana Mychkine, 25, hat ihre ersten Lebensjahre in Russland verbracht. Derzeit macht sie ihren Master in Fotografie. Sie liebt Begegnungen mit Menschen aus unterschiedlichen kulturellen Räumen und träumt von einer Weltreise ohne Zeitlimit und Kommunikationsgeräten

41


foto

Die kleinen Perlen von Madagaskar Kinderlachen umarmt mich, Kinderbeine folgen mir und Kinderh채nde winken mir zu. Ich bin mit dem Rucksack in Madagaskar unterwegs, Kinder werden zu meinen st채ndigen Begleitern.

42


43


die kleinen perlen von madagaskar

44


Annina Gutmann, aus Kriens, möchte Pädagogin werden. Sie mag Abenteuer jeder Art und wünscht sich, Flaschenpost auf offener See zu erhalten.

TANGO ONLINE Weitere Impressionen von Annina Gutmanns Madagaskarreise sowie ihre jeweiligen Bildbeschreibungen findest du auf www.tango-online.ch

45


reportage

Höllenritt durch den GROSSSTADTDSCHUNGEL Haben die ein Rad ab? Zwei Thais schmeissen ihre gut bezahlten Bürojobs hin, um in Bangkok eine Marktlücke zu schliessen: Sie gründen ein Velokurierunternehmen. Marco Rüegg war einen intensiven Tag lang mit ihnen unterwegs.

Marco Rüegg

M

uss ich vielleicht die

urlaub in Sibi-

lisch

Regenjacke einpacken?

rien.

sti-

Salat aus grünen

Ein

Zum

scharfen

ckig-schwülen

Papaya. In sport-

verhüllt den Himmel über Bangkok.

Klima

lichem

28 Grad. Eine Luftfeuchtigkeit, die

die

mir schon nach wenigen Treppen-

sen

stufen den Schweiss aus den Poren presst. Von wegen Trockenzeit.

kommt

mit

Tempo

Abga-

lenken wir in die

durchsetz-

Sukhumvit Road

te Luft. Kreuz

ein. Sie hat sechs

und quer durch

Spuren und das

Panot Phutthaisong ist 31 und

die dröhnenden

ist gut so. Vor

gelernter Anwalt. Montri Chantay-

Blechschlangen

ingyong hat 34 Jahre auf seinem

aus Bussen, Taxis und Privatwagen,

ne am ersten Rotlicht tummeln sich

schmächtigen

ein

die schwerfällig durch die Strassen

die Motorräder im Stil eines stän-

Diplom als Ingenieur in der Ta-

kriechen, fräsen rücksichtslose Ka-

dig wachsenden Bienenschwarms,

sche. Statt in klimatisierten Gross-

mikaze-Motorräder.

während die Digitalanzeige die Se-

Buckel

sowie

der

Autokolon-

raumbüros verbringen die beiden

Probefahrt? «No time», bereits

kunden bis Grün herunterzählt. Mit

ihre Arbeitstage jedoch in der tro-

klingelt das Handy an Panots Gurt.

einem tiefen Atemzug saugt meine

pischen Hitze ihrer Heimatstadt,

«First customer!» Unser Dreier-

verwöhnte

zum Soundtrack von Hupen und ratternden

Mo-

toren: Vor vier Jahren starteten sie das Projekt «BikeXeng er»,

46

Wolkenschleier

Fahrradfahren in diesem Moloch scheint ähnlich empfehlenswert wie Strandurlaub in Sibirien.

Schweizer

Luftröhre

spurt

mehr Feinstaub ein als während ei-

den

Links-

nes Marathonlaufs entlang der A1

verkehr

gespann in

ein,

zur Stosszeit. Katalysator? In Thai-

der Westler im

land offenbar ein Fremdwort. Wäre

Sandwich

zwi-

Bangkok ein Mensch, dieser Ab-

schen den Kolle-

schnitt der Sukhumvit wäre seine

gen.

stinkende Achselhöhle.

Einstöcki-

ein Velokurierunternehmen nach

ge Holzhäuser und reich verzierte

Eine Dame drückt Montri ei-

westlichem Vorbild. Doch Fahrrad-

Tempeldächer ziehen vorbei, auf

nen gelben Umschlag und ein paar

fahren in diesem Moloch scheint

dem Trottoir Stände mit Satay-

Scheine in die Hand. Panots Fin-

ähnlich empfehlenswert wie Strand-

Spiesschen und Som Tam, dem teuf-

ger flitzen derweil auf dem Touch-


screen seines Smartphones umher.

eine Pizza, unter den Reifen er-

50 Baht Grundtarif verlangen die

streckt sich die Stadt aber fast ins

Kuriere pro Sendung, dazu 15 Baht

Unendliche.

pro Kilometer, berechnet frei nach

Sämtliche

Google Maps. Lohnt sich das Ge-

weggebrannt,

schäft? «Wir sind auf gutem Weg,

Mordshitze, eine gnadenlose Son-

weil wir ein fortschrittliches Unter-

ne sticht mir in den Nacken. Statt

nehmen sind», sagt Panot. In Zeiten

7-Eleven-Supermärkte und Shop-

des Klimawandels werde umwelt-

ping Malls säumen jetzt Berge von

schonende Fortbewegung überall

zurückgelassenen Sandsäcken und

zum Thema. Erst recht in Thailand,

nach Schmierfett stinkende Werk-

das die Launen der Natur während

stätten die Strassen, die kaum mehr

der

im

in Englisch beschildert sind – was

lich, aber so genau scheint das die

Herbst 2011 zu spüren bekam. «Das

bedeutet, dass ich jegliche Orientie-

hochmotivierten

ist unsere Chance und unser Haupt-

rung verliere. Meinen beiden Beglei-

gar nicht zu kümmern. Ein paar

argument», sagt Panot.

tern scheint das

Jahrhundert-Hochwasser

Zügig voran jedoch geht die

nur

Wolkenreste sind

unwesent-

blauer

Himmel,

Bangkok ist flach wie eine Pizza, unter den Reifen erstreckt sich die Stadt fast ins Unendliche.

Fahrt, längst schlängeln wir uns

lich anders zu

nicht mehr durch ein Wirrwarr

ergehen.

aus Mazdas und Toyotas, die Ge-

und Montri be-

schäftskomplexe an der Sukhumvit

sprechen unter-

verblassen im Dunst zu einer vagen

einander irgend-

Idee am Horizont. Dankbar steige

etwas,

ich aus dem Sattel, sobald die Stra-

lieren in alle Himmelsrichtungen.

Panot

gestiku-

Geschäftsführer Ehrenrunden im Quartier? Gern doch, es geht ja schliesslich primär ums Radeln, erst in zweiter Linie um Effizienz. Panot kennt

zwar jede Schraube seines Masi und

sse nur ein bisschen ansteigt – was

«20 Kilometer vom Zentrum ent-

darüber hinaus wohl das gesamte

ausschliesslich bei Überführungen

fernt», bemerkt Panot. Okay, aber in

Klassement der letztjährigen Tour

der Fall ist. Bangkok ist flach wie

die richtige Richtung? Wahrschein-

de France. Doch die Kreuzung, an

47


K TBE

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02.2013

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Als jüngster Pilot in 80 Tagen um die Welt

01.2013

mit den Emos

Der Shootingstar

laurin KrauSz hat’s geschafft

Wie Sarah Bär im tansanischen Waisenhaus anpackt

Oliver Kirsch Multitalent

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Am Hauptbahnhof

Eine Nacht

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LaBiu

Hausbesuch bei Hausbesetzern

Dating-Kandidat in chinesischer TV-Show

vor Rekordflug

Watoto Wetu

Nordkap retour

Damian Isler

Carlo Schmid

02.2012

antwortet Max Frisch

Giada Berini trampt durch Alaskas Wildnis

01.2012

Jan Bühlmann

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Mister Schweiz

Am Ziel

Tiziana Gees

Himalaya-Trekking mit ungewissem Ausgang

02.2011

Natalie Hunziker

verteilt Schuhe in Rumänien

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Topmodel

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Switzerland's next

02.2010

Julia Saner

Marius Arter

baut Skateboards in Nepal

Mathias Jordi Solarracer

- und Studi

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hilft in Südafrikas Townships

Down Under

gs

roten aldmenschen

Selina Beghetto

01.2010

lals

M

Jan Scherrer Snowboarder

Phänomenaler Mundart-Reggae

Der Pokerspieler hat den coolsten Nebenjob

01.2011

knackt die Gendoping-Formel

Segelt mit Umweltaktivist Mike Horn in Neuseeland

Pipe and Powder

Phenomden

Stefan Huber

baut ein fliegendes Boot

ngebote

Am Puls

Raphael Stierli rappt für Thailands Kinder

Elena Möschter

Lucas Wittwer

Simon Straetker

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der Spur der

ME

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T

ZU

Ma

259 Tage

als Geis der Taliba

Daniela WiDMer unD Dav


höllenritt durch den grossstadtdschungel

Babybananen. Panot zählt auf, was

In dem Moment fühle ich mich als

er definitiv noch nie gesehen.

er und seine Mitarbeiter im Alltag

Zwerg in der Häuserschlucht.

Ausdauer, Orientierung und die

sonst so in ihren Taschen mittra-

Es kostet mich die letzten Kraft-

Liebe zum Sport sind Grundvor-

gen: Hasenfutter, Speicherkarten,

reserven, das geliehene Bike zurück

aussetzung für einen potenziellen

Geburtstagsgeschenke, Dokumente.

in den Süden der Stadt zu fahren.

Messenger in Bangkok. Vor allem

Mit vollem Magen, aber umso

Dann endlich, das Wat Ratcha Singk-

anderen jedoch muss ihn sein Ar-

schwereren Beinen zurück nach

hon. Sportlicher Abschied, Hände-

beitsplatz faszinieren, dieser bro-

Downtown. In dieser Tropensau-

schütteln, Schulterklopfen, «Chock

delnde Gigant mit all seinen bizar-

na rinnen mir die salzigen Tropfen

Dee – alles Gute für die Zukunft!»

ren Gegensätzen – Holzhütten und

auch beim Geradeausradeln in Bä-

Eine halbe Stunde später wasche ich

Wellness-Hotels Tür an Tür, Tennis-

chen über Wangen, Nase, Rücken

mir einen Film aus Salz und Russp-

socken-Touris, Gourmet-Köche und

und

greise Mütterchen an den Frisch-

Ich keuche, kur-

märkten nebeneinander auf Ein-

ble, um Kontakt

kaufstour, Liliengärten und Abfall-

mit Montris Hin-

halden, Shiva und Jesus Christus in

terrad zu wah-

einer Reihe. Ständig im Sattel findet

ren. Die Silhou-

man sich den Launen der Stadt aus-

etten der Wol-

gesetzt; dem Stossverkehr, der Hitze,

kenkratzer wachsen, genauso wie

von ihm ab. An einem der Plastik-

dem Monsun, dem Dreck. Mit den

die Schweissflecken auf meinem

tische

Quartieren ändern sich Gesichter,

T-Shirt – und das Verkehrsvolumen.

restaurants in der Soi Rambuttri

Düfte, Menschen. Businessanzüge

Im Silom District heisst es: «stop

verschlinge ich ein Phat Thai. Und

hier, die kurzen Röcke der Schuluni-

and go», mit deutlichem Schwer-

dann gleich noch einmal eines. Und

formen ein paar Strassen weiter.

Brustbein.

Ich wasche mir einen Film aus Salz und Russpartikeln von der Haut. des

artikeln von der Haut, das kalte Wasser

rinnt

vom Duschkopf auf den Körper und warm

perlt

lau-

wieder

Garküchen-Strassen-

punkt auf Ersterem. Strassenmar-

dann mache ich mich auf den Weg

Uhr, Mittagessen. Am

kierungen verkommen zur Maku-

zum kühlen Feierabendbier in einer

Rand einer mit Lebensmitteln voll-

latur, der theoretische Velostreifen

Jazzbar. Mit dem Bus, versteht sich.

gestopften Markthalle brät eine fül-

ist mit Rollern verstopft. Wieselflink

lige Lady drei Portionen Reis mit

manövrieren sich Montri und Panot

mariniertem Huhn, dazu oranger

durch die Blechlawine, meine helve-

Tee auf Eis, macht zusammen 90

tische Lunge wird wieder ordentlich

Baht, also etwa drei Franken. Mein

durchgeräuchert. Ein Taxi zwingt

Glas leere ich in einem Zug, Montri

mich zur Vollbremse, die Kuriere

schaufelt den Lunch wie ein Mäh-

drohen im Getümmel zu entwi-

drescher in den schmalen Leib. Zum

schen, irgendwo blitzt zwischen den

Dessert spendiere ich einen Bund

Karossen Panots weisser Helm auf.

12.15

Marco Rüegg, aus Zürich, mag den Geruch fremder Städte, Supermärkte kurz vor Ladenschluss und Bücher von Nick

Mario FuchS hat’s getan ein Monat mit asylsuchenden

arcel Schütz hat’s gewagt

e

der wir uns gerade befinden, die hat

ausgewandert in die arktis

Cave. Er hasst platte Reifen sowie Verpflichtungen und Entscheidungen.

seln an

viD och

49


glosse

Date mit einer Leiche Der Geruch des Formalins, womit die Toten konserviert wurden, umgarnt meine Nase. Heute beginnt der bekannteste Teil meines Medizinstudiums: der Praparierkurs. Valeria Widmer

M

t sieben anderen Stu-

Dann der Griff zum Skalpell, es

Zweimal pro Woche werde ich

denten trete ich an

geht ans Eingemachte. Es wird nicht

nun im Angesicht des Todes ver-

einen mit einer Plas-

bluten. Aber schneiden müssen wir

bringen. Und zu Hause dicke Bücher

tikplane bedeckten Metalltisch. Da

trotzdem. Zunächst sezieren wir die

wälzen: Acht Kilogramm Fachlite-

liegt sie nun: unsere Leiche. Die Au-

Gliedmassen. Wir puhlen die Haut

ratur müssen in meinem etwa ein-

gen sind geschlossen. Ein mensch-

ab und legen die Blut- und Ner-

einhalb Kilogramm schweren Hirn

licher Körper in nicht mehr lebensfrohen Far-

Da liegt sie nun: unsere Leiche.

venbahnen frei. Zu Beginn ist in

Im Präpsaal kämpfe ich mich

Augen

Stück für Stück durch die Schich-

ben. Dieser Mensch sieht definitiv

alles nur gelb: Fett ist gelb, Nerven

ten. Übung macht den Meister: Ich

tot aus.

sind gelb, Arterien sind gelbrötlich,

erkenne unterdessen sogar die ver-

Männlich, 178 cm, 87 Jahre. Mög-

Venen sind gelbbläulich. In die-

schiedenen Gelbtöne. Das zu Hau-

nicht

ser gelben Masse kämpfen wir uns

se Gelernte lässt sich im Präpsaal

sichtbar. Die erste Berührung: Die

Millimeter für Millimeter mit dem

direkt umsetzen. Den Namen des

Haut fühlt sich ledrig an. Die Ge-

Skalpell durch und fragen alle paar

Nervs, den du eigenhändig von Fett

lenke sind ziemlich steif, aber der

Minuten unseren Tutor, ob das nun

befreit hast, vergisst du nie mehr.

Mann hat sich ja auch schon lange

ein Nerv oder nur Gewebe sei.

liche

Todesursachen

nicht mehr bewegt …

50

unseren

Platz finden.

sind


Ein spannender Moment ist

Mir fällt während des Semes-

jetzt auf eine Bestattung verzichten

die Eröffnung des Bauchraums.

ters auf, dass sich auch unser Hu-

mussten. Uns Studierenden wird

Wer träumt nicht davon, einmal in

mor verändert. Die Leiche wird

wieder bewusst, dass wir es hier mit

Därmen zu wühlen? Doch schnell

allmählich vom Mensch zur Sache,

Menschen zu tun haben. Menschen,

wird mir klar, dass es nicht so ro-

das Abpuhlen der Kopfhaut wird

die genauso im Leben standen wie

mantisch wie in Grey’s Anatomy

mit dem Schälen eines Apfels ver-

wir. Memento mori.

ist, die Därme sind nämlich noch

glichen … Umso wichtiger ist es

Der Wissenszuwachs im letzten

voll. Bei unsauberer Präparation

für mich, im Anatomiechor mitzu-

Semester war gewaltig. Die Lernta-

singen. Wir sind

feln im Präpsaal wirken nun nicht

dreissig

kann der braune stinkende Inhalt austreten seinen

und

Geruch

voll entfalten …

Dann der Griff zum Skalpell, es geht ans Eingemachte.

So richtig eklig

Medi-

mehr bedrohlich, sondern vertraut.

zinstudenten, die

Das ist gut so, schliesslich wird es

mehrere Lieder

später mein tägliches Brot sein,

vierstimmig ein-

Schmerzen genau zu lokalisieren

studieren,

und damit verbundene Defekte zu

um

wird es allerdings erst, als wir den

sie am Semesterende im Rahmen

Darm heraustrennen und leerspü-

einer Gedenkfeier aufzuführen. So

len müssen. Schluck.

erhalten diese Menschen, die ihren

Neben den Därmen fallen auch

Körper der Wissenschaft zur Verfü-

die anderen inneren Organe dem

gung stellten, plötzlich wieder ein

Skalpell zum Opfer. Leber, Milz

Gesicht. In der Kirche sitzen nicht

und Niere mit all ihren Gefässen

nur wir Studierende, sondern auch

werden schön auspräpariert, das

die Angehörigen der Verstorbenen.

Organ in der eigenen Hand in alle

Für jeden Verstorbenen zünden

Richtungen gedreht und gewendet.

wir eine Kerze an und zeigen so

Zur Aufbewahrung dürfen die Or-

unser Mitgefühl und unsere Dank-

gane in der mit Formalin gefüllten

barkeit gegenüber jenen, die ihren

Organbox zusammen schwimmen

Körper spendeten, und gegenüber

gehen …

den Angehörigen, die deswegen bis

erkennen.

Valeria Widmer, 22, studiert Humanmedizin an der Uni Basel. Sie mag es, bei Wind und Regen zu joggen, frische Ananas zu essen und in Seen zu schwimmen. Sie hasst farbige Socken, Leggins und alles, was pink ist. Gerne würde sie die Schweiz vom Gipfel des Eigers aus betrachten.

51


umfrage

MOMENT

WO WÄRST DU GERADE JETZT AM LIEBSTEN? Manu Zhao, 16: Zuhause – Vor dem Fernseher sitzend, mit einer Packung Chips …

Daria Peter, 18: Auf einem Riesenrad. Martina Berchtold, 17: Im Bett – eingedeckt mit Essen!

Michelle Ammann, 18: Am Strand in Thailand mit einem Fruchtsaft in der Hand.

Felix Haldimann, 18: Als Pinguin am Südpol.

Alisa Hangartner, 17: Auf einem Baum.

WOVON KANNST DU DICH NICHT TRENNEN?

Nicole Fahrni, 17: Von meinen Ohren, da ich sonst keine Musik hören könnte.

52

Dominik Gadze, 17: Von meinem Ego.


MAL …

HAST DU LUST, UNSER NÄCHSTER FRAGESTELLER ZU SEIN?

WELCHE ERFINDUNG BRAUCHT DIE MENSCHHEIT DRINGEND?

Dann melde dich bei uns und erhalte

Fr. 222.–

Honorar für deine Strassenumfrage! Michael Herrmann,18: Geheizte Klobrillen!

redaktion_tango@hotmail.com

Glenda Giardina, 19: Ein Tag zwischen Samstag und Sonntag.

Pascale Egli, 16: Eine Friedenstablette – für Gerechtigkeit und gegen Krieg.

Lukas Bösiger, 17: Eine Auswendiglernmaschine …

Carolina Misztela, 17: Schokolade, die nicht dick macht.

Bensu Özkul, 18: Von meinen Haaren (heilig!).

Laura Martinola, 17: Von meinem Kleiderschrank.

Diese Umfrage stammt von Heidy Kurath, 17, aus Zürich. Sie besucht die Kantonsschule Zürich Nord mit Schwerpunktfach Spanisch. Sie liebt Bücher und Filme, die sie zum Weinen bringen und sie hasst den Geruch von geschälten Mandarinen an den Fingern.

53


interview

Jerry, der Krabbenfischer Jerry Wilson, 33, ist Krabbenfischer in der Beringsee zwischen Alaska und Sibirien. Gefischt wird im Winter bei Temperaturen von bis zu minus 25 Grad. Sein Beruf gilt als einer der gefährlichsten weltweit. Alice Eichenberger hat ihn getroffen. Interview: Alice Eichenberger

J

errys Hände sind aufgrund der Kälte zu riesi-

JERRY, WIE WIRD MAN EIGENTLICH

gen Pranken angeschwollen. Er ist sich nicht

KRABBENFISCHER?

sicher, wie viele seiner Finger gebrochen sind –

Als ich mit 18 die High School ab-

alle schmerzen gleich. An den Lippen hat er Frostbeu-

schloss, arbeitete mein älterer Bru-

len. Und doch liebt Jerry seinen Job über alles.

der bereits als Krabbenfischer und verhalf mir so zu diesem Job. Meine Aufgabe war es, die riesigen Fangkörbe mit Ködern auszustatten.

TANGO-FACTS

Da die Bedingungen in der Beringsee extrem hart sind, konnte ich es

BERINGSEE

kaum erwarten, wieder nach Hau-

Die Beringsee liegt zwischen der Westküste Alaskas (USA) und der

se zu fahren und schwor mir, diese

Ostküste Sibiriens (Russland). Sie wird geschätzt für ihren Reichtum und gefürchtet für ihr Wetter. Wer hier nach «snow crabs», den Schneekrabben, fischt, kann ziemlich reich werden – oder sterben. Haushohe Wellen, arktische Stürme und das Rennen um die besten Fänge machen den Job der Krabbenfischer zu einem der gefährlichsten der Welt. Der digitale TV-Sender DMAX hat daraus sogar eine TV-Dokuserie gemacht.

Arbeit nie wieder auszuüben. Doch ich ging wieder und wieder, lernte dazu, und mittlerweile kann ich mir nichts anderes vorstellen. WIE SIEHT DEINE ARBEIT ALS KRABBENFISCHER AUS? Ein Leben auf einem Krabbenschiff ist kein normales Leben. Wir arbeiten hart und sehr lange; manchmal nehmen wir das Abendessen um elf Uhr morgens ein, nur weil das Morgenessen um elf Uhr nachts

stattfand.

Drei

Stunden

Schlaf müssen reichen. Krabben werden im Winter gefischt. Die Arbeit ist doppelt so schwer, wenn alles gefroren und rutschig ist. Die

54


Körbe, in denen wir die Krabben

und meine Nase waren schon gebro-

fangen, können vom Eis meilenweit

chen. Bei hohem Wellengang kann

verschoben werden. Werden die Bo-

sehr schnell etwas schiefgehen. Un-

jen vom Eis gar abgeschnitten, sind

erfahrenheit und Müdigkeit sind die

der Korb, die Krabben und viel Geld

grössten Gefahren auf Deck.

verloren … Doch die besten Krabbengebiete befinden sich leider weit

ES GIBT IMMER WIEDER TÖDLI-

nördlich und frieren deshalb auch

CHE UNFÄLLE. WIE FÜHLT ES SICH AN,

schnell zu.

WENN MAN HINAUSFÄHRT UND WEISS, DASS VIELLEICHT NICHT ALLE ZURÜCK-

WARST DU JE VERLETZT?

KEHREN?

Oh ja, ich hatte schon viele Krat-

Diese Gedanken hast du immer

zer und Beulen. Alle meine Finger

im Kopf. Aber es bringt Unglück, 55


Was wir an Wissen weitergeben, wird Schule machen.

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jerry, der krabbenfischer

Wenn man sich da nicht festhält, wird man leicht über Bord gespült.

über solche Dinge zu sprechen. Vielleicht verdrängen wir es auch nur.

ABER ... Und dann die einzigartige Stimmung zwischen den Besatzungs-

HARTE ARBEIT, KAUM SCHLAF, VER-

mitgliedern! Wir sind wie eine Fa-

LETZUNGEN, EISESKÄLTE – WAS GE-

milie, wir „Kids“ nennen den Kapi-

FÄLLT DIR DENN AN DEINEM BERUF?

tän sogar „Dad“ und den Deckboss

Es ist pure Leidenschaft, ich lebe

„Mom“. Der Deckboss sagt uns im-

meinen Traum! Während der Arbeit

mer, wann wir essen oder schlafen

fühle ich mich mit der Natur total

gehen sollen. Ausserdem verdienen

verbunden: Ich geniesse Naturspek-

wir sehr gut, es ist jedes Mal wie ein

takel wie Wasserhosen, Nordlichter

Lotteriegewinn.

oder aber all die Wale, Walrösser lichsten Momente sind immer jene,

WIE SIEHST DU DEIN LEBEN IN ZUKUNFT?

in denen riesige Wellen unser Schiff

Ich hoffe, ich kann noch etwa

überfluten und es fast zum Kentern

zehn Jahre Krabben fischen. Viel-

bringen. Wenn man sich da nicht

leicht kaufe ich mir danach mein

festhält, wird man leicht über Bord

eigenes Schiff und gehe auf Lachs-

gespült. Normale Menschen wären

fang.

Alice Eichenberger, 19, aus Läufelfingen, be-

geschockt, doch wir schreien dann

sucht das Gymnasium Liestal. Sie mag Alaska,

immer herum, wie cool es sei ... Wir

die Offenheit der Menschen bei Nacht, hasst

leben für diese Momente.

kalt gewordenen Kaffee und wünschte sich, Hunde wären wie Katzen

57

Fotos: Casssandra Cook-Cooper und DMAX

und Delphine. Doch die eindrück-


glosse

Im Teamwork zur Zukunftsstadt Die Ferien beginnen bald. Ich möchte weg, weit weg. Schliesslich lande ich in Singapur, umgeben von Wolkenkratzern und Smog. Und forsche für die ETH Zürich. Andrea Häberlin

D

Ich

Ich bin Ethnologie- und Kommu-

könnte also den ganzen

nikationsstudentin – mit Architek-

Sommer

ie

Ferien

nahen.

mings, deren Resultate wir auf weissen Blättern festhalten.

durcharbeiten

tur hat das also nicht wirklich viel zu

Unsere Aufgabenstellung geht

und etwas Geld anhäufen für Zeiten,

tun. Genau das aber ist das Ziel: In-

davon aus, dass sich das urbane

in denen es mal wieder knapp wird.

terdisziplinarität, Teamwork, Krea-

Wachstum im 21. Jahrhundert zu-

Von morgens bis abends Flyer ver-

tivität und viele verschiedene Sicht-

nehmend auf der südlichen Erd-

teilen oder mich in ein Gummikos-

weisen sind erwünscht. Die Zusage,

halbkugel abspielen wird. Für den

tüm quetschen und den Clown spie-

die ich dann erhalte, macht mich

Norden wurden schon verschiedene

len? Eine öde Vorstellung. Wie wäre

ziemlich sprachlos. Ich in Singapur

Modelle und Visionen entworfen

es mit Sonne, Strand und Meer und

inmitten dieser immensen futuristi-

und weiterentwickelt, aber es gilt,

dolce far niente? Doch «all inclusi-

schen Wolkenkratzer? Ich muss mir

unterschiedliche

ve» ist auf die Länge auch ziemlich

erst einmal einen gültigen Pass be-

dichten, -wachstumsraten und kli-

kulturlos und trist …

sorgen ...

matische Verhältnisse zu berück-

Bevölkerungs-

Auf der Webseite der ETH Zü-

Ende Juni ist es soweit. Den bun-

sichtigen und sich mit der regiona-

rich lese ich dann gross und fett:

ten Haufen junger wissenshungri-

len Bevölkerung auseinanderset-

«CALL FOR APPLICANTS – ETH

ger Wesen übersieht man nicht so

zen. Es geht also nicht um das blosse

Summer School Future Cities». –

schnell. Vor dem Future Cities Lab

Kreieren futuristischer Gebäudefas-

Forschen. Sich Gedanken machen

in Singapur stehend, wartet jeder

saden, sondern um die Auseinan-

über Zukunftsstädte. Nachhaltig-

Einzelne gespannt, bis das Abenteu-

dersetzung mit den vorhandenen

keit. Ideen sammeln. Diskutieren.

er «Zukunftsstadt» losgeht. Zweifel

Strukturen. Nun leuchtet mir ein,

Mit Studenten aus der ganzen Welt

nagen an mir, ob ich über genügend

weshalb wir nicht nur Architektur-,

an einem Ort zusammenarbeiten.

Fachwissen verfüge. Und tatsäch-

sondern auch Soziologie- und Phi-

Teamwork. Ist das nicht eine Schuh-

lich: In der ersten Woche hagelt es

losophiestudenten benötigen. Es ist

nummer zu gross für mich? Den-

nur so von Fachbegriffen. Vorlesun-

dieser bunte Mix, der die Teamar-

noch lese ich weiter.

gen und Crashkurse halten mich

beit erst möglich macht.

Seit 2010 bietet die ETH neu-

wach. Ganz schön intensiv für den

Alles in allem: drei tolle Wochen

gierigen Studierenden an, sich im

Anfang, denke ich. Ab der zweiten

voller Erfahrungen und ganz viele

Rahmen der ETH Sustainability

Woche steht dann ganz oft «Design

neue Bekanntschaften – bombas-

Summer School theoretisch und vor

Studio» im Stundenplan. In fünf

tisch gute Sommerferien!

allem praktisch mit nachhaltigkeits-

verschiedenen Teams arbeiten wir

relevanten Themen auseinanderzu-

hochkonzentriert. Jeder vor seinem

setzen und sich mit Gleichgesinnten

Laptop oder mit dem Notizblock

aus aller Welt auszutauschen. 30

in der Ecke sitzend, ab und zu un-

Studenten aus verschiedenen Fach-

terbrochen von kurzen Brainstor-

gebieten werden nach Singapur ein-

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geladen. Die Kernfrage im vergan-

Andrea Häberlin, 21, aus Zürich, studiert an der Uni Zürich Ethnologie

genen Jahr: Wie sehen nachhaltige

und Kommunikation. Sie mag Stift und Papier, Fenchel, Curry und Tofu

Städte der Zukunft aus?

und wünscht sich dereinst eine eigene Gemüseplantage.


TANGO-FACTS ETH SUSTAINABILITY SUMMER SCHOOL Die ETH Sustainability Summer School findet jeweils im Juli statt und dauert drei Wochen. Möchtest du dieses Jahr auch an der Sommerakademie dabei sein? Dann klicke auf www.ethz.ch/de/ die-eth-zuerich/nachhaltigkeit/aus-und-weiterbildung/ sommer-und-winterschulen.html und bewerbe dich. Das diesjährige Thema lautet: «Health».

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kurzgeschichte

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Wurde still Eines Morgens lag sie wach und unbeweglich in ihrem Bett und dachte bei sich, dass sie die Zeit erfahren wollte. Gerne hätte sie sich mit den Füssen gegen den Lauf der Zeit gestemmt und «Stopp» gerufen. Rebecca Knoth

D

ie Sekunden und Minu-

Sie war noch keine tausend

Barfuss lief sie weiter. Bald wa-

ten rannen ihr durch die

Schritte gelaufen, da machte sie die

ren die Füsse empfindlich von den

Hände, Eindrücke entflo-

Entdeckung, wie unglaublich stark

Steinchen und dem kratzigen Gras.

hen ihr, sie taumelte nur noch durch

sie diese stumpfe Fortbewegungs-

Mit den Augen suchte sie stetig

Morgen, Mittag, Abend, Nacht. An

art anödete. Ihre Beine schienen ihr

den Boden ab, setzte die Ferse erst

diesem Morgen fühlte sie, wie sie

lahm und schwer. Ein jeder Schritt

auf, wenn sie einen glatten Stein

Lust überkam, zu sehen. «Wie ger-

brachte kaum Neuigkeiten, stets

oder einen Flecken Wiese sah. Ihre

ne», so überlegte sie still, «hätte ich

dieselbe Sicht, derselbe Grund. Sie

Weglinie wurde krumm. Sie nahm

mal mehr als eine blosse Ahnung

fühlte sich klein und nichtig.

Anlauf, trippelte und glich mit geho-

von meiner Umgebung und all der

Die Sonne schien hell, ihr Kör-

Vorgänge in mir und mich herum.»

per war erhitzt, als sie sich zu einer

Ja, sie wollte lernen, sich den Din-

kurzen Rast niederliess. Sie zwei-

Haarsträhnen hingen ihr ins

gen zu widmen, innezuhalten und

felte sehr an ihrem Vorhaben, die

Gesicht, Staub klebte an den Fü-

sie wahrzunehmen.

benen Armen aus. Sie lachte auf. Es war lustig, so zu gehen.

Zeit zur Geruhsamkeit zwingen zu

ssen und Händen. Wie der Kater

Die Wanderschuhe im Keller

wollen, waren ihr Rücken doch nass

am Morgen legte sie sich nieder

waren ziemlich angestaubt. Mit ei-

vom Schweiss und ihr Kopf leer

auf trockenes Moos in einer hellen

vom langen Lau-

Waldlichtung. Sie machte sich lang,

fen. Das hatte sie

spürte Zug in den Sehnen, drückte

nun davon. Sie

die Schultergelenke durch, hob die

sass auf einem

Brust und liess alle Luft aus ihrem

kniehohen

nem Lappen und wenig

Wasser

wischte sie die Schuhe

sauber.

Seufzend hob sie den Kopf – und staunte.

Fel-

Körper weichen. Lächelnd blieb sie

sen, die Ellen-

auf dem Rücken liegen. Ihr Herz

in der Hocke und schrubbte. Der Ka-

bogen auf den Beinen aufgestützt,

pochte gegen die Rippen und wur-

ter drehte sich mit langgestrecktem

den Kopf gegen den braunen Boden

de wieder still. Pochte, wurde still.

Körper auf dem sonnenbeschiene-

hängend. Seufzend hob sie den Kopf

Pochte, wurde still. Pochte, wurde

nen Boden.

– und staunte. Da war sie nun auf

still. Wurde still.

Sie sass draussen auf der Terrasse

Mit

derselben rasenden Ge-

einer Anhöhe angelangt, der Blick

schwindigkeit, in der sie durch die

ins Tal war frei. Felsen von einem

Zeit schlitterte, hatte sie in Zug, Bus

längst vergangenen Bergsturz ruh-

und Schiff den Raum passiert. Dar-

ten sperrig im Hang; die Talebene

um, so schien ihr, sei Laufen, Gehen

war mit Getreidefeldern bewirt-

zu Fuss, eine angemessene erste

schaftet, dazwischen lagen kleine

Massnahme auf der Spur zur Lang-

Bauernsiedlungen.

samkeit.

hatte sie während der ganzen Wan-

Von

alldem

derung noch nicht einmal etwas ge-

Rebecca Knoth, 24, aus Brugg studiert an der

ahnt. Es war, als sei sie blindlings

Uni Zürich Umweltwissenschaften und könnte

durch die Gegend gewandelt.

sich vorstellen, Wissenschaftsredakteurin zu werden. Sie mag es, im Brunnen vor dem Haus zu baden, und sie hasst es, in vollen Zügen zu pendeln.

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impressum

kurzgeschichte

Entflammt

Verlag, Redaktion, Anzeigen tango magazin für schule und studium Postfach 2133 9001 St. Gallen Telefon 076 513 28 57 redaktion_tango@hotmail.com www.tango-online.ch

Mitarbeitende dieser Ausgabe Alice Eichenberger Annina Gutmann Lukas Gawenda Laura Godenzi Ivan Gunjic Andrea Häberlin Lukas Hubschmid Tanja Isler Rebecca Knoth Dana Liechti Heidy Kurath Fabian Moor Svetlana Mykine Kim Pasche Marco Rüegg Natascha Strasser Markus Trachsel Valeria Widmer Patrick Züst

Gestaltung

In Windeseile lief das Mädchen den Flammen entgegen, deren Hitze ihr peitschend ins Gesicht schlug. Sie musste ihre Lider zusammendrücken, um den Eingang des brennenden Hauses erkennen zu können. Natascha Strasser

K

aum hatte sie ihr Ziel erreicht, hielt

Eine Rauchschwade hüllte sie

sie abrupt inne und rang nach Luft.

mit Qualm ein, der ihr in den Augen

Dann zügelte sie ihren Atem, zog

brannte – da glaubte sie, aus den Au-

die Luft langsam ein und stiess sie im selben

genwinkeln ihren Vater zu sehen.

Tempo wieder aus, gleichmässig und ruhig.

Ehe sie sich ihm zuwenden konnte,

Nur zu gut wusste sie, dass vorschnelles Han-

raubte aufkommender Qualm ihr

deln sie nur ihr eigenes

Moni Rimensberger schwarzefeder.ch

Leben kosten und nichts

Bilder

beitragen

zur Hilfe des

Anderen

würde.

Lang-

Kartengrafik (S. 54) rimensberger.net S. 12/13 rangizzz, 123rf S. 14–17 oly5, 123rf S. 18 Oleg Gekman, 123rf S. 12 agencyby, 123rf S. 28 Andrey Armyagov, 123rf S. 32 lightwise, 123rf S. 46/47 Dmitry Kushch, 123rf S. 49 wirojsid, 123rf S. 50 MrPants, istock S. 52/53 Teerachai Sahassa, 123rf S. 54/55 Oskari Porkka, 123rf S. 57 Richard Lindie, 123rf S. 62/63 Kampee Patisena, 123rf

samen Schrittes stieg sie

Druck AVD Goldach Sulzstrasse 10 9403 Goldach

Auflage 26‘000 Exemplare

Abonnement Einzelausgabe: Fr. 5.– Jahresabonnement: Fr. 10.–

Erscheinungsweise halbjährlich (15. März / 15. September)

Redaktions- und Anzeigenschluss 15. Februar / 15. August

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nun über verkohlte Bretter des Zaunes, der einst

erneut die Sicht

Dass sie als wertloses Mädchen das Licht der Welt erblickt hatte, liess er sie täglich spüren.

als erste Hürde gegen un-

und

sie

liegte

ihre Hände vor die Augen. Die leere Dunkelheit beruhigte sie für einen

Moment,

als plötzlich vor

erwünschte Besucher gedient hatte und nun

ihrem inneren Auge das Bild ihres

nutzlos unter ihren Füssen einen knarrenden

Vaters erstand. Das liebende Lä-

Ton von sich gab. Sie erreichte die Tür, die er-

cheln in seinem Gesicht machte das

staunlichen Widerstand gegen die Flammen

Bild unwirklich und fremd – nie hat-

leistete, öffnete sie mit einem Ruck und warf

te er sie dieses Lächeln sehen lassen.

einen Blick hinein.

Er hatte sich stets einen Jungen er-


hofft. Dass sie als wertloses Mädchen das Licht

digungen auch sein mochten. So beobachtete

der Welt erblickt hatte, liess er sie täglich spü-

Mei-jing oft sehnsuchtsvoll die Beziehung von

ren. Einzelne Erinnerungsfetzen suchten ih-

Jungen in der Nachbarschaft zu deren Vätern,

ren Weg an die Oberfläche, liessen sich nicht

die ihre Söhne wie kleine Kaiser erzogen und

länger unterdrücken – und während sie die

nach Herzenslust verwöhnten. Die Jungen

ersten Tränen spürte, die über ihre Wangen

spürten ihre Überlegenheit und begannen

rannen, gab sie sich den schmerzvollen Erin-

das Mädchen zu piesacken, wann immer sie

nerungen hin.

ihr begegneten. Die Finger tief in ihr Kleid

Mei-jings frühste Erinnerung war die

vergraben, die spröden Lippen verkrampft zu-

schweissnasse Hand ihres Vaters und die

sammengepresst, stand sie dann nur da und

Scham, die ihm ins Gesicht geschrieben stand,

nahm die Provokationen widerspruchslos hin.

als sie während eines Spaziergangs auf seine

Ein kindlicher Schrei erlöste sie wieder

Freunde trafen, die allesamt stolz einen Jun-

von den unangenehmen Erinnerungen – sie

gen präsentieren konnten. Dies war zugleich

riss die Augen auf und folgte dem nun immer

der Moment der Erkenntnis, dass sie, wenn

leiser werdenden Wimmern. Sie bemühte sich

auch eigentlich als Wunschkind geltend, als

nun nicht mehr um Achtsamkeit, hastete die

Person jedoch niemals erwünscht gewesen

morschen Treppenstufen hinauf und erblick-

war. Das Geschlecht des Kindes entschied in

te auch sofort den kleinen Jungen, der auf sei-

ihrem Staat über die Zukunft einer Familie –

nem Bett kauerte. Keuchend ergriff sie seine

während Jungen das Rentensystem ersetzten

Hand, zog ihn ruckartig über ihre Schulter,

und der Aufgabe nachgingen, die eigenen El-

öffnete das Fenster und sprang. Ehe sie auf-

tern im Alter zu unterstützen, wurden Mäd-

prallte, sah sie, wie mehrere Männer auf sie

chen verheiratet und kümmerten sich danach

zurannten, unter denen sie auch ihren Vater

ausschliesslich um die El-

ausmachen

tern des Angetrauten.

nahm

Der Moment ihrer Geburt bedeutete für Meijings Familie daher eine finanzielle Katastrophe und

Dass sie als wertloses Mädchen das Licht der Welt erblickt hatte, liess er sie täglich spüren.

zugleich den Verlust einer Chance, die in der chine-

konnte.

nichts

Sie

Weiteres

mehr wahr als den Aufprall und ein unangenehm klingendes

Knacken

in

ihrem Körper. Sie warf einen letzten Blick auf das Gesicht ihres Vaters, der

sischen Einkindpolitik nur einmal vergeben

sich über sie gebeugt hatte, sah Stolz und Sor-

wurde. Ihr Vater hatte nie versucht, seine

ge, dann hüllte sie die Dunkelheit ein.

Enttäuschung in ihrer Gegenwart zu verbergen und vermittelte ihr von jeher das Gefühl, schuld an allem zu sein, was der Familie an Schlechtem zustiess, wie absurd die Anschul-

Natascha Strasser, 21, aus Trimbach, besucht die Neue Kantonsschule Aarau und möchte danach Psychologie studieren. Sie mag selbstgemachten Quittenkompott und Ausverkäufe in normalerweise zu teuren Läden. Sie hasst ihren Wecker, Spinnen über dem Bett und Blumenkohl.

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das hört ja gut auf

Wanderung am Farbenspiel Dieses Bild stammt von Lukas Gawenda, 18, aus Löwenstein. Es entstand im Yellowstone-Nationalpark: „Wir gingen zur Grand Prismatic Spring, einer der weltweit grössten Thermalquellen. Die ganze Schönheit der Formen und Farben erschliesst sich allerdings erst von einem höheren Standpunkt aus. Also stiegen wir auf einen nahegelegenen Berg. Bereits beim Aufstieg bemerkten wir zwei Bisons, die sich langsam in Richtung Grand Prismatic Spring bewegten. Ob sich diese wohl an den Rand der fragilen Erdkruste wagen würden, unter der etwa 90 Grad heisses Wasser fliesst? Ich suchte mir einen geeigneten Aufnahmeplatz und wartete. Nach einiger Zeit gingen die beiden Bisons tatsächlich zu den fantastischen Farbstrukturen am Rand der heissen Quelle. Auf diese Art gelang es mir, eine schon so häufig fotografierte Naturschönheit zusammen mit den ‘Ureinwohnern’ des Yellowstone Parks festzuhalten und dadurch eine neue Bildaussage zu erzielen. Es bleibt mir als ein unvergesslich beeindruckendes Naturerlebnis in Erinnerung.” – Mehr Fotos von Lukas findest du auf seiner Homepage www.lukasgawenda.de.

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Beton Symphonie

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Kevin studiert an der Hochschule für Wirtschaft FHNW.

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Wir werden nicht ruhen www.ubs.com/check-in © UBS 2012. 2011. Alle Rechte vorbehalten. vorbehalten. 2014.


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