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GLOBAL URBANISATION Dichotomie der Metropolregion Berlin-Brandenburg

Masterthesis

Department D1 - Entwerfen Studio Blumfeld Hanada Prof. Kazu Blumfeld Hanada AA. Dipl.

03/2019

Falk Frühling FACHHOCHSCHULE MÜNSTER


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Inhalt 7

Annahmen für ein bauliches Konzept „Hub“

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Entwurfsbeschreibung

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Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

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Annahmen für ein bauliches Konzept „Hub“ Der Versuch einer Theoriebildung und Ausarbeitung eines gesamtheitlichen Konzepts für Werneuchen bedarf der ganzheitlichen Betrachtung mehrerer Aspekte.

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Theoriebildung Die Veränderung der ländlichen Regionen und Siedlungsformen unterliegt sowohl der funktionalen als auch der sozialen Urbanisierung. Hierbei ist zwischen einer physischen und einer sozialen Ausbreitung zu unterscheiden. Im Allgemeinen historischen Kontext konnte man eine Ausbreitung der Urbanisierung bis in das späte 19. Jahrhundert feststellen, welche sich in der heutigen Zeit in den meisten Industrieländern zu einem funktionalen Urbanismus wandelte und die Ausbreitung städtischer Lebensformen bis in die ländlichen Räume vortrieb. Diese Suburbanisierung und die damit verbundene Diffusion der Stadt durch Abwanderung städtischer Bevölkerung und Funktionen, wie Industrie und Dienstleistungen, in ihr umliegendes Land sind auf den demographischen, ökonomischen und sozialen Wandel zurückzuführen. Unter soziologischen Aspekten führt Niklas Luhmann in der theoretischen Analyse der Gesellschaft die funktionale Differenzierung des gesamten Systems in mehrere Teilsysteme auf: Wirtschaft, Kunst, Religion, Beziehungen, Erziehung, Recht, Gesundheit und Familie. (vgl. Lughmann 2002:12) Das Umdenken vieler Stadtbewohner mit Sehnsucht nach regionaler Verbundenheit und vertrauten Qualitäten hat in den vergangenen Jahren an Präsenz gewonnen. Die jahrelange Landflucht in deutsche Großstädte ist gestoppt. Fast 80% der Bevölkerung sind nach Umfrage der Bundesstiftung Baukultur im Jahr 2015 bereit, gerne auf dem Land in einer Mittel- oder Kleinstadt zu leben. Eine weitere Umfrage von Forsa im Sommer 2018 zeigt sogar, dass in der Hauptstadt Berlin ein Drittel der Bewohner lieber woanders wohnen würde. Bei zugezogenen Berlinern sogar fast die Hälfte. Ähnliche Werte, schreibt Zukunftsforscher Dr. Dettling, würden auch die anderen Großstädte Frankfurt, München, Köln und Hamburg erzielen. Die Differenz aus Zu- und Fortzügen in den sieben größten Städten ist erstmals seit 20 Jahren negativ. Potenziale bieten die demographischen, ökonomischen und technologischen Entwicklungen. Die demographischen Prognosen für die nächsten Jahre müssen aufgrund der Zuwanderung in den letzten Jahren neu berechnet werden. Für schrumpfende Regionen im Westen und Osten Deutschlands, die besonders unter der Abwanderung leiden, ist dies eine Möglichkeit, den Anstieg von 82 auf 84 Millionen Einwohnern aktiv mitzugestalten.Trotz alledem, dass die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung in kleinen oder mittleren Städten lebt, suchen viele der klein- oder mittelständigen Betriebe, die in den Provinzen auf ihren Gebieten Weltmarktführer sind, auf dem Land nach Arbeitsund Fachkräften. Besonders Regionen, die von der Abwanderung betroffen sind, suchen nach Arbeitskräften und Auszubildenden. Prognosen zeigen sinkende Arbeitslosenzahlen. Die Großstadt hingegen kämpft weiter mit steigenden 7


Bewohnern. Der Wohnbedarf lässt sich in Zukunft nicht mehr decken, sodass die Mieten und Lebenshaltungskosten steigen. Insbesondere durch diese enormen Kosten gilt nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft jeder fünfte Bewohner einer Großstadt als kaufkraftarm. In Zukunft wird sich die Armut in den Städten und Metropolen ballen, wenn ein Großteil des Einkommens für Miete ausgegeben wird. Mietbezogene Ausgaben in Höhe von 25 bis 45 Prozent des Einkommens sind derzeitiger Standard für Großstädte, in den ländlichen Regionen sind es dagegen teilweise nur 10 Prozent. Und auch die Eigenheimquote liegt auf dem Land bei 80 Prozent. (vgl. Die Zeit 2018) Gerade die technologische Weiterentwicklung ermöglicht es den Bürgern auf dem Land zu leben. Die digitale Revolution führt zu einer Dezentralisierung von Leben und Arbeiten. Eine flächendeckende Internetversorgung ermöglicht Tätigkeiten auf dem Dorf oder in der Kleinstadt auszuüben, die vorher nur in Städten vorgefunden wurde. Lange Wegstrecken und alltägliches Pendeln in die Städte sind dadurch hinfällig, weil immer mehr Menschen von Zuhause arbeiten können. Die Menschen haben dadurch mehr Freizeit und mehr Zeit für die Familie. Diese Form der Telearbeit, die es dem Bewohner ermöglicht, von überall zu arbeiten, bildet eine neue und alternative Form der Lebensgestaltung. Eine flexible Arbeitsgestaltung fordert die Offenheit der Mitarbeiter und das Vertrauen der Vorgesetzten. Deutsche Dax-Unternehmen unternehmen bisweilen Versuche, neue Arbeitsmodelle in den Geschäftsalltag zu implementieren und gehen zum Teil so weit, dass es keine festen Arbeitsplätze mehr gibt. Mitarbeiter von Daimler oder Bosch haben seit einigen Jahren keine Präsenzpflicht mehr im Büro. Der sichere Zugriff vom Smartphone, Notebook oder Tablet ist kein Problem mehr. Laut einer Studie von dem Computerhersteller Dell und Chip-Hersteller Intel, sehen Mitarbeiter die Vorteile von konzentrierter Arbeit, Zeitersparnis durch weniger Pendeln und mehr Zeit für Familie und Angehörige. Im privaten Umfeld genutzte Apps für Instant-Messaging, Online-Meetings oder Videokonferenzen entsprechen zudem den Vorgaben des “Digital Workspace” vieler Firmen. Andere Studien bemängeln die Möglichkeiten des Homeoffice. Es arbeiten demnach häufiger Telearbeiter zwischen 22 und 6 Uhr und auch regelmäßig zwischen 20 und 22 Uhr. Schuld daran sind zumeist ein zu hohes Pensum, die internationale Zusammenarbeit mit Kollegen in anderen Zeitzonen oder auch der Wille, am heimischen Arbeitsplatz die Chefs zu überzeugen. Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat ermittelt, dass auf diese Weise Mitarbeiter Zuhause doppelt so viele Überstunden machen, wie wenn diese im Firmenbüro sitzen. (vgl. Handelsblatt 2017) Ausgehend von diesen Veränderungen bilden sich neue Formen der Mobilität. Mobilität gilt als treibende Kraft im Urbanisierungsprozess, entweder mit neuen Konzepten als Hoffnungsträger für Integration und Identifikation oder überregional re-organisierend. Eine mögliche Mobilitäts-Flatrate des öffentlichen Personen8


nahverkehrs, der den Unterschied zwischen Stadt und Land hinfällig erscheinen lässt, wäre nur ein Ansatz. Polyzentrische Stadtlandschaften aus Städten und Regionen mit hoch-vernetzten Strukturen wären so stärker aufeinander angewiesen. Ähnlich der Luhmann’schen Systemtheorie könnten sich Teilsysteme auf einen Sektor spezialisieren und als Agglomeration aus vielen Kleinstädten und Gemeinden agieren. Unterstützung würde unter anderem zu den Themen der Wirtschaft, Digitalisierung, Mobilität, Gesundheit, Bildung, Kultur, Arbeit und Tourismus kommen. So ist es möglich, eine Strategie zu entwickeln, die die vorhandenen Siedlungstypen der Klein- und Mittelstädte in Metropolnähe mit erfolgreichen Prinzipien der Vergangenheit, zeitgenössischen Ansätzen der Nachhaltigkeit, Energieversorgung, Mobilität und heutigen Technologien neu verknüpft und zu einer eigenen Kulturlandschaft weiterentwickelt. Aus dieser neuen Art der Urbanisierung und Ruralisierung entsteht so die “Neue Urbanisierung” - ein Zusammenschluss von Teilsystemen zu einem Gesamtsystem. So sind Bewohner global unterwegs und lokal zu Hause. “Auf’s Land ziehen ist kein Umzug mehr zurück in die Provinz, sondern nach vorne in die Zukunft.” (vgl. Die Zeit: 2018)

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Industriebrache altes Bahnhofsgebäude

Waagenhäuschen

Flugzeugbunker

Stadtgarten

Hausruine Brachfläche altes Postamt HUB

Rathausplatz Eckhaus

Bauernhof

Gemüsegarten

Schloßgarten 250m

500m Flugzeughangar

Siloruine

1000m

1500m

Verortung der Möglichkeitsräume in Werneuchen

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Pflichtenheft Die Manifestierung des Konzepts in der Architektur und der Stadtplanung definiert sich durch folgende 10 Punkte: Vitale Gemeinde • Ortskern verdichten: dem Problem schrumpfender Gemeinden mit dem aussterbenden Ortskern lässt sich durch eine gezielte Nachverdichtung entgegenwirken. Es ist dabei darauf zu achten, keine großflächigen Neubaugebiete auszuschreiben, sondern Baulücken und Brachflächen im Ortszentrum zu bebauen und leerstehenden Bestand zu erhalten bzw. zu sanieren. Zudem sparen die Gemeinde und der Bauherr kosten. Ortskerne, die keinen direkten Platz für Baumaßnahmen jeglicher Art in der Ortsmitte haben, könnendie nötigen Interventionen konzentriert in unmittelbarer Nähe der Ortsmitte schaffen, den Ortskern unterstützen und mit diesem nicht konkurrieren. • Gewerbemischung im Zentrum der Siedlung: Eine lebendige Ortsmitte ist wichtig als Anknüpfungspunkt für das örtliche Gemeinschaftsleben und Schlüssel zur Vermeidung von Leerstand. Innovative, multifunktionale, kulturelle und bedarfsgerechte Konzepte mit aktiver Unterstützung der Bevölkerung, Initiativen und Gewerbetreibenden beleben den Ort. Öffentliche Einrichtungen, Dienstleistungen, Einzelhandel, Wohnungsangebot, öffentliche Räume bilden die Voraussetzung hierfür. Besonders das Kreativegewerbe hilft dem Stadtbild, neue Potenziale zu entdecken und zu fördern. • Im regionaltypischen Stil bauen: die Bebauung im ortsspezifischen Kontext bewahrt und stärkt die Identität. Es ist darauf zu achten, dass Material, Form und ein lokaler/regionaler Baustil übernommen, angepasst oder weiterentwickelt bzw. neu interpretiert wird. • Verkehrsberuhigung für autogerechte Orte: viele der ausgelagerten Funktionen sind für die bessere Erreichbarkeit aus dem Ortskern ausgelagert worden. Die zusätzliche Verkehrsbelastung durch Lärm und Abgase wurde bei Wohnenden als störend empfunden. Andererseits ist eine ausgeglichene Nutzungsmischung bei gleichzeitig guter Erreichbarkeit für ein attraktives Wohnumfeld wichtig. Angesichts der kurzen Wege innerhalb von Landgemeinden, Klein- und Mittelstädten bieten Fuß- und Radwege hier ein großes Potenzial. Infrastruktur und Landschaft • Infrastruktur ortsspezifisch planen: Investitionen sind maßgeblich an funktionale Notwendigkeiten gekoppelt. Mit dem bewussten Umgang von Sanierung, Um- und Ausbau bietet sich ein Mehrwert 11


für Natur-, Landschafts- und Erholungsräume und damit für die Bewohner. Zudem ist die Energiewende mit entsprechender Gewinnung erneuerbarer Energien einer fundamentale Gestaltungsaufgabe der Landschaft. Die lokale Vegetation spielt bei Bauvorhaben und deren Rohstoffbedarfeine wichtige Rolle. Der Anbau lokaler Holzarten und die Nutzung lokaler Rohstoffe verleiht dem Ort eine besondere bauliche Identität, die ihn mit der Region verbindet. Dies bewirkt auch bei Besuchern ein charakteristisches und authentisches Erscheinungsbild. Meistens sind die örtlichen Bautraditionen an die dortigen klimatischen Bedingungen geknüpft. • Interdisziplinär arbeiten: Unterschiedliche Gebietskörperschaften und Maßnahmenträger sind verantwortlich für den Umbau der Landschaftsräume und den Erhalt, Rückbau und Ausbau von Verkehrsinfrastruktur. Eine interdisziplinäre Auseinandersetzung von Ingenieuren und Gestaltern ist in allen Planungsphasen gefragt. Funktionsabläufe und gestalterischer Anspruch müssen verbunden werden und setzen ein besonders kreatives Potenzial frei. Baukulturelles Bewusstsein muss dabei von der öffentlichen Hand gefordert und gefördert werden. Hilfe in Form von Beiräten und Expertengremien können einen hohen gestalterischen Anspruch sicherstellen. • Neue Nutzung durch Konversion: den Gemeinden stehen oft kleine und große Flächen für eine Umnutzung zur Verfügung. Innerorts sind dies oft Brachflächen, die zur Nachverdichtung und Stärkung des Ortskerns genutzt oder in grüne Erholungsflächen umgewandelt werden können. Ziel sollte es für das Flächenmanagement sein, dass der Flächenverbrauch reduziert, den “Donut-Effekt” vermeidet, das Klima schont und die Qualität der Landschaft bewahrt. Regional bedeutsamer Hochwasserschutz wie auch die Renaturierung von ehemaligen Abbaugebieten für Naherholungszwecke verleihen der Region eine neue Ausstrahlungskraft. Grün- und Freiflächen bieten generell ein großes Potenzial, multifunktional genutzt zu werden. Sie tragen positiv zur Steigerung des Mikroklimas und der Aufenthaltsqualität bei. Kooperationen der Region sind wichtige Voraussetzungen für regionale Parks und Erlebnisräume. Die Nutzung von erneuerbaren Energien hilft nicht nur der Energiewende, sondern verleiht der Gemeinde ein zukunftsweisendes Leitbild. Die Wechselwirkung zwischen den baulichen Eingriffen und der Lebensqualität des Ortes zu erkennen, ist ein wesentlicher Teil des Erfolgs von Baukultur. Planungskultur • Kompetenzen stärken, voneinander lernen und zusammenarbeiten: In den meisten Gemeinden und Städten wird die Baukultur oft für die (Re-)Aktivierung oder Belebung des Gemeinschaftslebens genutzt und ist integraler Bestandteil. Als Gemeinde dient diese selbst als baukulturelles Vorbild. Ein offener und transparenter Um12


gang mit den Problemen bietet betroffenen Orten die Chance zur Reaktivierung der Gemeinschaft. Interkommunale Gemeinschaften bilden Lerngemeinschaften, aus denen weitere Kooperationen entstehen können. Formate wie Planungswerkstätten und Workshops sowie Reisen zu Referenzprojekten eröffnen neue Gestaltungsmöglichkeiten. Baukulturinitiativen, Berufsverbände und Kammern sind wichtige Multiplikatoren. Die übergreifende Zusammenarbeit spielt dabei auch ebenenübergreifend eine zentrale Rolle. • Bedachte Bodenpolitik: Aktive Bodenpolitik stärkt die öffentliche Verantwortung und macht eine Gemeinde handlungsfähig. Entwicklungs- und Leerstandsmanagement benötigt ein aktives Flächenkataster. Das Vorleben einer aktiven Ankauf- und Vergabepraxis und Beteiligungsprozresse ist ein wichtiges Mittel das Sozialleben einer des Ortes zu stärken. • innovative Planung: Lebendige Formate in der Beteiligung und Vermittlung stärken die Identifikation mit dem Ort und verbessern das Planungsergebnis. Gerade kleine Orte brauchen die aktive Teilnahme der Bewohner, Initiativen und Vereine an Planungsprozessen. Kern einer guten Planungskultur ist der Einsatz von innovativer und lokal angepasster Aktivierungs- und Beteiligungsmethoden, die in offene und vertrauensvolle Prozesse eingebunden sind.


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Entwurf

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Konzept

Vernetzung: Als neuer Knotenpunkt im Stadtbild dient der Hub als Bindeglied von Kultur, Gewerbe und Freizeit. Das programmatisch neu vernetzte Konzept ermöglicht es dem Nutzer das Gebäude nach den Wünschen anzupassen neuen Nutzungstrukturen zuzuteilen.

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Historischer Bestand: Die ehemalige Ackerbürgerschaft weißt noch heute entlang der Hauptverkehrsstraße alte Gutshofstrukturen auf. Der Historische Bestand auf diesem Grundstück prägt deutlich mit den verbliebenen Backsteingebäuden die Identität des Ortes. Um die einstige urbane Dichte wiederherzustellen und sich mit den Gebäude von der Bundesstraße abzuwenden werden die Baulücken mit einem Riegelgebäude zur Straße geschlossen. Die solide Bestandsstruktur wird dabei umgenutzt und neuen Nutzungen zugeteilt.


Sekundäre Erschließung: Eine neue fahrzeugfreie Erschließung im rückwärtigen Teil durch das Naturschutzgebiet und endlang eines Baches, gelangen Fußgänger und Radfahrer abseits der viel befahrenen Bundesstraße durch den Ort zum Hub und verschiedenen Akkupunkturen. Die Öffnung der Bestandstruktur ermöglicht die Durchwegung auf dem Grundstück einer West-Ost Achse Richtung Flugplatz. Die Bestandsgebäude werden mit drei weiteren Körpern ergänzt um so einen ruhigen Hof auszubilden.

Mise en Scène: Ein Theater in der Mitte des Hofes verstärken weiter die urbane Dichte des Hofes und generiert unterschiedliche Platzsituationen. Öffenbare Tore zur zentralen Seite ermöglicht eine neue Anordnung sowie Bewegung der Schauspieler im Raum. Die Grenze zum Staging ist dabei fließend, da die räumlichen Gegebenheiten die Darstellung beeinflussen können oder umgekehrt.

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Entwurfsbeschreibung Das Wachstum der Großstädte in den letzten Jahren und steigende Lebenshaltungskosten erschweren es immer mehr Bewohnern, auch in diesen zu leben. In Berlin sind davon besonders die Lohnarbeiter aber auch die Kreativgesellschaft betroffen. Arbeitskräftemangel und der technologische Fortschritt, zeigt der steigende Trend als Telearbeiter in die gut angebundenen umliegenden Klein- und Mittelstädte zu ziehen. Geringere Lebenshaltungskosten und kurze Arbeitswege ohne Pendeln sind attraktive Faktoren für einst schrumpfende Orte. Die digitale Revolution führt zu einer Dezentralisierung von Leben und Arbeiten sowie zu einer neuen Form der Konnektivität. Eine flächendeckende Internetversorgung ermöglicht es, Tätigkeiten auf dem Dorf oder in der Kleinstadt auszuüben, die vorher nur in Städten vorgefunden wurden. Als Fallbeispiel für zahlreiche Metropolregionen in Deutschland dient die Kleinstadt Werneuchen, 25 km nordöstlich von Berlin. Als neuer Kompressionspunkt in der Stadt mit typischem “Donut-Effekt” soll das neue Gebäudekonglomerat dienen, das aus verschiedenen Funktionen ein zentrales Forum für neue und alte Bewohner darstellt. Der historische Stadtkern kommt für eine weitere Verdichtung im größeren Maßstab nicht in Frage, sodass ein Ausweichgrundstück in der unmittelbaren Nähe gefunden wurde. Ein ehemaliger Gutshof mit einer großen Brachfläche und mit zwei noch bestehenden Hallen aus Backstein, die orthogonal zueinander gebaut wurden, bilden einen zur Hauptstraße offenen Hof. Die Dorfdurchfahrtsstraße, eine Bundesstraße, die alle umliegenden Dörfer mit Berlin verbindet, führt an diesem Grundstück entlang. Rückwärtig gelegen fließt durch ein kleines Naturschutzgebiet ein Bach. Eine sekundäre Erschließung für Fußgänger und Radfahrer sieht eine neue, von der stark befahrenen Bundesstraße abgekoppelte Erschließung vor, die sich als Nord-Süd Achse, West-Ost Achse und als Rundweg durch den Ort erstreckt. Entlang dieser Wege finden weitere leerstehende Gebäude, Baulücken, Brachflächen oder Ruinen neue Verwendungsmöglichkeiten. Als Akupunkturen ausgearbeitete Interventionen im gesamten Stadtraum dienen sie der Revitalisierung vergessener Orte. Der Entwurf sieht vor, der Kleinstadt einen Ort für ihre Projekte zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig als informeller Treffpunkt zu fungieren. Als neues Forum der Zukunft - Forum Futurae - fördert es den Dialog und Diskurs zwischen den Nutzern und ermöglicht die fehlende Verbindung aus wirtschaftlichem und kulturellem Leben. Das Raumprogramm verfügt über Werkstätten, Veranstaltungs- und Konferenzräume, Arbeitsplätze, eine Bibliothek, Galerien und Ausstellungsräume, Wohnungen und Ateliers. Transparenz, Wandlungsfähigkeit und Robustheit von Struktur, Konstruktion und Materialität bilden dafür den Rahmen. Drei ergänzende Gebäude fügen sich quer zur Straße, in den neuen 20


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Innenhof und zur rückwärtigen Seite an den Bestand. Die Setzung der Baukörper entspricht der historisch morphologischen Anordnung des ursprünglichen Kontextes als landwirtschaftlich genutzter Hof. Ergänzt wird dieser zur rückwärtigen Seite mit einem Wohnund Ateliergebäude, im Innenhof mit einem Theater und einem multifunktionalem Plateau. Der hybride Baukörper quer zur Straße nutzt die enge Verbindung der vertikalen Stapelung mehrerer Disziplinen und unterschiedlicher Nutzergruppen. Er dient als Real Labor und Versuchsort, der neue Formen der Kooperation zwischen Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft in robusten Lösungen erarbeitet und ausprobiert. Die Bestandsgebäude erfahren mit der Umnutzung zu Werkstätten, Veranstaltungsräumen und einer geöffneten Mehrzweckhalle eine Stärkung der baukulturellen Identität. Die Reduzierung des Fußabdrucks schafft einen schmalen umliegenden Vorplatz, sowie einen umliegenden Balkon im ersten Obergeschoss, der den Vorplatz in das Gebäude einbezieht und in die Gebäudestruktur der Umgebung einfügt. Alle drei Geschosse sind von der Öffentlichkeit frei zugänglich. Doppelgeschossige Räume bilden sich jeweils im Konferenzsaal und in der Bibliothek aus. Die transparente Hülle umschließt die Kubatur, eine bedienbare Textilverschattung spielt mit den transluzenten Elementen und kreieren ein abwechslungsreiches Bild aus Transparenz und Transluzenz. Zwei am Wohngebäude platzierte Satelliten aus Treppe und Aufzug ermöglichen freie Grundrisse und eine modulare Wohnungsaufteilung in Single-, Duplex- und Triplex-Wohnungen für verschiedene Wohnformen. Eine gemeinschaftliche Erschließungs- und Zwischenzone dient als klimatische Pufferzone zwischen beheizten Räumen und dem Außenraum. Am Knotenpunkt der sekundären Erschließung durchwegt die gesamte Bevölkerung das Forum.

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Lageplan

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Verzeichnis der Quellen Die Quellenangaben sind in Literaturund Abbildungsquellen unterteilt. Die Literaturnachweise sind dabei alphabetisch nach dem Herausgeber oder Autor sortiert. Die Auflistung der Bildnachweise sind chronologisch aufgefĂźhrt.

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Literatur und Medienverzeichnis Handelsblatt (2017): Geliebtes gehasstes Homeoffice, [online] https://www.handelsblatt.com/adv/dell/telearbeit-geliebtes-gehasstes-homeoffice/19723652.html?ticket=ST-2304498-me23cESw49b63c9xS0ua-ap6 [01.01.2019] Luhmann, Niklas (2002): EinfĂźhrung in die Systemtheorie, Heidelberg: Carl-Auer-Systeme Verlag und Verlagsbuchhandlung GmbH Nagel, Reiner (2016): Baukultur Bericht. Stadt und Land. 2016/17, Potsdam: Bundesstiftung Baukultur Die Zeit (2018): Stadt, Land, Flucht?, [online] https://www.zeit.de/2018/22/glokalisierung-land-stadt-daniel-dettling-zukunftsforscher [01.01.2019]

Abbildungsverzeichnis

Sofern nicht anders angegeben, sind die Abbildungen, Zeichnungen, Grafiken und Fotografien von dem Autor erstellt. Sämtliche Bildrechte verbleiben bei den Verfassern. 28


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