Materialist 01

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A PROGRESSIVE THINKING SOURCE FOR PRIVATE WEALTH AND PERSONAL LIFESTYLE

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_EDITORIAL

WISSEN, WAS MAN WIRKLICH WILL

INVESTITION IN GLÜCK, SCHÖNHEIT UND QUALITÄT ZAHLT DIE BESTEN ZINSEN.

VON//THOMAS GARMS

Wofür leben wir? Diese Frage ist alles andere als banal. Beeinflusst sie doch unser Handeln, unsere Prioritäten, unsere Werte. Die Vorstellung, dass sich Geld per Tastendruck und ein paar ausgeklügelte Finanzprodukte vermehren lässt, ist ein Irrglaube. Nicht ohne Grund heißt die Devise im Wealth-Management heute vor allem Nachhaltigkeit, Langfristigkeit, Beständigkeit und Transparenz.

Ressourcen sollten durch kluge Anlagestrategien und Investitionsentscheidungen abgesichert werden.

Gestaltungskraft und kunsthandwerkliche Fertigkeiten zu einem vollendeten Produkt geformt werden. Daneben werden immaterielle Werte zunehmend wichtiger. Es sind die besonderen Erfahrungen, Erkenntnisse und Erlebnisse, die unseren Horizont immer weiter öffnen.

Als Hybrid aus Anleger- und Lifestyle­ magazin richtet sich Materialist an Menschen, die Wert auf nachhaltige Vermögensplanung und ein schön gestaltetes Leben mit geklärter Sinnfrage legen. So Thomas Garms, Editor thomas.garms@materialist.media spielen neben alternativen Anlageformen auch Sachwerte von besonderer Schönheit Dass Geld allein nicht glücklich macht, und Qualität bei uns eine große Rolle. Für ist keine neue Erkenntnis. Sein Sinn zeigt viele gehören die eigene Immobilie und die sich erst dann, wenn man weiß, was man Ausstattung derselben zu den wichtigsten daraus machen will. Geld ist Betriebsprivaten Investments. Architektur, Interieur mittel, Kraft- und Werkstoff, nicht mehr, und Design gehören ebenso dazu wie Kunst, Manufakturprodukte und Sammlerstünicht weniger. Es ermöglicht Freiheit und Bewegungsspielräume, schafft Zucke. Wir wollen erklären, warum bestimmte gang zu Dingen und Erlebnissen, die den Produkte auch über den Tag hinaus ihr Geld wert sind, oft sogar im Wert steigen. Alltag bereichern. Anders formuliert: Intensiv setzen wir uns deshalb mit jenem Geld gibt Sicherheit und Souveränität Prozess auseinander, bei dem die verschieim Umgang mit unserem wertvollsten Besitz – dem Leben. Die dafür notwendigen densten Materialien durch Erfindungsgabe,



INHALT

A PROGRESSIVE THINKING SOURCE FOR PRIVATE WEALTH AND PERSONAL LIFESTYLE

BENCHMARK 014 Gimmicks Ungewöhnliche Produkte, die den Alltag bereichern. 016 Interior Highlights von der Mailänder Möbelmesse 2016. 018 Fashion Sven R. Fischer von Lodenfrey über Maßkonfektion. 020 Fabrics Neue, weiche Bezugsstoffe bei Polstermöbeln.

WERTE SCHAFFEN UND BE­WAHREN.

ANREGUNGEN ­FÜR E ­ INE KREATIVE UND NACHHALTIGE VERMÖGENSBILDUNG.

100 KRISE, CHANCE, ENTWICKLUNG Auch private Anleger können Entwicklungsprojekte mitfinanzieren. ­

104 IMMER VOR DER WELLE

Vanyo Walter von Pictet Asset Management erklärt, warum Robotik voll im Trend liegt.

108 SELTENER FUND Farbedelsteine können eine lukrative Ergänzung des Sachwertportfolios sein.

112 GUT GEBUCHT Beim Thema Real Estate stehen Hotels ganz oben auf der Einkaufsliste von Investoren.

116 MEIN ERSTES START-UP In eine Gründung investieren? Das Beispiel von Dreamlines zeigt, wie es klappen kann.

122 JÄGER UND GEJAGTER Der niederländische Künstler William Rosewood überzieht Tierschädel mit Gold.

126 DIVIDENDE MIT TROMMELBREMSEN Klassische Automobile werden immer teurer. Bei diesen Modellen lohnt noch der Einstieg.

Foto//Jaguar Land Rover

022 Sound Das High-End-Kopfhörersystem von Sennheiser. 024 Sportscar Der Ferrari California T Handling Speciale. 026 Instruments Steinways neues Selbstspielsystem Spirio. 028 It-Bags Taschen von Chloé als lukrative Investition. 030 Decoration Sammlerstücke für ein stilvolles Ambiente. 032 Collectables Mechanische Armbanduhren von Patek Philippe. 034 Places Viel Natur und eine Lounge aus Hirschhäuten. 036 Bathroom Das Bad avanciert zum Wohn- und Lebensraum. 038 Homespa Klafs entwickelte eine Sauna, die sich auszieht.

BEWEGEN UND GESTALTEN. DER ZEIT VORAUS SEIN, ERKENNTNISSE IN CHANCEN VERWANDELN, VON VORDENKERN PROFITIEREN.

008 GEGEN DEN STROM STANDARDS

Der legendäre amerikanische Investor Bill Miller über die Frage, wie man Erkenntnisse aus der Erdbebenforschung nutzen kann, um Crashs vorherzusehen.

098 Impressum

142 HIMMELSGEBURTSTAG

162 Kolumne Mike Ziegler ärgert sich über schlecht gebackenes Brot.

Birgit Baier war in Kathmandu, um den letzten Wunsch ihrer verstorbenen Schwester zu erfüllen und deren Asche dem heiligen Fluss Bagmati zu übergeben.


_CONTENT

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090 AUSSICHTSREICH Die Elbphilharmonie ist das neue Wahrzeichen Hamburgs. Das größte Apartment wurde von der Designerin Kate Hume eingerichtet.

132 AB IN DEN HÜGEL Mit dem Park Hyatt Mallorca ist nahe Cap Vermell ein neues Nobelresort im Stil eines spanischen Dorfes entstanden.

146 DER ZARTE HAUCH DER HIGHLANDS Die renommierte schottische Manufaktur Begg & Co produziert seit 150 Jahren exquisite Schals, Stolen und Decken.

152 STOFF FÜR SIEGER Alexandre Salmon und Romain Lévêcque produzieren im französischen Chaumuzy einen Champagner mit großer Persönlichkeit.

156 INNIGE VERBINDUNG

ENTDECKEN UND GENIESSEN.

GLÜCKSMOMENTE ENTDECKEN, SCHÖNE DINGE FINDEN U ­ ND ERLEBTE FREUDE TEILEN.

040 INSIDE-OUT IN SÃO PAULO Besuch in der Casa Grecia von Isay Weinfeld: Architektur und Natur sind als modernistisches Meisterstück perfekt verzahnt.

048 LEBEN AUS DEM KOFFER Schrankkoffer von Louis Vuitton aus der Zeit von 1880 bis 1940 sind begehrt – nicht nur als Dekoration, sondern auch als Sammlerobjekt.

06O DIE ALCHEMISTIN Dachs,Wildkräuter, Forelle: Die Künstlerin Sandra Knecht erforscht kochend den Geschmack ihrer Schweizer Heimat.

066 BREXIT DE LUXE Die rebellischen Briten feiern in der Mode den Uniformstil.

074 IM STIL DER GÖTTER Die prächtigsten Mosaike entstehen bei Sicis – ein Manufakturbesuch.

084 GESTRAFFTE SEHNEN Mit dem neuen Maserati Levante S unterwegs im nächtlichen Hamburg. ­

Foto//Louis Vuitton Archives

Kein Lärm, kein Stress, nur Berge: Jeder braucht seinen ganz speziellen Kraftort, um aufzutanken. Die Alpen sind dafür ein perfektes Ziel.


GEGEN DEN STROM

Foto//Melissa Golden/ReduxRedux/laif

Mit dem Legg Mason Value Trust schlug Bill Miller 15 Jahre in Folge den US-Aktienindex S & P 500.

INTERVIEW//NELE HUSMANN


_GURU BILL MILLER

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DER LEGENDÄRE INVESTOR BILL MILLER ÜBER SEIN COMEBACK UND DIE FRAGE, WIE ERKENNTNISSE AUS DER ERDBEBENFORSCHUNG DABEI HELFEN KÖNNEN, CRASHS VORHERZUSEHEN.

Ist jetzt eine gute Zeit, um Aktien zu kaufen? Auf alle Fälle – insbesondere, wenn man sie mit Anleihen vergleicht. Anleihen haben Aktien 30 Jahre lang abgehängt. Aber das ändert sich jetzt. Zehnjährige US-Staatsanleihen werfen nur 1,75 Prozent Rendite ab – da bringt der S&P 500 allein mit der Dividendenrendite mehr. Die US-Wirtschaft gewinnt an Fahrt, monatlich werden 200.000 neue Jobs geschaffen. Die Zinsen werden steigen und Anleihekurse fallen. Der Tipp kommt recht spät.Wir hatten seit sieben Jahren eine Aktienrally. Vergleichen sie die Aktienhausse mal mit dem Kursanstieg der Anleihen, der seit Jahrzehnten anhält. Staatsanleihen rentierten 1981 mit 14 Prozent. Da kommt einem die Aktienrally noch sehr zurückhaltend vor. Mit den niedrigen Zinsen kurbelte die US-Notenbank die Wirtschaft lange Zeit an. Hat sich da mit dem billigen Geld nicht schon eine Aktienblase gebildet? Die quantitative Lockerung der Geldpolitik war notwendig, sie verhinderte in der Finanzkrise eine Depression. Es war sogar das ausgemachte Ziel, die Preise von Vermögenswerten zu verteuern – nur so konnten die US-Unternehmen ihre Verschuldung zurückfahren. Und was die Bewertung von Aktien betrifft: Auf Facebook, Google und Amazon hatte das billige Geld

keinerlei Effekt. Die Autowerte haben sich erholt – aber die Bewertung beim Fünffachen der Gewinne ist nicht überteuert. Die Aktien sind nicht aufgeblasen. Ein solches Gefühl kommt einem nicht, wenn man nach Silicon Valley schaut. Dort nennen sich Start-ups Einhörner, wenn sie mehr als eine Milliarde Dollar wert sind. Der Begriff bürgerte sich ein, weil es so viele gibt. Ist das auch keine Blase? Da gibt es wirklich erstaunliche Übertreibungen. Die Vorreiter Facebook und Uber haben so viel Wert geschaffen, dass der Enthusiasmus auch bei anderen Firmen groß geworden ist, obwohl die vielleicht nie einen solchen Erfolg hinkriegen können. Aber sie notieren nicht an der Börse. An der Börse notiert Twitter, eines der früheren Unicorns. Dort stürzte es jämmerlich ab. Sie haben sich gerade mit Twitter-­ Aktien eingedeckt. Mit 17 Dollar kommt mir der Kurs sehr günstig vor. Facebook hat nur fünfmal mehr Nutzer als Twitter, aber die 30-fache Marktkapitalisierung. Bei Twitter gibt es viel Raum für Verbesserungen. Und falls diese nicht erreicht werden können, wird etwa von Facebook oder Google übernommen. Die Aktie kann sich verdoppeln. Sie schwimmen gern gegen den Strom. So haben Sie auch eine Pharmaaktie

gekauft, von Valeant, der Betrug vorgeworfen wird, was den Hedgefondsmanager Bill Ackman beinahe Kopf und Kragen kostet. Das Valeant-Drama scheint endlos zu sein. Jetzt ist ungewiss, ob die Firma ihre Zahlen rechtzeitig veröffentlichen kann. Gerade hat der NYU-­ Professor und Bewertungsguru Aswath Damodaran seine Bewertung für Valeant wegen größter Unwägbarkeiten auf 43 Dollar gesenkt – und selbst Aktien gekauft. Denn der Preis ist schon auf 30 Dollar gefallen. Ich persönlich glaube, dass er im vergangenen November mit seiner alten Bewertung von 77 Dollar richtiger gelegen hat. Vielleicht wird sich die Valeant-Aktie verdoppeln: Das Unternehmen wird überleben, indem es mehr in die eigene Forschung investiert – es muss nicht einmal frühere Zukäufe wieder abstoßen. Sie sind derselbe aggressive Investor, der Sie vor der Krise gewesen sind.Woher nehmen Sie dieses Selbstbewusstsein, nachdem Sie 2008 über Nacht 55 Prozent verloren haben? Auch dieses Jahr habe ich im ersten ­Quartal 35 Prozent verloren, doch auf lange Sicht habe ich immer eine Performance erzielt, die den Markt deutlich hinter sich lässt. Ich habe jede Menge Erfahrung in allen Markt­ lagen. Mein Denkansatz geht auf, das lässt sich beweisen. Jeder hasst Valeant und Twitter. Aber – keiner kann wissen, was der Markt tun wird. Ob man recht hat oder nicht, findet man immer erst raus, wenn es zu spät ist.


Nach welchen Kriterien steigen Sie bei Aktien ein? Dem Geldanlegen liegt ein tiefes Paradoxon zugrunde: Jeder weiß, dass sich mit dem diskontierten Wert des Cashflows der Wert einer Aktie am besten messen lässt. Doch diese Kennzahl nutzen nur fünf Prozent aller Anleger. 95 Prozent aller Analystenreports bewerten Aktien stattdessen anhand ihrer Gewinnschätzungen. Daraus ergeben sich ungeheure Chancen. Jeder bewertet dieselbe Information anders. Zum Beispiel hat jeder zu Amazon dieselben Zahlen vorliegen gehabt. Die meisten prophezeiten 2002, dass sie pleitegehen würde. Ich aber verstand ihr Geschäftsmodell anders – und die Aktie vervierhundertfachte sich in meinem Portfolio.

Das kostet aber Nerven. Schauen Sie noch immer mehrmals pro Nacht nach, wie sich die Weltmärkte entwickeln? Das ist eine Angewohnheit aus der Finanzkrise, die ich nicht abgelegt habe. Immerhin gibt es inzwischen Tablets und Smartphones, die man auf seinen Nachttisch legen kann. Warum sollte ich auch nicht nachgucken, wenn ich ohnehin um drei Uhr nachts aufwache? Das gibt mir ein Gespür dafür, was am nächsten Tag passieren kann – auch wenn ich meistens nicht handle. Ich bin ein langfristiger Anleger in einer kurzfristigen Welt. Das ist die Quintessenz meines Stils.

AUF SINKFLUG – BILL MILLER IST EINGESTIEGEN. Der Mikroblogging-Dienst Twitter und das Pharma­ unternehmen Valeant haben massiv an Wert verloren.

Twitter 60 50 40 30 20

01.01.2014

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01.01.2016

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_GURU BILL MILLER

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Der Investor Bill Miller in den Büroräumen von Legg Mason in Baltimore, USA.

Foto//Uwe Noelke

Welche Lehre haben Sie aus 2008 gezogen? Ich dachte, dass ich sehr robuste Risikokontrollen eingebaut hatte. Mein Team hatte Antworten auf jede Krise erarbeitet, die es nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben hatte – und der Fehler war, dass wir nicht länger zurückgeblickt haben. Ein Gespräch mit Ben Bernanke, bevor er US-Notenbankchef wurde, hatte mich zur Überzeugung geführt, dass eine Depression heutzutage unmöglich wäre. Daran hielt ich im September 2008 eisern fest und wettete gegen eine Monsterkrise. Und damit haben Sie wesentlich mehr verloren als die meisten anderen Fonds­ manager. Es gibt zwei Arten von Krisen. Das wurde mir erst nach 2008 klar. Liquiditätsgetriebene Krisen wie 1982, 1987 – da muss man mit dem Einstieg warten, bis die Fed den Geldhahn aufdreht. Doch es gibt auch asset­ getriebene Krisen, wie 2008, wenn alle überschuldet sind. Dann kann die US-Notenbank Geld in die Wirtschaft schütten, wie sie will, die Kurse stürzen weiter ab. Erst wenn die Regierung einen koordinierten Plan hat, kann man sich wieder in den Markt begeben. 2008 war das TARP. Erst danach hat es keine weiteren Pleiten wie bei Lehman oder AIG gegeben. Aber hinterher ist man schlauer. Und bei der nächsten Krise wird alles anders. Ich fürchte, dass unsere Märkte insgesamt instabiler geworden sind. Es gibt weniger

Liquidität und weniger diverse Teilnehmer am Markt. Deshalb sind die Preise in den ersten zwei Januarwochen so abgestürzt. Das Dodd-Frank-Gesetz hat die großen Banken aus dem Marketmaking – Kauf und Verkauf der ­Papiere, um Liquidität in einem Wert zu schaffen – verbannt. Sie dürfen Aktien nicht mehr für ihr eigenes Buch kaufen. Ein weiteres Problem ist das intensivierte Risikomanagement bei Fondsgesellschaften, auch bei Legg Mason. Es verbietet Fonds, Aktien nachzukaufen, die gerade stark gefallen sind – die Sicherheitssysteme zwingen Anleger teilweise sogar zu verkaufen, nachdem die Kurse gefallen sind. Das verstärkt die negativen Kursausschläge. Um sich gegen den Markt positionieren zu können, muss man unabhängig sein. Gibt es viele Anleger, die mit Ihnen auf die Reise gehen, ohne dass ihnen schlecht wird auf der Achterbahnfahrt? Der prozentuale Anteil von Menschen, die überhaupt Aktien besitzen, ist auf einem 50-Jahres-Tief. Leider kaufen die Anleger immer, wenn die Kurse gestiegen sind und verkaufen, wenn sie gefallen sind. Da kann man ihnen als Fonds­ manager leider nicht helfen. Das beste Beispiel ist ein institutioneller Anleger, der 450 Millionen Dollar in meinem Fonds investiert hatte. Er verkaufte gegen meinen Rat 90 Prozent seiner Anteile im Februar, als die Performance so eingebrochen ist. Da hat er die ganze Aufwärtsbewegung seitdem verpasst.

Valeant Pharmaceuticals International 250 200 150 100 50

01.01.2014

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ICH BIN EIN LANGFRISTIGER INVESTOR IN EINER KURZ­ FRISTIGEN WELT. DAS IST DIE QUINTESSENZ MEINES STILS.“


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BILL MILLER GURU_

Kann ein Fondsmanager Anlegern nicht helfen, wenn sie nicht bereit sind, wie ein Contrarian zu denken? Wir müssen bei Kunden dieselbe Psychologie bekämpfen, die wir mit unserem Fonds ausnutzen. Deshalb habe ich mit eigenem Geld die Investment-Partnerschaft Miller Value Partners gegründet, die ab Juni auch externen Partnern offensteht. Hier dürfen die Kunden zwar auch ihre Gelder abziehen – aber, wenn sie das tun, dürfen sie nie wieder einsteigen. Sie werden gefeuert, wenn sie versuchen, den Markt zu timen. Noch besser wäre es natürlich, wenn Sie selbst bei Ihren Fonds die extreme Volatilität in den Griff bekommen würden ... Daran arbeiten wir auf Hochtouren. Wir haben den Hedge Fund Seismic Venture Partners gegründet, mit 15 Millionen Dollar eigenem Geld – auch er steht ab Juni Anlegern offen. Hier nutzen wir einen Algorithmus, der aus geophysischen Erkenntnissen aus der Erdbeben­vorhersage stammt und rückwirkend auch beim Aktienmarkt sehr exakte Signale gegeben hat. Diese Signale wollen wir auch für Miller Value Partners nutzen. Der Geophysiker Didier Sornette an der ETH in Zürich macht etwas ganz

Ähnliches: Er generiert Signale für den Aktienmarkt, die er dann geheim hält, weil er Angst hat, damit den Markt zu beeinflussen. Das wäre doch nicht nötig. Niemand hat von ihm gehört, und selbst Warren Buffett und George Soros schaffen es nicht, den Markt zum Crashen zu bringen. Wir arbeiten mit dem kalifornischen Seismologen John Rundle von Open Hazards zusammen. Er hatte vor Jahren einen Vortrag von mir am Santa Fe Institute gehört und die Idee bekommen, dass man die Theorien über Naturkatastrophen auf die Finanzmärkte übertragen kann. Sein Modell: Es zeigt im Rückwärtstest alle sehr großen Bewegungen am Aktienmarkt vorher an. 2008 hätte es ein Plus von 100 Prozent erwirtschaftet. Wie funktioniert das Modell? Am Aktien­ markt denkt man in Standardabweichungen, bei Naturkatastrophen aber gilt das Potenzgesetz: Auf der Richterskala zwischen eins und zehn ist zwei ein doppelt so starker Ausschlag wie eins. Je stärker die Bewegung, desto seltener ist sie. Die Erdbebenspezialisten prognostizieren Wahrscheinlichkeiten – etwa, dass das Risiko für ein Erbeben der Größe sechs auf der Richterskala auf 60 Prozent gestiegen ist. Das übertragen wir auf die Märkte: Bewegungen um ein Prozent gibt es ständig, eine Bewegung

UM SICH GEGEN DEN MARKT POSITIONIEREN ZU KÖNNEN, MUSS MAN UNABHÄNGIG SEIN.“ M

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um drei Prozent ist schon extrem viel seltener. Eine richtig große Bewegung gibt es am Aktienmarkt nur einmal in jeder Generation. Wie erkennt Rundle, dass der Markt vor einem Crash steht? Das basiert auf der Lehre des Phasenübergangs in der Physik. Rundle sucht nach Schwellen analog dazu, wie das Wasser bei null Grad Celsius zu Eis wird oder bei 100 Grad zu Dampf. Am Markt geht die Volatilität hoch und bringt ihn in eine Phase, in der ein Crash eher möglich ist. Wer Rundles Signale exakt befolgt, liegt bei 55 Prozent aller Richtungsänderungen im Markt richtig. Das ist ein riesiger Vorteil: Die Kasinos haben bei den einarmigen Banditen zum Beispiel nur einen Vorteil von 52 Prozent. Hätten wir Anfang des Jahres Rundles Signal mit unserer Anlagestrategie kombiniert, hätten wir statt 35 Prozent nur elf Prozent verloren. Das Santa Fe Institute hat Ihnen diese Verbindung beschert. Das ist wie Ihre Alma Mater. Dem Santa Fe Institute verdanke ich schon einen guten Teil meiner Outperfor­ mance der 1990er-Jahre. Da treffen sich Wissenschaftler aus ganz verschiedenen Disziplinen und tauschen sich aus. Ich verstand früh das Gesetz der Skalenerträge durch Technologien und war bereit, Technologieaktien zu höheren Bewertungen zu kaufen als das üblich war. Der theoretische Biologe Stuart Kaufman hatte mir den Netzwerkeffekt erklärt, deshalb kaufte ich AOL, als andere dachten, dass die Gesellschaft pleitegehen würde, weil ihre Server so oft abstürzten. Ich erkannte, dass die enorme Nachfrage, die die Server abstürzen ließ, zu noch mehr Nachfrage führen würde – und verfünfzigfachte mein AOL-Investment. __________

G

Der 66-jährige Bill Miller blickt auf eine lange

Dort betreut er die Fonds LMM ­Opportunity

Karriere zurück. Bis 2006 schaffte er es als

Equity und LMM Income ­Opportunity Strategy.

einziger Fondsmanager überhaupt, 15-mal in

Im August 2016 übernahm Miller auch die rest-

Folge mit seinem Fonds Legg Mason Value Trust

lichen Anteile von Legg Mason an der Fonds­

besser abzuschneiden als der S&P 500 – diesen

gesellschaft LMM und beendete nach 35 Jahren

Rekord hält er noch heute. Die miserable Perfor-

endgültig seine Zusammenarbeit mit Legg

mance seines Fonds während der Finanzkrise

Mason. Um die hohe Volatilität in seinen Fonds

ruinierte seinen Ruf – aus dem Value Trust flos-

besser in den Griff zu bekommen, setzt Miller

sen Milliarden ab. 2011 trat er nach einem neuer-

einen Algorithmus aus der Erdbebenforschung

lichen Verlust vom Fonds-­Management zurück,

ein. Seine beiden neuen Hedgefonds, Miller

blieb aber Vorstandschef von Legg ­Mason und

Value Partner und Seismic Value Partners, grün-

gründete mit dem Fondshaus das Joint Venture

dete er komplett eigenständig unter der Firma

LMM, an dem er die Mehrheit besitzt.

Miller Value Partners.


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_BENCHMARK GIMMICKS

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Nicht klein, nicht grün, aber bewusstseinsverändernd: Paul Smith verpasste dem Kultkaktus aus Kunststoff (Gufram) ein leuchtendes Streifenkleid. Sein Psychedelic Cactus ist auf 169 Stück limitiert, der Originalkaktus (1972 entworfen von Drocco & Mello) findet sich wiederum auf manchen Kleidungsstücken in Smiths Winterkollektion. Für 5.150 Euro unter www.paulsmith.co.uk.

Ministyler Schaukeln mit Stil: Designer Marcel Wanders kooperierte mit dem niederländischen Kindermöbelhersteller Cybex, entstanden ist die Parents Collection – „inspiriert von Designerspielzeug und Manga-Figuren, wie man sie in Asien findet“, so Wanders. Und von seinem Monsterstuhl, den der Mitbegründer von Moooi für seine eigene Firma einmal entworfen hat. Rockt! www.cybex-online.com

Sonnenaufgang Mit den Modulen von Withings Aura kann man den Schlaf tracken, Schlafrhythmen analysieren, aber auch Faktoren wie Raumtemperatur, nächtliche Geräusche und andere Störungen aufzeichnen. Das Einschlafen und Aufwachen erfolgt mit wohldosiertem Licht und selbstgewählten Klängen. Sämtliche Daten können per App ausgelesen und gespeichert werden. 198,95 Euro. www.withings.com


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_BENCHMARK INTERIOR

VIER HIGHLIGHTS VON DER MAILÄNDER MÖBELMESSE 2016

Erste Wahl

Retrocharme

Das Designerbett Amadeus von Cattelan Italia geht auf einen Entwurf von Manzoni & Tapinassi zurück und setzt mit bewusst klassisch anmutenden Gestaltungsmitteln ein Zeichen für elegantes Vintage-Design. Die in fünf Formaten lieferbare Schlafstätte kann in neun unterschiedlichen Echtledervarianten bestellt werden. Wertige italienische Handwerkskunst verbindet sich mit hohem Liegekomfort. Ab 3.471 Euro. www.cattelanitalia.com

Brasilien-Feeling Der berühmte Strandabschnitt von Rio de Janeiro gab diesem Lounge­ sessel Ipanema von Poliform seinen Namen. Ein einnehmendes und vielseitiges Möbelstück mit einem Massivholzgestell in verschiedenen Ausführungen und einer Sitzfläche mit Riemen aus Kernleder. Um 3.887 Euro. www.poliform.it

Blickfang Auf das Wechselspiel aus Verbergen und Offenbaren setzt Jean-Marie Massaud mit dem größtenteils handgefertigten Aufbewahrungssystem Lloyd für Poltrona Frau. Das liegt an den blickdurchlässigen Gitterpaneelen, die in die Vor- und Rückseite des Möbels eingehängt werden und sich optisch überlagern. Die Position der Eichenholzgitter ist frei wählbar, sodass offene, halboffene und beidseitig geschlossene Zonen definiert werden können. Um 40.600 Euro. www.poltronafrau.com

Locker vom

Hocker

Der elegante Bangkok-Pouf von Flexform verweist mit seinem geflochtenen Leder auf die namensgebenden exotischen Ursprünge seines Designs. Lieferbar in dunkelbraunem, geflochtenem Kernleder oder in sandfarbenem, geflochtenem Wildleder – je mit satinierten Metallfüßen. Ab 2.526 Euro. www.flexform.it


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as ist der Unterschied zwischen Konfektionsware und Maßkonfektion? Konfektion heißt: Ein Produkt nach bestimmten Vorgaben zu vervielfältigen. Maß heißt: Das Produkt durch individuelle Veränderung in ein Unikat zu verwandeln. Der Kunde bekommt in relativ kurzer Zeit zu bezahlbaren Preisen und ohne viel Aufwand seinen individuellen Anzug. Gibt es weitere Vorteile? Ein großer Unterschied ist der perfekte Sitz. Wir passen den Anzug in einem sehr persönlichen Rahmen an den Körper an und können so die Zonen besonders hervorheben oder gut kaschieren. Des Weiteren fließt der eigene Stil in die Individualisierung ein. Das Verändern von unterschiedlichen Revers- und

Taschenformen, ob das Sakko zwei- oder einreihig wird oder einoder zwei Schlitze am Rücken hat, macht das Kleidungsstück anders. Ein Monogramm im Sakko oder auf dem Hemd hebt die persönliche Note hervor. Es gibt noch sehr viele weitere Möglichkeiten, um ein maßkonfektioniertes Kleidungsstück besonders zu machen. Wie läuft eine Bestellung ab? Zuerst klären wir den Bedarf, also die Frage, zu welcher Gelegenheit der Anzug getragen werden soll. Wichtige Faktoren sind Anlass, Tätigkeit, Reisen. Wer beispielsweise viel in anderen Klimazonen wie Asien unterwegs ist, hat einen speziellen Anspruch an die Stoffqualität. Für die weiteren Schritte sollte auch der Budgetrahmen definiert werden.

Wie nehmen Sie Maß am Kunden? Hierfür arbeiten wir mit sogenannten Schlupfteilen. Das sind die Grundmodelle des jeweiligen Herstellers. Der Kunde probiert verschiedene davon an, bis ein optimales Ergebnis gefunden ist. Danach werden verschiedene Punkte am Rumpf, den Hüften, den Armen und den Beinen vermessen und abgesteckt. Ein zentraler Teil ist die Auswahl des Stoffes. Wenn das entschieden ist, wählen wir gemeinsam mit dem Kunden den Knopf und das Innenfutter aus, klären, welche Art von Revers und Taschen das Sakko erhalten soll. Außerdem legen wir die Anzahl und die Stellung der Knöpfe fest. Auch die Frage der Schulterpartie muss entschieden werden. Je nach Ausgestaltung bestimmt sie den generellen Eindruck des Sakkos – ob strukturiert, soft oder italienisch-locker. Einreiher erhalten je nach Wahl einen Rücken- oder Seitenschlitz. Wenn alles perfekt ist, schicken wir die Daten zum Hersteller.

J e de s K le i du n g s ­ s tü ck e i n U n i k a t.

Ist jetzt alles fertig? Noch nicht ganz. Wir bestellen die Anzüge immer mit offenen Hosenlängen. Bei der Anprobe bestimmen wir mit dem Kunden die individuelle Länge und justieren bei Bedarf noch ein paar Kleinigkeiten für den letztendlich perfekten Sitz. Diese Arbeiten erledigen wir in unserem eigenen Atelier. Das dauert circa eine Woche. Wie hoch ist der zeitliche Aufwand? Bei der ersten Bestellung muss man mit ein bis zwei Stunden rechnen für das Maßnehmen, die Auswahl des Stoffs sowie für die Entscheidung über die Details. Hinzu kommt die finale Anprobe nach Eingang des angefertigten Teils vom Hersteller. Das dauert etwa 15 bis 20 Minuten.


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D i e Au s w ahl d e s S tof f es ist ein ze ntr al e r S c hr i tt a u f dem Weg zu m p e r f e k te n Look .

Eine Nachbestellung geht sehr schnell, kann sogar telefonisch erledigt werden. Die Maße vom ersten Teil sind bei uns gespeichert und werden um nachträgliche Änderungen ergänzt. Natürlich gehören auch Besuche im Büro oder zu Hause zu unserem Service. Wir richten uns hierbei nach dem Terminkalender unseres Kunden, der meist viel unterwegs ist. Vom ersten Vermessen bis zum letztendlichen Aushändigen des Anzugs vergehen im Schnitt fünf bis sechs Wochen. Die meisten unserer Hersteller sitzen übrigens in Italien. Wie viel muss man für einen Anzug anlegen? Die Preise bewegen sich je nach Hersteller und Stoffqualität ab 630 Euro bis weit über 5.000 Euro. Ein Feinmaß-Anzug beginnt im Gegensatz zu einem Produkt made to measure bei etwa 3.500 Euro. Woher kommen die Unterschiede bei den Preisen? Das hat zunächst einmal mit der Qualität des Tuchs zu tun. Und es macht einen Unterschied, ob die Einlagen im Sakko verklebt oder von Hand vernäht sind. Ein komplett handgefertigter Anzug ist hinsichtlich des Zeitbedarfs in der Produktion deutlich teurer und aufwendiger. Als Beispiel: Allein um ein Knopfloch per Hand zu nähen, braucht man 15 Minuten.

Warum sind handvernähte Einlagen besser? Wird die Einlage mit dem Oberstoff durch Klebepunkte verbunden, ist der Anzug nicht so atmungsaktiv. Wird der Stoff mit der Einlage durch eine Naht verbunden, bietet das Sakko sehr viel mehr Flexibilität und damit einen höheren Tragekomfort. Das Sakko passt sich dem Körper noch mehr an und gibt in der Bewegung mehr Freiheit. Mit welchen Herstellern arbeiten Sie zusammen? Zur Auswahl stehen rund 10.000 Stoffe und das beste Schneiderhandwerk aus Deutschland und Italien. Etablierte Häuser wie Cesare Attolini, Brioni, Canali, Eduard Dressler, Ermenegildo Zegna und Scabal bieten eine Verarbeitung der Spitzenklasse an. Aber auch unsere hauseigene Maßkonfektion bietet eine große Auswahl an individuellen Veränderungen.

Sv e n R . F i s c he r e r lä u te r t di e Vo r te i le v o n M a ßa r be i t.

Spielt die Unterscheidung zwischen Sommer und Winter noch eine Rolle? Der Trend geht eindeutig zum Ganzjahresanzug. Dafür ist unsere Empfehlung eine leichte Schurwolle, mit der man gut über das ganze Jahr kommt. Bei Baumwollanzügen ist die Nachfrage eher gering. Dieses Material hat nicht die Lang­lebigkeit, die Farben bleichen schneller aus und der Stoff knittert schneller. So was kauft man eher von der Stange. Ein großes Thema ist noch der Mantel, ob einreihig oder zweireihig, in den Farben Camel oder Classic blue. Der modische Kunde trägt ihn in Weinrot oder Dunkelgrün. ____________

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Das Traditionshaus LODENFREY in München bietet seit

Was ist mit dem sogenannten Relaxed Tailoring – kann man das auch bekommen? Selbstverständlich umfasst unser Angebot auch unkonstruierte Sakkos mit der typisch leichten, lockeren Silhouette. Diese Jacken kommen ohne Einlagen aus, sind meist wenig oder gar nicht gefüttert und haben eine natürliche Schulter ohne Schulterpolster.

2004 Maßkonfektion auf höchstem Niveau. Ergänzend zum Maßatelier werden auch feinste Kaschmirpullover aus Italien, Ledergürtel, Ledertaschen und Portemonnaies auf Maß von der Ledermanufaktur Kreis angeboten. Aber auch das Maßhemd ist ein großer Bestandteil in der Maßabteilung bei LODENFREY. Hemdenspezialisten wie BARBA Napoli, Emanuele Maffeis und v. Laack stehen zur Auswahl. Eine Terminvereinbarung wird empfohlen. Kontakt LODENFREY, Maffeistraße 7, 80333 München +49 89 21039437, s.fischer@lodenfrey.com, www.lodenfrey.com


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_BENCHMARK FABRICS

Schmeichelweich SCHLUSS MIT KRATZIGEN MATERIALIEN: POLSTERMÖBEL WOLLEN SICH NEUERDINGS ANFÜHLEN WIE EIN KASCHMIRMANTEL.

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llein dieses schreckliche Wort: Strapazierfähigkeit. Und so ist es zumeist ein Widerspruch in sich, dass Bezugstoffe anschmiegsam und weich sein sollen wie beispielsweise das Tuch eines Anzugs und doch alle Eigenschaften besitzen, die man üblicherweise von Polstermöbeln erwartet: scheuerbeständig, lichtecht und reibecht, keine ­elektrostatische Aufladung und die Verhinderung des sogenannten ­Pilling, damit die guten Stücke möglichst lange ansehnlich bleiben. Also war bislang meist viel Chemie im Spiel. Eine ganze Industrie hat sich darauf spezialisiert, durch die entsprechende Ausrüstung der Fasern für den gewünschten Schutz zu sorgen. Besonders hautschmeichelnd war das im Regelfall nicht, allenfalls durch Wolle mit Beimischungen von Mohair, dem als leicht, weich, schmiegsam und wärmend empfundenen Edelhaar der Angoraziege. Um die ästhetischen und funktionellen Grenzen von Textilien

S essel vo n Mino tt i: Der w eich e, langf asrige Bezugst o f f Leo po ld (grau) ent h ält Mo hair. Der S t o f f Freedo m (orange) h at eine t w eedäh nl iche Tex t ilst rukt ur.

auszuloten und neue Antworten geben, präsentieren deshalb verschiedene Hersteller Kollektionen, die durch aus der Modeindustrie entlehnte Stoffe spürbar mehr Komfort versprechen. Klar, Samt ist wieder da, aber es gesellen sich auch andere Materialien dazu, die

Wa l t e r K n o l l s e t z t b e i d e m w i e d e r neuaufgelegten Klassiker 375 auf Velours, um dem Lobbysessel den besonderen C h a r m e d e r 1 9 5 0 e r -J a h r e z u v e r l e i h e n .

Da s s a mtbe z o g e n e So fa Slo a n e v o n Fe n di Ca s a . D a s F lex f or m - S of a W in g m i t e i ne m B e z u g a u s K a s c hm i r.

sich so einladend anfühlen wie ein Kaschmirmantel. Als Trendsetter präsentiert sich insbesondere Minotti. Die möbeltaugliche Weiter­ entwicklung des traditionellen schottischen Tweeds ist ein großes Thema. Webmuster aus unregelmäßig gestrichener Wolle verleihen hier

den Bezugstoffen ein besonderes Aussehen, das an ein maßgeschneidertes Kleidungstück erinnern soll. Auch Gewebebilder wie Fischgrat tauchen auf. Verarbeitet werden in der neuen Kollektion unter anderem Kammwolle, Baumwollsatin, Leinen, Baumwollchenille oder Viskose. ____


Das neue Range Rover Evoque Cabriolet

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Land Rover präsentiert das erste Premium-Kompakt-SUV-Cabriolet der Welt. Dank seines InControl Touch Pro Infotainment-Systems und innovativer Technologien wie Terrain Response ist das neue Range Rover Evoque Cabriolet bestens für den urbanen Lebensraum gerüstet. Vereinbaren Sie jetzt eine Probefahrt und erobern Sie den Großstadtdschungel.


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_BENCHMARK SOUND

Der Mythos lebt SENNHEISER BRINGT MIT DEM ORPHEUS SEIN HOCHWERTIGSTES KOPFHÖRERSYSTEM ZURÜCK AUF DEN MARKT – IN EDLEM GEWAND UND MIT BRILLANTEM SOUND.

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ereits zu Beginn der 90er-Jahre hatte ­Sennheiser mit dem Modell für Furore gesorgt: Es zeichnete sich nicht zuletzt ­dadurch aus, dass es ausschließlich von Hand gefertigt wurde und auf gerade einmal 300 Exemplare, damals bei einem Preis von 19.500 D-Mark, limitiert war. Noch heute schwärmen HiFi-Liebhaber in den höchsten Tönen. Nun, knapp ein viertel Jahrhundert später, erinnert sich Sennheiser an das audiophile Meisterstück und bringt eine neue und überarbeitete zweite Generation heraus. Wie beim Vorgänger handelt es sich um ein echtes Stück Handwerk: Das Design ist zeitlos und unaufdringlich, die Technik von höchster Qualität. Mit einem Tonfrequenzbereich von acht Hertz bis zu 100 Kilohertz und einer Verzerrung von gerade einmal 0,01 Prozent bei einem Kilohertz – der geringsten Verzerrung, die je in einem Tonwiedergeber gemessen wurde – hält der Orpheus alle Versprechen

Schl ichte Ele g a n z g e pa a r t mi t technische r M e i s te r s c ha ft, d as ist d er Se n n he i s e r Or phe u s .

von glasklarem Sound. Komfort bieten die verarbeitenden Materialien: Die präzisionsgefertigten Ohrmuscheln sind aus massivem Aluminium, die Ohrpolster sind in Handarbeit mit geschmeidigem Leder sowie mit einem weichen, allergenfreien Velour-Mikrofaser-­ Mix bezogen. Das makellose Stück ist jedoch ein seltenes Gut, denn der Hersteller hat angekündigt, nicht mehr als 250 Exemplare im Jahr herzustellen. Auch der dazu gehörende Verstärker greift tief in die Schatzkiste: Es wurden Platin, Gold und Silber verbaut und das elektronische Kleinod ist

in eine Verkleidung aus solidem Carrara-Marmor eingelassen. Ein makelloses Gesamtkunstwerk, mit dem es dem Audiogiganten Sennheiser gelingt, dem sagenumwobenen Namensgeber größtmögliche Ehre zu erweisen, schließlich galt Orpheus als genialer Musiker, der mit seinen Klängen sogar die Götter betören konnte. _______ www.sennheiser-reshapingexcellence.com

De r Or phe u s v e r e i n t di e Vo r z ü g e v o n R ö hr e n - u n d Tr a n s i s to r v e r s tä r ke r n .

Durch ausgefeil te Technik hat d er O rph eus d ie geringste Verzerrung, d ie je in einem Tonwied ergeb er ge messen wurd e.

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Preis etwa 50.000 Euro Erhältlich ab Mitte 2016

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_BENCHMARK SPORTSCAR

Schöner und schärfer MIT DEM PAKET „HANDLING SPECIALE“ HAT FERRARI BEIM CALIFORNIA T NOCH EINMAL KRÄFTIG NACHGEWÜRZT.

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in Ferrari ist sicherlich kein Sportwagen, der mit äußeren Reizen und inneren Werten geizt. Das gilt auch für den California, das wahrscheinlich alltagstauglichste Modell aus Maranello. Jetzt hat die italienische Sportwagenschmiede bei dem 560 PS starken Roadster mit 3,9-Liter-V8-Turbo ordentlich nachgewürzt: Mit der neuen Handling-Speciale-Version ist der Wagen noch kurvengieriger, kerniger und klangkräftiger geworden. Das zeigt sich etwa in der modifizierten Schaltlogik, die sportlichere Gangwechsel beim Hoch- und Herunterschalten ermöglicht. Das HS-Paket des beinhaltet zudem um 16 Prozent härtere vordere Fahrwerkfedern und 19 Prozent härtere hintere Federn, was dank reduziertem Roll-, Wank- und Eintauchverhalten zu einer weiter verbesserten Fahrzeugkontrolle führt. Wer für den kurvenreichen Sprint den Sportmodus wählt, erlebt, wie das Magnetic-Ride-Fahrwerk die Viskosität des Dämpferöls in Bruchteilen von Sekunden durch Stromimpulse verhärtet und das Auto bei marginaler Reduktion des Fahrkomforts wie von der Tarantel gestochen zu sprinten beginnt.

Dabei wird ein Sound entfesselt, der nichts zu wünschen übrig lässt. Wo sonst die Turbos das Geräusch praktisch wegdämpfen, haben es die Klangzauberer in Maranello geschafft, dass der Motor sowohl

aber auch die Assistenzsysteme deaktivieren und mit dem California auf der Rennstrecke ordentlich Gummi geben. Aber eigentlich ist der Name Programm und darf als Einladung verstanden werden zum lustvollen, souveränen Cruisen. In nur 14 Sekunden öffnet und schließt sich das faltbare Hardtop. Geschmeidige

250 Testa Rossa inspiriert, wobei sich die Linie des vorderen Kotflügels schwungvoll nach hinten zum kompakten muskulösen hinteren Kotflügel zieht und den Seiten somit eine aerodynamische Schnittigkeit verleiht. Dem Heck kommen sorgfältige Aerodynamikstudien zugute, die zu einem neuen Diffusor mit drei senkrechten Finnen führte. Farbtechnisch wartet der Wagen mit dem Rosso California auf, einem intensiven tiefen Rot, das von klassischen Ferraris inspiriert wurde. Alternativ gibt es das Blu California, das die Vielseitigkeit und Eleganz dieses neuen Modells unterstreicht. _________________

Vo n allen Seit en sc hön anzuseh en: der Ferrari California T Handling Speciale.

während der Ansaug- als auch während der Auslassphase herrlich explosive Trompetenstöße von sich gibt. Die zwei Abgasrohre der Schalldämpfer und ihre Geometrie wurden eigens neu entwickelt, um den Motorsound mit steigenden Drehzahlen schrittweise zu erhöhen, was sich insbesondere während der Fahrt mit geöffnetem Dach durch Straßentunnel als Höllenspaß erweist. Alternativ lässt man den Wagen einfach satt grummelnd vor sich hingleiten und genießt die von Wärme und handwerklicher Kunstfertigkeit geprägte Atmosphäre im Cockpit. Die Nutzungsmöglichkeiten dieses Gran-Turismo-Supersportwagens sind also vielfältig. Wer will, kann

Passfahrten mit schier unerschöpflichen Kraftreserven, eine fabelhaft direkte und doch höchst komfortable Lenkung, das Platzangebot mit dem „2+“-Sitz­konzept und einem vergleichsweise großzügigen Gepäckfach im Heck machen den California durchaus alltagstauglich. Und gut sieht er außerdem aus. Die Flankenform wurde vom Styling der Pontonflügel am

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Hubraum 3.855 Zentimeter Motor V8-Benziner mit Turboaufladung Leistung 560 PS Höchstgeschwindigkeit 316 km/h Beschleunigung 0-100 km/h 3,6 Sekunden Verbrauch EU-Drittelmix (l/100 km) 10,5 Liter Listenpreis 184.689 Euro plus 6.902 Euro für HS-Paket


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_BENCHMARK INSTRUMENTS

Hausmusik der Meisterklasse STEINWAYS NEUES SELBSTSPIELSYSTEM SPIRIO IST EINE FASZINIERENDE KOMBINATION AUS FLÜGEL UND IPAD-APP.

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and aufs Herz: Welcher Liebhaber hochkarätiger Klaviermusik würde nicht gern Weltklassekünstler wie etwa Lang Lang, Olga Kern, Yuja Wang oder Joja Wendt live bei sich zu Hause am Flügel musizieren lassen? Modernste Technik und hochkarätiger Instrumentenbau macht das möglich. Mit dem Selbstspielsystem Spirio hat Steinway & Sons jetzt die größte Produktinnovation der letzten 70 Jahre auf den Markt gebracht. Für Enthusiasten möglicherweise ein weiterer Grund, sich mit einem Flügel von Steinway & Sons einen lang gehegten Traum zu erfüllen. Der Spirio bietet beide Optionen: Man kann den Flügel selbst spielen, sich aber auch seine Lieblingsmusik vom System vortragen lassen. Die Tasten bewegen sich dann wie von Geisterhand. Was man hört, ist von einem Livekonzert nicht zu unterscheiden: Originalgetreu bildet der Flügel sämtliche künstlerischen Facetten ab, die subtilen Phrasierungen der Interpreten genauso wie die ganze dynamische Bandbreite mit hauchzarten Tremoli und wuchtigen Fortissimi.

Der Spirio ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von Steinway & Sons mit Wayne Stahnke, der seit Jahrzehnten als einer der innovativsten Köpfe im Bereich der modernen Selbstspielsysteme gilt. Seine außergewöhnliche Wiedergabequalität verdankt das System einer Kombination aus zahlreichen patentierten Entwicklungen. So wird die gesamte Mechanik des Flügels mit ihren Tasten, Pedalen und der Dämpfung über elektromagnetisch betriebene Kolben und Federn in Bewegung gesetzt. Die Hammergeschwindigkeit des Systems ist phänomenal: Bis zu 1.020 Dynamikstufen bei einer Geschwindigkeit von bis zu 800 Signalen pro Sekunde und Pedalstellungen können umgesetzt werden. Bei den Stellungen des Dämpfungs- und Verschiebe­ pedals werden bis zu 256 Pedalpositionen bei einer Geschwindigkeit von bis zu 100 Signalen pro Sekunde realisiert.

Für die Steuerung dieses Prozesses sorgt eine spezielle und per Bluetooth mit dem Flügel gekoppelte iPad-App. Das iPad ist im Liefer­ umfang enthalten und hat auch die Musikbibliothek gespeichert. Der Katalog schöpft aus einem breiten Repertoire an Genres – von Klassik, Standardwerken und Jazz und bis hin zu modernen Stücken. Es werden Aufnahmen erster Güte geliefert, die exklusiv und in bester Qualität in den Steinway-Studios in New York von Steinway-Künstlern eingespielt werden. Monatlich kommen neue Werke hinzu und werden automatisch in der App gelistet. ___ www.steinwayspirio.com

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Firma Steinway & Sons fertigt seit 1853 die weltweit edelsten Klaviere vom Piano bis zum Konzertflügel in Hamburg und New York. Steinway-Häuser Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Köln, Düsseldorf und Stuttgart sowie Musik Hug Zürich und Steinway in Austria, Wien Modelle Spirio wird für die Flügelmodelle O-180 und B-211 angeboten. Preis ab 100.000 Euro


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_BENCHMARK IT-BAGS

Begehrter Bohème-Stil BEI TASCHEN VON CHLOÉ TRIFFT ROMANTIK AUF RAFFINIERTES DESIGN. WIE GROSS DAS SAMMLERPOTENZIAL IST, ERKLÄRT SOPHIE HERSAN, CHEFIN VON VESTIAIRE COLLECTIVE, IM INTERVIEW.

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uch wenn es manchmal anders scheint: Handtaschen bekannter Designerschmieden sind kein leichtfertiger Kauf, sondern können sich als cleveres Investment erweisen, das schneller an Wert gewinnt als Aktien und Anleihen. Allerdings kommt es auf das richtige Modell an. So wurde vergangenen Juli bei Christie’s in Hongkong die teuerste Handtasche der Welt verkauft. Dabei handelte es sich um eine diamantbesetzte Birkin Bag aus weißem Krokodilleder. Stolze 300.000 US-Dollar war dem Käufer die Hermès-Tasche wert. In jeder Ausgabe stellen wir aktuelle Modelle vor, die attraktives Sammlerpotenzial besitzen. Die Faye von Chloé erlebt einen unglaublichen Siegeszug.Was steckt dahinter? Die halbrunde Faye ging einher mit der Rückkehr der Umhängetasche und dem Trend zum Wildleder. Beides steht weit oben auf der Wunschliste modeaffiner Frauen. Die Vielseitigkeit und das einfache, klare Design dieser Tasche entpuppten sich als wesentliche Erfolgsfaktoren. Im Übrigen hat Chloé in den letzten Jahren mit insgesamt fünf Modellen die Welt der sogenannten It-Bags ziemlich umgekrempelt. Ihr Preis, ob neu oder im

Sekundärmarkt, macht eine Chloé im Vergleich zu Taschen anderer Luxusmarken bei den Frauen unter 40 besonders attraktiv. Was hinzukommt: dieser typische Bohème-Stil, der seit über einem Jahr sehr gefragt ist.

Wie sinnvoll ist es, in diese Tasche zu investieren? Ich denke, dass eine Drew im Jahr 2016 zu den besten Investments zählt, ähnlich wie der Kauf einer Chanel 2.55, einer Speedy von Louis Vuitton oder einer Kelly Bag von Hermès.

Begehr t: d ie C hl oé D rew mit W il d - und Kal b sl ed er sowie N ieten.

Hat die Faye das Potenzial, zum zeitlosen Sammlerobjekt zu werden? Ich würde diesbezüglich eher auf das Modell Drew setzen.

Wo liegt aktuell der durchschnittliche Verkaufswert bei Vestiaire Collective? Welche Farbe ist besonders gefragt? Abhängig von der Version und dem Zustand verkauft sich eine Faye bei uns zwischen 900 und 1.600 Euro. Die beliebtesten Farben sind Braun, Schwarz, Beige und in der letzten Saison die Multi­colorPatchwork-Version. Ihre Einschätzung für die Entwick­ lung der Marke Chloé generell? Claire Waight Keller als Creative Director setzt auf Romantik und Weiblichkeit. Sie stützt damit überzeugend die DNA von Chloé. Das gilt im Übrigen auch für die Kleider aus der aktuellen Kollektion mit dem lockeren Hippie- beziehungsweise Bohème-Stil. Diese Sachen gehören zu den begehrtesten Stücken auf unserer Website. Der Siegeszug von Chloé in der globalen Modewelt ist weiterhin ungebrochen. __________

Chloé-­Taschen sind im Moment trendbestimmend. Bezogen auf ihre Entwicklung im Sekundärmarkt ist aber auch die Faye ein stabiler Wert.

Sophie Hersan, Chefin von Vestiaire Collective, im Interview.


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_BENCHMARK DECORATION

Sound System Ja, das Sideboard samt Bluetooth-Audioreceiver des italienischen Designers Paolo Cappello ist ein kleiner Poser (100 mal 90 mal 55 Zentimeter). Auch deswegen heißt es Caruso, eine Hommage an den großen neapolitanischen Tenor der Jahrhundertwende. Caruso klingt dank seiner 75-Watt-Lautsprecher (plus zweimal 50-Watt-Amplifier), die aus Keramik-„Trompeten“ tönen, auch wie ein ganz Großer. In Eiche oder Walnuss sowie verschiedenen Farbkombinationen. www.newblack.it

Big Bubbles

Crystal Clear

Grüne Luftblasen, im Entstehen gestoppt? Den Objekten aus der Serie Fluid Forms der Niederländerin Bibi Smit wohnt Märchenhaftes inne. Beinahe wirken sie, als habe Smit Hand in Hand mit einem Flaschengeist gearbeitet, der seine Spuren in den Ausbuchtungen der Schalen hinterlassen hat. Eine jede ist ein Unikat. Smit ist eine der letzten Glaskünstlerinnen mit eigenem Atelier in den Niederlanden. www.bibismit.nl

Auf den Schliff kommt es an: Das Haus Swarovski, bis dato bekannt für fantastische Kristallsteine, die von Haute-Couture-Roben bis zu Brillengestellen alles Verzierbare verzieren, launchte 2016 seine erste Accessoire-Kollektion für Zuhause. Die Serie Raw Edges – per Laser-Jet-Printing hergestellt – schimmert, blitzt und reflektiert wie XL-Strass. Swarovski – jetzt in allen Facetten! www.atelierswarovski.com

Tea Time

Ornamente wie aus Zucker, Farben, wie aus dem Lolli-Glas: Ersteres hat sich der böhmische Bildhauer Dominikus Auliczek irgendwann im 18. Jahrhundert ausgedacht. Die Pastelltöne erfand die Manufaktur Nymphenburg dazu. Das Service Perl (wegen der Perlenschnur-Umrandungen) räumt auch mit einem Vorurteil auf: Elefanten sind gar keine Tölpel. Dieser hier ist übrigens aus Biskuitporzellan … www.nymphenburg.com


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_BENCHMARK COLLECTABLES

Qualität und Seltenheit MECHANISCHE ARMBANDUHREN VON PATEK PHILIPPE LIEGEN BEI SAMMLERN HOCH IM KURS.

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er ernsthaft Uhren sammelt, kommt an Eric Tortella und seinem Marktreport nicht vorbei. Akribisch beobachtet der Spezialist die Entwicklung von Vintage-Uhren aus dem Haus Patek Philippe. So waren seinen Statistiken nach zwischen 2010 und 2015 19 Prozent aller bei Auktionen verkaufen Uhren eine Patek Philippe. Im Durchschnitt über alle Stücke lag der Verkaufs­ erlös bei 60.000 US-Dollar. Das Begehren ist groß – und es wird scheinbar immer größer. Einen Rekordwert von knapp fünf Millionen US-Dollar erzielte im Mai 2015 beim Auktionshaus Phillips in Genf eine 88 Jahre alte Patek Philippe Doctor’s Wristwatch aus Edelstahl mit Pulsometerskala mit der Referenz 130. Aber es geht noch besser: Ganze 7,3 Millionen Schweizer Franken zahlte im November des gleichen Jahres ein Sammler auf der Benefizauktion „Only Watch“ für eine Patek Philippe mit der Referenz 5016A mit Stahlgehäuse, blauem Zifferblatt und Armband sowie feinen Komplikationen: ein Tourbillon, eine Minutenrepetition und einen retrograden ewigen Kalender.

Die Doctor´s Wristwatch von Patek Philippe war einem Sammler fast fünf Millionen US-Dollar wert.

Der Wert dieser Uhr war vorab auf 700.000 bis 900.000 Schweizer Franken geschätzt worden. Für den jährlich veranstalteten Event spenden verschiedene Uhrenhersteller besondere Modelle, um Geld für den Kampf gegen die Erbkrankheit Duchenne-­ Muskeldystrophie zu sammeln. Dass man mit dem Sammeln der richtigen Uhren durchaus gutes Geld verdienen kann, beweisen Profis wie der Mailänder Investment­ banker Alfredo Paramico,­der seine Sammlung vor mehr als zwei Jahrzehnten begründete. Ihm gehört beispielsweise eine Patek Philippe aus Stahl mit der Referenznummer 1518. Gerade einmal vier Exemplare dieser Uhr verließen die Fabrik.

Paramico kaufte 2007 eines dieser Exemplare für 2,2 Millionen Euro. Heute ist die Uhr gut fünf Millionen Euro wert. Seine wichtigste Regel: nach hoher Qualität und Seltenheit Ausschau zu halten. Dieses Vorgehen hilft ihm, das Risiko seiner Investitionen zu verringern.

Geduld, Erfahrung und viel Recherche gehören natürlich auch dazu. Das bedeutet nicht nur zahllose Telefonate mit Sammlern und Händlern, sondern auch das fortlaufende Studium von Katalogen und Uhrenpublikationen. Andere Sammler wie etwa John Goldberger legen Wert darauf, eine Uhr nur im Originalzustand zu kaufen – was zählt, ist die Authentizität der Teile. Besonders das Zifferblatt darf nicht restauriert und das Uhrwerk sollte in gutem Zustand sein. Ausgetauschte oder reparierte Teile mindern den Wert massiv. Natürlich muss auch die Marke attraktiv sein. Uhren unbekannter oder weniger gefragter Marken steigen selten im Wert. Bei einer Patek Philippe dürfte diesbezüglich kein Anlass zur Sorge bestehen. __________ www.patek.com



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_BENCHMARK PLACES

Der Wald ruft VIEL NATUR UND EINE LOUNGE AUS HIRSCHHÄUTEN.

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ellness- und Designhotels der gehobenen Kategorie sind im Alpenraum Trend. Immer mehr Hoteliers verabschieden sich vom Bauernstubenimage und bieten ein modern-stylishes Ambiente vor großartigem Naturpanorama. Sich hier abzuheben, gelingt nur Häusern mit einer klaren Identität. Im Naturhotel Forsthofgut in Leogang ist der Wald das bestimmende Charakteristikum. Seine Hölzer, Farben und Düfte sind in dem 1617 als Forstbetrieb gegründeten Haus omnipräsent. Christoph und Christina Schmuck führen das Hotel in vierter Generation und haben ihm eine ästhetische Symbiose aus Waldwerkstoffen und klarem Design verordnet. Das zeigt besonders eindrücklich das Waldspa. Mit dem Panoramablick auf die Steinberge spielt die Architektur aus Holz und Glas mit den fließenden Übergängen zwischen innen und außen – in den behaglichen Ruheräumen, in der Saunalandschaft mit Blick auf das Wildgehege und in den Anwendungen: Freiluftmassagen auf der Waldlichtung, Yoga im Wald und Liegeinseln im Biobadesee schaffen sinnliche Erlebnisse im direkten Dialog mit der Landschaft. Mit dieser in Europa einzigartigen Wellnessoase sticht das Forsthofgut von vergleichbaren Anbietern im Fünf-SterneBereich deutlich hervor. Die neue Lobby – eine Kooperation mit dem Lederspezialisten Meindl – setzt

In der Meindl- Lounge des Fo rst h o f guts sind selbst die Wänd e mit Wildleder bespa nnt.

das Konzept konsequent fort. „Meindl-Fashion steht für Tradition und Nachhaltigkeit“, erzählt Christoph Schmuck. So schien es nur konsequent, dass er und Markus Meindl sich für dieses Projekt zusammentaten. Nachhaltigkeit, Naturverbundenheit und handwerkliche Perfektion sind auch Werte, denen sich Schmuck verpflichtet fühlt. Sogar die Liebe zur Jagd und zum Rotwild teilen beide Unternehmer. Entstanden ist eine extravagante Interpretation alpiner Bergkultur. 150 hochwertige Hirschhäute, zum Teil von Tieren aus dem Gehege des Forsthofgutes, hat der Ledermodenhersteller in der Lounge verarbeitet. Sie werden

M i tte : Di e B i bli o the k ( li n k s ) u n d r e i che Au s w a hl be i m F r ü hs tü ck ( r e chts ) . U n te n : R u he r a u m i m Wa lds pa .

bei Meindl nach althergebrachten, naturnahen Methoden gegerbt und gefärbt. Das weiche Wildleder übt eine magische Anziehungskraft aus. Man wird augenblicklich von dem Wunsch befallen, sich in die Polster sinken zu lassen. Das lebendige, velours-samtige Material ist in der gesamten Lobby

verarbeitet: Die Empfangstheke, die Loungemöbel und selbst die Wände sind damit bespannt. Ein moderner, zeitloser Stil in warmen Brauntönen, der ganz leise archaische Assoziationen evoziert – an das Wild, an die Jagd und an die jahrtausendealte Bindung des Menschen an die Gaben der Natur. Die Übernachtungspreise liegen zwischen 180 und 2.000 Euro. ___ www.forsthofgut.at


Photography by Warren & Nick

PERRIER-JOUËT, THE ALLURING CHAMPAGNE Since its foundation in 1811, the champagne house Perrier-Jouët has crafted elegant, f loral wines of rare finesse with a Chardonnay hallmark. The elegance of the cuvees echoes that of the Art Nouveau anemones adorning the Belle Epoque bottle and offers moments of pure delight and beauty. www.perrier-jouet.com

PLEASE DRINK RESPONSIBLY


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_BENCHMARK BATHROOM

Kostbare Momente NIE GAB ES SCHÖNERE MÖGLICH­ KEITEN, SEELE UND KÖPER WÄHREND DER SCHÖNHEITSPFLEGE ZU VERWÖHNEN.

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st das ein Bad oder ein Salon? Die Frage ist berechtigt, aber an diesem Punkt nicht von Bedeutung. Vorbei die Zeit, in der im Bad die Balance zwischen Ästhetik und Funktion gesucht wurde. Das Bad ist zum Wohn- und Lebensraum avanciert. Hier gelten die gleichen Gesetze von Stil, Geschmack und Persönlichkeitsentfaltung wie in allen anderen Räumen. Denn wahrer Luxus entsteht jenseits der Funktionalität. „Luxus ist Zeit, die wir in einer angenehmen Umgebung verbringen“, ist der italienische Industriedesigner Antonio Citterio überzeugt. Und diese erschaffen wir nach unseren Vorstellungen, befreit von Standards und Konventionen. Zum Beispiel in gediegener Holztäfelung mit offenem Kamin. Hier präsentiert sich die Badewanne Squaro Prestige von Villeroy & Boch wie ein Solitär – und das ist sie auch. Die Echtholzverkleidung der Wanne, in einer deutschen Manufaktur von Hand aufgebracht, gibt es in

sieben Holzfarben und einer Lederversion. Dazu passend der Octagon-­ Säulenwaschtisch, der ebenfalls zur Premiumkollektion von Villeroy & Boch gehört. Die achteckige Form des Innenbeckens ist in einem Facettenschliff ausgeführt – eine Meisterleistung, dank des neuartigen Werkstoffs TitanCeram, das extrem dünne Wandstärken erlaubt. Exklusivität im Bad erzeugt der italienische Badkeramik-­Hersteller Globo durch innovative Techniken und hochwertige Verarbeitung. Er setzt seine Produkte einem 26-stündigen Brennprozess aus und erzeugt damit eine homogene Oberfläche, die gleichsam immun gegen Schmutz, Abrieb und Flecken ist. Protagonist ist hier jedoch die Farbe. Die Palette Bagno di Colori umfasst 14 pudrig-kühle Erd- und Mineraltöne, die die Badkeramik in betörend schöne

monolithische Objekte verwandeln. Herausragend dabei der Entwurf des dänisch-italienischen Designerduos GamFratesi: Ihre Waschbeckenserie Display ist pure Geometrie der Linien, eine Ode an die Form. Weiche Formen und präzise Kanten charakterisieren die Armaturserie Axor-Citterio E von Antonio Citterio (für Hans Grohe). Die zarte, leichte Bewegung der Armatur soll so fließend sein – wie das Element selbst. In diesem Bedienkomfort und der intuitiven Benutzung liegt die „Essenz des Luxuriösen“: Leichte Rundungen auf der Unterseite machen die Kreuzgriff-Armaturen zum haptischen Erlebnis. Der Joystick des Einhebelmischers erzeugt den Wasserstrahl mit einem sanften Gleiten. 15 verschiedene

Obe n : B a d mi t de r Armatur­s erie Axor-Citterio E. M i tte : Wa n n e v o n Vi lle r oy & B o c h. U n te n : B a dke r a mi k i n pu dr i g e n Fa r be n v o n G lo bo .

Oberflächen – matt oder poliert von Chrom über Gold bis Bronze – lassen keine Wünsche offen. So wird das Bad ein Raum, der Lebensqualität bis ins Detail verkörpert. Wohlfühlen, entspannen und genießen. Zeit für uns selbst – das ist der pure Luxus. ___ www.villeroy-boch.de www.ceramicaglobo.com www.axor-design.com


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_BENCHMARK HOMESPA

Im Schwitzkasten PLATZ IST IN DER KLEINSTEN HÜTTE, SAGTE SICH WELTMARKTFÜHRER KLAFS UND KREIERTE EINE SAUNA, DIE SICH AUSZIEHT.

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eräuschlos in nur 20 Sekunden kommt sie zur vollen Entfaltung: die S1 von Klafs, Weltneuheit auf dem Saunamarkt. Eben noch ein eleganter Schrank in gediegenem Nussbaum, wird daraus auf Knopfdruck eine funktionsbereite Sauna, die bequem Platz für zwei bis vier Personen bietet. Mit dem rustikalen Kiefercharme der Kellersauna hat dieses Modell allerdings nichts gemein. Die S1 ist ein Möbel, das sich geschmackvoll und platzsparend in Wohn- oder Schlafzimmer, Bad oder Flur integriert. Der Klapptisch und das Ausziehbett mögen für diese Idee Pate gestanden haben. Wo das Einfamilienhaus auf dem Rückzug ist und die Singlehaushalte in der Großstadt dominieren, müssen Wellness und Funktionalität miteinander korrespondieren. Der S1 gelingt das aus dem Stand. Nur 60 Zentimeter tief und mit einer maximalen Breite von 2,32 Meter, beansprucht sie nicht mehr Raum als ein Kleiderschrank. Dank der eMove-­Technologie werden

die drei ineinander geschobenen Elemente sanft und synchron auf bequeme 1,60 Meter Tiefe ausgefahren. Darin finden zwei Saunabänke

Die S1 i n N u ßba u m ( o be n ) und We i ß ( li n k s ) . U n te n : Das Ste u e r u n g s e le me n t.

Platz, die noch zehn Zentimeter ausgezogen oder zur Doppelliege ausgeklappt werden können. Das System ist mit einem leistungsstarken Ofen ausgestattet, und ein optionales Abluftmodul sorgt dafür, dass keine feuchte Luft in den Wohnraum entweicht. Mit fünf verschiedenen Außenverkleidungen (Weiß, Perlweiß, Nussbaum, Eiche oder Zirbelkiefer) passt die S1 zu jeder Einrichtung und wirkt selbst im Wohnzimmer nicht deplatziert.

Eine Glasfront – sie wird in verschiedenen Farbausführungen angeboten – gewährt Einblick in das Innenleben des „Schwitzkastens“. Wem das zu offenherzig ist, kann auch eine geschlossene Front wählen. Mit Hemlock natural, Nussbaum oder Zirbelkiefer stellt Klafs zudem drei Innenausstattungen der S1 zur Wahl. Technisch bietet die S1 jeden Komfort einer klassischen

Sauna, inklusive Fernbedienung per WLAN oder Smartphone. So lässt sich das entspannende Warmluftbad, die Aromasauna oder das Softdampfbad punktgenau timen. Und eine eingebaute Sperre sorgt dafür, dass die S1 erst wieder eingefahren werden kann, wenn der Saunaofen vollständig abgekühlt ist. Ab 10.000 Euro bis 16.000 Euro _____________ www.klafs.de



ICONIC PLACES

INSIDE-OUT IN SAO PAULO

TEXT//NORMAN KIETZMANN

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ARCHITEKTUR UND NATUR SIND BEI DER CASA GRECIA PERFEKT VERZAHNT: DER ENTWURF DIESES MODERNISTISCHEN MEISTERSTÜCKS STAMMT AUS DER FEDER DES BRASILIANISCHEN BAUMEISTERS ISAY WEINFELD.

Klare Kanten mit sinnlichen Details: Die Casa Grecia lässt die Grenzen zwischen Innen und Außen verschwimmen.


ICONIC PLACES

ARCHITECTURE_

Oben: Moderne Möbelklassiker wie Arne Jacobsens Egg Chair dürfen nicht fehlen. Unten: Auch im Badezimmer wird das Naturmotiv aufgegriffen.

Erst dort treten die Konturen des Hauses mit jedem Meter Annäherung langsam hervor. Weinfeld hat damit ein wesentliches Stilmerkmal der traditionellen, japanischen Architektur aufgegriffen, wo Wege niemals direkt auf ein Haus zuführen. Durch mehrfache Richtungswechsel wird zunächst ein Moment der Kontemplation erzeugt, bevor die Innenräume betreten werden. Garagen sind dunkle, miefige Orte – und zwar selbst an den vornehmsten Adressen. Isay Weinfeld ließ sich auch Dass es auch anders geht, zeigt eine Villa in an anderer Stelle vom Land der São Paulo, die längst nicht nur ihre Bewohner aufgehenden Sonne inspirieren: und deren Gäste glücklich stimmt. Auch die Mit einer unmittelbaren VerOldtimer-Sammlung des Hausherrn kommt zahnung von Innen und Außen, in den Genuss von räumlichen Qualitäten die sich als gestalterischer roter und raffinierten Details, mit denen der Bau Faden durch sämtliche Bereiche des Architekten Isay Weinfeld erfrischend aus des Hauses zieht. Um keinen der der Reihe tanzt. hohen Bäume auf dem GrundSchon die Ankunft in der Casa Grecia wird stück fällen zu müssen, schlängelt zum Erlebnis. Das Wohnhaus erstreckt sich im sich die Architektur um die Nahinteren Teil einer 5.000 Quadratmeter großen, tur herum. Die Folge: Das Haus grünen Oase inmitten der quirligen, brasilianiist kein verschlossener Monolith, sondern ein Zusammenschluss schen Millionenstadt. Nach dem Passieren des aus vier separaten GebäudeteiEingangstors öffnet sich ein kleines Waldstück, das in einen weitläufigen Garten führt. len, die mithilfe von Patios und kleinen Gärten verbunden sind. Die Bäume überragen diese Höfe als natürliche Überdachung und tragen wesentlich dazu bei, die Temperaturen niedriger zu halten.

EINE UNMITTELBARE VERZAHNUNG VON INNEN UND AUSSEN ZIEHT SICH ALS GESTALTERISCHER ROTER FADEN DURCH SÄMTLICHE BEREICHE DES HAUSES.

Die vier Gebäudeteile sind unterschiedlichen Funktionen zugeteilt, was sich ebenso in der Materialität widerspiegelt. Für die Wohnräume kommen Fassadenpaneele aus kieselgestrahltem Beton zum Einsatz, während die Arbeitsräume mit rauerem Sichtbeton ummantelt sind. Die zum Garten und Pool ausgerichtete Terrasse ist mit hölzernen Planken verkleidet. Für das Esszimmer und die Servicebereiche wurden sandgestrahlte Betonpaneele ausgewählt. Das Zusammenspiel der Materialien erzeugt kein heilloses Durcheinander. Im Gegenteil: Die Akzentuierung der einzelnen Baukörper vermeidet starre Monotonie und lädt dazu ein, die Casa Grecia zu umrunden.


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DIE AKZENTUIERUNG DER EINZELNEN BAUKÖRPER VERMEIDET STARRE MONOTONIE UND LÄDT DAZU EIN, DIE CASA GRECIA ZU UMRUNDEN.

Oben: Um keinen Baum fällen zu müssen, schlängelt sich die Architektur um die Natur herum. Unten: Die Garage überrascht mit Tageslicht und einem eigenen Wäldchen.


ICONIC PLACES

Auch bei der Mรถblierung setzt Isay Weinfeld Akzente. Im Wohnzimmer dient eine zur Scheibe geschnittene Baumwurzel als skulpturaler Couchtisch.

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BODENTIEFE FENSTERFRONTEN LASSEN SICH IN ALLEN WOHNRÄUMEN VOLLSTÄNDIG ZUR SEITE FAHREN UND ERWEITERN SIE SO INS FREIE HINAUS.


ICONIC PLACES

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Oben: An die Rückseite der Garage schließt ein lang gestreckter Pool an. Unten: Ein DschungelTreppenhaus führt von der Garage in die Wohnräume, wo zwei hölzerne Putten die Ankommenden begrüßen.


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DAS NATURMOTIV WIRD IN DEN ZIMMERN UND KORRIDOREN MIT HÖL­ZERNEN BÖDEN UND RAUMHOHEN EINBAUMÖBELN AUS HOLZ WEITERGEFÜHRT. „Es geht bei unseren Arbeiten immer darum, eine klare Identität auf ein Projekt zu übertragen“, sagt Isay Weinfeld. Neben Wohnbauten gehören ebenso Bürogebäude, Restaurants, Boutiquen und Hotels zum Portfolio des 64-jährigen Architekten. Ein besonders prestigeträchtiges Projekt setzt er derzeit in Manhattan um: Die Neuplanung des legendären Restaurants Four Seasons, das seine Adresse in Mies van der Rohes Seegram Building verlässt und kommenden Sommer ein paar Blöcke weiter an neuer Adresse eröffnen wird. Weinfeld tritt damit nicht nur in die Fußstapfen Mies van der Rohes, sondern ebenso in die von Philipp Johnson. Dieser hatte das Interieur des Restaurants gestaltet und die Tische um ein Wasserbecken und zwei raumhohe Kirschbäume herum sortiert.

Mit ihrem Zusammenspiel aus Architektur und Natur wirkt die Casa Grecia wie ein Empfehlungsschreiben für diesen Auftrag. Innere Gärten sind gleich in sämtlichen Bereichen der 1.923-Quadratmeter-Villa zu finden. Anstatt die eindrucksvolle Oldtimer-Sammlung des Hausherrn in eine dunkle Garage zu verbannen, schenkte Weinfeld den rollenden Links: Zum Garten mit Pool öffnet sich Preziosen einen hellen, galerieartigen White eine mit Holz verkleidete Terrasse. Cube. Dessen Clou offenbart sich auf der zur Rechts: Blick vom Treppenhaus hinein Ausfahrt ausgerichteten Seite, die von einem in den Salon der Casa Grecia. eigenen Garten flankiert wird. Mithilfe einer zurückversetzten Betonwand entDer Verzicht auf ein Obergeschoss verstärkt steht eine schmale Öffnung, durch die Verbindung zur Umgebung. Bodentiefe die eine dichte Baumreihe ins Freie hinauswächst und sanft gedämpftes Fensterfronten lassen sich in allen Wohnräumen vollständig zur Seite fahren und erweitern sie so Sonnenlicht in diese Halle automoins Freie hinaus. Bei der Terrasse oberhalb des biler Träume fallen lässt. lang gestreckten Pools sind Rückwand, Boden Von der Garage im Untergeund Decke mit Holz verkleidet. Das Ergebnis ist schoss führt der Weg hinauf ins ein warmer, wohnlicher Raum, der sich zur NaErdgeschoss, wo sämtliche Wohntur hin öffnet. Es sind Ideen wie diese, mit denen bereiche des Hauses zu finden Isay Weinfeld nicht nur die Grenzen zwischen sind. Statt eines austauschbaren Innen und Außen verschwimmen lässt. Sie sind Treppenhauses gestaltete Isay zugleich eine Liebeserklärung an die Moderne, Weinfeld einen tropischen Garten, die in Brasilien bis heute auf raffinierte Weise wo unregelmäßig versetzte Steininterpretiert und neu belebt wird. ____________ stufen zwischen dichter Vegetation nach oben führen. Das Naturmotiv wird in den Zimmern und Korridoren mit hölzernen Böden und raumhohen Einbaumöbeln aus Holz weitergeführt. Ein besonderen F A K T E N Akzent setzt im Wohnzimmer eine zur Scheibe Design Isay Weinfeld geschnittene Baumwurzel, die nun als skulptuLocation São Paulo, Brasilien raler Couchtisch dient. Größe 1.923 Quadratmeter Nutzfläche Designteam Gustavo Benthien, Leandro Garcia www.isayweinfeld.com


FOTOS//Patrick Gries, J. Oppenheim, Benjamin Recoin und GrĂŠgoire Vieille (Louis Vuitton); Louis Vuitton Archives

Der Salon im ehemaligen Wohnhaus der VuittonFamilie in Asnières, das Mitte der 1990er-Jahre zum Firmenmuseum verwandelt wurde.


_ICONS TO DESIRE TRUNKS

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Leben aus dem Koffer SCHRANKKOFFER AUS DER ZEIT ZWISCHEN 1880 BIS 1940 SIND BEGEHRT - NICHT NUR ALS DEKORATION, SONDERN AUCH ALS SAMMLEROBJEKT. BESONDERS, WENN SIE VON LOUIS VUITTON STAMMEN.


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TRUNKS

ICONS TO DESIRE_

TEXT//THOMAS GARMS

Fünfstellige Summen für eine nietenbeschlagene und mit imprägniertem Leinen bespannte Sperrholzkiste: Nicht selten ist es die Patina der Erinnerung, der Mythos vergangener Epochen, der solche Sammlerstücke besonders begehrenswert und damit teuer macht. Unweigerlich denkt man an die glanzvolle Dampfschiffzeit, sieht die mit Stuck und Marmor dekorierten Hallen legendärer Palasthotels vor sich, als eine Elite von Reisenden noch mit großer Garderobe unterwegs war und in für heutige Verhältnisse geradezu monströsen Gepäckstücken unterbrachte, was für unverzichtbar gehalten wurde. Schließlich pflegte man oft monatelang unterwegs zu sein und wollte sich auch auf Reisen wenigstens ein bisschen wie zu Hause fühlen. So führte, wer es sich leisten konnte, einen oder mehrere Schrankkoffer mit sich, aufwendig bestückt mit Schubladen, Fächern, Kleiderstangen und geschliffenen Glasfläschchen für die Toilettenartikel. Frack und Gehrock, Dinnerjackets, Ballkleider, ein ausreichend großer Vorrat an Unterkleidern und Wäsche, Hand- und Leinentücher, Tropenausstattung, Taschenkompass und Reiseapotheke sowie die obligatorische Auswahl an Hochprozentigem fanden sich um die Jahrhundertwende auf den üblichen Packlisten. Gewichtsbeschränkungen wie heute, wo Reisende ihre maximal 20 Kilo an Habseligkeiten in Hartschalenkoffer mit praktischen Henkeln und Leichtlaufrollen quetschen müssen, gab es seinerzeit nicht.

Außen besonders wichtig: die bunten Hotelaufkleber. Für Joanna Baumgartner vom Zürcher Auktionshaus Schuler sind sie es, die den alten Reisetruhen und Schrankkoffern erst das richtige Flair geben. „Nicht nur zu wissen, wer damit unterwegs war, sondern auch zu sehen, wo das gute Stück einst Station machte, hat seinen besonderen Reiz.“ Vor allem die Palast- und Grand Hotels ließen ihre Etiketten kolorieren und typografisch aufwendig gestalten. Weil diese während der Weiterreise des Gastes anders als die Kofferanhänger nicht durch neue ersetzt wurden, wurden die Etiketten zu beliebten Werbeträgern. „Für die Hoteliers waren Kofferaufkleber nur ein Koffer, sondern soll geradezu die Gewie Visitenkarten für ihre Häuschichte seiner Besitzerin oder seines Besitser“, sagt auch Jenna Stolfi zers mit sich tragen. Kratzer, Aufkleber oder vom Vintage-Händler Daniels Wappen sind die Insignien einer aufregenden in Aspen, Colorado. „Solche Vergangenheit und lassen vor dem inneren Aufkleber zu entfernen, sollte Auge all diese legendären Destinationen der man tunlichst unterlassen“, so Globetrotter von anno dazumal vorbeiziehen. Stolfi. „Vor allem, wenn sie von Auch der Vintage-Händler Max Bernardini Hotelikonen stammen, die gar weiß, was sich im Koffergeschäft als besonnicht mehr existieren.“ Zudem ders verführerisch erweist. „Wie schön ist es, könne das Ablösen das darunterwenn man dem Kunden berichten darf, dass liegende Muster beschädigen. Ein das gute Stück einst auf einem Kamelrücken durch die Sahara schaukelte oder per Damphistorischer Koffer ist eben nicht fer auf dem Amazonas Richtung Manaus unterwegs war“, begeistert er sich. In seinem im Stil eines Gentlemen-Clubs gestalteten Laden in Mailand findet man eine Auswahl an Raritäten von Manufakturen wie Goyard, Moynat, Louis Vuitton und Hermès. Mit seinem rauen Timbre erzählt Bernardini zu jedem der ausgestellten Stücke eine faszinierende Geschichte.

Begehrtes Markenzeichen: das markante Logo aus den Initialen des Firmengründers.


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Geschichtsträchtig: Zahllose Modelle von Schrankkoffern finden sich in der Firmensammlung von Louis Vuitton in Asnières.

DER WERT ENTSTEHT NICHT SELTEN DURCH DIE PATINA DER ERINNERUNG.


DER WERT DER TRUNKS HAT SICH ALLE ZEHN JAHRE VERDOPPELT. Oben: Im Firmenmuseum wird die Geschichte von Louis Vuitton sichtbar. Unten: Typische Werkzeuge der Täschner.


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_ICONS TO DESIRE TRUNKS

Bürokoffer Stokowski aus Monogram Canvas, von 1930.

koffer, nämlich als Blickfang und Einrichtungsgegenstand. „Gerade bei den Spezial­ anfertigungen ist das wie ein Blick in das Innere des Menschen“, sagt Bernardini. Es sei diese Einzigartigkeit, die für ein wachsendes Interesse bei Sammlern und Individualisten sorge. Doch seien solche Exemplare in der Regel sehr schwer zu bekommen und oft nur noch in Museen oder speziellen Ausstellungen zu bewundern. Weltweit sind derzeit nach Expertenschätzungen allenfalls rund 1.000 Truhen im Handel. Das Angebot speist sich in der Regel aus Haushalts- oder Familienauflösungen, Todesfällen und Konkursen. Der nach eigener Einschätzung weltweit größte Händler für Überseetruhen und Schrankkoffer ist Burkard Wendt in Braunschweig, Deutschland, der Menschen aus der ganzen Welt zu seinen Kunden zählt. Er betreibt seinen Handel seit inzwischen 35 Jahren und hat durchschnittlich rund 50 verschiedene Stücke auf Lager. In der Spitze lag sein Bestand auch schon mal bei circa 120 Truhen. Seine Spezialität: die fachkundige Restaurierung, für die er in seiner Werkstatt eigens fünf Mitarbeiter beschäftigt. „Oft kommen die Koffer in einem jämmerlichen Zustand bei mir an“, erzählt er.

Mal ist von geheimnisvollen Herrenhäusern und Kaffee-­ Fazendas in Lateinamerika die Rede, wo seine Scouts schöne, unter dicken Staubschichten verborgene Stücke aus dem Dornröschenschlaf erwecken durften, dann entführt er mit seinen Berichten auf karibische Inseln oder in baufällige osteuropäische Schlösser. Natürlich bleiben die Quellen Geschäftsgeheimnis, schließlich sind die wertvollen Reiseutensilien, die zumeist zwischen 1880 und 1940 gefertigt wurden, heute begehrte Antiquitäten, deren Wert sich in der Vergangenheit alle zehn Jahre verdoppelt hat. Ein Koffer, der vor 25 Jahren in Deutschland rund 6.000 Mark gekostet hat, erbringt heute 30.000 Euro. Während der asiatische Barkeeper im Hintergrund ein paar Drinks zubereitet, führt Bernardini durch den Laden und zeigt, welch unterschiedliche Funktionen und Einbauten sich in Schrankkoffern verbergen können. Eines seiner Prunkstücke ist der Amarelo Imperial, ein Schrankkoffer von Louis Vuitton, der innen als Vitrine im Stil eines kosmopolitischen Dandys ausgestaltet wurde. Damit schlägt Bernardini die Brücke zu der heutigen Verwendung der Vintage-

Häufig kämpft er dann mit Wurmbefall und Feuchtigkeit. Wenn die Koffer irgendwo und oft über Jahrzehnte im Keller gelagert waren, seien die Hölzer verfault, die Rollen festgefressen, Nieten, Ecken und Schösser korrodiert. „Je nach Zersetzungsprozess nehmen wir eine Truhe oft komplett auseinander“, berichtet Wendt. „Wir müssen das Holz im Boden ergänzen, die Stoffe reinigen, manchmal die Truhen regelrecht ausschaben, um den Geruch nach Mottenmitteln herauszubekommen.“ Für solche Arbeiten „opfert“ Wendt regelmäßig Stücke der verschiedenen Jahrgänge, um diese auszuschlachten und das gewonnene Material als originale Ersatzteile zu verwenden. Durchschnittlich seien bei Louis Vuitton für eine große Truhe einst etwa 220 Nieten und 2.000 Nägel verbaut worden. Beim Restaurierungsprozess würden alle diese Metallteile fein säuberlich gezogen und überarbeitet. Die entstandenen Löcher im Holz würden neu verdübelt, die einzelnen Rollen neu poliert und gangbar gemacht. Die Bezugsstoffe im Inneren lässt Wendt neu auf Pappe kleben.


TRUNKS

ROBUSTHEIT ALS PROGRAMM: IN VIER BIS FÜNF UNTERSCHIEDLICHEN SCHICHTEN WURDE DIE IMPRÄGNIERUNG AUF DAS LEINEN AUFGEWALZT.

Typische Außenhäute: graues Leinen, Streifen, Monogram und das Schachbrettmuster Damier.

ICONS TO DESIRE_


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Solide Messingbeschläge schützten die Koffer beim Transport vor Beschädigung.


Links: Ein Täschner beim Vernieten. Rechts: Die Aufnahme aus dem Unternehmensarchiv zeigt eine frühe Vision vom Fliegen.

Am liebsten kauft Burkard Wendt übrigens Koffer und Truhen im unrestaurierten Zustand ein, da es meist mühevoller sei, unsachgemäße Reparaturen zu korrigieren, als das Teil selbst von Grund auf in Ordnung zu bringen. Allerdings seien inzwischen auch asiatische Händler ganz wild auf Truhen und Schrankkoffer im Urzustand. 90 Prozent der unrestaurierten Ware würde derzeit nach Asien verkauft. Viele ungewöhnliche Stücke zeigt das im November 2010 erschienene und reichhaltig bebilderte Buch „Louis Vuitton: 100 ­Legendary Trunks“ der Autoren Pierre Léon­forte und Éric Pujalet-Plaà. In Asnières, dem Herzen des ­Firmenimperiums Louis Vuitton, wo auch ­heute noch von Hand ganz besondere Einzelstücke gefertigt werden, befindet sich auch eine beeindruckende Sammlung von Schrankkoffern, die einst für eine erlauchte Kundschaft entstanden sind, darunter Prinzen und Maharadschas, Filmstars und Couturiers. Louis Vuittons „Kofferbett für Entdeckungsreisende“, bestehend aus einem faltbaren Gestell, einer Rosshaarmatratze, zwei Decken und vier Laken, machte das Haus 1876 nicht nur unter Abenteurern und exzentrischen Globetrottern bekannt. Die Bedürfnisse der Kundschaft konnten noch so exzentrisch sein – die experimentier-

freudigen Kofferbauer fanden immer eine Lösung. Um zu verhindern, dass sich Motten einnisteten, baute man beispielsweise spezielle Truhen auf Kampferholz. Ob Teekiste, Zirkuskoffer, Kaviarkoffer und Überseekoffer aus Aluminium für Safarireisende – kein Wunsch blieb unerfüllt. Die Koloratursopranistin Lily Pons erhielt einen speziellen Koffer, der fast so groß war wie eine Telefonzelle und in 36 Schubladen die Schuhe der Künstlerin enthielt. Nicht zu vergessen jener legendäre Bibliothekskoffer, der eigens zum Transport der „ ­ Encyclopædia Britannica“ Für Expeditionen in feuchtwarme Urwälder angefertigt wurde, sowie natürlich war ein in blankem Silberton und warmem jede Menge mobile Reiseschränke Kupfer spiegelnder Koffer aus dem frühen mit ausklappbarer Bügelschiene 20. Jahrhundert gemacht. Das Innenleben und Unterwäscheschubladen. bestand aus Zedernholz, um Insekten vom Stardirigent Leopold Stokowski Hineinkrabbeln abzuschrecken. Eine umorderte 1929 einen „Pultkoffer“ laufende Lippe aus Kautschuk verhinderte mit Fächern für Notenblätter, das Eindringen von schimmelbringender Korrespondenzpapier und eine Feuchtigkeit während des Transports an Schreibmaschine. Aufgeklappt sich. Der Dirigent Pierre Boulez leistete sich dient das gute Stück auch als Arein Modell in schwarzem Krokodilleder mit rotem Innenfutter, der nichts enthalten sollte beitsplatz und Sekretär. Ähnliche außer einen großformatigen Sony-Walkman, Bedürfnisse hatte der Schriftsteller Ernest Hemingway. Er besaß einen zwei Tonbandkassetten plus Metronom und Notenständer. Um das Ganze auf die quaderförmigen Koffer, der seine Spitze zu treiben, wurde auch schon mal ein Schreibmaschine und eine Handmannshoher Koffer gefertigt, in dem eine bibliothek enthielt. funktionstüchtige Dusche eingebaut war – es handelt sich um eine Designstudie von Jimmy Minodier aus dem Jahr 2004; Solarzellen und ausfahrbarer Duschvorhang inklusive.


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Eine Dame von Welt mit ihrem Reisegepäck. Rechts: Blick in die ehemalige Werkstätte.

Legendär das Gepäck von Marlene ­ ietrich. Wenn die Diva den Atlantik überD querte, hatte sie rund 80 Koffer und Hutschachteln dabei. Die größten und schwersten nannte sie nonchalant „meine Elefanten“. Ein ganz besonderer Klimakoffer war speziell für ihren legendären Mantel aus weißen Schwanenfedern gefertigt worden – eines der glamourösesten Kleidungsstücke, die es je gab. In ihn gehüllt sang sie auf der Bühne: „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“. „Gerade die Koffer mit ZuNasser geleiteten Militärputsch von 1952 wurde die königliche Familie nach Italien satzfunktionen sind heute sehr ins Exil gezwungen. Die drei Töchter des gesucht“, sagt Joanna ­Baumgartner­ Königs wurden in ein Schweizer Internat vom Auktionshaus Schuler. geschickt. Prinzessin Fawzia ließ sich später Weitere wichtige Kriterien seinen in ­Lausanne nieder und besuchte regelmäßig Marke, Zustand, Alter und die das Grand Hotel Dolder in Zürich. Der ZuProvenienz. Bei einer Auktion ihres Hauses vor wenigen schlag erfolgte für 9.000 Schweizer Franken. Monaten wurde beispielweise „Stücke wie dieses kommen sehr selten in ein großer Überseekoffer Malle den Handel“, sagt Joanna Baumgartner. „In den letzten beiden Jahren waren es gerade Courrier aus Monogram Canvas mal zwei Exemplare. Auch Friederike Lemp von Luis Vuitton verkauft, der vom Aktionshaus Lauritz in Hamburg stellt einst im Besitz von Prinzessin nicht viel Bewegung fest. In der Regel seien Fawzia war, der Tochter von König Farouk I. von Ägypten und es private Einlieferer, die sich von dem einen oder anderen Stück trennten. „Wie hoch Königin Farida. Durch den von jemand geht beim Bieten, ist abhängig vom Gesamtzustand und auch der Frage, ob vielleicht genau ein solches Objekt noch in der Sammlung fehlt“, sagt sie. Doch sobald stärkere Fehler aufträten wie etwa Wasserschäden, Risse in der Außenhülle oder starke Flecken, sinke der Preis.

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Toilettenkoffer Marthe Chenal von Louis Vuitton, aus naturfarbenem Rindsleder, von 1926.


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ICONS TO DESIRE_

OB MOBILE LIEGE, SEKRETÄR ODER KOMMODE: KEIN WUNSCH BLIEB UNERFÜLLT.

Oben: Schrankkoffer mit Klappbett von 1885. Links: Kleiderschrank aus Monogram Canvas.


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Montage eines Tragegriffs. Rechts: Überseekiste mit historischen Hotelaufklebern. Unten: Louis Vuitton.

Firmengründers, ein damals revolutionäres Verschlusssystem, das bis heute Verwendung findet. Das patentierte Klappschloss schützte als Einzelschlosssystem mit zwei Federverschlüssen den Kofferinhalt vor Diebstahl. Als Louis Vuitton 1892 starb, übernahm Georges das Geschäft. Er war es, der 1888 aus Schutz vor Fälschungen das Schachbrettmuster Damier entworfen hatte, nur acht Jahre später folgte das heute weltberühmte Monogramm. Die wasserabweisende Beschichtung wurde in vier bis fünf unterschiedlichen Schichten auf das Leinen aufgewalzt. Besonders belastet waren beim Gebrauch der Schrankkoffer die Ledergriffe, trugen sie doch zumeist die Hauptlast des Gewichts. Entsprechend häufig fehlen sie oder sind beschädigt. Wichtige Indizien für den Wert eines alten Schrankkoffers sei auch das Innenleben, so Jenna Stolfi. Befestigungsschlitze an den Innenseiten seien ein wichtiges Indiz dafür, wie viel und welche Innenschalen ursprünglich eingebaut waren. Es wundert nicht, dass durch den Trend inzwischen auch klassische Möbelhersteller auf den Geschmack kommen und dekorative Schrankkoffer im angesagten „Trunk-Look“ für Zuhause produzieren – mit zahlreichen interessanten Funktionen. So hat der auf Möbel und Wohnaccessoires spezialisierte Onlinehändler Westwing für verhältnismäßig kleines Geld beispielsweise hübsch aussehende

Wenn es um Produkte von Louis Vuitton gehe, sollte man auf die Etiketten und die Seriennummer achten, rät Jenna Stolfi vom US-Händler Daniels. Einige der Linien enthielten mehr als ein Etikett, und es könne aus Leder sein. Das Label helfe, das Datum der Herstellung zu ermitteln und damit auch, den Schrankkoffers zu authentifizieren. Kompliziert wird die Sache durch die verschiedenen Linien. Louis Vuitton (1821-1892), der 1837 eine Täschnerlehre bei dem Koffermacher Maréchal in Paris gemacht hatte, eröffnete 1854 sein eigenes Geschäft unter dem Namen Louis Vuitton Malletier. Die Rahmengerüste der zunächst mit einem grauen, wasserabweisenden Leinen bezogenen Koffer bestanden aus einer Holz- und Metall­ konstruktion. Darauf kamen dann verschiedene Holzleisten als schützende Dämpfer. Die frühen Modelle seien nicht immer eindeutig als Louis Vuitton zu identifizieren, sagt Jenna Stolfi. Das wurde erst ab 1872 leichter, als die Außenhaut rote, später kastanienbraune und beige Streifen bekam. 1886 erfand Georges Vuitton (1857-1936), der Sohn des

Koffer-Beistelltische des Londoner Labels ­Culinary Concepts im Angebot. Deutlich tiefer in die Tasche greifen muss man für stilisierte Schrankkoffer aus der Yomei-Kollektion, die als Einzelstücke von einem kleinen Team im ostwestfälischen Detmold gefertigt werden. Das multifunktionale Solitärmöbel Magic Cube entpuppt sich im Inneren wahlweise als Schminktisch, Barschrank oder Homeoffice. Hochwertige Materialien wie Edelstahl, Leder, Hochglanzoberflächen oder Furniere werden hier mit größter Sorgfalt verarbeitet. Ob solche Möbel aber je den gleichen Wertzuwachs erzielen werden wie ein original Louis-Vuitton-Schrankkoffer, steht in den Sternen. Noch heute nimmt das von Patrick-­ Louis Vuitton geleitete Atelier in Asnières Bestellungen für Sonderanfertigungen entgegen. Prinzipiell konstruiert und baut man dort alles – solange es transportierbar bleibt und mit der DNA des Hauses, dem Reisen, in ­Verbindung bleibt. _____________________

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Die Alchemistin

TEXT//SUSANNA PETRIN FOTOS//SANDRA KNECHT

Ganzheitliches Konzept, effektvoll inszeniert: Sandra Knecht liebt Tiere, Natur und gute FrĂźchte.


_FOOD TO TASTE SOULFOOD

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DIE SCHWEIZER KÃœNSTLERIN SANDRA KNECHT ERFORSCHT KOCHEND DEN GESCHMACK DER HEIMAT.


Favabohnen, Kerne vom Granatapfel, Topinambur-Chips, Leindotteröl und Zitrone. Rechts: Innereien einer Ziege.

Knecht kocht ausschließlich regional. Sie kauft ganze Tiere beim Dorfmetzger oder beim Jäger – und nimmt sie manchmal selbst aus. Nie würde sie ein Tier essen, das im Schlachthof verendete – aus Respekt vor dem Leben und weil sie deren Stresshormone nicht in den eigenen Körper lassen wolle. Zum Fleisch wählt sie Vorspeisen und Beilagen, die zur Region, zur Jahreszeit und zu den Vorlieben der Tiere passen. Moostannen-Steinpilzsuppe. Im Wildfenchelsud gezogener Fasan mit Pastinaken, Demeter-Orangen in Weißwein, Marsala und geräuchertes Brot. Grillierter und in Kräutern durchzogener Bison von der Farnsburg mit Grünkern und Quitten an einer Kirschen-Rotwein-Sauce. Zimtcrumble, Demeter-Quark vom Rütihof, Büelerzwetschgenpovidel, Williamsbirnen-Safran-­ Sirup. Zum Schluss gibts Schnaps. Wie schmeckte Sandra Knecht im Glas? Ihr Wesen als Eingemachtes, ihre Essenz als Destillat? Vielleicht wie ein Bisonsteak über dem offenen Feuer gebraten, mit Rosmarin, Rüben und Portwein. Herb, warm, würzig, geerdet und heimlich ein bisschen süß. Vielleicht wie der Tonic, den sie gerade aus 37 Zutaten selbst braut. Komplex. Kann etwas klug schmecken, eigenwillig? Da müsste man noch lange darüber nachdenken. So, wie Sandra Knecht es tut, bevor sie ein Menü plant, bevor sie etwas in den Mund nimmt, Essen oder Worte; bevor sie kochend Tiere, Menschen und Orte porträtiert. Wie schmeckt Heimat? Wie wandeln sich Vorstellung und Begriff? Sind Heimat und Identität Verhandlungssache? Solche Fragen stellt sich Sandra Knecht. „Ich will mit der Kunst etwas herausfinden, etwas verarbeiten und entwickeln.“

DAS TRUDI IM GLAS

KEINE ANGST VOR EINGEWEIDEN

Als vor einigen Jahren die 103-jährige Grossmutter und die alte Bäuerin Trudi, bei der sie im Berner Oberland eine Wohnung untergemietet hatte, kurz nacheinander starben, vermisste Sandra Knecht auch Unerwartetes: Trudis Jodeln am frühen Morgen. Durch die Holzdielen des Bauernhauses waren die Lieder bis in ihr Zimmer gedrungen. Wie der Geruch von Trudis Gerichten. „Heimat ist auch Geschmack“, wurde Sandra Knecht damals klar. „Ich fühlte mich verpflichtet, ihre Kochtraditionen weiterzuführen.“ Und sie überlegte, wie sie zum Gedenken der beiden Frauen deren Essenz erfassen könnte. Als ob es das Selbstverständlichste wäre, sagt sie: „Da habe ich einen Lärchenschnaps gemacht.“ Er schmeckt nach Sauberkeit, Wald, Heimatliebe. Nach Trudi eben. Katholiken kennen das Prinzip. Das Trudi im Glas bekommt gereicht, wer in Sandra Knechts „Chnächt“ an der Kleinbasler Uferstraße speist. „Immer wieder sonntags“ heißt die monatliche Reihe, in der ein fünfgängiges Abendessen in einer Holzscheune zum wohltuenden Gesamtkunstwerk gerät.

Sandra Knecht hat keine Angst vor Blut und Eingeweiden. Keine Angst vor harter Arbeit. Sie hat jahrelang als Sozialpädagogin mit jugendlichen Männern aus dem Balkan und dem Nahen Osten gearbeitet. Hat Häuser besetzt, Drogenprostituierte betreut und von der Stadt Zürich eine Notschlafstelle für diese Frauen verlangt. Sie weiß, wie man Tiere ausnimmt und Würste füllt – schon als Kind hat sie im Dorf in einer Metzgerei ausgeholfen, mit 13 im Landdienst den Bauern morgens um sechs die Rösti gebraten. Auf einer Wiese im Dorf grasen ihre sieben Schafsböcke; Ouessants mit geschwungenen Hörnern. Sandra Knecht weidet Schafe und hat das Wirtepatent.


_FOOD TO TASTE SOULFOOD

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Wie schmeckt Heimat? Wie wandeln sich Vorstellung und Begriff? Solche Fragen stellt sich Sandra Knecht.

Aromatische Vielfalt: Geissenpfeffer mit Lorbeer.


Aber sie hat auch ein Regiediplom und einen Master of Fine Arts. Sie macht Kunstinstallationen, fotografiert und dreht Filme. Sie führte Regie an Theatern in Zürich und Basel. Einmal erwähnt sie nebenbei, dass sie früher mit Ruth Berghaus am Opernhaus Zürich gearbeitet hat. Sandra Knecht pflegt Bauerntraditionen weiter und dreht sexuell explizite Kunstfilme. Sie hinterfragt das Bild von der Heimat ebenso wie die Bilder der Queer Culture, der homosexuellen Kulturszene. Fabelmenschen – ein masturbierender Matrose, ein König Ubu, ein Damenschuhfetischist – führen in „Oben sitzt ein Affe“ gängige, pornografische Fantasien ad absurdum. „Ich will auch zeigen, wie langweilig das geworden ist. Die Queer-Ästhetik kommt aus den 70er- und 80er-Jahren.“ Ihr Video „Sirocco“ wiederum, das am letzten ­Videofestival in Hamburg lief, zeigt Menschen, die sich ihre eigene Identität zusammengestellt haben, tanzend, performend eigene Ausdrücke finden. Wild und frei.

Manche der Filmaccessoires finden sich in ihrer Stube wieder. Sandra Knecht lebt seit einigen Jahren in einem Handwerkerhaus in Buus; mit viel Kunst, der Freundin, vier Hunden und drei Katzen. Fast allesamt gestörte Tierheimtiere, wie sie sagt, die aber auf wundersame Weise friedlich zusammen auskommen. Es muss an ihr liegen. Sie liebe schwierige Tiere und schwierige Menschen. Vom Küchenfenster aus sieht man die Dorfstraße zwischen alten Häusern Richtung Hügel abbiegen. Wie ein Bild. Im Haus selbst täte man sich gern alles ganz genau anschauen. Die Schnitzereien. Den ausgestopften Hundekopf mit der falschen Perlenkette um den Hals, das Foto Sandra Knechts unterm Geissenschädel im Kleid aus Tannenzweigen, das die Ziegen abfressen.

NUR DAS TRUDI MERKTE ES NICHT. Bis vor Kurzem hielt sie ihre aktuelle Heimat geheim. Das Private soll privat bleiben. Gerade auch, weil sie sich mit ihren klaren Meinungen und politischen Haltungen immer wieder exponiert. Und mit ihrem Lebensstil. Wenn zwei Frauen zusammenleben, ist das auf dem Dorf ein Thema. „Logisch kommt es darauf an, ob jemand heterooder homosexuell ist“, sagt Knecht. So zu tun, als ob dem nicht mehr so sei, sei wenig hilfreich, ja verlogen. Nur das Trudi habe es damals nicht gemerkt, dass die Freundin die Freundin war. Als Teenager wollte sie mit Taten die Welt verändern. Sie sei schon immer sehr lösungsorientiert gewesen. Zum Theater kam sie mit Anfang 20, weil sie sich in eine Frau verliebt hatte, die Regie lernen wollte. Sandra Knecht machte die Aufnahmeprüfung auch, um ihr später nah sein zu können – ihre Freundin fiel durch, Sandra Knecht schaffte es. „Da sind Welten aufgegangen, ich habe gemerkt, wie frei man sein kann.“ Wie erst viele Jahre später wieder, als sie genug davon hatte, „schwierige Jugendliche für die Gesellschaft zurechtzuklopfen“ und sich ein Sabbatical mit einem Kunststudium gönnte. Es sei „die große Liebe“ gewesen, ein Gefäß für alles, was sie tue.

Ein altes Rezeptbuch und Zutaten aus der Heimat: Fasan und Forellen.


_FOOD TO TASTE SOULFOOD

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Links: Ein ausgeweidetes Wildschwein. Rechts: Braten in Wirsingblättern mit frischen Kräutern und Gewürzen.

„ÄSTHETIK DER HEIMATFRONT“ Wir gehen zu den Schafen. Der Spaziergang führt vorbei an sterilen Minihäusern und Steingärten. „Budgethügel“ nennt Sandra Knecht diesen Dorfteil. Einer ihrer Hunde uriniert in einen keimfreien Vorgarten, die Hausbewohnerin schimpft. Sandra Knecht bleibt ungerührt. Von einem Quad, einem Hybrid aus Auto und Motorrad, auf einem zubetoniertem Vorplatz macht sie ein Foto. Das kommt in ihre Serie „Home Sweet Home“ über das, was sie „Ästhetik der Heimatfront“ nennt. „Dauernd Heimat­ lieder singen, aber bei erstbester Gelegenheit den Heimatboden verkaufen“, Knecht macht diese Bigotterie wütend. Genauso wie die rechtsorientierten Politiker, die falsche Sehnsüchte wecken, dass alles bleiben könne, wie es ist. „Aber nichts kann bleiben, wie es ist. Das ist Habakuk, und das wissen die ganz genau.“ Später sitzt sie auf der Wiese, umringt von ihren Schafen und Hunden. Sie liebt diese Landschaft, diese Tiere. Das Karohemd hochgeknöpft, eine schwere Kette um den Hals, zwei goldene Ohrringe, das dunkle Haar zusammen­genom­men – halb Bauer, halb Flamencotänzerin. __________________

Sandra Knecht lebt in einem Handwerkerhaus mit viel Kunst, der Freundin, vier Hunden und drei Katzen.

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Sandra tischt auf: Die Abendessen der Reihe „Immer wieder sonntags“ – 30 Leute, fünf Gänge, ein Schnaps, 100 Franken – finden regelmäßig an der Uferstraße in Basel statt. Neuerdings nicht mehr im Provisorium, sondern in einer originalen, von der Künstlerin Maja Hürst bemalten Jurascheune. Hinzu kommen neue Formate, von „Mutti kocht“ bis „Der warme Samstag“, ein Fest mit Essen und Tanz, bei dem die Queer Community besonders willkommen geheißen wird. Alle Anlässe werden auf www.sandraknecht.ch oder auf ihrer Facebook-Seite ausgeschrieben, wo man sich per Messenger anmelden kann.


UNIFORM STYLE FASHION

BREXIT DE LUXE

TO WEAR_

FOTOS//HELENE SANDBERG STYLING//KAREN MUNNIS

Kleid von Hugo Boss.


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WIDERSPENSTIG WAREN DIE BRITEN SCHON IMMER. ABER SIE SIND RAFFINIERT GENUG, UM SICH ZUMINDEST MODISCH EIN HINTERTÃœRCHEN RICHTUNG EUROPA OFFEN ZU HALTEN.


UNIFORM STYLE FASHION

Jacke, Rock und Pullover von Paul Smith, Handtasche von Marni, Schmuck von Butler & Wilson, Handschuhe von Lisa Redman.

TO WEAR_


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Top von Dsquared2, Hose von Peter Pilotto, Schuhe von Marni, Kappe privat.


Jumper von Paul Smith, Hose von Marni, Stiefel von Peter Pilotto.


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_FASHION TO WEAR UNIFORM STYLE

Jacke und Hose von Peter Pilotto, Kappe privat.


UNIFORM STYLE FASHION

Jacke und Shirt von Dolce & Gabbana.

TO WEAR_


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Kleid von Pringle of Scotland.

Model Chanel Caldwell (Select Model Management) Haare Adam Garland Make-up Maria Comparetto (emmadaviseagency.com) Fashion Assistant Sarah Akinola Photo Assistant Jake Newell Mehr Ăźber den coolen Style der rebellischen Briten unter www.luxurylondon.co.uk


TEXT//SILVIA DOMINGUEZ LOPÉZ

IM STILDER GÖTTER SCHON IM ALTERTUM WURDEN HÄUSER MIT PRÄCHTIGEN MOSAIKEN GESCHMÜCKT. JETZT KEHRT DIESE WERTVOLLE KUNST IN DEN MODERNEN EINRICHTUNGSSTIL ZURÜCK.


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_INTERIEUR MATERIAL

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berlebensgroß, standhaft und aufrecht stehen sie nebeneinander: die Genossenschaftsbäuerin, der bewaffnete NVA-Soldat und der fahnenschwenkende Arbeiter aus dem volks­eigenen Betrieb – drei Stützen der noch jungen Deutschen Demokratischen Republik. Auf 125 Metern Länge und sieben Metern Höhe entfaltet das flächenmäßig größte Kunstwerk ­Europas die Vision einer sozialisti­schen­ Gesell­schaft – als Mosaik. 800.000 Steine bilden den monumentalen Fries „Unser Leben“, der am Berliner Alexanderplatz das „Haus des Lehrers“ seit 1964 schmückt. An diesem repräsentativen Ort sollte die politische Botschaft der DDR in den Stadtraum ausstrahlen. Die Symbolik der gesellschaftlichen Aufbauarbeit spiegelt sich auf der Ebene des Materials. Jeder einzelne Stein fügt sich in das große Ganze und leistet seinen Beitrag zum „Gelingen“ des Werkes.

Das proletarische Sittenbild des Arbeiterund Bauernstaates könnte in keinem größeren Gegensatz stehen zu den prunkvollen Mosaikwelten der italienischen Firma Sicis. Dennoch haben sie etwas gemeinsam: den Wunsch nach Selbstdarstellung. Schon die römischen Patrizier ließen im 2. Jahrhundert ihre Stadtvillen und Landhäuser mit Mosaik­ teppichen auslegen. Die aufwendig gestalteten Panoramabilder historischer Schlachten oder mythologischer Szenen gaben Zeugnis vom Reichtum ihrer Besitzer. Sie sollten Bildung, Geschmack und Lebensart aus­ drücken und durch die detailgetreue natu­ ralistische Darstellung beeindrucken. Sicis, die „Art Mosaic Factory“ aus Ravenna, erfüllt und interpretiert diesen Anspruch auf moderne Weise. Mit ihren Mosaiken schafft sie eine perfekte Synthese aus Kunst und Dekor, Fashion und Lifestyle.

Markanter Blickfang: Bodenund Wandmosaik einer privaten Residenz in Berlin.


Die Designs entstehen am Computer mit CAD-Technik und dienen als Vorlage. Der Mosaizist arbeitet jedoch frei und „malt“ das Bild mit den Steinen ab.

Luxushotels weltweit lassen sich von dem norditalienischen Mosaikdesigner ihre Spa- und Wellnessbereiche nach dem Vorbild römischer Thermen oder orientalischer Bäder gestalten. Sicis verwandelt Pools in aquamarinfarbene Lagunen und prächtige Unterwasser-Blumengärten,­­ deren Blüten unter der Wasseroberfläche zu schweben scheinen. Casinos, Hotellobbys, Suiten und Luxus-Malls schwelgen im Glanz ihrer gold- und silberdurchwirkten Mosaikwandverkleidungen, die regengleich von der Decke stürzen. Exotische Vögel und Schmetterlinge fliegen als Mosaikintarsien über Marmorböden. Geometrische Bordüren in griechisch-­römischer Tradition oder überdimensionale Paisley- und Lilienmuster breiten sich als steingewordene Teppiche und Läufer auf dem Boden aus. Ob im Hotel Burj Al Arab in Dubai, im Casino Bellagio in Las Vegas, im Hotel Le Méridien in Neu-Delhi oder in luxuriösen Privatvillen und Resorts – die Sicis-Mosaike schaffen Räume von atemberaubender Opulenz. In Ravenna an der italienischen Adriaküste werden sie erschaffen. Die kunsthandwerkliche Technik hat hier eine lange Tradition. Unter der Herrschaft der byzantinischen Kaiser entstanden zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert die hervorragendsten Beispiele christlicher Mosaikkunst. Es war das göttliche Licht, das die Mosaiksetzer, die Mosaicisti, mit den

farbigen Glassteinchen inszenierten, welche sie zu prachtvollen Christus- und Marienbildnissen zusammensetzten. Das alte Wissen um die Leuchtkraft der Farben, das Spiel der Lichtbrechung, den Schliff der Steine und ihre Anordnung in der Ebene wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in neu gegründeten Werkstätten wieder belebt. So wundert es nicht, dass die bedeutendsten Mosaikhersteller Italiens heute wieder in Ravenna und Venedig, der Stadt des ­Murano-Glases, ansässig sind. Alles begann mit einer Wette: Sicis-Gründer und Präsident Maurizio Leo Placuzzi arbeitete 1987 für ein italienisches Fliesenunternehmen, als ein saudi-arabischer Kunde ein einzigartiges und zugleich genuin italienisches Produkt für die Innendekoration seines Hauses verlangte. „Aus unserer Sicht waren damals Mosaike ein ziemlich billiges und hässliches Produkt, um damit die Wände von Badezimmern zu verkleiden“, schmunzelt Placuzzi während des Rundgangs durch seine Fabrik. „Ohne dass ich allzu viel davon verstand, gab ich zu verstehen, dass ich ihm das selbstverständlich liefern würde.“ Der charismatische Kaufmann fuhr zurück, engagierte junge Absolventen der Mosaikkunstakademie Gino Severini und gewann mit dem farbenprächtig-leuchtenden Bild eines Tigers im Dschungel den Auftrag. Eine Idee war geboren und damit ein Unternehmen.

Wie vor Jahrhunderten besteht das wesentliche Know-how darin, das Material zu beherrschen. „Zunächst konnten wir nur mit Glas und Marmor arbeiten“, verrät Placuzzi. „Die Handwerker hatten erst einmal keine Vorstellung davon, welche Wertschöpfung sich eigentlich aus ihren Fähigkeiten ergeben könnte, und die Architekten verbanden Mosaike vor allem mit einer sakralen, lange zurückliegenden Welt, mit der sie nichts zu tun haben wollten“, erinnert er sich. „Mir wurde in diesem Moment klar, dass wir eine ziemlich große Aufbauarbeit zu leisten hatten und mit einem anderen, modernen Anspruch an die Gestaltung und künstlerische Qualität herangehen mussten, um Erfolg zu haben.“ Doch Placuzzi lernte schnell, entwickelte im Laufe der Zeit verschiedene Verfahren, um das aufwendige und teure Kunsthandwerk an die Erfordernisse einer industriellen Produktion anzupassen und zugleich größte Freiheit im Design zu erlangen. „Bei den alten Römern gab es Sklaven, die vor Ort Steinchen auf Steinchen zu opulenten Bildnissen zusammensetzen“, sagt er. „Wir brauchten andere Produktionsprozesse, von der Erstellung der Materialien über die künstlerische Gestaltung bis hin zur Endfertigung und Transportlogistik“, so Placuzzi. Neue Materialien für die Tesserae, die Glassteine, mussten entwickelt und die Farbpalette ausgeweitet werden.


_INTERIEUR MATERIAL

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Links: Wandschmuck in St. Petersburg, Russland. Rechts: Stoff von Franceska Fabbri. Unten: Paneele mit Goldmosaik 24 Karat.


Sicis-Sessel Tenderly 4 in Form einer RosenblĂźte.


_INTERIEUR MATERIAL

SCHON BEI DEN RÖMISCHEN PATRIZIERN DIENTEN PRÄCHTIGE MOSAIKE DEM WUNSCH NACH SELBSTDARSTELLUNG.

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MIT SEINEN MOSAIKEN SCHAFFT SICIS EINE PERFEKTE SYNTHESE AUS KUNST UND DEKOR, FASHION UND LIFESTYLE.


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Denebol-Mosaike aus Blau und Gold prägen den Charakter dieses HotelSpas in Melbourne, Australien.


DAS MOSAIK AN ORT UND STELLE ZU BRINGEN IST EXTREM SCHWIERIG. Denn der Kreationsprozess umfasst, wie in der Modeindustrie, alle Produktionsphasen. „Wir entwerfen eine Blume, erschaffen das Ornament oder Dessin, bestimmen die Farben und legen das Andamento fest, das heißt, das für das Motiv adäquate Legemuster der Tesserae“, erläutert Placuzzi. Dann wird das Material geschaffen: das geeignete Glas mit seinen spezifischen Farbund Leuchteigenschaften. Denn ein Mosaik soll jedem Motiv, jedem Ornament und jedem Dekor Tiefe und Strahlkraft verleihen. Es sind seine Licht- und Schattenabstufungen, die das emotionale Raumerlebnis schaffen. Heute stellt Sicis elf verschiedene Glaskollektionen her, jede in über 200 Farbnuancen: durchsichtig schimmerndes Waterglass, vielfarbig irisierende Glimmer- und Iridiumsteine, traditionelle Murano-Smalti oder dreidimensionale, geschliffene Diamond-Gläser. Der Herstellungsprozess ist patentiert und wird wie ein Staatsgeheimnis gehütet. In der Sicis-Zentrale in der Via Canala können die Kunden bei der Entstehung ihres Mosaiks zusehen. Von einer umlaufenden Galerie aus schaut man von oben herab in die Werkstatt. Dort werden an großen Ar-

beitstischen oder direkt auf dem Hallenboden verschiedene Mosaike parallel gefertigt. Die Designs entstehen am Computer mit CAD-Technik und dienen als Vorlage. Der Mosaizist arbeitet jedoch frei und „malt“ das Bild mit den Steinen ab. Je nach Motiv wendet er unterschiedliche Legetechniken an. Gerade Rasterlinien erzeugen einen statischen Eindruck und sorgen für ruhige Hintergründe. Bogenmuster bringen hingegen Bewegung in das Bild. Und für die kontrastreiche Abgrenzung von Figuren werden die Konturenlinien mit kleinen Steinen nachgezeichnet. Bedeutsam für die Technik des Mosaiks ist der Eindruck aus der Sichtdistanz. Die Entfernung des Betrachters und der Winkel, aus dem heraus er das Mosaik wahrnimmt, werden bei der Anfertigung des Mosaiks präzise einkalkuliert. „Die große Herausforderung in der modernen Mosaikproduktion besteht darin, das fertige Werk an Ort und Stelle zu bringen“, sagt Placuzzi. Was für einen Fliesenspiegel im Bad keine große Schwierigkeit darstellt, ist für das Abbild eines japanischen Kranichs oder für ein komplexes florales Muster ein aufwendiges Unterfangen. Eine spezielle Klebefolie bildet das Kernstück der Sicis-Fertigungstechnik, die als doppio indiretto, doppelt indirekt, bezeichnet wird. Auf ihr werden die Steine mit dem Gesicht nach unten gesetzt und rückseitig mit einer speziellen Acrylmischung fixiert. Das

Mosaik wird in der Werkstatt komplett zusammengesetzt und dann wieder in 1,50 mal 1,50 Meter große Einzelteile zerlegt. Transportsicher verpackt und mit einer Bauanleitung versehen, wird es von Ravenna in alle Welt versendet. Mit diesen technischen Innovationen und der Kreativität seiner Designer und Mosaizisten hat sich das Unternehmen inzwischen an die Weltspitze des Mosaikdekors gesetzt. Der Modeindustrie näher als der Innenarchitektur. Sicis ist eine Luxusmarke für Raumgestaltung. Sie wird wie ein Modelabel geführt: Mosaik­ kollektionen von international bekannten Designern, Schmuck und Uhren aus filigranem Mikromosaik, extravagante Designmöbel mit Mosaikapplikationen und kostbare Innendekorationsstoffe erweitern heute die Produktlinie. Showrooms in London, Paris, Tokio oder New York betonen den Anspruch, das Mosaik in eine künstlerische Sprache für exklusive Lebensart zu verwandeln. „Wir sind hier, um Neues zu kreieren, zu produzieren und zu erfinden“, betont Maurizio Placuzzi. „Erfinden, das ist die DNA von Sicis.“ ______________________

Oben: Mosaikvariante der Genesis von Michelangelo. Rechts oben: Mosaik in einem russischen Privathaus. Darunter: Pool des Hotels Krasicki (Polen).


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Der ehemalige Fußballspieler Maurizio Leo Placuzzi hat in knapp 30 Jahren mit Sicis neue Maßstäbe für die Gestaltung, Fertigung und Verarbeitung von Mosaiken gesetzt. 220 Mitarbeiter, 60 davon im künstlerischen Bereich, arbeiten in Ravenna an der Entwicklung und Produktion von Kollektionen, die auf den Geschmack der jeweiligen Absatzmärkte abgestimmt sind. Zu den wichtigsten zählen China, die USA, Russland und der arabische Raum. Sicis ist dabei ein Familienbetrieb geblieben. Ehefrau Morena Placuzzi wirkt in der Verwaltung mit, während Tochter Gioia für die Uhren- und Schmucklinie verantwortlich ist. Mit der Sicis Art Gallery lässt die Firma Kunstwerke wie „Die Erschaffung Adams“ von Michelangelo oder den „Beethovenfries“ von Gustav Klimt von seinen Mosaizisten neu interpretieren. www.sicis.com


Maserati Levante S

TE XT / FO /RA TO LF S/ BE /B R RI NE AN R T BO JS EN /O LY M PU S

GESTRAFFTE SEHNEN

BEI DER NACHTFAHRT DURCH HAMBURG ZEIGT SICH DER SUV VON MASERATI VON SEINER SCHÖNSTEN SEITE.


_CARS TO DRIVE MASERATI LEVANTE S

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MASERATI LEVANTE S CARS

er Levante ist der Neue im Reich der Sonderlinge, ein Italiener durch und durch. Kraftvoll, markant, mit einem Hauch an Grandezza gewürzt und trotzdem so nordeuropäisch. Da ist der Allradantrieb plus Lift, damit auch tiefe Pfützen ohne Wasserflecken an der Karosserie durchfahren werden können. Und dann ist da der Sportknopf plus Schaltpaddel für den Ringkampf auf Asphalt. Der Spagat macht den Unterschied und den beherrscht der Levante tatsächlich auf dem Effeff.

TO DRIVE_

Irgendwo im Hamburger Stadtteil Pöseldorf. Die legendäre Rockkneipe Zwick in Hörweite. Im Rücken das Tennisstadion Rotherbaum, ganz in der Nähe die Milchstraße. Gediegene großbürgerliche Ruhe, bis der Maserati Levante seine Stimme erhebt. Dann ändern sich die Zeiten. Der Levante, jenes Exemplar der Gattung SUV, das seine italienischen Wurzeln so klar und deutlich wie nur möglich durch Hamburg trägt, ist ein Botschafter mit deutlicher Stimme und einem feinen Einstecktuch aus Seide. Seine Messaggio muss nicht übersetzt werden. „Die Sonne geht auf, also freut euch.“

Kurvenfahrt am Fischereihafen: Der Levante kommt mit Kopfsteinpflaster und anderen Spitzfindigkeiten im Terrain bestens zurecht.


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DIESER MASERATI IST EIN EYECATCHER DER BESONDEREN ART. DAS HAT NICHT NUR MIT DER SCHIEREN WUCHT SEINER AUSMAßE ZU TUN.

Direkt hinter dem Lenkrad. Rechts die Mittelkonsole mit dem 8,4 Zoll großen Monitor. Auto-TV. Ein Touchscreen, der mit einem wirklich schnellen Prozessor verbunden ist. Finger drauf und die Daten rennen los, der Bruchteil eines Augenaufschlages genügt und der Screen zeigt alle Infos, die bestellt wurden. Links neben dem Schalthebel ein paar Druckschalter. M für Manuell, ICE für Effizienz, Sport und Offroad. Dazu noch die obligatorische Chance, die 430 PS ohne Fangleine durch die Gegend zu hetzen. Auf abgesperrtem Terrain kann man das mal testen, im alltäglichen Leben sollte man von diesem Schalter die Finger lassen. Der Levante kann auch mit DSC sehr, sehr fix um die Ecken laufen.

Wir tun das gern und bedauern gleichzeitig, dass wir hinter dem Steuer sitzen und die Momente verpassen, die sich dem Zuschauer da draußen bieten. Dieser Maserati ist ein Eyecatcher der besonderen Art. Nicht die schiere Größe oder die Wucht seiner Ausmaße beamt für einen deutlichen Augenblick alle anderen Autos aus dem Blickfeld, es ist die Kombination aus Details, wie die Kühlermaske oder die schmalen Frontleuchten, die dem Levante das Credo des feinen Herrn im sportlich-­ eleganten Dress verleihen. Keine ästhetische Grobmotorik schickt diesen Maserati in die Schublade der seit Jahren leicht belächelten Blaue Stunde am Wasser: Der SUV von Maserati Levante weiß Kindertransporter mit Platz für zwei Kisten seine äußeren und inneren Werte Sprudel plus mindestens drei Hundertschafgut in Szene zu setzen. ten an Pferdestärken, die meist gelangweilt unter der Motorhaube abhängen. Im Maserati Levante laufen die Dinge anders.

In Pöseldorf hat man den Levante schon fast vergessen, wir haben den Wagen im Sparmodus aus dem Hamburger Stadtteil gelenkt, beim Ausparken die gute Übersicht bemerkt und den Monitor inklusive seiner Rückfahrkamera registriert. Und jetzt wollen wir spielen. Spagat und Spreizung austesten. Bist du Kumpel oder Bekannter? Bist du gut oder ein Guter. Bist du Schnacker oder Tipo?


in den Genuss seiner Stimme, und die ist ein sehr deutlicher Beleg seiner musikalischen Begabung. Sie ist umwerfend: Laut, deutlich, aggressiv, sportlich, kernig und technisch. Kein anderer SUV kann derart sauber und eindringlich den Chor der Werktätigen unter der Motorhaube zur Geltung bringen. Die Höhen und Tiefen werden dabei dank der feinen Abgasanlage bestens bis zum Endrohr transportiert. Es sprotzelt, es kreischt, der Levante singt zuweilen und wird im Sportmodus zum italienischen Straßenmusiker, Popkultur ohne Radio oder CD. Und dann die Kombination aus Sound und Fahrdynamik. Ein ganz spezielles Thema. Mit reichlich Emotionalität und überzeugender Technik.

Der Levante kann sich nach oben strecken, ganze 65 Millimeter. Wenn Offroad abgesagt ist. Allrad hat er sowieso, nur wenns abseits der glattgebügelten Pisten geht, kann man den Italiener schon mal ohne Angst vor Kratzern an der Karosserie laufen lassen. Das funktioniert tadellos und ist im Notfall auch nützlich. Der große Spaß im Levante kommt allerdings erst dann zur Geltung, wenn man den Wagen ins Erdgeschoss fährt, den Sport-Knopf drückt und die acht Gänge per Paddel am Lenkrad sortiert. Die Automatik ist zwar sehr, sehr fix, aber das Fingerspiel direkt hinter dem Lenkrad verwandelt den Viertürer plus Heckklappe Wertvolles Interieur: Leder mit sehr überzeugend in einen begabten austraiPrägung, Touchscreen mit schnellem nierten Sportler. Außerdem kommt man dann Prozessor und Edelholzkonsole.

DER CHOR DER WERKTÄTIGEN IM MOTORRAUM KOMMT EINDRINGLICH ZUR GELTUNG.


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_CARS TO DRIVE MASERATI LEVANTE S

Rein in die Kurve, der Levante ist ab Werk vorn mit 19-Zoll265ern und hinten mit 295ern bestückt. Traktion ist reichlich vorhanden. Er bremst sauber und kraftvoll, Lenkung, Aufhängung und Gas sind per „Sport“-Modus deutlich direkter ausgelegt. Der Levante trägt kurze Hosen und ein Sporttrikot. Längs- und Querdynamik sind plötzlich die besten Freunde des jüngsten Maserati, er hat von seinen Verwandten gelernt und es macht ihm offensichtlich viel Freude. Nach etlichen Kilometern in jedem Modus, kann man aussteigen, das Gepäck entladen, noch einmal um den Levante herum laufen und auf die Frage „Wie war die Fahrt?“, ohne Übertreibung mit einem Lächeln antworten.

Dem SUV an sich, als Gattung eher im Normalmodus unterwegs, sagt man gern eine überhöhte Trägheit nach. Die Masse findet ihren Meister immer in der Physik oder ihrer Gesetze. Der Levante, mit leicht über zwei Tonnen kein Superschwergewicht, ist mit seinen 430 PS schon ein Kraftsportler. Der hohe Schwerpunkt, naturgemäß ein Handicap, hindert beim hurtigen Kurventango. Das flinke Hin und Her mag nicht zum Alltag des Levante gehören, aber er kann es. Erstens, weil das Gewicht des Wagens sauber 50 zu 50 verteilt wurde. Und zweitens, weil der Schwerpunkt des Levante im Vergleich zu allen Mitbewerbern recht tief sitzt. Wir haben es ausprobiert und es funktioniert. Der Italiener mit dem Offroad-Knopf kann Slalom. Und wie.

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Der Levante ist in jedem Terrain sehr gut unterwegs, sobald er jedoch den Finger über der Sporttaste spürt, werden unter der markanten Blechhaut die Sehnen gestrafft. Dann rennt dieser Maserati wie ein kleiner Junge zum Bolzplatz. ___________

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MASERATI LEVANTE S

Radstand 3.004 Millimeter

Motor V6 TwinTurbo

Laderaum 580 Liter

Leistung 316 kW/430 PS bei 5.750

Leergewicht 2.109 Kilogramm

Umdrehungen pro Minute

FAHRLEISTUNGEN

Drehmoment 580 Newtonmeter bei 4.500

0-100 KM/H 5,2 Sekunden

bis 5.000 Umdrehungen pro Minute

TOPSPEED 264 km/h

Antrieb Allrad

VERBRAUCH kombiniert nach NEDC

Getriebe 8-Gang-Automatik ZF AT8 HP70

10.9 Liter auf 100 Kilometer

MAßE

CO2 253 Gramm pro Kilometer

Länge 5.003 Millimeter

PREIS in Deutschland inklusive Steuer

Breite 1.968 Millimeter

88.000 Euro

Höhe 1.679 Millimeter

(ALLE ANGABEN LAUT HERSTELLER)

Vielen Dank an das Edel-Autohaus TAMSEN am Merkurring in Hamburg-Rahlstedt für die Zurverfügungstellung des Testfahrzeugs.

Glanzvoller Auftritt: Der Maserati Levante vor der Hamburger Binnenalster.


AUS SICHTS REICH

TEXT//THOMAS GARMS FOTOS//FRANS VAN DER HEIJDEN


_INTERIOR ICONIC APARTMENT

DIE ELBPHILHARMONIE IN HAMBURG IST DAS NEUE WAHRZEICHEN DER STADT. DAS GRÖSSTE APARTMENT WURDE VON DER PREISGEKRÖNTEN DESIGNERIN KATE HUME AUSGESTATTET.

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ICONIC APARTMENT INTERIOR_

Anders die Elbphilharmonie, mithin die wahrscheinlich spektakulärste Immobilie der Hansestadt. An der Westspitze der HafenCity thront sie auf dem Backsteinblock des historischen Kaispeichers A, wo früher Kaffee und Kakao gelagert wurden. Wer hier eine Wohnung sein Eigen nennt, verfügt über ein Unikat in einmaliger Lage, in einem nicht reproduzierbaren Wahrzeichen der Stadt mit erheblichem Wertsteigerungspotenzial.

Es gibt ein paar Weisheiten bei Wohnimmobilien, die sich so leicht nicht aus den Angeln heben lassen: Die Welt, betrachtet aus den Panoramascheiben eines ikonischen Bauwerks wie das der Hamburger Elbphilharmonie, sieht anders aus als die üblichen Luxusapartmenthäuser jener pragmatischen Investorenarchitektur, die sich hineindrängt in gewachsene Wohnviertel und an der Stelle des abgerissenen Bestands mit viel Glas und Beton das zeitgenössische Mantra von Urbanität, gestalterischer Strenge und konformistischem Luxus singt. Geschmackliche Unterschiede sind hier meist eingeebnet und bewegen sich auf einem schmalen Grat einer Uniformität, die heute zwar als modern empfunden wird, aber schon nach zwei Generationen ihr gestalterisches Verfallsdatum erreichen könnte.

Arbeitstisch von Heijden Meubel. Rechts: Sofas von Minotti, Espadon-Leuchte.

Das 110 Meter hohe, von Herzog & de Meuron entworfene Bauwerk enthält neben drei Konzertsälen ein Hotel mit 244 Zimmern, verschiedene Gastronomiebereiche und in 50 bis 110 Metern Höhe 44 Eigentumswohnungen, die derzeit zum Verkauf stehen. Von diesen soll hier die Rede sein. Dank erstklassiger Lage in der Westspitze ist die grandiose Aussicht über Hafen, Elbe und Hansestadt unver­baubar. Die Fensterfronten sind spektakulär.


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EIN MAGISCHER ANZIEHUNGSPUNKT SIND DIE GLÄSERNEN LOGGIEN MIT IHRER OFFENEN, S K U L P T U R A L G E FA S S T E N S T I M M G A B E L F O R M .

Sie bestehen aus jeweils zwei Scheiben, von denen zahlreiche unterschiedlich gewölbt und gebogen sind. Zum Sonnenschutz und aus gestalterischen Gründen ist zudem jede Scheibe mit einem individuellen Raster bedruckt. Dadurch ist von außen der Eindruck eines gewaltigen Kristalls entstanden, der den Himmel, das Wasser und die Stadt immer wieder anders reflektiert. Die Raumkonzepte der zwischen 120 bis 400 Quadratmeter großen Wohnungen sind vollkommen auf die Panoramen ausgerichtet worden. Unweigerlich stellt sich das Gefühl ein, sich in einem majestätischen Adlerhorst zu befinden, entrückt von den klaustrophobischen Widrigkeiten einer Großstadt mit ihrem Lärm

und ihrer Enge, das Schauspiel eines Welthafens mit seinen zuverlässig ein- und ausfahrenden Ozeanriesen cinemaskopisch zu Füßen. Hier, in der Elbphilharmonie, wird ein urbanes Residieren zelebriert, das den Schutz des Privaten zur wesentlichen Prämisse erhoben hat. Für die künftigen Bewohner ist alles auf Diskretion eingestellt – vom eigenen Entree über die Lobby mit Concierge-Service und einer nur für die Bewohner reservierten Garage. Dieser Filter, der die öffentlichen Bereiche des Bauwerks von dem Wohnbereich trennt, ist Teil des Konzeptes. Mit dem Aufzug geht es nach oben in die 18. Etage, wo die Interior-Designerin Kate Hume das größte der Apartments als Musterwohnung

eingerichtet hat. Die gebürtige Britin unterhält ihr Büro in Amsterdam und hat in Residenzen von Moskau über Dubai bis Prag ihre kosmopolitische Handschrift hinterlegt. Im Apartment der Elbphilharmonie ist von den Möbeln über einen ledernen Boxsack im Fitnessbereich bis hin zu Vasen, Bettwäsche und dem passenden Geschirr alles mit stilsicherer Hand zu einer wundervollen Partitur des modernen, zeitlosen Wohnens verbunden worden. „Die Ausgangslage war für uns ganz ausgezeichnet“, schwärmt Kate Hume. „Man gab uns ein Höchstmaß an gestalterischer Freiheit.“ Zunächst einmal nahm sich die Designerin Zeit, das Panorama und die unterschiedlichen Lichtstimmungen auf sich wirken zu lassen.


Herrschaftlich: der mit Serpentinit verkleidete KĂźchenblock von Eggersmann.


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_INTERIOR ICONIC APARTMENT

Der Master Bedroom mit dem Venere-Schminktisch von Galotti & Radice.

„Auffällig waren für mich diese grünen Kupferdächer und Kirchtürme rund um die Alster, typisch für Hamburg. Dann fiel mir das Kobaltblau auf, mit denen die Elbdampfer nachts beleuchtet sind“, sagt sie. „Diese Farbwelt wollte ich als Motiv in der Einrichtung weiterführen.“ Entstanden ist eine besondere, nuancenreiche Farbstimmung des Einrichtungskonzeptes, die sich mit den hellen Eichendielen und den verschiedenfarbigen Natursteinen in den Bädern kongenial ergänzt. Die Farben der Kupferdächer in der Umgebung finden in der Möblierung genauso seine Entsprechung wie die des Wassers und des Himmels. Als Kontrast tauchen Fliedertöne, Gold und dunkle Hölzer auf. Hume hätte die Wohnung einrichten können mit Pomp, Trompetenglanz und Paukenschlägen. Aber sie entschied sich für die zarten Töne, für wohldosierte Brüche und Glanzlichter, die als leichtes, filigranes Stickmuster besorgt sind

um unbeschwerte Eleganz. Um im Bild der Partitur zu bleiben: Ihre gestalterischen Instrumente sparen die offensive Dramatik aus, sie überlassen die Hauptrolle dem äußeren Panorama, verstehen sich als geschickt reflektierender Resonanzboden dessen, was als wechselnde Lichtstimmung durch die vielen raumtiefen Fenster nach drinnen strömt und mit seinen Reflektionen und Schattenwürfen quasi automatisch für Atmosphäre sorgt. Für Kate Hume galt es, der großzügigen Raum­ aufteilung mit dem nahezu trapezförmiger Grundriss nicht entgegenzuarbeiten, sondern ein stilvolles Etui zu schaffen für das Kostbarste in der Wohnung: den Ausblicken nach Süden, Westen und Norden. Ein magischer Anziehungspunkt der Wohnung sind die gläsernen Loggien mit ihrer offenen, skulptural gefassten Stimmgabelform, welche die scheinbar unregelmäßige, wabenförmige Gestalt der Fassade erklären.

Wer die Räumlichkeiten betritt, erreicht quasi zwangsläufig die große offene Küche von Eggersmann, die als mit Serpentinit verkleideter Riegel herrschaftlich den Raum dominiert und zum geselligen Beisammensein einlädt. Ins Innere des Baukörpers hinein schließt sich eine zweite kleinere Küche an für Vorratshaltung und Vorbereitung; daneben befindet sich ein Haushaltsraum. Die Küche selbst kann durch zwei gläserne Schiebetüren jeweils von Wohn- beziehungsweise Essbereich abgeteilt werden. Linker Hand befindet sich das Esszimmer mit markanten, türkis-weiß bezogenen Stühlen von Paulo Antunes und einem farblich korrespondierenden Teppich von Tai Ping. Von dort aus wurde die Blickrichtung auf den Hafen ausgerichtet und liefert als Logenplatz frei Haus das Spektakel der glitzernden Lichter am Abend und in der Nacht. Ebenfalls Richtung Süden liegt der Gästetrakt mit einem Schlafzimmer und einem Bad.


ICONIC APARTMENT INTERIOR_

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Einheiten 44 Eigentumswohnungen Größe der Wohnungen zwischen 120 und 400 Quadratmeter Kaufpreis auf Anfrage Kontakt Engel & Völkers Hamburg, +49 40 36099690 Investoren Quantum Immobilien und Hochtief Infrastructure

Das Wohnzimmer selbst wurde in drei Bereiche gegliedert. Visueller Ankerpunkt sind hier die beiden geschwungenen Seymour-Sofas von Minotti, die ihren Platz auf einem blau-violetten Teppich (ebenfalls Tai Ping) finden und von filigranen Beistelltischen begleitet werden. Ausreichend weit entfernt befindet sich am Fenster ein markanter Arbeitstisch mit absolut privilegiertem Blick auf die Schiffsanleger der Elbe. Der Tisch mit seiner hochglanzpolierten Platte ist ein eigener Entwurf von Hume und ihrem Mann Frans van der Heijden. Auch andere Objekte in der Wohnung stammen aus der Kreativwerkstatt des Duos. Gegenüber ist der Platz für die beiden blau bezogenen Fernsehsessel. „Eine Wohnung einzurichten, deren spätere Besitzer man nicht kennt, ist immer eine Herausforderung“,

resümiert Kate Hume. Man könne in diesem Fall allenfalls die künftigen Bedürfnisse antizipieren, sagt sie. Dazu gehört in ihrer Vision für die öffentlichen Räume die Verknüpfung von repräsentativer Gastlichkeit mit der intimen Behaglichkeit inselartiger Rückzugsorte. Das Sideboard mit Vinylplattenspieler, aber auch die Leseecke vor einem ansprechend bestückten Bücherregal sind die perfekte Entsprechung dieses Leitmotivs. In allen Räumlichkeiten gibt es reichlich Kunst, zur Verfügung gestellt von einem Hamburger Sammler. Als weitere Blickpunkte dienen exquisite handgeblasene Vasen und andere ausgewählte Accessoires.

Nach Norden erschließen sich durch einen abtrennbaren Flur die privaten Räumlichkeiten mit Master Bedroom, Ankleide- und Badezimmer sowie einem Fitnessraum mit Sauna. Komfort und Rückzug stehen hier obenan, die Möblierung mit einem Boxspringbett und Morrison-Nachtischen von Minotti wirkt fast feminin. Wer sich am Boxsack abarbeitet oder vor der Spiegelwand seine Yogaübungen absolviert, kann dabei weit hinüberschauen auf das alte Hamburger Wahrzeichen – den Michel. __________


97

Für große Dinner: Den Esstisch hat Kate Hume selbst entworfen, die Stühle stammen von Paolo Antunes.

HUME HÄTTE DIE WOHNUNG EINRICHTEN KÖNNEN M I T P O M P, T R O M P E T E N G L A N Z U N D P A U K E N S C H L Ä G E N . ABER SIE ENTSCHIED SICH FÜR DIE ZARTEN TÖNE. Z

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Kate Hume, in England geboren und in Amsterdam ansässig, gründete ihr Studio 1998 zusammen mit ihrem Mann, dem niederländischen Fotografen Frans van der Heijden. Für eine internationale Kundschaft schafft sie Interieurs, die ebenso elegant wie vielseitig sind und sich immer auch am Charakter des jeweiligen Gebäudes orientieren. www.katehume.com, www.heijdenhume.com

Der Blick aus der Küche in den Essbereich und hin zur Leseecke.


IMPRESSUM

Materialist ist ein Hybrid aus Anleger- und Lifestylemagazin. Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich als Co-Produktion der Pracimamedia GmbH und der OCEAN.GLOBAL GmbH & Co. KG in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie ist in ausgewählten Pressefachgeschäften sowie dem Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel erhältlich. Außerdem wird Materialist im Rahmen von exklusiven Partnerschaften mit Luxusunternehmen und PremiumRetailern vertrieben. Dazu gehört auch der Versand des Magazins zu exklusiven Kunden direkt nach Hause. Executive Editor Dr. Thomas Garms thomas.garms@materialist.media Executive Publisher Alexander Lehmann al@ocean.global Editorial Design Outline-Graphix UG (haftungsbeschränkt) Telefon: +49 431 6473173 www.outline-graphix.de info@o-graphix.de Redaktion und Autoren Senior Staff Writer: Silvia Domínguez López Fashion & Style: Georgia Garms Food & Wine: Nils Lackner Motor: Ralf Bernert Architektur: Norman Zietzmann Design: Esther Strerath Nele Husmann, Markus Gotzi, Timo Nowack, Marc Radke, Bernd W. Schrüfer, Mike Ziegler, Fabian Urech, Niels-Gerrit Horz, Tim Jacobsen Redaktionsanschrift Pracimamedia GmbH Redaktion Materialist Elbchaussee 168b 22605 Hamburg Telefon: +49 40 368 56 239 office@materialist.media Lektorat Alexandra Dinter, Ina Krug, Kirsa Stoltenburg Fotografen Birgit Baier, Brian Boysen, Frans van der Heijden, Sandra Knecht, Nils Lackner, Barbara Maurer, Helene Sandberg, Covershot: istockphoto.com/Pinkypills

Verlagsanschrift OCEAN.GLOBAL GmbH & Co. KG Klausdorfer Weg 167, 24148 Kiel Telefon: +49 431 9969977 Fax: +49 431 996 9986 info@ocean.global www.ocean.global Geschäftsführer: Alexander Lehmann al@ocean.global Sales & Marketing Alexander Lehmann Telefon: +49 431 9969977 Fax: +49 431 9969986 al@ocean.global Premiumpartnerschaften: Jan Meyer jm@ocean.global Repräsentanten ITALIEN Studio Villa Media Promotion S.r.l. Via Luca Comerio 1 I-20145 Milano Telefon: +39 02 31 16 62 Fax: +39 02 33 10 38 48 www.studiovilla.com studio.villa@studiovilla.com SCHWEIZ Parkweg Verlag Feldstrasse 121 CH-8004 Zürich Telefon: +41 43 539 98 94 www.parkweg-verlag.ch info@parkweg-verlag.ch Abonnement & Einzelheftbestellungen OCEAN.GLOBAL GmbH & Co. KG Klausdorfer Weg 167, 24148 Kiel Telefon: +49 431 9969977 Fax: +49 431 9969986 www.ocean.global abo@ocean.global ISSN 2190-1171 Vertrieb IPS Gruppe Carl-Zeiss-Straße 5, 53340 Meckenheim, www.ips-d.de © MATERIALIST is a publication produced under license from Pracimamedia GmbH, the creator and owner of the Materialist brand. All rights belong to Pracimamedia GmbH and may not be reproduced, whether in whole or in part, without prior written consent.


_INVEST STRATEGY

AUGENMASS UND EIN GUTES GEFÜHL TEXTE//RALF BERNERT, NIELS-GERRIT HORZ, MARKUS GOTZI, TIMO NOWACK, MARC RADKE, BERND W. SCHRÜFER UND FABIAN URECH

EIN START-UP FINANZIEREN, AN ROBOTIK GLAUBEN, KLASSISCHE AUTOS SAMMELN, FARBEDEL­STEINE KAUFEN ODER GELD IN ENTWICKLUNGSHILFE STECKEN – ES GIBT VIELE MÖGLICHKEITEN FÜR ALTERNATIVE ANLAGEN, DIE SICH RENTIEREN UND SUBSTANZ SCHAFFEN KÖNNEN.

99


1. E

KRISE, CHANCE, ENTWICKLUNG

Es sind gewaltige Summen, die mit der nachhaltigen Entwicklungsagenda der UNO in Verbindung gebracht werden: Gemäß Berechnungen wird die Umsetzung der 17 globalen Ziele, die im vergangenen Herbst von der UNO-Generalversammlung verabschiedet worden sind, bis 2030 pro Jahr zwischen 3.300 und 4.500 Milliarden Dollar kosten. Zwei Drittel dieser Investitionen fallen in Entwicklungsländern an. Die traditionelle Entwicklungshilfe ist mit einem jährlichen Volumen von weltweit rund 150 Milliarden Dollar nicht in der Lage, diesen Finanzbedarf für Infra­ struktur-,­Gesundheits- und Bildungsprojekte zu decken. Bereits jetzt kommt es zu Engpässen: Im vergangenen Jahr konnte nur die Hälfte der Projekte der UNO-Hilfswerke finanziert werden. Fachleute sind sich deshalb seit Längerem einig, dass die Privatwirtschaft stärker in entwicklungspolitische Projekte einbezogen werden muss. „Ohne private Gelder kann die neue Entwicklungsagenda nicht umgesetzt werden“, ist Nannette Lindenberg vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik überzeugt. Da eine zunehmende Zahl privater und institutioneller Anleger Wert legt auf die gesellschaftliche Wirkung und auf die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen, besteht durchaus ein geteiltes Interesse an einer Kooperation.

TEXT//FABIAN URECH

WIRKUNGSORIENTIERTES INVESTIEREN LIEGT IM TREND. AUCH PRIVATE ANLEGER KÖNNEN ENTWICKLUNGSPROJEKTE IN DER DRITTEN WELT MITFINANZIEREN.

Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Jahren sogenannte Development Impact Bonds (DIB) in den Fokus gerückt. Solche sozialen Wirkungskredite sollen helfen, privates Kapital für Entwicklungsprojekte zu mobilisieren. Das Prinzip ist relativ einfach: Ein ausgewähltes Entwicklungsprojekt wird von privaten An­ legern vorfinanziert, von einer Entwicklungs­ organisation – beispielsweise einer NGO – lokal ­umgesetzt und nach dem Projektende von einem unabhängigen Gutachter anhand vordefinierter Indikatoren evaluiert. Erreicht oder übertrifft das Projekt die vereinbarten Ziel­ werte, erhält der Investor von einer Geberorganisation – etwa von einer staatlichen Entwicklungsagentur – sein Investment zurückerstattet, ergänzt durch eine erfolgsabhängige Rendite. Werden die Zielwerte verfehlt, trägt der Investor einen Teil des Verlustes mit.

Ein Paradigmenwechsel Für Sabine Döbeli, CEO von Swiss Sustainable­ Finance, stellen DIBs einen Versuch dar, den steigenden Bedarf an Entwicklungsgeldern mit der privatwirtschaftlichen Nachfrage nach profitablen sozialen Investments zu verknüpfen. Die Idee zu diesen Bonds, die formell einem erfolgsabhängigen Darlehen entsprechen, geht auf das Konzept der Social Impact Bonds zurück. Sie fanden in den letzten Jahren vorab im angelsächsischen Raum Verbreitung. Die Studie einer von der G8 eingesetzten Taskforce ist 2014 zum Schluss gekommen, dass Wirkungsanleihen einen Paradigmenwechsel markieren und eine treibende Kraft sind, um die schwierigsten gesellschaftlichen Probleme zu lösen.


101

_INVEST ENTWICKLUNGSHILFE

Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zählte die Optimus-Stiftung der UBS vor drei Jahren zu den Ersten, die einen entsprechenden Bond auflegten. Ziel des noch laufenden Projekts, das in Zusammenarbeit mit einer britischen Stiftung umgesetzt wird, ist die Verbesserung der Schulbildung für Mädchen im indischen Rajasthan. Das Volumen des UBS-Bonds ist mit einer Viertelmillion Dollar noch gering, seit 2014 wurden aber rund ein Dutzend größere DIBs lanciert oder angekündigt. Unlängst machte auch die Weltbank ihre Absicht publik, einen ersten DIB auf den Markt zu bringen. Für Aufmerksamkeit sorgte zudem der im Januar angekündigte DIB des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), der das Konzept des wirkungsorientierten Investments auf die humanitäre Hilfe ausweitet. Mit privat vorfinanzierten Geldern in der Höhe von 30 Millionen Dollar will das IKRK Rehabilitationszentren in konfliktbetroffenen Staaten wie ­Afghanistan, Jemen oder Zentralafrikanische Republik aufbauen. „Angesichts der enormen Not, mit der wir uns konfrontiert sehen, sind wir gezwungen, alternative Finanzierungswege einzuschlagen“, erklärt Christopher Greenwood vom IKRK.

Klarer, sozial messbarer Impact Noch sind die Verhandlungen der Genfer Hilfsorganisation mit staatlichen Gebern nicht abgeschlossen. Bei privaten Investoren sei das Produkt aber bereits auf reges Interesse gestoßen, sagt Greenwood. Dies hänge einerseits damit zusammen, dass bei einem Investment in den IKRK-Bond ein klarer, sozial messbarer Impact ausgewiesen werden könne. Andererseits mache die Unabhängigkeit vom Finanzmarkt das Produkt zu einer attraktiven Diversifikationsinvestition. Manuel Lewin, Head of Responsible ­Investment Zurich Insurance Group, hält DIBs für interessante Anlageprodukte. Sie böten die Möglichkeit, eine attraktive Rendite mit dem gewünschten positiven Einfluss im Sozial- oder Umweltbereich zu verknüpfen. Gleichwohl hat die Versicherungsgesellschaft bislang nicht in entsprechende Bonds investiert. „Aktuell gibt es für uns noch offene Fragen, es fehlen die Erfahrungswerte“, sagt Lewin. Die Hauptschwierigkeit sei, das Risiko einer solchen Investition zu evaluieren.

Für Sabine Döbeli von Swiss Sustainable Finance ist diese Zurückhaltung, die in der Schweiz bei institutionellen Anlegern bislang überwiegt, keine Überraschung. Für ein innovatives Produkt wie die IKRK-Anleihe muss sich das Interesse auf dem Markt erst noch entwickeln. Döbeli ist überzeugt, dass die Privatwirtschaft eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der UNO-Entwicklungsagenda spielen muss. Ein Investment in dieses noch recht exotische Nischenprodukt sei ohne entsprechende Erfahrungswerte, aber mit gewissen Risiken verknüpft. Möglicherweise seien DIBs vorab für Stiftungen und private Investoren interessant, meint Döbeli.

Interessiert, aber zurückhaltend Letztlich hängt der Erfolg der DIBs aber auch von der Unterstützung der Geberorganisationen ab. Für diese könne ein Engagement in diesem Bereich durchaus Vorteile bieten, sagt Entwicklungsexpertin Nannette ­Lindenberg. Solche Bonds könnten dazu beitragen, dass die Transparenz, die Wirksamkeit und das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Entwicklungsprojekten verbessert werden. Zudem könnten Geberorganisationen zumindest einen Teil des Risikos an private Investoren auslagern, da sie nur jene Projekte vollumfänglich finanzierten, die die vereinbarten Zielwerte erreichen. In den USA sind aufgrund dieser Vorteile bereits Forderungen laut geworden, künftig zehn Prozent des Entwicklungsbudgets zur Deckung von DIBs einzusetzen. In der Entwicklungsbranche gibt es allerdings auch kritische Stimmen. Bemängelt werden etwa die hohen Transaktionskosten sowie der administrative Überbau. Nach der Lancierung des IKRK-Bonds meinten Kritiker zudem, die humanitäre Hilfe solle nicht privatwirtschaftlichen Mechanismen unterworfen werden. Für Nannette Lindenberg ist derweil klar, dass das Potenzial des Produkts bislang in der Hauptsache auf theoretischen Überlegungen gefußt hat. Auch Christopher Greenwood spricht von einem Pilotprojekt: „Wir müssen nun herausfinden, ob das in der Praxis eine gute Idee ist.“___

150 MILLIARDEN DOLLAR BETRÄGT DAS JÄHRLICHE VOLUMEN DER TRADITIONELLEN ENTWICKLUNGSHILFE.


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PIONIERARBEIT IKRK-Bonds Der am diesjährigen WEF angekündigte Humanitarian Impact Bond des IKRK hat ein Volumen von 30 Millionen Dollar. Mit dem Geld sollen in verschiedenen Konfliktregionen Rehabilitationszentren finanziert werden, die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Gemäß IKRK sind die genauen Konditionen für Anleger noch nicht definiert. Aktuell gehe man aber von einer Maximalrendite im hohen einstelligen Bereich aus, sagt Christopher Greenwood vom IKRK. Als Geber konnte die Genfer Hilfsorganisation bislang die belgische Entwicklungsagentur gewinnen, mit weiteren Geberorganisationen würden Gespräche geführt.

WIN-WIN-SITUATION

Die Intervention wird durch privates Investitionskapital finanziert. Erreicht die

Was ist ein Social Impact Bond?

Intervention die festgelegte soziale Wirkung,

Bei Social Impact Bonds (SIBs) handelt es sich

erhalten die Investoren das eingesetzte Kapital

um sektorenübergreifende Kooperationen:

und eine Rendite, die von der Wirkung der

Beteiligt an einem SIB sind in der Regel ein

sozialen Maßnahmen abhängt.

oder mehrere soziale Dienstleister, private, wirkungsorientierte Investoren und der Staat.

Die ausgezahlte Rendite kommt in diesem Fall nicht direkt vom Kapitalempfänger (dem

Die Zusammenarbeit der Parteien ist vertraglich

sozialen Dienstleister), sondern wird von der

geregelt. Hier werden die konkreten Finanzierungs­

öffentlichen Hand gezahlt, wenn die finanzierte

mechanismen, die Verteilung von Risiken und die

Intervention sich als wirksam erweist und sich

gewünschten Ergebnisse (Wirkung) festgelegt und

dadurch Einsparungen in den öffentlichen

die Verpflichtungen der Akteure vereinbart:

Kassen generieren lassen.

Quelle//Bertelsmann-Stiftung

Der soziale Dienstleister verpflichtet sich, eine bereits erprobte Intervention zu erbringen

In einem etablierten Sozialsystem wie

und dadurch eine messbare soziale Wirkung

Deutschland können wirkungsorientierte

zu erzielen. Dies kann zum Beispiel die enge

Investitionen (WI) hauptsächlich komple­

Begleitung und Unterstützung von jungen

mentär zur bestehenden Finanzierung wirken:

Langzeitarbeitslosen sein, die dadurch mit

Mittels WI kann zusätzliches Kapital zur Förderung

höherer Wahrscheinlichkeit langfristig in den

von Prävention, Innovation und Skalierung in die

Arbeitsmarkt integriert werden können.

Sozialwirtschaft geleitet werden.

Einsatz des IKRK im Südsudan. Entwicklungsarbeit ist teuer. Private Investoren sollen als Geldgeber eingebunden werden.

DURCHSCHNITTLICH VIER MILLIARDEN DOLLAR KOSTET DIE UMSETZUNG DER NACHHALTIGEN ENTWICKLUNGS­AGENDA DER UNO BIS 2030 JÄHRLICH.

© Millionär - das Anlegermagzin der Handelszeitung Schweiz

ENTWICKLUNGSHILFE INVEST_


Johann Baptist Dallinger von Dalling, Detail aus «Der Hof des Reitstallgebäudes in Eisgrub», 1819 © LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna

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2. D

IMMER VOR DER WELLE

Der im Oktober 2015 aufgelegte Pictet Robotics ist Ihr jüngster Themenfonds. Warum sollen Anleger ausgerechnet in den Robotermarkt investieren? Weil wir dort verglichen mit dem breiten Aktienmarkt höhere Erträge erwarten. Wir schätzen das Wachstum des Wirtschaftsbereichs Robotik im kommenden Jahrzehnt auf rund zehn Prozent jährlich. Roboter werden zwar schon lange für gefährliche Aufgaben oder eintönige Fließbandarbeiten eingesetzt, doch ihr Einsatz beschleunigt sich ständig. Bald werden sie in unserem Berufs- und Privat­leben unabkömmlich sein.

Zu den Top-Investments gehören auch Technologie-Vollsortimenter wie die Google-Mutter Alphabet und der deutsche Industriekonzern Siemens. Wo ziehen Sie die Grenzen? Das Portfolio ist thematisch rein. Wenigstens 20 Prozent des Umsatzes müssen aus dem Geschäftsfeld Robotics stammen, um überhaupt in unser Anlageuniversum von rund 200 Titeln zu gelangen. Je geringer dieser Anteil ausfällt, desto weniger berücksichtigen wir ein Unternehmen. So gestalten wir ein Portfolio mit 40 bis 60 Aktienpositionen, das unter dem Strich 60 bis 80 Prozent seiner Gewinne im Robotermarkt kreiert.

INTERVIEW//MARC RADKE

PICTET ASSET MANAGEMENT SIEHT SICH ALS VORREITER BEI THEMENINVESTMENTS. DEUTSCHLAND-CHEF VANYO WALTER ERKLÄRT, WARUM ROBOTER VOLL IM TREND LIEGEN.

Sie haben unlängst die Internetplattform Mega.online ins Leben gerufen, die sogenannte Megatrends beleuchtet. Zielen Sie nun direkt auf private Anleger? Nein, wir sehen uns weiterhin als B2BHaus, das engen Kontakt mit Finanzintermediären, aber nicht direkt mit privaten Anlegern pflegt. Nichtsdestotrotz wollen wir Chancen der sich verändernden Medienlandschaft nutzen und beispielsweise über Mega.online private Anleger ansprechen und aufklären. Die Artikel dort werden allesamt von unabhängigen Wissenschaftlern und Experten verfasst. Zuletzt hat mir beispielsweise ein Beitrag besonders gut gefallen, der sich mit alternativen Treibstoffen für Flugzeuge befasst, die den Schadstoffausstoß in der stark wachsenden Flugindustrie erheblich senken könnten.

Dort heißt es unter anderem bildreich, dass Megatrends die Wirbelstürme unserer Gesellschaft seien. Wie gestalten Sie daraus Fonds? Zukunftsforscher analysieren Megatrends wie Globalisierung oder Nachhaltigkeit. Es handelt sich um abstrakte Entwicklungslinien, die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft erheblich verändern, aber nicht direkt investierbar sind. Unsere Leistung besteht darin, diese zügig in Anlagestrategien zu übersetzen. So waren wir Pionier bei Biotech- und Wasserfonds. Und nun eben Robotics – wir wollen immer vor der Welle bleiben.


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_INVEST THEMENFONDS

Das klingt ebenfalls reichlich abstrakt. Welche Linien führen denn beispielsweise konkret zum Robotics-Fonds?

Als Kassenschlager eignen sich Aktien­fonds zurzeit aber kaum. Wie wollen Sie dagegenhalten?

Nehmen Sie den Megatrend demografischer Wandel. In einer alternden Gesellschaft können Roboter fehlende Arbeitskräfte ersetzen und die Lebensqualität von Senioren verbessern. Oder Globalisierung: Automatisierung kann helfen, Produktion in die Industriestaaten zurückzubringen und zugleich steigende Lohnkosten in den Schwellenländern ausgleichen. Außerdem können wir Ressourcen mithilfe von Robotern effizienter einsetzen, was dem Megatrend Nachhaltigkeit entspricht. Daraus ergeben sich die Branchen, die der Fonds umfassen muss: etwa Gesundheitsroboter oder 3D-Druck.

Bleiben wird auf jeden Fall das Umfeld niedriger Zinsen, das Aktien trotz zunehmender Turbulenzen nahezu alternativlos macht. Selbstverständlich müssen wir Anlegern vermitteln, dass keine Kapitalanlage ohne Risiko und Schwankungen noch nennenswerte Renditen erzielen wird. In eine Sackgasse führt dagegen die Regulierung: Risikoaverse Anleger treffen auf Berater, die nicht zu Risiken raten wollen. Wir wollen Investoren deshalb mit Strategien überzeugen, die von besonders wachstumsstarken Geschäftsfeldern profitieren. Zudem bieten wir eine breite Palette marktneutraler Fonds an.

Roboter der neuen Generation: Die komplizierte Elektronik und Mechanik verbirgt sich hinter einem menschlichen Antlitz.

IN EINER ALTERNDEN GESELLSCHAFT KÖNNEN ROBOTER FEHLENDE ARBEITSKRÄFTE ERSETZEN UND DIE LEBENSQUALITÄT VON SENIOREN VERBESSERN.“VANYO WALTER


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© DAS INVESTMENT – Know-how-Magazin zur Kapitalanlage

THEMENFONDS INVEST_

An der Grenze zur Niedlichkeit: ein menschenähnlich aussehender Roboter für Pflege und Erziehung.

Apropos, den 1,1 Milliarden Euro schweren PTR-Agora haben Sie geschlossen, um die Rendite nicht zu schmälern. Was legen Sie Ihren Kunden stattdessen ans Herz? Unser neuestes Angebot im Segment marktneutraler Strategien ist der im November 2015 aufgelegte PTR-Phoenix, den James Kim und Mukaya Panich von Singapur aus managen. Die beiden investieren long und short in asiatische Aktien. Das heißt, sie setzen nicht nur auf steigende, sondern auch auf fallende Börsenkurse.

Vanyo Walter leitet seit 2004 als Deutsch­landchef das Fondsgeschäft des ­Schweizer Vermögensverwalters Pictet.

Standardprodukte wie Länderfonds bieten Sie kaum an. Warum? Der Vorteil von Themen-Investments ist, dass wir viel über wenig wissen. Unsere Fondsmanager folgen keinen Indizes und analysieren als Stockpicker jedes einzelne Unternehmen. Das führt dazu, dass wir Schwellenländer und kleinere Unternehmen stärker als der MSCI World berücksichtigen. Der Active Share des Pictet Global Megatrend Selection, der unsere Themenstrategien bündelt, liegt bei 77 Prozent. Das heißt, weniger als ein Viertel der Aktien stimmen mit dem Index überein. Außerdem dürfte es Anteilseignern, die von der Idee ihrer Fonds überzeugt sind, leichter fallen, Abschwünge durchzustehen, ohne zu verkaufen. ____

DER VORTEIL VON THEMENINVESTMENTS IST, DASS WIR VIEL ÜBER WENIG WISSEN.“ VANYO WALTER


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3. M

SELTENER FUND TEXT//TIMO NOWACK

FARBEDELSTEINE ÜBEN SCHON SEIT URZEITEN EINE MAGISCHE ANZIEHUNGSKRAFT AUS UND KÖNNEN EINE LUKRATIVE ERGÄNZUNG DES PORTFOLIOS SEIN. SIE GELTEN ALS WERTSTABIL UND KRISENBESTÄNDIG.

Manchmal verbirgt sich in Schatzkisten und Gräbern unvergänglich Schönes: So fand sich zwischen den Gebeinen von Karl dem Gro­ßen ein Talisman, ein Geschenk des Kalifen Harun ar-Raschid. Das Amulett war aus Gold gefertigt, besetzt mit Granaten, Smaragden und Perlen. In der Mitte fassten zwei blaue Saphire Haar der Jungfrau Maria ein. Kaum zu glauben? Das kostbare Schmuckstück zumindest gibt es immer noch, zu sehen im erzbischöflichen Palast der französischen Stadt Reims. Einer der Saphire ist verschwunden und ersetzt worden und statt Haaren befinden sich nun Splitter in dem Talisman – Holzsplitter vom Kreuze Christi. Heißt es. Die funkelnden Steine sind aber nicht mehr nur großen Herrschern und ihren Mythen vorbehalten. Sie liefern heute auch Stoff für ganz weltlich-wirtschaftliche Geschichten – wenn auch manchmal mit fast königlichen Preisen. So erwarb im Mai 2015 ein anonymer Bieter beim Auktionshaus Sotheby’s den Rubin Sunrise Ruby, eingefasst in einen Ring, für stolze 27 Millionen Euro. Zuvor war der Stein gerade mal auf einen Wert zwischen 10,7 und 16 Millionen Euro geschätzt worden.

Nun hat nicht jeder 27 Millionen Euro oder heiliges Holz zur Hand. Trotzdem können ­Rubine, Saphire und Smaragde interessant sein – etwa, um in Niedrigzinszeiten etwas Glanz und Gewinn ins Portfolio zu b ­ ringen. Das Stichwort lautet: Farbedelsteine als ­Kapitalanlage. Eine Firma, die sich darauf spezialisiert hat, ist Dreherdt+ aus der Edelsteinhauptstadt Idar-Oberstein. Über ein globales Netzwerk und Kontakte zu Firmen vor Ort vermitteln Gründer Patrick Dreher und sein Partner Oleg Herdt den Kunden exklusive Farbedelsteine. „Weltweit gesehen sind in den letzten zehn Jahren die Edelsteinfunde massiv zurückgegangen“, sagt Dreher, dessen Familie schon in der 13. Generation in der Edelsteinbranche tätig ist. „Und der Bedarf ist gestiegen.“ Dreherdt+ schreibt sich auf die Fahne, deutlich geringere Vermittlungsgebühren zu nehmen, als die Preisaufschläge bei Juwelieren betragen. So kaufe der Kunde fast zum Herstellungspreis ein, wirbt Dreher, ohne allerdings öffentlich die Höhe seiner Gebühren zu verraten. „Damit ist die Wertsteigerung so gut wie sicher.“ Doch Obacht! Denn der Experte spricht damit indirekt auch ein Problem an, das Farbedelsteine als Kapitalanlage oft mit sich bringen: eine schwierige Preisfindung und hohe Margen bei der Vermittlung.


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_INVEST FARBEDELSTEINE

Ungeschliffen: Die meisten Topasfunde lassen zunächst keine Farbe erkennen.

Anders als etwa bei Gold, bei dem man jederzeit den aktuellen Dollar-Preis pro Feinunze (Gewicht) nachschauen kann, gibt es für Farbedelsteine keine offiziellen Kurse. Denn sie sind immer Einzelstücke und viele Faktoren ausschlaggebend für deren Preis – etwa Seltenheit, Karat (Gewicht), Farbe und Schliff. Für einen Laien ist es kaum möglich, den Wert eines Farbedelsteins zu bestimmen. Er muss Gutachter zurate ziehen, bezahlen und sich auf deren Urteil verlassen. So sagt Andreas Görler vom Vermögensverwalter Wellinvest mit Blick auf solche Investments: „Für jemanden, der einfach Geld anlegen will, ist das sehr schwierig und individuell, ein wenig wie Kunst.“ Wie bei Kunstgegenständen gilt auch bei Edelsteinen: Vorsicht vor Tricks, Betrügern und Imitaten. So können Edelsteine synthetisch und täuschend echt erzeugt werden, oft nur von Experten nachweisbar. Und es gibt auch billigere Tricks: „Rubine werden etwa mit farbigem Glas aufgefüllt“, sagt Dreher. „Ein Laie sieht keinen Unterschied. Dann kostet das Karat statt 15.000 nur noch fünf Euro. Wir empfehlen daher, immer ein Zertifikat einzufordern.“ Solch ein Gutachten eines renommierten Labors gehört zu jedem seriösen Edelsteinangebot. Der Wiener Edelsteinexperte und -händler Heinz Schiendl liefert Steine unter anderem mit Gutachten des Gemmologischen Labors Austria, die einen Schätzwert enthalten. „Die Preisschätzung in einem Gutachten gibt den gehobenen Detailhandelswert an, die obere Messlatte“, erklärt Schiendl. „Davon zehn Prozent abgerechnet, hat man den Durchschnittspreis, den man auch bei einem Landjuwelier zahlen würde. Und jetzt ist die Frage, um wie viel billiger man das gute Stück bekommen kann.“ Die Gutachten großer internationaler Institute enthalten in der Regel keine Preisschätzung.

Wer einen echten, zertifizierten Stein zu einem guten Preis gekauft hat, ist aber noch nicht auf der sicheren Seite. Denn wenn ein Besitzer dann einmal verkaufen möchte, weil er vielleicht schnell Bares braucht, muss er erst einmal einen Käufer finden. „Selbst wenn man seine Edelsteine von einem Experten begutachten lässt, ist der geschätzte Preis beim Wiederverkauf meist nicht erzielbar“, warnt Ariane Lauenburg, Redakteurin für Geldanlage bei der Zeitschrift Finanztest der Stiftung Warentest. Da es keinen privaten Verkaufsmarkt für Edelsteine gebe, müssten Anleger die Steine an Händler oder Juweliere verkaufen. „Deren Margen sind oft zweistellig, bei Juwelieren teilweise auch dreistellig. Anstatt von möglichen Wertzuwächsen der Steine zu profitieren, erleiden Anleger oft Verluste“, sagt Lauenburg. Ein Ausweg aus dem Dilemma? Manche Händler bieten ihren Kunden an, Steine zurückzukaufen oder sie in ihrem Kundenkreis wieder anzubieten. Sie argumentieren, dass sich hochqualitative, seltene Steine oft auch in kurzer Zeit und mit Gewinn wieder verkaufen ließen. Wertvollere Edelsteine lassen sich auch bei Auktionshäusern wie Christie’s oder Sotheby‘s veräußern. All das sind Möglichkeiten – aber keine Garantien.

WELTWEIT GESEHEN SIND IN DEN LETZTEN ZEHN JAHREN DIE FUNDE VON FARBEDELSTEINEN STARK ZURÜCKGEGANGEN. GLEICHZEITIG IST DER BEDARF GESTIEGEN.“PATRICK DREHER


„EIN HOCHWERTIGER RUBIN IST TAUSENDMAL SELTENER ALS EIN LUPENREINER DIAMANT.“ HEINZ SCHIENDL Doch genug von den Risiken. Denn Edelsteine bieten auch Vorteile und Chancen. Zuerst einmal sind die Schätze aus dem Erdinneren mehr als nur eine reine Geldanlage. In Jahrmillionen entstanden unter riesigem Druck, heben sie sich von anderen Mineralien ab durch große Reinheit und teils enorme Härte. Geschnitten, geschliffen und poliert kommt ihre wahre Schönheit zutage. Eingefasst in ein Schmuckstück kann ein Stein seiner Besitzerin oder seinem Besitzer täglich Freude bereiten. Und welche Aktie, die virtuell im Depot liegt, könnte da auch nur ansatzweise mithalten? Edelsteinfans sprechen von emotionaler Rendite.

Auch bieten Edelsteine eine gewisse Sicherheit und Wertbeständigkeit, da der Wert eines Rubins oder Smaragds wohl nie auf null fallen wird, was bei Aktien durchaus möglich ist. Im Vergleich zu Diamanten preisen die Farbedelsteinexperten außerdem die größere Seltenheit. „Bei Diamanten gibt es riesige Ressourcen, aber den Markt und die Preise kontrollieren große Konzerne, vor allem aus Südafrika und Russland“, erklärt Oleg Herdt von Dreherdt+. Heinz Schiendl geht noch weiter und sagt: „Diamanten sind vor allem ein Marketinggag. Den klassischen Einkaräter kann man – Bonität vorausgesetzt – zu Tausenden bestellen und bekommt ihn innerhalb weniger Tage. Ein hochwertiger Rubin ist tausendmal seltener, selbst als ein lupenreiner Diamant.“

Der Experte aus Wien sieht auch gegenüber Gold Vorteile: „Ich habe noch nie gehört, dass Goldman Sachs auf fallende Smaragdpreise wettet, aber auf fallende Goldpreise durchaus“, sagt Schiendl. Auch Dreher schlägt in die gleiche Kerbe, wenn er sagt: „Beim Goldpreis wird viel mehr spekuliert und er unterliegt starken Schwankungen. Bei Edelsteinen ging der Preis in den letzten zehn Jahren im Grunde nur nach oben.“ Ein Blick auf den Gemval-Edelstein-Index, der 26 Edelsteinarten beinhaltet und vor allem den US-Markt abbildet, zeigt tatsächlich: Seit dem Start des Index im Jahr 2005 hat er sich bis heute im Wert beinahe verdoppelt. Allerdings lohnt auch ein genauer Blick auf die einzelnen Steinarten. So haben Rubine und Saphire etwa seit 2005 stark zugelegt, mussten seit 2015 aber auch wieder kleinere Einbußen hinnehmen. Der Tansanit, ein blauer Edelstein, ist laut Gemval nach einem Höhepunkt Anfang 2012 mittlerweile sogar wieder günstiger bewertet als im Jahr 2005. Wichtiger als solche Preistendenzen ist jedoch, dass jeder Anlageedelstein ein ausgesuchtes Einzelstück mit einem ganz eigenen Wert ist. Bei der Auswahl ist die Seltenheit ein entscheidender Faktor. „Ich würde zum Beispiel keinem Kunden zu Aquamarinen als Wertanlage raten, denn die gibt es auf allen fünf Kontinenten“, sagt Schiendl. „Ein Tansanit, den es nur in Tansania gibt, hat dagegen Sinn. Oder ein blauer Zirkon, den es nur in einer Region in Kambodscha gibt, die kleiner ist als die Stadt Berlin.“ Patrick Dreher rät: „Im Hochpreissegment, wo man auch schon mal mehr als 100.000 Euro zahlen kann, empfehle ich Paraiba Turmaline. Im mittleren Preissegment ab 10.000 oder 20.000 Euro Mandarin-Granate. Und für Einsteiger ab etwa 5.000 Euro normale grüne oder rote Turmaline.“ ___________________

Rechts: Patrick Dreher und Oleg Herdt aus Idar-Oberstein sind auf die Vermittlung von exklusiven Farbedelseinen spezialisiert.


_INVEST FARBEDELSTEINE

Wer Feuer gefangen hat für Edelsteine und wen die Risiken nicht schrecken, der sollte folgenden Tipps zur Edelsteinanlage beachten:

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Erst durch den kunstvollen Schliff entfaltet ein Farbedelstein seine ganze Schönheit.

1.

Edelsteine eignen sich nicht, um schnelle Spekulationsgewinne einzufahren. Geduld ist gefragt. Fünf bis zehn Jahre Zeit sollte ein Anleger mitbringen – und sicher sein, dass er solange auf sein Geld verzichten kann.

2.

Kaufen sollte man Edelsteine nur bei vertrauenswürdigen Händlern mit gemmologischer Ausbildung, die zu jedem Stein ein Gutachten eines großen Institutes mitliefern, etwa von Gübelin oder GRS Gemresearch in der Schweiz, der Deutschen Stiftung Edelsteinforschung oder des Gemological Institute Of America.

3.

Edelsteine sollten nur einen Teil des Portfolios ausmachen. Wealth Manager Andreas Görler empfiehlt sogar: „Man sollte schon ein Vermögen in zweistelliger Millionenhöhe haben, damit es Sinn hat, als einen Teil der Streuung Edelsteine ins Portfolio zu nehmen.“

4.

Eine gewisse Leidenschaft darf bei solch einer hochkarätigen Anlage natürlich nicht fehlen. „Es kann das schönste Hobby und die sprichwörtlich attraktivste Wertanlage der Welt sein“, sagt Heinz Schiendl. „Aber man muss wissen, womit man sich auseinandersetzt.“

BEIM GOLDPREIS WIRD VIEL MEHR SPEKULIERT UND ER UNTERLIEGT STARKEN SCHWANKUNGEN. BEI EDELSTEINEN GING DER PREIS IN DEN LETZTEN ZEHN JAHREN IM GRUNDE NUR NACH OBEN.“ PATRICK DREHER


4. F

Für 180 Millionen Euro kaufte die Sparkassen-­Tochter Deka das Münchner Fünf-Sterne-Hotel Sofitel Bayerpost. Der absolute Rekordtransfer im Jahr 2015. Das Hotel wanderte in das Portfolio des offenen Publikumsfonds Deka-Immobilien Europa. Für den hauseigenen Spezialfonds West-invest Target Select Hotel war die Investition schlichtweg zu groß. Um Klumpenrisiken zu vermeiden, sind Einzelinvestments auf einen bestimmten Prozentsatz des Bruttoinventarwerts begrenzt. Aktuell sind Hotels im Wert von 343,3 Millionen Euro im Fonds. Die Bayernpost hätte rund ein Drittel des Portfolios ausgemacht.

Renommierte Betreiber zählen Acht Häuser an sieben Standorten hat der West-invest Target Select Hotel derzeit im Portfolio. Das Hotelteam um Malte-Maria Münchow kauft europaweit in Städten, die einen ausgewogenen Mix an Geschäftskunden und Touristen und eine gute nationale und internationale Anbindung haben. Aktuell ist der Fonds in Hamburg, Frankfurt, Nürnberg, Wien, Amsterdam, London und Edinburgh investiert. Von Budget bis Luxus ist alles erlaubt, Schwerpunkt sind jedoch innerstädtische ­Businesshotels. Das Deka-Team bevorzugt dabei Häuser mit einer renommierten Hotel- und Betreibergesellschaft, die an die bekannten Buchungssysteme angebunden ist. Investoren finden im Fonds unter anderem die belgische Hotelkette Rezidor, die deutsche NH Hotel Group oder American Hotel.

GUT GEBUCHT TEXT//MARKUS GOTZI

AUF DER SUCHE NACH NACHHALTIGEN ANLAGEN STEHEN HOTELS GANZ OBEN AUF DER EINKAUFSLISTE VON INVESTOREN. WIR ZEIGEN, WER WAS IN DER PIPELINE HAT UND WO MAN AUCH ALS PRIVATER ANLEGER EINSTEIGEN KANN.

Einen Rekord meldete auch Union Investment Real Estate: Die Immobilientochter der Volks- und Raiffeisenbanken hat im vergangenen Jahr 500 Millionen Euro für Hotels ausgegeben. So viel wie noch nie. Weitere 300 Millionen Euro will das Team um Andreas Löcher in diesem Jahr investieren. Schwerpunkt sind Businesshotels aus dem Zwei- bis Fünf-Sterne-Segment in den internationalen Geschäftsmetropolen. Seit 1971 ist Union Investment Real Estate im Hotelbusiness aktiv. Mit seinem 2,6 Milliarden Euro schweren Portfolio zählt das Unternehmen zu den am stärksten im Hotelsektor investierten deutschen Immobilienfondsgesellschaften. Für europäische Budget- und Economyhotels haben die Hamburger 2013 den Spezialfonds UII Hotel Nr. 1 aufgelegt. „Wir kaufen die Budgethäuser zu Bruttoanfangsrenditen zwischen 5,75 Prozent und 6,25 Prozent“, so Löcher. Zunehmend setzt er auch auf Projektentwicklungen und Forward-Deals. „Anders können wir solche Renditen gar nicht mehr darstellen.“ Der Fonds hat sein Zielvolumen allerdings erreicht und ist für Neuinvestoren geschlossen. Einen weiteren Hotelfonds plant Union Investment in diesem Jahr nicht. „Ein Folgeprodukt werden wir von unterschiedlichen Parametern, beispielsweise der Marktverfassung, abhängig machen“, heißt es dazu von der Gesellschaft.


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_INVEST HOTELS

Das Sofitel Bayerpost in ­München war den Investoren 180 Millionen Euro wert.

Starke Nachfrage Hotels an deutschen Standorten sind gefragt wie lange nicht mehr. 2015 lag das Transaktionsvolumen nach Angaben des Immobiliendienstleisters Jones Lang Lasalle bei 4,4 Milliarden Euro und damit 46 Prozent über dem Vorjahr. Die Preise sind quer durch alle Sterne-Kategorien deutlich gestiegen. Doch die Nachfrage ist bei recht knappem Angebot nach wie vor hoch. Das macht es auch für Fondsanbieter immer schwieriger, attraktive Häuser zu finden. Dementsprechend wenige Produkte sind derzeit im Angebot. Neben dem West-invest-Fonds gibt es nur noch einen weiteren offenen Spezialfonds und einen geschlossenen Fonds auf dem Markt. Der Keystone Hospitality Fund wird von der Luxemburger Investment Solutions gemanagt, die wiederum von der Schweizer Horwath HTL beraten wird. HTL steht für Hotel, Tourism und Leisure, zu Deutsch: Hotel, Tourismus und Freizeit. Mit 50 Büros in 39 Ländern ist die bereits vor 100 Jahren gegründete Firma die weltweit größte Unternehmensberatung für die Hotellerie. Schwerpunkt des Fonds sind Business- und Economyhotels im Drei- bis Vier-Sterne-Segment. „Die Hotels sollen eine Bruttoanfangsrendite von mindestens sechs Prozent erwirtschaften“, so Heinz Wehrle aus dem fünfköpfigen Managementteam von Horwath. Er ist Diplomhotelier und hat 38 Jahre Erfahrung im Segment. Insgesamt rechnet Keystone mit einer Bruttorendite von sieben Prozent pro Jahr. 300 Millionen Euro will die Gesellschaft bei den Investoren einsammeln. Da bis zu 50 Prozent Fremd-

kapital auf jede Immobilie aufgenommen werden kann, liegt das investierbare Volumen insgesamt bei 600 Millionen Euro. Das erste Closing ist in der zweiten Jahreshälfte geplant. Die Laufzeit des Fonds beträgt zehn Jahre.

Von Budget bis Luxus Commerz Real hat von der Aufsichtsbehörde BaFin jüngst die Zulassung für den Commerz Real Institutional Hotel Fund als offenen Spezialfonds bekommen. Wann das erste Closing erfolgt, steht noch nicht fest. Manager Dirk Schuldes, Bereichsleiter Hospitality, arbeitet seit rund 20 Jahren im Konzern. Bereits bei der Eurohypo, später Hypothekenbank Frankfurt, hat er Hotels auf der Fremdkapitalseite finanziert. Nun stellt er ein gemischtes Portfolio quer durch alle Sterne zusammen. Schuldes: „Von Budget bis Luxus wird alles dabei sein.“ Unter den Standorten finden sich neben den Top 7 auch Städte wie Augsburg, Nürnberg oder Mannheim. Doch Lage allein reicht nicht. „Der Betreibervertrag ist der Knackpunkt bei jeder Hoteltransaktion“, so Schuldes. Zwar verbietet das Investmentgesetz Managementverträge, bei denen der Investor abhängig ist von der Ertragslage des Betreibers. Doch auch die erlaubten Pachtverträge, die regelmäßige Einnahmen weitgehend unbeeinflusst von der Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Hotels sicherstellen sollen, bieten nur eine Scheinsicherheit. Peter Ebertz, Hotelexperte bei der Kölner Art Invest Real Estate: „Auch die beste Adresse redet bei fünf Jahren anhaltenden Minus über die Pacht.“ Hotelinvestments stehen und fallen mit dem Betreiber.

UNION INVESTMENT REAL ESTATE HAT IM VERGANGENEN JAHR 500 MILLIONEN EURO FÜR HOTELS AUSGEGEBEN. SO VIEL WIE NOCH NIE.


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Art Invest hat sich auf arbeitsintensive Objekte spezialisiert. „Manage to Core“ ist der Fachbegriff dafür, der sich darum auch als Abkürzung im Namen des Fonds wiederfindet, des Hotel-MTC Nr. 1. Doch auch solche Objekte sind inzwischen kaum noch zu bekommen. Inzwischen muss Art Invest ebenfalls immer öfter als Entwickler in Projekte einsteigen, um die angepeilten Renditen von sechs bis neun Prozent zu erzielen. So hat das Unternehmen erst vor Kurzem ein Bürogebäude in der Dachauer Straße 37 am Stiglmaierplatz in München gekauft, um dort das erste deutsche Hotel der Marke Ruby zu entwickeln. „Lean Luxury“ nennt Ruby das Konzept. „Eine Lage im Herzen der Stadt, Topdesign und eine hochwertige Ausstattung zu einem unerwartet schlanken Preis“, erklärt Ruby-Gründer Michael Struck das Konzept. „Das funktioniert, weil wir unseren Luxus auf relativ kleiner Fläche unterbringen, wie bei Luxusyachten, und Unwesentliches wie Roomservice und Minibar einfach weglassen.“ Der Bau des Designhotels mit 174 Zimmern hat bereits begonnen, die Eröffnung ist im Januar 2017 geplant.

Die Grafiken zeigen die hohe Dynamik von Hotelimmo­bilien als Assetklasse.

Zwei Produkte in Planung Wie die meisten Hotelfonds ist auch der Hotel-MTC Nr. 1 für Neuinvestoren geschlossen. Die Kölner wollen im Laufe dieses Jahres jedoch ein weiteres Produkt auf den Markt bringen. Der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest. Budget-Häuser werden aber auch hier den Schwerpunkt bilden. „Diese Hotels benötigen wenig Personal und sind daher in der Regel sehr auskömmlich“, so Ebertz. Ein typisches Hotel der B&B-Kette etwa beschäftige nur drei Mitarbeiter plus externe Reinigungskräfte. „Das Kölner Pullman, ein Objekt in unserem bestehenden Fonds, kommt dagegen bei 250 Zimmern auf rund 170 Mitarbeiter.“

Invesco Real Estate plant ebenfalls ­einen Nachfolger seiner beiden ausplatzierten ­Hotelfonds. Von London aus verwaltet Lisa Neubüser die Produkte nach Luxemburger Recht. Auch das dritte Angebot wird Vier-­ Sterne-Häuser in zentralen Lagen, an Flughäfen und Kongresszentren im Fokus haben. Allerdings muss Invesco ebenso wie viele andere Investoren derzeit vor allem das Beschaffungsproblem lösen. Neubüser: „In der momentanen Marktlage mit starker Nachfrage und hohen Preisen ist es schwierig, Seed-­ Investments warmzuhalten.“ _______

ASSETKLASSE HOTELIMMOBILIEN

Investoren kaufen vor allem Vier-Sterne-Häuser.

Das Transaktionsvolumen hat sich von 2011 bis 2015 vervierfacht.

2 Sterne

1 Stern

7%

5 Sterne

3.099

4% 1.103

11%

2011

1.282

1.701 720

2012

2013

2014

2015

2016f

Quelle//Colliers International

4.470

Angaben Jahr und Millionen Euro.

53% 25% 3 Sterne

Das prozentuale Transaktions­ volumen nach Sternekategorien.

4 Sterne

BUDGET-HÄUSER BRAUCHEN IN DER REGEL WENIG PERSONAL UND SIND DAHER BESONDERS AUSKÖMMLICH.“ PETER EBERTZ

© DIE IMMOBILIE

HOTELS INVEST_


Dein tag, unser Beitrag. Heute ein Kรถnig.


5. M

MEIN ERSTES START-UP TEXT//BERND W. SCHRÜFER

VENTURE CAPITAL UND PRIVATE EQUITY BIETEN ANLEGERN OFT GROSSE RENDITECHANCEN. FÜR MANCHE GEHT ES DABEI UM IHR ERSTLINGSWERK. WIE DAS FUNKTIONIEREN KANN, ZEIGT DAS FALLBEISPIEL DES START-UPS DREAMLINES, EIN ONLINEANBIETER FÜR KREUZFAHRTEN.

Millionenschwere Verkäufe junger IT-­ Unternehmen und international durchstartende Gründerteams gehören mittlerweile zur deutschen Wirtschaft wie der Mittelstand und Dax-Konzerne. Berlin ist bekannt als Hochburg für Gründer – und TV-Formate wie „Die Höhle der Löwen“ machen Unternehmensanteile und Bewertungen auch in der Öffentlichkeit zum Gesprächsthema. Dass man mit Investitionen in Start-ups Geld verdienen kann, ist bekannt. Wie das funktioniert, ist für viele Anleger jedoch noch eine Blackbox. In junge Unternehmen investieren in erster Linie institutionelle Anleger, Industrieunternehmen und der Staat. Private Kapitalgeber sind vergleichsweise selten. Doch motiviert durch Renditeversprechen und ein niedriges Zinsumfeld wollen zunehmend auch Privatkunden wissen, wie ein Venture-Capital-Investor arbeitet und welche Möglichkeiten es gibt, in die Anlageklasse einzusteigen.

Die Fallstudie Angefangen bei den Vorbereitungen über die Verwaltung bis zum Verkauf – Venture Investments erfordern eine strukturierte Vorgehensweise und Know-how. Darum wollen wir anhand eines realen Falls einige praktische Aspekte beleuchten. Dazu betrachten wir das Hamburger Unternehmen Dreamlines. Die Gründer planten, einen führenden Online­ anbieter für Kreuzfahrten aufzubauen. Um ihr Wachstumsziel zu realisieren, begannen sie kurz nach der Gründung im Jahr 2012, ­Wagniskapital einzuwerben.

Attraktive Beteiligungsmöglichkeiten zu finden, ist für einen Risikokapitalgeber entscheidend. Darum ist es wichtig, frühzeitig mit Gründern ins Gespräch zu kommen. Im Gegensatz zu börsennotierten Unternehmen gibt es bei Start-ups bestimmte Zeitfenster, in denen investiert werden kann. Es gilt also, Optionen zu schaffen. Wer noch nicht über ein Netzwerk in der Branche verfügt, wird am besten selbst aktiv. Neben den großen Start-up-Events, auf denen sich regelmäßig Gründer und Investoren treffen, bieten zum Beispiel auch Universitäten und Industrieverbände Möglichkeiten, neue Technologien kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Empfehlenswert ist, den Austausch zu suchen, zu vergleichen und Erfahrungen zu sammeln. Geduld zahlt sich aus. Denn Venture Capital birgt hohe Risiken, bindet liquide Mittel und kostet Zeit. Sofern also kein Idealismus im Spiel ist, muss das Investment eine sehr gute Wertentwicklung in Aussicht stellen.


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_INVEST START-UPS

Begehrtes Schiff: Die „Queen Mary“ von Cunard Line steht auf der Wunschliste von Kreuzfahrern weit oben.

Frage des Timings Wagniskapital fließt immer in frühen Entwicklungsphasen in ein Unternehmen, im Rahmen der Seed- und der Start-up-­ Finanzierung. Im Verlauf des Wachstums ändert sich nicht nur das Risikoprofil, auch die investierten Summen steigen. Bei der Seed-Finanzierung befindet sich das Unternehmen noch in der Vorgründungsphase. Das Kapital wird etwa in Produktentwicklung, Prototypen und Markttests investiert. Wenn das Produkt marktfähig ist oder sich als machbar erwiesen hat, folgt die Start-up-­ Phase mit weiteren Finanzierungsrunden. Das eingebrachte Kapital fließt in den Unternehmensaufbau, zum Beispiel in die Teamentwicklung, in Produkte, Vertrieb und Infrastruktur. In der Regel stehen den rasch steigenden Ausgaben zunächst nur geringe Umsätze gegenüber. So entstehen häufig operative Verluste. Ist das Unternehmen stabil aus der Aufbauphase hervorgegangen, wird mit Later-Stage-Finanzierungen, dem sogenannten Growth Capital, die weitere

Expansion forciert. Für einen Privatinvestor ist meist ein früher Einstieg sinnvoll. Die investierten Summen sind überschaubar und die potenzielle Wertentwicklung ist am größten. Bei einer Seed-Finanzierung kann man mitunter schon mit einem niedrigen fünfstelligen Betrag erste Anteile erwerben. Entwickelt sich das Unternehmen gut, werden die Finanzierungsrunden schnell größer, und professionelle Investoren kommen zum Zug. Der Erstkontakt zu Dreamlines entstand aus unserem Netzwerk von Business Angels. Als wir beim Start-up einstiegen, war die Seed-Finanzierung bereits erfolgt. Nach zahlreichen Vorgesprächen mit den Gründern gingen wir dann im Frühjahr 2012 als Investor bei Dreamlines an Bord. Die Anteile erwarben wir auf einer Unternehmensbewertung im mittleren einstelligen Millionenbereich. Zu diesem Zeitpunkt umfasste das Team 20 Mitarbeiter und es gab vielversprechende Partner aufseiten von Reiseanbietern und Kreuzfahrtgesellschaften.

FÜR PRIVATE INVESTOREN IST MEIST EIN FRÜHER EINSTIEG SINNVOLL. DIE INVESTIERTEN SUMMEN SIND ÜBERSCHAUBAR UND DIE WERTENTICKLUNG IST AM GRÖSSTEN.


Grundlage aller Entscheidungen Der Weg zur Beteiligung kann unterschiedlich sein. Doch um aus mehreren potenziellen Beteiligungen die richtigen auszuwählen und angemessen zu bewerten, haben sich strukturierte Ansätze bewährt. Anhand des Erstgesprächs und des sogenannten Pitch Decks, in dem Gründer ihre Geschäftsidee mit Informationen zu Produkt, Markt und Team umreißen, lässt sich bereits eineVorauswahl treffen. Vielversprechende ­Investments vereinen herausragendes Potenzial und risikobegrenzende Faktoren. Wachstumspotenzial versprechen etwa ein hoher Innovationsgrad, echter Kundennutzen und die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Risikobegrenzend wirken zum Beispiel erste Markterfolge, ein stabiles Team und ein gut aufgestelltes Investorenkonsortium. Das Investment sollte Potenzial bieten, innerhalb von fünf Jahren das Zehnfache des investierten Kapitals zu erwirtschaften. Wenn die gegenseitigen Erwartungen von Gründern und Investoren harmonieren, beginnt die tiefer gehende Due Diligence. Dabei werden etwa Szenarien und Ertragsprofile erstellt und Lieferanten, Patente und Urheberrechte geprüft. An einer Venture-­ Capital-Finanzierung beteiligen sich in der Regel mehrere Geldgeber. Die Organisation und Abstimmung übernimmt der sogenannte Lead Investor, der meist auch den größten Anteil zeichnet. Verläuft alles positiv, mündet die Vorarbeit in eine Vorvereinbarung, das sogenannte Term Sheet, und schließlich in den Beteiligungsvertrag.

Investiere in ein Team Da junge Unternehmen kaum Historie aufweisen und nur geringe Umsätze liefern, sind quantitative Methoden wie Discounted Cashflow oder Multiplikatoren als Bewertungsgrundlage unzureichend. Aufschlussreicher sind Kennzahlen, die auf die weitere Entwicklung schließen lassen. Bei einem Onlineanbieter wie Dreamlines könnte das etwa die Conversion Rate sein, die das Verhältnis von Website-Besuchern und tatsächlich getätigten Transaktionen misst. Zusätzlich werden qualitative Faktoren und Erwartungswerte herangezogen, wie die Alleinstellungsmerkmale des Produkts, das Wachstumspotenzial des Unternehmens oder die Aussichten auf einen erfolgreichen Exit. Der wichtigste Faktor sind jedoch die Menschen. Um eine Idee zum Erfolg zu führen, müssen die Gründer ihren Weg gehen und dabei Rückschläge einstecken und zahlreiche Hürden überwinden. Darum ist es ratsam, nicht in eine Idee zu investieren, sondern in das Team. In unserem Beispiel Dreamlines hatten wir ein starkes Team. Zudem hatte einer der Mitgründer bereits ein marktführendes Unternehmen aufgebaut. Diese Erfahrung zeigte sich auch in der weiteren Entwicklung.

Links: Das Logo der Firma. Rechts: Blick auf die Buchungsmaske am PC.

Die modernen Büros des Onlineanbieters Dreamlines in Hamburg.


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_INVEST START-UPS

Beliebt bei den Gästen: Das Kreuzfahrtschiff „Oasis of the Seas“ von Royal Caribbean.

Dreamlines wuchs planmäßig. Das Team baute rasch die Kundenbasis aus und expandierte, unter anderem nach Italien, Frankreich und Russland. Ergänzend zum organischen Wachstum wurde zugekauft. Mit der Übernahme von Mitbewerbern, etwa dem Vergleichs-portal 1.000 Kreuzfahrten im November 2013 oder den australischen Portalen Cruise Centre und Cruise Away im August 2014, konnte Dreamlines die Marktposition weiter festigen. Auch die Software, das tech-

nische Rückgrat des Onlinegeschäfts, war ein wichtiger Erfolgsfaktor. Das Team entwickelte das hauseigene System beständig weiter und sicherte so einen wichtigen Wettbewerbsvorteil. In den folgenden Finanzierungsrunden bauten wir unsere Anteile entsprechend aus. Die Series-B-Finanzierung mit weiteren Kapital­ gebern fand im November 2013 statt. Die Series-C-Runde im November 2014, bei der Investoren aus den USA dazustießen, belief sich auf insgesamt 20 Millionen Euro.

UM EINE IDEE ZUM ERFOLG ZU FÜHREN, MÜSSEN DIE GRÜNDER IHREN WEG GEHEN UND DABEI RÜCKSCHLÄGE EINSTECKEN UND ZAHLREICHE HÜRDEN ÜBERWINDEN.


Venture Capital als Baustein

Loslassen können

Türöffner zum Risikokapital

Liquidität ist in zweifacher Hinsicht relevant. Das investierte Kapital ist nicht nur langfristig gebunden. Um an der Entwicklung zu partizipieren, gibt man nach dem Einstieg auch in den folgenden Finanzierungsrunden Kapital. Anderenfalls leidet die Performance. Um den als Verwässerung bekannten Effekt zu vermeiden, sind liquide Mittel für Folgefinanzierungen einzuplanen. Um Risiken zu managen, kann man innerhalb eines Venture-­ Portfolios diversifizieren, zum Beispiel über die Anzahl der Investments, unterschiedliche Phasen und Sektoren. Unabhängiger von Konjunkturzyklen wird man, indem man in Unternehmen mit unterschiedlichen Gründungsjahren, sogenannten Vintage Years, investiert. Eine breite Streuung innerhalb der Anlageklasse erfordert Kapital und Zeit. Für Privatinvestoren mit einem vermögensverwaltenden, über viele Anlageklassen diversifizierten Portfolio ist sie nicht zwingend erforderlich. Wichtig ist, im Kontext des gesamten Portfolios zu agieren und jede Beteiligung sehr bewusst auszuwählen. Eine Venture-Allokation sollte insgesamt so klein gewählt sein, dass erstens das Portfolio auch bei einem möglichen Ausfall die Balance hält und dass zweitens noch ausreichend trockenes Pulver für etwaige Folgefinanzierungen zur Verfügung steht.

Weil die Rendite erst beim Exit entsteht, ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit den Möglichkeiten zu befassen und Optionen aufzubauen. Anteile können an weitere Investoren, an die Gründer oder über einen Börsengang abgegeben werden. Early-Stage-Investoren verkaufen oft nach einiger Zeit an Fonds, die auf spätere Phasen spezialisiert sind, oder an strategische Investoren, die sich etwa für die Technologie des Start-ups interessieren. Um die Gewinne zu realisieren, muss man als Investor loslassen können – auch wenn es gut läuft. Hat sich die Investmentthese bestätigt und der Exit ist möglich, ist der Verkauf der richtige Weg. Dreamlines hatte die Expansion erfolgreich vorangetrieben und beschäftigte 300 Mitarbeiter, als wir im Mai 2015 unsere Anteile an ein internationales Investorenkonsortium verkauften. Und das Unternehmen wächst weiter. Dreamlines ist im deutschsprachigen Raum der größte Anbieter von Schiffsreisen und deckt mit Angeboten von über 60 Reedereien den gesamten Markt ab. In Hamburg und den weltweiten Niederlassungen arbeiten mittlerweile über 400 Menschen.

In Venture Capital investieren können Privatpersonen entweder über einen unabhängigen Fonds oder indem sie als Person oder über eine Kapitalgesellschaft direkt Anteile an einem Unternehmen erwerben. In der Praxis sehen wir beide Möglichkeiten. Neben zeitlichen und finanziellen Aspekten ist sicherlich der Wille entscheidend, sich mit einzelnen Investments zu beschäftigen und selbst die Entscheidungen zu treffen. Wählt man den direkten Weg, ist es ratsam, sowohl Kontakt zu kapitalsuchenden Gründern aufzunehmen als auch den Austausch mit erfahrenen Unternehmern und Investoren zu suchen. Die Möglichkeit dazu bieten zahlreiche Business-­AngelNetzwerke. Oft kristallisieren sich schnell Themen heraus, für die sich ein Investor besonders begeistert, aus denen sich dann ein individueller Schwerpunkt entwickelt. Venture Capital kann nur ein kleiner Baustein in einem gut diversifizierten Portfolio sein. Doch wer ein gering korreliertes Investment mit hohem Renditepotenzial sucht und damit auch die Zukunft mitgestalten möchte, wird die Anlageklasse sicherlich im Auge behalten. _______

Das Unternehmen wächst weiter: Dreamlines beschäftigt inzwischen über 400 Menschen.


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_INVEST START-UPS

Auf großer Fahrt: Die „MS Europa“ von Hapag-Lloyd vor einem Traumstrand. Rechts: Bernd W. Schrüfer ist Vorstand im Family Office Lucatis und geschäftsführender Gesellschafter beim Risikokapitalgeber Astutia. In den 90er-Jahren gründete er gemeinsam mit der Familie Strascheg das Family Office Extorel und leitete als Geschäftsführer das Portfolio- und Beteiligungsmanagement.

Sehr starker Einfluss

© private banking magazin

ANDERE BEWERTUNGSREGELN Zwischen der Bewertung eines Start-ups und dem bezahltem Preis eines Venture-Capital-Geldgebers klafft oftmals eine Lücke. Denn es spielen noch weitere, eher unübliche Bewertungsfaktoren eine Rolle.Was interessiert die Risikokapitalgeber?

Starker Einfluss

Weniger starker Einfluss

Kein Einfluss

Bewertungsmethoden Skalierungspotenzial Verhandlungsprozess Beziehung zu den Gründern Liquidationspräferenzen Markttrends in Prozent


6. E

JÄGER UND GEJAGTER

Ein leerer Blick starrt gespenstisch und fordernd in den Raum, messerscharfe Fänge lassen menschliche Urängste erwachen. Gleichzeitig verleitet eine schimmernde Verlockung einen dazu, näher zu treten, löst Begehrlichkeiten aus. Es ist die Mischung dieser beiden Elemente, die die Faszination der vergoldeten Schädel von William Rosewood ausmacht. Es gibt nur wenige Werkstoffe, die beim Betrachter so viel Begeisterung hervorrufen wie Gold. Nahezu jede Zivilisation entwickelte ein besonderes Verhältnis zu diesem Edelmetall, egal ob im Vorderen Orient, in Afrika oder in den Andenmetropolen der Inkas. Auch heute noch ist die „Feinunze Gold“ eine feste Größe unseres Wirtschaftslebens, aber auch Privatpersonen suchen im goldgelben Schein immer wieder gern eine sichere Anlageform. William Rosewood verarbeitet das edle Metall genau deshalb in seinen Kunstwerken, wohlwissend, welche Begierden es auslöst. Er nutzt es für ein Spiel mit den niederen Gelüsten der Menschheit, um auf den Umgang mit bedrohten Tierarten und der Natur aufmerksam zu machen.

Vergoldete Schädelteile: Schatzkammer trifft Natur­kundemuseum.

TEXT//NIELS-GERRIT HORZ

DER NIEDERLÄNDISCHE KÜNSTLER WILLIAM ROSEWOOD VERBINDET IN SEINEN ARBEITEN DIE FASZINATION DES MORBIDEN MIT DER MYSTISCHEN WIRKUNG DES GOLDES.

Rosewood gehört mit seinen 22 Jahren zu den „jungen Wilden“ im Kunstbetrieb, ist bereits seit frühester Kindheit von Kunst und Design fasziniert. Im Alter von 16 gründet er sein erstes Unternehmen, damals noch im Bereich Kleidung. Er lernt, was es bedeutet, die eigenen Ideen umzusetzen: Vor allem viel Arbeit, wenig freie Zeit, nicht enden wollende Meetings und noch mehr Arbeit. Mit 17 Jahren geht er an die Willem de Kooning Academy in Rotterdam, um sich dort in Werbekunst und -design ausbilden zu lassen. 2015 macht er seinen Abschluss als Illustrator. Im Juni 2015 zeigt er seine Kunst unter anderem auf der Art Basel und im Frühjahr 2016 dann in seiner jüngsten Ausstellung „Goldrush“ in Miami. Der Name der Ausstellung ist Programm. Rosewood präsentiert sich als der Midas der modernen Kunst: Was er anfasst, wird im wahrsten Sinne des Worts zu Gold. Anders als bei seinem phrygischen Vorgänger ist es bei ihm jedoch nicht die Gier nach Reichtum, die ihn dazu bringt, Dinge in Gold zu verwandeln, sondern die Sorge darum, dass die Gier wichtiger wird als der Respekt vor dem Leben. Der junge Künstler stellt Tierschädel aus, die er aufwendig mit Blattgold überzogen hat, darunter ein Sibirischer Tiger, ein Polarbär, ein Riesenpanda, ein Berggorilla und ein Weißes Nashorn. Seltenes auf Seltenem.

Wichtig ist es ihm, zu betonen, dass es sich nicht um echte Tierskelette, sondern um Abgüsse handelt. Er selbst beteiligt sich nicht am Handel mit bedrohten Arten. Sein Ansinnen liegt darin bergründet, das Töten dieser Tiere zu beenden, ihren Wert als Lebewesen und Teil unserer Natur zu verdeutlichen. „Deshalb entschied ich mich für 24 Karat Blattgold. Gold ist immer ein Luxusgut oder zeigt, wie wertvoll etwas ist!“, sagt er.


_INVEST ART

Bewusst bleiben dabei Teile der Schädel unvergoldet: die Reißzähne, das Horn. So steht dem vom Künstler aufgetragenen Goldwert der natürliche Rohstoff gegenüber, für den das Tier von Wilderern gejagt wird. Das Zusammenspiel von Natur und Kunst soll abschließen, das Tier als ganzheitlichen Wert zeigen, der sich nicht mit Gold oder Geld aufwiegen lässt. So löst Rosewood die Materialien aus ihrem ursprünglichen Kontext und schafft eine tiefere Ebene, eine neue Perspektive auf seine Objekte.

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DAS ZUSAMMENSPIEL VON NATUR UND KUNST SOLL ABSCHLIESSEN, DAS TIER ALS GANZHEITLICHEN WERT ZEIGEN, DER SICH NICHT MIT GOLD ODER GELD AUFWIEGEN LÄSST.


Bewusst bleiben Teile der Schädel unvergoldet: etwa die Reißzähne oder das Horn.

Die Werke erinnern an die Ikonenkunst und Reliquien des Mittelalters oder die aufwendig vergoldeten Artefakte der Inkas, bei denen Gold symbolischer Ausdruck für das Göttliche ist. Für die Inkas galt Gold als verfestigtes Licht, ein Stoff des Himmels und der Götter, mehr Kultobjekt als Währung. Durch das Vergolden sollte eine Verbindung zum Himmel entstehen, dem Ort, an dem das Gute und Reine bis in alle Ewigkeit bewahrt ist. Und da schließt sich der Kreis, ist doch das Bewahren auch ein zentrales Thema der Werke von William Rosewood: „Ich nehme nur Tiere, die auf der Liste der bedrohten Arten stehen.“ Mächtige Räuber, die auf der Roten Liste stehen – die Exponate wirken nach. Sie sind wie eine Lupe, die Rosewood ansetzt, um

seine Aussage zu transportieren, um einen Fokus zu setzen: Allesamt sind sie gefährliche Kreaturen, die in freier Wildbahn eine Gefahr für den Menschen darstellen. Hier liegen sie bar jeden Lebens vor dem Betrachter. Das edle Material erzeugt in Verbindung mit dem nackten Skelett als grundlegendem Fundament des Körpers ein Spannungsfeld, das Fragen aufwirft. Sind sie eine Bedrohung oder die Bedrohten? Welchen Wert hat Leben? „Das Problem ist, dass diese Tiere gerade für ihr Fell oder ihre Knochen getötet werden“, sagt der Künstler nachdenklich. Der Goldüberzug kann also auch als Versuch verstanden werden, die Knochen wieder zu umhüllen, ist Schutzmantel und Exponierung zugleich.

Für Rosewood stellt die Natur einen ständigen Inspirationsquell dar, einen Ort, an den er immer wieder zurückfindet, um sich zu erden, auch künstlerisch. „Wenn man meine Arbeiten betrachtet, findet man immer wieder Verbindungen zu ihr“, sagt er. „Wir brauchen die Natur, aber die Natur braucht uns nicht.“ Das Leben und der Umgang des Menschen mit dem Planeten ist für ihn eine Frage von Respekt und Nachhaltigkeit. Seine Kunst hat ein Ziel und das ist ehrgeizig: William Rosewood will mit seinen Kunstwerken zum Umdenken anregen. Er will ein Bewusstsein dafür schaffen, dass einige der größten Schätze unseres Planeten bald verschwunden sein könnten, wenn wir nicht mehr auf sie acht geben. _____ www.williamrosewood.com


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Die Arbeiten von William Rosewood sind derzeit in folgenden Galerien zu finden:

Die Tiere, von deren Schädeln William Rosewood Abgüsse macht, stehen auf der Liste der aussterbenden Arten.

USA Macaya Gallery 145 NW 36th Street Miami, FL 33127 +17 86 577 0322 www.macayagallery.com Frankreich Galerie Philia 11 Rue Bailly Paris, 75003 +33 097 5188359 www.galerie-philia.com Großbritannien Unit London 147 - 149 Wardour Street Soho, London W1F 8WD +44 20 7494 2035 www.theunitldn.com

ES SOLL EINE VERBINDUNG ZUM HIMMEL GESCHAFFEN WERDEN, ZU DEM ORT, AN DEM DAS GUTE UND REINE BIS IN ALLE EWIGKEIT BEWAHRT SIND.


7. K

DIVIDENDE MIT TROMMELBREMSEN TEXT//RALF BERNERT

SCHÖN WÄRE ES SCHON. DEN KLASSIKER FÜR EINE HANDVOLL EURO GEKAUFT, EIN PAAR JAHRE MIT REICHLICH FREUDE BEWEGT UND DANN RUFT JEMAND AN UND BIETET EINE SCHLANKE MILLION FÜR DEN OLDIE. HEY, AUFWACHEN!

Klar gibt es das. In den 70ern wurden diverse Ferrari, Porsche oder sogar Bugatti wie altes Eisen in die Ecke gestellt. Irgendwo auf der Welt werden auch heute noch ein paar Schätze auf Indiana Jones warten. Tief vergraben, lange vergessen und dem Zahn der Zeit überlassen. Irgendwo halt. Aber über Irgendwo wollen wir hier nicht schreiben. Es geht um konkrete Chancen, klare Investitionen und den Hafen der Sicherheit soll auch nicht vergessen werden. Wohin mit dem Ersparten, der Prämie und dem verdienten Gewinn, wenn Banken sehr laut über Strafzinsen nachdenken und der Aktienmarkt überaus nervös und unberechenbar unterwegs ist? Reden wir also über Klassiker mit Trommelbremsen, über unterbewertete Kreationen auf Rädern, kurz, über gute Möglichkeiten. Aber einfach wird das jetzt nicht.

Lange unterschätzt: der BMW 503 als Cabrio und Coupé. Zwischen 1956 bis 1960 wurden nur 412 Exemplare gebaut.

Den 250 GTO oder einen Porsche 956 mit Le-Mans-Historie rollen wir beiseite. Autos jenseits der zehn Millionen können zwar noch im Wert steigen, aber ein oder zwei Preisstufen niedriger warten ein paar interessantere Modelle, die den Einstieg in den Oldtimermarkt einfacher erscheinen lassen. Wir haben uns ein paar Modelle mit Po-

tenzial angeschaut. Sieben an der Zahl und alle können in den nächsten Jahren auf der Preisskala einen deutlichen Schritt nach oben machen. Welche Klippen auf dem Weg zum erfolgreichen Investment umschifft werden müssen, haben wir weiter hinten aufgeschrieben. Ein versierter Fachmann hat sich auch noch zu Wort gemeldet.


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DIE GLORREICHEN SIEBEN 1. Aston Martin Lagonda Series 2 bis 4

Foto//BMW Group

Übersehen kann man diesen Briten nicht. Wer diesen Wagen auf der Straße sieht, möchte ihm Mut zusprechen. „Keine Bange, du hast eine Menge Fans.“ Stimmt und genau deshalb kann dieses Statement für außergewöhnliche Konzepte auch eine interessante Investition sein. Das ungewöhnliche Design der Limousine wird nur noch durch die Elektronik im Inneren übertroffen. Wer keine Angst davor hat und ein gut erhaltenes Exemplar erwischt, sollte es gut festhalten und pflegen. Der Neupreis wurde Mitte der 80er mit rund 280.000 D-Mark beziffert, heute wird man mit 50.000 bis 70.000 Euro rechnen müssen.

2. BMW 503 Von Albrecht Graf von Goertz kreiert, natürlich immer im Schatten des großen 507 unterwegs, aber sehr lange unterschätzt. Während der 507 zurzeit mit mehr als zwei Millionen gehandelt wird und kaum auf dem Markt auftaucht, kann es der 503, den es als Cabriolet und als Coupé gibt, durchaus noch weiter nach oben schaffen. Im Jahr 2015 wurde für ein Cabrio in bestem Zustand ein Wert von 340.000 Euro ermittelt, für das Coupé wurden 200.000 Euro aufgeschrieben.

3. BMW Z8 Der Roadster ist noch nicht einmal ein Youngtimer und ist derzeit bei 200.000 Euro angelangt. Neu wurden 235.000 D-Mark verlangt. Er gilt als Klassiker der Zukunft und wird, vor allem in der Alpina-Version, in den nächsten zehn Jahren an Wert zulegen. Der Z8 gilt als Hommage des berühmten 507 und ist dank seiner soliden und noch modernen Technik ein interessantes Auto. Insgesamt wurden etwa 5.700 Stück produziert. Nahezu alle davon sind heute noch unterwegs, einige wurden schon in Watte gepackt, die Besitzer rechnen schon bald mit deutlichen Wertsteigerungen.

AUTOS JENSEITS DER ZEHN MILLIONEN KÖNNEN ZWAR NOCH IM WERT STEIGEN, ABER EIN ODER ZWEI PREISSTUFEN NIEDRIGER WARTEN EIN PAAR ­INTERES­ SANTERE MODELLE.


Foto//Fiat

Sportlicher Italiener: Der Fiat Dino hat den gleichen Motor wie der 246 GT von Ferrari.

4. Fiat Dino Bei Dino denken wir sofort an den Sohn von Enzo Ferrari und den Sechs-Zylinder-­ Sportwagen von Ferrari. Der Fiat Dino trägt den gleichen Motor unter der Haube wie der Dino 246, ist aber in einer anderen Preis­ region unterwegs. Und genau das macht ihn so interessant. Während ein Dino 246 GT schon mal 400.000 Euro kosten kann, wird man einen Fiat Dino schon für ein Zehntel des 246er-Preises kaufen können und der ­bildschöne Fiat hat das Zeug zum echten Liebhaberstück.

5. Ferrari 328 Der Nachfolger der „Magnum-Ferrari“ ist der letzte Ferrari mit quer eingebautem V8. Der 328 wurde als Berlinetta oder Spider über 6.000-mal gebaut; von der Berlinetta rollten knapp über 1.000 Exemplare aus den Werkshallen. Über 100.000 Euro muss man auf alle Fälle investieren. Plus nicht unerhebliche Restaurationskosten. Derzeit stehen die Preise Gewehr bei Fuß, man muss mit Steigungen rechnen, solange die Qualität stimmt – und genau das ist die Schwachstelle des Ferrari 328.

6. Porsche 928 Offiziell wurden über 62.000 Porsche 928 produziert. Als der erste 928 im Jahr 1977 in Genf vorgestellt wurde und man ihn offiziell als den „großen neuen Sportwagen von Porsche“ ausrief, war die Verwirrung bei den Porsche-Fans recht deutlich spürbar. Der 928 war anders. Völlig anders. Die Form, der Motor, das ganze Konzept passte den 911-­Enthusiasten so gar nicht. Vor allem die Bezeichnung als neuer Sportwagen von ­Porsche irritierte ganz kräftig. Als Klassiker mit Potenzial ist der 928 nun im richtigen Alter. Die ersten Modelle, Baujahr 1977, haben fast 40 Jahre auf dem Blechkleid, mit 240 PS ist man bei Oldtimerrallyes ganz gut unterwegs und über die Versorgung mit Ersatzteilen kann man sich nicht beschweren. Die Preise bewegen sich um 50.000 Euro und nach oben ist bekanntlich immer Luft. Die jungen 928, als GTS ab 1991 produziert, liegen ebenfalls bei 50.000 Euro. Spätestens wenn die letzten 928 den Status Oldtimer erreichen und damit ein H-Kennzeichen tragen dürfen, werden deutlich spürbare Preissteigerungen einsetzen.

Fotos//Ferrari

Deutlich erschwinglicher als der Ferrari Dino 246 GT ist ein 328 (unten).


129 Foto//Jaguar Land Rover

_INVEST OLDTIMER

7. Range Rover Wir erinnern uns an Roger Moore und seinen Auftritt im James-Bond-Film ­„Octopussy“. Dort war er in einem offenen, zweitürigen Range Rover unterwegs. Dass er an der Anhängerkupplung einen rollenden Flugzeughangar zog, ist hier nicht relevant. Aber der Anblick dieses sehr speziellen Range Rover hinterlässt schon einen bleibenden Eindruck. Nun sind die ersten Range Rover bereits auf dem Weg zu sehr hohen Preisen und die Ersatzteillage löst auch nicht gerade Freudensprünge aus. Deshalb sehen wir als guten Einstieg den Fünftürer, der von Land Rover selbst ab 1982 gebaut wurde und den man ohne Übertreibung als Mutter aller SUV bezeichnen darf. Die Preise für gute Exemplare bewegen sich um 50.000 Euro, das Potenzial liegt mittelfristig bei gut 200.000 Euro.

Mythen und ihre Zugkraft Natürlich ist ein Rolls-Royce Silver Shadow oder der entsprechende Bentley T günstig zu haben. Unter 10.000. Aber wir recken den Zeigefinger in die Luft und rufen laut „Vorsicht“. Der Shadow ist ein raffinierter Bursche. Er lockt mit schönstem Lack und der Versuchung, einmal im Leben einen echten Rolls-Royce in der Garage zu haben und ihn ein paar Jahre später für ein kleines Vermögen einzutauschen. Uns fällt dabei ein bekanntes und nicht gern gehörtes Wortkombinat ein: „wirtschaftlicher Totalschaden“. Die Rechnung geht so: Sie kaufen einen Shadow für 15.000 Euro, nach 3.000 Kilometern stellt die sehr komplexe Technik des Briten den Dienst ein. Sie pilgern zum Schrauber und der erklärt Ihnen, dass man für die Gangbarmachung schon mal mit 30.000 Euro rechnen müsse. Wir addieren: 15.000 plus 30.000 Euro macht 45.000

Mutter aller SUV: Die ab 1982 gebauten Fünftürer von Range Rover haben ein attraktives Potenzial.

Euro. Diese Summe übersteigt den derzeitigen Marktwert sehr, sehr deutlich, weshalb Shadows in sehr gutem Zustand ausgesprochen selten zu finden sind. Also Finger weg und nur dann zugreifen, wenn man einen Shadow aus rein enthusiastischen Gründen erleben will. Als Investition hat ein solcher Wagen schlicht keinen Sinn. Diese Rechnung lässt sich übrigens für viele Modelle und Fabrikate aufmachen. Die Lösung: Fachliche Kompetenz, sehr gute Beratung, viel Zeit und gebremste Emotionalität. Oldtimer sind komplexe, technische Gerätschaften. Die Bemessung des realistischen Marktwertes kommt der Bewertung von Kunst gleich. Autos werden gehypt, gepusht und Trends unterworfen. Die Rolle in einem Film, ja wir meinen auch den guten, alten James Bond, kann einen Wagen in den Himmel katapultieren, die Realität stürzt den

hoffnungsvollen Besitzer recht schnell und oft ohne Fallschirm in den Abgrund. Das klingt nicht schön, aber so wird das Spiel nun einmal gespielt. Wollen wir Ihnen die Freude nehmen? Auf keinen Fall. Oldtimer sind faszinierende Freunde, wer einmal in einem feinen Klassiker unterwegs war, lässt seinen modernen Wagen immer öfter stehen. Wenn wir über eine Investition sprechen, spielt Geld eine wichtige Rolle und dann gelten andere Regeln. Worauf man in diesem Fall achten muss, hat der Hamburger Experte Wolfgang Blaube (53) aufgeschrieben. Der Automobil-­Journalist und -Historiker, Sammler seit 1985, war von 1989 bis 1991 Einkäufer des damals weltweit größten Oldtimer-Händlers (Mille Miglia Sports and Race Cars, München und Los Angeles). Seine Worte mögen nicht jedem gefallen, aber sie können sehr hilfreich sein.

WICHTIG SIND FACHLICHE KOMPETENZ, SEHR GUTE BERATUNG, VIEL ZEIT UND GEBREMSTE EMOTIONALITÄT.


Foto//BMW Group

OLDTIMER INVEST_

Welche Kriterien sollten für eine Investition in einen Oldtimer ganz oben auf der Liste stehen?

EXPERTE WOLFGANG BLAUBE IM INTERVIEW Der Markt für hochpreisige Oldtimer hat sich scheinbar eine kleine Pause gegönnt. Wann wird nach Ihrer Erfahrung wieder mehr Bewegung in den Handel kommen? Als wesentliche Grundlage für eine erneute Marktbewegung im Anlagesegment sehe ich eine einigermaßene Kalkulierbarkeit und Sicherheit der Geldmärkte insgesamt. Wenn sich etwa absehen lässt, wie die Finanzwelt durch die voraussichtlich wesentliche Prägung des BREXIT aussehen wird, wird auch das Interesse an altem Blech als Geldanlage wieder anziehen – wobei ich erwarte, dass aufgrund eines deutlich geschwächten Pfund-Kurses zahlreiche Autos von Großbritannien nach Kontinentaleuropa umziehen werden. Eine Marktbewegung und -belebung wird aber auch dadurch stattfinden, dass manche Anleger aufgrund Kapitalbedarfs ihre Autos auch ohne die zuvor angepeilte Rendite verkaufen müssen; zumindest in manchen Fällen kommt es deshalb zum Überangebot, das für sinkende Preise sorgt, welche ihrerseits wiederum ein breiteres Interesse generieren. Aber das sind nur subjektive Einschätzungen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass letztlich kaum ein Markt so wenig für die nahe Zukunft projezierbar ist wie der der klassischen Automobile.

Echte und intime Kenntnis der Materie, um selbst beurteilen zu können, welche Modelle noch relativ zu günstig sind und absehbar steigen werden. Doch diese Qualitäten bringt kaum jemand mit. Stattdessen springen die Leute auf die Züge auf, die den Bahnhof der Erschwinglichkeit sowieso längst verlassen haben. Mit anderen Worten: Es wird in das investiert, dass durch bereits stattgefundene Wertsteigerungen sein Potenzial bewiesen hat – aber aufgrund ebenjener stattgefundenen Wertsteigerungen künftig proportional weniger oder gar nicht mehr steigen dürfte. Ich finde es immer wieder faszinierend, dass viele amateurhafte Investoren zu genau den Fahrzeugen greifen, die ihren Boom schon fast oder ganz hinter sich haben. Was meine These bestätigt: Die meisten Anleger haben viel zu wenig Ahnung von der Materie.

Der Hype um einige Modelle scheint alle Grenzen der Vernunft zu sprengen. Zig Millionen für einen Ferrari scheinen mittlerweile vollkommen normal. Welches Motiv bewegt Menschen zu solch astronomischen Preisen? Maßgeblich die Begehrlichkeit selbst, die wiederum ein unmittelbares Produkt ebenjener Werte ist – extreme Preise machen Autos einfach sexy. Seit dem Marktcrash 1990/91 und der später folgenden Erholung des Sammlerfahrzeug-Marktes hat sich gerade das Höchstpreissegment als ziemlich sichere Bank etabliert, bei der es scheinbar nur bergauf geht. Hinzu kommt eine ständig wachsende „Spielgeldmenge“ potenzieller Käufer. Dass die letzten Ferrari 250 GTO – bekanntermaßen die Blaue Mauritius im bereiften Segment – in den letzten Jahren für 20 bis 30 Millionen Dollar ihre Besitzer wechselten, sorgt in der Szene kaum noch für Dramatik. Ich bin davon überzeugt, dass sich der nächste Verkauf eines dieser raren Fahrzeuge in der Region zwischen 50 und 65 Millionen Dollar bewegen wird.

Manche Klassiker, die einst echte Luxus­ produkte waren, verharren seit Jahren auf einem sehr niedrigen Preisniveau. Was stimmt mit diesen Autos nicht? Einiger dieser Modelle, etwa der Rolls-Royce Camargue als einst weitaus teuerstes Serienauto der Welt, sind schlichtweg noch nicht entdeckt worden – oder sind noch nicht alt genug, um ihr Image und Klischee als sozial zweifelhafter Gebrauchtwagen zum kleinen Einstand bei horrenden Folgekosten abgelegt zu haben. Sehen Sie sich den ersten Mercedes-Benz CLS an: Das Viertürer-Coupé bedient heute noch eine Klientel, mit der sich kein Mensch, der gesellschaftlichen Anspruch kultiviert, assoziieren möchte. Wenn diese Klientel einst auf die Nach- und Nachnachfolger dieses Modells abfährt, wird es für den seriösen Sammler langsam interessant – bis es irgendwann zu teuer ist. So war es in der Vergangenheit mit sehr vielen Modellen. Etwa erinnere ich mich noch sehr gut daran, wie peinlich es einst war, sich in einem frühen Porsche 911 oder einem BMW 3.0 CSI sehen zu lassen. Ich war damals mutig genug, beide für sehr kleines Geld zu kaufen – und einfach zu behalten. _________

VIELE AMATEURHAFTE INVESTOREN GREIFEN GENAU ZU DEN AUTOS, DIE IHREN BOOM SCHON HINTER SICH HABEN.“


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PARK HYATT MALLORCA PLACES

TO BE_


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AB IN DEN HÜGEL

TEXT//THOMAS GARMS

MIT DEM PARK HYATT MALLORCA IST NAHE CAP VERMELL EIN NEUES NOBELRESORT IM STIL EINES SPANISCHEN DORFES ENTSTANDEN. KRÄUTERBEETE, WASSERLÄUFE UND EIN STILISIERTER KIRCHTURM GEHÖREN DAZU.


Die luxuriösen Zimmer bieten alle nur denkbaren Annehmlichkeiten.

Meeresfrüchte und Fisch werden in exzellenter Qualität serviert.

Die Wände der höchstens drei Stockwerke hohen Gebäude mit ihren Fensterläden sind ocker- und roséfarben getüncht, die verschachtelte Konzeption der Häusergruppen sorgt für ein facettenreiches Spiel von Licht und Schatten. Gestalterisch ein guter Schachzug, denn seelenlose Betonklötze und Bettenburgen will auf der Insel niemand mehr. Klasse statt Masse lautet seit ein paar Jahren die Devise auf Mallorca, um den Bausünden der Vergangenheit nachhaltigere und ästhetisch anspruchsvolle Konzepte entgegenzusetzen. Ziel ist es, die Natur mit dem Fremdenverkehr zu versöhnen und dabei trotzdem ein luxuriöses Ambiente mit allen nur denkbaren Annehmlichkeiten zu schaffen. Das beginnt schon beim Frühstück auf der mit Möbeln der Immer dann, wenn man den Sommer schon brasilianischen Edelmarke Tribú fast verloren glaubt, gibt es noch einen Schimmer bestückten Terrasse. Der Service Hoffnung. Der heißt dann oft Mallorca. Auch könnte nicht freundlicher sein. hier kann morgens ein feiner Dunst als erste Blitzschnell stehen Schälchen mit Herbstwarnung über den Hügeln stehen, doch dann bricht er auf, der blaue Himmel. Später wird eiskalter Butter und gut gefüllte Gläser frischen Melonensafts auf es unter den kräftigen Sonnenstrahlen so warm, dem Tisch. Es riecht verführedass man in Shirt und Shorts herumspazieren möchte. Die passendere Bekleidung für ein spätes risch nach brutzelndem Ei und Frühstück auf der Terrasse des neu eröffneten Speck. Für sensibel ausgerichtete Park Hyatt Mallorca dürften jedoch lange Hosen Gemüter gibt es selbstverständlich und ein Polohemd in gedeckten Farben sein. DieKaffee mit laktosebefreiter Milch, köstlich eingelegte Dörrpflausen Respekt ist man dem Ambiente, den anderen Gästen und den liebevoll eingedeckten Tischen men und Brot ohne Gluten. Der schuldig. Mit seiner luxuriösen Art von Underhauchdünn aufgeschnittene rohe Schwertfisch hat exzellente Qualistatement repräsentiert das Resort den Anspruch „home far from home“ zwar perfekt, aber trotzdem heißt das tät, Marmeladen in Plastiktöpfchen nicht, dass man sich deswegen äußerlich gehen lassen muss. sind hier unbekannt. Es herrscht Für die Badehose ist später am Pool noch genügend Zeit. die charmante Synthese aus Luxus Gewissermaßen ein ganzes Dorf haben die Entwickler und Laisser-faire, von Gourmetin die Halbhöhenlage eines Bergzugs über dem Tal von küche und regionaler VerbundenCanyamel im Nordosten der Insel integriert, so richtig mit heit – und das vor landschaftlich Dorfplatz, verschlungenen Wegen, die treppauf, treppab schöner Kulisse. durch die Anlage führen, mit reichlich Sandstein aus der Region, Schmiedeeisen, gurgelnden Wasserläufen, Brücken und einem stilisierten Kirchturm. Überall dazwischen Beete mit Olivenbäumen, Zypressen, Lavendel und anderen mediterranen Blühpflanzen sowie einer Fülle an duftenden Kräutern. Autos dürfen hier nicht fahren, als Transportmittel dienen akkubetriebene Golfcarts. Nach dem Check-in lässt der Bellboy die Fahrzeuge der Gäste in einer unterirdischen Garage verschwinden.


_PLACES TO BE PARK HYATT MALLORCA

Oben: Poollandschaft. Unten: Die Terrasse der Park View Suite bietet eine wunderbare Weitsicht.

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PARK HYATT MALLORCA PLACES

Oben: Vorfahrt und Empfang. Unten: Die Tapasbar bietet regionale Kรถstlichkeiten.

TO BE_


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Dass die Eröffnung der Anlage zunächst holprig war, ahnt man in dem glückseligen Moment des ausgiebigen Frühstückens indessen nicht. Wie häufig bei solchen Vorhaben sorgten auch hier große Visionen für große Widerstände. So stellt sich für Beobachter der Hotelgeschichte Mallorcas das Projekt als interessantes Studienobjekt dar: Den ursprünglichen Initiatoren, einer internationale Investorengruppe mit Geldgebern aus Katar, wehte anfangs ein scharfer Gegenwind in Form von Rechtsstreitigkeiten um Genehmigungen und Proteste von Naturschützern ins Gesicht. Ob luxuriös oder nicht – eine solche Anlage wollte in dem malerischen, bislang wenig erschlossenen „Uns war es sehr wichtig, jede negative Auswirkung des Nordosten der Insel bei Canyamel Hotelbaus auf die Umwelt und die Landschaft so gering zunächst mal keiner. Neben einem Luxushotel sollten nach dem Willen wie möglich zu halten“, betonte John Beveridge in einem Interview. Als Direktor des Park Hyatt Mallorca war es der der Bauherren auch noch eine ReiJob des Schotten, das 100-Millionen-Euro-Projekt nach he von exklusiven Einfamilienvillen Jahren der Ankündigung im Sommer 2016 Wirklichkeit werin der Nachbarschaft des Golfclubs entstehen. Kein einfaches Unterfan- den zu lassen. Begeistert schilderte Beveridge, dass Felsen, die abgetragen werden mussten, wieder an Ort und Stelle gen, denn die Gegend war bislang verbaut worden seien, um Transporte und den Ausstoß von ein Zufluchtsort all jener, die beKohlendioxid zu minimieren. Das Planungsteam habe auf schauliche Ruhe und die Nähe zur traditionelle Elemente der Inselarchitektur wie Natursteine, Natur suchten. Inzwischen wurde Fensterläden und Dachziegel gesetzt. „Unser Ziel war, dass die damalige Projektentwicklungssich das Hotel wie ein typisches Bergdorf der Insel in die gesellschaft von der Cap Vermell Landschaft einpasst“, gab Beveridge zu Protokoll. Investments Group (CVIG) abgeUm die Eröffnungsphase möglichst glatt über die Bühne löst, der verschiedene Unternehmen gehen zu lassen, hat Hyatt seine besten Leute aus ganz aus dem Hotel-, Gastronomie- und Europa herbeibefohlen, so auch den smarten Oberchefkoch Immobiliensektor angehören. Hyatt Fabio Brambilla, der normalerweise im Grand Hyatt Istanbul als Pächter der Anlage war recht für kulinarische Ausnahmeerlebnisse sorgt. Seine Aufgabe früh im Gespräch. im Resort: Die Küchenbrigaden der drei unterschiedlichen Restaurants auf unbedingte Qualität zu trimmen. „Ich schaue mir die Logistik an und die Abläufe zwischen Küche und Service“, erklärt der smarte Italiener. Gerade eben hat er dem Souschef des Tapasrestaurants ein paar Tipps gegeben, wie das gewaltige, im speziellen Holzofen zubereitetete Ribeyesteak vor dem Servieren am besten vom Knochen zu schneiden sei. Derlei ist wichtig, die Konkurrenz schläft nicht. Auf Mallorca herrscht Gedränge am Sternekochhimmel. Auch das Nachbessern bei den Lieferanten gehört zu Brambillas Job. „Natürlich bekommt man hier sehr gut abgehangenes Rindfleisch“, sagt er. „Aber mit exzellentem Dry Age Beef ist es schon ein bisschen komplizierter.“ Über

Das Spezialitätenrestaurant Asia ist im Stil einer Privatvilla gestaltet.

das Thema Fisch und Meeresfrüchte macht sich der Gastronomieprofi hingegen keine Sorgen. Ob Seezunge, Schwertfisch, Langusten oder Venusmuscheln: Der Fischmarkt in Palma wartet alle nur erdenklichen Köstlichkeiten aus der See auf. So bietet die von der mediterranen spanischen Küche geprägte Karte im Haupt­ restaurant Balearic vom butterzarten Pata-Negra-­ Schinken über eine Meeresfrüchtepaella bis hin zum Kaninchenbraten einen schönen Querschnitt durch die regionale Küche. Wer mag, genießt das Dinner auf der großen Terrasse, während mit letzten warmen Strahlen die Sonne untergeht. Im südasiatischen, im Stil einer Privat­ villa gestalteten Spezialitätenrestaurant Asian stehen leichte, aromatische Speisen aus Indo­ china und Thailand auf dem Plan. Die Tapasbar ist ein geselliger Ort mit einer Außenterrasse, auf der Gäste frisch zubereitete Tapas und Weine aus Mallorca, vom spanischen Festland und aus anderen Regionen verköstigen können. Neben der Plaza de la Torre befindet sich das Bistro, ein informelles, ganztags geöffnetes Café. Neben frisch gebackenem Brot und Gebäck sowie lokal hergestellten Empanadas gibt es hier internationale Speisen.

WER MAG, GENIESST DAS DINNER AUF DER GROSSEN TERRASSE, WÄHREND MIT DEN LETZTEN WARMEN STRAHLEN D I E S O N N E U N T E R G E H T.


Entspannen und Abschalten im stilvollen Living Room des Resorts.


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Die exquisite Möblierung der Zimmer hat eine klare, edle Linie ohne Schnickschnack.

Ein stilisierter Kirchturm markiert den Dorfplatz. Unten: Der Strand von Canyamel.

ablieferte, bevor er den laufenden Betrieb im Sommer an seinen Nachfolger Michael Schmid übergab, einen Schweizer, zu dessen Stationen das Park Hyatt Zürich, das Ararat Park Hyatt Moscow, das Andaz Liverpool Street und das Grand Hyatt São Paulo gehörten. Zuletzt war der 43-Jährige als General Manager für die Eröffnung des Andaz Peninsula Papagayo Resort, Costa Rica, verantwortlich. Mit großzügigen Veranstaltungsräumen hat sich das Hotel auch auf Gäste ausgerichtet, die den perfekten Platz für größere Feierlichkeiten wie zum Beispiel Hochzeiten suchen. Der 225 Quadratmeter große Ballroom verfügt über eine große Terrasse und Zugang zu einem repräsentativen Garten mit Pavillon und Blick auf das Tal, wo sich TrauzeremoniDie Gäste residieren in insgesamt 126 luxuriösen Zimmern und 16 Suiten, großzügig geschnitten auf 50 bis 150 en stilvoll inszenieren lassen. Hinzu Quadratmetern. Die Räumlichkeiten sind auf verschiedene kommen Annehmlichkeiten wie die kleinere Gebäude verteilt und bieten Balkon oder Terrasse großzügige Poollandschaft und ein einen schönen Ausblick auf Canyamel und das Mittelmeer. Spa mit sieben BehandlungsräuInnen wie außen findet sich viel Naturstein. Die exquisite men, darunter zwei für Paare, einer moderne Möblierung mit zeitlosen regionalen Elementen ver- Sauna, Dampfbädern und einem zichtet auf Designer-Schnickschnack, hat eine klare gestalteri- Außenbereich. Das Fitnesscenter ist rund um die Uhr geöffnet und mit sche Linie und auch bei den Accessoires wurde nicht gespart. modernster Technik ausgestattet. Ein Bose-Soundlink, den man per Bluetooth mit seinen moDer 18-Loch-Golfclub Canyamel bilen Geräten koppeln kann, ist ebenso selbstverständlich wie eine Nespresso-Maschine. Für das Interior Design zeichneten liegt gleich nebenan, und nach zwölf Gehminuten erreicht man GA Design (London), Michelle Evans (Dubai) und DSA den Strand von Cap Vermell. Cala Portugal verantwortlich. Die Kunstwerke im Hotel wurden Ratjada mit dem Fischerhafen ist von Peter Millard aus Großbritannien zusammengestellt. nur zehn Kilometer entfernt, Palma In den Bädern finden sich eine Regendusche und eine de Mallorca in knapp 40 Minuten Hightechtoilette mit Fernbedienung. Für die Körperhygiene lassen sich Richtung, Stärke und Temperatur des Wasserstahls Fahrzeit erreichbar. Beliebte Ortsowie die Föhnfunktion nach persönlichen Vorlieben und schaften wie Artà oder Son Servera Bedürfnissen einstellen. Und wer beim Zähneputzen oder mit ihrer traditionellen Architektur Rasieren die neuesten Nachrichten sehen will – kein Problem. und einheimischen Märkten sind Hinter das Spiegelgas über dem Waschtisch aus südamerikaebenfalls ganz in der Nähe. nischem Naturstein ist unsichtbar ein TV-Monitor integriert. Die Konzeption und Ausstattung der ganzen Anlage lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sich das Park Hyatt mit diesem Resort an der Spitze der mallorquinischen Beherbergungsbetriebe verortet. Im Fünf-Sterne-Bereich hatten in letzter Zeit vor allem kleinere Boutiquehotels und Fincas gepunktet. „Es ist das erste Park-Hyatt-Resort in ganz Europa und optisch einzigartig“, schwärmt John Beveridge, der die Eröffnung begleitet hat und damit kurz vor seiner Pensionierung noch ein letztes Meisterstück


_PLACES TO BE PARK HYATT MALLORCA

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Naturstein, Schmiedeeisen und edle Hölzer: der Eingang zum Wellnessbereich.

An den kleinen Teakholztischchen im Außenbereich hinter der Rezeption sitzt man so, dass es eine Wonne ist und man sich deshalb eigentlich gar nicht mehr von dort fortbewegen möchte. Weit schweift der Blick ins Tal und auf die Hügel des Cap Vermell. Jeder Augenblick scheint kostbar. Der Sonnenuntergang naht bald, die Ruhe ist himmlisch. Das Park Hyatt Mallorca hat das Potenzial, ein Stammplatz für anspruchsvolle Reisende zu werden, zu einem sogenannten Hideaway der opulenteren Art. Die Gasträume sind wunderbar proportioniert, atmen vom Zuschnitt her eine Großzügigkeit, welche nur einem Ziel dient: der Erholung und Kontemplation, weit weg von allen gewöhnlichen Ballermännern. ___________ www.mallorca.park.hyatt.com

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Cap Vermell Residences Wer in eine eigene Immobilie investieren möchte, findet in unmittelbarer Nachbarschaft des Park Hyatt Mallorca und des Golfclubs verschiedene luxuriöse Ferienresidenzen mit Privatstraße, Sicherheitsdienst und Hausmeisterservice. Die insgesamt zwölf Cap Vermell Residences mit einer Größe zwischen 363 bis 644 Quadratmetern bieten reichlich Komfort und sind je nach Bedarf mit drei, vier oder fünf Schlafzimmern ausgestattet. Bauherr ist die Cap Vermell Investments Group (CVIG), die auch hinter dem Hyatt-Resort steht. Preise ab 2,2 Millionen Euro. Weitere Informat­ionen unter www.capvermellestate.com

IM SINNE DES DORFCHARAKTERS SIND DIE RÄUMLICHKEITEN DES RESORTS AUF VERSCHIEDENE KLEINERE G E B Ä U D E V E R T E I L T.


Himmelsgeburtstag TEXT UND FOTOS//BIRGIT BAIER

Heidi und Birgit.

ICH WAR EINZIG UND ALLEIN IN KATHMANDU, UM DEN LETZTEN WUNSCH MEINER SCHWESTER ZU ERFÜLLEN. HEIDI WOLLTE, DASS ICH IHRE ASCHE DEM HEILIGEN FLUSS BAGMATI ÜBERGEBE.


_EXPERIENCES GESCHWISTERLIEBE

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Reisen war schon immer meine Leidenschaft. 60 Länder habe ich bis jetzt besucht. Ich habe auf mehreren Kontinenten gelebt und gearbeitet und gehöre seit 20 Jahren zur Spezies der Business-Class-Nomaden. Aber auf diesen letzten Trip mit meiner Schwester Heidi hatte ich mich bewusst nicht vorbereitet. Es war mir genug, die Eindrücke ihrer Erzählungen als Briefing zu haben. Dieser Ort hatte sie so begeistert, als sie vor ein paar Jahren hier ein Frauenkloster besuchte, um über den Tod zu meditieren. Danach packte sie ihre Krankheit und ihre Infusionen ein und brach zum Mount Everest Base Camp auf. Heidi hatte bis dahin immer für ihre Familie gelebt. Nun war sie von Rajasthan nach Nepal gewandert. Mir ist bis heute nicht klar, wie sie das, trotz ihrer Krankheit, bewältigen konnte. Selbst für mich war es nicht leicht, zum Camp hochzulaufen. „Meine Herren, war die zäh“, dachte ich, wenn ich meinen Führer mit hochrotem Kopf fragte, wie weit es noch wäre … „Die Leute glauben, wenn sie krank sind, können sie bestimmte Dinge in ihrem Leben nie wieder tun“, hatte meine Schwester zu mir gesagt. „Ich möchte das ändern. Man kann fast alles tun, wenn man es nur wirklich will.“

Das Wasser des Bagmati fließt schmutzig-­ grau und träge dahin. Blumen, Plastikflaschen und Holzscheite treiben auf seiner Oberfläche. Von den Scheiterhaufen am Ufer steigen Rauchsäulen auf. Ihr Qualm legt sich wie ein Schleier auf die Szene. Noch nie in meinem Leben habe ich einen Toten gesehen. Und jetzt sitze ich sozusagen in der ersten Reihe und blicke auf eine Art Open-Air-Krematorium. Es ist keine alltägliche Situation – besonders nicht für unseren Kulturkreis – zuzusehen, wie Menschen öffentlich verbrannt werden. Doch ich bin hier nicht allein. Viele andere Zuschauer sitzen, essen, reden und nehmen regen Anteil. Die Tempelanlage von Pashupatinath ist eines der wichtigsten Heiligtümer der Hindus. Sie liegt in der Nähe von Kathmandu und der Name bedeutet übersetzt „Herr des Lebens“. Vielleicht, weil für die Hindus der Tod nur der Übergang der Seele in einen neuen Körper ist. Und so tue ich, was alle anderen auch tun: Zuschauen, den Toten und ihren Angehörigen Respekt zollen und dabei sein, wenn die Verstorbenen auf ihre nächste Reise gehen. Denn auch ich bin hier eine Reisebegleiterin.

Oben: Die Füße des Leichnams werden ins Wasser getaucht – eine symbolische Reinigung.

Entlang des Flussufers teilen sich die Verbrennungsplätze, die Ghats, in die Arya Ghats für die höheren Kasten und die Surya Ghats für „Normal­ sterbliche“. In meiner unmittelbaren Nähe sehe ich zwei große Menschengruppen, die ihre Verstorbenen verabschieden. Ein aufgebahrter Köper, in ein orange-rotes Tuch gewickelt, wird auf eine Schiene gelegt. Männer lassen ihn in den Fluss hinab, um seine Füße zu benetzen und symbolisch zu reinigen. Ein Stück daneben steht ein aufgeschichteter Scheiterhaufen, aus dem Kopf und Füße eines Toten herausragen. Er ist über und über mit Blumen­ girlanden geschmückt – orangefarbene Tagetes.


EINEN TAG NACH DEM ZWEITEN ERDBEBEN, DAS KATHMANDU ERSCHÜTTERTE, LANDETE ICH IN DER NEPALESISCHEN HAUPTSTADT. Der Brahmane weist den ältesten Sohn an, den Leichnam fünfmal zu umrunden und das Feuer zu entzünden. Er trägt nur eine weiße Hose und ein weißes Tuch um den Kopf. Während die Flammen auf den mit Stroh bedeckten Körper übergreifen, spielt ein Kind unter einem Wasserstrahl und eine Frau benetzt sich im dreckigen Fluss das Gesicht. Ich bin so gefangen, dass ich fast den Grund dieser Reise vergesse. Die ganze Zeit muss ich daran denken, dass meine Schwester auch hier gestanden und Ähnliches gesehen hat. Nun erst kann ich verstehen, warum es ihr so wichtig war, dass ich sie wieder an diesen Ort bringe. Das Leben und der Tod gehen hier Hand in Hand. Im Januar 2013, ein paar Tage vor meinem Geburtstag, erhielt ich den Anruf. Ich war auf einem zweitägigen Businessevent. Ich solle schnell kommen, denn es stünde nicht gut. Natürlich rechnet man jeden Tag mit dieser Nachricht, wenn jemand todkrank ist. Aber ich schob vor diese Realität einen Vorhang aus Alltag und Arbeit und verschanzte mich hinter der Tatsache, dass ich mich nicht täglich mit dem Tod beschäftigen wollte. Der Gedanke daran war so schmerzhaft. Die knapp fünfstündige Fahrt kam mir wie eine Ewigkeit vor. Ich wollte so schnell wie möglich bei Heidi sein und zugleich wünschte ich mir, noch länger in der „alten“, vom Tod unberührten Zeit zu verweilen. Eins war klar, nichts würde mehr so sein wie vorher, und die Tage waren gezählt. Wir hatten uns nicht immer nah gestanden. Aber in den letzten zehn Jahren hatten wir wieder zueinandergefunden. Ich wusste bis dahin nicht, wie wunderschön es sich anfühlt, eine Schwester zu haben, selbst als Erwachsene. Ich war glücklich über diese Erfahrung. Und so machte ich es zu meiner Aufgabe, die verbleibende Zeit mit Heidi zu gestalten und ihr jeden Wunsch zu erfüllen.

Oben: Abschiedszeremonie mit kleinen Öl-Lämpchen. Mitte: In einigen Schreinen der Tempelanlage von Pashupatinath leben heilige Männer, die Sadhus. Unten: Die Verbrennungsplätze reihen sich entlang des Flussufers. Es dauert circa vier Stunden, bis ein menschlicher Körper vollständig zu Asche geworden ist.

Ich war täglich mehrere Stunden bei ihr und wir sprachen viel – wenn ihr danach war, sie sich gut genug fühlte und das Zusammensein mit ihren Kindern und ihrem Mann Zeit dafür ließ. „Ich möchte, dass du meine Asche nach Kathmandu bringst, damit sie in den Bagmati-Fluss gegeben werden kann. Machst du das?“ Natürlich. Ich würde einen kleinen Teil ihrer Asche nach Nepal bringen. Da es mir als Christin nicht erlaubt war, so ein Ritual an dem heiligen Fluss auszuführen, brauchten wir einen Helfer. „Schreib an Arjun, er hat mich zum Base Camp begleitet.“ Sie wollte auch, dass ich einen Mönch suchte, um mit ihm gemeinsam zu meditieren, den Beginn ihrer Reise damit einzuleiten. Und ich bekam den Auftrag, ihre Beerdigung zu organisieren. Sie würde erst loslassen, wenn alles zu ihrer Zufriedenheit arrangiert war. Eine gemeinsame Freundin stand uns allen bei. Ich bekam ein detailliertes Briefing für ihren „Himmelsgeburtstag“, die Musik, das Grab, die Beisetzung. Trotz der traurigen Situation lachten wir viel und versuchten, die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten. Wir feierten sogar meinen Geburtstag mit einer guten Flasche Champagner. Wenn schon, denn schon: always with style and grace. Es gab tatsächlich ein Buddhistisches Zentrum in Düsseldorf. Die Gemeinde hielt eine Phowa für meine Schwester ab: eine Bewusstseinsübertragung zum Todeszeitpunkt. Diese Meditationspraxis stammt aus dem tibetischen Buddhismus. Sie befähigt dazu, den Geist auf das Sterben vorzubereiten und ihn im Moment des Todes in einen befreiten Zustand zu überführen. Meine Schwester, ihre jüngste Tochter, mein Bruder und ich wurden in einer gemeinsamen Meditation für diese Reise angeleitet. Es ging um das Verlassen des Körpers und um Transformation. Leichtigkeit und Aufsteigen waren die zentralen Motive. Die traditionelle christliche Beerdigung war für Heidi zweitrangig. Wir wussten, dass nach ihrem Tod an verschiedenen Stellen auf der Erde eine Phowa-­ Meditation für sie gehalten würde: In ­einem indischen Frauenkloster, in Nepal und in der Düsseldorfer Gemeinde würden die Menschen – Internet sei Dank – vor einem Foto von Heidi meditieren. Und der heilige Fluss sollte am Ende einen guten Übergang für sie schaffen.


_EXPERIENCES GESCHWISTERLIEBE

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Es sollte noch zwei Jahre dauern, bis ich mein Versprechen einlöste. Die Trennung von ihr fiel mir schwer. Ich brauchte Zeit, um Kraft dafür zu schöpfen. Es sollte eine besondere Reise werden, unsere erste und letzte gemeinsame Reise. Ich entschloss mich, mit dem Zug zu fahren, Berlin – Moskau – Ulan Bator – Peking und von dort mit dem Flugzeug nach Kathmandu. 11.500 Kilometer. Ich wollte bewusst verlang­ samen, um Raum zu schaffen und mich auf den Abschied einlassen zu können. Ich landete am 13. Mai 2015 in der nepalesischen Hauptstadt, einen Tag nach dem zweiten Erdbeben, das Kathmandu erschütterte. Über 8.000 Menschen waren bei dem ersten Beben einen Monat zuvor umgekommen, und das zweite ließ nun unzählige beschädigte Häuser endgültig einstürzen. Freunde rieten mir von einer Einreise ab, da es zu gefährlich sei. Für mich stellte sich diese Überlegung in keinem Augenblick. Ich hatte zwei Jahre gewartet, um mich auf den Weg zu machen, alle meine Terminvorstellungen waren gescheitert, und nun litt das Land unter dem stärksten Erdbeben seiner Geschichte. Falscher Zeitpunkt? Egal. Ich war einzig und allein hier, um den letzten Wunsch meiner Schwester zu erfüllen. Doch zunächst musste ich Arjun, Heidis Mount-Everest-Guide, treffen. Unsere Verbindung war eine Mail, die ihm Heidi kurz vor ihrem Tod geschrieben hatte. Er hatte mir bald darauf geantwortet, aber ich war bis unmittelbar vor meiner Abreise nicht in der Lage gewesen, seine Mail zu lesen und ihm zurückzuschreiben. Ich war gespannt und aufgeregt, doch – unglaublich – es schien für ihn okay zu sein, dass ich mich so lange nicht gemeldet hatte. Arjun hieß mich auf die netteste Art und Weise willkommen und wir kommunizierten, als ob keine Zeit dazwischen gelegen habe und wir uns schon lange kannten. Arjun und sein Neffe Raj brachten mich im gleichen Guest House unter, in dem auch Heidi gewohnt hatte. Es schien mir, als ob die große Ähnlichkeit zwischen meiner Schwester und mir es erleichterte, uns miteinander vertraut zu fühlen. Er erzählte mir von ihrer Zeit in Nepal und ich konnte noch einmal an dieser Reise Anteil nehmen, die ihr ganzes Leben – und ihren Tod – verändert hatte. Auf dem Weg zur Tempelanlage fuhren wir durch die zerstörte Stadt. Es war das erste Mal, dass auch meine Reiseleiter das Ausmaß der Schäden sahen. An ihrer Bestürzung konnte ich die Katastrophe ermessen. Sie mussten mit den Tränen kämpfen. Wir sahen fast überall eingestürzte Häuser, Trümmer, Zeltlager und viele Menschen ohne Unterkunft. Je länger wir liefen, desto schlimmer erschien es uns. Die Stadt war teilweise von Strom und Trinkwasser abgeschnitten. Überall wurde aufgeräumt, weggeschoben und abgestützt. Ich war sehr berührt und spürte den tiefen Wunsch, zu helfen. Ich hatte in China für UNICEF gearbeitet und seither den Gedanken gehegt, irgendwann in meinem Leben etwas für Kinder zu tun. Dies war die Zeit und der Ort. Der Ort, der meiner Schwester so viel bedeutet hatte. Ich erklärte Arjun meinen Wunsch und er versprach, sich darum zu kümmern.

Wir stehen am Fluss. Arjun hat ein paar Blumen, eine Kerze und Räucherstäbchen arrangiert. Er spricht ein Gebet, streut Heidis Asche auf die Blumen und setzt alles ins Wasser. „Es ist jetzt Zeit, sie loszulassen“, sagt er. Ich blicke den davontreibenden Blüten hinterher und weine. Jetzt ist alles so, wie sie es haben wollte. Obwohl der Ort mit Trauer und Abschied zu tun hat, strahlt er Ruhe, Besonnenheit, Liebe und Weite aus. Fast so, als ob man angekommen ist, um voranzuschreiten. Ich fühle, dass jetzt alles gut ist und seinen Gang geht. Nichts ist falsch. Die nächsten fünf Tage verbrachte ich mit Kindern eines zerstörten Waisenhauses, zu denen mich Arjun gebracht hatte. Ich musste sie in der Regenzeit mit einem provisorischen Zelt zurücklassen und versprach, wiederzukommen. Ein halbes Jahr später war ich wieder dort und fand eine Wohnung für die Leiterin und ihre elf Schützlinge. Mit dem Geld, das ich gesammelt hatte, ließ ich Stockbetten bauen, kaufte eine Waschmaschine, Solarlampen, Schulrucksäcke, Handtücher und zahlte Strom und Miete für eineinhalb Jahre im Voraus. In wenigen Wochen fahre ich wieder hin. Diesmal begleitet von meinem Bruder und Freunden, um die Wohnung weitere sechs Monate zu finanzieren und ein Grundstück zu kaufen. Wir wollen ein neues Heim für sie bauen. Und dann laufen wir gemeinsam zum Annapurna Base Camp. __________________

ICH FÜHLE, DASS JETZT ALLES GUT IST UND SEINEN GANG GEHT. NICHTS IST FALSCH.

Oben: In der zerstörten Innenstadt von Kathmandu helfen ganze Schulklassen bei den Aufräumarbeiten. Unten: Frühstück mit elf Waisenkindern. Sie hatten nach dem Erdbeben kein Dach mehr über dem Kopf.


DER ZARTE HAUCH DER HIGHLANDS

TEXT//SILVIA DOMÍNGUEZ LÓPEZ


_BRANDS TO HAVE BEGG & CO

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BEGG & CO – DIE RENOMMIERTE SCHOTTISCHE MANUFAKTUR FÜR EXQUISITE SCHALS, STOLEN UND DECKEN – WURDE IM JAHRE 1866 IN PAISLEY GEGRÜNDET UND FEIERT NUN IHR 150-JÄHRIGES BESTEHEN.


BEGG & CO BRANDS

Es gibt wohl kaum ein Accessoire, das so sinnlich ist wie der Schal. Um den Hals gewickelt, dort, wo die Haut am empfindsamsten ist, weckt er Emotionen. Er vermittelt uns Wohligkeit, wir fühlen uns beschützt und gewärmt, umschmeichelt und zart gestreichelt – oder er engt uns ein, juckt und kratzt und ist eine Last um den Hals. Keine Frage, der Schal hat direkten Einfluss auf unser Wohlbefinden, und eigentlich sollte es ihn auf Rezept geben. Zumindest jene wunderbar flauschigen Exemplare von Begg & Co, der renommierten schottischen Weberei und Kaschmirmanufaktur aus dem kleinen Städtchen Ayr.

Seit 1866 werden hier Kaschmir-, Seidenund Merinogarne zu unglaublich feinen, fließenden Stoffen verarbeitet, die wie ein zarter Hauch auf der Haut liegen und dennoch kuschelig warm sind. Acht Kilometer Garn werden beispielsweise für die Fertigung einer superleichten Wispy-Stola verwoben. Das Geheimnis dieser atemberaubenden Qualität liegt in der Kombination aus moderner, computergesteuerter Webereitechnik und bewährten alten Handwerkstraditionen. Wie vor 150 Jahren kämmt man bei Begg & Co schwere Kaschmirstoffe mit den handgepflückten Blüten der Wilden Karde, um dem Tuch ein spezielles Finish zu verleihen. Die mit Dornen und Widerhaken besetzten Dolden werden maschinell über die gewebte Oberfläche ­gebürstet und erzeugen den glänzenden

TO HAVE_

Ripple-­Effekt – Markenzeichen besonders hoher Qualität. Auch eine über 100 Jahre alte Tuchwalkmühle kommt zum Einsatz: Hier wird der Stoff noch immer mechanisch gestampft und gequetscht, um eine besonders zarte und angenehme Textur zu erreichen. So verfilzen die feinen Fasern und verbinden sich zu einer glatten und flauschig-weichen Oberfläche.

Flauschig-warm bei Wind und Wetter und immer perfekt zum Outfit, die Schals von Begg & Co sind ein unverzichtbare Accessoires.


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Die Herstellung des Jubiläumsschals ist sehr komplex: Fünf Spulen mit Kettfäden in verschiedenen Farben müssen fünfmal in der Stunde gewechselt werden.

DIE QUALITÄTSKONTROLLE STEHT ÜBER ALLEM. In der Kaschmirverarbeitung ist Begg & Co führend. Nur feinste Fasern aus dem Unterbauch der Kaschmirziege werden verwendet. Sie sind Wind und Wetter nicht ausgesetzt und behalten ihren flaumartigen Charakter. Das macht den Rohstoff sehr teuer und erfordert einen akribisch genauen Herstellungsprozess. Die Qualitätskontrolle steht daher über allem: Jedes Tuch wird unter dem Vergrößerungsglas nach Fehlern und vorstehenden Fäden abgesucht, die – in aufwendiger Handarbeit – wieder eingewebt werden. Bis vor Kurzem produzierte das Traditionsunternehmen hauptsächlich für EdelBrands der Modeindustrie. Inzwischen hat sich das Haus entschlossen unter der eigenen Marke zu signieren und ist seit letztem Jahr mit zwei exklusiven Kollektionen auf dem deutschen und österreichischen Markt vertreten. Die Designer Michael Drake und Angela Bell haben zwei sehr hochwertige Kollektionen entworfen, die zeitgenössisch inspiriert und dennoch historisch verwurzelt sind. Die besonders leichten Sommerschals Fiji Lightweight sind auf die aktuellen Modetrends abgestimmt und lassen sich zu Denim ebenso wie zum Businessoutfit kombinieren.

SCHOTTISCHE LANDSCHAFTEN BESTIMMEN DIE FARBPALETTE. Zartrosa Heidekraut, kräftig leuchtende Erika, dunkelgrünes Moos und gelbe Flechten, der graue Fels und die schwarze Brandung der schottischen Küste – die Landschaften der High- und Lowlands bestimmen die Farbpalette der Produktion. Zum 150-jährigen Bestehen des Unternehmens wird diese Verbundenheit mit der schottischen Landschaft nun in Form von 150 Kaschmirfarben gefeiert. Sie werden in einer Bandbreite vom schweren Kaschmirtuch Arran mit typischer Wellenstruktur bis hin zum ultraleichten Gewebe des Wispy-Modells gefertigt – als Einzelstücke in limitierter und nummerierter Edition.

ACHT KILOMETER KASCHMIRGARN WERDEN BEI DER HERSTELLUNG DER UNGLAUBLICH LEICHTEN WISPY-MODELLE VERWOBEN.


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BEGG & CO BRANDS

TO HAVE_

Neben den glänzenden, einfarbigen Stoffen und bildschönen Farbverläufen setzt Begg & Co auf klassische Muster und ihre Neuinterpretation. Es gibt Streifen und Tupfen in allen Variationen. Und natürlich fehlen die traditionellen Tartan- und Checkmuster nicht, die man von schottischen Kilts und Plaids her kennt. Jeder Clan hatte früher sein spezifisches Karomuster als Erkennungszeichen – und noch heute werden Tartanmuster im Scottish Register of Tartans registriert. Das hindert aber niemanden mehr daran, sich das Schottenkaro nach eigenem Gusto umzulegen – „Braveheart“-­Feeling inklusive. Beispielsweise mit dem Modell Orkney Lightweight Cashmere Black Watch. Es greift die Farben des königlich-schottischen Regiments auf und wirkt, kombiniert zum klassischen Sakko, zeitlos, distinguiert und absolutely scottish. ______________________ www.beggandcompany.com

Der Jubiläumsschal hat ein auf­ wendiges Karomuster, das sich aus 150 Kaschmirfarben zusammensetzt. Er ist auf 150 Stück limitiert.


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Materialist ist nicht nur in ausgewählten Pressefachgeschäften sowie Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen erhältlich, sondern wird auch über exklusive Partner­schaften mit Unternehmen und Premium-Retailern vertrieben. Wollen Sie gern Teil dieses Netzwerkes werden und Ihren Kunden einen besonderen Lesestoff bieten? Je nach Art und Umfang der Zusammenarbeit bieten wir Ihnen hierfür viele attraktive Möglichkeiten. Dazu kann unter anderem auch eine werbliche Präsenz auf dieser Seite gehören. Interesse? Wir beraten Sie gern. Bitte schreiben Sie an Jan Meyer unter jm@ocean.global.

HERSTELLERNACHWEIS Begg & Co www.beggandcompany.com Bibi Smit www.bibismit.nl Butler & Wilson www.butlerandwilson.com Cattelan Italia www.cattelanitalia.com Champagne Salmon www.champagnesalmon.com Chloé www.chloe.com Cybex www.cybex-online.com Dolce & Gabbana www.dolcegabbana.com Dsquared2 www.dsquared2.com/de Engel & Völkers www.engelvoelkers.com Fendi Casa www.fendi.com Ferrari www.ferrari.com Flexform www.flexform.it Globo www.ceramicaglobo.com

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HIER ZÄHLT JEDES DETAIL UND DAS STREBEN NACH HÖCHSTMÖGLICHER QUALITÄT: ALEXANDRE SALMON UND ROMAIN LÉVÊCQUE PRODUZIEREN IN CHAUMUZY CHAMPAGNER MIT GROSSER PERSÖNLICHKEIT.

toff für ieger

TEXT//NILS LACKNER FOTOS//BRIAN BOJSEN


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_BEST WINE CHAMPAGNE SALMON

Oben: Weinproduktion bedeutet auch harte körperliche Arbeit. Rechts: Die Familie Salmon in der Kellerei.

Davon überzeugt, dass Champagner auch Rock ‘n‘ Roll sein kann, haben mich zwei Jungs, nämlich Alexandre Salmon und Romain Lévêcque. Ihren Stoff habe ich zum ersten Mal in Düsseldorf auf der ProWein trinken dürfen. Die hohe Qualität, die Liebe zum Detail und der pure Spaß im Glas haben mich fasziniert. Und nicht mehr losgelassen. Ich musste einfach sehen, wo dieser Champagner herkommt. So kommt es, dass ich mich nur einige Monate später bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse des neuen Szeneladens Le Clos in Reims wiederfinde. Die Bar erinnert ein wenig an Berlin oder die Schanze in Hamburg. Bierbänke und Möbel aus Europaletten sowie Retromöbel aus Omas Wohnzimmer stehen hier verteilt über einen großen Innenhof. Die Wände zieren freskenartige Graffitis von lokalen Künstlern und aus den Boxen ertönt angenehmer Elektrojazz. Es gibt solche Läden überall

auf der Welt, sie sind cool, hip und jung, genau wie ihr Publikum. Der einzige Unterschied ist, dass hier wirklich jeder Schampus bestellt, als gäbe es morgen keinen mehr. Mit mir am Tisch, welcher eigentlich ein zweckentfremdetes Holzfass ist, sitzen meine beiden Reisebegleiter und natürlich Alexandre und Romain. Sie hatten darauf bestanden, dass wir nach der achtstündigen Anfahrt sofort und direkt hierherkommen. Alexandre, der Winzer, ist eher der Typ kreativer Künstler. Wäre er in einer Band, wäre er der, der die Songs schreibt. Nach seinem Weinbaustudium hatte er erst mal seinen Rucksack gepackt und sich in Australien umgeschaut. Erfahrungen sammeln, Ideen mitnehmen. Jetzt ist er im Dreigenerationengespann mit Vater und Großvater dafür verantwortlich, den Weinen von Salmon ihre typische Handschrift zu verleihen. Romain würde mit seinem Dreitagebart und gebräuntem Teint auch in die Werbebranche passen. Er ist der extrovertiertere der beiden, hat vor seiner jetzigen Tätigkeit in China und den USA gelebt und bei einem großen Cola-Hersteller sein Metier gelernt. Vor uns stehen mehrere Flaschen Champagner, natürlich nicht ihre eigenen, obwohl diese hier

auch angeboten werden. Das haben sie gar nicht nötig, viel zu profan. Heute Abend geht es nicht um Business, sondern nur darum, Spaß zu haben. Und den haben wir! Als die Flaschen geleert sind, ziehen wir weiter zu Reims ältester Brasserie, wo die Nacht bei hausgemachter Schweinskopfsülze und natürlich mehr Wein und Champagner ihren Lauf nimmt. Entsprechend müde geht es dann am nächsten Morgen ins 20 Kilometer entfernte Chaumuzy, wo unsere sehr viel muntereren Gastgeber schon auf uns warten. Das Weingut Salmon wirkt von außen aufgeräumt, aber eher unspektakulär. Eine große gusseiserne Skulptur eines Heißluftballons ziert die Rasenfläche vor dem Parkplatz. Die Mitglieder der Winzerfamilie sind allesamt begeisterte Ballonfahrer. ­Romain bittet uns hinein und nimmt uns mit auf eine Tour durch den Keller, angefangen bei der Presse. Es ist eine traditionelle Coquard ­Champenois aus den 50ern, wie man sie nur noch selten findet. Keine 100 Stück sind mehr in Betrieb und die großen Champagnerhäuser sind von der mühsamen Handarbeit ganz weggegangen. Die Trauben werden hiermit viel schonender gepresst, um delikate Aromen zu erhalten.


CHAMPAGNE SALMON BEST

WINE_

Zwei Generationen Salmon im Weinberg. Unten: Der von Hand beschriftete Meunier Rosé de Saignée 2012 samt Box.

EIN ERHEBLICHER TEIL DER GRUNDWEINE WIRD IM HOLZFASS AUSGEBAUT STATT IM STAHLTANK. Auch bei den Tanks geht die Familie Salmon andere Wege als ihre größeren Mitbewerber. So wird ein erheblicher Teil der Grundweine zum Beispiel im Holzfass ausgebaut anstatt im Stahltank. Besonders stolz zeigt Alexandre uns Fässer aus Eichenholz von Wäldern direkt neben seinen Weinbergen, hergestellt nach seinen Vorstellungen. Diese Liebe zum Detail und der Wille, höchstmögliche Qualität zu erreichen, sind der Grundstein dafür, einen Champagner mit großer Persönlichkeit zu erhalten. Der Keller ist spannend, aber nicht der Anlass für unser Kommen. Es wird Zeit, die Gläser zu füllen und ans Verköstigen zu gehen. Die Salmons sind besonders stolz auf ihre qualitativ hochwertigen Pinot-Meunier-Trauben. So stolz, dass sie sogar einen reinen Blanc de Noir aus 100 Prozent Pinot Meunier herstellen. Damit sind sie eines von nur ganz wenigen Champagnerhäusern, die das fertigbringen. Schon bei meinem ersten Schluck merke ich die Power, die er hat. Dieser Champagner hat

mehr als eine Lage Zitrusfrucht, sodass neben den typischen Zitronen- und Limettenaromen auch eine erfrischende Grapefruit mitschwingt. Ein Hammerwein für jede Sommerparty, der aber auch zum Essen seinen Mann steht. Er ist so trinkanimierend, dass ich gar nicht merke, wie schnell mein Glas leer ist. Als Nächstes kommt der Cuveé Montgolfière auf den Tisch, welcher sich beschwingt lebendig präsentiert. Seine quirlige, nuancenreiche Art erzählt mir eine Geschichte, indem er mir immer neue Schichten seiner Komplexität zeigt. Er ist wie die kleine, süße Nachbarin, von der man immer dachte, sie sei total lieb, bis man dann mal mit ihr feiern geht. Sind das nicht die besten Überraschungen im Leben? Der Rosé, auch aus reinem Pinot Meunier, hat eine intensive Rotfärbung, sodass ich schon Angst bekomme, er könnte zu bonbonmäßig schmecken. Aber meine Sorge war unberechtigt. Statt gezuckertem Erdbeerwasser finde ich einen ernstzunehmenden selbstständigen Wein, mit ei-

ner guten Balance aus sommerlicher Frische und kräftigem Körper. Leichte Beerenaromen treffen auf kräftigere Kirsche und dezente Spuren von Rauch und Vanille. Den können die Mädels in der Sonne schlürfen, während die Herren sich dazu eine Zigarre gönnen. Und Rosé ist im Moment ja sowieso wieder absolut im Trend. Der A.S. Jetzt wirds ernst. Schon sein Name klingt wie ein italienischer Sportwagen. Das ist der Champagner, der mich hergebracht hat. Nur seinetwegen bin ich jetzt hier im Weingut Salmon. Wird er meine Erwartungen erfüllen, die sich in den letzten Wochen aufgebaut haben? Wird er mich wieder überzeugen? Größere Gläser kommen auf den Tisch, das kann er ab, da ist er groß genug. Die Farbe, ein schönes Gelb, fast etwas honigartig. Ich schwenke mein Glas, stecke die Nase hinein und: Boom ... Betörend, berauschend und einfach nur fett. Am Gaumen genauso. Ein ganzes Büfett an Fruchtnoten, von Mandarine bis Aprikose, Birne bis Cassis. Dazu die cremig-briochigen Elemente


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Die traditionele „Coquard Champenois“-Presse wartet auf ihren Einsatz.

Sommelier Niels Lackner.

der langen Zeit auf der Hefe und der gezielte Einsatz der Holzfässer. Gehaltvoll und mit ordentlich Druck ist der A.S. ein ganz und gar außergewöhnliches Geschmackserlebnis. Man merkt sofort, dass hier großes Kino im Glas ist, was mit den Mainstream-Schaumweinen so viel zu tun hat wie der oben erwähnte italienische Sportflitzer mit einer Omnibusfahrt. Er will mehr vom Leben, hat unglaubliche Power und erinnert im Abgang fast schon an große ­Burgunder. Er war die Reise hierher wert. Doch die beiden Champagnerjungs setzen noch einen drauf. Romain zeigt eine elegante Box, die mit goldenen Lettern versehen ist. In ihr liegt eine mattschwarze Flasche. Sie hat kein Etikett, sondern ist per Hand beschriftet. Es ist der 100 Prozent Meunier Rosé de Saignée 2012. Nur 1.500 Flaschen gibt es davon, der Aufwand ist unglaublich hoch. Die Trauben kommen von der besten Lage der Salmon, einer Parzelle, die ausschließlich mit Pferden bewirtschaftet wird.

DAS BOUQUET IST REICH AN FRUCHTNOTEN, VON MANDARINE BIS APRIKOSE, BIRNE BIS CASSIS. DAZU CREMIG-BRIOCHIGE ELEMENTE. Die Pressung erfolgt durch Eigengewicht und macht den Wein extrem fein. Die vierjährige Reifezeit gibt ihm eine cremige Hefenote und macht die Säure elegant. Als einer der besten Champagner der ProWein wurde der Rosé de Saignée bezeichnet, eine Auszeichnung, die in der Branche viel wert ist. Alexandre wollte einfach einmal zeigen, wie weit man mit einem Meunier-Champagner qualitativ gehen kann. Ein paar Flaschen sind im Verkauf gelandet. Der Preis für diese Rarität liegt bei etwa 120 Euro. ____________________

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Champagne Salmon 21-23, rue du Capitaine Chesnais 51170 Chaumuzy - Frankreich Telefon: +33 3 26 61 82 36 Fax: +33 3 26 61 80 24 www.champagnesalmon.com www.champagne-characters.com Sommelier Den freiberuflichen Sommelier Nils Lackner können Sie für Ihre eigene Weinprobe über nl@nilslackner.de buchen.


ALPEN THINGS

INNIGE VERBINDUNG FOTOS//BARBARA MAURER TEXT//THOMAS GARMS

JEDER MENSCH BRAUCHT EINEN KRAFTORT, UM AUFZUTANKEN. BESONDERS VIEL RUHE UND GELASSENHEIT SCHENKEN UNS DIE BERGE.

TO DO_


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Das Matterhorn bei Zermatt in den Schweizer Alpen.


ALPEN THINGS

Dramatische Felswände, unergründliche Seen, von Nebel durchzogene Wälder: Die Alpen gehören zu den eindrucksvollsten Naturschätzen Europas mit ihren wunderschönen und gleichzeitig mystischen Landschaften. Davon erzählen die Aufnahmen der Münchner Fotografin Barbara Maurer, die neben ihren Auftragsproduktionen jahrelang hinauszog in die Berge, um hier Kraft zu tanken, aber auch um sich mit der Kamera künstlerisch zu verneigen vor der Natur, die ihr so viel bedeutete. Die besten Aufnahmen sollten zu einem großen Bildband verbunden werden. Doch auf ihrer letzten Fotoreise für das Buch „Kraftort Alpen“ erlitt sie einen Herzstillstand, an dessen Folgen sie mit 49 Jahren verstarb. Ihr Mann Robert Weber half dann mit, dass das Buch dennoch erscheinen konnte.

Die Seiser Alm in den Südtiroler Dolomiten.

TO DO_

„Strebe nach Ruhe, aber durch das Gleichgewicht, nicht durch den Stillstand deiner Tätigkeit.“ Dieser Satz von ­Friedrich von Schiller liest sich geradezu als Leitmotiv des Wirkens von Barbara Maurer. Es ist die Erkenntnis, dass wir ohne die Balance und die Freude an der Natur Gefahr laufen, innerlich zu vertrocknen. Doch inzwischen, so steht es in dem Buch, würden viele mehr und mehr die Bedeutung anderer Werte erkennen: gesunde Lebensmittel, sauberes Wasser, saubere Luft – und Ruhe. Ununterbrochen umgebe uns Lärm, Lärm in jeder Form: optischer Lärm. Akustischer Lärm. „Stehende und bewegte Bilder buhlen allgegenwärtig um unsere Aufmerksamkeit. Internet, Video, Fernsehen, Plakate; Bildbotschaften, wohin man sieht. Wir sind von einem ständigen Lärmpegel umgeben: Telefon, Musikberieselung, Verkehr, Maschinengeräusche, Menschengerede“, formulieren es die Co-Autoren Rosi Mittermaier und Christian Neureuther.


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WER SEINEM HERZEN FOLGT, WIRD MEINER MEINUNG NACH DEN BESTEN WEG FINDEN, UM SCHÖNHEIT EINZUFANGEN UND ZU ENTDECKEN!“ BARBARA MAURER

Die beiden Sportler und Skilegenden waren es, die Barbara auf erlebnisreichen gemeinsamen Reisen ihre schönsten Kraftorte der Alpen zeigten. Aus einem gemeinsamen Fotoshooting heraus war eine wunderbare Freundschaft entstanden. „Ein Murmeltier huscht vorsichtig aus dem Bau“, schreiben die beiden. „Es wittert und lauscht. Geräusche signalisieren diesem scheuen Tier Gefahr. Für uns sind falsche Geräusche ebenso gefährlich, doch wir haben verlernt, sie zu erkennen und auf unsere innere Stimme zu hören. Im Gegenteil – wenn wirklich Ruhe einkehrt, macht sich in uns eine innere Unruhe breit, ein innerer Lärm, weil wir verlernt haben, Stille zu vertragen.“ Oben: Hohe Tauern. Unten: Auf der kleinen Scheidegg oberhalb von Grindelwald im Berner Oberland.


ALPEN THINGS

Sich darauf zu besinnen, was Ruhe und Gelassenheit für uns selbst und für den Umgang mit den Mitmenschen bedeute, sei eine wichtige Erfahrung, die uns die Berge schenken könne, so die Autoren. Auch in anderen Textabschnitten geht es immer wieder um immaterielle Werte, die man sich angesichts der Felsmassive und ihrer Schönheit neu erschließen kann. Diese Erfahrung war auch zum Leitmotiv für Barbara Mauer geworden. „Barbara besaß eine einzigartige Intuition, mit der sie die Schönheit der Dinge und des Lebens einfangen und damit auch anderen zugänglich machen konnte“, erinnert sich Robert Weber. „Und sie war eine Optimistin voller Herzlichkeit. Nicht nur als Fotografin zog sie alle in ihren Bann. Obwohl stets bescheiden und zurückhaltend, war sie der Fixpunkt des Teams, machte die Ergebnisse der Shootings zu einem Produkt aller.“

TO DO_

ICH HABE EINFACH GLÜCK GEHABT, ICH WAR ZUR RICHTIGEN ZEIT AM RICHTIGEN ORT UND ICH HABE ES GENOSSEN UND BIN GLÜCKLICH DAMIT.“ BARBARA MAURER Barbaras Lieblingsfelder seien die Mode- und Reise­fotografie gewesen – stets mit Menschen im Mittelpunkt. F ­ otoshootings für Werbe- und Katalogkunden hätten ihren Beruf bestimmt, den sie nie als Pflicht-, sondern vielmehr als größtes Geschenk nach vielen Jahren des Suchens und Zweifelns empfand. „Die Natur und insbesondere das Gebirge hatten es Barbara als Motiv angetan“, so Weber. Es sei die majestätische, wilde Schönheit der Alpen gewesen, welche die geborene Schlierseeerin immer wieder in ihren Bann gezogen habe, ja geradezu zu ihrem Leitmotiv geworden war. „Barbara gab mir mit dem Schliersee eine neue Heimat und ich habe es geschafft, dass sie ihre alte Heimat wieder neu entdecken und lieben lernte, indem wir uns dort ein gemeinsames Zuhause schufen“, sagt Robert Weber. „Von dort aus durchstreiften wir Berge und Täler, suchten nach den schönsten Schluchten und Gipfeln.“


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Barbara Mauer hat im Laufe ihrer Karriere in Zeitschriften wie Stern, Focus, Vogue, Geo oder SZ-­Magazin Reportagen veröffentlicht. Doch mit „Kraftort Alpen“ hinterließ sie ihr Meisterwerk. Es sind Fotos von besonderer Intensität und mit einer ganz eigenen Bildsprache, die gleichermaßen faszinieren und bewegen. Begleitet werden sie von Texten, die das Märchenhafte und Geheimnisvolle der Landschaften mit philosophischen, hintergründigen Gedankenspielen verbinden. Immer stehen dabei die Verbundenheit mit der Natur und der Respekt vor der Umwelt, aber auch Vergänglichkeit, Stärke und Vertrauen im Vordergrund. „Mir kommt es so vor, als wollte sie uns mit der Kamera das Unantastbare, Ewige der Schöpfung zeigen“, sagt Weber. „Barbaras Alpenfotos sind keine Schnappschüsse, sondern wurden bis in das kleinste Detail durchdacht – ein intensiver Dialog mit dem Licht, den Silhouetten, der räumlichen Tiefe und der spröden mineralischen Schönheit des Gesteins“. Eine fantastische Anregung, sich mal wieder für ein paar Tage auf das Abenteuer Alpen einzulassen – gerade jetzt im September, der dafür schönsten Zeit. ______

Oben: Eigergletscher im Berner Oberland Rechts: Das Matterhorn und der „Bocker“ aus dem Ultental in Südtirol.

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„Kraftort Alpen“ mit Zitaten und Texten von Rosi Mittermaier und Christian Neureuther ist im Verlag terra magica erschienen (168 Seiten, mit circa 100 Fotos, 49,99 Euro).


_KOLUMNE ERNÄHRUNG

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MOGEL PACKUNG TEXT//MIKE ZIEGLER

NACHTS SCHLEICHEN TRANSPORTER MIT CHEMISCH HALTBAR GEMACHTEN TEIGHAUFEN HERBEI, DIE MORGENS ALS FRISCHE BRÖTCHEN IN DER TÜTE LANDEN.

Signal ertönt, ist das Futter fertig. Wenn heute irgendwo Bäckerei draufsteht, ist in Wahrheit oft nur Auf-Bäckerei drin. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks sieht das natürlich ganz anders und stellte sogar den Antrag, das deutsche Brot auf die UNESCO-­Liste des immateriellen Kulturerbes zu setzen. Nach den Kriterien der UNESCO bezeichnet immaterielles Kulturerbe „lebendige kulturelle Ausdrucksformen, die unmittelbar von menschlichem Wissen und Können getragen werden“. Von Qualität, Gesundheit und Geschmack ist nicht die Rede.

ling mit ein paar Sonnenblumenkernen für die mit viel Halogenlicht bestrahlte Verkaufstheke zum Vitaljoggingbrötchen „veredelt“ hat, bevor Gluten, Backtriebmittel und andere chemische Bestandteile es in unseren Gedärmen auf ungute Art zum Gären bringt. Knapp drei Millionen Deutsche leiden mittlerweile unter einer UnUnser täglich Brötchen gib uns heute. Ach Gott, war das schön, als ich nach verträglichkeit. Trotzdem wurde der dem Aufstehen noch zum Bäcker um Gluten-Anteil im Getreide erhöht, die Ecke pilgerte und zurückkam mit hauptsächlich, um die Backfähigkeit einer Tüte, voll mit knusprigen Mohn-, zu verbessern. Gleichzeitig hat man, Sesam-, Kürbis­kern-, Kümmel-, Laugenum Geld zu sparen, die Backverfahren oder schlichtweg ganz normalen beschleunigt. Wurden früher ­Brötchen – und für die Brotzeit WENN HEUTE IRGENDWO BÄCKEREI beim Sauerteig die toxischen am Abend noch ein schönes, im Eiweiße in einem mehrstufigen DRAUFSTEHT, IST IN WAHRHEIT OFT Steinofen gebackenes SauerteigReifeprozess durch LactobazilNUR AUF-BÄCKEREI DRIN. brot unterm Arm hatte. Lang ist len oder Hefen abgebaut, findet es her und die Lust am Brot ist mir seitheute bei den Schnellbackverfahren Im Hinblick auf die Bewerbung wurde dieser Abbau nicht mehr statt. ein Register erstellt, das die vermeintliher gründlich vergangen. Wen wunderts, Glücklicherweise verbreitet sich eine denn das, was heutzutage aus den Öfen che Vielfalt dokumentiert. Deutschlands Gegenbewegung zu den Fast-Foodkommt, kündet weniger von Backkunst, Brotkultur sei weltweit einzigartig, heißt Backshops: „Slow Baking“. Diesem sondern mehr denn je von Langeweile es in einer Mitteilung. Jede Region habe Motto folgend, haben sich Bäcker zu und Labbrigkeit. ihr eigenen Brotspezialitäten. Wenn einem Verein zusammengeschlossen, Dort, wo ich wohne, gibt es im damit Absonderlichkeiten wie Spargeldessen Mitgliedschaft dazu verpflichUmkreis von fünf Kilometern leider krüstchen, Apfelweinbrot, Reblaus- oder keinen richtigen, handwerklich orienKastanienbrot gemeint sind, nun bitte. tet, auf Fertigmischungen, chemisch-­ Rund 3.400 verschiedene Rezepturen synthetische Zusatzstoffe, Farb- und tierten Bäcker mehr, sondern allein wurden bislang eingereicht. Ob die ProKonservierungsstoffe zu verzichten und Backketten, Backshops und Tankstellen. Im Schutze der Nacht schleichen die dukte aber jemals irgendwer mal probiert den Teig nach alter Tradition reifen zu lassen. Ihre Erkennungsmarke: eine Lieferwagen herbei und liefern chehat, ist nicht bekannt. Schnecke. Also Augen auf und mit Besser wäre es, eine Art unabhängimisch haltbar ­gemachte Teig­haufen gutem Beispiel vorangehen. Oder auf aus der Fabrik an den Hintertüren der gen Brot-TÜV ins Leben zu rufen oder Müsli umsteigen. Das krümelt nicht, Verkaufsstellen aus. Diese sogenannzumindest eine Schlichtungsstelle für ist gesund, aber klebt wegen der vielen enttäuschte Verbraucher einzurichten, wo ten Rohlinge werden von angelernten überflüssigen Rosinen ziemlich zwisich sämtliche pappige Backwerke anzeiKräften in die Hitze vorprogrammierter Backöfen geschoben und wenn das gen lassen, die ein übernächtigter Lehrschen den Zähnen. __________________



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