RAUS! 3

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w w w. r a u s m a g a z i n . d e

Das Maga zin aben für teue r in stadt der und wildn is

EINSAME KLIPPE Orlando Duque hebt ab

TRINKWASSER MARSCH Viva con Agua – Mitmachen und Spaß haben

HAUSWAND STATT FELSWAND Buildering in München

BEGEISTERUNG FÜR BALANCE Auf die Slackline, fertig, los

HANDGEMACHT & FÜR DIE FÜSSE Werkspionage bei Aku in Italien

AUSPOWERN & GENIESSEN Einmal um den Mont Blanc mit Lizzy Hawker

BERGSTEIGEN, FLIEGEN, DURCHHALTEN Salzburg–Monaco extrem

2€ Einführungspreis AUSGABE 02 / 2011 | D 2 € | A 2 € | Benelux/E/I 3 € | CH 6 SFR

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herein

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rdbeere oder Mango? Mit oder ohne Sahne? Der Sommer fühlt sich an wie ein riesiger Eisladen voller bunter Ge-

schmackssorten. Und das Beste daran: Alles liegt bereit und vor mir, ich muss nur noch wählen und zugreifen. Die Sommermonate sind da und mit ihnen eine Fülle an Möglichkeiten, draußen unterwegs zu sein. Von eher exotischer Sorte ist sicherlich das, was sich Michael Gebert in die Waffel packen lässt. Seine Alpenüberquerung von Salzburg nach Monaco per pedes und Gleitschirm hat es in sich – vor allem, weil er die Gipfel im Duell mit 31 weiteren Teilnehmern streift. Gas geben will auch Lizzy Hawker. Die Britin umrundet den Mont Blanc und erzählt uns, was es heißt, einen UltraTrail zu laufen. Lust auf etwas Heimisches? Auch die kleinen, gewöhnlichen Dinge können große Gefühle auslösen. Leg den Alltag ab, sei frei, atme durch! Beim Balancieren auf der Slackline erlebst du deinen Stadtpark aus neuer Perspektive und mit frischem Bauchgefühl. Einfach, schnell zu erlernen und wenn du willst, mit Potenzial für extremere Moves. Ein neuer Blick auf deine Stadt gelingt dir aber auch beim Buildering. Das gewöhnliche Bauwerk nebenan als persönliches Gipfelerlebnis: Probier es aus und erklettere deine Stadt! Unser Beispiel aus München zeigt dir, was alles geht. Ordentlich Bewegung ist auch bei Viva con Agua drin. Die Initiative für sauberes Trinkwasser zeigt, dass Helfen Spaß machen kann. Vielleicht auch dir. Und jetzt los und raus! Lass es dir schmecken!

Benjamin Hellwig

foto © rutgerpauw.com / Red Bull Content Pool



übersicht

foto © rutgerpauw.com / Red Bull Content Pool

übersicht

inhalt 03 HALLO SOMMER Willkommen bei RAUS!

08 AUGENBLICKE LOSGELÖST

hältnisse mangelhaft. Die Initiative Viva con Agua hilft. Und sammelt das nötige Geld dafür auf Wegen, die Spaß machen. Mitmachen!

55 FARBENFROH GRÜNE TECHNIK Ressourcen schonen. Auch in der Herstellung von Produkten.

Eingefangene Momente. Beobachtet und beschrieben. Wir lauschen. Und planen vielleicht selbst den eigenen Trip?

56 SOMMERFANTASIE

Sommer, Sonne, Sonnenschein. Wirf dich in Schale für das, was vor dir liegt!

Neue Produkte für deinen nächsten Ausflug.

64 BALANCEAKT SLACKLINEN

18 ABGEHOBEN CONTEST EXTREM

Der Weg ist das Ziel. Einen Fuß vor den nächsten setzen. Konzentrie-

Von Salzburg nach Monaco, per Gleitschirm und zu Fuß. So schnell es geht,

ren, fokussieren, Alltag abschalten. Und das alles auf einem schmalen

so ausdauernd wie nur irgend möglich. Und mit viel Genuss. Michael Gebert

Gurtband. Im Park nebenan.

macht mit beim Red Bull X-Alps.

28 NACHGEFRAGT LIZZY HAWKER UND DER MONT BLANC

76 GIPFELSTIMMUNG KLETTERN IN DER STADT Brücke, Hauswand, Denkmal. Beim Buildering erlebst du die Gebäude

Lizzy Hawker läuft und läuft. Ultra-Trails faszinieren die Britin. RAUS! fragt

um dich herum aus neuer Perspektive. Hoch geht’s!

zwischen zwei Trainingseinheiten nach.

86 TALENT GEFRAGT FOTOWETTBEWERB

34 AUF SPURENSUCHE SCHUHWERK HANDGEMACHT

Reise und beobachte. Löse aus. Und räume ab. Gewinne, Gewinne!

Montebelluna, das Tal der Schuhmacher. Zwischen Venedig und den Dolomiten setzt der Trekkingschuhhersteller Aku auf Tradition und Handarbeit.

88 ABSPRUNG VON DER KLIPPE

RAUS! hat das Werk besucht. Und den Frauen und Männern auf die Finger

Orlando Duque erfüllt sich einen Traum. Und springt von den Klippen

geschaut. Eine Werkspionage, made in Italy.

einer ungewöhnlichen Insel.

48 WASSERHILFE VIVA CON AGUA

96 UND NUN RAUS!

Wasser bedeutet Leben. In vielen Regionen der Welt sind der Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung sowie die hygienischen Ver-

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98 Ausblick und impressum

covershot © Predrag Vuckovic / Red Bull Content Pool

14 FRISCHE LUFT


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Aufbruch! „Was immer Du tun kannst oder träumst es zu können, fang damit an.“

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J.W. von Goethe

in SUP-Board ist auch ein Schiff. Dachte ich mir, als ich mit Mason abends im Pub das letzte

Pint ausschlürfte. Und damit besiegelten wir unseren Plan. Ich denke, letztlich war es auch gut, dass wir irgendwann an dem Abend abzischten. Die Wellen auf der Themse waren am nächsten Tag zwar nicht wirklich hoch, aber ausreichend, um Masons Standfestigkeit ernsthaft zu prüfen. Unsere Schnapsidee, per SUP unter

Yassine Ouhilal

der Londoner Tower Bridge durchzupaddeln, gab dem Blick auf das Wahrzeichen Londons für einen kurzen Augenblick eine ganz besondere Note.

Kamera: CANON EOS 40D Blende: f/6,3 Zeit: 1/500

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foto © David Jones

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foto © Alessandro Beltrame

Kamera: Canon 5D Mark II Objektiv: Canon 16 - 35 2.8 16 mm ISO: 160 Blende: f/8 Zeit: 1/640

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ch arbeite als Fotograf, bin aber auch Filmemacher. Daher kommt wahrscheinlich meine Affinität zu Bewegungen. Und ich halte bei meiner Arbeit immer Ausschau danach. Nach dem Schwindelgefühl, nach der Dynamik. Wenn ich fotografiere, so wie bei dieser Aufnahme in den Dolomiten, tauche ich ein in den Wirkungsbereich dieses Spiels

und versuche dabei, verschiedene Techniken einzusetzen. Und meinem Gefühl bei diesem Spiel möchte ich Ausdruck verleihen. Das Resultat bei dieser Aufnahme entstand aus drei zusammengesetzten Bildern, als Hochkontrastbild (HDR).

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ach einem intensiven Tag voller Erkundungen

und

Aufnahmen

mit Steve Fisher an den Rainbow

Falls des Black River im nördlichen Michigan packten wir unsere Klamotten zusammen. Wir paddelten flussabwärts zur geplanten Ausstiegsstelle. Die Sonne ging langsam unter und Steve war dicht hinter mir. Mir fielen die fantastischen Muster im Uferbereich des Flusses auf, die der Schaum bildete. Glück­licherweise gab es an der Stelle eine Hängebrücke. Ich ging mit meiner Nikon D3X in Position. Steve glitt gerade unter mir durch, als die kunstvolle Wasseroberfläche sein Boot perfekt einhüllte. Es ist einer der Momente, von denen wir alle träumen: Das Licht war perfekt, der Hintergrund klar und ein weltbekannter Athlet in einer sensationellen Position.

foto © Lucas Gilman

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Kamera: NIKON D3X Brennweite (mm): 32 (NiKKOR 24-70mm F2.8) Blende: f/5 Zeit: 1/500 raus-magazin 2/ 2011

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frische luft

frischeluft Knesebeck Verlag Mein wunderbarer Wohnwagen – mobil, retro, cool Caravaning: Mit dem Wohnwagen durch die Gegend reisen, das Gefühl von Freiheit in sich tragen, problemlos den Urlaubsort wechseln können. Die rollenden Urlaubsdomizile sind nicht nur praktisch, sondern auch wandelbar. So unterschiedlich wie der Charakter eines Menschen, so einzigartig ist die Gestaltung der Wohnwagen. Jane Field-Lewis und Chris Haddon haben wunderschöne Bilder und Geschichten der 40 trendigsten Retro-Wohnwagen aus verschiedenen Jahrzehnten und Ländern zusammengestellt. Erschienen im Knesebeck Verlag. Unverbindliche Preisempfehlung: 19,95 Euro. www.knesebeck-verlag.de

POC Receptor Commuter Schwarz oder weiß, das ist hier die Frage. Denn beide Farben im Matt-Look machen den urbanen Fahrradhelm Receptor Commuter von POC zu einem wahren Schmuckstück. Der Fahrt mit dem Rad zur Arbeit steht nichts mehr im Wege. Das cleane Design des Helms passt optimal zum Business-Look und das mitgelieferte Drahtschloss sorgt dafür, dass Langfinger keine Chance auf einen neuen Helm haben. Unverbindliche Preisempfehlung: 119,95 Euro. www.pocsports.com

SIGG Wheels of Nature Das Traditionsunternehmen SIGG versteht es, stylishe Aluminiumflaschen herzustellen. Ein besonders schönes Modell hat SIGG mit der Wheels of Nature Bottle auf den Markt gebracht. Die Flasche mit einem Fassungsvermögen von 0,6 Liter begleitet uns gern im Alltag: ob beim Sport, im Stadtpark oder Büro. Unverbindliche Preisempfehlung: 17,90 Euro. www.sigg.com | Unter allen Lesern der RAUS! verlosen wir zwei schöne SIGG-Bottles mit „Wheels of Nature“-Print. Schick uns bis zum 20.08.2011 eine Postkarte oder eine E-Mail an raus@terraoceanisverlag.de mit dem Betreff „Verlosung SIGG“.

Overath Flip Box Eine Transportbox, die Produkte stundenlang auf der richtigen Temperatur hält und zudem gut aussieht? Für die Flip Box der Firma Overath kein Problem. Bis zu zehn Stunden kühlt die Box den Inhalt ohne zusätzliche Kühlelemente. Heiße Produkte werden bis zu zwei Stunden warm gehalten. Wie es sich für eine praktische Transportbox gehört, ist sie extrem leicht und lässt sich unproblematisch für den Transport zusammenklappen. In vielen schönen bunten Farben erhältlich. Nicht umsonst hat die Box den Designpreis 2011 gewonnen. Unverbindliche Preisempfehlung: ab 19 Euro. www.overath-netstore.de

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frische luft

Mini Folding Bike Wenn man mit dem Auto nicht mehr weiterkommt, dann einfach mal anhalten, das stylishe­ MINI Folding Bike aus dem Kofferraum heben, auseinanderklappen und losradeln. Leicht, praktisch und unverschämt gutaussehend präsentiert sich das neue Faltrad. Acht Gänge versprechen jede Menge Power. Ein Must-have für den Sommer. Das Faltrad ist ab August 2011 bei ausgewählten MINI-Händlern erhältlich. Unverbindliche Preisempfehlung: 499 Euro. www.MINI.de/shop

Panasonic Camcorder HX-WA10 Raus an die frische Luft. Umso besser, wenn man die richtige Kamera im Gepäck hat. Ob im oder auf dem Wasser: Die HX-WA10 ist wasserdicht bis drei Meter. Bis zu 60 Minuten kann man mit der HD-Mobilkamera in der Unterwasserwelt Videos im MP4-Format drehen. Aber auch an Land macht die Kamera eine gute Figur: Dank des E.I.S.-Systems zur elektronischen Bildstabilisation gibt es keine von Hand verwackelten Bilder mehr. Extrem outdoortauglich im hübschen Design. Unverbindliche Preisempfehlung: 329 Euro. Die Panasonic HX-WA10 ist in mehreren Farben erhältlich. www.panasonic.de

The North Face Athmosphere Jacket Eine dicke Jacke im Sommer? Auch wenn es kalt ist? Nein, danke. The North Face kommt mit seinem leichten Windbreaker Athmosphere Jacket genau zur rechten Zeit. Die Jacke lässt sich extrem leicht verstauen und punktet durch die winddichte Oberfläche und perfekte Schnittform. Mit „The North Face“-Branding auf der Brust- und Rückenseite. Mit der schicken Jacke ist man immer gut gekleidet. Unverbindliche Preisempfehlung: 110 Euro. www.thenorthface.com

MusucBag Die Outdoor-Reisezeit hat Hochsaison. Warum abends in den Schlafsack kriechen, wenn man bereits einen trägt? Das Schlafsystem mit Armen und Beinen lässt die Herzen von Freiheitsliebenden höher schlagen. Das MusucBag ist geeignet für einen Temperaturbereich von plus/minus neun Grad. Mit dem Ganzkörperschlafsack wandeln wir gern ins Reich der Träume. In vier Farben und drei Größen erhältlich. Auch für Kinder. Unverbindliche Preisempfehlung: ab 79 Euro (für Kinder), 99 Euro für Erwachsene. www.musucbag.com

WeSC Kopfhörer Früher benutze man Kopfhörer, um Musik zu hören. Heute stehen die beliebten Kopfhörer dank WeSC in Sachen Style ganz weit oben und gehören zu jedem trendigen Outfit dazu. Zusammen mit dem Online-Shop www.weare.com hat WeSC drei beliebte Modelle wiederbelebt und in limitierter Auflage auf den Markt gebracht. Das Modell Oboe ist in vielen bunten Farben erhältlich und beweist, dass Klang richtig gut aussehen kann. Das schwarze Modell Multi Bongo kann nicht nur gut aussehen, sondern verfügt zusätzlich über ein integriertes Headset. Wenn aus Musik Style wird! Der Online-Shop www.weare.de verlost unter allen RAUS!-Lesern drei stylishe Modelle der WeSC-Kopfhörer. Schickt uns eine Postkarte oder eine E-Mail mit dem Betreff „Verlosung WeSC“ an raus@terraoceanisverlag.de und mit etwas Glück gehört einer der schicken Headphones bald dir. Unverbindliche Preisempfehlung: Oboe 49,90 Euro, Multi Bongo 69,90 Euro. In limitierter Auflage exklusiv nur bei www.weare.de erhältlich.

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Bergsteigen, fliegen, durchhalten Salzburg–Monaco extrem Text und Interview Benjamin Hellwig

Enge Pfade aus Geröll, tief eingeschnittene Schluchten und immer knapper werdender Proviant. Rund 40.000 Mann, 8000 Reiter und 37 afrikanische Elefanten führte Hannibal über die Alpen. Zu FuSS. Ohne GPS. Vor über 2000 Jahren. Eine logistische und taktische Meisterleistung des jungen karthagischen Feldherrn mit seinem gigantischen Tross. Weitaus weniger Begleitung für die Querung benötigt dagegen Michael Gebert. Der 31-jährige Allgäuer passiert das Alpenmassiv auf eigene Faust. Und will dabei schneller sein als die 30 Kontrahenten eines ungewöhnlichen Wettbewerbs. Erlaubte Fortbewegungsmittel? Gleitschirm. Und FüSSe. Dazu idealerweise eine gute Mischung aus Konzentration, Mut und Ausdauer. Hinein ins Vergnügen!

Foto © Jon Nash

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Erholung in der Flugphase

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Juli 2011. Mozartplatz Salzburg, 424 Meter über

glied bei Taktik, Proviant und Unterkunft und begleitet ihn während der

Adria. Der Startpunkt in ein spektakuläres Abenteu-

anstrengendsten zehn Tage des Jahres per Funk. Zur vorgeschriebenen

er. Von Ost nach West über die Alpen. Den Berg

Ruhepause zwischen 23 Uhr und 4 Uhr bildet das Fahrzeug des jewei-

hinauflaufen und von einem günstigen Ort bei guten thermalen Bedin-

ligen Teampartners das Luxusappartment für Michael und seine Rivalen.

gungen möglichst weit mit einem Gleitschirm wieder hinunterfliegen –

Wenn sie ihren Supporter denn rechtzeitig erreichen. Ansonsten bleibt

von morgens bis nachts, rund zehn Tage lang, allein. Das Ziel ist die

die einfache Variante in der puren Natur. Und der Weg nach Monaco­

Küste von Monaco. 864 Kilometer Luftlinie sind es. Der tatsächlich zu-

wird kein leichter sein. Die Strecke beinhaltet acht sogenannte Turn-

rückzulegende Weg hängt allerdings von den taktischen Entscheidungen

points, die die Athleten passieren müssen. Die sind mehr als nur eine

des Athleten ab und ist definitiv länger. Ihn gilt es, so schnell wie irgend

sanfte Anhöhe: Zwischen Salzburg und Mittelmeer passieren die Aben-

möglich, hinter sich zu bringen. Mi-

teurer in Österreich die Berge Gais-

chael Gebert steht diesen Sommer wieder bereit. Für ihn ist es bereits die vierte Teilnahme an einem Wettkampf, der faszinierend, extrem und

berg, Dachstein und Großglockner.

„Du bewegst dich mithilfe der Natur und deiner eigenen Kraft fort und erlebst, was du für Strecken schaffen kannst.“

spektakulär zugleich ist.

Nächstes Etappenziel sind die Tre Cime in Italien. Von da aus geht es in die Schweiz auf den Piz Palü und das Matterhorn. Letzte Turnpoints vor dem Finale bilden Mont

Die Freiheiten auf der Route sind limitiert, klare Regeln geben den Rah-

Blanc und Mont Gros in Frankreich. Acht vorgeschriebene Passierstellen,

men des Rennens vor. Auf jegliche Art von motorisiertem Transport müs-

die als einzelne Besteigung bereits Abenteuercharakter haben dürften.

sen die aus 22 Nationen stammenden 31 Athleten verzichten. Ein wenig

Dazwischen erlaubt die Rennleitung jede Interpretation des Weges, so-

Unterstützung ist jedoch gestattet: Ein Supporter hilft seinem Teammit-

fern Tunnel gemieden werden.

Foto © Red Bull X-Alps Photofiles Foto © bergermarkus.com/Red Bull Content Pool

Völlig platt, voll motiviert.

Foto © Dean Treml/Red Bull Content Pool

Sind die Athleten nicht in der Luft, laufen sie. Dabei schultern sie ihre

für das härteste Adventure-Rennen der Welt treffen wir einen angriffs­

gesamte Ausrüstung, teilweise bis zu zwölf Kilogramm schwer. Sie be-

lustigen und hochmotivierten Extremsportler und schieben zwischen

steht aus Gleitschirm, dem Gurt, einem Notfallschirm, Helm, Mobiltele-

den intensiven Trainingseinheiten schnell mal ein paar Fragen ein.

fon, Notsignalrakete, GPS-Empfänger und einem GPS-Ersatzgerät. Vorgeschriebenes Minimumgepäck. Doch nicht jeder wird den Rucksack im

Hallo Michael, die Red Bull X-Alps 2011 stehen vor der Tür.

Sand von Monte Carlo ablegen. Denn viel Zeit bleibt nicht, um noch

Kribbelt es schon? Meine Anspannung hält sich momentan noch

auf das Treppchen zu kommen. Das Rennen ist 48 Stunden, nachdem

einigermaßen in Grenzen, aber sie nimmt praktisch täglich zu. Ich bin

der Sieger auf dem schwimmenden Ponton landet, beendet.

froh, wenn es dann endlich losgeht und der Startschuss fällt. Es gibt viel drum herum, mein Kopf ist nur noch voll mit dem Wettkampf.

Michael hat sich für die Teilnahme in diesem Jahr viel vorgenommen. Vor zwei Jahren war er 48 Stunden, nachdem der Schweizer Christian

Der Zug benötigt etwa 15 Stunden von Salzburg nach

Maurer das Ziel erreichte, lediglich 203 Kilometer vor Monaco. Der

Monaco. Mit dem Flugzeug ist es ein Katzensprung. Was

Weg ist das Ziel? Nein, ankommen heißt die Devise. Und mit etwas

begeistert dich an der rund zehntägigen Alpenüberque-

Glück spürt er den Strand als Erster.

rung zu FuSS und mit dem Gleitschirm? Faszinierend daran ist, zu sehen, was du mit deiner eigenen Kraft schaffen kannst! Zu Fuß

Ein kurzer Moment Zivilisation: Michael Gebert beim Start in Salzburg

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Michael Gebert ist Fluglehrer für angehende Paraglider, hat eine eigene

und mithilfe des Gleitschirms, den du nur nutzen kannst, wenn auch

Reiseagentur für Gleitschirmreisen. Und alle zwei Jahre überquert er so

die Wetterbedingungen passen. Du bewegst dich mithilfe der Natur

schnell es geht die Alpen von Salzburg nach Monaco. Routine in An-

und deiner eigenen Kraft fort und erlebst, was du für Strecken schaf-

sätzen. Denn auch kurz vor seiner vierten Teilnahme an den Red Bull

fen kannst. Gerade, wenn du dir das im Nachhinein noch einmal an-

X-Alps scheint beim einzigen deutschen Athleten alles wie vor seinem

schaust. Das ist ganz schön weit! Und du spürst auch mal wieder

ersten Start an dem Wettbewerb. Fast alles. Denn erstmals bereitet er

Entfernungen! Wenn du sonst häufig mit Auto und Flugzeug unter-

sich dieses Jahr professionell vor. Mitten in den finalen Klimmzügen

wegs bist, verlierst du einfach das Gefühl für Distanzen.

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ben anderen startest, geht es nicht mehr nur um das Erlebnis, sonst könntest du es auch alleine machen. Da willst du ganz einfach dein Bestes geben. Der Wettkampf hat sicher auch Expeditionsniveau, weil du dich selbst organisieren musst. Mit wenig Ausrüstung auszukommen, also logistisch gut aufgestellt zu sein, ist extrem wichtig. Du hast ja bereits 2005, 2007 und 2009 an den Red Bull XAlps teilgenommen und dabei einen fünften und sechsten

x-alps Gewann 2009: der Schweizer Christian Maurer

Foto © Dean Treml/Red Bull Content Pool

Wie lange dauert es auf diesem Weg von Salzburg nach Monaco? Ich denke mal, dass der Sieger dieses Jahr in etwa die Zeit brauchen wird, die beim letzten Mal nötig war, um ins Ziel zu kommen. Und das war mit knappen zehn Tagen schon sehr schnell! Die Route ist dieses Jahr ein bisschen länger. Aber das ist natürlich total wetterabhängig – vor allem, wenn du mal nicht fliegen kannst. Der Vater des Wettkampfs, Hannes Arch, hat mal gesagt, die Red Bull X-Alps wären für ihn Abenteuer, Expedition und Wettkampf zugleich. Wie würdest du die drei Anteile beschreiben? Die Alpen sind für mich eines der interessantesten Gebirge. Gerade weil sie teilweise sehr verbaut sind, überrascht es mich immer wieder, in welche einsamen Gegenden mich der Wettkampf führt. Du versuchst ja, immer die kürzeste Route zu nehmen, das ist daher nicht immer die Mainstream-Route. Und da stehst du auf einmal mutterseelenalleine, mitten in der Nacht, in einem einsamen Tal oder auf irgendeinem Gipfel. Der Abenteuercharakter liegt darin, dass du nicht weißt, wo du wann landen wirst. Und sobald du ne-

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Platz erreicht. Wie bereitest du dich mit deiner Erfahrung aus den letzten Teilnahmen auf den Contest vor? Wie sieht eine typische Trainingswoche für dich aus? Ich muss zugeben, dass ich es bislang immer sehr, sehr locker angegangen bin. Dieses Jahr bereite ich mich zum ersten Mal richtig professionell vor (lacht). Mit einem Spitzentrainingsplan, den mir eine Sportwissenschaftlerin aufgestellt hat. Der besteht aus mehreren Säulen.

„Und da stehst du auf einmal mutterseelenalleine, mitten in der Nacht, in einem einsamen Tal oder auf irgendeinem Gipfel.“


expedition

expedition

Welche Situationen sind es, die du als extrem und aufzehrend beschreiben würdest? Wenn du nachts extrem lange unterwegs bist, dabei aber immer noch dein Ziel vor Augen hast und vor Schmerzen aber eigentlich kaum mehr laufen kannst. Da schleppst du dich vor Müdigkeit und Erschöpfung nur noch so dahin. Ich erlebe Situationen, bei denen gehe ich förmlich aus meinem Körper heraus. Dann laufe ich neben mir her und schaue mich aus der Ferne an. Das ist dann schon fast wieder okay, weil ich auch den Schmerz nicht mehr so spüre (lacht). Der Schlafmangel macht sich allerdings besonders beim Fliegen bemerkbar. Dann triffst du nicht mehr klar deine Entscheidungen und schläfst in der Luft sogar ein, weil dir einfach die Augen zufallen, wenn der Puls runterfährt. Da heißt es wachrütteln, sonst wird es kritisch. Das schreit förmlich nach Erholungspause. Es gibt eine Zwangspause für alle Athleten zwischen 23 Uhr und 4 Panoramablick de luxe

Foto © Olivier Laugero/Red Bull Content Pool

Uhr. Reicht das, um Kraft zu tanken? Die Zwangspause wurde dieses Jahr zum ersten Mal eingeführt. Wichtig für die Erholung wird sein, dass ich die Pause so einplane, dass ich meinen Supporter tref-

Ausdauer, Kraft und, was eine große Rolle spielt, das mentale Training.

fen kann. Das würde bedeuten, im Auto zu schlafen und Klamotten

Auch die logistische Vorbereitung ist besser als zuvor. Dieses Jahr hat

und Essen um mich zu haben. Oftmals wird es aber auch so sein,

das Ganze einen Plan. Im Durchschnitt sind es vier bis fünf Stunden

dass ich irgendwo in der Walachei oder auf einem Berg stehe und

Training am Tag allein im Kraft- und Ausdauerbereich, dazu das men-

nicht mehr zum Supporter komme. Das wird dann keine erholsame

tale Training.

Nacht werden.

Was muss alles zusammenkommen, damit du es unter die

Welchen Anteil hat dein Supporter Florian Schellheimer?

vorderen Plätze schaffst? Der Background muss da sein! Du

Florian ist sehr wichtig. Wenn das Zusammenspiel zwischen uns nicht

musst eine starke physische Verfassung haben. Und genauso musst

funktionieren würde, dann könnten wir keinen Erfolg haben. Die Be-

du mental gut drauf sein. Es gibt sehr oft Phasen, in denen du ein-

anspruchung ist für beide hoch. Er ist körperlich zwar weniger ge-

fach nur fertig bist und nicht mehr kannst, aber weitergehen musst.

fordert, aber wenn wir nicht gut harmonieren würden, könnte sich

Dein Kopf spielt eine große Rolle. Und deine fliegerischen Fähigkeiten

einiges aufschaukeln. Es gibt die wildesten Geschichten. Prügeleien

müssen natürlich vorhanden sein, da kannst du dann in kurzer Zeit

zwischen Athlet und Supporter beispielsweise. Wir kennen uns schon

auch nicht mehr viel dazutrainieren. Das musst du vorher erledigt

lange und er weiß, dass ich da manchmal nicht mehr normal ticke.

haben. Und ganz wichtig sind taktische Entscheidungen, weil du dir ganz schnell einen Tag versauen kannst, wenn du den falschen Ent-

Der Wettbewerb ist eingebettet in eine traumhafte Kulis-

schluss triffst.

se. Kannst du die schönen Augenblicke genieSSen? Auf jeden Fall! Ich kann das auch alles aufnehmen. Im jeweiligen Moment, wenn

„Ich erlebe Situationen, bei denen gehe ich förmlich aus meinem Körper heraus. Dann laufe ich neben mir her und schaue mich aus der Ferne an.“

auch nicht in jedem, realisiere ich, auf welch außergewöhnlichem Fleck Erde ich da unterwegs bin. Es gibt Flugbedingungen, in denen es super läuft, dann erlebe ich das auch beim Fliegen. Aber das kann auch beim Wandern passieren, allerdings mit mehr Anstrengung. Sehnsucht Küste: Wer hier ankommt, war schnell unterwegs. Foto © Red Bull X-Alps Photofiles

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Hoch rennen, runter fliegen

Foto © Olivier Laugero/Red Bull Content Pool raus-magazin 2 / 2011

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Foto © Felix Woelk/Red Bull Content Pool Foto © Vitek Ludvik/Red Bull Content Pool

Einmal quer über die Alpen. Dein wichtigstes Equipment auf dieser Tour? Hast du eine Geheimwaffe? Es ist eigentlich von Jahr zu Jahr professioneller geworden und die Ausrüstung ist faktisch bei fast allen auf das Maximum ausgereizt. Da ist es schwer, noch etwas herauszuholen. Mein Schirm muss gut funktionieren, mit dem musst du einfach gut klarkommen, auch in schwierigen Bedingungen. Die Wahl deiner Schuhe und Socken ist wichtig. Was gibt es zu essen, wo schläfst du? Pasta und Energieriegel. Einen Schlafsack habe ich nicht dabei, das wäre einfach zu schwer. Mein Minimumgepäck wird etwa zehn Kilogramm wiegen. Wenn absehbar ist, dass ich es wegen der Zwangspause nicht mehr zu meinem Supporter schaffe, packt er seinen Rucksack und kommt zu mir. Und wenn selbst das nicht mehr klappt, muss ich mich in meinen Gleitschirm einwickeln und unter irgendeinen Baum legen. Worauf freust du dich, wenn der Contest vorbei ist? Meine Beine hochzulegen und am Strand von Monaco einen Cocktail zu schlürfen.

Mehr Informationen unter Was du sofort trinkst, musst du nicht mitschleppen.

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www.high-experience.de und www.redbullxalps.com


nachgefragt

nachgefragt

Text Benjamin Hellwig fotos © Damiano Levati

Königin des weiSSen Berges

Du gehst gern joggen? Nach der Arbeit noch mal schnell um den Block, durch den Park oder in den Wald? Mag Lizzy Hawker auch. Eigentlich bevorzugt sie jedoch Läufe mit etwas gröSSerer Distanz. Und die Ozeanografin und freie Autorin liebt die Berge. Einmal rund um das Massiv der höchsten Erhebung der Alpen: 166 Kilometer Strecke, über 9500 Höhenmeter, Wetterkapriolen. Zeitlimit? 44 Stunden. Der „The North Face Ultra-Trail du Mont Blanc“ ist ein Bergmarathon für Trainierte. Rund 2300 Athleten starten am 26. August im französischen Chamonix. Auf der italienischen Seite des Mont Blanc geht es auf Trails bis in die Schweiz und wieder zurück nach Chamonix. Lizzy ist wieder mit dabei. Für die zierliche 35-jährige Britin ist es dieses Jahr bereits die vierte Teilnahme – bei drei Siegen. RAUS! hat nachgefragt, wie sie sich auf die Herausforderung vorbereitet. Und was sie macht, wenn sie mal nicht trainiert. Hiernach schnürst du sicher auch mal wieder deine Laufschuhe!

Anstrengung vor sensationeller Kulisse

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nachgefragt

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nachgefragt

allo Lizzy. Du läufst und läufst. Wo und wie

ter Lauf war der The North Face Ultra-Trail du Mont Blanc (UTMB)

Wo trainierst du denn am liebsten? Ich liebe einfach die Trails in

hat das Ganze angefangen? Ich laufe tatsächlich be-

mit 166 Kilometer Länge. Dieser ist darüber hinaus mit 9500 Höhen-

den Bergen! Aber auch auf Straßen zu laufen, hat für mich ab und zu

reits mein ganzes Leben, aber das tat ich bis vor einigen

metern noch etwas ganz Besonderes. Doch auch auf der Straße gibt

seinen Reiz. Ich denke, mir gefällt vor allem die Vielfalt und Abwechslung.

Jahren nur für mich selbst. Für mich bedeutete es damals ganz ein-

es Ultraläufe: 2006 bin ich beispielsweise den 100-Kilometer-Straßen-

fach, draußen sein zu können. Ich lebte ja noch nicht in den Bergen.

lauf in Seoul/Korea gelaufen.

und Beständigkeit parallel nebeneinander. Es tut gut, dein Training

Auf Wettkampfebene habe ich im Grunde erst 2005 angefangen, sowohl auf Straßenläufen als auch im Bereich Trailrunning. Und dann ging es los!

Hast du Trainingsgeheimnisse, die du teilen willst? Vielfalt

Bei der Unterschiedlichkeit deiner Wettkämpfe hast du ver-

ein wenig zu durchmischen: Straße, Trail, Aufstieg, Abstieg, Ebene.

mutlich keinen klassischen Trainingstag. Wie bereitest du

Daneben ist es von Zeit zu Zeit aber auch wichtig, deinen Fortschritt

dich denn auf den the North Face UTMB vor? Na ja, erst mal

zu messen.

Was inspiriert dich, laufen zu gehen? Hast du eine Lauf-

habe ich noch den Zermatt-Marathon vor mir und danach den in Da-

Ich laufe aus Liebe zum Laufen! Ich laufe mit Kopf

vos. Und dann folgt noch ein Etappenrennen mit jeweils einem Marathon

Ernährung für Ausdauersportler und -sportlerinnen: Was

und Beinen, aber besonders auch mit Herz und Seele. Ich liebe es, in

an zwei Tagen hintereinander. Du siehst, da liegt noch einiges vor mir,

ist dein Rezept? Die Auswahl meines Essens ist ein wichtiger Aspekt.

der Natur zu sein. Und Laufen ist für mich eine Möglichkeit, die Na-

bevor es an den UTMB geht. Das Training während des Jahres variiert

Ich lebe vegetarisch, seit ich fünf bin, das hat also nichts damit zu tun,

tur um mich herum erleben zu können. Aber auch, mich immer wie-

durch diese Vielfalt an unterschiedlichen Anforderungen tatsächlich sehr

dass ich eine Athletin bin. Für gewöhnlich esse ich sehr viel verschie-

der selbst herauszufordern, sowohl mental als auch körperlich. Das

stark und hängt davon ab, in welcher Phase ich gerade bin. Bereite ich

denes Obst und Gemüse und nur wenige verarbeitete Lebensmittel.

muss nicht direkt durch einen Wettbewerb mit anderen geschehen,

mich auf einen langen Straßenlauf vor, hat das Training eher den Charak-

sondern einfach durch meine Bewegung draußen.

ter eines Marathons, nur angepasst an die größere Distanz. Ich arbeite

Rund 25 Stunden Berge und Wildnis. Was macht den UTMB

Philosophie?

dann mehr an meiner Schnelligkeit. Für einen Lauf wie den UTMB ist das

für dich zu einem besonderen Lauf? Der UTMB ist für mich

Was genau ist ein Ultra-Trail? Ultraläufe sind alles oberhalb

Timing deiner Schritte sehr wichtig. Daneben musst du natürlich darauf

sehr bedeutend. Erst mal natürlich, weil es mein erster Berglauf in

eines Marathons von gut 42 Kilometer Länge. Normalerweise gehen

achten, möglichst viel hoch- und runterzulaufen. Und das geht während

den Alpen war. Das öffnete mir damals viele Türen. Ich habe dort die

Ultraläufe über eine Distanz von 50 Kilometer und mehr. Mein längs­

des Sommers hier in der Schweiz, wo ich gerade lebe, sehr gut.

Chance bekommen und seitdem ging es lawinenartig ab. Was den UTMB aber zu etwas ganz Besonderem macht, ist der Geist dieses Rennens. Und das umfasst nicht nur die Athleten, sondern auch die ganzen Freiwilligen und Organisatoren. Auch die Unterstützung in den Dörfern der Region ist riesig, es sind so viele Leute da draußen auf den Trails. Dadurch ist es mehr als nur dein persönliches Rennen. Und es fühlt sich wunderbar an, ein Teil dieses gemeinsamen Abenteuers zu sein. 166 Kilometer Länge und 9500 Meter Höhenunterschied können besonders dann anstrengend werden, wenn die Wetterbedingungen so schlecht sind wie im letzten Jahr. Was war 2010 los und wie hat sich die Situation für dich

Trainingswald

angefühlt? Der Lauf wurde um 18.30 Uhr gestartet. Drei Stunden später haben die Organisatoren das Rennen gestoppt, ich war

Organisatoren, dass es wenige Stunden später über eine kürzere Dis­

da gerade vorn im Feld unter den ersten zehn. Heftiger Regen, starke

tanz tatsächlich wieder losgehen sollte. Um 6.30 Uhr fuhr ich mit

Gewitter und einige Erdrutsche auf zwei vor uns liegenden Pässen.

dem Bus zum neuen Startort in Courmayeur. Ohne Schlaf, alles nass,

Erst sah es so aus, als würden sie uns nur eine Weile zurückhalten.

die Vorbereitung war komplett über den Haufen geworfen. Ich stand

Dann wurde das Rennen aber komplett abgebrochen und wir sind

also an der Startlinie und musste mich erst mal auf ein Rennen mit

mit Bussen zurück nach Chamonix gefahren worden. Ich hörte dann

wesentlich größerer Geschwindigkeit einstellen. Auf total müden Bei-

von dem Gerücht, dass das Rennen am nächsten Morgen erneut ge-

nen und mit müdem Kopf zu laufen, hatte allerdings auch etwas

startet werden sollte, aber definitiv war das da noch nicht. Um zwei

sehr Herausforderndes. (Anm. d. Red.: Lizzy gewann den verkürzten

Uhr nachts ging ich ins Bett und bekam kurz darauf eine SMS der

2010er-Lauf des The North Face UTMB.)

„Auch die Unterstützung in den Dörfern der Region ist riesig, es sind so viele Leute da drauSSen auf den Trails.“ TrainingsstraSSe

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nachgefragt

„Und du wirst auch an Ecken einer Stadt, an denen du es überhaupt nicht erwartest, ein kleines bisschen Wildnis für dich finden ...“

2011 liegt vor dir. Was musst du an dem Tag des Rennens mitbringen, um es zum vierten Mal zu gewinnen? Eine Menge Herz und Seele, denke ich! Ein bisschen Glück. Und einfach alles geben, was ich habe. Einmal um den Mont Blanc, das klingt nach einer geradezu perfekten Kulisse. Kannst du die Natur überhaupt genieSSen? Definitiv! Tatsächlich sind meine Eindrücke vom ersten UTMB noch sehr präsent. Mitten in der Nacht durch die Täler zu gleiten und über Gebirgspässe zu laufen – da konnte ich das Majes­ tätische der Berge spüren! Ja, du fühlst während des Rennens diese Reise durch die Berge. Ich hatte danach das große Verlangen, zurückzukehren. Ganz ohne den Druck eines Rennens, einfach nur, um es zu genießen. Laufen bedeutet, drauSSen an der frischen Luft zu sein. Gehst du trotzdem raus, wenn du nicht gerade mit Rennen beschäftigt bist? Oder musst du dann gleich anfangen zu laufen? Hier in den Bergen hast du einfach nicht die Wahl (lacht). Aber ich liebe einfach alles hier. Skitouren, Bergsteigen, Klettern, Wandern, Radfahren, Spazierengehen. Mich in der Natur bewegen. Obwohl ich sehr viel laufe, ist es ein komplett anderes Erlebnis, wenn ich Art und Geschwindigkeit variiere. Und ich lese sehr gern, aber selbst das geht ja auch draußen. Nach einem anstrengenden Arbeitstag mit nur wenig Zeit in einer GroSSstadt drauSSen aktiv werden: Wie passt das zusammen? Als ich in einer Stadt im flachen Großbritannien lebte, bedeutete Laufen für mich, draußen zu sein. Nach einem kompletten Tag am Schreibtisch war ein Lauf meine anschließende Entspannung, selbst auf asphaltierten Straßen. Und du wirst auch an Ecken einer Stadt, an denen du es überhaupt nicht erwartest, ein kleines bisschen Wildnis für dich finden ... Hast du abschlieSSend noch ein paar Tipps für alle diejenigen, die Lust auf das Thema Ultra-Trail-Running bekommen haben?

Habe keine Angst davor, es einmal auszuprobieren.

Sei selbstbewusst und sage dir, dass du es schaffen kannst! Und wie bereits gesagt: Laufe mit Herz und Seele, Kopf und Beinen. Dann ist vieles möglich, selbst die Dinge, die du dir vielleicht erst einmal noch nicht vorstellen kannst.

Karte © UTMB


auf spurensuche

auf spurensuche

s g n i k Trek ellu b e t n o M

foto © Alessandro Beltrame

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nA

y e l l a chuhV

lwig lwig in Hel in Hel enjam Benjam & e m Text B a r o Belt sa n d r © Ales fotos

und – a , Wein t s a P , a Pizz reich. Im ht für sportbe lien ste g a r e It B t: f h im eeha n arbeimelt sic z klisch olomite m n D u t a n g e n l d io d Reg Einma produedig un rs eine hen Ven elt und esonde c k B is ic . e w w z h t u n e na rn Sch tebellu ntwirf t, uliefere on Mon hmen e llern, Z e v e t n d s r l r e e e t f H n Um igen us nsu 76-jähr Pools a Traditio m n s o e a v D ig s n . e ie u ieb es r tet Ak as angetr ten ein ! hat d e inmit er noch h m u h im c ly. RAUS S d a ir It w in ziert d e ad ten. Un huhe m thusias über Sc e t und En h üffelt. ic h Gesc geschn e m in u E r e . h r ig Gründe ein wen ht und c u s e b Werk

RAUS! ch zu Besu u bei Ak

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auf spurensuche

v

auf spurensuche

ausgerechnet ein Entdecker des langsamen Reisens muss als Namensgeber eines Drehkreuzes für Hochgeschwindigkeitstouren herhalten. Wie viele Paar Schuhe mag der Abenteurer

aus Venedig auf seinem Weg nach China wohl zerschlissen haben? Ich kann es mir nicht vorstellen, aber nahe dem Startort seiner legendären Reise schlummerte damals bereits das Potenzial wahrer Schuhmacherkompetenz. Auf der Autofahrt von Venedig durch die Provinz Treviso säumen zwischen den Proseccotrauben haufenweise Schuhmanufakturen die Straßen. Mein Ziel ist das Werk vom Wanderschuhhersteller Aku im beschaulichen Städtchen Montebelluna. In diesem Distrikt zwischen Bergen und Flachland spezialisierten sich die Einwohner schon früh auf die Herstellung von Schuhwerk. Vor mehr als einem Jahrhundert kamen die in den Bergen lebenden Menschen herunter in die Ebene, um ihre Erzeugnisse wie Käse oder Gemüse auf den Märkten anzubieten – und um dort ihre Schuhe reparieren zu lassen oder neue zu kaufen. Der Bedarf stieg und so auch die Zahl der Schuhmacher.

„Erst mal lernte Galliano, Schuhe zu reparieren. So bekam er die Schwachstellen zu Gesicht und entwickelte daraus Ideen, diese Fehler bei der Entwicklung eines neuen Modells zu vermeiden.“ Geschäftsführer Paolo Bordin

foto © Alessandro Beltrame

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Harte Tour, festes Schuhwerk raus-magazin 2 / 2011

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Der Outdoor-Bezug der hiesigen Schuhindustrie beginnt mit der Entwicklung des Skisports. Die besonders in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg arme Region erlebt nun eine wirtschaftliche Blütezeit und macht sich weltweit einen Namen. In den 1980er-Jahren, als Schneemangel im Winter und Konkurrenz im Ausland die Industrie auf die Probe stellen, hat die Region prompt eine Antwort: Trekkingschuhe. Die auf engstem Raum miteinander konkurrierenden Hersteller und Zulieferbetriebe spielen ihre Karten aus und nutzen ihr soziales und wirtschaftliches Netzwerk, bestehend aus Know-how, Kreativität und Vielfalt, für die Weiterentwicklung des klassischen Bergschuhs.

Der Schaft vor der Vollendung

foto © Benjamin Hellwig

„Die Manufaktur war unsere Schule. Viele begannen bereits als junge Menschen, in der Fabrik zu arbeiten, und sie bleiben beinahe ein Leben lang bei uns.“ Geschäftsführer Paolo Bordin

foto © Alessandro Beltrame

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Maschinenwartung: Galliano Bordin ist überall.

foto © Benjamin Hellwig


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Galliano Bordin wächst direkt im Herzen dieser Region auf. „Mein Vater war

hat

schon

vielleicht

mit

gerade

jungen einmal

Jahren acht

angefangen

oder

neun“,

zu

arbeiten,

erzählt

mir

er

Pao-

lo. Er ist Geschäftsführer von Aku und gerät hier im Eingangsbereich des Werkes ins Schwärmen, wenn er über seinen Vater spricht. „Erst einmal lernte er, Schuhe zu reparieren. So bekam er die Schwachstellen zu Gesicht und entwickelte daraus Ideen, diese Fehler bei der Entwicklung eines neuen Modells zu vermeiden.“ Galliano gründet 1981 zunächst das Unternehmen Dinsport und produziert Langlaufschuhe. Doch Einwände des Deutschen Instituts für Normung verlangen wenige Jahre später einen Namenswechsel. Galliano liest von einer Legende auf den PU-Injection

foto © Benjamin Hellwig foto © Benjamin Hellwig

Osterinseln und stößt begeistert auf den Namen Aku. Sein Enthusiasmus für alles Neue lässt erahnen, dass der Mann die Seele des Unternehmens ist. Und tatsächlich wuselt der 76-Jährige noch immer tagtäglich durch die Produktionsschritte. Später, am Arbeitstisch von Giancarlo­ Foncarlo, schaut er uns über die Schulter und auf den Entwurf des Designers, macht hier und da eine Bemerkung. Ich gehe die Treppe hinunter, dann durch einen langen Tunnel und stehe plötzlich mitten in der riesigen Produktionshalle von Aku. Der komplette Arbeitsprozess läuft hier in Montebelluna ab: Nach Entwurf, Design und der „Modelleria“, der Produktion eines ersten Modells, gehen die Schuhe in Serie. Auf der „Manovia“, dem bedeutendsten Herstellungsabschnitt, ist Handarbeit angesagt. Den im eigenen rumänischen Werk zusammengenähten Schaft verbinden die Männer um

Seit Jahrzehnten im Unternehmen: Loredana Gallina

Ivan Modes­to hier mit der Sohle. Ivan ist in Paolos Alter und die beiden verbringen bereits mehr als ihr halbes Leben gemeinsam zwischen den Maschinen. „Ivan ist mittlerweile der Chef des Abschnitts, den

„Hier in Italien vollzieht sich gerade so etwas wie ein Generationswechsel. Und es ist nicht mehr so einfach, neue Arbeitskräfte zu finden.“ Geschäftsführer Paolo Bordin

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wir Leisten-Linie nennen. Er hat mit mir damals angefangen und war etwa 14 Jahre alt.“ Heute beschäftigt Aku in Montebelluna rund 40 Mitarbeiter. „Davon sind einige, Loredana Gallina beispielsweise, seit 30, 40 Jahren damit beschäftigt, Schuhe zu bauen. Und die Manufaktur war unsere Schule.


auf spurensuche

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Manchmal, wenn ein Designer oder jemand in der Produktion keine Lösung für ein Problem mit beispielsweise einer Neuentwicklung findet, hat er das richtige Näschen und ein gutes Auge, um zu helfen. Ein Blick und er weiß, was zu tun ist. Und es ist auch noch nicht vorstellbar, dass er eines Tages hier nicht mehr zwischen den Arbeitstischen herumrennt.“ Galliano Bordin war es auch, der den Leisten des Unternehmens entwickelte. Das Original ist das Herzstück von Aku und nahezu alles scheint darauf aufzubauen: Passform, Stabilität, Komfort. Vittorio greift im Showroom am Ende des Flurs ins Schuhregal der Kollektion

Produktionsstätte in Montebelluna

foto © Benjamin Hellwig

Sommer 2012. „Ausgehend von der Matrix dieses Originals bauen wir

nun mal. Und die Passform ist ein wichtiger Wert unserer Schuhe,

„Ein Blick und er weiSS, was zu tun ist. Und es ist auch noch nicht vorstellbar, dass er eines Tages hier nicht mehr zwischen den Arbeitstischen herumrennt.“

denn als Erstes muss ein Schuh gut passen.

Marketing-Manager Vittorio Forato

für die Kategorien Mountain, Trekking und Active die entsprechenden Leisten. Und die werden immer wieder an die Füße der Menschen angepasst. Das ist ein fortwährender Prozess, denn Füße verändern sich

Montebelluna: beschauliche Idylle, groSSes Know-how

foto © Benjamin Hellwig foto © Alessandro Beltrame

Viele begannen bereits als junge Menschen, in der Fabrik zu arbeiten, und sie bleiben beinahe ein Leben lang bei uns. Eine immense Erfahrung! Aber hier in Italien vollzieht sich gerade so etwas wie ein Generationswechsel. Und es ist nicht mehr so einfach, neue Arbeitskräfte zu finden.“ Während ich Ivan bei der Arbeit zuschaue, huscht Galliano durch die Reihen. Wo andere ihr Rentenalter nicht abwarten können, schraubt er „wieder einmal“ an einer Maschine herum. Feintuning. Veränderung. Innovation. „Galliano Bordin liebt unsere Produkte“, sagt Vittorio Forato, Marketing-Manager von Aku, als ich ihn später in seinem Büro im ersten Stock treffe. „Jedes Mal, wenn er sich ein Modell anschaut, überlegt er, wie er Qualität oder Performance verbessern kann. Er ist ein unglaublicher Mann, eine große Ressource mit riesigem Wert für das Unternehmen. Und gleichzeitig ist er unglaublich innovativ foto © Benjamin Hellwig

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und kreativ und will ein Modell bis ins kleinste Detail perfektionieren.


auf spurensuche

Es ist der Inhalt eines Schuhs, den du mit deinem Leisten darstellst. Eine wahre Philosophie!“ Den Komfort beschreibt vor allem die Passform. Daneben setzt Aku auf ein weiteres Merkmal: Leichtigkeit. Mit dem Modell Slope setzt Aku vor rund 25 Jahren erstmals auf einen Schuh mit textilen Oberflächen. Auch wenn es das Modell heute noch immer gibt, sind Auswahl und Weiterentwicklung der Rohstoffe ein wichtiger Schritt für Aku, um dieses Ziel zu erreichen. „Die Technologie des Modells ‚La Stria‘ beispielsweise ist etwas Besonderes. Auf das Außenmaterial wird in einem speziellen Verfahren Polyurethan gesprüht. Das sorgt für hohe Formstabilität und Schutz bei gleichzeitiger Leichtigkeit. Und diese Technologie kommt hier ganz aus der Nähe nur etwa zehn Kilometer entfernt“, schwärmt Vittorio. Neben den textilen Materialien spielt Leder eine bedeutende Rolle. „Wir beziehen es hauptsächlich aus Italien, ein geringerer Teil kommt aus Frankreich. Wir greifen auf Gerbereien in der Toskana zurück, der bedeutendsten Region italienischer Lederherstellung. Aber auch direkt hier aus Veneto kommt unser Leder. Das ist gerade einmal gute 30 Kilometer entfernt.“ Erneut zeigt sich der Vorteil der Spezialisierungen in dieser Region. Das Netzwerk funktioniert. Und es wirkt wie eine große Familie, deren Beziehungen zueinander sich gegenseitig stärken. Im Showroom präsentieren die Leute um Vittorio einem asiatischen Kunden am späten Nachmittag die neue Kollektion. Die Redeanteile des Dolmetschers entsprechen nicht immer denen der Italiener. Ein nicht ganz unbekanntes Phänomen, das zu Gelächter auf beiden Seiten führt. Galliano kommt herein, hört ein paar Takte zu, als würde er jedes einzelne Wort der Gespräche verstehen können, nickt zufrieden und verlässt wieder den Raum. Auf zur nächsten Baustelle. Solange die Zeit ihn lässt. Irgendwas ist immer zu tun.

foto © Alessandro Beltrame

Facts AKU

Gegründet

1981 als Dinsport, seit 1985 Aku Kategorien

Mountain, Trekking, Active Specials

Modell „La Stria“ mit aufgespritztem Polyurethan. Gibt Halt und ist besonders leicht. Web

www.aku.it

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foto © Benjamin Hellwig

Mit Freude bei der Arbeit: Galliano Bordin


advertorial

Das Tor zur Welt als Bühne Beck‘s Gold Fresh Experience mit den Fantastischen Vier im Hamburger Hafen Schwimmdocks, Container, Industriekulisse – der Hamburger Hafen,

mit den Fantastischen Vier belohnt und in die Gesamtinszenierung vor

Wahrzeichen der Elbmetropole und „Tor zur Welt“. Am 19. August

Ort eingebunden. Wie das genau aussieht, ist eine Überraschung.

2011 machen harte Arbeit und Industriestahl für eine einzige Nacht Platz für goldenes Licht, Foto- und Videoanimationen und modernen

Fette Beats an einem Ort, der sonst nur den Klang von Stahl auf Stahl

Sprechgesang. Bei den Beck’s Gold Fresh Experience wird das bekannte

kennt. Auch die Band ist gespannt auf die Experience in Hamburg. „Wir

Werftgelände von Blohm + Voss für dieses Spektakel in neuem Glanz

spielen von Beginn an immer wieder an ungewöhnlichen Orten. Das K21

erscheinen. Highlight des Events ist neben einer Umgestaltung der

in Düsseldorf war schon ein einmaliges Erlebnis. Jetzt hat Beck’s den Ham-

Werft eine Band, die sich seit mehr als 20 Jahren immer neu erfindet

burger Hafen ausgewählt. Auch den werden wir rocken“, so Michi Beck.

– Die Fantastischen Vier live in concert! Mitrocken? Bei RAUS! hast du exklusiv die Chance, an die begehrten Eigentlich industriell genutzt, wird die Werft in einer einzigen Nacht zu

Tickets zu kommen. Wir verlosen 3 x 2 Eintrittskarten für das Event

einem urbanen Lebensraum erwachen. Tickets gibt es wie bereits bei der

in Hamburg. Kurz und knapp: In welchem Song der Band dreht sich

ersten Experience in Düsseldorf nicht zu kaufen. Die kreative Community

alles um Abkürzungen? Antworte uns bis zum 08. August 2011 an

ist erneut zum Mitmachen aufgerufen und kann auch in Hamburg Teil

raus@terraoceanisverlag.de, Stichwort Beck’s Gold.

der Inszenierung werden. Die Aufgabe: Präsentiere auf www.becks.de

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deine eigenen Lebensregeln, mit denen du deinen Alltag individuell ge-

Weitere Infos auch auf www.becks.de und

staltest. Die fünf besten Einsendungen werden mit einem Meet & Greet

www.facebook.com/BecksGold

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support

support

desLebens

Text Benjamin Hellwig

Du drehst den Hahn auf und das Wasser läuft. Einwandfreies Trinkwasser, selbstverständlich. Völlig normal. Jeden Tag beim Zähneputzen, Duschen, Kochen. Nicht ganz unbekannt ist, dass die Bedingungen in anderen Ländern davon abweichen. Tatsächlich aber leben weltweit fast eine Milliarde Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser. Und mehr als zweieinhalbmal so viele ohne angemessene sanitäre Grundversorgung. Viva con Agua setzt sich für eine bessere Verteilung auf der Welt ein. Die Initiative unterstützt WASH-Projekte der Welthungerhilfe. Hinter dem Kürzel verbergen sich Grundelemente unseres eigenen Lebens: Wasser, Sanitäreinrichtungen und Hygiene. Wasser marsch!

foto © Maedje/Welthungerhilfe

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Wasser marsch! Von Hamburg in die Welt

foto © Dennis Reher

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Mittlerweile betreibt Viva con Agua seit sechs Jahren professionelles Fundraising zur Finanzierung von Wasser­ projekten der Welthungerhilfe in Afrika, Asien und Lateinamerika. Und neue Projekte stecken in der Pipeline. Ein Fokus liegt gerade auf drei ländlichen Regionen in Indien. Oftmals entscheidet hier die kostbare Ressource Wasser über eine sichere Lebensgrundlage wie tägliche Nahrung und hygienische Verhältnisse der Menschen. Ein Großteil der Bevölkerung des Staates lebt ländlich und davon, was auf ihrem Land wächst. Und der traditionelle Trockenfeldbau ist für die Familien wegen

foto © Grossmann/Welthungerhilfe

Mitmachen ist auch ein einfacherer Zugang, soziales Engagement zu leben, als einfach nur einen Überweisungsträger auszufüllen.

der klimatischen Verhältnisse nur wenig ertragreich.

wasser- und Oberflächen-Auffangsysteme auf neue Tech-

Die jährliche Niederschlagsmenge verteilt sich vielerorts

niken wie Anlagen zur Tröpfchen-Bewässerung. Dabei

auf 15 Tage. Im Jahr. Ziel ist es, gemeinsam mit den

planen und arbeiten die Bewohner mit und lernen ne-

rund 30.000 Kleinbauern in den ausgewählten Dörfern

ben dem Umgang mit den Systemen auch, Wasser ef-

Trinkwasser-, Sanitär- und Bewässerungsanlagen aufzu-

fizienter zu nutzen. Das Projekt läuft aktuell und bis

bauen. Das erhöht die landwirtschaftlichen Erfolge, ver-

Februar 2015. Der Projektanteil von Viva con Agua

bessert zugleich die hygienischen Zustände und damit

umfasst 217.000 Euro. Das Verhältnis ist einfach aus-

die gesundheitlichen Bedingungen in diesen ärmsten

gerechnet. Rund sieben Euro verschaffen einem Men-

Regionen Indiens. Bei der Umsetzung der Projekte

schen im Projektgebiet dauerhaften Zugang zum kost-

trifft Altbewährtes auf Modernes, traditionelle­Regen-­­­

baren Gut Wasser.

foto © Viva con Agua

a

foto © 747 studios

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Ein weiterer Schwerpunkt von Viva con Agua liegt derzeit im westafrikanischen Burkina Faso. In drei Prols Benny Adrion im Januar 2005 in den Flie-

te­ me­in Kenia und Haiti: Die Hilfe von Viva con Agua

vinzen der Region Hauts-Bassins setzt sich der Partner

ger nach Kuba steigt, ahnt er noch nicht,

in der Welt wächst und mit ihr auch die Zahl der Un-

Welthungerhilfe für eine Verbesserung von Hygiene

welch bedeutende Wende die Erlebnisse auf

terstützer. Und einen großen Unterschied gibt es zu

und sanitärer Grundversorgung ein. Ziel des Projektes

der Karibikinsel seinem Leben geben würden. Das Trai-

vielen anderen Hilfsorganisationen. Statt einfach nur

ist es, die Häufigkeit der durch mangelnde Hygiene

ningslager des FC St. Pauli, für den er damals die Fuß-

Geld zu überweisen, kannst du selbst aktiv werden,

verursachten Krankheiten zu reduzieren. Das Vorhaben

ballschuhe schnürt, ist der Anpfiff eines Hilfsprojektes

um damit anderen zu helfen. Die Vielfalt bisheriger

investiert in den Bau von Latrinen und Sickergruben.

der anderen Art. Benny erlebt die dortige Trinkwasser-

Aktionen und der Ideenreichtum der Menschen für

Verunreinigtes Trinkwasser führt immer wieder dazu,

problematik und beschließt, sich sozial zu engagieren.

Zukünftiges beeindrucken. Der 30-Jährige betreut mit

dass viele Menschen, vor allem Kinder, erkranken und

Die aktive Beteiligung der Unterstützer an zahlreichen

Viva con Agua ein offenes Netzwerk, das heute mehr

auch sterben. Wenn die Familienversorger aufgrund

Aktionen wie Spendenläufen und Konzerten brachte

und mehr Menschen anzieht und genau von dieser

von Durchfallerkrankungen nicht mehr auf dem Feld

mehr als die zusammen mit der Welthungerhilfe veran-

individuellen Beteiligung lebt. Organisationen, Firmen,

arbeiten können, geraten oftmals ganze Familien in

schlagten 50.000 Euro zusammen. In 153 Kindergärten

Künstler, Vereine, Schüler, Agenturen, Musiker organi-

Existenznöte. Eingeschränkt arbeitsfähige Frauen und

und vier Sportschulen Havannas stehen rund 18 Mo-

sieren Festivals, Partys, Konzerte, Workshops, Sportak-

Männer sind eine Hauptursache für die weitverbreitete

nate später Trinkwasserspender.

tionen und Auktionen. Das spricht viele junge Leute

ökonomische Armut in der Region der Hauts-Bassins.

an, schafft ein Bewusstsein für mögliche Lösungswege

Das Projekt hilft etwa 273.000 Familienmitgliedern in

Nach dem Erfolg auf Kuba verspüren die Menschen

von Wasserknappheit und kreiert Spendengelder für

den 39.000 Haushalten und soll bis November 2013

hinter der Initiative rund um Benny Lust auf mehr. Ob

die Projekte. Und jeder merkt: Soziales Engagement ist

den Projektanteil von Viva con Agua von 218.925

Tiefbohrbrunnen und sanitäre Anlagen in Äthiopien,

nicht nur sinnvoll, es kann auch jede Menge Spaß ma-

Euro aufbringen. Rund ein Euro kann also einem Men-

Quelleinfassungen und Hygieneschulungen in Ruanda,

chen! Durch die Arbeit von Viva con Agua haben sich

schen im Projektgebiet eine menschenwürdige sanitäre

Trinkwasser-Verteilungssysteme in Ecuador, Brunnen und

die Lebensbedingungen von weltweit 100.000 Men-

Grundversorgung sichern! Zahlreiche Projekte hat Viva

La­trinen in Kambodscha oder Regenwasser-Auffangsys­­-

schen bereits nachhaltig verbessert.

con Agua bereits auf die Beine gestellt, aktuelle stehen

Laut und Leise

Brunnenbau in Äthiopien

foto © John Brömstrup

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support

support

„Momente, in denen wir zusammen Musik machen, FuSSball spielen, essen, sind dann auch entfernt vom ,Wir helfen euch‘. Ich finde es ganz wichtig, nicht immer in einem ,Entwicklungshelfermodus‘ zu sein, sondern stattdessen eine gemeinsame menschliche Ebene zu finden.“

kurz davor, Menschen den Zugang zu sauberem Was-

nicht gut gehen kann. Im Kern muss es doch darum ge-

Über Projektbesuche kommst du auch in die

ser und besserer Hygiene zu ermöglichen. Die Initiati-

hen, von hier aus eine Orientierung in die Welt zu haben,

entlegensten und ärmsten Gegenden der

ve zeigt, dass eine gerechtere Verteilung jedem Spaß

um einen Ausgleich zu schaffen.

Welt. Was berührt dich, was fasziniert dich in diesen Ländern? Das Schöne an den Projekt­

machen kann. Viel Spaß dabei! Hallo Benny. Die Initiative Viva con Agua

Kuba, Haiti, Uganda, Indien, Äthiopien ... Die Lis­

reisen ist, wenn du mehrmals hinfahren kannst und

te wird immer länger, mehr als 13 Länder sind

dich die Leute vor Ort besser kennenlernen können.

gibt es seit rund sechs Jahren. Was gab den

es mittlerweile, in denen ihr Projekte auf die

Dadurch baust du eine größere Verbindung zu ihnen

ersten Impuls? Wir waren 2005 mit dem FC St. Pau-

Beine stellt. Nach welchen Kriterien wählt

auf. Erst dann kannst du auf Augenhöhe mit den

li im Trainingslager auf Kuba und das war der Start-

ihr sie aus? Wir arbeiten da eng mit unseren Part-

Menschen zusammenkommen. Momente, in denen

schuss. Zu Beginn war die Idee, das große Potenzial

nern zusammen. In Deutschland ist das die Welthun-

wir zusammen Musik machen, Fußball spielen, essen,

unseres Umfeldes zu nutzen. Und erst im Anschluss an

gerhilfe, die ja dann die Projekte umsetzt. Gemeinsam

sind dann auch entfernt vom „Wir helfen euch“. Ich

unseren Besuch auf Kuba haben wir uns gesagt, wir

schauen wir, welche Projekte gerade in der Planung

finde es ganz wichtig, nicht immer in einem „Ent-

haben hier so viele Möglichkeiten, lass uns doch mal

sind, und überlegen, wie diese mit uns zusammenpas-

wicklungshelfermodus“ zu sein, sondern stattdessen

etwas initiieren, was in diese Richtung geht. Und dann

sen. Dabei gibt es einige Parameter, wie beispielswei-

eine gemeinsame menschliche Ebene zu finden. Und

nutzen wir Kuba als Aufhänger.

se, nie in Kriegsregionen oder Krisengebiete zu gehen.

dieses „Wie glücklich die doch sind, obwohl es ihnen

Daneben haben wir uns einige regionale Schwerpunkte

so schlecht geht“ ist mir zu plakativ. Natürlich geht

Wie hast du diesen ersten Impuls konkreter

gesetzt und schauen, wie das regional und inhaltlich

es den Menschen dort auch mal gut und nicht nur

werden lassen und in die heutigen Bahnen

am besten zu dem passt, was die Welthungerhilfe

immer schlecht. Du solltest auch nicht davon ausge-

gelenkt? Als Erstes haben wir die Welthungerhil-

macht. Und so suchen wir uns die Projekte aus, die

hen, dass sie nur Trübsal blasen, nur weil sie nicht

fe kontaktiert und uns erkundigt, wie ein Projekt auf

wir unterstützen wollen.

Lamborghini fahren. Es öffnet mir jedenfalls immer wieder die Augen, wenn ich die vielen unterschied-

Kuba aussehen könnte. Wir suchten uns eine konkrete Initiative aus, die Kindergärten des Landes mit sau-

Welche Projekte stehen gerade im Fokus? Ak-

lichen Realitäten auf der Erde sehe. Die haben wir

berem Trinkwasser versorgt. Und von da an verfolgten

tuell sind Projekte in Burkina Faso und Indien. Ich war

mit zu verantworten und das schneiden wir nicht mit,

wir unsere Idee, ein offenes Netzwerk aufzubauen.

selbst noch nicht vor Ort, werde im September aber

wenn wir uns nur hier bewegen.

Nach dem Motto: Jeder kann mitmachen und beim so-

nach Indien fliegen: Beides sind Wasserprojekte, bei de-

zialen Engagement auch noch Spaß haben. Das ist bis

nen es nicht nur um Trinkwasser geht, sondern auch

heute die durchdringende Idee.

andere Bereiche mit abgedeckt werden. Das ist ein Zu-

lichkeiten. Inwiefern steht der unterschied-

sammenspiel der WASH-Komponenten: Wasser, sanitäre

liche Zugang zu Wasser exemplarisch für

Grundversorgung und Hygiene.

die ungerechte Chancenverteilung auf der

Viva con Agua versorgt Menschen in Entwick-

Wasser bedeutet Leben, Entwicklung, Mög-

Erde? Menschen, die unter Wassermangel leiden,

lungsländern mit sauberem Trinkwasser. Was treibt dich persönlich an? Für mich sind es nicht

Welche Besonderheiten haben für dich Pro-

sind ohne eigenes Verschulden in diese Situation

nur uneigennützige, sondern auch egoistische Gründe. Die

jekte, die ihr abgeschlossen habt? Äthiopien war

gelangt und können meist auch nur schwer etwas

Arbeit macht mir einfach total viel Spaß, wir haben ein

schon etwas Außergewöhnliches. Vielleicht auch, weil

dagegen unternehmen. Wir Menschen in den Indus-

gutes Team und eine tolle Aufgabe. Selbst wenn wir bei

es das erste Land war, in dem ich selbst ein Projekt

trienationen tragen beispielsweise zur zunehmenden

unserer Arbeit keine Projekte unterstützen würden, wäre

besucht habe. Das ist schon etwas Spezielles, wenn

Austrocknung durch den Klimawandel bei. Wir haben

unsere Zusammenarbeit voller Freude. Und auf der ande-

du siehst, dass beim ersten Besuch in der Region dort

aber auch die Kraft, die Not der unter Wasserman-

ren Seite sind die Unterschiede zwischen dem, was wir hier

nichts war. Dann fährst du ein Jahr später erneut hin

gel leidenden Menschen ein wenig zu lindern. Daran

haben und dem, was in anderen Ländern los ist, riesig.

und da stehen Brunnen! Es fühlt sich gut an, zu sehen,

siehst du, wie die Verantwortungen verteilt sind. Es

Das sind auch im größeren Kontext betrachtet keine

dass die Leute das annehmen und damit arbeiten kön-

steht uns einfach nicht gut zu Gesicht, dass wir auf

klugen Verteilungen. Für mich ist es vielleicht auch die

nen. Und es ist eine schöne Bestätigung und Motivation

der einen Seite immer mehr anhäufen, ohne an die

Einsicht auf Kuba gewesen, zu sehen, dass das auf Dauer

für unsere Arbeit.

andere Seite zu denken.

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foto © Stefan Groenveld

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support

nachhaltig

Viele Hilfsorganisationen leben von Spenden.

Was steckt hinter den „Viva con Agua“-Zellen

Das geht bei Viva con Agua auch. Was macht

und wo gibt es sie? Die Idee der Zellen ist, dass

ihr darüber hinaus anders als andere? Das

Menschen eigenverantwortlich im Namen von Viva con

Besondere ist, dass du dich bei Viva con Agua auf

Agua tätig werden können. Unser ehrenamtliches Netz-

unterschiedlichste Weise und mit vielen eigenen Ideen

werk wird immer größer und sie bieten uns die Mög-

engagieren kannst. Jetzt gerade hatten wir beispiels-

lichkeit, zu strukturieren und zu organisieren. In ver-

weise auf einem Festival mehr als 100 Freiwillige im

schiedenen Städten wie Berlin und Köln gibt es Zellen,

Einsatz, die für die Initiative Pfandbecher-Spenden ein-

die Viva con Agua in ihrem Umfeld vertreten. Die Zellen

gesammelt haben. Und so etwas findet diesen Sommer

sprechen sich mit uns in Hamburg und untereinander

ja quasi jedes Wochenende statt. Gerade für junge

ab und so wird das Netzwerk zu einem lebhaften Gebil-

Ein Produkt muss funktionell und gut ver-

hinter sich. Vorteil? Die Farbe wird in

Leute macht so etwas mehr Spaß. Und Mitmachen ist

de. Und neue Zellen entstehen gerade in Bremen, Stutt-

arbeitet sein. Klar. Auch wichtig: gutes De-

einem ökologisch optimierten Prozess vor

auch ein einfacherer Zugang, soziales Engagement zu

gart und München, das geht im Moment richtig ab.

sign. Gefallen soll es schließlich auch. Da-

dem Verweben des Materials aufgebracht.

leben, als einfach nur einen Überweisungsträger auszufüllen. Die Art und Weise, bei uns aktiv zu werden,

VaudeGreenShape

fotos © Vaude

rüber hinaus geht der Outdoor-Spezialist

Damit sinkt der Wasserverbrauch um fast

Vaude auch in Sachen ökologisches Arbei-

90 Prozent, weil das flüssige Gut beim

Spa-

ten in die Offensive. Und vergibt für beson-

Aufbringen der Farbe und im nachträg-

nien hat gerade in diesem Jahr locker begonnen, in

ders umweltfreundlich hergestellte Produkte

lichen Spülprozess hinfällig wird. Ebenso

der Schweiz rockt das Ganze schon ganz schön. Die

das „Green Shape“-Gütesiegel. Die Krite-

beachtlich sind die Einsparungen in Sa-

haben dort für August ein „Viva con Agua“-Konzert

rien dafür sind streng: Nur Produkte, die

chen Energie, CO2-Ausstoß und Einsatz

auf die Beine gestellt, unter anderem mit Dendemann,

aus mindestens 90 Prozent Biobaumwolle,

von Chemikalien – sie liegen allesamt bei

Wir sind Helden und Who made Who. Wir wollen die

recycelten Materialien oder der Holzfaser

rund 60 Prozent. Das so gefärbte Materi-

internationalen Verbindungen gern ausbauen – vor

Tencel® bestehen, mit dem umweltfreund-

al namens „Vaude ecolour“ muss dennoch

allem, wenn sich irgendwann einmal die ersten „Viva

lichen Färbeverfahren „Vaude­ecolour“ ge-

keine Abstriche in Licht- und Wasserbe-

con Agua“-Zellen in Asien, Afrika und Lateinamerika

färbt wurden oder dem weltweit strengsten

ständigkeit oder Farb-Echtheit hinnehmen.

gründen. Das ist schon so eine kleine Zukunftsvisi-

textilen Umweltstandard bluesign® entspre-

Und die gewohnte Qualität bleibt erhal-

on, dass die Bewegung nicht nur von Nord nach Süd

chen, dürfen das Siegel tragen.

ten. In der „Winter 2011/2012“-Kollektion von Vaude liegt der „Green Shape“-Anteil

geht, sondern auch im Süden selbst etwas entsteht.

Für ein Leben mit Wasser: Neuer Brunnen in Äthiopien

Das Färbeverfahren stellt dabei eine ökolo-

bereits bei 30 Prozent, bei Bekleidung bei

Wie sieht die Zukunft von Viva con Agua aus?

gische Besonderheit dar. Der Energie- und

über 50 Prozent.

Was sind deine Ziele? Jetzt gerade ganz konkret im

Wasserverbrauch sowie der CO2-Ausstoß

Vordergrund steht, dass ich die Wasser GmbH zu einer

konnten deutlich reduziert werden. Aktuell

Übrigens: Ein Prozent aus den Erlösen der

erfolgreichen Geschichte machen will. Darüber hinaus

haben derzeit 13 Artikel der „Lemniscate“-

„Green

wollen wir das Netzwerk der Zellen in Deutschland aus-

Kollektion das Verfahren der Spinn-Färbung

an Kinder- und Jugendprojekte des WWF

bauen und kräftigen. Die internationale Orientierung ist

anstatt der sonst üblichen Flotten-Färbung

Deutschland.

ebenfalls eine Baustelle, die ich superspannend finde. Zu

„Es steht uns einfach nicht gut zu Gesicht, dass wir auf der einen Seite immer mehr anhäufen, ohne an die andere Seite zu denken.“

ist so vielfältig, dass jeder einen Platz finden kann.

erleben, dass das Netzwerk nicht in Gibraltar endet, ist

Und das ist das Spannende dabei! Mit dem „Viva con

eine schöne Vorstellung. Auch die Bewegung aus den

Agua“-Quellwasser, erhältlich in Laut (mit Kohlensäure)

Entwicklungsländern zu uns ist ein faszinierendes Zu-

und Leise (ohne Kohlensäure), haben wir zudem seit

kunftsprojekt. Da gibt es bereits ein Beispiel, ein Küns­

Kurzem die Möglichkeit, nicht nur über Spenden, son-

tler aus Mosambik, der bei Konzerten in der Schweiz

dern auch über einen Geschäftsbetrieb Gelder zu gene-

und in Deutschland auftritt. Mehr davon!

rieren. Die Wasser GmbH gehört zu 60 Prozent der im November 2010 gegründeten Stiftung und dem Verein.

Dein nächstes Reiseziel? Indien! Im September. Da

Das ist eine neue Art des Fundraisings. Betriebswirt-

werde ich unser aktuelles Projekt besuchen. Und auch

schaftliche Ansätze mit sozialem Hintergrund können

mal ein wenig Urlaub machen.

anders orientiert sein, als sie es jetzt sind. Wir gehen auf diesen Markt, auch in den Preiskampf, und dahinter steckt die Gemeinnützigkeit. Nur auf Spenden zu bauen, ist nicht mehr zeitgemäß.

54

raus-magazin 2 / 2011

Text Benjamin Hellwig

Welche Chancen siehst du durch die wachsende internationale Unterstützung?

foto © Stedtler Welthungerhilfe

Grünundfarbenfroh

Mehr Informationen unter

www.vivaconagua.org und www.welthungerhilfe.de

Shape“-Produkte

spendet

Vaude


anziehend

anziehend

Maloja//Hansi

55

Euro

Chiemsee//Loxley

24,95

Euro

Chiemsee//Clewistone

24,95

Euro

RAUS! Strandkultur Fühl den Sand zwischen deinen Füßen

Naketano//Patrick

29,90

Euro

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Foto

©

Ange

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John

John

Carter

Face//Grimsel

40

Euro

Carter

Sawitzki Foto

56

Foto

North

raus-magazin 2 / 2011

©

Ange

Sawitzki

PYUA//Hiding

34,90

Euro

Foto

©

raus-magazin 2 / 2011

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John

Carter

anziehend

anziehend

Foto 50

John

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Euro

59

Euro

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34,90

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Sawitzki

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44,90

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Naketano//DORIT

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Vaude//Albert

©

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Reef//Springtide Dolly

Babsi

29

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Euro

Martin//Frangipani

Haarclips

Maloja//Maloja

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7,50

Euro

Reef//Deckhand

Euro

3

60

Euro

Co ol Sh oe // Or ig in Eu ro

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Face//Mir

Cami

40

Euro Vaude//Luke

raus-magazin 2 / 2011

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Chiemsee//Seiya

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Foto

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Benjamin

Hellwig

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75

Euro raus-magazin 2 / 2011

59


anziehend

anziehend

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North

Face//Men’s

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60

Euro

ION//Clash

79,90

Euro

Marmot//Zion

Foto

Oakley//Blade

Boardshort

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©

Ange

256

Euro

Sawitzki

Euro

ION//Transponder

159,90

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Maloja//Nic

Chiemsee//Ferry

Foto

©

Ange

Pass

69,95

75

60

raus-magazin 2 / 2011

Rocks

John

420

Euro

Euro

Euro

Sawitzki

Pyua//Dwars

Chiemsee//Jumper

©

54,95

Softshell

Euro Foto

©

John

Carter

Patagonia//Northwall

307

Euro

Naketano//Hardy

84,95

Euro

Foto

©

John

Carter

Carter


anziehend

anziehend

Maloja//Rose

Foto

©

Hip

John

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85

Euro

Foto

©

John

Carter

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Chiemsee//DIONNE

44,95

Euro

Foto ION//Jewel

Foto

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John

69,90

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triangle

Bikini

55,95

AOP

Martin//Woody

je

15

Euro,

Nightclub

59,90

Euro

Euro Chiemsee//Light

Dolly

John

Carter

ION//Envy

O´Neill//Big

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Euro

je

19,50

Euro

und

Twist

11

Euro

49,95

O´Neill//M&M

Years

Euro

55,95

Euro

Foto

©

Janine

Carter

Herstellernachweis RAUS Cool Shoe über Open Ocean Sports GmbH www.open-ocean.com Chiemsee AG & Co. KG +49 8051 961810 www.chiemsee.com ION essentials +49 89 666550 www.ion-essentials.com Maloja Clothing GmbH & Co.KG +49 8051 963570 www.maloja.de Naketano GmbH +49 201 3614951 www.naketano.com Oakley GmbH +49 89 996500 www.oakley.com O´Neill Germany B.V. +49 2131 1244690 www.oneill.com PYUA GmbH +49 431 71038950 www.pyua.de Reef VF Germany +49 89 35094525 www.reef.com Sansibar Shoes www.sansibar-shoes.com The North Face Division VF Germany Textil-Handels GmbH +49 89 23239780 www.thenorthface.com The World of Dolly Martin +49 431 3804168 www.dollymartin.com Vaude Sport GmbH & Co. KG +49 7542 53060 www.vaude.com

Nicolai raus-magazin 2 / 2011

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balance

balance

fotoS © www.slackline-tools.de Text UND INTERVIEW Benjamin Hellwig

SommerSpannung Die Welt in Waage. So wie täglich morgens die Sonne auf- und abends wieder untergeht, nach der Ebbe die Flut kommt und im Anschluss an jeden Sommer die Blätter fallen, strebt auch der Mensch nach Gleichgewicht. Seit Tausenden Jahren balancieren wir auf Seilen, auch wenn es in der Vergangenheit eher Akrobaten und Durchgeknallte waren, die den Tanz wagten. Vielfach balancieren wir selbst in unserem Alltag unbewusst und im uns vertrauten Umfeld. Slacklinen dagegen ist revolutionär. Beim Spaziergang auf dünnem Gurtband trainierst du aktiv und bewusst dein Gefühl für Gleichgewicht. Und machst dich fit für Skaten, Klettern, das Auskratzen von Dachrinnen. Oder einfach nur für den aufBackloop auf drei Zentimetern Breite

64

raus-magazin 2 / 2011

rechten Gang. Ausprobieren!

raus-magazin 2 / 2011

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balance

balance

Hochmut ohne Fall: Gesichert über die Highline

d

Körperbeherrschung zwischen Farn und Moos

ie Slackline ist nicht aus dem Zirkus ausgebro-

aus Seilen und markiert die Geburtsstunde der Slackline.

chen. Etwa nach dem Motto: „Ein Seil kannst

1983 beobachtet Scott Balcom Adam und Jeff und ist

Es braucht eine kleine Weile, bis das Zittern in den Bei-

der.“ Dabei ist die Bandbreite des Funsports riesig. „Ich

du nicht nur über der Manege spannen, es geht

begeistert vom tänzerischen Charakter der beiden Slack-

nen aufhört. Ich habe jedenfalls noch keinen getroffen,

bin nicht darauf beschränkt, nur über zehn Meter zu

auch zwischen zwei Bäumen.“ Was heute in Stadtparks

line-Pioniere. Der Kletterer schnappt gemeinsam mit sei-

der es nicht hinbekommen hat“, sagt Andy. Gesagt,

laufen. In Parks laufen wir manchmal über 100 Meter

und Grünanlagen von Hamburg bis München zu Hause

nen Freunden die Idee des Schlauchbandes auf und ent-

getan. Bestärkt schwinge ich mich auf das wenige Zen-

weit.“ Ich erfreue mich für heute an dem Erfolg von

ist, beginnt auf Absperrketten von Parkplätzen der USA.

wickelt sie entscheidend weiter – bis hin zu dem, was

timeter breite Band und versuche mit wilden Armbewe-

ein paar wenigen Schritten auf meiner ersten Line. Und

In den frühen 1960er-Jahren vertreiben sich Kletterer im

du heute in jedem guten Outdoorladen erstehen kannst.

gungen, mein Gleichgewicht zu finden. Bei diesem aller-

erfahre, dass Andy am liebsten über Wasser geht. Die

ersten Kontakt scheinen meine Gliedmaßen jedoch einfach

Slackline zwischen zwei robuste Poller gespannt und los

Yosemite Valley bei zu nassem Fels ihre Zeit am Boden und balancieren auf den durchhängenden Begrenzungen

Slacklinen ist in Deutschland mehr als nur angekommen.

noch nicht zu wissen, was unter mir passiert. Und tat-

geht es auf der „Waterline“. „Hier im Norden Deutsch-

aus Metall, den „Slack Chains“. Adam Grosowsky und

Wer sich davon überzeugen möchte, schlendert einfach

sächlich kann ich dieses unglaubliche Wackeln unterhalb

lands haben wir dafür ideale Bedingungen: Hafenanleger

Jeff Ellington modifizieren rund 20 Jahre später den

mal wieder durch den heimatlichen Stadtpark. Bei son-

der Hüfte nicht abstellen. Die Line sagt erst mal Nein zu

und riesige Kreuzfahrtschiffe als perfekte Hintergrundku-

schwingenden Untergrund. Sie spannen alte Kletterseile

nigem Wetter wirst du mit großer Wahrscheinlichkeit

mir und ich muss ins Gras abspringen. Um gleich danach

lisse. Und über Wasser ist das einfach noch mal eine

zwischen Bäume des Nationalparks. Schnell merken sie,

Balancefreudige auf zwischen zwei Bäumen gespanntem

wieder aufzusteigen. Der Ehrgeiz hat mich gepackt.

ganz andere Herausforderung! Unter dir bewegt sich

dass das „Slacken“ nicht nur Spaß bringt. Auch der Trai-

Gurtband antreffen. Und das ist auch die Chance, es mal

ningscharakter für ihre eigentliche Passion, das Klettern,

selbst zu versuchen, denke ich mir. „Frag einfach nach,

Ehrgeiz hat auch Andy noch immer. Herausforderung

sätzlich ausgleichen.“ Sein Hotspot? „Ich war über dem

kommt nicht zu kurz. Ihr Zeitvertreib stärkt auf spiele-

stell dich drauf und probier es aus“, sagt Andy Knauss.

und Vielfalt, das ist es, was ihn am Slacken fasziniert.

Hafenbecken der Hamburger Hafen-City. Es gibt aber

rische Weise Gleichgewicht, Körperspannung und Musku-

Der Sportwissenschaftler und Slackline-Trainer „slackt“ seit

„Selbst nach Jahren wirft mich die Slackline immer wie-

viele Locations, die du noch für dich erobern kannst. Die

latur. Gründe genug, weiterzudenken. Ein Schlauchband

fünf Jahren im Norden der Republik und weiß, dass aller

der ab und ich frage mich dann, warum ich das jetzt

Facebook-Communities sind da eine gute Sache, um sich

aus Polyamid ersetzt ihren selbst gebastelten Prototypen

Anfang schwer sein kann. „Lass dich nicht entmutigen!

nicht geschafft habe. Gleich danach probiere ich es wie-

mit Leuten zum Slacken zu verabreden.“

66

raus-magazin 2 / 2011

alles, das stört dein Gleichgewicht und du musst zu-

raus-magazin 2 / 2011

67


balance

balance

„Lass dich nicht entmutigen! Es braucht eine kleine Weile, bis das Zittern in den Beinen aufhört. Ich habe jedenfalls noch keinen getroffen, der es nicht hinbekommen hat.“

h gleic illst Du w ! RAUS gen? lange losle e t e r n 10 M s “ vo a st d Slack ‘ n ‘ verlo en p breit t „Cli extra gs-Se e ie t iv s s ewirb Ein inklu tz. B Tools schu b e ie n r li b Slack nd A n en u ail a hling c s r d e p M de. Run dich rlag. e v nis a e c o der terra s ist raus@ chlus s e d n 11. Einse r 20 mbe e t p e 05. S

Mehr als nur Verabreden ist nötig, wenn es so richtig in die Höhe geht.

wegs sein oder ein paar Sprünge wagen. Selbst in meiner ersten klei-

Auf dem Gipfel des Slacklinens, einer „Highline“, unterwegs zu sein, bedeu-

nen Begegnung mit einer Line habe ich das Basispaket kennengelernt:

tet zuerst einmal Erfahrung und Vorbereitung. „Highlines spannst du über

Draußen sein, bewegen, an meine Grenzen gehen, Kontakte pflegen!

Absprunghöhe, das heißt, ein gefahrloses Abspringen ist nicht mehr mög-

Und immer dran denken: Auch der längste Weg beginnt tatsächlich mit

lich. Du bist daher über die Slackline und zusätzlich über ein Kletterseil gesi-

dem ersten Schritt.

chert“, sagt Andy. Das Begehen von Highlines, absoluten Profis vorbehalten, gilt für viele daher auch als Königsdisziplin des Slacklinens. Neben dem Ba-

Tillmann Müller kann man getrost als Pioneer der deutschen Slackline-

lancieren spielt auch die psychische Komponente eine Rolle. Auch wenn du

Szene bezeichnen. Ob mal eben im Park oder extrem wie bei der Erst-

jederzeit gesichert bist, musst du den Abgrund unter dir erst mal überwin-

begehung der Gnifetti-Line auf über 4500 Metern: Der 31-jährige Grün-

den können. Und das kann mehrere Hundert Meter über dem Boden sein.

der von Slackline-Tools liebt die Vielfalt der Herausforderung. Und ist auch nach über einem Jahrzehnt fasziniert vom Gefühl, das sich bei

Auch andere abgefahrene Dinge sind beim Slacken möglich. Die

ihm immer wieder einstellt, sobald er „on line“ ist. RAUS! fragt nach.

„Jumpline“ oder „Trickline“ ist so etwas wie die Freestyle-Disziplin des jungen Funsports. Weniger „slack“, also etwas straffer als üblich ge-

Hallo Tillmann, die Ursprünge des Slacklinens liegen

spannt, wird das Gurtband zum Trampolin. „Das umfasst alle sprin-

weit in der Vergangenheit. Wie war dein persönlicher

genden Fortbewegungen wie Back- und Frontflips. Oder einfach mit den

Einstieg in den Sport? Das liegt auch schon etliche Jahre zurück,

Füßen, dem Hintern oder der Brust auf der Line landen“, beschreibt

ich habe Slacklinen erstmals im Jahr 2000 kennengelernt. Viele meiner

Andy die Vielfalt. Spring ab, schnapp etwas Höhenluft und versuch, wie-

Freunde sind Kletterer und auch im erlebnispädagogischen Bereich un-

der zu landen. Sei kreativ.

terwegs. Wir haben damals öfter mal eine Line gespannt, aber das war so schwer zu dieser Zeit, das konnte ja noch keiner. Ich habe einmal

Auch wenn das Risiko für Verletzungen mit dieser spektakulären Varian-

jemanden gesehen, der schaffte es, sich hinzusetzen. Das war schon

te steigt, zieht die Slackline fast jeden in ihren Bann. Es ist ein Sport

etwas Besonderes. 2004 hab ich dann richtig angefangen, allein zu sla-

voller Gegensätze. Du kannst schnell lernen, ein paar Schritte und mehr

cken und mir vieles einfach selbst beigebracht. Irgendwann bekommst

zu gehen. Dein Alter spielt keine Rolle. Wenn du irgendwann so weit

du den Kniff heraus und dann läuft es. Aber ich hatte nur ganz weni-

bist, kannst du mit 200 Meter Abgrund unter dir auch extremer unter-

ge Mitstreiter. Viele dachten, das sei zu abgefahren und zu schwierig.

Back to the roots: Chain Surfing

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raus-magazin 2 / 2011

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balance

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Nach dem Motto: „Wieder so ein Bewegungsfreak, für mich ist das nichts.“ Erst ein knappes Jahr später kamen Leute dazu. Wir boten dann über die Uni Kurse an und ab da hat sich das sehr schnell bei uns verbreitet. Der Zugang war erstmals möglich. Und das Internet hat dann natürlich geholfen, den Sport bekannter zu machen. In den ers­ ten Videos konnten Interessierte sehen, was alles geht. Was fühlst du dabei, wenn du dich auf einer Slackline bewegst? Slacklinen ist für mich nach wie vor etwas ganz Besonderes. Es ist eine andere Dimension, ein anderes Level. Wenn ich aufsteige, kann ich ganz schnell Abstand gewinnen. Dann bin ich gefühlt weit weg, beschäftigt mit mir und der Line. Auch wenn ich wie jetzt nur daran denke, bringt es mir ein Lächeln auf die Lippen! Es ist ein besonderes Feeling, eine besondere Wahrnehmung. Deine Perspektive verändert sich. Nicht nur dadurch, dass du hochsteigst, du schaffst auch etwas, bei dem nach wie vor nur schwer rational nachvollziehbar ist, dass es funktioniert. Selbst für mich, der sich schon sehr sicher auf der Line bewegt. Wenn du dann etwas sehr Dynamisches machst, wie auf der Line zu surfen, ist es faszinierend, dass dein Körper es immer noch schafft, in Balance zu bleiben. Es nicht komplett zu verstehen, das fasziniert mich. Jede Line ist ein wenig anders und kann dich aufs Neue überraschen. Variierst du eine der Stellschrauben, Material, Höhe, Spannungsgrad oder Distanz, kreierst du dir jedes Mal eine neue Herausforderung – und das beginnt schon bei fünf, sechs Metern Entfernung. Oder du stellst dir das ein, worauf du gerade Lust hast: entspannen und genießen oder eben Challenge. Viele Slackliner spezialisieren sich: Funline, Waterline, Longline, Highline, Jumpline. Wo hältst du dich am liebsten auf? Ich würde sagen, dass ich ein guter Allrounder bin. Das ist auch generell ein Teil meiner Persönlichkeit. Ich mag den Facettenreichtum. Wenn ich sehe, wie rasant die Entwicklung gerade ist, beispielsweise bei Sprüngen, dann merke ich, dass ich gar nicht die Zeit hätte, da mitzuhalten. Die Ambitionen habe ich allerdings auch nicht. Der Highline-Sektor, die Königsdisziplin, ist dagegen schon eine Spezialität von mir. Dinge, die du unten kannst, auch einfache Sachen, müssen oben noch lange nicht funktionieren. Auf eine Highline zu gehen, ist jedes Mal ein extrem intensives Erlebnis und ein intensiver Dialog, den du mit dir führst. Du musst es wirklich wollen, sonst machst du keinen Schritt! Du warst ja 2009 bei der Erstbegehung der Gnifetti-Line dabei. Was war das für ein Gefühl, in über 4500 Meter Höhe zu balancieren? Für mich war das ein absolutes Highlight! Wir hatten uns allerdings schlecht akklimatisiert, waren unter Zeitdruck. Ich war zuvor selbst noch nicht in solch einer Höhe und dann willst du da eine körperliche und psychische Höchstleistung bringen.

Ein Bett im Rapsfeld

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raus-magazin 2 / 2011

71


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balance

Es hätte nicht viel schieflaufen müssen, damit es nicht klappt. Wir hatten

ein absoluter Standard, mit Baumrindenschutz unterwegs zu sein. Und

großes Glück. Wir waren mental stark, eine sehr gute Truppe und unsere

dann haben wir das Thema natürlich auch in der Community verbrei-

Unbekümmertheit hat den Unterschied gemacht. Es war schon angstein-

tet, einem Kursteilnehmer auch mal einen Rindenschutz geschenkt. Der

flößend und ich war gefühlsmäßig extremen Gefahren ausgesetzt. Dass

Nachhaltigkeitsaspekt wurde damals von Slackliner zu Slackliner weiter-

es im Endeffekt so gut geklappt hat, hätte im Vorfeld keiner vermutet.

gegeben. Mittlerweile ist die Szene allerdings derart groß geworden, dass es nicht mehr so leicht ist. Ich persönlich sehe zwischen Slacklinen

Was hast du Spektakuläres in Planung? Projekte und Träume

und Naturschutz keinen Konflikt, wenn du es in einer verantwortungs-

habe ich immer. Aber das ist ähnlich wie beim Klettern auch, da hältst du

vollen Weise betreibst. Wichtig ist uns dabei auch der Dialog, wir wol-

dich im Vorfeld mit einer Ankündigung eher zurück. Über konkrete Pro-

len wissen, wenn es in irgendwelchen Parks Probleme gibt. Und zwar

jekte spreche ich eher ungern (lacht). Bisher habe ich die Line meistens

bevor Schilder aufgestellt oder Verbote ausgesprochen werden. Das

da spannen können, wo ich wollte. Gerade aber der urbane Raum bietet

lässt sich dann meist in und mit der Community lösen. Ich sehe aller-

noch eine Fülle an faszinierenden Spots, die wir entdecken können.

dings auch ein wachsendes Verständnis für die Nachhaltigkeit und den Schutz. Auf Herstellerseite gibt es allerdings noch große Defizite. Ich

Um zu slacken, ist nur wenig Aufwand nötig. Wie lassen

kann nicht nachvollziehen, wie Sets ohne Baumschutz verkauft werden

sich Stadt und Slacklinen miteinander in Verbindung brin-

und man dann lediglich darauf hinweist, dass ein Schutz notwendig ist.

gen? Ich denke, dass es in hervorragender Weise möglich ist, Stadt

Fahrrad fahren kann ich auch ohne Helm, das liegt in meiner Verant-

und Slacklinen zu verbinden. Slacken findet eigentlich fast ausschließlich

wortung. Slacken geht einfach nicht ohne Rindenschutz, das bin ich

im urbanen Raum statt. Ich gehe beispielsweise nicht in den Wald zum

der Natur schuldig.

Slacken – es sei denn, ich wandere und habe die Line dabei. Slacken hat sein größtes Potenzial im Urbanen und besonders auch im Alltag. Dadurch, dass die Wege nicht weit sind und ich die Line flexibel und schnell aufbauen kann, ist es ein hervorragender Ausgleichssport. Auch um deinen Kopf freizubekommen. Viele spannen ihre Line in der Mittagspause. Aufsteigen und dein Stress ist weg. Du tauchst ein in diese andere Dimension und kannst eben sehr, sehr schnell Abstand vom Alltag gewinnen. Mir ist keine andere Sportart bekannt, bei der das so schnell möglich ist. Und es fordert dich! Du versuchst, die Balance zu halten, und alles andere muss weg sein, sonst fällst du wieder herunter. Du konzentrierst dich automatisch und machst es einfach, das ist das Schöne daran. Wenn dich dabei allerdings andere Dinge beschäftigen, dann läuft es nicht – solche Tage gibt es auch. Eigentlich eine ganz gute Rückmeldung an sich selbst, oder? Tillmann auf den Lofoten

Kannst du, wenn du im Alltag durch die Stadt gehst, noch an einer Absperrkette vorbeigehen, ohne darauf zu balan-

„Selbst nach Jahren wirft mich die Slackline immer wieder ab und ich frage mich dann, warum ich das jetzt nicht geschafft habe. Gleich danach probiere ich es wieder.“

cieren? Es gab eine Zeit, da musste ich wirklich draufspringen, mittler-

Worauf sollte ich beim Kauf eines Slackline-Sets achten?

weile geht es auch ohne. Das ist schon reizvoll. Mit den Slack Chains

Viele Anfänger denken, ich kaufe mir zum Einstieg erst mal etwas Billi-

hat es schließlich in den 1960ern angefangen. Allerdings praktizieren

ges. Das Problem ist dann oftmals, dass die Sets unvollständig sind. Und

das nur sehr wenige. Das wundert mich schon, denn jeder, der slack-

es wird an der Performance gespart. Gutes Material muss nicht wahn-

linen kann, kann sofort auf einer Kette laufen. Die Kette ist sehr träge

sinnig teuer sein, aber einige Dinge sind eben wichtig: breite Schlingen,

und langsam, allein schon durch ihr Eigengewicht.

Reibungsschutz. Das Spannelement dagegen ist eher sekundär. Ob Ratsche oder Flaschenzug, das ist in meinen Augen Geschmackssache.

Slacklinen und Nachhaltigkeit – was fällt dir dazu ein?

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raus-magazin 2 / 2011

Etwa 2006 haben wir festgestellt, dass immer mehr Leute den Sport

Dein Tipp für Anfänger? Einfach mal auf die Line gehen, und nicht

gut fanden. Da merkten wir, dass wir aufpassen mussten, dass sich die

viel denken! Lass ohne große Vorbereitungen auf dich wirken, was mit

Entwicklung nicht selbst ausbremsen würde. Für uns war es schon früh

dir passiert. Gib deinem Körper die Zeit, dich daran zu gewöhnen.

raus-magazin 2 / 2011

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balance

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Longline-Rekord auf Polyester

Lukas Irmler: 262 Meter, 30. April 2011 in Rosenheim, Deutschland Längste Highline

Alexander Schulz und Jerry Miszewski: 115 Meter, 24. Juni 2011, Millau, Frankreich

„Ich war über dem Hafenbecken der Hamburger Hafen-City. Es gibt aber viele Locations, die du noch für dich erobern kannst.“

Höchste Highline

Tillmann Müller, Jörg Helfrich, Lars Krücke: in 4550 Meter Höhe, 06. September 2009, Gnifetti-Highline an der Capanna Regina Margherita, Walliser Alpen, Italien Back-to-Frontflip-Kombination

sein und mich auf etwas Neues einlassen können. Die

Michi Aschaber, Winter 2009

Line ist dein Freund, nicht dein Feind, die Schwingung kommt ja nicht aus der Line, sie reflektiert nur deine Bewegungen. Wirst du ruhiger, ebbt auch das übermäßige Wackeln ab. Und das Beste, was dir passieren kann, ist, dass die Line schwingt. Denn das kannst du ausgleichen. Dadurch fühlst du dich in der Mitte der Line am meisten zu Hause. Hast du dieses Gefühl ent-

Baumschutz

• Je dünner die Rinde, desto anfälliger für Beschädi

gungen Im Frühjahr sind Bäume am sensibelsten. • Je jünger der Baum, desto anfälliger • Breite Rundschlingen mit optimal zehn Zentimeter Auflagefläche und Scheuerschutz sind ein Muss. • Stamm-Umfang mindestens 1,20 Meter

wickelt, kannst du slacken.

• Lines nicht zu oft an denselben Stellen aufspannen

Wohin wird sich der Sport deiner Meinung

Slacklinen im Norden

nach entwickeln? Was dürfen wir erwarten?

• Wohlerspark, Hamburg

Ich denke, Slacklinen wird sich weiter ausdifferenzieren.

• Stadtpark, Durchgang zum Landhaus Walter, Hamburg

Neben den klassischen Disziplinen wie Highlinen und

• Vor der Turmbar, am Dammtor, Hamburg

Longlinen ist in den letzten Jahren unheimlich viel auf der Jumpline gegangen. Die ist nicht so materialaufwendig, ich kann sie fast überall spannen. Und dadurch gerät die Person wieder mehr in den Vordergrund. Es liegt also an mir, kreativ zu sein und mich auszuprobieren. Deshalb glaube ich, dass da eine Menge Potenzial drinsteckt. Außerdem glaube ich, dass der Gesundheitsa-

Slacklinen im Osten

• Tiergarten, Berlin • Volkspark Friedrichshain, Berlin • Volkspark Humboldthain, Berlin Slacklinen im Süden

• Nordteil Englischer Garten, München

spekt stärker werden wird. Der Boom von Sportarten

• Olympiapark, München

wie Yoga und Tai-Chi kommt nicht von ungefähr und

• Maßmannpark, Ecke Dachauer und

da passt Slacklinen gut rein. Zudem rechne ich damit,

Schleißheimer Straße, München

dass mehr und mehr Frauen sich für den Sport begeiAndy mit Publikum in Sri Lanka

74

raus-magazin 2 / 2011

stern werden. Slacken ist offen für jeden! Und auch die

Slacklinen im Westen

Slackliner selbst verbreiten diese Message. Die Sportart

• Stadtpark, Bochum

ist ja nicht in Deutschland entstanden, aber die heu-

• Westpark, Dortmund

tige Philosophie kommt, denke ich, aus Deutschland und

• Volksgarten, Düsseldorf

Rationale Trockenübungen verfliegen ohnehin, sobald

Österreich. Zu sagen, ich bin Slackliner, so wie andere

du auf der Line stehst. Und wenn das charakteristische

sagen, sie sind Skater, ist sicher ein deutschsprachiges

Fußwackeln auftritt, versuch einfach so locker wie mög-

Phänomen. Das ist nun schon ein paar Jahre her, aber

lich zu bleiben. Lieber mitschwingen, als krampfhaft

noch immer hast du als Einsteiger eine Menge Gestal-

das Wackeln unterdrücken zu wollen. Akzeptiere die

tungsspielraum. Der Sport ist noch in der Entwicklung

Bewegung! Wenn es nicht wackeln soll, muss man

und total lebendig. Schon nach wenigen Wochen Übung

auf dem Gehsteig oder Schwebebalken balancieren.

könntest du neue Tricks erfinden und benennen. Das ist

Kurse, Workshops, Fortbildungen, Events

Die Flexibilität des Bandes ist Teil des Balanceakts, und

eine tolle Sache. Und von welcher Sportart kann ich das

www.slackline-nord.com

das gilt auch für mich als Slackliner. Ich muss flexibel

schon behaupten?

Ausrüstung, Tipps und Inspiration

www.austrialpin.at www.gibbon-slacklines.com www.slackline-tools.de www.slackstar.de

raus-magazin 2 / 2011

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aufwärts

aufwärts

Buildering

in

München

Drei Kletterer suchen nach Routen im urbanen Raum – und finden dabei einen ganz neuen Blick auf Münchens Architektur: vom Brückenbogen zum Propeller. Verkehrsschilder statt EdelweiSS, Mauern statt Fels – und manchmal sogar Stahl: Benny steht unter der Schiffsschraube vor dem Deutschen Museum. Sonntagmittagssonne wärmt die Rotorblätter, die sich einst als Antrieb eines Schnelldampfers durch Wassermassen schlugen. Hinter ihm rauschen Autos und die Isar. Hunderte von Münchnern und Touristen radeln vorbei, schieben Kinderwagen oder flanieren. Benny will da hoch.

Text Agnes Fazekas Fotos © Marco Kost

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Crashpads beim Checken des Spots

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aufwärts

aufwärts

n

icht irgendwie, das wäre kein Problem für ihn. „Ich will endlich den Mantle über die Schraube schaffen“, sagt er. Ein Mantle ist ungefähr die Bewegung, die ein Schwimmer

macht, wenn er sich ohne Treppe aus dem Becken hievt. Kletterer nennen so oft den Abschlusszug einer Route, mit dem sie sich auf das Plateau eines Felsblocks oder Sims stützen. Benny ist 15 Jahre alt und als Wettkampfkletterer eigentlich in den Hallen des Deutschen Alpenvereins zu Hause oder lieber noch: an den Granitblöcken des Zillertals. Aber seit einiger Zeit zieht es ihn mit seinen Kumpels Martin und Clément immer wieder in die Stadt. Zum Bouldern, das ist Klettern in Absprunghöhe, ohne Seil. Die drei Münchner benutzen den Begriff in abgewandelter Form: Sie „buildern“. So nennen sie das spielerische Trainieren an „Buildings“, Mauern, Fassaden, Treppen, Säulen – oder einer Schiffsschraube mitten in der Stadt.

„Freeclimbing“, sinniert der eine, „ach für mich wär das nisch‘, viel zu leichtsinnig.“ Während Benny seine Beine mit den engen Kletterschuhen um den Propeller schlingt, mit dem Gummi der Fersen Halt an riesigen Muttern sucht, seinen Körper mit rotem Kopf um die Schraube windet, guckt Clément unruhig über die Schulter. Aber der Einzige, den Bennys athletische Übung interessiert, ist ein Obdachloser: „Da traut’s ihr euch hoch, klettert doch mal auf den Bundestag!“ Möglichkeiten: mittel, Höhe: bis zu 2,5 Meter, Schwierigkeiten: mittel bis schwer, Zuschaueraufkommen: hoch, Regensicherheit: nein, bei Nacht: ja,

Spot online: seit 30. Oktober 2010. So hat der 22-jährige

Martin, Initiator von www.buildering-muenchen.de, auf der Seite die „Schiffsschraube“ beschrieben. Vierzig Spots hat er schon gesammelt, zehn davon mit seinen Freunden ausprobiert. Martin zieht oft stundenlang durch die Stadt, auf der Suche nach urbanen Gipfeln. Er arbeitet in Mittenwald und ist nach München gezogen, weil seine Freundin hier studiert, die anderen beiden gehen in Ottobrunn zur Schule. Wenn sie mit der U-Bahn ihre Projekte anfahren, gucken die Leute. Von hinten sieht man nur die Crashpads, zusammengeklappte, voluminöse Matten, die sie wie einen Rucksack buckeln. Hervor gucken nur noch die Beine in den neu glänzenden Shorts vom ersten Sponsor, einem kleinen Kletterlabel aus Karlsruhe. Crashpads werden beim Bouldern unter dem Kletterer platziert, damit dieser abspringen oder fallen kann, ohne sich zu verletzen. Wie Schildkröten klemmen die Builderer mit ihren weichen Panzern in der Rolltreppe. Am Gasteig will ein Mann wissen, ob sie ihr Klavier bei sich trügen, am Isarufer wird nach dem Klappbett gefragt. Auf der Mauer, auf der Lauer

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aufwärts

aufwärts

Martin schätzt, dass es etwa fünfzig Builderer in München gibt. Aber die drei sind die ersten, die sich offen im Netz präsentieren, wenn auch nur mit Vornamen. „Falls mal ein Chef den Namen googelt.“ Immerhin ist das Beklettern von öffentlichen Gebäuden eine rechtliche Grauzone. Deswegen fordern sie auf ihrer Seite auf: „Denk immer daran, du bist nur Gast an den Gebäuden und Objekten.“ Ob es an der Freude über den sommerlichen Tag liegt oder an den netten Jungengesichtern, in fünf Stunden Streifzug gibt es nur zwei wohlwollend klingende Ermahnungen. Clément klammert sich gerade an die Säule am Hintereingang der LMU und patscht rechts und links mit den Handflächen gegen die Mauer, Griffe gäbe es auch, aber so macht‘s mehr Spaß. Auf der Höhe der Latte eines Fußballtors wartet ein angenehmer Zielgriff: eine ausgebrochene Höhlung mit abgerundetem Rand. „Ziag o, allez, allez“, brüllt Benny. „Puh, ziemlich hautlastig“, sagt Clément und rettet zwei Finger aus einem Loch, in dem einmal ein Kiesel saß, als zwei ältere Herren in dunklen Uniformen erscheinen. Die Security der LMU wurde von Anwohnern informiert: „Freeclimbing“, sinniert der eine, „ach für mich wär das nisch‘, viel zu leichtsinnig.“

„Hauptsache, du verletzt dich nicht, von der Polizei hol ich dich ab.“

Brücke zum Anfassen

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aufwärts

aufwärts

Echte Probleme gebe es nur, wenn sie andere Leute behinderten, glaubt Martin. „Staatsgebäude sind auch nicht so eine schlaue Idee“, sagt Benny. Aber manchmal locke da halt so eine „verdammt geile Leis­te“ über einem Portal – wie am Ägyptischen Museum. An der Unterführung am Müllerschen Volksbad messen die Jungs ihren Affenindex, das Verhältnis von Armlänge zum Körper. Das Café ist voll, die Sonne brennt. Ein paar Spanier applaudieren. Ein Bademeister sagt: „Macht ein bisschen unauffällig – und passt auf euch auf!“ Bennys Taktik: Nicht zu viel fragen. „Wer blöd fragt, bekommt blöde Antworten.“ Cléments Mutter meinte zu ihrem Sohn: „Hauptsache, du verletzt dich nicht, von der Polizei hol ich dich ab.“ Jetzt erinnert er die anderen daran, das abgesperrte Fahrrad zurückzustellen, das an den Einstieg des Builders gelehnt stand. Später werden sein Vater und dessen Freundin zu ihnen stoßen, sie wollen es auch mal probieren. Am Kabelsteg waten die drei durch das knietiefe Isarwasser zum mittleren Brückenpfeiler, zu verführerisch ist das Herzstück der Jugendstilbrücke: Eine geschwungene Höhle in ein paar Metern Höhe.

Am Strand drängen sich sonnenhungrige Münchner wie in einer Arena, sie warten sichtlich erfreut auf eine Performance. Martin bohrt die Spitze seines Kletterschuhs in ein Löchlein und zieht sich über kaum sichtbare Leisten auf die Kuppe. Bennys Wadenmuskel zittert ange-

An der Brücke, seinem Lieblingsspot, führt er die Jungs zielstrebig zu einem der inneren Pfeiler. Am Boden liegen Glasscherben und es stinkt nach Urin.

spannt, sein Fuß rutscht auf dem silbernen Lack des Graffitis darunter, die Hand zerrt am Untergriff. „Hier müsste man mal putzen.“ Oben angekommen vollführen sie ein paar Klimmzüge und fotografieren sich vor der eindrucksvollen Kulisse mit nacktem Oberkörper, die Muskeln aufgepumpt. „Für deine Zukünftige“, lacht Benny und knipst den 15-jährigen Clément. Auf dem Weg zur Wittelsbacher Brücke lockt eine freie Stahltreppe: Hausfriedensbruch? Ach, so schnell kann keiner meckern. Clément sagt mit plötzlich dünner Stimme: „Fall nicht …“, als Benny sich über die Stufen nach oben hangelt, einen Moment dort verweilt, bis er sich übers Geländer zieht. „Da brennt die Haut“, er zeigt seine Handflächen. Die heiße Pizza vom Dönerladen lässt die wunden Fingerspitzen pochen.

Der Gipfel ist nah.

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aufwärts Was du dabei haben solltest

• Bouldermatte oder Crashpad: Dick gepolsterte Matte, die bei Stürzen vor Verletzungen schützt. • Magnesia oder Chalk: Hält deine Hände trocken und gibt dir mehr Grip. • Freunde: Mehr Spaß und mehr Sicherheit. Was du wissen solltest

Sei vorsichtig, sei höflich, sei umsichtig, sei nachhaltig. Buildering heißt Klettern in der Grauzone. Informiere dich, wenn nötig, und beachte Verbote und Warnhinweise. Denkmalgeschütztes meiden und mit wenig oder ohne Chalk klettern, um den Spot so zu hinterlassen, wie er vor dir aussah. Top-3-Spots Süden

• Schiffsschraube am Deutschen Museum, München • Wittelsbacherbrücke, Bogenbrücke über der Isar, München • Isarhorn zwischen Friedensengel und Landtag, München Top-3-Spots Osten

• Brücke Lankestraße, Potsdam • Kriegsdenkmal Volkspark Friedrichshain, Berlin • Glockenturm Olympiastadion, Berlin Top-3-Spots Westen

• Hohenzollernbrücke am Hauptbahnhof, Köln • Niehler Kaimauer, erreichbar vom Niehler Damm, Köln-Niehl • Mühlheimer Brücke, Hängebrücke zwischen Mülheim und Riehl, Köln Top-3-Spots Norden

An der Brücke, seinem Lieblingsspot, führt er die Jungs zielstrebig

• Betonpyramiden Kesselort Dietrichsdorf, Kiel

zu einem der inneren Pfeiler. Am Boden liegen Glasscherben und es

• Seesoldatenehrenmal Düsternbrook, Kiel

stinkt nach Urin. Eine Sonnenbadende fühlt sich vertrieben. Benny verkeilt sich mit Händen und Fersen rücklings in die Lücken zwischen den Steinquadern des Bogens. Nach ein paar Metern nimmt die Höhe beträchtlich zu, Clément sagt: „Benny, es reicht!“ „Einen noch“, sagt Benny. Irgendwann mal will er den ganzen Bogen bouldern, sieben Meter etwa beträgt der höchste Punkt. Oder die Direttissima übers Geländer wagen. Martin sammelt weiter, irgendwann will er die Daten in Form eines Führers veröffentlichen. Aber sein Traum wäre es, selbst mal einen Contest auszurichten. 2008 gab es immerhin eine WM im Ruhrpott. „Nie hätte ich gedacht, dass es so viele Möglichkeiten in München gibt“, sagt Clément. Benny hatte sogar beim letzten Wandertag nach Salzburg die Bouldermatte dabei. „Zum Ausruhen“, erklärte er den Lehrern. Die Traverse an der Dom-Mauer hatte ihn angelacht. Bald kam ein Mönch vorbei, Benny wollte nicht abspringen, er war schon so weit gekommen. „Der Herr schütze dich“, murmelte der Mann aus seiner Kutte. „Das war mal ein gechillter Mönch!“

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• Levensauer Hochbrücke, Holtenau Weitere Informationen unter

www.buildering-muenchen.de


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päck. Schon mal erlebt? Und auch fotografiert? Wenn nicht, dann noch schnell

teilen. Mit Eagle Creek beginnt die Reise im Augenblick des Planens und Packens,

auf Motivsuche. RAUS! will dein beeindruckendstes Reisefoto von einem Fortbe-

der Erwartung für das Kommende und endet mit der Rückkehr – durch das Er-

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ist der 05. September 2011 (Auflösung: 300 dpi). Die besten vier Einsendungen

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prämieren wir zusammen mit dem Reisegepäckspezialisten Eagle Creek. Zu be-

ermutigen, für sich die Schönheit und Geheimnisse des Reisens zu erkunden.

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nes verstellbaren Hüftgurts bequem

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aufbruch

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Text Red Bull Content Pool Übersetzung Benjamin Hellwig

Orlando Duque steht auf einer Felsformation. „Die drei Musketiere“, drei imposante Spitzen, die über 50 Meter weit herausragen, sind Teil der Insel Malpelo und überblicken das Zentrum des Pazifiks. Auf diesem kleinen Stückchen Land, etwa 30 Stunden Bootsfahrt von der kolumbianischen Küs­ te entfernt, leben fünf uniformierte Armeeoffiziere, eine Million Krabben, mehr als 10.000 Vögel und Reptilien, die aussehen,

orlando duque auf malpelo island

Insel des perfekten Sprungs

aufbruch

als wären sie aus einer Zeit vor unserer Zeit. In den Tiefen des Ozeans runden Hunderte Hammerhaie das Bild eines Ortes ab, der einzigartig ist.

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aufbruch

aufbruch

Zehn Stunden Ozean liegen vor uns bis nach Gorgona

breit nichts zu sehen. Wir wollen sofort loslegen. Das

Prison Island, dem einzigen Stopp vor Malpelo. Wir errei-

Schiff schnell an der Boje festgemacht, gibt es nur eine

chen die kleine Insel in der Morgendämmerung. Der Tag

Mission für diesen ersten Tag: Suchen und Finden! Wir

am ehemaligen Gefängnis geht in völliger Entspannung

halten Ausschau nach Spots, von denen Orlando sprin-

vorüber: Orlando schlendert um das alte Bauwerk, das

gen könnte. Mit drei Schlauchbooten geht es um die

sich der Dschungel langsam, aber sicher zurückholt. Ein

Insel. Orlando, Eber und Dany, alle Freunde und Klip-

paar Minuten Tauchen im kristallklaren Wasser. Walgesän-

penspring-Gefährten, wählen einige Spots aus. Daniel,

ge unter Wasser. Die „Sea Wolf“ legt wieder ab. Die un-

Rafa und Juanda, zuständig für den Zugang und die

wirtliche Insel Malpelo ist jetzt noch 20 Stunden entfernt.

Sicherheit, analysieren den Zugang. Klettern, Abseilen, immer wieder.

Die Morgenstunden brechen an. Der Kapitän verkün-

e

s war der Traum eines Klippenspringers, hier

zen. Genehmigungen sind notwendig, um in diesem

oben zu stehen, mehr als 20 Meter über dem

bedeutenden Schutzgebiet aktiv werden zu können.

Ozean. Bereits als zehnjähriger Junge hatte

Malpelo ist nicht nur ein Fels inmitten eines Ozeans.

Orlando diesen Wunsch. Der mehrfache Weltmeister

Es ist das größte Fischgebiet im tropischen Pazifik und

breitet die Arme aus. Im Hintergrund ist der Count-

der einzige natürliche Lebensraum für einige bedrohte

down zu hören: „Zehn, neun, acht.“ Seine Augen fo-

Meeresbewohner. Und eines der weltweit beliebtesten

kussieren die Wasseroberfläche. Sie erwarten diesen

Tauchreviere. 2006 wurde die Insel zum Weltkulturerbe

Moment, den, in dem die ankommende Welle ihm

ernannt. Heute macht Orlando es zu seinem Ort und

sagt, es ist Zeit zu springen. „Sieben, sechs, fünf, vier.“

springt von drei schier undenkbaren Plätzen.

det, dass Malpelo in wenigen Stunden am Horizont zu

Wir erkennen gleich, dass es nicht leicht werden wird.

sehen sein wird. Gegen Mittag erblicken wir einen gi-

Verwitterung, Niederschläge, Winde und das Klima set-

gantischen Koloss aus vulkanischem Gestein. Es scheint,

zen der Insel zu und machen sie gefährlich. Der Fels ist

als schwimme er beinahe wie aus Versehen im tro-

brüchig, trotz seiner anfänglich beeindruckenden Erschei-

pischen Meer. Außer Gestein und Vögeln ist weit und

nung. Kein Ufer, um vernünftig ablegen zu können.

Zwei Fotografen umgeben ihn, ein Kameramann, drei Kletterprofis, zwei seiner besten Freunde und andere

Orlando und das ganze Team starten ihre Reise in Bogotá

Klippenspringer. „Drei, zwei, eins.“ Er hebt die Arme,

mit einem ersten Stopp in Cali, dem Heimatort von „The

geht in die Hocke und hebt ab. Eine perfekte Drehung

Duke“, wie Orlando genannt wird. Die Zeit ruft. Cali ist

in der Luft gefolgt von einem umjubelten Eintauchen

die letzte Station in der Zivilisation. Nach drei Stunden

ins Wasser.

Fahrt auf holprigen Straßen erreicht der mit zwölf Leuten und der kompletten Ausrüstung für das Abenteuer vollge-

Die Reise beginnt vier Jahre zuvor. Orlando und sein

stopfte Van den Hafen von Buenaventura. Wir verlassen

langjähriger Freund Daniel Rincon besuchen die Insel

den festen Boden, gehen an Bord. Die Nacht bricht he-

und ihre eigenartigen Einwohner. Auf ihrer Reise che-

rein und auch die „Sea Wolf“, unser Schiff, ausgestattet

cken sie mögliche Absprungplätze und Bedingungen

mit allen notwendigen Annehmlichkeiten für Schlafen, Es-

vor Ort. Sie wollen ihre Vision in die Realität umset-

sen und Leben, hat noch einmal Ruhe. Entspannung pur: Orlando Duque vor dem Sprung

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aufbruch

aufbruch

Ein Meer, das niemals ruhig ist. Demski und Rozo erkennen die Schwierigkeit ihrer Arbeit als Fotografen. Thomas Miklautsch und sein Kamerateam wissen, dass es nicht annähernd so leicht wird, wie in ihrem Filmprojekt „9 dives“.­Der Aufwand wird für alle Beteiligten immens hoch sein. In der Abenddämmerung kehren die Schlauchboote zurück. Wir essen zu Abend, ruhen uns etwas aus. Die „Sea Wolf“ schläft, wir nicht allzu viel. Der dritte Morgen beginnt mit einem kurzen Meeting. Eine Karte hilft uns, die gewählten Spots und unsere Optionen für Barrakudas zum Anfassen

die Lichtverhältnisse festzuhalten. Orlando gibt uns den Takt für den Tag vor, danach legen wir ab. Unser Ziel: „Die drei Musketiere“, unser erster Spot!

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„Die Kathedrale“

Nur wenige Stunden, bevor wir ablegen, entdeckte das

Noch am selben Tag klettern wir zu Standort Nummer

sen, dass keine Zeit für ihren Sprung bleiben wird. Orlan-

Kletterteam einen Zugang, auf dem wir zur Spitze gelan-

zwei: „Die Kathedrale“. Ein natürlicher Steinbogen gibt

do steigt allein ab und erreicht den Spot. Die Plattform

gen können. Daniel springt von Bord, schwimmt hinüber

dem Spot seinen Namen und sieht so spektakulär aus wie

ist winzig, vielleicht 20 mal 20 Zentimeter. Seine einzige

und klettert vom Wasser aus die Wand hinauf. Er bringt

die Sprünge, die wir von ihm versuchen. Um die nötige

Unterstützung sind jetzt Daniel und ein Seil, das sie bei-

die ersten Sicherheitselemente an, seine Helfer beenden

Ausrüstung auf die improvisierte Plattform zu bringen,

de verbindet. Es fängt an zu regen. Unsere Nerven sind

den Job. Orlando kommt an, schwimmt hinüber zur Fels-

müssen wir eine rostige alte Leiter nutzen. Ein 20-mi-

angespannt. Vorsichtig und mit einigen Schwierigkeiten

wand. Er springt in den Klettergurt und los geht es, 27

nütiger Marsch durch loses Gestein ist das nächste Hin-

zieht Orlando seinen Gurt aus. Er hat gerade einmal zehn

Meter Kletterstrecke. Ein grauer Tag, ein unruhiger Oze-

dernis. Jeder von uns ist sehr vorsichtig mit den kleinen,

Sekunden. Daniel zählt herunter. Sein Sprung ist einwand-

an. Dany und Eber folgen ihm auf dem gleichen Weg

tierischen Bewohnern, die manchmal besser zu sehen sind

frei, aber beängstigender als jemals zuvor. Stunden später,

nach oben.

als die steinernen Wegmarkierungen. Diesmal haben Da-

zurück auf dem Schiff, spricht „The Duke“ über diesen

niel und sein Team einen effektiven, aber heiklen Abstieg

Sprung. Es ist ungewohnt, die Angst in seiner Stimme zu

Während des Kletterns verfliegt die Zeit. Der Himmel ist

geplant. Mit Klettergurt und Seilen sind wir auf der Su-

hören. Inzwischen wissen wir alle, dass Malpelo ein Ort

immer noch grau, das Meer wird noch unruhiger. Jeder

che nach geeigneten Positionen. Ein unglücklicher Schritt

ist, an dem man besser keinen Fehler macht.

ist an seiner Position und der Countdown beginnt. Dany

und ein kleiner Stein landet auf Thomas‘ Kopf. Zum

ist der Erste. Sein Sprung hat einen beruhigenden Effekt

Glück verletzt er sich nicht ernsthaft, aber die Aktion ist

Der Morgen des vierten Tages beruhigt uns etwas und

für alle. Eber springt als Nächster. Sein Körper scheint für

uns eine Warnung. Wenige Minuten später löst sich ein

gibt uns Kraft für das, was vor uns liegt. Ein gemüt-

einen Augenblick in der Luft zu hängen, als er kurz gen

weiterer, wesentlich größerer Stein und landet mitten in

licher Ausflug mit dem Team steht an. Nach allem

Himmel blickt. Eine gekonnte Rückwärtsdrehung –­und die

der unteren Gruppe. Aber wir haben erneut Glück, nichts

Bisherigen empfinden wir das Schwimmen und Tau-

Schwerkraft übernimmt den Rest. Als er eintaucht, spritzt

passiert.Obwohl alles recht einfach aussieht, vergeht viel

chen mit Barrakudas und Hammerhaien als riesiges Ge-

das Wasser kaum merklich. Orlando Duque schließt die

Zeit. Und der Sprung ist noch nicht Realität. Das Licht

schenk. Voller Optimismus verlassen wir das Schiff. „Die

Morgenrunde ab und taucht sauber ein.

wird von Minute zu Minute weniger. Eber und Dany wis-

Kathedrale“ wartet wieder.

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aufbruch

Heute scheint die Sonne. Dank unserer Erfahrungen von Tag drei sind Abstieg und Organisation entspannt. Es läuft gut, von den Sprüngen von Eber und Dany bis hin zu dem von Orlando. Demskis und Rozos Bilder sind einwandfrei, genau wie Thomas‘ und Richards Kameraaufnahmen. Die zwei Stunden Mittagspause zeigen uns, dass all dies hier für uns Sinn ergibt. Wir kehren zurück auf die Insel. Und wollen jetzt zu ihrem höchsten Punkt. Der Aufstieg dauert fast eine Stunde. Der Plan sieht vor, uns von hier aus abzuseilen, um den dritten und letzten ausgewählten Spot zu erreichen: der „Kühlschrank“, eine kleine, kristalline Bucht. Nicht einmal fünf Minuten auf dem Gipfel vergehen, als uns klar wird, dass der eingeschlagene Weg nicht ideal ist, um zum Spot zu gelangen. Ohne Zeit zu verlieren, geht das Team der Kletterer an Bord eines der Schlauchboote. Der Nachmittag neigt sich dem Ende entgegen. Sie fahren einmal um die gesamte Insel, um sich zu vergewissern, dass am nächsten Morgen alles wie geplant läuft. Wieder einmal ohne Licht – und wie es scheint, mit zu vielen Hindernissen – springt Orlando an diesem Abend.

Die Wassertiefe ist richtig, die Höhe mit 27 Metern perfekt. Die Sonne geht unter. Und „The Duke“ verlangt danach auf eine sehr angenehme Weise, dass morgen auch noch ein Tag sei. Der Abschluss unseres Abenteuers auf Malpelo verläuft perfekt. Unsere Session im „Kühlschrank“ ist die Krönung von allem, was wir uns erhofft und erarbeitet haben. Die Sprünge von Orlando und seinen Musketieren füllen spektakulär und farbenfroh die Luft: Die Klippenspringer verändern die Absprunghöhen, springen direkt hintereinander und sind umgeben vom Applaus der wenigen privilegierten Zuschauer dieser Augenblicke. Das Licht ist perfekt, das Meer überraschend ruhig. Gegen 18 Uhr legt die „Sea Wolf“ ab. Es geht zurück auf bekanntes Terrain. Und vielleicht schon bald auf die nächste Klippe.

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und nun raus!

g

und nun raus!

efühlssache. Ben Horan zeigt, was auf einem Wakeskate geht. Wie beim Wakeboard wirst du per Lift oder Boot gezogen, die Tricks beim Board ohne Bindung sind aber

eher eine Kombination mit den Bewegungen beim Skateboarden. Griptape auf der Oberfläche gibt Ben den nötigen Halt, als ihn Josh Letchworth spektakulär einfängt. Das beschert Ben einen genialen Augenblick und Josh einen Platz unter den Top 50 des Red Bull Illume Contests.

foto © Josh Letchworth / Red bull illume Top 50 Finalists Athlet Ben Horan location Nahunta, Georgia, USA

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© Outline-Graphix.de | 2011

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i m p r e ss u m HERAUSGEBER

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Alexander Lehmann

VERLAG Terra Oceanis Verlags GmbH & Co. KG Klausdorfer Weg 167 24148 Kiel info@rausmagazin.de Phone +49 431 9969977 Fax +49 431 9969986

ir schauen wieder in alle Himmelsrichtungen. Weit da draußen oder ganz in der Nähe. Und berichten davon. Das Leben im Freien. In der nächsten RAUS! Sei dabei! foto © Jan Deicke

CHEFREDAKTEUR Benjamin Hellwig bh@terraoceanisverlag.de Phone +49 431 9969977 GESTALTUNG & Outline-Graphix | Phone +49 431 6473173 KONZEPTION Jan Weisner (Inh.), Matthias Falk ANZEIGENLEITUNG Eliane Lehmann e.lehmann@terraoceanisverlag.de Phone +49 431 9909658

brianbojsen

photographien

MITARBEITER DIESER Janine Nicolai, Simon Schumacher AUSGABE LEKTORAT

Kirsa Stoltenburg, Vera Kannegießer

MODESTRECKE/ORGA

Janine Nicolai

FOTOGRAFEN

Predrag Vuckovic/Red Bull Content Pool, David Jones, Alessandro Beltrame, Lucas Gilman, Red Bull Content Pool, Damiano Levati, Jon Nash, Benjamin Hellwig, Vaude, www.slackline-tools.de, Marco Knopp, Marco Kost, Josh Letchworth/ Red Bull Content Pool, Jan Deicke, Viva con Agua, Welthungerhilfe, Dennis Reher, 747 studios, John Brömstrup, Stefan Groenveld, rutgerpauw.com, Dean Treml, Olivier Laugero, Felix Woelk, Vitek Ludvik, Friedhelm Maedje, Jens Grossmann, Andreas Stedtler, bergermarkus.com/Red Bull Content Pool, Camilo Rozo/Red Bull Content Pool, Ray Demski/Red Bull Content Pool

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• ab April 2011 erhältlich

ERSCHEINUNGSWEISE

alle drei Monate

• Hardcover, 168 seiten

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ABONNEMENTS Terra Oceanis Verlags GmbH & Co. KG Klausdorfer Weg 167 24148 Kiel info@rausmagazin.de Phone +49 431 9969977 Fax +49 431 9969986

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fragt man die menschen auf sylt, wieso sie die insel so lieben, antworten die meisten: ich liebe den strand, das wetter, die natur und das meer. und ich gebe ihnen vollkommen recht, doch das wirklich besondere an sylt sind die menschen. brian bojsen



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