RAUS! 1

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w w w. r a u s m a g a z i n . d e

EINFACH HART Klettern und Segeln vor Grönland

EINFACH MACHEN Abenteuer vor der Haustür

EINFACH LÄSSIG Stand up paddling Hamburg

EINFACH WARM 14 Seiten neue Trends

EINFACH UNGLAUBLICH Die besten Actionfotos der Welt

EINFACH WEG

JETZT

Ankor Wat, Mekong Delta, Namib Wüste & Tschernobyl

NEU

GANZ EINFACH Windsurflegende Björn Dunkerbeck erklärt das Siegen

2€ EINFÜHRUNGSPREIS AUSGABE 01 | 2010 | D 2 € | A 2 € | BENELUX/E/I 3 € | CH 6 SFR


RAUS! AUS DER HÜTTE, REIN INS VERGNÜGEN. SNOWBOARDPRO TRAVIS RICE ZEIGT UNS SEINE VARIANTE FÜR DEN KOMMENDEN WINTER.

herein

ie viele Tage in unserem Leben verbringen wir in vier Wänden? Ich weiß es nicht, aber für meinen Geschmack deutlich zu viele. Komme ich mal für ein paar Tage nicht vor die Tür, werde ich unruhig. Denn nichts macht den Kopf freier, als einfach mal das feste Dach über dem Kopf mit dem unendlichen Himmel zu vertauschen. Sei es vor der Haustür oder am Ende der Welt. Sei es, um extreme Herausforderungen zu suchen, oder einfach, um die Natur zu erleben. Was nicht heißt, dass nicht auch mitten in der Stadt Abenteuer auf uns warten. Zu kalt, zu nass, zu ungemütlich? Gilt nicht, wer noch etwas Passendes sucht, wird auf unserer Wintermodestrecke sicher das Richtige finden. Wer neue Reiseziele sucht, sollte sich die Story über Nils Lackner anschauen. Wer neue Abenteuer sucht, sollte sich wie Johannes Hoffman einfach mal vor seiner Haustür umschauen oder in Grönland segeln gehen. Wer noch Motivation braucht, dem helfen Windsurflegende Björn Dunkerbeck oder Kletterwunderkind David Lama gern auf die Sprünge. Wenn du dich auf Seite 100 fühlst wie nach einem einzigartigen Trip, haben wir unser Ziel erhin mitgenommen, wo wir uns am wohlsten fühlen – nach draußen. Also rein ins Heft und dann RAUS! aus der Hütte.

Dirk Herpel

PS.: Vielen Dank an alle, die Mut, Zeit und Energie in dieses Projekt gesteckt haben. Ohne eure Hilfe wäre RAUS! so nicht möglich. Für alle, die etwas zu RAUS! zu sagen haben, gilt: Feedback erwünscht. Ihr erreicht mich unter: d.herpel@terraoceansiverlag.de!

FOTO © TIM ZIMMERMAN/RED BULL PHOTOFILES

reicht. Dann haben wir dich überrascht und dort-

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I N H A LT

FOTO © GREG VON DOERSTEN/DEEPER 2010

03 HEREIN

52 HINHÖREN DAVID LAMA

Willkommen bei RAUS!

Keine Frage, David Lama kann gut klettern. Aber kann er auch ein gutes Buch schreiben? Wir haben es gelesen und ihm ein paar Fragen gestellt.

08 BILDERWELT AUFBRUCH Bilder erzählen mehr als Worte, das nehmen wir wörtlich und schweigen ... Naja, zumindest für ein paar Minuten. Denn am Ende wollen wir wissen, wer uns das Kino im Kopf beschert hat. Und warum.

56 HINHÖREN GEFAHRENSUCHER Ich bin dann mal weg! Bei Nils Lackner kein leerer Spruch.

64 DAS ERSTE MAL KLETTERN IM POTT 14 FRISCHE LUFT

Geht nicht? Geht doch, und ist viel mehr als nur Training für den „Ernstfall“.

Neue Filme, neue Produkte, neue Helden unter freiem Himmel.

70 ZEUGWART STEEL MOUNTAIN 20 AUSFLUG VERTICAL SAILING Mit einem ehemaligen Pfarrer als Kapitän machten sich drei WeltklasseKletterer auf den Weg nach Grönland, um mit der „Dodo‘s Delight“ neue Big Walls zu finden. Klingt nicht nur verrückt, ist es auch!

Der erste Schnee ist da, höchste Zeit, sich die passende Ausrüstung zu besorgen, denn RAUS! müssen wir. Volle Auswahl auf 14 Seiten, was will man mehr?

84 AUSFLUG ERSTBEFAHRUNG KAILIASH COULOUIR 36 WUNDERKIND 40 PLUS ... Was treibt Björn Dunkerbeck, den erfolgreichsten Sportler der Welt, immer wieder an? Wie schafft er es, die meist deutlich jüngere Konkurrenz hinter sich zu lassen, und wie plant der dreifache Familienvater seine Zukunft? Das sind nur ein paar der Fragen, die wir der Windsurflegende gestellt haben.

Oft liegt das Beste vor der Tür.

90 FREILAND EINS VON DREIUNDZWANZIGTAUSEND ... Als Actionsport-Fotograf ist man Nervenkitzel gewöhnt. Beim Red Bull Illume Event flattern allerdings auch den abgebrühtesten Profis untern ihnen die Nerven. Schließlich stehen hier die „Hintermänner“ samt Werkschau im Rampenlicht.

42 SPIELZEUG STAND UP PADDLING SUP ist weltweit der neue Wassersport-Trend in Wellen und im Flachwasser. Wir haben es ausprobiert, in Hamburg. Cooles Ding!

96 UND NUN RAUS! Impressum

COVERSHOT © MARCEL LÄMMERHIRT RIDER SANI ALIBABIC LOCATION SONNENKOPF ARLBERG

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bilderwelt

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AUFBRUCH! TRENNE DICH NICHT VON DEINEN ILLUSIONEN. WENN SIE VERSCHWUNDEN SIND, WIRST DU WEITER EXISTIEREN, ABER AUFGEHÖRT HABEN ZU LEBEN.

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Mark Twain, 1835-1910

hne unseren fleißigen japanischen Hotelmanager wäre dieses Bild nie entstanden. 2008, während einer

Produktion für Völk Snowboards, war ich kreuz und quer durch Japan unterwegs. Drei Tage wohnten wir in einem Hotel direkt an diesem See, das circa 20 Minuten von „Alts Bandai“, einem der bekanntesten Winterresorts in China, entfernt liegt. Jeden Tag waren dort diese Unmengen von Enten zu Gast. Ich stellte mich einfach mitten in sie hinein und ließ sie dann von einem der Jungs aufscheuchen. Danach war ich komplett nass. Was der Hotelmanager damit zu tun hat? Weil er die Enten schon seit Jahren füttert, sind sie seine treusten Gäste.

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BLENDE: F/8 BRENNWEITE: 15 MM ZEIT: 1/400 KAMERA: CANON EOS 5 D

FOTO © MARCEL LÄMMERHIRT

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FOTO © MARCEL LÄMMERHIRT

BLENDE: F/8 BRENNWEITE: 15 MM ZEIT: 1/400 KAMERA: CANON EOS 5 D

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ür dieses Bild hatte ich nicht viel Zeit. Bei Flut rauschen

„Red Bull Illume“-Event suchte. Das ist doch wirklich kein gewöhnlicher Spielplatz.

vier Meter hohe Wellen über diesen alten Nazibunker

Eigentlich wollte ich mit Blitz arbeiten, aber die Flut kam schneller als gedacht

in Hossegor. Also mussten wir das so timen, dass Julien

und versenkte meine Anlage. Deshalb habe ich dann ein Tilt-Shift-Objektiv und

Garret, der Skateboarder, bei Ebbe draufklettert. Die Idee hatte

das vorhandene Licht benutzt. Am Ende musste Julien seine Klamotten in eine

ich, weil ich eine Umsetzung des Themas „Spielplatz“ für den

Plastiktüte packen und zum Strand zurückschwimmen.

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FOTO © MARCEL LÄMMERHIRT

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BLENDE: F/6,3 BRENNWEITE: 15 MM ZEIT: 1/800 KAMERA: CANON EOS-1DMARK III

onnenaufgang am Sonnenkopf mit Heinz Löhle und Alex Schmaltz. Der Anfang einer meiner besten Freeride-Shootingtage in 2009. Ich habe das Bild aus zwei Aufnahmen zusammengebaut. Neuschnee und noch keine Spur weit und breit. Der Tag selbst ist für mich dann Stress pur. In einem

Winter hat man höchstens mal zehn solcher Tage und dann muss man das Beste draus machen. Da steckt viel Arbeit drin. Wenn am Ende die Bilder rauskommen, die ich im Kopf habe, bin ich zufrieden. 12

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frische luft

FRISCHELUFT

Poppiges Duo: Popcorn Cable Hat & Park Melt Socken von SmartWool Lässiges Outfit gepaart mit höchster Funktion aus der Natur: Die Beanie von SmartWool ist zu 100 Prozent, die Socken zu 75 Prozent aus natürlicher Merinowolle gestrickt. Sie ist weich, leicht, hautverträglich, feuchtigkeitsabsorbierend, geruchsneutral und bietet einzigartiges Feuchtigkeitsmanagement und optimale Temperaturkontrolle. Daneben ist Merinowolle nicht nur kratzfrei, sondern auch pflegeleicht. Alle SmartWool-Produkte sind in der Maschine waschbar und für den Trockner geeignet. Kuschelig! www.smartwool.com

Nase hoch für die Umwelt Auch beim Kauf einer Sonnenbrille kann man auf die Umwelt achten. Alexandra Cousteau, Enkelin des be-

• 4 Degree Fit Sytem • WOW Technology • Smartwool zur Regulierung von Feuchtigkeit, Temperatur und Geruch VK: 26,95 €

kannten französischen Meeresforschers Jaques-Yves Cousteau, ist die Nähe zur Natur somit in die Wiege gelegt worden. Was sie trägt, ist also nicht nur stylish, sondern auch umweltmäßig durchdacht. Das Modell „Hitch“ gehört der Revo-Eco-Kollektion an und wurde aus recyceltem Material hergestellt. Selbstverständlich mit polarisierten Gläsern, die Reflexionen und Blendungen durch helle Oberflächen minimieren. Erhältlich im Handel für 175 Euro. www.revo.com

PYUA – Minimize your Tracks. It’s your Planet Naturschutz mit recyceltem „ProofTM“

Inspiriert von den organischen Formen der Natur geben die ergonomischen Schnittführungen und innovative Fertigungstechnologien der Climate Jacke und Hose Bewegungs-

Auch in der Saison Herbst/Winter 2010/11 beweist der schwedische Outdoorspezialist Haglöfs

freiheit par excellence. Die Zwei-Lagen-Konstruktion und die extrem leichte Primaloft-

höchstes Verständnis für die Bedürfnisse ambitionierter Skisportler – und der Natur. In der

isolation sorgen für wohlige Wärme bei gleichzeitiger höchster Funktionalität. Ob Piste

neuen Generation der Glade Shell Layer Jacken und Funktionshosen steckt das verbesserte,

oder Tiefschnee, beste Qualität sowie vollständig recycelbare Materialien garantieren dem

wiederverwertete und äußerst strapazierfähige Haglöfs Proof™-Material. www.haglofs.com

ambitionierten Freerider höchste Wasserdichtigkeit, Atmungsaktivität und Wärmeisolation. Hightech made in Europe meets Nature. Ride free, but ECORRECT. www.pyua-shop.com

Bunt wie ein Bonbon: JP Auclair Google Dass der Kanadier JP Auclair in der Freeskiing-Szene ganz vorn mitmischt, wussten wir bereits. Aber

Organisationstalent

dass er auch ein Händchen für innovatives Design hat, konnte er bei den „Oakley Signature Goggle“-

Das Münchener Label Evoc begeistert mit stylishen und funktionellen Rucksack-Modellen, so auch mit dem

Modellen unter Beweis stellen. Für Oakley kreierte er sein ganz persönliches Meisterwerk „JP Auclair

brandneuen Freeride Guide (30 Liter). Das superleichte Modell der Freeride-Serie bietet extrem viel Stauraum. Ein

Crowbar Alpine Initiative“. Das bunte Modell kann jedoch mehr als nur gut aussehen: 100-prozentiger

separates Brillenfach mit Fleece-Lining sorgt ebenso für Ordnung wie das von außen leicht erreichbare Lawinen-

Schutz vor UVA-, UVB-, UVC-Strahlung, verzerr- und beschlagfreier Durchblick bei allen Blickwinkeln und

fach für den Notfall. Nicht nur Ordnung, auch Komfort bietet der Freeride Guide: Das anatomisch geformte

die extreme Stoßfestigkeit begeistern Snowboarder und Skifahrer. Preis: ab 109 Euro. www.oakley.com.

Tragesystem aus Neopren wurde den Rückenlängen angepasst, daher auch die Größen S bis XL. Das trendige Modell ist in den Farben Anthrazit und Purple für 159,90 Euro erhältlich. www.evocsports.com

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frische luft

Lässig wie Jeremy Design, Nachhaltigkeit und Leidenschaft stecken in der Jeremy-Jones-Linie von O`Neill. Jeremy ist auf den Bergen dieser Erde zu Hause und auf dem Snowboard sicherer als zu Fuß. Was die optimale Bekleidung für Snowboarder ist, weiß er am besten und vereint in seiner eigens designten Linie alles, was die Snowwear haben muss – Style,

GROSSESKINO

frische luft

Wer runter will, muss erst mal rauf! Okay, das ist keine besonders neue Weisheit für Skifahrer und Snowboarder. Treibt man sie bis ins Extrem, werden zwei der spektakulärsten Filme des Winters daraus: Snowboarder erleben den Himmel in den Bergen mit „Deeper“ von und mit Snowboard-Freeridelegende Jeremy Jones und „Mount St. Elias“ ist ein Muss für alle Kletter- und Ski-Freaks.

Schutz und optimale Bewegungsfreiheit. Alle Teile der Linie bestehen aus 100 Prozent recyceltem Polyester, um das zu schützen, was Jeremy Jones am wichtigsten ist: die

Deeper

Natur unserer Erde. Plus: Ein Teil der Verkaufserlöse fließt in die Organisation „Pro-

Jeremy Jones lädt ein paar seiner Freunde zum Shredden ein,

tect our Winters“, die sich gegen die globale Erderwärmung einsetzt. www.oneill.com

unter anderem Jonaven Moore, Xavier De La Rue, Ryland Bell, Travis Rice und Forrest Shearer. Hätten sie vorher gewusst, dass ihnen vor den Abfahrten ein winziges Zelt in Alaska, Schneetreiben und mehr als einmal unendlich wirkende Aufstiege bevorstehen, hätten sie es sich vielleicht zweimal überlegt, ob sie die Einladung

Im Mai 2007 brechen die österreichischen Skialpinisten Axel Naglich und Peter

annehmen. Jeremy: „Ich wollte neue Tracks finden und habe mich bewusst ent-

Ressmann in den arktischen Sommer von Alaska auf. Ihr Ziel: Sie wollen dort

schieden, das Ganze ohne die Hilfe von Hubschraubern, Liften oder Schneemobilen

mit dem amerikanischen Freeskier Jon Johnston den 5489 Meter hohen Mount

in Angriff zu nehmen. In den zwei Jahren Produktionszeit des Films haben wir so

St. Elias bezwingen und anschließend vom Gipfel erstmals die mit 35 Kilome-

Die Stille der schneebedeckten Berge, das überwältigende Gefühl, aus eigener Kraft auf dem Gipfel zu stehen,

völlig neue Spots erreicht. Dabei sind wir nicht nur an unsere Grenzen gekommen,

ter längste Skiabfahrt der Welt bis auf Meereshöhe wagen. Ein verrücktes Un-

und das grandiose Erlebnis, durch den unberührten Tiefschnee hinabzugleiten – fernab von Trubel und Gedränge.

sondern haben die Natur in den Bergen viel näher erlebt als je zuvor. Außerdem

ternehmen, das erst nach zwei Anläufen gelingt und alle Beteiligten an die

Das Skitourengehen hat einen ganz besonderen Reiz, erfordert jedoch auch spezielles Wissen und die richtige

bist du nach so einem Anstieg erst richtig warm und locker für die kommende

Grenzen ihrer körperlichen und mentalen Kräfte bringt. Axel Naglich: „Es ist

Ausrüstung. Beim Vaude Skitouren Opening, das vom 14. bis 16. Januar 2011 in Hirschegg im Kleinwalser-

Abfahrt. Ich habe jeden Schritt wirklich genossen. So etwas braucht Hingabe,

sehr wahrscheinlich ein Weltrekord im Skifahren, aber wir sind hier nicht run-

tal stattfindet, wird Einsteigern als auch Könnern eine maßgeschneiderte Kombination aus Sicherheitstraining,

ist aber wirklich schön – der Weg ist das Beste daran.“ www.oneill.com/deeper

tergefahren, um ins Guiness Buch zu kommen.“ www.mountstelias.kinowelt.de

Vaude Skitouren Opening pening No 2

Skitechnik, Materialtest und Traumtouren unter der Anleitung staatlich geprüfter Ski- und Bergführer geboten. www.vaude.com ww.vaude.com und www.alpine-wintersportschule.de

Zurück in die Zukunft Vintage-Klamotten sind wieder extrem beliebt. So ging zum Beispiel eine PatagoniaJacke von 1980 in 2005 via Ebay für 2000 Dollar an einen neuen stolzen Besitzer. Schön, dass in der aktuellen Patagonia-Kollektion einige Teile von ihren berühmten Vorgängern inspiriert wurden. Retrolook allein ist natürlich nicht genug: Versehen mit einer innovativen Materialkombination sind sie vielleicht bald die Klassiker von morgen. Die warme und funktionelle Jacke „Los Lobos“ hat auf jeden Fall das Zeug dafür und geht für 130 Euro in deinen Besitz über. Ganz klar eine kuschelige Investition in die Zukunft. www.patagonia.com

Snow BOB Burton bringt in diesem Winter Reggae-Feeling in den Schnee. Das „Whammy Bar Marley“ steht, wie sollte es anders sein, für entspanntes Cruisen am Berg. Vier Größen stehen zur Auswahl. Preis ca. 400 Euro. www.burton.com

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Mount St. Elias

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ANDY IRONS: „WHEN I WAS YOUNG I SURFED BECAUSE KELLY SLATER DID IT, I SURFED BECAUSE I GOT CHICKS, I SURFED BECAUSE IT WAS A PARTY ... BUT NOW IT’S ALL DOWN TO THAT FEELING I GET FROM RIDING A WAVE." 24. Juli 1978 – † 2. November 2010

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FOTO © BRIAN BIELMANN/RED BULL ILLUME

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VERTICALSAILING

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EISBERGE, STÜRME, NEUE AUSSICHTEN UND ABGEFAHRENE MELODIEN: VIER VERRÜCKTE KLETTERER UND EIN EISKALTER SKIPPER ENTDECKEN AUF DER „DODO’S DELIGHT“ NEUE BIG WALLS AN DER WESTKÜSTE VON GRÖNLAND.

TEXT SEÀN VILLANUEVA DEUTSCHE BEARBEITUNG DIRK HERPEL FOTOS © BEN DITTO & NICOLAS FAVRESSE

EIGENTLICH WOLLTE KEINER VON UNS SICH SO SCHNELL WIEDER AUF DIE SOCKEN MACHEN. DOCH IRGENDWIE FING JEMAND AN, VON GRÖNLAND, JUNGFRÄULICHEN BIG WALLS UND EINEM BOOT, WAS EH NOCH DA UNTEN VOR ANKER LIEGT, ZU ERZÄHLEN. NACHDEM WIR BEIM LETZTEN TRIP AUF BAFFIN ISLAND IN KANADA MAL LOCKER 600 KILOMETER ZU FUSS UNTERWEGS WAREN, WÄRE ES JA ECHTER LUXUS, VOM BOOT AUS DIREKT IN DIE HÄNGE ZU KLETTERN. UND DA DAS BOOT AM ENDE DES SOMMERS WIEDER ZURÜCK NACH EUROPA SOLLTE, HÄTTEN WIR EINE ATLANTIKÜBERQUERUNG ALS KLEINES ABENTEUER NOCH GRATIS DAZU. ALLES KLAR! EIN PAAR E-MAILS SPÄTER HATTEN WIR EIN DATE MIT BOB, DEM SKIPPER DER DODO’S DELIGTH – DEM KLEINEN BOOT, DAS IRGENDWO IN GRÖNLAND AUF UNS WARTETE UND BALD FÜR DREI MONATE UNSER NEUES ZUHAUSE WERDEN SOLLTE. ZWEI WOCHEN NACH DER ERSTEN MAIL MACH ICH MICH ZUSAMMEN MIT NICOLAS UND OLIVIER FAVRESSE UND BEN DITO AUF DEN WEG.

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SEAN BEI DER FRÜHGYMNASTIK AN DER „IRISHMAN RIDGE"

FOTO © BEN DITTO

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ausflug

der Tatsache, dass es absolut windstill ist. Bob: „Jungs, da kann man nichts machen. Am besten ruht ihr euch noch etwas aus!“ Also zurück in unsere feuchte Höhle. Eigentlich habe ich es gar nicht so schlecht erwischt, zumindest hat meine Koje eine kleine Tür. So werde ich nicht jeden Morgen vom Krach geweckt, den Bob zustande bringt, wenn er seine zwei Tassen Frühstückskaffee aufbrüht. Nicht ganz so vorteilhaft ist, dass diese Ecke des Schiffs am meisten schlingert, wenn die See rauer wird. Dazu kommt die hohe Luftfeuchtigkeit, die hier noch stärker ausgeprägt ist als in den anderen Kojen. Ich werde mich wohl an die eiskalten Wassertropfen gewöhnen müssen, die morgens von der Decke in meinen Nacken tropfen. Als ich ein paar Stunden später wieder wach werde, weht immer noch kein Lüftchen. Zu meiner Verwunderung treffe ich Bob an Deck, die drei anderen schlafen. Hatte ich schon erwähnt, dass ich keine Ahnung vom Segeln habe? Die anderen drei aus unserem Team sind da schon bewanderter. „Hör zu, Regel Nummer eins: Benutzte nie das Klo, mach dein Geschäft lieber über Bord!“ Diese Regel hatte ich schon auf der Anreise verinnerlicht. Etwas ins Zweifeln kam ich al-

BOB IST GENAU DER RICHTIGE MANN FÜR DIE SACHE. ER SCHEINT SOGAR NOCH UNORGANISIERTER ZU SEIN ALS WIR.

lerdings, als ich in einem von Bobs Büchern las, dass die meisten Segler mit offener Hose über Bord gehen! Nun stehe ich also am Steuer – auch Bob hat sich aufs Ohr gelegt – und hoffe, dass die Flaute noch etwas bleibt. Klar, dass gerade jetzt wieder Wind auf-

kommt. Ich ziehe ein bisschen an den Tampen um mich herum, aber irgendwie legt sich das Boot immer schiefer. Als die ersten Wellen über das Deck spülen, beschließe ich, Bob doch zu wecken. „Ach, hatte ich es noch nicht gesagt, die Dodo’s Delight ist so gebaut, dass sie nicht kentern kann!“ Danke Bob, nein das hattest du bisher noch nicht erwähnt!

FOTO © BEN DITTO

NICO AUF DER SUCHE NACH HALT AN DER TEUFLISCHEN WAND. DAS DRITTE CAMP AN DER „IMPOSSIBLE WALL“. WENN DIE WOLKEN UNTER UNS VORBEIZIEHEN, EIN HIMMLISCHES PLÄTZCHEN.

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HI BOB

ORDNUNG IST DER HALBE TRIP

u sagen, dass wir nervös sind, ist echt untertrie-

Nach einer kurzen Vorstellung gehen wir an Bord. Ers-

ben. Gleich werden wir Bob Shepton zum ers-

te Frage: „Wohin mit all unserem Stuff?!“ Die Dodo’s

ten Mal gegenüberstehen. Kapitän Bob, einem

Deligth ist gerade mal zehn Meter lang und jede Ecke

75 Jahre alten Priester. Dem Mann, unter dessen Kom-

scheint jetzt schon bis zum Rand mit Werkzeug, Was-

mando wir uns die nächsten drei Monate stellen werden.

ser und Essen gefüllt zu sein. Zwei Tage später stechen

Eine gute Wahl? Wir werden sehen. Sofort nach unserer

wir in See, zusammen mit 600 Kilogramm Gepäck und

Ankunft in Asiaat, einer kleinen Stadt an der Westküste

400 Liter Wasser, das Schiff schwimmt gerade noch so.

von Grönland, machen wir uns auf den Weg zum Ha-

Doch was solls, Bob ist genau der richtige Mann für die

fen. Wir sind auf der Suche nach einem Mast. Dem

Sache. Er scheint sogar noch unorganisierter zu sein als

Mast der Dodo`s Delight. „Was machen wir eigent-

wir. Vor seiner Zeit als Seemann war er ein fanatischer

lich, wenn das Boot und Bob gar nicht auftauchen?“

Kletterer. Und bisher liegt von ihm nur ein Boot auf

Ein schmutziger, aber naheliegender Gedanke, der mir

dem Grund der Ozeane: Sein erstes Schiff, die Dodo`s

da durch den Kopf geht. Doch schnell entdecken wir

Delight ist eine genaue Kopie davon. Zudem kennt er

einen dünnen Alumast, der die anderen Masten im

die Gegend wie seine Westentasche und weiß so ganz

Hafen überragt. An Deck des ziemlich kleinen Schiffes

genau, wonach wir suchen. Als ich am nächsten Mor-

sehen wir einen großen Mann mit schneeweißen Haa-

gen aufwache, ist alles ruhig. Zu ruhig. Schnell erfahre

ren, der uns zuwinkt. Das Ganze ist kein Traum, Bob

ich den Grund: Unser Motor streikt. Okay, dann müssen

und sein Schiff existieren!

wir eben segeln. Keine einfache Aufgabe in Anbetracht

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FOTO © OLIVIER FAVRESSE

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ausflug

ausflug

EISBERGE

ES GEHT LOS!

Auf unserem Weg müssen wir mehr als einmal an rie-

„Verdammt, was macht er da?” Es brodelt in mir. Ben

sigen Eisbergen vorbei navigieren. Gar nicht so leicht

hat den ersten Aufstieg gewonnen. Er hängt am Seil

ohne Motor. Je nach ihrer Form liegen 50 bis 80 Pro-

und versucht mit einer Eisaxt den Riss vom Dreck zu be-

zent der Eisberge unter der Wasseroberfläche. Wenn

freien, der hinter einem vertikalen Fußballfeld verborgen

man sie ganz sehen will, springt man also am besten

liegt. Ein Job, der ewig dauert. Mein Ding ist das nicht.

ins Wasser und taucht kurz unter. Wir zögern keine Se-

Warum klettert er nicht einfach weiter und versucht sich

kunde und springen unter lautem Johlen ins Wasser, je-

an dem Gras festzuhalten? Ich beruhige mich damit,

des Mal, wenn solch eine Kathedrale aus Eis auftaucht.

dass ich als Nächster dran bin. Meine Erfahrung sagt mir,

Nach Bobs Blicken zu schließen, kann er unserem klei-

dass es in der Wand ganz anders sein kann, als es vom

nen Ritual nicht allzu viel abgewinnen. Wir brauchen

sicheren Grund aus wirkt. Zudem ist eine Expedition eine

fünf Tage von Aasiaat nach Upernavik und laufen mit

Aufgabe, die nur ein Team lösen kann, also sollte und

höchstens einem Knoten Geschwindigkeit in den Hafen

muss man immer die Entscheidungen seiner Teammates

ein. „Wir hatten viel Zeit, euch kommen zu sehen!”, so

akzeptieren, will man am Ende nicht mit leeren Händen

die nette Begrüßung der Einheimischen. Bob hat hier

dastehen.

eh einen exzellenten Ruf zu verteidigen. Vor ein paar

ich eigentlich Glück gehabt.

Jahren ging hier sein erstes Schiff auf Grund, eine ex-

Nico und sein Bruder haben

akte Kopie der Dodo’s Delight. Nach diesem Schnellkurs

heute den undankbaren Job,

im Segeln bleiben wir erst einmal ein paar Wochen

unsere Haulbags für zehn

hier und klettern ein paar neue Routen im alpinen

Tage in der Wand klarzuma-

Stil (schnell ohne viel Gepäck). Die Wände sind etwa

chen. Das ganze Essen und

500 Meter hoch und gehen direkt vom Wasser aus

Material verteilt sich über

fast senkrecht in die Höhe. Jeder Trip dauerte etwa 30

das Deck des Bootes. Der

Stunden am Stück, was jedes Mal ein paar Tage zum

Bug dagegen wird langsam

BOB HATTE DEN ANKER ETWAS ZU NAH AM UFER GESCHMISSEN. ALS DIE EBBE

Ausruhen nach sich zieht.

immer grüner und brauner von dem ganzen Dreck, den

KAM, MACHTEN WIR EIN PAAR SACHEN DIE ER NOCH NIE GESEHEN HATTE ...

FOTO © OLIVIER FAVRESSE

Ben aus der Wand pult. „Ist das okay, Bob?“ „Klar, so-

SEAN PITCH 8, DIE SCHLÜSSELSTELLE VON „DEVILS BREW“, ZWEITER ANLAUF.

FOTO © BEN DITO

Außerdem

habe

ALS WIR DEN BERG ERREICHEN, LEUCHTET DER STEIN ROT WIE DIE HÖLLE UND JEDE FUGE UND FALTE IST BEWACHSEN ODER RANDVOLL MIT MÖWENSCHEISSE: „KOMMT NUR RAN, WIR PICKEN AUCH DIE AUGÄPFEL RAUS UND FRESSEN EUER GEHIRN!“

„THE IMPOSSIBLE WALL“

lange keine Granitblöcke dabei sind. Außerdem ist es so

Nach diesen Fingerübungen ist es langsam an der Zeit

das erste Boot mit Garten, das hier rumschippert!“ Zu

für echte Aufgaben. Vor ein paar Jahren entdeckte Bob

sagen, dass Bob unser Vorhaben zu 100 Prozent unter-

auf seinen Touren eine wunderschöne, circa 1000 Meter

stützt, ist untertrieben. Ein lockerer Stein, eine Welle zur

hohe Wand. Eine Wand, so steil und so senkrecht, dass

falschen Zeit oder ein Riff unter Wasser kann schließlich

ein vom Gipfel fallen gelassener Stein problemlos bis nach

schnell dazu führen, dass er hier sein zweites Boot auf

ganz unten rauschen würde. Dazu kommen noch einige

Grund setzt. Auch wenn es um die Auswahl der Lines

Überhänge in der Wand. Kein Wunder also, dass bisher

geht, ist er voll dabei. Ohne ihn und seine Erfahrung

noch keiner sein Glück an der „Impossible Wall“, so Bob,

hätten wir einige Aufstiege nie geschafft.

versuchen wollte. Als wir den Berg erreichen, leuchtet der Stein rot wie die Hölle und jede Fuge und Falte ist be-

ALLER GUTEN DINGE SIND DREI

wachsen oder randvoll mit Möwenscheiße. Millionen von

Nachdem er den ersten Pitch gesäubert hat, kommt

Seevögel schwirren um den Felsen herum und schreien:

Ben zurück auf das Boot. Ich bin dran. Und schon

„Kommt nur ran, wir picken auch die Augäpfel raus und

nach ein paar Metern merke ich, wie schwierig die

fressen euer Gehirn!“ Wir schauen uns die Wand genau

Wand wirklich zu klettern ist. Gut, dass ich vorhin

an und es herrscht eine gespannte Ruhe auf dem Schiff.

nichts gesagt habe. Ben ist ein ausgezeichneter Klet-

Ich bin sofort heiß auf sie. Es riecht nach Abenteuer und

terer. Er hat einen sehr sicheren Stil, ist einer unserer

Herausforderung. Als die andern Jungs anfangen, zu joh-

besten Freunde und nebenbei macht er auch noch au-

len, entspanne ich mich ein wenig.

ßergewöhnliche Fotos. Eine unschlagbare Kombination.

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MEINE STRATEGIE: VOLLER ANGRIFF UND NUR SO VIEL SICHERHEIT WIE UNBEDINGT NÖTIG. raus-magazin 2010

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V.O.N.U.: NICO FAVRESSE REVEREND CAPTAIN BOB SHEPTON SEAN VILLANUEVA ODRISCALL OLIVIER FAVRESSE BENJAMIN DITTO

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FOTOS © BEN DITTO

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ausflug

ausflug

Der zweite Pitch ist mein Job. Endlich kann ich das

ter uns Millionen von Seevögeln. Sie schwirren durch

Biest in mir loslassen. Meine Strategie: Voller Angriff

die Luft wie eine Arme von Engeln in den Wolken.

und nur so viel Sicherheit wie unbedingt nötig. Schnell

Unser am Berg hängendes Camp wirkt wie ein Vor-

merke ich aber, dass das Gras mein Gewicht nicht hält.

ort des Himmels. Wenn wir unsere Instrumente raus-

Ein paar Mal bin ich kurz davor wegzurutschen, ein-

holen, vermischt sich eine teuflische Melodie mit den

mal rutsche ich wirklich ab und kann mich nur durch

Geräuschen des Berges. Zeit, was ist das für ein Be-

Zufall gerade noch an einem Halm festhalten. Eine

griff, es hat nichts mehr mit uns hier oben zu tun ...

Stunde hänge ich nun schon in der Wand und bin 50

FOTO © BEN DITTO

Meter weit gekommen. Zehn Meter über mir sehe ich

Doch heute wird uns klar, es muss weitergehen. Wir

eine gute Stelle, um eine Sicherung zu setzten. Doch

haben nicht mehr genug zu essen dabei, um noch

kurz davor rutsche ich in einer Wolke aus Gras und

mal schlechtes Wetter auszusitzen. Während der letz-

Schlamm endgültig ab. Drei Versuche später habe ich

ten drei Tage haben wir Wasser gesammelt, das den

es endlich gepackt. Hmm, so gesehen ist Bens Strategie

Berg runterlief. Ohne das hätten wir gar nicht so lange

am Ende doch die schnellere ...

hier oben bleiben können. Wir hofften nur, dass die komische Farbe von den Flechten kommt. Erst später,

AUGPILATOK, IM PRINS CHRISTIAN SUND.

ZEHN TAGE SPÄTER ... Wir sind komplett durcheinander. Keiner von uns weiß,

FOTO © BEN DITTO

wie lange wir schon in der Wand hängen. Wir haben noch für drei Tage Essen dabei. Also sind wir eine Woche unterwegs. „Falsch, wir sind vor zehn Tagen aufgebrochen“, informiert uns Olivier nach einem Blick auf seine Uhr. Wie kann das sein? Die ersten Tage sind wir einfach durchgeklettert. Im Sommer geht die Sonne hier nie unter. Das Licht und die Farben geben dir eine unglaubliche Energie. Außerdem kamen wir gut voran und so hatten wir keine Lust, eine Rast einzulegen. Doch die Müdigkeit holte uns

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FOTO © SEAN VILLANUEVA

NICO AN EINEM PERFEKTEN RISS IN DER „IMPOSSIBLE WALL“. NATÜRLICH ERST NACH EINEM BISSCHEN GARTENARBEIT.

ein, die Nächte wurden länger und es kam schlechtes

als unser Mägen anfangen zu grummeln, merken wir,

Wetter auf. Wir konnten die Sonne nicht mehr sehen.

dass die Ausscheidungen der Seevögel dem Wasser

Wir wussten überhaupt nicht mehr, ob es gerade Tag

seine würzige Note geben. Ist das die letzte har-

oder Nacht war, wenn wir nicht auf Olis Uhr schau-

te Prüfung nach abenteuerlichem Gras, Vogelschiss,

ten. Die letzten Tage verbrachten wir über den Wol-

Flechten, einem Wasserfall, Modder, sich zersetzen-

ken, ein irres Gefühl. Über uns ein blauer Himmel un-

den Steinen, Überhängen und streitsüchtigen Möwen?

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ausflug

ausflug

AUF DER SPITZE VON „SHEPTON SPIRE“.

FOTO © BEN DITTO

Nico zieht sein Visier tief ins Gesicht und startet seinen

mit Moos bewachsene senkrechte Spalte wartet auf

letzten Angriff. „Fuck, mein Magen ...“ Schon ein paar

mich. Nach drei Metern rutsche ich, falle ins Seil und

Sekunden später positioniert er sich seitlich von uns

lande mit den Füßen genau im „Postpaket“ von Nico.

um noch mal „Post“ ins Tal zu schicken. „Ich fühl mich

Sch...! Wollt ihr so etwas immer noch ausprobieren?

FOTO © OLIVIER FAVRESSE

IM GEGENSATZ ZU DEN FELSEN IM NORDEN KLETTERN WIR HIER AUF ABSOLUT SAUBEREN UND GLATTEN FELSEN.

komisch.“ Doch schon legt Nico wieder los. Hoffentlich reicht unsere Kraft. Ein paar Meter weiter oben kommt

AM GIPFEL

er an eine Passage, die von hier unten unüberwindbar

Endlich sind wir oben. Stundenlang liegen wir völlig er-

erscheint. Wir drei unter ihm schauen uns fragend an.

schöpft an der Kante und schauen den Seevögeln zu. Es

Nico hält kurz inne, holt Schwung und klemmt sein

sind so viele! Es sieht so aus, als versuchten sie sich an

Knie auf einen kleinen Absatz neben seinem Kopf. Dann

Stunts, um ihre Mädels zu beeindrucken, wenn sie mit

legt er all sein Gewicht auf das Knie und schwingt

vollem Speed auf die Wand zurasen und erst im letzten

sich nach oben, wo ein paar bessere Griffe auf ihn

Moment abdrehen. Wir haben 24 Stunden lang nicht

warten. Haben wir nun das Schlimmste geschafft?

geschlafen und mehr als einmal muss ich mich zusam-

Nicos Seil ist verbraucht, ich bin dran. Eine feuchte,

menreißen, es den Vögeln nicht einfach nachzumachen.

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ausflug

01 NACH DREI TAGE REGEN IST DIE SONNE ZURÜCK

Meinen Teammates geht es nicht besser, also machen

paar hervorragende Mahlzeiten den Fischen spenden,

wir uns lieber schnell aus dem Staub. Wir gehen auf

ansonsten verlief unser Törn ohne Zwischenfälle. Da wir

der anderen Seite den Berg wieder herunter, mit all

mit dem Boot unterwegs sind, beschließen wir ein paar

unserem Gepäck auf dem Rücken. Als wir endlich un-

neue Wände direkt vom Wasser aus anzugehen. Hier

ten ankommen, fängt es an zu regnen. Es regnet zehn

klettern wir mehrere neue Lines. Jede dauert circa 30

Tage am Stück. Wir hatten verdammt großes Glück, da-

bis 40 Stunden am Stück. Im Gegensatz zu den Felsen

von nicht im Berg überrascht zu werden.

im Norden klettern wir hier auf absolut sauberen und

02

03

glatten Felsen. Wir starten in Zweierteams und klet-

FOTO © NICOLAS FAVRESSE

EINMAL RUND UM DIE WELT

tern parallel. So fühlen wir uns etwas sicherer und es

Grönlands Küste ist 38.600 Kilometer lang. Das ent-

machte mehr Menge Spaß. Heute bin ich mit Oli un-

spricht in etwa dem Umfang der Erde. Kein Wunder,

terwegs, als wir in der Abenddämmerung einen großen

dass wir auf unserer Expedition nicht jeden Fjord un-

Brocken abgehen sehen. Es muss in der Ecke sein, wo

ter die Lupe nehmen. Auf unserem Weg nach Süden

Nico und Ben klettern. Wir hören einen lauten Schrei,

stoppen wir an ein paar Stellen, aber meistens sind

machen uns aber keine Sorgen. Es klingt nach einem

die Wände nicht optimal, zu verrottet, nicht steil ge-

Freudenschrei. Wir denken, dass die beiden Spaß haben

nug oder zu klein. Nach einer Woche Segeln erreichen

und den Stein absichtlich gelöst haben. Doch als Nico

wir „Prins Christian Sund“ in der Nähe von Kap Farvel.

und Ben oben ankommen, sehe ich in ihren Gesichtern,

Unterwegs mussten wir aufgrund der Wellen leider ein

dass etwas wirklich Heftiges passiert sein musste. 04

WENN WIR UNSERE INSTRUMENTE RAUSHOLEN, VERMISCHT SICH EINE TEUFLISCHE MELODIE MIT DEN GERÄUSCHEN DES BERGES.

05

06

07

08

01. BOB HATTE KEIN PROBLEM DAMIT, EIN PAAR RISIKEN EINZUGEHEN, DAMIT WIR NEUE WÄNDE KLETTERN KONNTEN. 02. VOM BOOT AUS AB AN DIE WAND. 03. SEANS BABYHAUT NACH ZWEI STUNDEN AM STEUER. 04. MANN ÜBER BORD! 05. OLIVIER GIBT DEM BERG DIE SPOREN. 06. JAM SESSION 07. SOLANGE BOB ZUM SCHLAFEN UND LESEN KAM, KONNTEN WIR MIT SEINEM SCHIFF MACHEN, WAS WIR WOLLTEN. 08. BEN WIRFT SEIN SEIL NACH EINEM LANGEN KLETTERTAG IN DEN NEBEL. FOTO 3, © OLIVIER FAVRESSE FOTO 4, 5, 6, 7 © BEN DITTO

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FOTO 1, 2, 8 © NICOLAS FAVRESSE


ausflug

ausflug

DER HEFTIGSTE STURZ MEINES LEBENS ERWARTETE MICH UND ICH HATTE AUCH NOCH ZEIT, DARÜBER NACHZUDENKEN. HIER EIN PAAR DETAILS ZU UNSEREN ROUTEN

SPÄTER AN BORD ERZÄHLT UNS NICO SEINE GESCHICHTE:

Er stand unter Schock und konnte meine Euphorie

Wir mussten schon so um die 14 Stunden am Stück

nicht verstehen. Der Stein war genau auf unsere Siche-

geklettert sein. Ich wurde langsam müde, die Sonne

rung geknallt, hatte einen Karabiner zerstört und unser

fing an unterzugehen, aber wir hatten viel Spaß. Ich

Seil war an einigen Stellen nicht mehr zu gebrauchen.

mag diese Tageszeit und es pushte mich, noch mal

„Wenn wir wieder in Belgien sind, trinken wir darauf

schneller zu machen, bevor das Licht schlechter wur-

ein kaltes Bier!“ Das war alles, was ich in diesem Mo-

*2. Juli: FFA Seagull’s Garden 400 m 5.11 auf der Red Wall –

de. Ich steckte in einer v-förmigen Spalte, was sollte

ment zu Ben sagen konnte. Wir ordneten unsere Aus-

einen Haken haben wir platziert, um eine Platte zu sichern (der

schon passieren? Ich fühlte mich so gut, dass ich kei-

rüstung und kletterten bis zum Gipfel. Seit diesem Un-

einzige Haken der gesamten Expedition). Team: Ben und Nico

ne großen Sicherheitshaken legte. Ich drückte mich

fall sind die Blumen bunter, das Bier schmeckt besser

mit kleinen Pushups weiter nach oben. Ich wollte ge-

und das Leben ist aufregender als je zuvor für mich.

rade an einen Granitblock greifen, der in etwa meine

Es gibt nichts, was es wert wäre, es zu verlieren!

Größe hatte, als dieser anfing, sich in meine Richtung

UND DIE „CHINESE GIBE“

UPERNAVIK

LINKS UND

„CHLOE

TOTHE“ RECHTS

*2. Juli: FFA Red Chili Crackers 350 m 5.12- R auf der Red Wall. Team: Olivier and Sean

*6. Juli: FFA Brown Balls Wall 400 m 5.12- Alles frei geklettert, bis auf eine zehn Meter lange, nasse und dreckige Sektion, die trocken auch kein Problem gewesen wäre. Team: Olivier und Ben die ersten drei Pitches/Nico und Sean den Rest.

zu drehen! Ich hatte Glück, er steckte noch etwas

Ein paar Tage später überrascht uns die News vom tra-

fest und so konnte ich ihn mit meinem Körpergewicht

gischen Unfall der jungen belgischen Kletterin Chloe

*11-22. Juli: FFA Devil’s Brew 850 m 5.12+ in der Impossi-

festhalten. „Ben!“, war alles, was ich sagen konnte. Er

Graftiaux. Wir sind bestürzt. Wir bewunderten sie und

ble Wall. 11 Tage/3 Portaledge Camps (keine Haken). Team:

kletterte genau unter mir und war so das perfekte Ziel

sie inspirierte uns. Wir beschließen, uns sofort auf den

für den Brocken, sollte der abgehen. Er merkte sofort,

Rückweg zu machen, um bei ihrer Trauerfeier dabei zu

was passierte, konnte aber nichts weiter tun, als sich

sein. Doch das Wetter hat andere Pläne. Wir brauchen

*16. August: FFA Corned Beef 450 m 5.11 in Shepton Spi-

etwas aus der Schussrichtung zu bringen. Okay, ich

15 Tage, in denen wir nicht einmal Land sehen, um über

re, danach kletterten wir eine sehr schöne Route zu einer an-

hatte die Sache im Griff. Alles, was ich tun musste,

den Atlantik nach Schottland zu kommen. Nach fünf Ta-

deren Spitze. Team: Ben und Sean

war den Brocken wieder in seine alte Position zu brin-

gen haben wir die Hälfte zwar schon hinter uns, aber

gen. Mit aller Kraft drückte ich ihn nach oben, doch

fünf stürmische Tage später liegt immer noch knapp die

statt leichter wurde er immer schwerer. Es war wie bei

Hälfte vor uns. Während um uns herum alles und nichts

einem Schachspiel. Ich ging alle meine Möglichkeiten

passiert – es stürmt, es regnet, Wellen schlagen über

durch, und solange ich noch Hoffnung hatte, fühlte

das Boot, Delfine und Wale besuchen uns – habe ich

*20. August: FFA Never again 500 m 5.10 in Angnikitsoq.

ich mich im Vorteil. Doch am Ende hatte ich keine

jede Menge zu tun. Die ersten zehn Tage bin ich voll-

Team: Bob Shepton, Sean und Nico

Wahl mehr. Ich würde mich fallen lassen müssen. Der

auf damit beschäftigt, jede freie Minute über der Reling

heftigste Sturz meines Lebens erwartete mich und ich

zu hängen und die Fische zu füttern, um dann wieder

hatte auch noch Zeit, darüber nachzudenken. Langsam

in meine Koje zu flüchten. Auch wenn es jetzt nicht so

rechnete ich mit dem Schlimmsten. Der Stein war zu

klingt, es war großartig! Das Segeln hat viel gemeinsam

groß, um ihn aus der Wand zu werfen. Er würde mit

mit Klettern. Die Kombination von beidem ist einfach

*21 August: FFA The Chinese Gibe 550 m 5.11+ OW An-

mir fallen und genau auf unserer Sicherung treffen ...

unschlagbar. Etwas, das wir auf jeden Fall noch mal ma-

gegoq Tower auf Quvernit Island, dann der Gipfel von Morel

Ich ließ mich fallen und war überzeugt davon, Jimi

chen müssen! Happy climbing!

Tower und dann der Gipfel von Asiaq Tower. Wir fanden ei-

Olivier, Nico, Ben und Sean KAP FARVEL

*16. August: FFA Condensed Milk 450 m 5.11 in Shepton Spire, danach kletterten wir eine sehr schöne Route zu einer anderen Spitze. Team: Nico und Olivier

*21. August: FFA Chloe 550 m 5.11+ OW in Angegoq Tower auf Quvernit Island, dann der Gipfel von Morel Tower und dann der Gipfel von Asiaq Tower. Team: Olivier und Sean

nen Haken am Fuß des Berges, aber keine weiteren Informa-

Hendrix und Wolfgang Güllich zu folgen. Doch verdammt, ich fand mich kopfüber neben Ben hängend,

DER „ANGEGOG TOWER“

MEHR GESCHICHTEN FINDEST DU UNTER: www.xpedition.be

tionen darüber, was hier vor sich ging. Team: Ben und Nico

FOTO © NICOLAS FAVRESSE FOTO © OLIVIER FAVRESE

400 Meter gähnende Leere unter mir. Wie konnte das

FOTO © NICOLAS FAVRESSE

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sein? Ich schrie vor Freude. Es konnte nicht wahr sein,

Dank an unsere Sponsoren, die uns dieses Abenteuer

doch bis auf einen dicken Kratzer in meinem rech-

ermöglichten: Belgian Alpine Club, Patagonia, Five Ten,

ten Zeigefinger war alles in Ordnung. Gott sei Dank

Black Diamond, Petzl, Seeonee, Yeti, Sterling rope, Ca-

war Ben genau im richtigen Augenblick ausgewichen.

replus, Milo, Julbo, Cab brabant, Belclimb.net, Climb.be

DER „SHEPTON SPIRE“ MIT

„CONDENSE MILK“

LINKS UND „CORNED BEEF“ RECHTS.

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wunderkind

wunderkind

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PLUS ...

BJÖRN DUNKERBECK, DEN NAMEN SCHON MAL GEHÖRT? NEIN, DANN HAST DU MIT WINDSURFEN NICHT VIEL ZU TUN, ISST KEIN ODER ERST SEIT KURZEM NUTELLA UND FINDEST DIE WOK-WM VON HERRN RAAB UNINTERESSANT. KLEINES UPDATE: ZWÖLF MAL IN FOLGE WURDE BJÖRN DUNKERBECK IN DEN 90ERN WELTMEISTER IM WINDSURFEN. BIS HEUTE HAT ER ES AUF UNGLAUBLICHE 40 WELTMEISTERTITEL GEBRACHT, DIE ZWEI WOK-WM-TITEL NICHT MITGEZÄHLT. DAMIT IST „DUNKI“ DER ERFOLGREICHSTE PROFISPORTLER ALLER ZEITEN. UND WIE DER 41-JÄHRIGE UNS BEI EINEM ENTSPANNTEN ROTWEIN IN BARCELONA ERZÄHLT, STEHEN DIE CHANCEN FÜR NOCH EIN PAAR WEITERE TITEL IN DEN NÄCHSTEN JAHREN ZIEMLICH GUT.

e

igentlich geht es hier in Barcelona um die

Dass sein beinahe schon unheimlicher Siegerinstinkt noch

Vorstellung des neuen Passats. Doch sobald

immer bestens funktioniert, hat er kürzlich erst beim

Björn auftaucht, der schon länger vom Au-

World Cup vor Sylt mit einem Sieg in seiner Parade-

tokonzern aus Wolfsburg unterstützt wird, steht er

disziplin Slalom bewiesen. Seinem elften auf der Insel

im Mittelpunkt des Interesses. Kein Wunder, allein

übrigens. Genug Stoff für ein paar Fragen:

seine körperliche Präsenz ist mit 191 Zentimetern

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CHEESE!

FOTO © RAY DEMSKI/RED BULL PHOTOFILES

muskelbepackter Größe enorm. Dazu kommt, dass

HI BJÖRN, KÖNNTEST DU DIR VORSTELLEN, MAL

der Sohn einer Holländerin und eines Dänen – seit

LÄNGER ALS EINE WOCHE NICHT RAUSZUGEHEN?

seinem sechsten Lebensjahr auf Gran Canaria aufge-

Ich? Nein! Ich musste es zweimal, und das war alles an-

wachsen – sieben Sprachen spricht und damit schnell

dere als entspannt für mich: Einmal hatte ich mir beim

zum gefragten Gesprächspartner wird. Egal ob Fo-

Snowboarden das Schlüsselbein verletzt, das andere Mal

tosession für den Sponsor oder abendlicher Partyzug,

hatte ich mich mit einer Harpune am Fuß selbst getrof-

der inzwischen dreifache Familienvater, zwei Mädels

fen. Nach einer Woche konnte ich beide Male schon

(sieben und drei) und ein Junge (sechs), hat alles

wieder aufstehen. Ich kann nicht lange drinnen bleiben.

unter Kontrolle.

Ich bin es gewohnt, jeden Tag draußen zu sein.

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wunderkind

wunderkind

fen. Dann habe ich verloren, weil die anderen besser waren, aber nicht, weil ich schlecht vorbereitet war. IST KÄLTE EIN PROBLEM FÜR DICH?

Kälte gehört

manchmal zum Wettkampf. Da muss man die Zähne zusammenbeißen. Und man muss sich darauf vorbereiten. Nicht alle können ihre Leistung auch in dicken Neoprenanzügen abrufen. Dazu gehören neben dem Willen auch WIE SIEHT DEIN TAGESABLAUF AUS, WIE BLEIBT

Erfahrung und Training. Das hat eben mit dem sonnigen

MAN SO FIT, EIN APFEL AM TAG ALLEIN REICHT

Surfer-Image nicht so viel zu tun.

DA SICHER NICHT? Normalerweise wecke ich die Kinder gegen sieben Uhr. Dann frühstücken wir zusammen

UNTERSCHIEDLICHE BEDINGUNGEN LIEGEN DIR?

und ich bringe sie zur Schule. Danach gehe ich sur-

Das ist mit einer der Gründe, warum ich so lange dabei

fen, stand-up-surfen, mountainbiken oder Straßenrad

bin: Kein Windsurftag gleicht dem anderen. Es ist immer

fahren – je nachdem, wie das Wetter mitspielt. Wenn

anders, auf dem Meer zu sein. So wird es nie langweilig.

dann gegen Nachmittag der Wind aufkommt, gehe ich noch mal zwei, drei, vier Stunden windsurfen. Im Winter gehe ich dazu immer häufiger auch mal eine Woche snowboarden. Zum Glück ist der Rest der Familie auch gern draußen. Zumindest bisher noch. Die beiden Großen windsurfen schon mit kleinen Segeln und ich

„ICH ADDIERE DIE SIEGE NICHT MEHR AUF, ABER WENN ICH IRGENDWO AN DEN START GEHE, DANN WILL ICH AUCH GEWINNEN. DARAN HAT SICH, SEITDEM ICH PROFI GEWORDEN BIN, NICHTS GEÄNDERT. DAS IST MEIN JOB!“

DICKER TURN, AUCH GERN IM SCHNEE FOTO © MARCEL LÄMMERHIRT RED BULL PHOTOFILES

nehme sie ab und zu mit aufs Board. AUCH WENN DU DICH JETZT IM WETTKAMPF WIE LANGE WIRST DU NOCH AN PROFI-WETT-

AUF SPEED UND SLALOM KONZENTRIERST, GEHST

KÄMPFEN TEILNEHMEN? Ich habe im letzten Jahr

DU IMMER NOCH VIEL IN GROSSEN WELLEN

meine Segel- und Board-Sponsoren gewechselt. Es dau-

WINDSURFEN. WAS IST DER GRÖSSERE KICK? Beim

ert ein bisschen, bis man sich da aufeinander eingespielt

Speed, auch wenn du über 45 Knoten (circa 83 Kilo-

hat. Ich bin ja stark in der Entwicklung eingebunden.

meter) fährst, ist ein Sturz zwar kein Spaß, aber nicht

Zugleich motiviert es einen, wenn man dann merkt, wie

lebensgefährlich. Wenn man in über zehn Meter ho-

man zusammen immer besser wird. Im Moment zeigt die

hen Wellen windsurft, dann ist das Risiko, bei einem

Erfolgskurve steil nach oben. Das macht natürlich allen

schweren Sturz zu ertrinken, auf jeden Fall da.

viel Spaß. Solange ich vorne dabei bin, höre ich nicht

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auf. Nicht weil ich weitermachen muss, sondern weil mir

WARUM BEGIBT MAN SICH DANN IN SOLCHE

die Wettkämpfe, die Vorbereitung und das Training Spaß

WELLEN? Ich glaube, viel näher kann man die Energie,

machen. Im Slalom kann ich sicher noch zwei, drei Jahre

die Kraft der Natur nicht erfahren, als wenn man so

mithalten und im Speedbereich noch länger, da es dort

eine Welle abreitet. Und der Adrenalinschub ist natürlich

noch mehr auf Erfahrung und das Equipment ankommt.

gewaltig. Das möchte man immer wieder erleben.

IST DEIN ERFOLGSGEHEIMNIS SO EINFACH? ES

SIEGE, WAS ZÄHLEN NOCH SIEGE FÜR DICH? Wenn

MACHT DIR SPASS ... Das ist auf jeden Fall der Mit-

ich irgendwo an den Start gehe, dann will ich auch

telpunkt, um den es sich dreht. Daneben bereite ich

gewinnen. Mein erster Sieg mit 17 gegen Robby Naish

mich immer sehr genau und ausgiebig auf meine

– dem absoluten King damals, was Windsurfen angeht

Wettkämpfe vor. Ich bin Perfektionist und sehr ehrgei-

– war natürlich etwas ganz Besonderes. Dann mein

zig. Ich versuche immer, so fit wie möglich an den

fünfter Weltmeistertitel in Folge, danach der zehnte

Start zu gehen. Je fitter du bist, umso sicherer bist

und dann hört man irgendwann auf zu zählen. Eine

du auch im Wettkampf. Wenn dann auf dem Wasser

große Herausforderung war für mich 2001, mit über 30

doch etwas schiefläuft, habe ich mir nichts vorzuwer-

Jahren noch einmal Weltmeister in der Welle zu werden.

WOK-WM-VIERER

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wunderkind

MAL ANDERS HERUM: ROBBY OBEN AUF DER WELLE, BJÖRN UNTEN.

FOTO © ERIK AEDER/RED BULL PHOTOFILES

Ich weiß, wie hart es, ist über lange Zeit vorn dabei zu

WAS WÜRDEST DU EINSTEIGERN EMPFEHLEN, DIE

NAME Björn Dunkerbeck

sein. Du darfst nie mit dem Training aufhören. Du musst

GERN MIT DEM WINDSURFEN ANFANGEN MÖCHTEN?

BERUF Profi-Windsurfer

sehr diszipliniert sein und dich darf das Reisen nicht

Probiert es aus! Durch die breiteren Boards und die

ALTER 41

stören. Eine Woche nicht auf dem Wasser zu sein, ist

leichten Riggs ist der Einstieg ins Windsurfen deutlich

Verheiratet, drei Kinder

schon das Maximum, was man sich erlauben darf. Nach

leichter geworden. Daneben ist Stand Up Paddeln eine

einem Monat wird es schon richtig schwierig, sein altes

gute Alternative, um sich bei wenig Wind an das Ge-

Leistungsniveau wieder zu erreichen.

fühl heranzutasten, auf dem Wasser unterwegs zu sein.

GEWICHT 101 Kilogramm

Wenn man eine gute Windsurfschule besucht, sollte man

SPONSOREN Starboard, Severne,

nach zwei Wochen eigentlich schon gut unterwegs sein.

Red Bull, VW

WIE HAST DU MIT DEM WINDSURFEN ANGEFANGEN? Meine Eltern sind 1971 von Dänemark nach Gran Canaria ausgewandert und haben dort eine

GIBT ES NOCH EINE HERAUSFORDERUNG IM WIND-

Windsurfschule eröffnet. Mit einem von beiden bin ich

SURFEN, DIE DICH REIZT? Ja, ich möchte die 50-Kno-

dann immer rausgegangen und so schnell besser ge-

ten-Grenze knacken (zurzeit ist der Franzose Antoine

worden. Die beiden haben meine Schwester und mich

Albeau mit 49,09 Knoten (90,91 km/h) der schnellste

immer voll unterstützt. Trotz meiner frühen Erfolge

Windsurfer). Ich bin mir sicher, dass es zu schaffen ist,

bestanden sie übrigens darauf, dass ich erst meine

und der eine oder andere Weltmeistertitel im Slalom

Schullaufbahn beenden musste. Dass ich im Warmen

sollte auch noch drin sein.

und in beständigen Bedingungen lernen und trainieren konnte, war sicher Glück. Dass ich so lange vorn mit-

WEITERHIN VIEL ERFOLG UND VIELEN DANK FÜR

fahre, ist viel Fleißarbeit.

DAS GESPRÄCH.

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ERFOLGE Unter anderem 40-maliger Weltmeister GRÖSSE 191 Zentimeter


spielzeug

WASSERUNG AN HAMBURGS FLANIERMEILE

spielzeug

hamburg,

meine perle

TEXT DIRK HERPEL FOTOS © BRIAN BOJSEN

MITTENDRIN EIN HERZ AUS WASSER UND DRUM HERUM JEDE MENGE ADERN, DIE NUR DARAUF WARTEN, GRÜNDLICH GECHECKT ZU WERDEN. KEINE ANGST, WIR SCHICKEN DICH NICHT ZUM DOC. WIR SCHICKEN DICH ZUM SUP CITY CHECK NACH HAMBURG. SELBST WELLEN GIBT ES IN DER HANSESTADT. SOGAR AUF DIE MINUTE GENAU ...

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spielzeug

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FAST WIE VENEDIG, NUR EIN BISSCHEN MODERNERE ARCHITEKTUR.

m

ist, muss ich nun nach rechts oder nach links abbiegen? Auch wenn

EIN PAAR ZAHLEN GEFÄLLIG?

ich kein gebürtiger Hamburger bin. Nach über 20 Jahren vor Ort kenne

Mal eben auf einen Kaffee in die Innenstadt paddeln? In Hamburg gar kein Problem.

ich mich, entgegen der Meinung meiner Frau, in den meisten Ecken der

Mit 2500 Brücken belegt die Hansestadt unangefochten und mit weitem Abstand, Vene-

Stadt schon ganz gut aus. Erst recht in der Innenstadt. Doch heute sieht alles ganz an-

dig hat gerade mal 400, den ersten Platz in dieser Kategorie unter Europas Großstädten.

ders aus. Kein Wunder, heute bin ich nicht mit dem Auto unterwegs, auch nicht zu Fuß.

Und wo Brücken sind, da plätschert es meistens auch drunter. Die Kanäle führen mitten

Heute entdecke ich Hamburg auf dem SUP. Und das kann man wirklich nur empfehlen.

durch die Innenstadt, durch unglaubliche Parks, vorbei an noch viel unglaublicheren Vil-

Zugegeben, auch ich war erst etwas skeptisch. Doch zwei Wochen Flaute an Nord- und

len und enden fast allesamt dort, wo das Rudern in Hamburg seinen Ursprung gefun-

Ostsee am Stück, ein fettes Hoch und ein Kajakkurs meiner Tochter haben mich auf Trab

den hat, auf der Alster. Was sag ich in Hamburg: in ganz Deutschland. Schon 1836

gebracht. Das war vor zwei Jahren. Da habe ich im Schlepptau des Ruderkurses zum er-

wurde der Hamburger Ruderclub gegründet. Dies war gleichzeitig auch die Geburts-

sten Mal den nordöstlichen Alsterlauf geentert. Seitdem wundere ich mich immer wieder,

stunde des deutschen Rudersports. Heute gibt es zehn Ruderclubs in Hamburg. SUP-

wie viel es hier erst recht vom Wasser aus zu entdecken gibt. Von einsamer Natur mitten

Boards kennen die meisten noch nicht. Aber das kommt sicher auch bald. Auch wer keine

in der Stadt bis hin zum geschäftigen Treiben im Hafen. Würde man sich eine Stadt als

Lust auf einen Club hat, kann in und um Hamburg problemlos stundenweise das Pad-

SUP-Revier ausdenken, so käme Hamburg dem Wunschbild sicher ganz schön nah.

del schwingen. Es gibt jede Menge Stationen, in denen man sich Kajaks mieten kann.

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Wenn du also nicht allein auf Entdeckertour gehen willst und deine Freunde noch keine SUP-Erfahrung haben, starte einfach an einer der Stationen und setzt deine Kumpels in ein Kanu. Wer auf der Piste den Einkehrschwung beherrscht, der wird sicher bei der Hamburger Kanaltour auch auf seine Kosten kommen. Mehr als eine Kneipe liegt direkt am Wasser und lockt mit eigenem Steg und frischem Gerstenbräu durstige Paddler.

RAUS AUS DEM TRUBEL Sorry, darf ich mal durch? Am Wochenende rund um die Uhr in der Woche immer morgens und abends herrscht auf dem Rundkurs um die Außenalster Hochbetrieb. Karawanen von Joggern ziehen ihre Runden, unterstützt von Touristen aus aller Welt. Da ist es verdammt cool, sich einfach auf seinem SUP-Board an windstillen Tagen ordentlich auszupowern, statt sich einzureihen. Und der Ausblick ist sowieso einmalig. Sind mehr als vier Windstärken angesagt, würde ich mir die Sache mit der Alster aber genau überlegen. Zum einen herrscht dann reger Segelverkehr, zum anderen verwandeln kurze Kabbelwellen und der böige Wind den Ausflug schnell zum anstrengenden Trip. Nervig kann übrigens auch die Suche nach einem Parkplatz werden. Das Westufer der Alster bietet hier die meisten Möglichkeiten. „Alsterperle“, „Bodos Bootsteg“ – Plätze zum Chillen danach gibt es reichlich. Da kann man sich dann direkt auf ein paar Fragen gefasst machen: „Ist das nicht schwierig, fällt man da nicht leicht mal rein?“ Selbst nach einem Medienereignis wie dem „Jever Sup World Cup“ vor Ort, weiß noch kaum ein Hamburger mit den komischen Paddeltypen etwas anzufangen.

FÜR FORTGESCHRITTENE: DER HAFEN UND DIE ELBE Wer keinen Bock auf eine normale Hafenrundfahrt hat und keine Angst vor raubeinigen Barkassenkapitänen, entdeckt das riesige Hafengebiet per SUP vom Wasser aus. Und wer keinen Tag ohne Welle sein kann, der versucht sein Glück ein Stück die Elbe hinauf. Ein Schiff wird kommen und dann ... Doch eins nach dem anderen. Als Erstes sollte man sich den Gezeitenstand genau anschauen, bevor man sich auf die Kanäle in der Speicherstadt traut. Bei Ebbe fallen einige komplett trocken und hier durch den Matsch waten, ist sicher das Letzte, was man machen möchte. Wo Ebbe und Flut herrscht, sind Strömungen auch nicht weit. Deshalb sollte man seine Route am besten mit der Strömung wählen. Die ist übrigens an manchen Stellen viel heftiger, als man es beim ersten Blick auf die Kanäle vermuten würde. Eine Stunde vor und eine Stunde nach Hochwasser ist das Wasser am ruhigsten. Infos zu den Gezeitenständen findest du unter anderem auf der Website des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (www.bsh.de). Dort nach dem Pegel der Elbe für den Bereich Hamburg St. Pauli suchen. Richtig spannend wird es immer, wenn eine Barkasse durch die Kanäle zischt. Und das ist gar nicht so selten. Mit Rücksicht muss man hier nicht rechnen, schließlich ist Zeit bares Geld für die Barkassenkapitäne. Dann schwappt es aus allen Richtungen und man hat manchmal Mühe, an Board zu bleiben. Am besten man sticht hier vormittags in See

WÜRDE MAN SICH EINE STADT ALS SUPREVIER AUSDENKEN, SO KÄME HAMBURG DEM WUNSCHBILD SICHER GANZ SCHÖN NAH.

und meidet die Wochenenden. Dann hat man wesentlich mehr Ruhe und kann sich die auf altem Eichenholz gegründeten Gebäude in Ruhe aus der Nähe anschauen. Das Gebiet ist übrigens der größte zusammenhängende Lagerhauskomplex der Welt. Der erste Abschnitt wurde schon 1883 erbaut und steht seit 1991 unter Denkmalschutz.

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WER KEINEN BOCK AUF EINE NORMALE HAFENRUNDFAHRT HAT UND KEINE ANGST VOR RAUBEINIGEN BARKASSENKAPITÄNEN, ENTDECKT DAS RIESIGE HAFENGEBIET PER SUP VOM WASSER AUS.

„NA DIE DAMEN, EIN TÄNZCHEN GEFÄLLIG?“

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WELLE, NA KLAR ... Auch für alle, die sich SUP-Surfen ohne Welle nicht vorstellen können, hat Hamburg einen Spot parat. Ich habe es leider noch nicht selbst erlebt, aber Kumpels von mir schwören, sie hätten ganz in der Nähe vom „Schulhauer Fährhaus“ – von der Innenstadt aus immer Richtung Wedel halten – schon die eine oder andere nette TankerWelle erwischt. Allerdings gilt es auch hier die Strömung im Auge zu behalten und immer genügen Abstand zu den dicken Pötten zu bewahren, damit es keinen Ärger gibt. Ganz Schlaue besorgen sich die An- und Abfahrtszeiten der Schiffe im Hafen und wissen so genau, wann die nächste Welle läuft. Die Website des Hamburger Hafens (www.hafen-hamburg.de) ist dafür eine gute Quelle. Hier findet man auch genaue Hafenpläne für Entdeckertouren. Gegen meine Vermutung ist Paddeln in ganz Hamburg übrigens erlaubt. „Nur im Bereich der Landungsbrücken sollte man nicht wassern. Da ist es einfach zu gefährlich, da würden wir sofort eingreifen“, so der trockene Kommentar der Hamburger Wasserschutzpolizei zum Thema. „Wollen Sie in Richtung Alster? Dann müssen sie sich hier links halten.“ Ah, danke. Da hat ein Neugieriger auf der Brücke mein fragendes Gesicht richtig gedeutet. Also dann los. Habe ich schon erwähnt, dass wenn man sich halbwegs ordentlich anstellt, man neben den richtigen Antworten und jeder Menge Fragen auch Applaus auf seinem SUP einheimsen kann? Also, da sag noch mal einer, Hamburger wären trocken und zurückhaltend. Wenn es um Wassersport geht, stimmt das auf gar keinen Fall. Also los: Es gibt viel zu entdecken.

KANU- UND BOOTVERLEIH IN HAMBURG | AUSSENALSTER

KUMPELS VON MIR SCHWÖREN, SIE HÄTTEN GANZ IN DER NÄHE VOM „SCHULHAUER FÄHRHAUS“ SCHON DIE EINE ODER ANDERE NETTE TANKER-WELLE ERWISCHT ...

DLRG 040/35700858

WASSERSCHUTZPOLIZEI 040/4286-65001

BOBBY REICH

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MÖLLER KANUVERLEIH

Fernsicht 2, Telefon 040/487824 Preise/Std.: Ruderboote/Kanus 1-2 Pers. 11 Euro; 3 Pers. 11,50 Euro; 4 Pers. 12 Euro Öffnungszeiten: Täglich von ca. 9 Uhr bis Sonnenuntergang (ca. 21 Uhr)

Schöne Aussicht 20a, Telefon 040/2200030 Preise/Std.: Tret- und Ruderboote und Kanus ab 11 Euro Öffnungszeiten: Di-Fr 12 bis 19 Uhr, Sa/So 11 bis 19 Uhr

Eppendorfer Landstraße 148b, Telefon 040/47 62 07 Preise/Std.: Kanus, Kajaks, Tretund Ruderboote, ab 10 Euro. Öffnungszeiten: Mo-So 9 Uhr bis 22 Uhr

Helgolandstraße 7, Telefon 040/5261740 Preise: keine Angabe Öffnungszeiten: Täglich von 7 Uhr bis 22 Uhr geöffnet

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BODO‘S BOOTSSTEG

GADERMANN KAJAKS

Harvestehuder Weg 16, Telefon 040/440654 Preise/Std.: Ruder-, Tret- und Segelboote ab 11 Euro; Öffnungszeiten: Mo-Fr 11 bis 21 Uhr, Sa/So ab 10 Uhr

Hummelsbütteler Steindamm 70, 22851 Norderstedt, Telefon 040/52983006 Preise: Kajaks und Kanus sind ab 20 Euro pro Tag zu mieten. Öffnungszeiten: Mo-Fr 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr und 14.30 Uhr bis 18 Uhr, Sa 9.30 bis 13 Uhr sowie nach Absprache

G. WÜSTENBERG

An der Alster/Atlanticsteg, Telefon 040/247578 Preise/Std.: Tretboot 3-4 Pers. 13 Euro Tretboot klein 1-2 Pers. 12 Euro Ruderboot 1-4 Pers. 13 Euro Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 21 Uhr

ALSTER UND ALSTER-KANAL: ALFRED SEEBECK An der Alster 67a, Telefon 040/247652 Preise/Std.: Ruderboote bis 4 Pers. 13 Euro Tretboote bis 4 Pers. 13 Euro Öffnungszeiten: Täglich 11 Uhr bis 20 Uhr

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raus-magazin 2010

KANUSPASS BOOTSHAUS MARIENHOF Marienhof 4 (Poppenbüttler Schleuse), Telefon 040/6 06 66 77 Preise/Std.: Kanus 7 Euro; Kajaks 5 Euro Öffnungszeiten: Di-So 10 Uhr bis 20 Uhr

Husumer Straße 7, Telefon 040/46093571 Preise: 2er/3er-Kanadier sind für 20 Euro pro Tag zu mieten Öffnungszeiten: geöffnet von April bis September von 8.30 bis 20 Uhr

Deelbögenkamp 3, Telefon 040/517701 Preise/Std.: Kanus, Ruderboote, 2er-Kajaks 1-2 Pers. 9 Euro; 3 Pers. 12 Euro; 4 Pers. 14 Euro Tretboote 1-2 Pers. 12 Euro; 3 Pers. 14 Euro; 4 Pers. 16 Euro Mindestmietdauer: Montag-Freitag 1 Stunde; Samstag, Sonntag und Feiertag 2 Stunden. Danach Abrechnung halbstündlich. Öffnungszeiten: 1. April bis 31. Oktober, je nach Wetterlage von 10 Uhr bis 20 Uhr

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hinhören

hinhören

WIE BIST DU AUF DIE IDEE ZU DEINEM BUCH GE-

WIE IST DIE RESONANZ? DU HÄLTST JA SICHER

KOMMEN? Das Ganze hat sich so ergeben ... Ich kenne

ZUM ERSTEN MAL IN DEINEM LEBEN LESUNGEN,

den Christian Seiler, mit dem ich das Buch zusammen

WAS IST DAS FÜR EIN GEFÜHL UND WELCHE FRA-

gemacht habe, schon seit einigen Jahren. Er hat mich

GEN TAUCHEN AUF? WER SITZT IM PUBLIKUM?

eigentlich erst auf die Idee gebracht. Anfangs wusste

Die Resonanz ist sehr positiv. Vor allem freut mich

ich zwar nicht so recht, wie er sich das alles vorstellt,

aber, dass es auch meinen Freunden, die es gelesen

aber es hat dann richtig Spaß gemacht. Wir sind dabei

und die eine oder andere Geschichte auch miterlebt

auf viele Erlebnisse gekommen, die ich schon fast wie-

haben, gefällt. Ich bin es zwar von den Wettkämp-

der vergessen hatte, und ich hatte die Möglichkeit, al-

fen und Interviews gewöhnt, dass man die Aufmerk-

les so zu beschreiben, wie ich selbst die Sachen erlebt

samkeit vom Publikum bekommt, Lesungen sind aber

habe. Oft habe ich auch eigentlich „unbedeutende“

etwas komplett Neues für mich. Man hat die Auf-

Erlebnisse genauer beschrieben als irgendein Highlight

merksamkeit um einiges länger und es ist nicht die

aus meiner Kletterkarriere. Ganz einfach, weil mir das

körperliche Leistung, die zählt. Aber ich sehe das als

„unbedeutende“ Erlebnis oft mehr wert ist.

eine neue Herausforderung – und Herausforderungen sind immer interessant.

WIE LANGE HAST DU AM BUCH GEARBEITET? So vier bis fünf Monate.

DU SCHEINST IN DEINEN ENTSCHEIDUNGEN ZWISCHEN HALLE ODER BERG FREI WÄHLEN ZU KÖN-

WIE MUSS MAN SICH DAS VORSTELLEN, HAST DU

NEN. ODER ANDERS GEFRAGT: WIE VIEL EINFLUSS

IRGENDWANN ANGEFANGEN, DIR NOTIZEN ZU

NEHMEN DEINE SPONSOREN AUF DIESE ENTSCHEI-

MACHEN? DIE BESCHREIBUNGEN VON EINIGEN

DUNGEN? Viele Leute haben mich jahrelang als reinen

TRIPS SIND JA SEHR DETAILLIERT ... Ich kann mich

Wettkampfkletterer gesehen. Dass ich am Fels begonnen

an das Erlebte meist sehr gut zurückerinnern. Hin und

habe, wussten die wenigsten. Und dass die große Liebe

wieder dauert es einfach ein wenig oder die Erinnerung

immer schon der Fels war, wussten auch nicht alle. Mir

an ein Erlebnis kommt ganz zufällig wieder.

war das immer bewusst. Seit das Buch erschienen ist,

„ICH BIN ES ZWAR VON DEN WETTKÄMPFEN UND INTERVIEWS GEWÖHNT, DASS MAN DIE AUFMERKSAMKEIT VOM PUBLIKUM BEKOMMT, LESUNGEN SIND ABER ETWAS KOMPLETT NEUES FÜR MICH.“

TEXT DIRK HERPEL FOTOS © RED BULL PHOTOFILES

i n t e r v i e w

david lama

„HIGH. GENIAL UNTERWEGS AN BERG UND FELS“ IST DER TITEL DES GERADE IM KNAUS VERLAG ERSCHIENENEN BUCHES VON DAVID LAMA. GERADE MAL 20 UND SCHON EIN BUCH? WAS KANN UNS EIN 20-JÄHRIGER SCHON GROSS ERZÄHLEN, KÖNNTE MAN LEICHT DENKEN. KLAR, DER JUNGE – ALS SOHN EINER ÖSTERREICHERIN UND EINES NEPALESISCHEN BERGFÜHRERS GEBOREN – IST EIN RIESENTALENT. MACHT ALS SECHSJÄHRIGER EINEN KLETTERKURS BEI HIMALAJA-LEGENDE PETER HABELER, DER SPITZENKLETTERER REINHOLD SCHERER WIRD SEIN TRAINER. MIT 14 WIRD LAMA JUGENDWELTMEISTER, MIT 15 JÜNGSTER WELTCUPSIEGER, MIT 18 DER JÜNGSTE DOPPELEUROPAMEISTER IN DER GESCHICHTE DES KLETTERSPORTS. LESEN WIR NUN, WIE ER VON EINEM WETTKAMPF ZUM ANDEREN ZIEHT? NEIN, OHNE ZU VIEL ZU VERRATEN, ES GEHT IN ERSTER LINIE UM SEINE LIEBE ZUM KLETTERN IN ALLEN FACETTEN. RAUS! TRAF DAVID KURZ NACH DER BUCHMESSE IN FRANKFURT ZU EINEM KURZEN INTERVIEW.

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© Outline-Graphix.de | 2010

Teil einfach zu meinem Leben gehört. Man muss also im-

dass man neue Bereiche dazunimmt. Diese neuen Be-

mer einen Kompromiss finden. Für die Kletterwelt haben

reiche/Herausforderungen finde ich im alpinen Gelände.

wir es am Cerro Torre etwas übertrieben. Wir haben aber

Diese Entwicklung kann man, glaube ich, nicht stop-

dazugelernt und es wird beim nächsten Versuch ein noch

pen. Und das wissen auch meine Sponsoren, deshalb

kleineres Filmteam geben und es werden keine weiteren

überlassen sie mir die Entscheidung, was ich machen

Bohrhaken gesetzt. Die Haken vom letzten Versuch werden

will und was nicht.

übrigens wieder sauber entfernt werden.

KANN MAN MIT DEM KLETTERN REICH WERDEN?

WENN JEMAND MIT KLETTERN BEGINNEN MÖCH-

ICH MEINE, EINE SCHWERE VERLETZUNG KÖNNTE

TE, WÜRDEST DU IHM EINE HALLE ODER DEN BERG

DEINE KLETTERKARRIERE BEENDEN. SORGST DU

EMPFEHLEN? In der Halle macht man sicher schneller Fort-

DA VOR? Millionär werde ich keiner werden, aber ich

schritte, am Fels entwickelt man aber ein Gefühl fürs Klet-

kann davon leben. Das Risiko mit den Verletzungen hat

tern und das nützt einem dann später auch in der Halle.

n • life style

Filmen, Fotograpfieren und Vermarkten zu einem gewissen

gut so. Ich glaube, es ist eine natürliche Entwicklung,

tauche

sehen die Leute mich auch etwas anders und das ist

• emo tio

nen

hinhören

jeder Profisportler zu tragen. KEIN FÜHRERSCHEIN, KEINE FREUNDIN? STIMMT GIBT ES SO ETWAS WIE VORBILDER FÜR DICH? IM

DAS IMMER NOCH? Führerschein habe ich jetzt. Freun-

BUCH IST DA KEINE REDE DAVON ... Es gibt viele

dinnen habe ich viele – nur keine spezielle ;-)

Leute, die großartige Dinge geleistet haben. Sowohl im Sport als auch in anderen Bereichen. Als Vorbilder würde

EINE FREUNDIN, DIE NICHT KLETTERT, KÖNNTEST

ich sie aber nicht bezeichnen.

DU DIR DAS VORSTELLEN? Habe ich auch ...

ES GAB JA KRITIK AUS DER SZENE AN DEINEM

WAS LÄUFT BEI DIR ZURZEIT AUF DEINEM IPOD

VERSUCH, DEN CERRO TORRE IN CHILE ZU BE-

FÜR MUSIK? Von Bob Dylan über Hotel Costes bis Daft

STEIGEN.

Punk so ziemlich alles.

ES GING, WENN ICH ES RICHTIG VER-

STANDEN HABE, UM DAS SETZTEN VON SICHERUNGSHAKEN FÜR DAS FILMTEAM. KANNST DU DAS EINMAL GANZ KURZ ERLÄUTERN? Aus der

LIEBLINGSBUCH? „Mach dieses Buch fertig“ von Keri Smith.

Sicht eines Kletterers verstehe ich die Kritik durchaus. Kletterethisch ist es nicht gerade nobel, Bohrhaken in

LETZTE GROSSE PARTY? 25.9.10 beim Weltcup in

eine bestehende Route zu setzten. Vor allem, wenn di-

Puurs/Belgien.

ese nur für den Kameramann benötigt werden. Von einer professionellen Seite muss ich aber sagen, dass das

DAVID LAMA High. Genial unterwegs an Berg und Fels Mit 24 Seiten Farbbildteil 224 Seiten. Klappenbroschur,

VIELEN DANK FÜR DAS INTERVIEW ...

„IN DER HALLE MACHT MAN SICHER SCHNELLER FORTSCHRITTE, AM FELS ENTWICKELT MAN ABER EIN GEFÜHL FÜRS KLETTERN UND DAS NÜTZT EINEM DANN SPÄTER AUCH IN DER HALLE.“

Erleben Sie Tauchen in einer neuen Dimension. Einmalige Bildstrecken, tiefgehende Hintergrundberichte, aufregende Erlebnisschilderungen. Silent World – Das Tauch-

19,95 € ; 20,60 € (A); CHF 34,90

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tauchen ERLEBEN! • www.silent-world.eu •


hinhören

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e

GESTATTEN, GEFAHRENSUCHER!

nde Oktober ist Deutschlands Lieblingsinsel

Der erste Trip ließ dann auch nicht lange auf sich

Sylt alles andere als ein gemütliches Fleckchen

warten. Im November 2000 ging es für die Winter-

Erde. Grauer Himmel, es nieselt und ein eis-

saison nach Kanada, mit 64 Kilogramm Snowboard-

kalter Westwind zieht von der Nordsee her durch die

Equipment im Gepäck. Meine Reise führte mich so-

fast verlassen wirkenden Gassen von Westerland. Also

wohl an die Ostküste als auch in die Rocky Mountains

den Winter möchte ich hier auch nicht verbringen,

im Westen. In den sechs Monaten schlug ich mich

denke ich mir, während ich mich auf den Weg mache,

mit allen möglichen Jobs durch, vom Tellerwäscher bis

um Nils Lackner zu treffen. Der gebürtige Münchner

zum Snowboardguide war alles dabei.

lebt nun schon seit 2009 auf Sylt. Hier arbeitet er in der Saison, danach macht er sich aus dem Staub. Kein

2002 bis 2004 verdiente ich mir meine Sporen als Back-

Einzelfall, viele Tourismuskräfte auf der Insel nutzen

packer in Südostasien, Australien, Südafrika und Nami-

den Hype der Sommersaison, um genug Geld zu ver-

bia. Schon da stellte ich eine Vorliebe für Orte abseits

dienen und den Winter in wärmeren Gefilden zu ver-

der Hauptrouten fest. Zu meinen Highlights gehören ein

bringen. Doch bei der Wahl seiner Reiseziele und der

sechstägiger Aufenthalt bei Opiumbauern im Goldenen

Art der Fortbewegung fällt der 35-Jährige ziemlich aus

Dreieck, die Tempelanlagen von Angkor Wat, zwei Nächte

dem Rahmen. Oder wie sonst würde man zum Beispiel

bei Fischern im Mekong-Delta, die Perhentian-Inseln, Rei-

die Idee beschreiben, auf dem Landweg von Hamburg

sen durch das australische Outback und die Durchque-

nach Singapur zu reisen. Eigentlich wollte ich Nils ein

rung der Namibwüste im 1er-Golf.

paar Fragen stellen, doch am Ende hörte ich einfach nur noch begeistert zu.

Langsam entwickelte sich der Reiz für ungewöhnlichere Reiseziele und -routen weiter. 2007 ging es auf dem

01 02 TEXT DIRK HERPEL FOTOS © PRIVAT

EIN SECHSTÄGIGER AUFENTHALT BEI OPIUMBAUERN IM GOLDENEN DREIECK, DIE TEMPEL-

01. UND PROST, WENN MAN EINGELADEN WIRD KANN

ANLAGEN VON ANKOR WAT, ZWEI NÄCHTE BEI FISCHERN IM MEKONG-DELTA, DIE

MAN SCHWER NEIN SAGEN. NILS AM TISCH EINES

PERHENTIAN-INSELN, REISEN DURCH DAS AUSTRALISCHE OUTBACK UND DIE DURCHQUERUNG DER NAMIBWÜSTE IM 1ER-GOLF. VERRÜCKT? NILS LACKNER NENNT ES SCHLICHT: REISELUST!

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HI NILS, WIE FING DAS AN MIT DEM REISEN? Nach

Landweg von Hamburg nach Singapur, ohne ein ein-

meinem Abschluss zum Diplom-Betriebswirt an der Be-

ziges Flugzeug zu betreten. Um es spannender zu

rufsakademie Mannheim habe ich noch einen Bachelor

machen, hatte ich vorher nichts gebucht, sondern or-

of Arts in Marketing mit Schwerpunkt Tourismus an

ganisierte alles unterwegs vor Ort. Über Finnland und

der California State University in Los Angeles drauf-

Estland reiste ich nach Russland, dort mit der Trans-

gesetzt. Aber schon damals war mir bewusst, dass

sibirischen Eisenbahn nach Sibirien, wo ich einige Zeit

ich eigentlich nur eines im Leben möchte: Reisen!!!

auf der Sonneninsel Olchon im Baikalsee verbrachte.

03

NETTEN HERRN IRGENDWO IN DER GOBI-WÜSTE. 02. TSCHERNOBYL 03. IN PRIPYAT, HOTEL POLISSIA

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05

06

Von hier ging es weiter in die Mongolei. In der Haupt-

Auf der Suche nach noch ungewöhnlicheren Zielen stie-

stadt Ulaanbaatar tat ich mich mit vier anderen Back-

gen ein Freund von mir und ich im März 2010 in ei-

packern zusammen und mietete einen privaten Fahrer.

nen Flieger nach Kiew. One-way. In den folgenden drei

Sieben Tage lang bereisten wir die Weite der Wüste

Wochen ereignete sich ein Reiseerlebnis, dessen Zusam-

Gobi, schliefen bei Nomadenfamilien in den typischen

menfassung nach einem schlechten James-Bond-Film

Jurten und tranken gegorene Kamelmilch und Tee mit

klingt. Auf unserem Reiseplan standen:

Salz. Nach sieben staubigen Tagen ohne Dusche kamen wir wieder nach Ulaanbaatar zurück und genossen die

Transnistrien (Trans Dniestr)

Annehmlichkeiten der Stadt. Für mich folgte ein Auf-

Selbst deklarierte autonome Republik in der Hand von

enthalt im Terelj Nationalpark, welcher mit grüner Step-

Ex-KGBs. Einreise westlicher Touristen unerwünscht.

pe und riesigen Felsformationen einen beeindruckenden

Nachdem wir beim deutschen Konsulat in Odessa nach

Gegensatz zur kargen Wüstenlandschaft bildet. Nach

einem offiziellen Statement bezüglich unserer Einrei-

der Mongolei folgte China. Natürlich besuchte ich die

se anfragen, erhalten wir folgende Antwort: „Seid ihr

verbotene Kaiserstadt in Beijing und wanderte auf der

verrückt? Was wollt ihr

Chinesischen Mauer. Aber auch die Terrakotta-Armee in

denn da? Wir raten euch

Xi‘an und die Hauptstadt Shanghai standen auf dem

dringend davon ab. Das

Programm. Und eine Bootsfahrt auf dem Fluss Li, eine

ist diplomatische Grauzo-

Sehenswürdigkeit, welche von 30 Millionen Touristen

ne, wenn euch da was

jährlich besucht wird, davon allerdings nur 150.000

passiert kann, euch kei-

Nichtchinesen, also für Europäer immer noch ein echter

ner helfen.“ Die Einreise

Geheimtipp. Mit dem Nachtbus ging es nach Hong-

erfolgt mithilfe eines Grenzschiebers. In Transnistrien

kong, dann weiter mit dem Speedboot nach Macau

selbst müssen wir uns bei der Militärpolizei melden, da

und von dort nach Vietnam. Ist man erst einmal in Ha-

wir länger als zehn Stunden bleiben. Es herrscht kom-

noi, ist der Rest bis Singapur ein Kinderspiel, man folgt

munistischer Plattenbauchcharme. So stelle ich mir die

einfach den Horden von Rucksacktouristen. In Singapur

Sowjetunion vor 25 Jahren vor. Zwischen den Städten

angekommen, buchte ich einen Flug nach Neuseeland,

stehen russische Panzer und Soldaten in Schützengrä-

wo ich einen Camper-Van erwarb, in dem ich elf Mo-

ben. Alles in allem sind wir froh, als wir wieder draußen

nate lebte, und das kleine Land Down Under erkundete.

sind, obwohl wir nie konkreten Anlass zur Sorge hatten.

AUCH IN FARBE NICHT BESSSER: TRANS DNIESTR 07 PARIS, LONDON, BERLIN: NÖ, KHUSHIR 08

„SIEBEN TAGE LANG BEREISTEN WIR DIE WEITE DER WÜSTE GOBI, SCHLIEFEN BEI NOMADENFAMILIEN IN DEN TYPISCHEN JURTEN UND TRANKEN GEGORENE KAMELMILCH UND TEE MIT SALZ.“

04. BEI MONGOLISCHEN NOMADEN 05. DIE WÜSTE, UNSER BUS, DAUMEN DRÜCKEN!

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06. TRANS DNIESTR, KOMMUNISTISCHE AUTONOME REGION

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Gagausien (Gagauz Yeri)

Todeszone von Tschernobyl

Zweite autonome Region in Moldawien mit eigener

Zutritt nur mit Sondergenehmigung der ukrainischen

Regierung. Im Gegensatz zu Transnistrien friedlich und

Regierung. Ein Geigerzähler wird mitgeführt. Auf dem

ruhig. Tourismus gibt es hier nicht. In der Hauptstadt

Programm stehen Tschernobyl Stadt, Reaktor 4 und

Comrat nimmt uns der Priester der Landeskirche mit

die verlassene Geisterstadt Pripjat. Die Stimmung ist

auf seinen Glockenturm und die Parlamentswache zeigt

gedrückt, aber es gibt auch Hoffnungsschimmer, wenn

uns den Hauptversammlungssaal der Regierenden. Auf

man sieht, wie die Natur sich das Gebiet langsam

dem Land sind die Straßen holperige Staubpisten, das

zurückerobert. Einiges wirkt inszeniert, doch das Ge-

Wasser kommt aus Brunnen und Ochsenkarren sind

samtbild mit verlassenen Schulen und stillgelegtem

noch im Alltagsgebrauch. Es ist eine der ärmsten Ge-

Rummelplatz macht klar, dass hier das Leben von ei-

genden Europas. Für wenig Geld, was für einige hier

ner Minute auf die nächste aufgehört hat. Nach sechs

doch schon ein kleines Vermögen bedeutet, haben wir

Stunden treten wir den Rückweg an, länger dürfen sich

uns einen breitschultrigen Fahrer samt 7er-BMW ge-

nur Mitglieder der ukrainischen Armee hier aufhalten.

mietet. Auf die Frage hin, ob es für uns auf einigen zwielichten Märkten gefährlich sei, antwortet er nur:

PUH, DAS SIND ZU VIELE GESCHICHTEN FÜR EIN HEFT.

„Keine Sorge, mit dem Wagen denkt jeder, ihr seid

WAS HÄLTST DU DAVON, WENN WIR DIE AUF DIE

von der Regierung oder Mafia. Oder gleich beides.“

NÄCHSTEN AUSGABEN VERTEILEN? Klasse Idee, gern.

09 WÜSTE GOBI, GEMÜTLICHES BEISAMMENSEIN WÜSTE GOBI, LOCALS CRUSING 10

„AUF DER SUCHE NACH NOCH UNGEWÖHNLICHEREN ZIELEN STIEGEN EIN FREUND VON MIR UND ICH IM MÄRZ 2010 IN EINEN FLIEGER NACH KIEW. ONE-WAY.“

11 ESSEN KAUFEN IRGENDWO IM URAL

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12 RUMMELPLATZ IN PRIPYAT

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13 SIESTA, GOBI-WÜSTE 14 + 15 TERELJ NATIONALPARK 16 ZIEHT ORDENTLICH DURCH: DORFCHEF GOBI-WÜSTE 17 TSCHERNOBYL 18 + 19 OLKHON 20 AUCH DAS KANN GOBI-WÜSTE SEIN: EISFELD

„EINIGE DER INTERESSANTESTEN BEKANNTSCHAFTEN HABE ICH IN DER HOLZKLASSE VON NACHTZÜGEN GEMACHT.“

EIN PAAR GRUNDSÄTZLICHE FRAGEN HABE ICH

SUCHER, WENN ES UM NEUE REISEZIELE GEHT?

ABER DOCH NOCH. Frag!

Es geht uns gar nicht so sehr um gefährliche Gebiete,

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mehr um logistisch schwierige Reisen – also Zonen, in WIE VERDIENST DU DEIN GELD FÜR SOLCHE TRIPS,

die man nicht einfach hereinspazieren kann. Oder Ge-

DIE JA DOCH ALLE ETWAS LÄNGER DAUERN?

genden, welche geografische Herausforderungen bieten.

EIN NINE-TO-FIVE-JOB SCHEINT DA NICHT IDEAL Ganz einfach, mit Touristen. Dann kann ich immer auch

MIT WEM REIST DU AM LIEBSTEN? Am liebsten rei-

einmal für längere Zeit auf Reisen gehen. Auf Sylt habe

se ich mit Freunden oder meiner Frau. Menschen, die

ich ganz konkret als Restaurantleiter und Sommelier ge-

wie ich weit gereist sind. Personen eben, auf die man

arbeitet. Seit diesem Sommer verkaufe ich auch Fotos

sich ohne viel Worte 100-prozentig verlassen kann.

von den Reisen, teilweise als Großformate, über Galerien.

Auf extreme Trips nehme ich immer Florian Stich mit, den einzigen Menschen, den ich kenne, der genauso

DU BIST IN, SAGEN WIR ES MAL NETT, GEFÄHR-

von einer unbändigen Neugier getrieben wird ...

LICHEN GEGENDEN UNTERWEGS. WAS TUST DU, UM NICHT AUFZUFALLEN? Wenn wir reisen, versu-

REISEZIELE FÜR DIE ZUKUNFT? Timor-Leste, Ossetien,

chen wir bewusst „local“ zu leben. Wir vermeiden teure

Market Reef, BIOT (British Indian Ocean Territory), Süd-

Hotels und nehmen öffentliche Verkehrsmittel. Das geht

liche Sandwichinseln und Mustang in Nepal.

nicht immer und unsere Sicherheit geht natürlich vor. Generell ist man auf diese Art aber nicht nur preiswerter,

DA KANN ICH DIR NUR NOCH EINE GUTE REISE

sondern auch authentischer unterwegs. Einige der inte-

WÜNSCHEN UND MICH AUF DIE SUCHE NACH

ressantesten Bekanntschaften habe ich in der Holzklasse

EINEM GLOBUS MACHEN. MINDESTENS VON DER

von Nachtzügen gemacht. Wir versuchen, möglichst un-

HÄLFTE DEINER ZIELE HABE ICH NOCH NIE ET-

ter dem Radar zu fliegen. Unrasiert, gewählt schäbige

WAS GEHÖRT, GESCHWEIGE DENN GESEHEN. ICH

Kleidung und fettige Haare sind oft die beste Tarnung.

BIN GESPANNT AUF DEINE POSTKARTEN. WIE

Niemand würde da ein Bündel Dollarscheine und eine

LANGE BIST DU DENN UNTERWEGS? Meine Frau

goldene Kreditkarte vermuten,die übrigens immer dabei

und ich habe hier erst einmal alles aufgegeben. Wir

ist. Mein Plan B, falls was schiefläuft. Woran ich nie

planen, mindestens zwei Jahre auf Tour zu sein.

spare, sind Versicherung und Verpflegung. Das ist der Luxus, den ich mir gönne: gut zu essen.

UND DANN WIEDER ZURÜCK NACH DEUTSCH-

UND WARUM OUTEN SICH DU UND DEINE REI-

für Kanada. Aber meine Familie lebt in Hamburg. Also

SEGEFÄHRTEN IMMER WIEDER ALS GEFAHREN-

ab und an kommen wir sicher mal wieder vorbei ...

LAND? Wer weiß, wir haben auch eine Arbeitserlaubnis

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das erste mal

das erste mal

TEXT & FOTOS © SEBASTIAN DROLSHAGEN COOLE KLETTERKULISSE: STILLGELEGTES STAHLWERK IM LANDSCHAFTSPARK DUISBURG-NORD.

FÜR WENIG KOHLE BETON STATT FELSEN: WER KLETTERN LERNEN WILL, MUSS NICHT IN DIE BERGE FAHREN. FRISCHE LUFT UND STEILE HÄNGE GIBT ES AUCH IN DUISBURG – EINZIGARTIGES PANORAMA UND HÜTTE INKLUSIVE.

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das erste mal

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d

en Aufstieg zur Nordparkhütte schaffen selbst Ungeübte. Auch die schlimmsten Schreibtischhengste müssen ihn nicht fürch ten.

Denn die Nordparkhütte des Deutschen Alpenvereins (DAV) liegt 26 Meter über Normalnull – in etwa so hoch wie die größte Erhebung auf Sylt. Kein Wunder, befinden sich Duisburgs Alpen doch kurz hinter der Autobahnabfahrt Neumühl. Genau genommen gibt es in dem alpinen Ruhr-Terrain des Landschaftsparks Duisburg-Nord sogar gleich zwei Hütten. Und die eine würde nicht ohne die andere existieren. Bis Mitte der 80er-Jahre betreibt Thyssen im heutigen Landschaftspark eine Eisenhütte, verarbeitet Erz zu Stahl. Nach der Werksschließung gestaltet Landschaftsarchitekt Peter Latz das 200 Hektar große Gelände zu einem öffentlichen Park um, es entsteht eine der ersten Stätten der sogenannten Industriekultur. Die stillgelegte Eisenhütte bleibt. Und dort, wo einst das Erz lagerte, stehen nun die DAV-Trainer Uwe und Steffi mit ihren sieben Kletternovizen. Wie graue Zuckerhüte ragen Betontürme etwa zehn Meter in die Höhe, links und rechts die steilen Wände der ehemaligen Erzbunker, darüber idealerweise blauer Himmel – so wie heute. Die grandiose Kulisse des Ex-Hüttenwerks mit seinem Hochofen und dem Gewirr rostiger Rohre würdigen die Teilnehmer des Klettergrundkurses kaum eines Blickes. Zu sehr sind sie auf all das konzentriert, was sie am Vortag zum ersten Mal gelernt haben. „Uwe und Steffi haben uns immer wieder auf die drei ‚K’ eingeschworen: Knoten, Karabiner, Kletterpartner“, erzählt Sebastian. Der 18-Jährige aus Dinslaken ist schon mal mit Freunden ein bisschen gekraxelt, jetzt möchte er sich mit etwas Fachwissen wappnen. Die Ausrüstung stellt der DAV, der vor 20 Jahren begann, die Erzspeicher zum Klettergarten umzugestalten. In der Nordparkhütte wartet ein Fundus von Kletterschuhen, Gurten und Karabinern; deren Nutzung ist in den 90 Euro Kursgebühr bereits enthalten.

WIE GRAUE ZUCKERHÜTE RAGEN BETONTÜRME ETWA ZEHN METER IN DIE HÖHE, LINKS UND RECHTS DIE STEILEN WÄNDE DER EHEMALIGEN ERZBUNKER ...

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das erste mal

das erste mal

„DER GROBE BETON KOMMT NATURSTEIN SCHON ZIEMLICH NAHE!“ Klettertrainerin

Steffi

Wer sich am letzten der drei Kurstage nicht allzu dusselig anstellt, bekommt den „DAV-Kletterschein Toprope“. Kein Führerschein fürs Gebirge, aber eine Frage der Sicherheit wie Übungsleiter Uwe erklärt: „Zum Klettern braucht man keine Erlaubnis. Aber die meisten Kletterer verunglücken durch einfache Fehler beim Sichern. Deshalb möchte der DAV hier Standards setzen und versucht auch die Indoor-Kletteranlagen einzubeziehen. Schließlich boomen diese Zentren gerade wie verrückt.“ In der Halle eine Kunststoffwand erklimmen? Nichts für Michael. Der Oberhausener ist gern draußen, hat jahrelang Fußball gespielt. „Ich hab echt Hummeln im Hintern“, lacht der 37-Jährige und lässt dabei eine sympathische Ruhrpott-Schnauze durchklingen. Surfen, Skifahren und Tauchen stehen auf seinem Freizeitprogramm, Urlaub macht er am liebsten als Rucksacktourist in Asien. Die grobe Betonwand vor Augen, die Hände schwarz vom ersten Aufstieg, hat er die Bayerischen Alpen schon fest im Blick: „Meine Schwester wohnt in Berchtesgaden. Ich nehme ’nen Billigflieger nach Salzburg, ist doch super.“ Da eilt Brygida ihm bereits einen Schritt voraus. Sie hat in den letzten Jahren schon manch schmalen Pfad im Hochgebirge erkundet, ist sogar Mitglied im DAV. Trotzdem flößt ihr der Klettergarten im Landschaftspark Duisburg Respekt ein. Bis auf die Spitze des Übungsturms wagt sie sich noch nicht – was nur teilweise eine Frage des Mutes ist. Ein Blick auf die muskulösen Unterarme von Trainerin Steffi zeigt, was Kletterprofis brauchen. Klar, dass die 28-Jährige schon ganz andere Felsen gesehen hat, doch das einstige Industriegelände schätzt sie trotzdem sehr: „Der grobe Beton kommt Naturstein schon ziemlich nahe!“ WEITERE INFORMATIONEN: www.dav-duisburg.de, www.landschaftspark.de

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zeugwart

zeugwart

TEXT DIRK HERPEL FOTO © BRIAN BOJSEN ILLUSTRATIONEN FRANZISKA RIEGAMER

OSTWIND IST AUFGEKOMMEN, ES WIRD IMMER KÄLTER. DIE SONNE STEHT NIEDRIG AM HIMMEL UND SEIT EIN PAAR TAGEN MERKT MAN ES DEUTLICH: ES RIECHT NACH SCHNEE. WIR MÜSSEN RAUS!, WIR MÜSSEN AUF DEN BERG. UND WENN ER AUS STAHL IST. FÜR UNS KEIN PROBLEM. WIR HABEN DAS PASSENDE DABEI.

Den Aufstieg fest im Blick. V. l. n. r.: Basti mit Oakley Primed Jacket circa 400 Euro, Hoodie Oakley Generation 55 Euro, Tuch Oakley Neckie circa 45 Euro & Mütze Okaley Jaquard Era circa 30 Euro. Brille Anon Figment ab 90 Euro. Kai mit Burton MNS ak 2LZ Down Jacket circa 470 Euro, Brille Oakley Crowbar ab 109 Euro. Mütze Coal circa 30 Euro.

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Na Jungs, hier ist besetzt! V.l.n.r.: Gianna mit Haglöfs Map Beanie 35 Euro, Haglöfs Reptile II Q Hood 190 Euro, Haglöfs Couloir Pant 400 Euro und Haglöfs Fang Glove 70 Euro. Saskia mit Patagonia WMS Mabel Hat 39 Euro, Patagonia WMS Powder Bowl Jacket 350 Euro, Patagonia WMS Powder Bowl Pant 300 Euro und Handschuhe Kaldi Arctic Mittens 66°North circa 50 Euro.

Unten Kai mit Burton MNS ak 2LZ Down Jacket 470 Euro und Burton ak Pants 269,95 Euro, Brille Oakley Crowbar ab 109 Euro, Mütze Coal circa 30 Euro. Oben Basti mit Oakley Primed Jacket circa 400 Euro, Hose Oakley Knew Lite Pant circa 170 Euro, Brille Anon Figment ab 100 Euro und Mütze Okaley Jaquard Era circa 30 Euro.

„Braucht jemand einen Lift?“ Gianna mit Mantel Yeti Faith 359 Euro und Weste Yeti Caring 199,90 Euro, Mütze Coal circa 30 Euro und Hose Haglöfs Couloir Pant 400 Euro.

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Kurz vor dem Gipfel:

Relaxt:

Rucksack The North Face Interval 25 99 Euro und Spire 40 135 Euro

Longsleeve Think Pink circa 39 Euro, Caqlanque 591 Think Pink

Saskia Weste Think Pink Gillet 229,90 Euro,

Vorn Kai mit The North Face Men´s Lockoff Jacket 449 Euro & The North Face

89,90 Euro und Think Pink Jacket 69,90 Euro.

Fleece Eliot Think Pink 69,90 Euro.

Men´s Apex Trekking Pant 139 Euro. Mütze 66°North circa 40 Euro. Hinten Basti mit Pyua Climate 2L Padded Men Jacket 490 Euro & Hose Pyua Climate 2L Padded Men Pants 360 Euro, Mütze Coal The Coco 34,95 Euro, Sonnenbrille Von Zipper Elmore 114,95 Euro.

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Basti mit Oakley Primed Jacket

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circa 400 Euro, Hose Oakley Knew Lite Pant circa 170 Euro Brille Anon Figment ab 90 Euro, Mütze Okaley Jaquard Era circa 30 Euro

Saskia The North Face Women´s Point Five Jacket 349 Euro, The North Face Women´s Apex Alpine Pant 199 Euro & Schuhe The North Face Hedgehog circa 120 Euro, Brille Von Zipper Hoss 99,95 Euro.

Saskia mit T-Shirt Oakley circa 35 Euro, Oakley Knew Lite Pant 175 Euro und Mütze Oakley GB Boyfriends Beanie 30 Euro. Gianna mit T-Shirt Burton WMS Boulevard BN 35 Euro, Hose Burton WMS ak 2L Summit Pant 270 Euro, Boots Burton WMS Q 290 Euro und Mütze Burton MIMI circa 30 Euro.

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Saskia Vaude Yale 3in1 Jacket II 300 Euro, Vaude Chava Pants 90 Euro, Schuhe Vaude Urban Escape Mid 130 Euro, Bag Vaude Petronella 60 Euro. Basti Vaude Lindros Jacket 350 Euro, Vaude Chad Pants 80 Euro, Schuhe Vaude Urban Escape Low 115 Euro.

Gianna mit O´Neill Ayano Hyperfleece 139,95, O´Neill Yoshiko Pants 69,90 Euro. Mütze Coal 34,95 Euro. Tasche Ortlieb City Biker 99,95 Euro.

Ralf mit O´Neill Tory Hyperfleece 149,90 Euro, O´Neill Anchorage

Saskia mit Jacke 66° North Kaldi 159 Euro, Mütze

Tee 25,95 Euro, O´Neill Equinox Pants 79,95 Euro.

66°North Kaldi Artic Hat 69,90 Euro und Handschuhe

Gianna mit O´Neill Ayano Hyperfleece 139,95, O´Neill Hiro S/SLV

66° North Kaldi Artic Mittens 49,90 Euro.

Tee 19,95 Euro, Mütze Coal 34,95 Euro.

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Saskia Jeans Bleed 69,90 Euro, Mütze Bleed Boshi 34,90 Euro, Jacke Bleed Blody Tree 59,90 Euro. Sonnenbrille Von Zipper Hoss 99,90 Euro. Tasche 66°North Fisherman`s Trunk 116 Euro.

Eingespieltes Team: Kai mit Patagonia Beanie Hat

Saskia mit Sonnenbrille Von Zipper Hoss 99,90 Euro.

30 Euro, Patagonia Insulated Outskirts Jacket 480 Euro, Patagonia Primo Pants 350 Euro. Basti mit Haglöfs Mount Beanie 35 Euro, Haglöfs Couloir Jacket 500 Euro, Haglöfs Couloir Pant 400 Euro, Haglöfs Link II Glove 130 Euro.

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Basti hängt locker ab mit Pyua Climate 2L Padded Men Jacket 490 Euro, Pyua Climate 2L Padded Men Pants 360 Euro, Mütze Coal The Coco 34,95 Euro, Brille Von Zipper Elmore 114,90 Euro, Headphone von O`Neill/Phillips The Stretch circa 100 Euro, Rucksack The North Face Interval 25 circa 99 Euro.

66°North

Patagonia

OPS Outdoor & Sports Pool OHG

23, Rue du Pré Faucon

Brooktorkai 9

F-74940 Annecy le Vieux

20457 Hamburg

France

+49 40 60082130

0800-0001156

www.66north.com

(gebührenfrei) www.patagonia.com

Bleed

Saskia Think Pink California 321 Shirt 39,90 Euro & Hose Think Pink

Gianna Pyua Evolution 2L Padded Women Jacket

Elliot 66W 69,90 Euro. Schuhe Tecnica Moon Boots 89,90 Euro.

460 Euro, Pyua Evolution 2L Padded Women Pants 340 Euro, Mütze Coal The Revert 34,95 Euro.

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bleed clothing GmbH

Pyua GmbH

Bacchusweg 19

Wischhofstr.1-3

95233 Helmbrechts

D-24148 Kiel

+49 9252 350267

+49 431 7103895-0

www.bleed-clothing.com

www.pyua.de

Burton Snowboards & Anon

Smartwool

Hallerstr.111

Agentur Reiner Kopf

A-6020 Innsbruck

Zielstattstr.11

00800 287 86613

81379 München

(aus D gebührenfrei)

+49 89 3219777-0

www.burton.com

www.smartwool.com

Coal/Von Zipper

THE NORTH FACE

Agentur Spangenberger

Division VF Germany

Friedensallee 44

Textil-Handels GmbH

22765 Hamburg

Sendlinger Str. 11

+49 40 39904990

D-80331 München

www.coalheadwear.com

+49 89 2323978-0

www.vonzipper.com

www.thenorthface.com

HAGLÖFS Deutschland GmbH

Think Pink

Albert-Einstein-Str. 6

Hauptstr. 19

D-87437 Kempten

85305 Jetzendorf

+49 831 512800

Kontakt: thinkpink@lowa.de

www.haglofs.de

www.thinkpink.it

Oakley GmbH

Vaude Sport GmbH & Co.KG

Lilienthalallee 40

Vaude-Str.2

D-80393 München

D-88069 Tettnang

+49 89-996 50-0

+49 7542 5306-0

www.oakley.com

www.vaude.com

O´Neill Germany B.V.

YETI GmbH

Breslauer Str. 6

Zur Tischbrücke 20

D-41460 Neuss

D-02828 Görlitz

+ 49 2131 124469-0

+49 3581 76560

www.oneill.com

www.yetiworld.com

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ausflug

E R S T B E F A H R U N G

KAILASH COULOIR

e

ines Sommerabends, ich glaube, es war Mit-

Auto zu übernachten und am nächsten Tag über die

te August 2004, rief mich mein Freund David

Neue Regensburger Hütte über den Falbesoner Kräul-

Pitschmann sehr, sehr aufgebracht an. Meine

ferner, durch die Rinne hinauf bis auf den auf 3416

Gedanken waren überall sonst, nur nicht bei Schnee,

Metern gelegenen Gipfel der Östlichen Seespitze zu

Eis und Skifahren, aber er schrie mir dir Ohren voll

gelangen. Wir starteten um vier Uhr morgens im Dun-

von: „Rinne … steil … extrem … geil … Skifahren

keln, um rechtzeitig bei hoffentlich gutem Firnschnee

… Steigeisen … so lässig und bärig … muss gemacht

die Rinne befahren zu können.

werden!!!“ Zuerst verstand ich kein Wort, bis ich ihn halbwegs beruhigt hatte. Er erzählte, dass er heute eine

Die ersten 800 Höhenmeter mussten wir zu Fuß, mit

Bergtour auf den Habicht in den Stubaier Alpen gemacht

den Skiern auf den Rucksack geschnallt, bewältigen,

hatte und vom Gipfel aus zur, ebenfalls in den Stubaier

danach ging es mit den Skiern und Fellen weiter.

Alpen gelegenen, Östlichen Seespitze rübergeschaut hät-

Um 8:30 Uhr erreichten wir den Einstieg zur Rin-

te. Dort sah er eine Eisrinne, die sich vom Gipfel über

ne auf 3000 Metern. Eine traumhafte Aussicht und

die Ostseite in Richtung Stubaital hinab zieht. Er zeigte

eine theoretisch perfekte Rinne lagen vor uns. Prak-

mir daraufhin ein Foto, das er vom Habicht aus gemacht

tisch jedoch war die Rinne nicht befahrbar. Durch

hatte. Ab diesem Moment verstand ich, warum er bei

sie rutschten in den letzten Wochen so viele Nass-

dem Gespräch so aufgeregt war. Ich war es schließlich

schneelawinen durch, dass sich bis zu einen Meter

auch. „Wann soll es losgehen?“

tiefe Rillen gebildet hatten. Riesige Eisbrocken und Felsen lagen in der Rinne. Dann wurde auch noch

WER GLAUBT, DASS MAN AUFREGENDE SKIABENTEUER NUR BEIM HELISKIING IN

TEXT JOHANNES HOFFMANN

KANADA, ALASKA ODER IN SONSTIGEN WEIT ENTLEGENEN DESTINATIONEN ERLE-

FOTOS © DAVID PITSCHMANN

Doch so schnell ging es nicht. Erst einmal verbrachten

das Wetter schlechter. Es fing an zu schneien und

wir etlichen Stunden vor Karten, Google Earth und Fo-

dadurch wurde ein Aufweichen des hart gefrorenen

tos, bevor wir uns am 10. Juni 2005 das erste Mal

Schnees und Eises unmöglich. Erschöpft fuhren wir

an die Rinne heranwagten. David, seine Freundin Lisa

über den Gletscher ab und machten uns auf den

Fischer und ich fuhren am Nachmittag vom Stubaital

Heimweg. Die Natur bestimmt hier draußen und Si-

auf einer Forststraße zur auf 1800 Metern gelegene

cherheit geht vor, aber wir schworen uns wieder zu-

Falbesoner Ochsenalm hinauf. Unser Plan war, dort im

rückzukommen, um die Rinne zu befahren.

BEN KANN, IRRT SICH GEWALTIG. EIN BISSCHEN MUSKELKRAFT UND AUSDAUER VORAUSGESETZT, FINDET MAN ABENTEUER AUCH VOR DER EIGENEN HAUSTÜR.

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Viertel vor vier: „Twiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeett!“ Der We-

fall noch bremsen und einen Absturz verhindern zu

cker läutete, keine Chance sich noch mal umzudrehen

können. Dann die engste Stelle der Rinne. David hat-

und weiterzuschlafen. David schrie noch lauter als der

te recht, es ging, mit einer Handbreit Platz vor und

Wecker:„Yessss! I siehg Sterne!!!“ Schönes Wetter!

hinter unseren Skiern. Das Schwierigste war geschafft,

Spätestens jetzt war ich hellwach und vollmotiviert.

trotzdem noch volle Konzentration, nur nicht nach-

Wir frühstückten schnell und starteten um kurz nach

lassen. Wir packten die Eispickel ein und fuhren die

vier Uhr in die Dunkelheit. Der Schnee war bis knapp

restliche Rinne im 50 Grad steilen Gelände weiter. Der

unter den Einstieg der Rinne super durchgefroren, so-

Schnee hätte nicht besser sein können. Zwanzig Zenti-

dass wir schnell vorankamen. Um sieben Uhr standen

meter Pulver und darunter supergriffig.

wir am Einstieg – genau dort, wo wir vor zwei Jahren umdrehen mussten. Diesmal jedoch bei strahlend

Als wir alle unten aus der Rinne raus waren, erfüllte

schönem Wetter und herrlichen Schneebedingungen.

uns ein riesiges Glücksgefühl. Endlich geschafft! Wir

Also hieß es: Ski auf den Rucksack, Steigeisen und

sind als erste Menschen diese Rinne aus eigener Kraft

Pickel raus und zu Fuß weiter. Die Sonne ging direkt

hinaufgestiegen und mit Ski abgefahren. Wir schrien,

in unserem Rücken auf und heizte uns ordentlich ein.

jubelten und umarmten uns. Danach fuhren wir voller

Zu Beginn ging es fein voran im knapp über 45 Grad

Euphorie ins Hohe Moos zur Neuen Regensburger Hütte

steilen und noch recht breiten Gelände. Wir verzichte-

ab und machten dort Pause. Es war erst elf Uhr. Was

ten auf Sicherungen mit Eisschrauben und Seil, da dies

tun? Skifahren gehen! Also gingen wir zur Krönung des

nur extrem viel Zeit beansprucht hätte. Also ging jeder

Tages noch 500 Höhenmeter ein Kar zwischen Pfandl-

„solo“. Allen war klar: Wenn einer abrutscht, liegt er

spitze und Nockwand hinauf. Wieder warteten feinster

unten, sehr weit unten!

Pulver und Sonnenschein auf uns.

ALS WIR ALLE UNTEN AUS DER RINNE RAUS WAREN, ERFÜLLTE UNS EIN RIESIGES GLÜCKSGEFÜHL. ENDLICH GESCHAFFT!

Mit den Höhenmetern stieg auch die Steilheit der Rinne und zusätzlich wurde sie immer enger und enger. Nach drei Viertel der Rinne bei circa 50 Grad wurde sie so schmal, dass wir uns nicht mehr sicher waren, Es dauerte volle zwei Jahre, die Motivation zu finden,

Rinne. Sie war in perfektem Zustand und wir wussten,

ob überhaupt noch die Ski beim Abfahren quer hinein-

um dieses Projekt wieder in Angriff zu nehmen. Dieses

wir können sie fahren. Unklar war nur, wie gut der

passen würden. David beruhigte Pirmin und mich mit

Mal lernten wir aus unseren Fehlern des ersten Ver-

Schnee in der Rinne sein würde. Die Spannung stieg.

einem lockeren „Weard scho gehn, ha!“ Zum Ende hin

suchs. Da Lisa zu dieser Zeit leider nicht konnte, holten

Wir machten Pause und aßen ein wenig, aber schon

wurde die Rinne so steil, dass ich nicht mehr wusste,

bald wurde uns langweilig.

ob ich gerade eisklettere oder ob ich ernsthaft vorhabe,

Also beschlossen David und

hier Ski zu fahren. Gut vierzig Meter vor dem Ausstieg

ich, noch eine „kleine“ Rinne

aus der Rinne mussten wir stoppen. Vor uns lag eine

hinter der Hütte hochzuge-

senkrechte Wand. Okay, der Gipfel war eh nicht das

hen. Pirmin hatte seinen Pa-

Ziel des Tages. Es ging um die Rinne!

wir

Pirmin

Praxmarer,

einen alten Schulfreund von

David,

für

unser

Projekt ins Boot. Des Weiteren besorgten wir uns

vom

Alpenverein

DAVID SCHRIE NOCH LAUTER ALS DER WECKER: „YESSSS! I SIEHG STERNE!!!“ SCHÖNES WETTER! SPÄTESTENS JETZT WAR ICH HELLWACH UND VOLLMOTIVIERT.

und ging eine Runde fliegen,

Doch dann tauchte ein Problem auf, mit dem keiner

Winterraum der Neuen Regensburger Hütte, wodurch

um die Eisrinne, die wir am nächsten Morgen in An-

von uns gerechnet hatte: „Wie ziehen wir in diesem

wir um einiges komfortabler schlafen und zusätzlich

griff nehmen würden, genauer zu erkunden. Aus un-

Gefälle bitte unsere Skier und Skischuhe an?“ Wir

Einige Wochen später saßen wir zusammen und phi-

von weiter oben losgehen konnten. Wir starteten am 9.

serer anfangs klein wirkenden Rinne wurden dann doch

mussten uns mit Klemmkeilen im Fels sichern und an-

losophierten über einen angemessenen Namen für

April 2007 von Innsbruck aus und fuhren ins Stubaital

noch 600 Höhenmeter Aufstieg, die sich aber lohnten.

schließend fast kopfüber mit den Händen die Ski am

die Rinne. Der Berg Kailash in Tibet hat eine riesige

nach Falbeson auf 1200 Metern. Da noch einiges an

Wir hatten feinsten Pulverschnee und strahlenden Son-

Schnee festhalten, um hineinsteigen zu können. Nach

Rinne von seinem Gipfel herab, welche der Legende

Schnee auf der Forststraße zur Falbesoner Ochsenalm

nenschein bis direkt vor die Hütte. Die letzten Sonnen-

dieser unfreiwilligen akrobatischen Einlage konnte es

nach beim Kampf zwischen einem buddhistischen

lag, mussten wir unsere Tour vom Tal aus starten. Wir

strahlen genossen wir dann im Windschatten vor der

endlich losgehen. Volle Konzentration! Jeder noch so

Asketen und einem Bön-Meister durch eine herabfal-

gingen am ersten Tag bis auf die Neue Regensburger

Hütte, schmolzen Schnee, um uns Tee und Nudeln zu

kleine Fehler könnte zum Abrutschen oder Sturz füh-

lende Trommel entstand. Da unsere Rinne ebenfalls

Hütte, die auf 2280 Metern liegt. Mittags waren wir

kochen, und gingen früh schlafen, da der nächste Tag

ren. Zur Sicherheit fuhren wir das steilste Stück zu

wie künstlich hineingerissen aussieht, nannten wir sie:

da. Dort sahen wir auch das erste Mal wieder unsere

mit Sicherheit anstrengend werden würde.

Beginn mit zwei Eispickeln in der Hand, um im Not-

KAILASH COULOIR.

den Schlüssel für den

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ragleiter mit hochgeschleppt

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JOHANNES HOFFMANN

FOTO © JOHANNES ZANGERL

JOHANNES HOFFMANN, 23, STUDIERT GEOGRAFIE IN SEINER HEIMATSTADT INNSBRUCK. UND ER FÄHRT SKI, SO OFT ES GEHT. UNTERSTÜTZ WIRD ER DURCH: PYUA | SKYLOTEC SPORTS | WINTEX | DALEBOOT

dukte anbietet, die später auch wieder voll recycelbar sind. Da steckt mehr dahinter, als nur einem Trend hinterherzulaufen.

WAS BEDEUTET SOLCH EIN TRIP FÜR DICH? Frei-

SEIT WANN STEHST DU AUF SKIERN? Ich habe mit

heit, den Kopf leer zu bekommen von allem, was einen

vier Jahren angefangen.

ablenkt, und sich voll auf die Natur einzulassen. SNOWBOARDEN? Habe ich eine Zeit lang gemacht, WAS MUSS MAN BEACHTEN? Wenn ich so etwas

doch mit Skiern fühle ich mich wohler.

mache, bin ich nie allein unterwegs. Man muss sich immer des Risikos bewusst sein. Es gibt sehr viele Situati-

DU STARTEST AUCH BEI FREERIDE-EVENTS, IST

onen am Berg, in denen man sagen muss: Nein, heute

DAS NICHT EIN GEGENSATZ IN SICH, FREERIDE

nicht. Es ist viel zu gefährlich.

UND EVENTS? Eigentlich schon, es macht aber wie in jeder anderen Sportart auch Spaß, sich zu verglei-

ZUM BEISPIEL? Bei Lawinenwarnstufe vier oder fünf

chen. Meistens ist es jedoch eine Materialschlacht, da

ins Gelände zu gehen, ist Wahnsinn. Klar kann es gut

der Schnee nicht perfekt ist und jede Menge Skier

laufen und man hat einen super Powdertag, aber ge-

daran glauben müssen. Die Verletzungsgefahr ist

nauso schnell kann man im Krankenhaus landen.

auch recht hoch, da man doch manchmal mehr Risiko eingeht, als man sollte.

WAS SOLLTE MAN SONST NOCH AM BERG BEACHTEN? Man muss die Natur respektieren und pfle-

GIBT ES NOCH MEHR TRIPS VOR DEINER HAUS-

gen. Das heißt unter anderem, geschützte Gebiete nicht

TÜR, DIE DICH REIZEN? Jede Menge, ganz konkret

betreten, keinen Jungwald befahren. Im täglichen Leben

verfolge ich vier Ideen. Es ist nur nicht einfach, alles

gilt auch: Da, wo es geht, Rücksicht nehmen auf die

muss stimmen.

Ressourcen. Ich habe Glück, dass ich von Pyua unterFOTO © JOHANNES ZANGERL

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stützt werde. Ich stehe voll hinter der Philosophie des

NA, DANN WÜNSCHEN WIR DIR VIEL GLÜCK UND

Labels, das Wert auf Nachhaltigkeit legt und nur Pro-

VIEL POWDER IN DIESEM WINTER!


freiland

freiland

EINFACH

WAHNSINN!

g

„ICH MÖCHTE (SCHLUCHZ) MEINEN ELTERN DANKEN (SCHLUCHZ), DIE IMMER AN MICH (SCHLUCHZ) GEGLAUBT HABEN ...“

anz so tränenreich wie bei der alljährlichen

Für 2010 wurde der Illume dann zum zweiten Mal aus-

Oscar-Verleihung ging es Anfang September

geschrieben. Von Oktober 2009 bis März 2010 konnte

bei der Preisübergabe zum Red Bull Illume

jeder Fotograf, fünf Bilder pro Kategorie einreichen.

im ehrwürdigen schottischen Trinity College nicht zu.

Am 31. März waren so unglaubliche 23.000 Fotos im

Egal – wer an diesem lauen Abend in Schottland ei-

Rennen um den ersten Platz in den insgesamt zehn

nen Preis überreicht bekam, hatte Außerordentliches

Kategorien: Cultur, Playground, Energy, Spirit, Close

geleistet. Schließlich ging es um die zehn besten

Up, Wings, Sequenz, New Creativity, Experimental und

Actionsportfotos der Welt. Auch Marcel Lämmerhirt,

Illumination.

Senior Photographer von RAUS!, war nominiert. Wie war es? Hattest du Herzklopfen, Marcel?

Ende des Sommers hatte ich mal wieder Marcel Lämmerhirt am Telefon. Auch wenn er vorher nicht viel

Kleiner Rückblick: Vor vier Jahren schrieb Red Bull zum

darüber gesprochen hatte, bei seinem Portfolio war

ersten Mal den Fotowettbewerb Illume aus. Mit Erfolg,

klar, dass auch er ein paar Bilder ins Rennen ge-

mehr als 5000 Fotografen aus

schickt hatte. „Und?!“ „Schaut so aus, als wäre ich

aller Welt beteiligten sich am

unter den letzten 50!“ Klasse!“ In den nächsten Wo-

Wettbewerb. Nach der Preisver-

chen fragte ich noch ein paar Mal, die Antwort war

leihung gingen die besten Bilder

immer gleich: „Ich glaube, ich bin dabei, aber …!“

rund um den Globus auf Tour.

Pling! Ende August landetet die entscheidende Mail

Dabei wurden die riesigen Leucht-

in meinem Postfach: „Ich habe eine Einladung nach

kästen, die auch bei Tageslicht

Dublin bekommen, unglaublich!“

funktionieren, nicht in irgendwelchen Museen oder Hallen auf-

Marcel war nicht nur dabei, er war mittendrin. Sein Bild

gebaut. Nein, die Bilder wurden

von Cliff Diver José Eber Pava Ordoñez, der kopfüber

unter freiem Himmel gezeigt. Am

über der Hamburger Speicherstadt schwebt, holte sich

Strand in den Bergen auf öffentlichen Plätzen. Also genau

den ersten Platz in der Kategorie Wings. Kurz nach seiner

da, wo die meisten von ihnen auch entstanden sind.

Rückkehr aus Dublin hatte ich ihn wieder am Apparat:

TEXT DIRK HERPEL FOTO © SAMO VIDIC/R.B. PHOTOFILES

„Es war vier Uhr nachmittags und ich musste gegen die Sonne fotografieren. Ich entschloss mich deswegen in HDR zu fotografieren. Um nicht den typischen HDR-Look zu bekommen, habe ich die fünf einzelnen Bilder danach manuell zusammengefügt.“ SIEGER – WINGS FOTO © MARCEL LÄMMERHIRT ATHLET JOSÉ EBER PAVA ORDOÑEZ LOCATION HAMBURG, GERMANY

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freiland

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SIEGER – ENERGY FOTO © STUART GIBSON

„Ryans Welle war nicht die größte des Tages, aber bei Weitem die verrückteste.

SURFER RYAN HIPWOOD

Es war gerade noch surfbar und die Strömung war so stark, dass ich dieses Mal nicht

LOCATION SHIPSTERN BLUFF,

aus dem Wasser fotografieren konnte wie sonst. Danke an Ryan!“

TASMANIA, AUSTRALIA

„Zuerst wusste ich nicht genau, wie ich diesen unglaublichen Tag dokumentieren sollte. Ich habe selten so viel so gute Wellen auf einmal gesehen. Normalerweise geht man ja so nah wie möglich ran. Doch dann riskierte ich es einfach und bin auf eine Sanddüne gelaufen und in dem Moment, wo ich die Kamera hochnahm, erwischte der Backswell die Welle von Peter. Es passte einfach alles, das Licht, die Wellen und die Action.“

SIEGER – ILLUMINATION/OVERALL FOTO © CHRIS BURKARD SURFER PETER MENDIA LOCATION BUCHUPERO, CHILE

MARCEL, HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH, WIE WAR

WANN HAST DU ES GEWUSST? WANN WARST

ES? HATTEST DU DAS GEFÜHL, DIE GEWINNER-

DU DIR SICHER, DASS DU EINEN POKAL AB-

BILDER HABEN SICH IM VERGLEICH ZU DEN

STAUBST? Ich habe bis zur letzten Sekunde gezwei-

PREISTRÄGERN AUS 2007 SEHR VERÄNDERT?

felt. Ich wollte nicht enttäuscht werden. Als ich in

Oh ja, auf jeden Fall. Ein Beispiel: Unter den besten 50

Dublin ankam, wusste ich ja, in welcher Kategorie

ist dieses Jahr auch eine Bildsequenz dabei, welche ei-

ich dabei war. Ich war mir sicher, dass ich nicht das

nen Cliff Diver über dem Wasser und dann auch bei

schlechteste „Wings“-Bild am Start habe, aber Sie-

der Landung im Wasser zeigt. Vor drei Jahren wäre das

ger? Erst als sie meinen Namen aufgerufen haben,

auf jeden Fall ein erster Platz gewesen. Doch jetzt ist

habe ich es wirklich geglaubt.

diese Technik nichts Besonderes mehr. So gab es dafür keinen Pokal. In Kategorien wie diesen, in denen die

WIE WAR ES MIT ALL DEN ANDEREN FOTO-

Bildtechniken langsam ausgereizt sind, geht es immer

GRAFEN IN DUBLIN? Die meisten kamen am Tag

mehr um die Idee oder einen neuen Blickwinkel.

der Verleihung. Wir hatten Karten bekommen, um uns die 500 Jahre alte Bibliothek ansehen zu kön-

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MACHT ES EIGENTLICH SINN, EXTRA FÜR DEN

nen. Beeindruckend, sehr alt, sehr gediegen, es war

ILLUME ZU PRODUZIEREN? Oh, es gibt sicher eini-

ein bisschen wie bei Harry Potter. Die anderen Fo-

ge Fotografen, die extra ein paar Bildideen dafür um-

tografen habe ich dann erst beim Gruppenfoto vor

setzten. Ich hatte ein paar gute Bilder und dachte nur:

der Verleihung gesehen. Es war spannend mit Leu-

Probier es mal. 2007 war ich schon im Rennen und

ten dort zu stehen, von denen du den Namen durch

dachte damals, ich hätte einen absoluten Knaller am

ihre Arbeit gut kennst, die du aber noch nie gese-

Start. Ich bin nicht einmal unter die letzten 50 gekom-

hen hast. Man kennt ihre Bilder und weiß, hier sind

men. Also, selbst wenn man viel Zeit und Energie inve-

kreative Könner versammelt, und es dämmert einem

stiert, kann man sich nie sicher sein. Man weiß ja erst

langsam: Mann, ich bin einer davon! Das war ein

ganz zuletzt, wie die Konkurrenz aussieht.

sehr schönes Gefühl. raus-magazin 2010

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freiland

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SIEGER – SPIRIT FOTO ADAM KOKOT

„Die Idee für das Bild kam mir am Spot. Michal ruhte sich kurz aus, bevor er sich an

ATHLET MICHAL KROL LOCATION SPISSKE TOMASOVCE, SLOVAKIA

die schwierigste Stelle machen wollte. Ich bat ihn, sich umzudrehen und die Aussicht UND WIE WAR DIE VERLEIHUNG? Oh, es ging sofort

LETZTE FRAGE. WIE WIRD MAN ACTIONSPORT-

in die Vollen, es wurde nicht lange herumgeredet. Das

FOTOGRAF? Ich kann da nur meinen Weg erzählen

war nicht leicht für mich, da ich auf einmal realisier-

und da war nichts geplant, es war Zufall. Eigentlich

te: Gleich kommt die Entscheidung. Dazu hatte ich den

habe ich Tischler gelernt. Aus Spaß habe ich angefan-

ganzen Tag dieses Filmteam im Nacken, was mich be-

gen, meine Freunde beim Snowboarden zu fotografie-

gleiten wollte. Eigentlich hätte ich da schon skeptisch

ren. Irgendwann erschienen die ersten Bilder von mir

werden müssen. Doch in diesem Moment wollte ich

in Magazinen. Ich habe gemerkt, dass ich meine Lei-

einfach nicht allen meine Enttäuschung zeigen, falls es

denschaft zum Beruf machen kann. Von da an war ich

nicht geklappt hätte.

mit Herz und Seele dabei und kann mir nichts anderes mehr vorstellen. Auch wenn es alles andere als ein si-

UND ALS DU DANN AUF DIE BÜHNE GEHOLT

cherer und entspannter Job ist. Man weiß nie, was als

WURDEST? Oh, es war schrecklich schön. Ich wusste

Nächstes kommt.

gar nichts mehr. Ich war völlig aus dem Häuschen.

zu genießen. Zusammen mit dem Weitwinkel wurde daraus ein spektakuläres Bild.“

„Um die Sequenz anders zu machen, kam ich auf die Idee, nur ein Bild bei normalem

SIEGER – SEQUENZ

Licht zu zeigen und den Rest des Moves als Schatten an der Wand. So hat das Ganze

FOTO MIGUEL ANGEL LÓPEZ VIRGEN

eine ganz besondere Wirkung bekommen.“

ATHLET ALFREDO SALCIDO LOCATION GUADALAJARA, MEXICO

MARCEL, DANKE FÜR DAS INTERVIEW. UND DANN BEGANN DIE PARTY? Von wegen, danach fingen die Fotos und Interviews erst richtig an.

Auch die 2010er-Siegerbilder des Illume werden auf Reisen

Irgendwann dachte ich mir, dass ich auf jeden Fall den

gehen. Termine und Orte stehen bisher aber noch nicht

richtigen Job erwischt habe. Vor der Kamera möchte

fest. Wer das nicht erwarten kann, besorgt sich ab sofort

ich nicht immer stehen. Aber das eine Mal war klasse

das beeindruckenden Illume Coffee Table Book. Alle aktu-

... meine Oskar-Verleihung! (Lacht)

ellen Infos findest du unter: www.redebullillume.com

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und nun raus!

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errückt? Brat Tunis Lächeln beweist einmal mehr, es muss im Winter nicht immer Snowboarden, Skifahren, Eisklettern, Schlittenfahren

oder Schneewandern sein, um ein paar Stunden RAUS! zu kommen. Auch Surfen bekommt bei Minusgraden seinen ganz besonderen Reiz. Schließlich friert Salzwasser je nach Salzgehalt erst deutlich unter dem Gefrierpunkt. Wer nicht selbst rausgehen will, checkt den Wetterbericht, packt sich warm ein und fährt zum Zuschauen ans Meer. Auch an Nord- und Ostsee wird den ganzen Winter durchgesurft, wenn die Wellen passen.

FOTO MIKE KILLION/RED BULL ILLUME SURFER BRAD TUNIS LOCATION HAMMOND, INDIANA, USA, 4 DEZEMBER 2009

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IMPRESSUM HERAUSGEBER

Alexander Lehmann

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ANZEIGENLEITUNG

Eliane Lehmann, Janine Nicolai

BRIANBOJSEN PHOTOGRAPHIEN

e.lehmann@terraoceanisverlag.de Phone +49 431 9909658 AUTOREN

Sean Villanueva, Johannes Hoffmann, Sebastian Drolshagen

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Senior Photographer Marcel Lämmerhirt (www.mlpics.de), Ben Ditto (www.bendittofoto.com), Nicolas Favresse, Brian Bojsen, Nils Lackner, David Pitschmann Red Bull Photofiles & Sebastian Drolshagen

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alle drei Monate

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FRAGT MAN DIE MENSCHEN AUF SYLT, WIESO SIE DIE INSEL SO LIEBEN, ANTWORTEN DIE MEISTEN: ICH LIEBE DEN STRAND, DAS WETTER, DIE NATUR UND DAS MEER. UND ICH GEBE IHNEN VOLLKOMMEN RECHT, DOCH DAS WIRKLICH BESONDERE AN SYLT SIND DIE MENSCHEN. BRIAN BOJSEN



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