DAS OUTDOORMAGAZIN MIT
ZEITGEIST UND VISIONEN FÜR URBANE ABENTEURER Roadtrip mit dem Dirtbike
Chancengleichheit in Nepal: Sherpa Women
Sattelfest auf Weltreise
Island: Im klarsten Wasser der Welt
Nachgefragt bei Höhenbergsteigerin Tamara Lunger
AUSGABE 22 | 02 / 2015 | D 4 € | A 4 € | BENELUX/E/I 6 € | CH 12 SFR
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herein
Die
Zugkraft von
A
Zielen
ls sich Ben Saunders das riesige Ziel setzt,
6.000 Kilometer auf dem Sattel haben es in sich.
Robert Falcon Scotts unvollendete Südpol-
Die Fahrradreise von Anita Burgholzer und Andreas
Expedition von 1912 anzugehen, hat er zehn
Hübl liefert Stoff für ein halbes Leben. Die beiden
Jahre der Vorbereitung vor der Brust. Sein 105 Tage
Oberösterreicher erfahren Kulturkreise in 35 Län-
langer Gang durchs Eis der Antarktis wird dann zur
dern, erleben skurrile Begegnungen und so manches
Begegnung mit sich selbst, mit dem Links und Rechts
Wetterphänomen. Der Sattel ist für Dirtbiker Marius
des Weges, mit der Kraft der Motivation. Wenn wir
Hoppensack dagegen von geringerer Bedeutung. Wir
wirklich wissen, was wir wollen, können wir Unglaub-
zeigen sein trickreiches Radabenteuer mit Zeitlupen
liches erleben. Auf dem Weg zum Ziel treffen wir
momenten in Städten im Osten Deutschlands in
dabei stets auf eine Fülle an Geschichten, die das
unserer Rubrik Urban. Auch Tamara Lunger zieht es
eigentliche Abenteuer erzählen. Demnach sollten wir
ins Freie. Die Höhenbergsteigerin lebt den Moment
also eigentlich immer unterwegs sein. Und uns Dinge
intensiv, ambitioniert, extrem. Wir sprachen mit der
vornehmen, zu denen faszinierende Pfade führen.
28-jährigen Südtirolerin kurz vor ihrem Ausflug zum 8.163 Meter hohen Manaslu in Nepal.
Ziele haben etwas Mächtiges. Sie setzen bisweilen bitter notwendige Antriebskräfte frei. Sobald die erste
Spannende Wege zum Ziel und viel Spaß
Frühlingssonne uns ins Freie zieht und wir uns etwas
mit der Frühjahrsausgabe,
Konkretes vornehmen, sind all unsere Sinne darauf ausgerichtet. Diese 22. Ausgabe des RAUS!-Magazins steckt voller Inspiration für eigene Pläne. Polarabenteurer Ben Saunders am Ufer der Silfra-Verwerfung auf Island zuzuhören, nach einem der ungewöhnlichsten Schnorchelgänge auf dieser Erde, bringt definitiv die ein oder andere verrückte Idee hervor. Muss ja nicht gleich der Südpol sein.
Benjamin Hellwig | Chefredakteur
COVERSHOT // Christian Wittig Bergführer und Hanwag-ProTeam-Mitglied Michael „Staxi“ Stacheder mit dem Hanwag Friction GTX an den Füßen am Sonneck im Wilden Kaiser (über den Ostgrat).
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3
Inhalt
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URBAN FLUGPHASE Dirtbikefahrer Marius Hoppensack über einen Roadtrip zu den Spots des Ostens und die Architektur am Wegesrand. Seine Crew vollzieht Dinge, die kaum zu kontrollieren sind. Und die sich anfühlen, als laufe alles in Zeitlupe ab.
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EXTREM TAMARA LUNGER Selbstfindung am Berg. Höhenbergsteigerin Tamara Lunger über Suchtgefühl, Lebenserfüllung und brenzlige Situationen. RAUS! hat nachgefragt bei der 28-jährigen Südtirolerin.
50 AUF SPURENSUCHE WERKSPIONAGE BEI HANWAG Berg- und Outdoorschuhe aus Vierkirchen: Das 1921 gegründete Unternehmen findet die Balance zwischen traditionellen Werten und innovativen Wegen. Hinter den Kulissen bei Hanwag im Münchner Hinterland.
NATURNAH ISLANDS UNTERWELT Die außergewöhnliche Lage der Insel im Nordatlantik bringt eine Verwerfung hervor, in der das Wasser unwahrscheinlich klar ist. Schnorcheln zwischen tektonischen Platten, begleitet von den Anekdoten eines inspirierenden Polarabenteurers.
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INSPIRIEREND RÜCKENWIND
86
Fahrradsattel statt Bürosessel, Kulturvielfalt statt Tunnelblick. Eine Fahrradreise durch 35 Länder, über drei Kontinente, 36.412 Kilometer weit. Danach ölst du auch mal wieder die Kette.
78 ANZIEHEND URBANER FRÜHLING Anziehende Inspiration und frische Styles, mit denen die Stadt zum Abenteuerspielplatz wird.
VISIONÄR SHERPA WOMEN Frischer Wind für die Bemühungen um Chancengleichheit im nepalesischen Himalaya. Ein Blick auf Initiativen, die weiblichen Mountain Guides Mut machen. Und das nötige Handwerkszeug mitgeben.
03 WILLKOMMEN IM FRÜHLING Herein bei RAUS! | 06 BILDERWELT AUFBRUCH Felsiger Einstieg mit Körperspannung. Momentaufnahmen in der RAUS!-Gallery. | 12 NACHGEFRAGT KLETTERFOTOGRAF REINHARD FICHTINGER Die Bewegungen des Kletterers vorausahnen – beim Bouldern und Routensetzen. RAUS! fragt nach beim Fotografen der Gallery. | 16 FRISCHE LUFT HILFREICHE NEUHEITEN Tricks und Alltagsassistenten für urbane Abenteuer, die wildeste Wildnis und ein grüneres Leben. 24 UNTER STERNEN PFALZ Außergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeiten im Freien und hinter Gittern. | 26 POST VON MICHI WÄHRTL | 26 BUCHVORSTELLUNG Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah. | 48 STADTGEFLÜSTER | Termine, die du nicht verpassen solltest. | 92 FOTOCONTEST EIGENLEISTUNG Du fühlst dich heimisch im Freien? Halte den besonderen Moment fest. Der RAUS!-Fotocontest geht in die nächste Runde. | 94 ON TOP, AUSBLICK UND IMPRESSUM | 96 UND NUN RAUS! | 98 RANDNOTIZEN Die RAUS!-Kolumne.
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bilderwelt
„MICH SPORNTE DIE VAGE SEHNSUCHT AN, VON EINEM LANGWEILIGEN ALLTAGSLEBEN IN EINE WUNDERBARE WELT VERSETZT ZU WERDEN.“ ALEXANDER VON HUMBOLDT
INNSBRUCK ÖSTERREICH Kilian Fischhuber klettert die Route „stay hungry“ 8b+ im Klettergarten Dschungelbuch bei Innsbruck. Die Tour wurde 1989 von Hannes Rieser erstbegangen und zählt seitdem zu den Extremklassikern im Raum Innsbruck. Nach einem Felssturz im Jahr 2000 war das Dschungel buch über zehn Jahre gesperrt. Durch die darauf folgende Sanierung und übereifrige Baggerfahrer wurden viele Routen zum Teil um einige Meter nach unten verlängert. Kilian konnte kurz nach der Wiedereröffnung als Erster die „neue“ Route klettern.
KAMERA CANON PENTAX 67 | OBJEKTIV PENTAX 105 2.4 / 2.8 | VERSCHLUSSZEIT 1/500 | BLENDE 5 | FILM KODAK PORTRA 400
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FOTO // REINHARD FICHTINGER
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FOTO // REINHARD FICHTINGER
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RED ROCKS NEVADA, USA Jorg Verhoeven klettert den „Plumbers Crack“ am Split Boulder in den Red Rocks, Nevada. Eine klassische Kaminkletterei, wie man sie eher in alpinen Routen der Dolomiten vermuten würde, ist in einem Bouldergebiet schon eher die Ausnahme. Für Jorg, Weltklasse-Boulderer und -Alpinist, alles andere als eine Herausforderung, aber eine willkommene Abwechslung und ästhetisch natürlich Wahnsinn. Im klassischen Schwarz-Weiß gehalten, da das kitschige Orange des Felsens nur von der vollkommenen Form des Felsblocks ablenken würde.
KAMERA CANON 5D MK III | OBJEKTIV 15 MM FISHEYE | BLENDE 11 | ZEIT 1/200 SEKUNDE | ISO 400
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bilderwelt
ZIRL ÖSTERREICH Jakob Schubert in einem Projekt in der Kaiser-MaxGrotte an der Martinswand. Eigentlich sollte Jorg Verhoeven auf diesem Foto sein, er war es, der diese Tour durch diesen steilsten Teil der Grotte einbohrte. Als er mir von dem Projekt erzählte, hatte ich sofort dieses Bild im Kopf. Leider zog sich Jorg kurz darauf eine Fingerverletzung zu. Er konnte an diesem Tag nur zum Sichern mitkommen und ich durfte dafür Jakob bei einem Versuch fotografieren. Jorg war bald wieder fit und holte sich dann ein Jahr später die Erstbegehung dieser beeindruckenden Route. Fototechnisch kombinierte ich bei diesem Bild eine Blitzaufnahme des Kletterers mit einer Langzeitbelichtung des Hintergrundes.
KAMERA CANON 5D | OBJEKTIV 15 MM FISHEYE | BLENDE 11 | ZEIT 1/160 SEKUNDE, 8 SEKUNDEN | ISO 200
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FOTO // REINHARD FICHTINGER
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nachgefragt
Hinter der Linse NACHGEFRAGT BEI KLETTERFOTOGRAF REINHARD FICHTINGER Der Fotograf der RAUS!-Gallery im Gespräch: der 39-jährige Österreicher Reinhard Fichtinger über handwerkliche Prozesse, Authentizität von Kletterbildern und Momente, in denen das Setzen neuer Routen läuft.
Hallo Reinhard, wer schon mit 13 Jahren
ein gelungenes, selbstentwickeltes Bild in
an den Granitfelsen im Waldviertel im
den Händen zu halten. Für mich persönlich
Nordwesten von Niederösterreich klet
haben diese Fotos meist einen höheren Wert
tert, bleibt dem Sport auf ewig verbun
als digitale. Wahrscheinlich weil ein anderer,
Welche Sprache spricht deine Philo
den! Irgendwelche Einwände? Klettern ist
viel handwerklicherer Prozess dahinter steckt
sophie vom Fotografieren? Ich glaube,
generell etwas, dem man sehr lange verbun-
und es auch zum Teil schwieriger ist, die
gerade in der Kletterfotografie ist Authen-
den bleiben kann. Ich glaube, das liegt daran,
gewollten Ziele zu erreichen. Auch der Ablauf
tizität sehr wichtig. Starke Übertreibungen
dass es sehr viele unterschiedliche Zugänge zu
beim Fotografieren ist ein anderer, und da
und Posing funktionieren zwar vielleicht in
dieser Sportart gibt, von sehr leistungsorien-
man nur wenige Bilder auf einer Filmrolle
der Werbung oder in manchen Mainstream-
tierten bis zu eher abenteuerlichen. Sportklet-
zur Verfügung hat, muss man sich intensiver
Medien, werden aber in Kletterkreisen nicht
tern, Bouldern, Wettkämpfe, Reisen, Erschlie-
mit dem Bildausschnitt beschäftigen und die
so gut aufgenommen. Und werfen eher ein
ßen von Neutouren, Alpin und, und, und. Bis
Bewegungen des Kletterers vorausahnen.
schlechtes Licht sowohl auf den Athleten
man da alles durch hat, können schon mal schnell 25 Jahre vergehen. Ausdruck dieser Verbundenheit waren für einige Jahre zahlreiche Teilnahmen an Wettkämpfen und Weltmeisterschaften. Welche skurrilen Geschichten aus dieser Zeit willst du auf keinem Fall aus dei nem Hirn verdrängen? Skurriles ist mir da eigentlich wenig in Erinnerung. Das Wettkampfklettern hat mir vor allem auch die Chance gegeben, zu reisen und Kletterer aus anderen Regionen und Kulturen kennenzulernen. Du lebst heute in Innsbruck. Was sind die kleinen Dinge, die dich die beruf liche Erfüllung spüren lassen, wenn du deiner Arbeit als Kletterfotograf nach gehst? Definitiv, wenn das Honorar auf meinem Konto erscheint! Nein, in Wirklichkeit ist es oft so, dass der gesamte Prozess, das heißt Idee, Planung, Durchführung und so weiter, eines Projekts erfüllender sein können als die fertige Arbeit. Da ich auch viel analog arbeite, ist es auch immer eine Genugtuung,
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INTERVIEW // BENJAMIN HELLWIG FOTOS // REINHARD FICHTINGER
raus-magazin zwei 2015
als auch den Fotografen. Generell versuche Welche Begleitumstände eines Projektes
ich relativ banale, eher unspektakuläre und
bringen dich aus der Ruhe? Eigentlich nicht
unübertriebene Kletterszenen möglichst
so viele. Man muss einfach sehr flexibel sein.
ästhetisch wiederzugeben.
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nachgefragt
Woher ziehst du deine Inspiration, wenn du für Wettkämpfe Boulder schraubst? Das ist ein schwieriges Thema. Es gibt Tage, da ist mein Kopf voller Ideen für mögliche Boulder und Bewegungen, und dann, meist wenn ich zu schrauben beginne, kann es sein, dass mir gar nichts einfällt. Da gibt es dann mehrere Quellen zur Inspiration: Bewegungen, die man vom Fels oder von anderen Sportarten kennt, Griffe, Volumes, grafische Ideen und so weiter. Irgendwann bekommt man dann schon einen Lauf.
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„Starke Übertreibungen und Posing funktionieren zwar vielleicht in der Werbung oder in manchen MainstreamMedien, werden aber in Kletterkreisen nicht so gut aufgenommen.“
In deinem Portfolio finden sich auch einige
Du bist für die Routen vieler Kletter
exotische Projekte. Mit welchen Erwar
events verantwortlich, hier und da fällt
tungen bist du beispielsweise nach Lesotho
der Beiname „Schraubkaiser Reini“.
oder Simbabwe gereist? Und mit welchen
Was hat die Kreativität beim Fotogra
Eindrücken bist du zurückgekehrt? Die
fieren mit der Kreativität eines Chef
Hauptmotivation hinter diesen Reisen ist meist
routensetzers gemeinsam? Den Ausdruck
das Klettern und dabei neue potenzielle Gebiete
„Schrauberkaiser“ hab ich jetzt zwar noch nie
Welche zukünftigen Projektideen
zu entdecken. Quasi einfach herauszufinden,
gehört, und würd ihn mir auch nicht anma-
schlummern in dir und sind dir derart
ob Felsen oder Blöcke, die auf Google Earth
ßen, aber es stimmt, dass beide Tätigkeiten
bedeutend, dass du sie unbedingt reali
vielversprechend aussehen, auch zum Klettern
durchaus verwandt sind. Es geht darum, aus
sieren möchtest? Da gibts eigentlich keine
taugen. Die Eindrücke, die ich dabei mitnehme,
einer Idee oder einer spontanen Situation
konkreten Pläne. Sicherlich wieder eine
kommen aber meist viel mehr von den Begeg-
etwas entstehen zu lassen, ein Foto oder
Reise aber auch einige Sachen zu Hause
nungen mit den Menschen und Kulturen dieser
beim Routenbau eben eine Kletterbewegung.
und auch vermehrt fotografische Projekte
Länder. Es sind ja oft Regionen, die zum Teil
Für mich hat es den Vorteil, dass ich mir
außerhalb des Klettersports.
sehr selten von Touristen besucht werden. Gera-
von beiden Jobs meistens quasi die Rosinen
de in Simbabwe, einem der ärmsten Länder im
herauspicken kann und in beiden Bereichen
südlichen Afrika, sind wir sehr freundlich aufge-
hauptsächlich Aufträge annehme, die ich
nommen worden, und konnten auch viele Kinder
auch gern mache. So fühlt es sich meistens
dazu überreden, mit uns bouldern zu gehen.
gar nicht nach Arbeit an.
raus-magazin zwei 2015
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TEXT // LEA HENNEKE FOTO // MARCO KNOPP
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QUINOA
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Quinoa, auch Inkareis genannt, stammt aus Südamerika, wo es seit 6.000 Jahren angebaut wird. Genau genommen ist es kein Getreide, kann aber als solches in der Küche verwendet werden. Botanisch ist es eigentlich ein Gänsefußgewächs. Quinoa gilt als idealer Nährstofflieferant, weist einen hohen Eiweißgehalt und einen bemerkenswerten Anteil an essentiellen Aminosäuren auf. Quinoa ist zudem glutenfrei. Den Inkas diente es lange Zeit als lebenswichtiges Grundnahrungsmittel. Es ist auch heute noch Hauptnahrungsmittel in Südamerika. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte 2013 zum „Jahr der Quinoa“. Die Pflanze soll helfen, den Hunger auf der Welt zu bekämpfen.
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OUTDOOR-QUINOA Quinoa | 200 g Wasser oder Gemüsebrühe | 350 ml Salz | eine Prise Alufolie | 4 große Stücke Backpapier | 4 große Stücke
3 | Das Wasser/die Brühe angießen, Salz dazugeben und die Seiten der Alufolie und dem Backpapier nach oben ziehen, zu einem Säckchen formen und verschließen.
4 | Die Säckchen werden für 15 bis 20 Minuten in die Glut eines heruntergebrannten Feuers oder Grills gelegt.
1 | Zerknülle das Backpapier und ziehe es wieder aus- 5 | Dieses Basisrezept kann nach Belieben mit Kräutern,
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einander, damit es etwas geschmeidiger wird, breite
Gewürzen oder zartem Gemüse wie Frühlingslauch
die Alufolie flach aus und lege das Backpapier oben auf.
aufgewertet werden.
2 | Nun den Quinoa in die Mitte des Backpapiers
Variante: Die Brühe mit etwas Sojasauce und geriebenem
geben und die Seiten der Alufolie zusammen mit
Ingwer sowie Zitronenschale würzen, fein geschnittenen
dem Backpapier nach oben klappen, sodass die Form
Frühlingslauch zum Quinoa geben. Frisch aus dem Feuer
einer Schüssel entsteht.
einen Spritzer Zitronensaft dazu geben und genießen. Hans-Ole Freudenberg | Kochhandwerk | www.hansolefreudenberg.de
CLIMB LIKE AN ANIMAL.
frische luft | ausprobiert | verlosung
AUSPROBIERT OSPREY EXOS 58 TEXT // BENJAMIN HELLWIG
E
s gibt Abenteuer, bei denen jedes Gramm zählt. Wer seine Zahnbürste
Abgerundet wird der Exos durch ein internes Fach für die Trinkblase, einer Zufüh-
soweit kappt, dass eine Zwei-Finger-Bedienung notwendig wird, hat si-
rung für den Trinkschlauch, zwei außen aufgesetzte Seitenfächer aus flexiblem
cher seine Gründe. Meine Bemühungen um Gewichtsersparnis beschränke
Mesh sowie diverse externe Fixiermöglichkeiten für Trekkingstöcke oder Eisaxt.
ich da lieber auf die großen Drei: Schlafsack, Zelt, Rucksack. Da ist einfach mehr rauszuholen. Beginnt man mit letzterem, sollte man sein bisheriges
Fazit: Ultraleichtes Modell, das vor allem durch eine ideale Passform
Packverhalten grundlegend überprüfen. Mit einem Leichtwanderrucksack
und ansprechenden Tragekomfort überzeugt. Sein geringes Eigengewicht
wie dem Exos unterwegs zu sein, bedeutet eben auch, nicht wie sonst im-
trägt erheblich dazu bei, dass das Gesamtgewicht klein gehalten werden
mer das Deckelfach mit allem möglichen – in Summe – schwergewichtigen
kann – sofern man diszipliniert packt.
Kleinkram vollzustopfen. Also diszipliniert ausgewählt und dann ab an den Kilimandscharo Ostholsteins, wo ich das 58-Liter-Modell von Osprey für ein
„Wer seine Zahnbürste soweit kappt, dass eine Zwei-Finger-Bedienung notwendig wird, hat sicher seine Gründe.“
kleines Abenteuer unter die Lupe nehme. Unterwegs, mit dann rund zehn Kilo auf dem Rücken, ist das Leichtgewicht des britischen Unternehmens in seinem Element. Seine 1.200 Gramm Eigengewicht sind für einen Rucksack mit Tragesystem kaum zu unterbieten. Jenes hat eine gute Passform und führt dank des Mesh-Materials in Schulter- und Hüftgurt sowie Rückensystem Feuchte gut ab. Der Hüftgurt legt sich geschmeidig um den Beckenknochen. Dass der Toploader nur einen Zugang hat, ist sicher der minimalistischen – weil eben leichten – Bauweise geschuldet. Schmale Kompressionsriemen halten den Exos auch in
Weitere Infos unter
Form, wenn das Volumen nicht ausgeschöpft wird. Zudem ist das Deckel-
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fach abnehmbar und kann bei wenig Gepäck durch das integrierte FlapJacket ersetzt werden. Zusätzliche Taschen im Hüftgurt bieten Platz für Dinge, an die man eben schnell ran muss, ohne den Rucksack abzusetzen.
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istazien sind eine ideale Nährstoffquelle für unterwegs. „Die ausgewogene Kombination von Eiweiß, Vitaminen, Mineralien, Ballaststoffen und gesunden Fetten macht amerikanische Pistazien zu einem perfekten Begleiter“, sagt Dr. Ursula Hildebrandt von der Deutschen Sporthochschule in Köln. So vielseitig sind die kleinen grünen Powerpakete: Pistazienriegel, Smoothies oder Mitnehm-Nudelsalate sind ganz schnell gezaubert. Hier sind drei tolle Rezepte der American Pistachio Growers. Weitere Rezepte finden Sie auf americanpistachios.de.
FÜR ca. 8 STÜCK Je 50 g getrocknete Datteln und Aprikosen • 150 g amerikanische Pistazien • 4 EL Honig • 3 EL Pflanzenöl • Je 50 g kernige und zarte Haferflocken
1) Datteln und Aprikosen fein würfeln. Amerikanische Pistazien schälen und grob hacken. 2) Honig und Öl erhitzen, mit Datteln, Aprikosen, amerikanische Pistazien und Haferflocken vermischen. Die Frucht-PistazienMischung ca. 1–2 cm dick auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech oder in eine rechteckige Form streichen (ca. 10 x 24 cm) und im vorgeheizten Backofen bei 160°C (Gas: Stufe 2, Umluft 140°C) ca. 30–35 Minuten backen.
3) Die noch leicht warme Masse in 8 Riegel schneiden
Mediterraner Nudelsalat
(ca. 3 x 10 cm) und anschließend komplett auskühlen lassen. Riegel nach Wunsch verpacken und mitnehmen. Zubereitungszeit: ca. 60 Minuten | Pro Stück: 885 kJ / 211 kcal
FÜR ca. 4 PORTIONEN
PistazienSmoothie
360 g Mini-Farfalle • Salz • 1 Glas getrocknete Tomaten in Öl (= 280 g) • 10 Oliven (ohne Stein) • 2 Feigen (alternativ: getrocknete Feigen) • 3–44 EL Olivenöl • 33– 4 EL heller Balsamicoessig • 1/2 TL Senf • 1 TL Honig • Frisch gemahlener Pfeffer • 150 g amerikanische Pistazien
FÜR ca. 4 GLÄSER 4 Beutel grüner Tee • 120 g amerikanische Pistazien • 1 reife Mango • 1 Kiwi • 200 g Ananasfruchtfleisch • 4–5 EL Traubenzucker
1) Nudeln in kochendem Salzwasser nach Packungsanweisung zubereiten, abtropfen und abkühlen lassen. Tomaten in Würfel schneiden, Oliven vierteln. Feigen mit einem trockenen Tuch abreiben und würfeln.
2) Für das Dressing Öl, Essig, Senf und Honig verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen. Amerikanische Pistazien schälen.
3) Salatzutaten, Dressing und Pistazien vermischen, kurze Zeit durchziehen lassen und zum Mitnehmen verpacken. Zubereitungszeit: ca. 30 Minuten | Pro Portion: 2833 kJ / 676 kcal
1) Teebeutel mit 500 ml heißem Wasser aufgießen, ca. 5-8 Minuten ziehen und abkühlen lassen. Amerikanische Pistazien schälen und grob hacken. 2) Mango und Kiwi schälen, bei der Mango das Fruchtfleisch in Spalten vom Stein und anschließend diese und die Kiwis in Stücke schneiden. Tee, Traubenzucker, amerikanische Pistazien und Obst in einen Mixer geben und pürieren. 3) Smoothie in Gläser füllen, nach Wunsch mit Fruchtstücken garnieren und mit einem Strohhalm servieren. Zum Mitnehmen in gut verschließbare Flasche füllen. Unser Tipp: In einem Thermobehälter bleibt der Smoothie kühl und frisch. Zubereitungszeit: ca. 20 Minuten | Pro Glas: 894 kJ / 213 kcal
Sie finden uns auf Facebook.com/AmericanPistachios
Mehr Informationen unter www.americanpistachios.de
unter sternen | pfalz
DEUTSCHLANDS ERSTES GEFÄNGNISHOTEL
TREKKING IM PFÄLZERWALD
Wie schläft es sich wohl „hinter Gittern“? Wenn du auf der Suche
Wer Abenteuer, Wildnis und Abgeschiedenheit sucht, ist in der Zeit von
nach einem außergewöhnlichen Erlebnis bist, dann ist diese Hotel
April bis Oktober im Pfälzerwald genau richtig! Hier hat der Verein Südliche
auswahl genau richtig.
Weinstrasse e.V. in Kooperation mit Landesforsten Rheinland-Pfalz insgesamt sieben Trekkingplätze zwischen Burgruine Guttenberg im Süden und Kalmit
Das Alcatraz-Hotel liegt im Herzen von Kaiserslautern, nicht weit vom
im Norden angelegt, an denen ihr offiziell legal eure Zelte aufschlagen könnt,
Japanischen Garten entfernt. Hinter 100 Jahre alten Sandstein-Fassaden
Feuer machen dürft und eine Nacht gemeinsam mit Fuchs und Has´ ver-
verbergen sich 56 Zimmer. Bei einzelnen ist sogar noch eine Durchreiche,
bringen werdet. Alle zum Übernachten ausgewiesenen Plätze liegen etwas
wie sie damals in den Zellenzimmern zu finden war, erhalten. Dabei geht
abseits der Ortschaften, sind nur zu Fuß erreichbar und verfügen über sechs
der historische Charakter bestimmt nicht verloren: Das Gefängnishotel
Lagerplätze, eine Feuerstelle und ein einfaches Klohäuschen. Für Wasser und
wurde mit einer modernen Einrichtung ausgestattet und bietet eine woh-
Verpflegung ist jeder Trekker selbst zuständig. Auch der Müll muss mit nach
lige Atmosphäre trotz Gitterstäbe, die einen bereits an der Rezeption be-
Hause genommen werden, wie es in der Benutzerordnung steht, die jeder
grüßen. Im Jahr 2010 wurde das Hotel mit dem Preis „365 Orte im Land der
Gast akzeptieren muss, wenn er im Wald übernachten will.
Ideen“ ausgezeichnet, bei dem die außergewöhnlichsten Ideen in Deutschland vorgestellt werden. Eine Nacht im Doppelzimmer gibt es ab 69 Euro.
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www.alcatraz-hotel.com, +49 631 41 40 40 0
An der Kreuzmühle 2, 76829 Landau, +49 6341 940407 • Donnersberg-Touristik-Verband e.V., Uhlandstr. 2, 67292 Kirchheimbolanden, +49 6352 1712
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raus-magazin zwei 2015
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urban
TEXT // MARIUS HOPPENSACK FOTOS // JAN FASSBENDER
DIRT-, PARK- UND STREETFAHREN SIND SEINE HERZENSANGELEGENHEIT. EIN ROADTRIP FÜHRT MARIUS HOPPENSACK IN DEN OSTEN DEUTSCHLANDS. DER 26-JÄHRIGE DUISBURGER TRICKSPEZIALIST UND MOUNTAINBIKE-PRO SAMMELT EIN PAAR FREUNDE EIN. UND ERKUNDET DIE ARCHITEKTUR AM WEGESRAND AUF SEINE WEISE.
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URBAN ROADTRIPMEMOIREN
Im Osten geht
die Sonne auf MIT DEM DIRTBIKE IN LEIPZIG, BERLIN UND CO.
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urban
N
ach einem schier endlosen Winter staut sich für
Auf zwei Rädern. Denn im Gegensatz zu den Rollen eines Skateboards kannst
gewöhnlich die Energie auf. Man spürt mit allen
du mit den großen Reifen eines Mountainbikes über alles rüber massieren.
Zellen des Körpers, dass es höchste Zeit ist, das
Und bist bei der ersten urbanen Grasnarbe nicht gleich aufgeschmissen.
Rad aus dem Keller zu kramen, es vom Staub der
dunklen Tage zu befreien und ordentlich biken zu gehen.
Die Reiseroute stand schnell fest – zumindest mehr oder weniger – und
Ein kurzes Brainstorming und ein paar Telefonate genüg-
ebenso die Protagonisten. Fester Bestandteil waren Fotograf Jan Faßbender,
ten, um eine fixe Idee in den Kopf zu bekommen: Ich mo-
den ich in Köln einpackte, Skateparksau Ludwig Jäger aus Halberstadt, den
bilisiere die Jungs im Osten unserer Republik, die ich viel
wir in Dresden aufgabelten, und Trickmaschine Lukas Knopf aus Chemnitz,
zu selten sehe! Und fahre mit ihnen ihre Lieblings- und
der in Leipzig zu uns stieß. Das Auto war nur mit dem Nötigsten gepackt.
Geheimspots ab. Uns Mountainbiker zieht es ja meistens
Mit dem, was man so braucht, wenn man nicht weiß, wohin genau der Weg
in die Natur. Dennoch können wir uns auch von Elemen-
führt und wo man die Nächte verbringt. Ich versuche immer, möglichst we-
ten einer Stadt faszinieren lassen. Wir nahmen uns für
nige Sachen einzupacken. Es stört mich einfach, wenn ich Dinge dabeiha-
diesen Trip Orte vor, die architektonisch interessant sind
be, die ich überhaupt nicht brauche. Das ist für mich das Schlimmste, was
und eine Einzigartigkeit haben. Und wollten ihnen damit
auf so einem Trip passieren kann. Die Karre ist ohnehin immer bis unter die
für einen Augenblick eine neue Bedeutung verleihen.
Decke voll und du musst ständig aufs Neue alles auspacken.
FAHRER // LUDWIG JÄGER TRICK // FRONTJAM NO-HAND
Ein paar Backsteine und Beton: nach konstruierte Steinquarter neben einem verlassenen Haus irgendwo in Berlin
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urban
Tipps zum Start von Marius Hoppensack Wer schon immer mal mit seinem Fahrrad springen und schnell Berge herunterfahren wollte, ist in einem Bikepark erst mal gut aufgehoben. Dort gibt es oft Leihausrüstung sowie Strecken, die auch für Anfänger geeignet sind. Leider sind diese Bikeparks oft weit ab vom Schlag und spiegeln nicht unbedingt das wieder, was die Core-Szene unter Dirtbikefahren versteht. Hast du intensiveres Interesse, kannst du dich im Internet oder in einem Radladen beraten lassen, sofern du keine Freunde hast, die den Sport bereits betreiben. Meist kann ein Mitarbeiter auch immer erklären, wo es Spots gibt, sodass du bereits eine erste Anlaufstelle hast. Bei den Spots kann es sich um öffentliche handeln, wie Skateparks, in denen man immer auf Leute trifft, die auch offen mit neuen Gesichtern umgehen. Jeder hat mal klein angefangen und es ist gang und gäbe, sich gegenseitig bei neuen Schritten zu helfen und unterstützende Tipps zu geben. Es gibt auch Spots, die über einen Verein laufen und nicht öffentlich sind, meist aus Versicherungsgründen. Hier findest du oft Webseiten (beispielsweise Facebook), auf denen du die Locals kontaktieren kannst, um gemeinsam an ihrem Spot zu fahren. In vielen Städten gibt es zudem Pumptracks. Diese Strecken, die nur aus Wellen bestehen, sind eine super Sache, um sich an sein Rad und die Gewichtsverlagerungen auf spielerische Weise zu gewöhnen. Ein Pumptrack ist für Anfänger bis Fortgeschrittene sinnvoll, sodass du auch dort Leute finden wirst, die dich bei deinen ersten Runden unterstützen können.
Jedes Teil, das du einpackst, hast du zehnmal an einem Tag in der Hand, räumst die Sachen hin und her. Ich bin auch kein großer Packer. Und mal generell: Was braucht man schon, um zu leben? Essen und Trinken kauft man sich vor Ort. Für jeden Tag ein Shirt, für jeden dritten Tag eine Hose. Schoner, Helm, Zelt und Schlafsäcke. Handyladegeräte. Und, nicht unwichtig, die Krankenversicherungskarte. Die erste Erkenntnis auf unserem Trip: Nichts ist wirklich planbar! Auf der einen Seite ist genau das gerade das Schöne an einem solchen Unternehmen. Andererseits macht es die Sache nicht gerade einfacher. So können manche Konstellationen mitunter ordentlich an den Nerven zerren. Du selbst machst dir deinen Plan, überlegst, wie viel Zeit du für deine Sachen
Oben: Umtragestelle in Berlin Unten: Stillleben in einem Berliner Skatepark
benötigst. Fürs Frühstücken vielleicht 20 Minuten, dann ein paar Minuten fürs Duschen. Und dann gibt es Charaktere, die sind eben einfach immer langsam. Du guckst ihnen zu und alles spielt sich wie in Zeitlupe ab. Dabei sind sie nicht untätig! Sie brauchen einfach nur viel, viel länger als du selbst für die alltäglichen Dinge. So einen kennt wahrscheinlich jeder. Wenn du einen Typen dieser Art dabei hast, kannst du einfach nichts planen. Und wir hatten so einen dabei. Na ja, und dann gab es eben auch mal einen Regentag. Kann auch keiner was für.
Es gibt einfach Charaktere, die sind eben immer langsam. Du guckst ihnen zu und alles spielt sich wie in Zeitlupe ab.
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urban
Ansonsten war das Rahmenprogramm gespickt mit
Wir shooteten bis zum Sonnenuntergang. Das hatte bisweilen zur Folge,
Eigenheiten, die einem Katalog für perfekte Roadtrips
dass es mit dem geplanten Schlafplatz auch nicht immer klarging. Stattdes-
entstammen könnten: Mit guten Kumpels abhängen, Spaß
sen landeten wir hin und wieder in einem Hotel, in dem wir dann, um Geld
haben, rumprollen. Und: sich nicht so häufig waschen.
zu sparen, zu viert ein Zweibettzimmer okkupierten. Ein Hoch auf den un-
Asphaltabenteuer pur – und das bei satten 30 Grad, Tag
bewachten Nebeneingang! Meistens aber hatten wir eine Schlafconnection
für Tag! Sommer, Sonne, Sonnenschein, was kann schöner
und für die Nächte ein solides Dach von Freunden über unseren Köpfen.
sein? Gut, die eine oder andere Dusche mehr wäre dann
Dank gebührt an dieser Stelle Julien für die doch äußerst spontane Unter-
doch nicht verkehrt gewesen. Aber um ehrlich zu sein,
kunft, Vincent für die Nacht in seinem Atelierhaus inklusive Panoramablick
rochen wir selbst die Ausdünstungen unserer schweißge-
über ganz Leipzig sowie Lude für die erste Dusche nach, sagen wir, Tagen!
tränkten Schoner irgendwann nicht mehr. Sie verdampften Jeden Tag woanders sein zu dürfen, neue Menschen kennenzulernen,
ben. Seltsame Physik. Zudem lag alles, im wahrsten Sinne
mit ihnen rumzuhängen und von morgens bis abends biken zu gehen,
des Wortes, verstreut im Wageninneren herum. Wie es
fühlt sich für mich immer wieder aufs Neue unschlagbar an. Die Jungs
sich gehört. Und falls man etwas Bestimmtes sucht – viel
gaben sich unglaubliche Mühe und präsentierten uns ihre Filetstücke in
Glück! Die Liste verschollener Gegenstände ist auch heute
Sachen Streetspots und Skateparks. Oftmals mussten gar mehr als drei
noch lang. Hatten eben doch wieder zu viel Kram dabei.
Locations am Tag abgefrühstückt werden.
FAHRER // MARIUS HOPPENSACK TRICK // TABLETOP
FAHRER // LUDWIG JÄGER TRICK // FLAIR
im überhitzten Auto, ohne dabei wirklich Feuchte abzuge-
Links: Perfektes Timing an der Bahnunterführung über ein ausgetrocknetes Flussbett bei Leipzig: Mit ein paar Backsteinen und etwas Beton wurde hier eine steilere Stelle in die ursprüngliche Bank gebaut. Rechts: Riesiges Überlaufbecken: perfekte Rundungen und Wände für einen Wallride
Verletzungen und kleinere Auflösungserscheinungen an den Bikes waren an der Tagesordnung.
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urban
AN DIRTBIKE-PRO MARIUS HOPPENSACK
Was fasziniert dich am Fahrradfahren? Ich bin keiner, der al-
Pflichtveranstaltungen, ich musste nur zu den Klausuren antan-
lein Rad fährt. Das Schöne ist doch, dass man zusammen unter-
zen. Ein nicht ganz unattraktiver Entscheidungsgrund. Das Studium
wegs ist, zusammen Spaß hat, sich zusammen weiterentwickelt.
habe ich jetzt inzwischen abgeschlossen. Irgendwann hatte ich
Wenn ich in der Luft bin, fühlt es sich an, als laufe alles in Zeitlupe
diesen Zettel in der Hand und mich gefragt, wo hab ich den denn
ab. Das geht auch anderen so, denn viele erzählen von ihren Tric-
auf einmal her?
kerlebnissen. Dann kommt es einem vor, als wären sie eine halbe Stunde in der Luft gewesen. Stattdessen waren es nur zwei Sekun-
Dir haben Ärzte prognostiziert, du würdest nie wieder
den. Je mehr Plan du dabei hast, desto gefühlt langsamer wird die
richtig laufen können. Heute fährst du Rad auf minde-
Bewegung, und desto mehr kannst du dich in den Sport hineinfin-
stens dem gleichen Niveau wie zuvor. Wie gehst du mit
den. Das ist es, was es für mich so faszinierend macht. Eigentlich
der Gefahr von Verletzungen heute, mit dieser Erfahrung,
vollziehst du Dinge, die kaum zu kontrollieren sind, aber du hast
um? Ich habe damals sofort gesagt, dass ich da nicht dran glau-
sie unter Kontrolle. Du weißt, was gerade passiert. Außenstehende
be. Ich lag im Bett, war vollgepumpt mit irgendwelchen Medi-
denken, das kann doch nicht funktionieren. Der Weg dorthin und
kamenten, hatte somit nur leichte Schmerzen. Ein guter Freund
das Ergebnis sind spannend, wenn du etwas schaffst, das du zu-
und Mountainbikefahrer aus Berlin hat mich motiviert. Rund 20
vor noch für unmöglich gehalten hast.
Minuten hat er auf mich eingeredet. Und danach war klar, diesen Trick, bei dem ich gestürzt bin, werde ich wiederholen. Das
Ein kleiner Kollateralschaden im Knie hat dich zum Nach-
habe ich bereits nach der ersten von zwei Operationen getan. Am
denken gebracht. Daraus ging dann die Gründung deiner
Morgen des Sturzes habe ich beim Packen meiner Sachen über
Bikemarke Beddo hervor. Erzähl doch mal von diesen
mein Leben nachgedacht. Seit ich 16 bin, bin ich Profi, habe mit 20
Momenten. Schon früher habe ich mir Gedanken gemacht, wie
eine Fahrradfirma gegründet, bin durch die Welt gereist, konnte
man bei Fahrrädern Elemente verändern kann. Als ich mit Dirt-
morgens ausschlafen und einfach nur Radfahren. Ich mache das,
bikefahren anfing, gab es diese Szene noch nicht wirklich. Das
was mir Spaß macht, gehe abends ins Bett und fertig. An diesem
Material, was wir zur Verfügung hatten, war ganz einfach scheiße.
Tag dachte ich, wenn es heute vorbei ist, kann ich sagen, es ist
Nichts, mit dem man vernünftig hätte springen können. Ich hatte
eine gute Sache. Dann bin ich an diesem Tag tatsächlich gestürzt.
also schon relativ früh den Traum, ein eigenes Unternehmen zu
Und habe mir gesagt, wenn es erst morgen vorbei wäre, kann ich
gründen, um meine eigenen Sachen zu bauen. Als ich mein Abi
ja noch ein Stück dankbarer sein. Das haben mir meine Verlet-
in der Tasche hatte, war ich Mountainbikeprofi und musste jeden
zungen gezeigt. Aktuell hatte ich dieses Jahr einen Milzriss, habe
Tag darauf warten, dass Leute ihre Verpflichtungen wie Job, Uni,
mir kürzlich meinen Fuß etwas kompliziert gebrochen, dazu ei-
Schule erledigt hatten, damit sie mit mir Rad fahren konnten. Mir
nen Meniskusschaden am anderen Bein. Und immer hat der Arzt
wurde langweilig. Und da habe ich entschlossen, den Schritt zu
gesagt: ganz gefährliche Verletzung! Das muss man immer relati-
gehen. Am Anfang war ich ahnungslos. Materialbeschaffung, Ver-
vieren. Ich glaube einfach, dass man immer wieder zurückkommt.
trieb, Preise. Mit der Knieverletzung dann hatte ich auch die Zeit,
Und wenn es dann doch mal nicht so ist, dann kann ich dankbar
um mich für ein Studium zu entscheiden. Bei BWL gab es keine
sein, dass ich mein Leben bis hierhin so leben konnte.
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Bergbausee in der Nähe von Halberstadt: beeindruckende Farben und Klippen, die hervorragend zu ein paar Mutproben einluden
Einer der abgefahrensten Orte war sicher das Wasserauffangbecken. Faszinierend, denn riesig groß. Rund 300 Meter lang, 30 Meter breit und satte fünf Meter tief. Wenn man von der Seite hineinsprang, musste man so schnell fahren, dass man nicht mehr treten konnte, weil die Übersetzung zu klein war. Das hat richtig viel Spaß gebracht und entsprechend viel Zeit haben wir dort verbracht. Im Museum eines alten Militärflughafens lief die ganze Zeit Security herum, uns interessierte aber nur der ehemalige Lüftungsschacht. Es war die perfekte Fullpipe, genial zu fahren – wären nicht die Rahmenbedingungen gewesen und die Leute, die auf uns keinen Bock hatten. In der Mitte war noch ein Loch, da mussten wir etwas
Immer wieder entstand ein Battle um das geilste Bild – wer reißt sich
aufpassen. Auch dem Holyfest in Hof statteten wir noch
den Spot unter den Nagel, wer findet die besten Lines und wer hämmert
einen Kurzbesuch ab, und wie nach allen anderen Loca-
die fettesten Tricks? Dabei leiden natürlich auch Mensch und Material.
tions schmeckte das Feierabendbier doppelt so gut. Und
Verletzungen und kleinere Auflösungserscheinungen an den Bikes waren
auch die recht einsilbige Nahrungsaufnahme, zumeist
an der Tagesordnung, aufgrund der Dauer und der Intensität des Trips
bestehend aus Döner, Pizza oder Burgern aus dem Wirts-
aber nicht wirklich zu vermeiden. Als Ludwig seinen Flair machte, einen
haus mit dem goldenen Bogen, wurde nicht langweilig.
Rückwärtssalto mit einer halben Schraube, wollten wir ihn präzise zum Zeitpunkt des über ihm einfahrenden Zuges in Szene setzen. Alle warteten, einer stand oben neben den Gleisen und gab das Kommando. Dabei ist er einige Male seitlich auf der Felge gelandet und hat sein Hinterrad aufs Äußerste strapaziert. Lukas hat zudem irgendwann festgestellt, dass sein Rad keine Bremse mehr hatte. Die ging beim Sturz gegen ein Geländer verloren. Er musste für den Rest des Trips ohne Bremse weiterfahren, was insbesondere im Abwassergraben witzig war. Das steile Gelände hat für ordentlich Fahrtwind gesorgt. Dazu kamen ein umgeknickter Finger, Risswunden und diverse geprellte Zehen. Mit denen wir aber für den Rest des Trips gut leben konnten.
Von Links, gegen den Uhrzeigersinn: Marius Hoppensack, Lukas Knopf Ludwig Jäger
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DER HOBBY
VANTANA
EINE NEUE KLASSE UNTER DEN KASTENWAGEN. Fünf Modelle in drei Größen bieten Individualität nach Maß. Die handwerklich solide Verarbeitung und das Innenraum-Design setzen völlig neue Komfort-Maßstäbe unter den Reisevans. Und das zu einem einzigartigen Preis-LeistungsVerhältnis. Jetzt bei Ihrem Hobby Händler.
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Ein Spielplatz zwischen Berliner Plattenbauten: Wobble f端r Kinder zum Klettern eigneten sich aber auch super zum Dr端berspringen.
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raus-magazin zwei 2015
FAHRER // LUKAS KNOPF TRICK // TAILWHIP
urban
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urban
Jeder von uns machte das Gleiche durch, man könnte also sagen: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Und mit dem richtigen Maß an Selbstironie entstand selbst in Kack situationen gute Laune. Legendäre Running Gags wurden geboren und zogen sich durch die gesamte Roadtripzeit hindurch. Und irgendwann, vielleicht Jahre später, tau-
Jeden Tag woanders sein zu dürfen, neue Menschen kennenzulernen, mit ihnen rumzuhängen und von morgens bis abends biken zu gehen, fühlt sich für mich immer wieder aufs Neue unschlagbar an.
chen sie wieder auf. Und lassen dann die Erinnerungen an eine geile Zeit mit einer Hand voll Kumpels auf der Suche nach Spaß und Extremsituationen wieder aufblühen. Solche Roadtrips sind absolut lohnenswert. Sie sind der Inbegriff von Freiheit und eine fantastische Möglichkeit, seinen Lieblingssport mit Freunden auszuüben. Also trommelt ein paar Freunde zusammen, packt eure Karre mit dem Nötigsten voll – und ab auf die Bahn, immer der
Unten: Überlaufbecken mit Herausforderung: Die riesige Rundung macht es schwierig, seine Geschwindigkeit richtig einzuschätzen. Rechts: Die ideale Fullpipe: Abwasser- oder Belüftungsrohr, stolze sechs Meter hoch FAHRER // TONY BAUDE TRICK // DOWNSIDE TAILWHIP
Sonne entgegen. Der Weg ist das Ziel!
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FAHRER // MARIUS HOPPENSACK
urban
raus-magazin zwei 2015
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extrem
Limit
Bis zum
NACHGEFRAGT BEI THE-NORTH-FACE-ATHLETIN TAMARA LUNGER
INTERVIEW // LEA HENNEKE FOTOS // TAMARA LUNGER & THE NORTH FACE
DAS EXTREME IST DAS, WAS SIE REIZT. DIE SELBSTFINDUNG IST DAS, WAS SIE SÜCHTIG MACHT. TAMARA LUNGER IST HÖHENBERGSTEIGERIN VON GANZEM HERZEN. UND SUCHT IHRE LEBENSERFÜLLUNG IN GENAU DIESEN EXTREMSITUATIONEN. RAUS! IM GESPRÄCH MIT DER 28-JÄHRIGEN SÜDTIROLERIN. 40
raus-magazin zwei 2015
EXTREM GRENZERFAHRUNGEN: TRANSALPINLÄUFE UND 8.000ER-EXPEDITIONEN
D
er italienische Extrembergsteiger Simone
Partner und Psyche spielen hier zusammen. Das Warten zwischen den
Moro sagte über dich: „Tamara hat sich
Aufstiegen ist eine besondere Herausforderung. Manchmal muss man
die Latte hoch gelegt, was sie erwartet, ist
Tage ausharren, damit man den nächsten Aufstieg starten kann. Doch
harte, intensive Arbeit. Aber dies ist für sie
ich habe zum Glück kein Problem mit diesen Ruhepausen. Als ich
die schönste Weise, sich lebendig und authentisch
2013 mit meinem Vater in Pakistan unterwegs war und wir 26 Tage
zu fühlen.” Welche Momente sind es, in denen
am Gletscher verbrachten, habe ich wirklich gemerkt: Das ist mein
du dieses Empfinden hast? Es sind die Momente,
Weg. Und da will ich nie mehr von weg.
in denen es kalt und anstrengend ist. In denen ich genau weiß, ich kann nicht mehr zurück. Aber auch
Du sagst, du lebst durch das Bergsteigen „bewusster, inten
die Momente, in denen ich dann zu Hause bin und
siver und dankbarer“. Wie hast du herausgefunden, was dich
alles überstanden habe, mit Sicherheit und Wärme um
erfüllt? Mit der Zeit sammelst du einfach die Momente, aus denen
mich herum, das ist eigentlich das Beste. Dann merke
du positive Schlüsse ziehen kannst. Sogar aus dem Negativen lernt
ich intensiv, dass ich alle Schwierigkeiten überstanden
man – eigentlich noch mehr. Doch nach und nach gewinnst du an
habe und stark genug war, mein Ziel zu erreichen. Mir
Erfahrungen. Und die positiven Ereignisse überwiegen. Das ist es,
ist es nicht wichtig, was Andere von mir denken. Ich
was mich immer wieder antreibt.
weiß für mich, ich habe es geschafft und kann meine Latte wieder etwas höher setzen. Die Suche nach mir
Hast du eine bestimmte Lebensphilosophie, der du folgst? Ich
selbst, das ist es, was mich süchtig macht.
wünsche mir für mich persönlich, dass ich immer den Moment leben kann. Und mein Leben für mich so intensiv wie möglich gestalte. Ich
Du hast als Jugendliche mit Leichtathletik begon
möchte das leben, was mir Spaß macht. Es kann mir auch heute
nen und konntest zweimal den Vizemeistertitel
noch passieren, dass mir die Tränen kommen, wenn ich am Berg
im Diskuswurf einfahren. Was war der Auslöser
unterwegs bin. Das zeigt mir, dass mich das alles wirklich glücklich
für das Bergsteigen? Durch meine Knieprobleme
macht. Mit der Zeit stumpft doch alles ab und wird zur Routine. Aber
bin ich zum Diskuswurf gekommen. Aber ich habe
meine Expeditionen zeigen mir, dass es immer auf ein Neues span-
darin keine Zukunft gesehen. Es hat mich nicht richtig
nend und besonders ist. Keine Normalität eben.
erfüllt, weil es nicht anstrengend genug für mich war. Als mein Vater mich damals zum Skitouren mitge-
Gibt es ein bestimmtes Ereignis oder eine Verletzung, die dich
nommen hat, war ich total begeistert. Anfangs zehrte
zurückgeworfen hat im Leben? Wie hast du dich wieder zurück
der Aufstieg ziemlich an meinen Kräften und bei der
gekämpft? Ich hatte eine ziemlich schwierige Phase als der Südtiroler
Abfahrt lag ich eher im Schnee, als dass ich fuhr.
Walter Nones 2010 am Cho Oyu verunglückt ist. Das war eine harte
Dann habe ich das Skitourengehen für mich entdeckt,
Zeit für mich. Der Berg hatte einfach seine Bedeutung für mich verlo-
habe auch an vielen Rennen teilgenommen und meine
ren. Danach bin ich erstmals in ein tiefes Loch gefallen. Das Ereignis
Technik verbessern können. Die Königsdisziplin war für
habe ich eher allein mit mir selbst ausgemacht. Ich musste einfach
mich jedoch das Höhenbergsteigen, weil da noch viel
die Passion und die Liebe zum Berg wiederfinden und dafür wollte
mehr dazugehört, damit es glückt und erfolgreich ist.
ich ganz allein mit meinen Gedanken sein. Aber die ganze Sache war
Faktoren wie Wetter, Material, körperliche Verfassung,
eine Erfahrung für mich, ich habe viel daraus gelernt.
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extrem
Im Sommer 2014 hast du den 8.611 Meter hohen K2 bestie gen, ohne Sauerstoffflasche und ohne Hilfe von Trägern. Wie verlief die Expedition? Meine erste Begegnung mit dem K2 war bereits 2012. Ich stand am Concordiaplatz und war überwältigt von der Größe und Steigung. Ich hatte großen Respekt. Aber als ich dann das zweite Mal im Basislager war, habe ich mich direkt verliebt. Die Harmonie hat einfach gestimmt. Am Anfang des Aufstiegs sind wir fast schon gescheitert. Die Regierung hatte beschlossen, dass nur geschlossene Gruppen ins Basislager trekken durften. Da wir ohne
„Ich wünsche mir für mich persönlich, dass ich immer den Moment leben kann. Und mein Leben für mich so intensiv wie möglich gestalte.“
Sauerstoffmasken unterwegs waren, sind wir bereits etwas früher angereist. Wir warteten auf die Erlaubnis, jeden Tag saßen wir wie auf heißen Kohlen. Und es war ungewiss, wie es weitergehen soll. Zu dem Zeitpunkt hatte ich damit schon fast abgeschlossen. Doch als es
schaut jeder nur auf sich. Mir ist es wichtig, zu wis-
dann losgehen konnte, lief alles super. Mein Partner und ich konnten
sen, dass ich auf die Hilfe meines Partners vertrauen
richtig gut zusammenarbeiten.
kann, wenn es mal hart auf hart kommt. Bei Klaus habe ich aber einfach meinem ersten Gefühl vertraut
Anfangs warst du von einer Achillessehnenentzündung, einer
und es hat mich nicht betrogen.
Sonnenallergie und Ausschlag geplagt. Sind das Kleinigkeiten, die man einfach wegsteckt? Ja, zu Hause sind das nur Kleinig-
Kannst du das Gefühl beschreiben, wenn du
keiten, aber am Berg ist das alles viel schwieriger, da man sich auf
oben stehst und das Ziel erreicht hast, hinter
anderes konzentrieren sollte. Es ist wichtig, seine positive Einstellung
dem all die Arbeit steckt? Was geht dir dann
nie zu verlieren. Mir war einfach von Anfang an klar, dass wir den
durch den Kopf? Ich würde es als Dankbarkeit und
Aufstieg schaffen können.
Zufriedenheit beschreiben. Aber die größere Herausforderung für mich ist eigentlich, erst mal heil wieder
Was sind die größten Herausforderungen während einer Tour?
runterzukommen. Beim Abstieg musst du dich wirklich
Sicherlich ist das, nie den Glauben an sich zu verlieren, positiv zu
jede Minute konzentrieren, musst alle Seile richtig be-
bleiben. Aber auch Geduld und Flexibilität gehören zu den Kerneigen-
nutzen und kontrollieren. Erst wenn du im Basislager
schaften, die man haben sollte. Denn selten läuft alles nach Plan.
ankommst und den Berg anschaust, denkst du: Ja das haben wir wirklich gepackt, und das beim ersten
Dein Partner, Nikolaus Gruber, und du habt euch recht kurz
Anlauf. Dieses Gefühl kommt erst so richtig auf, wenn
fristig dafür entschieden, die K2-Expedition anzugehen. Ist es
du in Sicherheit bist.
ein Nachteil, die Person, mit der man unterwegs ist, kaum zu kennen? Ja, ist es. Ich habe diese Situation einmal erlebt, dass
Anfang September 2014 hast du bei einem
ich mein Team nicht kannte. Und ich habe für mich entschieden, so
Transalpinlauf satte 293 Kilometer und 13.730
etwas nie wieder zu machen. Wenn es wirklich brenzlig wird, dann
Höhenmeter in nur acht Tagen absolviert. Den Wettbewerb hast du gewonnen. In welchen Momenten bist du psychisch an deinen Grenzen gekommen? Wie macht der Körper das mit? Ich wusste einfach, das wird richtig harte Arbeit. Ich hatte 20 Tage, um mich auf diesen Lauf vorzubereiten. Davor hatte ich gerade meine K2-Expedition beendet. Als ich mich entschieden hatte, den Lauf zu machen, fing ich an, spezifischer und intensiver zu trainieren. Zu Beginn des Laufs habe ich gemerkt, dass ich muskulär recht unterernährt war. Während des Laufs wurde ich dann auch noch von einer Entzündung im Gesäßmuskel geplagt. Zum Glück habe ich die Fähigkeit, dass ich in solchen Situationen die Zähne zusammenbeißen kann. Da muss man psychisch einfach Stärke zeigen!
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extrem
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Nicht viele Frauen gehen auf diese Art an ihre körperlichen
„Manchmal aber frage Ich mich, warum ich immer so hart sein muss.“
und psychischen Grenzen. Ist das erst recht ein besonderer Anreiz für dich, immer neue Herausforderungen anzugehen? Das würde ich nicht direkt sagen, ich lebe einfach nur meinen Traum. Manchmal aber frage ich mich, warum ich immer so hart sein muss. Mich erfüllt es einfach, dafür zu leiden, was ich tue, das macht mich im Endeffekt zufrieden. Ich habe mich selbst auch sehr zurückgeschraubt, weil ich einfach gemerkt habe, dass man nicht immer Gas geben kann. Man muss auch mal zur Ruhe kommen. Wie sehen die Vorbereitungen für deine Ex
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Du bist Personal Trainerin, außerdem gelernte Gesundheits
peditionen aus? Ich trainiere normalerweise jeden
trainerin und hast Sportwissenschaften in Innsbruck studiert.
Tag, mittlerweile aber kann ich auch mal einen Tag
Erstellst du dir selbst deine Trainingspläne? Unterstützt dich
auslassen. Ich habe dann nicht sofort ein schlechtes
jemand bei deinen Vorbereitungen? Ich kann nicht jeden Tag auf
Gewissen. Früher, als ich in der Sporthochschule war,
einen Zettel schauen, wo drauf steht, was ich heute machen muss. Das
war dieser Drang, jeden Tag etwas tun zu müssen,
würde mir meine Leidenschaft stehlen. Ich schau aus dem Fenster, und
immer da. Das glich schon fast einer Sportsucht.
danach entscheide ich was ich den Tag mache. Es ist einfach wichtig,
Heutzutage ist das nicht mehr so. Das ist beruhigend,
zwischendurch lange Einheiten zu haben und je näher die Expedition
denn sonst wird es einfach nur zum Zwang. Alles ist
kommt, noch was Spritziges zum Ende einzuschieben. Zudem hat mein
eher freier gestaltet. Es kommt für mich auch oft auf
Vater eine Vorbildfunktion für mich und macht auch das ein oder ande-
die mentalen Vorbereitungen an. Wenn da die Basis
re Training mit mir. Mit seinen 51 Jahren ist er noch extrem fit.
steht, geht der Rest von allein.
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extrem
Was ist dein Gegenpol zu deiner extremen, sportlichen Seite? Wie findest du zur Ruhe? Es fängt bei mir gedanklich an. Ich sage mir, dass ich einfach nicht mehr jeden Tag so Vollgas geben kann. Früher zum Beispiel wäre ich nie mit jemandem Skitouren gegangen, der nicht im Rennbereich unterwegs war. Das war mir einfach viel zu lahm. Heute hat sich das jedoch geändert. Wenn ich zu Hause bin, kann ich bei Meditation und Dehnungen zur Musik richtig gut zur Ruhe kommen. Ich weiß genau, was mein Körper dann braucht und danach handel ich auch. Dein Traum ist es seit vielen Jahren, eine Ex pedition von Höhenbergsteigen kombiniert mit Base-Jumpen zu planen. Was genau reizt dich daran? Der Nervenkitzel ist das, was mich reizt. Aber ich habe diesen Traum mittlerweile aufgegeben. Laufen, Skitouren, Bergsteigen: Alles bis zum Limit richtig gut zu machen, ist sehr anstrengend. Wenn man immer mehr Disziplinen dazunimmt, verliert jede einzelne an Qualität. Man hat einfach keine Kraft und Zeit in allem richtig gut zu sein. Vor allem beim Base-Jumpen braucht man sehr viel Routine und Übung.
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Deine nächste Expedition geht nach Nepal zum 8.163 Meter hohen Manaslu, zusammen mit dem italienischen Extremberg steiger Simone Moro. Dies ist eine reine Winterexpedition, die 46 Tage andauern wird. Wie blickst du diesem Ereignis entge gen? Ich freue mich extrem auf diese Herausforderung! Ich bin sehr gespannt, wie sich die Kälte dabei anfühlen wird. Es sind dort oben minus 40 bis minus 50 Grad. Und ich habe schon so meine Probleme mit der Kälte. Dieser Berg ist dem Wind sehr stark ausgesetzt. Und der Wind ist wohl das Schlimmste dabei. Ansonsten ist die Besteigung technisch nicht besonders anspruchsvoll. Für mich wird es die intensivste Erfahrung, die ich am Berg machen werde. Und wenn es hart wird, dann will man als Frau auch nicht seine Schwächen zeigen. Es wird bestimmt schwierige Momente geben, aber egal wie es ausgeht, es wird mir in meiner Lebensschule wieder einiges an Erfahrung bringen.
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„Es sind dort oben minus 40 bis minus 50 Grad, und ich habe schon so meine Probleme mit der Kälte.“
Welches Equipment ist dafür speziell notwendig? Eigentlich unterscheidet sich das Equipment nicht sehr stark im Vergleich zu Sommer expeditionen. Daunenanzug, beheizbare Sohlen, 8.000er-Schuhe, dicke Handschuhe, Sturmhaube und Skibrille gehören auf jeden Fall ins Gepäck. Meine Mama hat mir extra eine Alpaka-Wollhose gestrickt. Außerdem brauchen wir Zelt, Schlafsack, Seile, Firnanker und Eisschrauben. Auf 20 Kilo extra Gepäck kommt man da locker! Aber laut Simone ist es das Wichtigste, dass man dort oben in der Kälte nie den Humor verliert.
Weitere infos unter www.tamaralunger.com und www.neverstopexploring.com
SCHWARZES BRETT
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auf spurensuche
Hand GEMACHT
WERKSPIONAGE BEI HANWAG IN VIERKIRCHEN
TEXT & UNBENANNTE FOTOS // BENJAMIN HELLWIG
SEIT 1921 ENTWICKELT UND PRODUZIERT HANWAG BERG- UND OUTDOORSCHUHE IM MÜNCHNER HINTERLAND. DAS UNTERNEHMEN FINDET DIE BALANCE ZWISCHEN TRADITIONELLEN WERTEN UND INNOVATIVEN WEGEN. ZWICKMASCHINE, BIOLEDER, WIEDERBESOHLUNG: HINTER DEN KULISSEN EINER BAYERISCHEN BERGSCHUH-MANUFAKTUR. 50
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FOTO // MORITZ ATTENBERGER
VON
auf spurensuche
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Standort Vierkirchen: Produktion von rund 20 Schuhmodellen
D
ie vier Kisten lagern im hintersten Winkel.
Die Schuhe mussten in die richtigen Hände gelangen“, sagt der 26-Jährige
„Museum“ steht handschriftlich auf ei-
rückblickend. Garmisch, der Skistiefel, mit dem vor nahezu sechs Jahr-
nem angehefteten Zettel. Christian Wittig,
zehnten eine bedeutende wirtschaftliche Grundlage geschaffen wurde,
damals noch Praktikant bei Hanwag, wühlt
verkörpert einen Meilenstein der Unternehmensgeschichte. Wir sitzen
sich im Licht seiner Taschenlampe durch den engen
im modernen Showroom im Münchner Norden. Inzwischen ist Christian
Dachstuhl des Firmengebäudes in Vierkirchen. Und be-
Communication Manager der Vierkirchener. Teile seines Fundes stehen
gutachtet vorsichtig seinen Schatz. Es sind uralte Model-
nun hier. Auf wertschätzendere Weise hinter Glas. Draußen, im Münchner
le aus den ersten Epochen des Unternehmens, darunter
Hinterland, fegt der ICE von München gen Hamburg.
auch einige mit dem Namen Garmisch. Vorsichtig befreit er sie vom Staub. „Das war ein unglaublicher Fund! Ich habe schnell alles wieder verschlossen, bin sofort runtergelaufen und habe nur meinen Chef eingeweiht.
„Wichtig ist, dass du dir merkst, was du beim nächsten Mal besser nicht wiederholst.“ Adam Weger
Als der damalige Inhaber Josef „Sepp“ Wagner 1956 auf der Sportartikelmesse in Wiesbaden seine Produkte ausstellt, kommt es eben zu jenem Deal, der Hanwag auf die nächste Stufe hebt. Wagner liefert im Anschluss zigtausende dieser ledernen Skistiefel an Klaus Obermeyer, der als Auswanderer in den USA im Ski-Business arbeitet. Der Türöffner für weiteres Wachstum. An den Wänden dokumentieren die Mustermodelle der heutigen Kollektion den Wandel der Zeit. Da stehen technischste Schuhe der Kategorie Alpin, klettertaugliche Bergstiefel und Zustiegsschuhe, robuste Trekkingmodelle, zwiegenähte Klassiker.
Eigentlich in Rente: Adam Weger bei der Schuhentwicklung
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FOTO // MORITZ ATTENBERGER
auf spurensuche
Jens Fickenscher, Schuhtechniker
Einen Teil seiner Produktion hat sich das Unternehmen am Vierkirchener Standort bewahrt. Es sind nur ein paar Schritte hinüber zur Stahltreppe, die hinunter in die Werkshalle führt. Adam Weger kommt sie da gerade hoch. In der Hand einen Prototypen, der eben seine Laufsohle erhalten hat. „Das Kunststück ist, die drei Faktoren an der richtigen Stelle zusammenzubringen: Futter, Versteifung, Oberleder. Dafür brauchst du Erfahrung. Du lernst hier jeden Tag etwas hinzu. Wichtig ist, dass du dir merkst, was du beim nächsten Mal besser nicht wiederholst“, sagt der 67-Jährige voller Elan. Er war 30 Jahre lang Chefentwickler. Ist eigentlich in Rente, aber irgendwie doch mehrmals in der Woche hier. An einem Tag behauptet er, er fahre jetzt mal in den Urlaub, am nächsten steht er wieder auf der Matte. „Muss noch schnell den Schuh hier fertig machen“, ist dann knapp zu hören. Der Mustermacher ist Vater vieler Basismodelle, auf die das Unternehmen heute zurückgreift. „Wenn diese Grundlage da ist, muss ich nicht mehr an Zwickeinschlag, Stellung und Überlappung experimentieren“, sagt er beim Gang hinüber in
Trittfest im Gelände: Modell Badile Combi GTX
die Kreativabteilung oberhalb der Produktion. Dort sitzt Jens Fickenscher gerade an der digitalen Umsetzung eines Prototyps, feilt am Design auf
„Du vollziehst alle Phasen, hast das Resultat immer di-
Grundlage der bunten Linien des Wegerschen Grundmodells. „Rund 80
rekt in der Hand. Da ist Leidenschaft dahinter!“, sagt er
Modelle machen wir im Jahr. Was dann tatsächlich produziert wird, steht
euphorisch in meine Richtung. Früher sei er Freeclimber
auf einem anderen Blatt. Meine erste Zeichnung mache ich noch immer
gewesen. „Vor 50 Jahren. Ohne Seil und ohne Haken.
von Hand. Von der Idee bis zur digitalen Version vergehen dann rund sechs
Barfuß. Oder mit ganz einfachen Turnschuhen. Um mehr
Stunden“, sagt der 30-jährige Schuhtechniker. Adam dagegen schwört auf
Halt im Schuh zu spüren, schnürten wir uns die Senkel
durchgehende Handarbeit. Und zeichnet mit dem Bleistift für Jens ein paar
einmal um die Sohle.“ In dieser Zeit experimentieren sie
Linien erklärend aufs Papier.
auch an ersten Kletterschuhmodellen aus Leder.
Resultat des oszillierenden Messers: ausgeschnittene Nusslederteile
Vorbereitet für den nächsten Schritt: Leisten stecken in den Schäften
Vorwärmphase vor dem Zwicken raus-magazin zwei 2015
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auf spurensuche
Nubuk, Spalt, Yak. Im zentralen Lager des Unternehmens warten die
Parallel dazu streicht Hans Steiner die Gummis vor. Der
Rohstoffe auf die Weiterverarbeitung in den Hanwag-Werken in Kroatien,
58-Jährige ist bereits seit 1976 im Unternehmen und
Ungarn und Vierkirchen. Alois Mühlbacher, Technischer Leiter der Pro-
kennt noch die Jahre, als der ehemalige Inhaber Sepp
duktion und verantwortlich für den Einkauf, erklärt: „Wir beziehen unsere
Wagner, Neffe des einstigen Firmengründers, das Ge-
Leder größtenteils aus Deutschland, Italien und Osteuropa. Wenn die
schehen prägte. „Ich habe ihn als einen sehr ruhigen
Ware in einer unserer Partnergerbereien zur Auslieferung bereitsteht,
Menschen erlebt. Morgens und am Nachmittag hat er
reisen wir an und prüfen bereits direkt vor Ort die Qualität.“ Das Lager ist
immer seine Runden gedreht, hier und da auch einige
voll bis unter die Decke. Der millionenschwere Warenwert in den Rega-
Aufgaben in der Produktion selbst ausgeführt, wenn es
len lässt mir das Ladenpreisetikett eines Wanderschuhs in einem ande-
drauf ankam“, sagt Hans. Und wendet sich wieder sei-
ren Licht erscheinen. „Wir zahlen aktuell Quadratmeterpreise zwischen
nem Pinsel zu. Das Ankleben der Geröllschutzränder ist
30 und 50 Euro. Allein das Oberleder eines Schuhpaares liegt bei über 20
erneut Handarbeit. Die Einzelteile für Spitze, Seiten und
Euro“, sagt Alois. Vorbei an Boxen mit Lauf-, Brand- und Einlegesohlen
Ferse werden angedrückt und um die Brandsohle gezo-
sowie Hinterkappen gelangen wir in die Fertigungshalle.
gen. In einer Vakuumpresse verbinden sich die Gummis unter Druck und Temperatur mit dem Schaft.
Hier in Vierkirchen entsteht die komplette Alpin-Serie, zudem anteilig sowohl der Ferrata aus der Rock-Kollektion als auch Alaska und Yukon aus der
Firuz Erbab sorgt für das letzte fehlende Teil beim Aufbau
Kategorie Trek. Insgesamt sind es rund 20 Modelle. Die Schäfte, Oberteile
des Schuhs. Der fast fertige Stiefel und die Laufsohle rea-
des Schuhs, liefert das ungarische Werk. Die Hochzeit, also der endgültige
gieren bereits jeweils seit einigen Stunden mit dem Kleber,
Aufbau, findet hier statt. Alois führt mich durch die einzelnen Stationen.
als er beide Komponenten miteinander verbindet. Erneut
Das Vorbereiten der Brandsohle, das Kernstück, an dem später Schaft und
ist es Handarbeit, erneut sind es souveräne Bewegungen,
Sohle befestigt werden, ist wichtiger Bestandteil der Machart bei Hanwag.
die beeindrucken. „Je nach Modell gibt es fertig konfektio-
Ausnahmslos jeder Artikel wird gezwickt. Durch dieses Verfahren entstehen
nierte Sohlen und andere, die mit einer Fräse maßgefertigt
stabile, passgenaue Bergstiefel. Mitarbeiter heften die Brandsohle zunächst
werden“, sagt er. Nach dem Aushärten des Klebers stellt
an den Leisten und legen sie in den jeweils passenden Schaft. Anschließend
sich Sanel Stürzl an die Maschine, die nur er hier bedient.
kommt es zum Spitzenzwicken. Erkan Bahca, seit 13 Jahren bei Hanwag,
„Ich habe den Job von einem Mitarbeiter gelernt, der ihn
steht an der hochtechnischen Maschine, die neben all den historischen
47 Jahre lang machte. Er hat nie woanders gearbeitet, das
heraussticht, und erwärmt zunächst den Schaft. Im nächsten Schritt
ist beeindruckend!“, sagt Sanel. Er greift sich Schutzbrille
verbindet die Zwickmaschine die Spitze des Schuhs mit der Brandsohle.
und Ohrenschützer, schaltet die Abluft an und lässt die
Dabei wird das Leder um die Brandsohle herumgezogen und von unten
Maschine Fahrt aufnehmen. Mit ruhiger Hand führt er das
angeklebt. Wärme und Druck für einige Sekunden – fertig. Den gleichen
überstehende Gummi der Laufsohle über die rotierenden
Vorgang wiederholt er für Seiten und Ferse des Modells.
Klingen und fräst es Schicht um Schicht herunter. An rotierendem Sandpapier und Bürste erledigt er den Feinschliff.
Nach dem Zwicken folgt an anderer Stelle der Halle das Vorbereiten des
„Das Unternehmen lebt von der Erfahrung seiner Mitarbei-
Gummirandes. Den Schaft zieren nach ein paar gekonnten Handgriffen
ter. Wenn hier jemand Jahrzehnte lang dazugelernt hat, ist
temporär einige Klebebandstreifen. Sie markieren exakt die Stellen, auf
das von hohem Wert“, sagt der 40-Jährige. Auch er blickt
denen der Klebstoff aufgetragen wird.
bereits auf 15 Jahre bei Hanwag zurück.
Von links nach rechts: In der Zwickmaschine: Verbindung von Schaft und Brandsohle | Im 39. Jahr bei Hanwag: Hans Steiner | Markierung für das Kleben der Geröllschutzränder | Von Hand passgenau angeklebt: Gummi des Geröllschutzrands | Fertig konfektionierte Laufsohlen | Firuz Erbab sorgt für das letzte Teil der Sohlenmontage. | Erfahrung mit rotierenden Klingen: Sanel Stürzl fräst die Laufsohle zurecht. | 30 Neubesohlungen am Tag: Richard Dollinger beim Abschleifen | Nostalgie in der Werkshalle: uralte, aber verlässliche Maschinen
„Wir zahlen aktuell Quadratmeterpreise zwischen 30 und 50 Euro. Alleine das Oberleder eines Schuhpaares liegt bei über 20 Euro.“ Alois Mühlbacher
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„Wir wollen eine Premiummarke sein und in der Nische die Nummer eins werden.“
Der Rest ist schnell erzählt, aber ebenfalls von hoher Bedeutung. Der Schuh wird, wo notwendig, von Klebe resten befreit, bekommt eine Vorimprägnierung, die Schnürsenkel werden eingefädelt. Dann folgen finale
Jürgen Siegwarth
Qualitätskontrolle, Verpackung und Versand. Das große Ganze hat Jürgen Siegwarth im Blick. Der Brand Manager verlässt seinen Schreibtisch im Großraumbüro, um mir anschließend im Showroom einige Einblicke in die Philosophie des Unternehmens zu geben. Und erzählt Jahren noch immer ein Teil des Ganzen. Alle zwei Wochen bin ich bei ihm zu Hause, dann will er alles genau wissen: Welche Probleme habt ihr momentan, kommt ihr mit der ' Produktion nach, wie läuft es draußen im Verkauf?' Er hat die Marke geformt und aufgebaut. Ich habe einen riesigen
FOTOS // HANWAG
von gelebter Tradition. „Sepp Wagner ist mit seinen 93
Links: Familienbild vor dem ersten Firmenstammsitz: Firmengründer Hans Wagner war wie Vater, Großvater und die beiden Brüder Schuhmacher. Unten: Klein angefangen: Hans Wagner mit Frau und Mitarbeitern in der Produktion 1926
Respekt vor ihm und seinem Lebenswerk Hanwag“, sagt Jürgen. Das Namenskürzel dagegen geht auf Hans Wagner zurück. Der Schuhmacher war Sepps Onkel und gründete 1921 den Betrieb mit einer ersten Werkstatt für Maßschuhe und Reparaturen in Vierkirchen. Auch seine Brüder Lorenz und Alfred machten sich mit eigenen Schuhmarken selbständig: Lowa und Hochland. 1974 übernimmt Sepp den Betrieb seines Onkels. Als er 2003 selbst an einen familiären Nachfolger übergeben möchte, verstirbt seine Tochter plötzlich. Andere Nachfahren gibt es nicht. Daher verkauft er an die schwedische Fenix Outdoor AB, zu der unter anderem auch die Marken Fjällräven und Primus gehören. „Der Deal war an Sepps klare Bedingungen geknüpft: Alle Mitarbeiter mussten übernommen werden, der Standort sollte im-
FOTO // HANWAG
mer erhalten bleiben“, sagt Jürgen.
Er selbst ist mit diesem Wechsel vor zehn Jahren ins Unternehmen gestartet. „Hanwag ist im alpinen Trekkingbereich zuhause. Wir wollen eine Premiummarke sein und in der Nische die Nummer eins werden“, sagt der 53-Jährige. Dazu gehören auch zahlreiche Spezialthemen. Mit dem Erhalt der zwiegenähten Machart beispielsweise bewahrt sich Hanwag ein Stück Tradition. „Die Maschinen sind rar und uralt, es gibt nur noch wenige Schuhmacher, die das Handwerk beherrschen. Aber wir wollen den Bereich eher noch ausbauen“, sagt er. Ein weiteres Feld, in dem sich Hanwag tummelt, ist die Verarbeitung von tibetischem Yakleder. Die Gerberei im Himalaya liegt auf 4.000 Metern,
Mit 93 immer noch aktiv: Sepp Wagner bei einem seiner Rundgänge
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wirtschaftet nach europäischen Standards und liefert den Rohstoff exklusiv. „Die Ressourcen dort sind aufgrund der Höhenlage begrenzt, der Betrieb kann die Ware nur von Mai bis September produzieren.
FOTO // PETER WILSON, HANWAG
auf spurensuche
auf spurensuche
Meilensteine Hanwag 1919 Hans Wagner erlernt in München das Schuhmacherhandwerk und
2004 Sepp Wagner verkauft mangels Erben in der Familie sein Unternehmen an
die schwedische Fenix Outdoor AB (u.a. Eigentümer der Marken Fjällräven,
1921 Hans Wagner macht sich selbstständig und eröffnet in Vierkirchen seine
Primus, Brunton und Tierra). Der Kaufvertrag beinhaltet eine Klausel, dass
der Standort Vierkirchen sowie alle dortigen Arbeitsplätze erhalten bleiben.
die hohe Kunst des Zwienähens. erste Werkstatt für Maßschuhe und Reparaturen.
1926 Die Nachfrage wächst, Wagner baut die Werkstatt aus und stellt
2006 Fenix Outdoor investiert in Lager, Verwaltung und Produktion am Standort
Vierkirchen. Bis heute werden sämtliche Alpinstiefel sowie handwerklich
1936 Für die Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen fertigt
anspruchsvolle Schuhe in Vierkirchen gefertigt. Hanwag betreibt mit
Hans Wagner die ersten Skistiefel aus Leder. Zu dieser Zeit stellt er auch
Partnern weitere exklusive Produktionsstätten in Kroatien, Ungarn und
seinen Neffen Josef „Sepp“ Wagner ein. Jener erlernt das
Rumänien, die dieselbe hohe Qualität liefern wie Vierkirchen.
Schuhmacherhandwerk und wird später das Unternehmen übernehmen.
2009 Hanwag stattet alle speziellen Winterschuhe mit der innovativen und eigens
erste Näherinnen ein.
1945 Nach dem Krieg gewinnt Marketing langsam an Bedeutung. Hans Wagner
entwickelten IceGrip-Sohle aus. Feingemahlene Glassplitter, die dem
will seinem Unternehmen einen „richtigen“ Namen geben und nennt
Sohlengummi beigemischt sind, bieten sieben Mal mehr Halt auf Eis und
es nach einiger Überlegung Hawa.
rutschigen Oberflächen als herkömmliche Gummimischungen.
1952 Josef Wagner nennt aus namensrechtlichen Gründen das
2011 Hanwag feiert das 90. Firmenjubiläum mit dem Claim „90 Years of
Alpine Experience“. Als Dank an die Kunden – „die Bergsteiger“ – spendet
1956 Hanwag stellt erstmals auf der Sportartikelmesse in Wiesbaden aus. Josef
das Unternehmen dem Deutschen Alpenverein eine neue Biwakschachtel,
Wagner lernt dort Klaus Obermeyer kennen, der als Auswanderer in den USA
die auf dem Jubiläumsgrat zwischen Zugspitze und Alpspitze installiert wird.
im Ski-Business arbeitet. In den folgenden Jahren ist Hanwag exklusiver
2011 Als erster deutscher Hersteller von Trekkingstiefeln bietet Hanwag mit Real
Lieferant von Stiefeln für Obermeyer. Zigtausend Paare werden unter dem
Custom Made individuell geschusterte Maßschuhe an. Mit modernster Scan-
Markennamen Garmisch nach Nordamerika exportiert.
Technik wird für jeden Fuß ein individueller Leisten erstellt, um den der
1970 Mit dem Haute Route bringt Hanwag den ersten speziellen Skitouren-
Stiefel maßgeschustert wird.
2012 Als erster Hersteller von Berg- und Trekkingschuhen setzt der bayerische
Unternehmen in Hanwag um.
stiefel auf den Markt.
1980 Mit fachlicher Beratung von Sepp Gschwendtner, eine Legende der
Bergschuster Bio-Leder als Obermaterial ein. Für das Futter der drei
deutschen Sportkletterszene, schustert Hanwag als einer der ersten
neu eingeführten Bio-Modelle wird vegetabil gegerbtes Leder eingesetzt. Es
Hersteller spezielle Sportkletterschuhe. In den achtziger Jahren beginnt der
ist chromfrei und somit antiallergen.
große Trend „Outdoor“. Hanwag konzentriert sich voll auf diesen Markt und
2013 Um Menschen mit Hallux Valgus schmerzfreies Wandern zu ermöglichen,
stellt die Produktion von Skistiefeln ein.
bringt Hanwag das erste Modell mit dem speziell entwickelten Bunion-Leisten
1987 Hanwag bringt die ersten speziellen Stiefel für Gleitschirmflieger auf den
auf den Markt. Mittlerweile bietet Hanwag drei Hallux-Modelle an – weitere
Markt, erneut mit Unterstützung des umtriebigen „Gschwendtner-Sepp“.
sind in Planung.
Bis heute ist Hanwag in diesem Segment weltweiter Marktführer.
1996 Hanwag stellt den Alaska GTX vor, einen Trekkingschuh aus Leder mit GORE-TEX
Futter. Bis heute ist dieser Schuh ein Bestseller und wird fast unverändert produziert.
Weitere Infos unter www.hanwag.de
Aber wir werden einige neue Modelle entwickeln können“, sagt Jürgen.
Zum Abschluss wandere ich noch einmal hinunter in die Halle. In
Abgesehen von diesem Spezialthema konzentriert man sich bei Hanwag
einem kleinen abgetrennten Bereich reißt Richard Dollinger die letz-
vor allem aber auf lokale Bezugsquellen. „Seit 2012 bieten wir auch eine
te abgelaufene Sohle des Tages herunter, schleift die Gummireste
Bioleder-Kollektion an. Hierfür arbeiten wir mit bio-zertifizierten Bauern in
an der Brandsohle ab. „Der Anapurna hier ist bestimmt 20 Jahre alt.
Kroatien zusammen, über die wir dieses Leders beziehen. Dennoch ist es
Durch die gezwickte Machart aber lässt er sich neu besohlen“, sagt
eine sehr große Herausforderung, einen hundertprozentigen Ökoschuh hervorzubringen. Wir wollen klar in diese Richtung. Und das geht nur Schritt für Schritt“, sagt er. Die Hinterkappen verarbeitet Hanwag inzwischen aus recyceltem Material. Mit der
der 54-Jährige.
„Das Unternehmen lebt von der Erfahrung seiner Mitarbeiter. Wenn hier jemand Jahrzehnte lang dazugelernt hat, ist das von hohem Wert.“ Sanel Stürzl
Universität Mailand wurde jüngst die erste
Rund 30 Paare bearbeitet Richard am Tag. Die auch ein Zeichen setzen. „Wenn ein Schuh eingelau-
Laufsohle für Berg- und Outdoorschuhe entwickelt, die industriell kompo-
fen ist und gut gepflegt wurde, ist es nur sinnvoll. Und nachhaltig ist
stierbar ist. Das Innenleder vieler Schuhe ist vegetabil gegerbt und damit
das sowieso.“ Demnächst verarbeitet Hanwag hier jene Sohlen aus
chromfrei. „All diese Dinge führen in die Richtung, in die wir wollen“, sagt
kompostierbarem Material, um Kreisläufe zu schaffen, in denen die
Jürgen. „Ich kann zwar nicht den Schalter umlegen und sagen, von heute
Sohle ökologisch verwerten werden kann. Damit einmal die nächsten
auf morgen haben wir eine komplett grüne Produktion. Aber wir können
Kisten, die eines Tages irgendwo auf einem Dachboden aufgefunden
kleine Schritte gehen, damit wir eines Tages dort ankommen.“
werden, eine neue Botschaft verkünden.
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naturnah
AUF ENTDE CKUNGS SCHNORCHELGANG ZWISCHEN TOUR TEKTONISCHEN TEXT // BENJAMIN HELLWIG FOTOS // LAND ROVER
PLATTEN
Ben Saunders
SCHNORCHELN IM KLARTSTEN WASSER DER WELT, BEGLEITET VON DEN ANEKDOTEN EINES INSPIRIERENDEN POLARABENTEURERS: EINE ISLÄNDISCHE ENTDECKUNGSREISE MIT DEM NEUEN LAND ROVER DISCOVERY SPORT.
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NATURNAH UNTERWEGS AUF DER INSEL IM NORDATLANTIK
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nsere Lage beginnt ernst zu werden. Ein Orkan zwang uns am Mittag dazu, in unsere Schlafsäcke zu kriechen. [...] Dies ist schon der zweite Orkan, seit wir den Pol verlassen haben, und er will mir gar nicht gefallen. Kommt ein Wettersturz? Dann möge uns Gott helfen, denn der Zug über die Höhe ist fürchterlich und unsere Lebensmittel sind knapp.“ In Robert Falcon Scotts letzten Tagebuchnotizen vereinen sich seine enttäuschten und verzweifelten Gefühlslagen. Die fünfköpfige TerraNova-Expedition des Briten ist von Januar bis März 1912 auf dem Rückweg vom Südpol. Zuvor unterliegen die Männer im historischen Wettlauf mit der norwegischen Expedition von Roald Amundsen um 34 Tage. Wenig später verlieren sie auch den Kampf mit der Natur. Ein Suchtrupp findet am 12. November 1912 die drei verbliebenen Teilnehmer Scott, Edward Wilson und Henry Bowers erfroren in ihrem Zelt.
„Als wenn du einen Anker durch nassen Sand schleppen würdest.“ Ben Saunders
Mehr als ein Jahrhundert bleibt Scotts Unternehmung unvollendet. Bis Ben Saunders und Tarka L’Herpiniere im Februar 2014 ihre ausgehungerten Körper fast emotionslos ins Ziel am Ross-Schelfeis quälen. 105 Tage benötigen die beiden Briten für Scotts Route durchs antarktische Eis. Ihr 2.888 Kilometer langer Fußmarsch wird damit zur längsten Polarexpedition aller Zeiten. Dabei ziehen sie anfangs bis zu 205 Kilo schwere Schlitten hinter sich her. „Als wenn du einen Anker durch nassen Sand schleppen würdest“, beschreibt Ben das Bild in seinem Kopf. Sein Gepäck des heutigen Tages gleitet da weitaus geschmeidiger übers Eis. Der 37-Jährige steuert den vor mir fahrenden Discovery Sport über Islands þjóðvegur 36 Richtung Þingvellir. Das neue Pferd im Stall von Land Rover dreht hier auf der Insel im Nordatlantik seine ersten offiziellen Frischluftrunden. „Polar Ben“, Global Brand Ambassador der britischen Allradspezialisten, ist auf einer Entdeckungsreise, die selbst für ihn ungewöhnlichen Charakter hat. Von ernster Lage kann fahrtechnisch keine Rede sein, auch wenn sich der Spätwinter der Insel von seiner rauen Seite zeigt. Sturmböen drücken dicke weiße Flocken horizontal übers Relief, immer wieder türmen sich Schneewehen auf. Die Sichtweite ist minimal. Perfekte Bedingungen, um den Premium-Kompakt-SUV unter die Lupe zu nehmen. Mit der Markteinführung in Deutschland am 28. Februar 2015 wird der 5+2-Sitzer das Modell Freelander ersetzen und seinen Platz neben großen Tieren der Familie wie Discovery, Defender und Range Rover einnehmen. Das Raumgefühl ist trotz der mit 4,60 Meter recht kurzen Bauweise beeindruckend.
Oben: Pinguingleich übers vereiste Lavafeld Mitte: Nicht unterzukriegen: Schneekunst am Heck Unten: Hinten bitte links abbiegen: die Silfra-Spalte am Übergang zum See Þingvallavatn
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Solide Beinfreiheit für bis zu sieben Insassen – die dritte Sitzreihe ist gegen Aufpreis optional und ebenerdig im Kofferraumboden versenkbar. Auch von der zweiten Sitzreihe aus ist die Sicht auf das Schauspiel draußen hervorragend. Dank einer, so Land Rover, um fünf Zentimeter erhöhten „Theaterbestuhlung“, die sich zudem um 16 Zentimeter nach hinten bewegen lässt. Zudem kommt eine Fülle moderner Assistenzsysteme zum Tragen: Ein neu entwickelter Notfall-Bremsassistent, ein Toter-Winkel-Warnsystem sowie Park-, Fernlicht- und Spurhalteassistenten. Die Verkehrsschilderkennung gerät allerdings bei diversen verschneiten Hinweistafeln an ihre Grenzen. Der erstmals im SUV-Segment realisierte Fußgängerairbag an der Basis der Windschutzscheibe setzt beim Thema Sicherheit ein Ausrufezeichen. Im Gelände profitiert der Discovery Sport von seiner Karosseriegeometrie mit 212 Millimeter Bodenfreiheit, von durchdachten Böschungs- und Rampenwinkel sowie von Terrain Response, der in den Allradversionen integrierten Steuerung aller wichtigen Fahrzeugsysteme. Das Wade Sensing sorgt für sichere Wasserdurchfahrten. Beim Queren von Bächen und Flüssen messen Sensoren in den Außenspiegeln die Wassertiefe und informieren über eine Anzeige im Cockpit. Hier im Inneren stehen zudem vier Zwölf-Volt-Anschlüsse sowie sechs USBLadebuchsen zur Verfügung. Weitere Features sind ein Head-up-Display und ein Infotainment-System mit AchtZoll-Touchscreen. Auf dem Weg von Reykjavik nach Þingvellir wechseln sich für gewöhnlich grünlich schimmerndes Moos, Graslandschaften und schroffe Lavafelder ab. Inzwischen aber ist alles vom Weiß des Winters übertüncht. Auch die Fellfarbe der Islandpferde ist mancherorts nicht zu definieren. Die Zäune der Weiden grenzen hier und da direkt an die Straße. Immer wieder stehen kleinere Herden dicht beieinander und trotzen auf stoische und beeindruckende Weise der Witterung. Als wir uns am Infozentrum des Nationalparks mit Instantkaffee und dem nationalen Fettgebäck Kleinur stärken, relativieren sich beim Zuhören meine vergleichsweise bescheidenen Erfahrungen bei der Nahrungsaufnahme in der Wildnis. „Wir nahmen in der Antarktis täglich 6.000 Kalorien zu uns. Um 1,3 Kilo Gefriergetrocknetes erleichterten wir damit jeden Tag die Schlitten. Unser Bedarf aber lag bei knapp 10.000 Kalorien.
Weltweit klarste Sicht: An guten Tagen sind 120 Meter möglich. raus-magazin zwei 2015
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Oben: Dezenter Schnochelmaskenabdruck: Ben Saunders beim Aufwärmvorgang Unten: Robuste Eigenschaften, auf und neben der verschneiten Schotterpiste
Hätten wir allerdings mehr Essen mitgenommen, wären wir mit den dann schwereren Schlitten noch langsamer unterwegs gewesen – und hätten noch mehr Essen benö-
„Schon mal als zentnerschweres Michelin-Männchen im Wasser versucht, nicht unterzugehen?“ Guide Siobhan
tigt. Nicht leicht, das auszubalancieren“, erinnert sich Ben. Zeitweise brachten extreme Kälte, strenge Winde und die Höhenlage des Hochplateaus die beiden in große Schwierigkeiten. Gegen Ende der Expedition seien die Essensreser-
Land Rover Discovery Sport
ven bedrohlich knapp geworden. „Wir waren durch halbe
Zur Markteinführung ist der Discovery Sport in drei Vierzylinder-Motorenvarianten
Essensrationen geschwächt und mussten stärker ums Über-
erhältlich – alle mit Stopp-Start-Technologie. Der 2-Liter-Benziner leistet 240 PS,
leben kämpfen, als ich es jemals erwartet hätte. Die letzten Wochen wurden wir beide immer mürrischer. Ich hatte da
Im Laufe des Jahres folgt zudem die sparsamere Variante eD4 mit einem kombinierten Verbrauch von 4,5 Liter auf 100 Kilometern sowie einer CO2-Emission von
nur noch zwei Dinge im Sinn. Endlich anzukommen. Und
119 Gramm pro Kilometer. Den Dieselmotor gibt es als Neun-Stufen-Automatik
das Vertilgen eines riesigen, fettigen Cheeseburgers in
oder als Sechsgang-Schaltgetriebe, den Benziner ausschließlich mit Automatik.
einem Restaurant von Punta Arenas im Süden Chiles.“
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der 2,2-Liter-Turbodiesel ist als TD4 mit 150 PS und als SD4 mit 190 PS erhältlich.
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Weitere Infos unter www.landrover.de und www.scottexpedition.com
Kalte Stirn, eiskalte Lippen. Den Rest schützt der Trockenanzug.
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ditionsteams von Scott“, sagt er. Ohne jegliche Kommunikationsmittel auf der Expedition vergehen Anfang des 20. Jahrhunderts Monate und Jahre, bis die Nachricht über die Umstände des Wettlaufs zum Südpol durch die Welt geht. Heute kann man selbst als Außenstehender quasi live dabei sein, wenn GPS-Daten vom Verlauf der Expedition auf dem heimischen Bildschirm erscheinen. Allerdings, so Ben, seien Teile seiner hochtechnisierte Ausrüstung für ihn selbst auch zu einer psychologischen Hürde geworden: „Wir hätten in einem Moment der geistigen Erschöpfung oder in einer gefühlt ernsten Lage jederzeit den Knopf drücken können, und man hätte uns umgehend da rausgeholt.“ Jetzt ist es meine Lage, die ernst wird. Oder viel mehr, eng. Ich zwinge mich im etwas zu knappen, wärmeisolierenden Ganzkörperstrampler steckend mit steifen Fingern durch die Öffnungen des Trockenanzuges. Neoprenhaube auf, Handschuhe an, los gehts. Ben watschelt da bereits pinguingleich übers mit blankem Eis überzogene Lavagestein Richtung Wasser. Wir ernten in diesem Moment hier im Þingvellir-Nationalpark die ungläubigen Blicke derer, die den Schwanz eingezogen haben. Es sind jene Inselbesucher, die sich im komfortablen Daunenmantel und mit dickem Schal für ein paar Minuten der Heizungsluft ihres Autos entziehen, um eben schnell ein Bild zu schießen. Ich fühle mich in meiner in diesen Breiten ungewöhnlichen Verpackung, als könnte ich Bäume ausreißen. Stehen nur nicht mehr viele auf der Insel. Die meisten sind den ambitionierten Schiffsbauprojekten der Wikinger zum Opfer gefallen. Stattdessen schlage ich mich auf der kleinen Stahltreppe mit dem richtigen Sitz meiner Eisfinger in den Neoprenhandschuhen herum. Und erlebe leichte Koordinationsprobleme mit meinen Flossen. Wenn unsere Beobachter wüssten, was es bedeutet, diesen Ort wirklich zu entdecken, anstatt Fragmente davon Rund ein Jahr nach seiner Rückkehr ist Ben, wie er sagt,
einfach nur schnell abzulichten?
„wieder hergestellt“. Auf zehn Jahre Planung, 13 Monate intensives Kraft- und Ausdauertraining sowie 15 Wochen
Nun, zunächst verpassen sie für eine Weile nicht allzu viel. Unser Schnor-
der körperlichen und geistigen Herausforderungen in der
chelguide Siobhan zerrt im Januarsturm nochmal an der einen oder anderen
Abgeschiedenheit der Antarktis folgte ein Jahr intensiver
Halsmanschette herum. Wasser sollte in einen Trockenanzug nicht unbedingt
Erholung. Und einige Rückblicke auf das Geschehene. „In
eindringen, meint sie. „Schon mal als zentnerschweres Michelin-Männchen
physiologischer Sicht war das ein Gang ins komplett Unge-
im Wasser versucht, nicht unterzugehen?“ Die Britin fordert uns auf, reihum
wisse. Niemals zuvor wurde unter diesen Umständen et-
in unsere Schnorchelmasken zu spucken. „Verhindert das Beschlagen. Und
was Derartiges unternommen. Genau das hat mich gereizt.
ihr könnt jetzt froh sein, dass nicht ich euch da reinrotze.“ Den Satz bringt
Und die 20 Kilo, die ich dabei verlor, habe ich inzwischen
sie doch immer an dieser Stelle, denke ich mir. Ein getrübtes Brillenglas
auch wieder kompensiert“, sagt Ben und drückt sich noch
allerdings wäre tatsächlich das Idiotischste, was man sich in der Silfra antun
einen Bissen Kleinur in den Mund.
könnte. Was von draußen wie ein schlichter Wassergraben aus Vulkangestein ausschaut, entpuppt sich wenige Augenblicke später als ein – so abgedro-
Mit den Gedanken an die eigene Herausforderung wach-
schen es klingen mag – wahrhaft magischer Ort. Das Wasser hier in der Ver-
se in ihm auch die Hochachtung vor Scotts Leistung,
werfungszone ist das klarste der Welt, sagen die Isländer. Sichtweiten von bis
meint der Brite. „Ich empfinde Ehrfurcht und Respekt für
zu 120 Metern sollen möglich sein. Dies verdanken Taucher und Schnorchler
Ausdauer, Tapferkeit und Durchhaltevermögen des Expe-
zum einen den stetig kalten Temperaturen von zwei bis vier Grad.
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Zum anderen einem natürlichen Filter im Untergrund. Bis zu hundert
Auf den ersten Blick ein banaler Wassergraben: die Silfra-Spalte am Nordende des Sees Þingvallavatn
Jahre lang sickern die Gletscherabflüsse des nahe gelegenen Langjökull durch die porösen Lavastrukturen, bis sie hier am nördlichen Ende des Sees Þingvallavatnaufsteigen und die Silfra-Spalte füllen. Der Trockenanzug gibt mehr Auftrieb als nötig, während ich gemächlich mit der leichten Strömung vorwärts paddele. Links und rechts ragen die Felswände der Spalte bis zu
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18 Meter in die Tiefe. Ruft man sich jetzt ein paar Fakten ins zunehmend
Zu beobachten sind die aktuellen Verschiebungen wahrlich
auskühlende Hirn, ist dies mehr als nur ein Schnorchelvergnügen im klarsten
nicht. Auch wenn die zwei Zentimeter, die hier eurasische
Trinkwasser. Denn hier in der Silfra kann man elementaren Entstehungspro-
und nordamerikanische Platte pro Jahr auseinanderdrif-
zessen der Erde auf eine so unglaublich simple und zugängliche Weise nah
ten, bei einem 30-minütigem Schnorchelgang eine wenig
sein, wie nirgendwo sonst auf der Welt. Das, was hier geschieht, ist Abbild
greifbare Zahl darstellen, reicht die Vorstellungskraft an
dessen, was in den großen Tiefen des Atlantiks auf rund 65.000 Kilometer
diesem Nachmittag aus, um sich mittendrin im Geschehen
Länge unseren Planeten prägt. Aufsteigendes Magma aus dem Erdmantel ist
zu fühlen. Meine Entdeckungsreise endet, als ich am Ende
dabei der Motor dieser Verschiebungen. Es bildet beim Austreten als Lava
der Silfra-Lagune den Kopf hebe und wieder in die Realität
den Mittelatlantischen Rücken, einen Gebirgszug auf dem Meeresboden. Is-
befördert werde. Unwirklich bricht goldgelbes Sonnenlicht
land liegt genau in dieser Zone. Die Driftbewegungen, gepaart mit den vulka-
durch die Wolkendecke. Ich stolpere am anderen Ende
nischen Aktivitäten, verändern dabei immer wieder das Erscheinungsbild der
der Spalte die Stufen hinauf. Und gebe damit nach Ansicht
Insel. Bei diesem Prozess entfernen sich Ost- und Westküste immer weiter
einer dick eingehüllten Hobbyfotografin die Zutaten für ein
voneinander. Island wird von diesem Ort aus „in die Länge gezogen“.
ideales Erinnerungsfoto. Gern geschehen.
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„Raus zu gehen und eine kleine Herausforderung anzunehmen, ist etwas Großartiges.“ Ben Saunders
diesmal neben mir. Die Schorchelmasken haben uns beiden einen skurrilen Abdruck ins Gesicht gepresst, der noch eine Weile Bestand haben wird. Das Erlebte bleibt ebenfalls haften. Für einige Momente der Ruhe und Besinnung zwischen den tektonischen Platten sind wir dem Schneesturm entgangen. Wir kommen nochmal auf seine 105 Tage in der Antarktis zu sprechen. „Ich hoffe, manche Aspekte meiner Südpolexpedition
Im Þingvellir kann man mit der Klarheit in der Luft plötz-
könnten eine Inspiration für Andere sein, um ein wenig
lich auch an Land weit blicken. Am Horizont zeichnen
von dem riesigen Potenzial zu greifen, das uns gege-
sich Felsformationen ab. Die Grabenbruchzone Islands ist
ben ist. „Raus zu gehen und eine kleine Herausforde-
umgeben von vier aktiven Vulkansystemen. Daneben wal-
rung anzunehmen, ist etwas Großartiges“, sagt er. Für
ten weitere Kräfte an diesem Ort. Er ist jahrhundertealtes
heute ist dies gelungen.
Symbol für das Bewusstsein der Isländer. Zu Zeiten nach der Landnahme und Besiedelung tagten hier am Nordufer des Þingvallavatn bereits seit dem Jahr 930 erste Versammlungen des isländischen Parlaments Alþing.
Links: Erwartungsvoll vorm Schnorchelgang: Ben Saunders mit Haube Rechts: Zu fast allen Jahreszeiten auf Island möglich: unbefahrbare Abschnitte
Als sich die Reifen wieder ihren Weg durch die Schneewehen bahnen, bin ich endgültig im Jetzt angekommen. Ben sitzt auf der Rückfahrt nach Reykjavik
Powdervergnügen auf der Landstraße
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RÜCKENWIND TEXT & FOTOS // ANDREAS HÜBL
36.412 KILOMETER PER RAD DURCH DIE WELT
Auf Islands Kjölur-Route: Hochlandquerungen, körperlich und geistig herausfordernd
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INSPIRIEREND FAHRRADREISE IN FASZINIERENDEN KULTURKREISEN
WER TRÄUMT NICHT DAVON, SEINEM ALLTAG AUF UNBESTIMMTE ZEIT LEBEWOHL ZU SAGEN UND AUF GROSSE FAHRT ZU GEHEN? FREMDE LÄNDER ZU BEREISEN, REGEN, WIND UND SONNE AUF DER HAUT ZU SPÜREN UND TIEF IN FREMDE KULTUREN EINZUTAUCHEN? AUS DEM HAMSTERRAD AUSZUBRECHEN, SICH FÜR EINIGE TAGE, WOCHEN ODER SOGAR JAHRE AUF EIN UNVERGESSLICHES ABENTEUER EINZULASSEN? DIE BEIDEN OBERÖSTERREICHER ANITA BURGHOLZER UND ANDREAS HÜBL ERFÜLLTEN SICH IHREN LANG GEHEGTEN LEBENSTRAUM. IHRE WEICHEN BÜROSESSEL TAUSCHTEN SIE FÜR 28 MONATE GEGEN ZWEI HARTE FAHRRADSÄTTEL. EINE INTENSIVE ZEIT AUF ZWEI REISERÄDERN, DIE SIE DURCH 35 LÄNDER UND DREI KONTINENTE FÜHRTE.
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„W
ie soll das bloß weitergehen, wenn wir jetzt schon aus dem letz-
ten Loch pfeifen!“, meint Anita mit langem Gesicht, als wir uns
komplett durchnässt auf das Bett unserer kleinen Privatpension in der niederösterreichischen Wachau fallen lassen. Der Tacho zeigt 110 Kilometer, mein rechtes Knie schmerzt und Anita liegt völlig erschöpft und mit Tränen in den Augen neben mir. „Und ihr wollt wirklich um die Welt radeln?“, merkt Anitas Papa neckisch an. Hans wird uns die ersten Tage bis zur tschechischen Grenze begleiten – wahrscheinlich, weil er auf Nummer si-
„Passt auf euch auf! Und falls ihr mal den Weg nicht
cher gehen möchte, dass wir auch tatsächlich aus Österreich rausfinden!
findet, meldet euch.“, scherzt Hans ironisch, bevor er
Neben dem ungemütlichen Nieselregen und zehn Grad Außentemperatur
sich mit einer letzten Umarmung von uns verabschiedet.
machte uns an unserem ersten Tag ein fieser Gegenwind und der unbän-
Auf nach Tschechien und Polen! Das Wetter entwickelt
dige Ehrgeiz unseres hochmotivierten „Guides“ zu schaffen. So hatten wir
sich leider zu unserem Nachteil – was sich nicht gerade
uns den Start unserer Reise wirklich nicht vorgestellt!
positiv auf unsere Laune auswirkt. Immer wieder kriegen wir uns wegen Kleinigkeiten in die Haare. Tja – 24 Stunden
Lange schon reden wir davon, träumen diesen gemeinsamen Traum einer
am Tag zusammen, sieben Tage die Woche, und das
längeren Auszeit. Ihn zu verwirklichen aber waren wir bisher einfach zu
über viele Monate hinweg. Das könnte eine ordentliche
feige – oder vielleicht auch zu bequem? Anfang Mai 2010 sollte es dann
Beziehungsprobe werden! Erfreulicherweise lässt sich
endlich auf UNSERE große Reise gehen. Die Jobs sind gekündigt, die traute
der Frühsommer bald nur noch gelegentlich durch dunk-
Wohnung aufgelöst, das alte Auto verkauft. „Raus aus der Tretmühle und
le Wolken, kühle Winde oder den einen oder anderen
rauf auf den Drahtesel“ lautet unser Motto. Starten wollen wir direkt vor
Schauer unterbrechen. Wir sind nach der anfänglichen
unserer Haustür im österreichischen Steyr. Es soll zunächst hoch nach
Regentaufe frisch motiviert. Unsere Körper gewöhnen
Nordost-Europa, quer durch Skandinavien und Island gehen. Von dort aus
sich langsam an die schweren Packesel. Die Knie verhal-
planen wir, irgendwie auf den amerikanischen Kontinent überzusetzen und
ten sich wieder halbwegs normal, der Sattel ist einge-
dann immer gen Süden zu radeln. Das grobe Ziel unserer Reise ist schlicht
ritten und die Gesäßknochen einigermaßen abgehärtet.
und einfach Südamerika. Alles andere darf sich entwickeln.
Nach zwei Monaten im Sattel setzen wir mit der Fähre von Estland nach Schweden über. Vorbei sind ab nun die Zeiten des täglichen Gute-Nacht-Biers und der üppig gefüllten Einkaufskörbe! Aufgrund unseres bescheidenen Fernradlerbudgets dürfen wir uns brav in Verzicht üben. Wir sind aber darauf vorbereitet, sehen darüber hinweg und freuen uns auf die atemberaubenden Naturlandschaften, die Mutter Erde hier gezaubert hat – und die noch die eine oder andere Lektion für uns parat hält.
24 Stunden am Tag zusammen, sieben Tage die Woche, und das über viele Monate hinweg. Das könnte eine ordentliche Beziehungsprobe werden!
Oben: Indien: Gruppenbild ohne Dame Unten: Nicaragua: Radlerfüße
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Kolumbien: Hindernis ordnungsgemäß abgesperrt
Buch, VortrAge und nAchstes Projekt Die Abenteuer von Anita und Andreas können bequem vom Sofa aus miterlebt werden. Ihr Buch „Rückenwind - mit dem Rad um die Welt" (ISBN 978-3-200-03297-2) geht bereits in die dritte Auflage und ist auf ihrer Homepage sowie im Buchhandel
„KLACK“, hören wir eines Morgens und schrecken beide wie aufgescheuchte Hühner aus unseren Schlafsäcken
erhältlich. Zudem touren die beiden mit ihrer zweifach prämierten, gleichnamigen Live-Reportage sehr erfolgreich durch Österreichs und Deutschlands Vortragssäle.
hoch. Eine der Zeltstangen ist gebrochen und bohrt sich
Wenn Anita und Andreas nicht gerade Vorträge halten oder mit ihren Mountainbikes
durch Gestängekanal und Zelt-Außenhaut. Mist, der
die österreichischen Alpen unsicher machen, planen sie fleißig an neuen Aben-
Panorama-Lagerplatz auf dem Hardangervidda, dem
teuern. Im Sommer 2015 werden die beiden erneut auf Tour gehen – auf einem
größten Hochplateau Europas, war doch nicht ganz so
solarbetriebenen PINO-E-Tandem von Hase Bikes geht es von Mailand nach Astana,
optimal wie vermutet! Der abends noch recht schwache Wind hat nachts gedreht und sich in einen Orkan verwandelt – und nun ist uns auch der eigentliche Sinn unserer
der Hauptstadt Kasachstans. 8.000 Kilometer Abenteuer im Zuge ihrer Teilnahme am „Sun Trip 2015“. Wer das neue Projekt unterstützen möchte, der findet auf ihrer Homepage ab Mitte März Infos zur Crowdfunding-Kampagne. Infos und Termine unter www.nandita.at
Zeltabspannleinen bewusst, denen wir bisher kaum Beachtung geschenkt haben. Uns bleibt nur die Flucht. Völlig durchnässt und durchfroren schwören wir uns weiter unten, dass wir in Zukunft bei der Auswahl unseres nächsten Lagerplatzes ein wenig mehr aufpassen werden.
Odyssee durch das sagenumwobene Land der Vulkane, Trolle und Elfen, als wir schließlich etwas müde und vom Gegenwind gezeichnet, Reykjavik
Weit draußen im Nordatlantik liegt unser nächstes Reise
erreichen. In unserer Statistik verbuchen wir 5.700 Kilometer und 109
ziel: Island. Wir entschließen uns für eine Kombination
Reisetage sowie zehn Länder, zwei Plattfüße, einen kaputten Mantel, je
aus nördlicher Ringstraße und Kjölur-Route, eine der
eine verschlissene Kette und von Sonne und Wind getoastete Gesichter.
schönsten Hochlandquerungen, die uns aber körperlich und geistig so richtig fordert. „Hart wars und unbeschreiblich schön!“, resümiert Anita unsere einmonatige
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„Warum fliegt ihr nach der traumhaften Natur in Nord europa ausgerechnet nach Las Vegas?“ Nicht nur einmal werden wir nach unserem Kontinentwechsel mit dieser durchaus berechtigten Frage konfrontiert. Die Antwort ist relativ simpel. Es war schlicht und einfach der billigste Flug von Island auf den amerikanischen Kontinent, für Alaska oder Kanada ist es schon zu kalt, und wir wollen ja schließlich immer noch nach Südamerika! Drei Tage
Die Baja California, unser nächster Etappenabschnitt, liegt im Nordwesten
„Disneyland für Erwachsene“ sind genug. Es treibt uns
Mexikos. Diese langgestreckte, trockene Halbinsel ist etwa so groß wie
hinaus in die weiten Wüsten und Canyons des Südwe-
Italien. Wir folgen der MEX1, die sich wie eine Schlage durch die gebirgige,
stens der USA, wo wir am eigenen Leibe erfahren, dass
kakteengesäumte Halbwüste windet und einen Monat lang unseren Rad
es hier in der knochentrockenen Wüste alles andere als
alltag bestimmt. Einsam, wild und „bien tranquilo“ – schön ruhig – wie die
selbstverständlich ist, zwischen plätschernden Wasser-
Einheimischen zu sagen pflegen, ist die Baja. „Mexiko Light“ könnte man
fontänen und blinkender Neonreklame in vollklimati-
fast meinen. Trotzdem freuen wir uns drauf, auf dem Festland ein wenig tie-
sierten Hotelburgen zu sitzen und eisgekühltes Bier zu
fer in die mexikanische Kultur einzutauchen. Über Mazatlan geht es rauf ins
schlürfen. Wir erkunden die großartigen Nationalparks
mexikanische Hochland mit seinen alten Kolonialstädten und einzigartigen
Death Valley, Zion, Bryce und Grand Canyon, radeln nach
Landschaften. Wie schon vermutet, fühlt sich das „Festland-Mexiko“ ganz
Kalifornien in den Joshua-Tree-Nationalpark und machen
anders an als die Baja. Bunt, laut, in den Straßen wuselt es, alles pulsiert.
uns dann endgültig auf den Weg in den Süden. Drei Monate lang geht es nun durch Zentralamerika und wir kommen we-
Schneebedeckte, aktive Vulkane, dampfender Amazonas-Regenwald, kahler, windgepeitschter Páramo, bunte IndígenaKultur und wilde Feste.
gen des vorherrschenden tropisch-heißen Klimas ordentlich ins Schwitzen. Panama ist schließlich das letzte Land, welches uns vom südamerikanischen Kontinent trennt. Die Panamericana, jenes Straßennetz, welches Alaska mit Feuerland verbindet, weist hier eine etwa hundertzehn Kilometer lange, undurchdringliche Lücke zwischen Panama und Kolumbien auf. Und so entschließen wir uns dazu, für diese Passage auf einem Segelschiff anzuheuern. „Süüüüdamerika – endlich!“, frohlockt Anita, als wir nach sechseinhalb Tagen mühsamer Überfahrt müde aber glücklich in Cartagena, Kolumbien, von
„You wanna go to Mexico? Be careful! It’s terrible down
Bord der „SV Frederika“ gehen. Seit geraumer Zeit hat die hiesige Regierung
there! They will kill you!“ Aufpassen sollen wir, weil es so
die wichtigsten Landesteile soweit im Griff, dass man sich wieder ohne grö-
schrecklich dort unten ist. Umbringen werden sie uns!
beres Risiko auf den Hauptverbindungen bewegen kann. Und das macht uns
Die von den Medien und Politikern der USA gepushte
sehr glücklich, denn Kolumbiens Landschaft ist atemberaubend, die Men-
Angstmache vor den bösen Nachbarn ist so groß, dass
schen offenherzig, gesprächig und voller Begeisterung! Als Draufgabe ist
wir den neugierigen Amerikanern irgendwann nicht mehr
das Radfahren in Kolumbien eine Art Volkssport. Die gut ausgebauten Stra-
erzählen, wohin wir unterwegs sind. Für viele ist es nicht
ßen werden gern zum Training genutzt, und so haben wir nicht nur einmal
nachvollziehbar, warum man freiwillig den „Goldenen
neugierige Begleiter, die sich über eine heitere „Verschnaufpause“ freuen.
Käfig“ verlässt. Voller Vorfreude, aber auch etwas nervös, rollen wir bald durch die hügeligen, bunten Gassen der
Ecuador. Selten präsentiert sich uns ein Land so abwechslungsreich und
kleinen Grenzstadt Tecate. „Wir gehen jetzt in Phase
bunt: schneebedeckte, aktive Vulkane, dampfender Amazonas-Regenwald,
drei über!“, sage ich zu Anita. „Was meinst du mit Phase
kahler, windgepeitschter Páramo, bunte Indígena-Kultur und wilde Feste.
drei?“ „Naja, Phase eins war die Abnabelung von unse-
Ecuador ist wunderschön, aber hart. Zumindest radfahrtechnisch, denn
rem alten Leben. Phase zwei die Wiederentdeckung der
die Anstiege sind außergewöhnlich steil. Die Straßenplaner werden hier
Freiheit, und nun geht es in die dritte Phase: Das Aben-
anscheinend dafür bezahlt, die direkteste Route von A nach B zu reali-
teuer kann beginnen.“
sieren, ohne dabei auf die Topografie des Landes Rücksicht zu nehmen, die einem zerknüllten Blatt Papier gleicht. Stark rußende LKWs und Busse machen die Sache nicht angenehmer, denn die rechts montierten Auspuffrohre pumpen einem die ekeligen Abgase direkt in die Lungen. Dank un-
Im Uhrzeigersinn: Die USA und ihre Ratschläge: „You wanna go to Mexico? Be careful! They will kill you!“ | Nepal: Kids in Porträtlaune | Ecuador: schneebedeckte, aktive Vulkane, dampfender Amazonas-Regenwald, Matsch | San-Blas-Inseln, Panama: Selfie vor dem Übersetzen nach Südamerika | Nepal: Kopfüber zum Schafott
serer recht passablen Straßenkarte können wir immer wieder auf einsame Nebenstraßen ausweichen, die uns tiefe Einblicke in die vielseitige Kultur der indigenen Bevölkerung gewähren.
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Kraft, um die furiose Sturmkulisse zu übertönen. Schon am ersten Tag zeigt uns die Lagunenroute ihre Zähne. „Congratulations – you have just arrived!“ – Gratulation, ihr seid gerade an-
Mitten am Salar de Uyuni, der größten Salzfläche der
gekommen“. Ein weißhaariger, amerikanischer Professor mit langem Vollbart
Erde, zwingt uns ein Orkan in die Knie. Mit einer Kombi-
stimmt uns mit diesen motivierenden Worten auf unser nächstes Reiseland
zange als Hammer und einem rostigen Sechs-Zoll-Nagel
ein. Ganze drei Monate folgen wir dem Anden-Hauptkamm durch Peru,
kann ich schließlich Löcher ins Salz treiben und das Zelt
wobei uns gerade hier die Dimensionen der Anden erst so richtig bewusst
fixieren. Dass ich mir dabei meine Fingerkuppen blutig
werden. Hart sind die Etappen, meist auf schlechten, staubigen Schotterpi-
schlage, ist mir angesichts der abgefahrenen Kulisse
sten. Die Anstiege ewig lang, aber um einiges flacher als in Ecuador. In un-
völlig egal. Das Zelt steht perfekt im Wind und rührt sich
zähligen Serpentinen windet sich die Piste wie eine uralte Schlange immer
kaum. Erleichtert blicken wir aus der windabgewandten
höher in den Himmel und gleitet danach gemächlich ins Tal. Von 4.000 Meter
Apside hinaus auf eine magische Bilderbuchlandschaft,
runter auf 1.000, dann wieder hoch auf 3.800, runter auf 2.000 wieder hoch
die im warmen Licht der Dämmerung erstrahlt. Einen
auf 4.200 Meter – eine harte Bewährungsprobe für unsere Schenkel!
surrealeren Zeltplatz gibt es wohl kaum auf dieser Welt!
Ende September 2011 überqueren wir die Grenze nach Bolivien. Im Süden erwartet uns eine raue, unwirtliche Gegend mit unbarmherzigen Winden und Einsamkeit pur: die Lagunenroute. Sie führt zwischen 4.000 und 5.000 Meter durch die aufregendsten und spektakulärsten Landschaften der Anden. Zwei Wochen lang der unberechenbaren Natur völlig ausgeliefert, Nachttemperaturen bis minus 20 Grad, die Pisten teilweise unfahrbar. „Die Haken lassen sich nicht ins Salz schlagen.“, brülle ich aus voller
Mit einem roten Punkt auf der Stirn und zwei Armreifen steht mir meine „Braut“ sprachlos gegenüber und kann es genauso wenig glauben wie ich.
Nepal: Lumbini, Geburtsort Siddhartha Gautamas, Begründer des Buddhismus
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inspirierend Oben: Ecuador: Meerschweinchen-BBQ Unten: Nepal: Wasserbüffel statt Wakeboard
Im Regenschatten des Gebirges erwartet uns die endlose Pampa Süd patagoniens und Feuerlands, die uns die letzten paar hundert Kilometer bis nach Ushuaia begleiten wird. Einsam und rau ist die Region, oft geht es nur mühsam voran. Ständig das monotone Rauschen des patagonischen Windes in den Ohren, gegen den wir permanent ankämpfen. Als wir schließlich das Ortsschild „Ushuaia“ erreichen, können wir es kaum glauben: 21 Monate und 27.500 Kilometer im Sattel und jetzt sind wir endlich hier! Und was ist mit unserem Reisefieber? Tja, das ist noch nicht ganz gestillt. Ein halbes Jahr wollen wir uns noch Zeit nehmen, um vom indischen Subkontinent nach Hause zu radeln. Knapp zwei Monate davon verbringen wir in Indien, welches uns nicht unbedingt von der radfahrtechnischen Seite fordert, sondern vielmehr von der kulturellen. „Nach hinduistischer Tradition seid ihr jetzt Mann und Frau“, verkündet der Priester lautstark, nachdem er Nach 13 harten, aber unvergesslichen Tagen im einsa-
uns vor versammelter Runde seinen Segen gegeben hat. Mit einem roten
men Hochland Boliviens küssen wir im wahrsten Sinne
Punkt auf der Stirn und zwei Armreifen steht mir meine „Braut“ sprachlos
des Wortes den Asphalt unter unseren Füßen. „Yuuuuuu-
gegenüber und kann es genauso wenig glauben wie ich. In der kleinen
haaaaa! Das ist ja wie fliegen“, frohlockt Anita. Fast 40 Ki-
Pilgerortschaft Bateshwar werden wir doch tatsächlich ohne unsere Einwil-
lometer lang ist der Downhill nach San Pedro de Atacama,
ligung zwangsvermählt! Vor seinem Shiva-Tempel hat uns der nette Priester
Chile, noch dazu auf feinstem Asphalt. Nach ein paar
aufgelesen und ohne Vorankündigung mit dem Vermählungsritual begon-
Erholungstagen begeben wir uns über den 4.700 Meter
nen. Also so was kann einem auch nur hier passieren. „Incredible India!“
hohen Paso Jama nach Salta, Argentinien. Von hier aus radeln wir nun immer östlich des Anden-Hauptkammes, auf angenehmen Höhen von etwa 1.200 Meter. Die legendäre Ruta Quarenta bringt uns weit hinunter in den Süden. Bald wechseln wir wieder auf die Westseite der mittlerweile relativ niedrigen Anden und gelangen so-
Statistik Zurückgelegte Distanz 36.412 Kilometer
mit nach Chilenisch-Patagonien, an die Carretera Austral.
Reisedauer 844 Tage (2 Jahre und 4 Monate)
Diese wilde und abgeschiedene Schotterstraße zieht
Gefahrene Höhenmeter (bergauf) 262.153
sich auf einer Länge von circa 1.300 Kilometer bis an den
Zeit im Sattel 2.545 Stunden
Rand des patagonischen Inlandeises. Eine regenreiche Gegend, die durch üppigen Kaltregenwald führt, vorbei an
Durchschnittsgeschwindigkeit 14,3 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit 100,6 Stundenkilometer (Andi in Bolivien) Längster Tag 8 Stunden und 50 Minuten reine Fahrzeit,
schneebedeckten Bergen, türkisfarbenen Flüssen sowie
145,5 Kilometer (in Argentinien)
leuchtenden, zum Greifen nahen Gletschern.
Höhenmeter-Rekord 2.088 (in Nordperu) Kälteste Zeltnacht minus 7 Grad im Zelt um 6 Uhr morgens (in Südwest-Bolivien)
„This is the end of the road as we know it“ – „Das ist das Ende der Straße, wie wir sie kennen“, singen wir in Anlehnung an einen REM-Kulthit aus den Achtzigern laut vor
Höchste eradelte Höhe 4.926 Meter (in Südwest-Bolivien) Höchster Zeltplatz 4.820 Meter (in Südwest-Bolivien) Pedalumdrehungen/Person 10.689.000 Verbrannte Kalorien/Person 2.616.400
uns hin, als wir gut durchgeschüttelt das Ortsschild von
Vergossener Schweiß/Person ca. 2.500 Liter (entspricht in etwa
Villa O’Higgins erreichen. Einige Kilometer weiter endet
16 Badewannen bzw. 210 Kisten Bier)
die holprige Piste am milchig-trüben Lago O´Higgins, wo
Wildeste Toilette ein völlig zugekackter Rohbau auf 4.850 Meter am
uns ein ausgewaschener Eselspfad schließlich wieder
Sol de Mañana, dem höchsten Geysirfeld der Welt
rüber auf die Ostseite der Anden bringt.
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inspirierend
Dank unserer recht passablen Straßenkarte können wir immer wieder auf einsame Nebenstraßen ausweichen, die uns tiefe Einblicke in die vielseitige Kultur der indigenen Bevölkerung gewähren.
Peru: schlechte, staubige Schotterpisten, ewig lange Anstiege, unzählige Serpentinen
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inspirierend
Reykjavik Belgrad Neu Dheli
Las Vegas
Ushuaia
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inspirierend
Ende April 2012 erreichen wir staubig, aber glücklich Indiens Hauptstadt Neu-Delhi. Dort entschließen wir uns, Pakistan aus Sicherheitsgründen auszulassen. Wir steigen ein letztes Mal in den Flieger und treten vom Iran aus im wahrsten Sinne des Wortes die Heimreise an. Mit jedem Meter nähern wir uns nun mehr und mehr der Heimat, und mit dem Grenzübertritt in die Türkei wird uns so richtig klar, dass die Reise bald zu Ende sein wird. Waren Indien und der Iran doch noch ferne, fremde Länder, fühlt sich die Türkei – zumindest in unseren Köpfen – schon viel vertrauter, ja fast heimatlich an. Einen guten Monat benötigen wir zur Durchquerung des
Die von den Medien und Politikern der USA gepushte Angstmache vor den bösen Nachbarn ist so groß, dass wir den neugierigen Amerikanern irgendwann nicht mehr erzählen, wohin wir unterwegs sind.
Landes, welches uns mit seiner archaischen Landschaft und den offenherzigen Menschen fasziniert. Aufgeputscht vom vielen Schwarztee, den man
Rechtzeitig vor der österreichischen Grenze bekommen
uns bei jeder Gelegenheit anbietet, treibt es uns nun wahrlich Richtung
wir dann Verstärkung: Mein Bruder und Anitas Vater beglei-
Westen. Getreu unserem Motto haben wir sprichwörtlich Rückenwind.
ten uns von Belgrad bis ins burgenländische Podersdorf!
Entlang der Schwarzmeerküste geht es nun hoch bis ans Donaudelta. Tja
Irgendwie kommt uns das Ganze bekannt vor. Hans will
und der Rest der Reise ist quasi ein Kinderspiel – denn jetzt müssen wir
diesmal wahrscheinlich auf Nummer sicher gehen, dass
nur noch der Donau stromaufwärts folgen.
wir auch wieder heimfinden! Exakt an der slowakischösterreichischen Grenze springt dann auch noch unser Tacho auf die 36.000-Kilometer-Marke! Aufgeregt bauen wir die Vorderräder aus und basteln die Nummer 36.000 auf den Boden. Wir machen lustige Fotos und tanzen um die „magische“ Zahl. Die letzten Tage radeln wir wieder allein weiter und jetzt geht es Schlag auf Schlag, langsam aber sicher schließt sich der Kreis.
Oben: Patagonien: Fitz-Roy-Massiv Links: Indien: Vermählungsritual ohne Vorankündigung Rechts: Chilenisch-Patagonien: Lichtblick an der Carretera Austral
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inspirierend
Wir frühstücken an unserer lieb gewonnenen Donau und satteln ein allerletztes Mal unsere Gäule. Wollt ihr noch weit fahren heute?“, fragt mich ein Bauer. „Nein, nur bis nach Steyr“, antworte ich. „Au weh, das ist aber schon ein schönes Stück! Hoffentlich kriegt euch der Regen nicht.“ Ein „normaler“ Tag, nur mit etwas mehr Aufregung im Bauch. Nervös gehts in die Zielgerade und plötzlich stehen sie alle vor uns! Unsere Familien und alle Freunde sind da, um uns willkommen zu heißen. Wir lachen und weinen gleichzeitig und können es immer noch nicht fassen. Wir sind zu Hause! Es war eine Zeit voller Herausforderungen und Begegnungen … Mit uns selbst, einer zugleich rauen und faszinierenden Natur und Menschen, die wir ewig in unseren Herzen tragen werden. Intensiv ist wohl das beste Wort, das nur annähernd beschreiben kann, was wir erleben durften. So anstrengend und mühsam manche Tage waren, möchten wir nicht einen davon missen. Diese Reise ist wahrlich das größte Geschenk, das wir uns selbst machen konnten.
Panama: Zuckerspiegel korrigieren
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WOOLPOWER / TATONKA DANIEL Weste // Vest 400 // 109,90 Euro Shirt // Crewneck Lite Art // 89,90 Euro Hose // Corona Climbing Pant (Firma: The North Face) // 130 Euro Schuhe // Marshall Low (Firma: Keen) // 99,95 Euro Rucksack // Vari 25 (Firma: Tatonka) // 110 Euro
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MOUNTAIN HARDWARE / JULBO Daniel Jacke // Quasar Lite Jacket // 230 Euro Shirt // Floating MTN Short Sleeve // 30 Euro Hose // Chockstone Midweight Active Pant // 60 Euro Brille // Blast (Firma: Julbo) // 84,95 Euro Mia Jacke // Quasar Lite Jacket // 230 Euro Shirt // Mighty Activa Tank // 45 Euro Brille // Whoops (Firma: Julbo) // 59,95 Euro
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vision채r
SHERPAWOMEN CHANCENGLEICHHEIT IM NEPALESISCHEN HIMALAYA
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VISIONÄR UNTERSTÜTZUNG FÜR WEIBLICHE MOUNTAIN GUIDES
TEXT // BENJAMIN HELLWIG FOTOS // ULYSSE LEFEBVRE
DIE WELT DER SHERPA IST EINE MÄNNERDOMÄNE. INITIATIVEN WIE EMPOWERING WOMEN OF NEPAL UND SHERPA WOMEN BRINGEN FRISCHEN WIND IN DIE SICHTWEISEN IM NEPALESISCHEN HIMALAYA. UND RÄUMEN STÜCK FÜR STÜCK MIT DEM SCHUBLADENDENKEN AUF.
Heute ist es der Trekkingtourismus, der für viele Sherpas eine wichtige Einnahmequelle darstellt. Sie arbeiten als Träger zwischen den
„W
Höhenlagern der Berge des Himalayas, als Bergführer und Expeditionsorganisatoren, Sirdar genannt, oder als Köche. Und die Bedeutung des e knocked the bastard off!“ Sir Edmund Hillary
Wirtschaftszweigs nimmt mit der wachsenden Zahl an Expeditionen zu.
entgegnet dem ersten Menschen, dem sie beim
Ihre Bekanntheit fußt auf ihrer freundlichen und hilfsbereiten Art. Aber
Abstieg begegnen, in feinstem Kiwi-Slang Triumphales.
auch mit ihrer zähen Ausdauer und Unempfindlichkeit gegenüber großen
Es ist Expeditionsmitglied George Lowe, ebenfalls Neu-
Höhen haben sie sich einen Namen gemacht. Die Stammesbezeichnung
seeländer, der früh die Freude über die Erstbesteigung
ist zum Inbegriff ihrer beruflichen Tätigkeit geworden. Dabei geht meist
des höchsten Gipfels der Erde teilen darf. Stunden zuvor
unter, dass viele im Trekkingtourismus arbeitende Menschen im Himalaya
stehen Hillary und Sherpa Tensing Norgay auf 8.848 Me-
anderen ethnischen Volksgruppen, wie beispielsweise Bhotia, Gurung,
tern. Und schütteln sich formell die Hände. „Überwältigt
Magar, Rai und Tamang, angehören.
schlung Tensing dann seinen Arm um meine Schultern. Wir klopften uns gegenseitig auf den Rücken und tausch-
Frauen spielen in der traditionellen nepalesischen Gesellschaft Jahrhun-
ten so unsere Glückwünsche aus“, beschreibt Hillary den
derte lang eine untergeordnete Rolle. Die Gründe sind vielschichtig und
historischen Moment.
reichen von einem fehlenden Bewusstsein bis hin zu tief verwurzelten Traditionen, die schwer zu durchbrechen sind. Vielfach ist es das vorbe-
Auch wenn Sherpas bereits frühere Gipfelversuche am
stimmte Schicksal der Frauen, zu heiraten, Kinder zu bekommen, und sich
Mount Everest unterstützen: Das „We“ ist spätestens seit
um Haus und Hof zu kümmern. Chancengleichheit ist ein Gut, das man
diesem epochalen Moment Kennzeichen der meisten
sich hart erkämpfen muss. Und die Zahl junger Frauen, die sich als Last-
Expeditionen in dieser Region des „Dachs der Welt“. Das
trägerinnen oder Bergführerinnen engagieren möchten, wächst. Es ist ein
Miteinander von Sherpa und Bergsteiger mag nicht immer
historischer wie ebenso tragischer Tag am Everest, der diesem Wandel
von ähnlicher Herzlichkeit geprägt sein wie im Mai 1953.
seither Futter verleiht. Als Pasang Lhamu am 22. April 1993 den höchsten
Kein Volk des Himalayas aber sehen wir so eng verknüpft
Punkt der Erde erklimmt, ist sie die erste nepalesische Frau, der dies
mit der Eroberung der höchsten Gipfel der Erde wie das
gelingt. In ihrem vierten Versuch seit 1990 schreibt sie damit Bergsteiger-
der Bergbewohner. Sie sind der bekannteste Teil der ne-
geschichte. Als beim Abstieg das Wetter umschlägt, verliert die 31-Jährige
palesischen Bevölkerung, obwohl sie nur ein Bruchstück
den Kampf und verstirbt am Südgipfel. Pasang Lhamus Leistung aber
ausmachen. Die Bedeutung des Namens, „Menschen aus
inspiriert eine ganze Generation. Die Nepalesin wird zur Nationalheldin,
dem Osten“, bezieht sich auf die Herkunft einer tibeto-
der nepalesische König ehrt sie mit der höchsten Auszeichnung des Lan-
mongolischen Volksgruppe, die vor rund 500 Jahren das
des, dem „Nepali Star“. Eine lebensgroße Statue erinnert an die Sherpani,
Everest-Gebiet in Nepal besiedelte. Sie kultivierten Gerste
die königliche Post widmet ihr eine Sondermarke. Ein 7.135 Meter hoher
und Kartoffeln, arbeiteten als Viehzüchter sowie Händler
Gipfel trägt ihren Namen. Ihr Leben und ihr Tod werfen neues Licht auf die
und prägten somit die Region über Jahrhunderte.
Stellung von Frauen in der nepalesischen Gesellschaft.
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visionär
Im Annapurna-Himal-Gebirgsmassiv
Der Wunsch vieler Frauen, ein Stück vom Kuchen des aufstrebenden Tourismusgeschäfts abzubekommen, erhält durch einige Projekte Unterstützung. Während eines Besuches in Nepal im Jahr 2011 knüpfen Mitarbeiter des Südtiroler Outdoorunternehmens Salewa Kontakte zur lokalen Nichtregierungsorganisation Empowering Women of Nepal. Die in Pokhara, etwa
Die Stammesbezeichnung ist zum Inbegriff ihrer beruflichen Tätigkeit geworden.
200 Kilometer westlich von Kathmandu, sitzende Institution hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebenssituationen nepalesischer Frauen zu verbessern. Sie wurde von den drei nepalesischen Schwestern Lucky, Dicky und Nicky Chhetri gegründet. Die Pionierinnen in Sachen weiblicher Expeditionshelfer
Kaste, Konstitution oder Bildung möglich ist, im Himalaya
unterstützen seit 1994 auch mit ihrer Trekkingagentur 3 Sisters Adventure
zu klettern und zu wandern. Und dass sie im Bergstei-
die Rolle von nepalesischen Frauen in diesem Sektor.
gertourismus eine aktive Rolle einnehmen können“, sagt Paulo. In erster Linie nehmen Frauen in West-Nepal an
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Aus dieser ersten Begegnung erwächst das gemeinsame Hilfsprojekt
dem Projekt teil. Sie entstammen hauptsächlich nicht der
Sherpa Women. Der Name hat symbolischen Charakter. Auch wenn sich
kleinen ethnischen Gruppe der zum größten Teil im Osten
der Begriff als Synonym für Träger und Führer auf Trekkingtouren und
des Landes ansässigen Sherpa. Ziel ist es, Frauen in Ne-
Expeditionen etabliert hat: „Das Sherpa-Women-Projekt ist offen für alle
pal zu inspirieren ihren eigenen Weg zu gehen. Gemein-
nepalesischen Frauen.“ Paulo Grobel ist Bergführer und Nepal-Spezialist.
sam mit einem Netzwerk aus internationalen und lokalen
Der Franzose leitet das Projekt von Beginn an. „Sherpa Women will auf
Partnern will das Bozener Unternehmen Standards für
zeigen, dass es nepalesischen Frauen unabhängig von ethnischer Gruppe,
die Ausbildung weiblicher Bergführer setzen.
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visionär
„Aus dem Umfeld der Frauen kommen überraschte, interessierte und erstaunte Reaktionen.“ Paulo Grobel
Im November 2014 startet die nächste Etappe von Sherpa Women. Neben einigen nepalesischen Teilnehmerinnen sind auch sechs europäische Frauen dabei. Im Rahmen eines Patenschaftsprogramms veranstaltet das Projekt eine dreiwöchige Trekkingtour in Nepal. Ziel ist das Annapurna Sanctuary auf 4.200 Meter im Annapurna-HimalGebirgsmassiv. Das Finale bildet die Besteigung des Tharpu Chuli auf 5.600 Meter im alpinen Stil. Die Südtirolerin und Salewa-Mitarbeiterin Emy Leitner ist eine der Teilnehmerinnen dieses kulturellen Austausches: „Drei der nepalesischen Teilnehmerinnen sind bereits eigenständig und arbeiten während der Saison als Trekking- oder Raftingguides. Sie ver-
Im Mai 2012 leitet Empowering Women of Nepal eine
dienen somit schon einen fixen Unterhalt und haben es geschafft, ihre
Trainingseinheit. Der Start in das Projekts vermittelt erste
Leidenschaft zum Beruf zu machen. Wenn sie nicht gerade unterwegs
Grundlagen. Salewa-Mitarbeiter Christoph Pircher ist
sind, leben sie mit ihren Familien. Die jüngeren Teilnehmerinnen haben
beim Auftakt in Jumla dabei: „Das Trekkingguide-Training
gerade die Schule beendet. Ihr Wunsch ist es, Trekkingguide zu werden.
hilft den Frauen, Selbstvertrauen zu entwickeln, und gibt
Die Frauen sind starke Persönlichkeiten – jede auf ihre eigene Art. Werte
ihnen die Möglichkeit, ihren Lebensstandard aus eigener
wie Nächstenliebe, Unterstützung aber auch Spaß und positives Lachen
Kraft zu verbessern. Damit ändert sich häufig nicht nur
vereinten unsere Gruppe vor Ort.“
die Situation der Frauen selbst, sondern auch die der ganzen Familie.“ Paulo ergänzt mit seinen Beobachtungen: „Aus dem Umfeld der Frauen kommen überraschte, interessierte und erstaunte Reaktionen. Es ist eine große Chance für die Teilnehmerinnen, einen Beruf auszuüben und Geld nach Hause zu bringen. Nur ein Beispiel: Als Durga von der Leitung einer ausländischen Reisegruppe in ihren Heimatort im Westen Nepals zurückkehrte, spürte sie die Verwunderung und den Stolz der Dorfgemeinschaft. Sie hat sich dort inzwischen ein soziales und wirtschaftliches Ansehen erarbeitet.“ Im Dezember 2013 geht das Projekt in die nächste Runde. Projektleiter und Bergführer Paulo führt neun nepalesische Frauen in die Phu-Gegend. Das ambitionierte Ziel, den noch unerreichten Gipfel des 6.404 Meter hohen Nemju zu erreichen, scheitert aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen. „Eisige Temperaturen und heftige Winde haben uns gezwungen, die Besteigung des Nemju aufzugeben. Doch es war eine wichtige Etappe, die uns geholfen hat, die nötige Erfahrung für die Weiterentwicklung des Projektes zu gewinnen. Die Initiative ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die Anerkennung des weiblichen Alpinismus voranzutreiben und mehr weibliche Trainer und Führer hervorzubringen“, sagt Paulo.
Oben: Im Bergsteigertourismus eine Rolle einnehmen: auf der Trekkingtour zum Annapurna Sanctuary Unten: Das Team von 2014 mit Bergführer und Nepal-Spezialist Paulo Grobel (vorn, Mitte)
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visionär
Von oben nach unten: Mehr Glück als 2013: perfekte Bedingungen am Tharpu Chuli | Unterstützung willkommen: nepalesische Teilnehmerin in der PuhGegend | Anerkennung in der nepalesischen Gesellschaft: „Überraschte, interessierte und erstaunte Reaktionen“
Das nächste Ziel von Sherpa Women sei es, das Engagement zu „formalisieren“. „Mit unseren Trekking- und Klettertrainings bieten wir den nepalesischen Frauen eine Ausbildung. Diese gilt es nun in Absprache und Zusammenarbeit mit Institutionen wie der Nepalese Mountaineering Association zu zertifizieren, damit die Frauen auch etwas in Händen halten, auf das sie weiter aufbauen können. Dazu bedarf es vor allem eines starken Netzwerkes vor Ort, das wir sukzessive aufbauen. Eine Schlüsselfigur dabei ist Paulo. Er verfügt über wichtige lokale Kenntnisse und vor allem Kontakte. Auch möchten wir den eingeschlagenen Weg des kulturellen Austausches beibehalten und weiterhin europäische und nepalesische Frauen zusammenbringen, um so eine richtige Bewegung für die Sherpa Women in Gang zu setzen“, sagt Emy.
„Mit unseren Trekkingund Klettertrainings bieten wir den nepalesischen Frauen eine Ausbildung.“ Emy Leitner
Das Miteinander von nepalesischen Guides und Abenteurern aus der restlichen Welt erhält durch die Bemühungen um Chancengleichheit für Frauen frischen Wind. Auch wenn es nur ein Tropfen in einem riesigen Ozean ist: Initiativen wie Empowering Women of Nepal oder Sherpa Women zeigen Menschen vor Ort, dass die Berge des Himalaya nicht nur Männern vorbehalten sind. „Es ist eine große Herausforderung für nepalesische Frauen, einen Platz in der Gemeinschaft der Bergsteiger zu erlangen. Sie sind auf die Hilfe von Frauen aus der westlichen Welt angewiesen. Dann sehe ich zukünftig ein überlebensfähiges Projekt, das Sinn hat– auf soziale, wirtschaftliche und sportliche Weise“, sagt Paulo. Und unterstreicht damit die Worte von Sir Edmund Hillarys Sohn Peter: „Es ist etwas Erstarkendes, wenn Frauen sich dazu entscheiden, Berge zu besteigen um diese erleuchtenden und aufrichtenden Erfahrungen zu machen. Schrittweise geht es voran.“
weitere infos Salewa unterstützt die Initiative mit einem Euro pro verkauftem Stück einer definierten Auswahl seiner Kollektion. Weitere Infos hierzu unter www.salewa.de
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1.
Das Motto des letzten Fotocontests: „Entdeckungsreise gegen den inneren Schweinehund“. Das Gewinnerbild kommt von Constantin Uhlig: „Im frühen Sommer fuhren wir nach Nordwestjütland oberhalb des Limfjordes. In der ersten Nacht weckten mich zwischen drei und vier Uhr früh Tiergeräusche, die ich erst im Verlauf des dann beginnenden Sonnenaufgangs als Hirschrufe identifizieren konnte. Auch wenn ich noch sehr müde war und die Temperaturen wenig sommerlich, machte ich mich trotzdem zu Fuß auf in Richtung Nordsee. Ich wollte die Morgenstimmung erleben. Was ich dann nach wenigen Metern sah, war wie ein Gemälde: Der Nebel hüllte die Dünen ein und zeichnete sie schemenhaft und pastellfarben gegen die aufsteigende Sonne. Nur die Rufe der Vögel waren ab und an zu hören. Ein unglaublich schöner Moment.“ Herzlichen Glückwunsch, Constantin!
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Als sie die riesige Düne ins Blickfeld bekommen, liegt ihr Katamaran schnell vor Anker. An seinem Ostende ragt der riesige Sandberg weit über das Ozeanwasser hinaus und schafft ideale ParaglidingBedingungen. Im Schlauchboot kämpfen sie sich durch die starke Brandung, stiefeln die Düne hinauf und heben ab. Fotografin Jody erlebt aus der Vogelperspektive, was es heißt, wenn Begeisterung über den Augenblick und Perfektion bei ihrer Arbeit im Einklang sind. Ihre Aufnahme von Athlet Gavin McClurg landet unter den Finalisten der Kategorie Illumination beim Red Bull Illume Contest 2013. Weitere Infos unter www.redbullillume.com
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FOTO // JODY MACDONALD / RED BULL ILLUME
und nun raus!
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randnotizen
SUCHEN
UND FINDEN
TEXT // SVEN BOHDE ILLUSTRATION // MICHEL WENDE, WWW.MICHELART.DE
Ja
oder nein, jetzt oder nie, rein oder raus? Manchmal hakt es im Leben. Dann stellt man sich
viele Fragen, findet wenige Antworten und trifft kaum Entscheidungen. Es geht nicht voran. Vielleicht muss in solchen Zeiten mehr oder weniger an der Lebenseinstellung gedreht werden, damit es wieder rund laufen kann. Dann hilft es, rauszugehen. Entweder macht man einen kurzen Spaziergang oder geht gleich einen Schritt weiter und startet eine längere Wanderung. Dabei pustet frischer Wind den Kopf mal so richtig durch, sodass man in der Folge den Gedanken freien Lauf lassen kann. Du merkst, wohin ich will? Rausgehen kann auch meta phorisch gesehen werden. Neue Wege zu gehen be-
Der Maler Pablo Picasso sagte: „Der Sinn des Lebens ist, dein Geschenk
deutet dabei nicht, wirklich auf einer fremden Straße
zu finden. Die Bestimmung im Leben ist, das Geschenk weiter zu ver-
unterwegs zu sein, sondern eher die gewohnten Gedan-
schenken.“ Neue Wege nicht nur mit den Füßen, sondern auch im Kopf
kengänge zu verlassen. Sicherlich ist das gefährlicher,
zu gehen, kann bei der Suche helfen. Dabei heißt es: Kopf hoch. So sieht
als den sicheren Pfad zu nehmen (das kann allerdings
man die Dinge, die vor einem liegen – auch auf ungewohnten Wegen.
langweilig werden), oder ganz zu Hause zu bleiben (was
Und wenn man sich die Fähigkeit aneignet, auf neue Situationen jederzeit
nicht weniger riskant ist, als neue Wege zu finden, denn
gelassen zu reagieren, dann funktioniert die Lebenseinstellung irgend-
hier kann einem die Decke auf den Kopf fallen).
wann vielleicht auch wieder.
„Kopf hoch. So sieht man die Dinge, die vor einem liegen auch auf ungewohnten Wegen.“
Dann findet man auch leichter den Mut, eine Entscheidung zu treffen, den ersten Schritt zu wagen. Es gibt kein richtig oder falsch, solange man mit den Konsequenzen seiner Entscheidung leben kann. Denn ich habe immer wieder die Chance, etwas gut zu machen. Zumindest kann ich es versuchen. Wenn man auf seinem Lebensweg stolpert, kann man die Zeit, die man zum Aufstehen benötigt, nutzen, um sich neu zu orientieren.
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anders zu denken als sonst, um neue Gedankengänge zu
Ich habe mich zum Beispiel beruflich neu orien-
entdecken. Möglichkeiten hierfür findet man in der Philoso-
tiert. Eine Festanstellung bei einem Zeitungsverlag
phie und anderen Wissenschaften, in der Musik oder Kunst
gab ich auf, um als freier Journalist selbstständig
sowie dann, wenn man anderen Menschen gut zuhört. Denn
tätig zu sein. Nun liegen die Entscheidungen bei
wie viele andere bin ich auf der Suche. Was das ist, wonach
mir. Die Konsequenzen muss ich selbst verant-
ich schaue, weiß ich nicht. Das macht die Suche auch so
worten. Volles Risiko einerseits, andererseits habe
schwer. Aber ich vermute, die Antwort darauf, nicht in mei-
ich es in der eigenen Hand, etwas gut zu machen.
nen eigenen vier Wänden zu finden. Also muss ich raus.
Also: Ja – jetzt – raus!
raus-magazin zwei 2015
SVEN BOHDE
Also möchte ich von nun an in dieser Kolumne versuchen,