RAUS! 2

Page 1

w w w. r a u s m a g a z i n . d e

Wild & einsam Färöer in zwei Tagen

Weich & ausdauernd Werkspionage bei Yeti in Sachsen

Eisig & hochgebirgig Simone Moro im Karakorum-Gebirge

Überzeugt & überzeugend Thomas D naturnah im Gespräch

Unabhängig & frei Schnauze Crossgolf leicht gemacht

Adrenalinreich & ganz einfach Klettern für jeden im Hochseilgarten

Entspannt & spannend Kopenhagen per Fahrrad

2€ Einführungspreis AUSGABE 01 | 2011 | D 2 € | A 2 € | Benelux/E/I 3 € | CH 6 SFR


herein

fahrer Bruno Hoffman foto © rutgerpauw.com/Red Bull

S

esam öffne dich – ich will wieder raus! Als hät-

rieren und reise ein Stück mit. Wir zeigen dir, warum luftgetrockneter Schafschinken in

te jemand den Hebel umgelegt oder der We-

dem abgelegensten Färöer-Dorf besonders gut schmeckt. Was es heißt, leiden zu wollen,

cker geklingelt: Der Winterschlaf ist endgültig

um den Traum einer Gipfelbesteigung im Karakorum-Gebirge zu leben. Und wie faszinie-

vorbei, ich bin hellwach. Und wie aus dem Nichts spüre

rende und katastrophale Naturerlebnisse das Leben von Thomas D bestimmen. Du willst

ich eine überdimensionale Lust, das Leben da draußen

selbst aktiv werden? Absolut nachahmenswert und ganz einfach kannst du beim Crossgolf

mit allen Sinnen aufzusaugen. Die Sonnenwärme auf der

im Stadtpark oder in den Bäumen von Naturhochseilgärten den Frühling leben. Dazu gibt

Haut spüren, frische Frühlingsluft einatmen. Der Duft der

es auf unseren Fashionseiten eine inspirierend-frische Brise für deinen Kleiderschrank.

Natur. Farbenspiele, saftige Erdbeeren. Und vor allem: Be-

wegungsdrang! Geht es dir auch so? Das tägliche kleine

Wenn du nach dieser Tour tief durchatmest und deinen eigenen Traum in die Hand nimmst,

Abenteuer liegt direkt vor deiner Haustür. Und größere

haben wir unser Frühlingsziel erreicht. Also raus ins Freie! bh@terraoceanisverlag.de

Ausflüge ein Stück weiter weg. Lass dich von uns inspi-

Benjamin Hellwig



David Lama foto © Rainer Eder/Red Bull Photofiles

übersicht

50 NACHGEFRAGT THOMAS D

inhalt

Thomas D macht Musik. Klar. Hat aber auch einiges zu sagen. Und hinter sich. Ob Hochzeitsbaum oder Tsunamierlebnis: eine Betrachtung der Natur in all ihren Facetten. RAUS! im Interview mit Thomas D.

03 HALLO FRÜHLING

57 GRÜNE GRÜNDE SCHUHWERK Dominikanische Republik, pauschal? Nein, nachhaltig.

Willkommen bei RAUS!

58 ANZIEHEND Frühlingsstimmung! Höchste Zeit für einen Tapetenwechsel im Kleider-

Draußen passiert es. Wir schauen raus in die Welt. Und hören denen zu, die

schrank. Das Neueste vom Neuen. Mach dich bereit! Und dann raus!

es für uns eingefangen haben. Andächtig. Erstaunt. Träumerisch.

72 FAIRWAYFREI GOLFEN LEICHT GEMACHT

14 PICKNICK IM FREILAND

Ob Crossgolf oder Urban Golf. Die Variante des Sports mit Schläger

Häppchenweise anregende Appetizer für deinen Ausflug.

und Ball kann jeder. Wir zeigen, was du brauchst. Und lassen alte

Hasen erzählen.

18 LAND OF MAYBE IM INSELPARADIES FÄRÖER

Luftgetrockneten Schafschinken in einem einsamen Dorf musst du dir erst ein-

80 pedaliéros KOPENHAGEN IM FAHRTWIND

mal verdienen. Die Inseln im Nordatlantik sind wild, abgelegen und skurril.

Die Hauptstadt Dänemarks mit dem Rad erkunden. Eine besondere

Und auch einen Zwei-Tage-Trip wert.

Perspektive in einer besonderen Stadt. Leichtfüßiger geht es nicht.

28 LEIDENSFÄHIG SIMONE MORO Manche mögen‘s kalt. Eiskalt. Der Extrembergsteiger Simone Moro liebt Expe-

89 EIGENLEISTUNG FOTOWETTBEWERB Kamera raus und ab auf Motivsuche. Es gibt was zu gewinnen!

ditionen vor dem Frühjahr. Und die 8000er. Im Karakorum-Gebirge war noch einer frei. Wir wollen wissen, wie es lief. Eine Erstbesteigung im Winter.

90 AFFENÄHNLICH KLETTERN IN WÄLDERN

Von Baum zu Baum im Hochseilgarten unterwegs. Das Sprießen der

38 AUF SPURENSUCHE YETI

ersten Knospen aus unmittelbarer Nähe beobachten. Frische Brise und

Dass Daune nicht feucht werden darf, weiß jeder stolze Besitzer eines guten

Weitsicht. Überwindung. Adrenalin!

Schlafsacks. Welcher Nässe die Firma Yeti in Sachsen ausgesetzt war und wie

6

es dem Unternehmen nach einer deftigen Krise geht, finden wir beim Herum-

96 UND NUN RAUS!

schnüffeln in Görlitz heraus. Eine Werkspionage, made in Germany.

Ausblick und Impressum

raus-magazin 1 | 2011

covershot © Desré Pickers/Red Bull

08 GALERIE ATEMPAUSE


galerie

galerie

Aufbruch! Einige von uns gehen in die Berge, einige laufen an einem Fluss entlang, einige stehen auf einem Hügel. Es gibt viele Orte, um ein wenig bei dir selbst zu sein, um der lärmenden Welt zu entkommen. Gib dir selbst eine Chance!

Stefan Schlumpf

Horace Axtell, Ältester der Nez-Percé-Indianer

d

er Schweizer Mammut-Athlet Remo Sommer klettert Evilution V12 im weltbekannten Boulder-

gebiet Bishop/Kalifornien. Mithilfe einer FishEye-Optik konnte ich die charakteristische Eierform der „Buttermilks“-Boulder stärker hervorheben. Um dem oft fotografierten Objekt eine neue Perspektive zu verleihen, wählte ich meinen Standort so, dass die dahinter stehenden Boulder verdeckt blieben und ich dafür die schneebedeckten Berge sowie das Wolkenspiel am Himmel einfangen konnte.

foto © Stefan Schlumpf www.stefanschlumpf.ch | Nikon D3, 1/250‘‘, Blende 10

8

raus-magazin 1 | 2011

raus-magazin 1 | 2011

9


Ricky Adam

galerie

m

galerie

ake art not war! Diese gigantischen Betongebilde sind sogenannte Sound Mirror, eine

frühe Form des Radars. Es gab einige davon entlang der Küste Großbritanniens. Mit ihnen wollte man feindliche Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges aufspüren, sie wurden aber schnell überflüssig, als das Radar erfunden wurde. Was du nicht sehen kannst, ist eine Wasserfläche, die das Teil umgibt. In der Nacht vor dem Shot befestigte Owain ein Seil über das Wasser bis hinauf, nur um am nächsten Morgen festzustellen, dass jemand es entfernt hatte. Wir waren allerdings einen weiten Weg hierhergekommen. Und Owain war fest entschlossen, das nicht auf sich beruhen zu lassen. Also zog er sich die Hose aus und watete mit seinem Bike über dem Kopf und Hose und Schuhen im Rucksack durch eisiges Wasser. Das war mitten im Winter – verdammt, war das kalt!

10

raus-magazin 1 | 2011

foto © Ricky Adam/Red Bull Illume, Top 50 Finalist | Nikon FM2

raus-magazin 1 | 2011

11


galerie

Yassine Ouhilal

galerie

d

er kalifornische Profi-Surfer Austin Smith Ford aus Santa Cruz kam mit mir und einigen anderen Sur­

fern auf eine Erkundungsmission auf die Färöerinseln. Bis dato hatte nach unseren Recherchen noch kein Surfer die Wellen rund um die Inseln in Angriff genommen. Wir

hatten großartige vier Wochen auf den 18 Inseln und entdeckten sensationelle Surfspots wie diesen! Austin schnappte sich hier als Erster eine Welle – und wie es der Brauch verlangt, durfte er dem Spot einen Namen geben: „Austins Point“.

12

raus-magazin 1 | 2011

foto © Yassine Ouhilal/www.yassineouhilal.com | Canon EOS 1-D MKII-N, Blende 5.6

raus-magazin 1 | 2011

13


frischeluft Viva Bikes Julliet Was gibt es Schöneres, als bei Sonnenschein mit einem Fahrrad ins Grüne zu fah­ ren? Der dänische Bikehersteller hat mit dem Modell Julliet ein zeitlos-elegantes Damenrad entwickelt, welches alle Blicke auf sich zieht. Viele kleine Details, so auch der mit dem Viva-Logo veredelte Kettenkasten, unterstreichen den stilvollen Gesamteindruck. Bei dem schönen Fahrrad lassen wir das Auto lieber stehen und fahren nur noch mit dem Fahrrad durch die Gegend. Das Viva-Bike ist in vielen Farbvariationen ab 849 Euro erhältlich. www.vivabikes.com

Friese & Franke Kieler Kiste Ein Grillabend im Grünen oder am Strand bedarf einiger Vorbereitungszeit. Und eh man sich versieht, hat man vor lauter Organisationsstress den Sonnenuntergang verpasst. Die Kieler Kis­ te hingegen erspart uns viel Zeit und bietet alles, was man für das Grillvergnügen benötigt. Ein Edelstahl-Klappgrill mit Glutwanne, Windschutz und Grillzange ist ebenso integriert wie eine Brotschale, Steakbesteck, Servietten, Glasteller und EdelstahlAusziehbecher. Besonders praktisch: Die hochwertige, aus Bambusholz hergestellte Transportkiste lässt sich problemlos in zwei Tabletts verwandeln. Dank der Funktionalität und des intelligenten Designs steht die Kieler Kiste auf unserer Wunschlis­te ganz weit oben! Empfohlener Verkaufspreis 275 Euro (für zwei Personen), 295 Euro (für vier Personen). Weitere Informationen unter www.kielerkiste.de

önes Ein sch te ler Kis der Kie RAUS!Modell n e all unter ir w n n der verlose hme a r Teilna u Z ! te eine Lesern uns bit sende an g n u s o -M E ail Verl er eine d o e rt g.de Postka isverla aocean rr te @ eff raus m Betr mit de “. te is K „Kieler

Oakley Voyage Sunshirt Für alle Surfer hat Oakley ein schnell trocknendes Shirt entworfen, das sie auch abseits der Riesenwellen gut aussehen lässt. Das locker sitzende Oakley Voyage Sunshirt trocknet viermal schneller als Baumwolle und lässt sich dank der flachen Nähte angenehm auf der Haut tragen. Das stylishe Shirt entwickelt sich zu einem absoluten Herzensbrecher für alle Wassersportler. Empfohlener Verkaufspreis 40 Euro. www.oakley.com

Adelheid Glücksbringer-Clogs Zeig mir deine Schuhe und ich sag dir, wer du bist. Dank der Holzclogs von Adelheid sind wir absolute Glücksbringer. Die schönen Clogs zaubern mit ihrem frechen Karomuster mehr Farbe in unser Leben. Und für alle, die nicht genug Holzclogs haben können, gibt es das Modell auch in einer gestreiften Variante. Die Adelheid-Clogs sind ein Must-have für alle Trendsetter! Empfohlener Verkaufspreis 69,95 Euro. Weitere schöne Modelle findet man unter www.zalando.de

14

raus-magazin 1 | 2011


frische luft

Lundhags Este Jacket Schön warm verpackt bei jeder Wetterlage ist man mit dem Este Jacket von Lundhags. Ob bei einem Stadtbummel oder in der Natur: In der schlicht schwarzen Funktionsjacke sieht man ganz nebenbei auch noch unverschämt gut aus. Die Herrenjacke mit abnehmbarer Kapuze wurde aus 35 Prozent Bio-Baumwolle hergestellt. Da freuen sich „Mann“ und Natur gleichermaßen. Erhältlich in den Farben Grün und Schwarz. Empfohlener Verkaufspreis 180 Euro. www.lundhags.se

Petzl TIKKA XP2 CORE Ein Wochenendausflug im Grünen macht erst richtig Spaß, wenn man die Nacht nicht komplett im Dunkeln verbringen muss. Eine leistungsstarke Stirnlampe kann der Retter in der Not sein. Die mit Lithium-Ionen-Polymer-Akku ausgestattete Stirnlampe TIKKA XP² CORE von Petzl ist für den intensiven Gebrauch geeignet. Zwei Leuchtmittel und eine Weitwinkellinse mit einem Öffnungs-/Schließsystem, bei der man zwischen einem fokussierten Lichtkegel für Fernsicht und einem Streulichtkegel für die Beleuchtung im Nahbereich wählen kann, machen die Nacht zum Tag. Empfohlener Verkaufspreis 99,95 Euro. www.petzl.com

Maloja Mellow Immer hübsch eingepackt ist man mit dem Maloja-Schlafsack Mellow. Der 1.390 Gramm leichte Mumienschlafsack ist für einen Temperaturbereich von minus sechs Grad bis plus 27 Grad Celsius geeignet und auf Touren im Wald, in den Bergen oder am Meer ein treuer Begleiter. Bei dem stylishen Alpenprint sind Bambi-Träume garantiert. Größen: 225 x 80 x 55 Zentimeter. Empfohlener Verkaufspreis 129 Euro. www.maloja.de

Massunda Armband mit EFX Technologie Viele Helden des Sports und des Showbusiness tragen die bunten Armbänder bereits. Ausgestattet mit der EFX-Technologie sollen die Armbänder einen natürlichen Energiefluss gewährleisten. Und stylish sind sie allemal: Die Lifestyle-Armbänder aus Silikon, Neopren oder Frottee sind wasserfest und eignen sich optimal für den Gebrauch im Alltag und beim Sport. Einmal getragen, möchte man so ein schickes Armband nicht mehr aus der Hand geben! Empfohlener Verkaufspreis ab 35 Euro. www.efxgermany.de

16

raus-magazin 1 | 2011


ausflug

ausflug

landofmaybe „Kanska“ heiSSt es hier immer wieder und an fast jeder Ecke. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Die Färinger haben es aufgegeben, sich auf etwas festnageln

E i n ma l G á sa d a l u r undzurück

zu lassen. Zu oft hat ihnen wohl das raue Klima ein Vorhaben durcheinandergewirbelt. Nicht weniger als 280 Regentage im Jahr sind zu überstehen. Dazu nimmst du eine ordentliche Portion bedeckten Himmel, einige Tagesstunden Nebel und hin und wieder mal Starkwind. Als die Fähre mich und meinen Reisepartner Jan auf dem Seeweg nach Island in der beschaulichen Haupt- und Hafenstadt Tórshavn rauswürfelt – regnet es. Wir warten nur einen Augenblick, der Entdeckungsdrang ist gröSSer. Nur zwei Tage bleiben für ein Stimmungsbild Färöer, ehe die Fähre uns wieder aufsammeln wird.

text Benjamin Hellwig fotos © www.visitfaroeislands.com & © Benjamin Hellwig

18

raus-magazin 1 | 2011

foto © www.visitfaroeislands.com

raus-magazin 1 | 2011

19


ausflug

ausflug

Der erste Wagen hält an. Wäre in den nächsten Stunden ein weiterer vorbeigekommen? Wahrscheinlicher ist es hier wohl, einem Schaf zu begegnen.

Ein paar Häuser im Gras. Gásadalur, der Nabel der Welt.

foto © Benjamin Hellwig

d

er Inselarchipel liegt inmitten der Einsamkeit

der Ladefläche des klapprigen Pickups. Hinterm Steu-

des Nordatlantiks. Gute 400 Kilometer sind

er sitzt ein kleiner älterer Mann, es riecht nach Fisch.

es bis Island, bis zur norwegischen Küste ist

Sein Gesicht ist vom Wetter gezeichnet, voller Falten.

es noch ein Stück weiter. Nur die Shetlandinseln nord-

Ob man den kleinen Ort heute problemlos erreichen

östlich von Schottland liegen gleich um die Ecke: schlap-

kann, frage ich. „Kanska“, kommt als kurze, knappe

pe 300 Kilometer. Die Isolation ist vielen hier Anlass

Antwort. Sein nachdenklicher Blick durch die Scheibe

genug, die Dinge gemütlich angehen zu lassen, lesen

gen Himmel unterstreicht diese tiefgründige Unterhal-

wir im Reiseführer. Alle 18 Inseln Färöers in drei Tagen

tung. Da ist es wieder, das Vielleicht der Färinger. Et-

zu erkunden, klingt dagegen alles andere als entspannt.

was später lässt er weitere gewichtige Worte folgen.

Wir stecken das Buch in den Rucksack und versuchen

„Schützende Kleidung ist mehr wert als Schmuck.“

von Beginn an, die färöische Atmosphäre aufzusaugen.

Können wir so stehen lassen.

Ein winziges, abgelegenes Dorf am westlichen Ende

Lächelnd lässt uns der Mann am Ende einer Schotter-

der Insel Vágar hat es uns angetan. Zumindest reizt

straße raus und zeigt hinüber zu einer hügeligen, satt-

erst einmal der Anblick auf der Landkarte: ein Dorf,

grünen Schafweide. Der Weg nach Gásadalur. Gerade-

zu dem keinerlei Straßen führen. Interesse geweckt!

zu winzig erscheint das Dorf auf unserer Wanderkarte,

Rucksack auf und Daumen raus. Wir haben gleich

abgeschirmt von Bergen und einer steilen, felsigen Küs­

Glück. Der erste Wagen hält an. Wäre in den nächsten

te. Der Postbote marschiere einige Male in der Woche

Stunden ein weiterer vorbeigekommen? Wahrschein-

hinüber, ruft uns der Pickup-Fahrer in gebrochenem

licher ist es hier wohl, einem Schaf zu begegnen. Wir

Englisch noch zu. Wenn das Wetter es zulässt, versteht

springen auf die Rückbank, die Rucksäcke landen auf

sich. Dann knattert er davon.

20

raus-magazin 1 | 2011

foto © www.visitfaroeislands.com

foto © Benjamin Hellwig

foto © Benjamin Hellwig

raus-magazin 1 | 2011

21


ausflug

ausflug

Cliff-diving mit Ruhepuls. Papageientaucher am Lieblingsspot.

Scheiben von luftgetrocknetem Schafschinken vervollständigen ein Abendbrot, das wohl nur in einem Moment wie diesem eine gesamte Atmosphäre im Mund vereint. Ein Blick zum Himmel macht uns Mut. Es ist nur grau und windig. Aber trocken. Welch ein Frühlingstag! Wir stiefeln los, immer dem kleinen Pfad bergauf folgend. Doch in dem hohen Gras verlieren wir bald die Übersicht: Wanderpfad oder Schafweg? Nebel kommt auf und die Weggabelungen werden mehr. Unser Bauchgefühl und ein Blick auf den Kompass helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Als wir am höchsten Punkt des Berges angekommen sind, verzieht sich der Dunst. Sagenhaft ist der Blick in das weite Tal von Gásadalur. In der Ferne erkennen wir schon die Siedlung, vor der Küste die Insel Mykines. Wir wagen uns an den Abstieg. Auf Geröll geht es hinunter bis zu den wenigen mit Gras bedeckten foto © www.visitfaroeislands.com

Häuschen. Kaum am Fuße des Berges angekommen, werden wir begrüßt. Eine Handvoll Hunde rennt uns

22

raus-magazin 1 | 2011

foto © www.visitfaroeislands.com

bellend entgegen. Wir können noch nicht gleich aus-

Atmosphäre im Mund vereint. Es schmeckt fantastisch

machen, ob sie uns als gefährliche Eindringlinge se-

und ungewöhnlich zugleich. Doch noch immer haben

hen oder sich einfach nur riesig über unseren Besuch

wir kaum ein Wort mit unserer Gastgeberin gewech-

freuen. Stoisch gehen wir weiter, sie dulden uns. Kein

selt. Die liebenswürdige alte Frau gibt uns – so deuten

Mensch ist zu sehen. In der Mitte des Dorfes klop-

wir jedenfalls ihr Färöisch – vehement zu verstehen,

fen wir an die abgegriffene rote Holztür des schein-

dass das alles so seine Richtigkeit habe. Das Brot und

bar ältesten Hauses. Mit verdutztem Blick öffnet uns

der Schinken und der warme Ofen und das Ausruhen.

eine alte Frau. Dann aber weicht ihr überraschter Ge-

Wir kommen an.

sichtsausdruck einem freundlichen Lächeln. Als klopften

täglich zwei mit schweren Rucksäcken ausgerüstete

Als wir uns dann satt, platt und zufrieden nach einem

junge Typen bei ihr, werden wir dann wie selbstver-

Platz für unser Zelt erkundigen wollen, kommen wie-

ständlich hereingebeten. Fasziniert und überwältigt von

der Verständigungsschwierigkeiten auf. Auch als ihr

der Stimmung in der kleinen Küche, bringen wir zu-

Mann durch die Eingangstür stapft und mit einem

nächst kein Wort heraus. Die Bäuerin scheint das nicht

verwunderten Blick die Küche betritt, bleiben Fragen

zu stören. Sie stellt sofort einen verbeulten Teekessel

offen. Schließlich greift er zum Telefon, wählt, spricht

auf den Bollerofen und schneidet dicke Brotscheiben

ein paar Takte und reicht uns den Hörer. Am anderen

von einem riesigen Laib. Scheiben von luftgetrockne-

Ende der Leitung fungiert nun die Tochter der bei-

tem Schafschinken vervollständigen ein Abendbrot, das

den als Übersetzerin im fernen Tórshavn. Social net-

wohl nur in einem Moment wie diesem eine gesamte

work, Variante oldschool. Von ihr erfahren wir auch,

raus-magazin 1 | 2011

23


ausflug

ausflug

auf welcher Weide wir unseren Schlafplatz aufsuchen

neue Möglichkeiten: Dávurs Tochter erzählt von einem

können. „Ull er Føroya gull“, sagt sie noch zum Ab-

Hubschrauber-Shuttle. Zu Versorgungszwecken fliege die

schied: Die Schafswolle ist das Gold der Färöer. Dazu er-

Regierung einmal in der Woche die abgelegensten Orte

klärt sie, dass jeder einzelne Grashalm auf den flächen-

der Färöer an. Bürgerservice im 21. Jahrhundert. Dávur

armen Inseln sehr kostbar sei, denn er bedeute wichtiges

will nicht wegfliegen, erwartet aber einige Kisten Le-

Futter für die rund 70.000 Schafe des Inselstaates.

bensmittel. Uns beschert das Glück einen 20-Minuten-

Rundflug zu Taxipreisen, subventioniert vom Staat. Später

Mit diesem Warnhinweis im Sinn schleichen wir behut-

erfahren wir, dass es der Postbote bald einfacher haben

sam und fast auf Zehenspitzen über das Weidegras. In

wird. Heute verbindet ein Tunnel Gásadalur mit der Zivi-

der Dämmerung kriechen wir im Schutz des Zeltes in un-

lisation. Der Hubschrauber fliegt nicht mehr, der Nostal-

sere Schlafsäcke. Am nächsten Morgen rüttelt Dávur, der

giefaktor ist weg. Schade. Abschied aus Gásadalur.

Bauer, an den Abspannleinen. Es ist noch früh, als wir

in die Küche stolpern. Wieder zischt der Teekessel, wie-

Wir heben ab, überfliegen nach einer Schleife über

der übersetzt die Tochter am Hörer. Ein kurzes Frühstück.

Mykines noch einmal die grasbedeckten Häuser und

Brot und Schinken. Die Gefahr einer gegen Mittag auf-

erreichen rechtzeitig die Zivilisation des Fährhafens

kommenden Regenfront mit starkem Wind durchkreuzt

Tórshavn. Die angekündigte Regenfront hat sich einen

unseren Plan, den Weg vom Vortag zurückzuwandern.

anderen Weg gesucht. Nach Niederschlag sieht es an

Da hilft auch kein Kanska, die Fähre nach Island wartet

diesem Tag nicht mehr aus. Aber wie war das noch?

nicht. Doch die plötzlichen Änderungen eröffnen auch

„Kanska!“ Lassen wir uns überraschen.

Gruppenbild mit Dame. Wer mäht eigentlich das Dach?

foto © Benjamin Hellwig Tórshavn, Hauptstadt der Färöer mit rund 20.000 Einwohnern.

foto © www.visitfaroeislands.com

24

raus-magazin 1 | 2011

Am anderen Ende der Leitung fungiert nun die Tochter der beiden als Übersetzerin im fernen Tórshavn. Social network, Variante oldschool.

foto © Benjamin Hellwig

raus-magazin 1 | 2011

25


advertorial

ausflug

foto © Benjamin Hellwig

Facts Färöer Inseln

Sport Eigentlich ist Rudern Nationalsport. Aber auch die

Lage Isoliert im Nordatlantik. Oder mittendrin: zwischen

Fußballer hatten Aufmerksamkeit. Beim EM-Qualifikations-

Schottland, den Shetlandinseln, Norwegen, den Orkneyinseln

spiel 1990 schlugen die Inselkicker Österreich mit 1:0. Eine

und Island. Bist du angekommen, sind es nie mehr als fünf

Sensation! „Du bist Österreicher? Wir lieben dich!“, heißt

Kilometer bis zur Küste.

es noch heute. Alle anderen Ergebnisse hatten nicht diese

bedeutende Tiefe.

Geschichte Irische Mönche waren im 7. Jahrhundert die

Ersten. 300 Jahre später kamen einige Wikinger und blie-

Küche

ben auf den Inseln, andere reisten nach Island weiter. Die

•Fisch Täglich auf dem Tisch. Getrocknet, gebraten, ge-

Seekranken konnten nicht mehr, sagen die Isländer. Die Fä-

kocht, als Suppe, Frikadelle oder Kuchen.

ringer halten dagegen. Ihre Version: Die Feiglinge flohen vor dem langen Arm des norwegischen Königs.

•Schaf Voll verwertet. Den Kopf gekocht. Die Hoden oder

Innereien zur Suppe. Das Blut zur Wurst. Das Fleisch wird

Wetter Feucht und windig. Mild im Winter und kühl im

auch gegessen.

Sommer. Aber auch gern mal vier Jahreszeiten an einem Tag. Selten passt „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur

•Papageientaucher Bevorzugt mit Mehlteig und Rosinen

schlechte Kleidung“ so gut wie hier.

gefüllt. In gut sortierten Geschäften erhältlich. Oder einfach

in der Natur bestaunen.

Verkehr Gutes Straßennetz. Schafe sind überall! Und stehen gern im Weg. Also Vorsicht. Manch ein Bauer umwi-

•Hotdog Dänisches Exportgut, unbedingt mit Rotkohl statt

ckelt gar die Schafsbeine mit Reflektorstreifen. Die Haupt-

Röstzwiebeln. Na gut.

stadt Tórshavn hat die einzigen drei Ampeln auf den Inseln. Und das Busfahren ist hier gratis.

www.visitfaroeislands.com

• becks.de | facebook.com/BecksGold •

A l l es ka n n a u c h a n d e r s RAUS aus dem Alltag! Einfach mal quer denken und

verwandeln: mit Foto- und Videoanimationen und na-

aus einer anderen Perspektive auf die Dinge schauen.

türlich Musik der Fantastischen Vier. Für 500 Auser-

Seit Beginn ihrer Karriere gehen die Fantastischen Vier

wählte. Am 30. Mai 2011. Sei dabei!

immer wieder frische Wege. Und erfinden sich ständig neu. Wie bei dem Live-Auftritt in einer Natursteinhöhle

Und so geht’s: Nimm dir die neue „Beck’s Gold“-Fla-

oder einem 3D-Konzert. Die Band überholt sich selbst

sche und fotografiere sie an einem alltäglichen Ort.

rechts und links, überrascht, begeistert und sucht neue

Lade das Bild anschließend einfach auf becks.de hoch.

Herausforderungen.

Jedes ausgewählte Foto wird Teil der Inszenierung im Museum. Und mit zwei Tickets belohnt. Auf die kre-

Der Alltag hält immer wieder neue Abenteuer für dich bereit.

26

raus-magazin 1 | 2011

Doch es muss ja nicht gleich der riesige Umbruch

ativsten fünf Einsendungen warten außerdem jeweils

sein. Auch die kleinen Dinge des Alltags kannst du

zwei Meet & Greets mit den Fantastischen Vier.

abenteuerlich und ungewöhnlich gestalten. Mit dem Skateboard zum Einkaufen, das Sonntagsfrühstück im

Mehr der Rätselfreund? Ganz unabhängig vom Foto-

Stadtpark, auf Rollerblades zur Uni. Der Alltag hält

wettbewerb hast du exklusiv bei RAUS! die Möglich-

immer wieder neue Abenteuer für dich bereit. Warum

keit, an die begehrten Tickets zu kommen. Wir verlo-

also nicht mal ein Museum umgestalten? Zusammen

sen 3 x 2 Eintrittskarten für das Event in Düsseldorf.

mit den Fantastischen Vier kannst du bei den Beck’s

Mit welchem Song gelang den Fantastischen Vier der

Gold Fresh Experiences das K21 Ständehaus in Düs-

Durchbruch? Antworte uns bis zum 15. Mai 2011 an

seldorf für eine einzige Nacht in etwas völlig Neues

raus@terraoceanisverlag.de, Stichwort „Beck’s Gold“.

raus-magazin 1 | 2011

27


expedition

e b e Li e r ä Wa s w ? n e d i e L ohne

Für dich ist der Winter dazu da, dich auf den Frühling zu freuen? Bei Kälte, Eis und Schnee sehnst du dich nach Liegewiese und T-ShirtWetter? Dann hast du nicht viel mit Simone Moro gemeinsam. Und stehst damit sicherlich nicht allein da. Der italienische Extrembergsteiger liebt winterliche Herausforderungen von der bedingungslosen Sorte. Und konnte gerade eindrucksvoll zeigen, wohin ihn diese Liebe geführt hat: auf den Gipfel des Gasherbrum II. Simone ist zusammen mit dem Kasachen Denis Urubko und Cory Richards aus Kanada die erste Winterbesteigung eines Achttausenders im Karakorum-Gebirge gelungen. RAUS! schaut noch einmal zurück auf die ver­ gangenen kalten Wochen der drei im Norden des Himalaja-Gebirges. Eine beeindruckende Ge­ schichte, die du dir am besten in der Frühlingssonne bei zwei, drei Kugeln Eis antust.

Mit

Simone

Moro

im

K a r ak o r u m - G e b i r ge

expedition

Kaiserwetter. Simone Moro im gigantischen Eisschrank.

wig amin hell text benj on ks ic is er Fotos © Kr

28

raus-magazin 1 | 2011

raus-magazin 1 | 2011

29


Lohnender Aussichtspunkt mit Gänsehautpotenzial.

expedition

expedition

e

ine Winterexpedition auf einen Achttausender bedeutet Kälte.

Der Gasherbrum II befindet sich in der pakistanischen Provinz Gilgit-

Wahrscheinlich ist es, dass die wärmste gemessene Tempera-

Baltistan in der Nähe der chinesischen Grenze. Er ist mit 8035 Metern

tur minus 17 Grad Celsius nicht übersteigt – die kälteste kann

auf Platz 13 der höchsten Berge der Erde und der dritthöchste Gipfel

sogar unter minus 50 Grad Celsius liegen. Egal ob du einschläfst oder

des Gasherbrum-Massivs im Karakorum. Nach der Erstbesteigung durch

aufwachst, etwas isst, dich wäschst oder pinkeln musst – alles unterliegt

die Österreicher Fritz Moravec, Josef Larch und Hans Willenpart im Juli

diesen frostigen Temperaturen. Du kannst nicht einfach die Stopptaste

1956 gibt es nur wenige weitere Expeditionen, die den Gipfel erreichen.

drücken und sagen: „Ich wärme mich mal eben kurz auf und springe

Keine davon findet im Winter statt. Die fünf im Winter noch unbestie-

dann wieder zurück in diesen Eisschrank da draußen.“ Und im Grunde

genen Achttausender liegen alle im Karakorum und bleiben trotz 16

gibt es nur einen warmen Ort auf solch einer Tour: deinen Schlafsack.

Versuchen seit 1987 immer noch unbezwungen. Für den Gipfelaufstieg

von Simone, Denis und Cory sind die Tage zwischen Ende Januar und

Im Anschluss an den Weihnachtsbraten 2010 reisen Simone, Denis und

Anfang Februar 2011 entscheidend. Und diese enden beinahe fatal.

Cory nach Zentralasien, um den Gipfel des Gasherbrum II zum ersten Mal im Winter zu erobern. Auf die Hilfe von Trägern sowie zusätzlichen Sauerstoff verzichten sie. Simone leitet die Expedition. Und bringt die nötige Erfahrung mit. Die sammelte er auf erfolgreichen Winterbesteigungen an Cerro Mirador, Marble Wall, Shishapangma und seiner his­ torischen Winterexpedition zum 8.481 Meter hohen Makalu im Jahr

Du kannst nicht einfach die Stopptaste drücken und sagen: „Ich wärme mich mal eben kurz auf und springe dann wieder zurück in diesen Eisschrank da drauSSen.“

2009. Insgesamt schöpft er bei kniffligen Entscheidungen aus seinem Wissen aus 43 weltweiten Expeditionen, darunter zehn im Winter. Sonntag, 30. Januar 2011. Die Anspannung im Basislager steigt, das Extremsituationen, vier Wochen lang. Keine Frage, da muss das Zu-

Wetterfenster geht auf. Die Vorhersagen für den Aufstieg und die Er-

sammenspiel des Teams stimmen. Und das erfordert auch in außer-

richtung eines provisorischen Stützpunktes sind günstig: Für Dienstag ist

gewöhnlichen Momenten das richtige Verhalten. Verlässlich, aufrichtig

Sonne angekündigt. Klarer Himmel für Mittwochmorgen, im Laufe des

und selbstlos. Erkennen, was dein Teammitglied braucht. Bei Planung,

Nachmittags zunehmende Bewölkung. Die Aussichten für den Moment

Vorbereitung, dem Aufstieg zum Gipfel und dem sicheren Weg herun-

des Abstiegs zum Basiscamp klingen allerdings alarmierend: Das Team

ter. Simone und Denis kennen sich, sind seit vielen Jahren gemeinsame

muss mit Schneefällen rechnen. Ihr Ziel ist es, am Mittwoch auf dem

Kletterpartner. Der erfahrene Bergsteiger Cory komplettiert das Team,

Gipfel zu stehen. Sie verlassen das Basislager auf 5100 Meter und ver-

dokumentiert digital die entscheidenden Momente und beleuchtet die

bringen planmäßig eine Nacht in Camp 1. Am Montag erreichen Simone,

Expedition somit aus besonderer Perspektive.

Denis und Cory wohlbehalten das vorher aufgebaute Camp 2 auf 6500 Meter. Trotz anhaltend eisiger Temperaturen von minus 46 Grad Celsius

30

raus-magazin 1 | 2011

Um bereits zwei Wochen nach dem Aufbruch das 5.100 Meter hoch

und Vorhersagen von Bewölkung nutzen sie dieses erste sich öffnende

gelegene Basislager zu erreichen, unterstützt das Militär die Anreise des

Wetterfenster. Die Winde bleiben jedoch unheimlich stark, was dem

Teams mit einem Hubschrauber. Einheimische Träger stehen im Winter

Team allerdings auch hilft, da der Schnee der letzten Tage abgeblasen

nicht zur Verfügung. Ein erfolgreicher Gipfelversuch im Alpinstil ist den

wird. „Ich denke, dass ich spuren muss, bevor wir den Grat erreichen –

Athleten aus dem „The North Face®“-Team nur dann möglich, wenn

aber in knietiefem Schnee, nicht in hüfttiefem wie in den vergangenen

sich ihnen zwischen Ende Januar und März 2011 ein günstiges Wetter-

Tagen“, berichtet Simone und überdenkt das Zeitmanagement: „Wir wer-

fenster bietet. Ist das Wetter ungünstig – schwere Schneestürme, Winde

den dadurch ziemlich schnell sein. Vielleicht gehen wir direkt von Camp 2

und extreme Kälte –, zwingt es Simone, Denis und Cory in ihre Zelte.

weiter zum Gipfel.“ Ein Kraftakt, der ihnen etwa zwölf Stunden Aus-

Womöglich wochenlang. Ein Geduld forderndes Ausharren, bis passende

dauer abverlangen würde. Möglich im Sommer, aber neben dem Wet-

Bedingungen einen Gipfelversuch zulassen.

ter bedroht im Winter ein weiterer Aspekt den Erfolg der Expedition.

raus-magazin 1 | 2011

31


expedition

Cory Richards

expedition

Foto © the north face

Der Mangel an Tageslicht zwingt Simone dazu, umzudenken. Er ver-

Minuten. Da wir aber wegen des Schnees spuren mussten, verbrachten

wirft die Idee: „Die Tage sind sehr kurz, die Sonne geht früh unter. Ich

wir eine Menge Zeit dort. Ein Serac, ein Turm aus Gletschereis, fiel he-

denke, die beste Taktik ist: aufsteigen, Camp 3 aufbauen und von dort

rab und der ganze Schnee, den der Wind angesammelt hatte, kam in

gegen Mitternacht zum Gipfel aufbrechen.“

Form einer Lawine herunter“, beschreibt Simone die extreme Situation.

Dienstag, 1. Februar 2011. Es geht los. In den Morgenstunden klettern

Unter Schock schildert Cory den Vorfall: „Wir gingen unterhalb Gas-

sie bis auf eine Höhe von 6900 Meter und errichten Camp 3. Sie ruhen

herbrum V, als eine massive Lawine uns drei erwischte. Sie riss uns un-

sich einige Stunden aus und brechen um drei Uhr morgens zur fina-

gefähr 150 Meter weit mit. Wir landeten alle obenauf. Denis und ich

len Gipfeletappe auf. 100 Höhenmeter pro Stunde ist ihre Geschwin-

waren größtenteils begraben, doch unsere Gesichter schauten heraus.

digkeitsprognose. Somit könnten sie den Gipfel am Mittwoch gegen 13

Alles ist heute schiefgelaufen. Wir sind alle froh und glücklich, und ich

Uhr erreichen. Nach der Wettervorhersage beträgt die Temperatur am

denke auch sehr dankbar, noch am Leben zu sein.“

„Das, was heute passiert ist, hätte an jedem stürmischen Tag im Winter passieren können, wenn du müde bist und nicht die Dinge machst, die du für gewöhnlich machst.“

Simone kann sich selbst befreien: „Als die Lawine anhielt, merkte ich, dass ich fast aus dem Schnee war. Ich habe mich sofort vom Seil losgemacht und sah Corys orangefarbenen Anzug. Ich grub ihn mit

Gipfel des Gasherbrum II dann circa minus 23 Grad. In seiner letzten

meinen Händen aus und begann dann, Denis auszubuddeln.“ Doch nur

SMS vor dem Aufstieg berichtet Simone Moro: „Wir sind ein bisschen

kurze 20 Minuten später gelangen die drei in eine weitere bedrohliche

müde, aber es geht uns gut.“ Sie schaffen den historischen Schritt je-

Situation. Bei einer Sichtweite von gerade mal einem Meter fällt Cory in

doch schneller als gedacht. Um 11.28 Uhr Ortszeit sind sie am Ziel!

eine Gletscherspalte. Mithilfe einer Seilklemme können die Bergsteiger

Ein großartiger Moment, für den allerdings wenig Zeit zum Genießen

den Kanadier aus dem Eis befreien.

bleibt. Der Abstieg ins Basislager muss schnell erfolgen. Das Wetter kann jeden Moment umschlagen.

Simones Stimmung nach dem Abstieg ins Basislager ist nach den unglaublichen Anstrengungen matt und erschlagen. Aber er ist dankbar

4. Februar 2011. „Das, was heute passiert ist, hätte an jedem stür-

und zeigt Respekt vor seinen Teammitgliedern und der Natur. „Wir ha-

mischen Tag im Winter passieren können, wenn du müde bist und nicht

ben acht Stunden von Camp 1 zum Basislager benötigt – normaler-

die Dinge machst, die du für gewöhnlich machst.“ Was Simone rückbli-

weise braucht man dafür drei Stunden. Und wir haben als Team zu-

ckend zum Abstieg erzählt, hat dramatische Züge. Und es sind unvor-

sammengearbeitet. Aber nach sechs Tagen auf dem Berg waren unsere

hersehbare Ereignisse, die diese bedrohliche Situation auslösen. „Es ist

Energiereserven erschöpft. Solange du nicht zurück im Basislager bist,

nicht so, dass wir zu viele Risiken eingegangen wären, die Bedingungen

ist es nicht vorbei. Heute war das Glück auf unserer Seite. In meinem

waren einfach schlecht“, erinnert sich Simone. „Die gefährliche Zone un-

Rucksack trug ich eine große Tüte mit Müll zurück – vielleicht wusste

terhalb Gasherbrum V zu überqueren, dauert normalerweise 15 bis 20

der Berg das zu schätzen und wir standen in seiner Gunst.“

32

raus-magazin 1 | 2011

local support.

raus-magazin 1 | 2011

33


expedition

expedition

Simone, herzlichen Glückwünsch an dich,

sacht werden? Wie gehst du mit ihnen um?

Denis Urubko und Cory Richards zu eurer

Das Problem ist nicht, dass du auch mal einen kalten

Erstbesteigung des Gasherbrum II im Win-

oder windigen Tag erwischen kannst – die komplette

ter! Wie fühlt es sich an, die dritte Erstbe-

Expedition fand unter diesen widrigen Bedingungen

steigung eines Achttausenders im Winter

statt. Es ist wichtig, dass du sehr viel Motivation mit-

gemeistert zu haben? Und mit wem stehst

bringst. Und die Fähigkeit besitzt, viel Leid zu ertragen.

du jetzt auf dem Treppchen? Danke! Es gibt

Das sind wahrscheinlich meine größten Stärken. Ich bin

nur drei Leute, die bisher drei Achttausender im Win-

immer froh und positiv, auch wenn die Bedingungen

ter bezwungen haben. Das sind neben mir noch die

unmenschlich sind. Seit ich ein Kind bin, bereitet es mir

beiden Polen Kukuczka und Wielicki. Aber wenn wir

Vergnügen, mehr auszuhalten als andere.

in Betracht ziehen, dass meine Expeditionen alle nach

dem 21. Dezember begonnen haben, dann bin ich der

Wie habt ihr euch gegen die ungeheure

Einzige. Jedenfalls sind das nur Statistiken und es er-

Kälte geschützt? Nur durch Erfahrung, Energie,

füllt mich mit Stolz, das Podium mit zwei großartigen

Optimismus und Leiden. Allerdings ist die Kälte nur eine

polnischen Kletterern teilen zu dürfen. Ich bin glück-

der Schwierigkeiten. Geringe Sichtweite, tiefer Schnee

lich, aufgeregt und voller Enthusiasmus und Hoffnung

und der Wind waren unsere drei größten Hindernisse.

für die Zukunft.

Das Wetterfenster, das Karl Gabl aus Inns-

Du hast deinem Ruf als Winterspezialist

bruck euch vorausgesagt hatte, war eng.

wieder einmal alle Ehre gemacht. Nach

Ihr wusstet, dass ihr sehr schnell sein muss­

dem Shishapangma 2005 und dem Makalu

tet. Seid ihr deswegen gröSSere Risiken ein-

2009 warst du jetzt gemeinsam mit Denis

gegangen als sonst? 36 Stunden schönes Wetter,

und Cory im Karakorum erfolgreich. Wie

das hat uns Charly vorhergesagt. Ich glaube und ver-

schwer ist euch der Aufstieg gefallen?

traue ihm blind. Und ich wusste, dass er recht hat. Ich

Nach den Angaben der letzten fehlgeschlagenen Expedi-

habe meine Trümpfe richtig ausgespielt und die Strate-

tion, die eine Winterbesteigung im Karakorum versucht

gie verfolgt, dieses Wetterfenster für unseren Erfolg zu

hatte, wäre es praktisch unmöglich gewesen. Ich habe

nutzen. Das Risiko war beabsichtigt und bemessen.

elf Winterexpeditionen hinter mir und wusste, dass

nichts unmöglich ist. Ich wusste aber auch, dass 25

Vor der Expedition hast du gesagt, dass

Jahre voller Fehlschläge unsere Chancen nicht unbedingt

dich die Verantwortung als zweifacher

erhöhen würden. Doch ich habe versucht, in Sachen Lo-

Vater am Berg unter Umständen auch brem­

gistik, Taktik und Aufwand mein Bestes zu geben. Und

sen könnte. Hast du das ausblenden kön-

es hat zu einem historischen Erfolg geführt.

nen? Ich halte meine Expeditionen kürzer und schnel-

ler. Damit versuche ich die Zeit, die ich den Gefahren

Was sind die gröSSten Probleme, die durch

ausgesetzt bin, auf ein Minimum zu reduzieren. Auf

diese extremen Temperaturen verur­

diese Art werde ich weitermachen.

34

raus-magazin 1 | 2011

Lass den Tag kommen. Erste Sonnenstrahlen bei minus 43 Grad.

raus-magazin 1 | 2011

35


expedition

Simone beim Warm-up.

expedition

Foto © Simon moro

Was ging dir am Gipfel durch den Kopf?

Wieso kommst du im Winter immer wieder in den Himalaja und den Karakorum zu-

zuspielen, wie wir es getan haben. Ich war auch sehr

rück? Weil es dort noch ein richtiges Abenteuer ist.

stolz darauf, der einzige Mann zu sein, der drei Gipfel

Es ist niemand anderes hier, es gibt keine Möglichkeiten,

von über 8.000 Meter im Winter erklommen hat. Das ist

den Aufwand mit einem anderen Team zu teilen. Man

Geschichte und Geschichte kann man weder verstecken

hat nur eine ganz geringe Erfolgschance und extreme

noch rückgängig machen. Ich bin der polnischen Tradi-

Witterungsbedingungen. Im Winter zu klettern, ist wie

tion gefolgt – die Polen haben die Winterbesteigungen

die Olympischen Spiele zu gewinnen. Dasselbe Vorhaben

in großen Höhen ins Leben gerufen und sieben der 14

im Sommer dagegen fühlt sich an wie ein unbedeu-

Gipfel von über 8.000 Meter erklommen. Ich habe diese

tendes Match. Außer für diejenigen, die neue Routen

Zahl nun auf zehn erhöht und es bleiben nur noch vier

gehen oder etwas anderes als das Übliche machen.

Achttausender unbestiegen.

Was ist der Grund dafür, dass es bislang

Was war der kritischste Moment auf die-

nur Winterbesteigungen von Achttausen-

ser Expedition? Auf jeden Fall der Abstieg. Die

dern im Himalaja gibt, aber noch keine im

Sichtweite war schon seit drei Tagen fürchterlich. Wir

Karakorum? Ganz ehrlich, die Winterexpeditionen im

konnten nur wenige Meter weit sehen. Zudem war der

Karakorum haben 1986 angefangen und ungefähr alle

Wind so kalt und stürmisch, dass es unmöglich war,

zwei bis drei Jahre kehrte eine zurück. Aber aufgrund

die Orientierung zu behalten. Vor allem die Lawine, die

der anhaltenden Fehlschläge sprach niemand über diese

uns am 4. Februar erwischt hat. Eine riesige Lawine, die

Versuche. Im Himalaja waren die Expeditionen einfach

normalerweise jeden unter sich begräbt, hat uns wie

erfolgreicher, deswegen wollten viele Bergsteiger auch

durch ein Wunder am Leben und unversehrt gelassen.

lieber darüber reden.

raus-magazin 1 | 2011

Alpinist oder Kletterer. Ich mache gern Verschiedenes,

haben bereits gefeiert, als wir mit einem breiten Grinsen

sonst laufe ich Gefahr, dass es mir eines Tages langweilig

wieder im Basislager ankamen. Einen Tag später haben

wird. Also versuche ich, ein hohes Level in verschiedenen

wir im Basislager der G1-Winterexpedition gefeiert, sie

Disziplinen der vertikalen Welt beizubehalten. Außerdem

hatten uns eingeladen. Dann haben wir noch mit Major

hilft es mir dabei, die höchsten Gipfel der Erde zu errei-

Anjum von der pakistanischen Armee zu Abend geges-

chen. Ich liebe es, mein Leben zu genießen und meine

sen. Auch die Tage danach, als wir Islamabad erreicht

Familie ist mit Abstand der schönste Teil meines Lebens.

hatten, haben wir es uns gut gehen lassen.

Kalymnos ist perfekt, um die beiden zu vereinen.

Du verbringst deinen Sommer oft auf der

Hast du Pläne, mehr Erstbegehungen von

griechischen Insel Kalymnos. Wie passt das

Achttausendern zu machen? Aber sicher! Ich

mit dem Klettern der höchsten Berge der

werde mal sehen, welcher Achttausender nächsten Win-

Erde im Winter zusammen? Ich bin nicht nur ein

ter „frei“ ist.

„Seit ich ein Kind bin, bereitet es mir Vergnügen, mehr auszuhalten als andere.“

Foto © Damiano Levati

Dass wir mutig waren und schlau, unsere Karten so aus-

36

Wie und wann feiert ihr euren Erfolg? Wir

raus-magazin 1 | 2011

37


auf spurensuche

auf spurensuche

Ein

Tag

bei

den

Yetis

in

S a c h se n

„Yeti steht das Wasser bis zum Hals“, schallt es im August 2010 durch die Outdoorszene. Ein verheerendes NeiSSe-Hochwasser bringt das sächsische Unternehmen an den Rand des wirtschaftlichen Ertrinkens. Kamen die Rettungswesten rechtzeitig? RAUS! schaut nach, wie es der Firma heute geht. Und wie Yeti arbeitet. Vor und nach dem Wasserschaden. Eine Werkspionage.

text Benjamin Hellwig Fotos © g.u.hauth © yeti & © Benjamin Hellwig

38

raus-magazin 1 | 2011

fast

ganz gans

foto © g.u.hauth foto © Benjamin Hellwig

raus-magazin 1 | 2011

39


foto © yeti

i

In enger Zusammenarbeit mit seinem Zulieferer kann er mittlerweile für über 90 Prozent seiner in Deutschland, Polen und im ukrainischen Raum gewonnenen Daunenware felsenfest behaupten, die Herkunft zu kennen.

ch sitze hinterm Steuer meines Autos. Der Him-

das ist transparent. Mit dem Ethical Code hat Yeti als

mel ist wolkenlos – wie bestellt zum heutigen

erste Outdoorfirma ein Kodierungssystem entwickelt,

Frühlingsanfang. Mein Tagesziel: Görlitz. Östlicher

das den Weg vom Ei über die Aufzucht bis hin zum

geht es nicht in Deutschland, die polnische Grenze

fertigen Daunenprodukt offenlegt. „800RP1PWKG955“

liegt gleich um die Ecke. Doch irgendwie kommt mir

heißt es zum Beispiel auf den ersten Blick etwas ver-

beim Gedanken an „Yeti“ gerade eher Reinhold Mess-

wirrend. Dahinter verbergen sich Informationen über

ner südlich der Republik in den Sinn. Die Legenden-

Bauschkraft, Region, Agrarbetrieb, Tiergattung sowie

bildung um das haarige, bärähnliche Wesen aus dem

über das Mischungs­verhältnis von Daunen zu Federn.

Himalaja ist für mich unweigerlich mit Erzählungen des

Die europäischen Standards dieser Höfe helfen zu-

Südtiroler Bergsteigers verbunden. Das hat erst einmal

dem, die Produktionsbedingungen für Tier und Mensch

nicht so viel mit Gänsedaune zu tun, denke ich mir auf

zu überblicken. Allbekanntes Vokabular ist zwar auch

dem Weg zum Werk des sächsischen Outdoorherstel-

hier anzutref­fen – „artgerecht und freilaufend leben

lers und spule die restlichen Kilometer auf der A4 ab.

die Tiere, gezüchtet zur Fleischgewinnung“. Doch Kays

Begeisterung und Überzeugung für dieses ganzheitliche

Expeditionsbekleidung, Schlafsäcke, Mäntel, Jacken und

Produktionskonzept ist allgegenwärtig. Und fast schon

Westen der Yeti GmbH haben dagegen einen Bezug zur

nebenbei bekommt er hierdurch erstklassige Ware auf

Gans. Und zur Ente. Die Tiere sind Lieferanten für das

den Arbeitstisch. Sein Motto: „Wenn es einer Ente gut

Herzstück aller verarbeiteten Materialien des Unterneh-

geht, wird sie auch gute Daunen entwickeln.“

mens: Daune. Im toten Zustand des Federviehs gewon-

nen. Glücklicherweise. Vom Lebendrupf distanziert sich

Die Daune selbst, bei Yeti werbewirksam „Crystal Down“

Yeti vehement. Vor dem schmucklosen Werksgebäude in

genannt, offenbart bei näherer Betrachtung Faszinie-

einem Görlitzer Gewerbepark treffe ich Kay Steinbach,

rendes. Was Brust und Bauch von Gans und Ente so

den Managing Director. Und schon im Treppenhaus des

warmhält, ist gleichzeitig sehr filigran. Strahlenför-

neuen Firmensitzes geht es um das Essenzielle: „Ich

mig wachsen aus einem kaum erkennbaren Kern viele

will ausschließen, dass für unsere Produkte Tieren Leid

weiche Filamente. Diese aus der Hornsubstanz Keratin

zugefügt wird!“, sagt Kay. Ein klares Statement, hinter

bestehenden Fasern haben wiederum Tausende Veräs-

dem mühevolle Kleinarbeit steckt. Um diese Gewissheit

telungen, an denen unzählige Widerhaken sitzen. Ein

zu gewährleisten, muss er die Betriebe kennen, die

Gebilde der Natur mit einzigartigem Wärmehaltevermö-

nach der Schlachtung die Daunen gewinnen. In enger

gen. Und das hat der Hersteller aus Sachsen für sich

Zusammenarbeit mit seinem Zulieferer kann er mittler-

entdeckt. Treffen sich dann in einem Schlafsack meh-

weile für über 90 Prozent seiner in Deutschland, Polen

rere dieser Kunstwerke, entstehen auf natürliche Wei-

und im ukrainischen Raum gewonnenen Daunenwa-

se Luftkammern, die alles künstlich Hergestellte in den

re felsenfest behaupten, die Herkunft zu kennen. Und

Schatten stellen. Und vor Kälte schützen.

40

raus-magazin 1 | 2011

Filigranes Kunstwerk.

foto © g.u.hauth


auf spurensuche

auf spurensuche

Warm will es auch Bernd Exner mit seiner Familie ha-

Doch Marketing ist noch Neuland: „Wenn jemand et-

ben. Für seine Touren in der damaligen DDR ist Funk-

was brauchte, dann kam er einfach im Werk vorbei.“

tionsware allerdings gleich Mangelware. Mit Isolation

Mund-zu-Mund-Propaganda in vollendeter Form.

beschäftigt sich die Textilindustrie noch nicht großartig.

Doch der Bedarf ist da. Für Expeditionen im Kaukasus

Zur Jahrtausendwende beginnt ein neuer Abschnitt für

melden Privilegierte ihr Interesse an. Exner wird erfinde-

das Unternehmen. Die Familie Exner verkauft den größ-

risch. Er verwendet einheimische Daunen und Gewebe

ten Anteil an Carl Breiding & Sohn, europaweit füh-

und schneidert die erste robuste und funktionale Beklei-

rend in Sachen Bettwaren. Einziger Verbindungspunkt:

dung. 1983 gründet er im ostdeutschen Borgsdorf bei

Daune. Der Bezug zum Thema Outdoor ist gleich null.

Berlin einen kleinen privaten Betrieb. Der sozialistische

Ein Tochterunternehmen der Firma sitzt damals in Gör­

Staat toleriert das Konzept, da sie im kleinen Stil und

litz und bedingt den Umzug Yetis nach Sachsen. Be-

von zu Hause aus arbeiten. „Mehr Mitarbeiter und sie

reits fünf Jahre später schlägt jedoch die erste Krise

hätten VEB Schlafsackherstellung geheißen“, sagt Kay

zu. Der Breiding-Konzern gerät in finanzielle Schieflage

rückblickend zu der Zeit vor seiner Yeti-Zeit. Er sitzt

und meldet schließlich auch für die Schlafsackmacher

hinter einem langen, breiten Schreibtisch. Das Büro

Konkurs an. „Die Produktion war ja unter Breiding

ist noch notdürftig eingerichtet, der Internetzugang

komplett nach China ausgelagert. Da folgten dann

macht Probleme. Die Kaffeemaschine läuft schon. „Mit

Lieferschwierigkeiten und die Qualität der Ware ging

der Grenzöffnung hielten dann auch technische Neue-

in den Keller“, schildert Kay den Tiefpunkt. Der Däne

rungen vor allem in der Materialwahl bei Yeti Einzug.“

Erik Møller von Nordisk Freizeit übernimmt 2005 und

Daunenfee Ingrid Melzer befüllt wieder. Premiere nach der Krise.

In den Startlöchern.

foto © Benjamin Hellwig

foto © Benjamin Hellwig

löst Yeti als Investor heraus. Heute hält das dänische

hat. Er spricht von Etappenzielen: „Erst einmal wollten

Unternehmen 90 Prozent der Besitzanteile. Eine Verän-

wir wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz sein.

derung, die den Outdoorbezug der Marke wieder zu-

Dafür wurden alle Produkte gründlich inspiziert und

rechtrückt. Und professionelle Strukturen einbringt.

auf den aktuellen Stand in Sachen Design und Technik gebracht.“ Herausgekommen ist ein überarbeitetes Sor-

2006 tritt Kay in das Unternehmen ein. Er ist Dresdner,

timent rund um das Schlafsack-Modell VIB (Very Impor-

spricht die Sprache und lebt die Mentalität der Men-

tant Bag, 2008). Kay setzt zudem die Funktionalität wie-

schen hier. Und ist sich den großen Anforderungen

der in den Mittelpunkt: „Ein Produkt ist zunächst einmal

bewusst: „Der Weg zurück an den Markt war brutal

dazu da, zu funktionieren. Danach darf es dann auch

schwer. Aber für mich war es eine riesige Herausforde-

ruhig so angenehm wie möglich sein“, sagt der 39-Jäh-

rung, das Unternehmen wieder zurückzubringen. Aller-

rige. Wichtige Produktionsprozesse holt er zurück nach

dings lag die Stimmung natürlich im Keller, das Telefon

Deutschland. Die Hochzeit des Schlafsacks ist von nun

klingelte nur einmal in der Woche.“ Ich will wissen, wie

an wieder in Görlitz: befüllen, Kammern zunähen, Dau-

er das Schiff wieder in das richtige Fahrwasser gelenkt

ne verteilen, sauber machen, etikettieren – versandfertig.

„Ein Produkt ist zunächst einmal dazu da, zu funktionieren. Danach darf es dann auch ruhig so angenehm wie möglich sein.“

42

raus-magazin 1 | 2011

raus-magazin 1 | 2011

43


auf spurensuche

auf spurensuche

alle fotos © yeti

2009 folgt sein nächster Etappenschritt. Er hat große

zu haben, weicht urplötzlich purer Existenzangst. „Al-

Ziele: „Mein Anspruch war es dann, ein Nonplusultra-

les unterhalb der Schreibtischhöhe war kaputt. Wände,

Produkt zu schaffen: Alles, was es bisher gab, wollte

Elektrik, Computer, Nähmaschinen, Schlafsäcke.“ Selbst

ich toppen. Unsere Parole: Wir bauen den leichtesten

mit Winterware gefüllte Lagerregale reißt das Wasser zu

Schlafsack der Welt! Erik Møller entdeckte in Japan ein

Boden. „Einen ursprünglich fünf Kilogramm schweren

ultraleichtes, aber robustes Gewebe, das wir ‚next to

Daunensack zogen wir mit mehreren Helfern aus dem

nothing‘ nannten“, sagt Kay. Befreundete Händler ge-

Chaos. Der wog jetzt 50 Kilo!“ Ich frage vorsichtig nach

ben wichtige Hinweise aus der Praxis: nicht zu schul-

einer Hochwasserschutzversicherung. „Kannst du auf-

terschmal, praktikabel im Einstieg. Die Passion-Serie ist

grund der Lage an der Neiße nicht abschließen“, sagt

geboren. Mit der besten Daune, die es auf dem Markt

Kay knapp mit einem Schulterzucken.

gibt: 900 Kubikzoll Bauschkraft, 97 Prozent Daune und drei Prozent Feder. Gewicht? Federleichte 265 Gramm

Doch Yeti bäumt sich auf. Ein unbeschreiblicher Zusam-

(Passion 1, Größe M).

menhalt auf allen wichtigen Ebenen ist für Kay rückblickend die Basis für das Überleben in dieser Situation:

In extremen Situationen das Überleben sichern – dafür

„Die Branche war unglaublich optimistisch, viele haben

stehen einige der Produkte von Yeti. Nach den Grenz­

an uns geglaubt. Auch der Zuspruch der Händler war

erfahrungen am eigenen Leib durch ein gravierendes

riesig. Dazu war der Einsatz unseres Teams unglaublich.

Hochwasser müssen sie auf einmal diese Qualitäten auf

Die haben einfach von zu Hause aus gearbeitet und ihre

Unternehmensebene unter Beweis stellen. Am 8. Au-

privaten Telefone und Computer genutzt.“ E-Mails von

gust 2010 ist die Neiße nicht wiederzuerkennen. Der

den Menschen, die die Yeti-Produkte tragen und einset-

Bruch des Witka-Staudamms in der polnischen Ober-

zen, motivieren die acht Mitarbeiter zusätzlich. „Nicht zu-

lausitz spült zusätzlich zu hohen Pegelständen enorme

letzt haben wir natürlich auch von Nordisk den nötigen

Wassermassen in ufernahe Gebiete der Görlitzer Altstadt.

Rückhalt gespürt.“ Um frische Ware ausliefern zu können,

Auch die denkmalgeschützte Manufaktur am ehemaligen

verlagert Kay die Produktion erst einmal, unter anderem

Standort direkt an der Neiße ist betroffen. Bis zu zwei

an ein Unternehmen in Bayern. Doch auch der alte La-

Meter hoch steht das Wasser hier. Der Stolz, Lager, Pro-

gerbestand ist teilweise noch zu gebrauchen. Aufwendig

duktion, Vertrieb und Service unter einem Dach vereint

reinigen Mitarbeiter und Helfer die hochwertige Ware.

Der Stolz, Lager, Produktion, Vertrieb und Service unter einem Dach vereint zu haben, weicht urplötzlich purer Exis­ tenzangst. „Alles unterhalb der Schreibtischhöhe war kaputt. Wände, Elektrik, Computer, Nähmaschinen, Schlafsäcke.“

44

raus-magazin 1 | 2011

raus-magazin 1 | 2011

45


auf spurensuche

„Flutverkäufe“ auf einem Stand von Globetrotter in Dresden sowie im Nordisk-Lager in Quickborn bringen lebenswichtige Erlöse auf dieser finanziellen Durststrecke. Eine „Flutzeitung“ bringt Kunden, Anwohner und Freunde auf den neuesten Stand der Hochwasserschäden. Hier im Gewerbepark ist die Neiße weit weg. Eine Hoch­wasserversicherung wäre möglich, ist aber unnötig. Seltsames Versicherungssystem, denke ich mir. Wir gehen in die zukünftige Produktionshalle des neuen Standorts und treffen Ingrid Melzer. Sie ist seit fast zehn Jahren im Unternehmen und so etwas wie die Daunenfee bei Yeti. „Manchmal kommen hier Daunen an und ich merke, dass damit etwas nicht stimmt. Da schick ich schon mal eine ganze Lieferung wieder zurück!“, beschreibt sie ihr Fingerspitzengefühl. Ich greife in die randgefüllte Holzkiste und frage, wie ich Gänsedaune von Entendaune unterscheiden kann. „Geht eigentlich nicht“, sagt die 62-Jährige. Sie grinst schelmisch. „Aber eventuell rieche ich auch das heraus.“ Wer, wenn nicht sie, unternimmt just in diesem Moment die ersten Arbeitsschritte an neuer Wirkungsstätte. Die dänische Befüllungsmaschine hat sie nach der Flut selbst aufwendig gereinigt und dafür satte 14 Tage investiert. Und auch wenn heute noch nicht alles glatt läuft: Der erste wieder in Görlitz befüllte Schlafsack läutet eine neue Ära ein. Yeti hat sich wieder freigeschwommen. Ich puste mir einige Daunen aus der Nase und mache mich auf die Rückreise. foto © Benjamin Hellwig

Kay Steinbach, unkonventionell im Daunenbad. foto © Benjamin Hellwig

Auszeichnungen Passion 1: Winner Red Dot Design Award 2009, Designpreis Deutschland 2010, Silber Purity Jacket: iF Product design award 2010, Gold Ambition Jacket: Winner Red Dot Design Award 2011

46

raus-magazin 1 | 2011


whiskey-freunde

advertorial

Bushmills eine Destillerie geht auf Reisen.

Colum Egan ist immer wieder für eine Überraschung gut. Der Master Distiller der Old ­Bushmills Distillery verschenkte 2009 seinen heiSSgeliebten Oldtimer und verloste 2010 ­seinen Job in der Whiskey-Brennerei in Nordirland. In diesem Jahr übertrifft er sich selbst und schickt die Destillerie auf eine Reise. Ziel des Ausflugs? Das Heimatland der Gewinner eines auSSergewöhnlichen globalen Wettbewerbs.

„Wir suchen nach echten Freunden, die das Leben lieben und einen verruchten Sinn für Humor haben, genauso wie wir.“

a

benteuerlustige Whiskeyfreunde können sich bei

Zum ersten Mal ist auch Deutschland dabei. „Wir suchen

Und Colum hat sich für das drei Tage lange Finale im

„Make it 2 Bushmills“ Colums Herausforderun­

nach echten Freunden, die das Leben lieben und einen

„Bushcamp“ außergewöhnliche Wettkämpfe wie Strand­

gen stellen. Aus elf Nationen bekommen ein

verruchten Sinn für Humor haben, genauso wie wir“,

golfen oder Tandem-Radrennen ausgedacht.

Gewinner und seine Begleitperson zunächst die Mög-

beschreibt Colum das Anforderungsprofil. Nach einem

lichkeit, 14 Tage lang hinter die Kulissen der Bushmills-

Vorentscheid stehen ausgewählte Freundespaare nun

Mehr als 100.000 Whiskey-Enthusiasten besuchen jähr­

Destillerie in Nordirland zu blicken. Sie arbeiten an der

in der engeren Auswahl und müssen sich von Anfang

lich Irlands älteste Whiskey-Schmiede an der spek-

Seite von Colum, um die 400 Jahren alte Kunst der

Mai bis Ende Juni auf facebook.com/bushmills1608

takulären Küste Nordirlands. Millionen Fans gibt es

Whiskey-Herstellung in der Bushmills-Region zu erler-

um Stimmen bemühen. Können die deutschen Bush-

weltweit. „Wir denken, es ist Zeit, sie einmal zu besu-

nen. Und erhalten sogar die Chance, ihren ganz ei-

mills-Freunde den Vorjahres-Champion Bulgarien in die

chen. ‚Make it 2 Bushmills‘ ist eine große Chance für

genen Bushmills Blend zu kreieren. Luxus-Penthouse,

Schranken weisen und zeigen, dass der wahre Spirit

Whiskey-Freunde aus der ganzen Welt, um das Herz

5.000 Pfund Taschengeld und die Faszination Nordir-

der Freundschaft aus Deutschland kommt? Vote mit

der Brennerei zu erkunden und ein Stück der Destil-

lands sind inklusive. Nach den zwei Wochen packt Co-

und entscheide, wer Deutschland vertreten darf!

lerie mit nach Hause zu nehmen“, sagt Colum Egan.

lum das Bes­te ein, was seine „Old Bushmills“-DestilleDie beiden Freunde aus Deutschland mit den meisten

die globalen Gewinner bekannt gegeben werden. Das

auf die Reise. Das Ziel ist der Heimatort der Gewinner

Stimmen reisen mit den Gewinnerteams der zehn an-

ist das Spannende daran! Aber es wird auf jeden Fall

– hier erwartet das siegreiche Team eine Riesenparty

deren Länder im August an die Küste Nordirlands.

eine ganz besondere Nacht, egal wo wir landen!“

für Freunde und Familie. Und Colum ist sich sicher: „Wie man eine gute Party schmeißt, das wissen wir!“

48

raus-magazin 1 | 2011

„Wir wissen nicht, wo die Party stattfinden wird, bis

rie zu bieten hat, und geht mit dem Gewinnerteam

Trink verantwortungsvoll. www.initiative-genusskultur.de

raus-magazin 1 | 2011

49


nachgefragt

nachgefragt

7

Pack‘ deine

Raus mit Thomas D

Sachen!

text benjamin hellwig

Ich höre Thomas D – und muss gleich an

Fotos © Boris Breuer

„Rückenwind“ denken. Die verrückte Idee, die der schwäbische Musiker 1997 durchzieht, ging wohl bestimmt jedem von uns mal durch den Kopf. Einfach mal raus! Er tut es, verkauft die komplette Einrichtung seiner Stuttgarter Wohnung und reist mit seinem Wohnmobil für ein Jahr quer durch Deutschland. Und lässt dabei Altes hinter sich. Gelernt hat er „was Anständiges“, jobbt nach der Friseurlehre bei der elterlichen Tankstelle und als Hausmeister. Mit der Hip-Hop-Formation „Die Fantastischen Vier“ feiert er 1989 seine musikalische Auferstehung. Plattenvertrag, Tourneen, Fernsehauftritte. Das Ding kommt ins Rollen.

50

raus-magazin 1 | 2011

Schau genau hin. Die Zeit ist kostbar!

raus-magazin 1 | 2011

51


nachgefragt

d

nachgefragt

as spätere Album „Solo“ mit der Single „Rü-

Hast du denn trotz dieser Vielfalt auch

einer ganzen Kette von Wahnsinn. Das Leid der Tiere,

ckenwind“ folgt dieser inspirierenden Deutsch­

einen Lieblingsplatz in der Natur? Ich habe

die CO2-Belastung, die Vergiftung der Lebensmittel durch

landreise und ist Beginn eines neuen Ab-

hier auf der Wiese vor meiner Haustür einen einsamen

Medikamente. Und das verbunden mit dem Welthunger

schnitts. 1999 gründet er mit Freunden eine Kommune

Baum. Unter ihm haben meine Frau und ich geheira-

und der Wasserknappheit, der wir ja kräftig entgegen-

in der Natur der ländlichen Vulkaneifel und tauft das Pro-

tet. Man spricht ja nicht nur gut von einsamen Bäu-

steuern. Da ist es einfach verrückt, Fleisch zu essen. Ich

jekt „Moderne Anstalt Rigoroser Spakker“ (MARS). Auch

men, aber das ist bestimmt einer der guten. An ihm

fahre ein Hybridauto. Ich könnte aber auch 17 Sport-

aus diesem „Leben und Arbeiten mit Gleichgesinnten“ he-

können wir auch gut die Jahreszeit ablesen.

raus entstehen Projekte musikalischer Vielfalt. Wie wichtig

wagen in der Garage haben und hätte immer noch eine bessere CO2-Bilanz als jemand, der Fleisch isst.

ist ihm die Natur als Lebensmittelpunkt und der tägliche

Thema Nachhaltigkeit, was regt dich auf?

Fleischverzicht ist ein bedeutsamer Schritt, der aber

Umgang mit ihr heute? Fragen wir doch mal nach!

Bis zum heutigen Tag unseres Gesprächs war mir klar,

eigentlich nicht beinhaltet, etwas zu tun, sondern et-

und ich fand es auch äußerst offensichtlich, wie das

was nicht zu tun! Es gibt wenig Möglichkeiten, durch

Hallo Thomas – heute schon drauSSen ge-

gute Gewissen oder die Nachhaltigkeit einen Schritt

Auslassen von Dingen einen Unterschied zu machen.

wesen? Ja, tatsächlich. Ich hatte heute einen der weni-

zurückmacht, wenn es um das Finanzielle geht. Unse-

Außerdem haben wir hier eine Solaranlage und heizen

gen Momente, bei denen ich ganz allein unterwegs war

re Kanzlerin hatte die Verlängerung der Laufzeiten der

mit Pellets. Erst einmal musst du da natürlich investie-

– sogar ohne meinen Hund. Hier in der Eifel ist gerade

Atomkraftwerke beschlossen. Meiner Meinung nach ging

ren, aber das rechnet sich. Doch auch bei den kleinen

absolutes Ausnahmewetter. Ein guter Start in den Tag!

es nicht darum, dass sich das Thema Atomkraft verbes-

Beträgen des Alltags wie beim Kauf von Lebensmitteln

sert hatte oder sich nicht mehr so gefährdend zeigte.

und Bekleidung kannst du was machen: weniger Fer-

Der Frühling ist da! Was treibt dich im All-

Es ging nur darum, möglichst viel Geld herauszuholen.

tigprodukte, mehr Biolebensmittel. Das Internet bietet

tag raus? Für mich ist das Rausgehen natürlich zum

Sobald einmal die Kosten bezahlt sind, ist so ein Brü-

Möglichkeiten, sich über deren Herkunft und Zusam-

einen mit dem Hundespaziergang verbunden. Zum an-

ter eine Gelddruckmaschine. Und dann machen die

mensetzung zu informieren. Denn: Wir werden weiter-

deren gehe ich, seit ich Kinder habe, auch wieder ver-

Betreiber ihre Geschäfte mit der Bundesregierung, die

hin Essen und Kleidung kaufen. Und da können wir

mehrt raus, denn ich will ja, dass die beiden Gefallen

Steuer wird erhöht und die Dinger werden noch eine

mit unserer Kaufentscheidung doch auf leichte Weise

daran finden. Meistens führt das aber dazu, dass sie

Weile laufen gelassen. Das Abschalten von Atomkraft-

einen Unterschied machen.

sich dann beschweren und fragen, wann wir wieder reingehen. Und ich selbst werde zum vollen Outdoor­

„Natur heiSSt für mich wirklich, zu mir selbst zu kommen, durchzuatmen und vor allem diese unbezahlbare, unverschämte Perfektion zu beobachten.“

experten, obwohl ich ja eigentlich nur versuche, meinen Kindern die Vorzüge frischer Luft näherzubringen. Welchen Bezug hast du zur Natur? Ich bin schon ein sehr naturverbundener Mensch. In der Na-

werken weckt Hoffnung. Aber muss erst die Katastro-

Ich habe vor Kurzem gehört, ohne die Be-

tur kann ich auftanken, das ist für mich ein Platz der

phe kommen, damit die Bedrohung wieder erkennbar

kleidungsindustrie in Asien würden wir in

Kraft und der Erdung. Ich wohne ja nicht umsonst

ist? Atomkraft war bereits vor Japan keine gute Idee.

Europa alle nackt rumlaufen. Wie stehst

weit draußen, bezeichne mich selbst gern als Land-

Umweltbewusst sein, solange es mich kein Geld kos­

du zu „Made in China“? Im Zuge der globalen

ei. Ich vermisse die Stadt nicht und suche dort auch

tet? Umweltbewusstsein vergessen, wenn es dafür Koh-

Erwärmung können wir ja eh bald nackt rumlaufen,

nichts, was ich hier nicht finden könnte. Natürlich bin

le gibt? Das ist ein Verhalten, das ich nicht akzep-

da fallen dann alle unsere Grenzen und Hemmungen

ich auch mal in der Stadt. Das ist für mich eine ganz

tieren kann. Solche Kompromisse richten sich einfach

(lacht). Ich habe eigentlich nichts gegen weltweiten

andere Art von Inspiration. Aber Natur heißt für mich

gegen uns alle. Nachhaltigkeit fängt im ganz Kleinen

Handel. Wichtig ist nur, dass wir entsprechende Ar-

wirklich, zu mir selbst zu kommen, durchzuatmen und

an. Und es kann auch niemand von sich weisen und

beits- und Umweltbedingungen in diesen Fabriken

vor allem diese unbezahlbare, unverschämte Perfektion

sagen, ich habe nicht die Möglichkeit oder Fähigkeit,

haben. Allerdings gibt es da oftmals verheerende Zu-

zu beobachten. Die einfache Erkenntnis, dass alles da

etwas für die Welt zu tun. Das ist eine Ausrede, die

stände. Wenn das Zeug da einfach in Flüsse geleitet

draußen sich nicht wiederholt. Dass jedes Blatt, jeder

mich nervt und aufregt.

wird und weder Arbeiter noch Umwelt vor Färbemit-

Grashalm individuell verschieden ist. Und du guckst

teln und Chemikalien geschützt werden. Da machen

raus und denkst dir, die Natur in ihrer Vielfalt ist ein-

Was tust du selbst, um in deinem Alltag

wir natürlich mit, indem wir diese Produkte kaufen.

deutig etwas Göttliches, etwas Heiliges. Und das mache

nachhaltig zu sein? Das beste Beispiel ist mein

Andere Länder sind da schon weiter, da ist es cool,

ich mir immer wieder bewusst.

Verzicht auf Fleischkonsum. Fleisch zu essen gehört zu

ökologische Kleidung zu tragen.

52

raus-magazin 1 | 2011

Einer der guten einsamen Bäume.

raus-magazin 1 | 2011

53


nachgefragt

nachgefragt

Hier ist dann immer noch der riesige Sportartikelhersteller angesagt. Und das selbstverständlich aufgrund einer lang anhaltenden, sehr kostenintensiven Werbung. Kleinere Firmen haben natürlich nicht so viel Marketingpower, um sich darzustellen. Und genau da sind dann wieder wir als Konsument gefragt! Gut aussehen tut das doch mittlerweile alles. Wir müssen nicht mehr in der ÖkoSandale und im selbst gestrickten Pullover rumlaufen. Mittlerweile gibt es auch bei uns kleinere Firmen, die darauf achten, wie sie die Kleidung herstellen. Das Zeug ist dann auch noch cool. Ich selbst habe beispielsweise eine Kooperation mit Pyua. Ich habe mich erst einmal über

„Ich fahre ein Hybridauto. Ich könnte aber auch 17 Sportwagen in der Garage haben und hätte immer noch eine bessere CO2-Bilanz als jemand, der Fleisch isst.“

die Firma informiert und gesehen, dass die das wirklich

Pyua hat ja vor Kurzem auch den Eco Responsibility Award gewon-

gut und gewissenhaft machen. Wir haben dann eine

nen. Wie wichtig sind für dich Auszeichnungen, sei es in der Musik

Kooperation begonnen und jetzt designe ich ein paar

oder bei Pyua? Ich habe ja schon früh gesagt: „Gib uns kein Gold, denn das ist nur

T-Shirts und Sweatshirts, die entweder aus recyceltem

Glimmer.“ Und mein nächster Satz war dann schnell: „Doch gib uns auch kein Silber,

Plastik oder vollständig aus Biobaumwolle bestehen. Die

denn das fänden wir noch schlimmer.“ Ich bin dann schon lieber Erster als Zweiter,

produzieren zwar nicht in Deutschland, sondern in Portu-

und trotzdem geht es nicht darum, die Preise zu häufen oder Auszeichnungen zu er-

gal, aber irgendwie muss man sich dem Markt ein Stück

halten. Aber es hilft, noch etwas hinterherzuschieben. Ein Preis, wie Pyua ihn bekom-

weit anpassen. Sonst bist du bei einem Produkt, das so

men hat, zeigt auch, dass Menschen es würdigen, wenn eine Firma sich so einsetzt.

viel kos­tet, dass es dann keiner mehr kauft.

Sie gehen einen konsequenten Weg und sagen: „Ja, das ist unsere Linie“ – fertig. Und Erfolg und Misserfolg stehen dann vielleicht an zweiter Stelle. Natürlich muss eine Fir-

Bei deiner Pyua-Kollektion liegt neben an-

ma Umsatz machen. Du musst deine Mitarbeiter bezahlen, du musst deine Arbeitsstelle

deren Motiven der Schwerpunkt auf dem

erhalten, aber es richtet sich nicht nur nach dem Geld, die Philosphie steht an erster

Fingerabdruck, Bäumen und Gorillas. Was

Stelle. Vielleicht ist das ein Anreiz für andere, ihr Konzept noch einmal zu überdenken.

steckt für dich hinter diesen Begriffen und

In der Plattenindustrie ist es schön und wir freuen uns sehr über Preise. Aber es ist

warum habt ihr sie als Motive gewählt?

nicht das, was mich motiviert.

Der Fingerabdruck steht symbolisch für das, was wir hinterlassen auf dieser Erde. Denn eines ist klar: Seit es den

1999 hast du die „MARS“-Kommune mit dem angestrebten Ziel einer

Menschen gibt, hat sich die Erde stark verändert. Aber

„friedlichen, spirituell orientierten, künstlerisch spontanen und ve-

wir alle haben die Möglichkeit zu bestimmen, in welche

getarisch gesunden Lebensweise“ gegründet: Wie aktuell ist das Pro-

Richtung wir diese Welt täglich verändern. Die Geschichte,

jekt heute noch? Die Kommune hat sich gewandelt, es ist sehr viel ruhiger und

die wir schreiben, ist wie unser Fingerabdruck. Wir waren

entspannter geworden. Was einmal eine Freak-Hippie-WG war, ist heute zu einer sehr

da, das lässt sich nicht verheimlichen. Aber was haben wir

familiären Station und vielleicht auch zu einem Ruhepol geworden. Es ist wesentlich

daraus gemacht? Diese Frage kann sich nur jeder selbst

weniger los als damals. Mittlerweile wohnen nur noch sechs Leute hier, zwei davon

stellen und beantworten, ganz individuell. Der Baum ist

sind meine Kinder. Die Familie nimmt also schon vier Plätze ein. Zudem wohnen dem-

meine Lieblingspflanze. Bäume sind ein Symbol, so wie

nach nur noch zwei andere hier. Die wilden Zeiten sind vorbei.

die Haare auf der Haut des Planeten. Und wir dazwischen

54

raus-magazin 1 | 2011

Künstlerisch und nachhaltig. Designed by Thomas D.

wie irgendwelche Läuse. Ein Baum kann sehr groß wer-

Und was sind deine wichtigsten Erkenntnisse aus über einem Jahr-

den und doch steht er immer verwurzelt an einer Stelle

zehnt Kommune auf dem Lande? Es steht und fällt mit der Küche! Das ist, glau-

und strahlt eine unglaubliche Ruhe aus. Eine wahnsinnig

be ich, meine Haupterkenntnis. Wenn sich in der Küche nicht alle an Ordnung und

schöne Pflanze, die uns atmen lässt. Der Gorilla ist das

Sauberkeit halten, hast du das Chaos. Gerade bei so vielen Leuten. Ich glaube, ich hatte

stärkste Tier im Urwald. Also denken viele, er sei wie ein

zehn Jahre lang immer ein volles Waschbecken. Obwohl ich direkt am Anfang fett mit

Löwe ein Fleischfresser. Aber er ernährt sich komplett ve-

Edding auf den Boden vor der Spüle geschrieben habe: „Lass mich frei!“ Man könnte

gan. Er isst keine anderen Tiere, auch keine Tierleichen,

jetzt auch sagen, es hat nicht funktioniert. Aber mit Scheitern hat das Ende nichts zu

nur frische Blätter, Obst und Nüsse. Man würde so einem

tun. „MARS“ hat mal mehr und mal weniger funktioniert. Insgesamt betrachtet war es

Veganer jetzt spontan nicht zutrauen, dass er der absolu-

eine sehr schöne Zeit, die ich nicht missen möchte. Irgendwann musste ich sozusagen

te Chef ist. Er ist, was seine Ernährung angeht, das fried-

die Verantwortung übernehmen und sagen, die Ära ist jetzt beendet. Und spätestens

lichste Tier – und gleichzeitig ist er der Chef.

mit der Familie beginnt eine neue Ära.

raus-magazin 1 | 2011

55


nachgefragt

nachhaltig

Eifelpower. Erholungsraum in der Natur.

Woran arbeitest du aktuell? Mich hat die

mer wieder beschrieben werden kann. Eigentlich hatte

Musik meines Kollegen Alex Breuer inspiriert. Er hat an

ich meine eigenen Erlebnisse in Thailand gut bewältigt

einem Soloalbum gearbeitet. Und daraufhin kam ich

und bin froh, dass meine Familie und ich das überlebt

auf die Idee, mein zehn Jahre altes Solowerk „Lektion

haben. Dafür war die Situation sehr unwahrscheinlich.

in Demut“ noch einmal neu aufzunehmen. Komplett

Und wenn ich mir die Bilder aus Japan vor Augen rufe,

mit neuer Musik, aber die gleichen Texte. „Lektion in

wird mir nur noch einmal mehr klar, wie ein Stoff wie

Demut 11.0“ habe ich das Werk genannt. Mit einer

Wasser, der ja eigentlich Lebensspender ist, zum abso-

Musik, die im Jetzt spielt. Die elektronischer ist, wär-

luten Vernichter wird. Da muss der Mensch vor der Na-

mer ist, mehr in den Arm nimmt. Die Geschichten auf

tur ganz weit zurückstecken. Was entscheidet über Le-

text benjamin hellwig

der Platte sind wie ein Comic in Hörform. Superhelden

ben und Tod? Glück oder Bestimmung? In meinem Fall,

fotos © KEEN

und Superbösewichte, die um die letzten Seelen dieser

2004, bin ich mir eigentlich sicher, dass es nichts mit

Welt kämpfen, und die Welt steht am Rand, ist emotional bankrott und sieht einfach nicht gut aus. Das Komische ist, dass jetzt, zehn Jahre später, dieses Szenario aktueller denn je ist. Und dass jetzt viele Leute, die das Original nicht kennen oder zu jung waren, die

„Du musst deine Mitarbeiter bezahlen, du musst deine Arbeitsstelle erhalten, aber es richtet sich nicht nur nach dem Geld, die Philosphie steht an erster Stelle.“

Möglichkeit haben, sich mit dem Thema noch mal auseinanderzusetzten.

keenongreen Mi t a lt e n M a s c h i n e n a u f n e u e n W e g e n

Der Schuhhersteller Keen aus Portland/Oregon, setzt

Pro verkauftes Paar Schuhe aus diesen Linien entrichtet

mit dem Projekt HybridLife Hope neue Maßstäbe beim

Keen fünf US-Dollar zinsfrei an Kiva. Die gemeinnüt-

Thema nachhaltige Produktion. Getreu dem Motto „mit

zige Mikrofinanz-Organisation unterstützt hilfsbedürftige

kleinen Schritten große Wirkung erzielen“ kommen die

Menschen auf der ganzen Welt bei der Umsetzung ihrer

Schuhe der Santiago-Linie so umweltfreundlich und na-

Geschäftsideen. Bis zu eine Million US-Dollar will Keen

türlich wie möglich daher. Im Zentrum der Produktion

in den kommenden Jahren bereitstellen.

Glück zu tun hatte. Das war mehr. Ich hatte da durch-

steht dabei das Werk in Santiago in der Dominikanischen

aus das Gefühl, dass meine Zeit noch nicht gekommen

Republik. Lokale Arbeitskräfte bedienen hier reaktivierte

Info Kiva

Im März hat der Tsunami in Japan eine

war. Innerhalb dieses ganzen Wahnsinns war der Mo-

Vulkanisierpressen aus den 1950er- und 1960er-Jahren.

Kiva ist eine gemeinnützige Mikrofinanz-Organisation mit Sitz

verheerende Zerstörung angerichtet. Du

ment durchaus spirituell. Eine Nahtoderfahrung wie die­

Der Clou dieser alten Maschinen? Heißvulkanisation. Mit-

in San Francisco. Seit 2005 vergibt das Unternehmen über

selbst hast 2004 bei der Tsunami-Katastro-

se hat mir umso mehr bestätigt, dass das Leben einer

tels Druck und Hitze verbinden sich Naturkautschuk und

seine Website Mikrokredite an Kleinbetriebe auf der ganzen

phe in Thailand mit deiner Frau und eurem

Richtung oder einem Sinn folgt. Und wenn ich die aus

handgenähter Schaft, Sohle und Vorderkappe nehmen

Welt. Ziel ist es, Projekte anzuschieben, Menschen mitei-

Kind dem Tod ins Auge gesehen. Wie kannst

Erdbeben und Tsunami resultierende atomare Bedrohung

Form an. Umweltbelastende Klebstoffe kommen somit

nander zu vernetzen und somit die Armut zu lindern. Bis

du solch ein Erlebnis aufarbeiten? Es ist im-

sehe, weckt das in mir das Gefühl, dass die Zeit sehr

nicht zum Einsatz. Etwas Strom ist für das Erhitzen der

heute haben bereits über 520.000 Menschen die Darlehen

mer schwer zu sagen, inwieweit man etwas wirklich

kostbar ist. Und jeder Tag, den wir verschwenden, ist

Formen notwendig – ab Herbst soll er möglichst kom-

in Anspruch nehmen können. Dabei wurden über 200 Milli-

verarbeitet hat. Mit Sicherheit taucht das Thema nicht

wirklich ein verlorener Tag. Weil keiner von uns weiß,

plett aus Solarenergiequellen bezogen werden. Darüber

explizit auf oder unter. Ein Gefühl ist etwas, das im-

wie lange es noch geht.

hinaus hat das Projekt auch einen sozialen Charakter.

56

raus-magazin 1 | 2011

onen US-Dollar eingesetzt. Und das Prinzip funktioniert: Die Rückzahlquote liegt bei nahzu 99 Prozent. www.kiva.org

raus-magazin 1 | 2011

57


anziehend

58

raus-magazin 1 | 2011

fotos © marco knopp, lichtundfeder.de

frühlingsgefühle

anziehend

Der Staub wird von den Sonnenbrillen geklopft und die Natur bekommt endlich wieder ein buntes Gewand. Die Winterbekleidung gehört ab sofort in den Keller, denn jetzt ist er da: der Frühling! Und mit ihm kommen viele coole Klamotten für die ersten warmen Tage. Also: RAUS! in die Sonne!

Simon mit Zimtstern

Chrischi mit Zimtstern Technical Rain

Technical Rain Jacket

Jacket Crux 199,95 Euro, Zimtstern

Apus Allover 179,95 Euro

T-Shirt Chainstar 29,95 Euro & Zimt-

& Zimtstern Hercules Twill

stern Jeans Jerk 64,95 Euro. Schuhe

Bike Shorts 99,95 Euro.

Shimano SH-AM51 164,95 Euro.

59


Anne mit Tatonka Luis anziehend

anziehend

Langarmhemd Shirt 85 Euro, Tatonka Altona Fleecejacke 70 Euro, Tatonka Moron Hose 80 Euro & Teva Forge Pro Event 140 Euro.

Rucksack Tatonka Zefir 30 100 Euro.

Chrischi mit Tatonka Duar-

Rucksack

Anne mit Tatonka Avila Soft足

Chrischi mit Tatonka Marti

te Jacke 180 Euro, Tatonka

Tatonka

shell-Jacke 130 Euro, Tatonka

Kurzarmbluse 75 Euro, Tatonka

Moron Hose 90 Euro &

Karema 18

Moron Hose 80 Euro & Schuhe

Moron Hose 90 Euro & Schuhe

Teva Forge Pro 120 Euro.

85 Euro.

Teva Forge Pro Event 140 Euro.

Teva Forge Pro 120 Euro.

Anne mit Columbia Psych to Hike Dress 69,95 Euro & Sorel Tivoli Rugged Schuhen 129,95 Euro.

60

raus-magazin 1 | 2011

Schmuck Dolly Martin Little Rock 11,90 Euro.

raus-magazin 1 | 2011

61


anziehend

anziehend

Simon mit Vaude Shimo Shirt 35 Euro, Vaude Rukan Shorts II 60 Euro & Schuhe Vaude Ruma Ceplex ab 100 Euro.

Chrischi mit Oakley Blend Jacket 250 Euro, Oakley Mag Short 100 Euro & Sonnenbrille Oakley Holbrook ab 119 Euro. Bike Globe Roll.

Simon mit Oakley Voyage Sunshirt 40 Euro, Oakley Faster Boardshort 70 Euro.

Rucksack Vaude Kumba 20 ab 65 Euro.

62

raus-magazin 1 | 2011

raus-magazin 1 | 2011

63


anziehend

anziehend

Anne mit Chiemsee Damen-

Simon mit Chiemsee Hooded

bluse Megan 69,95 Euro,

Sweat Shirt Bushnell 59,95

Chiemsee Shorts Amber

Euro & Chiemsee Surfshorts

64,95 Euro & Sansibar

Jesup 69,95 Euro.

Ballerinas 39,95 Euro.

Chrischi mit Chiemsee Hemd

64

raus-magazin 1 | 2011

Chrischi mit Pyua Surrounding Zip Hoodie

Chrischi mit Pyua Flying T-Shirt -

Dunnellon 69,95 Euro & Hose

- designed by Thomas D 89,90 Euro.

designed by Thomas D 34,90 Euro.

Chiemsee Cortez 79,95 Euro.

raus-magazin 1 | 2011

65


anziehend

anziehend Anne mit O´Neill Volta Tee 39,95 Euro, O´Neill Lake Winnipeg Walkshorts 59,95 Euro & Sansibar Ballerinas 39,95

Simon mit Bleed Bloody

Euro. Tasche O‘Neill Waterfall Large

Tree Zip Hoody 59,90 Euro,

Shopper Bag 27,95 Euro. Armband Dolly Martin Little Rock 11,90 Euro.

Bleed K.O. Shirt 24,90 Euro Simon mit O´Neill Virtue Shirt

& Hose Chiemsee Cortez

59,95 Euro, O´Neill Casual­ Friday

79,95 Euro.

Night Pant 69,95 Euro. Schuhe Reef Stanley ca. 50 Euro.

Unte r all en R Lese AUS rn v !erlos beid en s en w chön i r (Hoo d ie en B dy u leed nd T -Out eine -Shir fits Post t). S kart ende raus e od u @te ns er E rrao -Mai cean l a n isve mit rlag dem .de Betr „Ver eff losu ng B leed “.

Anne mit Bleed Bone Check Hoody 59,90 Euro, Bleed Bloody Pineapple Shirt 24,90

Anne mit O´Neill Overall

Euro & Chiemsee

River Dress 79,95 Euro &

Women´s

Shorts Phylis 59,95 Euro.

66

raus-magazin 1 | 2011

O´Neill Strawbag 45,95 Euro.

raus-magazin 1 | 2011

67


Anne mit Eider Kara II Jacket anziehend

99,90 Euro, Lafuma LD Peak

anziehend

Shs Shirt 45 Euro, Eider Matra Pants 59,90 Euro & Lafuma LD Moon Race Schuhen 130 Euro.

Simon mit Eider Shankar Jacket

Anne mit kasoto von

249,90 Euro, Millet Late Session

adidas eyewear 89 Euro.

Pant 89,90 Euro & Lafuma Speedtrail Schuhen 100 Euro.

Chrischi mit retego II von adidas eyewear 145 Euro.

68

raus-magazin 1 | 2011

Rucksack Millet 59,90 Euro.

Chrischi mit The North

Anne mit The North

Face Verto Jacket 120

Face Verto Jacket 120

Euro, The North Face

Euro, The North Face

Paramount Peak Cargo

Levada Shorts 100

Short 59 Euro & The

Euro

North Face Back To

Face Back To Berkeley

Berkeley 68 Boot 130

Boot 120 Euro.

Euro. Sonnenbrille evil

Sonnenbrille kasoto

eye von adidas eye-

von adidas eyewear

wear 149 Euro.

89 Euro.

& The North

raus-magazin 1 | 2011

69


anziehend

anziehend

Herstellernachweis RAUS adidas eyewear & adidas Originals Eyewear +49 1805 442010 www.adidas.com/eyewear

AKU ITALIA srl

+39 423 293645 www.aku.it

bleed clothing GmbH

+49 9252 350267 www.bleed-clothing.com

Simon mit Millet 350g GTX Jacket 319,90 Euro,

Chiemsee AG & Co. KG

Millet Sens of Stone T-

+49 8051 961810 www.chiemsee.com

Shirt 34,90 Euro, Millet Late Session Pant 89,90

Columbia Sportswear

Euro & Lafuma Speedtrail

International Sàrl +41 800 43787833 www.columbia.com

Schuhen 100 Euro.

Columbia Sportswear International Sàrl/Sorel +41 800 6226953 www.sorel.com

MASSUNDA - EFX +49 8803 9009922 www.efxgermany.de

Lafuma Group

+49 70 2359110 www.lafuma.fr

Für „Sie“: AKU La Stria

Eider

Suede GTX W 165 Euro.

www.eider.com

Für „Ihn“: AKU La tria INJ GTX in Schwarz 180 Euro.

Millet

www.millet.fr

making-of-fotos © Kevin Skusa Photography & marco knopp

Oakley GmbH

+49 89 996500 www.oakley.com

O´Neill Germany B.V. +49 2131 1244690 www.oneill.com

Ortlieb Sportartikel GmbH +49 9872 8000 www.ortlieb.com

Pyua GmbH

+49 431 71038950 www.pyua.de

Shimano

PAUL LANGE & CO. OHG www.paul-lange.de

TATONKA GmbH +49 8205 96020 www.tatonka.com

THE NORTH FACE

Division VF Germany Textil-Handels GmbH +49 89 23239780 www.thenorthface.com

The World of Dolly Martin

70

raus-magazin 1 | 2011

US!n RA ie r alle wir d Unte n rlose tlieb e r v O n Leser asche t r ie r ine u uns e he K nde stylis e an S . il ity E-Ma Veloc .de oder g e t la r r a e anisv Postk e c o f terra etref raus@ em B b“. e li mit d t r O ung s lo r „Ve

Anne mit Lafuma LD X-Light Jacket 250 Euro, Hose von Eider Matra W 59,90 Euro & Lafuma LD Moon Race Schuhen 130 Euro. Tasche Ortlieb Velocity ca. 79,95 Euro.

+49 431 3804168 www.dollymartin.com

VAUDE Sport GmbH & Co. KG +49 7542 53060 www.vaude.com

Zimtstern GmbH

+41 43 3111898 www.zimtstern.com

71


g n u r s e y s a i n w a r b a r F U s e Die d

querbeet

Wenn du bei Crossgolf zuerst an geländetaugliche Mittelklassewagen denkst, soll-

text benjamin hellwig

test du dich in diesem Frühjahr mal in der einen oder anderen Kiesgrube umschauen. Oder in der stadtnahen Natur. Nicht nach Autos, versteht sich. Hinter dem Begriff versteckt sich ein wahres Lebensgefühl. Mit kleinem Ball und Eisen 7. Kein Caddie, kein Handicap, kein Putting Green. Nur du und deine Mitspieler. Crossgolf spielst du einfach drauSSen. Regeln? Safety first, mehr erst mal nicht.

d

72

raus-magazin 1 | 2011

Wasserhindernis mit Bravour gelöst.

Foto crossgolf.de

ie Reduzierung auf das Wesentliche ist es,

Paris, Miami, San Francisco und Shanghai kennzeichnen

was diese Funsportvariante des oftmals bie-

eine Lebenseinstellung, die über das Schlagen von Bällen

der angehauchten und elitären Golfsports

hinausgeht. „Viele Leute haben sich sogar unser Logo

ausmacht. Einfach Spaß! Und das schon länger, als du

tätowieren lassen.“ Die Philosophie der Natural Born

glauben magst. Nach Abwechslung suchend, bugsierten

Golfers? Rock‘n‘Hole: „Das ‚urban Golfen‘, wie es bei

schottische Schäfer mit ihrem Hirtenstab Kieselsteine in

uns heißt, leben viele von uns. Wir haben fast alle im-

kleine Löcher. Oder waren es Schafköttel? Jedenfalls ist

mer einen Golfschläger und ein paar Softballs dabei, um

das schon über 700 Jahre her! Crossgolf in seiner Ur-

bei Gelegenheit schnell ein paar Bälle durch die Botanik

form, behauptet so manch ein Enthusiast. Spaß hatte

zu spielen“, sagt Torsten.

sicher auch Astronaut Alan Shepard vor rund 40 Jah-

ren. Sein einhändig geschlagener Golfball donnerte im

Ebenfalls Anfang der 1990er ist der Kieler Roland Steg-

vierten Versuch durch den luftleeren Raum des Mondes.

mann auf ähnlichen Pfaden unterwegs. Mit einigen Golf-

Über mehrere Hundert Meter weit. Respekt. Eingesam-

schlägern und -bällen im Kofferraum steuert er mit Freun-

melt hat er ihn nicht wieder.

den spontan das nächste Industriegebiet an, um ein paar

Bälle zu schlagen. Der Beginn einer Leidenschaft. „Wir

1992 nennt ein Hamburger das Kind dann mal beim

hatten mehr und mehr Spaß an der Sache und suchten

Namen. Torsten Schilling beginnt seine Interpretation

uns immer neue Locations“, sagt Roland rückblickend.

vom Golf in den Fluren eines Hotels. Und betitelt die

Ursprünglich im klassischen Golfsport und einem elitären

wachsende Interessengemeinschaft bald mit „Natural

Club zu Hause, wendet er sich damals der urbanen und

Born Golfers“. Heute hat Torsten den Sport für sich als

freien Natur zu. Und wie vielen anderen geht es ihm

Geschäftsfeld entdeckt. Professionell organisierte Events,

beim Crossgolfen um die Unabhängigkeit und Zwanglosig-

ein eigenes Modelabel und Sympathisanten in Warschau,

keit. „Das spießige Clubverhalten war schon sehr nervig“,

Foto © Natural Born Golfers

raus-magazin 1 | 2011

73


Bauchfrei zum Hole in One.

querbeet

SpaSS hatte sicher auch Astronaut Alan Shepard vor rund 40 Jahren. Sein einhändig geschlagener Golfball donnerte im vierten Versuch durch den luftleeren Raum des Mondes.

Foto © crossgolf.de

Foto © crossgolf.de

74

raus-magazin 1 | 2011

sagt Roland zu seiner Zeit vor Crossgolf. Dass er das Thema in Deutsch-

Die Verlustquote mag anfangs oder auch später im an-

land bekannt macht, liegt für ihn auch am Hunger der Presse in den

spruchsvolleren Terrain hoch sein. Recycelte Bälle sind da

frühen 1990er-Jahren. „Die Medien fanden das Thema cool, weil es mal

kostengünstiger zu haben und schonen den Geldbeutel.

etwas anderes war. Eine neue Sportart, ein bisschen trendy, ein biss-

Vorsicht allerdings, das sind meist echte Golfbälle mit

chen revolutionär. Einfach mal weg vom ‚das ist nur was für extrem

Durchschlagskraft. Bei beabsichtigtem Abschlag ins Was-

reiche Menschen‘ – da waren die ganz heiß drauf.“ Roland beendet

ser wählst du der Natur zuliebe solche, die sich rück-

sein Studium und macht sein Hobby zum Beruf. Er gründet die Firma

standslos im Wasser auflösen. Und wenn du in den

„x-wayz“ und veranstaltet Betriebsausflüge und Incentives rund um das

späten Tagesstunden oder auch in der Nacht noch ein-

Thema Crossgolf. Und auch wenn seine berufliche Entwicklung heute

mal ein paar Bälle schlagen willst, besorgst du dir am

neuen Wegen folgt, spielt er noch immer – und organisiert für größere

besten die Knicklichtvariante „Almost NT“. Eine sinnvolle

Firmen hin und wieder das eine oder andere Event.

Ergänzung, und damit bist du dann auch komplett aus-

gestattet: eine kleine, leichte Abschlagmatte.

Was Anfang der 1990er gelingt, ist heute ein Kinderspiel. Der Einstieg

ins Crossgolfen ist denkbar leicht. Alles, was du brauchst, lässt sich

Crossgolf-Locations gibt es wie Sand am Meer. Und

ohne großes Geld und mit wenig Aufwand besorgen. Ein gebrauchter

Golfclub-Benimmregeln im Stile von „Im Sandhindernis

Schläger genügt da erstmal völlig. Empfehlenswert ist ein Eisen 6 bis

müssen alle Unebenheiten und Fußspuren mit der dafür

8, viele schwören auf das flexible Multitalent mit der eingravierten 7.

vorgesehenen Bunkerharke eingeebnet werden“ kennt die

Der Cross-Charakter des Geländes erfordert allerdings robustes Material.

urbane Variante nicht. Gespielt wird einfach da, wo Platz

Günstigere Schläger mit Graphit-Schaft sind da weniger geeignet, Stahl

ist. Neben Steinbruch und Landschaftspark bieten auch

ist die bessere Wahl. Inzwischen gibt es eigens für das Crossgolfen an-

brachliegende Industrieflächen, weitläufige Baustellen,

gefertigte Schläger, die auf die Angabe des Lofts (Neigungsfläche der

Güterbahnhof, Strand oder Hafengelände das Ambiente

Schlagfläche) verzichten. „Eisen“ steht da schlicht. Und entspricht etwa

für den perfekten Durchschwung. Ziel der Spielrunde –

einem 7er. Auch hier: Reduzierung auf das Wesentliche.

worauf du Lust hast und was der Spot hergibt: Müllei-

mer, Gullydeckel, Baggerschaufeln, Ölfässer, Autowracks,

Bei der Wahl des richtigen Balls gibt es viele Möglichkeiten. Weich und

Baumstümpfe, Holzpfosten oder Fabriktore. Geschlagen

leicht und daher aus Schaumstoff oder Gummi kommt dem Aspekt „Safety

wird abwechselnd und wer weniger Schläge braucht, ge-

first“ am nächsten. Zwar lassen sie nur kürzere Schlagweiten zu, haben

winnt die Runde. Aber selbst das Zählen ist vielen Cross-

dabei aber wahre Flugeigenschaften. Es gibt sie in verschiedenen Farben

golfern unwichtig. Einfacher geht es nicht. Also nimm

und von unterschiedlichen Herstellern, unter anderem von „almostgolf“.

dir einen Schläger und dann raus!

Foto © crossgolf.de

querbeet

raus-magazin 1 | 2011

75


Spielvarianten Ob du dich nun mit anderen messen willst oder einfach nur ein paar Bälle durch die Luft jagst: Der Fantasie beim Crossgolfen sind keine Grenzen gesetzt. Hier eine kleine Auswahl an Spielvarianten, die du selbst variieren oder erweitern kannst. Wichtig bleibt: Sicherheit geht vor! Klassisch Noch dicht dran an der Golfplatzversion, visierst du beim klassischen Crossgolf richtige Löcher an. Die buddelst du dir entweder selbst oder nimmst solche, die dir die Location schenkt. Mülleimer, Gullydeckel, Hasenbau – wer weniger Schläge benötigt, gewinnt die Run-

Über den Dächern deiner Stadt.

querbeet

Sandbunker. Nee, Flakturmbunker mit Nutzungsänderung.

querbeet

de. Wenn dir das Zählen wichtig ist. Geräuschvoll Treffen statt Einlochen. Nah dran an der klassischen Spielweise legst du bei dieser Variante Wert auf Ziele mit Klangpotenzial. Alles, was den Erfolg hörbar macht, kommt für deinen letzten Schlag infrage. Vorschläge? Metalltor, Betonpfeiler, Baumstamm. Nah dran Such dir ein markantes Ziel (Zaunpfahl, Laterne, Baumstamm), zieh einen oder mehrere Kreise drum und schlag ein paar Bälle. Distanz: nah bis mittel. Wer die meisten Bälle im Kreis oder nahe am Ziel hat, gewinnt. Weit weg Die urbane Driving Range hat viele Gesichter. Die Höhe des Abschlagsortes verändert dabei entscheidend die Flugeigenschaften des Balls. Ob vom rostigen Waggon in den brachliegenden Güterbahnhof oder vom Kiesgrubenhügel in den Baggersee: Weit schlagen kann befreiend wirken. Bei unerreichbaren Gewässerlandungen besser wasserlösliche Bälle verwenden. Home sweet home Warum nicht den Weg nach Hause spielerisch gestalten? Abwechselnd schlagen, die Position des weitesten und zielnächsten Balls ist für alle Abschlagsort für den jeweils nächsten Schlag. Da steckt Wettbewerb und Vorwärtsdrang drin. Und zu Hause angeFoto © Natural Born Golfers

kommen haben alle gewonnen.

76

raus-magazin 1 | 2011

Foto © Natural Born Golfers

Sechs Facts von alten Hasen zum Einstieg ins Crossgolfen

mal Crossgolf-Strecke und das Ziel lag dann meist dicht am Tresen. Warum

Crossgolf-Schöpfer Roland Stegmann

Crossgolf und nicht Golf? Oder doch beides? Mittlerweile beides. Inzwi-

Mein erster Abschlag: Das war in einem Industriegebiet. Wir schlugen die

schen gibt es viele entspannte Golfclubs, die ich auch für bezahlbar halte. Da

Bälle in eine zerfallene Bauruine: Ziel war es, in die halb eingeschlagenen Fens­

kannst du dich mehr auf das Golfen an sich konzentrieren und nicht so sehr

ter zu treffen. Mein wichtigstes Equipment: Mein 7er-Eisen. Mein Tech-

auf deine Umgebung achten. Wobei ich das Crossgolfen für spannender halte.

niktipp beim Abschlag: Vor dem Abschlag nur auf den Ball gucken. Auch

nach dem Abschlag noch kurz den Abschlagpunkt anvisieren. Erst dann dem

Urban-Golf-Legende Torsten Schilling, Natural Born Golfers

Ball hinterherschauen! Meine sensationellste Location: In Berlin vom fah-

Mein erster Abschlag: 1992 auf einem Hotelflur in England. Mein wichtigstes

renden Schiff auf ein kleines Ziel auf einer Insel. Mein abgefahrenstes Ziel:

Equipment: Ich habe circa 300 Golfschläger (alle geschenkt bekommen), nehme

Nach Turnieren ging es oft in die Kneipe. Der Weg dahin war dann noch

aber immer nur einen mit: meinen „divnick“-Teleskopschläger mit Winkelverstellung.

raus-magazin 1 | 2011

77


querbeet

querbeet

Foto © crossgolf.de

Foto © Natural Born Golfers

Mein Techniktipp beim Abschlag: Locker bleiben und versuchen, cool auszusehen. Meine sensationellste Location: Abschlag von einem Balkon im 56.

Crossgolf-Locations

Stockwerk in New York in den Hudson River. Mein abgefahrenstes Ziel: Eine

Hamburg Elbsüdseite: Driving Range Elbe deluxe. Durch den Elbtunnel

alte Cessna. Der Flieger war abgestürzt und wir haben ihn mit auf Tour durch

und dann ins Ödland nach Osten. Volksparkwiese: Entspannte Grünan-

Deutschland genommen. Hingucker! Warum Crossgolf und nicht Golf? Oder

lage. Ziele: Mülleimer, Bänke, Hasenbauten. Fischmarkt: Montag-Freitag,

doch beides? Ich habe seit 1992 etwa drei Mal auf dem Golfplatz gespielt und

da sonst eben Fischmarkt. Geniale Kulisse und Aussicht.

das reicht mir. Ich kann mit dem „normalen Golfen“ und der Attitude darum nichts anfangen. Das ist und bleibt mir total fremd. Außerdem verlernen auf

München Olympiapark: Schöne Flanke des Olympiabergs, gemähtes

dem Golfplatz selbst Akademiker die Addition und schummeln sich durchs Spiel.

Gras, sensationelle Aussicht. Fröttmaning, Allianz Arena: Wasserhin-

dernisse, Hügel, hohes Gras. Bei Dornach: Drei Kiesgruben, grober Kies,

Crossgolf-Portal-Gründer Klaus Simianer

daher besser Abschlagmatte mitnehmen.

Mein erster Abschlag: Auf einem Golfplatz! Meine Freundin hat mir eine Trainerstunde auf einem bekannten und elitären Golfclub geschenkt. Meine Jeans

Berlin Teufelsberg Grunewald: Areal der alten US-Abhöranlage, kurze

wurde gleich argwöhnisch betrachtet. Ich habe aber schnell gemerkt, dass ich

Bahnen möglich, spektakulär! Flugfeld Tempelhof: Weitläufig, gut, um

den Sport an sich cool finde. Im Internet bin ich dann auf das Thema Cross-

den Driver mal zu schwingen. Niederschöneweide/Treptow: Altes Brau-

golf gestoßen und habe mir gleich eine kleine Ausrüstung gekauft. Mein wich-

ereigelände, von drinnen nach draußen und von draußen nach drinnen.

tigstes Equipment: Auf jeden Fall ein Almost-Golfball, die wiegen nur 13,5

Gramm und können im Prinzip nichts zerstören! Und dann mein 8er-Eisen.

Erweitertes Ruhrgebiet Krefeld-Linn: Altes Bahngelände mit Gü-

Mein Techniktipp beim Abschlag: Es geht nicht darum, die perfekte Technik

terwaggons. Detmold: Stillgelegter Militärflughafen am Nordring (K90),

zu haben, einfach der Devise „probieren und Spaß haben“ folgen. YouTube ist

Wellblechhütten, Hügel, Gräben. Duisburg Nord: Zwischen Hochofen

auch eine gute Möglichkeit, um sich ein paar Ideen zu holen. Meine sensatio-

und Gießerei, im Landschaftspark.

Foto © crossgolf.de

nellste Location: Für einen Event hatten wir ein Hilton Hotel auf Mallorca zum Crossgolfplatz umgebaut. Außerdem sind mir die Abschläge in der Arena auf

Shops, Foren, Communitys, Incentives, Infos

Schalke und im Stadion am Betzenberg in Kaiserslautern in guter Erinnerung.

www.holzundeisen.de | Spezielles Crossgolf-Equipment, Location-Finder

Mein abgefahrenstes Ziel: Bei Turnieren haben wir einen Ford Cougar Cabrio

Foto © Natural Born Golfers

Baujahr 1969, in den wir hineingespielt haben. Warum Crossgolf und nicht

www.facebook.com/naturalborngolfers | Alles rund um die

Golf? Oder doch beides? Inzwischen spiele ich auch mal auf dem Golfplatz.

Natural Born Golfers

Hatte mit einem Freund gewettet, es in einem Jahr zu schaffen, die Platzreife

www.crossgolf.de | Umfassendes Crossgolf-Portal

zu machen und mit dem Handicap unter 20,0 zu kommen. Jetzt bin ich bei

www.x-wayz.de | Agentur für Crossgolf-Incentives

19,3 und habe eine Kiste Bier gewonnen.

Foto © crossgolf.de Foto © Natural Born Golfers

Golfclub-Benimmregeln im Stile von „Im Sandhindernis müssen alle Unebenheiten und FuSSspuren mit der dafür vorgesehenen Bunkerharke eingeebnet werden“ kennt die urbane Variante nicht.

78

raus-magazin 1 | 2011

Foto © crossgolf.de


medcyklen Kopenhagen mit dem Rad

K ø b e n h av n

pedaliéros

Als Anfang September 1819 ein hagerer Junge aus armen Verhältnissen im Alter von 14 Jahren nach Kopenhagen reist, erfüllt er sich einen Traum. Seit Jahren fasziniert ihn die dänische Hauptstadt und nun hat er es endlich geschafft. Hans Christian Andersen ist auf der Ostseeinsel Fünen aufgewachsen, doch fortan bestimmt die Hauptstadt Dätext Marc Maschmann

nemarks sein Schicksal. Die Stadt inspiriert und erzieht ihn – er wird zum berühmtesten

fotos © Marco knopp

Dichter und Schriftsteller Dänemarks und zum Aushängeschild Kopenhagens.

80

raus-magazin 1 | 2011

raus-magazin 1 | 2011

81


pedaliéros

pedaliéros

Die dänische Metropole gilt als eine der fahrradfahrerfreundlichsten der Welt. Speziell angelegte, farbige Radwege, separate Radfahrerampeln und eine ganze Flotte an städtischen Leihfahrrädern unterstreichen diesen Anspruch.

d

as historische Zentrum Kopenhagens sieht

schäfte und Cafés entlang der Strøget und ihren zahl-

heute noch immer fast so aus wie zu An-

reichen Seitenstraßen fordern dich immer wieder auf,

dersens Zeiten. Nur bevölkern jetzt Massen

anzuhalten und die Atmosphäre aufzusaugen. Bereits

von Fahrrädern die Stadt. Das war damals noch nicht

auf den ersten hundert Metern kannst du historische

so. Andersen erlebt die Draisine in den Gassen seiner

Bausubstanz bestaunen, unter anderem die alte Univer-

neuen Heimat nur sehr selten – Karl Drais erfindet die

sität, das Domhuset und zahlreiche Kirchen.

einspurige Laufmaschine erst 1817. Erreichst du das Ende der Shoppingmeile, geht es weiter Inzwischen ist das Fahrrad nicht mehr aus dem Stadt-

Richtung Norden in den Park Rosenborg Have. An son-

bild Kopenhagens wegzudenken. Es ist das ideale Fort-

nigen Tagen tummeln sich hier die Kopenhagener auf den

bewegungsmittel für die Kopenhagener, um zur Arbeit

Grünflächen des im Renaissance-Stil angelegten Parks.

zu kommen und Erledigungen zu machen. Schneller

Und Touristen bestaunen das ehemalige Lustschlösschen

als Bus und Auto ist es allemal. Und für dich das per-

des dänischen Königs Christian IV., die Rosenborg. Heute

fekte Gefährt, um diese beeindruckende Stadt zu er-

wird die Rosenborg als Museum genutzt. Wachwechsel

kunden. Die dänische Metropole gilt als eine der fahr-

und Kronjuwelen sind inklusive.

radfahrerfreundlichsten der Welt. Speziell angelegte, farbige Radwege, separate Radfahrerampeln und eine

Von dem Park sind es nur ein paar Pedalumdrehungen

ganze Flotte an städtischen Leihfahrrädern unterstrei-

bis zur dänischen Nationalgalerie, dem Statens Museum

chen diesen Anspruch.

for Kunst. Oft stehen bereits vor dem Gebäude Installationen internationaler Künstler, ein „Drive-in“ in Sachen

82

raus-magazin 1 | 2011

Also nichts wie raus – ein Fahrradparadies voller Se-

Bildung sozusagen. Wenn du allerdings den ausgiebigen

henswürdigkeiten wartet auf dich! Vom Rathausplatz

kulturellen Genuss suchst, solltest du natürlich hinein-

folgst du dem Strom der Spaziergänger durch die längs­

gehen – im Inneren wartet die Königliche Malerei- und

te Fußgängerzone der Welt, die Strøget. Unzählige Ge-

Skulpturensammlung.

raus-magazin 1 | 2011

83


pedaliéros

pedaliéros

Auf dem Schlossplatz, im Hintergrund die Amalienborg.

Weiter in Richtung Osten. Nach wenigen Minuten gelangst du ans

Eriksens Nachfahren an einem geheimen Ort auf. Und so sitzt ihre

zügig angelegten Platz hast du auch einen guten Blick auf

Wasser. Die Kopenhagener Hafenpromenade, die Langelinie, bietet ein

Platzhalterin weiterhin jeden Tag auf dem Felsen an der Langelinie und

die Marmorkirken. Sie ist mit ihrer Kuppel an den Petersdom

fantastisches Panorama. Und ist das Zuhause der berühmtesten Bürge-

wartet sehnsüchtig auf ihren Prinzen.

in Rom angelehnt und verstärkt somit dein Gefühl, dich in-

rin der Hauptstadt, der Lille Havfrue. Die kleine Meerjungfrau aus dem

mitten eines architektonischen Allerleis Europas zu befinden.

gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen ist DAS Wahrzei-

Ab in den Süden. Das Wasser liegt zu deiner Linken. Nach kurzer Zeit

chen Kopenhagens. Aufgrund dieser Berühmtheit muss sie sich jedoch

rollst du auf den Schlossplatz vor der Amalienborg. Hier residiert die

einiges gefallen lassen. Unsittliche Berührungen sind dabei noch das

dänische Königin, wenn sie in der Hauptstadt weilt. Und hier bewei-

geringste Übel. Schon mehrmals verschandelten Widersacher das arme

sen die Dänen, dass auch sie das majestätische Einmaleins im Schlaf be-

Ding mit bunten Farben oder köpften sie gar. Doch keine Angst, be-

herrschen. Denn betrachtest du die Architektur der vier Paläste und die

das andere. Auf was auch immer du gerade Hunger hast, in

reits seit 1913 räkelt sich an der Hafenpromenade lediglich eine Ko-

Schlosswachen in Gardeuniform samt Fellmütze davor, wähnst du dich

einem der bunten Giebelhäuser findest du die passende Stär-

pie der von Edvard Eriksen erschaffenen Figur. Das Original bewahren

nicht in Skandinavien, sondern eher im United Kingdom. Von dem groß-

kung. Oder davor, wenn das Wetter passt.

84

raus-magazin 1 | 2011

Oft stehen bereits vor dem Gebäude Installationen internationaler Künstler, ein „Drive-in“ in Sachen Bildung sozusagen.

Weiter geht es zum nächsten Postkartenmotiv Kopenhagens: dem Nyhavn. Auf beiden Seiten dieses kleinen Hafenarms reiht sich neben den obligatorischen Segelbooten ein Restaurant an

raus-magazin 1 | 2011

85


pedaliéros

pedaliéros

Alte Universität. Christiania: Reclaim your Viertel.

Kopenhagen konnte sich einen Großteil seiner historischen Bausubstanz

Fahrradroute Kopenhagen

bewahren, da Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg selten blieben.

01 Rathausplatz

Doch es gibt auch mehrere eindrucksvolle Beispiele moderner Architektur. Besonders die Neue Kopenhagener Oper oder der sogenannte „Schwarze Diamant“, die Kongelige Bibliotek, sind eine Vorbeifahrt und mehrere Blicke wert. Die Dänische Königliche Bibliothek ist die größte und bedeutendste Bibliothek ganz Skandinaviens. Sie beheimatet nahe-

02 Strøget

Kein Besuch der dänischen Hauptstadt ist vollständig, ohne Christiania, die „Stadt in der Stadt“, besucht zu haben.

03 Domhuset 04 Universität 05 Park und Schloss Rosenborg 06 Statens Museum for Kunst 07 Lille Havfrue

zu alle Werke, die in Dänemark seit dem 17. Jahrhundert veröffentlicht

08 Amalienborg

wurden. Mitte der 1970er-Jahre musste die Bibliothek einen der größ-

09 Nyhavn

ten Buchdiebstähle aller Zeiten verkraften. Über 3000 historische Bücher

10 Kongelige Bibliotek 11 Christiania

mit einem Wert von fast 40 Millionen Euro wurden gestohlen, darunter

12 Neue Oper

Werke von Martin Luther und Originale von Immanuel Kant. Erst 2003 wurde der Fall aufgeklärt. Und der Dieb hatte ein Heimspiel: Frede

Nach einem Rechtsstreit hat Christiania im Februar sein

Møller-Kristensen war Angestellter der Orient-Abteilung der Bibliothek.

Selbst­bestimmungsrecht endgültig verloren. Ob es zu einer Eingliederung als Kopenhagener Stadtteil kommen

Kein Besuch der dänischen Hauptstadt ist vollständig, ohne Christia-

7

wird, ist noch offen.

nia, die „Stadt in der Stadt“, besucht zu haben. Durchquerst du den Eingang Christianias, begibst du dich auf eine Zeitreise in die 1970er-

Packst du in Christiania deine Kamera aus, weisen um-

Jahre. Vor allem im Sommer haftet dem Freistaat der Charme einer

sichtige – oder vielleicht eher besorgte – Bürger nach-

Hippie-Kommune an: Viel Grün, kunterbunte Häuser, Cafés, Straßen-

drücklich darauf hin, dass Fotografieren hier nicht er-

händler und ein reichhaltiges Kulturangebot locken viele Besucher an.

wünscht ist. Über 30 Jahre unterband der Staat Konsum

Christiania gilt als autonomes Gebiet im Stadtteil Christianshavn. Aus-

und Handel von „weichen Drogen“ wie Marihuana und

steiger, Hippies, Anarchisten und alle Formen von Lebenskünstlern grün-

Haschisch hier nur ansatzweise. Seit im Jahre 2004 die

deten hier 1971 eine alternative Wohnsiedlung und schufen ihre eigene

rechtsliberale Regierung mehr Druck ausübte, findet der

Verwaltung inklusiver kreierter Währung. Nach einigen – mitunter auch

Handel mit den umstrittenen Substanzen nur noch im

gewaltsamen – Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den

Verborgenen statt. Ein Umstand, der die empfindlichen

Bewohnern galt Christiania zwischenzeitlich als „soziales Experiment“.

Reaktionen der Christiania-Anwohner ein wenig erklärt,

Jahrelang duldet die Stadtverwaltung den Ort mehr oder weniger.

wenn du den Auslöser betätigst.

86

raus-magazin 1 | 2011

6 5

8 12

4 2

2

2

9

3

1 10

11


eigenleistung

pedaliéros

LASSBILDERSPRECHEN! F otowettbewerb Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte. Und doch sind es oftmals die Geschichten hinter einem Foto, die den Blick darauf erst so richtig abrunden. Ob beschwerliche Perspektivsuche, faszinierende Begeg1. Preis

nung oder skurriler Nebenschauplatz: RAUS! sucht dein sensationellstes

AHKE JACKET

Bild von draußen. Und die Umstände seiner Entstehung. Schick es uns

65 Prozent Polyester/35 Prozent Öko-Baumwolle | Eine

(Auflösung: 300 dpi) mit einer kurzen Beschreibung (bis zu 100 Wörter)

Jacke für fast jedes Wetter, aber auch für einfache Ta-

an raus@terraoceanisverlag.de. Einsendeschluss ist der 20. Mai.

gestouren bestens geeignet. Wasserdichte Kapuze und Schulterpartie für leichten Dauerregen, die restliche Jacke

Wenn du keine Möglichkeit hast, dein eigenes Rad mitzubringen, bist du bei den fahrradverliebten Dänen genau richtig. An verschiedenen Stellen in der Stadt gibt es für ein geringes Pfand leihweise ein offizielles Citybike.

Einzige Bedingungen: Du musst rausgehen, um es aufzunehmen. Und

aus leichtem, fast winddichtem Material mit guter Belüf-

es sollte sommerlichen Charakter haben. Die Belohnung kann sich se-

tung. Ein wirklich strapazierfähiger Begleiter.

hen lassen: Zusammen mit dem schwedischen Outdoorspezialisten Lund2. Preis

hags prämieren wir die vier Besten. Und zeigen sie. Im nächsten RAUS! Erhältlich ab Juni.

TRAVERSE PANTS

65 Prozent Polyester/35 Prozent Öko-Baumwolle | Preisgekrönte Hose, wind- und wasserabweisend. Stretcheinsätze an strategischen Stellen und lange seitliche Belüftungsschlitze. BOOT-LOC sorgt dafür, dass bei anspruchsvollen Touren weder Steine noch Schnee eindringen.

1.

3. Preis

GERO 30

30 Liter, 760 Gramm | Richtiger Rucksack für eine richtige Tagestour. Rollöffnung oben, großes Hauptfach und Außenfach für Helm oder Jacke. Mesheinsatz am Rücken für optimale Belüftung. Fleece-gefütterte Innentasche für Brille oder Telefon. Überall Taschen: für Schlüssel und In Christiania kannst du deine Runde durch eine der

Wertsachen, fürs Trinksystem, an den Seiten.

schönsten und faszinierendsten Metropolen Europas be-

enden. Kopenhagen ist perfekt für eine Entdeckungstour

2.

4. Preis

LUNDHAGS ECO TEE

auf zwei Reifen. Und wenn du keine Möglichkeit hast,

100 Prozent Öko-Baumwolle | T-Shirt mit wasserbasier-

dein eigenes Rad mitzubringen, bist du bei den fahr-

tem Druck und Motiven der Künstlerin Frida Torgeby.

radverliebten Dänen genau richtig. An verschiedenen Stellen in der Stadt gibt es für ein geringes Pfand leihweise ein offizielles Citybike. Per Einkaufswagen-Prinzip wirfst du einfach eine 20-Kronen-Münze ein und schon kannst du Kopenhagen von seiner besten Seite erfah-

3.

ren. Nämlich auf zwei Rädern. Informationen zu Kopenhagen

www.visitcopenhagen.com Bereits 1932 stellte der Schuhmacher Jonas Lundhag in Kopenhagen Citybike www.bycyklen.dk

einer kleinen Schuhmacherwerkstatt mitten in der Wild-

Organisierte Fahrradtouren www.citysafari.dk www.bikecopenhagenwithmike.dk

für Qualität und Funktion war genauso ausgeprägt wie

Verzeichnis Fahrradhändler und -werkstätten www.danskecykelhandlere.dk

88

raus-magazin 1 | 2011

Keine Berührungsängste. Meerjungfrau zum Anfassen.

nis Jämtlands Schuhe und Wanderstiefel her. Sein Gefühl

seine Liebe zur Natur. Seitdem sind Wissen und Traditi-

4.

onen von einer Generation zur nächsten überliefert worden. Und heute findet sich das spezielle Lundhags-Gefühl in allen Produkten wieder.

raus-magazin 1 | 2011

89


Buche und Eiche als Alternative zu Fels und Gebirge? Mal eben in den Wald am Stadtrand, statt aufwendig in die Bergwelt zu düsen? Hoch hinaus und sportlich reizvoll, dazu oftmals inmitten einer grandiosen Kulisse, bieten Hochseilgärten Kletteratmosphäre für Spontanentschlossene.

b

etrachten wir es mal rational und aus Sicht

me. Wie zum Beispiel Jan Sell. Der Kieler ist in dieser

der Evolution: Eigentlich ist der Mensch

Hochseilgarten-Saison nah dran an den ersten Früh-

nicht dafür geschaffen, in den Bäumen he-

jahrsknospen. „Es fasziniert mich, an meine Grenzen zu

rumzuklettern. Es ist für uns ganz einfach energiespa-

kommen und dann ein Stück darüber hinauszugehen.

render, unten zu bleiben. Affen wiederum sind wie ge-

Das Gefühl danach ist sensationell“, sagt der 21-Jäh-

macht dafür – Ästhetik zwischen den Ästen. Allerdings

rige. In den Bäumen am Falckensteiner Strand im Nor-

trainieren sie schon eine Weile. Vor rund 65 Millionen

den seiner Heimatstadt macht Jan vor zwei Jahren er-

Jahren treibt es die Vorfahren heutiger Primaten vom

ste Erfahrungen mit Karabiner und Klettergurt. Anfangs

Boden in die Bäume. Und das erstmal aus nüchternen

ist er zwar noch etwas wackelig auf den Beinen, aber

Beweggründen: Sie dehnen das Höhenniveau ihrer

angstfrei. Heute kann er es voll genießen. „Das ist Frei-

Speisekammer aus und vergrößern somit Vielfalt und

heit! Wenn ich oben bin, kann ich alle anderen Dinge

Verfügbarkeit an Insekten und Früchten. Das Leben

einfach mal ausblenden und den Kopf freibekommen.“

zwischen den Astgabeln gibt ihnen zudem Sicherheit

vor Feinden am Boden. Was könnte uns Menschen

Krass, das sind nur fünf Meter? Nicht jeder fühlt sich

wohl einen Anreiz geben?

nach dem Aufstieg über schwankende Strickleitern auf

fotos © www.highspirits-kiel.de

hoch hinaus

wiedieaffen

text Benjamin Hellwig

hoch hinaus

der ersten Plattform glücklich und frei. Und so sind die

90

Die emotionale Sichtweise liefert die Antwort: Adre-

Momente zwischen den Bäumen für manche auch ein

nalin. Und für das auslösende Moment muss es nicht

Selbsterfahrungstrip. Viele Menschen wissen vor einem

die alpine Felswand sein. Das Klettererlebnis in Natur­

Besuch im Kletterwald noch nicht, dass ihr Gefühl am

hochseilgärten lockt immer mehr Menschen in die Bäu-

Boden nicht dem weiter oben entspricht. Höhenangst.

raus-magazin 1 | 2011

Plattform mit Meerblick.

raus-magazin 1 | 2011

91


hoch hinaus

hoch hinaus

Freiheit. Leichtigkeit. Unerschrocken.

„Überwindbar“, sagt Hochseilgarten-Sicherheitstrainer

Und was jetzt? Erst einmal die dicke Eiche umarmen?

Willy Krause. „Das ist eine Urangst des Menschen –

Warum nicht. Wem mulmig zumute ist, unternimmt

wir sind nun mal nicht dafür vorgesehen, in der Höhe

fast alles, um Vertrauen und Ruhe in die Sache zu be-

frei herumzuspazieren. Unser Überlebensinstinkt ist der

kommen. Trainer Willy betrachtet seine Arbeit auch als

Auslöser.“ Willy weiß, warum es zu Schwierigkeiten

Hilfe zur Selbsthilfe. Er lenkt ab, zieht die Aufmerksam-

kommen kann: „Viele unterschätzen die Höhe ganz ein-

keit auf sich. Er redet auf beruhigende Weise und guckt

fach, wenn sie unten stehen. Sie sind dann überrascht,

ihnen in die Augen. „Ich gehe selbst ein paar Schritte

wie hoch es sich anfühlt, sobald sie oben sind. Und

auf dem Element, an dem sie steckengeblieben sind.

ihre Unsicherheit wird noch größer, wenn sie den ers­

So sehen sie, dass es nicht so schwierig ist, wie sie

ten Fuß auf ein wackeliges Element setzen.“ Nicht je-

es gerade empfinden. Wir starten dann gemeinsam und

der ruft nach Hilfe. Mich interessiert, wie er die ängst-

kommen langsam vorwärts, bis ich mich nach und nach

lichen Kandidaten erkennt. „Ich muss beobachten und

herausziehe. Viele klettern dann eigenständig weiter.“

präsent sein und jeden individuell betrachten. Manche reden mehr, manche weniger als normal. Einige werden blass, andere rot. Auch die Bewegungen sind sehr viel langsamer und vorsichtiger“, sagt der 34-Jährige.

„Das ist Freiheit! Wenn ich oben bin, kann ich alle anderen D inge einfach mal ausblenden und den Kopf frei bekommen.“

Das Leben zwischen den Astgabeln gibt ihnen zudem Sicherheit vor Feinden am Boden. Was könnte uns Menschen wohl einen Anreiz geben?

92

raus-magazin 1 | 2011

raus-magazin 1 | 2011

93


hoch hinaus

Die unmittelbare Meeresnähe der Plattformen in den Bäumen ist es, die Kletterer Jan begeistert. Und wiederkommen lässt.

Sicher bist du immer. Doch selbst wenn du dir vom Kopf her sagst, diese dünnen Bandschlingen sind deine Sicherung und halten tonnenweise Belastung aus, sagt dir dein Bauch vielleicht trotzdem: „Ich fühle mich nicht gut.“ Wer jetzt den Mut hat, sich in den Gurt zu hängen, spürt das Material und überzeugt den Bauch! Und kann die Aussicht genießen. Die unmittelbare Meeresnähe der Plattformen in den Bäumen ist es, die Kletterer Jan begeistert. Und wiederkommen lässt. „Die Location ist wichtig. Hier bist du beispielsweise direkt am Meer, hast den Strand unmittelbar vor dem Kletterwald. Du bist mitten in der Natur und kannst anschließend grillen oder dich in den Sand legen. Mein Tipp an andere? Lass dich einfach darauf ein und die Dinge auf dich zukommen. Die Betreuung ist super. Und es gibt in meinen Augen keinen Menschen, der es nicht versuchen könnte.“ Auswahl gibt es genug. In Deutschland stehen mittlerweile über 500 Klettergärten, viele davon mitten in der Natur. Alles, was du brauchst, ist festes Schuhwerk. Und vielleicht ein wenig Überwindung. Andere Dinge ausblenden und den Kopf freibekommen.

Nord

Direkt am Falckensteiner Strand im Norden von Kiel: www.highspirits-kiel.de

Im Volksdorfer Wald in Hamburg: www.kletterwald-hamburg.com

Ost

Citynah in Berlin-Charlottenburg: www.waldhochseilgarten-jungfernheide.de

Mitten im Potsdamer Wald: www.abenteuerpark.de

Süd

Im Garmischer Nadelgehölz mit Zugspitzpanorama: www.kletterwald-gap.de

Direkt am Chiemsee im alten Baumbestand: www.kletterwald-prien.de

West

Waldklettergärten in Oberhausen, Duisburg und Dortmund: www.tree2tree.de

Kletterbare Laubbäume in der Parklandschaft des Münsterlandes: www.kletterwald-ibbenbueren.de Weitere Informationen und Adressen: www.hochseilgarten-kletterwald.de

94

raus-magazin 1 | 2011


und nun raus!

und nun raus!

o

b Radfahren, Laufen oder Inlineskaten – Bewegung tut gut. Was sich Daniel Ilabaca im indischen Mumbai einfallen lässt, regt aller-

dings auf den ersten Blick zum Nachdenken an. Wie

kommt der gute Mann in diese Position? Und vor allem – wie kommt er da wieder gesund raus? Parkour ist faszinierend athletisch. Eine Kunst der Bewegung, die auf feinen Techniken beruht. Wenn du beim Zuschauen den Mund nicht mehr zubekommst, hat Fotograf Rutger Pauw alles richtig gemacht. Und landet mit dem festgehaltenen Moment unter den Top 50 beim Red Bull Illume Contest.

Foto © Rutger Pauw Red Bull Illume Top 50 Finalists

Athlet Daniel Ilabaca Location Mumbai, Indien

96

raus-magazin 1 | 2011

raus-magazin 1 | 2011

97


© Outline-Graphix.de | 2011

impressum

i mp r ess u m HERAUSGEBER

Alexander Lehmann

VERLAG

Terra Oceanis Verlags GmbH & Co. KG

Klausdorfer Weg 167

24148 Kiel

info@rausmagazin.de

Phone +49 431 9969977

Fax +49 431 9969986

CHEFREDAKTEUR

Benjamin Hellwig

bh@terraoceanisverlag.de

Phone +49 431 9969977

GESTALTUNG &

Outline-Graphix | Phone +49 431 6473173

KONZEPTION

Jan Weisner (Inh.), Matthias Falk, Jonas Bronnert

brianbojsen

ANZEIGENLEITUNG

Eliane Lehmann

e.lehmann@terraoceanisverlag.de

Phone +49 431 9909658

MITARBEITER DIESER

Janine Nicolai, Mark Maschmann,

AUSGABE

Simon Schumacher, Chrischi Schulze,

Ann-Christine Sell

LEKTORAT

Kirsa Stoltenburg, Vera Kannegießer

MODESTRECKE/ORGA

photographien

Janine Nicolai

FOTOGRAFEN

Marco Knopp, Rutger Pauw, Rainer Eder,

Kris Erickson, Damiano Levati, Simone Moro,

G.U. Hauth, Yeti, Keen, Boris Breuer,

Desré Pickers, Stefan Schlumpf, Crispin Cannon,

Yassine Ouhilal, Benjamin Hellwig, Ricky Adam,

Natural Born Golfers, visitfaroeislands.com,

highspirits-kiel.de, crossgolf.de, Kevin Skusa

DRUCK

impress media GmbH, Mönchengladbach

• limited edition

ERSCHEINUNGSWEISE

alle drei Monate

• ab April 2011 erhältlich

ABONNEMENTS

Terra Oceanis Verlags GmbH & Co. KG

• Hardcover, 168 seiten

Klausdorfer Weg 167

24148 Kiel

info@rausmagazin.de

Phone +49 431 9969977

Fax +49 431 9969986

• für unschlagbare 39,90 Euro • online-bestellungen unter

w w w. b o j s e n . d e

oder direkt tel. 0431 9969977

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in elektronische Datenbanken sowie sonstige Vervielfältigungen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Herausgeber. Für unverlangt eingesandtes Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Unter Hinweis auf § 5 Abs. 3 MarkenG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für RAUS! in allen Schreibweisen, Schriftarten, Wortverbindungen, Darstellungsformen, Abwandlungen, Abkürzungen, Titelkombinationen, graphischen Gestaltungen, entsprechenden Zusätzen, Untertiteln und Zusammensetzungen für alle Medien, insbesondere Druckerzeugnisse wie Magazine, Zeitungen, Zeitschriften, Büchern und allen anderen Printprodukten, sowie Tonträger und Merchandising, Bildtonträger,

e

Film, Hörfunk, Fernsehen, Software, Off- und Online-Dienste, Internet, CD-Rom, CD-I, DVD und MD (MiniDisc) und andere Datenträger sowie

s ist noch so viel mehr da draußen! Wir entdecken es und

für sonstige audiovisuelle, elektronische und digitale Medien und Netzwerke, Domains, Veranstaltungen und Dienstleistungen aller Art.

sind schon voller Vorfreude. Erlebe mit uns die Faszi­na­tion des Sommers. Im nächsten RAUS! Erhältlich ab Juni.

Im Terra Oceanis Verlag erscheinen folgende Titel:

foto © Crispin Cannon/Red Bull

preview und alle weiterEn infos auf www.bojsen.de

98

Direkte Bestellmöglichkeit unter: www.www.terraoceanisverlag.de raus-magazin 1 | 2011

fragt man die menschen auf sylt, wieso sie die insel so lieben, antworten die meisten: ich liebe den strand, das wetter, die natur und das meer. und ich gebe ihnen vollkommen recht, doch das wirklich besondere an sylt sind die menschen. brian bojsen



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.