TXT Studiendokumentation

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Inhaltsverzeichnis Texter und Texterinnen gesucht .............................................................. 5 Kapitel 1: Kreativität ................................................................................. 7 1.1 Etwas über Werber-Grips...................................................................... 8 1.2 Werden Sie mutig ................................................................................. 8 1.3 Der Witz als Urphänomen der Kreativität .............................................. 9 1.4 100 Dinge wissen – über 10 Dinge sprechen ...................................... 15 1.5 Gute Texte fangen mit Denken an ...................................................... 16 1.6 Kreativität richtig verstanden ............................................................... 16 1.7 Laterales Denken führt zu neuen Lösungen ........................................ 19 1.8 Vier Phasen des kreativen Prozesses ................................................. 21 1.8.1 Vorbereitungsphase ......................................................................... 21 1.8.2 Inkubationsphase ............................................................................. 21 1.8.3 Produktionsphase ............................................................................ 21 1.8.4 Entscheidungsphase ........................................................................ 21 1.9 Kreativitätstechniken ........................................................................... 22 1.9.1 Brainstorming ................................................................................... 22 1.9.2 Mind-Mapping .................................................................................. 23 1.9.3 Clustering......................................................................................... 23 1.9.4 Naedls Denkspiele ........................................................................... 24 Kapitel 2: Grundlagen der Werbung ...................................................... 25 2.1 Vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen .................................. 25 2.2 Werbung kann stimulieren, aber nicht manipulieren ............................ 25 2.3 Der Bergführer kennt die Gipfelroute................................................... 27 2.4 Über grosse Kampagnen und langweilige Produkte ............................ 27 2.5 Nicht Kleider, sondern Marken machen Leute..................................... 28 2.6 AIDA ................................................................................................... 29

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2.7 Briefing ............................................................................................... 32 2.8 Konzeption .......................................................................................... 33 2.8.1 Situationsanalyse ............................................................................. 33 2.8.2 Marketing-Strategie .......................................................................... 33 2.8.3 Kommunikations-Strategie ............................................................... 33 2.8.4 USP: Unique Selling Proposition ...................................................... 35 2.8.5 UAP: Unique Advertising Proposition ............................................... 37 Kapitel 3: Texten ..................................................................................... 40 3.1 Die Anzeige ........................................................................................ 40 3.1.1 Text und Bild .................................................................................... 40 3.1.2 Spannung zwischen Wort und Bild ................................................... 41 3.1.3 Neue Bild-Ebenen schaffen ............................................................. 44 3.1.4 Neue Text-Ebenen schaffen............................................................. 46 3.1.5 Checkliste für die Gestaltung von Anzeigen ..................................... 62 3.2 Stil und Rhetorik ................................................................................. 63 3.2.1 Über Stil in der Werbung .................................................................. 63 3.2.2 Rhetorik ........................................................................................... 63 3.3 Grundregeln für Texte in Marketing und Werbung............................... 69 3.3.1 Regel 1: Seien Sie neu, nicht nur neuartig ....................................... 69 3.3.2 Regel 2: Seien Sie einfach, aber nicht harmlos ................................ 73 3.3.3 Regel 3: Seien Sie zwingend, aber nicht aufzwingend ..................... 75 3.3.4 Regel 4: Seien Sie dramatisch, aber nicht abgehoben ..................... 76 Kapitel 4: Marketing und Werbung in der Praxis .................................. 84 4.1 Headline ............................................................................................. 84 4.2 Plakat.................................................................................................. 95 4.3 Slogan ................................................................................................ 98 4.4 Mailing und Flyer............................................................................... 104 4.5 Prospekt ........................................................................................... 107 4.6 Werbefilm.......................................................................................... 110 4.6.1 Überragende Werbefilme haben drei Merkmale ............................. 111 4.6.2 Ein Bild sagt mehr, als wir denken können ..................................... 112

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4.6.3 Exposé ........................................................................................... 112 4.6.4 Treatment ...................................................................................... 112 4.6.5 Storyboard ..................................................................................... 112 4.6.6 Montage ......................................................................................... 113 4.6.7 Der Ton ist die andere Hälfte des Bildes ........................................ 113 4.6.8 The End ......................................................................................... 114 4.7 Radiowerbung ................................................................................... 115 4.7.1 Sprich, damit ich dich sehe ............................................................ 115 4.7.2 Konzeption ..................................................................................... 116 4.7.3 Aufnahme ...................................................................................... 116 Glossar .................................................................................................. 117 Gütesiegel ............................................................................................. 125

Diese Dokumentation haben wir zugunsten besserer Verständlichkeit in männlicher Schreibweise abgefasst. Texterinnen sind selbstverständlich eingeschlossen.

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Texter und Texterinnen gesucht

Arbeitsbeschrieb: Als (Werbe-)Texter oder (Werbe-)Texterin müssen Sie komplexe Produktinformationen zu klaren und zielgerichteten Botschaften verdichten. Wie aber treffen Sie den richtigen Ton der Zielgruppe und transportieren das gewünschte Image? Sie sollten sich intensiv mit Produkt, Unternehmen und den Besonderheiten der Zielgruppe auseinandersetzen. Auch die Beobachtung von Kampagnen der Wettbewerber gehört zu Ihrer Arbeit. Gleichzeitig arbeiten Sie eng mit den Grafikern (Artdirectors) zusammen und berücksichtigen neben der sprachlichen auch die visuelle Gestaltung unserer Kampagnen. Texten werden Sie je nach Projekt für Infoblätter, Prospekte, Inserate, Plakate, Radio- und Fernsehspots oder fürs Internet. Meistens betreuen Sie mehrere Projekte oder Kunden gleichzeitig und begleiten die Kampagnen vom Entwurf bis zur Realisierung.

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Arbeitsablauf: Sie werden vom Kunden über das Produkt oder die Dienstleistung informiert (Briefing). In Agenturen wird dazu im Vorfeld eine sogenannte Projektgruppe gebildet. Sie besteht aus Berater, Grafiker und Texter. Diese Drei sind gemeinsam für ihren Kunden verantwortlich. Der fertige Entwurf wird schliesslich dem Kunden präsentiert. Bis zur Freigabe eines Textes erfolgen unter Umständen mehrmals Rücksprachen mit dem Kunden.

Diese Voraussetzungen sollten Sie mitbringen: Sie sollten über ein sehr gutes Sprachgefühl verfügen, Sprachstile gut differenzieren und geeignet einsetzen können. Sie sollten einfallsreich sein und auch unter Zeitdruck originelle Ideen entwickeln können. Ausserdem sollten Sie ein gutes visuelles Vorstellungsvermögen haben, also in Bildern denken können.

Welche Karriereperspektiven bieten wir Ihnen? Die Perspektiven variieren von Agentur zu Agentur. Berufseinsteiger beginnen in der Regel als Juniortexter und arbeiten eng mit einem Seniortexter oder Creative Director zusammen. Die weiteren Stufen sind dann Texter, Texter/Konzepter, Seniortexter und schliesslich Creative Director.

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Kapitel 1: Kreativität

Die Fähigkeit, Einfälle zu haben und Probleme erfinderisch zu lösen, geht zurück bis zur Geburtsstunde des Menschen. Denn, so meinte ein amerikanischer Werbemann: «Ohne Erfindungsgabe würden wir heute noch in feuchten Höhlen hausen, uns mit Fellen bekleiden und uns am offenen Holzfeuer wärmen.» Im alten Athen und in Rom bemühten sich Philosophen und Denker, hinter das Geheimnis des schöpferischen Akts zu kommen. Die Griechen pflegten eine besondere Wissenschaft

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des Ideenfindens, die sie Heuristik nannten. Später führten die Römer diese Studien weiter. Bei ihnen hiess dieser Wissenszweig ars inveniendi, die Kunst des Erfindens.

1.1 Etwas über Werber-Grips Das menschliche Gedächtnis kann man als eine Art Datenverarbeitungsmaschine verstehen. Mit deren Hilfe bewahren wir Informationen auf – zum Beispiel Geschichten – und bei Bedarf rufen wir sie wieder ab. Sich erinnern ist jedoch mehr als das reine Abrufen von Informationen. Unsere Erinnerungen stehen mit anderen Geschehnissen, Erlebnissen oder Wünschen in Verbindung. Kognitionswissenschaftler unterscheiden das semantische Gedächtnis, das begriffliches und faktisches Wissen aufbewahrt, und das prozeduale Gedächtnis, mit dessen Hilfe wir Fertigkeiten erlernen und Gewohnheiten erwerben. Diese Unterscheidung ist wichtig. Wir können uns nur an etwas erinnern, wenn die abzurufenden Informationen in Zusammenhang mit einer bestimmten Zeit und einem bestimmten Ort gebracht werden. Dieser Technik bedienen sich auch die Gedächtniskünstler, die in der Lage sind, schier unglaubliche Zahlenreihen auswendig zu lernen. Ihr Trick: Jede Zahl wird mit einem Ereignis, einer Geschichte, verknüpft. Dieser Technik bedient sich auch die Werbung: Sie verpackt Produktnutzen in Geschichten, in Ideen. Kreativität gilt als wichtigstes Kriterium bei der Auswahl einer Werbeagentur. Sie ist zum Schlüsselreiz einer ganzen Branche avanciert. Es gibt Top-Kreative, Kreativ-Preise, Kreativ-Milieus und kreative Szenen. Ständig wird der Mehrwert von kreativer Werbung beschworen und versucht, diesen empirisch nachzuweisen. Was bedeutet Kreativität? Was ist wirklich kreativ? Und: Kann man Kreativität fördern? All dies erfahren Sie in diesem Kapitel.

1.2 Werden Sie mutig «Alle grossen Ideen sind das Resultat einer Befreiung; der Befreiung von der Routine des Denkens», schrieb Arthur Koestler im Jahre 1966 in seinem Werk über Kreativität, „Der göttliche Funke“. Der Schöpferische stösst alte, erstarrte Denkweisen von sich. Er verwirft das Konventionelle, das Formel- und Floskelhafte, und strebt nach Andersartigkeit. Mit jeder schöpferischen Tat versucht er, verstaubten Dogmen und Gesetzen zu entgehen und

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althergebrachte Lehren auf den Kopf zu stellen. Zugegeben: Das ist mit Risiken verbunden. Doch der schöpferische Mensch ist risikofreudig. Reinhold Messner hielt einmal einen Vortrag, der hiess: Erfolg – das Risiko des Scheiterns. In der Werbung haben wir es mit vielen Ängsten zu tun, die der Kreativität oft abträglich sind. Der Anbieter hat oft Angst, Versprechen zu geben, die er nicht halten kann. Besser wäre es jedoch, er würde dem Verbraucher nicht ein X für ein U vormachen und seine Mitarbeiter motivieren, das Produkt oder die Dienstleistung stetig zu verbessern.

1.3 Der Witz als Urphänomen der Kreativität Koestler hat den Witz als Urphänomen der Kreativität bezeichnet und darum sein Buch mit einem Kapitel über den Witz eingeleitet. Auch Sigmund Freud hat sich eingehend mit der Psychologie und Technik des Witzes befasst, als er den Spuren der kreativen Denkpsychologie nachging. Wer gute Witze macht, bezeugt damit eine besondere Erfindungsgabe. Da der Witzbold ein Verwandter des schöpferisch Denkenden ist, lohnt es sich für alle, die das kreative Denken üben wollen, ihn genau zu beobachten. Wie macht man einen Witz? Man lässt den Zuhörer einen Gedankengang in den logischen Bahnen tun, um dann unerwartet einen Kurzschluss herzustellen, der das Ganze lachhaft macht. Für Koestler ist der Witz die unerwartete, widersinnige Denkwendung, die aber auf ihre Weise logisch ist. Allerdings in einem Sinne, den der Zuhörer unmöglich voraussehen kann. Es findet ein Zusammenprall zweier unvereinbarer Spielregeln oder Assoziationsschemata statt. Koestler bezeichnete dieses kreative Denken auf verschiedenen Ebenen mit Bisoziation – mehrschichtigem Denken. Im Gegensatz dazu vollzieht sich das Routinedenken immer nur auf einer Ebene. Also, denken Sie daran: Die Basis von Humor ist auch Basis für Kreativität: Die unerwartete Verbindung von unähnlichen Elementen, die zur Entstehung eines neuen Ganzen führt. Oder die plötzliche, unvermutete Rechtskurve einer Strasse, von der Sie vermuteten, dass sie gerade verläuft. Hier ein paar Beispiele: •

«Wie kann ich an Gott glauben», fragte Woody Allen, «wo sich doch gerade letzte Woche meine Zunge in der Schreibwalze einer elektrischen Schreibmaschine verfangen hat?»

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Genauso verhält es sich mit einer Idee. Sie ist eine neuartige Verbindung von zwei Elementen, die sinnvoll ist.

Gutenberg kombinierte eine Münzlochstanze mit einer Weinpresse und erfand damit die Druckerpresse.

Dalí mischte Träume mit bildender Kunst und schuf den Surrealismus.

Hutchins verband eine Uhr und eine Klingel und erfand den Wecker.

Newton brachte den Faktor Zeit mit dem Fall des Apfels in Verbindung und konnte damit die Erdbeschleunigung ermitteln.

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Nach unterschiedlichen Stilexperimenten liess sich Salvador Dalí 1929 in Paris nieder. In dieser Zeit schuf er – angeregt durch die Psychoanalyse – heute noch weltberühmte Bilder. Darin begegnen sich in irrationalen, traumartigen Situationen alltägliche Gegenstände in unerwarteter Form und überraschender Anordnung. Dalí schuf einen Surrealismus, der in seiner Form einzigartig ist.

Die Versuchung des heiligen Antonius, 1946

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Bildnis Paul Éluard, 1929

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Brennende Giraffe, 1936

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Wilhelm Lange-Eichbaum beantwortete im Jahre 1928 die Frage: Wer ist überhaupt kreativ? Anhand seiner Persönlichkeitsanalysen an Hunderten sehr detailliert beschriebenen Beispielen kam er zum Schluss, dass der kreative Mensch in der Regel folgende Charaktereigenschaften besitzt: Er ist: •

skeptisch

kritisch

unkonventionell

wissensdurstig

introvertiert

feinfühlig

spontan

begeisterungsfähig

Der Kreative muss also aus seiner geistigen Mitte leben. Nicht bloss aus seinem Kopf. Er muss denken und fühlen, auf seine innere Stimme horchen und in gewissem Sinn ein Visionär und Schwärmer sein. Ein Mensch, der von ungewöhnlichen Ideen träumt und der nur ungern die kalte Realität als unabänderlich und endgültig hinnimmt. Wenn der Ideenfinder beobachtet und Tatsachen gesammelt und in seinem Gedächtnis geordnet hat, so stellt seine Fantasie traumgleich neue Gedankenverbindungen her. Der Träumer wird jedoch nur dann Sinnvolles und Nützliches hervorbringen, wenn er die Verbindung zur Wirklichkeit nie verliert. Und wenn er nach seinen Reisen ins weite Reich der Fantasie stets wieder auf der Erde landet und festen Boden unter den Füssen findet. Wer nur in den Wolken schwebt, sich rühmt, Künstler zu sein und die entsprechenden Allüren zur Schau trägt, ist noch kein Werteschaffer. Als man Isaac Newton fragte, wie er zu seinen unumstösslichen Erkenntnissen gekommen sei, antwortete er: «Indem ich die Probleme dauernd mit mir im Kopf herumtrug und daran arbeitete.» Wenn wir die kreativsten Köpfe der Werbung und aus dem Marketing nach ihrem Erfolgsrezept fragen, bekommen wir immer etwa dieselbe Antwort: Sie hätten sich angewöhnt, die Umwelt mit wachem, schöpferischem Auge zu betrachten, um alle möglichen Assoziationen und Analogien zu entdecken. Das ist, was jeder Wissenschaftler ständig tut: Er sucht unablässig neue Zusammenhänge – im Kleinen und im Grossen.

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Ein guter Texter zeichnet sich durch zwei Eigenschaften aus: Erstens gibt es nichts unter der Sonne, was ihn nicht interessiert, angefangen von den ägyptischen Totenriten bis zu moderner Kunst. Zweitens ist er unersättlich im systematischen Sammeln von Information.

1.4 100 Dinge wissen – über 10 Dinge sprechen «Du musst hundert Dinge wissen, damit du über zehn Dinge etwas sagen kannst.» Je mehr Sie als Texter über Ihr Produkt wissen, desto grösser wird Ihr kreatives Spielfeld, in dem Sie sich bewegen können – und desto spannender wird auch Ihr Job. Wenn Sie Ihr Produkt in- und auswendig kennen, haben Sie immense Vorteile – auch gegenüber dem Kunden, der Ihre Motivation für sein Produkt zu schätzen weiss. Sie steigern Ihre Glaubwürdigkeit und schaffen sich damit gute Voraussetzungen, um früh in die jeweiligen Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden. Dies ist wichtig für eine effiziente Zusammenarbeit. Nehmen wir an, Sie müssen für ein Premium-Schokoladengetränk werben. Nahe liegend wäre, dass Sie ein junges, glückliches Pärchen zeigen, das an einem strahlendsonnigen Tag vor einer schönen Bergszenerie glücklich Schokolade schlürft. (Zielgruppe: junge, dynamische Leute, Hauptaussage: Schokolade macht glücklich.) Versuchen Sie nun einmal, Kriterien beizuziehen, die den kreativen Sprung ermöglichen. Wir können uns fragen: •

Wie wird das Schokoladenpulver hergestellt? Wer sammelt die Kakaobohnen, wie sieht die Fabrik aus?

Wird das Pulver speziell verpackt?

Statt sich zu überlegen, wie die Schokolade schmeckt, können wir uns fragen: Wie duftet diese Schokolade? Riecht jemand gut, wenn er sie getrunken hat? Hat man diese Person deshalb „zum Fressen gern“?

Wie schlürften die Azteken ihren Xocolatl-Trunk?

Was sagt die Geschichte über die Schokolade?

Wo wachsen die Kakaobäume?

Wie wird aus der Kakaobohne Schokolade?

Welche biochemische Kettenreaktion erzeugt Glücksgefühle?

Was bewirkt Serotonin?

Welche Vitamine stecken drin? Für was sind sie gut?

Ist es echte Schweizer Schokolade?

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Für die meisten Produkte finden Sie irgendeine Geschichte, einen Aufhänger, etwas, das sie einzigartig macht. Sie müssen aber danach suchen. Der Schlüssel dazu ist Ihre Neugierde.

1.5 Gute Texte fangen mit Denken an Wie soll heute der Inserent die Aufmerksamkeit des Lesers gerade auf seine Anzeige lenken? Wie soll er seinem Produkt zum Durchbruch verhelfen? Natürlich kann er das, indem er sie in doppelter Grösse schaltet und seine Inserate oder TV-Spots ständig wiederholt – im bequemen Glauben an den Spruch «la répétition fait la réputation». Doch diesen teuer erkauften Weg zum Absatzziel können oder wollen sich immer weniger Auftraggeber leisten. Sie verlangen von uns höhere Effektivität in der Werbung und im Marketing. Wie muss beispielsweise die Werbung heute beschaffen sein – im Zeitalter der Informationsflut, des Informationsüberflusses? Auffällig, knallig, sagen die einen. Keine Idee kann spleenig genug sein. Werbung muss schockieren, provozieren, so «richtig einfahren». Hier prallen gegensätzliche Vorstellungen von Werbung aufeinander, nämlich die einer sachlich-informativen, kognitiven Werbesprache und die des bizarren, frechen Auftritts. Die missverstandene und verfehlte Kreativität treibt ihre schönsten Blüten auf dem Gebiet der Typografie. Gewisse Grafiker glauben, sie könnten sich profilieren, indem sie Schrifttypen auf den Bildschirm zaubern, die zwar nicht mehr lesbar sind, aber einfach schräg aussehen. Da wird verschoben und gebogen, ausgeweitet und Schriftensalat zubereitet. Doch wir fragen uns: Lässt wirklich allein die kuriose äussere Form eines Werbemittels den Absatz in die Höhe schnellen, oder ist es vielleicht doch eher die jeweilige Botschaft, die zählt? In Fachzeitschriften und Seminaren ist das der Diskussionsstoff, an dem sich die Gemüter erhitzen. Wer hat recht?

1.6 Kreativität richtig verstanden Wer oder was ist kreativ? Um diese Frage zu beantworten, lässt sich eine Faustregel aufstellen: Dort, wo wir in der Werbung den Hebelarm ansetzen, sollte immer das Produktversprechen stehen.

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Jede originelle Aufmachung taugt nur dann etwas, wenn sie mithilft, unser eigenes Produktversprechen hervorzuheben und es zu dramatisieren. Das ist die Methode, mit der die erfolgreichsten Werbeagenturen arbeiten. Sie sind keine Effekthascher. Ihre kreativen Leistungen entspringen dem Intellekt und nicht bloss dem Zufall. Der Schöpfungsprozess verläuft methodisch, nicht chaotisch. Kreativität wird dann positiv registriert, wenn sie Neues, Wissenswertes zu sagen hat: in origineller, witziger, emotionaler Form. Unsere Botschaft muss nicht nur oben im Kopf hängen bleiben, sondern bis in den Bauch hinabdringen. Dazu eine kleine Geschichte: Es war einmal ein Bauer. Er hatte genug von seinem alten Hof und wollte ihn verkaufen. Er liess ein Inserat in der Zeitung schalten. Vergeblich – niemand reagierte. Er beauftragte seinen Sohn, der für eine Zeitung arbeitete, ein Neues zu verfassen. Als der Bauer und seine Frau das erschienene Inserat lasen, waren sie entzückt. Sie merkten, dass der Hof das war, wovon sie immer geträumt hatten – und blieben für immer. Das Texten wird einfacher, wenn wir einmal wissen, was wir sagen wollen. Erst dann beginnt die Kunst des Formulierens. Merken Sie sich deshalb: Suchen Sie zuerst Tatsachen – dann erst Bilder und Worte. Aus dem Boden der Tatsachen spriessen die kraftvollen und überzeugenden Ideen. Die Bereitschaft, dauernd Informationen von allen Seiten zu sammeln, setzt eine positive innere Haltung voraus. Der schöpferische Mensch betrachtet seine Umwelt mit der gleichen Neugierde, wie er das als Kind tat. Für ihn ist der Sternenhimmel immer wieder neuer Grund zum Staunen, aber auch zum Nachdenken: Er will ihn verstehen. Sie kennen sicher auch Leute, die machen eine Reise – nach Thailand, Malaysia, Kenia, Teneriffa, Gran Canaria. Wenn wir sie dann nach ihrer Rückkehr fragen, wie es war, war es stets sensationell. Wenn sie dann erzählen, berichten sie Ihnen stets dieselben Geschichten: von den grossen Hotelbuffets, wo es immer viel zu viel zu essen gab, von der unerträglichen Hitze und Schwüle, von billig erstandenen Souvenirs, Touristenattraktionen und zollfreien Markenartikeln. Mit anderen Menschen wiederum brauchen Sie nur den Garten zu betreten, und sie erzählen Ihnen die interessantesten Geschichten. Henri Matisse (Maler, Grafiker, Zeichner und Bildhauer, 1869 - 1954) hat einmal geschrieben: «Sehen ist in sich schon eine schöpferische Tat, die eine Anstrengung

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verlangt.» Dass wir manchmal nicht genau hinsehen, was um uns herum geschieht, merken Sie zum Beispiel, wenn Sie ein neues Auto gekauft haben oder bloss überlegen, eines zu kaufen: Plötzlich fahren überall Autos derselben Marke und Farbe herum. Merken Sie sich: Lernen Sie, zu sehen. Zu beobachten. Das liefert Ihnen die Geschichten für Ihre Werbung respektive für originelles Marketing. Gute Schriftsteller bringen es fertig, in uns Bilder zu wecken, uns zum Sehen zu bringen. Sie müssen mit Worten Bilder malen, und das können sie nur, indem sie die präzisen, treffenden Worte finden. Indem Sie Anreiz zum Lesen schaffen. Martin Suter, geboren 1948 in Zürich, war bis 1999 erfolgreicher Werbetexter und Creative Director. Heute ist er Schriftsteller und Kolumnist. Folgende Passage soll eine kleine Kostprobe des subtilen Textens bieten. Sie stammt aus seinem Buch «Die dunkle Seite des Mondes» und beschreibt, wie Anwalt Urs Blank mit seiner Freundin einen Trip mit psychedelischen Pilzen erlebt: ... Auf einmal merkte Urs Blank, dass er es war, der mit seiner Schellentrommel den Takt angab. Alle hörten auf seine Zeichen, verdoppelten, wenn er verdoppelte, schleppten, wenn er schleppte. Er gab die Einsätze, korrigierte, pfiff zurück. Er war die natürliche, von allen anerkannte Autorität geworden. Er, Urs Blank, der sehr mittelmässige Tänzer, der unbegabte Klavierschüler, der falsche Sänger, war plötzlich der fleischgewordene Rhythmus geworden. Mit einem Mal verstand er die Musik – alle Musik – in ihrem innersten Wesen. Er spürte die Klänge des Universums, bündelte und fächerte sie zum endgültigen Opus, nach dessen Uraufführung keine Musik mehr möglich sein würde. Der Boden kippte. Blank musste sich setzen. Der Boden kippte auf die andere Seite. Blank legte seine Trommel beiseite und hielt sich am Boden fest ... Das Tipi war ein Kreisel, der sich drehte wie eine ausser Kontrolle geratene Jahrmarktsbahn. Die Schwerkraft drückte ihn an die Wand des Tipi ... Plötzlich war Urs Blank im Freien. Das Gras schlug über ihm zusammen, die Wiese verschlang ihn ... Blank befand sich im Innern der Wiese. Dort war es hell wie in einer Sonne ... Er war ein gläserner Behälter, der sich bei jeder Explosion mit einer anderen Farbe füllte. Zitronenfaltergelb, Himbeersiruprot, Pistazieneisgrün. Die Wiese hatte Blank wieder ausgespuckt. Er lag jetzt wieder auf ihr. Aber er konnte sich noch immer nicht bewegen. Er war wie Gulliver mit tausend kleinen Seilen festgepflockt ... Im Wald herrschte hoher Wellengang. Woge um Woge kam der Waldboden auf Blank zu. Die moosigen Wellen nahmen den Takt auf, die Tannen und Fichten wiegten sich darin.

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Wurden untersetzt und schlank, eckig und rund, dreidimensional und flach. Ganz wie sie wollten. Nein. Ganz wie Blank wollte ... Urs Blank sass auf einem weichen grünen Thron. Um ihn versammelt: die Menschheit. Abrufbar. Jeder und jede, die er kannte, nahmen Gestalt an. Und zwar die Gestalt, die er wollte. Ein Lidschlag, und Dr. Fluri grunzte als Schwein herbei. Ein Atemzug, und Halter + Hafner zitterten als Gelatine vor ihm. Er verwandelte Anton Huwyler in einen Pavian, Ruth Zopp in eine Ziege, Christoph Gerber in Schleim, Niklaus Halter in einen Klumpen Teig. ... Alles war ihm plötzlich klar geworden. Er hatte die letzte Einsicht gewonnen: Es gibt keine Vergleichsgrössen. Weil es nichts gibt. Es existiert nur eine einzige Wirklichkeit: Urs Blank. Diese Erkenntnis war so überwältigend und doch so einfach. Kaum zu glauben, dass er so lange dafür gebraucht hatte.

1.7 Laterales Denken führt zu neuen Lösungen Der britische Psychologe und Schriftsteller Dr. Edward de Bono promovierte in Medizin und Psychologie. Er dozierte an den Universitäten von Oxford, Cambridge, London und Harvard. Daneben widmete er sich Forschungsaufgaben. Er lehrte eine Methode, um wieder vermehrt spielerisch und passiv-inspiriert denken zu lernen. Er nannte diese Methode das Laterale Denken. In der Schule wollte man uns das umgekehrte Verfahren beibringen. Wir versuchten – manchmal krampfhaft – unsere Gedanken logisch zu ordnen. Von Punkt A zu Punkt B. Mathematik, Geometrie, Grammatik, Physik, Chemie. Diese vertikale Denkmethode ist nach de Bono unwirtschaftlich: «Wir wissen, dass wir durch verbohrtes, engstirniges Wollen nur zu oft den beruflichen Erfolg, ja unser Glück verpatzen. Während beim vertikalen Denken die Logik über den Geist herrscht, steht sie ihm beim lateralen Denken in dienender Funktion bei.» In dieser Absichtslosigkeit könne unversehens die hellste Geistesgegenwart aufleuchten. Nur durch die Fähigkeit des gleichzeitigen Explorierens im Umkreis von 360 Grad sei der Mensch dem künstlich denkenden Computer überlegen. Sie kennen dieses Spiel: Es geht darum, innerhalb festgelegter Zeit möglichst viele Ortschaften, Flüsse oder Städtenamen aufzuschreiben, die beispielsweise mit dem Buchstaben E beginnen. Sie werden kaum so vorgehen, dass sie systematisch Erdteil um Erdteil, Land um Land, Kanton um Kanton abrufen. Sie machen die tollsten

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Gedankensprünge kreuz und quer, rund um den Globus. So funktioniert auch das laterale Denken. Gehen Sie nicht von Grenzen aus, die gar nicht existieren.

Kleine (Quer-)Denk-Aufgabe: Verbinden Sie die folgenden Punkte mit vier Linien, ohne eine Linie doppelt zu ziehen oder den Stift abzusetzen.

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1.8 Vier Phasen des kreativen Prozesses In einem kreativen Prozess lassen sich vier Phasen unterscheiden. 1.8.1 Vorbereitungsphase In dieser Phase erkennen Sie ein Problem. Sie beginnen, es zu analysieren, und versuchen, Zusammenhänge herzustellen. Sie versuchen, die Fragen mit dem bereits vorhandenen Wissen zu beantworten. 1.8.2 Inkubationsphase Der Mensch beginnt, Erfahrungen neu zu kombinieren, um so der Problemlösung näher zu kommen. Unterbewusste Denkprozesse spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie finden auch dann statt, während Sie sich mit ganz anderen Dingen beschäftigen – während des Waschens, unter der Dusche, während des Rasierens oder während eines Spazierganges. 1.8.3 Produktionsphase Das ist die Phase der Erleuchtung; das plötzliche Aha-Erlebnis. Sie werden sich einer Idee bewusst. 1.8.4 Entscheidungsphase Es gilt nun, die Idee kritisch auf ihren Nutzen zu prüfen: ob sie geeignet ist, das Problem zu lösen.

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1.9 Kreativitätstechniken 1.9.1 Brainstorming Zu den wichtigsten Kreativitätstechniken gehört das Brainstorming: Mehrere Personen sitzen zusammen und versuchen, möglichst spontan und in freier Rede möglichst viele Ideen zur Lösung eines definierten Problems zu finden. Und dies innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Die Ideen jedes Einzelnen sind «Spielmaterial» für die gesamte Gruppe. Diese Ideen können und sollen weiterentwickelt werden. Irgendjemand hat das Brainstorming einmal als den untauglichen Versuch bezeichnet, in spiritistischen Sitzungen die Geister zu beschwören, die man selber nicht hat. Doch so hat es der Erfinder dieser Technik nicht gedacht: Alex F. Osborn (1988 - 1966), seinerzeit prominenter Mitinhaber einer bekannten amerikanischen Werbeagentur. Wer Brainstorming-Sitzungen einberuft, um andere für sich denken zu lassen, die ebenfalls nicht denken wollen, der drischt leeres Stroh. Aus nichts wird nichts. Ein Brainstorming muss ein möglichst konkretes Ziel anvisieren und die Ideenproduktion von Anfang an kanalisieren. Nur so ist es möglich, die gedankliche Arbeit aller Teilnehmer rationell einzusetzen. Für das Brainstorming ist es notwendig, dass sich alle an bestimmte Regeln halten: •

An einem Brainstorming sollten nicht mehr als sechs bis acht Personen teilnehmen.

Wichtig ist, dass die Gruppe nicht nur aus Fachleuten besteht, sondern bunt gemischt ist.

Keiner darf den Beitrag eines anderen kritisieren.

Vor Beginn eines Brainstormings ist sicherzustellen, dass die gestellte Aufgabe von allen genau verstanden wurde.

Der gewählte Konferenzraum sollte freundlich und stimulierend sein. Es ist für eine Atmosphäre zu sorgen, die ein entspanntes Zusammenarbeiten fördert.

Der gewählte Konferenzleiter muss alle Teilnehmer begeistern. Er sollte sich für jede Idee enthusiastisch bedanken und selber Ideen einwerfen, wenn der Ideenfluss stockt.

Eine Person notiert die Beiträge.

Ein Brainstorming lebt von der Fröhlichkeit und vom Tempo: Schnelligkeit heisst Spontaneität, heisst Kürze und Prägnanz.

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Schreiben Sie auf eine Tafel, die neben dem Gesprächsleiter steht:

1.9.2 Mind-Mapping Gedanken lassen sich auch grafisch, auf einer sogenannten Gedankenkarte, einem MindMap, darstellen. Diese Technik hilft, die Beziehungen zwischen verschiedenen Begriffen aufzuzeigen. Was ist für ein Mind-Map zu beachten? •

Das Papier wird im Querformat genutzt. Das Hauptthema wird in der Mitte des Blattes in Form einer Skizze oder eines einprägsamen Bildes gezeichnet.

Von dem zentralen Bild ausgehend, wird für jeden tiefer gehenden Gedanken bzw. Unterpunkt eine Linie gezeichnet

Auf diese Linien werden – gut leserlich – die einzelnen Schüsselworte zu den Unterpunkten geschrieben.

Von den eingezeichneten Linien können wiederum Linien ausgehen, auf denen die einzelnen Hauptgedanken weiter untergliedert werden.

Unterschiedliche Farben erhöhen die Übersichtlichkeit.

Symbole wie Pfeile, geometrische Figuren, kleine Bilder oder gemalte Ausrufezeichen erleichtern die Erfassung des Inhalts.

1.9.3 Clustering Beim Mind-Mapping liegen die Ziele also auf dem Gebiet der begrifflichen Ordnung von Einfällen und einer begrifflichen Hierarchisierung von Gesichtspunkten. Beim Clustering hingegen geht es um eine Kurzschrift des bildlichen Denkens und ein Knüpfen von Ideennetzen. Das logische, auf Ordnung bedachte begriffliche Denken soll umgangen werden. So wird es möglich, in eine Welt des eher ziellosen Denkens einzutauchen. Beim Clustering liegt der Schwerpunkt auf der Ideenfindung und der assoziativen Verknüpfung von Ideen und Vorstellungen in Mustern.

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1.9.4 Naedls Denkspiele Eine weitere Methode, zu kreativen Einfällen zu kommen, sind Naedls Denkspiele:

Definition Wie definiert das Lexikon ...? Was meine ich mit ...? In welche Teile zerfällt ...? Welche ähnlichen Wörter gibt es für ...? Welche Beispiele gibt es für ...? usw. Vergleich Was gleicht ...? Wem gleicht ... nicht? Wem ist ... über-/untergeordnet? Wem ist ... gänzlich fremd? Beziehung Was verursacht ...? Was bewirkt ...? Was kommt vor/nach ...? Umstände Welche Umstände machen ... möglich/unmöglich? Wann passiert ...? Wer kann ... tun? Wie beginnt/endet ...? usw.

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Kapitel 2: Grundlagen der Werbung 2.1 Vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen Jeden Tag müssen beziehungsweise dürfen wir unter 3000 Werbebotschaften wählen. Überall finden wir sie: auf Servietten, Streichholzschachteln, auf Regenschirmen, Mützen, Krawatten. Selbst auf dem stillen Örtchen wird um uns geworben. Wo könnten wir noch werben, wo noch niemand hat? Auf der uns zugewandten Seite des Mondes? Oder inmitten von Aborigines auf dem Ayers Rock in Australien? Angesichts dieser Informationsflut betonen die Galionsfiguren der Verkaufskunst immer wieder, dass Marketingkommunikation kreativer, inspirierender, mutiger sein muss. Inzwischen haben die Verbraucher Abwehrmechanismen entwickelt und begonnen, zu selektionieren. Sie lassen nur noch jene Botschaften zu, die für sie von Nutzen sind. Dadurch haben sie Macht gewonnen: Wie früher Cäsar den Daumen nach oben oder unten neigte, halten sie heute den Daumen auf die TV-Fernbedienung – erlauben uns gnädig, eine Botschaft loszuwerden. Oder zappen weg. Die Verbraucher lassen sich von plumpen Werbeversprechen nichts mehr vormachen. Sie durchschauen die «Riesenwaschkraft», sie blicken hinter die Kulissen der «grossen weiten Welt», und sie haben es überhaupt satt, dass man ihnen wie auf einem marokkanischen Souk ständig immer etwas andrehen will und ihnen in die Ohren schreit. In Sorge, dass ihnen niemand mehr zuhört, sind die Werber immer lauter und lauter geworden.

2.2 Werbung kann stimulieren, aber nicht manipulieren Auch die geschickteste Werbung kann keinen Menschen zwingen, gegen seinen Willen etwas zu tun oder zu lassen. Es ist ungemein schwierig, Menschen für eine bestimmte Weltanschauung oder Ware zu gewinnen. Für ein Produkt, das auf dem Markt als solches nicht bestehen kann, gibt es in der Werbung, im Marketing schlechthin, keine Zauberformel. Werbung kann jedoch einen Beitrag leisten, Produkte zu verbessern. Wenn in einer Marktwirtschaft zwei gleich gute Produkte auf dem Markt sind, beginnt der Wettbewerb. Jedes Unternehmen, das wirbt, möchte die besseren Argumente haben. Und das geht nur, wenn es die besseren Produkte hat. So ist jede Werbung jedes Mal auch eine Herausforderung an die Konkurrenz, besser zu sein. Werbung garantiert Qualität. Eine

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Firma, die beträchtliches Geld dafür aufgewendet hat, dem Verbraucher die Vorzüge eines Produktes darzulegen, kann es sich nicht leisten, diese Qualität später zu vermindern. Werberlegende David Ogilvy erwähnt in seinem Buch «Geständnisse eines Werbemannes»: «Die Werbung beschleunigt das Verschwinden minderwertiger Produkte vom Markt. Unsere Freunde von der Forschung bemühen sich ständig darum, die Dinge, die wir kaufen, zu verbessern. Aber glauben Sie mir, viele Verbesserungen sind der Werbung zu verdanken, weil der Erfolg der Werbung so eng mit der ständigen Verbesserung des Produktes zusammenhängt.» In seinem Buch zitierte er auch Howard Morgans: «Nichts macht einem Geschäft schneller den Garaus, als wenn man mit Lügen operiert und versucht, sie als Wahrheit darzustellen. Nichts ruiniert schlechte Produkte oder Dienstleistungen so schnell wie gute Werbung. Die Leute würden, angespornt von der guten Werbung, das Produkt kaufen. Sie würden feststellen, dass es die Versprechungen nicht hält – sie würden es kein zweites Mal mehr kaufen.» Gute Werbung orientiert sich an den Grundsätzen der •

Wirksamkeit

Klarheit

Wahrheit

Wirtschaftlichkeit

Werbung – Marketingkommunikation – muss aktuell, originell, unverwechselbar und verständlich sein. Werbung kann weder Fehler im Marketing ausgleichen noch Angebote verkaufen, die nicht marktgerecht sind. Die Aufgabe der Werbung ist es, die breite Öffentlichkeit oder bestimmte Zielgruppen über das Waren- und Dienstleistungsangebot zu informieren. Durch gezielte Informationen, die nicht nur über den Verstand, sondern auch durch den Bauch gehen, sollen mögliche Kunden erkennen: Hier wird mir eine Problemlösung angeboten. Hier fühle ich mich verstanden.

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2.3 Der Bergführer kennt die Gipfelroute Waren Sie schon einmal mit einem Bergführer unterwegs? Er sagt eigentlich fast gar nichts, aber wenn er etwas sagt, hat er wieder irgendwo etwas entdeckt: eine Gämse, einen Steinbock, ein Schneehuhn oder einen Adlerhorst, wo wir bloss Geröll sehen. Werbung dient nicht dazu, den Schnee von gestern von der einen Strassenseite auf die andere zu schaufeln, und dazu, ständig dasselbe zu wiederholen. Werbung ist in erster Linie ein Werkzeug, um etwas zu verändern, auf Dinge aufmerksam zu machen, auf die wir selber vielleicht noch nicht geachtet haben. Sich schreiend aufzudrängen, genügt nicht mehr. Oder haben Sie schon einmal von einem Hausierer etwas gekauft, der sie vor der Türe angeschrien hat? Gute Texter sind nicht nur wortgewandte Leute, sondern Entdecker, Umdenker, Gestalter mit Worten. Wer etwas Wichtiges zu sagen hat, macht keine langen Sätze. Er spricht knapp und klar.

2.4 Über grosse Kampagnen und langweilige Produkte Die wenigsten Kreativen gehen in die Werbung, ins Marketing, um Faltprospektchen zu gestalten, Aphorismen für Zuckersäckchen zu texten und Wettbewerbsmechanismen zu erfinden. Jeder, der Kurs auf die Werbung, aufs Marketing, nimmt, hat das Ziel, eines Tages tolle Kampagnen zu machen, die überall zu sehen sind und preisgekrönt werden. Viele Texter beklagen sich manchmal darüber, dass sie für so gewöhnliche Produkte wie Waschmittel, Suppen, Brotaufstriche, Baumwollsocken und dergleichen werben müssen. Es ist jedoch falsch, zu glauben, für einfache Produkte liesse sich nicht originell werben. Nichts ist schwieriger und zugleich lohnender für einen Texter, als für offensichtlich «einfache, langweilige Produkte» zu texten. Hier lässt sich Kreativität beweisen wie nirgends sonst. Merken Sie sich: Es gibt keine langweiligen Produkte. Es gibt nur langweilige Texte.

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2.5 Nicht Kleider, sondern Marken machen Leute Wir haben gesagt, dass es die zentrale Aufgabe der Werbung ist, Produkte und Dienstleistungen – oder besser gesagt Marken – begehrenswert zu machen. Sie in der Gunst der Verbraucher zu halten. Die andere Aufgabe ist es, zu verkaufen. So lässt sich Werbung hauptsächlich in zwei Kategorien unterteilen: •

Imagewerbung

Produktewerbung

Imagewerbung beeinflusst mit langfristigen Kampagnen das Bild, das sich die Leute von einem Unternehmen und seinem Produkt machen. Das Bild eines Unternehmens, das seine Farben ständig wechselt, bleibt für die Partner am Markt wie für das breite Publikum und die eigenen Mitarbeiter diffus. Mit Produktewerbung will man die Leute kurzfristig zu einer direkten Aktion veranlassen. Die strikte Unterteilung in Imagewerbung, Produktwerbung und Verkaufsförderung ist überholt. Jede Werbekampagne muss verkaufen, und jede kurzfristige Massnahme muss helfen, die Marke zu stärken. Effiziente Werbung bezieht den Handel mit ein. Ohne wirksame Verkaufsförderungsprogramme und starke POS-Massnahmen haben Sie aus einer Kampagne nicht alles herausgeholt. Eine auf Dauer erfolgreiche Marke betrachtet Kontinuität nicht als Status quo, sondern als Basis für Agilität: In der heutigen Marktwirtschaft ist Kontinuität oft wichtiger, als den sogenannten «First Mover Advantage» für sich zu nutzen; als Erster auf dem Markt zu sein. Wir sprechen •

von Markenpersönlichkeit

von Markenidentität

vom Markenkern.

Dem Markenwert wird schon fast magische Kraft zugeschrieben. Grund genug, dass die Marke als Erlebnis inszeniert wird. Nike wirbt nicht einfach für Laufschuhe, sondern Nike wirbt für Nike: mit Träumen, Sichtweisen, Vorbildern. Dabei hat Nike den einstigen amerikanischen Wunderläufer Steve Prefontaine zur Ikone erhoben. Nachdem der junge Prefontaine bei einem Autounfall Mitte der 70er Jahre tragisch ums Leben kam, wurde er

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20 Jahre später von Nike in einem Hollywoodspielfilm «heilig» gesprochen. Als moderne Reliquien werden seine alten Nike-Laufschuhe im Nike-Tempel in London gezeigt: hinter Panzerglas in einem Safe – dessen Türe der staunende Besucher einen Spalt weit öffnen darf. McDonalds erkannte sehr früh, dass der Verkauf einer Idee mehr Geld bringt als das Verkaufen von Cheesburgern. Marken sind Teil unserer Persönlichkeit geworden. Marken und ihr Symbolgehalt sind schon längst nicht mehr an geografische Grenzen gebunden. Entscheidend für die globale Präsenz ist aber, dass man auch überall weiss, was es bedeutet, einen Nike-Schuh sein Eigen zu nennen, Levis-Jeans zu tragen oder Camel zu rauchen. Entscheidend ist die Vielzahl an Möglichkeiten, den Konsumenten Zugang zu den Erlebniswelten der Marke zu schaffen. Und entscheidend ist, wie die Marke kommuniziert und wie sie sich verhält. In guten wie in schlechten Zeiten. Wie sie emotionalen Mehrwert schaffen kann, der sie über das banale Produkt erhebt und von der Konkurrenz abgrenzt. Unsere Arbeit heisst Differenzieren. Das heisst, dass wir unsere Überlegungen zur USP (Unique Selling Proposition) mit der UAP (Unique Advertising Proposition) ergänzen müssen. Mehr darüber folgt in Kapitel 2.8 ff..

2.6 AIDA Sie haben es in der Fahrschule gelernt: Sie drehen den Zündschlüssel, legen den Gang ein, lösen die Handbremse, und jetzt lassen Sie ganz langsam die Kupplung los und drücken ein wenig aufs Gaspedal. Das können Sie mittlerweile unbewusst – ganz automatisch. Ein Verkäufer hält sich – bewusst oder unbewusst – an den folgenden Ablauf: •

Zuerst muss er die Aufmerksamkeit seiner Zielgruppe wecken (Attention).

Er muss Interesse wecken (Interest).

Er muss beim potenziellen Käufer den Wunsch verstärken, das Produkt zu kaufen (Desire).

Und ihn zum Kaufabschluss bringen (Action).

Kurz: Er bedient sich der AIDA-Formel.

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Was den Werber vom Verkäufer unterscheidet: Er steht dem Kunden nicht direkt gegenüber. Und er kann das Gespräch nicht mit «Darf ich Ihnen etwas zeigen?» oder mit einer Äusserung über das Wetter einleiten. Das erste A von AIDA ist für uns Werber noch wichtiger als für die Verkäufer. Wir werden unbeachtet überblättert, wenn wir die Leute langweilen. Dieses A steht jedoch auch nicht für «abwegige Aufhänge» oder «Aufgeblasenheit», sondern für «Aufmerksamkeit» und «Aufrichtigkeit». Witzige Aufhänger, die mit dem Angebot rein gar nichts gemeinsam haben, machen Werbung wirkungslos. I und D appellieren an Ihr Feingefühl. Hier geht es darum, mit Ihren Worten Emotionen zu wecken, Wünsche zu verstärken. Das letzte A steht für Action: Es ist eine Tatsache, dass es die Leute häufig unterlassen, zu bestellen, anzurufen oder überhaupt weiterzudenken, weil sie nicht dazu aufgefordert werden. Deshalb denken Sie insbesondere bei einfacher Produktwerbung stets an die Schlussaufforderung beziehungsweise an die Schlusszeile, die kommuniziert, wo noch mehr Informationen erhältlich sind. Wenn schon eine Website besteht, sollte die URL auf dem Werbemittel nicht fehlen! Rufen Sie uns an, oder besuchen Sie uns im Internet: www.xxx.ch Bestellen Sie jetzt den neuen Katalog! Jetzt buchen und profitieren: Telefon 0900 000 777 It is not creative – unless it sells! Werbung darf sehr wohl unterhaltend sein, aber nur unter einer Bedingung: Sie muss verkaufen. Denken Sie daran: Nicht alles, was unterhaltsam ist, ist auch werbewirksam. Aber alles, was werbewirksam ist, ist auch unterhaltsam. Die durchschnittliche Betrachtungsdauer einer Anzeige beträgt 1,7 Sekunden. In dieser Zeit müssen wir das Publikum gewinnen. Es macht keinen Sinn, Flitzer durch die Gassen zu jagen, um für eine neue Bodylotion zu werben, oder mit Feuerwehrmännern die «zündenden Ideen» eines Partyveranstalters zu bewerben. David Ogilvy hat einmal gesagt: «Es macht keinen Sinn, einen Mann auf den Kopf zu stellen, es sei denn, wenn wir Werbung für Hosentaschen machen, aus denen nichts herausfallen kann.»

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Ein schlechtes Beispiel, Aufmerksamkeit zu erzeugen, ist auch die Werbung, die Toscani für Benetton gemacht hat. Oder zumindest war diese neue Art der Werbung immer relativ umstritten. Benetton nutzte Kriegsbilder und Bilder von HIV-positiven Menschen – ohne irgendwelche Relevanz für das Angebot. Es muss jenen Menschen hoch angerechnet werden, die sich für eine bessere Welt einsetzen. Es ist jedoch fatal, wenn man aus dem Schicksal von einzelnen Menschen Profit schlagen will. Toscani hat Benetton als Bühne für seine Egotrips benutzt und der Marke massiv geschadet. In ganz Europa waren die Verkäufe rückläufig. Allein in Deutschland verlor Benetton 230 Geschäfte. Eine internationale Studie zeigte, wie die Marke an Relevanz verloren hatte.

Die Leute sahen keinen Grund mehr, Benetton zu kaufen (Zahl aus ADC-Heft, Dominique von Matt). Deshalb: Provokation kann legitim sein. Aber nur, wenn Sie in einem relevanten Bezug zum Produkt steht. Auch die Werbung sollte moralische Grundsätze respektieren. Menschen reagieren auf gewisse Aussagen sehr empfindlich. Empfindlicher, als wir manchmal denken. Überlegen Sie sich bei jeder Idee, ob sie damit niemanden verletzen könnten. Radio DRS hat beispielsweise einen Spot produziert, der das tolle Radioprogramm als idealen WeckerErsatz profilieren sollte. Ein Creative Director kam auf die Idee, einen Spot zu machen, in dem ein Hahn Selbstmord begeht, weil er keine Arbeit mehr hat. Man kann diese Geschichte witzig finden oder nicht. Tatsache ist, dass sie viele Menschen verletzte, die einen Selbstmord in ihrer Familie oder im Freundeskreis hatten. Der Spot verschwand schnell aus dem Äther.

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Vom Briefing über die Konzeption zur kreativen Idee

2.7 Briefing Ein Briefing ist eine Arbeitsanweisung oder eine Auftragsinformation an eine interne Werbeabteilung oder externe Agentur. Ein Briefing sollte folgende Punkte beinhalten: •

Welche Marketingziele, welche Kommunikationsziele sollen erreicht werden? Ein Marketingziel wäre zum Beispiel: «15 Prozent Umsatz-steigerung des Klopapiers X in einem Jahr.» Das Kommunikationsziel könnte heissen: «Dieses Klopapier hat eine verwobene Struktur, die es reissfest und zugleich unglaublich sanft macht.»

Das Briefing beinhaltet eine umfassende Situationsanalyse des Marktes. Wie denken die Leute über unser Produkt? Wer konkurriert uns, wie wirbt die Konkurrenz? Welches sind die Stärken, welches die Schwächen unseres Produktes? Welche Chancen bietet die jetzige Situation, wo stehen wir in zwei Jahren?

Empfehlungen zur Strategie: Was soll getan werden, um die Ziele zu erreichen?

Welche Zielgruppe soll wie angesprochen werden? Welches Budget steht zur Verfügung? Wie sieht der Zeitplan aus?

Sie als Texter sollten das Briefing durchaus kritisch betrachten. Idealerweise besprechen Sie es kurz mit den Verantwortlichen. Stellen Sie Rückfragen, wenn Sie das Briefing nicht verstehen, wenn Ihnen eine Vorgehensweise unpassend oder unlogisch erscheint oder wenn Ihnen wichtige Daten und Fakten fehlen. Haben Sie verstanden, wo der Nutzen des Produkts liegt? Wer ist Zielgruppe; ist Ihnen klar, mit wem Sie vor Ihrem geistigen Auge sprechen müssen? Geht es in erster Linie darum, Neukunden zu gewinnen oder Kunden, die abgesprungen sind, zurückzugewinnen? Geht es darum, Mitarbeiter zu motivieren? Welche Argumente sind wichtig und welche weniger wichtig? Diese unterschiedlichen Motive führen auch zu unterschiedlichen Texten. Das Briefing ist die Arbeitsgrundlage des Texters/Konzepters. Er sollte daher von Anfang an Einfluss auf den Werbeinhalt nehmen können. Viele erfolgreiche Werbekampagnen sind dadurch entstanden, dass die beauftragte Werbeagentur schon sehr früh in den Entscheidungsprozess einbezogen wurde, was die Zielsetzung und Strategie betraf.

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2.8 Konzeption Ein Konzept dient dazu, Ziele, Vorgehensweisen und Massnahmen festzulegen und zu koordinieren. Grob lässt sich ein Werbekonzept in drei Bereiche unterteilen: 2.8.1 Situationsanalyse Sie gibt Aufschluss über das Produkt oder die Dienstleistung, über die Marktsituation, die Verbraucher, Mitbewerber und Marktchancen. Ist die Ausgangslage nicht klar und ehrlich definiert – auch wenn die Wahrheit unangenehm ist – wird auch das resultierende Werbekonzept danebenschiessen. Das ist wie auf dem Güterbahnhof: Wer die erste Weiche falsch stellt, landet weit vom Ziel entfernt. 2.8.2 Marketing-Strategie Sie legt fest, wie das Produkt / die Dienstleistung im Markt zu profilieren ist, welche Umsatzziele erreicht werden sollen. Und wie viel Werbebudget dafür aufgewendet werden soll. 2.8.3 Kommunikations-Strategie In der Kommunikationsstrategie wird definiert, wem, was mit welchen Mitteln gesagt werden muss. Als elementare Gedankenstütze für das konzeptionelle Denken und Kommunizieren gilt die Werbeplattform: Wem sage ich was, warum, wie, womit, wann und wo Liegt ein Briefing vor, ist es nun die Aufgabe des Texters/Konzepters, daraus ein gutes Konzept zu machen: sei es ein Sponsoringkonzept, ein Konzept für eine Imagekampagne mit begleitenden Massnahmen oder ein Verkaufsförderungskonzept mit POSMassnahmen. Wenn Sie sich Werbung genauer anschauen, werden Sie feststellen: Vieles, was da in den Zeitungen und auf Plakaten zu sehen ist, ist nichts weiter als illustrierte Konzeption; Konzeptionswortlaut mit dem entsprechenden Bild der Zielgruppe dazu. Die Ideenfindung ist aber ein kreativer Prozess. Hier geht es nicht darum, den Inhalt des Briefings in andere Worte zu fassen. Sie müssen aber genau wissen, mit wem Sie sprechen. Sie müssen sich in Ihr Zielpublikum hineinfühlen, sich überlegen: Wie denkt Herr

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Meier über dieses Produkt, was würde ihn wohl veranlassen, dieses Produkt zu kaufen, was würde ihn daran interessieren? Wie muss ich Nachbar Meier ansprechen? Legt er Wert auf Verbotstafeln? Stört er sich daran, wenn das Gras in meinem Rasen zu hoch ist? Ist er Sprücheklopfer oder Philosoph? Spreche ich da mit einem Buchhalter, mit einem Blumenhändler, einem Pfarrer oder einem unersättlichen Abenteurer? Wie muss ich die Studentin, den Lehrling, den Bäcker und wie einen Geschäftsführer oder Politiker ansprechen? Ein Erfolgssatz des Texters für Marketing und Werbung heisst: Stellen Sie sich Ihre Zielgruppe nie als Masse vor, sondern stets als Einzelperson, die Ihnen direkt gegenübersitzt. Versetzen Sie sich immer in die Rolle des Umworbenen und nicht in Ihre eigene. Nehmen Sie den Du-Standpunkt ein, nicht den Ich-Standpunkt. Gute Werber sind keine Egozentriker, sondern Menschen, die an anderen Menschen interessiert sind: Guter Werbung merkt man an, dass sie zuerst an den Menschen denkt.

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Das einzigartige Verkaufsargument: 2.8.4 USP: Unique Selling Proposition In der Werbung gilt die Regel: Sie müssen sich auf eine Hauptbotschaft konzentrieren. Sie wissen: Wenn Ihnen jemand Tennisbälle zuwirft und Sie möchten alle auf einmal fangen, haben Sie am Ende vielleicht gar keinen in der Hand. Der Verkäufer, der sein Produkt liebt und mehr als alle anderen darüber weiss, neigt dazu, dass er alle Vorteile erwähnen möchte und am liebsten alle gleichzeitig: den günstigen Preis, die tollen Zusatzleistungen, die freundliche Bedienung. Und zu gewinnen gibt es natürlich auch noch was. Die USP in ihrer ursprünglichen Definition ist der einzigartige Produktvorteil, den ein Kunde gegenüber seiner Konkurrenz hat. Doch solche USPs sind eigentlich ausgestorben. Die Produkte sind heute grösstenteils austauschbar. Wir sprechen auch von Me-tooProdukten. Wenn es wieder einmal eine USP gibt, geht es nicht lange, und die Konkurrenz ist nachgezogen. So hat sich auch die Bedeutung der USPs gewandelt: In der Werbung sprechen wir zunehmend vom einzigartigen Verbrauchernutzen. So kommt es, dass Sie als Texter häufig danach forschen müssen, auch bei einem Me-too-Produkt noch eine USP zu finden. Sie müssen sich überlegen, was sinnvoll wäre, an diesem Produkt als einzigartig herausgestellt zu werden. Und wie Sie diese Einzigartigkeit dramatisieren könnten. Als in Deutschland die ersten Filterzigaretten auf den Markt kamen, wurde bald gesagt, dass diese nicht so gut schmecken wie die filterlosen. Dann kam HB mit einer sehr gut schmeckenden Filterzigarette – mit der USP: «Eine Filterzigarette, die schmeckt.» Hier könnten Sie jetzt den Einwand erheben, dies sei ja völlig platt und allgemeingültig. Eine Filterzigarette sei nichts Spezielles und eine Zigarette, die schmeckt, auch nicht. Doch eine Filterzigarette, die schmeckt, war in dieser Zeit eben etwas Besonderes, Einzigartiges, und deshalb war damals diese USP berechtigt. Die Marktforschung als Stützrad Manchmal ist es schwierig, bei einem Produkt die USP zu definieren. •

Beim Müesli: Ist es in erster Linie knusprig, gesund oder einfach lecker?

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Beim Auto: Ist es der Sportwagen, der niedrige Kraftstoffverbrauch oder die lange Lebensdauer?

Bei einer Schlankheitsdiät: Ist es das rasche Abnehmen oder das Abnehmen, ohne hungern zu müssen?

In der Praxis werden in solchen Fällen bei der betreffenden Zielgruppe häufig Marktforschungstests durchgeführt, um herauszufinden, welche USP für sie von Bedeutung ist. Der ängstliche Kunde freut sich natürlich, wenn er keine Risiken eingehen muss. Und dann, wenn die Werbung an den Litfasssäulen klebt, kommt die grosse Überraschung. Dieselben Leute, die im Test gesagt haben, es sei ihnen wichtig, dass ein Müesli gesund sei, kaufen ein Knusper-Müesli mit Karamellstückchen drin. Das kann passieren, weil in einer Test-Situation, im Unterschied zur realen Werbesituation, Kommunikation eben erzwungen wird. «Marketingleute, die sich zu sehr auf die Marktforschung verlassen, erinnern an Betrunkene, denen eine Laterne viel mehr als Stütze denn als Lichtquelle dient.» Dies schrieb David Ogilvy bereits 1963 in seinem Klassiker «Geständnisse eines Werbemannes». Es geht hier nicht darum, die Marktforschung zu verteufeln. Sie können nie genug wissen über Ihre Zielgruppe: über den Lebensstil, über Träume und Wünsche, über ihr Kaufverhalten. Tests helfen aber nichts, wenn wir blind und mutlos Empfehlungen aus ihnen ableiten und schliesslich Werbung oder Marketing betreiben, die einfach Konzeption in anderen Worten ist.

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Die werbliche Alleinstellung: 2.8.5 UAP: Unique Advertising Proposition Wir leben in einer Zeit der Verdrängungsmärkte. Von allem und jedem gibt es eine riesige Auswahl. Und jede und jeder wirbt für sein Produkt. Und was passiert, wenn es dem Menschen zu komplex wird? Er hört auf seinen Bauch. Er urteilt nicht mehr rational, sondern emotional. Das ist wie im Vorfeld politischer Abstimmungen, wenn wir uns im Argumenten-Dschungel nicht mehr zurechtfinden: Dann orientieren wir uns an jenen Personen, die uns sympathisch sind und zudem verständlich argumentieren. Damit wir im Markt nicht verdrängt werden, muss unsere Werbung aus der Masse hervorstechen und unverwechselbar sein. Dies erreichen wir, indem wir: •

kreative Werbung machen

eine Marke langfristig aufbauen

die Marke erlebbar machen

die Image- und Produktwerbung aufeinander abstimmen.

Die Zeiten für Werbung, die mit Klischeebildern dem Mechanismus «Zeige, was du kriegen willst» folgte, sind vorbei. Der Konsument hat sie längst durchschaut. Er lässt sich nicht für dumm verkaufen und schon gar nicht anlügen. Er fühlt nicht so, wie er soll, sondern so, wie er will. Deshalb müssen wir ihn verblüffen, begeistern. Mit einer guten Idee auf unsere Seite schlagen. Beispiel für eine gute UAP: Die Kuoni-Werbung 2001/2002. Kuoni warb nicht mehr nur mit seiner Erfahrung als Reiseanbieter und den üblichen Strandund Palmenbildern, sondern mit dem Claim: «Ferien, in denen Sie alles vergessen.»

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Dies ist ein Beispiel für ein starkes, langfristiges Konzept, das uns einen grossen Spielraum für kreative Ideen offen lässt – vom TV-Spot über das Plakat bis hin zum Tischset.

Merken Sie sich: Eine Werbeidee ist die verblüffende Dramatisierung (UAP) eines Verbrauchernutzens (USP).

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Kapitel 3: Texten 3.1 Die Anzeige 3.1.1 Text und Bild «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte», sagte der Grafiker. «Dann sag das mal mit einem Bild», entgegnete der Texter. Oft ist es eine Art Hassliebe, die Texter und Grafiker verbindet. Der Grafiker versteht nicht, warum der Texter so lange überlegt, ob er jetzt ein Komma oder einen Strichpunkt setzen soll. Und der Texter versteht nicht, warum der Grafiker stundenlang an Farbtönen und Pixelwerten herumwurstelt. Werbung ist Verkaufskunst. Und ein Künstler lässt sich eben nicht gerne in sein Kunstwerk dreinschwatzen. Der Texter nicht vom Grafiker und der Grafiker nicht vom Texter. Und da beide auf ihrem Gebiet Profis sind, ist das manchmal gar nicht so einfach. Früher ging das in den Werbeagenturen häufig folgendermassen zu: Der Texter entschuldigte sich, er könne noch nicht beginnen, er habe noch kein Layout. Und der Grafiker rechtfertigte sich, er könne noch nicht beginnen, er habe noch keinen Text. Im Idealfall sind Texter und Grafiker jedoch ein Team, das in allen Belangen zusammenspannt. Als Kreative spielen sie sich gegenseitig den Ball zu, ergänzen sich und versuchen, gemeinsam gute Lösungen zu finden. Deshalb müssen Sie als Texterin nicht die Formel des goldenen Schnittes kennen und der Grafiker muss nicht alle Kommaregeln im Kopf haben. Es ist jedoch wichtig, dass Sie als Texter Ihr visuelles Denken schärfen und die wichtigsten Gestaltungsregeln kennen. Wir halten zunächst einmal fest: Das Bild ist ein Kommunikationsmittel. Das Wort ist ein Kommunikationsmittel.

Es gibt gute Radiospots, sehr gelungene Beispiele bildhafter Werbung, die nur auf dem Wort beruht. Im Gegensatz zum meist lauten, ärgerlichen Radiogeschrei wecken sie Bilder in uns, erzählen Geschichten, verführen uns in eine Welt, wo wir «Töne sehen» und

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«Farben riechen» können. Und die wirkungsvollsten TV-Spots sind oft diejenigen, in denen fast nichts gesagt wird, wo die Bilder für sich sprechen. 3.1.2 Spannung zwischen Wort und Bild Für das Verhältnis zwischen Wort und Bild gibt es zwei Grundregeln: •

Zeige, was du sagst – sage, was du zeigst.

Wiederhole nicht, was das Bild schon zeigt. Zeige nicht, was der Text schon sagt.

Die Regeln scheinen sich zu widersprechen. Es soll jedoch nichts anderes sagen als: Schaffen Sie Spannung zwischen Wort und Bild. Aber keinen Widerspruch. Wenn Sie ein Bild mit Pommes frites mit Ketchup haben, schreiben Sie nicht darunter Pommes frites mit Ketchup. Und wenn Sie ein Bild mit dem schiefen Turm von Pisa vor sich haben, schreiben Sie nicht darunter Schiefer Turm von Pisa. Der Werberjargon spricht hier von einem Neger-vor-Hütte. Schon die Neandertaler verstanden ihre Felszeichnungen ohne Text. Trotzdem sehen wir heute häufig Werbung, in der eine fröhliche Frau abgebildet wird und dann darunter steht: «Da freut sich Ihre Freundin!» Oder eine Frau mit strahlend weissen Zähnen und darunter steht: «Für strahlend weisse Zähne!» Ein Bild lediglich zu beschreiben, ist keine kreative Leistung. Sie müssen Bild-TextSpannung schaffen! Sie entsteht immer dann, wenn scheinbar Zusammenhangloses neu und überraschend vereint wird und damit Werbewirkung auslöst. Stellen Sie sich einmal folgende Fragen: Was hat die Post mit einem Eis zu tun? Was hat ein Slip mit einem Elch zu tun? Sie sehen es hier:

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Was macht den Anreiz dieser beiden Inserate aus? Die sogenannte Neugier-Theorie geht davon aus, dass Werbung dem Rezipienten kleine Probleme vorsetzt, die es zu lösen gilt. Ein solcher konzeptueller Konflikt ist anregend. Er zwingt den Rezipienten, sich mit der Werbeidee auseinanderzusetzen. Entscheidend ist, dass diese Decodierung lösbar ist. Sie muss Spass machen und sollte nicht zum Denksport

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ausarten. Die Lösung überrascht, weil sie unerwartete Sinnzusammenhänge schafft. Anreiz ist in erster Linie also eine Sache des Inhalts, der Idee. Und dieser Anreiz wird noch verstärkt, wenn er Bezug zu aktuellen Themen schafft. Ein Beispiel: Vor etwa fünf Jahren setzte ein Magen-Darm-Virus den NLA-Club Fribourg-Gottéron ausser Gefecht. Die Mannschaft konnte gegen Rapperswil nicht antreten. Der «Blick» titelte: «Gottéron sitzt auf dem WC: Spiel abgesagt!» Hakle nutzte diese Situation und platzierte direkt neben den «Blick»-Bericht folgende Anzeige:

Headline: Beruhigt auch den HC Fribourg-Gottéron (Bild WC-Rolle) Claim: Neu: Hakle Kamille mit Kamillenwirkstoffen. Für den zarten Po. Da es nicht ganz einfach ist, für ein Low-Interest-Produkt wie WC-Papier zu werben, war dies ein geschickter Schachzug.

Merken Sie sich: Indem Sie mit Ihrer Werbung einen direkten aktuellen Bezug schaffen, können Sie Ihr kreatives Spektrum gehörig erweitern. Dies stellt jedoch auch die Bedingung, dass Sie ein gutes Monitoring betreiben und somit schnell reagieren können.

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Die Idee liegt im Bild: 3.1.3 Neue Bild-Ebenen schaffen Sie kennen das Bild Die Erschaffung Adams von Michelangelo. Es wurde im Jahre 1510 gemalt. Und Sie kennen die Mona Lisa von Leonardo da Vinci (1503 - 1506). Gesehen haben Sie wahrscheinlich auch schon die «überarbeiteten» Fassungen: Wie der Liebe Gott Adam einen Joint überreicht und die Mona Lisa, die nicht lächelt, sondern eine verbitterte Mine macht. Dies sind Beispiele für neue Bildebenen. Bilder, die optisch Spannung und hohen Aufmerksamkeitswert erzeugen. Sie werden sehen: Wenn Sie eine starke Bildidee haben, ist es meist einfach, den passenden Text zu finden.

SSR Travel

Headline: «Falls du vom Massentourismus auch genug hast.»

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Sportplausch Wider, Wallisellen

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Es ist aber genauso gut möglich, mit ganz gewöhnlichen Bildern zu arbeiten – dann, wenn Sie gewöhnliche Bilder mit ungewöhnlichen Texten verbinden. Dann ist es Ihre Aufgabe, neue Textebenen zu schaffen. 3.1.4 Neue Text-Ebenen schaffen Sie können ein gewöhnliches Bild mit einem Schlag, besser gesagt mit einer guten Schlagzeile, spannend machen. Zum Beispiel, wenn Sie ein Zeitungsbündel abbilden und darunter schreiben: «Für viele ist es Müll, für uns ein Handschuhfach.»

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Oder Sie zeigen Bergschuhe mit Steigeisen und schreiben als Headline: «Bündner Ausgehtipps»

Copy-Text: «Dass manche unserer Gäste im schrägsten Schuhwerk durch Graubünden stiefeln, stört uns Bündner nicht im geringsten. Und ob da einer nächstens mit seinen Nagelschuhen im Dracula-Club zu St. Moritz eine Polonaise auf die Bretter legt oder frühmorgens in Pumps die Milch holt, lässt uns gleichermassen kalt. Schliesslich wissen wir am besten um unsere bergige Landschaft und die hohen Anforderungen, die bei uns an die Schuhe gestellt werden. Wer diese herrliche Berglandschaft im Sommer ausgiebig erkunden will, findet in ihr übrigens garantiert genug Auslauf. Denn die fast unbegrenzten Bike-, Wander- und Kletterrouten führen zwar über Berg und Tal, ein Gedränge kann’s aber höchstens beim Engadiner Inline- oder beim Swiss Alpine Marathon geben, wo sich die ausdauernden unter unseren Gästen im Juli die Füsse platt laufen können. Untenrum gut anziehen muss sich auch, wer eine der Mountainbike-Downhill-Strecken in Laax, Davos oder Scuol unter die Räder nehmen will. In sportlicher Hinsicht gibt es in Graubünden also für alle etwas, selbst für diejenigen, die in ihren Ferien nicht auf einen Muskelkater verzichten wollen. Wenn Sie bei uns einmarschieren, informieren wir Sie gerne.»

Verkehrsverein Graubünden, Alexanderstrasse 24, 7001 Chur, Telefon 081/302 61 00, Telefax 081/302 14 14. Oder unter http://www.graubuenden.ch im Internet.

Graubünden. Die Ferienecke der Schweiz.

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In Graubünden werden jetzt die Pisten für Sie präpariert.

Copy-Text: «Damit Sie im Winter genüsslich unsere Buckel runterrutschen können, hegen und pflegen wir Bündner unsere schrägsten Skihänge und Schlittelmatten das ganze Jahr über nach bewährter und urrätischer Art. Und weil uns diese Aufgabe das Beste abverlangt, gehen wir im Herbst hinaus und geben unseren Pisten den letzten Schliff mit einem Wundermittel, das zwar nicht ganz geruchsfrei, dafür aber 100% biologisch und genauso abbaubar ist. Dampft dann der Mist an unseren Hängen, tut die Natur den Rest und schafft in Graubünden über Nacht die besten Bedingungen für alle möglichen Wintersportarten. Das macht viele unserer Gäste so verrückt, dass sie bis in den Frühling hinein auf unseren tief verschneiten Kuhweiden herumtoben wie junge Kälber auf Skiern, Snowboards oder neuerdings wieder auf klassischen Hornschlitten. Ganz Tollkühne rasen mit diesen Urschlitten am 1. Februar übrigens um den 2. Alpencup von Avers, machen freiwillig bei den Hornschlittenrennen von Brigels und Davos mit oder stürzen sich in St. Moritz auf einem Skeleton kopfüber, im Taxibob kopfunter, einen Eiskanal hinunter. Sind Sie nicht halb so verwegen, finden Sie in Graubünden aber nicht nur haufenweise Anfängerhügel und Schlittelbahnen, sondern auch gutmütige Pferde, blauäugige Hunde und sogar echte Alpen-Lamas, die Sie auf Ihrem Schlitten kreuz und quer durch unsere

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herrliche Berglandschaft ziehen. Sollten Sie allerdings noch gemütlicher mögen, sitzen Sie am besten mit einer Nusstorte an die Sonne und sinnieren über die Frage, warum Schlittenhunde keine kalten Füsse kriegen. Haben Sie jetzt noch Fragen zum schönen Thema <Winterferien in Graubünden>, rufen Sie uns doch einfach an, und wir sagen Ihnen, wo Sie treiben können, was Sie möchten.» Verkehrsverein Graubünden, Alexanderstrasse 24, 7001 Chur, Telefon 081/302 61 00, Telefax 081/302 14 14. Oder unter http://www.graubuenden.ch im Internet.

Graubünden. Die Ferienecke der Schweiz.

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Stellen Sie sich vor, sie bilden die Packung eines Waschmittels ab und schreiben darunter: «Wäscht jetzt noch reiner!» Ist das nicht langweilig? Müssen wir uns da nicht etwas Besseres einfallen lassen? Und jetzt stellen Sie sich einmal vor, Sie werben für die Bahn mit einer Bahn oder für Matratzen mit einer Matratze. Langweilig, gewöhnlich? Gewiss. Aber nur so lange, bis wir dazuschreiben:

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Sie zeigen einen Müllabfuhrwagen und fragen: «Ist es nicht ungerecht, dass Ihr Müll Mercedes fährt und Sie nicht?»

Weitere Beispiele: Aus einer Anzeigen-Serie der «Hörzu»: Schlagzeile: «13 Millionen Leser. Das muss man sich mal vorstellen» Ein lediglich illustrativ denkender Grafiker hätte hier einfach Menschenansammlungen gezeigt. Der kreative Sprung lag aber darin, dass sich Texter und Grafiker überlegten, wie sie diese Vielzahl anders darstellen könnten. Und sie hatten eine Idee: •

als Ährenfeld

als Sternenhimmel

als Feld voll blühender Margeriten

Auf diese Weise bekommt die Aussage «Das muss man sich mal vorstellen» viel mehr Kraft und Sinn.

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Anzeige Beck’s-Bier Schlagzeile: «Beck’s Bier löscht Männerdurst.» Ein lediglich illustrativ denkender Grafiker hätte hier eine fröhliche Männerrunde am Stammtisch gezeigt. Eine solche Anzeige wäre jedoch noch keine Werbung. Sie hätte noch keine Idee. Witz bekommt dieses Inserat, wenn wir zusammen mit der Schlagzeile eine aparte, alte Dame sehen, die ein Glas Bier trinkt.

Anzeige der Landesbausparkassen, die sich an junge Leute wendet Bild: ein Känguru, das ein Junges im Beutel trägt. Schlagzeile: «Sie können nicht ewig im Elternhaus bleiben.» Ein lediglich illustrativ denkender Grafiker hätte hier einen jungen Mann gezeigt, der mit seinen Eltern im Wohnzimmer sitzt.

Anzeige Deutsche Bundesbahn Ein lediglich rational denkender Texter hätte hier geschrieben: «Angenehm durch den Winter – mit der Bahn.»

Anzeige Langnese-Eiscreme Bild: eine grosse Portion Eis Schlagzeile: «Damit Sabinchen auch mal den Mund aufmacht.» Ein lediglich rational denkender Texter hätte hier geschrieben: «Der köstliche, fruchtige Nachtisch.»

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Sie haben nun den Wort-Bild- / Bild-Wort-Zusammenhang kennengelernt: Entweder liegt eine Idee etwas stärker im Bild, oder sie liegt etwas stärker im Text. Beim folgenden Playstation-Inserat liegt sie so stark im Bild, dass gar keine Headline mehr nötig ist. Sie sagt: Playstation spielen wirkt so real, dass wir in andere Rollen schlüpfen können. Bei diesem Beispiel in einen schlagkräftigen Boxer. Die Idee, dass ich mir diese Identität ähnlich wie ein Kleidungsstück ohne grossen Aufwand vom Kleiderbügel nehmen kann, ist stark. Sie birgt jedoch auch Gefahr, dass sie ganz ohne Text nicht mehr verstanden wird. Über Dinge die man nicht versteht, wird aber auch gesprochen – oder wird erst dann gesprochen: «Verstehst du dieses Playstation-Inserat?» Auch das kann das Ziel einer Werbekampagne sein. Der Trend, Werbemittel stark aufs Bild zu reduzieren, kommt aus Brasilien. Weil dort die Analphabetenquote sehr hoch ist, hat man begonnen, die Textaussagen auf ein Minimum zu beschränken. Und da wir bei uns die Einsicht gewonnen haben, dass es inmitten der Werbeflut unabdingbar ist, uns auf eine Hauptaussage zu beschränken, und dass sich solche Bilderwerbung stark von der gewohnten Bild-Text-Werbung abhebt, wird sie auch bei uns immer häufiger eingesetzt.

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Inserat Playstation

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Die Botschaft, dass Sie mit Panasonic Musik hören, die durch den Bauch geht, wurde mit dem folgenden Panasonic-Inserat aus dem Jahre 2001 eindrücklich dramatisiert und reduziert:

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Inserat «Snowboarder 2002». Auch hier spricht das Bild für sich. Claim: «Jetzt mit der grössten Halfpipe der Welt» Slogan: Flims, Laax, Falera. Die Alpenarena

Würden Sie hier schreiben: «In Flims Laax ist jetzt wieder Boarder-Zeit! Komm vorbei und jumpe auf der grössten Halfpipe der Welt» und dazu noch eine Copy, in der alle möglichen Vorteile vom Preisrabatt bis zum Veranstaltungskalender aufgelistet würden – das Bild würde die starke Wirkung verlieren. Wir können es zur Regel machen: Je eigenständiger, origineller ein Bild, desto weniger Text braucht es. Hier sind wir wieder beim kleinen Denkspiel; bei der Neugier-Theorie. Dieses Bild macht uns als Betrachter neugierig, und wir möchten wissen, wer hier der Absender ist. Dazu müssen wir nur gerade zehn Wörter lesen. Wir setzen uns mit der Bild-Text-Botschaft auseinander, und das garantiert Werbewirkung.

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Reine Textwerbung setzen wir dann ein, wenn es sich vom Budget her nicht lohnt, teure Bilder zu schiessen, oder der Text so gut ist, dass er ganz gut ohne Bild auskommt:

Anzeigen Nifty Oxford Slogan: Masskonfektion für sie und ihn

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«NZZ»-Anzeigen

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Copy: Wie sich die Qualität der «NZZ» auf eine Anzeige auswirkt, brauchen wir Ihnen nicht zu erklären. Wir nehmen an, Sie sind Kommunikationsspezialist. Falls Sie es nicht sind und wie ein «NZZ»-Leser aus lauter Wissbegier bis hierher gelesen haben: Sie wirkt sich in jeder Beziehung sehr gut aus. «NZZ» Wissen als Werbeumfeld.

Doch wie ist das nun mit dem Emotionswert von Bildern? Hören wir nicht immer wieder, dass sich Gefühle mit Bildern besser beschreiben lassen? Es ist tatsächlich so, dass in der Werbung lange gesagt wurde, man müsse Menschen zeigen. Fröhliche, zufriedene, erfolgreiche Menschen. Menschen, die dank des beworbenen Produkts glücklich sind. Sie werden immer noch gezeigt. Und das ist auch nicht falsch. Doch das Problem ist, dass viele dieser Bilder zu Klischeebildern verkommen sind. Stellen Sie sich beispielsweise einmal vor: Sie zeigen eine Familie beim Frühstück im Garten. Die Kinder spielen mit dem Hund, die Eltern, mit lächelnden Gesichtern, trinken genüsslich ihren Kaffee. Das wäre gewiss ein Bild mit hohem Emotionswert. Es bietet jedoch kaum Möglichkeiten für eine zielgerichtete Idee, keine Dramaturgie, keine Spannung – und lässt sich daher beliebig auswechseln. Mit diesem Bild könnten wir für Kaffee ebenso gut werben wie für eine Bank, für Hundenahrung, für eine Zahnpasta oder für Mode. Können wir nur mit Worten Emotionen wecken? Hierzu eine kurze Geschichte, die nicht neu ist, aber für uns Texter ist sie so gut, dass sie nie alt wird:

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Im Central Park in New York sitzt ein blinder Mann. Er hat einen Hut vor sich auf den Boden gesetzt und daneben eine Tafel aufgestellt: «Helft den Blinden!» Doch die Leute gehen an ihm vorüber, nur wenige werfen ein bisschen Kleingeld in den Hut. Da kommt eine Texterin vorbei, hat Mitleid. Sie nimmt die Tafel, dreht sie um, schreibt einen Text drauf und verabschiedet sich. Wie sie abends von der Arbeit zurückkehrt, sieht sie den Blinden wieder, strahlend vor Glück, sein Hut voller Münzen. Er fragt sie schüchtern, was sie denn da auf die Tafel geschrieben habe. Es stand: «Es ist Mai, und ich bin blind!» Spüren Sie das? Dieser Mann sieht keine farbigen Blumen, keine Schmetterlinge und singenden Vögel, sieht weder spielende Kinder noch all die verliebten Pärchen. Es ist Mai, es ist ein Wonnemonat – und er kann nichts sehen. Ob diese Geschichte wahr ist, ist für uns unwichtig. Wichtig ist: Sie lehrt uns, dass wir mit Worten sehr wohl Emotionen wecken können. Kurz, einfühlsam. Einen Zeitpunkt, eine Situation nutzend. Vor einem U-BahnSchalter hätte dieser Satz nicht die gleiche Wirkung gehabt. Lernen Sie, so zu denken und so zu schreiben, dass Sie beim Zielpublikum etwas auslösen! Distanzieren Sie sich von althergebrachten Werberegeln, die besagen: •

Emotionale Themen benötigen Bilder.

Nur sachliche Themen eignen sich für reine Textwerbung.

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Médecins sans frontières. Auch das ist Werbung, die um Hilfe bittet. Die Kampagne gewann im Jahre 2001 den «Goldenen Löwen» in Cannes. Headline: «Médecins sans frontières kennt keine Grenzen.»

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3.1.5 Checkliste für die Gestaltung von Anzeigen

Sagt sie dem Verbraucher etwas Neues, Einmaliges? Oder ist sie nur normal und richtig?

Hat sie eine starke Idee oder versucht sie, mangelnden Inhalt mit formalen Elementen zu überspielen?

Stehen Bild und Text in einem Spannungsverhältnis zueinander oder sagt der Text nur, was das Bild schon sagt?

Erregt die Schlagzeile Aufmerksamkeit?

Ist der Text zwingend formuliert? Fesselt er uns bis zum Schluss, ist er logisch aufgebaut? Veranschaulicht er?

Ist die Anzeige rasch erfassbar gestaltet? Oder ist sie Typografie-salat mit vielen Schrifttypen und Einzelbildern?

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3.2 Stil und Rhetorik 3.2.1 Über Stil in der Werbung Textern (für Marketing und Werbung) wird häufig vorgeworfen, dass sie sich einer unnatürlichen, aufgesetzten und stillosen Werbesprache bedienen. Doch was ist überhaupt Stil? Der Begriff Stil stammt vom lateinischen „stilus“. Stilus bezeichnete ursprünglich konkret den Schreibgriffel, mit dem man Schriftzeichen auf Wachstafeln ritzte. Bald wurde stilus zum Begriff für die Schrift und danach für die «persönliche Schreibweise». Gerne wird Stil auch als Wahl zwischen verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten umschrieben. Beispiel: Schreiben wir einen Text, haben wir die Auswahl zwischen verschiedenen Wörtern für ein und denselben Sachverhalt, zwischen sogenannten Synonymen. Wie viele Stilistiker bemerkt haben, ist diese Definition nicht ganz zutreffend, denn unserer Wahlfreiheit sind Grenzen gesetzt. Es gibt eine bessere Definition: Stil ist eine kommunikative Gestaltungsstrategie. Diese Strategie wählen wir, um zu unserem Kommunikationsziel zu gelangen. Der Textstil drückt also aus, wie wir über den Leser denken, welche Beziehung wir zu seiner Umwelt haben usw. 3.2.2 Rhetorik «Mitbürger, Freunde, Römer – hört mich an!» So spricht Antonius in Shakespeares Drama «Julius Cäsar» seine Römer an. Sie fühlen sich angesprochen – auch wenn sie nicht Römer sind? Welche dieser beiden Sätze ist für Sie wirkungsvoller? 1. «Die gute alte Zeit war gar nicht so gut.» 2. «Wie gut war die gute alte Zeit wirklich?» Sie stellen fest: Es besteht nur ein kleiner, aber spürbarer Unterschied. Der zweite Satz steht in Form einer rhetorischen Frage, einer Frage, auf die eine Antwort zwar nicht erwartet, wohl aber suggeriert wird. Der Leser oder Zuhörer wird damit weit mehr zum Mitdenken angeregt als mit einer gewöhnlichen Behauptung. Wenn Sie sich Texte genauer ansehen, werden Sie feststellen, dass die Wirkung mit bestimmten Techniken verstärkt werden kann. Diejenige Wissenschaft, die sich seit der

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Antike mit der Analyse des wirkungsorientierten Kommunizierens befasst, ist die Rhetorik. Die Rhetorik ist also die eigentliche Theorie des effektvollen, persuasiven Redens, der sogenannten Elocutio. Ihre Begriffe und Regeln sind problemlos auf die geschriebene Sprache beziehungsweise die Stillehre übertragbar. Wir sprechen von rhetorischen Figuren oder einfach von Stilfiguren. Sie werden von guten Schreibern bewusst eingesetzt, um ihre Schreibziele zu erreichen. Die wichtigsten stellen wir Ihnen kurz vor: Die Alliteration, der Stabreim Alle Wörter eines Satzes beginnen mit dem gleichen Anfangsbuchstaben. Beispiel: «Wenn Winzer Wunder wirken» Die Betonung der vier w verstärkt die Wirkung der Aussage. Die gleiche Aussage ohne Alliteration: «Winzer können Ihre Träume erfüllen.» Sie sehen: Der Satz hat an Schlagkraft verloren. Die Anapher Hier beginnt jeder Satz mit dem gleichen Wort. Beispiel: «Immer der gute Service. Immer zuverlässig. Immer für Sie da.» Ohne Anapher: «Hohe Qualität und gründliche Kontrolle zu fairen Preisen – ihrem Motor zuliebe.» Sie merken: Dieser Satz wirkt phrasenhaft. Erstens, weil die starke Betonung auf immer wegfällt und zweitens, weil Allerweltswörter und viel gehörte Wendungen dominieren: hohe Qualität, faire Preise, Ihrem Motor zuliebe. Die Epipher Das Gegenteil der Anapher ist die Epipher. Hier enden zwei oder mehrere Sätze mit demselben Wort: «Er würzt scharf. Isst scharf. Und trägt scharfe Klamotten.» Das Paradoxon Hier wird eine unerwartete Wendung des ersten Teils einer Aussage eingeleitet:

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«Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.» «Einer unserer Arbeiter ist so langsam, dass wir ihn befördern.» (AVIS Autovermietung-Werbung) Diese Headline nutzt den Umstand aus, dass AVIS höchsten Wert auf gründliche Wartung legt. AVIS macht die Botschaft: Arbeiter, die penibel arbeiten, sind uns wichtiger als Geldeinsparungen. Mit diesem Paradoxon wird das wirkungsvoll kommuniziert. Die Antithese Die Antithese ist eine pointierte Gegenüberstellung entgegengesetzter Aussagen: «Während man in Villarriba noch arbeitet, wird in Villabajo schon gefeiert.» (Werbespot für Spülmittel) Das bekannteste und schon sehr abgedroschene Beispiel für die Gegenüberstellung ist die Headline: «Heisse Preise für kühle Rechner.» Es ist besser, Sie belassen diese Wendung tiefgefroren und sehen von einem erneuten Auftauen ab.

Die Analogie In der Werbung werden auch häufig Analogien eingesetzt. Hier arbeitet der Texter bewusst mit Ähnlichkeiten, die stark vom Bild ausgehen. Diebels, eine deutsche Biermarke, zeigte einmal ein junges Pärchen in einem Fischerboot mit der Headline: «Er hat angebissen. Mit freundlichem Diebels.» Offensichtlich stieg hier das Mädchen nicht aus Liebe zum Angelsport ins Boot, sondern aus Liebe zu ihrem Angebeteten. Wer sagt denn, dass man nur mit Würmern angeln kann? Die Metapher

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Die Metapher ist ein verkürzter bildlicher Vergleich, dessen Bedeutung sich dem Publikum aufgrund von Ähnlichkeiten so deutlich erschliesst, dass das Vergleichswort «wie» entfällt. Beispiele: «Texter sind das Salz in der Suppe der Kommunikation.» «Ein Herz aus purer Kraft.» (Fiat-Automobile) Die Remotivierung Eine Remotivierung bilden wir, indem wir einer Aussage oder nur einem Wort die Ursprungsbedeutung wiedergeben – indem wir das Wort beim Wort nehmen. Beispiele: «Für Leute, die gerne viel um die Ohren haben.» (Anzeige für einen HiFi-Verstärker) «Wir hoffen, dass Sie ihn nie zu Gesicht bekommen.» (Werbung für einen Auto-Airbag)

Wortspiele Im Vergleich zu vielen anderen Sprachen können wir in der deutschen Sprache mühelos neue Wörter bilden: • pflegeleicht

• waschmaschinenfest

• umweltfreundlich

• faltenfrei

• schmutzabweisend

• gebrauchsfertig

Dies sind Beispiele für Wörter, die von Textern (für Marketing und Werbung) kreiert wurden, um einen treffenden, differenzierenden Ausdruck zu finden. Dies darf uns jedoch nicht dazu veranlassen, dass wir es als unsere Hauptaufgabe erachten, neue Wörter – Wortwitzchen – zu erfinden.

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Es geht hier nicht um gekünstelte Wortkonstruktionen, wie wir sie leider häufig finden, sondern um sofort verständliche Veranschaulichungen. Nur treffende, anschauliche Wortschöpfungen können sich durchsetzen und erreichen das Ziel, in aller Munde zu sein. Eine neue Wortschöpfung sollte nicht einfach ein Gag sein, sondern helfen, Ideen zusätzlich zu stützen. Es ist etwas anderes, ob ein Restaurant im Sommer schreibt: «Geniessen Sie unsere Bromhmhmhmhbeeren!» (Wortwitz) oder: «Bei uns können Sie Ihren Beerenhunger stillen.» (Anspielung auf Bärenhunger als Idee) Oder stellen Sie sich vor, Sie möchten witzig sein, und schreiben:

«Für kreideklare Fakten: NZZ» Hier haben Sie sich mit dem Bezug Kreide/Zeitung eine schöne Idee vergeben. Sie wurde im Jahre 1990/91 als Plakatidee wie folgt realisiert:

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In der Werbung war es lange gebräuchlich, für neue Headlines oder Slogans auch gleich neue Wörter oder Wendungen zu erfinden: •

«Rhäzünser isch gsünser»

«En guete Härdöpfel mitenand»

«Wir imholzen am nächsten Weekend nach London!»

Diese Werbesprache hat sich überlebt, gestorben ist sie aber noch nicht: «Halbtaxeln Sie auch?» Wenn wir neue Wortschöpfungen nicht wirklich sinnvoll einsetzen können, sollten wir sie lieber den Schriftstellern überlassen. Wir schreiben besser einfach und präzise, denn mehr als Wortwitzchen sind heute plakative Ideen, Witz oder gar Selbstironie gefragt. Merke: Die einfachen, kurzen, bekannten Wörter sind meistens auch die besten. Alles Gekünstelte, Gesuchte wirkt oft aufgesetzt und billig. Wortschöpfungen haben nichts mit dem Wortschatz zu tun. – Der Wortschatz ist jedoch auch ein Erfolgsfaktor für jeden Texter. Denn hier geht es dem Texter (für Marketing und Werbung) wie dem Schachspieler: Je mehr Figuren er auf dem Brett stehen hat, desto mehr Spielvarianten stehen ihm offen. Es ist deshalb für Texter sehr gewinnbringend, Literatur, gute Zeitschriften und Zeitungen zu lesen. Und dabei bewusst auf besonders treffende Ausdrücke und Wendungen zu achten.

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3.3 Grundregeln für Texte in Marketing und Werbung 3.3.1 Regel 1: Seien Sie neu, nicht nur neuartig Dann wird man Ihnen zuhören. «Was gibts Neues?» So begrüssen wir oft unsere Freunde, auch wenn wir gar nicht immer Neues erwarten. Doch die Wendung zeigt uns, dass wir offenbar einen starken Wunsch haben, Neuigkeiten zu erfahren. Was gibt es denn ständig Neues zu berichten: über die Arbeit, über die Liebe, über das Hobby, über die Natur? Am Bürotisch machen wir doch täglich immer etwa das Gleiche, der Sternenhimmel verändert sich für uns auch bloss unmerklich, und das Mondgesicht ist auch immer dasselbe, nur immer ein bisschen anders abgedeckt. «Es geschieht nichts Neues unter der Sonne», schrieb der weise Salomon schon vor 3000 Jahren. Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten ein Buch über die Liebe schreiben. Sie müssten wahrscheinlich resignieren, denn es wurde doch alles schon vielfach gesagt. Und wenn Sie beim Thema Liebe resignieren, wie schwierig wird es dann erst, für Zahnpasta, Klopapier, Strumpfhosen oder Knäckebrot zu werben? Es ist hier nicht anders als in der Literatur: Die Themen sind nicht neu. Doch die Darstellung des Themas kann neu sein. Neue Themen gibt es genauso selten wie neue Produkte. Der Neuigkeitswert ist auch der zentrale Nachrichtenfaktor bei den Medien. Was nicht neu ist, ist Schnee von gestern. Das hört man oft auf den Redaktionen. Doch auch hier gibt es nicht tagtäglich neue, interessante Dinge zu berichten. Der Mensch gewöhnt sich schliesslich an alles – an die Ausschreitungen im Nahen Osten, an die Flugzeugabstürze, an Berichte über den Treibhauseffekt. Es findet nicht täglich eine Fussballweltmeisterschaft statt, alle Inseln wurden schon entdeckt. Und die Kolumnisten beissen sich die Zähne aus, sich über etwas lustig zu machen, über das nicht schon gelacht wurde. Der amerikanische Schriftsteller William Faulkner sagte: «Es ereignet sich nichts Neues. Es sind immer dieselben alten Geschichten, die von immer neuen Menschen erlebt werden.» Der weitaus grösste Teil der Berichte befasst sich mit Dingen, die schon geschehen sind. Sie werden jedoch neu interpretiert, ergänzt und aktualisiert. Neu heisst in der Werbung: neue kreative Ideen für ein gewöhnliches Produkt zu finden.

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Doch in der guten Absicht, neu und aufsehenerregend zu sein, greifen manche Werber zu falschen Mitteln. Da werden kuriose Schriften verwendet, in Spiegelschrift geschrieben, Filmtricks integriert, Leute auf den Kopf gestellt, Bild- und Textelemente wie in einem Puzzle ineinandergeschachtelt. Nur um irgendwie aufzufallen. Doch der Verbraucher ist an neuen Ideen, neuen Geschichten, nicht an neuen Äusserlichkeiten interessiert. Es waren noch nie die formalen Änderungen, die Werbung erfolgreich machten, sondern stets die inhaltlichen. Und immer wieder zeigt sich: Je stärker der Inhalt, desto schlichter die Form. Nehmen wir nochmals das Beispiel Knäckebrot. Was sollen wir schon Neues berichten? Ist es luftig? Ist es preiswert? Ist es ein Soft-Cracker? Ein Super-Cracker? In solchen Fällen ist die Gefahr gross, auf Sensation – oder Langeweile – zu machen: •

«Krack – der neue Softcracker für die schlanke Linie»

«Geniessen Sie jetzt das neue Knäcke-Feeling!»

oder: •

«Erleben Sie die neue schlanke Linie: Wasa-Knäckebrot.»

Doch nichts ist neu, nur weil es mit dem Wörtchen neu angekündigt wird. Nachfolgend sehen Sie die Wasa-Anzeige, die zu den Werbe-Klassikern gehört:

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Wasa-Anzeige aus dem Jahre 1971

Sie sehen: Wenn eine neue Idee ins Spiel gebracht wird, braucht es keine grossen Worte, keine Sensationen mehr. Die Headline ist ganz einfach: «So wenig Kalorien hat ein Wasa-Knäckebrot.» Dass ein Knäckebrot wenig Kalorien hat, war auch im Jahre 1971 keine Weltneuheit. Die Anzeige war jedoch so gut, dass man sich gerne noch heute daran erinnert. Mancher Texter stützt sich allzu leicht auf Produktneuheiten. Doch diese sind als Aufhänger für die Werbung nicht derart geeignet, wie es oft scheint. Häufig handelt es sich lediglich

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um Produktverbesserungen technischer Art – um einen Nutzen, der den Verbraucher bei den Fragen stutzen lässt: «Ist das neu, ist das interessant für mich? Was bringt mir das?» Nehmen wir einmal an, ein Ingenieur erfindet einen Automotor mit neuartigen Ventilen: den neuen Motor XT 63. Doch für den Autofahrer spielt es keine Rolle, ob er nun einen XT 63 oder anderen Motor hat. Entscheidend für ihn ist die Leistung, der Benzinverbrauch, die leichte Wartung. Und weil er ja nicht nur den Motor kauft – die Sicherheit des Autos, die technischen Vorteile des Wagens und nicht zuletzt das Design. Wenn hier kein entscheidender Durchbruch erzielt wird, kann die technische Neuerung noch so attraktiv und konkurrenzlos sein. Der Autofahrer wird sich dadurch nicht angesprochen fühlen. Da nützt es Ihnen wenig, wenn Sie «Der erste Wagen mit XT 63 Motor» herausstellen. Entscheidend ist, ob die neuen Ventilteile dem Autofahrer einen wertvollen Nutzen bringen. Neuigkeiten, auf welche die Techniker stolz sind, sind dem Verbraucher oft gleichgültig. Und das will der Hersteller oft nicht verstehen. Was jedoch Sie als Texter verstehen müssen: Locken Sie den Verbraucher niemals mit neuartigen technischen Begriffen, die er nicht versteht. Verkaufen Sie den psychologischen Nutzen Ihres Produktes: •

Nicht der neue XT 63 Motor lockt uns zum Kauf, sondern seine Leistung.

Nicht die neue Mini-Chip-Generation interessiert uns an einem Notebook, sondern der Computer, den wir bequem auf Reisen mitnehmen können.

Nicht die neue XCR-Legierung der Bratpfanne ist entscheidend, sondern die Bratpfanne, in der nichts anbrennt.

Technische Neuerungen sollten zur Begründung eines Nutzens herangezogen werden. Sie sollten jedoch nie mit dem Hauptnutzen verwechselt werden. Schreiben Sie also keine Headlines wie: •

«Der neue XT 63 ist da!»

«Eine neue Generation: Mini-Chip-Technik in Perfektion.»

«Jetzt neu: die Bratpfanne mit XCR-Legierung!»

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3.3.2 Regel 2: Seien Sie einfach, aber nicht harmlos … dann werden Sie verstanden. «Man muss kompliziert denken und einfach reden», sagte einmal ein Politiker. Einen komplizierten Gedanken möglichst einfach darzustellen, ist die hohe Kunst der Kommunikation. Viele Werber machen es umgekehrt: Sie denken einfach und machen komplizierte, schwer verständliche Werbung daraus. Einfachheit hat nichts mit Dummheit zu tun. In der Werbung heisst es noch allzu oft: Sie ist so zu gestalten, dass sie auch der Dümmste noch versteht. Doch das ist eine tückische Regel. Würden Sie so eine Zeitung, ein Radio- oder Fernsehprogramm machen – Sie hätten Ihre Leser-, Zuhörer- und Zuschauerschaft schnell verloren. Diese Regel ist auch dafür verantwortlich, dass zwischen den redaktionellen Artikeln und den Anzeigen, zwischen Fernsehkrimis und den Fernsehspots, zwischen den Hörspielen und der Radiowerbung so auffallende Unterschiede bestehen: Auf der einen Seite finden wir Spannung, Unterhaltung, Intelligenz, auf der anderen Seite Langeweile, Harmlosigkeit, Naivität. Dabei wenden wir uns ja an die gleichen Leser, Seher und Zuhörer. Auch schwierige Themen lassen sich einfach darstellen. Das beweisen die Massenmedien täglich, wenn sie über Forschung, Medizin, Raumfahrt und andere anspruchsvolle Themen berichten. Viele Werber haben geradezu Panik, mit intelligenter Werbung einen Bruchteil ihrer Zielgruppe zu verlieren. Sie vertreten die These, dass man den Verbraucher nicht «dumm genug» einschätzen könne. Und dabei machen sie Werbung, die bedingungslos von 100 Prozent der Zielgruppe verstanden werden soll. Und wenn sie das erreicht haben, sieht die Werbung so harmlos aus, dass sie von 100 Prozent der Zielgruppe ignoriert wird. Merken Sie sich: Wenn Sie kommunizieren, müssen Sie damit rechnen, von 10 oder 20 Prozent nicht verstanden zu werden. Sie werden dafür die restlichen 80 oder 90 Prozent umso erfolgreicher ansprechen. Nicht das ist am erfolgreichsten, was von allen verstanden wird, sondern was von der breiten Masse verstanden wird. Wer alle erreichen will, läuft Gefahr, niemanden zu erreichen. Für Sie als Texter ist es hilfreich, wenn Sie vernetzt denken: Wie würde der «TagesAnzeiger», eine Zeitschrift wie «Facts» oder das «Schweizer Fernsehen» dieses Thema behandeln? Welche Wörter würden diese Medien gebrauchen, welche Bilder würden Sie

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verwenden, welche nicht und warum nicht? Wie arbeiten andere Kreative, die tagtäglich neue Ideen produzieren müssen? Wie würde eine Illustration von Nico zu diesem Thema aussehen? Was würde Lorenz Keiser darüber in einer Kolumne schreiben? Gute redaktionelle Arbeit als Stimulans für gute Werbung zu nutzen, heisst natürlich nicht, redaktionelle Anzeigen zu kreieren, sondern bedeutet kreatives Denken in die richtige Richtung. Eine gute Anzeige hat es nicht nötig, zu verstecken, dass sie eine Anzeige ist. Einfach bedeutet letztendlich, eine einfache, menschliche Sprache. Einfach bedeutet auch, dass wir die Menschen so zeigen, wie sie sind, und nicht so, wie sie dem gängigen Schönheitsideal entsprechen. Wenn wir Zeitschriften durchblättern, finden wir durchwegs die typischen Fotomodell-Anzeigen. Man könnte meinen, 98 Prozent aller Frauen seien zwischen 18 und 30 Jahre alt. Ihre Figur, die Nase, die Beine – alles entspricht dem Idealmass. Das Gesicht ist pickel- und faltenfrei, der Bauch kokosnussbraun. Die Haut ist jung, schön und glatt. Die Zähne sind strahlend weiss. Sie haben kräftiges, volles Haar und lächeln immer fröhlich. Wo sind die Dicken? Die Dünnen? Die Faltengesichter? Wo ist das schüttere Haar und wo sind die Brillen? Wer entdeckt die Zahnspangen und die Glatzen? Wir sehen sie zum Beispiel in amerikanischer Werbung. Die Werbung dort ist realistischer – und oft auch erfolgreicher, weil sie anstelle von Masken Menschen zeigt. Und dadurch authentisch ist. Werbung müsse Wunschvorstellungen wecken, hören wir immer wieder. Sie soll nicht das zeigen, was ist, sondern das, was wir uns erträumen. Das muss nicht unbedingt falsch sein. Erstaunlich ist nur, dass sich diese Wunschvorstellungen nur noch nach Supermodels richten. Fragen Sie sich bei Ihren Ideen: Wäre anstelle eines allzu schönen und teuren Fotomodells ein «normaler» Mensch nicht überzeugender? Der Verbraucher durchschaut alles Unglaubwürdige. Er fällt darauf genauso wenig herein, wie der Polizist auf die Notlüge eines Rasers. Doch irgendwie findet er sich bei Werbung damit ab: dass sie unglaubwürdig und damit harmlos ist. Nutzlos. Deshalb: Seien Sie nicht harmlos. Schreiben Sie nicht: «Für eine junge, faltenfreie Haut.» Schreiben Sie: «Tschüss, ihr dummen Pickel!»

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3.3.3 Regel 3: Seien Sie zwingend, aber nicht aufzwingend … dann werden Sie überzeugen. Kauft jemand, weil ich schreie: «Ihre Chance! Kaufen Sie noch heute!»? Greift jemand zu bei: «Greifen Sie sofort zu, bevor es zu spät ist!»? Hilft jemand, weil ich sage: «Geben Sie sich einen Ruck! Helfen Sie uns!»? Mit Hardselling lässt sich Werbeerfolg nicht erzwingen. Wenn Werbung nicht so überzeugend ist, dass sich ein potenzieller Kunde selbst sagt: «Das könnte ich gut gebrauchen», «Hier muss ich zugreifen» oder «Da will ich helfen», nützen alle Aufforderungen nichts. «Es ist Mai – und ich bin blind.» Wo ist da die Aufforderung? Sie ist in eine Idee verpackt: Ein Blinder schreibt hier mit Worten, die uns zum Sehen bringen. Emotion ist die «sanfte Gewalt», die Werbung zwingend macht. Der Holzhammer führt nicht zum Ziel. Einen Text zwingend zu schreiben, heisst vor allem: Jeden Satz so zu schreiben, dass er neugierig auf den nächsten macht. Jeder Ihrer Texte muss eine durchgehende, innere Spannung besitzen. Denken wir einmal an unsere Schulzeit zurück. Da gab es jeweils diesen obligatorischen Klassenausflug-Aufsatz. Die schlechten Aufsatzschreiber machten das nach der Aufreihmethode: «...Und dann .... Und dann .....Und dann .... Und dann ....» Sie berichteten dabei über jedes einzelne Ereignis. Der gute Aufsatzschreiber hingegen gewichtete seine Erlebnisse, liess Beschreibungen, Meinungen, kleine Geschehnisse, Gespräche, Beispiele und Vergleiche einfliessen. Er brachte mehr als einen chronologischen Tagesablauf. Ebenso müssen gute Texte in Marketing und Werbung auf eine chronologische Aufzählung sämtlicher Produktvorteile verzichten. Als Texter können Sie hier von Schriftstellern lernen. Das gilt insbesondere für die Anschaulichkeit des Schreibens: Wenden Sie Dramatisierungsmittel an: Allegorien, Wortspiele, Remotivierungen, Doppelbedeutungen, bewusste Wiederholungen usw. – wir sprachen bereits über Stil und Rhetorik. Setzen Sie diese Dramatisierungen nicht einfach nebeneinander, sondern bringen Sie sie in einen zwingenden, logischen Ablauf. Wir fassen zusammen: Zwingende Texte schreiben wir, indem wir:

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1. Dramatisierungsmittel anwenden. 2. nicht alles sagen, sondern den Leser, Zuhörer oder Zuschauer selbst einen (selbstverständlichen) Schluss ziehen lassen (Neugier-Theorie).

3.3.4 Regel 4: Seien Sie dramatisch, aber nicht abgehoben Dann werden Sie Wirkung erzielen. «Dramen erlebe ich genug auf der Bühne. Mein Geld lege ich deshalb in Pfandbriefen und Kommunalobligationen an.» Diese Schlagzeile stand in einer Anzeige, die das Porträt eines bekannten Schauspielers als Hamlet-Darsteller zeigte. In der Copy stand: «Damit auch Sie bei Ihrer Geldanlage keine Tragödie erleben, müssen Sie wissen, worauf es ankommt. «Auf die Rendite kommt es an. Eine Geldanlage soll sich natürlich gut verzinsen. Bei Pfandbriefen und Kommunalobligationen können Sie sicher sein, dass Ihnen Ihre Ersparnisse einen besonders hohen Ertrag bringen.» «Auf die Sicherheit kommt es an. Bei Pfandbriefen und Kommunalobligationen können Sie wirklich unbesorgt sein. Denn sie sind durch besonders strenge gesetzliche Vorschriften zum Schutz des Anlegers erstklassig gesichert.» «Auf die Laufzeit kommt es an. Eine gute Geldanlage muss passende Laufzeiten bieten. Bei Pfandbriefen und Kommunalobligationen haben Sie eine besonders grosse Auswahl. Sie können also Ihre Ersparnisse so anlegen, dass sie Ihnen zu einem gewünschten Zeitpunkt wieder uneingeschränkt zur Verfügung stehen.» Pfandbriefe und Kommunalobligationen erhalten Sie bei jeder Bank oder Sparkasse zu Nennwerten zwischen 100 und 10.000 DM.» Hier haben wir eine sehr gelungene Dramatisierung zum Thema «Pfandbriefe, die sichere Geldanlage». Geldanlagen, Obligationen – nüchterner und undramatischer könnte das Thema nicht sein. Trotzdem wurde hier nach einer Idee gesucht, um das Thema im wahrsten Sinne des Wortes zu dramatisieren.

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Wie viele unkreative Lösungen sehen wir doch tagtäglich: «Für die sichere Geldanlage brauchen Sie den richtigen Partner.» «Für Ihre sichere Geldanlage haben wir die richtige Lösung.» «Bauen Sie auf den richtigen Partner, wenn’s um Ihre Geldanlage geht.» «Gehen Sie auf Nummer sicher – mit Pfandbriefen und Kommunalobligationen.» Voltaire hat einmal geschrieben: «Jede Art zu schreiben ist erlaubt, nur nicht die langweilige.» Das trifft für Literatur zu und für guten Text in Marketing und Werbung. Wie der Schriftsteller muss auch der Texter dramaturgische «Geschichten» schreiben. Wir sprechen immer von Ideen. Diese Ideen sind eigentlich Geschichten: Wir zeigen Bilder, die durch unseren Text einen Sinn, eine Auflösung, bekommen. Wir müssen mit üblichen Worten unübliche Gedanken formen. Stellen Sie sich vor, Sie müssen für Stossdämpfer oder einen Auspuff-service werben. Langweilig, oder? Doch schauen Sie sich an, was PNEU EGGER daraus gemacht hat:

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Greifen wir noch einmal die Zigarettenwerbung auf. Sie sehen hier ein sehr plakatives Beispiel. Das Wort «abgebrannt» alleine besitzt Dramaturgie – eine sehr negative. Dass hier nur ein Streichholz abgebrannt ist und für Glücksmomente gesorgt hat, ist eine gelungene Gedankenumkehrung.

Plakat Benson & Hedges, Simply Gold Headline: «Abgebrannt, aber glücklich.»

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Wie könnte man auf kreative Weise für eine Organisation werben, die sich gegen die Zerstörung des Regenwaldes einsetzt? Wie könnte man das Thema dramatisieren?

Anzeigen, Plakate für die Fundação SOS Mata Atlântica 2000 Headline: «Those who destroy forests don’t kill only trees.»

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Wie werben Sie für ein Reisemagazin? Ganz einfach: Indem Sie es erlebbar machen.

Anzeige «GLOBO» Headline: «In der Sahara ist es dann zu spät zum Üben.»

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Für Insektenbekämpfungsmittel? Anzeige Baygon, Insektenkasten: I NEMICI DOMESTICI DEI PARASSITI

Wie stark darf Werbung übertreiben? Die Verbraucher sind sehr skeptisch geworden. Fast 80 Prozent haben Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Werbung. Man hält sie für Irreführung, für Lüge. Doch Übertreibungen sind legitim – vorausgesetzt, sie werden mit Charme und vielleicht einem Schuss Ironie vorgetragen. Es gibt zwei Arten von Übertreibungen: amüsante Ideen, die das Wahre dramatisieren, und penetrantes Geschrei, das erst noch gelogen ist. Letzteres sieht so aus: •

«Kenner schwören drauf!»

«Der Inbegriff der Wohnkultur!»

«Können Sie sich etwas Besseres vorstellen?»

«Damit Ihre Wäsche noch reiner wird!»

Wenn Sie ein Loblied auf das eigene Unternehmen singen möchten, muss das nicht in ständigem Fortissimo geschehen. Die leisen Töne, Untertreibungen, Selbstironie, Begeisterung – das Menschliche – steht gerade einem grossen Unternehmen gut an.

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Emotion ist der beste Stilist. Wenn Ihnen als Texter die Begeisterung fehlt, geschehen unwahre Übertreibungen viel schneller. Wer von einer Sache begeistert ist, wird nie ins eintönige Aufzählen und Behaupten verfallen. Merken Sie sich: Nicht auf-zählen, sondern er-zählen, nicht be-schreiben, sondern schreiben schafft dramatische Texte. Wer kommuniziert, spricht mit Menschen, nicht mit Zielgruppen.

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Kapitel 4: Marketing und Werbung in der Praxis 4.1 Headline Schreiben Sie nicht Schlagworte. Schreiben Sie Schlagzeilen. Headlines. Gute Schlagzeilen zu schreiben, ist die hohe Kunst des Textens. Das gilt für die Werbung gleichermassen wie im Journalismus. Viele Werbeleute sind der Meinung, man könne Anzeigen-Schlagzeilen nicht mit redaktionellen Schlagzeilen vergleichen, weil redaktionelle Texte grundsätzlich spannender seien. Was spricht dagegen? Es hängt nicht vom Thema ab, ob wir gute Schlagzeilen schreiben können. Es kommt darauf an, wie wir das Thema darstellen, mit welcher Idee wir etwas dramatisieren. Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor: Eine Bank ist Sponsor des «Humor-Festivals du Rire» in Montreux, und Sie müssen nun eine Schlagzeile dafür texten. Wie gehen Sie vor? Sie könnten schreiben: «Am Festival du Rire können Sie gut lachen.» «Wenn es Ihnen zum Weinen ist, müssen Sie erst recht hin.» «Das ist doch zum Lachen!» «Wir bieten Unterstützung – beim Lachen.» An diesen Überschriften gibt es eigentlich nichts auszusetzen. Sie treffen das Thema und sind grammatikalisch richtig. Es sind jedoch noch keine Ideen, sondern lediglich Redewendungen – also Wendungen, die wir häufig brauchen. Sie sind deshalb ungeeignet, unser Zielpublikum mit etwas Ungewöhnlichem zu begeistern, geschweige denn, jetzt schon zum Lachen zu bringen. Wie kommen Sie zur Idee? Überlegen Sie sich einmal, was Ihnen zum Thema Bank/Lachen/Musik alles einfällt. Nutzen Sie die Kreativitätstechniken, über die Sie etwas gelernt haben. Versuchen Sie es beispielsweise mit einem MindMapping (Kapitel 1.9.2). Es könnte folgende Stichworte enthalten: Lachen, Clown, Zirkus,

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Honigkuchenpferd, Lachkrampf, Bauchschmerzen, Spassvogel, Ornithologe, Kasper, Narr, Glück, Glückspilz, Tränen lachen, Lachen ist gut für die Gesundheit, Strassenmusikant, Sitzbank, Affe, Serotonin, Adrenalin, Victor Giaccobo, Gerhard Polt, Zauberei usw. Oder versuchen Sie es mit Naedls Denkspielen (Kapitel 1.9.4).

Mit einer guten Idee ist es einfach, den passenden Text zu finden. So hat der Schweizerische Bankverein im Jahre 1997 für das Festival geworben:

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Copy-Text: Am Festival du Rire können Sie vom 23. bis 30. April 1996 sämtliche Lachmuskeln trainieren. Schon zum sechsten Mal versammeln sich in Montreux Künstler aller Länder und Sparten mit dem einzigen Ziel, das Publikum zu erheitern. Überzeugen Sie sich selbst, wie aufbauend das Lachen auf Körper und Seele wirkt. Der Bankverein engagiert sich mit Vergnügen für das Festival du Rire als einen Höhepunkt des europäischen Kulturschaffens. Gute Ideen tragen wir mit.

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Beschriftung der einzelnen Muskeln:

M. levator labii superioris

M. pronator teres

Oberlippenheber

Runder Einwärtsdreher

Mundwinkel schön nach oben

Wo gelacht wird, darf auch

ziehen.

geklatscht werden.

M. rectus abdominis

M. orbicularis oculi

Gerader Bauchmuskel

Augenringmuskel

Wenn Sie sich krümmen vor

Damit trainieren Sie sich

Lachen.

Lachfältchen an.

M. rectus femoris

M. pubovesicalis

Gerader Schenkelmuskel

Blasenschambeinmuskel

Auf den klopfen Sie sich.

Sie wollen sich doch nicht vor Lachen in die Hosen machen.

M. sternohyoideus Brustzungenbeinmuskel Sorgt dafür, dass Ihnen der Spass nie zum Hals heraushängt.

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Eine Schlagzeile hat die Aufgabe, das Interesse der Leserin zu gewinnen. Schauen Sie sich einmal Schlagzeilen daraufhin an, ob sie Ihre Neugierde wecken, weiterzulesen. Die meisten werden diese Anforderung nicht erfüllen, weil sie abgedroschen, meist noch in Superlativen daherkommen. Sie werden häufig Formulierungen finden wie: •

«Kochen leicht gemacht: mit dem neuen …»

«Erstklassige Qualität zu günstigsten Preisen»

«Probleme beim ...? Wir haben die Lösung: ...»

I«m Handumdrehen zubereitet!»

«Bei uns finden Sie die ganze Palette an ...»

«Haben Sie es satt ,...? Dann müssen Sie ... probieren!»

«Der ist – SPITZE!»

«Wir schwören auf ...»

«Einfacher. Schneller. Gründlicher: der neue ...»

«Das unverwechselbare Geniesser-Aroma»

«Super-/Ultra-/Mega-Waschkraft»

«Frische für den ganzen Tag»

«Wir arbeiten schon heute an der Technik von morgen!»

«Das dürfen Sie sich nicht entgehen lassen!»

«Sparen leicht gemacht!»

«Hätten Sie das gedacht?»

Hier wurde nicht nach Ideen gesucht. Hier wurde einfach nach dem Prinzip «Man nehme ...» verfahren. Was halten Sie von Menschen, die von sich selber finden, sie seien die Besten, und das immer wieder sagen? Eben: Seien Sie kein Bluffer. Hüten Sie sich davor, das Beste anzupreisen. Das Stärkste, das Billigste, das Edelste, das Schönste, das Gefragteste. Wenn Sie sich Werbung gründlich anschauen, werden Sie schnell ein Gespür dafür entwickeln, wo Ideen bestehen und wo einfach Marktschreier am Werk sind. Dass wir

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dringend auf gute Ideen angewiesen sind, beweist folgende Statistik: Von den rund 1700 Werbebotschaften, die täglich auf den Verbraucher einzuwirken versuchen, bemerkt er rund 100, also etwa 6 Prozent. Von diesen 100 sind ihm 90 gleichgültig. Von den 1700 verbleiben 10, die seine Aufmerksamkeit gewinnen. Deshalb: Schlagzeilen müssen mit einem Schlag ins Schwarze treffen und zur Druckerschwärze unserer Copy führen. Sonst haben sie ihren Zweck verfehlt. Mit unserer Werbeidee, mit unserer Schlagzeile, müssen wir dem Verbraucher dienen. Sie als Texter müssen gute Gefühle auslösen. Gute Stimmung machen. Sympathie gewinnen. Für den Verbraucher sind zwei Fragen entscheidend: 1. Ist das neu, ist das interessant für mich? 2. Was bringt mir das? Diese Fragen lassen sich nicht beantworten, indem wir ihm einen banalen Produktvorteil banal präsentieren. Sie müssen überzeugen – durch die Art und Weise, wie Sie diesen Vorteil offerieren. Behalten Sie immer das vor Augen, was den Kunden angeht – und nicht Sie: •

seine Wünsche

seine Träume

seine Probleme

seine Sorgen

seine Familie

sein Haus

seine Gesundheit etc.

Denken Sie stets daran: Der Köder muss der Zielgruppe schmecken, nicht dem Angler. Wir sehen oft Werbung, in der sich die persönliche Eitelkeit des Texters, Grafikers oder auch der Produzenten widerspiegelt: Sie ist dann meistens «schräg», «hipp» oder einfach

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nur «cool». Das ist künstlerischer Selbstzweck und Selbstbeweihräucherung mit heisser Luft – abwegige Aufhänger und dumme Texte sind die Folge. Ein guter Kreativer macht es wie der Fischer: Er überlegt sich, wann und wo der Fisch anbeissen könnte, was ihm wohl am besten schmeckt und womit er ihn am besten fängt.

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Swissair-Anzeige aus dem Jahre 1991 Headline: «Falls Sie in Göteborg nichts zu tun haben: Petri Heil.»

Copy-Text: Doch zuerst zum Geschäftlichen. Schliesslich liegt die neue Swissair-Destination in einer der wichtigsten Industrieregionen ganz Schwedens. Deshalb fliegen wir Göteborg auch sechsmal wöchentlich an. Von Sonntag bis Freitag. Damit Sie zuerst das Geschäftliche erledigen können. Bevor Sie sich dann vielleicht den reichen Fischgründen am Kattegat oder in den umliegenden Flüssen und Seen widmen. Um anschliessend ruhig und entspannt in einer komfortablen DC-9 der Swissair wieder nach Hause zu fliegen. Wenn Sie also in und um Göteborg etwas angeln möchten, buchen Sie doch einfach bei Ihrem IATA-Reisebüro oder bei der Swissair.

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Abschliessend stellen wir Ihnen Schlagzeilen vor, die sich nachweislich als sehr erfolgreich erwiesen haben. Sie werden sehen: Jede dieser Schlagzeilen passiert die beiden Filter, die wir erwähnt haben: 1. Ist das neu, ist das interessant für mich? 2. Was bringt mir das? «Wie eine neuartige Gesichtspackung mein Aussehen innerhalb von 30 Minuten verbesserte.» Diese Schlagzeile verspricht etwas. Jemand erzählt, was er erlebt hat. Dadurch hat die Headline Testimonial-Charakter und wirkt glaubwürdig. Wünsche, die sich mit den Wünschen anderer decken, sind immer interessant und werden sehr häufig gelesen. Würden wir hier eine Behauptung aufstellen wie etwa: «Besser aussehen mit der neuen Gesichtspackung von ...» – die Schlagzeile würde klar an Schlagkraft verlieren.

«At 60 miles an hour the loudest noise in this new Rolls-Royce comes from the electric clock.» Eine der berühmtesten Werbeschlagzeilen der Welt – kreiert von David Ogilvy. Das leise Ticken der elektrischen Uhr als das lauteste Geräusch im neuen Rolls-Royce zu entlarven, ist eine sehr schöne Idee. Dieser Gedanke entspricht auch dem feinen Image des Wagens. Fiat nahm die Idee mit einem Schuss Ironie nochmals auf: Das Inserat zeigte eine Oma, mit einem Vogelkäfig im Auto sitzend. Headline: «Das lauteste Geräusch bei 100 km/h war das Schnarchen von Omas Kanarienvogel.»

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«Tschüss, ihr dummen Pickel!» Diese Headline stand in einer Anzeige für Gesichtspuder. Sie wurde so geschrieben, wie wir es zu uns selber auch sagen würden. Dadurch wirkt die Schlagzeile natürlich und nicht derart abgegriffen wie etwa: «Für meine Haut ist nur das Beste gut genug.» Oder: «So verschwinden Deine Pickel im Nu!» Was es hier noch zu bemerken gilt: «Tschüss, ihr dummen Pickel!» ist ein Ausruf, und deshalb ist das Ausrufezeichen gerechtfertigt. Häufig setzen jedoch Texter hinter ihre Headlines Ausrufezeichen, um der Aussage formal mehr Gewicht zu geben. Dies ist unnötig und häufig ein Zeichen dafür, dass die Headline an sich noch nicht die gewünschte Wirkung hat. «Omas grüne Klösse ohne Omas Anstrengungen» Hier wird nicht nur die Lust auf das gute, alte Rezept von Oma geweckt. Hier wird auch rhetorisch schmackhaft angerichtet. Zweimal «Oma» wirkt hier stärker als «Omas grüne Klösse – im Handumdrehen fertig.»

«Damit Papa auch gern mal was auslöffelt.» Normalerweise sind es ja die Kinder, die etwas auslöffeln müssen, weil sie wieder eine Dummheit gemacht haben. Doch schliesslich sündigt auch Papa gerne; insbesondere wenn leckere Eiscreme auf dem Tisch steht. Dass in dieser Anzeige der Papa nicht gezeigt wird, macht sie noch reizvoller.

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«Alle reden vom Wetter. Wir nicht.» Dies war eine der berühmtesten deutschen Schlagzeilen. Die hier benutzte Antithese «Alle .... Wir nicht.» schafft innere Spannung. Im Willen, das Produkt so gut wie möglich darzustellen, erliegen viele Texter der Versuchung, alles ins Positive zu drehen. So wirken ihre Texte oft zu reklamehaft und spannungslos: «Im Bahnwaggon herrscht immer gutes Wetter.» «Bei Wind und Wetter: Bundesbahn.» «Das Wetter ist bei uns kein Thema.» Bedenken Sie auch: Kein Schweizer lässt sich das Auto madig machen. Wer mit dem Zeigefinger vor Pannen, Staus und Benzinpreisen warnt, macht sich den Verbraucher schnell zum Feind. Hier kann kreative Kommunikation Wunder wirken. Denn wer Charme und Witz beweist, dem wird man auch unbequeme Tatsachen verzeihen. Die Hofnarren des Mittelalters konnten ein Lied davon singen. «Wurden Ihnen andere Leute vor die Nase gesetzt?» Headlines in Form einer Frage zu formulieren, ist auch eine interessante Form. Dies spricht uns direkt an. Diese Schlagzeile wirbt für ein amerikanisches Fortbildungsinstitut. Mit Erfolgsfloskeln wäre die Wirkung gewiss weit geringer: •

«Machen Sie noch heute Ihren ersten Karriereschritt!»

«Für beruflichen Erfolg gibts jetzt eine Garantie!»

«Vorwärtskommen im Beruf? Wir haben die Lösung.»

Merken Sie sich: Pechvögel sind uns nun einmal sympathischer als Siegertypen.

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4.2 Plakat Das Wort «Plakat» hat eine lange Geschichte, die sich bis zum mittelhochdeutschen «placke» (Fleck, Gegend) zurückverfolgen lässt. Historiker vermuten, dass schon im antiken Rom die Gladiatorenkämpfe mit Plakaten angekündigt wurden. (Das Plakat in der Schweiz, Edition Stemmle) Das Wort «Plakat» erscheint erstmals 1578 in der Bedeutung eines obrigkeitlichen Anschlags. In Frankreich und England entfaltete sich die Plakatkunst zwischen 1880 und 1900 zu voller Blüte. «Maîtres de l’affiche» wie Jules Chéret, Pierre Bonnard, Henri de Toulouse-Lautrec oder englische Zeichner wie Aubrey Beardsley und Dudley Hardy schufen Kunstwerke, die heute begehrte, kaum bezahlbare Sammelobjekte sind. In der Schweiz gab es damals – trotz Tourismus, Textil- und Maschinenindustrie und internationalen Handelsverbindungen – keine Plakate, die dem internationalen Standard der «affiche artistique» entsprochen hätten. Das lag insbesondere daran, dass dem Land eine eigentliche Metropole fehlte, die als Umschlagplatz gesellschaftlicher, geistiger, kultureller und wirtschaftlicher Ideen auch das Plakatschaffen hätte fördern können. Anders war dies in Paris, London, Berlin, München und Wien. Die Idee einer runden Plakatsäule stammt vom Berliner Ernst Litfass. Am 1. Juli 1855 wurde in Berlin die erste Litfass-Säule enthüllt. Mit dem Beginn der 20er Jahre veränderte sich die Plakatszene in der Schweiz. Aus der Zürcher Kunstgewerbeschule gingen junge Gestalter hervor, welche die Allerweltsplakate der «Reklamezeichner» zusehends verdrängten. Das Plakat wurde als Flächenarchitektur verstanden, für das sorgfältig komponierte Schriften und stark stilisierte Bildmotive eingesetzt wurden. Das Auftreten professioneller Grafiker bewirkte, dass in den zwanziger Jahren das nun salonfähig gewordene Plakat von immer mehr Auftraggebern genutzt wurde. Der Aufschwung des Plakats brachte Verdienst und stimulierte den Dialog unter den Plakatkünstlern. Mit dem «Weltformat» B4 wurden die Kunstwerke vereinheitlicht. Vielfach unter amerikanischem Einfluss entwickeln sich die Werbeagenturen. Das Plakat verliert seine einst dominante Rolle unter den Werbemitteln. Es erfüllt zunehmend nur noch Teilaufgaben im Rahmen von Marketing- und Werbestrategien. Die Plakate, die wir heute sehen, sollen in erster Linie Blickfang sein. Sie erinnern an den TV-Spot, den wir gestern gesehen haben, an die Cumulus-Karte, mit der wir punkten können, oder an eine Bank, die sich als Hypothekenspezialist profilieren möchte. Das Plakat ist auch ein beliebtes Mittel für

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sogenannte Teaser-Kampagnen geworden. Helvetic Tours startete Beispielsweise im Jahre 2000 eine Teaser-Kampagne mit der «Rätsel-Botschaft»: «Buchen Sie jetzt keine Ferien.» Die Auflösung war der neue Helvetic-Tours-Katalog mit sehr günstigen Reiseangeboten. Das Plakat ist immer nur ein Glied in der gesamten Media-Planung. Wenn Sie die Aufgabe bekommen, ein Plakat zu entwerfen, müssen Sie – wie bei allen anderen Werbemitteln auch – wissen, wo sonst noch für das Produkt geworben wird. Sie müssen die bestehenden Anzeigen, Spots und selbstverständlich die Leitidee, Claim und Slogan, zum Produkt kennen. Kurz: Sie müssen über die Copy-Strategie Bescheid wissen – die Basis-strategie, auf der alle unsere Ideen und Texte aufbauen. Starke Kampagnen leben davon, dass die Leitidee für Bild und Text auf sämtliche Werbemittel übertragen wird, vom TV-Spot bis zum POS-Stand. Sie sehen deshalb viele Plakatserien. Wegen hoher Lithokosten wird dabei häufig ein Key Visual gewählt, das vom Texter mit immer neuen Headlines ergänzt wird. Beim Entwerfen eines Plakates ist es wichtig, dass Sie – mehr noch als bei der Anzeige – stark visuell denken und sich vorstellen, wo genau das Plakat stehen wird. Denn dieser Standort ist wichtig für die Ideenfindung. Er definiert in gewisser Weise Ihr kreatives Spielfeld. Je nach Standort können sich ganz andere Ideen ergeben: •

am Bahnhof

am Flughafen

an einer Tramstation

als Leuchtplakat vor einem Kino

vor einem Theater

vor dem Opernhaus

vor einem Zoo

Bandenwerbung auf Sportplätzen

an einer stark befahrenen Strasse

am Skilift

an der Sesselliftstation

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an einem Baugerüst

Mobile Plakate wie Fahrzeugbeschriftungen

etc. Ein Plakat sollte einfach, originell und leicht zu erfassen sein. Wenn «einfach» ein Merkmal jeder guten Werbung ist, so wird sie beim Plakat sogar noch komprimiert. Ein Plakat sollte wie ein Strassensignal wirken. Ein Plakat wird nicht gelesen, sondern wahrgenommen. Die Pointe eines Plakats muss nicht unbedingt in der grafischen Lösung liegen. Sie kann sich auch aus der Bild-Text-Spannung ergeben oder nur aus dem Text. Man merkt sofort den Unterschied, ob ein Plakat nur plakativ gestaltet oder auch plakativ gedacht wurde:

Plakativ gestaltet:

Bild: Ein Junge trinkt ein Glas Milch. Text: «Täglich Milch – fürs gesunde Wachstum.»

Plakative Idee:

Bild: Beine eines kleinen Jungen, die in viel zu grossen Turnschuhen stecken. Text: «Dean’s milk grows giants.»

Plakativ gestaltet:

Bild: Verschmutzter Strand Text: «Kampf der Umweltverschmutzung!»

Plakative Idee:

Bild: Globus in einem Nachttopf Text: «Es ist unsere Erde.»

Plakativ gestaltet:

Bild: VW, der an einem beschädigten Fahrzeug vorbeifährt. Text: «Kaufen Sie sich ein zuverlässiges Auto.»

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Ein Plakat muss in einer Sekunde erfassbar sein, besagt eine alte Regel. Es sollte aus nicht mehr als 5 bis 6 Wörtern bestehen. Sie sehen: Das abgebildete Plakat wäre streng genommen eigentlich schon zu lang. Es kommt dabei immer darauf an, wo es steht. Fragen Sie sich stets: Ist das Plakat für die vorgesehene Entfernung gut erkennbar und ist dafür der Text kurz genug? Machen Sie selber einmal den Test, wenn Sie mit dem Auto an einem Plakat vorbeifahren. Prüfen Sie, wie viele Worte Sie auf einen Blick lesen können. Sie werden feststellen, dass die meisten Plakate viel zu lange Texte haben. Ein Plakat sollte nicht mehr als 3 Elemente vereinen: also ein Bild, eine Textzeile und das Logo.

4.3 Slogan Das Volk bestimmt, obs ein Slogan wird Sie haben gelernt, dass Sie mit der Headline das Interesse des Lesers gewinnen müssen. Die Headline weckt Neugierde, provoziert, verblüfft, ist witzig, originell; sie hat Ecken und Kanten. Eine Headline, die ständig wiederholt würde, verlöre jedoch schnell an Aufmerksamkeitswert. Dies trifft für den Slogan nicht zu. Er besitzt weder Aufmerksamkeitswert noch Neuigkeitswert. Die Stärke des Slogans ist seine Merkfähigkeit. Slogans wurden ursprünglich aus Platznot geboren. Im alten Rom brachten die Kaiser Münzen heraus, die grosse Militärsiege oder Steuervergünstigungen für das Volk

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verkündeten. Auf der einen Seite prangte das Bild des Kaisers, die andere zeigte das Ereignis, und darunter stand ein «Slogan» wie «Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit». Marcus Porcius Cato, ein römischer Staatsmann, beendete jede seiner Reden im Senat mit dem Satz: «Ceterum censeo, Carthaginem esse delendam» («Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zu zerstören ist.»), ganz egal, ob dieser Schlusssatz mit der Rede zusammenhing oder nicht. Vielleicht war dies der erste werbewirksame Slogan überhaupt – Karthago wurde tatsächlich zerstört, was Cato jedoch nicht mehr erlebte. Nach diesem kurzen Ausflug ins Altertum definieren wir, was einen guten Slogan kennzeichnet: •

Er muss merkfähig sein

sollte sich durch ständiges Wiederholen einprägen

und möglichst auf allen Werbemitteln erscheinen.

Was meinen Sie nun, was für eine Anzeige wichtiger ist: die Schlagzeile oder der Slogan?

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Headline: «Nicht jeder kann sich einen Anzug kaufen, der wirklich sitzt.» Slogan: Leider teuer! Absender: RENÉ LEZARD Sie sehen, die Frage lässt sich einfach beantworten. Das, was Ihnen Anlass zum Lesen gibt, das, was Sie reizt, ist immer die Schlagzeile und nicht der Slogan. Dennoch ist er in diesem Inserat nicht gesetzt worden, einfach damit ein Slogan dasteht. «Leider teuer!» kommuniziert uns ganz klar, an wen sich diese Botschaft richtet. Und die Bildidee trägt sehr stark dazu bei, dass sie nicht überheblich, sondern sehr sympathisch rüberkommt. Grosse Marken wie Lufthansa, Sony, IBM oder Canon kommen ganz gut ohne Slogan aus. Viele grosse Kampagnen hatten nie einen Slogan nötig. Andere wiederum schöpften einen Grossteil ihrer Wirkung aus dem Slogan. Einen Slogan kennen und ein Produkt kaufen sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Sie können einen Slogan kennen, haben aber überhaupt nicht die Absicht, das Produkt zu kaufen. Sie kennen vielleicht den Slogan, wissen jedoch nicht, zu welcher Marke er gehört. Andererseits können Sie den Wortlaut einer Schlagzeile vergessen haben, und trotzdem erinnern Sie sich an das Produkt – an die Zahnpasta, welche die Zähne besser schützt, an den warmen Kaschmirmantel, an die grösste Halfpipe, an den Fichtenduft im Auto usw. Anders gesagt: Die Headline zielt direkt auf die USP. In ihr steckt der stärkste Gedanke. Deshalb ist der Slogan der Schlagzeile typografisch stets untergeordnet: •

Der Slogan ist die Unterschrift.

Die Schlagzeile ist stets die Überschrift.

Bekanntheitsgrad zu schaffen, ist ein Werbeziel. Der Slogan dient dazu, einen roten Faden durch all unsere Werbemittel zu ziehen – wie eine Formel, die all unsere kreativen Ideen auf einen Nenner bringt. Doch der Bekanntheitsgrad allein ist noch keine Garantie für Werbeerfolg. Heute schaffen es die wenigsten Slogans zu angemessener Bekanntheit, weil sie oft aus blosser Routine entstehen. Die Werber setzen Slogans, wie der Pfarrer seine Predigt mit einem Amen beendet. Grosse Slogans sind Werbeaussagen, die zur Redensart wurden. Genauso populär wie:

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«Na, alles klar?»

«Wie der Vater, so der Sohn.»

«Alles Gute kommt von oben.»

«Ich bin ein Berliner.»

So klingen auch bekannte Slogans wie: •

«Ich bin doch nicht blöd.» (Media Markt)

«Nicht immer, aber immer öfter.» (Clausthaler)

«Sat1, ich drück Dich!» (Doppelsinn: etwas sehr mögen und umarmen beziehungsweise auf der Fernbedienung drücken)

Als es darum ging, für den neuen Mini einen Slogan zu finden, dachte die deutsche Werbeagentur Jung von Matt lange an: «Maximum Excitement» Mit diesem Slogan hätte man sicherlich nichts falsch gemacht, doch er schien zu korrekt, zu brav, um einen Durchschlag zu erzielen. Mit «Is it Love?» schuf die Agentur den Slogan, der den Geist des Autos und den Nerv des Publikums genau traf. Die Klassiker unter den Slogans überlebten Generationenwechsel bei den Verbrauchern. Es braucht oft Jahre, bis ein Slogan zur Redensart wird. Dabei liegt die Kunst nicht im Formulieren des Slogans, sondern darin, seine Kraft zu entdecken. Grosse Slogans hätten von Primarschülern geschrieben werden können: •

«Ruf doch mal an.»

«Einer für alle – Jägermeister.»

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«Es gibt immer was zu tun.»

«Dafür geh ich meilenweit.»

«Ihr guter Stern auf allen Strassen.»

«Alles Müller ... oder was?»

Hier ist es die Kunst, aus Dutzenden von Slogans denjenigen zu finden, der in den Bauch des Volkes dringt.

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Die Kürze eines Slogans «Ein Slogan muss ganz kurz sein, damit man ihn sich merken kann.» Das klingt so einleuchtend, dass man diese Aussage sofort bejahen würde. Auch hier bestätigen Ausnahmen die Regel. Denn sobald wir einen Slogan etwas originell formulieren, wird das mit der Kürze sehr schwer. Die folgenden Slogans sind eher lang, waren aber sehr erfolgreich: •

«Ferien, in denen Sie alles vergessen.» (Kuoni)

«Haribo macht Kinder froh. Und Erwachsene ebenso.»

«Mit Ovomaltine kannst Du’s nicht besser. Aber länger.»

Sie werden mit uns übereinstimmen, dass diese Aussagen nicht minder merkfähig sind. Ob ein Slogan merkfähig ist, hat also weniger mit der Wort- und Silbenzahl zu tun als vielmehr mit Prägnanz und Rhythmus. Der Slogan als roter Faden Wenn eine Marke mit Slogan wirbt, wird dieser automatisch Teil der Marke. Das heisst: Wenn Sie sich für einen Slogan entscheiden, muss er fortan auch auf allen Werbemitteln eingesetzt werden, vom Brief bis zum Give- away. Es gibt dann keinen Grund mehr, ihn in einem bestimmten Fall wegzulassen.

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4.4 Mailing und Flyer Viele Unternehmen sind auf Direktwerbung angewiesen. Einerseits, weil sie damit ihre Zielgruppe zielsicher erreichen, andererseits, weil vielen das Geld fehlt, um gross angelegte Werbekampagnen zu starten. Entscheidend für alle DirektmarketingMassnahmen ist es, Adressen potenzieller Kunden zu gewinnen und den bestehenden Adressenstamm laufend zu aktualisieren. Dies erreichen wir mit Response, der Möglichkeit des Empfängers, anhand eines Coupons oder anderen Rückantwort-Mittels direkt zu reagieren. Direktwerbung geschieht auf folgenden Gebieten: •

per Post (Direct Mail)

in der Presse (Coupon-Anzeigen)

per Telefon

persönlicher Kontakt (Vertreterbesuche)

in audiovisuellen Medien (Nennung von Adresse / Tel.-Nummer)

per Versandhausfilialen (Katalog-Bestellung)

«Wir verzichten auf Direktwerbung. Die landet doch eh nur im Papierkorb.» Diese Meinung ist weit verbreitet. Selbst bei sorgfältiger Zielgruppenauswahl gibt es immer Empfänger, die zurzeit kein Interesse an unserem Angebot haben. Unser Schreiben, in dem wir an jedem Wort gefeilt haben, landet ungelesen im Papierkorb. Vielleicht haben wir es aber auch versäumt, den Leser auf Anhieb zu fesseln, zum Weiterlesen zu bringen. Bedenken Sie: Die wenigsten Empfänger werfen Direktwerbung gänzlich ungelesen fort. Sie können das an sich selbst beobachten. Gute Mailings schaffen es, unsere Neugierde zu wecken, über das Couvert bis hin zum Postskriptum.

Ein sehr persönliches Werbemittel: der Werbebrief Zu Beginn eine kleine, wahre Begebenheit: Da war einmal eine Sekretärin eines Gartenbedarf-Versandhauses. Ein Kunde, den sie schon mehrfach gemahnt hatte, dachte

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nicht daran, seine Rechnungen zu begleichen. Wissen Sie, was die Sekretärin tat? Sie schrieb dem Kunden einen freundlichen, persönlich gehaltenen Brief und legte ein Briefchen mit Vergissmeinnicht-Samen bei. Beides kam offensichtlich an; die Rechnungen wurden umgehend bezahlt. Sie sehen: Auch in einem Werbebrief können Sie mit kreativen Ideen, mit Dramaturgie viel erreichen. Und dies hat nichts mit künstlichem Aufbauschen einer Sache zu tun, sondern mit Veranschaulichung und Charme – aus einem Mahnbrief wurde ein sympathischer Werbebrief. Die Lösung des Problems war eine Kommunikationsidee. Das Unternehmen erschien nicht als harter Geldeintreiber, sondern als verständnisvoller, humorvoller Geschäftspartner. Deshalb: Kommunikationsideen zu finden, ist die zentrale Aufgabe eines jeden Texters. Ein guter Texter versteht es auch, aus Mahnbriefen, Entschuldigungsschreiben, Absagebriefen – aus allen Geschäftsbriefen – Werbebriefe zu machen. Mit einer Kommunikationsidee zur USP wird jeder Brief zum Werbebrief. Wie beginnen wir einen Werbebrief? Hans Fallada begann seinen Roman «Ein Mann will nach oben» folgendermassen: «Asche zu Asche! Erde zu Erde! Staub zu Staub!», rief der Pastor, und bei jeder Anrufung menschlicher Vergänglichkeit warf er mit einer kleinen Kinderschippe Erde hinab in die Gruft. Unerträglich hart polterten die gefrorenen Brocken auf das Holz des Sarges.» Er fing nicht so an: «Es war an einem kalten Wintertag. Auf einem Berliner Friedhof war eine Beerdigung im Gange. Nachdem der Pastor die Beileidsworte gesprochen hatte, nahm er nun eine grosse Schaufel und schüttete den Sarg mit Erde zu.» «Ich habe Euch nichts anzubieten als Blut, Mühsal, Tränen und Schweiss!» So sprach Winston Churchill im Jahre 1940 zu seinen Landsleuten. Er sagte nicht: «Sehr geehrte Damen und Herren. Wir erleben im Moment eine Destabilisationsphase.» Wir stellen die Grundregel auf: Reden Sie nie um den Brei herum. Schreiben Sie keine Einleitungsfloskeln. Springen Sie gleich ins Thema. Dies gilt nicht nur für Werbebriefe, sondern für jede Form von Werbe- und Marketingtexten. Suchen Sie für Ihren Werbebrief einen Aufhänger, eine Idee. Das kann ein Briefchen mit Vergissmeinnicht-Samen sein, ein Zitat oder ein anderes dramaturgisches Mittel. Manchen Textern fällt es schwer, so zu

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schreiben, dass das Ganze wie aus einem Guss daherkommt und nicht als Argumentations-Mischmasch. Zu oft bleibt der Hauptgedanke, die USP, in einer Anhäufung von Argumenten und Nebenargumenten stecken. Es darf bei einem Werbebrief nicht passieren, dass Sie den Leser mit der Überschrift, der Schlagzeile, gewinnen, ihn dann aber schon im ersten Satz zum Gähnen bringen. Ein Werbebrief will gelesen werden. Und zwar ganz. Wichtig ist, dass Sie logisch schreiben. Ein Satz muss den nächsten zwingend herausfordern. Schreiben Sie jeden Satz so, dass der Leser neugierig auf den nächsten wird. Einfach, knapp, konkret.

Noch etwas zum Nachsatz, zum Postskriptum: Vielleicht ist Ihr Werbe- oder Marketingbrief so rund und überzeugend, dass er auf jeden Zusatz verzichten kann. Denken Sie jedoch immer an die Möglichkeit eines Postskriptums. Mit ihm können Sie etwas nochmals in Erinnerung rufen, auf einen zusätzlichen Vorteil aufmerksam machen oder einen ergänzenden Beweis antreten. Untersuchungen haben ergeben, dass bei Mailings zuerst der Absender wahrgenommen wird und das, was im oberen Drittel des Briefes steht. Dann sucht der Leser die Unterschrift und stösst dabei auf das Postskriptum. Erst dann wird der Brief gelesen. Wenn Sie also einen besonderen Anstoss oder Hinweis geben möchten, der es verdient, hervorgehoben zu werden, ist ein PS eine gute Möglichkeit dafür. Entscheidend ist jedoch nicht, dass es dem Leser möglichst scharf ins Auge sticht, sondern, dass es ihm auch wirklich etwas sagt. PS: Entweder ein sehr überzeugendes Postskriptum oder sonst besser gar keins.

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4.5 Prospekt Selbstverständlich brauchen Sie auch für die Entwicklung eines Prospektes ein gutes Briefing. Er ist nicht Freiraum für spontanes Drauflostexten. Mehr noch als bei einer Anzeigenkampagne braucht ein Prospekt eine klare Textstruktur und ein Konzept; insbesondere wenn eine ganze Prospektpalette geplant ist. Zielsetzung und Zielgruppen müssen vorher fixiert werden, ebenso die Inhalte. Ein Prospekt braucht: 1. Eine klare Gliederung 2. Einen logischen Aufbau 3. Eine übersichtliche Gestaltung 4. Eine verständliche Sprache Über ein Produkt lässt sich in einem Prospekt viel mehr sagen als in einer Anzeige. Hier beschränken wir uns nicht auf einen Produktnutzen, die USP, sondern beleuchten das Produkt von allen Seiten. Wenn es sich um ein technisches Produkt handelt, gehören auch technische Details dazu. Hier ist es Ihre Aufgabe, den technischen Fachjargon in allgemein verständliche Aussagen zu verpacken. Es ist wichtig, dass Ihnen der Auftraggeber alle vorhandenen Informationen zur Verfügung stellt. Wie Sie diese Informationen für den Prospekt aufbereiten, wie sie ihn logisch aufbauen und gestalten, entscheiden Sie und der Art Director. Zu beachten gilt es dabei stets auch drucktechnische Belange wie Druckverfahren, Papierqualität, Falzmöglichkeiten, Ausrüstmöglichkeiten etc. Welches Format soll der Prospekt haben? Wo kommt er zum Einsatz? Liegt er in einem Laden auf? Wird er verteilt oder verschickt? Soll man ihn in eine Jackentasche stecken können? Muss der Prospekt edel wirken? Drucken wir ihn farbig oder schwarz-weiss? Müssen wir noch Fotos schiessen oder gibt es bereits Archivbilder? Ehe Sie nicht ein Konzept gemacht haben, können Sie nicht sagen, welchen Umfang der Prospekt haben soll: Vom Umfang hängt möglicherweise das Druckverfahren ab, vom

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Druckverfahren die Papierqualität. Die Auflagenhöhe wird meistens vom Auftraggeber vorgegeben. Aufmerksamkeit zu erregen, ist die wichtigste Aufgabe von Anzeigen, TV-, Radiospots und Plakaten. Beim Prospekt ist hier die Ausgangssituation anders. Es gibt Prospekte, die: •

per Post verschickt werden

im Supermarkt, bei einem Autohändler, in der Apotheke oder beim Tierarzt aufliegen

in hübsch gestalteten Stellern aufliegen

mittels Coupon bestellt werden können

im Internet bestellt werden können

als Beilage in Zeitungen und Zeitschriften eingeschoben sind

der Händler zu einem Verkaufsgespräch mitnimmt

an Messen verteilt werden.

Wir sollten drei Kategorien unterscheiden: 1. Prospekte, die unaufgefordert verschickt werden, müssen unbedingt aufmerksamkeitsstark gemacht sein. 2. Bei Prospekten, die zum Mitnehmen aufliegen, kommt es darauf an, wo sie aufliegen. Wenn ein Messestand schon selber für grosse Aufmerksamkeit sorgt, muss der Prospekt nicht auch noch ins Auge stechen. 3. Bei Prospekten, die bestellt werden, wäre es des Guten zu viel, wenn wir hier auf Biegen und Brechen auffallen möchten. Es ist sehr wichtig, dass Sie sich vor Beginn Ihrer Arbeit stets die Fragen stellen: •

Wie, auf welche Art und Weise, wird dieser Prospekt meine Zielpersonen erreichen?

Wer sind sie?

Wie muss ich sie ansprechen?

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Haben Sie bereits ein Vorwissen?

Gestaltungskonzept Am besten ist es natürlich, wenn das Thema selbst den roten Faden vorgibt, der sich durch Ihren Prospekt hindurchzieht. Gibt es diesen nicht, müssen Sie sich ein Gestaltungskonzept erarbeiten. Dieses könnte beispielsweise so aussehen: •

Jede Seite wird in vier Textspalten aufgeteilt.

Die Headlines stehen immer oben zentriert und beginnen mit einer Initiale.

Auf der linken Seite ist immer ein Bild zu sehen.

Auf der rechten Seite steht immer das Logo mit Slogan.

Diese Aufzählung lässt sich endlos erweitern. Lassen Sie sich andere Werbemittel des Unternehmens geben. Sehen Sie sich die Anzeigen und Spots an. Sie sehen sofort, ob schon eine gewisse Werbelinie respektive ein Corporate Design vorhanden ist, das im Prospekt wiederkehren sollte. Schreiben Sie den Prospekt erst, wenn das Gestaltungskonzept verabschiedet ist. Sie können dann gezielt vorgehen und laufen nicht Gefahr, in den Papierkorb zu arbeiten. Schreiben Sie mit Anreiz: Es ist nicht nachvollziehbar, wenn Anzeigen locker und frisch geschrieben sind, der Prospekt dagegen gestelzt und gespreizt.

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4.6 Werbefilm Wir haben bisher viel von Ideen gesprochen. Beim Film ist das nicht anders: Herausragende Werbefilme erkennt man in erster Linie im Vorhandensein einer grossen Idee. Erinnern Sie sich: Eine Werbeidee ist die verblüffende Dramatisierung eines Verbrauchernutzens. Alle Jahre wieder findet in Cannes das grosse Werbefilm-Festival statt. Die Besucher, die ihre Beiträge eingeschickt haben, kommen aus aller Welt – Regisseure, Filmproduzenten, Stars und Sternchen aus den Werbeagenturen. Für die TV-Spots und Kinofilme, die es zu sehen gibt, steht eine rund 20-köpfige Jury bereit. Die Werbekönige werden mit dem König der Tiere geehrt: mit einem goldenen, silbernen oder bronzenen Löwen. Sie erinnern an Jäger, die voller Triumph empfangen werden, weil sie einen Löwen erlegt haben – nicht in einem Dschungeldorf in Sierra Leone, sondern in irgendeiner Werbeagentur, die sich auf neue Kunden freuen darf. Nach dem grossen Event kommt die Cannes-Rolle auch in die Schweiz. Zwar nicht mit Champagner und Kaviar, dafür mit guten, oft sehr guten Filmideen. Für Sie als Texter ist es sehr lohnenswert, wenn Sie sich diese Beiträge anschauen. Eine Filmidee muss sich einfach erkennen und in einem Satz beschreiben lassen. In einem 15 – 30-Sekunden-Spot können Sie keine Enzyklopädien an die Frau bzw. an den Mann bringen. Sie haben auch keine Zeit für Abschweifungen, die mit der einfachen Werbebotschaft konkurrieren und von ihr ablenken. Haben Sie sich einmal überlegt, wie ein Schneepflugfahrer zu seinem Schneepflug kommt, wenn er ihn nicht gerade vor seiner Haustüre geparkt hat? Es gibt einen VW-Klassiker von DDB: Ein Schneepflugfahrer fährt in seinem VW-Käfer als Erster auf einer frisch verschneiten Strasse in die Garage, wo sein Schneepflug steht. Er steigt um – und beginnt mit seiner Arbeit für all die anderen Autofahrer. Das ist eine Werbeidee. Sie dramatisiert die Wintertauglichkeit des Käfers. Eine Filmidee müssen wir jemandem in ein, zwei kurzen Sätzen erzählen können. Drei Beispiele: •

Ein cooler Typ zieht in einem Waschsalon vor allen Leuten seine Jeans aus und schmeisst sie in die Waschmaschine.

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Aus einer Hi-Fi-Box dringen die Schreie eines balzenden Vogels. Ein Kranich geht zum Lautsprecher und balzt zurück.

Ein Junge saugt mit einem Strohhalm an einem Softdrink. Er saugt und saugt – bis es ihn in die Flasche zieht.

4.6.1 Überragende Werbefilme haben drei Merkmale 1. Überraschung Die Forderung, Werbung müsse überraschend sein, ist fast so alt wie die Werbung selbst. Halten Sie sich an den Grundsatz: Seien Sie neu, nicht nur neu-artig. 2. Zielstrebigkeit Dafür gibt es im Englischen das Wort single-mindedness. Zielstrebigkeit in einem Spot erreichen Sie in erster Linie durch Reduktion. Jedes Element, vom Bild bis zum Ton, ist nur dann gerechtfertigt, wenn es die Idee stützt. Technische Mätzchen, Effekthascherei, Furzkissen und Pappnasen machen den Spot zum Schrott. 3. Involvierung Einen Spot, an dem wir nicht Anteil nehmen können, haben wir schnell vergessen. Wir haben viele Möglichkeiten, den Zuschauer zu involvieren: die ganze Palette menschlicher Gefühle. Vielleicht kennen Sie den Hamlet-Spot (Zigarrenmarke) «Photo Booth» – auch ein Klassiker: Ein Mann sitzt in einem Fotoautomaten für Passfotos auf dem Hocker und setzt sein Sonntagsgesicht für die vier Porträtbilder auf. Die Zeit, die verstreicht, bis es blitzt, kommt ihm aber jedes Mal ein bisschen gar lang vor. Er bückt sich, um zu schauen, was da nicht funktioniert. Und jedes Mal blitzt es genau in diesem Moment. «Happiness is a mild cigar called Hamlet», denkt sich der Mann, vergisst die Passfotos und raucht genüsslich eine Zigarre. Wir können uns in seine Lage versetzen. Wir kennen das unangenehme Gefühl, wenn wir unser vorteilhaftes Gesicht aufsetzen und innerlich verkrampft auf das Blitzlicht warten.

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4.6.2 Ein Bild sagt mehr, als wir denken können Bewegung im Film ist eine Illusion, geschaffen durch 24 Bilder pro Sekunde. Wir können Zeit im Film beliebig manipulieren. Wir können sie verlangsamen oder beschleunigen. Wenn Sie an einem TV-Spot herumstudieren, versuchen Sie, in Handlungsabläufen und Bildfolgen zu denken. So, wie es der Regisseur und der Kameramann auch tun. Selbst wenn Worte einen grossen Teil der Fakten übermitteln, müssen die Bilder die Geschichten erzählen. Damit Sie Bilder sprechen lassen können, müssen Sie die wichtigsten Kameraeinstellungen kennen: •

Extrem Close-up

Close-up

Halbtotale

Americaine

Totale

Supertotale

4.6.3 Exposé Das Exposé legt die Handlung eines geplanten TV-Spots fest, ohne dabei ins Detail zu gehen. Es soll lediglich einen ersten Eindruck Ihrer Idee vermitteln. 4.6.4 Treatment Das Treatment ist die Stufe zwischen Exposé und Storyboard. Die Handlung wird in Szenen und Einstellungen exakt beschrieben, der Text ist bereits ausformuliert. 4.6.5 Storyboard Zum Storyboard gehören gezeichnete oder fotografierte Einstellungen. Für diese Arbeit werden häufig Illustratoren beigezogen, die sehr schnell und sehr gut zeichnen. Ein 30Sekunden-Spot besteht aus rund 750 Einzelbildern. In einem Storyboard werden deshalb nur die sogenannten Key Visuals, die Schlüsselbilder, gezeigt. Sie werden dabei mit den genauen Kameraeinstellungen bezeichnet.

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4.6.6 Montage Bei der Montage werden die verschiedenen Einstellungen, die man für einen Spot gedreht hat, zusammengeführt. Der Dreh und die Montage sind Zwillinge. Wenn ein Regisseur eine Szene dreht, muss er bereits die Montage im Kopf haben. Die Kontrolle behält er dank dem Storyboard bzw. dem Shootingboard, das nicht nur Key Visuals beinhaltet, sondern jede einzelne Einstellung zeigt. 4.6.7 Der Ton ist die andere Hälfte des Bildes Im Film gibt es drei Arten von Ton: Sprache (Kommentar, O-Ton), Geräusche und Musik. Für die Sprache gilt: Weniger ist mehr. Filmtexte sind Hörtexte. Gesprochene Sprache setzt sich häufig lediglich aus Satzbruchstücken zusammen. Was zwei Leute zueinander sagen, so zu schreiben, dass es echt klingt, ist nicht einfach. Lassen Sie Zeit – für Bewegung. Gestik. Mimik. Pausen. Vor allem für Pausen. Regisseur Nicolas Ray betonte, dass im Theater etwa 80 Prozent des Inhalts durch Sprache übermittelt werden. Im Film sind es nur rund 20 Prozent. Sie kennen vielleicht den TV-Spot für einen Cappuccino: Eine junge Frau und ein junger Mann sitzen sich in einem Kaffee in Sichtweite gegenüber. Er hat gerade seinen herrlichen Milchschaum-Cappuccino getrunken – und dieser Schaum hängt ihm nun an der Oberlippe, ohne dass er es merkt. Sie möchte ihm diese kleine Peinlichkeit andeuten und leckt sich mit der Zunge über die Lippen. Er glaubt nun, sie wolle ihn anmachen. Er wartet ab. Wieder leckt sie sich die Lippen. Noch einmal. Er ist schon am Vibrieren. Versteht nicht. Schliesslich steht sie auf, geht zu ihm rüber – er voller Erwartung –, da nimmt sie ein Papiertuch hervor und wischt ihm seine Milchschaum-Oberlippe sauber. Das ist ein sehr gelungener Spot, mit einer schönen Idee und einer klaren USP: Mit diesem Cappuccino findest du vielleicht nicht gerade die grosse Liebe. Aber viel Genuss. Als Grundregel halten wir fest: •

Schreiben Sie nichts, was Schauspieler visuell ausdrücken können. Ein guter Schauspieler kann mit einer leichten Bewegung der Augenbrauen etwas aussagen, wofür wir zwei Sätze brauchen.

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Geräusche erweitern die Bilder mit einer realistischen Dimension. Sie können im Kopf des Zuschauers Bilder auslösen, die auf der Leinwand oder am Bildschirm gar nicht zu sehen sind.

Musik weckt Emotionen. Sie kann die Handlung betonen, dramaturgische Akzente setzen, als Kontrast wirken oder Zeit und Raum überbrücken.

Küsst sich ein junges Paar in einem Park und setzt dazu der Hochzeitsmarsch ein, ist der Zuschauer nicht überrascht, wenn die beiden in der nächsten Einstellung als Brautpaar vor dem Traualtar stehen. Musik kann auch dafür eingesetzt werden, eine Marke zu prägen, sei es durch ein immer wiederkehrendes Leitmotiv oder einen Jingle. 4.6.8 The End Häufig wird am Ende eines Spots noch einmal das zu bewerbende Produkt gezeigt. Die Schlusseinstellung mit der Packung im Close-up nennt man Packshot.

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4.7 Radiowerbung 4.7.1 Sprich, damit ich dich sehe Es braucht mehrere Wochen, um einen Werbefilm zu machen. Anders die Radiowerbung: Das Radio ist ein schnelles Medium und Sie können es sehr kurzfristig einsetzen. Das Radio wird selten zur Imageprofilierung genutzt, sondern meistens, um Preisrabatte, Gewinnspiele, Produkteinführungen o.ä. zu kommunizieren. Jeder Radiospot sollte ein kleines Hörspiel sein. Es bringt etwas rüber, was ein sogenannt proklamativer Spot nicht hat: Lebensnähe. Für dieses Hörspiel stehen Ihnen Stimmen, Geräusche und Musik zur Verfügung. Geräusche und Musik verstärken die Wirkung. Sie sollten beim Hörer bildhafte Vorstellungen auslösen. Wenn wir die Aufmerksamkeit des Hörers erringen wollen, müssen wir ihm eine Geschichte bieten, die ihn gespannt die Ohren spitzen lässt. Wir halten also fest: Gute Radiospots erzeugen Bilder im Kopf des Zuhörers. Die Natur stellt uns Werbern eine Vielzahl von Stimmen zur Verfügung. Jede klingt wieder anders. Bevor Sie einen Radiospot schreiben, müssen Sie sich genau überlegen, was das für ein Mensch ist, der da spricht: •

Ein Lastwagenfahrer muss wie ein Lastwagenfahrer sprechen. Er darf auch einmal sprachlich schludern oder fluchen.

Ein Buchhalter muss wie ein Buchhalter klingen: stets korrekt. Die dicke Brille, durch die er tagtäglich Zahlen nach ihrer Richtigkeit prüft, sollten wir im Radiospot förmlich auf seiner Nase spüren.

Ein Biertrinker muss wie ein Biertrinker klingen: Er ist eher der dickliche, gemütliche Typ.

Ein Dandy muss wie ein Dandy klingen: glatt wie seine Gelfrisur.

Diese Stimmen finden wir mit Hilfe eines Stimmen-Castings relativ einfach. Jedes Studio, das Sprachaufnahmen macht, hat unzählige Bänder und Kassetten, die Sie sich anhören können. Die Casting-Stimmen werden mittlerweile auch per Internet übermittelt.

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4.7.2 Konzeption Leider wird auch in der Radiowerbung häufig viel zu viel erzählt und reingepackt. Der Auftraggeber kann sich nicht für eine Botschaft entscheiden und möchte die Zeit bis zur letzten Sekunde nutzen, um möglichst viel Produkteinformation loszuwerden. Dadurch wird mancher Radiospot ungeniessbar wie ein verdorbener Fisch. Die Sprecher werden gezwungen, den Text so schnell herunterzuhaspeln, dass kein Mensch mehr folgen kann – man spricht auch vom Mickey-Mouse-Effekt. Das ist etwa so, wie wenn wir ein Buch ohne jeglichen Weissraum in den Druck geben. Überragende Radiowerbung basiert jedoch auf einem wohldosierten Dreiklang aus Stimme, Geräusch und Musik. Entscheidend ist nicht, wie viel man in 25 Sekunden sagt, sondern, wie viel der Hörer aufnehmen kann und was bei ihm hängen bleibt. Halten wir auch für die Radiowerbung fest: Weniger ist oft mehr! Nur eine einfache – nicht blöde – Sprache wird verstanden. Sie muss klar und verständlich sein. Komplizierte Sätze oder vermeintlich lustige, intellektuelle Sprüche werden schlecht verstanden. 4.7.3 Aufnahme Bei Sprachaufnahmen für einen Radiospot ist es meistens die alleinige Aufgabe des Texters, die Sprecherin oder den Sprecher zu führen. Das ist keine leichte Aufgabe – wir haben ja nicht alle ein Studium in Dramaturgie oder Regie absolviert. Doch Sie haben die Idee kreiert, und daher müssen Sie dafür sorgen, dass sie am Schluss so rüberkommt, wie Sie sich das ausgedacht haben. Tonmeister und Sprecher sind Profis auf ihrem Gebiet. Der Tonmeister garantiert, dass die Aufnahme technisch einwandfrei ist, und wenn er gut ist, wird er davon absehen, sie mit Spezialeffekten bis zur Unverständlichkeit zu überladen. Zum Text: Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie den Sprecher mehrere Versionen einer bestimmten Passage sprechen. Denn je nachdem, wie ein Wort betont, ein Satz leise oder laut gesprochen wird, ändert sich die Bedeutung bzw. das, was unbewusst mitschwingt. Auf diese Weise verhindern Sie, dass Sie nach der Kundenabnahme nochmals für teures Geld Aufnahmen machen müssen, weil dem Product Manager irgendetwas missfällt.

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Glossar

Account

Auftrag/Auftraggeber einer Werbeagentur

ADC

Art Directors Club, «Kreativclub» der Werbeszene

AIDA

Kurzformel für Attention, Interest, Desire, Action

Animatics

Fotos oder Zeichnungen, die im Film bewegt werden

Animation

Bewegung

Animated Cartoon Zeichentrickfilm

Art Buyer

Der- oder diejenige, die in einer Werbeagentur Aufträge an Fotografen, Fotomodelle und freie Grafiker erteilt.

Art Director

Grafiker. Er arbeitet oft auch mit Illustratoren zusammen, die zum Beispiel Storyboards zeichnen.

Awareness

Bekanntheit

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Body Copy

Haupttext in einer Anzeige. Also alles, was nicht Schlagzeile oder Slogan ist.

Brand

Marke

Brand Image

Vorstellung, die der Verbraucher von der Marke hat

Briefing

Auftragsbeschrieb

Caption

Bildunterschrift. Einkopierter Zwischentitel im Film.

Case Study

Fallbeispiel, Fallstudie

Casting

An einem Casting werden geeignete Models für Foto-shootings, Darsteller für Filme oder Sprecher fürs Radio ausgewählt.

Chart

Schaubild, Tabelle

Claim

Zentrale Werbeaussage, auch Copy-Strategie genannt

Close-up

Nahaufnahme

Commercial

Amerikanischer Fachjargon: Werbefilm

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Consumer Benefit

Verbrauchernutzen

Convenience

Bequemlichkeit. Zum Beispiel Quick Lunch: muss nur noch mit heissem Wasser übergossen werden.

Copy-Strategie

Werbeaussage, Claim. Basisstrategie, auf der alle Ideen und Texte aufbauen. Sie dient allen Beteiligten in Werbung und Marketing als Richtschnur.

Copywriter

Texter / Texterin

Direct Mail

Direktwerbung per Post: Briefe, Prospekte, evtl. Give-aways

Dummy

Leerpackung, Attrappe

Etat

Werbebudget

Exposé

Erste Schriftform eines Filmprojekts. Ideenskizze.

Eye Catcher

Blickfang

Flankierende Massnahmen

Aktivitäten, die zur Markenpflege beitragen, ohne dass sie zu den Kernleistungen der Werbeagentur gehören

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Folder

Faltprospekt

Freelancer

Freier Mitarbeiter

Give-away

Kleines Geschenk

Hard Selling

Hartes, faktenbetontes, reisserisches Verkaufen

Headline

Schlagzeile

Impact

Werbewirkung

Jingle

Melodie oder gesungene Werbeaussage, Erkennungsmelodie

Juniortexter

Nachwuchstexter in Ausbildung

Label

Etikett, Anhänger, Aufkleber

Layout

Entwurf für die typografische Gestaltung einer Drucksache

Leaflet

Prospekt mit nur wenigen Seiten, Handzettel

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Litfasssäule

Plakatsäule

Location

Ort, der sich für Fotos oder einen Filmdreh eignet

Low-InterestProduct

Ein Produkt, das die Leute zwar brauchen, das aber nicht sehr interessiert. Beispiel: WC-Papier, Zahnbürsten, Gläser, Reinigungs-Schwämme etc.

Mediaplanung

Planung des Mediaeinsatzes unter Berücksichtigung von quantitativen und qualitativen Faktoren

Meeting

Sitzung

Monitoring

Überblick, Kontrolle über das relevante gesellschaftliche Umfeld

Off-Sprecher

Sprecher, der im Film zu hören, aber nicht zu sehen ist

Opinion Leader

Meinungsbildner

Packshot

Packungsfoto

Panel

Schautafel. Wird häufig an Messen und Ausstellungen eingesetzt, um die Leute zu informieren.

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Pay-off

Der letzte Satz einer Anzeige oder eines TV-Spots

Pitch

Wettbewerb um einen Werbe-Etat zwischen mehreren Agenturen

POS

Point of Sale, Verkaufsort

PPM

Pre Production Meeting. Letzte Sitzung vor einem Filmdreh.

Product Manager

Marketingverantwortlicher, Markenbetreuer

Product Placement Die geschickte, erkaufte Platzierung des Markennamens in Filmen oder Fernsehsendungen. (Beispiel: James Bond, der einen BMW Z3 fährt)

Reason for being

Zentrale Begründung, warum es ein bestimmtes Produkt gibt. Nur eine für die Verbraucher überzeugende RFB gibt einem geplanten Produkt die Sicherheit, auf dem Markt eine Chance zu haben.

Reason-why

Begründung

Recall

Erinnerung

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Relaunch

Erneuerung einer alten, etablierten Marke, die an Aktualität, Kraft und Marktanteilen verloren hat und nun mit neuer Rezeptur, mit neuer Kommunikation um ihre Marktposition kämpft

Reminder Ad

Erinnerungsanzeige

Response

Antwort, Rücklauf bei Direktwerbung

Retro-Design

Design, das gezielt alte Formen aufgreift und auf diese Weise die Nostalgiebedürfnisse der Kundschaft befriedigt (Beispiel: neuer Mini, Vespa, PT-Cruiser)

Salesfolder

Ist ein Prospekt oder eine Dokumentation, mit der ein Händler bei seinen Kunden wirbt. Informiert wird über Marktdaten, neue Produkte, Werbemassnahmen etc.

Salespromotion

Verkaufsförderung

Selfliquidator

Werbegeschenk, das zum Selbstkostenpreis abgegeben wird. Zum Beispiel bedruckte Gläser oder T-Shirts etc.

Shortlist

Enthält die endgültige Auswahl der Agenturen, die ein Unternehmen zu einer Wettbewerbspräsentation einlädt

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Slogan

Werbeaussage, die direkt mit der Marke in Verbindung gebracht wird. Zum Beispiel: «Nike – just do it.», «Ford – die tun was.»

Storyboard

Ist als Vorstufe für einen TV-Spot wichtig. Das Storyboard besteht aus einer Folge von illustrierten Einzelbildern, durch welche die verschiedenen Szenen visuell festgehalten werden.

Subline

Unterzeile

Teaser

Werbeidee, die Aufmerksamkeit erregen soll und irgendetwas offen lässt. Später erscheint dann eine Auflösung. Beispiel: «Buchen Sie jetzt keine Ferien!» (Kampagne Helvetic Tours)

Testimonial

Aussage einer Person zu einem Produkt oder einer Dienstleistung

USP

Unique Selling Prosposition, Einzigartiges Verkaufsargument.

UAP

Unique Advertising Proposition, Werbliche Alleinstellung einer Agentur.

Visual

Bild, Bildvorlage

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Gütesiegel

Das Gütesiegel von Hajnal/Item – den Gründern der Schweizerischen Text Akademie – bürgt für folgende Studienprinzipien: 1. Systematische Forschung und Entwicklung mit hohem Praxisbezug Hajnal/Item legen im Unterricht grössten Wert auf das fruchtbare Nebeneinander von wissenschaftlicher Theorie und bewährter Praxis. In ihren Studienveranstaltungen mündet aktuelles Fachwissen auf hohem Niveau jederzeit in überprüfbare Praxiskenntnisse. 2. Intensive Betreuung der Studentinnen und Studenten Hajnal/Item schenken der intensiven Betreuung der Studierenden besondere Aufmerksamkeit: Dozierende stehen auch ausserhalb der regulären Studienzeit zur Studienbetreuung zur Verfügung – via E-Classroom, E-Mail und Telefon rund um die Uhr. 3. Kostenlose Prüfungswiederholung Bei Hajnal/Item gilt das Prinzip, dass Prüfungswiederholungen und Repetitorien kostenlos sind. An Studierenden, die eine oder mehrere Prüfungen im ersten Anlauf nicht geschafft haben, wird kein zusätzliches Geld verdient. 4. Bildung für alle – dank fairen Preisen und Stipendien Hajnal/Item stehen für faire Preise: Sie betreiben ihre Studiengänge mit schlanken Strukturen, halten die Fixkosten gering und investieren die Einnahmen zu einem beträchtlichen Teil in die Verbesserung ihrer Studiengänge. Weiter äufnen sie einen Stipendienfonds, der weniger bemittelten Studierenden – zum Beispiel alleinerziehenden Müttern – ein kostenloses Studium ermöglicht. Hajnal/Item garantieren die Einhaltung dieser vier Prinzipien bei Studiengängen, an denen sie federführend sind. Weiter können Hajnal/Item fremde Studiengänge mit ihrem Gütesiegel zertifizieren. Diese Zertifizierung muss im jeweiligen Abschlussdiplom klar ersichtlich sein.

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