10 JAHRE OPERNHAUS
STAGIONE in Kooperation mit
Ein Unternehmen der Wien Holding
Theater an der Wien Magazin Mai / Juni / Juli 2016
Wien Tuchlauben 8 01 535 30 53 D端sseldorf Martin-Luther-Platz 32 0211 135 40 92 Frankfurt Grosse Bockenheimerstr. 13 069 219 96 700 Hamburg Neuer Wall 39 040 430 94 90 M端nchen Residenzstrasse 6 089 238 88 50 00 Akris Boutique auf www.akris.ch
INHALT
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Zum Gedenken an Nikolaus Harnoncourt
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Tanz im Mai Shakespeare Dances
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Oper im Juli El Juez (Der Richter) 14 In der Kammeroper Hänsel und Gretel
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Saisonvorschau I Szenische Premieren Saisonvorschau II Oper konzertant Saisonvorschau III Konzerte & Kabarett Jugend an der Wien & Kinder an der Wien Saisonvorschau IV In der Kammeroper Ensemble: Alle Künstlerinnen & Künstler im Überblick
EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser! Wie sehr Freud und Leid im menschlichen Leben symbiotisch verbunden sind und sich gegenseitig ergänzen, verdeutlichte in der bisherigen, zehnten Saison des Theater an der Wien als neues Opernhaus nicht nur das Geschehen auf der Bühne, sondern das Leben selbst. Mit großer Freude durften wir die Feierlichkeiten anlässlich unseres Jubiläums im Jänner begehen. Mit großer Trauer musste ich den Tod von Nikolaus Harnoncourt im März dieses Jahres zur Kenntnis nehmen. Im Theater an der Wien hat Nikolaus Harnoncourt eine musikalische Heimat für seine Vorstellung von aktuellem Musiktheater gefunden und wir wollen sein Schaffen in einem ausführlichen Nachruf in dieser Ausgabe des Theatermagazins würdigen. Harnoncourt zu würdigen heißt für mich aber auch, seinen mutigen Weg allen Widerständen zum Trotz, denen er lange ausgesetzt war, weiter zu gehen. Ich werde daher Harnoncourts Lebensprojekt „Concentus Musicus“ auch in Zukunft die Treue halten und hoffe, dass Sie, wertes Publikum, im einen oder anderen unserer zukünftigen Projekte den Geist von Nikolaus Harnoncourt vernehmen können. Mit drei abschließenden Produktionen lassen wir das 1. Jubiläumshalbjahr ausklingen, die noch einmal unseren vielfältigen Blick auf die Opernwelt aufzeigen sollen, in dem das Tanztheater stets seinen Stammplatz eingenommen hat. Zum Auftakt präsentiert John Neumeier mit dem Hamburg Ballett Szenen aus drei Shakespeare-Balletten, die der renommierte Choreograph zum neuen Tanzabend Shakespeare Dances verdichtet hat. Im Juli wird es zur berührenden Begegnung mit José Carreras kommen. Der österreichische Komponist Christian Kolonovits hat dem spanischen Tenor die Titelrolle der Oper El Juez (Der Richter) auf den Leib geschrieben, in der die tragische Geschichte der verlorenen Kinder Spaniens während des Franco-Regimes thematisiert wird. Einen gänzlich neuen Blick wirft die deutsche Regisseurin Christiane Lutz in der Kammeroper auf Humperdincks berühmtes Märchenspiel Hänsel und Gretel. Um die Oper aus ihrem romantisierenden Deutungsrahmen herauszuholen, zeigen wir das Werk auch bewusst nicht wie traditionell üblich zu Weihnachten. Denn auch dieses Märchen enthält natürlich mehr psychologischen Tiefgang als der Zuckerguss des Knusperhäuschens zuerst glauben machen könnte. In der kommenden 11. Saison setzen wir dem genialen Dramatiker William Shakespeare zum 400. Todesjahr mit einer außergewöhnlichen Operntrilogie ein Denkmal: Hamlet – Falstaff – Macbeth, vertont in drei verschiedenen Jahrhunderten. Eröffnet wird der herbstliche Reigen mit der Uraufführung von Anno Schreiers Auftragskomposition Hamlet. Alle weiteren Produktionen und Projekte finden Sie selbstverständlich auch in dieser Ausgabe unseres Theatermagazins. Ich freue mich auf Ihren Besuch, wünsche Ihnen bewegende und unvergessliche Stunden im Theater an der Wien und in der Kammeroper und danke Ihnen für Ihre Unterstützung durch Ihren zahlreichen und regelmäßigen Besuch. Herzlichst Ihr
Intendant Roland Geyer
AGRANA gratuliert dem Sta|gio|ne, <lat.-it.> die, -, -n: „Jahreszeit“ 1. Spielzeit eines Operntheaters 2. Ensemble eines Operntheaters. Kennzeichnend für den Stagionebetrieb ist, dass ein Stück über eine längere Zeit gespielt wird. Je eine Inszenierung wird über mehrere Abende oder Wochen hintereinander angesetzt, es kommen nur frisch geprobte Inszenierungen zur Aufführung.
ahre AGRANA und das Theater an der Wien blicken auf eine 10-jährige Zusammenarbeit mit vielen gemeinsamen Höhepunkten zurück. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg! WWW.AGRANA.COM
NACHRUF
Glückliche Entdeckergemeinde Das Theater an der Wien und Intendant Roland Geyer nehmen Abschied von Nikolaus Harnoncourt Am Vorabend seines 86. Geburtstags gab Nikolaus Harnoncourt am 5. Dezember 2015 seinen Rückzug als Dirigent bekannt. Diesen letzten Schritt seiner künstlerischen Laufbahn setzte Harnoncourt mit der gleichen Kompromisslosigkeit und Direktheit, die seine gesamte Karriere geprägt hatte: „Liebes Publikum, meine körperlichen Kräfte gebieten eine Absage meiner weiteren Pläne. Da kommen große Gedanken hoch: zwischen uns am Podium und Ihnen im Saal hat sich eine ungewöhnlich tiefe Beziehung aufgebaut – wir sind eine glückliche Entdeckergemeinde geworden! Da wird wohl Vieles bleiben. Der diesjährige Zyklus wird noch in meinem Sinn geführt, bleiben Sie ihm treu! Ihr Nikolaus Harnoncourt“ Im zehnten Jahr seit der Wiedereröffnung als neues Opernhaus 2006 musste das Theater an der Wien die Jubiläumsfeierlichkeiten ohne jenen Dirigenten begehen, der den künstlerischen Weg des Hauses von Anfang an entscheidend geprägt und an der Wienzeile eine musikalische Opernheimat gefunden hatte. Beethovens im Theater an der Wien uraufgeführte, einzige Oper Fidelio unter Harnoncourts Leitung hätte im Jänner als ein Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten die Zusammenarbeit verdeutlichen sollen. Mit Bedauern musste das Theater an der Wien Harnoncourts Rückzug zur Kenntnis nehmen. Im Sinn und auf Wunsch von Nikolaus Harnoncourt übernahm Stefan Gottfried, einer seiner engsten musikalischen Wegbegleiter aus dem Concentus Musicus Wien, das Dirigat jener Fidelio-Fassung, die Harnoncourt noch selbst 'vorbereitet hatte. Elegant und ohne Pathos hat Harnoncourt das Podium verlassen und sich ohne Fanfaren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Den Taktstock brauchte er nicht zurückzulegen. Er hat ihn nie verwendet. Engagiert, nicht engagierbar „Ich bin nicht engagierbar“, hat Nikolaus Harnoncourt einmal in einem Interview seine Position innerhalb des Klassikbetriebs definiert. Die Marktgesetze einer kommerziellen Verwertungsmaschinerie schienen ihn, der sich nicht von Managern und Agenturen beeinflussen oder vertreten ließ, nicht zu interessieren. Harnoncourt ließ sich nicht engagieren, er war engagiert. Das ist ein wesentlicher Unterschied in einer nach Öffentlichkeit heischenden Epoche.
Seit der Wiedereröffnung 2006 hat sich Nikolaus Harnoncourt mittelfristig an das damals noch nicht einmal eröffnete Theater an der Wien gebunden. Die von Harnoncourt und Regisseur Claus Guth verantwortete Neuproduktion von Lucio Silla wurde bei der Festwochen-Premiere im Mai 2005 von der Kritik schon im Vorhinein zur „Zierde des Mozartjahrs“ erklärt und im Eröffnungsjahr als zweite Opernproduktion des jungen Hauses neu einstudiert. Im selben Jahr leitete Harnoncourt Mozarts Die Schuldigkeit des Ersten Gebots in der Regie seines Sohns Philipp Harnoncourt und gab seine Pläne bis 2008 bekannt: 2007 folgte die Haydn-Oper Orlando Paladino und 2008 The Rake’s Progress von Igor Strawinski. Das Haus und sein Intendant Roland Geyer hofften auf weitere Zusammenarbeit: „Etwas Wunderbareres kann dem Haus gar nicht passieren, als dass Harnoncourt so gerne im Theater an der Wien musiziert. Wir arbeiten seit acht Jahren zusammen, und das ist für mich ein Erlebnis, vergleichbar nur mit den Begegnungen, die ich mit Bernstein hatte. Das sind diese über die Musik hinaus einzigartigen Menschen, die über aller Eifersucht und allen niederen Intrigen stehen. Ich hoffe, dass seine Schaffenskraft noch lange anhält. 2009 ist sein 80. Geburtstag, da hätte ich viele Ideen. Aber wir haben uns vorläufig auf den Zweijahresrhythmus verständigt.“ Aus dem Zweijahresryhthmus wurde eine regelmäßige Zusammenarbeit. Zehn Opern leitete Nikolaus Harnoncourt im Theater an der Wien in zehn Jahren und eröffnete die Saison 2010/2011 als Dirigent des ersten Konzertes der Saison mit Werken von Beethoven. Auf die Frage, wie er die kontinuierliche Entwicklung des Hauses beurteilt und welchen Stellenwert es in seinem Schaffen einnimmt, antwortete Nikolaus Harnoncourt damals: „Ich finde es sehr interessant und sogar lustig, dass ein Haus, das mit vielen Beethovenuraufführungen und Anderem so extrem seriös begann, zum führenden Operettentheater wurde (das sogar in einem Schlager meines Vaters erwähnt wird).“ Das Theater an der Wien habe sich „als Opernhaus neu belebt, alter Größe“ besonnen: „Es hat bei mir einen großen Stellenwert.“ Die Ideen sind nicht ausgegangen und am Vorabend von Harnoncourts 80. Geburtstag 2009 folgte die Premiere der komischen Oper Il mondo della luna von
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Joseph Haydn, der stets ein besonderes Anliegen des Dirigenten war. Haydns Opern wurden zu seinen Lebzeiten sehr wohl aufgeführt, die eine oder andere europaweit, mahnte Harnoncourt: „Heute sind sie nahezu vergessen. Das hat mit ihrem Stil zu tun, sie sind mit den genialen Konversationsopern von Mozart und Da Ponte nicht vergleichbar, und der heutige Geschmack ist auf diese eingeschworen. Haydn will grundsätzlich anderes, dem haben wir zu folgen, wenn wir seine Opern heute aufführen wollen – auch seine ‚Abgeschiedenheit‘ war kein Hindernis, er war trotzdem der berühmteste Komponist Europas. Die besten Vokal- und Instrumentalsolisten strebten nach Eisenstadt und Esterháza. Auch deshalb sind manche seiner Gesangspartien, die seinen Sängern auf den Leib geschrieben sind, für andere unsingbar.“ In Wien angekommen In seinen letzten drei Produktionen im Theater an der Wien wandte sich Harnoncourt wieder jener Literatur zu, mit der er ursprünglich begonnen hatte und die einen Bogen vom barocken Händel über Mozart zu Beethoven spannte. Erneut mit seinem Sohn Philipp Harnoncourt als Regisseur erarbeitete er Händels Rodelinda, Regina de’ Longobardi, leitete die szenische Produktion von Beethovens Fidelio und legte seine Auseinandersetzung mit den drei Opern des kongenialen Duos Mozart und Da Ponte vor, die er in einem eigenen Zyklus zusammenfasste. Im Gespräch mit Haide Tenner sagte er damals: „Das Interessanteste sind die Zusammenhänge. Und das Besondere dieser drei Opern besteht für mich auch in der Tatsache, dass dieser Zyklus nicht so entstanden ist, dass Mozart Libretti bekommen hat, die er komponiert hat, sondern dass er mit dem Librettisten gemeinsam gearbeitet hat. Mich interessiert diese Übereinstimmung der Ideen und diese Zusammenarbeit.“
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„Nikolaus Harnoncourt dirigiert erstmals Mozarts drei Da Ponte-Opern mit seinem Concentus Musicus“, schrieb Reinhard Kager in der Süddeutschen Zeitung und beobachtete: „Mit 84 Jahren scheint er nun endlich ganz in Wien angekommen zu sein.“ Fast ein Leben lang sei Harnoncourt bekämpft worden, schreibt Peter Hagmann in der Neuen Zürcher Zeitung. „Erst als er im höheren Alter stand, ließen ihn Orchester wie die Wiener Philharmoniker ans Pult und öffneten ihm Zuhörer ihr Ohr, die seiner Kunst lange mit Skepsis begegnet waren. Erstaunlicherweise hat ihn das nie angefochten.“ Nikolaus Harnoncourt ist am 6. Dezember 1929 in Berlin zur Welt gekommen, weil sein Vater dort als Bauingenieur arbeitete. Als Nachfahre einer alteingesessenen Adelsfamilie wuchs Johannes Nicolaus Graf de la Fontaine und d’Harnoncourt-Unverzagt, so sein voller Name, den er niemals führte, in Graz in jenem Palais auf, in dem sich heute die Universität für Musik und darstellende Kunst befindet. Er studierte Cello und wurde vom berühmten Cellisten Paul Grümmer unterrichtet. An der Wiener Musikakademie wuchs sein Interesse für alte Musik und alte Musikinstrumente. In Wien gab es eine kleine, aber rege Szene, die sich angeregt von Prof. Josef Mertin mit historischer Aufführungspraxis beschäftigte, auf alten Instrumenten musizierte und wenn diese fehlten, einfach selbst nachbaute. Harnoncourt gründete 1952 den Concentus Musicus Wien und musizierte, vorerst im häuslichen Kreis, Musik ausschließlich auf Instrumenten aus deren Entstehungszeit. Seine Gattin Alice Harnoncourt, geborene Hoffelner, war als Geigerin von Anfang an wesentliches Mitglied des Ensembles und ein halbes Jahrhundert lang Konzertmeisterin des Concentus Musicus. Im Wiener Konzerthaus kam es 1954 auf Anregung von Paul Hindemith zu einer von ihm
geleiteten Aufführung des Orfeo von Monteverdi auf historischen, teils eigens gebauten Instrumenten. In der Einleitung zu dieser Novität, für das Publikum eine Revolution wider der herrschenden Aufführungspraxis, sprach Hindemith auch von der Suche nach dem „Originalklang“, ein Begriff, der später vor allem medial überstrapaziert werden sollte. Drei Jahre später sollte Harnoncourt erstmals mit dem Concentus Musicus öffentlich musizieren. Rau und ungewohnt klangen diese Auftritte für das an reinen Wohlklang gewohnte Publikum, aber auch neu und aufregend. Im Gründungsjahr des Concentus Musicus wurde Nikolaus Harnoncourt, denn auch Musiker müssen Rechnungen begleichen, als Cellist auch in die Reihen der Wiener Symphoniker aufgenommen, dessen Chefdirigent seit 1948 Herbert von Karajan hieß. Harnoncourt blieb den Symphonikern bis 1969 treu, obwohl er in vielerlei Hinsicht als Dirigent das Gegenteil Karajans darstellte. High Society war Harnoncourt ein Gräuel, die Öffentlichkeit als persönliche Plattform mied er und an Machtausübung war er nicht interessiert. Nie hat Harnoncourt eine abgesicherte Führungsposition angenommen. Er blieb geistig wie institutionell ein Leben lang ein freier Künstler, und nur ein freier Künstler mag nachvollziehen, mit welchen Entbehrungen diese Haltung vor allem in den Anfangsjahren verbunden ist. Musik als Klangrede Harnoncourt stand stets für seine Sicht der Dinge ein, auf diplomatische Geplänkel ließ er sich nicht ein. Widerstand schien ihn eher zu motivieren. Musik war für ihn keine hübsche Zuwaage zum Leben, sie war für ihn essentieller Bestand menschlichen Seins, eine „machtvolle, ja heilige Sprache“, die Musiker verwalten und erhalten müssen. Musik als Klangrede war sein Credo und Grundlage seiner Interpretationen, wie
auch der Titel seines 1983 erschienenen und in viele Sprachen übersetzten Buches, das „Wege zu einem neuen Musikverständnis“ ebnen wollte. „Wir Musiker – ja alle Künstler – haben eine machtvolle, ja heilige Sprache zu verwalten. Wir müssen alles tun, dass sie nicht verloren geht im Sog der materialistischen Entwicklung“, sagte Harnoncourt 1991 in einer Rede zum Abschluss des damaligen Mozart-Jahrs. Scheinbar Bekanntes klang bei Harnoncourt ungewohnt und eröffnete neue Zugänge. Seinen Musikern verdeutlichte er in plastischen Ausdrücken, welchen Klang er sich wünscht. Nicht immer waren seine Vergleiche für die Öffentlichkeit bestimmt. Als er im Theater an der Wien Beethovens siebte Symphonie am Pult der Wiener Philharmoniker leitete, meinte er vor den Proben: „Die Kategorien Klassik und Romantik durchdringen einander, ich habe da meine persönliche, unakademische Sicht. Wenn ich den Musikern sage, was das Finale bedeutet, gibt es großes Gelächter.“ „Sein Ziel war in einer ganz besonderen, zugespitzten Weise die Musik selbst, die in der Gegenwart des Erklingens zu ihrer bestmöglichen Verwirklichung finden sollte. Darum die Genauigkeit im Umgang mit dem Notentext, die Beschäftigung mit den Autografen und die kritische Befragung der Editionen“, beschreibt Peter Hagmann die Arbeitsweise von Harnoncourt zutreffend. Das Ziel war demnach nicht ein originaler Klang, der kein Gegenteil kennt, sondern das Mitfühlen und Verstehen eines Kunstwerks. Harnoncourt ließ sich daher auch nicht auf jene Komponisten und Epochen einengen, die sich gemeinhin für Ensembles der historischen Aufführungspraxis im Musikbetrieb eingebürgert haben. Er ließ sich nicht einmal auf Ensembles einengen. Nur als musikalischer Leiter wollte er mit Ausnahme bei seinem Concentus Musicus nirgendwo tätig sein. Er musizierte aber darüber hinaus ebenso gerne mit dem Amsterdamer
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Concertgebouw Orchester wie mit den Berliner Philharmonikern. Er dirigierte Johann Strauss wie Brahms und Bartók, zeigte keine Scheu vor Bizets Carmen, Offenbachs Belle Hélène und wandte sich schließlich auch George Gershwin und Igor Strawinski zu. In den 1980er Jahren schien auch die Kluft zwischen Harnoncourts Vorstellungen und jenen der Wiener Orchester nach drei Jahrzehnten zu weichen. Die Wiener Symphoniker luden ihn als erstes Wiener Orchester 1983 als Dirigenten ein. In den späten 1990er Jahren boten die Symphoniker dem längst etablierten Harnoncourt dann vergeblich die Stelle als Chefdirigent an. Ein Jahr nach den Symphonikern begann auch die Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern. In den Jahren 2001 und 2003 leitete Harnoncourt das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, zweifellos eine der höchsten Auszeichnungen die das Orchester zu vergeben hat, und 2005 ernannten sie den Dirigenten zum Ehrenmitglied. Im Theater an der Wien begann Harnoncourt den Concentus Musicus auch als Opernorchester zu etablieren und brachte jene Werke, die wohl die elementaren Stücke seines Klangdenkens darstellen, auf die Bühne Schikaneders. Nur Strawinskis The Rake’s Progress realisierte er mit den Wiener Symphonikern, die neun restlichen Produktionen verwirklichte er alle mit dem Concentus Musicus und wandte sich jenen
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Komponisten zu, denen sein ursprüngliches Denken galt: Haydn, Mozart und Beethoven. Es schien, als wäre Harnoncourt nicht nur in Wien, sondern auch musikalisch an- und heimgekommen. Nikolaus Harnoncourt verstarb am 5. März 2016 in St. Georgen im Attergau. Das Theater an der Wien und sein Intendant Roland Geyer trauern um einen langjährigen Wegbegleiter: „Ich bin unendlich dankbar für den Austausch und die Begegnung mit Nikolaus Harnoncourt, die sowohl künstlerisch wie menschlich ganz außergewöhnlich für mich war. Mit ihm verliert die Musikwelt nicht nur den großen Künstler, Pionier der Historischen Aufführungspraxis, Musikphilosophen und leidenschaftlichen Musiker Harnoncourt, sondern vor allem sein kraftvolles Tun und Sein für die Musik. Wir durften mit ihm zehn wunderbare Opernprojekte am Theater an der Wien realisieren und haben mit ihm unfassbar viel Neues und Schönes gelernt und vor allem erhört.“ Das Theater an der Wien wird Harnoncourts Lebensprojekt Concentus Musicus auch in Zukunft die Treue halten. Unsere Anteilnahme gehört Alice Harnoncourt und der gesamten Familie.
DIE OPERNPRODUKTIONEN VON NIKOLAUS HARNONCOURT IM THEATER AN DER WIEN LUCIO SILLA Premiere: Samstag, 4. März 2006 (5 Aufführungen) Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, Libretto von Giovanni de Gamerra Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt, Inszenierung: Claus Guth Produktion der Wiener Festwochen 2005, Neueinstudierung des Theater an der Wien DIE SCHULDIGKEIT DES ERSTEN GEBOTS Premiere: Mittwoch, 12. April 2006 (3 Aufführungen) Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, Libretto von Ignaz Anton Weiser Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt, Inszenierung: Philipp Harnoncourt Neuproduktion Theater an der Wien und OsterKlang 2006 ORLANDO PALADINO Premiere: Samstag, 17. November 2007 (6 Aufführungen) Musik von Joseph Haydn, Libretto von Nunziato Porta nach Carlo Francesco Badini Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt, Inszenierung: Keith Warner Neuproduktion des Theater an der Wien THE RAKE'S PROGRESS Premiere: Donnerstag, 13. November 2008 (6 Aufführungen) Musik von Igor Strawinski, Libretto von Wyston Hugh Auden und Chester Kallman Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt, Inszenierung: Martin Kušej Neuproduktion des Theater an der Wien, Koproduktion mit dem Opernhaus Zürich IL MONDO DELLA LUNA Premiere: Samstag, 5. Dezember 2009 (6 Aufführungen) Musik von Joseph Haydn, Libretto nach Carlo Goldoni Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt, Inszenierung: Tobias Moretti Neuproduktion des Theater an der Wien RODELINDA, REGINA DE’ LONGOBARDI Premiere: Sonntag, 20. März 2011 (6 Aufführungen) Musik von Georg Friedrich Händel, Libretto von Niccoló Francesco Haym Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt, Inszenierung: Philipp Harnoncourt Neuproduktion des Theater an der Wien FIDELIO Premiere: Sonntag, 17. März 2013 (6 Aufführungen) Musik von Ludwig van Beethoven, Libretto von Sonnleithner, von Breuning, Treitschke Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt, Inszenierung: Herbert Föttinger Neuproduktion des Theater an der Wien MOZART-DA PONTE-TRILOGIE (semikonzertant) anlässlich des 85. Geburtstages von Nikolaus Harnoncourt LE NOZZE DI FIGARO 6. März 2014 (2 Aufführungen) DON GIOVANNI 17. März 2014 (2 Aufführungen) COSÌ FAN TUTTE 27. März 2014 (2 Aufführungen) Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, Libretti von Lorenzo Da Ponte Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt, Szenische Einrichtung: Felix Breisach Neuproduktion des Theater an der Wien
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TANZ IM MAI
Shakespeare Dances im Jubiläumsjahr des Dichters Szenen aus Shakespeare-Balletten von John Neumeier: Das Hamburg Ballett im Theater an der Wien Von Jörn Rieckhoff John Neumeier ist nicht nur einer der weltweit höchstgeehrten Choreografen – zuletzt nahm er im November 2015 den prestigeträchtigen Kyoto-Preis entgegen –, er ist auch der wohl dienstälteste Ballettintendant: Bereits seit 1973 leitet er das Hamburg Ballett. Bewusst nutzte er bedeutende Dienstjubiläen, um sich gemeinsam mit dem Hamburger Publikum einen Überblick darüber zu verschaffen, was im Laufe der Jahre erreicht wurde. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums brachte Neumeier seine Beschäftigung mit sakraler Musik in Dona nobis pacem zum Ausdruck – ein Werk, das aus Auszügen seiner drei abendfüllenden Ballette Messias, Magnificat und Requiem besteht.
Zehn Jahre später, im Jahr 2013, feierte John Neumeier sein 40-jähriges Jubiläum als Chef des Hamburg Ballett mit den Shakespeare Dances. In ihnen hat er drei seiner Ballette zu Dramen des englischen Nationaldichters zu einem einzigen Ballettabend verdichtet: Wie es Euch gefällt, Hamlet sowie VIVALDI oder Was ihr wollt. Im 400. Todesjahr von William Shakespeare, das in der ganzen Welt mit großem Aufwand begangen wird, sind die Shakespeare Dances wieder im Repertoire des Hamburg Ballett – zu erleben nicht nur an der heimischen Hamburgischen Staatsoper, sondern auch beim Gastspiel im Theater an der Wien. „Die ganze Welt ist Bühne“ – dieses berühmte Zitat aus Wie es Euch gefällt steht nicht nur am Beginn der Shakespeare Dances, sondern zieht sich als Motto durch den ganzen Abend. Für John Neumeier haben die Charaktere in Shakespeares Dramen eine außergewöhnliche Glaubwürdigkeit, die ihn immer wieder zu neuen Kreationen anregte: „Ich glaube, Shakespeare ist das größte Inspirationsreservoir für einen Choreografen … Er hat Menschen so tief erfasst, seine Figuren und ihre Beziehungen so ungeheuer komplex und stark beschrieben, dass wir sie auch ohne Worte auf der Tanzbühne verstehen.“ Ein Dichter – drei choreografische Sprachen Die Shakespeare Dances sind nicht nur ein Resümee der Beschäftigung John Neumeiers mit den Dramen Shakespeares. Sie zeigen auch auf sinnfällige Weise die Vielseitigkeit seiner choreografischen Handschrift. Den Auftakt des Ballettabends bildet mit Wie es Euch gefällt ein Verwirrspiel der Verwandlungen zur Musik von Wolfgang Amadeus Mozart. Während sich alle Intrigen und Fallstricke auf wundersame Weise zum Guten wenden, steht Hamlet als Tragödie für den Zerfall der Liebe zwischen Hamlet und Ophelia. In tänzerisch klaren Formen porträtiert John Neumeier zur Musik von Michael Tippett eine Gesellschaft am moralischen und machtpolitischen Abgrund. Der Übergang zu VIVALDI oder Was ihr wollt, dem dritten Teil der Shakespeare Dances, bedeutet eine Rückkehr zum Verwechslungsspiel der Liebe und des Geschlechtertauschs. Indem John Neumeier die
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Szene aus John Neumeiers Shakespeare-Ballett
zentralen Elemente des Dramas in seiner eigenen Phantasie neu zusammensetzt, nähert er sich gleichsam der Form einer Tanzsinfonie an: „Es ist als kenne man die Geschichte von Was ihr wollt und wollte sie jemandem erzählen, aber man erzählt sie nicht, wie sie im Buch steht, sondern wie man sie erinnert. Und nicht nur das, man erzählt sie auch aus der momentanen Stimmung heraus, in diesem Fall der Stimmung der Musik entsprechend – also nicht unbedingt von Anfang bis Ende. Die Details, die ich tänzerisch erzähle, hängen von der Musik ab.“ Drei Dramen – ein Ballettabend John Neumeier gilt als Meister des abendfüllenden Handlungsballetts. Auch wenn sich Shakespeare Dances aus mehreren Einzelballetten speist, behält er die – gleichsam „dreiaktige“ – Großform jederzeit im Blick. Besonders wichtig war es ihm, bei der Zusammenstellung der drei Ballette über Shakespeares Dramen eine gewisse Einheitlichkeit zu entwickeln, beispielsweise durch verbindende Elemente und neu geschaffene Übergänge. Die Figur des Jaques aus Wie es Euch gefällt ist in Shakespeare Dances ein träumerischer Student, der viele Rollen annimmt und durch das gesamte Werk führt. Und auch musikalisch kann sich der Zuschauer auf eine durchdachte Konzeption verlassen, wie John Neumeier erläutert: „Heute beginnen wir mit einem Stück von Vivaldi als Vorspiel. Ursprünglich fing das Ballett Wie es Euch gefällt mit Jaques an, der auf dem Boden neben seinem Fahrrad schläft, dann aufwacht und „Mozart“ sagt,
woraufhin Mozarts Flötenkonzert erklang. Das haben wir geändert. Nun setzt der erste Satz aus Vivaldis Madrigalesco-Concerto in d-Moll ein, um dem Abend einen Rahmen zu geben. Shakespeare Dances beginnt und endet mit Musik von Vivaldi.“
SHAKESPEARE DANCES Szenen aus Shakespeare-Balletten von John Neumeier Musikalische Leitung
Garrett Keast
Orchester
Wiener KammerOrchester
Hamburg Ballett WIE ES EUCH GEFÄLLT Choreographie & Inszenierung
John Neumeier
Ausstattung
Klaus Hellenstein
HAMLET Choreographie & Inszenierung
John Neumeier
Ausstattung
Klaus Hellenstein
WAS IHR WOLLT Choreographie & Inszenierung
John Neumeier
Bühne
Hans-Peter Scholder
Kostüme
Christina Engstrand
VORSTELLUNGEN Montag, 9. Mai 2016, 19:00 Uhr Dienstag, 10. Mai 2016, 19:00 Uhr Mittwoch, 11. Mai 2016, 19:00 Uhr
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OPER IM JULI
Die verlorenen Kinder Spaniens José Carreras’ Rückkehr auf die Opernbühne: El Juez von Christian Kolonovits und Angelika Messner Nicht nur in Diktaturen rauben Herrscher die Kinder ihrer Gegner oder sozial schwacher, ethnisch unerwünschter Gruppen, stecken sie in Umerziehungsheime, religiöse Internate, systemkonforme Pflegefamilien oder gleich ins Militär. Zwangsadoptionen waren und sind bei ihrer unüberbietbaren moralischen Verwerflichkeit Teil der menschlichen Geschichte, die in jeder Epoche und in nahezu jedem Land nachweisbar sind. Während der Franco-Diktatur in Spanien war der ideologisch
EL JUEZ Oper in vier Akten (2014) MUSIK VON CHRISTIAN KOLONOVITS LIBRETTO VON ANGELIKA MESSNER In spanischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung
David Giménez
Inszenierung
Emilio Sagi
Bühne
Daniel Bianco
Kostüme
Pepa Ojanguren
Licht
Eduardo Bravo
Federico Ribas, Richter
José Carreras
Alberto García, Liedermacher
José Luis Sola
Paula, Journalistin
Sabina Puértolas
Morales
Carlo Colombara
Äbtissin
Ana Ibarra
Maria | Erste Nonne
Maria José Suárez
Zweite Nonne
Itziar de Unda
Paco, Kameramann
Manel Esteve
Alte Frau
Milagros Martin
1. Mann
Thomas David Birch
2. Mann
Julian Henao Gonzalez
3. Mann
Ben Connor
4. Mann
Stefan Cerny
ORF Radio-Symphonieorchester Wien Arnold Schoenberg Chor Eine Produktion des Theater an der Wien in Kooperation mit dem Teatro Arriaga Bilbao und Kupfer Kultur & Media
VORSTELLUNGEN Samstag, 2. Juli 2016, 2016, 19:00 Uhr Dienstag, 5. Juli 2016, 2016, 19:00 Uhr
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motivierte Kinderraub bestens organisiert und wurde zu einem lukrativen Geschäft. Ärzte, Anwälte und die römisch-katholische Kirche waren darin verwickelt. Die Zahlen variieren, es wird geschätzt, dass in spanischen Geburtskliniken bis in die 1980er Jahre Zehntausende Babys verschwanden und mit gefälschten Papieren an kinderlose Paare verkauft wurden. Die genauen Zahlen sind unbekannt und Aufklärung gibt es bislang kaum. Die Kirche weigert sich bis heute, ihre Aufzeichnungen und Informationen preiszugeben. Der spanische Historiker Ricard Vinyes Ribas von der Universität Barcelona, lüftete in seinem Buch Los Niños Perdidos Del Franquismo das Geheimnis der verlorenen Kinder des Franco-Regimes. Er vermutet, dass die meisten der Entführungsopfer niemals ihre wahre Identität erfahren werden. Viele ahnen nicht einmal, dass sie überhaupt entführt worden sind. Sie leben ahnungslos unter falschem Namen, versteckt hinter einer Mauer des Schweigens. Christian Kolonovits stellt dieses dunkle Kapitel der spanischen Geschichte in den Mittelpunkt seiner vieraktigen Oper El Juez. Die Uraufführung fand im April 2014 in Bilbao statt, weitere Aufführungen bei den Tiroler Festspielen Erl und im Mariinski-Theater St. Petersburg folgten. Die Rolle des titelgebenden Richters wurde für José Carreras geschrieben, von dem auch die Anregung zur Oper kam. „Als mich José Carreras 2009 bat, über eine Oper nachzudenken,“ notiert Kolonovits, „war mir klar, dass es sich um einen Stoff handeln muss, der mit ihm und seiner Kultur zu tun hat. In der Geschichte der Verlorenen Kinder fand ich die passenden Inhalte, da auch José Carreras mit seiner Familie vor dem Franco-Regime flüchten musste. Gleichzeitig war die Arbeit an El Juez eine Aufarbeitung meiner eigenen Kindheit, bin ich doch selbst im Internat groß geworden und habe das Umfeld einer streng katholischen Erziehung hautnah kennen gelernt.“ Für Kolonovits geht es in seiner Oper um Versöhnung, „um Versöhnung des Unversöhnlichen. Es geht darum, aufeinander zuzugehen und zu verzeihen, wenn Verzeihen bereits unmöglich scheint. Ohne die eigene Vergangenheit zu versöhnen, sie aufzuarbeiten, wird eine Gesellschaft niemals fähig sein, ihre Zukunft zu gestalten.“ Das Libretto verfasste Angelika Messner, Regisseurin, Dramaturgin und Texterin mit burgenländischen
José Carreras in der Titelrolle von El Juez
Wurzeln, die bereits 2004 mit dem Komponisten für das pannonische Musical Coming Home zusammengearbeitet hat. 2009 schufen sie die bis heute erfolgreiche Oper für Kinder Antonia und der Reißteufel. In Messners Geschichte erfährt der Liedermacher Alberto García am Totenbett seiner Mutter von der Existenz eines verlorenen Bruders und macht sich auf die Suche nach ihm. In seinem Lied „Der Seidenschal“ erzählt García wie ein Kind seiner Mutter von einer Nonne entrissen wurde und in einem Kloster verschwand. Die Fernsehjournalistin Paula greift die Geschichte auf. Das mediale Aufsehen setzt in der Bevölkerung eine Bewegung gegen das Schweigen von Politik und Kirche in Gang. Die Menschen versammeln sich zu Protesten und fordern die Öffnung der kirchlichen Archive. Um das zu verhindern, wird der Richter Federico Ribas von Morales, dem Vizepräsidenten des Geheimdienstes, gedrängt, ein Dekret zu unterzeichnen, das diese Einsichtnahme untersagt. Der Richter ist selbst in einem Kloster aufgewachsen, weil seine Eltern von Aufständischen ermordet worden seien. Er empfindet Sympathie für die Anliegen der Menschen, dennoch unterschreibt er das Dekret. Der Richter und der Liedermacher treffen sich auf Vermittlung der Journalistin. Der Agent Morales intrigiert vehement, García wird selbst der Kindesentführung beschuldigt und angeschossen. Tödlich verwundet erfährt er, was für den Richter bereits zur Gewissheit wurde: Er selbst ist der gesuchte Bruder. Nach acht Jahren kehrte José Carreras in El Juez zurück ins Scheinwerferlicht. Der spanische Tenor habe bei der Premiere in der gesamten, knapp zweieinhalbstündigen Produktion „einen eindrucksvollen Beweis seiner Stimmkraft und seiner außerordentlichen Beherrschung des dramatischen Registers gegeben“ berichtete die spanische Nachrichtenagentur EFE. „Ich fühle mich glücklich, dass ich nach acht Jahren erstmals
wieder eine komplette Oper singen werde“, hatte Carreras bei der Präsentation gesagt. Der Spanier war 1987 an Leukämie erkrankt. Die Ärzte gaben ihm damals wenig Hoffnung. Carreras konnte die Krankheit nach einer Knochenmarktransplantation besiegen und gründete 1988 die Carreras-Stiftung, um Geld im Kampf gegen Leukämie zu sammeln. Nach vielen Jahren der Abstinenz war die künstlerische Rückkehr auf die Opernbühne, auf der seine Karriere begonnen hatte, eine neue Welt für den erfahrenen Sänger. „Mir geht es nach einer sehr schwierigen Phase in meinem Leben gesundheitlich großartig“, meinte Carreras vor der Premiere. Eine gesamte musikalische Entwicklung Das Werkverzeichnis von Kolonovits liest sich wie eine Auflistung musikalischer Genres. Als Arrangeur, Komponist, Dirigent, Musiker und Produzent arbeitete der Burgenländer mit den Tiger Lillies, José Feliciano, den Scorpions und nahezu allen österreichischen Liedermachern. Er bearbeitete kroatische Volkslieder, komponierte für die Wiener Symphoniker und vertonte Felix Mitterers Stück Die Weberischen über Mozarts angeheiratete Familie. Ein komplexes Werk wie eine Oper beinhaltet für Kolonovits „die gesamte musikalische Entwicklung eines Komponisten. In meinem Fall, die gesamte Klangbreite von Klassik bis Pop. So sind die Herausforderungen für Orchester und Sänger vor allem in den rhythmischen Pop-Phrasierungen zu finden. Motivische Arbeit und Arien – Konzepte verschmelzen ineinander. Natürlich habe ich mich im Kompositionsprozess auch der spanischen Folklore gewidmet und ohne sie zu imitieren, für meine Arbeit extrahiert, um sie so in die Gesamtstilistik zu transferieren. So wurde zum Beispiel der heidnische Cant de Sibylle, aus dem spanischen Mittelalter, zu einem der tragenden Leitmotive.“
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PREMIERE IN DER KAMMEROPER
Die Sehnsucht nach dem guten Leben Die Regisseurin Christiane Lutz im Gespräch über Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel Wann sind Sie zum ersten Mal mit Hänsel und Gretel in Berührung gekommen? Das Werk gilt ja gemeinhin als Einstiegsoper, war das bei Ihnen auch so? Das trifft auf mich auf jeden Fall zu. Ich komme aus Wiesbaden. Meine Eltern sind Musiker, aber mit Oper selbst hatten wir zunächst nicht so viel zu tun. Wir sind aber immer mal wieder ins Abonnement gegangen und eines Tages, ich muss ungefähr acht Jahre alt gewesen sein, haben wir uns Hänsel und Gretel angesehen. Das war eine wunderschöne, sehr traditionelle Inszenierung mit einem Knusperhäuschen und
HÄNSEL UND GRETEL Ein Märchenspiel in drei Bildern (1893) MUSIK VON ENGELBERT HUMPERDINCK LIBRETTO VON ADELHEID WETTE NACH DEM MÄRCHEN DER GEBRÜDER GRIMM KAMMERORCHESTERFASSUNG VON HELGA POGATSCHAR Musikalische Leitung
Vinzenz Praxmarer
Inszenierung
Christiane Lutz
Bühne
Christian Tabakoff
Kostüme
Natascha Maraval
Licht
Franz Tscheck
Hänsel
Jake Arditti
Gretel
Viktorija Bakan
Die Knusperhexe
Thomas David Birch
Gertrud
Natalia Kawalek
Peter, Besenbinder
Tobias Greenhalgh
Sandmännchen
Julian Henao Gonzalez
Wiener KammerOrchester
PREMIERE Donnerstag, 12. Mai 2016, 19:00 Uhr
AUFFÜHRUNGEN 14., 19., 21., 23. & 31. Mai 2016, 19:00 Uhr 3., 9. & 11. Juni 2016, 19:00 Uhr 5. Juni 2016, 16:00 Uhr
EINFÜHRUNGSMATINEE Sonntag, 8. Mai 2016, 11:00 Uhr
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einem Kinderchor voll goldgelockter Engel, liebreizend wie es nur geht. Plötzlich erkannte ich unter den Engeln einen Mitschüler wieder und war wie vom Blitz getroffen. Ich habe auf einmal verstanden, dass das auf der Bühne reale Menschen sind und dass alles „gemacht“ ist. Das war einer dieser berühmten AhaMomente. Da habe ich mir gedacht, das will ich auch. Wegen dieses Engelschors habe ich dann tatsächlich begonnen, im Kinderchor des Staatstheaters mitzuwirken, und bin als singendes Kind durch den Großteil des Repertoires gerutscht. Hänsel und Gretel war meine Einstiegsdroge. Schon der Premierentermin macht es deutlich: In der Kammeroper wird Hänsel und Gretel nicht als Weihnachtsmärchen präsentiert werden. Welche Aspekte führen in Ihren Augen über die vermeintlich harmlose Märchenoper hinaus? Dass das Werk mit der Weihnachtszeit in Verbindung gebracht wird, liegt an der Rezeptionsgeschichte und Aufführungspraxis. Es ist eigentlich eindeutig eine Sommergeschichte: Hänsel und Gretel sammeln schließlich Erdbeeren. Der Premierentermin im Mai macht es uns natürlich leichter, sich von der Ästhetik des Weihnachtsmärchens zu lösen. Mein Team und ich haben uns wahnsinnig gefreut, als uns Hänsel und Gretel angeboten wurde. Es ist ein großartiges Stück mit wunderbarer Musik und tollen Partien für die Sänger. Doch was sind eigentlich die Grundfragen dieser Geschichte? Es geht um eine in Armut lebende Familie und die große Enttäuschung der Kinder über den Verrat der Eltern, die die Kinder daraufhin auf eigene Faust handeln lässt. In dem Moment, in dem man den Idealisierungsverlust und die Ablösung von den Eltern zeigt, ist es natürlich auch eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Zudem gibt es da auch die große Verführung, die im Märchen und in der Oper mit dem Knusperhäuschen angedeutet wird. Das Häuschen war aber zu keiner Zeit realistisch gemeint. Auch als die Großmutter vor 150 Jahren dem Enkelkind am Schoß das Märchen erzählte, war es schon ein Bild für etwas. Dieser Symbolcharakter ist ja generell das Spannende an Märchen, zudem wurden immer schon die großen Fragen angesprochen – insofern ist für alle etwas drinnen.
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Heute kommt aufgrund des Fantasybooms die Sehnsucht nach Märchen möglicherweise wieder zurück. Die Oper Hänsel und Gretel verläuft aber anders als die Erzählung, wie wir sie zum Beispiel von den Brüdern Grimm kennen. Da haben Humperdinck und seine Schwester Adelheid Wette, die das Libretto verfasst hat, bereits auch ganz stark ihre Lesart mit hineingebracht und jetzt kommt unsere Lesart mit hinzu. Wie ist nun Ihre Herangehensweise an das Stück? Ich muss vor einer Inszenierung die Charaktere sehr gut kennen lernen. Nur so kann ich ihre Notwendigkeiten spüren und Plausibilität schaffen. Dann habe ich auch das Gefühl, dass ich beim Inszenieren nichts mehr falsch machen kann. Es geht ja immer um die Geschichte und nicht darum, dass ich gute Ideen habe. Die guten Ideen sehen wir nicht im Einzelnen – das ist ja kein Varieté mit tollen Zaubertricks. Wir haben uns eine Woody-Allen-artige, bizarre Figurenkonstellation überlegt, die gleichzeitig plausible Charaktere schafft. Im Vordergrund steht bei uns die Armut dieser Familie. Peter ist kein Besenbinder, sondern ein Staubsaugervertreter im Wien der 1990er Jahre. Er besitzt ein kleines Ladengeschäft am Fleischmarkt, aber es ist vom ersten Moment an klar, dass er damit kein großes Geld machen wird. Es gibt wenig zu essen, alle müssen zusammenhelfen und man bittet „Herr Gott, wirf Geld herab“. Die große Enttäuschung der Kinder über die Eltern ergibt sich nun daraus, dass sie herausfinden, dass ihre Eltern aufgehört haben daran zu glauben, dass sich alles zum Guten wenden wird, und der Vater, der bei uns sehr zwielichtig gezeigt wird, stattdessen mit zwei befreundeten Ganoven einen Coup plant. Gemeinsam wollen sie in die gegenüberliegende Bank einbrechen. Einfach böse Eltern zu zeigen, ist vollkommen uninteressant, viel interessanter ist es doch, diese große Not zu schildern, in der sich die Eltern befinden. Dadurch, dass sie versuchen ihren krummen Plan vor den Kindern zu verbergen, baut sich ein großer Druck auf, aus dem heraus zum Beispiel so etwas wie die Ohrfeige der Mutter zu Beginn der Oper passiert. Ist diese Deutung auch für Kinder geeignet? Wir wollen auf jeden Fall eine Geschichte erzählen, die man auch als Kind sehen und dabei lachen und aufgeregt sein kann. Wie oft sieht man diese Oper zum Beispiel als Missbrauchsgeschichte gedeutet. Die Hexe missbraucht die Kinder und die Hexe ist wiederum eine Spiegelung der Mutter. Unsere Geschichte ist weiterhin für Kinder und Erwachsene gedacht, auch wenn wir sie jetzt nicht als explizites Weihnachtsmärchen deuten.
Ich wollte, dass alle etwas daraus ziehen können. Da ist so viel Humor, so viel Spannung und Abenteuer drinnen. Die Gretel ist endlos mutig und wächst im Laufe der Geschichte über sich hinaus, der Hänsel ist auch sehr kühn, aber nicht ganz so reflektiert wie die Gretel. Dass Kinder nach der ersten Nacht, in der sie alleine sind und aneinander gekauert einschlafen, sich selbst quasi Eltern sind, am nächsten Morgen aufstehen und sagen: „So gut wie heute schlief ich noch nie“ ist doch ein unheimlicher Reifeschritt. Wie gehen Sie mit dem religiösen Aspekt des Werks um – vor allem mit dem Abendsegen, der sich ja als musikalisches Thema durch die gesamte Partitur zieht? Die vermeintliche Religiosität ist für mich nicht mehr als hohle Redewendungen nach dem Motto „Papa sagt immer: Wenn die Not am höchstem steigt, Gott der Herr die Hand euch reicht.“ Mit dem Abendsegen ist es so wie mit dem Knusperhäuschen. Was bedeutet das denn? Natürlich fühlen sich die Kinder, nach ihrer ersten Nacht, die sie alleine verbracht haben, ein bisschen so, als hätten die Engel sie geküsst. Wovon träume ich aber, wenn ich kein Geld und nichts zu essen habe? Wie kann man also die Sehnsucht der Kinder nach einem guten Leben beschreiben? Man muss natürlich ein Bild dafür finden und ich glaube, dass wir hierfür auch ein sehr poetisches gefunden haben.
3. KAMMEROPER KLASSIK CLUB Auszüge aus Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel Mitglieder des Jungen Ensembles Klavier: Janko Kastelic | DJ Colette Dienstag, 17. Mai 2016, 18:00 Uhr Summerstage, Roßauer Lände – Donaukanal, 1090 Wien
PORTRAITKONZERTE THOMAS DAVID BIRCH Tenor Klavier: Marcin Koziel Mittwoch, 8. Juni 2016, 19:30 Uhr Kammeroper, Fleischmarkt 24, 1010 Wien
NATALIA KAWALEK Mezzosopran Klavier: Marcin Koziel | Il giardino d’amore Dienstag, 21. Juni 2016, 19:30 Uhr Kammeroper, Fleischmarkt 24, 1010 Wien
STAGIONE #5 | 15
SAISONVORSCHAU
Die Opernwelt 2016-17 Die szenischen Produktionen der kommenden Saison im Überblick HAMLET
FALSTAFF
Mit dem dänischen Prinzen Hamlet schuf Shakespeare zwischen 1599 und 1602 eine der bis heute berühmtesten und meist gedeuteten Figuren des Theaters. Der Librettist und Dramaturg Thomas Jonigk hat für die vom Theater an der Wien in Auftrag gegebene Uraufführung dieselben Quellen verwendetet, die schon Shakespeare gekannt haben dürfte, und eine neue, operntaugliche Fassung erstellt. Die Musik schuf Anno Schreier, der mit Hamlet, einer Oper in 24 Szenen, sein siebtes Werk für das Musiktheater und seine zweite große Oper geschaffen hat. In der Inszenierung von Christof Loy wird Andrè Schuen, zuletzt als Paisiellos Figaro und in Capriccio im Theater an der Wien, die Titelrolle übernehmen. Marlis Petersen tritt als Königin Gertrud auf, ihren Gemahl Claudius gibt Bo Skovhus. Theresa Kronthaler wird sich als tragische Ophelia unglücklich verlieben, priesterlichen Beistand leistet Kurt Streit. Dirigent Michael Boder leitet das ORF RadioSymphonieorchester Wien und den Arnold Schoenberg Chor. Uraufführung am 14. September 2016
Während Shakespeare an seinem tragischen Hamlet arbeitete, schrieb er wahrscheinlich auf Wunsch der Königin auch die Komödie The Merry Wives of Windsor mit dem Lebemann Falstaff als Hauptfigur. Noch ein Jahrhundert vor Verdi feierte der Wiener Hofkapellmeister Antonio Salieri mit Falstaff ossia Le tre burle einen seiner größten Erfolg als Opernkomponist. Nach seinem gescheiterten Versuch mit einem Liebesbrief zwei verheiratete Frauen um ihr Geld zu bringen und den im Untertitel erwähnten, erfolgreichen drei Streichen der beiden Ehefrauen, kommt Falstaff bei Salieri zur Einsicht, dass er fortan keine weiteren Ehefrauen belästigen werde. Bariton Christoph Pohl als Falstaff stehen Anett Fritsch und Alex Penda als gewiefte Ehefrauen gegenüber. Maxim Mironov und Arttu Kataja geben die unglücklichen Ehemänner. Regisseur Torsten Fischer und Dirigent René Jacobs arbeiten nach Glucks Telemaco erneut zusammen. Es spielt die Akademie für Alte Musik Berlin und es singt der Arnold Schoenberg Chor. Premiere am 12. Oktober 2016
MACBETH
Andrè Schuen
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Giuseppe Verdi hat Shakespeare ein Leben lang bewundert, war sich aber stets darüber im klaren, wie schwierig sich eine Vertonung des epischen Dichters für ihn gestalten würde. Verdi sprach kein Englisch und nahm sich ausgesprochen vorsichtig des Macbeth-Stoffs an. Noch in jenen Jahren, die Verdi selbst als seine Galeerenzeit bezeichnete, in denen er um seine Anerkennung als Komponist kämpfen musste, schuf er mit seiner zehnten Oper Macbeth seiner erste Shakespeare-Vertonung, der erst vier Jahrzehnte später Otello und Falstaff, seine letzten beiden Opern, folgen sollte. Die Titelpartie des schottischen Generals werden alternierend Plácido Domingo und Roberto Frontali übernehmen und als Lady Macbeth wechseln sich Davinia Rodriguez und Carmen Giannattasio ab. Unter der musikalischen Leitung von Bertrand de Billy musizieren die Wiener Symphoniker und der Arnold Schoenberg Chor. Die Inszenierung übernimmt nach seiner Deutung von Marschners Hans Heiling im Vorjahr Intendant Roland Geyer. Premiere am 11. November 2016
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SAISON 2016–17
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DON GIOVANNI
THE FAIRY QUEEN
Anlässlich des Zehnjahresjubiläums des Theater an der Wien als neues Opernhaus wird die Don Giovanni-Inszenierung von Keith Warner aus dem Mozart-Jahr 2006 in der kommenden Saison neu einstudiert. Ein halbes Jahr nach der Uraufführung in Prag überarbeiteten Mozart und Da Ponte ihre Oper für die erste Aufführung in Wien, die auf Wunsch Kaiser Josef II. stattfand. In dieser, heute als Wiener Fassung bezeichneten Bearbeitung wurde auf das Schluss-Sextett verzichtet. Der Dämon Don Giovanni fährt direkt in die Hölle, der moralisierende Zeigefinger bleibt aus. Die musikalische Leitung übernimmt Ivor Bolton, langjähriger Chefdirigent des Mozarteum-Orchesters Salzburg. In der berühmten Titelrolle kehrt Bariton Nathan Gunn zurück an die Wienzeile, seinen Diener Leporello gibt Jonathan Lemalu. In den letzten beiden Vorstellungen zum Jahresabschluss am 28. Dezember und zu Silvester wird Erwin Schrott in der Partie des Don Giovanni zu sehen sein, der die Rolle bereits in der Neuaufnahme 2009 verkörpert hat. Premiere am 12. Dezember 2016
In einer Nacht verwirren sich die Liebesbeziehungen im Reich von Titania und Oberon, dem zerstrittenen Königspaar der Feen. In allgemeiner Enthemmung fallen die verhüllenden Masken, erst im Tageslicht können sich die Paare wieder erkennen und es scheint, als wären die nächtlichen Erlebnisse nur ein Traum gewesen. Henry Purcell erweiterte in seiner Semiopera die gesprochenen Dialoge durch Gesang und Tanz, eine englische Besonderheit des 17. Jahrhunderts, die durch die Vereinigung des elisabethanischen Dramas und der üppig ausgestatteten Masque entstanden war. The Fairy Queen ist ein Arrangement, das auf Shakespeares Sommernachtstraum basiert. Das anonyme Textbuch erschien in London im Frühjahr 1692. Die französische Regisseurin Mariame Clément inszeniert Purcells lang verschollene Semiopera in ihrer freien Deutung mit Anna Prohaska, Marie-Claude Chappuis, Kurt Streit, Rupert Charlesworth und Florian Boesch. Christophe Rousset leitet sein Ensemble Les Talens Lyriques. Premiere am 19. Jänner 2017
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PEER GYNT
TANZKLANG
Henrik Ibsen schuf mit dem dramatischen Gedicht Peer Gynt, das ursprünglich nur zur Rezitation gedacht war, den Faust des Nordens. Ibsens Werke, vor allem Peer Gynt, haben regelmäßig Komponisten zu Vertonungen angeregt. Sein norwegischer Landsmann Edvard Grieg fühlte sich als erster Komponist angesprochen und komponierte die berühmte Peer-Gynt-Suite als Schauspielmusik zum gleichnamigen Drama. Der deutsche Komponist Werner Egk schuf in den 1930er Jahren die durchkomponierte, bis heute viel diskutierte Oper Peer Gynt, die 1938 im nationalsozialistischen Berlin uraufgeführt wurde. Peter Konwitschny scheut die Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Egk nicht und inszeniert die dreiaktige Oper unter der musikalischen Leitung von Leo Hussain. Die Titelrolle übernimmt der dänische Bariton Bo Skovhus, als Solveig, die Peer Gynt letztlich rettet, steht ihm die schwedische Sopranistin Maria Bengtsson zur Seite. Es spielt das ORF Radiosymphonieorchester Wien und es singt der Arnold Schoenberg Chor. Premiere am 17. Februar 2017
Zum ersten Mal präsentiert das Norwegische Nationalballett aus Oslo zwei Tanzproduktionen im Theater an der Wien. Aus dem Fundus seiner nordischen Heimat stammt Henrik Ibsens Gespenster, in dem der norwegische Dichter die Selbstzerstörung einer Familie schildert. Georges Bizets Oper Carmen ist von der Habanera über die Seguidilla und den Fandango bis zur Malaguena voll von spanischen Tanzformen, von denen sich der Komponist, obwohl er Spanien nie besucht hat, inspirieren ließ. Das norwegische Nationalballett wiederum ließ sich von diesen Rhythmen zu einem abendfüllenden, von einem großen Orchester begleiteten Ballett anregen. Nach der Carmen-Adaption in der Kammeroper wird diese Aufführung die zweite Annäherung an Bizets packende Oper darstellen. Die Choreographie zu Gespenster stammt von der Tänzerin und Choreographin Cina Espejord, der englische Choreograph Liam Scarlett hat sich Georges Bizets Carmen zugewandt. Gespenster-Premiere am 3. April 2017 Carmen-Premiere am 8. April 2017
ELISABETTA – REGINA D’INGHILTERRA
ELEGIE FÜR JUNGE LIEBENDE
Elizabeth I., Tochter von König Henry VIII., die überraschend ihrer Halbschwester Mary I. auf den englischen Thron folgte, regierte unerwartete 45 Jahre lang, führte das Königreich einer neuen Blüte entgegen und prägte das nach ihr benannte Elisabethanische Zeitalter. Sie blieb unverheiratet und ging als jungfräuliche Königin, The Virgin Queen, und als letzte Regentin des Hauses Tudor in die Geschichte ein. Mit der romantisierenden Darstellung von Elizabeth gab Gioachino Rossini seinen Einstand als Komponist in Neapel und schuf für seine spätere Gattin Isabella Colbran eine Paraderolle. Jean-Christophe Spinosi leitet Rossinis Dramma per musica, das aufgrund seines ausgesprochen freien Umgangs mit historischen Tatsachen bis heute und vor allem in England einen schweren Stand hat. In der Inszenierung von Amélie Niermeyer übernimmt die franko-kanadische Sopranistin Alexandra Deshorties die Titelrolle als englische Königin. Beide Künstlerinnen stellen sich erstmals dem Publikum im Theater an der Wien vor. Premiere am 17. März 2017
Manie und Dämonie als Teil des Mythos vom Künstler verhandelt Hans Werner Henze in seiner Oper Elegie für junge Liebende. In einem Alpenhotel hat der berühmte Dichter Georg Mittenhofer seine Gefolgschaft um sich geschart und erhofft sich Inspiration für seine künstlerische Arbeit. Die Handlung erzählt in ihrem Kern die Entstehung des Gedichts „Elegie für junge Liebende“. Das englische Originallibretto schrieb das Dichterpaar W.H. Auden und Chester Kallman, die bereits für Igor Strawinski das Libretto zu The Rake’s Progress verfasst hatten. Henze, selbst unbeirrbarer Außenseiter, kritisiert in seiner Oper das Konzept des Künstlers als genialem Helden, der nach eigenen Regeln existieren darf. Marc Albrecht, der zuletzt Henzes Der Prinz von Homburg im Theater an der Wien musikalisch geleitet hat, arbeitet erneut mit den Wiener Symphonikern. In der Inszenierung von Keith Warner spielt Johan Reuter die Rolle des Dichters Mittenhofer. Als Entourage treten Martin Winkler, Angelika Kirchschlager und Anna Lucia Richter auf. Premiere am 2. Mai 2017
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SAISONVORSCHAU 2016/17
Oper konzertant Die Aufführungen der neuen Spielzeit im Zeitraffer Im Mittelpunkt der konzertanten Aufführungsserie der kommenden Saison stehen Opern von Monteverdi bis Salieri mit einem Schwerpunkt auf Opern des Barock. Zum Auftakt der Saison präsentiert Christophe Rousset mit seinem Ensemble Les Talens lyriques am 18. Oktober 2016 Antonio Salieris Tragédie lyrique Les Horaces, die nach ihrer erfolglosen Uraufführung in Paris in Vergessenheit geraten war und den Gründungsmythos der Stadt Rom thematisiert. Jean-Philippe Rameaus Opern waren ebenfalls lange in Vergessenheit geraten, wurden erfolgreich wiederaufgeführt und waren auch im Theater an der Wien mehrfach in erfolgreichen szenischen wie konzertanten Produktion zu sehen. In der kommenden Saison werden Ensemble und Chor Pygmalion unter der Leitung von Raphël Pichon die Tragödie Zoroastre am 16. November 2016 aufführen, die Titelpartie des Lehrmeisters der Magier übernimmt der belgische Tenor Reinoud van Mechelen. Aus dem umfangreichen Werk des mit 26 Jahren früh verstorbenen Giovanni Battista Pergolesi ragt das berühmte Stabat Mater hervor. Jan Tomas Adamus präsentiert am 16. Dezember 2016 die Oper Adriano in Siria, die Pergolesi nach einem Libretto von Metastasio zwei Jahre vor seinem Tod komponiert hat. Begleitet vom polnischen Ensemble Capella Cracoviensis übernimmt der argentinische Countertenor Franco Fagioli die Rolle des Farnaspe, die ursprünglich für den berühmten Kastraten Caffarelli gedacht war. Am 30. März kehrt das Ensemble unter Dirigent Adamus zu ihrer zweiten konzertanten Aufführung in der kommenden Saison an die Wienzeile zurück. Max Emanuel Cencic übernimmt dann die Titelrolle in Nicola Antonio Porporas Opera seria Germanico in Germania und zeigt den inneren und äußeren Kampf einer germanischen Fürstenfamilie. Robert King, der mehrfach Werke seiner britischen Landsleute Purcell und Händel im Theater an der Wien aufgeführt hat, wendet sich in der kommenden Saison Vivaldi zu. Unter seiner Leitung musizieren The King’s Consort Chor und Orchester am 25. Jänner 2017 das einzige erhaltene Oratorium Vivaldis Juditha triumphans devicta Holofernis barbarie. Malena Ernman übernimmt die Titelrolle der tapferen Judith. Da das Werk für eine Aufführung im Waisenhaus für Mädchen entstanden ist, in dem Vivaldi unterrichtete, sind auch alle übrigen
Joyce DiDonato
Partien für Frauen geschrieben. Als Holofernes hält im Theater an der Wien Marianne Beate Kielland ihren Kopf hin. Zum ersten Mal wird der italienische Violinist, Dirigent und Gründer von Europa Galante Fabio Biondi mit seinem Ensemble im Theater an der Wien auftreten und eine Oper des Spätbarock von Johann Adolph Hasse präsentieren. Der in Italien äußerst erfolgreiche deutsche Komponist schrieb das Intermezzo tragico Piramo e Tisbe für eine Aufführung in Wien, die an einem heute unbekannten Ort erfolgte. Am 28. Februar 2017 treten Vivica Genaux, Désirée Rancatore und Emanuele d’Aguanno an der Wienzeile auf. Zurück zu den Anfängen der Oper begeben sich am 22. März 2017 René Jacobs und das B’Rock Baroque Orchestra Gent mit Monteverdis Il ritorno d’Ulisse in patria. In der Titelrolle des Ulisse kehrt Stéphane Degout nach zehnjähriger Belagerung Trojas und zehnjähriger Irrfahrt ins heimatliche Ithaka zurück. Als seine Gattin Penelope wird er von Katharina Bradic erwartet und nicht erkannt. Am 12. Mai 2017 endet die Serie der konzertanten Opernaufführungen mit Händels berühmter Opera seria Ariodante. Joyce DiDonato übernimmt unter der musikalischen Leitung von Harry Bicket die Titelrolle des Ritters, in den sich die schottische Prinzessin Ginevra verliebt hat. Christiane Karg tritt als Ginevra auf, ihren Vater stellt Matthew Brook dar. Als eifersüchtiger Polinesso streut Sonia Prina Zwietracht, bis sich alles in Wohlgefallen auflöst.
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SAISONVORSCHAU 2016/17
Kleopatra, Orpheus, Mephisto Konzerte und Kabarett der kommenden Saison Am 17. September 2016 findet das erste Konzert mit dem Titel Il delirio amoroso der kommenden Saison statt und ist barocken Stücken von Händel gewidmet, dessen szenische Werke einen Stammplatz im Opernprogramm des Theater an der Wien haben. Unter der musikalischen Leitung von Emmanuelle Haïm bilden das Concerto grosso in G-Dur, die Suiten Nr. 3 und Nr. 1 aus der Wassermusik das Programm. Als Solistin interpretiert die Sopranistin Lenneke Ruiten Händels Kantate Il delirio amoroso über den Liebeswahn einer Nymphe. Am 24. September 2016 leitet Giovanni Antonini dann sein Ensemble Giardino armonico und stellt barocke Arien von Henry Purcell, Christoph Graupner, Georg Friedrich Händel oder Johann Adoph Hasse vor, die alle aus Werken stammen, in denen die afrikanischen Königinnen Dido und Kleopatra im Mittelpunkt stehen. Als Dido und Kleopatra, so der programmatische Titel des Abends, kehrt Sopranistin Anna Prohaska an die Wienzeile zurück und verkörpert die zwei starken Frauen anhand Arien aus Opern, die ein Jahrhundert Musikgeschichte abdecken. Mit der Vertonung des Orpheus-Mythos begann die Geschichte der Oper. Der Sänger als Hauptfigur eröffnete den Begründern der Gattung die Möglichkeit, eine Geschichte mit den Mitteln der Musik zu erzählen. Am 23. November 2016 rückt Andres Gabetta, Mitbegründer und Konzertmeister der Capella Gabetta, den göttlichen Sänger in den Mittelpunkt eines Konzertabends mit Mezzosopranistin Vivica Genaux und Sopranistin Sunhae Im. Das Konzert versammelt Auszüge aus bekannten Orpheus-Opern wie Christoph Willibald Glucks Orfeo ed Euridice, Nicola Antonio Porporas Orfeo, Johann Adolph Hasses Orfeo und der weniger berühmten Oper I lamenti di Orfeo von Giovanni Alberto Ristori. Die französische Dirigentin und Chorleiterin Laurence Equilbey gründete 2012 das im Großraum von Paris angesiedelte Insula Orchestra und den Chor Accentus, um ihre Vorstellung der historisch informierten Aufführungspraxis zu verwirklichen. Mit Mozarts Lucio Silla debütierte sie 2016 im Theater an der Wien, mit Haydns Die Schöpfung kehrt sie 2017 an die Wienzeile zurück. Carlus Padrissa von der katalanischen Theatergruppe La Fura dels Baus wird am 15. und am 16. Mai 2017 seine Vorstellungen und Bilder zu Haydns Schöpfungsgeschichte präsentieren. Mari Eriksmoen, Martin Mitterrutzner und Daniel Schmutzhard übernehmen die Solopartien.
Anna Prohaska
Opernführer Stefan Mickisch, bereits mehrfach im Theater an der Wien auf der Bühne und am Klavier, wird in der kommenden Saison drei Opern erläutern, die eng mit der Geschichte des Theater an der Wien verbunden sind. Am 29. Jänner 2017 wendet er sich Mozarts Die Zauberflöte zu, am 20. Februar folgt Fidelio und abschließend erläutert Mickisch am 25. März Die Fledermaus.
In der Hölle Die historischen Kabarettprogramme im Souterrain des Theater an der Wien sorgen seit sieben Jahren für ausverkaufte Vorstellungen und werden auch in der kommenden Saison nicht fehlen. Zum 110. Jubiläum des Jugendstilkabaretts „Die Hölle“ stellt Georg Wacks die Revue Mephistos Erwachen zusammen. Das eingespielte Team mit Elena Schreiber, Stefan Fleischhacker, Martin Thoma, Georg Wacks und Christoph Wagner-Trenkwitz sowie dem Ensemble „Albero Verde“ und der begleitenden Ausstellung von Marie-Theres Arnbom feiert am 2. November 2016 Premiere.
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Am Otterweg – Wohnen im Grünen Otterweg 15, 1220 Wien
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JUGEND AN DER WIEN
Wir befreien Euridice Die Angebote des Theater an der Wien für Kinder und Jugendliche in der kommenden Saison Das Vermittlungsprogramm Jugend an der Wien gibt Jugendlichen die Möglichkeit, Oper und ein Opernhaus kennen zu lernen und selbst zu entscheiden, ob sie sich dafür begeistern oder nicht. Das Programm umfasst die Schulprojekte im Theater an der Wien und in der Kammeroper, das Projekt Jugend macht Oper und erstmals in der kommenden Saison auch Kinder an der Wien. Das Theater an der Wien veranstaltet regelmäßig begleitende Schulprojekte zu aktuellen Produktionen in der Kammeroper und im Theater an der Wien. Dazu begleitend bietet Jugend an der Wien ein umfassendes wie auch kostenfreies Rahmenprogramm an, das speziell auf jede teilnehmende Klasse zugeschnitten wird. Es finden verschiedene Workshops sowie Gespräche mit an den Produktionen beteiligten Künstlerinnen und Künstler vor und nach den Proben oder den Vorstellungen statt. Im Rahmen der Jugendoper gibt es für Jugendliche einmal im Jahr die Möglichkeit, selbst auf der Bühne zu stehen und im Orchestergraben zu musizieren. Jugend macht Oper erlaubt eine individuelle Bühnenund Musikerfahrung: Die Opernproduktion von und mit Jugendlichen im Theater an der Wien bietet den Teilnehmern den Blick hinter die Kulissen und dem Publikum Oper aus einem anderen Blickwinkel. Die Jugendoper basiert kommende Saison auf dem Mythos
FAUST und arbeitet mit Musik aus verschiedenen Bearbeitungen des Fauststoffes, unter anderem von Louis Spohr, Hector Berlioz, Robert Schumann, Charles Gounod und Alfred Schnittke. Die Mitwirkenden setzen sich sowohl szenisch als auch musikalisch mit dem Fauststoff auseinander und entwickeln daraus eine neue Oper, die am 10. Mai im Theater an der Wien szenisch aufgeführt wird. Ganz neu an der Wien wird ein spezielles Programm für Kinder ab 4 Jahren angeboten: Kinder an der Wien, ein Opernerlebnis als musikalisches Abenteuer und Reise durch das Theater an der Wien nach dem Motto Wir befreien Euridice! Im ersten Projekt für Kinder an der Wien ab Jänner 2017 dreht sich alles um Orpheus und Euridice. Die Kinder und ihre Begleitpersonen werden von jungen Sängerinnen und Sängern durch die Operngeschichte und das Theater begleitet. Facebook: Jugend an der Wien ANMELDUNG & KONTAKT: Mag.a Catherine Leiter, MA Tel.: +43 (0)664 / 886 281 30 Voranmeldung Jugendprojekte: jugendanderwien@theater-wien.at Voranmeldung Kinderprojekt: kinderanderwien@theater-wien.at
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SAISONVORSCHAU 2016/17
Premierenreigen Die szenischen Produktionen und das neue Junge Ensemble des Theater an der Wien in der Kammeroper im Überblick Seit 2012 wird die traditionsreiche Spielstätte am Wiener Fleischmarkt vom Theater an der Wien mit einem eigenen Ensemble bespielt. Nach jeweils zwei Jahren endet für die Sängerinnen und Sänger ihr Engagement im Jungen Ensemble. In der fünften Saison startet ab Herbst 2016 das dritte Ensemble in zwei gemeinsame Jahre. Das zweite und letzte Jahr in der Kammeroper beginnt für den alternierend engagierten Tenor Thomas David Birch. Aus Süditalien stammt die Sopranistin Carolina Lippo, die im Konservatorium von Bologna ausgebildet wurde. Die dänische Sopranistin Frederikke Kampmann war bereits als Koloratursopranistin in der Kammeroper engagiert und ist ab kommender Saison fixes Ensemblemitglied. Als Mezzosopranistin wurde Anna Marshaniya verpflichtet, der italienische Bariton Matteo Loi und der österreichische Bass Florian Köfler übernehmen ab kommender Saison die tiefen Stimmlagen. Die neuen Sängerinnen und Sänger werden jeweils zu ihren Portraitkonzerten individuell und ausführlich präsentiert.
Premieren Zum Auftakt der Saison präsentiert die niederländische Regisseurin Lotte de Beer ihre Interpretation
Lotte de Beer
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von Verdis berühmter La Traviata. De Beer inszenierte in der Kammeroper bereits eine modernisierte Version von La bohème und erlebte mit Bizets schwierig zu deutender Oper Les pêcheurs de perles einen großen Erfolg im Theater an der Wien. In der kommenden Saison wendet sie sich Violetta und Alfredo zu, einem der berühmtesten Liebespaare der Opernliteratur nach dem Roman Die Kameliendame von Alexandre Dumas. Die Pariser Halbwelt hat von der Erkrankung der begehrtesten Kurtisane der Stadt Violetta Valéry an Schwindsucht erfahren und verfolgt morbide deren Leiden. Nur der unbedarfte Alfredo hat sich ausgerechnet in Violetta verliebt. Mit La Traviata vertonte Verdi 1853 gegen den Widerstand der Zensur den skandalträchtigen Stoff nach der historisch belegten Liebschaft zwischen der Kurtisane Marie Duplessis und Dumas. Der finnische Dirigent Kalle Kuusava übernimmt die musikalische Leitung, Premiere ist am 27. September 2016. Nach der konzertanten Aufführung von Viktor Ullmanns Der Kaiser von Atlantis, oder die Tod-Verweigerung in der Saison 2013 wird Regisseur Rainer Vierlinger unter der musikalischen Leitung von Julien Vanhoutte das Spiel in einem Akt in der Kammeroper szenisch erarbeiten und am 11. Jänner 2017 präsentieren. Im November 1941 wandelten die Nationalsozialisten Theresienstadt in ein Konzentrationslager um, das sie euphemistisch als Ghetto bezeichneten. Theresienstadt diente als Zwischenlager für die jüdische Bevölkerung des Protektorats Böhmen und Mähren vor dem Abtransport in die Vernichtungslager. Gleichzeitig sollte es aber auch als Vorzeigelager die Skepsis ausländischer Beobachter beschwichtigen und kulturelle Aktivitäten wurden eingefordert. Der Komponist Viktor Ullmann wurde 1942 Direktor für musikalische Freizeitgestaltung in Theresienstadt. Der Schönberg-Schüler schuf mit dem Dichter und Maler Petr Kien die Kammeroper Der Kaiser von Atlantis, die ursprünglich den Untertitel Der Tod dankt ab trug. Die letzte Seite der Partitur ist auf Häftlingsformularen niedergeschrieben und mit 8. November 1943 datiert. Trotz bereits begonnener Proben kam es nicht mehr zu einer Aufführung der offensichtlich auf Hitler und den Wahn der Nationalsozialisten Bezug nehmenden Oper. Viktor Ullmann wurde am 16. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert, wo er in der Gaskammer ermordet wurde.
10 JAHRE OPERNHAUS
Rubén Dubrovsky, der in der Kammeroper 2013 Händels Opera seria Orlando geleitet hat, setzt gemeinsam mit dem von ihm gegründeten Bach Consort seine Beschäftigung mit Händel fort und wendet sich dem Pasticcio Oreste zu. Die Inszenierung übernimmt der deutsche Regisseur Kay Link, die Premiere findet am 6. März 2017 statt. Nachdem Händels Pachtvertrag mit dem King’s Theatre am Haymarket nicht verlängert wurde, wandte er sich an den Theaterunternehmer und Tänzer John Rich, der mit den Einnahmen der erfolgreichen Produktion von The Beggar’s Opera das Theater am Covent Garden errichtet hatte. Aus seinen früheren Werken stellte Händel die Musik zu Oreste zusammen, als Librettovorlage diente Giovanni Gualberto Barloccis 1723 für Rom geschriebener Text, der ganz auf Orest und nicht seine ungleich bekanntere Schwester Iphigenie fokussiert. Das Werk ist mit zahlreichen Ballettszenen ausgestattet, die von der berühmten Choreographin und Tänzerin Marie Sallé und ihrer Compagnie umgesetzt wurden. Mit der Umsetzung von Florian Leopold Gassmann Gli uccellatori (Die Vogelfänger) nach Goldonis Komödie bewiesen Dirigent Stefan Gottfried, Regisseurin Jean Renshaw und Ausstatter Christof Cremer 2015 die Bühnentauglichkeit der Wiener Vorklassik. Zum Abschluss der kommenden Saison erarbeitet das kreative Dreierteam gemeinsam das Dramma giocoso La scuola de’ gelosi (Die Schule der Eifersucht) von Antonio Salieri. Die für das Teatro San Moisè in Venedig entstandene Komödie war eine von Salieris erfolgreichsten Opern und gilt als Prototyp einer Opera buffa. Die Handlung lässt zwei Paare aufeinander prallen. Ein reicher Kaufmann möchte von blinder Eifersucht geprägt seine Gattin einsperren. Ein notorisch treuloser Graf hat es natürlich auf diese Frau abgesehen, was seiner eigenen Gattin missfällt. Im turbulenten Aufeinandertreffen der zwei Paare spiegeln Salieri und Librettist Caterino Mazzolà die vielen Formen der Eifersucht.
Neues von Ivica Strauß Georg Breinschmid, Sebastian Gürtler und Tommaso Huber, zuletzt an Kontrabass, Violine und Akkordeon für die Kammeropernfassung von Bizets Carmen musikalisch verantwortlich, setzen als The Flying Schnörtzenbrekkers ihr Suche nach dem unbekannten
Strauss-Mitglied Ivivca fort. Schon traditionell tritt das Trio zu Silvester in der Kammeroper auf. In diesem Jahr machen sie sich auf die Suche nach Die Akte Ivica – Die dunklen Machenschaften der StraußDynastie. Bereits am 18. März 2017 können sie die Ergebnisse ihrer Suche präsentieren: Neues von Ivica Strauß – Auf den Spuren eines zu Recht Vergessenen.
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ENSEMBLE MAI/JUNI/JULI EL JUEZ
David Giménez (Dirigent)
Emilio Sagi (Inszenierung)
José Carreras (Federico Ribas, Richter)
José Luis Sola (Alberto García, Liedermacher)
Sabina Puértolas (Paula, Journalistin)
Carlo Colombara (Morales)
Ana Ibarra (Äbtissin)
Itziar de Unda (Zweite Nonne)
Manel Esteve (Paco, Kameramann)
Milagros Martin (Alte Frau)
Thomas David Birch (1. Mann)
Julian Henao Gonzalez Ben Connor (2. Mann) (3. Mann)
Stefan Cerny (4. Mann)
Jake Arditti (Hänsel)
Viktorija Bakan (Gretel)
Thomas David Birch (Die Knusperhexe)
Tobias Greenhalgh (Peter, Besenbinder)
Maria José Suárez (Maria, Erste Nonne)
SHAKESPEARE DANCES
Garrett Keast (Dirigent)
John Neumeier (Choreographie & Inszenierung)
HÄNSEL UND GRETEL
Vinzenz Praxmarer (Dirigent)
Christiane Lutz (Inszenierung)
Natalia Kawalek (Gertrud)
I M PR E S S U M: Theater an der Wien – Intendant Prof. DI Roland Geyer | Medieninhaber/Herausgeber: Vereinigte Bühnen Wien Ges.m.b.H. | Generaldirektor Mag. Thomas Drozda Ein Unternehmen der Wien Holding | Theater an der Wien, Linke Wienzeile 6, 1060 Wien | Tel. (+43/1) 588 30-1010 | oper@theater-wien.at | www.theater-wien.at Für den Inhalt verantwortlich: Intendant Prof. DI Roland Geyer | Redaktion: Johannes Penninger | Textbeiträge: Dr. Jörn Rieckhoff, Marie-Louise Löffelhardt | Grafik: Constanze Necˇas Theater an der Wien-Team: Karin Bohnert, Sylvia Hödl, Iska Imb, Catherine Leiter, Sabine Seisenbacher, Claudia Stobrawa, Ugo Varela, Ksenija Zadravec | Marketing & Produktion: Tina Reithofer Redaktionsschluss: 19. April 2016 | Herstellung: Johann Sandler GesmbH & Co KG, Druckereiweg 1, 3671 Marbach | Änderungen und Irrtümer vorbehalten | DVR 0518751
B I LDNAC HWE I S: Cover: Plakatsujet © beyond / André Sanchez // S. 4-9 Nikolaus Harnoncourt © Werner Kmetitsch // S. 10/11 Shakespeare Dances © Kiran West // S. 13 José Carreras © Teatro Arriaga S. 16 Andrè Schuen © Guido Werner // S. 19 Joyce DiDonato © Simon Pauly // S. 21 Anna Prohaska © Harald Hoffmann // S. 24 Lotte de Beer © Cornelie Tollens // S. 25 Kammeroper © Peter M. Mayr
Julian Henao Gonzalez (Sandmännchen)
8. MAI BIS 5. JULI 2016
10 JAHRE OPERNHAUS
Shakespeare Dances
Szenen aus Shakespeare-Balletten von John Neumeier | Hamburg Ballett Dirigent: Garrett Keast | Choreographie & Inszenierung: John Neumeier | Wiener KammerOrchester Premiere: Montag, 9. Mai 2016, 19:00 Uhr, Aufführungen: 10. & 11. Mai 2016, 19:00 Uhr Tickets: € 118 | 98 | 78 | 62 | 48 | 31 | 14
Hänsel und Gretel
Märchenspiel von Engelbert Humperdinck Dirigent: Vinzenz Praxmarer | Inszenierung: Christiane Lutz Mit dem Jungen Ensemble des Theater an der Wien | Wiener KammerOrchester Premiere: Donnerstag, 12. Mai 2016, 19:00 Uhr, Aufführungen: 14., 19., 21., 23. & 31. Mai 2016, 19:00 Uhr, 3., 9. & 11. Juni 2016, 19:00 Uhr, 5. Juni 2016, 16:00 Uhr | Tickets: € 51 | 40 | 29 | 19 Einführungsmatinee: Sonntag, 8. Mai 2016, 11:00 Uhr | Tickets: € 5 Spielort: Kammeroper, Fleischmarkt 24, 1010 Wien
Portraitkonzert Thomas David Birch
Klavier: Marcin Koziel | Mittwoch, 8. Juni 2016, 19:30 Uhr | Tickets: € 10 Spielort: Kammeroper, Fleischmarkt 24, 1010 Wien
Portraitkonzert Natalia Kawalek
Klavier: Marcin Koziel | Il giardino d’amore | Dienstag, 21. Juni 2016, 19:30 Uhr | Tickets: € 10 Spielort: Kammeroper, Fleischmarkt 24, 1010 Wien
El Juez
Oper von Christian Kolonovits Dirigent: David Giménez | Inszenierung: Emilio Sagi Mit José Carreras, José Luis Sola, Sabina Puértolas, Carlo Colombara, Ana Ibarra u.a. ORF Radio-Symphonieorchester Wien | Arnold Schoenberg Chor Premiere: Samstag, 2. Juli 2016, 19:00 Uhr, Vorstellung 5. Juli 2016, 19:00 Uhr
KARTEN
Freier Vorverkauf an der Tageskasse im Theater an der Wien und am Wien-Ticket Pavillon sowie per Telefon und Internet. Schriftliche Bestellungen: Theater an der Wien, Linke Wienzeile 6, 1060 Wien Tageskassen: Theater an der Wien: Linke Wienzeile 6, 1060 Wien | Mo-Sa 10-18 Uhr Wien-Ticket Pavillon: Karajan-Platz (neben der Staatsoper) | tägl. 10-19 Uhr Internet: www.theater-wien.at (Online-Bestellungen nur mit Kreditkarte) Ö1 Clubmitglieder erhalten für hauseigene Produktionen auf maximal zwei Karten pro Vorstellung eine Ermäßigung von 10%. Abonnement: Das Abonnementprogramm senden wir Ihnen auf Anfrage gerne kostenlos zu. Änderungen der Vorstellungszeiten, Preise, Preiskategorien, Öffnungszeiten sowie Besetzungen vorbehalten.
Kartentelefon: täglich 8 bis 20 Uhr Hauptsponsor
FÜHRUNGEN
02.05 & 04.07. jeweils 16.00 Uhr Dauer: 1 Stunde | Preis: ¤ 7.-/5.- (ermäßigt) Schulklassen: ¤ 3.- | Kinder unter 6 Jahren frei Information: +43-1-58830-2015 oder fuehrungen@theater-wien.at Vereinigte Bühnen Wien, 1060 Wien, Österr. Post AG, Sponsoring. Post, GZ 03Z034773 S, Retouren an: Postfach 555, 1008 Wien
KlangBlatt 5/2016 | DVR 0518751
Tickets: € 145 | 124 | 98 | 87 | 66 | 46 | 24