fünfzig – Das Düsseldorfer Schauspielhaus 1970 bis 2020

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Das DĂźsseldorfer Schauspielhaus 1970 bis 2020



fünfzig – Das Düsseldorfer Schauspielhaus 1970 bis 2020


Wir danken den Freunden des Düsseldorfer Schauspielhauses (fds) und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen für die freundliche Unter­stützung dieses Jubiläumsbands sowie dem Theatermuseum Düsseldorf für Beratung und Hilfe und insbesondere für die Bereitstellung zahlreicher Fotografien.


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Das Düsseldorfer Schauspielhaus 1970 bis 2020 Herausgegeben von Wilfried Schulz und Felicitas Zürcher



Inhaltsverzeichnis Happy Birthday, Düsseldorfer Schauspielhaus Wilfried Schulz I build my time Ein Vorwort 12 Robert Wilson Happy Birthday 15 Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW Under Construction Das Theater als Ort des Verweilens 18 Stadtmittelpunkt Ein Gespräch mit Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel 20 Cornelia Buchheim Möglichkeitsraum Theater 22

Theaterarchitektur für eine neue Zeit Till Briegleb Solitär, prägnant, anders Über das Düsseldorfer Schauspielhaus des Architekten Bernhard Pfau 31 Gerwin Zohlen Besuch auf der Baustelle 50 Eine gemeinsame Vision Was Architektur und Kunst zur Entwicklung einer Stadtgesellschaft beitragen können. Ein Gespräch zwischen Christoph Ingenhoven, Wilfried Schulz und Harald Welzer 58

Auf der Bühne des Düsseldorfer Schauspielhauses Martin Krumbholz Ein Streifzug durch fünfzig Jahre Theatergeschichte Das Düsseldorfer Schauspielhaus 1970–2020 66 Winrich Meiszies Vom Schauspielhaus Düsseldorf zum Düsseldorfer Schauspielhaus Das intellektuelle und ästhetische Erbe von Louise Dumont und Gustav Lindemann – Vorgeschichte I 136 Peter W. Marx Von den Anfängen und der Sehnsucht nach Anfängen Gustaf Gründgens und das neue Düsseldorfer Schauspielhaus – Vorgeschichte II 146


Stimmen, Impressionen, Splitter Was auf der Bühne geschieht, ist wahr Wolfgang Reinbacher im Gespräch mit Dorothee Krings 161 Louisa Stroux Strouxi 179 Hermann Wündrich Der Stapellauf 184 Andreas Wilink Aus Lunas Lüften Marianne Hoika gehörte 47 Jahre lang zum Düsseldorfer Ensemble. Ein Porträt 190 Und das in Düsseldorf! B. K. Tragelehn im Gespräch mit Holger Teschke 197 Volker Hesse Neue Welt 203 Zeit in der Zelle Roberto Ciulli und Helmut Schäfer im Gespräch mit Dorothea Marcus über die Anfänge des Theaters an der Ruhr am Düsseldorfer Schauspielhaus 206 Manuela Alphons Kommen. Gehen. Bleiben 212 Wer hätte hätte hätte das gedacht? Ursula Ehler im Gespräch mit Beret Evensen über die Uraufführung von Tankred Dorsts „Merlin oder Das wüste Land“ 218 Günther Beelitz Dreimal am Schauspielhaus Düsseldorf meine Lebens-Stadt oder Ist Theater die bessere Außenpolitik? 222 Stefan Fischer-Fels, Richard Isselhorst, Ute Kessler Fantasiespirale Das Junge Schauspiel: Vom Gründgens-Platz zur Münsterstraße und hinaus in die Welt 239 Stefanie Carp Man hat am Theater doch keine Freunde 246 Andreas Wilink Risse im Weltgebäude Die Theatermacher Dimiter Gotscheff und Werner Schroeter. Eine Nahaufnahme 250 Herbert Fritsch Echt sein 261 Joachim Lux Karin Beier und die Befreiung zum Spiel 264 Hans-Michael Strahl Nah dran Vom Statisten zum HNO-Arzt und Vorstand der Freunde des Düsseldorfer Schauspielhauses 270 Sönke Wortmann Optische Unterhaltung Ein Filmregisseur und die Bühne 273 Frank Raddatz Wesensfremde Menschen Einar Schleef und seine „Salome“-Inszenierung 277 Anna Badora Warten auf die Barbaren Über Völkerverständigung und Abbau von Vorurteilen mit den Mitteln des Theaters 281


Manche Augenblicke kommen nie wieder Die Theaterfotografin Sonja Rothweiler im Gespräch mit Marion Troja 287 Gosch/Schütz Übersicht in Beispielen. Eine Bildersammlung von Johannes Schütz 293 Thomas Wittmann Vorahnung Man trifft sich immer zweimal im Leben 303 Esther Hausmann Dancer in the Dark 307 Thomas Jonigk Autorenlabor Fünf Jahre Autor*innenförderung 311 Amélie Niermeyer, Christoph Lepschy Ein Blick in die Zukunft 315 Joachim Klement Offen. Für Neues. Für alle 322 Staffan Valdemar Holm Der richtige Platz 327 Falk Richter Rausch, Büchner, Zeiten des Umbruchs oder soziale Plastik 330 Roland Koberg Stockholm-Syndrom 335 André Kaczmarczyk Glamour 338 Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff Das Wunder des Düsseldorfer Exils … doch Vorsicht bei der Rückkehr 342 Patrick Schwarz-Schütte Eine Liebe auf den zweiten Blick 344 Lea Ruckpaul Das Risiko des Scheiterns Der Abend, an dem ich das Düsseldorfer Publikum kennenlernte 347 Felicitas Zürcher Umbauen Gedanken aus dem Provisorium 351

Chronik Die Premieren 1970—2020 360

und … Literatur 396 Bildnachweise 397 Impressum 399





Happy Birthday, DĂźsseldorfer Schauspielhaus


I build my time Ein Vorwort von Wilfried Schulz

Häuser werden von Menschen gebaut, Geschichte wird von Menschen gelebt und vorangetrieben, Theater von Menschen erdacht und gemacht. Jeder steht in seiner Zeit und gestaltet, bewegt und verantwortet sie gleichermaßen. I build my time. Übrigens ein Zitat von Kurt Schwitters. Dieses Buch betrachtet fünfzig Jahre Historie des Düssel­ dorfer Schauspielhauses. Am 16. Januar 1970 wurde das neue Theater, der Pfau-Bau, das Theater am Gustaf-Gründgens-Platz eröffnet. Fünfzig Jahre sind eine überschaubare, von vielen Menschen miterlebte Zeitspanne. Deshalb verfolgen wir mit diesem Jubiläumsband eine Doppelstrategie: Einerseits wird aus Wissenschaft, Theatergeschichte und -kritik analytisch auf die Geschichte geblickt, gibt es zudem eine Chronik aus Ereignissen, Namen und Bildern, andererseits erklingt ein vielstimmiger Chor aus Zeitzeugen der verschiedenen Intendanzen und künstlerischen Entwicklungen. Diese Multiperspektivität bietet die g ­ roße ­Chance, Geschichte aus Geschichten zu begreifen, und führt zu sich ergänzenden, manchmal sich widersprechenden Erzählungen. Das ist so gewollt und nicht geglättet. Es handelt sich übrigens ausschließlich um Originalbeiträge, wofür wir allen, die analysiert, erinnert, Position bezogen haben, herzlich danken. Das oft als eine große Theaterfabrik charakterisierte Haus hat viele prägnante Momente des ästhetischen und gesellschaftlichen Aufbruchs erlebt – manche gelungen, manche auch

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­ escheitert –, und es hat die Konflikte dieser Republik auf der g Suche nach sich selbst gespiegelt und thematisiert. Alles beginnt an einem Punkt heftiger gesellschaftlicher Bewegungen, Schrecken und Prägungen des Faschismus im Wirtschaftswunderland Deutschland sind noch gegenwärtig, und spannt den Bogen in eine Gegenwart, die vielen als zerrissen und von unbestimmter Perspektive erscheint. Jubiläen stehen oft als formale Fix- und forcierte Feierpunkte etwas verloren in ihrer Gegenwart. Hier und diesmal kann es anders sein. Nach fast fünfzig Jahren in diesem Haus, bei dem man sich angewöhnt hat, von einer Architekturikone zu sprechen, hat es einen Stopp gegeben, bedingt durch äußere Umstände, durch die Notwendigkeit, das Gebäude zu sanieren und zu modernisieren, und durch den großen städtebaulichen Eingriff am Gustaf-Gründgens-Platz – die Neudefinition einer Stadtmitte zwischen Konsumangebot, Finanzwirtschaft und Kunst. Die Politik, die Theatermacher und in der Folge die vielfältige Stadtgesellschaft haben grundsätzlich und radikal diskutiert, was dieses Theater leistet und wofür es in Zukunft stehen soll. Parallel dazu hat unser Theater improvisiert – mit neuen Formaten, an neuen Orten. Und diese Erprobungsphase und dieser Diskurs, oftmals eine offene Feldschlacht, haben eine Entscheidung gebracht: Das Theater ist gewollt und wird gebraucht, mitten in der Stadt, im historisch wertvollen Haus von Bernhard Pfau und es wird bau-


lich und künstlerisch weiter entwickelt. Die demonstrative positive Identifikation der Düsseldorferinnen und Düsseldorfer mit ihrem Schauspielhaus, mit der künstlerischen Geschichte des Schauspiels, mit dem gemeinsamen Ort, an dem Fragen einer ­lebenswerten Gegenwart und Zukunft verhandelt werden, mit der symbolischen Funktion des Hauses war in den letzten Monaten enorm und hat sich auch in den höchsten Besucherzahlen seit fast drei Jahrzehnten niedergeschlagen. Insofern wird aus dem Jubiläum eine Vergewisserung und ein Neustart. Es ist eine große Chance, dieses Theater in die Zukunft zu führen, künstlerisch und in seiner Bedeutung für die Stadt. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass unsere sich im Inneren verkämpfende Gesellschaft, welche Gegensätze nicht mehr aushält, den Ort der Kunst, des Nachdenkens und Nachfühlens, lebensnotwendig braucht, dass die Leistung, der Wettkampf, die Unbegrenztheit des Wachstums, die Ökonomisierung aller Lebens­ bereiche, das Verschwinden des gemeinsamen öffentlichen Raumes einen Gegenpol brauchen. Theater ermöglicht Konzentration und Reflexion. Man bezieht sich gemeinsam auf eine dritte Sache und verhandelt damit das Eigene. Kunst und gesellschaftliche Bewegungen durchdringen sich heute oft leichter, als dies im Kampf zwischen den verschiedenen politischen Positionen möglich ist. Weil Haltungen durchgespielt werden können, man nicht um jeden Preis recht haben muss, man unterschiedlichen Gedanken und Figuren folgen, sie wieder verlassen kann. Auch das Bekenntnis ist auf dem Theater ein Zitat. Und die Glaubwürdigkeit muss man in der Eigenart des Einzelnen und der hohen und bewusst gesetzten Subjektivität der Kunst suchen; sie ist nicht – wie in der Politik – existenziell mit dem Status verbunden. Theater (wie andere Räume der Kunst) kann ein Dritter Ort, ein open space in jedem Sinne sein, wenn es Menschen aus allen Teilen der Stadtgesellschaft einlädt und sensibel und offen, nicht opportunistisch, gesellschaftliche Bewegungen beobachtet, erforscht, sich spielerisch beteiligt. Wir Theatermacher leisten das nicht immer, aber wir versuchen es. Wir wissen nicht mehr als die anderen, aber auf einem Spielfeld ergeben sich manchmal Züge, die so nicht berechenbar waren. Wir sind ganz in der Gegenwart, wenn Bertolt Brechts „Leben des Galilei“ auf dem Jubiläumsspielplan steht, ein Stück über die Grenzen der Aufklärung, über die Wahrheit und ihre Durchsetzbarkeit. Vor ihm hat „Michael Kohlhaas“ nach Recht und Gerechtigkeit gefragt, „Der Kaufmann von Venedig“ nach dem Schmerz, der durch den anderen und das andere entsteht, „Gilgamesh“ nach den Ursprüngen von Individuum und Stadt, „Coriolan“ nach dem Verhältnis von Volk und Macht, Simon Stephens’ „Heisenberg“ nach der ­Würde in der Liebe, „Der Sandmann“ nach Obsession und Albtraum,

­ lfriede Jelineks „Das Licht im Kasten“ nach der Fragilität unseE rer glänzenden Oberflächen und der Lust am Selbstentwurf ... Sie alle stehen nur exemplarisch für die vielen Versuche unserer Annäherung, unserer Fragen an das Jetzt, die das Publikum teilte, die uns gemeinsam bewegten. „Under construction“ hieß für uns das Motto der letzten Spielzeiten. Man findet es auch hier gleich zu Beginn als Überschrift eines Artikels, und „Umbau“ heißt der letzte Beitrag in diesem Buch. Bau-Metaphern werden in der Kunst häufig strapaziert. Auch wenn Theaterhäuser länger bestehen als unsere Modelle und Bühnenbilder, ist ihre Funktion, ihre Technik, ihre Materialität vielfältigen Transformationen unterworfen. Kein Theater ist jemals fertig; jeden Abend, jede Spielzeit, mit jeder Intendanz wird es neu definiert und erfunden. Kunst ist unfertig, Kommunikation ein Prozess und die Menschen – auf der Bühne und im Zuschauerraum – kommen immer wieder neu zusammen. Der Architekt Bernhard Pfau hat dabei geholfen, eine menschenfreundliche, sinnliche, selbst- und zeichenbewusste Moderne zu kreieren. Er entwarf im Geist einer Zeit, die sich an historischer Schuld abarbeitete (oder sie ignorierte), und war schon bei der Eröffnung des Baus mit einem neuen kritischen Gesellschaftsbewusstsein konfrontiert, das mehr gefordert hat. Der Bau und das Theater auf der Bühne schienen auf einmal eher Isolation der Kunst, bürgerliche Hermetik und Repräsentation zu signalisieren als Aufbruch. Gustaf Gründgens, eine ­andere Düsseldorfer (und Hamburger und Berliner) Ikone, umfasst als Namensgeber eines Platzes und als seltsam verrätseltes Denkmal im Hofgarten das Haus als eine Klammer und hält – ein wenig bedrohlich, ein wenig verschämt, ein wenig überwindend, ein wenig überwunden – die Vorvergangenheit in ihrer ganzen Ambivalenz gegenwärtig. Blättert man durch dieses Buch, wird man erfahren, dass das Düsseldorfer Schauspielhaus, seit es im Januar 1970 diesen spannungsreichen Kunstbau bezogen hat, immer hochproduktiv gewesen ist und einen Großteil künstlerischer und gesellschaftlicher Entwicklung von damals bis heute abgebildet und manchmal auch vorangetrieben hat: die Kontroverse um ’68 und der Preis, der für diesen Aufbruch zu zahlen war; modellhafte Ansätze von Enthierarchisierung künstlerischer Arbeit (bei Löscher und Ciulli); politische Öffnungsarbeit im geteilten Deutschland und Europa (siehe B ­ eelitz); die Suche nach Internationalität (bei Badora und Holm); Entwürfe ästhetischer Avantgarde (Schroeter, Schleef, Gotscheff, Gosch, Rimini Protokoll und viele andere); die Selbstvergewisserung ­einer Stadtgesellschaft durch prägende, sich auf Düsseldorf einlassende Schauspielerinnen und Schauspieler (von Rein­bacher bis Hoika, von Alphons bis Pfammatter); die relativ frühe Entscheidung für Frauen in Gesamtverantwor-

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tung für das Haus (­Badora und ­Niermeyer); die Gründung eines Kinder- und Jugendtheaters, später eines partizipativen T ­ heaters, der Bürgerbühne, als Antwort auf emanzipa­tive Entwicklungen (1976 und 2016); die öffnende Kooperation mit anderen Institutionen, Freien Gruppen und Kollektiven aus den verschiedensten Bereichen; die Integration der Diskurse um Diversität und Gendergerechtigkeit in die Arbeit – und vieles mehr. Theater bauen und wieder aufbauen war im Nachkriegsdeutschland ein lebendiger Akt der Rehumanisierung. Sie entstanden schnell und flächendeckend. Heute verzweifeln Kommunen und Bundesländer, wenn die oft nicht allzu intensiv gehegten öffentlichen Immobilien einen Sanierungs- und Modernisierungs­ bedarf im hohen dreistelligen Millionenbereich, manchmal gar sich der Milliardengrenze nähernd, aufweisen. Was will die Gesellschaft sich leisten, wie wollen wir leben, was kostet die Welt, was kostet die Kunst? Blickt man nach Köln, Frankfurt, Stuttgart oder Berlin, können sich die Düsseldorfer glücklich schätzen, dass die Sanierungen und Modernisierungen, die vor zehn Jahren (im Saal und auf der Bühne) und im großen Umfang jetzt von 2016 bis 2020 (technische Infrastrukturen, Fassade, Dach, öffentliche Bereiche) getätigt wurden, weit, sehr weit darunter liegen. Die Differenz liegt in der entscheidenden Null und ist der Tatsache zu verdanken, dass der Bau von Bernhard Pfau in vieler Hinsicht zukunftsweisend war. Die Stadt Düsseldorf und das Land Nordrhein-Westfalen, unterstützt durch Institutionen des Bundes und vor allem durch eine tat- und zahlkräftige Bürgerschaft, haben die Chance ergriffen, dem Haus eine Zukunft zu geben. Gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstlern, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Theaters, mit dem Publikum, das sein Theater liebt. Dafür sind wir sehr dankbar. Es soll, lassen Sie uns anspruchsvoll denken, für die nächsten fünfzig Jahre ein gemeinsamer offener Ort für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sein. Ein Ort der Selbstverständigung einer Stadtgesellschaft. Ein Ort, der allen – und niemandem – ­gehört. Ein Ort, an dem Empathie, das Einfühlen in Rollen, das neugierige Betrachten des Anderen, das Ausprobieren dessen, was sich fremd anfühlt, das Zulassen von Differenz in Identität und Erfahrung selbstverständlich und Voraussetzung ist. Eine offene ­Bühne für alle, die unsere Gesellschaft prägen und prägen werden, die ihre Geschichten erzählen wollen und damit unsere Geschichte bestimmen. Ein Ort, der der Kunst eigen ist, dem Experiment ebenso wie dem Erinnern, wo Modelle des Zusammenlebens diskutiert werden, ein Ort der Reflexion von Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Wir alle, die in den letzten Jahren im wahrsten Sinne des Wortes viel um die Ohren hatten, begreifen diese Phase als

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­ hance eines „Umbaus“ – in innerer und äußerer Struktur. Und C es ist ein gutes Zeichen, dass – ein Jubiläumsgeschenk – Sanierung und Modernisierung des Düsseldorfer Schauspielhauses jetzt (bald) abgeschlossen sind. Sorgsam wurde mit der Architektur von Bernhard Pfau umgegangen, Farben und Materialien restauriert, der Teppich, die Säulen, tausende Quadratmeter Beton­ flächen, mit dem neuen gläsernen Eingang und der Ver­glasung zum Hofgarten eine neue Transparenz und Helligkeit geschaffen, für Zuschauer und Mitarbeiter Kassenbereich, Garderoben, Sanitärbereiche, Restauration, Barbereiche und Kantine modernisiert, die Akustik im Foyer verbessert, digitale Informationssysteme neu geschaffen, Großes und Kleines Haus behindertengerecht mit Fahrstühlen ausgestattet, eine neue kleine experimentelle Spielstätte, das Unterhaus, errichtet, Möblierungen restauriert und neu geschaffen ... Und wenn die Arbeiten zu Ende gebracht sind, wird hoffentlich auch der Gustaf-Gründgens-Platz neu gestaltet und so einladend wie noch nie vor dem Haus liegen. Ich danke allen, vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dem Ensemble, den finanziellen und den moralischen Unterstützern, den politisch verantwortlich Handelnden und natürlich den Besucherinnen und Besuchern, die diesen Transformationsprozess mitgetragen haben und mittragen. Es ist kompliziert, aber es lohnt sich. Wir laden herzlich ein in ein freundliches, offenes Haus der Kunst, das den Menschen gehört: fünfzig Jahre alt und neu zugleich. Und wir laden mit diesem Buch ein, durch die Geschichte zu schweifen und in der Gegenwart, im ­Düsseldorfer Schauspielhaus anzukommen. We build our time. PS: Bei Erscheinen dieses Jubiläumsbandes werden die Arbeiten am Haus noch nicht abgeschlossen sein. Da wir aber weder das Jubiläum verschieben wollten noch auf die Foto-Präsentation des Endzustandes des Düsseldorfer Schauspielhauses verzichten möchten, liefern wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, einen Anhang – auf Anforderung (s. Innenumschlag hinten) – nach. So soll es sein, bei aller Liebe zum Unfertigen in der Kunst ...

Wilfried Schulz, 1952 in Berlin geboren, war als Chefdramaturg am Theater Basel und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bevor er Intendant des Schauspiel Hannover (2000 bis 2009) und des Staatsschauspiel Dresden wurde (2009 bis 2016). Seit der Spielzeit 2016 / 17 leitet er das Düsseldorfer Schauspielhaus.


Happy Birthday von Robert Wilson

Robert Wilson, geboren 1941 in Waco/Texas, gilt weltweit als einer der bedeutendsten Regisseure des Gegenwartstheaters. Sein Schaffen wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Goldene Löwe der Biennale di Venezia, zwei Ubu-Preise und eine Pulitzer-Preis-Nominierung. Er ist gewähltes Mitglied der American Academy of Arts and Letters und der Akademie der Künste und trägt acht Ehrendoktortitel. Auf Long Island, ­ New York, gründete Wilson 1992 das Laboratorium Watermill Center, als dessen künstlerischer Direktor er bis heute wirkt. In Düsseldorf inszenierte Wilson „Der Sandmann“ und „Das Dschungelbuch“.




Under Construction Das Theater als Ort des Verweilens von Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW

„Das Wesen der Zeiterfahrung der Kunst ist, dass wir zu weilen medial und auch materiell geprägten Gesellschaft stellte bereits lernen“, sagt der Philosoph Hans-Georg Gadamer in seinem Es- Anfang der 1970er Jahre die institutionalisierte Kunstproduktion say „Die Aktualität des Schönen“. Das Theater ist ein Ort des vor Herausforderungen. So wundert es kaum, dass die Eröffnung kollektiven Verweilens. Es ist ein Ort des gemeinsamen Erfahrens, des Neubaus für das Schauspiel in einer lebendigen Kunststadt Fühlens, Denkens, Reflektierens, ein Ort der Sprache wie der Bil- wie Düsseldorf auch Kontroversen auslöste. Der Blick zurück zeigt: Diese Herausforderungen der der und der Klänge. Dieses Verweilen und diese Erfahrung können angenehm und beglückend, sie können aber auch irritierend und 1970er Jahre stellen sich heute neu, zugespitzt und global. Vom verwirrend oder erschütternd sein. Gadamers Satz von 1974 ver- Folkwang-Begründer Karl Ernst Osthaus stammt der Satz: „Ohne weist auf eine entscheidende Qualität der Künste und des Thea- die Mitwirkung der Kunst sind die wichtigsten Fragen des Lebens ters: die Dauer. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit und in der unlösbar.“ Das bestätigt sich heute in Zeiten, in denen KünstBilderflut des Digitalen sind die ganz analogen Orte der Kunst so lerinnen und Künstler Themen wie Klimawandel oder Migration wichtig als Räume, in denen Denken und Fühlen, Begreifen und aufgreifen. Die Kunst ist eine Expertin für das Neuland und den Umgang mit dem noch nicht Erkennbaren. Das nehmen ForNicht-Begreifen in Gemeinschaft möglich sind. Die Eröffnung des Düsseldorfer Schauspielhauses mit schung, Wissenschaft und Wirtschaft heute stark wahr. Wie also Büchners Revolutionsstück „Dantons Tod“ im Jahr 1970 provo- sieht das Theater als ein Zentrum der Stadtgesellschaft heute zierte Kontroversen. In dieser Zeit stellte sich die Frage der Kunst aus? Was muss, darf, kann es leisten? Der Blick auf fünfzig Jahre Theatergeschichte im Schauin einer gelebten Demokratie neu. Die alten Repräsentationsmuster gerieten in die Kritik. Joseph Beuys forderte: „Jeder Mensch spielhaus am Gustaf-Gründgens-Platz ist zugleich ein Blick auf ist ein Künstler“; an der Kunstakademie Düsseldorf wurden Inter- fünfzig Jahre deutsche Theatergeschichte. Viele großartige disziplinarität und Experiment mit Fluxus, Happening und dem Künstlerinnen und Künstler haben diese fünfzig Jahre am SchauBeginn der Performance großgeschrieben. Hilmar Hoffmann spielhaus geprägt, zum Beispiel Karl Heinz Stroux und Ulrich schrieb das Basiswerk der kulturellen Bildung: „Kultur für alle“. Brecht, der gleich zu Beginn Klaus Michael Grüber mit Peer Und er meinte damit: Das Beste für alle! Wie können in einer Ge- ­Raben und Eduardo Arroyo engagierte. Am Schauspielhaus arbeisellschaft, die in einer gelebten Demokratie das Recht auf kul- teten große Regisseurinnen und Regisseure wie Luc Bondy, David turelle Teilhabe verspricht, neue Formen der Kunstproduktion Mouchtar-Samorai, Michael Haneke, Einar Schleef, Karin Beier, und Kunstrezeption ermöglicht werden? Die fundamentale F ­ rage Jürgen Gosch, Amélie Niermeyer, Roberto Ciulli, Andrea Breth Schauspielerinnen nach der Veränderung der Öffentlichkeit in einer zunehmend oder Dušan David Pařízek. Herausragende ­

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garten, Schauspiel- und Dreischeibenhaus, Gustaf-Gründund Schauspieler haben hier auf der Bühne gestanden wie Rolf Hof­ Boysen, Peter Simonischek, Margit Carstensen, Manfred Z ­ apatka, gens-Platz und Innenstadt mit prägenden Bauten von Bernhard Pfau, Helmut Hentrich und Daniel Libeskind? In einer komplexen Ulrich Wildgruber oder Barbara Nüsse. Warum also hat Düsseldorf hartnäckig den Ruf einer Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahme wurde das Schauschwierigen Theaterstadt? Vielleicht liegt es daran, dass die spielhaus gemeinsam im Ensemble mit den beiden angrenzenden Stadt in diesen letzten fünfzig Jahren international als einer der Bauten von Christoph Ingenhoven mit Blick auf das fünfzigste wichtigsten Orte der zeitgenössischen Bildenden Kunst, der elek- Jubiläum zukunftstauglich gemacht. Zugleich wurde die heraustronischen Musik, von Punk, Pop, Fluxus und Performance galt. ragende denkmalgeschützte Architektur freigelegt und von den Wenn wir heute das Schauspielhaus für die nächsten fünfzig Jahre pragmatischen Überbauungen der letzten fünfzig Jahre befreit. öffnen, so sind die Herausforderungen auch vor dem Hintergrund Das Foyer wird zeitgemäß neu und zugleich im Sinne der ersten dieser Geschichte groß. Das Theater soll heute alles leisten: Re- Entwürfe von Pfau geöffnet. Es versteckt sich nicht mehr hinter Präsentation und Partizipation, Diskurs und Klassiker, Urauffüh- getönten Scheiben – ganz im Sinne der Öffnung der Kunstinstiturung und Bürgerbühne, große Formate und Experimente, Kunst tionen hin zur Stadtgesellschaft. Ich möchte zum Schluss an dieser Stelle ausdrücklich und gesellschaftliches Engagement. Nur so kann es das Publikum immer wieder neu mischen und alle in der Stadtgesellschaft er- danken: all denen, die auf, vor und hinter der Bühne in den verreichen. Das ist eine enorme Leistung, die Wilfried Schulz und gangenen Jahren unter dem Narrativ „under construction“ mutig Claudia Schmitz mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Theater in die Stadt getragen haben. Ich danke der Technik, sehr erfolgreich meistern. Es ist sicher manchmal die Quadratur den Gewerken, Einlasspersonal und Garderoben, Kasse und Verdes Kreises: Theater als Ort des Verweilens muss die Türen öff- waltung, Schauspielensemble, Dramaturgie, Regie, Öffentlichnen und zugleich Abgeschlossenheit und Konzentration bei den keitsarbeit und Intendanz. Es war eine große Herausforderung, Proben ermöglichen. Und das Theater muss – will es nachhaltig manchmal eine Zerreißprobe. Aber sie ist gelungen! Als sie den wirken – hinter der Bühne halten, was es auf der Bühne verhan- Beschluss gefasst haben, das Theater mit Zelt, Central, Bürgerdelt, kritisiert, verspricht. Das zeigen aktuell die Debatten um bühne, Café Eden, Jungem Schauspielhaus, mit Inszenierungen #MeToo, „Fair Pay“ und die Diskussionen des Ensemble-Netz- in Galerien, Museen, Kirchen, Synagogen und Moscheen auf die werks. Theater als ein Zentrum der Gesellschaft braucht nicht Stadt zugehen zu lassen, war das konsequent und mutig – und es zuletzt genau die Diskursangebote, die wir in den letzten beiden war ein großer Erfolg! Warum also ein Theater für die Stadt? Die Kunst kann Spielzeiten auch durch hochkarätige Denkerinnen und Denker wie Robert Pfaller, Herta Müller, Sascha Lobo oder Heinz Bude die Herausforderungen der Zukunft nicht alleine lösen. Aber das erfahren konnten. Die Vorträge am Sonntagmorgen vor ausver- Theater mit seiner Jahrtausende währenden Tradition brauchen kauftem Haus und teilweise mit Live-Schaltung in den Neben- wir, gerade in Zeiten von Bilderflut und Digitalität, als einen ganz raum zeigen: Menschen brauchen das Theater als Ort gelebter real gelebten analogen Ort. Mit Mut zur Zukunft. Öffentlichkeit. Wenn das Publikum nicht zum Theater kommen kann, dann muss das Theater zum Publikum gehen: Dies war der folgenreiche Beschluss, den Wilfried Schulz 2015 gemeinsam mit Stadt und Land fasste, als deutlich wurde, dass die Großbaustelle Stadtraum und der grundlegende Umbau der Landeshauptstadt Düsseldorf in ihrem Zentrum das Schauspielhaus nicht nur für Monate, sondern für Jahre verschließen würde. Alle Beteiligten beschlossen, die Not zur Tugend zu machen. Es war paradoxer- Isabel Pfeiffer-Poensgen, geboren 1954 in Aachen, ist Volljuristin. weise die erforderliche Schließung, welche eine neue Verortung Seit 1983 ist sie in der Kultur- und Wissenschaftsverwaltung tätig, der Theaterarbeit in der Stadtgesellschaft wie auch eine inter- unter anderem als Kanzlerin der Hochschule für Musik in Köln, nationale Sichtbarkeit verlangte. Die Notwendigkeit, das Theater als Beigeordnete für Kultur und Soziales der Stadt Aachen und „under construction“ zu verankern und zu öffnen, war verbun- als Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder in Berlin. Seit den mit der Frage: Wie soll die neue Mitte aussehen? Welchen Juni 2017 ist Isabel Pfeiffer-Poensgen Ministerin für Kultur und Raum bekommt die Kunst in diesem besonderen Ensemble aus Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.

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Stadtmittelpunkt Ein Gespräch mit Düsseldorfs Oberbürger­meister Thomas Geisel

Robert Koall: Wir feiern den fünfzigsten Geburtstag des Düsseldorfer ­Schauspielhauses – 1970 wurde es eröffnet. Was haben Sie gemacht 1970? Thomas Geisel: Da bin ich eingeschult worden. Beim zweiten Versuch. Ich war ja immer von der kleineren Sorte und beim ersten Mal hatte der Schulleiter noch gesagt: „Der könnte sicher schon zur Schule, aber der sieht ja aus wie vier.“

Düsseldorf hat das Glück, dass es – bei aller Unterschiedlichkeit in der Zusammensetzung seiner Stadtbevölkerung – eine Hegemonie der Anständigkeit gibt. Eine Hegemonie des zivilisierten Umgangs miteinander, eines Bürgersinns mit sozialem Urteil. Das ist eine sehr, sehr gute Sache. Und dazu trägt ein Schauspielhaus bei mit seinem Anspruch und seiner Haltung.

Wie unterschied sich das Westdeutschland des Jahres 1970 von der Republik, in der wir heute leben? Ich würde nicht sagen, damals war es besser. Es war anders. Es gab sicher manche Dinge, die man heute als furchtbar rückständig empfinden würde. Zwei sehr persönliche Beispiele: Ich durfte als Kind nicht in der Mannschaft meines katholischen Heimatvereins kicken, weil ich Protestant war. Und als wir in der Schulzeitschrift einen Homosexuellentreff vorstellten, hat das fast einen Bürgermeister seinen Posten gekostet. Andererseits war es damals ein sozial viel homogeneres Land. Die sozialen Unterschiede waren geringer. Und das sozialdemokratische Aufstiegsversprechen war greifbar. Das hat damals noch funktioniert. Das war auf eine Art fortschrittlicher als heute. Als Düsseldorf 1970 ein neues T ­ heater eröffnete, war die soziale Durchlässigkeit der Gesellschaft ein Thema. Es herrschte eine Aufbruchsstimmung, das Thema ­Reform war damals sehr positiv besetzt.

Diesen Anspruch würde ich bestätigen. Dazu auch das Anliegen, die Menschen, für die wir Theater ­machen, auf der Bühne abzubilden, ihre Themen abzubilden. Das Stichwort ist Repräsentanz, und hier besteht Aufholbedarf. Denn „das Publikum“ gibt es eigentlich nicht mehr, stattdessen eine extrem heterogene Gesellschaft, eine sehr breite Palette von Interessen, Haltungen, Fragestellungen. Wie kann man es also schaffen, in Düsseldorf im Jahr 2020, ein Theater für alle zu sein? Das ist ein Riesenthema und eine Riesenherausforderung. Natürlich sollte das Theater – schon wegen der damit verbundenen erheblichen Subventionen – demokratisch sein, will heißen: die ganze Bevölkerung ansprechen. Das allerdings ist erfahrungsgemäß einigermaßen illusorisch, selbst wenn man das Angebot noch so preiswert machen würde. Allerdings sollte sich das Theater auch nicht in erster Linie darauf verlegen, das Publikum mit erhobenem Zeigefinger zu belehren, quasi als wäre man das letzte gallische Dorf der zivilisierten Aufrechten.

Wie nehmen Sie heute das Verhältnis von Theater und Stadt wahr? Das Theater spielt heute sicherlich eine absolut große Rolle. Nicht nur in der Wahrnehmung der Stadtgesellschaft, sondern auch in dem Anspruch, sich einzumischen in den Diskurs. Natürlich ist der Anteil der Menschen, die das Angebot des Theaters aktiv wahrnehmen, immer auch nur ein Teil der gesamten Bevölkerung. Das ist ja klar. Aber so eine kulturelle Institution kann dennoch ein prägender Ort für alle sein, kann Identität stiften.

Nehmen Sie das deutsche Theater so wahr? Manchmal. Aber das Düsseldorfer Schauspielhaus bestimmt nicht. Das Angebot ist vielfältig und spricht unterschiedliche Gruppen der Düsseldorfer Stadtgesellschaft an. Dabei setzt es natürlich auch deutliche gesellschaftliche Signale, da es eben nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern in Beziehung steht zu dem Ort, an dem es sich befindet, und in Beziehung zu den gesellschaft­ lichen Themen und Reibungen, die sich dort abspielen. Und dabei muss das Theater sicherlich manchmal auch Kante zeigen.

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Vor dem Beginn der aktuellen Intendanz haben wir oft den Satz gehört, dass Düsseldorf eine höchst schwierige Stadt für das Theater sei. Können Sie sich den Satz erklären? Düsseldorf hat ein klassisches Luxusproblem: Es ist eine Metro­ pole im kleinstmöglichen Format mit nicht einmal einer Dreiviertelmillion Einwohnerinnen und Einwohnern. Trotzdem hat man selbstbewusst den Anspruch für sich, in allen Metropol-Disziplinen ganz oben mitzuspielen: im Theater, in der Oper, in der Bildenden Kunst, im Kabarett, in der Philharmonie, im Sport … Wir wollen überall vorne dabei sein. Das ist eine harte Aufgabe. Dieses Schauspielhaus war ein Schauspielhaus von nationaler, fast internationaler Bedeutung, vorübergehend waren wir in die Zweite Liga abgestiegen. Ich habe immer gesagt, dass ich an der aktuellen Intendanz ganz besonders schätze, dass sie den Anspruch hat, in der Bundesliga zu spielen – und das verbunden mit einem glaubwürdigen, großen Engagement für das Haus und einer großen Stimmigkeit von Form und Inhalt. Angesichts dessen und angesichts von weit über 200.000 verkauften Karten in den letzten Saisons würde ich sagen: Der Satz von der schwierigen Theaterstadt ist widerlegt. Im Herbst 2016, die neue Intendanz hatte gerade begonnen, haben Sie öffentlich darüber nachgedacht, das Schauspiel­haus nicht mehr für das Theater, sondern zum Beispiel als Kongresszentrum zu nutzen. Das Thema war ein politisches Thema. Mir war bewusst, wie viele Risiken die Sanierung des Theaters birgt. Dass Kosten explodieren können oder Planungen sich verzögern – und plötzlich haben Sie einen Berliner Flughafen oder eine Elbphilharmonie. Damals habe ich gesagt, auf die Nummer lasse ich mich als Oberbürgermeister nicht ein. Alle, die sagen, wir sanieren dieses Haus, müssen wissen, dass das eine Reise mit ungewissem Ausgang ist. Immer, wenn wir Ratsentscheidungen treffen, gibt es die Rubrik „Alternativen“. Und da gab es nun einmal die Frage: „Ist dieser Ort nur für ein Schauspielhaus vorstellbar?“ und „Ist ein Schauspielhaus nur an diesem Ort vorstellbar?“. Darüber musste man einmal offen reden – um dann gemeinsam einen Entschluss fassen zu können, hinter dem alle stehen und dessen Konsequenzen zu tragen alle gemeinsam bereit sind. Das ist die List der Vernunft, und sie hat gut funktioniert. Ich finde das großartig, denn der alte Gustaf-Gründgens-Platz war ein garstiger, zugiger, unbehauster Ort. Völlig weit weg. Es war nicht der Ort, an dem sich eine Stadtgesellschaft trifft. Die architektonische Vision, die dort jetzt verwirklicht wird – mit dem Ensemble aus neuem Kö-Bogen II, saniertem Schauspielhaus und dem Dreischeibenhaus – wird ein wunder­barer Stadtmittelpunkt werden.

Welche war für Sie die wichtigste Entscheidung, die in der ­Diskussion um das Schauspielhaus in den letzten Jahren ­getroffen wurde? Zwei Dinge. Erstens, dass wir gesagt haben: Wenn wir es machen, dann machen wir es richtig. Dass wir aus dem Fix-and-repairModus rausgekommen sind. Denn der führt auf lange Sicht dazu, dass unsere Kulturgebäude lieblos, verwahrlost aussehen – trotz Barrierefreiheit und zeitgemäßem Brandschutz. Und das ist das Schlimmste, dann strahlt da gar nichts. Und zweitens? Was mit zur Misere unserer Kulturbauten beigetragen hat, war, dass wir den Einrichtungen keinen festen Instandhaltungs-Etat gegeben haben. Das ist nun anders. Wir werden bald eine ­sanierte Immobilie haben und einen Etat, sie zu pflegen. Wir haben begonnen mit 1970, lassen Sie uns mit 2070 enden. Was ist Ihre Vision für diese Stadt, für dieses Theater in ­fünfzig Jahren? Einer der größten Politiker und Wissenschaftler Deutschlands war wahrscheinlich Max Weber. Der hat immer von der „Forderung des Tages“ gesprochen. Das ist mir eigentlich näher als eine Vision, denn man kann sich immer so leicht Idealzustände für Zeiten ausmalen, mit denen man nichts mehr zu tun hat. Aber eine Vorstellung habe ich natürlich. Ich glaube, Düsseldorf wird bis dahin die pulsierende Metropole im Rheinland sein. Und ich ­hoffe, dass diese Stadt immer hungrig bleibt. Dass sie nicht selbstgefällig wird. Damit Düsseldorf dieser Prozess gelingt, hat es ein Schauspielhaus. Es hat das Ohr nah am Puls der Zeit und schafft es dabei, die Fragen und Probleme einer sehr vielfältigen Stadtbevölkerung aufzugreifen und mit ihr im Austausch zu stehen. Ich wünsche mir, dass dieses Theater damit auch 2070 noch eine der Instanzen in der Stadt sein wird, die unsere Bürgerinnen und Bürger zum zivilisierten Miteinander anregt. Insofern ist es meine Vorstellung, dass sich Düsseldorf als eine Stadt des Schauspiels, als Stadt des Theaters auszeichnet.

Thomas Geisel studierte Rechts- und Politikwissenschaften in Freiburg, Genf und Washington D. C. Ab Ende der 1990er Jahre war er in der Energiewirtschaft tätig, seit 2014 ist er Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf. Das Gespräch führte Robert Koall, seit 2016 Chefdramaturg am Düsseldorfer Schauspielhaus.

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Möglichkeitsraum Theater von Cornelia Buchheim

Cornelia Buchheim, in Weimar geboren, studierte Malerei/Textile Künste an der Burg Giebichenstein in Halle. Sie war Gast in der Baukunstklasse der Kunstakademie Düsseldorf und in der Klasse Rita McBride. Sie beschäftigt sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit öffentlichen Räumen und in diesem Fall mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus.

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Theaterarchitektur fĂźr eine neue Zeit


Gustaf-Gründgens-Platz Karl Heinz Stroux, Bernhard Pfau, Friedrich Tamms vor dem Schauspielhaus Rückseite des Schauspiel­ hauses, vom Hofgarten aus gesehen

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Solitär, prägnant, anders ber das Düsseldorfer Schauspielhaus Ü des ­Architekten Bernhard Pfau von Till Briegleb

Das Jahr 1959, in dem Düsseldorf den Wettbewerb für ein neues Schauspielhaus nach zwei Jahren Vorplanung ausschrieb und Bernhard Pfau mit seinem Entwurf begann, gehört zu einer Epoche, in der das letzte Mal um wirklich mehr gestritten wurde als um Geschmacks- und Wohlfühlkriterien in der Architektur. Den Planern des Wiederaufbaus ging es um Weltanschauungen, um Lüge und Wahrheit, Vertuschung und Anklage, Abgrenzung zur Vergangenheit und Visionen einer besseren Zukunft. Es war eine „Kampfzeit“, um die etwas abgeschmackte Vokabel aus der Weimarer Republik zu benutzen, in der – wie zwischen den beiden Weltkriegen – um Richtungsentscheidungen gerungen wurde, um unversöhnliche Standpunkte. In der Rückschau wird diese Zeit der baukulturellen Glaubenskämpfe gerne so dargestellt, als wären damals Bewahrer und Erneuerer in einem ideologischen Streit aufeinandergetroffen, wobei ihre Positionen mit Verdächtigungen politischer Art assoziiert sind: Jene, die gerne die alten Stadtgrundrisse, die historischen Architektursprachen und die ramponierten Zeugnisse der Geschichte bewahren wollten, umwehte vermeintlich der Ruch der Nazi-Gesinnung. Die anderen, die wie Le Corbusier „Hurra“ angesichts der Tabula rasa des Bombenkriegs schrien und eine ganz neue, angeblich menschenfreundliche Stadt auf den abgeräumten Schutthalden errichten wollten, verklärten sich dagegen zu Demiurgen des Neuen Menschen (mit sozialistischen Fuß­ noten) und Garanten des demokratischen Gemeinwesens.

Es ist die erste Ironie des Schicksals, dass sechzig Jahre später viele Menschen den Sieg der Modernisten an fast allen Fronten schmerzlich bedauern und sich wünschen, dass damals die „Reaktionäre“ erfolgreicher gewesen wären. Denn kompakte kleinteilige Städte mit detaillierten Fassaden und einer vielfach gemischten Nutzung, wie sie uns die historisch gewachsenen Orte überliefert haben, zeigen uns – wo sie die Abrissbagger des Wiederaufbaus überdauern konnten –, was urbane Qualität ist. Die Ergebnisse des modernen Städtebaus mit ihrer reduzierten Architektursprache durften sich dagegen bis in die Dimension von Trabantenstädten steigern, ehe die Bevölkerung zu merken begann, dass der Neue Mensch mit der Isolation im Rechteck sehr unglücklich wird.

Stadtplanung und der Düsseldorfer Architektenstreit Tatsächlich war 1959, also ein Jahrzehnt nach Gründung der Bundesrepublik, die Gemengelage in Deutschland deutlich verworrener, als es die klare Frontstellung zwischen Wieder- und Neuaufbauern heute suggeriert. Im berühmten Düsseldorfer Architektenstreit um den Wiederaufbauplan der Stadt ab 1949 standen sich zwar tatsächlich ehemalige Nazifunktionäre und aus der Emigration zurückgekehrte Architekten der frühen ­Moderne

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gegenüber. Nur waren es – und das ist die zweite Ironie des Schicksals – die vielen NS-Architekten aus dem Dunstkreis Albert Speers, die mit radikalen Durchbrüchen und aufgelöster Stadtstruktur die „autogerechte Stadt“ durchgesetzt haben, die heute als das Kernprojekt der Moderne gilt (obwohl das dazugehörige Manifest diesen Titels auch aus der Feder eines Speer-Mitarbeiters aus dem NS-Wiederaufbaustab stammte, nämlich von Hans Bernhard Reichow). Die gelernten Modernen, die im Dritten Reich vor diesen Kollegen ins Ausland oder in die innere Emigration weichen mussten, entwickelten stattdessen einen konservierenden, an traditionellen Stadtqualitäten orientierten Gegenentwurf, dessen (verhinderte) Umsetzung heute als viel weiser gegolten hätte. Zwar wollten die unbelasteten Düsseldorfer Architekten stilistisch unbedingt modern bauen mit leichten, transparenten und auf das Wesentliche reduzierten Formen. Aber sie wollten die Erneuerung einbetten in charakterlich eigenständige Stadtviertel mit verkehrsberuhigten Zonen und ohne kapitale Tangenten quer durch den gewachsenen Restbestand an erhaltenen Straßen und Häusern. Tatsächlich ist die zweite Zerstörung der deutschen ­Städte durch die Nachkriegsplanung an vielen Orten ein Resultat solcher Kontinuität aus dem NS-Reich, wie in Kassel, Hamburg, Hannover oder Bochum auch. Diverse Architekten aus Albert Speers Wiederaufbaustab für das zerstörte Nachkriegsdeutschland k ­amen direkt nach Kriegsende an die Spitze deutscher Planungsämter oder zu einflussreichen Beratertätigkeiten und ­setzten die faschistischen Großplanungen des Speer-Stabs nahtlos als m ­ oderne Stadtidee um. Der einzige Unterschied bestand oft darin, dass sie ihren locker verteilten Baukörpern die Hütchen abnahmen. Statt Sattel- und Walmdächern zeigte die neue Entflechtung der kompakten alten Stadt (die für die Nazi-Ideologen eine Brutstätte des Bolschewismus gewesen war) das moderne Flachdach als Ausweis demokratischer Gesinnung.

Partnerschaft der Gegner Diese Vorgeschichte ist nicht nur wichtig für das Verständnis der Stadtgestalt Düsseldorfs und der darin abgebildeten Vermächtnisse des Tausendjährigen Reichs. Sie führt auch zu einem merkwürdigen Handlungsknoten, der sich in dem Bau des Schauspielhauses bildete. Denn die Wortführer in dem Düsseldorfer Architektenstreit waren der damalige Leiter des Stadtplanungsamtes, Friedrich Tamms, sowie der freie Architekt Bernhard Pfau. Doch nach Pfaus finalem Wettbewerbssieg durch einen

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Regierungsbeschluss im November 1961, der wegen kommunalpolitischer Ränkespiele erst im Februar 1965 endgültig besiegelt werden konnte, wurden die Endgegner beim Architektenstreit zusammengeschnürt in einer Partnerschaft für die Umsetzung dieses kühnen Entwurfs – obwohl ihre Biografien nicht gegensätzlicher hätten sein können. Tamms hatte Speer zwischen 1938 und 1945 als „Generalinspektor für die Reichshauptstadt“ gedient und stand auf Adolf Hitlers „Gottbegnadeten-Liste“ der unverzichtbaren NS-„Künstler“. Als Leiter des Stadtplanungsamtes Düsseldorf scharte er ab 1948 eine Kamarilla alter Kameraden aus Speers Stab um sich, wie Julius Schulte-Frohlinde, den Bauleiter der Deutschen Arbeits­front, oder die von Hitler protegierten Baumeister H ­ elmut Hentrich, Konstanty Gutschow, Rudolf Wolters und Hanns Dustmann, die später alle wieder große Karrieren machten – diesmal als gefeierte moderne Architekten, siehe Helmut Hentrich mit dem Dreischeibenhaus von Thyssen als Nachbar des neuen ­Theaters. In dieser außergewöhnlichen Häufung von schwer belasteten Baumeistern des Dritten Reichs sah Bernhard Pfau als Anführer der Düsseldorfer Ring-Architekten ein „Zentrum der Nazi-Prominenz“ am Werke: „Wäre es nicht besser, sich bei der neuen Gestaltung unserer Stadt jener Männer zu bedienen, die mit Hitlers Kommen emigrieren oder untergrund gehen mußten, und deren kulturpolitische Vergangenheit keine Zweifel aufkommen läßt?“, fragte der Architektenkreis um Bernhard Pfau stellvertretend für alle Kollegen, die ab 1933 die Terrorschikanen des Dritten Reichs erlitten hatten. Zwar konnten die Ring-Architekten das Wirken des NSFreundeskreises um Friedrich Tamms nicht stoppen. Dank starker politischer Unterstützung setzten Hitlers Wölfe im Schafspelz die alten Pläne zur Umwandlung der Rheinstadt in eine Gau- und Aufmarschmetropole, nun als „autogerechte Stadt“ deklariert, tatsächlich um. Aber Tamms und seine Nachkriegsgewinnler wandelten sich nach ersten Versuchen, die so auf­geräumte Stadt mit einer finsteren Säulenarchitektur im Geiste von Adolfs Adrenalin-Klassizismus neu zu bauen, rasch in blitzsaubere Miesvan-der-Rohe-Adepten. Als geschulte Opportunisten hatten sie bald erkannt, woher der internationale Stilwind wehte, um ihnen wieder volle Auftragsbücher zu bescheren. Es lässt sich in den Unterlagen zur Entstehungs­geschichte des Düsseldorfer Schauspielhauses im Archiv des Theatermuse­ ums wenig darüber finden, wie Pfau und Tamms, der als Baudezernent die technische Umsetzung des Schauspielhaus-Baus leitete, persönlich zusammengearbeitet haben. Der schriftliche Umgang ist freundlich und konstruktiv, der Ton frei von Spitzen.


Aber zehn Jahre nach Ende des Architektenstreits mag der Konsens über die Stadtentwicklung im Geist der Moderne so durchgesetzt gewesen sein, dass es keinen Grund zum Zank mehr gab.

Die Entwürfe im Wettbewerb Schließlich hatte Tamms als Vorsitzender der Jury und Betreiber des Neubauplans auch im Vorfeld schon alles getan, um sich als aufrichtiger Verfechter der neuen „funktionalistischen“ Architektur zu zeigen. Er lud Le Corbusier, Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe zum Wettbewerb ein (über deren Verflechtungen mit dem NS-Staat damals noch nicht ausführlich geforscht worden war). Allerdings sagte die heilige Trinitas der Bau­moderne aus unterschiedlichen Gründen ab, sodass von den Stars der neuen Baukunst nur Richard Neutra übrigblieb, der sich mit Bernhard Pfau und dem Hannoveraner Architekten Ernst ­Friedrich Brockmann bei dem Wettbewerb den ersten Platz teilte. Neutra erweiterte unter dem Decknamen „Sprungbrett“ das von ihm erfundene leichtfüßige Wohnhauskonzept für kalifornische Villen auf mitteleuropäische Theaterbelange und schuf eine schnell so betitelte „Supervilla“ aus zergliederten Kuben mit Flugdächern und einem weit Richtung Hofgarten kragenden Vordach. Brockmanns Entwurf mit dem rätselhaften Titel „Scheiterhaufen“ stellte sich dar als Komposition starkfarbiger Kleinformen, die sich zu einem zerklüfteten Gebirge türmten, das ein Echo des belgischen De-Stijl-Kubismus erklingen ließ. Malerischer „Festspielhügel“ als „erzgesteinähnliche Bauplastik“ lautete ein Urteil in der Presse. Und Pfaus Einreichung „Blechwand“ zeigte mit offenen weißen Metallbändern seine sofort als „feminin“ erkannten Schwungformen, die in der Realisierungsplanung ziemlich genauso umgesetzt wurden, nur – auch unter Einfluss Tamms – spiegelverkehrt. Der 27 Meter hohe Bühnenturm wurde wegen des besseren stadträumlichen Eindrucks auf die Seite des Hochhauses verlegt, der Bühnen- und Zuliefereingang am kleinen Saal auf die gegenüberliegende Seite an der Bleichstraße. Der eleganten weißen Erscheinung tat diese organisatorisch sinnvolle Änderung des Grundrisses keinen Abbruch. Erstaunlich an diesem Wettbewerb ist unter dem Gesichtspunkt der Machtverhältnisse im Nachkriegsdeutschland noch, dass von den fünf Architekten der siebenköpfigen Fachpreis-­Jury vier Karriere im Dritten Reich gemacht hatten: neben Tamms der Hannoveraner Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht, der nach dem Krieg zusammen mit dem Auschwitz-Architekten Hans Stosberg die autogerechte Stadt an der Leine umsetzte; Gerhard Weber, NS-Industriearchitekt im Büro von Herbert Rimpl, der ab 1947 im

Modell Düsseldorfer Schauspielhaus von Richard Neutra Modell Düsseldorfer Schauspielhaus von Ernst Friedrich Brockmann

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Modell Düsseldorfer ­ chauspielhaus von S Bernhard Pfau, ursprünglicher Entwurf von der Schadowstraße aus gesehen Modell Düsseldorfer ­Schauspielhaus von Bernhard Pfau, ursprünglicher Entwurf vom Hofgarten aus gesehen Wettbewerb: Friedrich Tamms mit Modell von Richard Neutra Modell Gustaf-GründgensPlatz, 1961–1967 Modell Bernhard Pfau, ausgearbeiteter Entwurf, gespiegelt Neubau Blick vom Zapphaus aus, ­Bauteil I und II, 8.3.1967 Frontalansicht, von der ­Bleichstraße aus gesehen

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Der Gustaf-Gründgens-Platz, Juni 1970 Parkplatz auf dem GustafGründgens-Platz, 1968

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Stadtplanungsamt Frankfurt für den Neuaufbau arbeitete; sowie Hans Schwippert, welcher im Dritten Reich vor allem eine Universitätskarriere gemacht hatte und nach dem Krieg zu einem der prägendsten Architekten der Bonner Republik wurde. Diese NS-Mörtel-Originale entschieden nun über drei erstplatzierte Architekten, die in eine zweite Runde geschickt wurden, von denen einer ein österreichischer Jude war, der sich in Los Angeles zum Guru der kalifornischen Eigenheim-Moderne hochgearbeitet hatte (Neutra), der zweite ein jüdischer Architekt und ehemaliger KZ-Insasse, der glücklich das Dritte Reich in seinen Grenzen überlebt hatte (Brockmann), und der dritte, Bernhard Pfau, ein Avantgardist der „Rheinischen Sezession“, der mit dem Verlust seiner jüdischen Bauherren ab 1933 zum Überleben Hangars und Luftschutzanlagen bauen musste, dann aber, nachdem er in Kriegsgefangenschaft geraten war, lieber für den Wieder­aufbau Frankreichs wirkte.

as Düsseldorfer Schauspielhaus D im Kontext des Theaterbooms Zur gesamten Entstehungszeit des Düsseldorfer Schauspielhauses, von 1959 bis 1970, waren diese Hintergründe kein einziges Mal Thema in den Medien, weswegen sie hier einmal etwas ausführlicher benannt werden. Die überlieferte journalistische ­Begleitung des sehr langen Prozesses, der elf Jahre nach Auslobung zur Eröffnung des Schauspielhauses am 16. Januar 1970 führte, kümmerte sich – wie bei solchen Projekten üblich – ent­ weder sehr kritisch um Kosten und Zeitpläne, oder, wo es ein wenig fundierter wurde, um die ästhetische und kulturelle Einordnung von Pfaus Entwurf in die Geschichte des Deutschen Theaterbooms nach dem Krieg. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung war 1960 darüber das Diktum zu lesen: „Eine Stadt ohne Theater ist keine erwachsene Stadt!“ Und diese Abwandlung eines Leitsatzes, den man früher auf die Kirche angewendet hätte, beschrieb tatsächlich recht gut den ungeheuren Eifer, mit dem die deutschen Kommunen nach der Kriegszerstörung und -beschädigung von rund hundert Theatern an die Wiederherstellung ihrer kulturellen Mitte gingen. In den zwanzig Jahren vom Kriegsende bis 1966 hatten die kriegsversehrten Städte und Gemeinden der BRD zusammen die erstaunliche Summe von 1,5 Milliarden Mark aufgebracht, um 165 neue und sanierte Stadt-, Staats- und Landestheater zu eröffnen. Als auch das Düsseldorfer Schauspielhaus – wegen seiner langen Planungs- und Bauzeit als Nachzügler des Booms – endlich

Aalto-Musiktheater Essen, Architekt Alvar Aalto Berliner Philharmonie, Architekt Hans Scharoun Musiktheater im Revier Gelsenkirchen, Architekt Werner Ruhnau Oper Bonn, Architekten Wilfried Beck-Erlang und Klaus Gessler

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Studentisches Flugblatt der PSR (Politisch-Soziale-­ Realität), 1970 „Dantons Tod“ von Georg Büchner, Regie: Karl Heinz Stroux, 1970, mit: ­Wolfgang Reichmann, Christoph ­Hofrichter, Otto Rouvel Proteste bei der Eröffnung des Düsseldorfer Schauspielhauses, 16.1.1970

fertig war, bestand also reichlich Vergleichsmaterial, um Pfaus ve-Paar wird der Stadt etwas geben, was sie bisher nicht hatte: Entwurf, der ja noch aus der Hochzeit der architektonischen Kul- einen architek­tonischen Akzent, ein Zentrum mit Charakter – für turerholung stammte, zu beurteilen. Die spektakulären Musik- Düsseldorf e­ twas völlig ungewohntes.“ Ein später Sieg von Pfau tempel von Alvar Aalto in Essen und Hans Scharoun in Berlin gegen Tamms. Oder doch nur die Versöhnung alter Gegensätze? Das unmittelbare Empfinden, mit etwas Besonderem verwurden ebenso als Qualitätsreferenz aufgerufen wie die großen nüchternen Kisten mit ihren gläsernen Foyers in Gelsenkirchen wöhnt worden zu sein, spiegelte sich jedenfalls auch in der Archi(damals überall als vorbildlicher Bau demokratischer Selbstdar- tekturkritik der Straße wider (wobei man natürlich nicht sicher stellung gepriesen), Mannheim, Berlin und Frankfurt, oder die sein kann, ob die zitierten Spitznamen in der Presse nicht doch skulpturalen Riesenapparate im Übergang zum Betonbrutalis- von pfiffigen Journalisten selbst erfunden worden sind). Die Reimus wie in Bonn oder Ulm. Trotz dieser enormen Konkurrenz he der Wortschöpfungen für den auffälligen Bau versammelte der Formen und Konzepte wurde Bernhard Pfaus wellenförmi- Naheliegendes wie „Hutschachtel“, „Kulturbunker“ und „Drehge Hausskulptur in der feuilletonistischen Beurteilung erstaun- scheibe“, Exotischeres wie „Ozeandampfer“ und „Klagemauer“, lich durchgängig als Unikat gelobt und trotz seiner deutlichen leicht Despektierliches wie „Kunstniere“, oder Anzügliches wie Anklänge an die Formensprache der fünfziger Jahre für unver- „Kurvenpalast“ und „Uns Sophie“, womit die Loren gemeint war. braucht originell erklärt. Friedrich Tamms als Hauptverantwortlicher für die städtebauliche Entwicklung Düsseldorfs nach dem Krieg aber bekam in Eröffnung mit Protesten diesem Rahmen gehörig sein Fett weg: „Endlich ist Düsseldorf aus dem tödlichen Zirkel amtlich bevormundeter Architektur Eine ganz eigene Wendung nahm die Aneignung des Gebäudes bei der Errichtung öffentlicher bzw. kultureller Gebäude aus- durch Spottworte dann durch die zeittypische Protestkultur, die gebrochen“, schrieb ein Kritiker. Und ein besonders frecher Es- an den Eröffnungstagen mit lauten Störungen des Proben- und sayist der Nachkriegszeit, Karl Günter Simon, schrieb in Christ Spielbetriebs sowie mit wirkungsmächtigem Krawall vor dem und Welt ein urkomisch süffisantes Panegyrikos über Düsseldorf ­Theater gegen den Umstand rebellierte, dass zu Intendant Karl unter der Überschrift „Deutschlands häßliche Hauptstadt“, in Heinz Stroux’ erster Inszenierung im neuen Haus – „Dantons dem er unter anderem Joseph Beuys’ berühmtes Verdikt zitierte, Tod“ mit einer großen Guillotine als Bühnenbild – ausschließlich wonach „das wichtigste an Düsseldorf seine Charakterlosigkeit“ Ehren­gäste geladen waren. In einem Flugblatt der sich bald ­wieder sei, um dann über Hentrichs Hoch- und Pfaus Schauspielhaus ausdünnenden Düsseldorfer Kulturrevolution, deren Kernzelle als etwas wirklich Großem zu sagen: „Dieses Kanten-und-Kur- aus der aktionistischen „Lidl-Akademie“ von Jörg ­Immendorff

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Karl Heinz Stroux in seinem neuen Büro, Rheinische Post, 10.1.1970 Multiperspektivisches Theater, Drei Zeichnungen von Werner Ruhnau, 1959, Universität Leipzig: als Guckkastentheater, als beliebige Spielsituation, als Raumtheater Totaltheater Erwin Piscator / Walter Gropius 1934

bestand, wurde der „bürgerliche“ Prachtbau als „Literaturbordell“ und „Betonpfannekuchen mit Schießscharten“ geschmäht, um dann zu empfehlen, ihn unverzüglich in eine Nerven­heilanstalt umzuwandeln oder mit Handgranaten unbrauchbar zu ­machen. Doch die neuen kulturpolitischen Fronten in der Post68er-Ära zur Zeit der Kanzlerschaft Willy Brandts waren in nichts vergleichbar mit der Nachkriegszeit und ihrem Aufeinandertreffen von Tätern und Opfern. Die pseudomarxistischen Dada-Einsprüche wurden recht entspannt als lediglich lästig behandelt oder amüsiert beschrieben, wenn in der Lokalpresse zur Gala-Premiere die Damen in ihren Abendkleidern gezeigt wurden, wie sie wegen der Demonstration unter Polizeischutz durch die Tiefgarage zu ihren Plätzen laufen mussten. Details lieferten den hämischen Kritikern Argumente, die mehr trafen als die antibürgerlichen Anwürfe, der Neubau ­würde nur die „elitäre Abkapselung der bürgerlichen Kultur signalisieren“: Etwa die „Küchengardinen“ vor der „spießig wirkenden Reihe kleinteiliger Fenster“ in der schönen „Unendlichkeit“ der weißen Fassade, der Intendanten-Aufzug, der aus der Tiefgarage direkt in die „Befehlszentrale“ von Stroux’ Büro führte, oder der portugiesische rote Marmor im Foyer, der als „so neureich wie mancher Düsseldorfer“ verhöhnt wurde. Auch über die Probleme des Mobiliars machte sich die Öffentlichkeit Gedanken. Wie ­heute bei einem Zaha-Hadid-Gebäude fragten sich Kommentatoren, ob man in dem schwungvollen Gemäuer konvexe Schreibtische und konkave Schränke brauche.

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Modernste Technik Worüber sich aber alle Kommentatoren und Kommentatorinnen nur beglückt äußern konnten, das war die „Orgie von Technik“, die ihnen in den Innereien des Betriebs vom technischen Direktor Willi Ehle präsentiert wurde und die manchen dazu animierte, gleich vom „modernsten Schauspielhaus“ überhaupt zu schwärmen. Eine Drehbühne von 18,3 Metern Durchmesser mit vier kippbaren Hubböden, die sich 3 Meter heben und senken lassen, befreite Fantasien von dynamischen Bühnenbildern mit überwältigender Wirkung – was in Düsseldorf besonders erregend wirkte, da Gustaf Gründgens und sein Nachfolger Karl Heinz Stroux im provisorischen Vorgängerbau, der sogenannten „Scheune“ im alten Operettenhaus an der Jahnstraße, im Einheitsbühnenbild spielen mussten. Manche damals als neuester Schrei gepriesene Erfindung wie die Lochkartenautomatik für die Lichtpultsteuerung wirken heutzutage eher possierlich, waren aber 1970 so multioptional, dass das System bei einer Generalprobe zum Eröffnungswochenende bereits nach 15 Minuten versagte. Die Automatik sei „durcheinandergeraten“, hieß es verschämt zum Ausfall bei den „­Bacchantinnen“. Auch ästhetisch erscheint die „Orgie von Technik“ rückblickend eher skurril, sah der alte Regieraum für die neue „Drehscheibe des Welttheaters“ doch eher aus wie die Kommandozentrale eines russischen Atomkraftwerks, konnte aber eine „Lichtleistung von 15.000 Autoscheinwerfern“ erzeugen, wie die


Lokalpresse stolz vermeldete. Und so schrieb 1970 ein entflammter Technikfreund über die vier Millionen Meter Leitungen, drei Fernsehkameras in dem „demokratischen“ Zuschauerraum ohne Ränge und Logen, sowie über die beweglichen Optionen, die die enorme Bühne von rund 500 Quadratmetern plus Orchestergraben für 60 Musiker böten: „Die wahren Phantasten am Theater sind nicht mehr die Dramatiker, sondern die Bühnentechniker.“

Auslaufmodell Guckkastenbühne? Eine echte Kontroverse entzündete sich dagegen an der Frage, ob die funktionelle Organisation des Neubaus eigentlich noch „zeitgemäß“ sei. Denn das Große Haus als klassische Guckkastenbühne schien manchem Kritiker in dieser Umbruchszeit der kulturellen Experimente und in Konkurrenz zu den neuen, aufregenden Schwesterdisziplinen freies Theater, Performance und Happening als überholte Gussform für eine ausgebackene Kunst. Mit Joseph Beuys’ Erfindung eines neuen Kulturbegriffs an der Kunstakademie in unmittelbarer Nachbarschaft im Hinterkopf, bemängelten Kritiker das Ende der fünfziger Jahre b ­ eschlossene Programm für ein klassisches Schauspielhaus (und dann auch noch ohne Werkstätten und Proberäume) als wenig zukunftsweisend. Mancher stellte gleich grundsätzlich monofunktionale Sprechtheater-Gebäude als historisch überkommen infrage. Ein großer Saal mit fester Bestuhlung für 1038 Zuschauer und einer klar gesetzten Vierten Wand zwischen Bühnen- und ­Zuschauerraum im Gegensatz zu einer kleinen Experimentierbühne ohne definierte Bühnensituation, aber für maximal 309 Zuschauer schien manchem Begutachter als genau verkehrt herum proportioniert. Erinnert wurde an die großen (meist ungebauten) Visionen des europäischen Avantgardetheaters wie Walter Gropius’ „Totaltheater“ für Erwin Piscator, das „Vollsichttheater“ von Werner Harting oder das „Multiperspektivische Theater“ von Werner Ruhnau, dem Architekten des Gelsenkirchener Vorzeigebaus. Aber auch „progressive Universaltheater“-Ideen aus den USA, also Mehrzweckhallen, erschienen plötzlich als viel tauglicher für die neue Zeit. Der weiße Pfau bekam die Anmutung, „Restauration“ eines überkommenen Spielbetriebs zu sein. Zwar verteidigte der experimentelle Star-Autor Eugène Ionesco höchstpersönlich den Neubau des Schauspielhauses ­ gegen solche visionären Ideen mit dem etwas kryptischen Satz, „eine neue Architektur macht nicht die alte krank“. Aber zu dem leichten Unbehagen, für 39,45 Millionen Mark (und damit 8 Millionen Mark teurer als geplant) vielleicht ein Haus bekommen zu haben, das zu den performativen Kunstformen der Gegen-

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Düsseldorfer Schauspielhaus, Zuschauerraum Großes Haus Grünes Gewölbe, Tonhalle Düsseldorf, Architekt Wilhelm Kreis Düsseldorfer Schauspielhaus, Kleines Haus Jacques Polieris Idee für ein Kugeltheater: scène sferic

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wart und Zukunft passt wie eine eiserne Jungfrau, kam nun auch noch Kritik an der künstlerischen Ausstattung. Denn der Düssel­ dorfer Akademieprofessor Günter Grote, ein persönlicher Freund Bernhard Pfaus, hatte den Auftrag zur Dekoration von Foyer und Eisernem Vorhang erhalten, galt 1970 aber längst als klassischer Nachkriegsabstrakter, dessen schlichte Formensprache komplett aus der Mode gekommen war. Dass Grote auch einer der Mitinitiatoren des A ­nti-­ Beuys-Manifestes im November 1968 an der Kunstakademie gewesen war, stimmte die zeitgenössischen Kritiker sicherlich auch nicht milder, als sie dessen wulstige Plexiglasblasen bei den Garde­roben, das simple Goldmosaik auf dem Wandelgang und die Wiederholung dieser Ornamente auf dem Eisernen Vorhang beurteilten. Eine „verquetschte unglückliche Kunstbemühung“ nannte Peter M. Bode den Wandschmuck in der Süddeutschen Zeitung, die „der Architektur nur schadet“, und schickte im Geist anti-elitärer Gesinnung des Post-68er hinterher: „Ich begreife nicht, daß sich mit dem Theater noch immer das inständige ­Bedürfnis nach überflüssigem Luxus verbindet.“ Tatsächlich erscheint das Düsseldorfer Schauspielhaus mit dem Abstand von fünf Jahrzehnten betrachtet heute weder wie eine überkandidelte Selbstdarstellungs-Operette neureicher Düsseldorfer noch als Funktionsruine eines überkommenen Kunstbegriffs. Vielmehr ist Bernhard Pfaus genialer Entwurf durch die wechselnden Kulturepochen hindurch solitär geblieben, prägnant, anders und immer noch optimistisch beswingt. Seine gewagte weiche Form der musikalisch (oder feminin) geschwungenen Teller und Töpfe muss heute vielmehr als Vorgriff auf die skulpturale Architektur des 21. Jahrhunderts gelten, die den immer noch vorherrschenden Rechteckzwang der neuen Moderne in ausgewählten Kulturbauten mit weichen Formen relativiert – man denke an die Universitätsbibliothek von Herzog & de ­Meuron in Cottbus oder die dynamischen Entwürfe von Zaha Hadid, S ­ antiago Calatrava, Ben van Berkel oder Frank O. Gehry.

Quellen und Vorbilder des Pfau-Baus Die gestalterische Freiheit des 1959 bereits 57-jährigen Architekten Bernhard Pfau steht natürlich selbst auch nicht ohne Quellen in der Geschichte. Der Mut zum architektonischen Hüftschwung, mit dem Pfau die Geschosse tanzen ließ, wäre kaum ohne das Vorbild von Emil Fahrenkamps berühmtem Shell-Haus in B ­ erlin entstanden. Die weiß-gewellten horizontalen Frontkaskaden dieses Bürogebäudes am Landwehrkanal entstanden Ende der Zwanziger in Fahrenkamps Düsseldorfer Büro, wo Bernhard Pfau

ab 1926 als Zeichner arbeitete und Fahrenkamps bekanntestes Gebäude auch als sein bestes lobte. Fahrenkamp, der spätere Intimus des Goebbels- und Göring-Kreises, der ab 1937 die Düsseldorfer Kunstakademie ­ leitete, war wiederum Schüler von Wilhelm Kreis, der stark protegiert von Albert Speer im Dritten Reich Gauforen und Teile der „Welthauptstadt Germania“ entwarf und 1938 Reichskultur­ senator wurde. Aber Kreis hatte in Düsseldorf mit der 1926 eröffneten Rheinhalle (der heutigen Tonhalle) auch einen Tempel des Backsteinexpressionismus geschaffen, der sich kaum verhohlen im neuen Schauspielhaus zitiert findet. Legt man Bilder des Grünen Gewölbes der Tonhalle neben Perspektiven des Zuschauerraums von Pfaus Großem Haus von der Bühne aus, mag man glauben, dass beide zeitgleich am selben Zeichentischen entstanden sind. Pfaus metrisch gestaffeltes Gewölbe in fünfzig dunklen Lamellen aus Vogelaugenahorn folgt sowohl rhythmisch wie tonal denselben Entwurfsgesetzen wie die Vorhalle in dem einst als Planetarium konzipierten Kuppelbau am Rhein. Doch neben diesen beiden Referenzen zu Vorkriegsbauten späterer „NS-Prominenz“ bezog Pfau sich bei seiner Entwurfsarbeit namentlich auf deutlich unbelastetere Vorbilder. Tatsächlich ging Pfau anfänglich von der Idee eines KugelTheaters als klarstem Kontrast zu den drei vertikalen Scheiben des 1960 fertiggestellten Thyssen-Hauses aus und beschäftigte sich mit den Ideen des französischen Regisseurs Jacques Polieri für einen sphärischen Theaterraum in Blasenform. Pfau wollte nicht einfach Tamms’ Programmvorgabe einer klassischen Guck-

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Kalita Humphreys Theater, Architekt Frank Lloyd Wright Guggenheim Museum New York, Architekt Frank Lloyd Wright Universitätsbibliothek Cottbus-Senftenberg, Archi­ tekten Herzog & de Meuron Shell-Haus Berlin, Architekt Emil Fahrenkamp

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kastenbühne erfüllen. Er suchte nach innovativeren Lösungen, fragte Schauspieler nach ihren Wünschen und Regisseure des politischen und sozialen Theaters der Weimarer Republik um Rat. Aber die meisten wollten einfach einen großen „Spielraum“, brauchbar für „alle Arten von Stücken, von Sophokles bis Ionesco“. Und schließlich riet ihm selbst Mr. Totaltheater, Erwin Piscator, der zu dieser Zeit die Berliner Volksbühne leitete, zur guten alten Frontalbespielung. Deswegen übertrug Pfau seine Ideen einer fortschrittlichen Bühnenkonzeption lediglich auf das ­Kleine Haus, wo ohne feste Bestuhlung diverse Spielsituationen von „Arena-Theater“ bis „Zirkus“ möglich seien. Nachdem er seine ursprüngliche Entwurfsgemeinschaft mit Paul Schneider-Esleben wegen unterschiedlicher Konzeptideen aufgelöst hatte und beide separat zum Wettbewerb antraten, orientierte sich Pfau an vielen berühmten Baumeistern einer eigenwilligen Moderne als Inspiration. Am sichtbarsten ist heute noch das Vorbild Frank Lloyd Wright, der gleich mit drei seiner Bauten wohl maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des finalen Entwurfs nahm. Das weiße, wenn auch viel kubischere Kalita Humphreys Theatre, das 1959 in Dallas eröffnet wurde, verbindet sich mit Wrights Entwurf für das New Yorker Guggenheim Museum, das ebenfalls 1959 eröffnet wurde, fruchtbar zu dem weißen Enkel in Düsseldorf, während Wrights ebenfalls außen gerundetes ­Johnson Wax Headquarters von 1939 mit den berühmten Pilzsäulen vermutlich Pate gestanden hat für das Foyerbild mit der prägnanten lamellenförmigen Stützkonstruktion, die den Zuschauersaal trägt. Im Detail wurde dieser palmenförmige Sichtbetonfächer, der sogleich den Spitznamen „Zementpilz“ erhielt, dann vermutlich vom italienischen Tragwerkskünstler Pier Luigi Nervi beeinflusst. Und die ursprüngliche Inspiration für die Außenfenster mit ihren abgerundeten Ecken ist nach dem Zeugnis des Pfau-Biografen Julius Niederwöhrmeier dem französischen Leichtbauingenieur Jean Prouvé zu verdanken, den Pfau als „ganz fortschrittlichen Mann“ verehrte. Es lassen sich noch andere Baumeister anführen, die Einfluss auf Bernhard Pfaus Gestaltungsideen genommen haben, von Hans Poelzig zu Oscar Niemeyer. Aber das Genie dieses Theaterschöpfers lag eben darin, dass weder damals noch heute diese Verweise als unmittelbare Assoziation zitiert werden, wenn man über das Gebäude spricht. Aus dem intensiven Studium, das Pfau mit einer dicken Materialmappe über Theaterarchitektur vor dem Entwurf betrieben hatte, entwickelte er eine historisch fundierte Neuschöpfung mit der Aura des noch nie Dagewesenen.


Schattenseiten des lichten Baus Aber auch die Lichtkörper der Architektur haben ihre Schatten­ seiten, manchmal sogar absichtlich. Der Suggestion einer „schwebenden“ Architektur, die in der Nachkriegszeit ein beliebtes Thema war und durch gläserne Sockelzonen und aufgeständerte Gebäude erzeugt werden sollte, war auch Bernhard Pfau verfallen. Indem er die Erdgeschosszone des Gebäudes einrückte und dunkel verglaste, wollte er eine „Schattenfuge“ erzeugen, die den massiven Bau vom Boden abhebt und ihm zauberhafte Leichtigkeit verleiht. Der Nebeneffekt dieses Sonnenbrillenbands rund um das Theater war die immer wieder bemängelte Intransparenz des Hauses, die man von innen wie von außen empfand. Und auch eine andere verbindend und einladend gemeinte Geste Pfaus entpuppte sich in der Praxis als konkret blockierend. Die Passage durch das Gebäude vom Gustaf-Gründgens-Platz – der damals noch Jan-Wellem-Platz hieß – zum Hofgarten verstärkte die Trennung zwischen Großem und Kleinen Haus, die durch diesen Schnitt durchs Gebäude kein gemeinsames Foyer teilen konnten. Viele Besucher empfanden das Schauspielhaus sogar als Hülle für zwei unterschiedliche Bühnen – was unter manchen Intendanzen dadurch zementiert wurde, dass sich der Spielplan für das Große Haus den Großbürgern, für das Kleine Haus den Kleinen, Jungen und Studenten widmete. Und dabei hatte Pfau in seinen Überlegungen zu einem innovativen Theater sogar eine Konzeption erdacht, nach der die Hinterbühnen der Häuser verbunden waren, sodass – die verrückte Idee – ein Schauspieler an einem Abend auf beiden Seiten auftreten könnte. Mit anderen Vorschlägen, die langjährige Probleme des Theaters vielleicht hätten beheben können, scheiterte Pfau dagegen. Weil er sich als Theatergänger immer über die Staus an der Garderobe geärgert hatte, erfand er ein flüssig organisiertes Raumsystem für die Mäntelbewegung, die Tamms aber ab­lehnte. Und für den großen Jan-Wellem-Platz vor dem Theater, der in seiner gepflasterten und zugigen Leere in fünfzig Jahren nie zu einem Aufenthaltsort werden wollte, hatte Pfau einen beleuchteten Brunnen vorgesehen, der „dunkel und diffus“ bei Tragödien, „hell und sprudelnd“ während der Komödien eingestellt werden sollte. Die Platzplanung lag aber nicht in seinem Auftragsfeld und war nicht nur unter der Ägide von Friedrich Tamms ein wiederkehrendes Ärgernis ohne konstruktive Lösung. War der Platz stets zu groß, zu leer, zu unwirtlich, mokierten sich die Benutzer des Theaters schon ab der ersten Spielzeit über zu enge Fluchtwege, die zu dunkle Kantine, zu wenig Garderoben – und der Staat meckerte über die astronomischen

Betriebskosten. Ein paar Strukturprobleme zogen sich über die nächsten Jahrzehnte als ständiges Gemaule fort. Das große Haus habe viele „Mucken“, las man im Jubiläumsband „75 Jahre Düsseldorfer Schauspielhaus“ 1980. Der Zuschauerraum sei „zu groß dimensioniert“ und habe „schlimme Tücken im funktionalen Ablauf“.

Alles soll lebendig sein! Seit 1998 steht das Theater nun mit allem Glanz und allen Problemchen unter Denkmalschutz. Eine Sanierung des Hauses zur Asbestentfernung und für eine zweite Saalverkleinerung von 862 auf 760 Plätze im Großen Haus wurde zwischen 2009 und 2011 vom Hamburger Architekten Jörg Friedrich durchgeführt. Zentrales Operationsziel war damals auch die „anerkannt ­miserable Akustik“ in Pfaus großer „Hör- und Sehschale“, die sich der passionierte Geiger doch so schön klingend als das Innere einer Geige vorgestellt hatte. Gelochte Bleche mit VogelaugenahornImitat bedruckt haben großflächig eingesetzt den Hörschaden halbwegs behoben. Mit der umfassenden Sanierung 2018–2020 durch das Büro von Christoph Ingenhoven kann vielleicht auch das ein oder andere Kümmernis der Vergangenheit ins Gute reguliert werden. Alles, was so manchem Besucher wichtig ist, wie etwa Akustik, Beleuchtung, Ausstattung und Möblierung in Foyer und anderen öffentlichen Räumen, aber auch das Dach und die Fassade werden saniert und modernisiert. Die Fassade des Schauspielhauses bildet dabei technisch eine große Herausforderung. Die Stahlprofil-Paneele sind teilweise bis zu 16 Meter lang, untereinander ohne Stoßfugen verbaut und mit einer eigens entwickelten Unterkonstruktion sowie einer von Thyssen speziell gefertigten Sonderklemme am Baukörper befestigt. Zu sanieren war hier wohl nicht ratsam, weshalb sich der Architekt zu einem kompletten Austausch der Blechfassade entscheiden musste. Die filigrane Glas-Stahl-Konstruktion bleibt dabei erhalten. Das von Bernhard Pfau intendierte Aussehen versucht Ingenhoven mit heutigen technischen, konstruktiven und farbanalytischen Mitteln vollständig zu erreichen. In dem Gesamtvorhaben war die Sanierung der Dächer essenziell. Dank der skulpturalen Form des Gebäudes gibt es mehrere gestaffelte Flachdächer sowie ein flach geneigtes Zeltdach auf dem Bühnenturm. Mit dem fachgerechten, neuen Dachaufbau wird der heutige Wärme- und Dämmstandard erreicht. Bauhöhe und Aussehen des Originals werden dabei bewahrt. Zusätzlich werden die Dächer im Zuge der Sanierung begrünt, ein

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stets wiederkehrendes Element in Ingenhovens Projekten und eine Forderung der Stadt Düsseldorf. Ein weiterer nennenswerter Eingriff ist der Abbruch des in einer späteren Entwurfsphase von Pfau angefügten Kassenhäuschens und die Anbringung eines neuen Windfangs vor dem bisherigen Haupteingang. Die Abendkassen befinden sich neu in den Foyers von Großem und Kleinem Haus. Alle übrigen Funktionen des ehemaligen Vorbaus siedelt man in einem neuen P ­ avillon auf dem Vorplatz an. Geschmackliche Veränderungen durch Intendantinnen und ­Intendanten, denen noch nicht der Greif des Denkmalschutzes im Nacken saß, werden rückgängig gemacht: vom Teppichboden im Foyer und den Zuschauersitzen bis zu funktionslosen Sprechanlagen im Intendantenbüro, von altertümlichen Wandschränken bis zur Restaurierung von Grotes bröckelnden Plexiglasblasen werden die Trümmer einer langen Nutzungsgeschichte restauriert und für die Zukunft fit gemacht. Und damit darf jetzt Bernhard Pfaus euphorischer Ausruf zur Eröffnung des Düsseldorfer Schauspielhauses vor fünfzig Jahren zufrieden wiederholt werden: „Alles ist offen! Alles ist frei! Alles soll lebendig sein!“

Till Briegleb, geboren 1962 in München, studierte Politik und Germanistik in Hamburg. Er war Musiker, ab 1991 Kulturredakteur der taz in Hamburg und von 1997 bis 2002 bei der Woche. Seitdem arbeitet er als freier Autor mit den Schwerpunkten Architektur, Kunst und Theater bei diversen Medien, u. a. für die Süddeutsche Zeitung, das Kunstmagazin art oder Theater heute. 2009 erschien sein Buch „Die diskrete Scham“ im Insel Verlag.

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Düsseldorfer Schauspielhaus und Gustaf-Gründgens-Platz mit den von Bernhard Pfau zur Fassung des Platzes gestalteten Mauern, 2012 mit dem Kassenhäuschen

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Besuch auf der Baustelle von Gerwin Zohlen

Im Juni 2019 lärmt die Baustelle des Düsseldorfer Schauspielhauses noch gewaltig. Presslufthämmer und Bohrer, Kreissägen und Staubsauger schlagen, schreien und fauchen. Der Geruch von Mennige zieht durch das Foyer. Leitern stehen gewagt auf Treppen und überall wehen Schutzfolien von Brüstungen. Bei laufendem Betrieb, wie man das nennt, muss die umfassende Sanierung des Düsseldorfer Schauspielhauses zustande gebracht werden. Die Sichtbetonkonstruktion der gewaltigen Zentralstütze etwa, die den Zuschauersaal trägt, fächert sich im Hauptfoyer auf wie im Refektorium einer Zisterzienserabtei. Der Sichtbeton war bei der Entstehung nicht lasiert. Eine Armada von Experten und Kunsthistorikern hat die Deck-, Dreck- und Farbschichten aus fünfzig Jahren Theaternutzung analysiert, danach haben die Architekten sich in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde zur Lasur entschlossen, um den Beton nachhaltig zu

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konservieren und um die Farbe so dicht wie möglich an das Original von Bernhard Pfau zu bringen. Pfau ist als Entwurfsarchitekt des Düsseldorfer Schauspielhauses die Referenz des Originalzustands, der nach den diversen Überformungen, Reparaturen, Einbauten, Abnutzungen und schnellfertigen Ausbesserungen wieder erreicht werden soll.

Der Innenraum Der braunrot-orangefarbene Teppich im Hauptfoyer zum Beispiel liegt seit einigen Jahren irgendwie stimmig wie zur Eröffnung da. Aber das Irgendwie reicht eben nicht. Jetzt wurde die Ursprungsfarbe exakt ermittelt und der Teppich wieder so beschafft, wie er einst aussah. Dazu der passende Sternenhimmel aus zahllosen


S. 48–49 Der neue Gustaf-Gründgens-Platz Düsseldorfer Schauspielhaus mit dem neuen Eingangs­bereich Foyer Garderoben und Bücherstand im Konzept „matte black“

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Vorhänge und Goldmosaik im oberen Foyer

Leuchten, der sich abends funkelnd über dem Publikum breitet. Statt mit Glühbirnen wird er heute mit Leuchtmitteln bestückt, energieeffizienten LEDs, die aber in Form und Lichtstimmung dicht an der alten, originalen Glühbirne sein werden. Gedimmt entsprechen sie der damaligen Lichtfarbe und sparen gleichzeitig Energie. Insgesamt werden die Farben von der Beleuchtung bis zu den Wänden wieder so sein, wie es einmal war. Das Büro ingenhoven architects konzipierte und verantwortet die Sanierung und den Umbau des Düsseldorfer Schauspielhauses und die Architekten können von den internen und technischen Herausforderungen dieser Sanierung aus dem Effeff erzählen. Der Pfau-Bau besteht nicht, wie man meinen könnte, integral aus einer Betonkonstruktion, sondern aus einer Art Betonfachwerk, das mit unterschiedlichsten Füllstoffen ausgesteift wurde. Decken und Wände sind überwiegend Dielendecken auf ausgemauerten Wänden, die keine großen Lasten tragen können. Viele der Ausfachungen waren ziemlich schadhaft und mussten entsorgt werden. Zur verbesserten Dämmung der Decken und Wände wurden mineralische, ökologisch zertifizierte Füllstoffe appliziert. Über Jahre und Jahrzehnte waren im Gebrauch des Hauses immer wieder rasche „Pinselsanierungen“ gemacht worden, etwa wurde ein akustisch wirksamer Teppich an den Paneelen auf der Empore im oberen Foyer durch eine banale Tapete ersetzt oder die Waschtische in den Toiletten ausgetauscht, die hygienischen Standards folgen mussten. Ob sie mit den Beschlägen und Türklinken der Bauzeit zusammenpassten, wurde nicht beachtet. In allen öffentlichen Bereichen von der Kantine über das Restaurant bis zum Foyer und zu den Windfängen vor Haupteingang und Restaurant war wenig bis nichts mehr von Bernhard

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Pfau. Der vordere, sehr verdeckt gelegene Haupteingang mit den Abendkassen etwa stammte zwar weitgehend vom Architekten, innen aber nicht mehr. Auch das Restaurant war in der Zwischenzeit, sagen wir, toskanisch geworden und entsprach nicht mehr dem ersten Zustand. Solche Alltagsreparaturen summierten sich im Lauf der Jahre zur Notwendigkeit einer gründlichen Sanierung. Das Konzept, mit dem an diese Aufgabe herangegangen wurde, ist der Versuch einer originalgetreuen Restaurierung des Zustandes, wo immer er noch vorhanden war. Die Architekten haben sich in ­großen Teilen mit eigenen Details und Überformungen zurückgehalten und die historischen Schichten der Bauzeit recherchiert – dem „Pfau“ sollte kein „Ingenhoven“ übergestülpt werden. Das trifft auf etwa 85 Prozent der Bauleistung zu: Zum Beispiel ist das Mosaik der Fußböden in einigen Sanitärräumen des Restaurants nach der Restaurierung wieder sichtbar. Oder die Wandfarben: Bernhard Pfau benutzte im Ge­bäudeinneren keine weiße Farbe, wie sie später zur Stimmungsaufhellung eingesetzt ­wurde. Die Farbpigmente der Wände wurden recherchiert und dem Farbkonzept zugrunde gelegt, das nun wieder die ursprüngliche ­Atmosphäre der Räume prägt.

Neues Element: die Vorhänge Teilweise mussten mit Rücksicht auf den Denkmalschutz aber auch kreativere Lösungen gefunden werden. Die Paneele auf der Empore des Hauptfoyers beispielsweise stammen noch aus der Bauzeit. Sie waren einst aus akustischen Gründen mit Tep-


pich bezogen worden, der bei einer späteren Renovierung durch erreicht. Gemeinsam ist allen Vorhängen, dass sie die Lichtstimweiß gestrichene Tapete ersetzt wurde. Heute unterfallen beide, mung verstärken, die Akustik verbessern und durch das Spiel mit ­Paneele wie Tapete, dem Bestandsschutz der Denkmalpflege, för- den Lichtreflexionen die Ansicht der öffentlichen Innenräume dern aber weder Raumakustik noch das optische Erscheinungs- rahmen und in den Außenraum der Stadt transportieren. Wo keine originale Schicht aus der Bauzeit mehr freibild der Empore. Für die delikate Aufgabe der Sanierung dieser Raumteile gelegt werden konnte, hinterließen die Architekten eine eigene wurde die international tätige niederländische Designerin Petra Spur. Sie nennen sie das Konzept „matte black“, eine Palette von Blaisse herangezogen. Sie entwickelte für die diversen öffent­ Anthrazittönen. Es sind etwa 15 Prozent der gesamten Sanierung. lichen Innenräume des Düsseldorfer Schauspielhauses ein Sys- „Schwarz“ – in Wirklichkeit Anthrazit – ist dabei buchstäblich tem von Vorhängen, die aufeinander und auf die jeweilige räumli- zu verstehen. Es ist eine Art Signal, dass an diesen Stellen die che Situation abgestimmt sind. Mal sind sie abstrakt gehalten wie heutigen Architekten gearbeitet haben und nicht rekonstruiert im Foyer des Kleinen (experimentellen) Hauses, wo sie wie die wurde. Und auch der Eingangsbereich wurde neu gestaltet: Das Transformation oder Verflüssigung des Sichtbetons der ­Wände Kassenhäuschen, das früher auf den Gustaf-Gründgens-Platz erscheinen. Dann wieder sollen sie animierend und einladend ­hinausragte, wurde abgerissen. Auf dessen neue Gestaltung durch wirken wie im Restaurant, wo Petra Blaisse einen farbig trans- die Kö-Bogen-II–Bebauung reagiert auch die Eingangsfassade luzenten Vorhang gestaltet hat. Es sind vertikale Lamellen, die des Theaters. Hinter dem neuen gläsernen Windfang empfängt durch schmale Fensterscharten zum Außenraum des Hofgartens den Besucher die restaurierte raumhohe konkave Natursteinwand aus Travertin. Sie wird durch Screens medial bespielt, frei davor durchbrochen werden. Im Hauptfoyer wiederum waren neben der technischen platziert ist die neue Theke mit der Abendkasse. Dahinter lieAufgabe einer Verbesserung der Akustik auch repräsentative gen dann die neu arrangierten und gestalteten sanitären Räume Anforderungen zu erfüllen. Das Foyer soll zudem variabel ge- mit „schwarzen“ Wänden, Decken und Fußböden. Die gesamte nutzt werden können. Bei genauer Betrachtung der Vorhänge Publikumsgarderobe wurde als Flanierraum an das Hauptfoyer kann man beobachten, wie sich ein scheinbar einfaches Textil angeschlossen – elegant, nobel und als „black box“ des Theaters. Dass die umfassende Sanierung des Düsseldorfer Schauzum Kunstwerk verwandelt. Im Erdgeschoss fasst der satt­gelbe, schwere, doppelt gelegte Samtvorhang den Blick aufs Foyer und spielhauses, die in drei Stufen vollzogen wurde (TGA, Fassade, seinen A ­ ußenraum ein. Die Farbe ist komponiert aus den im Innenräume), mit ca. 60 Mio. Euro im festgelegten KostenrahRaum vorhandenen Farbelementen und bietet eine atmosphäri- men bleiben wird, liegt an den gründlichen Voruntersuchungen sche Ergänzung dieser Farben. Er wird in Augenhöhe von einem und Vorplanungen, bei denen in alle Winkel und Ecken und hinter ­Fenster unterbrochen, dessen Form wiederum von der Regie­loge manch vorgeklebte Wand geguckt wurde und bei denen, so die des Theatersaals entlehnt wurde. So entspannt sich zwischen Architekten, mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus umgegangen dem Theatersaal und dem Theaterfoyer ein Dialog, der an den wurde wie mit dem Kölner Dom: sorgsam, gründlich und fast als Hof­garten weitergereicht wird. Das gilt natürlich auch andersrum heilige Aufgabe. vom Außenraum der Stadt ins Foyer des Theaters, welches sich so als Teil des städtischen Raums zu erkennen gibt. Auf der Empore musste ein Zusammenspiel des Vorhangs Die Fassade mit dem von Bernhard Pfau stammenden Sternenhimmel, dem restaurierten Teppichboden und dem goldfarbenen Kunstwerk- Auslöser für die Sanierung des Düsseldorfer Schauspielhauses Mosaik von Günter Grote erzeugt werden. Hier fasst der Vorhang jedoch war die Fassade. Sie ist berühmt und schön anzusehen, die geschwungenen Wände der Empore mit dem vorher durch weiß umschließt sie wie ein Ektoskelett den magischen Raum der Glastüren abgetrennten Nebenraum zusammen und verleiht dem Theaterkunst – dicht, glatt, in drei Etagen konkav und konvex Raum eine optische Kontinuität. Petra Blaisse ließ sich beim Tex- schwingend. Wie ein organisches Versprechen wölbt und biegt sie tilmuster von Günter Grotes Mosaik inspirieren. Die Abstraktion sich neben der kantigen Rationalität des benachbarten Dreischeider Steinchen ist als Muster von verschieden großen goldenen benhauses. Doch technisch war die Fassade von Beginn an ein Quadraten ins kupferfarbene Gewebe verteilt. Auf der Empore Problem. Sie war als hinterlüftete Vorhangfassade aus einzelnen, sind es knapp 137 laufende Meter Vorhang, die den Raum optisch bis zu 16 Meter langen Stahlprofilen konstruiert worden. Unterzusammenschließen. Im Erdgeschoss werden immerhin 53 Meter einander waren die Profile fast fugenlos verbaut und mit einer

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­eigens entwickelten Unterkonstruktion sowie einer speziell gefertigten Stahlklemme am Baukörper befestigt worden. Doch wurde aus unerfindlichen Gründen der Lüftungsspalt im Zuge mehrerer Dachsanierungen mit Blei, Teer und anderen Dichtungsmassen verschlossen und somit die bautechnisch notwendige Hinterlüftung zerstört. Entweder verrotteten die Materialien im Fassadenzwischenraum oder hielten dem Druck der Witterung nicht stand. Wasser drang über Jahre unkontrolliert hinter das luftdichte Blechkleid, sodass die Unterkonstruktion aus verzinktem Stahlblech an Gewinden, Kanten und beschädigten Stellen korro­dierte. Dabei war die Konstruktion nicht zu überprüfen, da eine ein-­ fache Montage- oder Revisionsklappe, eine beschädigungslos zu öffnenden Luke oder ein demontierbares Paneel in der Fassade fehlte. Jahrzehntelang drang Feuchtigkeit ein und hatte zu unabsehbaren Korrosionsschäden geführt. Wegen der unmöglichen Überprüfbarkeit war sie sogar zur „Gefahr im Verzug“ hinsichtlich ihrer Standfestigkeit geworden und erzwang die Sanierung. Mit Unterstützung der Ingenieure Werner Sobek wurde die Stahlfassade samt Unterkonstruktion auf den Rohbau zurückgeführt und mit neuen Dichtungsmaterialien von Grund auf rekonstruiert. Zuvor war die alte Fassade mit 3D-Technik vermessen worden, sodass die neu aufgebrachten Fassadenteile exakt so appliziert werden konnten wie die alten. Nur dass statt Stahl jetzt das modernere und nichtrostende Aluminium für die einzelnen Paneele verwendet wurde. Durch die Gewichter­ sparnis wird die gesamte Energie- und Klimabalance des Düsseldorfer Schauspielhauses deutlich verbessert. Außerdem wurde die Fassade im Unterschied zu früher revisionsfähig, also kon­ trollierfähig aufgebaut. Die von Bernhard Pfau entworfene Vorhangfassade k ­ onnte mit den heutigen technischen und konstruktiven Mitteln mit ­hoher Genauigkeit wieder errichtet werden. Doch entschieden sich die Architekten nach Rücksprache mit den Denkmalpflegern und der Theaterintendanz zu einer architektonisch gewichtigen Änderung in der Erdgeschosszone. Statt des bauzeitlich bronzierten Glases wurde jetzt Klarglas mit einem hohen Isoliereffekt gegenüber dem Wärmeeintrag der Sonne gewählt. Dadurch wurden zwei Vorzüge erzielt: Technisch führt die ­längere Tages­ lichtatmosphäre in den Innenräumen zu einer Minimierung der Betriebszeiten der elektrischen Beleuchtung. ­ Wichtiger war, dass durch das Klarglas im Sockelgeschoss freundlicher und klarer sowohl auf den Hofgarten als vor allem auch auf den GustafGründgens-Platz geblickt werden kann. Dank dessen Neugestaltung wiederum nimmt das Foyer des Schauspielhauses aktiver an der urbanen Kommunikation zwischen Innen- und Außenraum teil. Das Foyer wird wegen seiner größeren Einsichtigkeit zu

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einem ­ urbanen Akteur im Stadtraum des Gustaf-GründgensPlatzes. Das Theater beteiligt sich aktiv an der „scena analoga“ der Stadt Düsseldorf, wie es stets die vornehmste Aufgabe eines Theaters war. Wie die Fassade selbst war auch die „fünfte Fassade“ des Dachs von Beginn an ein technisches Problem. Dank der skulpturalen Form des Theaters sind es mehrere Flachdächer sowie ein flach geneigtes Zeltdach auf dem Bühnenturm. Bernhard Pfau war beim Entwurf des Theaters von einer Kugel-Geometrie ausgegangen und hatte in ihrer Transformation zum gebauten Haus drei linsenförmige Schichten übereinandergelegt, analog zu den drei vertikalen Scheiben des benachbarten Hochhauses. Doch offensichtlich trat schon bald nach Fertigstellung die bei Flachdächern häufige – oder schwer zu vermeidende – Undichtigkeit auf. Bereits in den 1980er Jahren mussten erneute Abdichtungen vorgenommen werden. Unzulänglich verbaut, verschlechterten sie jedoch den Zustand. So wurde das Dachgefälle zur Entwässerung praktisch aufgehoben, alle Abläufe verstopften und Pfützen standen in den Unterkonstruktionen. Eine Notentwässerung gab es nicht. Dementsprechend mussten bis zu vier Schichten Dachhäute und Eindeckungen entfernt und durch neue Dämmungen und Dachanschlüsse ersetzt werden. Auch hier wurden Hochleistungsdämmstoffe eingesetzt, die zu Energieeinsparungen führen werden. Zusätzlich werden die Flachdächer – wo statisch möglich – extensiv begrünt. Die Gründächer speichern deutlich weniger solare Energie als die bauzeitlichen Bitumendächer. Umgekehrt generieren sie Feuchtigkeit und Kühle und tragen dadurch spürbar zu Begrenzung des sogenannten Urban-heat-island-Effekts bei. Er entsteht durch die Hitzeaufladung der Dächer und erhöht die städtische Umgebungstemperatur teilweise empfindlich. So wird das sanierte Düsseldorfer Schauspielhaus fortan nicht nur einen Beitrag zur Kultur, sondern auch einen ökologisch immer wichtiger werdenden zum Klimaschutz leisten.

Der Platz Die Adresse des Düsseldorfer Schauspielhauses ist Gustaf-Gründgens-Platz 1. Trotz seines berühmten und theatergeschichtlich bedeutenden Namens war dieser von Beginn an ein Schmuddelkind und Unplatz, ein „Doppelsiphon für den Regen, ein Stein gewordener Spülbecken-Realismus“. Er habe keine Aufgabe außer „nutzlos zu verwittern, geschaffen, um zu vergammeln“. So formulierte es Christopher Schmidt in der Süddeutschen Zeitung bei der Besichtigung vorbildlicher Plätze in den europäischen Groß-


Baustelle im September 2019 Blick auf den Gustaf-Gründgens-Platz mit dem „Tausend­ füßler“ vom Jan-Wellem-Platz aus gesehen, 2013 Das Düsseldorfer Schau­ spielhaus im September 2019

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städten. Es ist unnötig zu bemerken, dass er den Gustaf-Gründgens-Platz nicht dazurechnete. Doch mit dem Kö-Bogen-Projekt könnte sich nun dieser (Un)zustand ändern. Der Gustaf-Gründgens-Platz hat als Resterampe des autogerechten Städtebaus der 1960er Jahre alle Chancen, nicht nur zu einem vorbildlichen, sondern zu einem beispielgebenden Platz in der Bewältigung der gewaltigen Aufgabe zu werden, den Irrtümern der autogerechten Nachkriegsjahre wieder lebenswerte Innenstädte abzutrotzen. Long story short: In Düsseldorf trennte die sinnigerweise Berliner Allee genannte Schnellstraße in Hochlage, volkstümlich als „Tausendfüßler“ bekannt, die Innenstadt schier unüberwindlich in Ost und West. Einer Autobahn gleich schnitt sie die Königsallee vom östlichen Teil der Innenstadt um die Schadowstraße und den Jan-Wellem-Platz ab. Unwirtliche Unterführungen mündeten am Gustaf-Gründgens-Platz, der zugig und versteckt hinter Nachkriegsbauten lag. 1992 trat Christoph Ingenhoven erstmals mit seinem Plan an die Stadt Düsseldorf heran, diesen leidigen Zustand zu ändern: Er entwickelte das Projekt Kö-Bogen. Nukleus des Plans war die Verlegung der Hochstraße „Tausendfüßler“ in eine Tunnellage, sodass die Kö an ihrem südlichen Ende wieder fußläufigen Anschluss an die östliche Innenstadt und vor allem an den Gustaf-Gründgens-Platz würde finden können. Zudem sollte die einst noble Bebauung am Hofgarten in veränderter Form zurückgewonnen werden. Städtebau gehorcht dem Gesetz der Olivenplantagen: Eine erste Ernte kann nach circa 15 Jahren eingefahren werden. In diesem Fall war es die Kö-Bogen-I-Bebauung 2010, die mit zwei Kaufhäusern erfolgte. Anschließend wurde der „Tausendfüßler“ abgerissen und zum krönenden Abschluss des Projekts erfolgt nun die Bebauung des Kö-Bogen II. Nach dem Entwurf von ­Christoph Ingenhoven sind es zwei Gebäude unterschied­ licher Größe, die dem Gustaf-Gründgens-Platz eine Fassung verleihen und ihn als Zentrum inszenieren sollen. Das Düsseldorfer Schauspielhaus wird neben dem Dreischeibenhaus ins Blickfeld der Aufmerksamkeit gerückt. Vom Platz aus steigt das neue ­Gebäude in Stufen auf 27 Meter an. Spektakulär im ökologischen Sinne sind die Hainbuchenhecken, die auf der ­Schräge mit einer gesamten Länge von acht Kilometern die Fassade bilden, ein kompensierendes Pendant zur Paneel-Fassade des Düsseldorfer Schauspielhauses. Zur Schadowstraße zeigt es sich dann mit einer filigranen Stahl- und Glasfassade als städtisches Gebäude. Mit einem kleineren dreieckigen, ebenfalls schräg ansteigenden und extensiv begrünten pavillonartigen G ­ ebäude bildet sich dann ein Tal, in dessen Fluchtpunkt das Düssel­dorfer ­Schauspielhaus als strahlend weiße Ikone der Nachkriegsarchitektur thront.

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Der für das urbane Düsseldorfer Leben neu gewonnene GustafGründgens-Platz, durch die im Volksmund bereits „­Ingenhovental“ getaufte Bebauung, hat einen sonderbaren Effekt im Düsseldorfer Schauspielhaus selbst. Bernhard Pfau favorisierte beim Entwurf – gleich seinem Kollegen Hans Scharoun bei der Philharmonie in Berlin – zuerst einen der Stadt ab- und dem Park zugewandten Haupteingang zum Hofgarten. Es ist das antiurbane Gesetz der Stadtlandschaftsidee. In den intensiven ­Gesprächen mit dem damaligen Stadtbaudirektor Friedrich Tamms – wer die Initiative ergriff, mag umstritten bleiben – verlegte Pfau den Haupteingang auf die städtische Seite zum Gustaf-Gründgens-Platz. Allerdings spiegelte Pfau den Haupteingang bloß auf die andere Seite und drehte das Haus nicht insgesamt um. Die ­Folge war (und ist), dass die innere Orientierung der Treppen, des Hauptfoyers und Restaurants sowie des Zuschauersaals zum Hofgarten erhalten blieb, während dem Haupteingang das Dasein im Rücken des Hauses zufiel. Dieser lange währende, desolate Zustand ist durch die Neugestaltung des Theatereingangs beendet. So gesehen aber ist die Neugestaltung des Gustaf-GründgensPlatzes auch eine Bekräftigung der These, dass der Zugang zu einem großstädtischen Theater doch besser von der Stadt und nicht vom Park aus erfolgt. Zumal wenn der Stadtplatz so schön und benutzerfreundlich ist, wie es der neu angelegte GustafGründgens-Platz sein wird.

Gerwin Zohlen studierte Literaturwissenschaft, Geschichte, ­ hilosophie in Heidelberg und Berlin. Er ist als Publizist, ArchiP tekturkritiker und Herausgeber tätig. Er hat Bücher, zahlreiche Essays und Artikel in den führenden Fach- und Öffentlichkeitsmedien, Radio und Fernsehen veröffentlicht. Seit 2019 ist er ­Geschäftsführer im Wasmuth & Zohlen Verlag Berlin.


Gustaf-GrĂźndgens-Platz, der neue Pavillon und das DĂźsseldorfer Schauspielhaus mit dem neuen Eingangsbereich

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Eine gemeinsame Vision Was Architektur und Kunst zur Entwicklung einer Stadtgesellschaft beitragen können Ein Gespräch zwischen Christoph ­Ingenhoven, Wilfried Schulz und Harald Welzer

Wilfried Schulz: Ich bin relativ naiv hierher nach Düsseldorf gekommen und dachte, dass es meine Aufgabe sei, das Theater künstlerisch neu zu positionieren und die Kommunikation mit der Stadt wieder zu beleben. Es ergab sich aber eine ganz a ­ ndere Diskussion, nämlich darüber, ob man ein Theater im Zentrum der Stadt überhaupt noch braucht. Der viel zitierte Vorschlag des Oberbürgermeisters – wir machen ein Kongresszentrum daraus, und das Theater kann endgültig im Central am Hauptbahnhof bleiben – stellte in den Augen der Stadtöffentlichkeit die Institution als solche infrage, und zwar aufgrund des Sanierungsbedarfs einerseits, aufgrund eines Investorenprojekts andererseits. Das hätte Christoph Ingenhoven, der das Gebäude hier schräg gegenüber zu verantworten hat, und mich zu Feinden machen können. Stattdessen wurde er mein wichtigster Partner in der Diskussion darüber, wie die Zukunft des Pfau-Baus aussehen könnte. Es ist selten, dass man die Architektur eines Theaters gleichzeitig mit den künstlerischen Aufgaben diskutiert, mit der städtebaulichen, aber auch stadtpolitischen Positionierung. Harald Welzer: Das wirft die Frage auf, wie sich Kunst- und Kulturinstitutionen innerhalb einer Stadtgesellschaft positionieren. Wo ist der Ort, auf den man blickt, und wie ist er beschaffen?

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Christoph Ingenhoven: Was mich an diesem amorphen Pfau-Bau fasziniert, gerade auch im Kontrast zum Dreischeibenhaus, ist das offene System, in dem Pfau gearbeitet und wahrscheinlich auch gedacht hat – Letzteres kann ich nur vermuten, da ich ihn leider nie persönlich kennengelernt habe. Es gab in der Nachkriegszeit eine ganze Reihe von Architekten, die experimentelle Entwürfe vorgelegt haben und auf ihre jeweilige Umgebung eingegangen sind, ohne ihre grundsätzlich aufklärerische Absicht zu verraten. ­Andere wiederum, das kann man am Beispiel des Dreischeibenhauses sehen, haben bewusst versucht, einen neuen Stil durchzusetzen, auch das galt dann als moderne Architektur. Neben den offenen, fließenden Räumen ist auch Pfaus Materialverwendung außergewöhnlich. Das Blech der Außenfassade beispielsweise ist zwar per se kein innovatives Material, aber dass Pfau es von Thyssen Krupp hat herstellen lassen, die ihre Hauptverwaltung in Düsseldorf haben, schafft sofort eine Verbindung zur Stadtgesellschaft. Und wie hat er das Material verwendet? Er hat es einfach, salopp gesagt, vor das Haus genagelt. Es stand oben und unten über, wie ein Blechzaun. Diese provisorische, ephemere Methode, mit dem Thyssen-Krupp-Produkt umzugehen, weist ihn für mich als freien Geist aus. Apropos Positionierung: Würden wir heute auf die Idee kommen,


die Hauptverwaltung eines großen ­Stahlkonzerns – sie saß ja im Dreischeibenhaus – mitten in die Innenstadt zu bauen? Das ­würde zumindest infrage gestellt werden. Harald Welzer: Was würde man denn heute ins Zentrum einer Großstadt bauen? Christoph Ingenhoven: Einkaufsmöglichkeiten. Harald Welzer: Verschissene Shoppingmalls. Christoph Ingenhoven: Das haben Sie jetzt gesagt. (Gelächter) Wilfried Schulz: Die weiche Form des Hauses ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Die meisten Theater sind von der Nutzung her gedacht. Die Relation zwischen Bühne und Zuschauerraum und die damit in Zusammenhang stehenden Notwendigkeiten ­bestimmen die Form.

Wilfried Schulz: Da wir gerade über die demokratische Architektur der Nachkriegszeit sprechen, das Foyer ist ja sehr deutlich daraufhin angelegt: Auf dem Stempel, der diesen Bereich dominiert, ruht der gesamte Zuschauerraum, somit hat man zwei übereinandergeschichtete Versammlungsstätten. Ich wüsste nicht, wo man etwas Vergleichbares in Theaterzusammenhängen findet, das ist normalerweise anders gegliedert. Der Aspekt der Repräsentation scheint mir an diesem Haus überhaupt viel zentraler als an vielen anderen Theatern zu sein, und ich hoffe durchaus, dass Kunst und Kultur diese Funktion des Repräsentativen innerhalb der demokratischen Gesellschaft und in ihrem Sinne beibehalten können. Ich halte das für notwendig, auch wenn viele neue Gedanken hinzugekommen sind, beispielsweise Partizipation, Durchdringung, das Auflösen von Grenzen etc. Bezogen auf die Architektur würde man heute beispielsweise nicht mehr unbedingt einen großen, kaum gegliederten Raum als Foyer haben wollen. Es besteht ein Bedarf an kleineren Seitenräumen, die für verschiedene Veranstaltungen und Formate genutzt werden können – auch wenn das einen architektonischen Entwurf möglicherweise schwächt.

Christoph Ingenhoven: Und das ist hier nicht der Fall? Wilfried Schulz: Wenn ich an den kurvigen Schnitt der Arbeitsräume denke, die unter arbeitstechnischen Gesichtspunkten eine Herausforderung darstellen, würde ich nicht sagen, dass dieses Theater im Kern aus der Funktionalität heraus entwickelt wurde. Vielmehr scheint es mir von außen nach innen gedacht worden zu sein. Ein deutlicher und mutiger, signifikanter, die Zukunft suchender Gegenentwurf zum Dreischeibenhaus: drei amorphe, waagrechte Scheiben gegen drei kantige, senkrechte Scheiben. Harald Welzer: Der Pfau-Bau verweigert sich dem ostentativ Monumentalen, Hermetischen, stattdessen wird das improvisierte, dynamische Moment betont. Ich finde es interessant, dass viele architektonische Formulierungen der Nachkriegszeit sehr gesellschaftsbezogen, sehr demokratisch gedacht sind. Wie würde man wohl heute so etwas bauen, bzw. in welcher Form von Architektur vergegenwärtigt sich die heutige Gesellschaft? Das finde ich eine spannende Frage, allerdings werde ich sofort depressiv, wenn ich drüber nachdenke … Christoph Ingenhoven: Rein vom formalen Aufbau ausgehend, hätte ich schon unterstellt, dass der Pfau-Bau vom Zuschauerraum, der Bühne und deren Rückräumen her gedacht ist, also vom eigentlichen Kern der Sache her. Nur hat man dann so eine Art Wrap drumgelegt.

Harald Welzer: Wenn man in diesem Foyer steht, denkt man: Das ist ja richtig geil! Jenseits des Funktionalen spricht dieses Foyer ja atmosphärisch eine Einladung aus. Wenn Sie sagen, das würde man heute nicht mehr so bauen, dann stellt sich die Frage, warum eigentlich nicht? Weil man die imaginative Kraft nicht hat oder weil man die extrafunktionale Bedeutung uninteressant findet? Wilfried Schulz: Weil man beispielsweise ein akustisches Problem hat. Bedingt durch die Größe und Materialität des Raumes können die Menschen in diesem Foyer, zumindest unter den bisherigen Bedingungen, nur schwer miteinander ins Gespräch kommen. Geschweige denn, dass gute Partys möglich sind. Christoph Ingenhoven: Also ich sehe den Raum völlig anders. Parallel zu diesem Haus sind beispielsweise in Berlin die Nationalbibliothek und die Philharmonie als ähnlich angelegte Raumexperimente entstanden. Es braucht einen enormen Durchsetzungswillen, um ein solches Experiment durchzuführen, das heißt, nicht die übliche Kiste zu bauen, sondern einen fließenden, poetischen Raum, der durch Licht, Farbe, Materialien und eine neue Form der Raumkomposition besticht. Beherrschen Sie, wenn Sie eine neue Sprache erlernen, schon alle Details? Vielleicht eben nicht. Das Gleiche gilt für Architekten. Es spricht doch für diesen fünfzig Jahre alten Raum, dass eine Stadtgesellschaft aus dem 21. Jahrhundert – von akustischen Problemen einmal abgesehen – sich darin noch wiederfinden kann. Er versprüht

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ein wenig Glitzer, Glamour, was man eben den Düsseldorfern so nachsagt, eine gewisse angenehme Oberflächlichkeit auch.

Drittel kulturelle Botschaften und ein Drittel Stille. Am schwierigsten durchzusetzen war die Stille.

Wilfried Schulz: Mag sein, dass das Foyer eine gewisse aufregende Exaltiertheit ausstrahlt, aber die Geste lässt sich in der N ­ utzung nur schwer einsetzen.

Wilfried Schulz: Ich habe noch nie in einer Stadt gelebt, in der die Menschen so ungebrochen gutgelaunt an ein ständiges Pros­ perieren glauben wie in Düsseldorf. Für mich war es deshalb eine bewusste Entscheidung, die Herausforderung anzunehmen, im Dreieck zwischen Kunst, Konsum und Politik tätig zu werden, welches diesen Theaterstandort auszeichnet wie kaum einen anderen. Im Moment ist eine große Diskussion im Gange, Institutionen der Kunst und Kultur, sofern sich beispielsweise durch Sanierungsbedarf die Kostenfrage stellt, an den Stadtrand zu verlagern. Ich glaube, Kunst und Kultur gehören als kommunikativer Ort in die Stadtmitte, Grundstückspreise hin oder her. Bei der immer größer werdenden Zerrissenheit der Gesellschaft tut ein Haus wie dieses mit seiner symbolischen Architektur wahnsinnig gut – es braucht gemeinsame Orte im Zentrum der Stadt, gerade weil die Mehrzahl der Menschen, die bald wieder über den Gustaf-Gründgens-Platz flanieren werden, zu H&M gehen wollen und nicht ins Theater.

Harald Welzer: Im Selbstbild der Gesellschaft, die sich hier versammelt, hat sich in den letzten fünfzig Jahren einiges geändert, glaube ich. Das Gebäude artikuliert den Wunsch nach Demokratie, der aus der Bonner Nachkriegsrepublik herrührt. Heute würde man die Frage danach, wer wir sind und was wir wollen, anders beantworten, falls man die Frage überhaupt noch stellen würde. Es geht ja immer bloß um den internationalen Wettbewerb und die Angst, in diesem nicht bestehen zu können. Dementsprechend empfinde ich die heutige Architektur und die Zeitgestalt, die sich in ihr formuliert, oft als trivial. Christoph Ingenhoven: Ist sie auch. Was außer Einkaufsmöglichkeiten baut man denn heute überhaupt noch in der Stadt? Und Düsseldorf hat ja eine lange Tradition als Einkaufsstadt, also über den allgemeinen Trend hinausgehend. Neben der Bildenden Kunst sowie der Werbe- und Modeindustrie gehört das Einkaufen seit den Nachkriegsjahren fest zum Düsseldorfer Selbstverständnis. Düsseldorfer verfügen also über eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Kunst und Kommerz. Das drückt sich meiner Meinung nach auch in der gewagten Farbgestaltung des Foyers aus: rosa Marmorboden und quietschgelbe, leuchtende Plexiglas-­ Möbel mit eingeschlossenen Luftblasen, das Ganze mit braunem Glas umwickelt und mit einem goldenen Mosaik veredelt. Das muss man erst mal bringen! Auch da drüben bauen wir ein optisch sehr dominantes Haus. Kein Warenhaus im engeren Sinne, vielmehr ein Haus mit dreizehn Läden darin. Um das zusammenzu­ fassen, haben wir zur Schadowstraße, also zur Konsumseite, eine 120 Meter lange und 6 Meter hohe LED-Wand geplant, mit der wir die Stadt in einer Form bespielen werden, die ich selbst als grenzüberschreitend empfinde. Wilfried Schulz: Wobei die Stadt uns gefragt hat – aus schlechtem Gewissen, damit sie das im Stadtrat durchkriegen –, ob wir die LED-Wand mitbespielen wollen. Damit Kunst und Kultur dem Ganzen eine Legitimation verleihen. Christoph Ingenhoven: Wir haben dann gefordert, dass ein Drittel Stille hinzukommen soll, solche Möglichkeiten hat man als Architekt Gott sei Dank noch. Also: ein Drittel Werbebotschaften, ein

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Harald Welzer: Dass Shopping zum absoluten Sinninhalt von allem und jedem geworden ist, ruft in gewisser Weise auch ein Pro­blem hervor, denn die Shopping-Monokultur birgt, wie jede Monokultur, Fliehkräfte. Das heißt, es müsste eigentlich ein Interesse bestehen, Kunst und Kultur in den Innenstädten zu halten. Man könnte jetzt böse sein und sagen, es gibt da diese Hecke, die die Shoppingmall kaschiert. Wilfried Schulz: Ich finde die Heckenbegrünung durchaus attraktiv, weil sie nicht disneylandartig schöntut, sondern die Architektur sehr bewusst ausstellt. Das hat für mich etwas von einem Theaterauftritt, wir tun ja auf der Bühne auch nicht so, als wenn es das richtige Leben wäre, sondern stellen jeden Moment aus, um Differenz zu denken. Harald Welzer: Der Shoppingort tritt also in eine freundliche Kommunikation mit dem Kulturort. Genauso wie die geplante Öffnung des Foyers tagsüber und in den Stadtraum hinein ja etwas Freundliches hat. Wilfried Schulz: Für mich ist noch nicht ganz absehbar, wie dieses Angebot angenommen werden wird. Bisher erreichen uns die unterschiedlichsten Anfragen, von Musikern, von Studierenden, von Fridays for Future bis zur Müttergruppe.


Christoph Ingenhoven: Eine Stillgruppe? Toll! Wilfried Schulz: Eines scheint sich aber jetzt schon deutlich abzuzeichnen, es gibt einen Mangel an öffentlichen Orten, an demokratischen Orten, die zugänglich und einsehbar sind, wo man ohne Verzehrzwang sitzen kann und wo ein WLAN-Anschluss vorhanden ist. Die Öffnung des Foyers wird vermutlich eine Durchmischung der konsumistischen Gesellschaft mit Kunst und Kultur zur Folge haben. Und ich glaube auch, dass es uns als Kunstproduktionsort verändern wird und dass dieser Prozess bereits begonnen hat. Beispielsweise bieten wir immer mehr kleinere Formate an. Performances, die man auf der Großen Bühne nie zeigen könnte, für die sich aber ein spezielles Segment von hundert Zuschauern begeistern kann. Harald Welzer: Wenn das Experiment gelingt – und vieles deutet ja darauf hin –, dann bedeutet das, dass die analoge Stadt die eigentliche Stadt der Zukunft ist. Anstelle dieses Smart-CityModells, das ich verheerend finde. Es sind antidemokratische Reinheitsfantasien, die in solchen ganzheitlichen Stadtplanungskonzepten zum Ausdruck kommen. Trotz fortschreitender digitaler Kommunikation braucht man analoge Räume, um die Gesellschaft so zu verstehen, wie ich jetzt mal unterstelle, dass wir sie verstehen wollen, nämlich als eine offene Gesellschaft, als eine liberale Demokratie. Ob das trägt oder ob wir uns nicht eigentlich in einem Rückzugsgefecht befinden, die Frage stelle ich mir manchmal in dunklen Nächten. Ich fokussiere mich dann auf das, worüber man als politischer Bürger verfügen kann. Wir verfügen nicht darüber, ob die Welt vor dem finalen Klimawandel gerettet werden kann, aber wir verfügen, zumindest der Idee nach, über Gestaltungsmöglichkeiten, die sich in Projekten wie dem Düsseldorfer Schauspielhaus materialisieren. Christoph Ingenhoven: Ich glaube, wir haben die Schlacht schon längst verloren. Was produziert denn Google? Nichts. Was produziert Facebook? Nichts. Und Apple produziert Dinge, die Huawei oder Samsung mindestens ebenso gut können. Was produzieren Amazon, Uber oder Airbnb? Was produzieren Investmentbanker? Gar nichts. Wir leben in einer Welt der Händler, Vermittler, Plattformbetreiber und Spediteure. Die Leute mit dem besten Marketing entscheiden über unser Leben, und wir haben es denen erlaubt. Harald Welzer: Das stimmt. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Am Ende gibt es das Bier immer noch an der Theke.

Christoph Ingenhoven: Das wäre zumindest das erstrebenswerte Modell. Harald Welzer: Was ich für eine erstrebenswerte Form von ­ esellschaft und Staatlichkeit halten würde, ist also ein AnaG chronismus? Wilfried Schulz: Wenigstens setzt momentan eine kritische Wachstumsdiskussion ein, die erstmals aus der Mitte der Gesellschaft heraus kommt. Ganz normale Menschen fragen sich, ob es uns eigentlich immer besser – im konsumistischen Sinn – gehen muss. Kunst und Kultur können Räume eröffnen, um genau über solche Fragen nachzudenken. Theater insbesondere betont das Versuchhafte, das Modellhafte, das Scheitern-und-neu-beginnenKönnen. Der Soziologe und Philosoph Oskar Negt beschreibt den Ort und die Funktion des Theaters als eine „Raststätte der Re­ flexion“. Ich finde, das trifft es ganz gut.

Christoph Ingenhoven, geboren 1960 in Düsseldorf, zählt zu den international führenden Architekten, die sich für nachhaltige Architektur einsetzen. Zu den wichtigsten realisierten Bauten des 1985 gegründeten Architekturbüros ingenhoven architects zählen u. a. das Lufthansa Headquarter am Frankfurter Flughafen, die Europäische Investitionsbank in Luxemburg, das Headquarter der Daniel Swarovski Corporation am Zürichsee und das Gesundheitsresort Lanserhof am Tegernsee. Wilfried Schulz, Generalintendant Düsseldorfer Schauspielhaus, s. S. 14 Harald Welzer, geboren 1958, ist Direktor von Futurzwei – Stiftung Zukunftsfähigkeit und Professor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg. Daneben lehrt er an der Universität St. Gallen. Von ihm sind zahlreiche Bücher erschienen, zuletzt „Wir sind die Mehrheit. Für eine offene Gesellschaft“ (2017).

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Auf der BĂźhne des DĂźsseldorfer Schauspielhauses


Ein Streifzug durch fünfzig Jahre Theatergeschichte Das Düsseldorfer Schauspielhaus 1970–2020 von Martin Krumbholz

Der 16. Januar 1970 war ein neblig-trüber Tag. Es war ein wichtiges Datum für Düsseldorf: Am Rande des Hofgartens, einen Steinwurf von der Oper entfernt, wurde das neue Schauspielhaus eröffnet. Aus diesem Anlass hatten sich Hunderte von Demons­ tranten eingefunden, um mit Trillerpfeifen, Farbbeuteln, Spruchbändern und Sprechchören gegen ein Institut zu protestieren, das im Verdacht stand, als Tempel der Selbstfeier der bürgerlichen Klasse zu dienen. Auch einige Hundertschaften ­berittener und gestiefelter Polizei waren vor Ort, um das eintreffende Festpublikum zu schützen und die Aktivisten vom roten Teppich fernzuhalten. Als Premiere des Abends war „Dantons Tod“ von Georg Büchner angesetzt. Dass Bernhard Pfau das Schauspielhaus mit seinen runden, ausladenden, gewissermaßen weiblichen Formen als entschlossenen Gegenentwurf zum benachbarten, gut zehn Jahre früher erbauten Thyssen-Hochhaus (im Volksmund: „Dreischeibenhaus“) konzipiert hatte, sozusagen nach dem Prinzip Yin und Yang – diese architektonische Pointe vermochte die Demonstrierenden offenbar nicht zu bestechen. Eher schon bedrückte sie die in ihren Augen horrend erscheinende Summe von

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40 Millionen DM aus Steuermitteln, die hier für einen Theatertempel vergeudet wurde, in den sich mutmaßlich doch nur das Establishment einen Weg bahnen würde. Und der sollte zumindest an diesem neblig-trüben Januarabend so spießrutenartig wie möglich ausfallen. Seit dem Mai 1968 waren noch keine zwei Jahre vergangen. Aber immerhin: „Dantons Tod“ war ein Revolutionsstück. Am Vorabend, bei der öffentlichen Generalprobe, soll jemand – der Intendant und Regisseur Karl Heinz Stroux persönlich oder einer der Schauspieler – den auch hier anwesenden Störenfrieden zugerufen haben: „Es ist doch euer Stück!“ War es das? Im Stück spricht Georg Danton den beklemmenden Satz: „Die Revolution ist wie Saturn, sie frisst ihre eigenen Kinder.“ Ruft man sich das dazugehörige gruselige Bild des Francisco de Goya in Erinnerung – der Ur-Gott Saturn frisst buchstäblich eines seiner Kinder –, dann zögert man einen Moment angesichts des sicherlich gutgemeinten Appells: „Es ist doch euer Stück!“ Die anwesenden Demonstranten, wohl meist Studenten, mochten Sympathien haben für Georg Büchner, den Verfasser des „Hessischen Landboten“,


„Dantons Tod“ von Georg Büchner, Regie: Karl Heinz Stroux, 1970, mit: Hans ­Caninenberg, Wolfgang ­Reichmann

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„Hamlet“ von William Shakespeare, Regie: Karl Heinz Stroux, 1970, mit: Ensemble „Hamlet“ von William Shakespeare, Regie: Karl Heinz Stroux, 1970, mit: Marianne Hoppe, Helmuth Lohner „Faust I“ von Johann Wolfgang Goethe, Regie: Karl Heinz Stroux, 1971, mit: Helmuth Lohner, Richard Münch „Faust II“ von Johann Wolfgang Goethe, Regie: Karl Heinz Stroux, 1972, mit: Richard Münch, Ensemble

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aber der „grässliche Fatalismus der Geschichte“, der in „Dantons Es gibt in der dramatischen Literatur eine ikonografische Szene, Tod“ obwaltet, dürfte ihnen fremd gewesen sein. In den Jahren die diesen Vorgang symbolisch beleuchtet: nämlich die Szene in zwischen 1968 und 1972 herrschte ein politischer Voluntarismus „Hamlet“, in der Prinz Hamlet als Amateur-Spielleiter die am Hof vor, der sich von staatlicher Gewalt kaum beeindrucken ließ. Man auftretenden Schauspieler für die „Mausefalle“ instruiert und sie wollte die Gesellschaft verändern, und „Dantons Tod“, ein Revo­ nebenbei bittet, das wilde Gestikulieren unter allen Umständen lutionsdrama, in dessen Mittelpunkt die Guillotine steht, auf der zu vermeiden. der Held endet, war in den Augen der Protestierenden nicht wirklich der Text, der dazu ermutigte. Auch nicht in Stroux’ Inszenierung, die planmäßig über Stroux’ „Hamlet“ und „Faust“ die Bühne ging. Stellte einer der zahlreich angereisten Kritiker angesichts der Farbgestaltung im Zuschauerraum missmutig fest: Shakespeares „Hamlet“ und Goethes „Faust“ – welches der bei„Totes Beige bedrückt“, so trug der lebensfrohe Danton ausge- den hoch oben im Kanon angesiedelten Stücke würde der scheisprochen „schöne Kleider“ – wie auch einige der Menschen im Par- dende Theaterchef Karl Heinz Stroux auf die Spielpläne – die kett. Dieser Topos ist ja schlechterdings nicht totzukriegen: dass ersten des neuen Hauses, die letzten seiner langen Intendanz – in keinem deutschen Theaterfoyer so viele teure Roben, Abend­ setzen? Die Antwort fiel außerordentlich souverän aus: beide! Im anzüge und Pelze gesehen würden wie im Düsseldorfer. Man Herbst 1970 hatte „Hamlet“ Premiere, ein Jahr später, im Herbst muss damit leben, er gehört zur Stadt wie die angeblich längste 1971, kamen beide Teile des „Faust“ an zwei Abenden heraus, Theke der Welt. Der Schauspieler Wolfgang Reichmann jedenfalls nachdem Stroux zuvor schon den ersten Teil inszeniert hatte, der spielte die Mittelpunkt- und Identifikationsfigur D ­ anton textge- freilich nicht mit der Kerkerszene endete, sondern am Hof des treu als Hedonisten, als dionysischen Menschen, als parodiere er Kaisers. Jupiter, den sinnenfrohen Olympier. Hans Caninenbergs Robes„Ich kann jeden leeren Raum nehmen und ihn eine ­nackte pierre – jemand nannte ihn einen „Tartuffe mit dem Schwert in der Bühne nennen“, hatte der große englische Regisseur Peter Brook Hand“ – zog so wenige Sympathien auf sich wie der Opportunis- (Jahrgang 1925) am Beginn seiner legendären Theaterfibel mus der Masse, den Stroux unerbittlich bloßstellte. War es „euer ­notiert. „Ein Mann geht durch den Raum, während ihm ein andeStück“ – also das der kritischen jungen Intellektuellen, die Ver- rer zusieht; das ist alles, was für eine Theaterhandlung notwendig änderungen herbeizwingen wollten? Oder triumphierte vielmehr ist.“ Brooks Credo sollte in den siebziger Jahren Schule machen – jener noble Pessimismus, zu dem der konservative Künstler Karl was nicht heißt, dass dem Realismus verpflichtete Bühnenbildner Heinz Stroux habituell neigte? à la Jürgen Rose oder Karl-Ernst Herrmann plötzlich verschwunStroux war natürlich kein „Achtundsechziger“ – man den wären. Im Düsseldorfer „Hamlet“ betrat der Schauspieler könnte fast sagen: im Gegenteil. 1970, das Jahr der Eröffnung, ­Helmuth Lohner eine leere Bühne. Es gab darauf nichts als ein war ein Schwellenjahr. Schienen die Sechziger einerseits von der „Regiepult“, an das Lohner sich setzte, um das alte Stück „neu Lebensfreude des kalifornischen „Summer of Love“, der Beach zu schreiben“. Er ließ eine „Truppe“ von Schauspielern, also Boys oder der Beatles geprägt, andererseits von den Nach­klängen das Ensemble, auf die Bühne kommen; die Aufführung begann der Adenauer-Ära, waren die Siebziger das Jahrzehnt der Brandt- keines­wegs mit einer Geisterszene auf der Terrasse des Schlosses Demission, des ernüchterten Pragmatismus und schließlich des von Helsingör, sondern mit der „Mausefallenszene“ aus dem dritTerrors. Kultur- und theaterpolitisch indes lagen die Dinge ein ten Akt, die Stroux vorwegnahm. Nicht nur die muntere Traveswenig anders. Auf den Bühnen hatte sich das Regietheater flä- tie, die Hamlet als Falle für seinen Stiefvater Claudius ersonnen chendeckend durchgesetzt – und damit das „Modell Gründgens“ hat, sondern das komplette Drama war die Mausefalle. Hamlets abgelöst: Nicht zufällig beruhte dieses auf der Personalunion ­belehrende Rede an die Schauspieler stand am Beginn. von Regisseur und Protagonist, wie exemplarisch zu sehen in der Lohners Hamlet war agil, brillant und präsent. Er war Arumjubelten Hamburger Inszenierung des „Faust“, in der Gustaf rangeur eines Spiels im Spiel, das zur Entlarvung der herrschenGründgens Regie führte und den Mephisto spielte. Der Regisseur den Verhältnisse führen sollte. Aber auch in diesem Setting, war zugleich der „erste Schauspieler“ seines Ensembles. Dieses und das mochte ein gewisser logischer Widerspruch sein, kam­ Modell hatte sich nun also endgültig überlebt; die Regisseure Hamlet – als handelnde Figur – gegen die Übermacht der Verder Zukunft waren Konzept-Regisseure, die das Spiel von außen hältnisse nicht an. Shakespeares Text war schlicht zu stark, dirigierten – meist mit einem gesellschaftspolitischen Impetus. um ihn ohne Weiteres im Sinn einer konstruktivistischen oder

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hoffnungsvolleren Lesart umwidmen zu können. Womöglich ­ wollte Stroux den Prinzen sogar als überheblichen und anmaßenden Intellektuellen kritisieren – als „Achtundsechziger“? Der voluntaristische Beginn mündete, wie gehabt, in den tragischen Kollaps. Hamlets Mutter Gertrud spielte übrigens Marianne Hoppe, und wer wollte, konnte darin eine Reverenz vor Stroux’ Vorgänger Gustaf Gründgens sehen (der mit Hoppe verheiratet ­gewesen war). Schließlich, im letzten Jahr des Intendanten Stroux, also beide Teile des „Faust“, mit einer Spieldauer von jeweils dreieinhalb Stunden. Der letzte zweite Teil des „Faust“ in Düsseldorf datierte übrigens von 1932, in der Regie des Theatergründers ­Gustav Lindemann – es war, hundert Jahre nach Goethes Tod, eine exemplarische Aufführung, die in Berlin wiederholt wurde, mit Werner Krauss als Faust und bereits mit Gründgens als M ­ ephisto: das letzte große Theaterereignis der Weimarer Republik. Vierzig Jahre später wählte Stroux den Kaiser-Akt als Scharnier: Der erste Abend endete mit der Erfindung des Papiergelds, der zweite begann mit dem kaiserlichen Wunsch nach Reanimation der antiken Helena: „Erst haben wir ihn reich gemacht, / Jetzt sollen wir ihn amüsieren“, konstatiert Faust lapidar – eine zutreffende Aussage auch in Bezug auf das fiebrige Wirtschaftswunder-Deutsch-

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land, das diesen Status freilich schon wieder hinter sich hatte und im Begriff stand, „mehr Demokratie zu wagen“. Faust ­spielte Richard Münch, den Mephisto Helmuth Lohner, der den Teufel als eine ironisch gebrochene Spottgeburt des Bösen ­anlegte; das fast Groteske daran passte zur fantastischen Bühne von Ezio Frigerio und Carlo Tomasi – ein gespenstisches Trümmerfeld von magischer Kraft. Der komplette „Faust“ als Summe historischer Vergeblichkeiten – letztlich bestätigte auch diese letzte Inszenierung des Intendanten sein nobel-pessimistisches Weltbild, das sich szenisch in großen Entwürfen und manchmal auch in großen Würfen etablierte. Stroux’ Nachfolger Ulrich Brecht trat 1972 mit dem Vorsatz an, jenes Weltbild politisch zu korrigieren. Und biss sich damit im doch eher konservativ veranlagten Düsseldorf ­sozusagen die Zähne aus.

1972–1976: Ulrich Brecht – exquisiter Beginn Dabei vermied Brecht zunächst einen programmatischen Kollisionskurs. Er bot in den ersten drei Wochen seiner Intendanz sieben Premieren – was nach heutigen Maßstäben eher normal


„Leonce und Lena“ von Georg Büchner, Regie: Luc Bondy, 1972, mit: Ensemble „Off Limits“ von Arthur Adamov, Regie: Klaus Michael Grüber, 1972, mit: Ensemble

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ist, erschien seinerzeit als eine enorme Kraftanstrengung, geschuldet dem Bemühen, nicht zu radikal zu beginnen und lieber ­jedem ­etwas zu geben. Zwei exquisite Trümpfe hatte der Intendant in diesen ersten Monaten im Ärmel. Der dreißigjährige Klaus ­Michael Grüber, der kurz vorher an der Berliner Schau­ bühne Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ triumphal inszeniert hatte, brachte im Kleinen Haus das letzte Stück von Arthur Adamov zur deutschen Erstaufführung. Im März 1970 hatte sich der französische Dramatiker, der zu den Absurden gezählt wurde, das Leben genommen. „Off Limits“ (etwa: „Betreten verboten“) ist ein Reflex auf den Vietnamkrieg, spielt jedoch in der High Society von New York: In einer Reihe von Partyszenen zeigt das Stück, wie der Protest der ganz Jungen der mittleren, zynisch verwahrlosten Generation nur zur Unterhaltung dient; das „­Happening“ absorbiert den Widerstand. Grüber löste das realistische Setting auf und ­verdichtete den Text, von einschmeichelnden Musiknummern begleitet (Peer Raben), zu einem grotesk-pathetischen Abgesang, einem R ­ equiem auf eine kaputte Gesellschaft. Die Bühne von Eduardo Arroyo zeigte auf golfgrünem Rasen eine fantastische WC-Landschaft mit einer verstümmelten Freiheitsstatue darüber: will ­sagen, die morbide Überflussgesellschaft erstickt förmlich an ihren eigenen Exkrementen. Luis Buñuel war zweifellos eine R ­ eferenzgröße für diese Arbeit, deren Suggestion geradezu süchtig machen konnte. Kurz darauf, im November 1972, inszenierte ebenfalls im Kleinen Haus ein gerade einmal vierundzwanzigjähriger Schweizer erneut ein Stück von Georg Büchner, diesmal jedoch nicht das Revolutions- und Terrordrama „Dantons Tod“ mit seinen scharfen Debatten und seinen spektakulären Massenszenen, sondern das satirische Lustspiel „Leonce und Lena“, mit dem Büchner einen Stückewettbewerb hätte gewinnen können, wenn er die Einsendefrist nicht versäumt hätte. Der junge Regisseur, den selbstverständlich niemand kannte, hieß Luc Bondy, er war ein Sohn des renommierten Literaturkritikers François Bondy. Am Anfang trat der Hofmeister mit einem Taktstock vor den Vorhang: ein „Maître de plaisir“ oder eben auch ein Regisseur, der das vom Personal des Königshofs aufgeführte Stückchen um eine geplante, vereitelte und dann glücklicherweise doch stattfindende Hochzeit anleitete. Auf der dann sichtbar werdenden Bühne (Thomas Richter-Forgách) stand nichts als ein rotes Sofa – wieder eine Referenz auf den „leeren Raum“. Das Spiel im Spiel, das sich mit einer schwebenden Eleganz entfaltete, hatte den Charakter eines Nocturne, eine Welt wie nicht von dieser Welt, mit eigenen logischen Gesetzen. Bondy fand in den Figurenkonstellationen sich berührende Gefühlszentren, er löste sie auf und verband sie erneut. Den Staatsapparat um König P ­ eter

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jedoch setzte er einer grellen Satire aus; der Potentat (Edgar Walther) wirkte wie von Ionesco erfunden, ein „König, der nicht stirbt“. Die Maitresse Rosetta, gespielt von Marianne Hoika, war ein ätherisches Wesen, Valerio (Carsten Bodinus) kein gutmütiger Sancho Pansa, sondern ein überlegener Zuschauer mit einem illusionslosen Blick – ein weiteres Abbild des Regisseurs, implantiert in das Spiel selbst. Bondy, in einem französischen Internat aufgewachsen, hatte ein Faible fürs Fantastische, Magische, Verspielte, zugleich viel Fingerspitzengefühl für den Umgang mit Schauspielern. Womöglich gab es Zuschauer, die ahnten, dass der junge Schweizer schon bald Furore machen würde. Beide Inszenierungen, die von Grüber wie die von Bondy, markierten ästhetische Setzungen, auf die man hätte stolz sein können. Leider blieben es Ausnahmeerscheinungen. Es war kein Zufall, dass beide Regisseure an der seinerzeit besten deutschen Bühne, der Schaubühne am Halleschen Ufer, Karriere machten. In Düsseldorf inszenierten sie nicht wieder.

„Glücklos“ trotz bester Absichten Eröffnet hatte Ulrich Brecht seine Intendanz in eigener Regie mit einem Stück seines Namensvetters, „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“. Ein kanonisierter und in seiner dünnen Parabolik gleichwohl fragwürdiger Text; Heribert Sasse als Ui  / Hitler ­wusste in der Paraderolle freilich zu glänzen. Der Intendant Brecht, den man bald und ziemlich übereilt als „glücklos“ bezeichnete, hatte zweifellos die allerbesten Absichten. Doch die frühen Siebziger waren eine problematische Etappe. Der Elan von „68“ verblasste bereits; die Terroraktionen der RAF wurden noch als Verirrungen betrachtet, nicht als ein Ereignis, das den Staat tatsächlich in schwere Bedrängnis brachte. Trotzdem hatten auch diese Jahre schon etwas von einer bleiernen Zeit. Kurt Hübner als Gast­regisseur des „Eingebildeten Kranken“ von Molière stand während der Premiere im Foyer an den Türen und beäugte misstrauisch sein Publikum, das „unbekannte Wesen“ – vergeblich Ausschau haltend nach den Nerzen und Roben, von denen er ­hatte läuten hören. Die Handlung des barocken Klassikers hatte er um der Bourgeoisie-Kritik willen ins 19. Jahrhundert verlegt, die Herren traten mit Zylindern auf; am Schluss hagelte es Pfiffe und Buhs, der Spieler der Titelfigur, Alois Strempel, warf sarkastisch Handküsse ins Parkett. Aufhaltsame Aufstiege und eingebildete Kranke – das passte manchen Düsseldorfern nicht recht. Auch mit der deutschen Erstaufführung des Peter-Handke-Stücks „Die Unvernünftigen sterben aus“ (in der Regie von Günter Fischer) fremdelten


„Der eingebildete Kranke“ von Molière, Regie: Kurt Hübner, 1973, mit: Reinhart Firchow, Alois Strempel, Maria Alex, Richard Elias „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ von Bertolt Brecht, Regie: Ulrich Brecht, 1972, mit: Heribert Sasse, Wolfgang Höper, Pit Kuiper, Helmut Fehn, Niels Hansen

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„The Family“ von Lodewijk de Boer, Regie: Lodewijk de Boer, 1974, mit: Silvia Janisch, Giovanni Früh „Die Unvernünftigen sterben aus“ von Peter Handke, Regie: Günter Fischer, 1974, mit: Hilde Mikulicz, Dom de Beern, Pit Kuiper, Renate Steiger, Karl-Friedrich Gerster

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folger Günther Beelitz, der erste nicht regieführende Intendant am Düsseldorfer Schauspielhaus, war bereits persönlicher Referent von Karl Heinz Stroux gewesen und hatte die Eröffnungs­ phase des Schauspielhauses „gemanagt“; anschließend war er als bis dato jüngster Intendant ans Staatstheater Darmstadt ­gewechselt. Pragmatismus und Karriere: Das schien schon einmal die richtige Mischung zu sein.

1976–1986: Günther Beelitz – Geschichten erzählen

sie, obwohl doch die Geschichte der Selbstdemontage des Unternehmers Quitt sich nicht besser hätte in die Nachbarschaft des Thyssen-Hochhauses fügen können! Die erfolgreichste Produktion dieser vier Jahre war eine Kultserie aus Holland: „The F ­ amily“ von Lodewijk de Boer, an vier Abenden, vom Autor selbst inszeniert. Der sentimentale Kern hinter einer rauen Schale kam offensichtlich auch in Düsseldorf an, zumindest bei dem jüngeren und aufgeschlossenen Teil des Publikums, der sich nicht dem Altbewährten verschrieben hatte. Drei Geschwister, sich küssend und sich prügelnd, in einer Kommune. Die Außenwelt als Feind. Hippies gegen Spießer, Antiautoritäre gegen Altnazis, Unangepasste gegen Überangepasste – und Alois Strempel (der Ritter der Handküsse) spielte in allen Folgen die sinisteren Außenfiguren, gegen die sich die Wut der sympathischen, aber hoffnungslos verlorenen Außenseiter richtet. Eine Parabel jugendlicher Spontaneität, in der sich der Geist von „68“ zu kondensieren schien, allerdings in seiner krudesten Form. Cliffhanger trugen die Spannung von Abend zu Abend. Am Schluss sterben die Helden im Kugelhagel der Polizei – das Publikum aber brach viermal in J­ubel aus, es hatte sich in Martin Lüttge, Giovanni Früh und Silvia ­Janisch ­unsterblich verliebt. Der Intendant Ulrich Brecht blieb dennoch letztlich ein Unverstandener. Obwohl er nicht unklug taktierte, kam der Bruch mit der Gründgens- und Stroux-Linie offenbar zu abrupt; Düsseldorf war damals eine Bastion des Konservatismus. Brechts Nach-

Beelitz trat 1976 mit dem erklärten Vorsatz an, „Geschichten erzählen“ zu lassen – wobei zunächst offenblieb, ob es denn so etwas wie die eine paradigmatische Erzählung geben könnte, die den Geist (oder Ungeist) der ausgehenden Siebziger-Dekade bündelte. „Der Schoß ist fruchtbar noch …“ – die Quintessenz aus dem „Arturo Ui“ las sich inzwischen viel zu einfach; akuter, gefährlicher, verblendeter erschien in diesen Jahren der Terror der RAF, der prominente Exponenten der BRD, aber auch deren Begleiter und Schützer traf. Die erste im Großen Haus erzählte Geschichte handelte nun von einer großbürgerlichen russischen Familie, die sich in süßen Träumereien ergeht, bis ein tatkräf­ tiger Aufsteiger ihr das Landgut wegnimmt, auf das sie so stolz ist. „Der Kirschgarten“, Tschechows letztes Stück, eine b ­ ittere Komödie, wurde von dem tschechischen Schauspieldirektor Otomar Krejča inszeniert – einem Künstler, dem aus Prag ein glänzender Ruf vorauseilte, der aber mit den gänzlich anderen Bedingungen am Düsseldorfer Schauspielhaus eingestandenermaßen überfordert war. Man sah eine untergehende Welt, man sah sie gern, aber man fragte sich, was diese alte Welt, was diese zartbitteren Gefühle mit dem Hier und Heute verband. Ein Jahr später machte Krejča zum Abschluss seines kurzen Interims im Rheinland den „Hamlet“, mit einem brillanten Manfred Zapatka in der Titelrolle – aber man vermisste eine luzide Konzeption, die jenes fast generell gültige Modell von der (Selbst-)Überforderung des Einzelnen in einer korrupten Welt auch sichtbar und spürbar andocken ließ an den Themen der Gegenwart. Hatte der dänische Prinz in seinem empfindlichen Herzen am Ende etwas mit dem entgleisten Moralismus von Baader und Meinhof zu tun? Oder war es im Gegenteil das Gift der NS-Zeit, das in den Hirnen der RAF-Leute unterschwellig weiter brodelte und zu Exzessen des Vatermords anstachelte? In dieser schwebenden Situation trat plötzlich ein junger österreichischer Regisseur auf den Plan, der kurz hintereinander, Anfang 1977, zwei (bürgerliche) Trauerspiele in Szene setzte,

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„Maria Magdalena“ von Friedrich Hebbel, Regie: Michael Haneke, 1977, mit: Christiane Lemm, Hilde ­Mikulicz, Alois Strempel „Hamlet“ von William Shakes­peare, Regie: Otomar Krejča, 1977, mit: Manfred Zapatka „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow, Regie: Otomar Krejča, 1976, mit: Ensemble „Der Vater“ von August Strindberg, Regie: M ­ ichael ­Haneke, 1977, mit: Lilo ­Perchtold, Alf Pankarter, ­Helmut Everke, Maria Alex, Rolf Boysen, Ensemble

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„­Maria Magdalena“ von Hebbel und „Der Vater“ von Strindberg. Der Regisseur hieß Michael Haneke. Seine „Maria Magdalena“ dauerte über drei Stunden, denn Haneke nahm sich Zeit, die empörenden Vorgänge geduldig aus dem Alltag der Tischlerfamilie herauszuarbeiten (in einem realistischen Bühnenbild von A. Christian Steiof). Klara, die schwangere Tischlertochter, nimmt sich das Leben, als ihr selbstgerechter Verlobter sie sitzen lässt, und Meister Anton versteht die Welt nicht mehr. Diese Welt war stets eine Welt der Reinlichkeit, der Rechtschaffenheit, des sauberen Gewissens – und der Borniertheit, denn jede Abweichung vom geregelten Lauf der Dinge vermag Antons Hirn nicht zu verkraften. In einer stummen Anfangsszene erlebte man Alois Strempel als Anton bei einem ausführlichen Reinigungs­ritual. Später sah man, wie Hobelspäne fielen, wie Wäsche von der L ­ eine genommen wurde – die Welt geht unter, aber wenigstens ist der Schrankschlüssel noch an seinem Platz geblieben! Zwischen all diesen alltäglichen Vorgängen zeigte Haneke (oft stumme) Verbindungen zwischen den Figuren auf – es lag nicht in der Absicht der Regie, eine von ihnen zu denunzieren; angeklagt wurde der geschilderte Kosmos als solcher. Christiane Lemm als Klara glühte für eine Weltsekunde auf in selbstvergessenem Glück, hoffte vergeblich auf Befreiung und verlosch. Auf ähnlich sorgfältige Art und Weise setzte Haneke den „Vater“ in Szene, mit einem großartigen Rolf Boysen in der ­Titelrolle: Ein Rittmeister mit Schnäuzer und wirrem Haar, der zunächst als Familienpatriarch mit wuchtigen Gängen und herrischen Stakkatosätzen auftrumpfte, um dann immer leiser und verzweifelter zu erscheinen – da seine Frau ihm den Stachel setzt, er sei ja am Ende gar nicht der Vater seiner Tochter. Die virulente Misogynie des Stücks, es handelt sich um glatten Psychomord, wollte Haneke dabei weder beschönigen noch wegzensieren. Er las in dieser Geschlechterdebatte einen abgrundtiefen Pessimismus, der ihn ja später auch als epochalen Filmregisseur beschäftigen und auszeichnen sollte. Die Schauspielerin Maria Alex defi­ nierte als Amme, die dem geliebten Patriarchen widerstrebend die Zwangsjacke überziehen muss, einen berührenden menschlichen Gegenpol. Alex gehörte zu diesem Zeitpunkt fünfzig Jahre dem Düsseldorfer Ensemble an. Zufall oder nicht – es waren zwei Stücke des frühen Schiller, deren Inszenierungen in der Folge zu Meilensteinen ­ wurden. Im Dezember 1977 brachte Roland Schäfer „Kabale und Liebe“ heraus, genau ein Jahr später Peter Löscher „Die Räuber“. Im Trauerspiel von der scheiternden Liebe zwischen der Musikertochter Luise und Ferdinand, dem Sohn des Präsidenten am Hof eines Herzogs, erlebte ein begeistertes Publikum ein sprühendes, impulsives, sinnliches Ensemble, das mit stehenden Ovationen

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gefeiert wurde. Schäfer gelang es, den Nerv des Stücks freizulegen und es dabei frisch wirken zu lassen, als wäre es eben erst geschrieben worden. Charlotte Schwab war eine herbe, ­direkte, darunter scheue Luise, Peter Simonischek als Ferdinand ein schlaksiger Kerl mit kritischer Witterung; Alois Strempel spielte den Musikus Miller und Edgar Walther den Präsidenten als Vertreter brutaler Gewalt, ohne den Anflug einer Karikatur. Immer wieder gab es Bilder von frappierender Suggestivität: So spielte das Liebespaar in seiner ersten Szene mit Zitronen – eine bittere oder besser saure Antizipation der vergifteten Limonade, von der Ferdinand in seiner Verblendung sagen wird, sie sei „so matt wie deine Seele, Luise“. Reinhart Firchow in der Rolle des korrupten Sekretärs Wurm packte Luise von hinten, während er ihr den ­Fake-Liebesbrief an eine Hofschranze diktierte, krümmte sich aber anschließend weinend vor Scham. „Der Regisseur ist ein Mensch, der von der Schönheit erzählt“, erklärte Klaus Michael Grüber einmal, und: „Ein Regisseur ist jemand, der die Angst der Schauspieler killt. Ist ihnen die Angst erst einmal genommen, sind sie dermaßen schön!“ Das war es wohl, was die Zuschauer dieses Trauerspiels erlebten: Ein von Angst befreites Ensemble spielte eine Passage in den Tod. Der Erfolg der Aufführung hatte mit dieser Erzählung und ihrer Schönheit zu tun. Es war eine der am häufigsten am Düsseldorfer Schauspielhaus gespielten Aufführungen überhaupt, insgesamt waren es neunzig Abende. (Die „Nora“ der Ära Canaris brachte es auf 120 Ansetzungen.)

Experimente: Peter Löscher und Roberto Ciulli In die abbruchreife „Halle C“ der Alten Messe folgten die Düsseldorfer ihrem Ensemble dagegen zunächst eher ungern: Dort aber, auf einer überdimensionalen Spielfläche, inszenierte ­Peter Löscher „Die Räuber“, Schillers anderes großes Jugendwerk. ­ Peter Löscher war ein Strasberg-Schüler, er war von der strengen Denkschule des New Yorker Meisters geprägt und sammelte Schauspieler um sich, die dieser Schule ebenfalls folgen mochten. Löscher hatte 1976 bereits die Eröffnungsinszenierung im Kleinen Haus übernommen, „Krankheit der Jugend“ von Ferdinand Bruckner, die Sozialreportage über eine Reihe von WG-Studenten 1928 in einer Wiener Pension. Damit hatte der Regisseur ebenso neugierig gemacht wie später mit seinen Beckett-Abenden, den beiden Einaktern „Tritte“/„Damals“ und „Warten auf Godot“. Für das „Räuber“-Projekt suchte Löscher nun eine Spielstätte außerhalb des Pfau-Baus, eine Entscheidung, die auch einem gewissen


„Die Räuber“ von Friedrich Schiller, Regie: Peter Löscher, 1978, mit: Peter Cieslinski, Alois Strempel, Martin ­Pawlowsky, Kees Campfens, Peter Harting, Jürgen Prochnow, Dieter W ­ ernecke, Matthias Fuchs

Misstrauen gegen die traditionelle Guckkastenbühne geschuldet der Aufklärung wäre dem bluttriefenden 20. Jahrhundert bei­ war; man wollte ein anderes, „demokratisches“ Zuschauen ini- leibe nicht angemessen. Wie auch immer – eine schlüssige Paraltiieren. „Die Räuber“ verstanden sich nun als ein anregendes lele ließ sich nicht ziehen, und doch standen gewisse Analogien „Nachdenken“ über gesellschaftliche Prozesse – ein Jahr nach wie ein Gespenst, vage und nicht recht zu fassen, im Raum oder dem sogenannten „deutschen Herbst“. Waren die RAF-Terroris- besser: in der Weite der Messe-Halle C. Aktuelle Bezüge wurden ten Schiller’sche „Räuber“, die aus Frustration über gesellschaft- angedeutet, nicht aber strapaziert; etwa in der Szene, in der ein liche Verkrustungen, aus berechtigter Empörung Bomben warfen Pater mit den Räubern verhandelt („Ich bin ein Diener der Kirche, und mordeten? Hatten sie ihren idealistischen Ursprung in der und draußen stehen Siebzehnhundert, die jedes Haar auf meinen Schläfen bewachen.“). Die Aufführung war im Übrigen großartig Dynamik der Ereignisse bloß aus den Augen verloren? Die Antwort lautete jedoch: nein. Im Programmheft stand besetzt: Jürgen Prochnow spielte den Franz, Matthias Fuchs den zu lesen: „Es stellt sich heraus, dass die RAF-Parallele nicht Karl Moor, Charlotte Schwab die Amalia, Edgar M. Böhlke den durchzuführen ist.“ Man hatte also versucht, sie „durchzufüh- Spiegelberg. Leider konnte der Einladung zum Berliner Theaterren“, war daran gescheitert oder hatte es frühzeitig aufgege- treffen nicht gefolgt werden, da sich in Berlin anscheinend kein ben. Diese Parallele taugte, wenn man es richtig versteht, des- geeigneter Raum für die „Räuber“ finden ließ. Die deutsche Theaterszene schaute gleichwohl in jener halb nichts, weil die politischen Motive der RAF-Leute ernster zu nehmen waren als diejenigen, die Schiller seinen Desperados Zeit nach Düsseldorf: Hier fanden offenbar spannende Experizugutehielt. Diese waren eher aus persönlichen Gründen in den mente statt, auch wenn der Versuch, die Löscher-Truppe in ein „Untergrund“ gegangen – Karl Moor etwa aufgrund der Intrige, Ensemble zu integrieren, am Ende scheitern sollte. Der Mailändie sein Bruder Franz angezettelt hatte. Das „tintenklecksende der Roberto Ciulli, aus Köln nach Düsseldorf wechselnd, hatte Säkulum“ – diese fast behagliche Umschreibung des Zeitalters „Die Räuber“ gesehen und plante ebenfalls eine Produktion in

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„Krankheit der Jugend“ von Ferdinand Bruckner, Regie: ­Peter Löscher, 1976, mit: ­Geneta Fischer, Veronika Bayer „März, ein Künstlerleben“ von Heinar Kipphardt, Regie: ­Roberto Ciulli, 1980, mit: Wolf Aniol „Der Zyklop“ von Euripides, Regie: Roberto Ciulli, 1979, mit: Manuela Alphons „Kabale und Liebe“ von ­Friedrich Schiller, Regie: Roland Schäfer, 1977, mit: Charlotte Schwab, Peter Simonischek

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der A ­ lten Messe. Die Wahl fiel auf die Uraufführung des Stücks „März“ von Heinar Kipphardt. Roberto Ciulli war, wenn man so will, der katholisch-hegelianische Gegenentwurf zum schwäbischen „Protestantismus“ Löschers – ähnlich konsequent in der Form, aber lustvoller, hedonistischer, eben „italienischer“ im Umgang mit den Schauspielern (die ihm ähnlich ergeben waren wie die Löscher-Spieler ihrem Meister). Die Stücke, die Ciulli in Düsseldorf herausbrachte, bevor er 1981 nach Mülheim weiterzog und dort sein Theater an der Ruhr gründete, waren: „Der ­Zyklop“ und „Alkestis“, beide von Euripides, „Das Dekameron“ nach Boccaccio und eben „März“ von Heinar Kipphardt. Das ganz Alte und das ganz Neue also; in beiden Polen entdeckte Ciulli entzündliches Material. Anders als der eher traditionsbewusste (nicht „konventionelle“) Peter Löscher offenbarte der Italiener sich als Avantgardist, der tatsächlich einige spätere Errungenschaften – von Fremdtexten über Prosa-Adaptionen bis hin zu Cross-Gender-Besetzungen – vorwegnahm, also recht eigentlich „erfand“. Ciulli war ein skeptischer Moralist, zugleich ein Dialektiker der Aufklärung. Das zeigte sich exemplarisch im „Zyklop“. Es ging darin um die berühmte Episode aus der „Odyssee“, worin Odysseus den Zyklopen Polyphem, der ihn und seine Gefährten schlachten will, übertölpelt, indem er ihn betrunken macht, blendet und sich selbst und seine Gefährten in Schaffelle gehüllt aus der höllischen Höhle bugsiert. Mit einem verblüffend einfachen Kunstgriff stellte Ciulli die Quintessenz der Episode auf den Kopf: indem er Polyphem mit einer Frau besetzte, der Schauspielerin Manuela Alphons. Wer war nun der eigentliche Barbar, wer der zivilisierte Mensch? Ciulli interpretierte die Geschichte im Vorgriff auf Goethes „Iphigenie auf Tauris“. Das vermeintliche Monster entpuppte sich als fragil und verletzbar, der listenreiche, allseits geschätzte Odysseus (gespielt von Gerhard Winter) dagegen als rücksichtsloser Kolonialist mit monströsen Zügen. Natürlich setzte diese Inversion nur einen gedanklichen Impuls – sie änderte ja nichts daran, dass Odysseus und die Seinen ihre Haut retten mussten, wozu ihnen jedes Mittel recht war. Aber genau diese scheinbare Selbstverständlichkeit – dass in der Not jedes Mittel recht ist – stellte die Aufführung infrage. Eine ähnliche Inversion bewerkstelligte Ciulli anlässlich der Uraufführung des Kipphardt-Stücks „März. Ein Künstlerleben“, die wie Löschers „Räuber“ in der Alten Messe stattfand. Der Dichter Alexander März, ein Patient des Wiener Psychiaters Leo Navratil, wird zum Opfer einer brutalen, lebensfeindlichen Schulmedizin, die am Patienten „paranoide Schizophrenie“ diagnostiziert – angeblich, um zu helfen, in Wahrheit, um eine Existenz zu vernichten, die den geltenden Normen zuwiderläuft; auf die Suggestivfrage eines Arztes: „Wo sind wir hier?“, antwortet

März: „In der Konservendose.“ Der psychisch Kranke stellt tatsächlich einen anderen Entwurf von Menschlichkeit dar, während die Ärzte und Therapeuten – mit einer Ausnahme – wie Maschinen auf das Phänomen der seelischen Erkrankung reagieren. In der viereinhalbstündigen Aufführung fanden Ciulli und sein Ensemble, insbesondere Wolf Aniol in der Titelrolle, poetische Bilder und entwickelten dichte Spannungen zwischen den Figuren.

Hitzige Reaktionen auf „Stuart“ und „Dekameron“ Dass das Düsseldorfer Publikum reizbar sein konnte, zeigte sich Anfang 1980 kurz hintereinander in Ciullis „Dekameron“ und in Ulrich Heisings Inszenierung der „Maria Stuart“. „Nichts w ­ ürde die Premierenbesucher so überraschen wie das Ausbleiben einer Überraschung“, hatte zwar der Kritiker Heinrich Vormweg in einer besinnlichen Minute notiert, und hinzugefügt, „unkonventionell wäre es inzwischen, ein Stück einfach gut zu besetzen“, um es dann quasi from page to stage zu bringen. So etwas geschah natürlich auch, aber die sich über die Jahre einprägenden Ereignisse waren denn doch eher die kantigen, widerborstigen, eben die unerwarteten Setzungen. Dass etwa Boccaccios Novellen über die Liebe in Zeiten der Pest in einem Sakralraum (der Nachbildung einer Florentiner Kirche) herausfordernd und beunruhigend aktualisiert wurden; die vorzüglichen Schauspieler wie Fritz Schediwy, Wolf Aniol, Veronika Bayer trugen heutige Kleidung und entwickelten die Episoden mit bohrender Intensität in

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­ ichtung eines Endspiels – am Schluss siegt die Pest. Oder dass R Maria ­Stuart und Elisabeth I. in Schillers Trauerspiel von ein und derselben Darstellerin geboten wurden – von Christa Berndl. Der Protest, „an der Schwelle zum Skandal“, hieß es, entzündete sich freilich nicht an dieser Besetzungsidee, sondern an der Tatsache, dass Berndl sich in der Szene, in der die beiden Frauen sich eigentlich gegenüberstehen, sekundenlang komplett entblößte. Günther Beelitz sah sich bemüßigt, einen Appell ans werte Publikum zu richten. „Vermutet wird, Schiller würde sich im Grabe umdrehen“, schrieb der Intendant. „Wo er bisher in ehrfürchtiger Ruhe gelegen hat?“ Ob solcher Sarkasmus nicht eher noch Öl ins Feuer der Entrüstung goss, lässt sich schwer beurteilen. Doch Beelitz hatte natürlich recht: Schiller drehte sich keineswegs im Grab um; vielmehr war er in höchstem Maß erstaunt darüber, dass das Werk seiner blühenden Fantasie noch 175 Jahre nach seinem Tod nicht nur aufgeführt wurde, sondern derartig erregte Diskussionen zu entfachen vermochte. Ulrich Heisings Idee war folgende: Das Trauerspiel ­sollte sich als eine Art Bewusstseinstheater der gefangenen Maria ereignen. In einem Fieberwachtraum inszenierte Maria eine

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Konfrontation mit ihrem anderen Ich – mit einer kalten, zum Herrschen und Diktieren befähigten Frau. Sinnlichkeit und Macht, beides sollte in diesem Bewusstseinstheater miteinander vereinbar sein. Oder zumindest sollten die Grenzen einer solchen Vereinbarkeit spielerisch ausgetestet werden. Heisings (und Berndls) durchaus feministisch geprägte These, die übrigens auch explizit formuliert wurde, lautete: Schiller zeige in der „Maria Stuart“ das Los der Frau in der patriarchalischen Gesellschaft. Diese These war kühn, wenn man bedenkt, dass das Drama ja ebenfalls eine Frau, nämlich Elisabeth, über das Los einer anderen, einer Rivalin bestimmen lässt. Doch Elisabeth kam in Heisings Lesart ja nicht vor, oder lediglich als Projektion. Den dauernden Rollenwechsel absolvierte Christa Berndl souverän, zumal in der „Parkszene“, in der es, auf dem Blatt, zu einer physischen Konfrontation (und zur Eskalation des Konflikts) kommt. Nachdem sie sich nackt gemacht hatte (eher diskret im Hintergrund der Bühne), griff Maria nach dem Hermelin – als Symbol der königlichen Macht. Das war der Moment, in dem die Hermeline im Parkett bzw. in der Garderobe lautstark ihrer Entrüstung Ausdruck gaben.


„Maria Stuart“ von Friedrich Schiller, Regie: Ulrich Heising, 1980, mit: Christa Berndl „Maria Stuart“ von Friedrich Schiller, Regie: Ulrich Heising, 1980, mit: Edgar M. Böhlke, Heinrich Ortmayr, Christa Berndl „Das Dekameron“ von Roberto Ciulli/Helmut Schäfer nach ­Boccaccio, Regie: Roberto Ciulli, 1980, mit: Wolf Aniol, Charlotte Schwab

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Die Schattenseite seiner dezidierten Lesart bestand darin, dass Heising sich offenbar genötigt sah, die im Stück auftretenden Männer, vom Grafen bis zum Kerkermeister, als Marionetten des Patriarchats zu denunzieren, ohne Rücksicht auf die feinen Differenzierungen, die der Autor ihnen angedeihen lässt. Franz Koppendorfers Bühne zeigte eine heutige, technoide Welt mit ­allen möglichen Überwachungsinstrumenten – 1984 war nicht mehr weit entfernt. Alice Schwarzer höchstpersönlich wohnte der ­Premiere bei; sie soll sich wohlwollend geäußert haben.

Ausgrabungen und „große Würfe“ Eine der interessantesten Ausgrabungen dieser Zeit waren James Joyces „Verbannte“, die Hans-Dieter Jendreyko im Kleinen Haus inszenierte. Freundschaft versus Ehe könnte man das Thema dieses Stücks von 1915 nennen (das Harold Pinter kurz zuvor in London wiederentdeckt hatte): Der Dichter Richard, der lange in Italien gelebt hat, trifft nach seiner Rückkehr nach Irland auf seinen Freund und Förderer Robert, einen Journalisten. Diesem offeriert er seine Frau Bertha quasi auf dem Silbertablett zum Ehebruch – nicht, weil er seiner Frau leid wäre, sondern weil er sich, jenseits der offiziellen Moral, seine eigenen Gesetze geben will. Als vierte Figur gesellt sich Roberts (platonische) Freundin Beatrice hinzu. Dass Richard auf Robert auch angewiesen sein könnte, ist eine pikante Fußnote in einem prekären Arrangement; was in der Nacht, die Robert und Bertha miteinander verbringen, wirklich geschieht, erfährt man nicht. Kunst und Leben – das alte Lied. Jendreyko inszenierte das Quartett, besetzt mit Dieter Wernecke, Erika Skrotzki, Jürgen Prochnow und Tanja von Oertzen, indem er geschliffene Rhetorik und verräterische Körpersprache gegeneinander ins Spiel brachte und eine subtile Raumspannung von Nähe und Distanz entfachte. Die Leerstellen, die Joyce so brillant schuf, blieben in diesem Kammerspiel behutsam erhalten. Fast gleichaltrig mit Joyces „Verbannten“ ist das Schauspiel „Die Wupper“ der Dichterin Else Lasker-Schüler, 1909 geschrieben, 1919 in Berlin uraufgeführt. Mit diesem Projekt begab man sich in eine gewisse Konkurrenz zu den benachbarten Wuppertaler Bühnen, wo 1966, im Rahmen der Eröffnung des Schauspielhauses in der Heimatstadt der Dichterin, eine legendäre Inszenierung des Stücks durch Hans Bauer im Bühnenbild von Teo Otto stattgefunden hatte – wahrscheinlich eine unübertreffliche Realisation der „Stadtballade“, die in ihrer singulären Mischung aus pittoresken, komödiantischen und tieftragischen Elementen eine Herausforderung darstellt – was ihr prompt den Ruf der Unspielbarkeit einbrachte. Wenn man genauer hinschaut, sieht man

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jedoch, dass das Stück dramaturgisch klug gebaut ist, indem es seine Gewichte auf entgegengesetzte Schauplätze, Arbeiter- und Fabrikantenmilieu, auf lyrische und herb-realistische Momente verteilt. Die Figuren sind lebensprall und abgründig charakterisiert – man findet das Echo Hauptmanns, ohne dass das Stück lediglich ein bergischer Abklatsch der schlesischen „Weber“ wäre. Ein Protestant, der katholischer Mönch, ein Katholik, der evangelischer Pfarrer werden will, ein Pädophiler, der vergeblich versucht, seine Triebe zu disziplinieren, drei „Herumtreiber“ mit ihrem jeweiligen sexuellen Spleen – das untergründige Rauschen des Eros hat kaum jemand so feinsinnig und vielfältig in einem Sozialdrama eingefangen wie die Lasker-Schüler. Das Unerhörte, die Vergewaltigung einer Minderjährigen auf der Kirmes durch den Fabrikantensohn Heinrich Sonntag, wird im düster raunenden dritten Akt elliptisch umkreist, nicht drastisch benannt. Michael Gruners Inszenierung versuchte das Stück gewisser­ ­ maßen „klar“ zu organisieren, die Figuren in ein Geflecht sozialer Spannungen einzubinden, was vom Gedanken her richtig war, in diesem Fall jedoch ein wenig auf Kosten des Geheimnisvollen, Unergründlichen, des „Balladesken“ ging. Die Aufführung ließ das Stück verwechselbarer erscheinen, als es tatsächlich ist. Es gibt Projekte, von denen man sozusagen von vornherein erwartet, dass sie ein „großer Wurf“ werden müssen. Zu diesen überlebensgroßen Projekten der Ära Beelitz zählte in erster Reihe die Uraufführung des „Merlin oder Das wüste Land“ von Tankred Dorst, in einer sieben Stunden währenden Aufführung, die anlässlich der Premiere im Oktober 1981 sogar an einem einzigen Tag über die Bühne ging. Das stellte die Geduld des Publikums auf die Probe, aber es unterstrich auch den Anspruch des Theaters, den großen, herausfordernden Erzählungen einen entsprechenden Rahmen zu verschaffen – waren Schauspielhäuser wie das Düsseldorfer in der Mitte der Stadt nicht zu diesem Zweck erbaut worden? „Das wüste Land“, im Anklang an das berühmte Versepos von T.S. Eliot – bereits der Untertitel des gewaltigen Stücks ließ erahnen, dass die Utopie nicht überleben, dass die zerstörerischen Kräfte obsiegen würden, auch wenn der Titelheld Merlin, der Sohn des Teufels, seine Herkunft leugnen und für den König Artus die Tafelrunde erfinden würde, ein Symbol für Ausgleich, Toleranz und Vernunft. Dorsts Opus magnum formulierte einen eigenwilligen Gegenentwurf zu den überlieferten Versionen der Artus-Sage. Ritterspektakel und eine „moderne“ Psychologisierung der Figuren, besonders bei den Liebeshändeln; Mythos und Utopie, die Gralssuche als Ersatz für den Krieg – hier war vieles unter einen szenischen Begriff zu bringen. Jaroslav Chundelas Inszenierung hatte starke, beeindruckende Bilder hervorgebracht, deren Kraft man sich nicht entzie-


„Verbannte“ von James Joyce, Regie: Hans-­ Dieter Jendreyko, 1980, mit: ­Pasquale / Marco ­Sigismondi, Tanja von Oertzen, Dieter Wernecke, Erika Skrotzki „Die Wupper“ von Else Lasker-Schüler, Regie: Michael Gruner, 1982, mit: Christine Scherer, Thomas Hodina

hen konnte. Der Eindruck, der sich am Ende bei vielen einstellte: Ergriffenheit, aber naturgemäß auch eine gewisse Erschöpfung und Ernüchterung. Politisch war es die Zeit, da Bundeskanzler Helmut Schmidt in seiner SPD den NATO-Doppelbeschluss durchzusetzen versuchte; bald würden die größten Friedensdemonstrationen seit Langem in Bonn und anderswo das Land aufwühlen. Es war keine Zeit für Utopien, sondern für vage Ängste. Margaret Thatcher prägte zur gleichen Zeit die These, so etwas wie eine Gesellschaft gebe es gar nicht, es gebe nur den Einzelnen und seine Interessen. In einem sehr viel intimeren Maßstab als Tankred Dorst versuchte ein anderer Zeitgenosse, die allgegenwärtigen Aporien

auf den Punkt zu bringen. „Nicht Fisch nicht Fleisch“, das wohl beste Stück von Franz Xaver Kroetz, wurde ebenfalls in Düsseldorf uraufgeführt. Die Einführung des Fotosatzes anstelle des Bleisatzes im Druckereigewerbe bringt den Schriftsetzer Edgar, gespielt von Wolfgang Reinbacher, an den Rand des Wahnsinns, während sein Kollege, der eigentlich trägere Hermann (Wolfgang Kraßnitzer) keine Probleme damit hat. Ihre jeweiligen Ehefrauen, Emmi und Helga (Gabriele Köstler und Bigi Fischer), sind in die beruflichen Krisen ihrer Männer involviert, denn Kroetz zeigt mit viel Humor, wie das Berufsleben samt seinen Verwerfungen sich im sogenannten Privatleben (fast buchstäblich) niederschlägt. In dieser gegenseitigen Durchdringung des einen mit

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„Merlin oder Das wüste Land“ von Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler, Regie: Jaroslav Chundela, 1981, mit: Cornelia Killing, Volkert Matzen „Die wahre Geschichte des Ah Q“ von Christoph Hein nach Lu Xun, Regie: Herbert König, 1985, mit: Stefan Wigger, ­Karlheinz Vietsch „Nicht Fisch nicht Fleisch“ von Franz Xaver Kroetz, Regie: Volker Hesse, 1981, mit: Bigi Fischer, Wolfgang ­Reinbacher, Gabriele Köstler, Wolfgang Kraßnitzer

dem anderen lag die Qualität des Stücks, das nicht predigte, sondern Konflikte klug vorführte. Volker Hesses Inszenierung wurde dieser Qualität gerecht: Edgars Totenklage auf die Linotype, das Zusammen­fallen der Schmerz- und Lachschwellen, die Wahlverwandtschaften der Männer / Frauen überkreuz, die indes keinen Ehebruch zeitigten, das Loblied auf die einfachen Dinge wie Brot und S ­ uppe, Liebe und Freundschaft – all dies entfaltete sich an diesem eindrücklichen Abend im Kleinen Haus. Auf subkutane Art und Weise mit „Nicht Fisch nicht Fleisch“ verbunden war eine andere Perle des zeitgenössischen Theaters, das Stück „Die wahre Geschichte des Ah Q“ des DDR-Autors Christoph Hein, das auf einer gleichnamigen Novelle des Chinesen Lu Xun beruht. Es wurde von dem aus der DDR emigrierten Regisseur Herbert König inszeniert. Der „Ah Q“ ist so etwas wie „Warten auf Godot“ unter den Bedingungen einer prärevolutionären Situation (in China oder anderswo). Zwei Penner, Vagabunden, „Her-

umtreiber“ logieren in einem verfallenen Tempelchen; eine Nonne bringt ihnen einmal die Woche eine Milchsuppe, ein Tempelwächter schikaniert sie, ein Polizist vollstreckt Strafmaßnahmen. Ansonsten parlieren die beiden über Gott und die Welt; Ah Q ist der Hedonist, Wang der „Intellektuelle“ – wenn man so will, grüßen nicht nur Wladimir und Estragon, sondern auch noch D ­ anton und ­Robespierre. Oder zumindest doch: Leonce und Valerio. „Anarchie“, staunt Ah Q, „ein schönes Wort. Scharf und kräftig. Was meinst du damit?“ – „Das heißt, dass ich gegen alles bin“, erklärt Wang. „Ein Anarchist ist gegen alles.“ Eine gewisse No-Future-Stimmung, die bei Teilen der jungen Generation angesagt war, fand hier ein Echo. Inzwischen war Dr. Helmut Kohl aus Ludwigshafen-Oggersheim zum Bundeskanzler gewählt worden und hatte, ohne im engeren Sinn ein Theatergänger zu sein, eine „geistig-moralische Wende“ angekündigt; eine politische Wende war ihm nicht genug. Da das Wort „Wende“ einmal

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im ­gesellschaftspolitischen Sprachschatz etabliert war, sollte es dem Theater. Es gibt die Wahrheit der Gefühle und nichts andeeinige Jahre später auch auf den mehr oder weniger sanften Um- res.“ Dieses apodiktische Bekenntnis markierte auch einen Bruch sturz in der DDR gemünzt werden. Welcher Art auch immer die mit der Ära von Günther Beelitz, dem durchaus an realistischen „Revolution“ war, die sich im Hintergrund des „Ah Q“ mächtig Setzungen und an der Erforschung des Alltags gelegen war. Canaund bedeutsam aufbaute, den beiden Protagonisten aber kom- ris, der aus der Kölner Dramaturgie nach Düsseldorf gewechselt plett entging – der provokative Stachel der Totalverweigerung war, sollte mit dem Chefdramaturgen Joachim Lux ebenso wie war für den real existierenden Sozialismus bestimmt, in dem der Beelitz ein Jahrzehnt in der Verantwortung bleiben. Zwei der ersten Inszenierungen unter Canaris waren Text entstanden war. Aber auch im Land des Klassenfeinds entfaltete Königs Inszenierung mit ihrer anschaulichen Reflexion Schroeters Lorca-Interpretation „Doña Rosita bleibt ledig oder eine diskrete Komik. Parallel zu diesem Theaterereignis machten Die Sprache der Blumen“ und Ibsens „Nora oder Ein Puppenheim“ der „Ratinger Hof“ und die dort auftretenden Punk-Bands Düs- – zwei Frauenstücke, wenn auch nicht Stücke von Frauen; zugleich seldorf zur Hauptstadt des Pop. Subversion hatte eine andere, zwei Stücke, die „die Wahrheit der Gefühle“ auf höchst untermehr ins Dadaeske zielende Gestalt angenommen als zwölf Jahre schiedliche Weise in Augenschein nahmen. „Doña Rosita“ erzählt zuvor. Sarkastisch ans Publikum richtete Stefan Wigger als Ah in einer patriarchalen und dennoch (scheinbar) von Frauen geQ den Satz: „Wir spielen Szenen aus der Welt der Angestellten“, prägten Welt die Geschichte eines nicht eingelösten Eheverspreund nicht wenige im Saal mochten rätseln, wie diese kryptischen chens und der darauf gegründeten Lebenslüge, aus der Ibsens Nora wiederum sich mit einem Paukenschlag befreien wird – ­Worte wohl zu verstehen waren. Günther Beelitz, der 1986 von Düsseldorf als Intendant befreit hat, muss man sagen, denn die Norwegerin Nora lebt ja ans Münchner Residenztheater wechselte, war nicht zuletzt ein sogar etwas früher als die Südspanierin Rosita; Lorca bezeichnet reisender Theaterchef gewesen, eine Art Pontifex theatralicus, sein Werk als eine „Granadiner Dichtung um 1900“. Die Wahrheit der Brücken baute vor allem in den Osten, in die UdSSR und in der Gefühle, wollte Schroeter zeigen, bleibt von der tristen soziadie DDR, den „anderen Teil Deutschlands“, wie es hieß, und len Realität unangetastet. Rosita, gespielt von Christiane Lemm, ebenso nach Israel. Bereits vor dem Kulturabkommen fanden war nicht glücklich, aber auch nicht unglücklich – ihr Schicksal beispielsweise Gastspiele des Düsseldorfer Schauspielhauses basierte auf den Werten Glaube, Liebe, Hoffnung (ohne die sarin Leipzig und Dresden statt. Christoph Hein erzählt in seinem kastische Note, die Horváth einige Jahre später diesem Dreiklang Büchlein „Gegenlauschangriff“ eine herrliche Anekdote. Als das geben würde). Durchaus liebevoll betreut wurde die Waise von Maxim Gorki Theater mit Tschechows „Drei Schwestern“ in Düs- ihrer Tante und dem rosenzüchtenden Onkel (Elisabeth Krejcir seldorf gastierte, seien die Darstellerinnen der Schwestern nach und Hans Peter Korff). Die von Alberte Barsacq gebaute Bühne und nach im Büro des Chefdramaturgen Gerd Jäger vorstellig ge- zeigte im Hintergrund, von einem Gazevorhang halb verborgen, worden, um eine Möglichkeit zu erkunden, am freien Tag zwi- ein im Bau befindliches Schiff – eine Metapher für die Flucht und schen drei Vorstellungen möglichst unbehelligt nach Paris zu für deren (vorläufige) Unmöglichkeit zugleich. Die „Nora“ wurde vom Hausregisseur Klaus Weise inszegelangen. Nicht „Nach Moskau!“, sondern „Nach Paris!“ lautete die Parole der Schauspielerinnen aus Ostberlin. Ihr Wunsch ging niert, einem jungen Hoffnungsträger, um den sich die Theater in Erfüllung, und bei der letzten Vorstellung in Düsseldorf soll plötzlich rissen. Tatsächlich gestaltete die sich auf die beiden ihr Ruf „Nach Moskau, nach Moskau!“ beinahe von jeder Melan- Hauptfiguren konzentrierende Aufführung als großer Erfolg. cholie befreit und deutlich inniger, ja geradezu strahlend intensiv Die Nora der Verena Buss schwankte zwischen der vom Gatten ersehnten Püppchenhaftigkeit, einer grüblerischen Absenz und erklungen sein. einer sich zur Panik steigernden Nervosität, Christoph Quest als Helmer war ein mild-autoritärer Karrierist, der sich weigerte, erwachsen zu werden. Risse in den Figuren wurden sichtbar, 1986–1996: ­genaue psychologische Beobachtung und eine gewisse überhöVolker Canaris – Wahrheit der Gefühle hende Künstlichkeit hielten sich die Balance. Obwohl (oder auch „Es gibt nichts Alltägliches am Theater“, sagte Werner Schroeter, weil) die Inszenierung keine Lesart forcierte, traf sie beim Publiwährend der Intendanz von Volker Canaris (1986–1996) neben kum auf offensichtliche Gegenliebe. Wenn es nach wie vor üblich war, das Bild der Frau und der David Mouchtar-Samorai einer der prägenden Regisseure am Düsseldorfer Schauspielhaus. „Es gibt auch keinen Realismus auf Wahrheit ihrer Gefühle aus männlicher Perspektive zu zeichnen,

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„Doña Rosita bleibt ledig“ von Federico García Lorca, Regie: Werner Schroeter, 1986, mit: Christiane Lemm, Ensemble „Nora“ von Henrik Ibsen, Regie: Klaus Weise, 1986, mit: Christoph Quest, Verena Buss

so änderte an dieser Praxis auch Hansgünther Heymes Inszenierung von Christian Friedrich Grabbes „Don Juan und Faust“ nichts, der originellen Konfrontation zweier idealtypischer Mannsbilder, die dieselbe Frau begehren: Donna Anna. Friedrich-Karl Praetorius zeigte den Don Juan als lässigen Zyniker, Christoph Quest den Doktor Faust eher als Biedermann denn als Abenteurer; beide aber steckten in der Montur der Faschisten, Juan in der der spanischen Franquisten, Faust in der der Nazis. Ein 17-köpfiger Frauenchor bildete den numerisch starken und doch unterlegenen Widerpart, während Margit Carstensen Fausts Gefährten, den „Ritter“, im Männerkostüm gab und sich erst spät als Frau entpuppte. Maxim Gorkis Tragikomödie „Kinder der Sonne“ ist ein Drama der Unentschlossenen, einer Clique von Bürgern, die in

einer Blase leben, voller Illusionen über ihren Platz in der Welt und ihre Zukunftsaussichten – die russische Revolution wirft erste Schatten voraus. Werner Schroeter charakterisierte die Titelfiguren tatsächlich als spielende Kinder; er nahm den vor Ironie triefenden Titel ernst. Die Bühne von Alberte Barsacq zeigte erneut im Hintergrund, hinter der Spielfläche, eine Metapher der Erneuerung, einen Hochhausbau, in dem vage „das Volk“ sichtbar wurde – dessen blindwütige Revolte am Ende des Gorki-Stücks noch mit einer Dachlatte niedergeschlagen werden kann. Dass aber den dekadenten Ritualen der Bourgeoisie eine tragische Komponente innewohnt, demonstriert Gorki anhand eines scheiternden Paares, der idealistisch-versponnenen Lisa (Christiane Lemm) und ihres glücklosen Verehrers, des Tierarztes Tschepurnoi (Bernt Hahn), der sich aus Kummer das Leben nimmt.

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„Kinder der Sonne“ von Maxim Gorki, Regie: Werner Schroeter, 1988, mit: Christiane Lemm, Albert Kitzl, Ensemble „Don Juan und Faust“ von Christian Dietrich ­Grabbe, ­Regie: Hansgünther ­Heyme, 1987, mit: Christoph Quest, P ­ etra Kuhles, Margit ­Carstensen, Ensemble

„Revolte“, „rot“ und „Nacktheit“ Zu diesem Zeitpunkt, 1988, ahnte kaum jemand, dass das sowjetische Imperium mitsamt seinen Satelliten kurz vor dem Kollaps stand. Würden die Werte der Linken, die ja auch im Theater ­dominierten, mitsamt den Ost-Staaten eine Bruchlandung erleben? Anfang der neunziger Jahre fand eine Umfrage unter 1200 französischen Linksintellektuellen statt, sie sollten unter 210 Begriffen diejenigen auswählen, die sie noch für relevant hielten. Es waren exakt drei Begriffe, auf die sich eine Mehrheit der Befragten verständigen konnte: „Revolte“, „rot“, „Nacktheit“. (Und nicht etwa Glaube, Liebe, Hoffnung.) Wie man sieht, hatte die „sexuelle Revolution“ in diesen Kreisen einen gewissen Nachklang hinterlassen; heute, nach #MeToo, würde eine entsprechende Umfrage selbstverständlich anders ausgehen. Auch das „Rot“ hat empfindlich an Zugkraft eingebüßt. Vor dem Hinter-

grund der ermittelten Favoriten unter den damaligen Leitwerten erscheint es jedoch plausibel, warum ein Stück wie „Der Balkon“ von Jean Genet, das alle drei Komponenten in sich vereint, eine bedeutende Anziehungskraft besaß – wie übrigens sein ernstes Gegenstück, „Dantons Tod“. Beide Werke standen 1989 auf dem Spielplan. „Der ­Balkon“, von Axel Manthey inszeniert und prominent besetzt, spielt in einem Bordell; während draußen eine Revolte tobt, verkleiden die Puffbesucher sich im „Palast der Illusionen“ als Bischof, Richter und General. Der (reale) Polizeipräsident will in die Liturgie des Bordells aufgenommen werden, während der Anführer der Revolte seinerseits Ambitionen auf die Rolle des Präsidenten hegt. Wirklichkeit und Illusion durchdringen einander bis zur beiderseitigen Auflösung; Lustbefriedigung ist im Rollenspiel erfahrbar, auch der Aufruhr ist letztlich nur Spiel, das Theater triumphiert auf der ganzen Linie über die Realität. Die einzige

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aufrichtige Figur, Chantal, vormals Hure, dann Barrikadensänge- Es war kein optimistischer Schluss, den die Inszenierung aus den geschilderten Vorgängen zog, und das wäre mit Büchners Text rin, wird auf dem Balkon (real) erschossen. Ulrich Wildgrubers amüsierter Zynismus in der Rolle ei- auch kaum möglich gewesen. Der vielzitierte „Fatalismus der nes königlichen Gesandten stand prototypisch für die legere Hal- Geschichte“, man könnte auch von der „Macht des Faktischen“ tung, die Mantheys Inszenierung gegenüber dem Sujet „­Revolte sprechen, behielt die Oberhand – und eingefleischte Pessimisten vs. Nacktheit“ einnahm. Dazu passte auch, dass „das Volk“ am mochten daraus Analogien ableiten zu dem, was in der näheren Schluss als Opernchor auftrat. Das Volk? Wer war das überhaupt? Zukunft im postrevolutionären Deutschland – und überhaupt in Ein halbes Jahr später würde es in Prag, Leipzig, Berlin und an- der Welt – geschehen sollte. Aus einer der Metropolen des Ostblocks, aus Sofia, war derswo die Rolle eines Subjekts der Geschichte beanspruchen, aber wie gesagt, am Beginn des Jahres 1989 ahnte man das kaum. der Regisseur Dimiter Gotscheff in den Westen gelangt. Canaris Stattdessen erfreute man sich an einer tollen Besetzung: Han- vertraute ihm die bundesdeutsche Erstaufführung eines 1987 in nelore Hoger spielte die Puffmutter Irma, Peter Brombacher den der DDR geschriebenen Stücks an: „Carmen Kittel“ von Georg Seidel. Es handelte sich um das Überbleibsel eines größeren KonPolizeipräsidenten, Manuela Alphons die Chantal. Am 18. November 1989, genau neun Tage nach dem so- voluts, das in der Maschinerie der DDR-Genehmigungsverfahren genannten „Mauerfall“, also der (in der Logik der DDR-Nomen- aufgerieben worden war. Der Text zitiert Hauptmanns „Ratten“: klatur: versehentlichen) Öffnung der Berliner Mauer in Richtung Auch hier stiehlt eine Frau, eine Arbeiterin, ein fremdes Kind – Ost / West, fand in Düsseldorf die Premiere von „Dantons Tod“ nachdem sie ihr eigenes abgetrieben hat. „Carmen“ steht für die in der Inszenierung von Hans Hollmann statt – terminpolitisch Sehnsucht nach dem Exzess, „Kittel“ für das uniformierte Leben. ein kompletter Zufall, aber eben doch ein spannender, wie eben Doch Gotscheff montierte das Stück radikal um. Aus einem lineerst geschriebener Kommentar zum Hier und Jetzt. Wie würde es ar erzählten Sozialdrama entwickelte er eine schneidend scharfe weitergehen mit dem sozialistischen Experiment auf deutschem Apokalypse, formulierte Skepsis gegenüber der Wandelbarkeit Boden? Würde es einen dritten Weg geben können, wie ihn sich gesellschaftlicher Verhältnisse, die unter die Haut ging. Die Kartoffel wird im Stück als „dumpfes Gemüse“ geviele DDR-Intellektuelle wünschten? Würden „sie es wagen“? schmäht (es spielt in einer Kartoffelschälfabrik) – der Deutsche Und wer waren „sie“ und „es“? Wie waren die Rollen verteilt? Natürlich ließen sich die Konfliktlinien des Dramas nicht müsse erst seine Essgewohnheiten ändern, bevor er Revolution mit denen der Realität kurzschließen. Aber allein die Tatsache, machen könne. Gotscheff griff solche Komik auf, setzte sie aber dass und wie Konflikte kontrovers und coram publico diskutiert nicht in Milieu-Situationen ein, sondern animierte mithilfe szeniwurden, in der Realität und auf der Bühne, gab dem Abend ein scher Chiffren und Leitmotive eine raffiniert-artistische Spielweiatemberaubendes Timbre. Eine Revolution ist die Stunde der se. Über die Bühne im Kleinen Haus war in einem Meter Höhe ein Redner; während in Ostberlin Heiner Müller, Christa Wolf und Netz aus Drahtrosten gespannt (Achim Römer), wie ein zu niedandere vor das „Volk“ traten, puschten auf der Bühne der Sen- rig gehängtes Zirkusnetz. Auf diesem doppelten Boden war jeder sualist Danton, der die Rosse der Revolution „am Bordell Halt Naturalismus unmöglich – und auch nicht erwünscht. Auch die machen lassen will“, und sein Freund-Feind Robespierre ihre An- Empathie für die von Anne Weber gespielte Titelfigur hielt sich in hänger wortmächtig auf. Der Auftakt der Inszenierung war visuell Grenzen. Stattdessen präsentierte Gotscheff eine Inszenierung überwältigend, wie aus einem Bertolucci-Film entnommen: Eine voller dunkler Symbole, Schrecken und Schönheiten – und empKompanie von Komparsen als „Volk“ trug Danton und Robespi- fahl sich prompt als eine der prägenden Regiepersönlichkeiten erre auf den Schultern auf die Bühne. Aber das Volk erwies sich der kommenden Jahrzehnte. Eine feste Größe am Schauspielhaus war zwischen 1990 als unfähig, die Rolle eines Subjekts der Geschichte faktisch zu behaupten – hier unterschied sich Hollmanns Lesart nicht von der und 1995 David Mouchtar-Samorai. 1942 in Bagdad geboren und eines Karl Heinz Stroux. In der großen Szene der direkten Kon- als Achtjähriger nach Israel ausgewandert, hatte er in den Achtzifrontation der beiden Kontrahenten saßen sich Peter Bromba- gern am Heidelberger Theater erfolgreich gearbeitet. Besonders cher und Fritz Schediwy auf zwei Stühlen gegenüber, Schediwy /  seine Inszenierung des „Traumspiels“ von August Strindberg ­Robespierre schlug die Beine angespannt übereinander, während stieß in Düsseldorf auf einhellige Zustimmung. Ein Text, der Brombacher/Danton sie lässig ausstreckte. Doch mehr und mehr eher als Lesestück angesehen war und nur von besonders ehrerwies Danton sich als müde, effeminiert, barock und seiner son- geizigen Regisseuren ausgesucht wurde, erlebte dank eines großartig aufspielenden Ensembles eine wundersame Renaissance. derbaren Todessehnsucht hingegeben.

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„Der Balkon“ von Jean Genet, Regie: Axel Manthey, 1989, mit: Bernd Stegemann, Hannelore Hoger, Ulrich Wildgruber, Peter Brombacher „Carmen Kittel“ von Georg Seidel, Regie: Dimiter ­Gotscheff, 1990, mit: Dorothea Walter-Delarue, Hanna Seiffert, Anne Weber, Susanne ­­­Meier­hofer, Margarete ­Oestereich

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„Sommergäste“ von Maxim Gorki, Regie: David ­Mouchtar-Samorai, 1993, mit: Ensemble, Rudolf Voss, Barbara Nüsse „Dantons Tod“ von Georg Büchner, Regie: Hans Hollmann, 1989, mit: Peter Brombacher, Fritz Schediwy „Ein Traumspiel“ von August Strindberg, Regie: David Mouchtar-Samorai, 1990, mit: Dieter Prochnow, Heinz Trixner, Christoph Quest, Hanna Seiffert, Nicole A. Spiekermann „Clara S.“ von Elfriede Jelinek, Regie: Kazuko Watanabe, 1992, mit: Christiane Lemm, Barbara Nüsse, Petra Kuhles, Peter Brombacher, Elisabeth Krejcir

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Anne ­Weber spielte die Tochter des Gottes Indra, die auf die Erde kommt, sich vermählt, um wiederholt festzustellen, dass es ­schade sei um den Menschen oder, wie es hier hieß, „um uns alle“. Und in der Rolle des Dichters fiel ein drahtiger, smarter Spieler auf, der Herbert Fritsch hieß und heute einer der am heißesten umworbenen Regiestars überhaupt ist. Auch Mouchtar-Samorais Inszenierungen von Pirandellos „Heute wird improvisiert“ oder der „Sommergäste“ von Maxim Gorki mit einem beeindruckenden Frauen­ensemble (Barbara Nüsse, Gabriela Badura, Susanne Tremper, Karin Pfammatter) wussten zu begeistern.

Skandale – und Frauen am Regiepult Als ein Theaterskandal allerersten Ranges erwies sich Werner Schroeters „König Lear“ mit Hermann Lause in der Titelrolle. Allenfalls Jürgen Goschs nackter „Macbeth“ anderthalb Jahr­zehnte darauf entfesselte ähnliche Wogen der Empörung und fluide Zuschauer-Abgänge. Schroeter, und diese Absicht wurde (über-) deutlich, wollte das Archaische, Vorzivilisatorische aus dem Text graben: der Mensch als Tier. Bereits Lears Verdammung seiner jüngsten Tochter Cordelia trug Züge einer Vergewaltigung. Das Halbbrüder-Paar Edmund und Edgar war in eine inzestuös-homosexuelle Beziehung verstrickt. Das allgegenwärtige Streben nach Macht war identisch mit einer permanenten Lust an körperlicher Unterwerfung; die Menschen waren buchstäblich „Leibeigene“. Mit dieser rabiaten Lesart kontrastierten effektvoll die kostbaren Renaissance-Kostüme, die Lioba Winterhalder entworfen hatte – Verhüllungen, die zum Enthüllen aufzufordern schienen. So viel krasser Sex in einem vermeintlich pathetisch-existenziellen Drama, das war manchem Düsseldorfer eine Nummer zu dick. Und Lauses sehr eigene Sprechmanier trug nicht unbedingt dazu bei, den Konflikt zu entschärfen, der im Gegenteil eskalierte. Die Bild-Zeitung beschwerte sich in dicken Lettern über „Porno-Theater“. Intendant Canaris wurde zum Rapport vor den Kulturausschuss zitiert. Eine stark besuchte Podiumsdiskussion wurde von Klaus Bednarz vom WDR moderiert – einem ausgewiesenen Experten für politische Skandale. Dass jedoch Dr. Konrad Henkel den Vorsitz der Freunde des Düsseldorfer Schauspielhauses niederzulegen drohte, entpuppte sich als Ente. Anfang 1992 inszenierte Dimiter Gotscheff im Kleinen Haus „Die schöne Fremde“ aus der Feder des viel gespielten Klaus Pohl. Allerdings in einer Weise, dass der anwesende Verfasser, sich unverstanden fühlend, den Ort des Geschehens fluchtartig verließ. Denn auch hier interpretierte Gotscheff den Text um, dekonstruierte die Fabel und überführte eine Sozialkolportage in

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eine grelle, beklemmende Farce. Pohl erzählt, wie in einem Wirtshaus in der hessischen Provinz, kurz zuvor noch „Zonenrandgebiet“, ein polnischer Aussiedler von deutschen Dumpfbacken erschlagen wird; eine zufällig anwesende amerikanische Jüdin, in Düsseldorf gespielt von Marianne Hoika, kehrt zurück und nimmt Rache. Gotscheff interessierte sich nicht für die psychologische Entwicklung des Geschehens; gerade indem er die Figuren sozusagen karnevalesk übergroß zeichnete, gelang es ihm jedoch, ­diese zur Kenntlichkeit zu entstellen. Anfang der neunziger Jahre gesellten sich nach und nach weibliche Regiehandschriften, bis dato die absolute Ausnahme von der Regel, zu den mehrheitlich männlichen. Die Japanerin Kazuko Watanabe, ursprünglich Kostüm- und Bühnenbildnerin, inszenierte Elfriede Jelineks „Clara S.“, ein noch „konventionell“ mit ausgeschriebenen Rollen angefertigtes Drama um das Ehepaar Schumann, das – ahistorisch – auf den italienischen, faschistischen, am Gardasee residierenden Dichterfürsten ­Gabriele d’Annunzio trifft. „Der einzige Effekt ihrer Kompositionsversuche“, sagt Robert Schumann über Clara, „war das sukzessive Absterben ihres weiblichen Geschlechtsreizes für mich.“ Männlicher Narzissmus und Größenwahn, der zwar nichts mit der historischen Gestalt Schumanns zu tun hatte (dichterische Freiheit!), der aber natürlich mit Jelinek’scher Treffsicherheit auf einen neuralgischen Punkt zielte: Männer fühlten (fühlen) sich offenbar durch weibliche Rivalen in künstlerischen Angelegenheiten bis in intimste Sphären hinein bedroht. Barbara Nüsse spielte die Clara, Christoph Quest den Robert Schumann, Peter Brombacher den d’Annunzio – eine Top-Besetzung, und die Autorin, die der Premiere beiwohnte (große Ausnahme!), schien hochzufrieden. Tatsächlich ernst mit der Frauen-Power am Düsseldorfer Schauspielhaus wurde es dann, als die junge, bis dato in der Kölner Off-Szene hervorgetretene, später als Intendantin in Köln und Hamburg reüssierende Karin Beier die Chance für ihre ersten Inszenierungen bekam. Den Auftakt machte in der linksrheinischen „Lentjeshalle“, einem bröckligen Industrieareal, George Taboris relativ schwaches Stück „Die 25. Stunde“, mit dem zart-korpulenten Horst Mendroch in der Rolle des Handelsvertreters Arthur Prince, einer gebrochenen Figur zwischen unverfrorenem Machismo und blanker Todesangst. Es folgte dreimal Shakespeare. Zunächst „Romeo und Julia“. Und da gab es wenig Platz für große Gefühle, denen die junge Regisseurin zu misstrauen schien: Sie blickte eher mit den Augen des coolen, zynischen Mercutio (Bernd Grawert) auf die tragische Liebesgeschichte – obwohl sie in Caroline Ebner und Matthias Leja ein Liebespaar aufzubieten hatte, das durchaus an Schwab und Simonischek, das gefeierte Paar aus „Kabale und Liebe“ zu erinnern v ­ ermochte.


„König Lear“ von William Shakespeare, Regie: Werner Schroeter, 1990, mit: Eva Schuckardt, Hermann Lause, Christiane Lemm „Die schöne Fremde“ von Klaus Pohl, Regie: Dimiter Gotscheff, 1992, mit: Marianne Hoika, Dieter Prochnow, Daniel Berger, Ensemble „Die 25. Stunde“ von George Tabori, Regie: Karin Beier, 1992, mit: Thomas Lang, Horst Mendroch

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„Romeo und Julia“ von William Shakespeare, Regie: Karin Beier, 1993, mit: Matthias Leja, Caroline Ebner „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow, Regie: Dimiter ­Gotscheff, 1995, mit: Ensemble „Woyzeck“ von Georg Büchner, Regie: Dimiter Gotscheff, 1993, mit: Bernd Grawert, Almut Zilcher

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Vor allem die Anfängerin Ebner brachte Charme und Frische mit; die „Balkonszene“ auf Trapezen verblüffte und machte viel her. Offensichtlich aber interessierte sich Beier weniger für den pathetischen Kern und mehr für den Kontext einer großen Liebe. Romeos Gefährten waren mit Schlagstöcken bewaffnet, als wollten sie Kubricks „Clockwork Orange“ zitieren, während die Alten sich Gefechte in Pantoffeln lieferten und so der Lächerlichkeit preisgegeben waren: Sie entpuppten sich als Tyrannen oder als Trottel. In der Gestaltung der Jungen, einer „Jeunesse dorée“, machte sich dagegen ein dekorativer Narzissmus breit. Viele, mitunter auch „rennende“ Gags – das wurde Beiers Markenzeichen und zugleich der Garant für den Erfolg bei einem jüngeren Publikum, das denn auch in Scharen ins Schauspielhaus fand. Dieses Erfolgsrezept verfing beim „Kaufmann von Vene­ dig“, der so problematischen „Komödie“, die wie „Romeo“ in der Übersetzung von Frank Günther geboten wurde, allerdings weniger. Interessanterweise avancierte Caroline Ebner, die hier die eher kleine Rolle der Shylock-Tochter Jessica spielte, zur heimlichen Hauptfigur: Ihr Schicksal, der einsame Entschluss, den strengen Vater zugunsten einer zweifelhaften Liebschaft zu verraten und zu verlassen, beschäftigte die Regisseurin mehr als der Konflikt zwischen Shylock und Antonio: Horst Mendroch und Peter Gavajda ähnelten sich wie Zwillinge, als wären sie aus einem Fleisch – und repräsentierten nicht vielmehr gänzlich ­inkompatible Welten.

Schließlich der „Sommernachtstraum“ in der Gestalt eines „­europäischen Shakespeare“. Es war Beiers originelle Idee, dieses komplexe Werk über Liebe und Sex multilingual anzulegen – also mit jungen Darstellern aus vieler Herren Länder zu besetzen. Missverständnisse und Fehldeutungen, die im Original eine Menge Verwirrung stiften, fanden hier eine plausible und einfache Erklärung: Man verstand einander schlichtweg nicht. „Non ho capito.“ Titania stammte aus London, Oberon aus Italien, Puck aus Ungarn und so weiter. Das hatte zweifellos seinen (verwirrenden) Reiz. Parallel zu Karin Beiers Aufstieg setzte Dimiter Gotscheff, der zweite Shooting-Star der frühen Neunziger, seine Arbeit fort. Auch er ging nun zu Klassikern über: Sein „Woyzeck“ war ebenso ein Wurf wie sein „Kirschgarten“. Büchners Fragment skelet­ tierte er vollends und legte in den radikal reduzierten Szenen den empfindlichen Nerv bloß. Bernd Grawert als Woyzeck, Almut Zilcher als Marie, Matthias Leja als Doktor – es bedurfte keiner folkloristischen Jahrmarktszene, um überall Karneval, Gaukelei, „Viehsiognomik“ zu entdecken und den Text bohrend und bedrohlich wirken zu lassen. Die Spieler saßen rundum auf Stühlen und griffen von ihren Plätzen aus ins Geschehen ein. Werner Wölbern als Idiot Karl umschlich die Szenen stumm, am Ende erwürgte er das Kind – nicht aus Sadismus, sondern aus Erbarmen mit einer allein gelassenen, hilflosen Kreatur. Den Tschechow schließlich steigerte Gotscheff ohne jedes melancholische Timbre, jenseits des vermeintlichen TschechowGeists zur Groteske. Am Anfang bauten die Figuren sich wie für ein Gruppenbild an der Rampe auf, aufgeregt durcheinanderplappernd. Den Ernst ihrer Situation, den drohenden Verlust des geliebten Kirschgartens, erkannte niemand von ihnen und wollte niemand erkennen. Der dritte, der Fest-Akt, gestaltete sich zu einer großen Sause. Werner Wölbern, hier als Aufsteiger ­Lopachin, war ein netter Kerl; nachdem er aber am Ende des Akts als neuer Gutsbesitzer eintraf, legte er auf dem Tisch einen irrwitzigen Freudentanz in Hemd, Schlips und Unterhose hin. In ihrer Dekade, in die der Kollaps der DDR und die Wiedervereinigung Deutschlands fiel, hatten Canaris und sein Chefdramaturg Joachim Lux das Düsseldorfer Schauspielhaus in den Fokus zum Teil hitziger Kontroversen gestellt. Sie hatten an einem umstrittenen Hausregisseur (Schroeter) ebenso festgehalten wie an einem weniger umstrittenen (Mouchtar-Samorai), sie hatten interessante Nachwuchsregisseure gefördert (Beier, ­Gotscheff). Volker Canaris wurde Professor für Schauspiel an der Stuttgarter Akademie, Lux sollte später Intendant am Hamburger Thalia Theater werden.

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1996–2006: Anna Badora – starke Frauen­figuren 1996 begann die Intendanz der Anna Badora, der gebürtigen Polin, die vom Theater Mainz kam. Innerhalb eines halben Jahrzehnts war mit der Berufung der Zadek-Schülerin Badora die Partizipation weiblicher Regisseure zwar nicht vollendet, aber doch gewissermaßen amtlich geworden. Und als wollte sie den Männern im Parkett und in den Gremien gleich einmal Furcht und Schrecken einjagen, eröffnete die Intendantin ihre erste Saison mit Wedekinds Monstertragödie „Lulu“ und beschloss sie mit Wildes „Salome“ – zwischendurch gab es noch Hebbels „Judith“. Auch ihr Vorgänger Canaris hatte mit einem „Frauenstück“ eröffnet, mit „Nora“, aber Badoras Spielplan war deutlich wagemutiger, die Frauenfiguren, die sie ins Spiel brachte, waren von vornherein ungezähmt, bedurften keiner Emanzipation mehr. In seiner „Lulu“ will Wedekind zeigen, wie die unterschiedlichsten Männertypen an einer unerschrockenen Frau scheitern – und wie diese dann doch an einem von ihnen zugrunde geht. Die frisch von der Schauspielschule kommende Bibiana Beglau spielte die Lulu offensiv, ohne Scheu, freimütig und frei, allerdings auch ohne tieferes Geheimnis. Trotz Ernst Alisch als Franz, Klaus Schreiber als Alwa Schöning, Horst Mendroch als Schigolch, ­ ­Michael Abendroth als Jack the Ripper – trotz einer ansehnlichen und respektablen Besetzung blieb Badoras Inszenierung ohne scharfe Kontur; vielleicht war der Schatten Peter Zadeks, der dem Stück zu einer legendären Inszenierung verholfen hatte, doch zu einschüchternd gewesen. Ganz anders war es um die „Salome“ bestellt, die der Schriftsteller und Regisseur Einar Schleef am Saisonende in einer eigenen Fassung herausbrachte – es war Badoras großes Verdienst, einem Verketzerten, einem (teilweise) verkannten Genie eine Bühne zu geben. Denn Schleef war ja nicht nur ein widersprüchlicher Charakter, sondern eben auch ein außergewöhn­licher, vielfach begabter, das gewohnte Maß sprengender Künstler. Und fast, als wollte er den tausendköpfigen Drachen im Zuschauerraum zunächst einmal kräftig reizen, begann der Abend so: In einem beinahe 15-minütigen Vorspiel waren die Akteure auf der halbdunklen Bühne versammelt, stumm, in wächsernen Posen. Kein Wort fiel. Aus atemloser Anspannung im Saal wurde kaum merkliche Unruhe, aus kaum merklicher Unruhe wurde Gewisper, aus dem Gewisper erhoben sich erste Stimmen, die sich zu lauten Zwischenrufen steigerten, aus Zwischenrufen wurde Aufruhr, daraus schließlich ohrenbetäubender Lärm. Dann senkte sich der ­Eiserne Vorhang – Pause. Danach aber, als die Gemüter sich im

Foyer bei verfrühtem Pausensekt ein wenig beruhigt hatten, entfesselte Schleef seinen ihm eigenen antinaturalistischen Furor. „Eine wirklich tadellose Knopflochblume ist das Einzige, was Kunst und Natur verbindet“, hatte Oscar Wilde dekretiert. Aber den blumigen Ästhetizismus des Autors, seine Wortarabesken schaffte der Regisseur ab und ersetzte sie rücksichtslos durch ein hämmerndes Stakkato. Der ganze Zuschauerraum spielte mit. Von dessen Rückwand führte ein Laufsteg durch den Saal bis in die hinterste Tiefe der Bühne – wo Johannes der Täufer (Robert Beyer) wie der Prometheus des antiken Mythos angefesselt (oder auch wie Jesus Christus gekreuzigt) war. Der Heilige repräsentierte Urwüchsigkeit, Kraft, Askese und misogynen Hochmut, bar aller menschlichen Bedürfnisse. Salome, die Titelheldin, stand dagegen für rätselhafte Sexyness, raffinierten Manierismus und wilde Exzentrik. Ursina Lardi, die in ihrer allerersten Rolle die Salome spielte, berichtete später, der Extremist und Kämpfer Schleef habe mit ihr die voll ausgestattete Probebühne gar nicht betreten, sondern die Figur in kaum mehr als ein, zwei Proben in einem 12 qm² großen Konversationszimmer entwickelt. Schleef, der auch Bühne und Kostüme entwarf, habe sie letztlich in ein löchriges Nachthemd vom ersten Probentag gesteckt. Von diesem Regisseur, meinte Lardi, habe man lernen können, künstlerische Entscheidungen aus Überzeugung zu treffen, ungeachtet dessen, was dabei an investierten Geldern oder Arbeiten über Bord ging. Von diesem (naturgemäß umstrittenen) Triumph abgesehen, hatte Badora in ihrer ersten Saison wenig Glück. Wolfgang Maria Bauer scheiterte an der „Judith“. Sarah Kanes Gruselschocker „Zerbombt“ mit seiner radikalen Ästhetik der Entmenschlichung überforderte das Publikum. Und Franz Xaver Kroetz meinte es sicher gut, vermied jedenfalls übertriebenen Respekt, als er Schillers „Wilhelm Tell“ als derb-ironisches Folklore-Theater mit Instant-Kakao und Kartoffelchips, Pappkühen und Krachledernen, Plastikgewehren und Bierkästen süffig anrichtete. Aber war darin schon eine intellektuelle Anstrengung zu erkennen? Der junge Falk Richter inszenierte sein erstes Stück „Kult“ mit Beglau und Marc Hosemann: ein Blick hinter die Kulissen von Musiksendern wie MTV, handelnd vom jähen Aufstieg einer Jungmoderatorin zur Kultfigur. „Es soll keine Multimediashow werden“, hatte Richter zwar betont, aber die Dramaturgie der raschen Schnitte ermöglichte dennoch Ein- oder Vorausblicke in eine neuartige Ästhetik, die auf der Bühne durchaus eine Zukunft haben sollte. Aufwärts ging es spätestens 1999 / 2000: Benjamin Korn, ein sich rarmachender und sehr gefragter Regisseur, inszenierte furios Molières „Menschenfeind“. Überraschenderweise stand

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S. 100: „Lulu“ von Frank Wedekind, Regie: Anna Badora, 1996, mit: Bibiana Beglau, Ernst Alisch „Salome“ von Oscar Wilde, Regie: Einar Schleef, 1997, mit: Ensemble „Wilhelm Tell“ von Friedrich Schiller, Regie: Franz Xaver Kroetz, 1997, mit: Stéphane Maeder, Klaus Schreiber, ­Statisterie, Peter Harting, ­Dorothea Walter-Delarue „Der Menschenfeind“ von Molière, Regie: Benjamin Korn, 1999, mit: Helmut ­Mooshammer, Myriam Schröder „Zerbombt“ von Sarah Kane, Regie: Sewan Latchinian, 1997, mit: Uwe Zerwer, Andreas Ebert, Katja Schreier

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„Gertrud. Ein Totenfest“ von Einar Schleef, Regie: Thomas Bischoff, 2003, mit: Catherine Janke, Anke Hartwig „Die Präsidentinnen“ von Werner Schwab, Regie: Thomas Bischoff, 2003, mit: Lisa Hagmeister, Claudia Burckhardt, Hanna Seiffert „Macht nichts. Eine kleine Trilogie des Todes“ von Elfriede Jelinek, Regie: Thomas Bischoff, 2005, mit: Anke Hartwig, Claudia Burckhardt, Peter ­Siegenthaler, Marco Matthes

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dabei nicht der knöcherne Alceste im Mittelpunkt, den Helmut Mooshammer als mönchischen Asketen im Mao-Look, als abgebrannten Mann mit verpufften Energien darbot. Die Hauptfigur in Korns Lesart war die mondäne Célimène, gespielt von Myriam Schröder. Nicht Ur-Weib, Heroine oder „Bestie“ wie Lulu, Judith oder Salome, vielmehr ein Subjekt, das selber spielte, statt mit sich spielen zu lassen. Sie mochte den schwerfälligen Alceste, ja, aber sie mochte eben auch viele andere, warum nicht. Wenn ­Alceste ihr mit seinem Rigorismus auf die Nerven ging, u ­ mhüllte sie ihn kokett mit dem Rauch einer Zigarre – rauchte ihn regelrecht von der Bildfläche. Die Männer, Angeber und Popanze, konnten einpacken, die anderen Frauen, intrigant und opportunistisch, ebenso. In den Couture-Kostümen von Françoise Tournafond entwickelte sich ein leicht frivoles, übermütiges Spiel, das eine Komplizenschaft mit Alcestes Hypermoral (und also auch mit dem halb-tragischen Potenzial des Stücks) entschieden verweigerte. Ein weiterer Regisseur, der die Jahre der Intendanz ­Badora mitprägte, war Thomas Bischoff. Insgesamt hat er in dieser Zeit achtmal in Düsseldorf inszeniert. Es entstanden präzise, sich durch eine minimalistische Handschrift auszeichnende Inszenierungen zeitgenössischer Texte, darunter „Die Präsidentinnen“ von Werner Schwab, „Gertrud“ von Einar Schleef, „Macht nichts“ von Elfriede Jelinek, „Simon“ von Judith Herzberg. Ein anderer uraufgeführter Text von Jelinek, „Die Liebhaberinnen“, stand in der Regie von Martin Oelbermann lange auf dem Spielplan.

Die zweite Karriere von Jürgen Gosch Im Jahr 2000 begann am Düsseldorfer Schauspielhaus die späte – zweite – Karriere des 1943 geborenen Jürgen Gosch. Sie kulminierte 2005 in der spektakulären, viel diskutierten und vielfach ausgezeichneten Inszenierung des „Macbeth“. Doch es waren drei Autoren, mit denen Gosch sich auseinandersetzte: Shakespeare, Kleist und der Norweger Jon Fosse. Trotz dieser dezidierten Vorlieben (an anderen Häusern kamen Tschechow und Roland Schimmelpfennig hinzu) verstand Gosch sich ausdrücklich nicht als Lesarten-Regisseur, er lehnte „Interpretationen“ von Texten ab. Er rühmte Peter Stein für dessen Behauptung, vollkommen fantasielos zu sein. Den Schauspielern ließ er ungewöhnlich viele Freiheiten, akzeptierte, zumindest vorläufig, sogar Angebote, die ihm gar nicht behagten. Denn Theater entstehe nun einmal auf der Probe – im spontanen Geistesblitz, der sich nur mit ­großer Mühe fixieren lasse. So gesehen, spitzte Gosch im

Gespräch zu, könne man sagen, „Theater“ gebe es gar nicht, das fixierte Gebilde sei letztlich nur der Versuch, flüchtige Prozesse zu „Zement“ zu machen. Den Auftakt bildete Kleists „Käthchen von Heilbronn“ mit Maria Simon in der Titelrolle und Devid Striesow als Graf Wetter vom Strahl. Gemeinsam mit seinem Bühnenbildner Johannes Schütz formulierte Gosch schon hier seine Ästhetik der Sparsamkeit (den Begriff des „armen Theaters“ adaptierte er nicht, unser Theater sei ja alles andere als arm): Die Bühne war mit lediglich 17 Stühlen bestückt, auf denen die Schauspieler Platz nahmen, die aber auch benutzt wurden, um etwa ein „Schloss“ zu bauen – das Feuer im Schloss wurde dann einfach durch einen brennenden Wimpel markiert. Es folgte „Der Name“ von Jon Fosse – der norwegische Lakoniker stieg wie ein Komet auf, wurde an vielen Bühnen gespielt. Gosch nahm die Herausforderung an, dem Text, der das beiläufige und keineswegs „dramatische“ Scheitern einer Liebesbeziehung schildert, seine Offenheit und Rätselhaftigkeit ganz und gar zu belassen – eben keine Interpretation zu liefern, sondern „nach etwas zu graben, das sonst verdeckt bliebe“. Die Inszenierung schälte helle Momente aus einem trüben Szenario heraus, ein verlegenes Lächeln, eine zarte Annäherung, und hielt so das Interesse an Menschen wach. Birgit Stöger spielte das Mädchen, der blutjunge Christoph Luser den Jungen – die eindrucksvolle Studie eines Introvertierten. Dann: „Hamlet“. Auch und sogar hier: die Verweigerung einer Interpretation. Jan Kott hatte geschrieben, „Hamlet“ sei ein Schwamm, der die ganze Gegenwart in sich aufsauge. Der berühmteste Vers des Stücks lautete hier, in der Übersetzung von Angela Schanelec: „Ein Mensch sein oder nicht, das ist die Frage.“ Es war das Motto der Inszenierung, die sich (zu sehr) auf ihren Hauptdarsteller Devid Striesow verließ. Leidenschaftlich und konzentriert lotete er jede Faser von Hamlets Existenz aus – eine tief beeindruckende und stürmisch gefeierte Performance. Doch „Hamlet“ war kein Meilenstein in Goschs Karriere, eher ein Steinchen bei der Überquerung eines Flusses, die letztlich zur Kreation eines unverwechselbaren Stils führte; eines Stils, der „Stil“ verweigerte. „Da kommt noch wer“ – der Titel des nächsten Fosse-Stücks. Eine Dreierkonstellation: Ein altersdifferentes Paar, das ein Haus beziehen will, und ein plötzlich auftauchender junger Mann, der das Paar aus der fragilen Balance bringt. Gespielt von Myriam Schröder, Michael Abendroth und Thomas Dannemann. Es ­folgte Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ – in rekordverdächtigen 100 Minuten. Eine große, dunkle Bühne, darauf irrlichternde ­Fackeln: Das Soldatenleben als eine Art geordnetes Kinderspiel,

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„Das Käthchen von Heilbronn“ von Heinrich von Kleist, Regie: Jürgen Gosch, 2000, mit: Maria Simon „Sommergäste“ von Maxim Gorki, Regie: Jürgen Gosch, 2004, mit: Birgit Stöger, Eva Spott, Constanze Becker „Da kommt noch wer“ von Jon Fosse, Regie: Jürgen Gosch, 2001, mit: Myriam Schröder, Michael Abendroth „Macbeth“ von William Shakes­peare, Regie: Jürgen Gosch, 2005, mit: Ernst ­Stötzner, Thomas Wittmann, Horst Mendroch

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ein Schwanken zwischen Disziplin und Chaos. Striesow in der gelangt war, sich lange nicht erholte. Es war der sprichwörtliche ­ itelrolle als selbstbewusster und doch schwankender Held, trot- „Karriereknick“, Gosch ging damit der Leitungsfunktion an der reT ­ atte. In zig und traumverloren zugleich. Birgit Stöger war Natalie, Michael nommierten Bühne verlustig, die er eben erst angetreten h Abendroth der Kurfürst, Horst Mendroch der Oberst Kottwitz. Ob- Düsseldorf standen ausschließlich Männer auf der Bühne, sieben wohl Kleists Text in der verknappten Form eine mitreißende Präg- an der Zahl: Thomas Dannemann, Devid Striesow, Ernst Stötznanz gewann, war zu hören, Jürgen Gosch, zu realistischer Selbst- ner, Horst Mendroch, Michael Abendroth, Jan-Peter Kampwirth, einschätzung begabt, habe diese Arbeit nicht sonderlich gemocht. Thomas Wittmann. Sie stiegen aus der ersten Parkettreihe auf die All die genannten Inszenierungen waren gewissermaßen Bühne, auf der nur ein paar Tische und ein weißes Segel zu semehr oder weniger gelungene Einübungen für das souveräne En- hen waren, und legten mit einer selten erlebten Verve los. Bald semblespiel, das Gosch vorschwebte und das er mit Maxim Gorkis waren sie splitternackt, die Hexen und deren Pferde bildeten sie „Sommergästen“ 2004 nicht zur Vollendung führte (dergleichen als menschliche Pyramide, wiehernd und kackend. Nach zwanzig gab es nicht), aber doch zu einer gültigen Form brachte. Genau Minuten verließ schätzungsweise ein Viertel der Zuschauer em100 Jahre nach der Uraufführung, 30 Jahre nach der „Jahrhun- pört den Saal. Doch Gosch ging es, ähnlich wie seinerzeit Schroeter mit dertinszenierung“ Peter Steins an der Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer, verlegte Gosch die spärliche Handlung der Ko- dem „König Lear“, nicht um Provokation und Skandal – ein ewimödie rigoros in eine keineswegs sommerlich anmutende Gegen- ges Missverständnis mancher Zuschauer. Die nackten Männerwart. Johannes Schütz’ Bühne präsentierte, obwohl vordergründig körper sollten das Rohe, Animalische und zugleich Verletzliche wie immer leergeräumt, ein für seine Verhältnisse geradezu opu- der Figuren veranschaulichen. Blut und Mehl verdichteten sich lentes Bild: In die Rückwand eines schlichten Guckkastens war zu einer Pampe, die die Bühne nach und nach in ein Schlachtfeld eine Öffnung geschnitten, die sich zeitlupenhaft verschob und verwandelte – der kurzsichtige Begriff „Ekeltheater“ ging darauf dabei nach und nach eine umgestürzte Kiefer entbarg, die Zweige zurück. Thomas Dannemann gab dann in Alltagskleidern, Hemd und Schlips, den König Macbeth, dazu trug er nach seiner Selbstzuerst, dann den Stamm, zuletzt die Wurzel. Bei der Leseprobe hatte der Regisseur freimütig zugege- ermächtigung eine Pappkrone. Er rauchte und legte die Füße auf ben, die zahlreichen Figuren des Stücks auch nach mehrmaligem den Tisch: Die Privatsituation der Schauspieler beziehungsweiLesen kaum auseinanderhalten zu können. Folgerichtig presste er se der Probier-Modus wurde nie komplett abgestreift. Striesow die entwurzelten Personen nicht in Schablonen, sondern animier- spielte die Lady mit Perücke, Strapsen und Handtäschchen vir­ te die Schauspieler, Fantasien über sie zu entwickeln – und das tuos als Travestienummer. gelang vorzüglich. Constanze Becker zum Beispiel, in Jeans und Schlabberpulli, drückte sich an den kahlen Wänden entlang und zündete selbstvergessen Streichhölzer an – ein eindrückliches Uraufführungen und Findungen Bild tiefer Verlorenheit. „Ich bin schließlich ein Mensch!“, klagabseits des Mainstreams te ein abgewiesener Verehrer diese in ihrer Traurigkeit attraktive Warwara an, und sie erwiderte trocken: „Und ich? Bin ich etwa Die wichtigste Uraufführung der Ära Badora war das Stück kein Mensch?“ So wurde das einstige Leitmotiv aus „Hamlet“ – „­norway.today“ des Schweizers Igor Bauersima, vom Autor selbst „Mensch sein oder nicht“ – ironisch wieder aufgenommen. Thomas inszeniert. Bauersima, 1964 in Prag geboren, in der Zürcher OffDannemann als Bassow, der für diese Rolle zum „Schauspieler des Szene heimisch, hatte mit 36 Jahren schon mehrere ExperimenJahres“ gewählt wurde, Devid Striesow als Wlas und viele andere talfilme und zehn Theaterinszenierungen vorzuweisen. Sein erglänzten unter der dezidiert glanzlosen Oberfläche einer Insze- folgreichstes Stück erzählt von einem jungen Paar, das sich im nierung, die naturgemäß das Publikum in Verächter und Enthu- Internet zu einem gemeinschaftlichen Suizid verabredet (sie wolsiasten spaltete. len sich in Norwegen von einer Klippe stürzen), das schließlich Doch auch dies war erst der Vorgeschmack auf eine Auf- aber ins Leben zurückfindet. Julie und August heißen die Protaführung, die nicht nur Düsseldorf, sondern fast ganz Deutschland gonisten des Dramas, das im Winter spielt. Von der Intendantin in Pro und Contra teilen sollte: der „Macbeth“ von 2005. Jürgen hatte der Autor sich Schauspieler gewünscht, die auch privat ein Gosch hatte das Drama schon einmal inszeniert, 1988 an der Ber- Paar waren: Birgit Stöger und Christoph Luser. Ihnen schrieb Bauliner Schaubühne, und damit ein Debakel erlitten, von dem der ersima seinen Text auf den Leib, in einem fast banalen, NebensätRegisseur, der Ende der Siebziger aus der DDR in den Westen ze vermeidenden, authentisch wirkenden Ton. „Alles chillt, alles

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„Mütter. Ein Abend mit Musik“ von Franz Wittenbrink, Regie: Franz Wittenbrink, 2002, mit: Hanna Seiffert, Martin Schneider, Julia Grafflage, Daniela Kiefer, Steffi Krautz „Süden“ von Julien Green, Regie: Patrick Schlösser, 2005, mit: Marco Matthes, Aurel von Arx „norway.today“ von Igor ­Bauersima, Regie: Igor ­Bauersima, 2000, mit: ­Christoph Luser, Birgit Stöger

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„Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennessee ­Williams, Regie: Burkhard C. Kosminski, 2004, mit: Matthias Leja, Artus-Maria Matthiessen, Constanze Becker, Ensemble

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ist fake“, heißt es. Die beiden Zeitgenossen filmen sich selbst mit der Handykamera, am Schluss aber werfen sie nicht ihre Leiber, sondern die Kamera in den Abgrund und rennen ins Leben zurück. In seiner Mischung aus Weltekel und Lebenswillen – auch in seinem entschiedenen Kontrast zu der unerlösten Melancholie eines Jon Fosse – traf „norway.today“ einen Nerv und wurde zu einem der meistgespielten Stücke jener Jahre. In „69“ nahm Bauersima einige Spielzeiten später den Faden auf: Auch hier geht es um eine Internet-Verabredung, diesmal angelehnt an den einschlägigen Fall des „Kannibalen von Rotenburg“. In „69“, wiederum in der Regie des Autors, will eine Frau (Birgit Stöger) einen Mann (Michael Abendroth) mit dessen Einverständnis aufessen. Doch Bauersima behandelte den Stoff nicht plakativ, sondern setzte ihn bewusst vieldeutig in Szene: Der Mann ist zugleich Opfer, Mittäter und Ermittler, die Frau zugleich Praktikerin und Theoretikerin einer Moral der Liebe. An den Erfolg des Vorläufers konnte „69“ allerdings nicht anknüpfen – womöglich war es zu wenig lebensbejahend geraten. Das Stück biete einen Ausblick auf das künftige Verhältnis der Geschlechter, schrieb der Kritiker Peter Kümmel amüsiert und nachdenklich in der ZEIT: „Er mag weiterhin in sie eindringen; aber es ist nicht gesagt, dass er danach je wieder zum Vorschein kommen wird.“ Derart düstere Visionen teilte Franz Wittenbrink in seinem Dauerbrenner „Mütter“ nicht mit – es handelte sich dabei schließlich um Wohlfühl-Theater der feinsten Sorte. Diese Mischung aus musikalischen Leckerbissen und liebevoll-sarkastischen Notizen, die den Alltag der Mütter abbilden wollten, wobei vier erwachsene Männer ihre kurzbehosten Lieblinge mimten – diese lustvoll dargebotene Show war in ihrem Unterhaltungswert nicht mehr zu toppen. Ob die Düsseldorfer Mütter mit Friedrich Hollaender verrieten, was wäre, „wenn ich mir was wünschen dürfte“, ob sie mit den Beatles ganz zu Recht klagten: „I’m so tired“, mit Marlene Dietrich raunten: „Kleines Baby, wein nicht mehr“ oder ob sie mit Tic Tac Toe schlicht bekundeten: „Ich find euch Scheiße“ – in jedem Fall wurde der aus 47 Liedern gesam­ pelte Abend vom Ensemble mit Sentiment und Augenzwinkern herzerwärmend präsentiert und brachte es in den folgenden Jahren auf rund 150 meist ausverkaufte und bejubelte Vorstellungen. Endlich wurde Anna Badora geliebt. Dabei blieb die Düsseldorfer Dramaturgie jenseits des Mainstreams erfinderisch. Selten gespielte Stücke wurden ausgegraben, etwa Knut Hamsuns „Vom Teufel geholt“ und Julien Greens „Süden“. Mit Hamsun erprobte sich die junge Regisseurin Karin Henkel mutig an einem widerspenstigen Objekt. Hamsun misstraut erklärtermaßen den Gesetzen des Dramas, wirft seinem Landsmann Ibsen vor, seine Figuren als Thesenträger zu missbrauchen – doch „Vom

Teufel geholt“ ist eher ein Antidrama, das „verrückte Bewegungen in Hirn und Herz“ zeigen will, letztlich aber weder mit einer These noch mit einem Plot aufwarten kann. Das genaue Gegenteil des Hamsun-Textes stellt Edward Albees Klassiker „Wer hat Angst vor Virginia Woolf …?“ dar, mit dem der Regisseurin dann eine erheblich stimmigere Arbeit gelang – und zwar gerade, weil sie sich stoisch auf die Qualitäten der Vorlage verließ. Die einzige Überraschung bestand darin, dass Henkel keine „Zimmerschlacht“ bot, sondern die nächtliche Afterparty der Eheleute in eine Art Arena verlegte und so den sportiven Charakter der Auseinandersetzung in den Vordergrund schob. Traute Hoess und Michael Abendroth boten, assistiert von Johann von Bülow und Tanja Schleiff, eine brillante Leistung. Julien Greens 1951 / 52 entstandenes Melodram „Süden“ spielt am Vorabend des Sezessionskriegs in Süd-Carolina. Die Diskussionen über die Sklavenhaltung sind in Greens elliptischem Text nur eine dünne Folie über den Abgründen sexueller Verstrickung: Leutnant Ian Wiczewski verliebt sich auf den ersten Blick in einen anderen Mann, kann sich jedoch seine Gefühle nicht eingestehen, provoziert ein Duell, bei dem er von dem Objekt seines Begehrens getötet wird. „Das Leben wird dir zeigen, wie Gott die Menschen zerbricht“, lässt der christliche Autor Julien Green seinen Helden sagen. Regisseur Patrick Schlösser vermied es jedoch, allzu tief in die Abgründe zu schauen, die der Text elegant umkreist; statt das verschwiegene Innere etwa in die Körpersprache der Figuren zu übersetzen oder auf andere Weise hervorzubringen, legte er das atemlose Tempo eines Boulevardstücks vor und verfehlte das Geheimnis und Zentrum des Stücks, seine subtilen Nuancen und folgenreichen Versteckspiele. Der 11. September 2001 hatte die Welt verändert. Einen Terrorangriff solchen Ausmaßes hatten die Bewohner der westlichen Hemisphäre sich nicht in ihren schlimmsten Albträumen vorgestellt. Ein überforderter amerikanischer Präsident stellte die Weichen für wenig flexible, strategisch unkluge Antworten: Der Krieg gegen Terror war ausgerufen. Francis Fukuyamas Parole vom „Ende der Geschichte“ erwies sich spätestens jetzt als Trugschluss. In dieser Situation schrieb der Australier Stephen Sewell ein Stück mit dem akademisch klingenden Titel: „Mythos, Propaganda und Katastrophe in Nazi-Deutschland und im heutigen Amerika“. Burkhard C. Kosminski, der Anna Badora in der zweiten Hälfte ihrer Intendanz als Hausregisseur unterstützte, inszenierte die deutsche Erstaufführung mit Peter Siegenthaler in der Hauptrolle eines in den USA lehrenden Politologen australischer Herkunft, dessen provokante These lautet: Ja, repressive Strukturen im Amerika nach 9 / 11 seien mit denen der NS-Diktatur vergleichbar – der Titel einer Untersuchung des Politologen

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Projektion handelte? Oder ummantelten diese Einfälle lediglich ein Ausweichen vor der Dringlichkeit der Fragestellung? Doch Amélie Niermeyer hatte mehrere Pfeile im Köcher. Sie selbst inszenierte im Großen Haus Elias Canettis selten gespielte „Hochzeit“ – eine brillante Groteske um eine erhoffte Erbschaft in einem mehrstöckigen Wiener Mietshaus mit nicht weniger als 24 Rollen: also eine Gelegenheit, fast ein ganzes Ensemble in Hochform zu präsentieren. Das gelang vielleicht nicht vollständig, aber bereits hier fielen neue Gesichter und große Begabungen auf, darunter Nadine Geyersbach, Claudia Hübbecker, ­Markus Scheumann, Michael Schütz. Im Kleinen Haus brachte wenig später Sebastian Baum­ garten „Die schmutzigen Hände“ von Jean-Paul Sartre heraus. In diesem Diskurs-Thriller geht es um einen politischen Mord, der nicht recht von einem Eifersuchtsmord zu unterscheiden ist. Für die 2006–2011: Spannungsdramaturgie des Stoffs interessierte sich Baumgarten Amélie Niermeyer – allerdings weniger: Dieser Regisseur, der bei Castorf in die Schule breit gefächerter Spielplan gegangen war, entwickelte einen ganz eigenen Stil der Übermalung 2006, nach dem „Sommermärchen“, das Deutschland in eine mit Sekundärtexten, Comics, anderen Bild-Zitaten, anderen Assofriedlich-heitere Gastgeber-Euphorie versetzte, trat die aus ziationen – kurz, es entstand ein wild wucherndes „­Making-of“, Freiburg kommende Amélie Niermeyer Anna Badoras Nachfolge das Sartres Stück keck und zeitgenössisch hinterfragte. Hans-­ an. Eine Frau folgte einer Frau – eine derartige Kontinuität ­hatte Jochen Wagner als skrupulöser Attentäter Hugo, Götz Schulte als es an deutschen Bühnen noch nicht gegeben. Ein Jahr zuvor war Parteifunktionär Hoederer, Nadine Geyersbach als J­essica, die mit Angela Merkel erstmals eine Frau ins Berliner Kanzleramt Frau zwischen beiden, spielten bravourös die Hauptrollen. Eine fundamental andere Ästhetik bot sich in dem von gewählt worden; der Begriff „Bundeskanzlerin“ wurde aus diesem Anlass neu geschöpft. Niermeyer begann mit Elan und En- Thomas Krupa inszenierten Abend mit dem schönen Titel „Herz gagement. Sie erneuerte das Ensemble grundlegend, das unter und Mund und Tat und Leben“. Die Bachkantate BWV 147 wurde ­Canaris und B ­ adora relativ stabil gewesen war; ihr Spielplan hier, in einer Kooperation mit dem Jungen Ensemble der Rheinwar komplex, breitgefächert, bot die unterschiedlichsten Hand- oper, mit Interviews verbunden, die der Soziologe Pierre ­Bourdieu schriften; und anders, als es in der öffentlichen Wahrnehmung 1993 in seinem Buch „Das Elend der Welt“ publiziert hatte. Ein gelegentlich erscheinen mochte, war Niermeyers erste Spielzeit Richter, ein Peugeot-Arbeiter, eine Briefsortiererin, eine Schuhbeachtlich. Die veröffentlichte Kritik ist habituell ungeduldig, verkäuferin und eine Rentnerin, von Schauspielern verkörpert, oft vorschnell festgelegt auf Pro oder Contra. Viel hängt wohl erzählten von sich selbst – während vier Sänger die Elenden mit auch von der allerersten Premiere ab – sie wird vielleicht über- den wundervollen Bach-Arien gewissermaßen wie „Schutzengel“ stützten und trösteten. schätzt. Einen Schauspieler-Abend im klassischen Sinn ­inszenierte Niermeyer schickte ihren Hausregisseur Stephan Rottkamp vor: Er inszenierte „Othello, Venedigs Neger“. So hieß die Shakes- Oliver Reese: Ingmar Bergmans Skript „Treulose“ basiert auf peare-Tragödie (in der Übersetzung von Werner Buhss) tatsächlich: einem Film von 1998, der nie in deutsche Kinos kam. Ein DreiErstaunlich, dass so etwas wenige Jahre vor der Blackfacing-Debat- ecksverhältnis – eine Schauspielerin, ein Regisseur, ein Dirigent –, te kaum beanstandet wurde. Die Wahl des Titels sprach dennoch dazwischen Isabelle, ein achtjähriges alleingelassenes Kind. Eine für eine gewisse Unbedarftheit im Umgang mit dem Sujet. Felix typisch bittere Bergman-Story: Untreue, Reue, insistierendes BeKlare, der noch junge Darsteller der Titelfigur, wusch sich gleich fragen. An diesem Abend stach zum ersten Mal das große Talent zu Anfang schwarze Schminke aus dem Gesicht; später wurde ihm der jungen Kathleen Morgeneyer hervor (sie hatte als Desdemona von Jago (Patrick Heyn) eine grellweiße Maske verpasst. Sollte das debütiert), die mit bewundernswerter Empathie das Kind spielte, heißen, dass Othello – etwa in Anlehnung an Max Frischs „Andor- klug und unaufdringlich, im Schwanken zwischen Anlehnung und ra“ – gar kein Dunkelhäutiger war, dass es sich um eine Kollektiv-­ Unverständnis.

ist mit dem des Stücks identisch. Die Schärfe des Stücks hatte Kosminski allerdings durch seine „kafkaeske“ Lesart eher abgemildert. Ein größerer Erfolg war dem Regisseur mit Tennessee ­Williams’ „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ beschieden; Constanze Becker spielte die Maggie, Matthias Leja ihren Mann Brick und Wolfgang Reinbacher den „Big Daddy“ – er war inzwischen auch ein Übervater des Düsseldorfer Ensembles geworden. Letztlich hatte Anna Badoras Intendanz sich im Lauf der zehn Jahre stabilisiert. Nach einem eher mühsamen Anlauf konnten vor allem mit Goschs immer wieder vieldiskutierten Inszenie­ rungen unvergessliche Glanzpunkte gesetzt werden.

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„Othello, Venedigs Neger“ von William Shakespeare, Regie: Stephan Rottkamp, 2006, mit: Ensemble „Hochzeit“ von Elias Canetti, Regie: Amélie Niermeyer, 2006, mit: Ensemble

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„Die schmutzigen Hände“ von Jean-Paul Sartre, Regie: ­Sebastian Baumgarten, 2006, mit: Hans-Jochen Wagner, ­Cathleen Baumann, Daniel Nerlich „Treulose“ von Ingmar Bergman, Regie: Oliver Reese, 2006, mit: Götz Schulte, Esther Hausmann, Kathleen Morgeneyer „Was ihr wollt“ von William Shakespeare, Regie: Jürgen Gosch, 2007, mit: Katharina Lorenz, Guntram Brattia „Der Besuch der alten Dame“ nach Friedrich Dürrenmatt, Regie: Volker Lösch, 2007, mit: Ensemble

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Friedrich Dürrenmatts Parabel „Der Besuch der alten Dame“ dem Geist der Improvisation entstanden waren. Fritz Schediwy, verlegte Volker Lösch von Güllen nach „Güllendorf“. Immer der den griesgrämigen Malvolio in grauem Kittel, mit Kuli im konsequenter entwickelte dieser Regisseur seinen Stil der rigo- Revers, gewissermaßen als Hausmeister ohne Hof verkörperte, rosen ­lokalen Aneignung und der Komplexitäts-Verringerung zu- be­nötigte für seine berühmte Briefszene allein zwanzig Minuten. gunsten der unmittelbaren Anwendbarkeit eines v ­ orgefundenen Man spürte: Hier ließ ein Regisseur, der die Schauspieler liebte, ­Modells auf eine bestehende Praxis. Die beteiligten Schauspie- diese großzügig in ihrem ausufernden Spiel gewähren – zu Recht. ler waren eingeladen, am Text mitzuschreiben; vom Original ­Fragen an die Ökonomie einer solchen Inszenierung wären fehl blieben nur die Schablonen übrig. Susanne Tremper als Claire am Platz gewesen. ­Zachanassian (ganz ohne Butler und Prothesen), Rainer Galke als Alfred III, Katharina Abt als dessen Frau, Matthias Leja als Bürger­meister (in unverhohlener Anlehnung an den real regieren Prosa im Kleinen Haus und den Joachim Erwin) – so bestechend die Besetzung war, blieb das „Joseph und seine Brüder“ im Großen Ergebnis dennoch zweifelhaft. Denn die Erfindungen und Anspielungen gerieten zu grobschlächtig, auch wenn „Güllendorf“ sich Die besten Aufführungen im Kleinen Haus, „Warum tanzt ihr in all den Killepitsch-Klischees wiederzuerkennen schien und den nicht?“ nach Raymond Carver und „Der Meister und Margarita“ Abend unverdrossen feierte. nach Michail Bulgakow, waren konsequente Fortsetzungen früheWer langsam den Eindruck gewann, Amélie Niermeyer rer Arbeiten der Regisseure Oliver Reese und Sebastian Baumund ihr Chefdramaturg Joachim Klement böten mit ihrer bun- garten. Der Trend, keine fertigen Stücktexte, sondern Romane, ten Palette von allem etwas, hatte nicht völlig unrecht; aber der Novellen und andere Prosawerke zu bearbeiten und auf die ­Bühne Neugier und dem Erfahrungshunger ihres Publikums kamen sie zu bringen, hatte sich flächendeckend durchgesetzt. Manches mit dieser Strategie entgegen – man wurde über Tendenzen des ließe sich dagegen einwenden: Hatten die Autoren dieser W ­ erke Gegenwartstheaters ziemlich komplett informiert. Auch den Au- nicht ganz bewusst eine bestimmte Gattung gewählt, deren fortorennachwuchs hatte Niermeyer im Blick: Der Dramaturg und male Eigenschaften den Erfordernissen des Sujets entsprachen? Dramatiker Thomas Jonigk leitete ein „Autorenlabor“, dessen Waren die Prosa-Texte nicht generell zu wenig auf einen Konflikt Sinn und Zweck es war, junge Schreibende möglichst nah an die zugespitzt, und sahen die Spieler sich nicht gezwungen, UnmenPraxis heranzuführen. Derweil spielte man Jonigks eigene Stücke gen von epischem „Tapetenkleister“ mitzuschleppen, der sie und beispielsweise Martin Heckmanns’ Farce „Kommt ein Mann letztlich am freien Spielen hinderte? zur Welt“, inszeniert von Rafael Sanchez: ein ganzes Leben von Doch auf Carver und Bulgakow trafen diese Einwände nur der Geburt bis zum Tod in winzigen Szenen, brillant dargestellt in geringem Maß zu. Carvers Short Stories hatten durchaus Konvon Markus Scheumann. fliktpotenzial; erklärendes Beiwerk fehlte ihnen fast vollständig. Die zweite Spielzeit begann mit der letzten Arbeit Jürgen Die Kurzgeschichten mit ihren bezeichnenden Titeln wie „Wovon Goschs am Düsseldorfer Schauspielhaus: „Was ihr wollt“. Eine wir reden, wenn wir von Liebe reden“ oder „Würdest du bitte endausgewogene, wohltemperierte Inszenierung des Meisters war lich still sein, bitte“ waren nichts anderes als lakonische kleine es nicht und doch eine herausragende Aufführung – dank bril- Beziehungsdramen. Bulgakows assoziativ wuchernder Roman lierender Schauspieler. Der vierstündige Abend begann damit, „Der Meister und Margarita“ ließ sich nicht wirklich adaptieren; dass Guntram Brattia als Herzog Orsino den goldglänzenden aber Baumgarten war ja auch bei anderen Arbeiten nicht daran Bühnenkasten von Johannes Schütz mit schwarzer Farbe in eine gelegen, einen Text integral abzubilden. Die Bühne von T ­ hilo „Black Box“ verwandelte: kein melancholischer Akt, sondern ­ Reuther war eine Assemblage, die vieles ermöglichte: Revue, eher ein wütendes Happening, das die wie üblich in der ersten ­Varieté, Groteske. Der Apparat lief auf Hochtouren. Bulgakows Reihe platzierten Kollegen animieren und mitreißen sollte. Play Assoziationen produzierten weitere Assoziationen. Markus Shakespeare! Kathleen Morgeneyer war Gräfin Olivia, Kathari- Scheumann als Meister, Nadine Geyersbach als Margarita, ­Rainer na Lorenz eine schwindelerregend verwandlungsfähige Viola. Im Galke als Voland wurden zu saftigen, lebensprallen Figuren. Mittelpunkt stand aber ganz entschieden das Buffo-Personal: Ein mutiges Projekt ging im Frühjahr 2009 über die B ­ ühne Michael Abendroth als Sir Toby, Matthias Leja als Sir Andrew, des Großen Hauses, die zu diesem Zweck von Olaf ­Altmann in Claudia Hübbecker als Maria, Horst Mendroch als Narr gelan- eine Raumbühne verwandelt wurde, auf deren vier Seiten die gen hinreißende Rüpelszenen, denen man anmerkte, dass sie aus Zuschauer platziert waren. „Joseph und seine Brüder“, das

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„Joseph und seine ­ rüder“ nach Thomas B Mann von John von Düffel, Regie: Wolfgang Engel, 2009, mit: Matthias Leja, Wolfram Rupperti, ­Guntram Brattia, Matthias Leja, Janina Sachau, Michele Cuciuffo „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn, Regie: Amélie Niermeyer, 2010, mit: Daniel Graf, Anna Kubin

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„Rechnitz (Der Würgeengel)“ von Elfriede Jelinek, Regie: ­Hermann Schmidt-Rahmer, 2010, mit: Ensemble „Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“ nach Horace McCoy, Regie: Amélie ­Niermeyer, 2011, mit: Anna Kubin und Ensemble

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2000-Seiten-Opus von Thomas Mann, während der NS-Zeit ent- men war. Jelineks Absicht war es, mit diesem in den Textfluss standen und sicher nicht der Prototyp eines Bestsellers – es bot collagierten Zitat den „Sündenstolz“, wie sie es nennt, also die sich nicht spontan für eine Adaption an, handlungsarm und ge- Routine der Gedenkrituale zu konterkarieren – trat nicht auch dankenschwer, wie es nun einmal ist, und vielleicht gerade des- im Niederschießen wehrloser Opfer auf einer Party ein perverses wegen wurde Wolfgang Engels Inszenierung einer Spielfassung Lust-Motiv hervor? Die Leichen der Opfer waren in Rechnitz nie von John von Düffel zu einem der herausragenden Ereignisse der gefunden worden. „Die Schlossbewohner werden die Juden doch Niermeyer-Ära. Spielzeit: fünf Stunden netto. Altmanns Bühne nicht aufgegessen haben“, heißt es im typischen Jelinek-Sarbestand lediglich aus mehreren Hubpodesten und einem Fahnen- kasmus. Die Strategie ging auf, allerdings heftiger als gedacht: mast. In diesem leeren Raum war alles auf die Imaginationsgabe Zuschauer verließen den Saal, einer spuckte vor Empörung eine von Spielern und Zuschauern gegründet. Michele Cuciuffo über- Regieassistentin an – in der Harald-Schmidt-Show fand dieser nahm die Mammutrolle des Joseph (und außerdem des jungen skandalöse Vorfall prompt ein amüsiertes Echo. Wenn Amélie Niermeyer ihre Intendanz schon nach fünf Jakob, den alten spielte Michael Abendroth), aber es war entschieden ein Ensemble-Abend, gedankenschwer und handlungs- Jahren beendete, um als Professorin ans Salzburger Mozarteum arm im besten Sinn. Janina Sachau als einzige beteiligte Frau war zu wechseln, geschah dies ohne Not. Niermeyer hatte mit ihren in der Rolle der Mut zu bewundern, der sexuell frustrierten Frau Spielplänen und mit den von ihr engagierten Regisseuren ein fardes Haushofmeisters Potiphar, der „Liebesgans in Jungfrauen­ bigeres Spektrum ermöglicht; auch mit der Zusammenstellung gestalt“, der es nicht gelingen will, den „Hübschen und Schönen“, des Ensembles bewies sie eine glückliche Hand. Niermeyer beendete ihre Intendanz, indem sie es noch einmal komplett auf die den keuschen Joseph zu verführen. Im Herbst 2008 hatte sich die globale Finanzkrise er- Bühne brachte: für eine von Lutz Hübner und Martin Heckmanns eignet. Es war unter diesen Vorzeichen unbedingt richtig, sich erstellte Adaption des Romans „Nur Pferden gibt man den Gnaan einen Stoff zu wagen, der tief in die Prähistorie reichte, den denschuss“ von Horace McCoy (1935). Ein Tanzmarathon in Zeitiefen „Brunnen der Vergangenheit“ auslotete – wenn man denn ten der Depression, Paare tanzen tage- und nächtelang bis zum zugibt, dass Theater nicht reflexhaft auf aktuelle Ereignisse oder Umfallen, um ein bescheidenes Preisgeld zu ergattern, zynisch gar Skandale reagiert, sondern darüber hinaus die Aufgabe wahr- angefeuert von einem Conférencier (Rainer Galke) – wie erhofft nimmt, den Standort des Menschen in ganz anderen Dimensio- eine bravouröse Ensembleleistung. nen zu markieren und möglichst komplex zu erforschen. Die vorläufig letzte Aufführung im Schauspielhaus (vor der zunächst auf ein Jahr terminierten Schließung wegen Asbest­ 2011–2012: sanierung) war Amélie Niermeyers reibungslos funktionierende Staffan Valdemar Holm – Inszenierung der Backstage-Komödie „Der nackte Wahnsinn“ Experiment zur Globalisierung von Michael Frayn. Dann wurde jenes Produktionszentrum in der alten Paketpost, das Niermeyer 2008 hatte in Betrieb neh- Es trat nun als Nachfolger der Schwede Staffan Valdemar Holm men können, unter dem Namen „Central“ zur Ausweichspiel- an – niemand ahnte, wie kurz diese Intendanz, krankheitsbestätte: ein weitläufiges Areal, das die Bühne des Großen Hauses dingt, währen sollte. Holm gedachte das Schauspielhaus nach der im Maßstab 1:1 gleich zweimal nachbildete. Fünf Jahre später Renovierung mit einem eigenen „Hamlet“ zu eröffnen; der Terwürde man sich hier noch dauerhafter einrichten müssen, aber min verschob sich jedoch, und so rückte Falk Richters Adaption das ahnte 2010 noch niemand. des jüngsten Michel-Houellebecq-Romans „Karte und Gebiet“ im Gleich zu Anfang der Saison 2010 / 11 geriet Elfriede Kleinen Haus an den Anfang. 2011 war das Jahr der Katastrophe ­Jelineks „Rechnitz. Der Würgeengel“ zu einem Skandal. Jelinek von Fukushima und des „Arabischen Frühlings“ – ein Jahr der Rethematisiert in ihrem Stück den Massenmord an 140 jüdischen volutionen, der Krisen und der letztlich enttäuschten HoffnunZwangsarbeitern kurz vor Kriegsende in einem Schloss an der ös- gen. Die düstere Stimmung eines Houellebecq-Romans passte terreichisch-ungarischen Grenze. Aber nicht so sehr dieses Sujet ausgezeichnet in dieses Szenario. Vor allem anderen prägte sich provozierte etliche Theaterbesucher. Hermann Schmidt-Rahmer jedoch ein, wie der Däne Olaf Johannessen, mit allen Wassern des setzte an den Schluss seiner Inszenierung einen Chat des „Kan- „Method Acting“ gewaschen, den „Michel Houellebecq“ spielte, nibalen von Rotenburg“ mit seinem Partner, der im Halbdunkel also die nach dem Autor benannte Figur, die im Roman bestiader Bühne nur akustisch, und auch das nur halblaut, zu verneh- lisch ermordet wird.

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„Einsame Menschen“ von ­ erhart Hauptmann, Regie: G Nora Schlocker, 2011, mit: Friederike Bellstedt, Anna Kubin, Xenia Noetzelmann, Hans Diehl, Tina Engel „Hamlet“ von William Shakespeare, Regie: Staffan Valdemar Holm, 2011, mit: Ensemble „Marija“ von Isaak Babel, Regie: Andrea Breth, 2012, mit: Imogen Kogge, Bärbel Bolle, Marie Burchard, Peter Jecklin, Klaus Schreiber

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Dann also endlich eine Doppelpremiere im Großen Haus. „Ein- Der neben Richter und Schlocker Dritte in der Trias der festen same Menschen“, die Hauptmann-Inszenierung der jüngsten Regisseure, Nurkan Erpulat, machte sich überraschend an ein Hausregisseurin Nora Schlocker, eine eigenwillige Arbeit, die (nicht einmal mehr brandaktuelles) well-made play: „Herr Kolden Naturalismus des selten gespielten Textes mit raffinierten pert“ von David Gieselmann. „Herr Kolpert“ ist eine Art „Reza Zuspitzungen unterlief. Und eben Holms „Hamlet“. „Ich kann plus“ – „tödliche“ Konversation plus eine fein abgewogene Dojeden leeren Raum nehmen und ihn eine nackte Bühne nennen“, sis Horror. Erpulat interessierte sich weniger für den Small Talk so hatte es Peter Brook in seinem Manifest formuliert, und so zweier Paare als für die Groteske, den Slapstick, Zitate, etwa aus hatte es sich vielfach durchgesetzt, nicht zuletzt in Johannes Hitchcocks „Cocktail für eine Leiche“, und für lokale AnspielunSchütz’ Bühnen für Jürgen Gosch. Angesichts der Bühne, die gen. Keine große Ambition, aber immerhin beste Unterhaltung. Die zweite Spielzeit begann mit einem erfreulichen Bente Lykke Møller für den „Hamlet“ baute, ein riesiger, leerer, gülden schimmernder Guckkasten, fühlte man sich an „Was ihr Kleist’schen „Zerbrochnen Krug“ (Regie und Bühne: Dušan ­David wollt“ erinnert und daran, wie Guntram Brattia diesen majestä- Pařízek). Wieder ein leerer Raum, die Bühne zeigte lediglich ein tischen Kasten schwarz überpinselt hatte. Wenige Wochen nach Baugerüst: Sie zitierte den Zustand des Schauspielhauses vor Holms „Hamlet“ inszenierte Andrea Breth Isaak Babels „Marija“ einem Jahr, während der Renovierung. Die meisten Szenen spielauf einer Bühne von Raimund Voigt, die das absolute Gegenteil ten an der Rampe, an der Schnittstelle zwischen Bühne und Saal, eines leeren Raums darstellte: mehrere unterschiedliche, atmo- zwischen Huisum und Düsseldorf. In der Szene, als Richter Adam sphärische, detailgenau möblierte Innenarchitekturen. Ein Akt (Frank Seppeler) den Gerichtsrat betrunken zu machen versucht, als der Gang der Untersuchung also unterbrochen wird, schieder Restauration? Der Vergleich zeigt jedoch, dass auch die Kritik nicht mit nen die Schauspieler aus dem Plot auszusteigen – das Saallicht Schablonen arbeiten darf. Es gibt nicht nur einen Weg nach Rom. ging an, es gab jedoch keine Pause, sondern nur eine Öffnung der Auf der „Hamlet“-Bühne verloren sich die Figuren. So pointiert Spielsituation zum Publikum hin – die Demontage der „Vierten etwa Rainer Bock den König Claudius oder Imogen Kogge ihre Wand“ als Arbeitshypothese. Doch solche Geistesblitze summierten sich noch nicht zu ­Gertrud zeichneten, so charmant, in heutigen Kleidern, ­Aleksandar Radenković den Prinzen und Lea Draeger die Ophelia darzustellen einem organischen Ganzen; zudem stießen gewisse Entscheisuchten, talentierte junge Schauspieler – diese Aufführung hatte dungen auf den erbitterten Widerstand von Teilen des Publikums. über Anflüge von Ironie hinaus kein vitales Zentrum; in ihrem gol- Als etwa Sebastian Baumgarten im Herbst 2012 Leo Tolstois „Macht der Finsternis“ herausbrachte, endete die Premiere im denen Rahmen schienen die Personen sukzessive zu verblassen. Was für eine Wucht entfaltete, damit verglichen, die Aus- Eklat. Nicht, weil sie misslang, sondern weil sie ästhetische Setgrabung eines fast verschollenen Revolutionsdramas von Isaak zungen enthielt, denen das Publikum nicht zu folgen bereit war. Babel aus dem Jahr 1935, zur Zeit des russisch-polnischen Krie- Denn Baumgarten spitzte unbarmherzig zu. Im russischen Wort ges in St. Petersburg spielend. Nicht weniger als 22 Figuren, von für „Finsternis“ steckt die Flaubert’sche „bêtise“, die tierische denen Breth nicht eine einzige gestrichen oder doppelbesetzt Dummheit; folgerichtig waren Tolstois Figuren wie Affen behaart, hatte; schon dies eine beinahe provokante Entscheidung gegen einige hatten schlimme Sprachfehler oder redeten an der Grenze den Trend. Die Titelfigur allerdings tritt schon bei Babel nicht zur Unverständlichkeit. Verschärfend kam hinzu, dass der Reauf: Marija ist eine Politkommissarin der Roten Armee, Tochter gisseur Ereignisse aus dem zaristischen Russland mit Zuständen eines zaristischen Generals; so überkreuzen sich in dem wunder- nach der Revolution kurzschloss – der zaristische Grundbesitzer baren Stück die Epochen. In einer der schönsten Szenen las Imo- trug die Uniform eines Bolschewiken. Auch unter dem kommunisgen Kogge einen Brief von Marija vor, auf einer nur von Kerzen tischen Regime, so die These, hatte sich am „Triumph der Dummbeleuchteten Bühne, und brach unvermittelt in helles Gelächter heit“ (so könnte das Stück auch heißen) nichts geändert. Schauaus ob des (so sympathischen wie befremdlichen) Pathos der Ak- spielerisch war der Abend grandios, Betty Freudenberg und Till tivistin. In der letzten Szene wurde es sehr hell, der General war Wonka spielten beklemmend Kreaturen, die mangels besserer tot, seine Wohnung leergeräumt, und eine junge Bäuerin tanzte Möglichkeiten ihren animalischen Instinkten freien Lauf ließen. Es war der Anfang vom Ende der Intendanz Holms. Die zu einem Militärmarsch, der von der Straße her ertönte. Das hieß: Die Naivität der jungen Frau wurde von Breth als einer Nachge- Zuschauerquote (das Große Haus mit seinen 800 Plätzen war oft borenen ironisch konnotiert, ihre Lebensfreude dagegen behaup- nicht einmal zur Hälfte gefüllt) konnte nicht befriedigen – leere Säle lähmen die Energien. Staffan Valdemar Holm erlitt, wie er tete sich gleichwohl.

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„Die Macht der Finsternis“ von Leo Tolstoi, Regie: ­Sebastian Baumgarten, 2012, mit: ­Ensemble „Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist, Regie: Dušan David Pařízek, 2012, mit: Florian Jahr, Imogen Kogge, Stefanie Reinsperger, Till ­Wonka, Frank Seppeler

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eingestand, eine „schwere Depression“. Die Verantwortlichen in 2014–2016: der Politik gerieten in Panik. Was tun? Gewöhnungsbedürftig, Günther Beelitz zum Zweiten – gar kess schien vielen in dieser Situation Holms Humor: Wenn Zeit der Konsolidierung es nur darum ginge, die Häuser zu füllen, ließ er verlauten, dann „hätte man einen anderen dummen Schweden anrufen müssen!“ Was aber war zu tun, um das Düsseldorfer Schauspielhaus ökoIm November 2012 trat der Intendant zurück. Der Verwaltungs- nomisch zu konsolidieren und ein aufgebrachtes, missmutiges direktor Manfred Weber und die Dramaturgen Almut Wagner Publikum wie auch immer zu befrieden? Mit dem Dresdner Inund Stefan Schmidtke übernahmen kommissarisch die Geschäfte. tendanten Wilfried Schulz war nach langwieriger Suche bereits Eine in der Lokalpresse abgedruckte Fotografie zeigte die Regis- eine Verabredung getroffen, als Stadt und Land sich entschlossen, seurin Nora Schlocker mit ihren 29 Jahren mutterseelenallein für eine Übergangszeit, 28 Jahre nach dem Ende seiner ersten im leergeräumten Intendantenbüro sitzend. Denn das verwaiste Intendanz, Günther Beelitz und an seiner Seite als KaufmänniPersonal musste ja das von Holm Eingefädelte glücklich oder un- schen Direktor Alexander von Maravić mit der Theaterleitung glücklich zu Ende bringen, Verträge blieben gültig. zu betrauen. Im Frühsommer 2014 traten sie ihren Job an. Bald Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob die Holm-Inten- zeichnete sich neben der ökonomischen Bredouille ein zweites danz unter anderen Umständen zu retten gewesen wäre. Hätte gravierendes Problem ab: Wegen nachzuholender SanierungsHolm beispielsweise den „Peer Gynt“ nicht besser als Visiten- maßnahmen, aber auch wegen einer Großbaustelle direkt vor dem karte an den Anfang seiner Intendanz setzen sollen? Als er jeden- Schauspielhaus („Kö-Bogen II“) musste man ab Anfang 2016 erfalls nach ein paar Monaten der Erholung überraschend schnell neut den Gründgens-Platz verlassen und ins Central ­ausweichen. zurückkam, um den Ibsen zu inszenieren, schien Holm sich mit Im interessantesten Stück seiner ersten Saison konnseiner „skandinavischen“ Ironie weit heimischer zu fühlen als auf te ­ Beelitz in doppelter Hinsicht an „Betrunkene“ anknüpfen. dem widerspenstigen Kontinent Shakespeare. Nicht zuletzt hat- „­ Kreise  /  Visionen“ des 1963 geborenen französischen Schaute er in Olaf Johannessen einen charismatischen Hauptdarsteller. spielers, Regisseurs und Autors Joël Pommerat ist ebenfalls epiZu spät. Das Experiment mit einem Theatermacher, der als vor- sodisch aufgebaut – und hat ebenfalls eine deutliche spirituelle bildlich „vernetzt“ galt und Düsseldorf in großem Stil globalisie- Note. Thema ist der Glaube; es wird in ganz unterschiedlichen ren sollte, war auf deprimierende Art und Weise gescheitert. historischen Kontexten acht Mal durchgespielt, vom MittelDušan David Pařízek avancierte während der Interims­ alter bis in die Gegenwart, wobei die Chronologie, wenngleich direktion von Manfred Weber zu einer Art Anker im schwedischen mit genauen Zeitangaben, munter durcheinandergeschüttelt ist. Seenotrettungsboot. Seine „Nora³“ basierte auf dem Stück von Pommerat greift tief in die dramaturgische Trickkiste, aber seiIbsen, ergänzte dieses aber durch zwei Jelinek-Texte, die das Ge- ne Geschichten entfalteten in der Regie von Hans-Ulrich Becker schehen aus feministischer Perspektive fortschreiben. An diesem einen eminenten Sog. Jakob Schneider war der komödiantisch Abend lernte Düsseldorf die furiose Stefanie Reinsperger kennen – veranlagte Butler Philippe, der im Ersten Weltkrieg von einem alderen Temperament, Vitalität und Wucht das Publikum in einer ternden Aristokraten begehrt wird. Katrin Hauptmann eine feinWeise spalteten, wie es Schauspielerinnen selten vergönnt ist! nervige Dame, die nicht ahnt, dass ihr Baby tot ist, während die Der aus Sibirien stammende Autor Iwan Wyrypajew und Menschen in ihrer Umgebung es längst wissen. Pia Händler und der Regisseur Viktor Ryschakow bildeten ein eingespieltes Team; Sven Walser spielten hinreißend eine Szene, in der ein Vertreter gemeinsam schrieben bzw. inszenierten sie für Düsseldorf „Be- einer hoffnungslos depressiven Frau eine „Universalbibel für das trunkene“ – die schönste Komödie dieses Jahres. Im Grunde ist bessere Leben“ andrehen will. es erstaunlich, dass vor Wyrypajew kaum ein Theaterautor auf Die heftig herbeigesehnte und dringend erforderliche ökodie Idee gekommen zu sein scheint, den Rauschzustand zur Basis nomische Konsolidierung verdankte sich nicht zuletzt dem Reißer eines ganzen Stücks zu machen. Denn im Rausch tut man Dinge, „Terror“ von Ferdinand von Schirach, den ganz Düsseldorf „gesedie man sonst nicht täte: Zum Beispiel am Tag vor der (eigenen) hen haben musste“. Dabei beruht das Erfolgsstück auf einer preHochzeit jemand (anderen) zu heiraten. Oder aber: hingebungs- kären Annahme: dass ein Theaterpublikum autorisiert sei, über voll zu predigen, ohne die Sorge, anderen damit auf die Nerven zu einen politisch-ethischen Konflikt zu entscheiden – als zeichnete fallen. Im Rausch glaubt man an Gott! Und dieses utopische Ele- ein solcher dramatischer Konflikt sich nicht gerade dadurch aus, ment, das Überschreiten imaginärer roter Linien bildet schließ- dass er eben nicht allein mit „gesundem Menschenverstand“ zu lich den Glutkern des Theaters. lösen ist. Wie zu erwarten, entschied das Publikum (nicht nur

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„Betrunkene“ von Iwan ­ yrypajew, Regie: Viktor W Ryschakow, 2014, mit: Sarah Hostettler, Daniel Fries, Stefanie Rösner „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen, Regie: Staffan Valdemar Holm, 2013, mit: Ensemble

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Kreise / Visionen“ von Joël Pommerat, Regie: Hans-Ulrich Becker, 2015, mit: Ensemble „Terror“ von Ferdinand von Schirach, Regie: Kurt Josef Schildknecht, 2015, mit: Nicole Heesters, Viola Pobitschka „Die Wupper. Eine Performance“ von Else Lasker-Schüler, Regie: Roberto Ciulli, 2016, mit: Klaus Herzog, Petra von der Beek, Steffen Reuber, Roberto Ciulli, Simone Thoma, Bettina Kerl Der Hauptmann von Köpenick“ von Carl Zuckmayer, Regie: Christian von Treskow, 2015, mit: Marcus Calvin, Tilo Nest, Ensemble „Mephisto“ von Klaus Mann, Regie: Thomas Schulte-Michels, 2015, mit: Moritz Führmann

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in Düsseldorf) rein gefühlsmäßig zugunsten des Bundeswehr­ offiziers, der ein gekapertes Passagierflugzeug befehlswidrig abschießt, um dessen geplanten Absturz in ein vollbesetztes Stadion zu verhindern. Die Entscheidung (des Offiziers wie auch des Publikums) mochte subjektiv und emotional verständlich sein – „korrekt“ war sie deswegen nicht. Menschenleben lassen sich nun einmal nicht arithmetisch gegeneinander aufrechnen. In seiner zweiten (respektive zwölften) Spielzeit nahm Beelitz ausschließlich deutschsprachige Autoren ins Programm. Moritz Führmann glänzte in der Titelrolle des „Mephisto“ von Klaus Mann, Tilo Nest in Christian von Treskows aparter Insze-

nierung des „Hauptmann von Köpenick“. Der Theatermagier Roberto Ciulli kehrte mit Teilen seines Ensembles zurück und brachte Else Lasker-Schülers „Wupper“ – kokett als „Performance“ tituliert. Die Bühne von Gralf-Edzard Habben zeigte ein blaues Klavier als Kindheitsikone der Elberfelder Dichterin, drei Ölfässer und viele Stühle. Ciulli selbst trat im Kleid als Personifizierung der Autorin auf, in den Mittelpunkt aber rückten die drei sonderbaren Figuren, die Lasker-Schüler „Herumtreiber“ nennt – hier nicht (nur) als sexuelle Außenseiter gesehen, sondern als Unheilspropheten und Protofaschisten, die Bücher der jüdischen Dichterin ins Feuer warfen.

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Ab 2016: Wilfried Schulz – Öffnung in die Stadt Als Wilfried Schulz 2016 von Dresden nach Düsseldorf wechselte, wusste er zunächst nicht, dass er sich nicht nur als Spielplangestalter und als Krisenmanager, sondern auch als Bauherr, Diplomat, Moderator und noch in diversen anderen mediativen Funktionen würde bewähren müssen. Denn die Baumaßnahmen im und am Schauspielhaus sollten erheblich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ursprünglich angenommen. Schulz tat einen entschlossenen Schritt: Er öffnete das Theater in die Stadt hinein. „Ich kann jeden leeren Raum nehmen und ihn eine nackte Bühne nennen“ – wieder einmal sollte sich Brooks kluger Satz bewähren. Man kann auch ein Zirkuszelt nehmen und es eine ­Bühne nennen, eine Kirche, eine Aula, ein Museum, eine Aussichtsplattform im Dreischeibenhaus. So wurde die Spielzeit 2016 / 17 in einem weißen Zelt eröffnet, das man im Herzen der Stadt, am Corneliusplatz aufgeschlagen hatte – zwischen Steigenberger Hotel und Edelboutiquen. Gespielt wurde „Gilgamesh“, das älteste erhaltene Epos der Menschheit, eine Geschichte über die Geburt der Zivilisation aus Dreck und Schlamm, mit Christian Erdmann (Gilgamesh) und André Kaczmarczyk (sein Freund Enkidu) in den

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Hauptrollen. Das von Gilgamesh gegründete Uruk in Mesopotamien war wie Düsseldorf eine Metropole des Handels und des Geldes. Am Schluss der Inszenierung des Hausregisseurs Roger Vontobel öffnete sich das Zelt, Erdmann trat hinaus in die Stadt, auf die nächtliche Königsallee. „Klopft die Monumente ab, prüft das Mauerwerk“, rief dieser Bote einer versunkenen Epoche den amüsierten Passanten zu, die sich eben noch an den Schaufenstern von Max Mara oder Tod’s die Nasen plattdrückten. Nicht nur in die graue Vorzeit reiste man am Cornelius­ platz, sondern auch „In 80 Tagen um die Welt“. Der Science-­ Fiction-Roman von Jules Verne wurde zur Vorlage für eine von Gags und Slapstick-Effekten überbordende, lustige und auch alberne, in der fantasievollen Ausstattung von Michael ­Sieberock-Serafimowitsch schamlos durch die Epochen jettende Show (Regie Peter Jordan und Leonhard Koppelmann), wie geschaffen für die Zirkusatmosphäre des Zelts. Im Central eröffnete die neu gegründete Bürgerbühne: Junge Laien zwischen vierzehn und vierundzwanzig boten Shakespeares „Sommernachtstraum“ „eher performativ“, wie die jüngste Mitspielerin an der Rampe ankündigte. Im „Sommernachtstraum“ geht es um die Liebe und um Handwerker, dementsprechend organisierte die Regisseurin Joanna Praml den Abend:


„Gilgamesh“ – Epos übertragen von Raoul Schrott, Regie: Roger Vontobel, 2016, mit: Ensemble „Faust (to go)“ von Johann Wolfgang Goethe, Regie: Robert Lehniger, 2017, mit: Stefan Gorski, Torben Kessler, Cennet Rüya Voß „Ein Sommernachtstraum – Ein Verwirrspiel mit Düssel­ dorfer Jugendlichen“ nach William Shakespeare, Regie: Joanna Praml, 2016, mit: ­Ensemble „In 80 Tagen um die Welt“ nach Jules Verne, Regie: ­Leonhard Koppelmann, Peter Jordan, 2016, mit: Ensemble

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„Die dritte Haut :: Der Fall Simon“ von Bernhard Mikeska, Lothar Kittstein und Alexandra Althoff (RAUM+ZEIT), Regie: Bernhard Mikeska, 2017, mit: Tabea Bettin „Gesellschaftsmodell Großbaustelle (Staat 2)“ von Rimini Protokoll, Regie: Stefan Kaegi, 2017

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Wie richten wir eine Aufführung handwerklich ein, und was hat es eigentlich mit der Liebe auf sich? Zwei komplexe Aufgaben also, aber wie die jungen Menschen sich daran abarbeiteten, wie sie eifersüchtig um den Besetzungs-„Zettel“ stritten und wie sie, allen Anflügen von Scham trotzend, einen Diskurs über erwachende (oder noch schlummernde) Gefühle anzettelten – dies alles hatte außergewöhnlichen Charme. Den deutschen Klassiker schlechthin hatte man obendrein im Gepäck, was in diesem Fall fast wörtlich zu verstehen war: „Faust (to go)“ nannte sich ein Programm, das die Schauspieler sich sozusagen unter den Arm klemmten, um damit Schulaulen, Gemeindesäle und zunächst die Oberbilker Christuskirche zu bespielen. Torben Kesslers Faust und Stefan Gorskis Mephisto reisten den Rhein entlang; Gretchen, gespielt von Cennet Rüya Voß, trug lilafarbene Haare und setzte sich mit Bärbelchen per WhatsApp ins Benehmen. Auch der maskuline Nachbar des Schauspielhauses, das Dreischeibenhaus, zögerte nicht, seine Pforten zu öffnen. „Die dritte Haut :: Der Fall Simon“ nannte sich eine Performance des Kollektivs RAUM + ZEIT. Die „dritte Haut“ ist, nach der natürlichen Haut und der Kleidung, das Haus, in dem man wohnt. Der Performance lag ein authentischer (Kriminal-)Fall zugrunde, der einige Jahre zuvor in Düsseldorf Schlagzeilen gemacht hatte. Der Text von Lothar Kittstein konstruiert oder dekonstruiert allerdings weniger den Kriminalfall. Er spielt vielmehr auf kryptische Weise mit den Bausteinen der unheimlichen Story. Die Pointe der Inszenierung von Bernhard Mikeska bestand in den 1:1-Situationen, in denen Schauspieler und Besucher aufeinandertrafen – und in denen Letztere sich gezwungen sahen, ebenfalls Rollen zu übernehmen, allerdings ohne Skript und Regisseur. An der Hand eines Guides ging es vom Erdgeschoss ganz nach oben und von dort wieder tief hinab in den Keller. Man begegnete der rätselhaftverführerischen Tabea Bettin in einem sehr privaten Ambiente oder Andreas Grothgar als obskuren Bewohner der Unterwelt. Das Projekt – oder auch Trauma – Großbaustelle als Gesellschaftsmodell szenisch zu reflektieren, war dem Kollektiv Rimini Protokoll vorbehalten, wobei die Inszenierung von Stefan Kaegi sich ihrerseits zu einer perfekt funktionierenden Großbaustelle im Central entwickelte: Zu acht Kleinbaustellen wurde das Publikum in Gruppen geführt, an jeder von ihnen lauschte man über Kopfhörer einem „Experten des Alltags“, von der Investmentbankerin, die zu Investitionen am Stadtrand von London animieren will, bis zum Mitglied von „Transparency International“, der Korruptionsfällen im Baugewerbe auf der Spur ist, ein Ansinnen, das besagte Bankerin wiederum auf „Verschwörungstheorien“ zurückführt. Der „Zuschauer“ alten Stils ist hier ebenso abgeschafft

wie in der Performance von Mikeska; der zu absolvierende Parcours entlang der sich simultan ereignenden Prozesse schärft das Bewusstsein für die flagranten Widersprüche, die unaufgelöst im Raum stehen und den einzelnen Teilnehmer über den Abend ­hinaus beschäftigen.

Wilsons „Sandmann“ und aktuelle Diskurse Das Publikum war zurückgewonnen. Zu einem ganz großen Favoriten avancierte dabei eine Inszenierung des amerikani­ schen Theatermagiers Robert Wilson, die – nach ihrer Premiere im Rahmen der Ruhrfestspiele – ausnahmsweise sogar im Schauspielhaus stattfand. Wie bei seinem legendären „Black Rider“ (Hamburg 1990) griff Robert Wilson auf einen urromantischen Stoff zurück, auf die Novelle „Der Sandmann“ von E. T. A. Hoffmann, geschrieben 1815 in Berlin. Dabei könnte Wilsons Deutung der Erzählung auf einem Missverständnis beruhen. Es ist hilfreich zu wissen, dass Hoffmann im Ausland populärer war und ist als in seiner Heimat; in Amerika etwa gilt er als eine Art deutscher Edgar Allan Poe, als ein Dichter des Grauens. Doch der „Sandmann“ ist eher eine tiefenpsychologische Studie, deren wahnhafte Auswüchse sich ausschließlich der Subjektivität des Protagonisten Nathanael (beeindruckend gespielt von Christian Friedel) verdanken. Den Mechanikus Spalanzani, Schöpfer der Puppe Olimpia, hat es tatsächlich gegeben, und in vieler Beziehung ist Hoffmanns Text näher an der Realität, als mancher Leser glaubt. Robert Wilsons Lesart, zur mitreißenden Musik der italobritischen Singer-Songwriterin Anna Calvi, hielt sich weniger an Sigmund Freuds Interpretation der Novelle als etwa an Walter Scott, der, bei aller Bewunderung, im „Sandmann“ eine „wilde und absurde Story“ sah, die er als „fiebrige Träume eines verwirrten Patienten“ betrachtete. Zwei jüngere Werke britischer Provenienz, die in den beiden ersten Spielzeiten von Schulz in deutschen Erstaufführungen herauskamen, ließen sich ohne Weiteres in einer Klammer zusammenfassen, indem sie heutige Geschlechterverhältnisse spiegeln. In „Heisenberg“ von Simon Stephens, das Caroline ­Peters und Burghart Klaußner meisterhaft spielten, entwickelt sich eine scheinbar klassische Liebesgeschichte zwischen einem älteren Mann und einer jüngeren Frau; in der Melange aus Zweifeln und Selbstzweifeln, die namentlich den Mann umtreiben, kristallisiert sich ein monetäres Problem heraus, dessen schillernde Zweideutigkeit Stephens mit psychologischer Raffinesse in lakonische Dialoge meißelt. In „Konsens“ von Nina Raine liegt der Fokus dagegen auf einem gesellschaftlichen bzw. geschlechter­politischen

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„Der Sandmann“ von E. T. A. Hoffmann, Regie: Robert Wilson, 2017, mit: Christian Friedel, Rosa Enskat „Konsens“ von Nina Raine, Regie: Lore Stefanek, 2018, mit: Moritz Führmann, Sonja Beißwenger, Torben Kessler „Heisenberg“ von Simon Stephens, Regie: Lore Stefanek, 2016, mit: Caroline Peters, Burghart Klaußner „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ nach Erich Kästner, Regie: Bernadette ­Sonnen­bichler, 2017, mit: Alexej Lochmann, Thiemo Schwarz, Judith Bohle, André Kaczmarczyk, ­Sebastian Tessenow, Cathleen Baumann, Markus Danzeisen, Marie ­Jensen

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Komplex. Es war ein glücklicher Zufall, dass das bereits vor einiger Zeit geschriebene Stück in einem Augenblick auf die Bühne kam, als die #MeToo-Debatte eben ihren Höhepunkt erreicht hatte (Anfang 2018). „Konsens“ kreist um die Frage, wann ein sexueller Akt als einvernehmlich gelten kann und wann eben nicht. Edward, ein umtriebiger Anwalt, ist an einem Vergewaltigungsprozess beteiligt, dessen Umstände undurchsichtig sind; Ed, gespielt von Torben Kessler, ergreift aber ohne Skrupel Partei für den Beschuldigten und erwirkt einen Freispruch. Dabei hat er in seinen eigenen vier Wänden einen gar nicht so komplett anders gelagerten Fall zu bewältigen: In einem Anflug jäher Eifersucht hat er seine Frau Kitty, „technisch gesehen“, vergewaltigt. Nina Raine lässt es offen, ob Kitty ihrem Mann verzeiht oder nicht; zu beurteilen, in welchem Verhältnis die beiden Fälle zueinanderstehen, bleibt dem Zuschauer überlassen. Die Autorin bietet keine Lösungen, sondern skizziert ein virulentes Problem in all seinen Facetten. Lore Stefanek inszenierte „Heisenberg“ und „Konsens“ mit psychologischem Fingerspitzengefühl. Erich Kästners Roman „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ nahm sich Bernadette Sonnenbichler, neben Roger ­ Vontobel zweite feste Hausregisseurin, zu Beginn der Spielzeit 2017 / 18 vor. Es ist die Geschichte eines Bohemiens im Berlin der Goldenen Zwanziger – eine naturgemäß melancholische Geschichte, denn dem Journalisten Dr. Fabian will es nicht gelingen, sein Leben aktiv in die Hand zu nehmen; er lässt sich treiben vom Strudel der Zeit, amüsiert sich, hat eine Liebschaft und einen Freund, wird entlassen, geht einsam vor die Hunde. André Kaczmarczyk, inzwischen eine der hervorstechenden Persönlichkeiten des Ensembles, spielte die Figur mit außergewöhnlichem Charisma durch alle Phasen dieses Episodendramas hindurch; besonders intensiv gelangen dabei die Szenen mit seinen Partnerinnen Michaela Steiger (Mutter), Judith Bohle (Geliebte) und Sebastian Tessenow (Freund). In kurzer Zeit hat Wilfried Schulz das Haus neu positioniert – als ein weltoffenes, dem Publikum zugewandtes, an aktuellen Diskursen partizipierendes Stadttheater. Im Jahr 2020 erstrahlt der Pfau-Bau am Hofgarten, zwar vom Kö-Bogen II verdeckt, in alter Eleganz und neuem Glanz, ein Pavillon mit dem Kassenhaus steht vor der Pforte und markiert eine Schnittstelle zwischen Stadtgesellschaft und Musentempel. Summa summarum haben Stadt und Land, aber auch private Spender rund 60 Millionen Euro aufgebracht, um das zweite halbe Jahrhundert der Geschichte des Düsseldorfer Schauspielhauses in Würde zu beginnen. In den fünfzig Jahren seit 1970 hat sich im Theater vermutlich mehr verändert als in den fünfzig Jahren zuvor. Sicher,

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das Begehren, Texte auch einmal gegen den Strich zu lesen und nicht mehr nur „abzubilden“, wurde bereits in den Sechzigern entwickelt. Hier hat der Begriff des Regietheaters seinen Ursprung. Dass aber ebenso viele epische wie dramatische Texte zur Basis einer Inszenierung werden, dass Rollen häufiger gegen das Geschlecht besetzt werden, dass Bürgerbühnen zur Partizipation von Laien eingerichtet wurden, oder auch, dass die Schauspieler den Applaus nicht für sich allein beanspruchen, sondern mit Souffleusen und technischen Kräften teilen – all das sind Errungenschaften der letzten zwei, drei Jahrzehnte. „Haben Sie das neue Stück gesehen?“, fragt in „Dantons Tod“ (Büchners Drama steht wie vor fünfzig Jahren nun wieder auf dem Spielplan des Düsseldorfer Schauspielhauses) ein Passant den anderen. „Ein babylonischer Turm! Ein Gewirr von Gewölben, Treppchen, Gängen und das alles so leicht und kühn in die Luft gesprengt. Man schwindelt bei jedem Tritt.“ Dann bleibt der Herr verlegen vor einer Pfütze stehen – vielleicht einer allerletzten Baustellenpfütze? Ihn schwindelt auch hier. „Ja, die Erde ist eine dünne Kruste; ich meine immer, ich könnte durchfallen, wo so ein Loch ist.“ Das ambivalente Verhältnis zwischen den babylonischen Türmen der Bühnenkunst und den dünnen Krusten der Wirklichkeit, durch die man fallen kann, wird wohl ewig bestehen bleiben. „Aber gehn Sie ins Theater“, sagt der eine Herr dem anderen, „ich rat es Ihnen.“

Der Dank des Verfassers gilt dem Theatermuseum Düsseldorf und seinem Archiv, insbesondere Sigrid Arnold, den Herausgebern und Autoren des Bandes „Jahrhundert des Schauspiels. Vom Schauspielhaus Düsseldorf zum Düsseldorfer Schauspielhaus“ (Düsseldorf 2006), sowie den Damen und Herren von der kritischen Zunft: Reinhard Baumgart, Wolfgang Behrens, Annette Bosetti, Christine Dössel, Ulrike Gondorf, Georg Hensel, Reinhard Kill, Dorothee Krings, Peter Kümmel, Marion Löhndorf, Marion Meyer, Gerhard Preußer, Andreas Rossmann, Ulrich Schreiber, Gerhard Stadelmaier, C. Bernd Sucher, Thomas Thieringer, Egbert Tholl, Marion Troja, Barbara Villiger Heilig, Heinrich Vormweg, Andreas Wilink, Sophia Willems, Hans-Christoph Zimmermann, deren Botenberichte auf die eine oder andere Weise in diese Chronik eingegangen sind. Martin Krumbholz, Autor und Kritiker, besucht das Düsseldorfer Schauspielhaus – mit Unterbrechungen – seit 1972. Das erste Stück, das er hier sah, war „Faust“ in der Inszenierung von Karl Heinz Stroux. Sein Roman „Eine kleine Passion“, der 2013 erschien, spielt in der rheinischen Metropole.


„Dantons Tod“ von Georg Büchner, Regie: Armin Petras, 2019, mit: Lieke Hoppe (unten), Wolfgang Michalek (oben) und Ensemble

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Vom Schauspielhaus Düsseldorf zum Düsseldorfer Schauspielhaus Das intellektuelle und ä ­ sthetische Erbe von Louise Dumont und Gustav Lindemann – Vorgeschichte I von Winrich Meiszies

„Ich bin von Eurer Hand geprägt“, schreibt der Generalintendant des Düsseldorfer Schauspielhauses Gustaf Gründgens 1952 zum 70. Geburtstag seines Lehrers Gustav Lindemann. Als Gustav Lindemann zusammen mit seiner späteren Frau, der Schauspielerin Louise Dumont, das „Schauspielhaus Düsseldorf“ 1905 als Privattheater eröffnete, schlossen beide dem Theater eine Schauspielschule an, die die Prinzipien des Hauses weitervermitteln sollte. Aus dieser Schule, der Gustaf Gründgens 1919 und 1920 angehörte, gingen namhafte Schauspielerinnen und Schauspieler wie Paul Henckels (1885–1967), Paul Kemp (1896–1953) oder die zweifache Oscar-Preisträgerin Luise Rainer (1910–2014) hervor. Louise Dumont wurde 1862 als zweitältestes Kind von Maria und Hubert Heynen in Köln in der Nachbarschaft der ­Familie Adenauer geboren. Wegen wirtschaftlicher Misserfolge des Vaters als Besitzer eines Unternehmens zur Herstellung von Uniformteilen verließ die Familie Köln. In Kassel besuchte Louise

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Dumont 1871 zunächst eine Töchterschule, dann eine Fach­schule, lernte Weißnähen und Kunstgewerbe. Nach einem erneuten Bank­rott des Vaters zog die Familie nach Berlin. Louise Dumont, die zunächst in Köln einen eigenen Weg suchte und dort in einem Wäschegeschäft arbeitete, folgte bald nach. Gegen den Willen des Vaters begann sie 1882 eine Ausbildung bei dem Schauspieler Hugo Gottschalk, der – von ihrem Talent überzeugt – sie kostenlos unterrichtete. 1883 scheiterte ihr erstes Engagement am Berliner Natio­ naltheater, weil das Theater einem der in dieser Zeit häufigen Theaterbrände zum Opfer fiel. Nach kurzfristigen Engagements in deutschen und österreichischen Stadt- und Kurtheatern ­führte sie ihr Weg 1884 / 85 an das Deutsche Theater in Berlin und 1887 / 88 an das Wiener Burgtheater, wo sie der Konkurrenz durch ihre ältere Kölner Kollegin Charlotte Wolter (1834–1897) nicht standhalten konnte. Für ein Jahrzehnt wurde anschließend


Louise Dumont als Rebekka West in „Rosmersholm“ von Henrik Ibsen, Deutsches Theater Berlin, 1903 Gustav Lindemann, Düsseldorf, 1904

das Stuttgarter Hoftheater ihre künstlerische Heimat. Hier wurde sie zum Publikumsliebling und unterhielt intensive persönliche Beziehungen zum Fürstenhaus. Ihre künstlerische Enttäuschung über die Arbeit der konservativen Theaterleitung versuchte sie durch Gastspiele in Russland (1893) zu kompensieren. Erste P ­ läne zur Gründung eines deutschsprachigen Theaters in St. Petersburg mit Schauspielerkollegen scheiterten. 1898 nahm sie ein Engagement an Deutschlands erstem naturalistischem Theater, dem Deutschen Theater unter Otto Brahm (1856–1912), an. Mit ihrem darstellerischen Stil und ihrem Theaterverständnis ließ sie jedoch den Naturalismus hinter sich und suchte neue künstlerische Herausforderungen. Geistige Anregung fand sie im Kontakt mit zahlreichen bedeutenden Schriftstellern, Journalisten, Philosophen der Jahrhundertwende, die sich bei ihr zum Jour fixe trafen. Ihre Erfahrungen als junge Schauspielerin ließen Louise Dumont auch in berufsständischer Hinsicht aktiv werden. Schau-

spielerinnen waren verpflichtet, die notwendigen Kostüme selbst zu stellen. Das führte zu vielfältigen finanziellen Abhängigkeiten – bis hin zur Prostitution. 1899 gründete Louise Dumont die „Centralstelle für die weiblichen Bühnenangehörigen Deutschlands“. Die Privatinitiative wurde nach und nach zur gemeinnützigen Organisation mit eigenem Büro. Bedürftige Schauspielerinnen konnten Mitglied werden und erhielten die gewünschten Kostüme gegen ein deutlich geringeres Entgelt, solange der Vorrat reichte. In den Nachkriegswirren des Ersten Weltkrieges musste die Centralstelle geschlossen werden. 1919 fand die Kostümfrage in dem grundlegenden Tarifwerk zwischen Bühnenverein und Bühnengenossenschaft Berücksichtigung: Alle Kostüme für Frauen und Männer mussten nun von der Bühnenleitung gestellt werden. 1903 lernte Louise Dumont in Berlin den Regisseur und Leiter einer dem Werk Ibsens verpflichteten „Tourneébühne“ Gustav Lindemann (1872–1960) kennen. Er konnte die damals

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bedeutendste Ibsen-Darstellerin Deutschlands für sein Projekt interessieren und nahm sie unter Vertrag. Gustav Lindemann wurde 1872 in Danzig in eine j­üdische Kaufmannsfamilie geboren. Der frühe Tod des Vaters ent­wurzelte die Familie gesellschaftlich. Er wuchs in Berlin bei Verwandten auf und konnte sich der für ihn vorgesehenen kaufmännischen Lehre zugunsten einer Ausbildung als Schauspieler an der „Berliner Bühnenschule“ entziehen. Engagements in Tilsit, Oldenburg, Braunschweig und Berlin brachten ihn zu der Überzeugung, als Theaterleiter die Bedingungen der Theaterarbeit selbst bestimmen zu wollen. Mit 28 Jahren übernahm er als jüngster Theaterdirektor Deutschlands die Leitung des Stadttheaters von Graudenz und Marienwerder. Als die Arbeitsabläufe an einer Provinzbühne mit ihrem häufig wechselnden Spielplan nicht mit seinen künstlerischen Vorstellungen übereinstimmten, übernahm er Regieaufträge von Carl Heines (1861–1927) „Ibsen-Tournée­bühne“, 1900 deren Leitung, aus der sich bald die „Internationale Tournée ­Gustav Lindemann“ entwickelte. Gemeinsame Pläne von Gustav Lindemann und Louise Dumont zur Errichtung einer Reformbühne in Weimar, die vom belgischen Jugendstilarchitekten und Bauhauslehrer Henry van de Velde (1863–1957) gebaut werden sollte, scheiterten an den Intrigen des dortigen Hofes, der keine Konkurrenz zum Hof­theater dulden wollte. Auch die Pläne zur Gründung eines Theaters in Darmstadt im Umfeld der Künstlerkolonie Mathildenhöhe konnten nicht realisiert werden. Im Frühjahr 1904 fiel die gemeinsame Entscheidung für Düsseldorf.

Programm und Wirkung in Stadt und Region Mit der Wahl des Standortes Düsseldorf entschied sich das Paar für die „Theaterprovinz“ und gegen die Theatermetropole Berlin, wo sich Louise Dumont bereits den Beinamen „Nordische Duse“ errungen hatte. Abseits der „Moden“ und des Konkurrenzdruckes des kaiserlichen Hoftheaters und der zahlreichen Privatinitiativen hofften beide, einem „Bayreuth des Schauspiels“ in Düsseldorf nahezukommen. Im Gegensatz zum seit 1875 im neuen Haus am Hofgarten arbeitenden Stadttheater wollte das Schauspielhaus zur Erneuerung des Theaters jenseits des in Deutschland vorherrschenden „Stadttheatersystems“ und der noch bestehenden Hoftheater beitragen. Das Stadttheater wurde als Mehrspartentheater mit Schauspiel, Oper und Ballett bis 1921 (als die Stadt das Theater in Eigenregie zu führen begann) als Pachttheater von der Stadt an private Theaterunternehmer verpachtet. Bei Auflagen der Stadt zu Spielplan, Ensemble- und

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Preispolitik trug der Privatunternehmer alleine das wirtschaft­ liche Risiko, das Direktor Ludwig Zimmermann (1854–1934) mit kürzesten Probenzeiten und zahlreichen „Novitäten“ im Spielplan zu minimieren suchte. Eine weitere ernsthafte Konkurrenz waren die „Festspiele des Rheinischen Goethe-Vereins“, die seit 1899 alljährlich unter der Protektion von in Düsseldorf residierenden Mitgliedern der kaiserlichen Familie in den Theaterferien im Stadttheater veranstaltet wurden und bei denen reisende Theaterstars das Prinzip des „Virtuosentheaters“ bestimmten. Seit dem Beginn der 1890er Jahre sorgten städtebauliche Veränderungen für die Umgestaltung der Innenstadt am südlichen Ende der Königsallee. Die wirtschaftlich und technisch bedingte Verlegung des Elberfelder und des Köln-Mindener Bahnhofs aus dem Bereich der Innenstadt machten den Platz frei für den expandierenden, profitträchtigen, auf modernen gesellschaftlichen Entwicklungen beruhenden Unterhaltungsbetrieb, dessen „Flaggschiff“ das 1899 eröffnete Groß-Varieté „Apollo-Theater“ war. In der parallel verlaufenden Kasernenstraße entstand zwischen 1900 und 1910 ein neues Wirtschafts- und Verwaltungszentrum, zu dem das Schauspielhaus den kulturellen Gegenpol bildete. Den Theaterbau nach dem Entwurf von Bernhard Sehring (1855–1932) bewertete Gustav Lindemann rückblickend als Kompromiss, der der konservativen Grundhaltung der Mitgesellschafter aus Industrie und guter Gesellschaft Düsseldorfs geschuldet war. Um die „geistige Form des neuen Theaters als Wesentliches“ sicherzustellen, verzichteten Louise Dumont und er darauf, ihre Stimmenmehrheit im Aufsichtsrat des Unternehmens auszuspielen und den von ihnen favorisierten Entwurf Henry van de Veldes (1863–1957) durchzusetzen. Das Theatergebäude Sehrings, das am 28. Oktober 1905 nach nur 234 Tagen Bauzeit eingeweiht wurde, war durch die völlige optisch-stilistische Trennung von Bühnen- und Zuschauerhaus gekennzeichnet. Das 28 Meter hohe Bühnenhaus war im Stil der zeitgenössischen Fabrikarchitektur mit Türmen und Zinnen burgartig gestaltet. Davor lag der niedrige Zuschauer- und Eingangsbereich, der mit seinen zwei Frontseiten im Louis-seize-Stil errichtet worden war. Die Wirkung dieses „Sehring’schen Stiltrennungsprinzips“ (Düsseldorfer Tageblatt, 15.8.1905) war durchaus umstritten. Die Reaktionen reichten von der Verurteilung der „lächerlichen, absurden Idee“ über Verblüffung und Amüsiertheit bis zur Feststellung einer „kühnen Absichtlichkeit“. Erkannt und eingeräumt wurden die Schwierigkeiten, die sich aus der Ecklage und der bereits bestehenden seitlichen Bebauung ­ergaben. Eleganz und Gediegenheit wurden der Gestaltung des Zuschauerraumes bestätigt, bei der „auf unnützen Kleinkram,

Das Kasernengelände an der Kö, 1878 Das Bühnenhaus, Kasernen­ straße Schauspielhaus Düsseldorf, ­Eingang Karl-Theodor-Straße, 1910 Der Zuschauerraum des Schauspielhauses, 1905, Das Foyer

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störendes Ornamentengewimmel und laute Vergoldungen ver­ zichtet“ wurde (National Zeitung, 11.10.1905). Weiß, grau und rot waren die bestimmenden Farben. Die Gestaltung des Zuschauerraums zielte auf ein neues Verhältnis von Bühne und Zuschauern ab. Er wies nur eine ge­ ringe Tiefe auf. Die amphitheatralische Gestaltung der Ränge, der Verzicht auf Logen signalisierten die Abkehr vom am höfischen Theater orientierten „Rangtheater“. Bei nahezu tausend Plätzen konnte ein „intimer“ Charakter für den Zuschauerraum gewahrt werden, Sicht und Akustik waren auf allen Plätzen gleich gut. Im Jahresbericht 1905 / 06 begründete das Schauspielhaus sein ästhetisches Programm. Eine angenommene Theaterkrise, so hieß es dort, habe in der jüngsten Vergangenheit zu einem massiven Publikumsschwund geführt. Die klassische dramatische Dichtung, die einen Schwerpunkt des nationalen Spielplans ausmache, sei in „hohlem Pathos“ erstarrt. Dem wolle das Schauspielhaus durch eine neuartige Pflege der Sprache und der Abstraktion im Bühnenbild Rechnung tragen. Eine besondere Rolle wurde dabei dem bisher auf dem Theaterzettel kaum genannten Regisseur zugeschrieben. Dem Schauspieler kam bei diesen Überlegungen eine Vermittlerrolle zwischen Dichtung und Publikum zu. Das zeitweise Verbot von Hervorruf und Schlussapplaus sollte die Ensemblebildung stärken und individuelle Eitel­ keiten verhindern. Die eigene Schauspielschule erzog den darstellerischen Nachwuchs in diesem Sinne. Die Ausstattung folgte – wie es die Hauszeitschrift Masken 1906 über ein Bühnenbild des Malers August Macke (1887– 1914) formulierte – „den Grundsätzen der vereinfachten, nur durch Linien und Farben wirkenden, in allem mehr andeutenden Dekoration“. Die Düsseldorfer Künstler der Akademie, an die sich dieser Hinweis richtete, arbeiteten teilweise eng mit dem Schauspielhaus zusammen, bis 1926 die erste Bühnenbildklasse an einer deutschen Kunstakademie eingerichtet wurde. Bis das Schauspielhaus 1916 eine eigene Bühnenbildwerkstatt einrichtete, arbeitete es mit Berliner Werkstätten zusammen, die Max Reinhardt (1873–1943) mit Informationen über die szenischen Neuerungen des Schauspielhauses versorgten. Neben den bildenden Künstlern suchte das Schauspielhaus auch die Zusammenarbeit mit Autoren und Philosophen. Zum Kreis der Dramaturgen gehörten neben den Schriftstellern Paul Ernst (1866–1933), Wilhelm Schmidtbonn (1876–1952), Hans Franck (1879–1964) am längsten der Düsseldorfer Herbert Eulenberg (1876–1949). Aus der Münchner Räterepublik leitete Gustav Landauer (1870–1919) bis zu seiner Ermordung die ­Redaktion der Hauszeitschrift Masken. Sein Engagement führt

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August Macke, Entwurf für „Macbeth“ von William Shakespeare, 1906 „Peer Gynt“ von ­Henrik ­Ibsen, Regie: Gustav ­Lindemann, 1915, mit: Louise Dumont, Otto Stoeckel Gustav Lindemann, Louise Dumont, 1930 „Peer Gynt“ von ­Henrik ­Ibsen, Regie: Gustav ­Lindemann, 1927, mit: Ensemble „Das Leben ein Traum“ von Pedro Calderón de la Barca, Regie: Wolfgang Langhoff, 1931, mit Louise Dumont, Gustav Lindemann am Regiepult, vor der Bühne stehend Wolfgang Langhoff

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Wolfgang Langhoff, Walter Bruno Iltz, Otto Krauß

1919 zu einer kulturpolitischen Krise um die Subventionierung des Schauspielhauses. Der Status des Schauspielhauses als Privattheater war stets umkämpft. Seit 1910 erhielt es erste öffentliche ­Zuschüsse. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs scheiterte das Projekt einer gemeinsamen künstlerischen Leitung mit dem „Münchner Künstlertheater“. Der einsetzende Abstecherbetrieb führte das Schauspielhaus zu regelmäßigen Aufführungen zwischen Düren und dem nördlichen Ruhrgebiet. Wegen der politischen Unruhen in der jungen ­Republik übertrugen Louise Dumont und Gustav Lindemann für die ­Dauer der Spielzeit 1919 / 20 die Direktion an den Schauspieler Paul Henckels (1885–1967), den schwedischen Bühnenbildner Knut Ström (1887–1971) und den Verwaltungsleiter Fritz Holl (1883–1942). 1920 bis 1924 wurde das Gebäude an ein Operetten­ theaterunternehmen verpachtet.

ünstlerische Zäsur während des K Dritten Reiches Als Louise Dumont 1932 siebzigjährig starb, stand es schlecht um den Fortbestand des Schauspielhauses. Die Stadt Düsseldorf ­hatte seit dem Neubeginn 1924 ihre Unterstützung an die Forderung einer künstlerischen Neuausrichtung des Theaters, gar an das Ausscheiden Dumonts und Lindemanns aus der künst­ lerischen Verantwortung geknüpft. Für die Spielzeit 1932 / 33 ging das Schauspielhaus deshalb eine Kooperation mit dem städtischen Schauspiel Köln ein. Mit der „Machtübernahme“ durch die Nazis endete die Zusammenarbeit, die auf Anregung des Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer zustande gekommen war. Als Jude durfte Gustav Lindemann nicht mehr arbeiten, überlebte aber dank der Hilfe von Gustaf Gründgens und einflussreicher Industrieller aus Düsseldorf. Mit Beginn der Spielzeit 1933 / 34

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wurde das Schauspielhaus durch Verpachtung der Schauspielhaus GmbH an die Stadt Düsseldorf zur dritten Spielstätte der Städtischen Bühnen. „Die Ära eines intellektuellen Ästhetentums ist verflogen“, formulierte der Schriftleiter der nationalsozialistischen Volks­ parole, Alexander Schneider, zur Eröffnung der neuen Spiel­stätte zu Beginn der Spielzeit 1933 / 34. Der seit 1928 amtierende Intendant Walter Bruno Iltz (1886–1965) konnte sein Amt trotz heftiger Auseinandersetzungen mit lokalen NS-Gliederungen bis 1938 weiterführen, musste aber zahlreiche jüdische und kommunistische Ensemblemitglieder entlassen und die Einstellung e­ ines Nazis als Chefdramaturg und „Aufpasser“ der Partei dulden. Seine Nachfolge übernahm 1938 das Parteimitglied Otto Krauß (1890–1966). Den Geist des Schauspielhauses Düsseldorf trugen eine Reihe von Schauspielerinnen und Schauspielern in das weltweite Exil. Am 28. Februar 1933 wurde Wolfgang Langhoff (1901–1966) als einer der ersten Künstler wegen „Vorbereitung zum Staatsstreich“ in „Schutzhaft“ genommen. 1934 konnte er in die Schweiz fliehen, wo er im Ensemble des Züricher Schauspielhauses auf seinen Düsseldorfer Kollegen Leopold Lindberg (1902–1984) traf. Bereits mit der ersten Verhaftungswelle im Frühjahr 1933 wurden aufgrund ihres Engagements im linksintellektuellen Arbeitertheater „Truppe im Westen“ auch die Schauspieler des Schauspielhauses Heinrich Ortmayr (1901–1987), Friedrich Richter (1894–1984) und Emmy Frank (1896–1980) festgenommen. Allein die Tatsache, dass alle drei keine deutschen Staatsbürger waren, bewahrte sie vor längerer Inhaftierung und führte stattdessen zu ihrer Ausweisung. Über die Niederlande und die Schweiz gelangte Ortmayr in seine Heimat Graz, von wo er an das Düsseldorfer Schauspielhaus unter Karl Heinz Stroux zurückkehrte. Richter und Frank flohen nach Engagements in der damaligen Tschechoslowakei und der Sowjetunion nach England, von wo sie 1948 zu Wolfgang Langhoff nach Berlin an das Deutsche Theater zurückkehrten. Hermann Greid (1892–1975), der künstlerische Leiter der „Truppe im Westen“, emigrierte 1933 nach Schweden, wo er mit Bertolt Brecht zusammentraf und kurzfristig in der Sowjetunion tätig war. Der Schauspieler W ­ illy Schürmann-Horster (1900–1943), Schüler der Hochschule für ­ Bühnenkunst des Schauspielhauses, wurde 1943 wegen der Zugehörigkeit zu einer Widerstandsgruppe hingerichtet. Kontinuität stifteten jedoch Personen wie Adolf Dell (1890–1977), Peter Esser (1886–1970), Maria Alex (1895–1992), die als Darsteller auf der Bühne des Schauspielhauses Düsseldorf,


„Sturm im Wasserglas“ von Bruno Frank, Regie: Franz Everth, 1930, mit: Fritz Valk, Wolfgang ­Langhoff, unbekannt, Maria Alex

von 1933 bis 1943 des Städtischen Schauspielhauses und seit 1951 des Düsseldorfer Schauspielhauses gestanden haben. Dell trat nach einer Fußballkarriere in seiner Heimat Karlsruhe 1917 dem Ensemble des Schauspielhauses bei, gehörte gleichzeitig als Maler der Künstlergruppe „Junges Rheinland“ an und gab in seinen letzten Lebensjahren Schauspielunterricht in Düsseldorf. Obwohl unpolitisch, gehörte Maria Alex zum Kreis um W ­ olfgang Langhoff und spielte neben ihrem Engagement im Schauspielhaus seit 1928 bei alternativen Theaterprojekten. Der Jurist und seit 1911 Schauspieler Peter Esser war Teilnehmer der ersten „Louise-Dumont-Gedenkfeiern“, die Gustav Lindemann seit 1938 im von ihm eingerichteten Archiv des Schauspielhauses Düsseldorf im Stahlhof abhielt. Riss 1933 der Traditionsstrang von künstlerischer Leitung und Programmatik durch die Vertreibung Gustav Lindemanns aus seinem Theater, so die Tradition des Ortes durch die Zerstö-

rung 1943. Bei Luftangriffen im Sommer 1943 wurde das Theater stark beschädigt. Nur Garderobenräume, die nach dem Krieg von zurückkehrenden Schauspielern als Wohnung genutzt wurden, und Teile der Fassade blieben erhalten. Trotz der Wiederaufbaupläne des Architekten Wilhelm Stang wich das Theater 1952 einem Büro­gebäude. Die das Schauspielhaus Düsseldorf tragende GmbH war bereits aufgelöst. Die Dramaturgie der Städtischen Bühnen formulierte 1943: „Zusammenfassend kann man sagen, dass die städtischen Bühnen Düsseldorf, die von allen Theatern im Westen am stärksten getroffen wurden und nacheinander dreimal ihre Bühnen verloren, nicht nur jede Möglichkeit ausnutzten, den Spielplan aufrecht zu erhalten, sondern im Gegenteil ihn noch ausbauten. Mit welchen ungeheuren Schwierigkeiten Technik und künstlerischer Betrieb zu kämpfen hatten, dass müsste eigentlich Inhalt einer besonderen Denkschrift sein. War das Theater zerstört, dann

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musste nicht nur nach Spielmöglichkeiten sondern vor a ­llem kulturpolitischem Anspruch für die kulturelle Versorgung der auch nach Probemöglichkeiten gesucht werden. Oft mussten Säle, arbeitenden Bevölkerung im Gesolei-Saal der Henkel-Werke die Bühnen und Zimmer erst um- und ausgebaut werden, so dass „Volksbühne“ als vierte der kommunalen Spielstätten ihren Behierdurch wertvollste Zeit verloren ging. Drei Spielgattungen und trieb, die mit der für die Unterhaltung der britischen Streit­kräfte das Ballett mussten gleichzeitig probieren und hatten oft nicht zuständigen Organisation Entertainments National ­Service Asden kleinsten Raum zu Proben zur Verfügung.“ (Die Städtischen sociation (ENSA) geteilt werden mussten. Bühnen Düsseldorf in der Spielzeit 1943. Masch. im Archiv des Theatermuseums) Für das im Januar 1943 zerstörte Opernhaus (im Mai 1944 Neubeginn mit Wolfgang Langhoff und nach provisorischer Wiederherstellung wieder bespielt), das im Gustaf Gründgens Juni 1943 zerstörte Schauspielhaus und das im November 1943 zerstörte Operettenhaus übernahm die Theaterverwaltung Er- Im Stadtbezirk Düsseldorf wurden 1946 drei Privatbühnen zusatzspielstätten. Von Februar bis Juni 1943 spielte die Oper in der gelassen: das Varieté Kolibri-Theater in Eller, das Theater am umgerüsteten Tonhalle. Die seit August 1943 bespielte Aula des Dreieck und das Kleine Theater des Schriftstellers Hans MüllerLuisen-Gymnasiums wurde 1945 zu den „Kammerspielen“. Im Schlösser im ehemaligen „Volkshaus“ in der Flingerstraße. Die Kasino der Provinzial-Feuerversicherung in der Friedrichstraße unzureichenden kommunalen Ersatzspielstätten Kammerspiele wurde 1945 unter der Bezeichnung „Neues Theater“ der Spielbe- und Neues Theater wurden zu Beginn der Spielzeit 1951 / 52 auftrieb aufgenommen. Im Frühjahr 1946 eröffnete mit besonderem gegeben.

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An seine Erfahrungen als Schauspieler und Regisseur des Schauspielhauses in den Jahren 1928 bis 1933 konnte Wolfgang ­Langhoff als erster Nachkriegsintendant der Städtischen Bühnen anknüpfen, als er 1945 aus dem Schweizer Exil nach Düsseldorf zurückkehrte. Langhoff verließ Düsseldorf vor dem Ablauf seines Vertrages und übernahm die Leitung des Deutschen Theaters in Berlin. Zusammen mit Gustaf Gründgens stand er 1946 in der „Ödipus“-Inszenierung von Karl Heinz Stroux auf der Bühne. Gustaf Gründgens trat 1947 seine Nachfolge an. Sein Wunsch nach künstlerischer und organisatorischer Unabhängigkeit führte 1951 zur Gründung der Neuen Schauspiel GmbH durch im Wesentlichen die Stadt Düsseldorf und das Land NordrheinWestfalen, die sich heute die Kosten für den laufenden Betrieb des auf Gründgens’ Vorschlag „Düsseldorfer Schauspielhaus“ benannten Theaters hälftig teilen. Damit war das Sprechtheater aus dem Verband der Städtischen Bühnen ausgegliedert und wurde von Gustaf Gründgens als „Geschäftsführer“ geleitet. Das seit 1938 privat betriebene Archiv des Schauspielhauses entging den Kriegszerstörungen in Düsseldorf und Berlin, wo es nach Wunsch von Gründgens dem Theatermuseum des Preußischen Staatstheaters eingegliedert werden sollte. 1947 ­ übergab Gustav Lindemann das Archiv des Schauspielhauses zur Erinnerung an die künstlerischen und kulturpolitischen Leistungen der beiden Theaterleiter als Schenkung an die Stadt Düsseldorf. Das Dumont-Lindemann-Archiv war das erste nach dem Zweiten Weltkrieg eingerichtete städtische Kulturinstitut, das Lindemann bis 1955 selbst führte und das die Grundlage des heutigen Theatermuseums der Landeshauptstadt bildet.

Das Schauspielhaus nach der Zerstörung, Eingang Karl-­ Theodor-Straße, 1943 „König Oedipus“ von Sophokles, Regie: Karl Heinz Stroux, 1947, mit: Gustaf Gründgens, Elisabeth Flickenschildt Wolfgang Langhoff, Wülfrath, 1946

Dr. Winrich Meiszies, geboren 1951, studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Germanistik und Pädagogik. Von 2000 bis 2016 war er Leiter des Theatermuseums der Landeshauptstadt Düsseldorf, wo er eine der seltenen Dauerausstellungen eines Theatermuseums in der Bundesrepublik konzipierte, die unter dem Titel „SchauPlätze – Theater in der Stadt“ von 1997 bis 2007 in Düsseldorf gezeigt wurde.

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Von den Anfängen und der Sehnsucht nach Anfängen Gustaf Gründgens und das neue Düsseldorfer Schauspielhaus – Vorgeschichte II von Peter W. Marx

Krieg und Nationalsozialismus hatten nicht nur eine Spur der Verwüstung in den Städten hinterlassen, sondern auch in den Köpfen und Herzen. Die Erfahrung des politisch-militärischen Zusammenbruchs des Nazi-Regimes wurde erst in der mittleren Perspektive der Bundesrepublik als jene „Befreiung“ erkennbar, als die sie Richard von Weizsäcker als Bundespräsident 1985 beschrieb. Für die unmittelbare Nachkriegszeit sowie für die 1950er Jahre scheint vielmehr die von Alexander und Margarete Mitscherlich diagnostizierte „Unfähigkeit zu trauern“ vorherrschend. In einer Mischung aus aktiver Verdrängung und der fehlenden Bereitschaft, sich mit Fragen von Schuld, Verantwortung oder (moralischen) Konsequenzen auseinanderzusetzen, stolperte die bundesdeutsche Gesellschaft nach vorne. Das Theater nahm dabei durchaus eine zentrale Rolle ein – vielleicht weniger als „moralische Anstalt“ im Sinne Schillers, sondern vielmehr in einem sehr direkten Sinne als Ausdruck seiner Gegenwart.

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Schon die politische Ordnung der Nachkriegszeit, die letztlich zur Zweistaatlichkeit führte, bedeutete für das Theaterleben einen tiefen Einschnitt, denn Berlin, das in der vergleichsweise kurzen Zeit zwischen der Reichsgründung 1871 und der W ­ eimarer Republik tatsächlich zur „Theaterhauptstadt“ Deutschlands geworden war, war – aus westlicher Sicht – plötzlich randständig. Geografisch, aber auch weil die bedeutenden Theater Berlins vornehmlich im Ostteil der Stadt lagen. Und nicht zuletzt, weil mit Bertolt Brecht die große künstlerische und moralische Autorität sich programmatisch für Ost-Berlin als Lebens- und Arbeitssitz entschieden hatte. Hatte früher der Glanz dieser Metropole ein klares Gravitationszentrum gebildet, an dem sich das Theaterleben ausrichtete, so konstituierte sich nun die Theaterlandschaft neu und mancher Traditionsort, der vormals dank der Berlin-­ Zentriertheit eher in die zweite Reihe gerutscht war, trat nun stärker in den Vordergrund.


So bildete sich rasch eine Nord-Süd-Achse heraus, die von den Polen Hamburg und München beherrscht wurde. Der neue Föderalismus der Bonner Republik ließ aber auch weitere Zentren – teilweise mit langer Tradition – wieder stärker ins Bewusstsein treten: ob das Nationaltheater Mannheim, einst Uraufführungsort von Schillers „Räubern“, das Theater in Darmstadt, das schon in den 1920er Jahren ein Zentrum des Expressionismus war, Frankfurt am Main oder Ulm, das schnell zu einem Zentrum des zeitgenössischen Theaters wurde. Auch Düsseldorf trat nicht nur als Landeshauptstadt des größten und wirtschaftlich stärksten Bundeslandes in Erscheinung, sondern auch als eine der großen, traditionellen Theaterstädte. Denn im Kontext der Theatermoderne um 1900 spielte Düsseldorf eine entscheidende Rolle: Das von Louise Dumont und Gustav Lindemann 1905 gegründete Schauspielhaus Düsseldorf war als ein Reformtheater konzipiert, dessen Ringen um eine neue Bühnenästhetik durchaus mit Max Reinhardts Berliner Theater vergleichbar war. So war auch Düsseldorf – neben der Arbeit mit den Darstellern – ein „Theater der Maler“ (G. Fuchs), das den Schauraum der Bühne konsequent durch zeitgenössische Künstler ausstatten ließ. Der schwedische Maler Knut Ström (1887–1971) etwa entwarf Szenenbilder, die den Schauraum selbst schon als eigenständigen künstlerischen Bestandteil der Inszenierung erfahrbar werden ließen. Der grüne Himmel über Hamlets Helsingör ist kein Versuch einer realistischen Darstellung, sondern signalisiert schon jene Beunruhigung der aus den Fugen gefallenen Zeit, die für das Stück so charakteristisch ist. Auch die Bühnenbilder von Gustav Wunderwald (1882– 1945) durchbrechen alle Regeln eines einfachen Realismus: Formen und Farben gewinnen eine Eigenständigkeit gegenüber der Bühnenhandlung. Auffällig ist auch, wie sehr die Bühnenbilder verschiedene künstlerische Stile der Zeit aufnehmen – für das ­Publikum des frühen 20. Jahrhunderts muss dies ein zusätzlicher Resonanzraum gewesen sein. Das ästhetische Programm der Moderne, neue Formen des ästhetischen Erlebens zu kreieren, w ­ urde hier auf besonders sinnliche Weise erfahrbar, denn das Theater bot den Raum für eine synästhetische Erfahrung, in der Sprache, Klang, Bewegung, Bildlichkeit zu einer Einheit zusammenkamen.

Gründgens’ „Düsseldorfer Theater“

„Hamlet“, Bühnenbild­ entwürfe von Knut Ström, 1917

Auch wenn es schwerlich möglich ist, solche inneren Bewegungen durch historische Quellen unmittelbar aufzuzeigen, so scheint es doch kaum anders vorstellbar, als dass das Publikum nach 1945 auch solche ästhetischen Experimente erinnerte, als

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Gustaf Gründgens 1947 die Intendanz des Stadttheaters übernahm. Gründgens kehrte zurück nach Düsseldorf, jenen Ort, an dem ­seine Karriere einst begonnen hatte. Aber dazwischen lag eine bespiellose Laufbahn – beispiellos in ihren Erfolgen, aber auch in der Verwindung dieser Karriere mit dem NS-Regime. Als Intendant des Preußischen Staatstheaters und Staatsrat war Gründgens dem Regime auf der einen Seite zu Diensten, auf der anderen S ­ eite konnte er an ‚seinem‘ Theater einen gewissen künstlerischen Freiraum im Kontext der Diktatur aufrechterhalten. Unmittelbar nach dem Krieg durch sowjetische Truppen interniert, weil er als hochrangiger Kulturfunktionär des NS-Staats identifiziert wurde, unternahm er zwar nach seiner Freilassung erste künstlerische Schritte in Berlin, aber die politische Lage ließ schnell deutlich werden, dass er sich hier nicht auf Dauer binden wollte. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus mehrdeutig zu verstehen, wenn Gründgens formuliert: „Ich bin nicht nach Düsseldorf gekommen, um Berliner Theater zu machen oder die Insel, wie wir damals unser Schauspielhaus am Gendarmenmarkt nannten, hier in neuer Auflage erstehen zu lassen. […] Ich bin nach Düsseldorf gekommen, um Düsseldorfer Theater zu machen: mit Düsseldorfer Künstlern und aus der mir so vertrauten Düsseldorfer Atmosphäre heraus […].“ (Meiszies 2006, 133) „Düsseldorfer Theater“ – das schien ein Anknüpfen an jene besseren Traditionen vor 1933 zu implizieren, vor allem aber sticht die Absage an das „Berliner Theater“ ins Auge – eine Ab­sage, die hinter ihrer neutralen Formulierung verschleiert, wie sehr dieses Theater nicht nur „Insel“, sondern auch Aushängeschild des Dritten Reichs war. Gründgens eröffnet seine Intendanz am 7. November 1947 programmatisch mit der Inszenierung von Sartres „Die Fliegen“ – einer Adaption des Atriden-Mythos: Orestes kehrt nach Argos zurück und ermordet Ägisth und seine Mutter Klytämnestra, freilich nicht, um der Rache selbst willen, sondern um die Stadt von den Fliegen – Symbol für die racheheischenden Erinnyen – zu befreien. Das Stück war mit Spannung erwartet worden und der Umstand, dass Gründgens die Rechte an der Deutschen Erstaufführung für Düsseldorf erhielt, sprechen für die hohe symbolische Bedeutung, die ihm zugewiesen wurde. Erstaunlich ist auch die Fülle der Besprechungen, die erkennen lassen, dass diese Inszenierung als „Höhepunkt im westdeutschen Theater der Nachkriegszeit“ (J. Wachtendonk) betrachtet wurde. Auch im Rückblick ist noch unmittelbar einsichtig, dass ein Stück über Schuld, Reue und Zukunftsperspektiven die Nachkriegsgesellschaft unmittelbar angesprochen haben muss. Gesteigert wurde diese Neugier noch durch den Umstand, dass Sartre und der mit ihm assoziierte Existenzialismus zwar dem Namen nach bekannt, aber eben noch nicht wirk-

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lich verfügbar war. Viel zitiert wird in den Kritiken ein Vorwort, das Sartre an das deutsche Publikum schrieb: „Auch für die Deutschen, glaube ich, ist Selbstverleugnung unfruchtbar. Ich will damit nicht sagen, dass die Erinnerung an die Fehler der Vergangenheit aus ihrem Gedächtnis verschwinden soll. Nein. Aber ich bin überzeugt, dass nicht eine willfährige Selbstverleugnung ihnen jenen Pardon verschafft, den die Welt ihnen gewähren kann. Dazu verhelfen ihnen nur: eine totale und aufrichtige Verpflichtung auf eine Zukunft in Freiheit und Arbeit, ein fester Wille, diese Zukunft aufzubauen und das Vorhandensein der größtmöglichen Zahl von Menschen guten Willens.“ (Sartre zit. nach Witthaus, Westausgabe, Rheinische Zeitung v. 12.11.1947) Wie leicht diese Zeilen und die Formel von einer „Zukunft in Freiheit und Arbeit“ auch als eine Abkehr von der unmittel­ baren Auseinandersetzung mit individueller und gesellschaft­ licher Schuld gelesen werden konnte, ist im Rückblick überdeutlich. Die formale Strenge, mit der Gründgens das Stück inszenierte, trug zu dieser Distanzierung bei. Schon das Bühnenbild von Herta Boehm (1911–2002) zeugt von dieser Abstraktion: Unter einem bleiern grauen Himmel, der schwer auf der Szene liegt, öffnet sich ein Halbrund, in dem dorische Säulen als Chiffre für das antike Setting dienen. In der Mitte steht eine blutige Säule des Zeus, zu deren Füßen eine Fischkarkasse und andere Abfälle liegen. Es ist eine trostlose Welt, die sich da öffnet. Sie bleibt zeitlich distant gegen die Gegenwart der Zuschauer – es ist eine abstrakte Nähe, die hinreichend Schlupflöcher für ein innerliches Ausweichen lassen. In dieser Haltung korrespondierte es mit Gründgens’ Regie, wenn man der Kritik Jakob Wachtendonks folgen will: „Denn die Inszenierung dämpfte die Frivolität der Entgötterung, sie überspielte die oft obszöne Direktheit und zersetzende Ironie Sartres. Stattdessen näherte Gründgens’ Regie das Stück durch Stilisierung und hohe Sprechkultur ein wenig der großen Tragödie. Man sah in Düsseldorf eine Probe jenes ‚Staatstheaterstils‘ der absoluten Form, mit dem Gründgens sich schon früher zuweilen als Formalist einer ihm inhaltlich suspekt erscheinenden Aufgabe glatt entzog.“ (J. Wachtendonk, Echo der Woche v. 22.11.1947) Die Beschreibung lässt zwei Paradoxa erkennen: Auf der einen Seite war das „Düsseldorfer Theater“ in vielerlei Hinsicht sehr wohl „Berliner Theater“, wie schon ein Blick auf die Besetzung zeigt: neben Gründgens kamen auch Marianne Hoppe (Elektra) und Elisabeth Flickenschildt (Klytämnestra) aus dem Ensemble des Preußischen Staatstheaters, auch Herta Boehm hat dort gearbeitet. Zum zweiten arbeitete Gründgens – nachgerade program­ matisch – mit einer Verwirrung der Altersstruktur: Indem er selbst


Bühnenbildentwürfe von Herta Boehm zu „Die Fliegen“, 1947 „Die Fliegen“ von Jean-Paul Sartre, Regie: Gustaf Gründgens, 1947, mit: Marianne Hoppe, Gustaf Gründgens „Die Fliegen“ von JeanPaul Sartre, Regie: Gustaf Gründgens, 1947, mit: Gustaf Gründgens, Marianne Hoppe, Elisabeth Flickenschildt

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(Jg. 1899) den kleinen Bruder von Hoppes Elektra (Jg. 1909) und den Sohn von Flickenschildts Klytämnestra (Jg. 1905) spielte, stellte er die Altersstruktur auf den Kopf. Die theatrale SelbstVerjüngung, die Inanspruchnahme der Position der Jugend, lässt sich im Horizont der Nachkriegszeit aber auch als ein symbolischer Versuch lesen, die eigene Biografie, die eigene Vergangenheit theatral auszulöschen und in einem radikalen Sinne sich neu zu erfinden. Ähnliches geschieht auch in seiner „Hamlet“-Inszenierung von 1949, mit der er seinen fünfzigsten Geburtstag begeht. Die Figurine von Herta Boehm zeigt einen jungen, drahtigen Mann mit blonden Haaren – eine Anmutung, die durch die ­Besetzung der Rolle der Gertrude mit Elisabeth Flickenschildt verstärkt werden sollte. In den begleitenden Pressetexten spricht Gründgens immer wieder davon, dass er die Rolle seinem Düsseldorfer Publikum „neu“ schenken wolle – wiederum im Lichte ­einer existenzialistischen Lesart. So verwandelte Gründgens jenes Stück, durch das sich leitmotivisch die Aufforderung „Remember me!“ zieht, in die Erzählung eines kollektiven Vergessens, denn die Tatsache, dass Gründgens den Part seit 1936 an prominenter Stelle während des Dritten Reichs gespielt hatte, schien völlig aus dem Blick zu geraten. Gründgens’ Strategie einer ästhetischen Profilierung seines Hauses als Ort der Auseinandersetzung mit dem dramatischen Kanon ging im Kontext der frühen Bundesrepublik völlig auf: Als Gründgens 1952 das „Düsseldorfer Manifest“ veröffentlichte, das neben ihm rund fünfzig Theaterleute unterschrieben, erklärt er seinen Klassizismus zum Programm und bringt ihn auf eine griffige Formel. Das Manifest wendet sich grundsätzlich „gegen eine willkürliche Interpretation der Dichtung durch ungerechtfertigte Experimente, die sich zwischen Werk und Zuhörer drängen“. Theater wird somit verpflichtet auf den literarischen Kanon eines Bildungsinstituts, ganz im Sinne Schillers als „moralische Anstalt“. Die Abkehr von „ungerechtfertigten Experimenten“ friert den Kanon als ‚ewige Werte‘ ein und enthebt das Theater (und seine Künstler) der Konfrontation mit der (eigenen) Vergangenheit. In diesem Licht stieg Düsseldorf schnell zu einem der zentralen Theaterorte der frühen Bundesrepublik auf, wie Günther Rühle resümiert: „Gründgens in Düsseldorf: Das war jetzt Berlin am Rhein.“ (Rühle 2014, 397) Einem kritischen Blick auf diese historische Phase offenbart sich freilich auch die Doppeldeutigkeit der Rühle’schen Formel, denn tatsächlich hatte Gründgens seinen Vorsatz, „Düsseldorfer Theater“ zu machen, nicht eingelöst, sondern in vielem hatte er sowohl personell als auch ästhetisch an seine früheren Arbeiten der 1930er und 1940er Jahre

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­ ngeknüpft – freilich ohne die eigenen bzw. politisch-ideologia schen Verstrickungen zu reflektieren.

Die Gründung einer GmbH Rückblickend mag es den Anschein haben, als sei Gründgens’ Düsseldorfer Intendanz von Beginn an als ein Übergang geplant gewesen. Immer wieder hat er – auch durch gezielte Indiskretionen – durchblicken lassen, dass es auch andere Orte und andere Möglichkeiten für ihn gäbe. Anfang 1951 spitzte sich die Situation zu, als Gründgens offen mit seinem Weggang (und dem eines Teils seines Ensembles) drohte. Unter dem Druck der Öffentlichkeit kam es schließlich zu einer umfassenden Neuorganisation des Dreispartenbetriebs, wobei Gründgens sich mit der Gründung der „Neue Schauspiel GmbH“ durchsetzte und das Schauspiel als eigenständigen Betrieb etablierte. In der Namensgebung knüpfte er an die Traditionen von Dumont / Lindemann und seine eigene Biografie an, indem er den Titel Düsseldorfer Schauspielhaus wieder aufleben ließ. (Auch wenn seine Bühnenästhetik nur sehr bedingt mit deren Experimentierfreude verwandt war …) Das neue Vertragswerk regelte nicht nur die organisatorischen und finanziellen Aspekte, sondern auch die räumliche Situation. Mit dem Wiederaufbau des früheren Operettentheaters in der Jahnstraße entstand auch eine eigene Spielstätte für Düsseldorfer Schauspielhaus, auch wenn das neue Haus sich schon bei seiner Eröffnung 1951 in vielerlei Hinsicht als ein beständig nach Improvisation verlangendes Provisorium erwies. Doch im Herbst 1954 tauchen die ersten Gerüchte auf, dass Gründgens mit Hamburg verhandele. Als sich diese bald bestätigen, wird auch schon rasch ein Nachfolger gefunden: Karl Heinz Stroux (1908–1985). Stroux hatte bei Gründgens am P ­ reußischen Staatstheater gearbeitet, nach dem Krieg in Heidelberg, Darmstadt, Wiesbaden und Berlin. Vor allem aber hatte er sich auch durch Inszenierungen bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen einen Namen gemacht. Diese Festspiele sind in gewisser Weise symptomatisch für das kulturelle Klima der frühen Bundesrepublik: Ihre Gründungslegende geht auf die eigenmächtige Initiative Hamburger Theatermacher zurück, die 1946 / 47 eine nicht genehmigte Lastwagenfahrt ins Ruhrgebiet unternahmen, um Kohle für den Betrieb von Schauspielhaus und Staatsoper zu organisieren. Zum Dank kehrten die Künstler der Hamburger Staatstheater zurück, um nach der Losung „Kunst gegen Kohle“ für die Arbeiter der Zechen zu spielen. Daraus ging schließlich die Idee einer neuen Art von Festspiel hervor, die sich programmatisch an die Arbeiter richten sollten, wie der H ­ amburger Bürgermeister Max

„Hamlet“ von William Shakes­ peare, Regie: Ulrich Erfurth, 1949, mit: Gustaf Gründgens Figurine zu „Hamlet“ von Herta Boehm Düsseldorfer Schauspielhaus, Jahnstraße Karl Heinz Stroux, Gustaf Gründgens

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„Nathan der Weise“ von ­ otthold Ephraim Lessing, G Regie: Karl Heinz Stroux, 1956, mit: Ernst Deutsch „Die Riesen vom Berge“ von Luigi Pirandello, Regie: Giorgio Strehler, 1958, mit: Heinrich Ortmayr, Bernhard Minetti, ­unbekannt, Maria Alex „Das große Welttheater“ von Pedro Calderón de la Barca, Regie: Karl Heinz Stroux, 1955, mit: Alfred Balthoff, Alfred Schieske, Friedrich Siemers „Elisabeth von England“ von Ferdinand Bruckner, Regie: Karl Heinz Stroux, 1955, mit: Käthe Dorsch, Rudolf Forster, ­Ensemble S. 155 „Die Nashörner“ von ­Eugène Ionesco, Regie: Karl Heinz Stroux, 1959, mit: Karl-Maria Schley, Eva Böttcher, Joachim Teege

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Brauer ausführte: „Ich kann mir eine andere und neue Art der Welttheater“ eröffnet. Dieses Stück aus dem 17. Jahrhundert Festspiele vorstellen. Festspiele nicht nur für Literaten und Aus- hatte Hugo von Hofmannsthal 1922 für Max Reinhardt in Salzerwählte, sondern Festspiele inmitten der Stätten harter Arbeit. burg bearbeitet – vergleichbar seinem „Jedermann“. Stroux aber Ja, Festspiele im Kohlenpott vor den Kumpels. Ja, Festspiele statt spielte die romantische Übersetzung von Joseph von Eichendorff. Die Entscheidung für Stück und Übersetzung bedeutete eine in Salzburg in Recklinghausen.“ Das Moment der sozialen Inklusion, der Überbrückung von ­Widerborstigkeit für das Publikum, die von den meisten Kritikern Elitenkultur („Salzburg“) und Volkskultur kann durchaus als ein auch diskutiert wird – konnte ein poetisches Stück, dessen SpiSignum bundesdeutscher bzw. auch besonders nordrhein-westfä- ritualität dem 20. Jahrhundert, nachgerade der bundesdeutschen lischer Kulturpolitik verstanden werden. Die Ruhrfestspiele sind Nachkriegsgesellschaft nur bedingt zugänglich war, überhaupt die Manifestation eines symbolischen Versprechens, dass Kultur wirken? Die katholische Wochenzeitung Echo der Zeit konstaein verbindendes, kein sozial trennendes Element sein sollte. Die tiert: „Das Publikum aber in seiner Gesamtheit, einschließlich Bedeutung dieses Symbols wird erst verständlich, wenn man es einiger zwischendurch kichernder Backfische und Snobs aller auch als ein Zeichen gegen den Entwurf einer sozialistischen Ge- Lebensalter, zollte zum Schluss, ‚getroffen‘, dem Werk und der sellschaft begreift, die in der DDR angestrebt wurde. Die pro- getreuen Interpretation den mehr als verdienten Beifall. Damit grammatische Verbürgerlichung der Arbeiterschaft – schon im ist ein Exempel statuiert worden. Statuiert vor dem ‚mondänsten‘ Kaiserreich mit der Gründung der Volksbühnenbewegung eine Premierenpublikum Deutschlands. Daß nämlich diejenigen unSäule sozialdemokratischer Kulturpolitik – war ein Gegenentwurf recht haben, die immer behaupten, Theater müsse sich nach den Launen des Publikums nivellieren.“ (Echo der Zeit v. 25.9.1955) gegen die Kulturpolitik der DDR. Programmatisch setzte Stroux am nächsten Abend wieder Karl Heinz Stroux hatte hier seit Anfang der 1950er Jahre inszeniert und große Erfolge gefeiert, sodass sein Ansehen als einen historischen Stoff in Szene, diesmal aber in einer Fassung Regisseur nicht in Frage stand, als er zu Gründgens’ Nachfolger des 20. Jahrhunderts: Ferdinand Bruckners „Elisabeth von Engerkoren wurde. Dass er aber auch mit dem Programm der Ruhr- land“ – ein Spiel, dessen realistisch-psychologisierende Annähefestspiele innerlich verbunden war, wird aus dem vielstimmigen rung näher am Empfinden des Publikums stand. Blickt man auf die lange Intendanz von Stroux, die Presse-Echo erkennbar, mit dem sein Beginn in Düsseldorf begleitet wurde. Bundesweit wurde ein Interview zitiert, das er 17 Jahre dauerte und bis 1972 währte, so wird deutlich, wie sehr gegeben hatte. Mit einem unverbrüchlichen Optimismus stellt Stroux sich tatsächlich um einen breiten Spielplan bemühte, Stroux dort fest: „Die Woge der Theatersehnsucht schlägt höher der sowohl das klassische Repertoire als auch die Gegenwartsals je zuvor. Aufgabe und Kunst der Theaterintendanten wird es dramatik umfasste. Die Arbeit an den ‚Klassikern‘ bewegte sich sein, auf dieser Woge oben zu schwimmen und die Chance zu durchaus in Kontinuität zu Gründgens – wobei Stroux, anders als nutzen, der Sehnsucht aller Schichten nach dem Wesentlichen im sein Vorgänger und einstiger Berliner Chef, auch programmatiLeben vom Theater her eine Antwort zu geben.“ (Ruhr-Zeitung sche Gegenpunkte setzte: Schon 1951 – damals noch am Berliner ­Hebbel-Theater – hatte Stroux Ernst Deutsch (1890–1969) für die Essen v. 18. 8. 1955) Das emphatische Bild der Woge ergänzt Stroux mit zwei Zusammenarbeit gewinnen können. Deutsch war in der Weimarer hochevokativen Begriffen: Er wolle im Goethe’schen Sinne ein Republik ein berühmter Film- und Theaterschauspieler gewesen, Welttheater machen, d. h. einen internationalen Spielplan gestal- der als Jude von den Nazis ins Exil getrieben wurde. 1954 spielten, und Volkstheater, ein Theater, das sich nicht nur einer spezi- te Deutsch in Stroux’ Regie erstmals die Titelrolle in Lessings fischen Gruppe verpflichtet fühlt, sondern schichtenübergreifend „Nathan der Weise“ – eine Rolle, die er später über tausend Mal attraktiv sei. Ganz im Sinne der Zeit definiert er das Theater als spielen sollte. Die symbolische Bedeutung für die frühe Bundeseine Institution, die auf die großen Sinnfragen der Zeit eine Ant- republik ist kaum überzubewerten: Lessings (‚Traum-‘) Stück von wort zu geben habe: „Wer etwas Unverbindliches will, geht ins Toleranz und Menschlichkeit, dessen Botschaft durch den Verlauf Kino, wer etwas mit nach Hause nehmen will, kommt zum Thea- der jüngsten deutschen Geschichte so sehr Lügen gestraft worter, dem Kind aller Künste, wo die Dichtung ebenso beteiligt ist, den war, gespielt von einem Schauspieler, dessen eigene Bio­grafie Höhen und Tiefen deutsch-jüdischer Geschichte verkörperte, wie die Malerei, die Musik und der Tanz.“ (Ruhr-Zeitung Essen ­ wurde zum Symbol der Auseinandersetzung mit der Vergangenv. 18.8.1955) In diesem Licht ist es programmatisch, dass Stroux am heit, deren optimistisch-emphatische Botschaft allzu leichtfertig 17. September 1955 seine Intendanz mit Calderóns „Das große angenommen wurde. Die Inszenierung, die auf zahlreichen Gast-

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spielen gezeigt wurde, war ab 1956 auch Teil des Repertoires des Düsseldorfer Schauspielhauses. 1957 spielte Deutsch in Stroux’ Regie schließlich auch noch den Shylock in Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ – gewissermaßen die spiegelbildliche Rolle zu Lessings Nathan. Rückblickend mag Deutschs Nathan und Shylock auch ein Ausweg vor der Auseinandersetzung mit der Frage von Schuld und Verantwortung sein – der hohe Ton der Dichtung erspart den Blick in den Spiegel –, aber vergleicht man dies mit Gründgens’ Inszenierung ewiger Jugendlichkeit und Neuanfangs, die jegliche Vergangenheit unsichtbar zu machen sucht, wird die Veränderung sehr deutlich. Zum zweiten aber ist Stroux’ Intendanz durch die Auseinandersetzung mit dem Theater des Absurden gekennzeichnet. Seit den späten 1940er Jahren hatten die Dramen von Samuel Beckett, Eugène Ionesco, aber auch Friedrich Dürrenmatt und Wolfgang Hildesheimer einen Platz im Repertoire der westlichen Theater gefunden. Die Provokation dieser Stücke mit ihrer symbolischen Verdichtung, mit ihrer Absage an Sinnstiftung einer Welt, die als „Durcheinandertal“ (Dürrenmatt) eigentlich nur noch Gegenstand von Komödien sein kann, weil die Behauptung eines Sinns angesichts des Leids in der Welt zynisch wäre, ist heute oftmals nur noch mittelbar zu verstehen. Im Kontext der Adenauer-Ära und des Wirtschaftswunders trug diese Form der radikalen Skepsis und Sinnverweigerung aber sehr deutlich eine subversive Botschaft. Konsequent gab Stroux der Gegenwartsdramatik hier Raum im Repertoire des Schauspielhauses: Beckett, Dürrenmatt, später auch Mrożek. Vor allem aber Ionesco. Im Oktober 1959 inszenierte Stroux in Düsseldorf die Uraufführung von „Die Nashörner“ – bevor das Stück in Paris im französischen Original zu sehen war. Damit war das Düsseldorfer Schauspielhaus mit seinem Intendanten und Regisseur Stroux endgültig in die Riege der großen europäischen Häuser aufgenommen: Im Frühjahr 1960 gastierte das Schauspielhaus beim Pariser Théâtre des Nations mit drei Produktionen: „Phädra“, „Die Nashörner“ und „Nathan der Weise“. Gastspiele in London und New York ließen das Düsseldorfer Schauspielhaus zu einem Aushängeschild bundesdeutscher Theaterkultur werden. Gleichzeitig öffnete Stroux sein eigenes Haus für internationale Künstler: So inszenierte 1958 der legendäre Giorgio Strehler in Düsseldorf Pirandellos „Die Riesen vom Berge“. Stroux’ Ideal eines Welttheaters lehnte sich zwar an Goethes Formel der Weltliteratur an, gewann aber im 20. Jahrhundert eine ganz andere Bedeutung: Zum einen bedeutete es nach zwei Weltkriegen und einer politischen Spannungslage des Kalten Krieges tatsächlich auch Friedensarbeit: Es ging um die

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Überwindung von nationalen Fixiertheiten und Beschränktheiten zugunsten eines genuin internationalen Austauschs. Künstler wie Jean-Louis Barrault, Peter Brook oder Giorgio Strehler repräsentierten dieses neue, internationale Theater und Stroux wurde mit seinem Düsseldorfer Theater durchaus in diesem Kontext wahrgenommen. Zum anderen aber hatte dies im Kontext des Kalten Krieges auch eine handfeste politische Bedeutung, denn bislang war einzig Brecht und sein Berliner Ensemble auf der internationalen Szene sichtbar gewesen. Auch auf dieser Ebene war Stroux’ Erfolg von großer Bedeutung. Und doch blieb die Zeit nicht stehen: Auch wenn Stroux auch in den 1960er Jahren noch eine Reihe von bemerkenswerten Uraufführungen und erfolgreichen Inszenierungen erarbeiten konnte, die beginnende innere Unruhe der BRD erreichte auch Düsseldorf. Und im Horizont eines stärker politisierten Theaterdiskurses wirkte Stroux’ breiter Spielplan plötzlich zu unbestimmt. Längst stand eine neue Generation von Künstlerinnen und Künstlern bereit mit neuen Visionen von Theater und so wurde schon die Eröffnung des ersehnten neuen Hauses zum Augenblick einer öffentlichen Auseinandersetzung, in der sich das Ende von Stroux’ langer Intendanz in Zwietracht ankündigte. In diesem Sinne erscheinen die Auseinandersetzungen, von denen die Eröffnung des neuen Schauspielhauses 1970 begleitet war, schon wie eine Schlüsselszene für das kulturelle ­Leben der Bonner Republik: Während Stroux mit „Dantons Tod“ die Revolution auf die Bühne brachte, verkannte er, dass sich längst eine neue Revolte und eine neue Generation um sein Haus bildete …

Prof. Dr. Peter W. Marx ist Professor an der Universität zu Köln am Institut für Medienkultur und Theater mit Forschungsschwerpunkten Theatergeschichte (Frühe Neuzeit bis Gegenwart), Shakes­ peare in performance und Critical Media History sowie Direktor der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität Köln.





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Stimmen, Impressionen, Splitter



Was auf der Bühne geschieht, ist wahr Wolfgang ­Reinbacher im Gespräch mit Dorothee Krings

Seit sechzig Jahren steht Wolfgang Reinbacher auf den Bühnen des Düsseldorfer Schauspielhauses. 1960 holte der damalige ­Intendant Karl Heinz Stroux den Absolventen des Wiener MaxReinhardt-Seminars nach Düsseldorf. Als das Theater 1970 in den Neubau am Gustaf-Gründgens-Platz zog, spielte Reinbacher in der Eröffnungspremiere „Dantons Tod“ und in Heinrich Bölls „Der Clown“. In den folgenden Jahrzehnten übernahm er zahlreiche große Rollen von Nathan in „Nathan der Weise“ über Willy Loman in „Tod eines Handlungsreisenden“ bis zuletzt „Gott“ in Axel Hackes „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“. Kürzere Engagements führten ihn unter anderem an das Theater Basel, die Münchner Kammerspiele, das Wiener Burgtheater und das Bayerische Staatsschauspiel München. Doch kehrte er immer wieder nach Düsseldorf zurück, wo seine Frau, Eva Böttcher, fest zum Ensemble gehörte. Sie starb 2011. Reinbacher arbeitete mit Regisseuren wie Volker Hesse, Roberto Ciulli, Burkhard C. Kosminski, Karin Henkel, David Mouchtar-Samorai und Sönke Wortmann.

Dorothee Krings: Das „neue“ Düsseldorfer Schauspielhaus am Gustaf-Gründgens-Platz und Sie verbinden nun fünfzig gemeinsame Jahre – was ist das Geheimnis dieser Partnerschaft? Wolfgang Reinbacher: Ich habe mich auf keiner Bühne so wohl

und so sicher gefühlt wie in Düsseldorf. Wenn ich von Gastspielen zurückkehrte, war das auch auf der Bühne immer ein Nachhausekommen. Im Laufe der Jahre hat sich natürlich auch eine feste Beziehung zum Publikum entwickelt. Die mehr als fünfzig Jahre am Schauspielhaus sind also vor allem fünfzig Jahre Partnerschaft mit den Zuschauern. Beziehungen gehen durch Phasen der Euphorie, manchmal auch durch Krisen. Was war der schönste Moment in Ihrer ­Beziehung zum Schauspielhaus? Ich hatte als junger Schauspieler einen schlimmen Autounfall, lag mit schweren Gesichtsverletzungen in der Uniklinik und war ganz am Boden. Da schickte mir Karl Heinz Stroux das Stück „Tango“ von Sławomir Mrożek und gab mir die Hauptrolle, obwohl gar nicht klar war, ob ich rechtzeitig gesund sein würde. Das hat mir enormen Auftrieb gegeben. Ich habe gespielt, das Stück war ein großer Erfolg, wir wurden 1966 zum Theatertreffen eingeladen. Diese Geste habe ich Stroux nie vergessen. Große Theatermomente waren auch Ulrich Brechts Inszenierung von Pavel Kohouts „Der arme Mörder“, Volker Hesses „Professor Bernhardi“ von Arthur Schnitzler oder später unter Anna Badora „Tod eines Handlungsreisenden“ inszeniert von ­Burkhard Kosminski.

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Gab es auch Krisen zwischen Ihnen und dem Theater? Nein. (Pause) Doch: Peter Mussbach inszenierte 1984 Molières „Der eingebildete Kranke“. Mir passte sein Ansatz nicht, und ich habe mich innerlich dagegen aufgelehnt, aber das fällt immer auf den Schauspieler zurück. Seitdem spiele ich nicht mehr gern Molière. Sie haben in den vielen Jahren in Düsseldorf immer wieder auch mit Ihrer Frau auf der Bühne gestanden. Wie ist es, als Paar ein Paar zu spielen? Früher wurden Schauspieler viel stärker in Rollenfächer ­eingeteilt. Danach war Eva Böttcher eine Salondame, ich galt als Naturbursche – das passte gar nicht gut zusammen, wir wurden also nicht oft als Paar besetzt.

spieler hätten uns einen intimeren Raum gewünscht. Wir hatten nichts gegen Ränge. Und die äußere Gestalt des Theaters? Die geschwungene Fassade hat mir gleich gefallen. Aber als die Kostüm- und Maskenbildner die ersten Modelle sahen, haben sie die fehlenden Fenster moniert. Im ausgearbeiteten Entwurf waren dann Fenster eingeplant. Beim großen Zuschauersaal aber blieb es. Das war ein Bau wie gemacht für das Theater von Karl Heinz Stroux.

Stroux war von 1955 bis 1972 Generalintendant, der Neubau fiel also in seine Ära. Wieso war das Schauspielhaus ein Stroux-Theater? Er wollte, dass wir in die Welt hinausspielten. Großes Theater, große Gesten, kein verinnerlichtes Spiel, kein Privattheater! In Woody Allens „September“ haben Sie zum Beispiel ein Paar Stroux wollte, dass wir die große Bühne mit Kraft einnehmen, gespielt. Hat sich dann manchmal Berufliches und Privates und wenn wir das in einer Probe schafften, sagte er immer: vermischt? Nein, nie. Vielleicht haben wir auch deswegen so gut harmoniert. „Das war sehr schön. Jetzt müsst ihr nur noch ins Blühen kommen.“ Doch die große Bühne hat manche jungen Schauspieler Wir haben uns keine Ratschläge gegeben, auch nicht gegenseitig verängstigt. Die drängten sich an den Rand. Die musste man in Text abgehört. Wir haben uns ja ohnehin so viel mit Theater die Mitte der Bühne zurückholen. ­b eschäftigt, wir mussten das nicht auch noch miteinander tun.

Als 1965 der erste Spatenstich für das neue Schauspielhaus gesetzt wurde, gehörten Sie also schon zum Ensemble. Was haben Sie von der fünfjährigen Bauphase mitbekommen? Ich bin ab und zu an der Baustelle vorbeigegangen, dachte aber, dass ich in diesem Haus nicht mehr spielen würde. Fünf Jahre sind für einen jungen Schauspieler eine Ewigkeit. Doch dann standen wir plötzlich vor der Eröffnung.

Das Große Haus wurde am 16. Januar 1970 mit Georg ­Büchners „Dantons Tod“ eröffnet. Sie spielten den St. Just. Erst Tage vorher hatten die Proben im neuen Haus begonnen. Wie war Ihre erste Begegnung mit dem neuen Haus? Das erste Mal bin ich für eine Kostümprobe ins Haus gegangen. Als St. Just hatte ich ein fantastisches Kostüm mit Samt, Strass, Pomp, um das Pfauenhafte der Figur zu unterstreichen. Ein Traumkostüm! Ich gehe also in die Garderobe, doch das Kostüm hing nicht an seinem Platz. Überall wurde gesucht. Nichts! Das teure Kostüm war gestohlen. Kurz vor der Generalprobe – einfach weg! Das Theater war zu dem Zeitpunkt noch Baustelle, da gingen viele ein und aus. Außerdem stand Karneval vor der Tür. Es wurde dann blitzschnell ein neues Gewand geschneidert, aber das fiel bescheidener aus.

Schon vorher gab es Diskussionen über die Baukosten und die Gestaltung des Theaters. Was kam davon beim Ensemble an? Vor allem ging es darum, ob man ein großes, demokratisches Theater bauen solle – ohne Ränge, alle sitzen gleich –, oder ob es ein Rangtheater geben solle. Natürlich war schon die Frage falsch gestellt: Auch ohne Ränge sitzen nicht alle gleich, hinten sieht man nun mal schlechter. Doch allein das Wort „Rang“ stieß Ende der 1960er Jahre auf totale Ablehnung. Wir Schau-

Und wie war es, zum ersten Mal auf die große Bühne zu treten? Mich hat das beflügelt. Wir hatten noch bis Ende Dezember im alten Haus Sternheims „Kassette“ gespielt mit Theo Lingen, dann ging es sofort im neuen Theater weiter. Für uns war das kaum eine Zäsur, wir haben nur ans Spielen gedacht. Bei mir kam noch hinzu, dass der Hauptdarsteller für eine Premiere im Kleinen Haus, für Heinrich Bölls „Der Clown“, nicht spielen wollte. Dem Kollegen war das Stück zu bürgerlich, zu katholisch.

Wie haben Sie einander kennengelernt? Ich habe Eva noch im alten Schauspielhaus an der Jahnstraße auf der Bühne gesehen in dem Stück „Donna Diana“. Sie hatte eine unglaubliche Ausstrahlung, dazu diese betörende, tiefe Stimme. Eine Stimme, die einen umwärmt hat. Ich habe sie noch genau im Ohr.

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S. 160 „September“ von ­Woody Allen, Regie: Annegret Ritzel, 1995, mit: Wolfgang Reinbacher, Eva Böttcher „Dantons Tod“ von Georg Büchner, Regie: Karl Heinz Stroux, 1970, mit: Hans ­Caninenberg, Wolfgang ­Reinbacher Proteste bei der Eröffnung des Düsseldorfer Schauspielhauses, 16.1.1970 Lidl-Akademie-Protest, 19.1.1970

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„Woyzeck“ von Georg ­ üchner, Regie: Wolf B ­Seesemann, 1974, mit: ­Ensemble, Wolfgang ­Reinbacher „Der Clown“ von Heinrich Böll, Regie: Alfred Radok, 1970, mit: Wolfgang Reinbacher, Christiane Hammacher

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Das war die 68er-Zeit! Stroux bat mich, die Rolle auch noch zu übernehmen. Zwei Premieren im Abstand von nur einer ­Woche, das hat mich herausgefordert, dadurch war ich gerade zur ­Eröffnung sehr beschäftigt. Wie haben die Kollegen auf das neue Arbeitsfeld reagiert? Was uns alle beeindruckt hat, waren die neuen technischen ­Möglichkeiten, die Dimensionen. Wir haben später Stücke gespielt, die fast ohne Bühnenaufbauten auskamen. Wolf ­Seesemann hat das etwa für seinen „Woyzeck“ grandios genutzt. Als Woyzeck am Ende am Wasser sein Messer sucht, stand ich weit, weit hinten an der Brandmauer, die gesamte Bühne war versenkt, unendliche Tiefe, und ich sprach die Worte: „Das Messer, das Messer, wo ist das Messer?“ Das war fantastisch zu spielen. Ich hatte wirklich das Gefühl, ganz allein an einem riesigen Teich zu stehen. Haben die technischen Neuerungen die Spielweise verändert? Ja, zum Beispiel musste jede Lichtveränderung programmiert werden. Wo früher Hebel waren, gab es nur noch Tasten. Das dauerte länger bei den Proben. Aber ich erinnere mich gern an die Anfangszeit. Da gehörten so grandiose Schauspieler zum Ensemble: Evelyn Balser, Nicole Heesters, meine Frau Eva Böttcher, Wolfgang Arps, der dem Schauspielhaus auch fünfzig Jahre angehörte, Martin Benrath, Edgar Walther, Karl-Heinz Martell – und ich war der Jüngste der Truppe. Schon bei der Generalprobe zur Eröffnungspremiere „Dantons Tod“ gab es Proteste. Die Generalprobe war öffentlich und ausverkauft. Man wollte möglichst vielen Menschen Zutritt verschaffen. Es gab ja schon im Vorfeld Kritik daran, dass zur Premiere so viele geladene Gäste kommen würden und so wenig Karten in den Verkauf kamen. Da saßen also viele Studenten aus dem Umfeld der Kunstakademie im Publikum, die wollten protestieren. Wie hat sich das geäußert? Durch Zwischenrufe. Einige kletterten auch auf die Bühne mit Plakaten, auf denen stand zum Beispiel: „Ich bin Robespierre!“ Unsere Techniker drängten die Protestler von der Bühne. Da riefen sie: „Keine Gewalt, keine Gewalt!“ Wolfgang Reichmann, der den Danton spielte, unterbrach daraufhin die Vorstellung und sagte: „Sie hindern mich an der Ausübung meines Berufes!“ Chaotisch. Und ich dachte die ganze Zeit an den großen Monolog des St. Just, der mir vor der Pause noch bevorstand.

Da stand St. Just vor einem Publikum aus Revoluzzern. Genau. Ich begann: „Es scheint in dieser Versammlung einige empfindliche Ohren zu geben, die das Wort Blut nicht wohl vertragen können.“ Das hat die Protestierenden interessiert, und es wurde ruhiger, auch weil ich ein rasendes Tempo vorlegte. In der Pause sind wir in die Kantine gegangen, da kamen die Störer auch hin, und wir haben uns unterhalten. Ich habe einen gefragt, was er studiere. Er erwiderte, er sei Berufsrevolutionär. Wahrscheinlich ist er hinterher hoher Beamter geworden. Mir erschien das alles unwirklich. Bei der Premiere gingen die Proteste weiter. Die Premiere wurde massiv geschützt. Da gab es Absperrungen um das ganze Theater, die Polizei wollte mich erst gar nicht durchlassen. Die großen Proteste vor dem Theater habe ich aus dem Garderobenfenster beobachtet. Das war schon verrückt: Drinnen spielten wir – schwer geschützt – ein Revolutionsdrama, während die Protestler draußen tobten und zündelten. Das war eine verkehrte Welt. Wie hat das Publikum reagiert? Da saßen die Leute in ihren feinen Roben und waren beschimpft worden. Die große Elisabeth Flickenschildt hatte man mit Farbe begossen, die war sichtlich erbost. Das alles hat uns Spannung geraubt. Die Premiere lief gut, es gab Applaus, aber wir saßen danach ziemlich matt zusammen. Der Protest war scheinbar wichtiger gewesen als die Premiere. Der damalige Außenminister Walter Scheel war dabei, der hatte sich nicht beirren lassen. Viele andere Politiker, auch der damalige Bundeskanzler Willy Brandt, hatten lieber abgesagt. Aber mit Ende der Vorstellung war der ganze Spuk vorbei. Die Aufführungen danach liefen reibungslos. Erst bei Peter Weiss’ „Trotzki im Exil“ kam es wieder zu Störungen, was den Autor sehr empört hat. Eine Woche später haben Sie im Kleinen Haus Heinrich Bölls „Der Clown“ gespielt. Ja, und ich habe das Stück verändert. Wie das? Böll kam sehr oft zu den Proben, einmal habe ich zu ihm gesagt: Herr Böll, das Stück hört nicht auf! Das braucht doch einen Akzent am Ende! Böll wollte wissen, wie ich das meine, da fiel mir plötzlich das „Ite, missa est“ aus der katholischen Messe ein, das „Gehet hin in Frieden“. Das habe ich gleich intoniert, wie ich es im Ohr hatte. Böll hat sich das angehört. Ein paar Tage später hat er mir geschrieben, dass wir tatsächlich mit dem

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„Armer Mörder“ von Pavel Kohout, Regie: Ulrich Brecht, 1973, mit: Ensemble, Wolfgang Reinbacher, Günther Amberger, Eva Böttcher „Geschichten aus H ­ ollywood“ von ­Christopher Hampton, Regie: Peter ­Palitzsch, 1983, mit: Ensemble, Wolfgang ­Reinbacher „Tango“ von Sławomir Mrożek, Regie: Erwin Axer, 1966, mit: Christiane Hammacher, Wolfgang Reinbacher, Heinrich Ortmayr, Gerda Maurus

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„Ite, missa est“ aufhören werden. Seitdem erzähl ich allen, dass ich eine Promille Anteil an seinem Nobelpreis habe. 1972 gab es den ersten Intendantenwechsel am neuen Haus: Ulrich Brecht folgte auf Karl Heinz Stroux. Damals waren Ihre Frau Eva Böttcher und Sie gerade mit dem Goethe-Institut auf einer Welttournee. Was hörten Sie aus der Heimat über den Wechsel an der Theaterspitze? Die Stroux-Nachfolge anzutreten war eine denkbar schwierige Aufgabe. Das fiel in eine politische Zeitenwende, die sich auch am Theater niederschlug. So war es auch kein Wunder, dass die ersten Premieren unter dem neuen Intendanten Brecht nicht gut ankamen. Das ist aber oft richtungweisend für eine Intendanz. Als wir zurückkamen, war die Stimmung schlecht. Aber dann übernahm Brecht die Uraufführung von Pavel Kohouts „Armer Mörder“. Das wurde sehr positiv aufgenommen. Wieso hatte Brecht einen so schweren Stand? Brecht und sein Dramaturg Jörg Wehmeier haben ideologisches Theater gemacht – gegen das Bürgertum. Sie haben nicht kapiert, dass doch das Bürgertum in ihrem Theater saß. Brecht hatte einen erzieherischen Ansatz, das Publikum wurde bevormundet – und blieb weg. Die Zuschauerzahlen stabilisierten sich später aber. Ja, Brecht holte hervorragende Regisseure: Luc Bondy etwa, der eine herausragende Inszenierung von Büchners „Leonce und Lena“ zeigte, und Hansjörg Utzerath, der Brendan Behans „­Richard Korkbein“ inszenierte. Am Ende wollten die Gesellschafter Brechts Vertrag sogar verlängern, aber die Stimmung war zu sehr gegen ihn. Wie hat sich das gezeigt? Ich erinnere mich an eine Ensemble-Versammlung beim früheren Thyssen-Vorstandschef Hans-Günther Sohl im Dreischeibenhaus. Der war damals Vorsitzender des Freundeskreises. Er hat Briefe von enttäuschten Sponsoren vorgelesen, die ihre Spenden für das Theater zurückzogen. Die schrieben, dass sie das Theater als feindselig empfanden. Das war sehr unangenehm. Damals wurde uns klar, dass die Intendanz Brecht zu Ende gehen würde. Er hatte versucht, Theater aus dem Geist der 68er zu machen. Aber das erschöpfte sich in Diskussionen bei der Probe und fand keinen überzeugenden Ausdruck auf der Bühne. 1976 trat dann Günther Beelitz an. Was wurde anders? Beelitz wollte das Publikum wiedergewinnen – mit spannenden,

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unterhaltsamen Inszenierungen. Er war durchaus ein progres­ siver Theatermacher; er hat Provokationen nicht gescheut. Unter seiner Leitung sind gleich die ersten Inszenierungen gelungen. Und dann gebiert der Erfolg den Erfolg. Das habe ich oft erlebt. Und Beelitz gelang es, das Niveau zu halten. Die ersten zehn Jahre unter ihm waren absolut stabil, und wir konnten befreit spielen. Welchen Führungsstil hat Beelitz als Intendant gepflegt? Ich habe seinen Stil immer als sehr kollegial empfunden, aber natürlich hat er seine Vorstellungen durchgesetzt, etwa, wenn es um die Verteilung von Rollen ging. Er kann sehr hartnäckig sein. Wir haben ja einige Gastspielreisen nach Israel unter­nommen. Bei einer dieser Reisen machten wir einen Ausflug zum See Genezareth. Als der Bus in Kapernaum hielt und wir gerade aussteigen wollten, verlor Beelitz eine seiner Kontaktlinsen. Da mussten wir alle sitzen bleiben und er hat diese Linse gesucht, minutenlang. Wir haben gelacht, weil wir es für unmöglich hielten, dass so ein kleines, durchsichtiges Ding in einem Reisebus wieder auftauchen würde. Aber Beelitz hat sie gefunden. Er hat diese Beharrlichkeit und einen starken Willen. Er konnte es aushalten, dass ein ganzer Bus auf ihn wartete. Beelitz hat auch versucht, mit dem Regisseur Peter Löscher eine progressive Gruppe innerhalb des Ensembles zu bilden. Wie haben Sie das wahrgenommen? Zu diesen Kreisen habe ich nicht gehört. Es gab Experimente, auch mit psychologischen Methoden, die in Selbstbeschimp­ fungen endeten. Das ging mir zu weit. Ich war schon immer so ein positiver Mensch, mich konnte man für solche Versuche nicht gewinnen. Beelitz gilt als Theatermann, der auf sein Ensemble setzt, nicht auf Stars. Wie war die Atmosphäre unter den Schau­ spielern? Damals gab es viele Schauspieler im Ensemble, die ich beson­ ders geschätzt habe: Stefan Wigger etwa, Hans Schulze, Alois Strempel, Peter Simonischek, der junge Ulrich Matthes, ­Marianne Hoika, Bigi Fischer, Gabriele Köstler. Wir spielten etwa Hamptons „Geschichten aus Hollywood“, da ging es um die deutschen Literaten im Exil, Peter Palitzsch hat inszeniert. In einer Probe kurz vor der Premiere habe ich gerade gesprochen, da hörte ich hinter mir einen Bühnenarbeiter einen Wagen voller Filmrollen über die Bühne schieben. Ich dachte, der hätte vergessen, dass wir Probe haben, dabei war das eine neue ­Regieidee. Aber ich bin auf den armen Mann losgegangen.


„Platonow“ von Anton ­ schechow, Regie: Otomar T Krejča, 1977, mit: Wolfgang Reinbacher, Rudolf Brand, Gabriele Köstler, Ensemble „Nicht Fisch nicht Fleisch“ von Franz Xaver Kroetz, Regie: ­Volker Hesse, 1981, mit: ­Gabriele Köstler, Wolfgang Reinbacher „Professor Bernhardi“ von Arthur Schnitzler, Regie: Volker Hesse, 1985, mit: Walter Spiske, Klaus Herm, Ulrich Matthes, Wolfgang Hinze

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Ich war so erbost, dass ich zu Palitzsch gesagt habe: „Das ist kein Theater, das ist ein Theatervernichtungs-Institut!“ ­Palitzsch antwortete – und dafür liebe ich ihn: „Wolfi, willst du einen Tee?!“ Unter Beelitz gab es aufregende Gastspiele, nach Israel, aber auch in die Sowjetunion. Welche Wirkung hatte das aufs ­Ensemble? Da gab es große Freude und Neugier! Plötzlich hinter den Eisernen Vorhang zu kommen, das war aufregend. Und das wurde in der ganzen Republik wahrgenommen, darüber wurde überregional geschrieben. Natürlich war es auch nicht ganz einfach, es gab auch Versuche der politischen Einflussnahme. Aber da machte sich wieder die Hartnäckigkeit von Beelitz bemerkbar, er hat keinerlei Eingriffe in die Stücke zugelassen. Er hat so lange gerungen, bis wir in unserer Fassung spielen konnten, da hätte er niemals nachgegeben. Das Gastspiel in der Sowjetunion stand auch in einer Tradition am Schauspielhaus, denn schon Stroux hatte das Theater ­Richtung Osten geöffnet und mit Stücken osteuropäischer Autoren Erfolge gefeiert. Ja, mit Sławomir Mrożeks „Tango“ zum Beispiel, das der polnische Regisseur Erwin Axer inszeniert hat. Damit wurden wir zu zahlreichen Gastspielen eingeladen, etwa nach Kiel. Ich spielte in dem Stück den konservativen Sohn einer völlig verrückten, freizügigen Familie. Der Vater sprang im Pyjama herum, die Mutter schnitt aus ästhetischen Gründen den Blumen die Köpfe ab und so fort. In einer Szene steht der Sohn vor seiner Hochzeit und hat zu viel getrunken. Ich betrete also allein im blauen Anzug die Bühne, spiele einen Betrunkenen, der seinen Mantel falten will und fallen lässt. Da kommt plötzlich von der Seite ein starker Mann auf die Bühne und nimmt mich mit sehr festem Griff in den Arm. Ich zischel: „Was wollen Sie? Lassen Sie mich los!“ Aber er sagt nur, dass ich jetzt mitkommen müsse, und drängt mich von der Bühne. Es stellte sich heraus, dass das ein Kieler Bühnenarbeiter war, der mich für einen betrunkenen Zuschauer gehalten hatte. Ich passte in meinem blauen Anzug ja auch nicht in diese verrückte Familie auf der Bühne. Der Bühnenarbeiter hatte impulsiv gehandelt. Bei der Premierenfeier sprach ich mit einem Dramaturgen aus Kiel und machte einen Scherz über das Geschehene. Da schaute der ganz irritiert und sagte: „Ach, ich dachte in der Szene holt der Werktätige das ­Unheil von der Bühne.“ Der Dramaturg hatte den Zwischenfall gar nicht erkannt. Man sieht daran: Was auf der Bühne ­geschieht, ist wahr.

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Womit hat Beelitz in der Heimat den Zuspruch des Publikums gewonnen? Die Mischung hat gestimmt. Wir spielten anspruchsvolle Stücke wie Arthur Schnitzlers „Professor Bernhardi“ unter der Regie von Volker Hesse. In dem polnischen Stück „Benja, der König“, inszeniert von Heinz Engels, fuhr ich als Gangsterboss im Auto aus der Unterbühne auf die Hauptbühne. Allein der Effekt hat den Leuten schon große Freude gemacht. Es gab natürlich auch schwierige Abende: Tschechows „Platonow“ inszeniert von Otomar Krejča, da hatte ich am Ende den Satz zu sagen: „Wann ist die Qual zu Ende?“ Da tönte es aus dem Publikum: „Hoffentlich bald!“ Das muss man dann auch ertragen. Herausragend in dieser Zeit waren auch „Kabale und Liebe“ von Roland ­Schäfer mit Peter Simonischek oder „Der jüngste Tag“ von Ödön von Horváth, inszeniert von Michael Gruner, da stand – neorealistisch – ein Wald auf der Bühne. 1986 trat dann Volker Canaris als Intendant an, welches ­Theaterverständnis brachte er mit? Canaris hatte zu Beginn Schwierigkeiten, weil viele Schauspieler mit Beelitz weggegangen waren. Aber er hat hervorragende Regisseure geholt: Werner Schroeter, Hans Hollmann, David Mouchtar-Samorai, Jérôme Savary – dessen „Cabaret“ mit Ute Lemper war permanent ausverkauft. Karin Beier zeigte gleich zu Beginn ihrer Karriere eine außergewöhnliche Inszenierung von „Romeo und Julia“. Sie haben mehrfach mit Mouchtar-Samorai gearbeitet. Was passte da so gut zwischen Ihnen? Mouchtar-Samorai hat die Gabe, persönliche Eigenarten der Schauspieler zu beobachten und für seine Inszenierung zu nutzen. Er ist ein großer Menschenkenner. Mit ihm habe ich zum Beispiel „Samstag, Sonntag, Montag“ gemacht, tolles Stück von Eduardo De Filippo, da spielte ich den Padrone in einer italienischen Familie und es gab eine Eifersuchtsszene während eines Essens. Das hat er ganz realistisch inszeniert. Es gab also wirklich Spaghetti. Ich erinnere mich, dass ein Kollege bei den Proben die Nudeln aß. Bis Mouchtar-Samorai plötzlich losdonnerte: „Don’t eat the fucking spaghetti“ – er sprach in den Proben Englisch. Das Stück war ein Renner, andere haben wir in den Sand gesetzt. So ist das am Theater. Was änderte sich, als 2006 mit Anna Badora erstmals eine Frau die Leitung des Schauspielhauses übernahm? Dass sie eine Frau ist, hat keine Rolle gespielt. Auch später bei Amélie Niermeyer nicht.


Was änderte sich künstlerisch? Wir hatten eine Intendantin, die selbst Regie führte. Badora brachte natürlich auch neue Schauspieler ans Haus. Unabhängig von deren Qualität sorgt das oft erst einmal für einen Knick, weil die Zuschauer ihrem vertrauten Ensemble nachtrauern. Darum muss man neuen Intendanten Zeit geben. Anna Badora hat man Zeit gegeben, allerdings wurde ihr Vertrag nach den ersten fünf Jahren erst mal nur für eine halbe Intendanz verlängert. Wie kam diese Geste des Misstrauens beim Ensemble an? Ich kann mich nicht erinnern, dass uns das beschäftigt hat. Anna Badora ist eine starke Persönlichkeit, durchsetzungsfähig und überzeugend. Sie hat ihren Weg verfolgt, hat Sönke Wortmann inszenieren lassen mit „Bullets over Broadway“, Jürgen Gosch, Burkhard Kosminski mit „Tod eines Handlungsreisenden“, Franz Xaver Kroetz mit einem tollen, zynischen „Wilhelm Tell“ oder Kazuko Watanabe mit einer hinreißenden „Effi Briest“. Anna Badora hat in Düsseldorf ein mutiges Theater gemacht.

2006 folgte Amélie Niermeyer, die als Theaterleiterin in Freiburg auf sich aufmerksam gemacht hatte und Düsseldorf ­kannte, unter Beelitz war sie mal Regieassistentin gewesen. Ja, daher kannte ich sie auch. Unter Niermeyer gab es ein paar herausragende Inszenierungen, etwa „Joseph und seine Brüder“ nach Thomas Mann, das in der Unterbühne spielte. Davon war ich begeistert. Ich wollte damals keinen festen Vertrag mehr und habe unter Niermeyer nur in ihrer unterhaltsamen Inszenierung von Michael Frayns „Der nackte Wahnsinn“ mitgespielt. Aber aus meiner Sicht hat dieser Intendanz ein Befreiungsschlag gefehlt. Allerdings muss man ehrlicherweise sagen, dass wahrhaft große Abende nur sehr selten gelingen. Die meisten Inszenie­ rungen sind eben Versuche. Das ist das Wesen von Theater. Aus Schweden kam dann Staffan Valdemar Holm, der das Königliche Dramatische Theater in Stockholm geleitet hatte. Einmal mehr hohe Erwartungen in Düsseldorf. Ich habe ihm bei der ersten Begegnung gesagt, dass sich Düsseldorf auf ihn freut. Er meinte darauf: „Ja, aber das Theater ist so

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S. 171 „Samstag, Sonntag, Montag“ von Eduardo De Filippo, Regie: David MouchtarSamorai, 1995, mit: Mathias Lange, Caroline Ebner, Susanne Meierhofer, Winfried Glatzeder, Hans-­Joachim Millies S. 171 „Cabaret“ von Joe Masteroff, John Kander, Fred Ebb, Regie: Jérôme Savary, 1986, mit: Ute Lemper „Tod eines Handlungs­ reisenden“ von Arthur Miller, Regie: Burkhard C. Kosminski, 2002, mit: Thomas Meinhardt, Wolfgang Reinbacher „Effi Briest“ nach ­Theodor Fontane, Regie: Kazuko ­Watanabe, 1998, mit: Robert Beyer, Judith Engel

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groß.“ Da war gleich eine Beklommenheit. Und dann hat Holm nicht die Zeit gehabt, sich freizuspielen. Er ist ein gewinnender Mensch, aber er war vielleicht nicht gut vernetzt und am Ende in der Intendantenrolle wohl zutiefst unglücklich.

sodass immer wieder Neugier geweckt wird. Für die Schau­ spieler ist das natürlich anstrengend, sie müssen mehr Rollen frisch halten. Aber am Ende entscheidet am Theater immer der Zuschauerzuspruch. Der gibt Schulz bisher recht.

Er hat dann nach eineinhalb Jahren sein Amt wegen Burn-outs niedergelegt – und es übernahm Manfred Weber, der zuvor kaufmännischer Geschäftsführer des Schauspielhauses gewesen war. Wie reagierte das Ensemble auf diese Entscheidung? Weber hat sofort versucht, das Theater zu retten. Darum hat er auch unterhaltsame Stücke gebracht wie zum Beispiel „Im ­Weißen Rössl“. Es gibt ja nichts Schlimmeres als ein leeres Theater! Und seine Strategie hat funktioniert: Die Leute kamen wieder, das hat uns Schauspieler gefreut. Aber die Verantwortlichen bei Stadt und Land haben es Weber nicht gedankt. Das war bitter für ihn.

Dem Düsseldorfer Publikum wird ja nachgesagt, es sei anspruchsvoll und zugleich oberflächlich, es liebe den Glanz. Sie haben auch in München, Wien, Basel gespielt. Wie ist das Düsseldorfer Publikum im Vergleich? Ich finde die Düsseldorfer überhaupt nicht schwierig. Es gibt eine große Begeisterung und Leidenschaft unter den Zuschauern. Das hat man ja auch bei den Debatten 2016 gespürt, als es um die Sanierungskosten für das Theater ging. Wie die Leute hinter dem Schauspielhaus stehen! Meistens gibt es so einen Punkt in einer Inszenierung, da entscheidet sich, ob ein Vorhaben auf der Bühne greift oder nicht. Wenn es gut läuft, spürt man plötzlich, dass man alles wagen kann, das beflügelt enorm. Ich fand die Jahre schwierig, als gegen das Publikum inszeniert wurde. Aber wenn man die Zuschauer nicht provoziert, kommt in Düsseldorf sehr viel Energie und Wohlwollen zurück. Das sieht man auch an dem großen Zuspruch, den Wilfried Schulz findet.

Was empfindet ein Schauspieler vor einem leeren Saal? Ich habe Barbara Nüsse in Anna Badoras Zeit mal vor einem einzigen Zuschauer spielen sehen – und die hat gespielt, das war eine Wucht! Ein leerer Zuschauerraum ist deprimierend, aber man strengt sich dann für die wenigen Zuschauer besonders an. 2014 wurde Günther Beelitz zum zweiten Mal Intendant. Das passiert am Theater äußerst selten. Wie war Ihre Reaktion darauf? Ihm und seinem großartigen Mitarbeiter Alexander von Maravić hat man zugetraut, dass sie das Schauspielhaus wieder in ruhigere Fahrwasser bringen. Wir im Ensemble haben das auch so empfunden. Das war eine Übergangszeit, aber das schenkt einem ja auch Freiheiten. Als Wilfried Schulz aus Dresden kam, musste zu Beginn seiner Zeit das Schauspielhaus saniert werden – und zwar in über­ raschend großem Umfang. Seine Intendanz begann also in lauter Provisorien – auch für Sie in dem munteren ShakespeareAbend „Queen’s Men“. Wie spielt es sich in einem Theaterzelt? Das war Zirkus! Wir mussten uns wie eine fahrende Truppe draußen hinter dem Zelt umziehen. Das war eine große Wuselei – und für mich purer Spaß. Den Leuten hat es auch gefallen. Es gab und gibt eine große Solidarität mit dem Theater. Wie ist es Schulz gelungen, dieses Interesse zu halten? Durch ein gutes Ensemble und ein gutes Programm. Und auch durch eher technische Dinge, etwa die Idee, Stücke nicht en suite zu spielen, sondern in Intervallen wiederkehren zu lassen,

Das Publikum hat sich im Laufe der Jahrzehnte auch optisch verändert. Früher ging man im langen Kleid ins Theater. ­Spüren Sie auf der Bühne einen Unterschied in der Haltung der Zuschauer? Ja, heute geht es noch mehr um das, was gespielt wird. Nicht um Repräsentation. Ich vermisse die alten Zeiten nicht. Auch Tabuzonen haben sich verschoben – etwa im Umgang mit Nacktheit auf der Bühne. Nach Wolf-Dietrich Sprengers Inszenierung von Turrinis „Die Minderleister“ 1988 unter der Intendanz von Volker Canaris gab es noch erregte Debatten darüber, ob eine Szene in dem Stück pornografisch sei. Bei Jürgen Goschs hochgelobter „Macbeth“-Inszenierung knapp zwanzig Jahre später wich der Protest schnell großer Begeisterung. Nacktheit ist kein großes Thema mehr. Zwar sagen auch heute manchmal Zuschauer noch: Hoffentlich zieht sich niemand aus. Aber das ist seltener geworden. Ich habe nie wirklich verstanden, woher diese Angst vor der Nacktheit kommt. Gibt es denn auch auf Schauspielerseite Schamgefühle? Die Bühne ist ein besonderer Raum. Wenn es eine künstlerische Notwendigkeit für eine Szene mit nackten Darstellern gibt,

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„Im Weißen Rössl“ nach Hans Müller, Erik Charell, Regie: Christian Weise, 2013, mit: Wolfgang Reinbacher, Catherine Stoyan, Klaus Schreiber, Moritz Führmann, Ensemble „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn, Regie: Amélie Niermeyer, 2010, mit: Claudia Hübbecker, Janina Sachau, Götz Schulte, Christiane ­Roßbach, Wolfgang Reinbacher, Anna ­Kubin, Michele Cuciuffo „The Queen’s Men“ von Peter Jordan, Regie: Peter Jordan, ­Leonhard Koppelmann, 2017, mit: Sven Gey, Jan Maak, Yascha Finn Nolting, Steffen Lehmitz, Orlando Lenzen, Moritz Führmann, Wolfgang ­Reinbacher, Hanna Werth

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gibt es keine Schamgefühle, man will damit ja etwas aus­drücken. Nacktheit kann ein starkes Zeichen sein, so wie in Goschs „­Macbeth“. Waren das großartige Bilder: Blut, Mehl, und der König ist nackt, der ist auch nicht anders als die anderen! Da ist die Nacktheit Ergebnis eines Regie-Gedankens. Unter Canaris gab es auch einen Skandal wegen einer Inszenierung von Werner Schroeter, der Hermann Lause als König Lear nackt auftreten ließ. Auch da gab es diese künstlerische Notwendigkeit: Der König irrt im Wahnsinn durch den Wald und reißt sich die Kleider vom Leib, das bleibt ein starkes Bild. In den 1970er Jahren entstand der Begriff „Regietheater“: die Deutung eines Stoffes durch den Regisseur trat in den Vordergrund. Wie haben Sie diese Verschiebung wahrgenommen? Eigentlich waren Regisseure immer schon die prägenden Figuren am Theater, obwohl ich der Meinung bin, dass es eigentlich die Schauspieler sind. Doch bis heute wird zuerst ein Regisseur gesucht, der entscheidet über die Besetzung und bestimmt, wie die Inszenierung aussieht. Haben Sie mit Regisseuren gestritten? Ja, aber das ist oft sinnlos. Einem habe ich mal ein Fritz-­ Kortner-Zitat an den Kopf geworfen: „Du schwänzt einen anderen Beruf!“ Genützt hat es nichts. o haben die Schauspieler gefeiert? W Früher gab es in der Nähe des Theaters den „Paul“, so hieß der Wirt der Kneipe. Da wurden nach einer Premiere immer gleich zwei Alt bestellt. Alle kamen da hin. Der Paul musste aber um ein Uhr schließen und hatte immer Angst vor Polizeikon­trollen. Einmal haben wir so lange um Bier gebettelt, bis er uns genervt den Schlüssel auf den Tresen geknallt hat und ins Bett gegangen ist. Wir haben dann selbst gezapft und hinterher brav abgerechnet. Im Schauspielhaus am Gründgens-Platz gingen wir meist gleich ins Restaurant des Theaters, das anfangs „Monte Christo“ hieß. Oder wir feierten in der Theaterkantine. Das ging oft bis in den Morgen. Ich glaube, heute wird nicht mehr so viel ge­ trunken unter Schauspielern. Warum hat sich das verändert? Ich glaube, Schauspieler empfinden heute einen größeren Druck als wir damals. Intendanten wie Karl Heinz Stroux fühlten sich wie der Vater des Ensembles. Er war beleidigt, wenn man mal woanders ein Gastspiel übernehmen wollte. Das war

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Verrat. Heute gibt es weniger feste Engagements, die Fluktuation und die Konkurrenz sind größer. Gibt es spezielle Rituale am Schauspielhaus etwa vor der Premiere? Es gab einen Kollegen, der hat sich kurz vor dem Auftritt immer in einen Vorhang eingewickelt. Der wurde ständig gesucht, doch dann trat er auf Stichwort auf. Ansonsten gibt es das Toi-toi-toi wie an jedem Theater. Welche Rolle spielt Lampenfieber an einem so großen Haus? Mit den eigenen Ängsten ringt jeder anders. Manchmal erwischt es einen, wenn man eine Szene mit besonderem Schwung angehen will, dann ist da oft zu viel Druck und man hat plötzlich nur noch Leere im Kopf. Vermissen Sie die Souffleusenkästen? Ja. Heute sitzen die Souffleusen in der ersten Reihe, der Schauspieler wird also eigentlich denunziert, jeder bekommt mit, dass er einen Hänger hat. Das ist unangenehm. Aber ein Hänger führt auch zu einer besonderen Intensität auf der Bühne. Jeder schaut jeden an, wartet auf das entscheidende Wort. Das ist eine Spannung, eine Aufmerksamkeit, das hat eine ganz eigene Wahrheit. Eigentlich muss genau so Theater gespielt werden. Sie haben es zur Krönung ihrer Karriere in die höchste Rolle geschafft: Sie spielen Gott – in einem Stück von Axel Hacke. Ja, mit großem Vergnügen – und mit einem wundervollen Partner: Moritz Führmann. Weil wir das Stück nun schon länger spielen, werden wir immer freier, reagieren auf die Nuancen des anderen. Das ist wirklich eine Freude! Fünfzig Jahre Schauspielhaus haben unserem Gespräch den Anlass gegeben. Fehlt noch eine Frage: Was wünschen Sie dem Theater zum Geburtstag? Spannende Inszenierungen und ein volles Haus! Das ist das Wichtigste für ein Theater. Ich bin glücklich gewesen all die ­Jahre am Schauspielhaus. Eva Böttcher war meine Liebe, ­Düsseldorf ist mon amour.


„Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“ nach Axel Hacke, Regie: Malte C. Lachmann, 2017, mit: Moritz Führmann, Wolfgang Reinbacher

Wolfgang Reinbacher kam 1960 unter Karl Heinz Stroux ans ­Düsseldorfer Schauspielhaus und steht seither in Düsseldorf auf der Bühne. Dorothee Krings ist Redakteurin im Ressort Kultur der Rheinischen Post und schreibt über Theater, Film und Gesellschaftsfragen.

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Karl Heinz Stroux während einer Probe im alten Schauspielhaus an der JahnstraĂ&#x;e, mit Eva Maria Stroux (Mitte), 1956

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Strouxi von Louisa Stroux

Ich war acht Jahre alt, als mein Großvater starb. So sind meine Erinnerungen die eines Kindes, sie sind aber darum nicht ­weniger intensiv. Strouxi – so wurde er liebevoll genannt – war so fantasievoll, lustig, laut, wie man sich als Kind den Großvater nur wünschen kann. Er hat jede Erziehungs­regel außer Kraft gesetzt, er hat immer wieder dafür plädiert, sich ausschließlich von Schokolade und Süßigkeiten zu er­ nähren, er hat wunderbare, spannende und spontan erfundene Geschichten beim Mittagessen erzählt – und sein Charme war überwältigend. Ich habe ihn sehr geliebt. Er hat versucht, mir auf humorvolle Art Dinge fürs Leben mitzugeben, mit denen ich in dem Alter nicht viel an­ fangen konnte und die ich erst viel später verstanden habe. So zum Beispiel die Suche nach der Komik und der Leichtigkeit einer Situation statt dem Drama. Oder dass man mit Charme bei seinem Mitmenschen viel mehr erreicht als mit Verletztoder Beleidigtsein. Sätze, die ich mit acht Jahren nicht verstanden habe, die mich dennoch immer begleitet haben und an denen man ein Leben lang arbeiten kann. Außerdem war er der festen Überzeugung, dass ich ­Eisprinzessin werden sollte. Was mich damals sehr belustigte. Als ich auf meinem letzten Besuch vor seinem Tod in Düsseldorf war und ihm auf Drängen meiner Großmutter die Louison aus einer Produktion des Burgtheaters vom „Einge­ bildeten Kranken“ von Molière vorgespielt habe, die ich zu jener Zeit spielte, war er voller Freude. Dann war Strouxi plötzlich fort. Aber mir blieb meine Großmutter an meiner Seite, Eva Maria Stroux, eine inzwischen 97-jährige, wunderbare Frau, zu der über meine Jahre

an den Theatern in NRW eine sehr enge Beziehung gewachsen ist. Ich habe so viele Geschichten aus dem gemeinsamen Leben meiner Großeltern gehört, dass ich oft denke, ich wäre dabeigewesen und würde Strouxi gut kennen. Außerdem bin ich natürlich in meiner beruflichen Laufbahn immer wieder Schauspielern begegnet, die noch mit ­Strouxi gearbeitet haben und die mir mit Begeisterung und leuchtenden Augen – oft auch Strouxi nachahmend, da er einzigartig war in seiner Art, (rheinisch) zu sprechen – vieles erzählt haben. Allen voran natürlich Nicole Heesters, die als junge Schauspielerin am Düsseldorfer Schauspielhaus angefangen hat und dort groß geworden ist. Was ich erfahren habe, ist, dass er ein außergewöhn­ licher, leidenschaftlicher Mensch und Regisseur war. Dass er mit den Schauspielern sehr genau an der Direktheit der Sprache gearbeitet hat, weg vom Pathos. Das sieht man auch noch in alten Aufzeichnungen. Dass er eine große Liebe fürs Theater hatte und darin sehr klar war. Und immer wieder ­seinen Humor, seine Energie, seine Menschenliebe. Dennoch habe ich anlässlich dieses Jubiläums nochmal mit meiner Großmutter gesprochen. Auch sie beschreibt ihn als einen Regisseur, der weg vom Mittelmaß strebte und immer mit einer großen Unbedingtheit und Anspruch das Risiko, die Wahrhaftigkeit und die Zuversicht gesucht hat. Zusammen hatten sie ein sehr durchwachsenes und auf­regendes Leben mit vielen Neuanfängen. Ein zeitweises Berufsverbot in deutschen Großstädten während der Nazizeit, die Suche nach Arbeit. Das Überleben des Zweiten Weltkriegs. Der Wiederaufbau, auch in künstlerischer Hinsicht, nach dem

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Krieg. Die vielen Zwischenstationen in seiner Karriere. Und dann endlich eine künstlerische Heimat in Düsseldorf, die nicht nur sehr erfolgreich war, sondern ihm auch die Möglichkeit gegeben hat, bedeutende Autoren und Schauspieler zu versammeln. So hat er sich bereits nach Kriegsende sehr der inzwischen klassisch gewordenen Moderne gewidmet, unter anderem Eugene O’Neill, Thornton Wilder, Jean Paul Sartre, Jean Anouilh, John Steinbeck. Er hat durch seine berühmte deutsche Erstaufführung von „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett am Berliner Schloßparktheater die deutsche BeckettDiskussion eröffnet, und er hat diese Linie in Düsseldorf ­fortgesetzt. Er hat die Uraufführung von Eugène Ionescos „Die Nashörner“ inszeniert und den Autor durch drei ­weitere Uraufführungen in Deutschland durchgesetzt. Er hatte u. a. persönlichen Kontakt zu Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch, Sławomir Mrożek und hat Stücke von ihnen inszeniert. Weiters hat er viele berühmte Schauspieler engagieren und immer wieder an das Haus binden können, die Liste ist lang, u. a. Werner Krauss, Ernst Deutsch, O. E. Hasse, Ewald Balser, Martin Benrath, Matthias Wiemann, Otto Rouvel, Klaus Maria Brandauer, Attila Hörbinger, Walter Schmidinger, Helmuth Lohner, Käthe Dorsch, Heidemarie Hatheyer, Maria Wimmer, Hermine Körner, Elisabeth Flickenschildt, Libgart Schwarz, Marianne Hoppe, Maria Becker, Eva Böttcher. Und natürlich Nicole Heesters und Wolfgang Reinbacher, die er ­b eide ganz jung engagiert hatte und die beide in Düsseldorf ihre Karriere begonnen hatten. Besonders beeindruckt hat mich immer, dass er ­Elisabeth Bergner zu ihrer ersten Theaterarbeit in Deutschland nach dem Krieg an sein Haus holen konnte. Sie hatte in der Nazizeit Deutschland verlassen müssen. Später kam sie nach Berlin und sah eben jene „Warten auf Godot“-Aufführung, wollte danach unbedingt den Regisseur kennenlernen und daraus entstanden mehrere Zusammenarbeiten mit dieser ­ungewöhnlichen, von mir sehr bewunderten Schauspielerin. Ich habe meine Großmutter gefragt, wie Strouxi diese besonderen Persönlichkeiten alle ausgerechnet in Düsseldorf versammeln konnte. Sie hat nur gelacht und mir gesagt, dass er eben einen großen Ruf in Deutschland hatte. Dass sie ­wussten, dass er ein besonderer Künstler war. Und dass sie mit ihm als Regisseur arbeiten wollten, weil er ein Schauspieler­ regisseur war. Strouxi hat mal gesagt: „Die Aufgabe des Theaters, aufs Einfachste zurückgeführt, sehe ich darin, dem Zuschauer die Grundsituationen, die Grunderschütterungen, die Grundwahr-

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Richard Münch, Karl Heinz Stroux auf der Probe zu „Faust I“, 1971 Karl Heinz Stroux, Wolfgang Arps, Nicole H ­ eesters Otto Rouvel, Karl Heinz Stroux auf der Probe zu „Der seidene Schuh“, 1959 Karl Heinz Stroux, Martin ­Benrath auf der Probe zu „Der zerbrochne Krug“, 1971 Karl Heinz Stroux, Elisabeth Bergner auf der Probe zu „Alle Reichtümer der Welt“, Berlin, 1971 Ernst Deutsch, Karl Heinz Stroux auf der Probe zu „Don Carlos“, 1963

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„Der Meteor“ von Friedrich ­ ürrenmatt, Regie: Andreas D Weißert, 1982, mit: Karl Heinz Stroux „Mephisto“ von Klaus Mann, Regie: Thomas Schulte-­ Michels, 2015, mit: Louisa Stroux

heiten zu vermitteln, wie die Dichtung der Welt sie uns auf­ gezeichnet hat. Für mich sind die dramatische Dichtung und das ­Theater Auseinandersetzung und Gestaltung alles dessen, was dem Menschen überhaupt sichtbar und unsicht­bar, bewusst und ­unbewusst ist.“ Das berührt mich sehr und es hat mich zu der Frage geführt, die mir als Schauspielerin sowieso immer unter den ­Nägeln brennt. Wie macht man das denn? Wie war konkret seine Arbeitsweise? Und wie ist er mit Schauspielern umgegangen? Meine Großmutter war ihm eine wichtige Partnerin und sehr viel auf Proben. Sie meint, dass es keinen besonderen „Stroux-Stil“ gab. Er hat den Autor sehr wichtig genommen und versucht, das freizulegen, was den Autor bewegt hat. Es ging ihm immer um den Menschen mit seinen vielen Schwierigkeiten und Möglichkeiten, Sehnsüchten und Irrungen. Um den Schauspieler bei seinem Weg zu der Rolle zu unterstützen, hat Strouxi sehr konkret versucht zu helfen, hat auch mal Texte vorgemacht und sie nie allein gelassen in ­ihrer Suche oder Phasen des Zweifelns und Haderns. Er hat ­ihnen Mut gemacht und Dinge in ihnen gesehen, dafür gekämpft – und dann auch aus ihnen herausholen können –, die sie sich selbst oft nicht mal zugetraut hatten. Deshalb haben so viele Schauspieler ihn geliebt, weil sie durch ihn erfahren haben, wo ihre ungeahnten Stärken lagen. Durch ihn die Möglichkeit bekamen, sich selbst anders zu begegnen. Er hat immer den Menschen in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt. Gleichzeitig hatte er aber auch ein ausgeprägtes Zah­ len­verständnis bei Planung, Organisation und Durchführung

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eines Spielplanes und führte einen dauernden Kampf gegen Kurzsichtigkeit und Ahnungslosigkeit so mancher Politiker oder ­Meinungsmacher. Kulturpolitik als Machterlebnis von visions­losen Beamten hat ihn immer sehr gekränkt. Da gab es so ­manche Stürme, deren Wogen meine Großmutter wieder glätten musste. Als ich dann vor ein paar Jahren selbst am Düssel­dorfer Schauspielhaus gearbeitet habe, habe ich gespürt, wie viel mir das Haus bedeutet. Dass es Geschichte atmet, auch meine ­Geschichte, und so viele wunderbare Inszenierungen, Schau­ spieler, Stücke hervorgebracht hat. Und da habe ich nochmal verstanden, was mich ohnehin begleitet, seit ich acht Jahre alt war: Wie schade, dass ich nicht mehr Zeit mit ihm hatte, wir alle nicht mehr Zeit mit ihm hatten. Und wie schade, dass ich ihn nie als Theatermenschen kennengelernt habe. Mit einer tiefen Gewissheit, dass ich so viel von ihm ­hätte erfahren können. Meine Großmutter hat mir einen wunderbaren Satz von ihm mitgegeben: Man kann die Welt durch das Theater nicht verändern. Man kann aber das Bewusstsein jedes Einzelnen entscheidend anregen.

Louisa Stroux absolvierte ihre Schauspielausbildung am ­Mozarteum in Salzburg. Sie spielte u. a. an den Münchner Kammer­­spielen, am Maxim Gorki Theater in Berlin, am ­Theater Dortmund, am Schauspiel Bonn, am Schauspielhaus ­Bochum und von 2014 bis 2016 am Düsseldorfer Schauspielhaus.



Der Stapellauf von Hermann Wündrich

In den letzten beiden Jahren seiner Intendanz hielt sich Karl Heinz Stroux drei Äffchen. Eines davon war ich. Wir hockten auf drei Stühlen vor seinem Schreibtisch und warteten, bis er aus dem Ein-Personen-Fahrstuhl stieg, der ihn von der Pfört­ nerloge direkt in sein Büro führte. Er schimpfte über den Fahrstuhl, der extra für ihn, den Generalintendanten, eingebaut worden war. Er wollte ihn nicht, aber benutzte ihn regelmäßig. Er ­mochte einiges nicht an dem Neubau. Eigentlich wollte Stroux einen anderen Architekten. Richard Neutra kam aus den USA und ging mit zwei Assistenten im Schlepptau durch das Alte Schauspielhaus an der Jahnstraße und fragte in jeder Abteilung die Mitarbeiter, was sie für ihre Arbeit für notwendig hielten. Die Assistenten schrieben alles auf. Neutras Entwürfe wurden nicht verwirklicht. Das aktuelle Modell stand im Architekturbüro Pfau, war aber auch schon überholt. Das Gebäude wurde gespiegelt gebaut. Der ursprüngliche preisgekrönte Entwurf war seiten­ verkehrt. Ein paarmal schickte Stroux mich mit großen Papp­ rollen, begleitet von missmutigem Gebrummel, zu Pfaus Büro. Sie enthielten Baupläne, die Stroux zur Kenntnisnahme erhalten hatte. Der Neubau war noch nicht fertig, aber eine ­Probebühne konnte bereits benutzt werden. Hier wurde eine der ­letzten

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Premieren für das Alte Schauspielhaus vorbereitet, „Die ­­Kassette“ von Carl Sternheim. Nach einer Probe standen wir vor dem Bühneneingang auf der Straße – das Ehepaar Krull alias Hannelore Schroth und Theo Lingen, der Fotograf Seidenschnur alias Wolfgang Reinbacher sowie Regisseur Rudolf Noelte und ich, der Regieassistent – und besprachen ein Probenproblem. Da kam Herr Pfau um die Ecke. Er trug eine beeindruckende Krawatte. Sie bestand aus einer Art langem Schnürsenkel, der sich um seinen Hals ringelte. Vor seinem Kehlkopf wurde die Schnur von einem glänzenden, hühnereigroßen Halbedelstein zusammengerafft. Mit großer Geste zeigte Pfau auf die Betonwände hinter sich und rief: „Ich bin der Architekt. Darf ich mich vorstellen. Wie finden Sie das Haus?“ Theo Lingen näselte: „­Viele Bullaugen. Sieht aus wie ein Ozeandampfer. Die Titanic kurz vor dem Eisberg?“ In der Tat ist das Theater bei seiner lang ersehnten Einweihung nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Die Feierlichkeiten drohten im Tumult unterzugehen. Der teure, voluminöse Palast rief Proteste hervor. Er galt vielen als Inbegriff protzender Bürgerlichkeit. Besonders ärgerlich empfunden wurde die ausschließlich vor geladenen Gästen der Düsseldorfer Hautevolee gespielte Eröffnungspremiere des Revolutions­ stückes „Dantons Tod“ des Revolutionärs Georg Büchner. Seine


Günther Beelitz, Pit Kuiper, Peter Weiss, 1970 „Trotzki im Exil“ von Peter Weiss, Regie: Harry Buckwitz, 1970, mit: Richard Münch

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„Dantons Tod“ von Georg Büchner, Regie: Karl Heinz Stroux, 1970, Probe mit: Karl Heinz Stroux, Hans ­Caninenberg „Triumph des Todes“ von Eugène Ionesco, Regie: Karl Heinz Stroux, František Miska, 1970, mit: Christoph ­Hofrichter, Otto Rouvel, ­Wolfgang Grönebaum, ­Veronika Bayer, Hilde Mikulicz, Nicole Heesters, Helmut ­Everke, Bettina Lindtberg, Gunther Malzacher „Dantons Tod“ von Georg Büchner, Regie: Karl Heinz Stroux, 1970, mit: Ensemble

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„Die Bacchantinnen“ von Euripides, Regie: Jean-Pierre Ponnelle, 1970, mit: Ensemble

Parole „Krieg den Palästen“ zitierten die Flugblätter, die von Demonstranten vor dem abgesperrten Theater verteilt wurden. Die Polizei riegelte das Theater derart ab, dass Schauspieler Probleme bekamen, durch den Sperrgürtel zu ihrer Arbeitsstätte zu gelangen. Passierscheine wurden ausgegeben. Gegen Vorlage geleiteten zwei Polizisten in die belagerte Burg. Großes Hallo. Manchem gefiel das so gut, dass er sich mehrmals hin und her führen ließ, zum allgemeinen Gaudi. Stroux versuchte, das von der Politik aufgezwungene ­Eröffnungs-Procedere zu unterlaufen. Er öffnete die ­Türen für eintrittsfreie Aufführungen vor den Premieren. Das ging daneben. Die Protestierer vom Vorplatz saßen nun im

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­ uschauerraum. Wolfgang Reichmann, der Darsteller des Z Danton, unterbrach die Vorstellung und bat die Störer um Ruhe, damit er seine Arbeit als Schauspieler ausüben könne. Es nützte nichts. Trotz Abbruch der Vorstellung blieben die Zuschauer ­sitzen, riefen nach dem Intendanten. Er kam auf die Bühne, wusste angesichts des Geschreis nicht, was tun. Ein Mitarbeiter riet ihm, klassische Musik in den Saal hinein dröhnen zu lassen. Der Saal leerte sich schnell. Bruckner schlug alle in die Flucht. Auch die Uraufführung „Trotzki im Exil“ von Peter Weiss erlitt ein ähnliches Schicksal. Der revolutionär gesinnte Autor diskutierte mit den revolutionär krakeelenden Zuschauern. Sprach von produktivem Widerspruch, wenn bürgerliches Publi-


kum mit Stücken revolutionären Inhalts konfrontiert werde. Das Argument verstand ich halbwegs. Dann aber verhob er sich mit einer kuriosen Interpretation über den subversiven Charakter von Arbeit im Kapitalismus. Das kam nicht an. Das Publikum pfiff ihn aus. Die Eröffnungswoche war über die Bühne gegangen. Stroux zog Resümee. Er fühlte sich missverstanden. War er doch von Politikern, Kritikern, Zuschauern angegriffen worden – auch ganz persönlich. Später erst verstand ich, was er mit dem Paket der fünf Eröffnungsstücke beabsichtigte. Sein Theaterverständnis war geprägt vom Entsetzen über die Nazis und den Krieg. Sein Theater suchte den Ausdruck für einen weltumfassenden, friedliebenden Humanismus. Für ein solch anspruchsvolles Programm kamen für ihn nur literarische Werke infrage – Euripides, Büchner, Böll, Ionesco, Weiss –, möglichst mit einer historischen Dimension. Ein so weit gespannter Anspruch lief freilich Gefahr, auch ins Ungefähre abzudriften. Aber alle fünf Eröffnungsinszenierungen konnten verstanden werden als deutliche Plädoyers für die Freiheit des Individuums gegenüber allen Arten von Gewalt. Genau dies, Gewalt, war Stroux aber wäh­rend der Eröffnung des Schauspielhauses widerfahren. Das Ensemble fremdelte zunächst mit dem neuen Theater, nahm nur langsam Besitz vom Haus. Bei der Aneignung half auch meckern. Eine Kantine ohne Tageslicht? Gut, auch bei Neonlicht kann man Altbier trinken. Stattdessen be­staunte man im Foyer die Glasfront zum Hofgarten. Bewunderte auch die ­imposante Säule, eine hochgelobte Meisterleistung der Baukunst, die den gesamten Zuschauerraum trägt. Weitere ­stützende Säulen drumherum? Wenn sie nötig sind. Toll die breiten Gänge vor den Bühnen-Garderoben, diese selbst aber fand man reichlich eng. Warum waren die Wände im Kleinen Haus rundum weiß gestrichen? Ein heller Zuschauerraum eignet sich doch schlecht fürs Theaterspielen. Sobald man durfte, strichen die Bühnenarbeiter die Wände dunkelgrau. Anfangs störten sich Großes und Kleines Haus, wenn es auf beiden Bühnen zu laut herging. Abdichtungen wurden ausprobiert. Man munkelte, die Theaterkasse sei vergessen worden. Wie ließe sich der kleine Anbau sonst erklären, der aus dem großzügigen, eleganten Schwung des Gebäudes herauswuchs. Auch der große Zuschauerraum wollte erobert sein. Demokratisch ohne Ränge und Logen gebaut, so die Idee, waren die hinteren Reihen folglich arg weit weg von der Bühne. Man probierte entsprechende Spielweisen. Mit der Zeit fand man sich zurecht. Mit dem Umzug ins neue Theater wusste Stroux bereits, dass ihm nur noch zwei Spielzeiten bleiben sollten, um seine Pläne weiter zu verfolgen. Ein Neubeginn mit einem Ende in Sichtweite – Stadt und Land wollten es so. Er wusste auch, dass

ihm bei seiner Verabschiedung drohte, wie in Düsseldorf bei ­solchen Anlässen üblich, einen Jan Wellem aus Porzellan überreicht zu bekommen. „Wenn die mir so ein Ding geben“, grummelte er, „dann lass ich das fallen!“ Stroux trat 1972 ab und mit ihm gingen auch die drei Äffchen alias seine Referenten bzw. Assistenten ihrer Wege. Einer wurde ein erfolgreicher Regisseur, einer Direktor an einem ­großen Festspielhaus und einer schreibt fünfzig Jahre später diesen Artikel für die Festschrift.

Hermann Wündrich, geboren 1943 bei Dresden, studierte Germanistik, Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft und Philosophie in Köln. Er war Dramaturg am Düsseldorfer Schauspielhaus, am Staatstheater Wiesbaden, an den Wuppertaler Bühnen, am Schauspiel Köln, am Staatstheater Kassel, am Schauspiel Bonn und am Berliner Ensemble. Außerdem war er Lektor im Verlag der Autoren in Frankfurt am Main und hatte Lehraufträge an den Universi­ täten in Frankfurt, Kassel und Bonn.

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Aus Lunas Lüften Marianne Hoika gehörte 47 Jahre lang zum Düsseldorfer Ensemble Ein Porträt von Andreas Wilink

Zwei Bilder, zwei Szenen: Eine junge Frau, elegant, selbstsicher, ein wenig von oben herab, tanzt Tango mit einem Herrn, als sei sie eine „Dollarprinzessin“ und nicht in Brechts „Dreigroschenoper“; dann dieselbe junge Frau im weißen Hemd mit geschnürtem Korsett, auf einem Schemel sitzend, die Beine gespreizt und die Hände im Schoß zusammengelegt, die klar, stolz und ohne Bangen auf den Mann neben sich schaut, auf Franz ­Woyzeck. Mit einem Blick, den man vor Gericht stellen müsste, wie es in Lessings „Emilia Galotti“ heißt, und für den Georg Büchners Marie dann Freispruch erhalten würde. Beide Male sehen wir Marianne Hoika Mitte der siebziger Jahre am Düsseldorfer Schauspielhaus. Für die Büchner-Rolle bekam sie den Förderpreis der Landeshauptstadt. Die mädchenhaft Jung-Gebliebene, die mit ihrer melo­ diösen Stimme gurrt, die scheu – und am liebsten unsichtbar sein wollend – durch Alltage und deren Misslichkeiten huscht, die sich mit malerischem Kopfputz schmückt, die Seelenvolle, die Beseelte. Und die Treue. Zwischen dem Menschen Marianne Hoika und der Künstlerin, die nach ihrer Ausbildung am privaten Schauspiel-Studio von Hermann Kurtenbach (ebenfalls in Düsseldorf) im März 1969 ans Düsseldorfer Schauspielhaus kam

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und zu diesem Theater 47 ununterbrochene Jahre lang gehörte, ließ sich einerseits immer leicht trennen. Denn die sich selbst zurücknehmende private Person und die Bühnenerscheinung, die als Titania / Hippolyta im „Sommernachtstraum“ (einmal bei Johannes Schaaf, einmal bei David Mouchtar-Samorai) oder als Molières Célimène (Michael Degen) Diven-Flair wie ein Parfüm von Dior versprühte, schienen miteinander kaum Gemeinsames zu haben. Die emotionale Wärme und Weichheit jedoch und das befremdet in die Welt Blicken, in der sie nie ganz heimisch zu sein scheint, verbinden die beiden auseinanderstrebenden Teile ihrer Persönlichkeit. Als sie für Dimiter Gotscheff „Die schöne Fremde“ von Klaus Pohl spielte, wurde dieses Doppelbild anschaulich: Denn Margret ist auch die Traumatisierte, die es nach Finsterwalde Deutschland verschlägt mit seiner bis ins Heute verlän­gerten Vergangenheit. Das Kind Marianne aus Gladbeck, das viel las und beim Gedichtwettbewerb einer Zeitung den ersten Preis gewann, kletterte im häuslichen Garten auf einen Pfirsichbaum und lugte über den Zaun hin zur Hinterseite des Metropol-Licht­spiel­ theaters, das auch Gastspielen die Bühne bot. So sah sie die


„Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht, Regie: Hansjörg Utzerath, 1975, mit: Ensemble, Jenny Lattermann, Marianne Hoika, Wolfgang Pampel „Woyzeck“ von Georg ­Büchner, Regie: Wolf ­Seesemann, 1974, mit: ­Wolfgang Reinbacher, ­ Marianne Hoika

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„Judith“ von Friedrich Hebbel, Regie: Wolfgang Maria Bauer, 1996, mit: Marianne Hoika „Leonce und Lena“ von Georg Büchner, Regie: Luc Bondy, 1972, mit: Bernd ­Heinzelmann, Marianne Hoika „Die schöne Fremde“ von Klaus Pohl, Regie: Dimiter Gotscheff, 1992, mit: Marianne Hoika

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Schauspieler, „die Dinge sprachen, die ich nie gehört hatte“, gewissermaßen hinter den Kulissen – aus der Perspektive des Intimen. Für ihr Erstengagement hatte sie in Kleve, Krefeld und Wuppertal (dort fand man die Debütantin schon „zu reif“) vorgesprochen, hatte noch in Dortmund, obwohl sie dorthin zwei Kommilitonen nur begleitete, Günther Beelitz kennengelernt, war für ein Jahr ans Schauspiel Köln gegangen, um dann – naheliegend und an bevorzugter Adresse – von Karl Heinz Stroux ins Ensemble genommen zu werden. Unruhige Zeiten. Marianne Hoika erinnert sich, wie Peter Weiss während der Vorstellung von „Trotzki im Exil“ stürmende Studenten als „Genossen, Genossen“ beruhigte und sie bat, die Aufführung zu Ende bringen zu dürfen, um danach zu dis­ku­tieren. „Ob sie anschließend was geklärt oder ob sie nichts geklärt haben, weiß ich nicht.“ Der Uraufführungs-­ Regisseur des „Trotzki“, Harry Buckwitz, habe sie nach Basel holen ­wollen; Hansgünther Heyme (mit ihm hatte sie „Toller“ ­gemacht) warb um sie für Köln, Roberto Ciulli für sein Theater an der Ruhr, Zürich und das Schauspielhaus Hamburg fragten an. Aber die Bindungen hier, zuvörderst Tochter Nicole Viola, seien stärker gewesen.

Marianne Hoika erinnerte mich die Jahre hindurch entlang von acht Intendanten oft an Rilkes Eurydike in seinem gleich­ namigen Gedicht, die ein Händedruck schon zu kränken vermochte „wie zu sehr Vertraulichkeit“. So geschah es auch ihrer Todesbraut Alkestis, die Roberto Ciulli 1979 inszenierte und der sie sich zart wie getuscht hingab. Im Reigen der (widerstands­ fähigeren) Kolleginnen Manuela Alphons, Veronika Bayer, Eva Böttcher, Anke Hartwig, Elisabeth Krejcir, Petra Redinger, Eva Schuckardt, Henriette Thimig, Hanna Seiffert – mit der Freundin Hanna teilte sie im Kleinen Haus Garderobe 13, die entsprechend als „lustige 13“ firmierte – schien sie wie von einem anderen Stern. Manche Regisseure erkannten ihre lunaeske Herkunft und haben ihr Luft und Raum gegeben. Sie nennt zunächst Wolf Seesemann, Hansjörg Utzerath und Erik Vos, auch B. ­K. ­Tragelehn und Peter Palitzsch. Spricht liebevoll amüsiert von dem damals schon federleicht und hauchfein inszenierenden Luc Bondy, dessen Rosetta in „Leonce und Lena“ sie war: „Je öfter ich bei den Proben über die Bühne irrwischte, desto mehr drehte er seine Locken über den Ohren.“ Und sie zi­tiert aus der Rolle: „O meine müden Füße, ihr müßt tanzen in bunten Schuhen“. Sie erwähnt David Mouchtar-Samorai, der während der Ära Canaris eine der Handvoll Arbeits-„­Familien“ bildete, neben der von Herbert König, Dimiter ­Gotscheff, der Hoika auch in Tschechows „Kirschgarten“ als sich in zwang­haften „Arbeits“-Mechanismen wund scheuernde Varja ­b esetzte, der von Werner Schroeter und später derjenigen von Karin Beier. Mouchtar entwarf in dieser seiner starken Düsseldorfer ­Phase scharfkantige Traumbilder und malerisch präzise Traum­­ spiele – bei Canetti, Gorki, Ibsen, Strindberg, Shakespeare und Pirandello. Was für seine Aufführungen galt, dass es nur eine begrenzte Auswahl an Mustern, aber zahllose Variationen gibt, gilt auch für Hoika. Noch in einer verunglückten Inszenierung wie Hebbels „Judith“ aus dem ersten Jahr der Badora-Intendanz konnte sie wiederum aus ihrem Doppelbild Würde beziehen und in das Profil der Mörderin des geliebten Feindmannes das Versehrte wie das Verschlingende einzeichnen. Das Zwiespältige stand ihr: in Joshua Sobols „Weiningers Nacht“ als Doppelgänger neben Ulrich Matthes, als „Gretchen“ in weißem Reifrock und zugleich „Frau Tod“ mit drapierter roter Schleppe in Taboris „Mein Kampf“ (Kazuko Watanabe). Seltsamerweise hat Hoika nur einmal mit Schroeter („Worte Gottes“) gearbeitet, dessen Werk ein imaginäres Sehnsuchtsland aufrief und das Scheitern bei der Suche nach diesem utopischen Ort inszenierte. Sie war ihm sehr verbunden,

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wusste ihn, wenn es sein musste, auch mal resolut zu packen. Verbunden auch durch die Begegnung mit dem Tod. Während der ­grassierenden Aids-Epidemie um 1990 starben drei junge ­Kollegen – Marcelo Uriona, Arpád Kraupa, Jens Berthold –, für die Marianne Hoika während deren Krankseins Freundesdienste leistete. Der stilbewusste, begabte Patrick Schlösser, der unter Badoras Intendanz als Regisseur am Gustaf-Gründgens-Platz debütierte, spürte Hoikas blühendem Geheimnis nach, gestattete ihr in Theresia Walsers preisgekrönter Altenheim-Farce „King Kongs Töchter“ zerrüttete Koketterie, mischte den Glamour mit Soul und fand, auch mit und dank ihr, in Goldonis „Impresario von Smyrna“ im Schäbigen den Widerschein des Schönen. Wo Schlösser den pursuit of happiness durchtrennte, ließ ihm Wolfgang Engel ein paar Jahre später in Goldonis „Trilogie der schönen Ferienzeit“ eher freien Lauf. Heimisch fühlte sich Marianne Hoika in der englisch­ sprachigen Dramatik, ihren präzisen Soziogrammen, dem herben British New Wave, schon als sie 1986 in Shelagh ­Delaneys „Bitterer Honig“ dabei war und als Nelly Mann in Christopher Hamptons „Geschichten aus Hollywood“ (Palitzsch) von Theater heute mit einer Nominierung als „Schauspielerin des Jahres“ bedacht wurde. Ebenso dann auch in Stücken und „After-Plays“

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(Anne Meara) jener Autoren, die um 1990 / 2000 von der Insel her unsere Bühnen und „Baracken“ enterten. Nun, eine Generation weiter, wechselte Hoika in ein Charakterfach, in der das Komische mit der Kataststrophe flirtet, das Soziale sich am Bürgerlichen, das Mondäne sich am Skurrilen und Bizarren reibt, das Alter den Süßen Vogel Jugend noch nicht zum Verstummen gebracht hat, das Rebellische der Etikette und Konvention in die Parade fährt. Hoikas namensverwandte Kollegin ­Marianne Hoppe nannte solche Figuren in eleganter Umschreibung „meine Knacksdamen“. Wir hörten in ihnen den Sprung, durch den etwas im Innern entzweibricht. Dieser Beschädigung, die der Einschreibung ins Menschliche gleichkommt, hat Marianne Hoika Ausdruck und Gestalt zu geben gewusst.

Andreas Wilink, geboren 1957, ist Kulturjournalist und Theaterund Filmkritiker. Er war Redakteur der Westdeutschen Zeitung, leitete das NRW-Magazin k.west und schrieb bzw. schreibt u. a. für WDR, Deutschlandfunk, nachtkritik und Theater heute. Für die Berliner Festspiele hat er als Juror sechs Jahre lang die Auswahl des Berliner Theatertreffens mitbestimmt.


„Alkestis“ von Euripides, Regie: Roberto Ciulli, 1979, mit: Marianne Hoika, Stella Avni, Fritz Schediwy, Reinhart Firchow, Ensemble „Geschichten aus Hollywood“ von Christopher Hampton, Regie: Peter Palitzsch, 1983, mit: Marianne Hoika „Der Impresario von Smyrna“ von Carlo Goldoni, Regie: Patrick Schlösser, 2003, mit: Alexander Ebeert, Marianne Hoika, Steffi Krautz, Michael Fuchs, Jan-Peter Kampwirth, Lisa Hagmeister

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„Die Schlacht“ von Heiner Müller, Regie: B. K. Tragelehn, 1982, mit: Ensemble

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Und das in Düsseldorf! B. K. Tragelehn im ­Gespräch mit Holger Teschke

Holger Teschke: Als du nach Düsseldorf kamst, waren die Kämpfe um das neue Schauspielhaus von Bernhard Pfau vor und nach der Eröffnung mit „Dantons Tod“ und die Krawalle gegen die „elitäre Kunst-Burg“ schon lange vorbei. War dort 1982 noch politisches Theater gefragt? B. K. Tragelehn: Das neue Schauspielhaus in Düsseldorf war ein sozial-demokratischer Entwurf nach der verlogenen Prämisse: „Kunst kennt keine Ränge.“ Der Architekt interessierte sich scheinbar nicht für den Theaterraum, sondern nur für die Außenfront. Als ich mit Götz Loepelmann zum ersten Mal über den Gustaf-Gründgens-Platz auf diese blendend weiße Fassade zuging, berlinerte der: „Sieht aus wie ’ne uffjewickelte Klopapierrolle.“ Aber die Veränderungen, die das westdeutsche Theater vor und nach 1968 erfahren hatte, waren auch an Düsseldorf nicht spurlos vorübergegangen. Die Impulse, die von Bremen unter der Intendanz von Hübner ausgegangen waren und die zur Gründung der Schaubühne in Berlin und den Mitbestimmungsmodellen in Stuttgart und Frankfurt geführt hatten,

spielten auch in der Intendanz von Günther Beelitz noch eine Rolle, als ich 1982 nach Düsseldorf kam. Hingeholt hatte mich sein Chefdramaturg Michael Huthmann, der schon Dramaturg bei Palitzsch in Frankfurt war und den ich von dort kannte. Für mich gab es damals keine Verständigungsschwierigkeiten mit den Schauspielern, die waren politisch sehr interessiert und engagiert, auch für Stücke aus der DDR. Auf der anderen Seite war die Mitbestimmung wie in Frankfurt schon wieder abgeschafft worden. Das passierte dort unter Herrn Wallmann von der CDU als Oberbürgermeister und schon damals hat dabei auch sein Büroleiter, Herr Gauland, eine wichtige Rolle gespielt. Die „politisch-moralische Wende“ von Herrn Kohl hatte natürlich auch Auswirkungen auf das Theater. Die Aufbruchzeit von 1968 war zu Ende und es wurde wieder auf deutsche Werte ­ und Tugenden gesetzt. Ich habe in Düsseldorf 1982 im Kleinen Haus deshalb zuerst Heiner Müllers „Schlacht“ inszeniert, die wurde dann zum Theatertreffen eingeladen und das Haus wurde Theater des

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sie für die jeweilige Szene brauchten. Bei „Macbeth“ gab es eine Grube, da saßen die Zuschauer auf Tribünen und schauten auf das Schlachten herab. Der Raum erlaubte eine absolute Konzentration auf das Stück und auf die Schauspieler. Hast du dafür die Entwürfe genutzt, die du 1975 mit Schleef fürs Berliner Ensemble vorbereitet hattest? Nur den Gedanken der Arena, um die das Publikum sitzt. Wir wollten „Macbeth“ damals ja im alten Friedrichstadtpalast machen, dem ehemaligen Zirkus Schumann, den Poelzig für ­Reinhardt zum Großen Schauspielhaus umgebaut hatte. In diesem riesigen Haus hätten die Zuschauer auch von oben herab auf das Geschehen sehen können, aber daraus ist ja nichts mehr geworden. Für das Große Haus in Düsseldorf habe ich mich dann für Molières „Don Juan“ entschieden, in der Übersetzung von Besson und Müller, wieder mit Peter Brombacher in der ­Titelrolle und mit Winfried Glatzeder als Sganarelle. Der war auch sehr gut und verstand das Dunkle, die böse Energie von Molière. Wir hatten damals die Inszenierung von Besson aus Genf in Namur gesehen, die sehr leicht und schnell war, der aber dieser böse Grundton fehlte. Den wollte ich aber für Düsseldorf haben und Brombacher und Glatzeder verstanden das sehr gut. Jahres. Es war also ein erfolgreicher Anfang und so konnte ich 1983 „Macbeth“ nach Shakespeare von Müller machen, wieder am Kleinen Haus, mit Peter Brombacher als Macbeth und Christine Scherer als Lady Macbeth. Danach habe ich dann erst mal wieder in München unter Baumbauer gearbeitet. Ich habe Brombacher von Düsseldorf mitgenommen, für „Philoktet“ 1984 und für „Hamlet“ 1985. Dann übernahm Volker Canaris die Intendanz in Düsseldorf und wieder kam Huthmann und fragte, ob ich nicht wieder dort arbeiten wollte. „Schlacht“ und „Macbeth“ spielten beide im Kleinen Haus? Ja, das gefiel mir wesentlich besser als dieses Breitwandkino. Das Kleine Haus an der Hinterseite zum Hofgarten hatte Pfau nicht interessiert und war vom Technischen Direktor Herrn Ehle eingerichtet worden, den Gründgens vom Schauspielhaus am Gendarmenmarkt mitgebracht hatte, ein sehr guter Mann. Ich habe mit Götz Loepelmann und Kazuko Watanabe als Bühnenund Kostümbildner zusammengearbeitet und im Grunde genommen sind wir nach unseren gemeinsamen Gesprächen immer auf eine fast leere Bühne gekommen. Bei „Schlacht“ gab es so einen Berg von Requisiten, die Reste von zwölf Jahren des ­Tausendjährigen Reichs: Waffen, Helme, Fahnen, Volksempfänger und Kochgeschirre. Da holten sich die Schauspieler, was

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Dann kam Shakespeares „Sturm“, das war schon ein Abschiedsstück? Das habe ich damals gar nicht gemerkt, aber Wolfgang Storch, der die Premiere gesehen hatte, sagte zu mir: „Man merkt, du willst zurück nach Mailand.“ Das hat mich ziemlich verblüfft, denn man ist sich solcher Intentionen ja meist selber gar nicht bewusst. Ich habe damals ein Gedicht zum „Sturm“ geschrieben, da kommt die Zeile vor: „Ein Stein am Rand der See der Alte ich / Verzweiflung ist mein Ende und der Himmel / Zur Abfahrt der zur Ankunft weinte lacht / Von Wurzellauf und Wassergang durchwacht / Auflösung Zielort wer weiß wohl was wird.“ Der Zielort war schon Berlin, aber was dann kommen sollte, wusste damals noch keiner. Deine letzte Inszenierung war „Verkommenes Ufer“, wieder von Müller und wieder im Kleinen Haus, Premiere war im Juni 1989. Wie kam es dazu? Ich war bei Volker Canaris Schauspieldirektor und musste mich auch um die anderen Produktionen kümmern. Da hatte ich ­Werner Schroeter geholt, der die „Medea“ von Hans Henny Jahnn im Großen Haus machte. Müllers „Verkommenes Ufer“ war das Gegenstück dazu, mit Barbara Nüsse als Medea und Peter Lohmeyer als Jason, die in beiden Stücken spielten. Für


„Macbeth nach Shakespeare“ von Heiner Müller, Regie: B. K. Tragelehn, 1983, mit: Peter Brombacher „Don Juan oder Der steinerne Gast“ von Molière, Regie: B. K. Tragelehn, 1988, mit: Winfried Glatzeder, Wolfgang Haubner, Peter Brombacher

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„Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten“ von Heiner Müller, Regie: B. K. Tragelehn, 1989, mit: Barbara Nüsse „Der Sturm“ von William Shakespeare, Regie: B. K. Tragelehn, 1988, mit: Peter Kremer, Susanne Seidler

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Die Zuschauerinnen sahen ihre eigenen Porträts brennen. Für den Kindermord gab es zwei anatomische Puppen, aus denen holte die Nüsse Herz, Leber und Lungen heraus und ordnete sie wie Ornamente um die Körper an. Dazu spielte Mozarts „Maurische Trauermusik“ in einer Bearbeitung von Friedrich Goldmann, ein langsames Ritual statt einer Rache-Orgie. So konnten wir mit Müllers Stück den Urgrund der antiken Tragö­ die zeigen: den Untergang des Matriarchats und die Folgen. Fourier sagt, der Grad der weiblichen Emanzipation ist das Maß der allgemeinen Emanzipation einer Gesellschaft, Marx hat diesen Gedanken später aufgegriffen. Und das in Düsseldorf! Premiere war im Juni 1989, im Oktober warst du schon wieder in Berlin. Warum? Ich habe im Frühjahr jeden Tag im Fernsehen gesehen, was sich da in der DDR anbahnte. Und ich dachte: ein Neuanfang ohne mich? (lacht) Da habe ich meinen Vertrag bei Canaris aufgelöst und stand am 15. Oktober mit meinen Möbeln und meinen Büchern in einem Auto am Grenzübergang in der HeinrichHeine-Straße. Der Major traute seinen Augen kaum: Da will einer von West nach Ost umziehen? Die Meisten wollten ja in die andere Richtung. Dann saß ich mit Heiner Müller auf seinem Balkon in Friedrichsfelde und er sagte: „Wenn die BRD jetzt happs macht, dann ist die DDR weg.“ Ein paar Monate später machte die Bundesrepublik happs und dann kam die Vergan­genheit zurück, also das, was Müller in den späten Stücken als ­seinen Alptraum beschrieben hat. In einem ­Gespräch in Düsseldorf hatte er mal gesagt: „Wenn du die Königsallee runtergehst und siehst dort Tausende von Spitzenschlüpfern in Pink, das schreit doch nur noch nach Vernichtung.“ Jetzt liegen die ­Spitzenschlüpfer auch im Prenzlauer Berg.

Müllers Triptychon hatte ich die Zuschauer nach Geschlechtern aufgeteilt, das heißt, es gab eine Frauen- und eine Männer­ tribüne und die saßen sich gegenüber und wurden zum Chor, während die Nüsse die Chorführerin der Frauen und Lohmeyer der Chorführer der Männer war. Der Text stand im Programmheft und zuerst begann das nur sehr zaghaft, steigerte sich aber dann zu ganz lebhaften Chören. Für die Verbrennungsszene von Kreusa im Nesselhemd, dem Brautgeschenk Medeas, hat die Nüsse die Frauen mit einer Polaroidkamera fotografiert, aus den Bildern ein Kartenhaus gebaut und das wurde dann auf offener Bühne verbrannt.

B. K. Tragelehn, geboren 1936 in Dresden, ist Regisseur, Übersetzer und Autor. Holger Teschke, geboren 1958 in Bergen / Rügen, ist Regisseur, Übersetzer und Autor.

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„Heinrich oder Die Schmerzen der Phantasie“ von Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler, Regie: Volker Hesse, 1985, mit: Ensemble

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Neue Welt von Volker Hesse

Als ich 1979 zum ersten Mal im Düsseldorfer Schauspielhaus inszenierte – Thomas Bernhards „Kant“ –, war das für mich ein Schritt in eine neue Welt. Ich hatte in Wien und in der Schweiz in Freien Gruppen mein Profil als Regisseur zu finden versucht, erste Inszenierungen an Stadttheatern wie Trier oder Bern hatte ich trägen Betrieben abgetrotzt. In Düsseldorf inszenierten plötzlich neben mir große Regiekünstler. Im Probenraum nebenan arbeitete der von mir hochverehrte Prager Meister Otomar Krejča, der brillant-intellektuelle Brechterbe Peter Palitzsch, der mit Strukturen und Arbeitsmethoden radikal experimentie­ rende Roberto Ciulli, der gnadenlos seine geschlossene Welt verwirklichende Rudolf Noelte … Auch der Düsseldorfer Großbetrieb hatte unkünstlerische Routineseiten, ließ manchen Traum in Dispositionsproblemen und Abstecherbanalitäten untergehen. Aber das Haus wurde doch getrieben von brennenden inhaltlichen Auseinandersetzun­gen, von Künstlern, die mit großer Kraft an ihren Visionen arbeiteten. Es gab sehr gute Schauspieler und Schauspielerinnen – freche, junge, wilde – frisch aus den Schulen. Und sehr erfah­ rene, gestandene. Für mich war die Begegnung mit sogenannten Stroux-Schauspielern ein großer Gewinn. Wolfi Reinbacher, Eva Böttcher, Wolfgang Arps, Edgar Walther verfügten über ein ­Wirkungsbewusstsein und eine Sprachkultur, die hohe Maßstäbe setzte, gleichzeitig war es möglich, sie in politische und körpersprachliche Formen zu führen, die neu für sie waren.

Und es gab ein waches, diskussionsfreudiges, das Theater liebendes Publikum. Mir gelangen in Düsseldorf einige Inszenierungen, die Stadtgespräch wurden: „Der Reigen“ von Arthur Schnitzler, „Nicht Fisch nicht Fleisch“ von Franz Xaver ­Kroetz, „Heinrich oder die Schmerzen der Phantasie“ von Tankred Dorst / Ursula Ehler und der vielerorts gezeigte, viel verehrte „Professor Bernhardi“ von Arthur Schnitzler. Im Pfau-Bau gab es eine vitale Grundspannung, nach der ich mich später zurückgesehnt habe. Weder das Residenztheater in München noch die großen Theater in Bonn, Köln oder Basel hatten eine solche Kraftmischung. Viele wichtige starke Aufführungen haben in Düsseldorf stattgefunden. Die sind im kollektiven Gedächtnis der Stadt nicht völlig verschwunden, auch wenn es zuweilen kraftlosere Phasen gegeben haben soll.

Volker Hesse war von 1979 bis 1985 Mitglied des Leitungsteams des Düsseldorfer Schauspielhauses. Er leitete das Theater am Neumarkt in Zürich (gemeinsam mit Stephan Müller) und von 2001 bis 2006 das Maxim Gorki Theater in Berlin. Mehrere seiner Inszenierungen wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen. 2016 gestaltete er die Eröffnung des Gotthard-Basis-Tunnels mit über 500 Mitwirkenden.

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„Immanuel Kant“ von Thomas Bernhard, Regie: Volker Hesse, 1978, mit: Joana Maria Gorvin, Helmut Everke, Karlheinz Böhm, Rudolf Brand „Der Reigen“ von Arthur Schnitzler, Regie: Volker Hesse, 1982, mit: Raidar Müller-Elmau, Christiane Gött „Professor Bernhardi“ von Arthur Schnitzler, Regie: Volker Hesse, 1985, mit: Antonia Gottwald, Klaus Herm, Wolfgang Hinze, Walter Spiske, Beat Knoll, Matthias Friedrich, Ulrich Matthes

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Zeit in der Zelle Roberto Ciulli und Helmut Schäfer im Gespräch mit Dorothea Marcus über die Anfänge des Theaters an der Ruhr am Düsseldorfer Schauspielhaus

Dorothea Marcus: Sie waren von 1979 bis 1981 Hausregisseur und -dramaturg am Schauspielhaus Düsseldorf. Welche ­Erinnerungen haben Sie? Helmut Schäfer: Die Premiere des „Dekameron“ von Boccaccio 1981 war heftig. Das hatte sehr viel zu tun mit der katholischen Kirche in Düsseldorf. Gralf-Edzard Habben hatte eine entweihte Kirche als Bühnenbild gebaut. Das Material, das wir aus dem „Dekameron“ verwendeten, bezog sich auf ein Spiel mit Sexua­ lität. Aber wir haben nicht Nacktheit, sondern erotische Vor­ gänge zwischen Menschen gezeigt. Was passierte, war nicht zu sehen. Oft ist das Unsichtbare in der Vorstellung ja viel sicht­ barer. Das in einer Kirche zu etablieren, war der eigent­liche Skandal. Heute wäre das unvorstellbar. Roberto Ciulli: Ich beurteile diesen Skandal eher als Unfall, der zu tun hat mit dieser Stadt und ihrer Beziehung zum ­Theater. Also, frei nach Lorca: Jede Stadt hat das Theater, das sie v ­ erdient. Eigentlich war es eine Provinzposse. Als Grund wurde Blasphemie genannt. Aber ich erinnere positiv, wie sich Beelitz, damals Intendant, sich hinter die Aufführung ­stellte,

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gegen die Aufregung des Kulturdezernenten der Stadt und des Kirchendekans. Aber das „Dekameron“ hat nicht nur die Katholiken, sondern auch Tierschützer aufgeregt, weil wir einem lebendigen Schwein eine Rolle gaben. Wie ist die Aufregung hochgekocht? Roberto Ciulli: Aus dem Haus wurden vor der Premiere anonyme Briefe an die Bild geschrieben: „Ciulli und Schäfer betreiben Blasphemie – es wird auf dem Altar Striptease gemacht.“ Aber ich kenne natürlich genau die Grenze zwischen Blasphemie und dem, was auf einer Bühne möglich ist. Der Kulturdezernent sah eine Probe und bat um Änderungen, auf die wir uns nicht einließen. Nach der Premiere sprach sich dann der Dekan gegen die Aufführung aus und es kamen erste Abonnentenkündi­ gungen. In der ersten Woche war das zu ertragen. Aber dann wurden es in der dritten Woche bedrohlich viele und die Inszenierung wurde abgesetzt. Helmut Schäfer: Aber da hatten wir schon fünf Vorstellungen gespielt.


„Das Dekameron“ von Roberto Ciulli / Helmut Schäfer nach ­Boccaccio, Regie: Roberto ­Ciulli, 1980, mit: Wolf Aniol, Charlotte Schwab

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„Alkestis“ von Euripides, Regie: Roberto Ciulli, 1979, mit: Ensemble, Marianne Hoika „Der Zyklop“ von Euripides, Regie: Roberto Ciulli, 1979, mit: Manuela Alphons, Fritz ­Schediwy, Ensemble S. 211 „Die Wupper. Eine Performance“ von Else ­Lasker-Schüler, Regie: ­Roberto Ciulli, 2016, mit: Katrin ­Hauptmann, Roberto Ciulli

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Roberto Ciulli: Ende gut, alles gut. Bereits bevor wir nach ­Düsseldorf kamen, hatten wir vor, das Projekt Theater an der Ruhr zu realisieren. Am Anfang unserer Düsseldorfer Zeit waren wir schon beim BITEF in Belgrad gewesen, das damals wichtigste Theaterfestival der Welt, und hatten dort unsere großen Erfolge mit „Zyklop“ und „Alkestis“ gefeiert. Ich entschied mich nach der Erfahrung mit dem „Dekameron“ in Düsseldorf, einen „Decameron81“ in Belgrad zu inszenieren. Dadurch bin ich mit Gordana Kosanović zusammengekommen. Ob Skandal oder nicht – ich verdanke dieser Inszenierung viel. Inwiefern verlaufen heute die Grenzen der Skandalisierung anders als damals? Helmut Schäfer: Die Skandale im Theater entstehen heute eher da, wo man sich Zeit lässt, wo man die Beschleunigung anhält. Vor vierzig Jahren entzündeten sie sich an sogenannten Mo­ralfragen, während man sich kaum mit den eigentlichen ethischen Fragen auseinandersetzte. Und wenn man gegen die Dogmen verstieß, etwa dass sich jemand in einer Bühnenkirche in einem Weihbecken wusch, war das skandalträchtig. Das ist das große Problem der katholischen Kirche, dass sie ohne Dogmen nicht auskommt – sie verlöre ihre Substanz, wenn sie sie aufgäbe. Roberto Ciulli: Für mich war „Dekameron“ nicht unsere beste Inszenierung. Wesentlicher aus dieser Zeit ist die „Alkestis“, sie ist zentral für unsere Arbeit, ein Symbol eines künsterischen Anfangs. Es war der Moment, als wir anfingen, mit Textmaterial zu arbeiten, zu forschen, uns künstlerisch frei­zumachen. „Alkestis“ war eine neue Art zu arbeiten: eine Stückentwicklung mit dem Ensemble. Die Inszenierung wurde gefeiert beim BITEF. Das Publikum lag uns zu Füßen, sie haben geweint … Gordana Kosanović erzählte mir, wie sie nach der Vorstellung zu ihrem Mann sagte: „Ab jetzt arbeite ich nur noch mit diesem Regisseur. Sonst will ich nie mehr Theater spielen.“ Ist Freiheit, wie sie Beelitz ermöglichte, auf Dauer machbar an einem großen Haus wie Düsseldorf? Gab es nicht auch Gegenwind? Helmut Schäfer: Es gab Proteste von der Gewerkschaft. Diejenigen, die bei „Dekameron“ Dinge an die Bild weitergegeben ­hatten, waren Funktionsträger der Gewerkschaften. Es gab ­eindeutig Gegenwind gegen unsere Art, Theater wichtig zu nehmen als Kunstform. Das läuft dem Betrieb zuwider, der die Tendenz hat, die künstlerische Arbeit auf die Ebene der sogenannten Normalität hin zu marginalisieren. Das System der Schichten, geregelt über Tarifverträge, ist zentral für viele

Mitglieder eines solchen Hauses – die Kunst ist da nur so etwas wie ein Wurmfortsatz des Apparats. Das war auch für Beelitz schwierig. Er stand komplett hinter uns, musste aber den Spagat des Ausgleichens übernehmen. Das hat er auch wirklich versucht. Er hätte es gerne gesehen, wenn wir länger in Düsseldorf geblieben wären. Roberto Ciulli: Obwohl Beelitz uns ganz offen ein Theater im Theater angeboten hat, habe ich in Düsseldorf letztlich erkannt, dass genau das, was wir vorhatten, unmöglich innerhalb eines Stadttheaters zu realisieren ist. Deswegen fiel die Entscheidung für einen neuen Weg. Was genau ist in der täglichen Arbeit zusammengestoßen? Helmut Schäfer: Zum Ende der „Alkestis“-Proben hatten wir etwa den Wunsch, am Sonntag zu probieren. Das kam auch von den Schauspielern. Das ist gegen den normalen Verkehr gelaufen, als würde man im Linksverkehr rechts fahren wollen. Wir hätten noch nicht einmal Techniker gebraucht, es hätte keine Minute Arbeit verursacht – aber wir haben den Schlüssel für den Probenraum nicht erhalten. Mit Rigidität wurde auf Arbeitsvereinbarungen gepocht. Bis heute scheinen sie wichtiger als die Kunst. Das ist das immer gleiche Erleben zu jener Zeit in diesen Häusern gewesen. Aber es ist ja schon vierzig Jahre her. Hat sich die Flexibilität der Stadttheater heute geändert? Helmut Schäfer: Sie hat sich zum Besseren und Schlechteren gedreht. Zum Schlechteren, weil sich die Häuser genötigt sehen, immer mehr zu produzieren. In dieser Geschwindigkeit zieht das auch Qualitätsdefizite nach sich. Das kann man ihnen nicht vorwerfen, das kommt aus den Publikumsbewegungen. Die ­positive Entwicklung ist sicher, dass es an vielen Häusern auch eine Enthierarchisierung gibt, ein anderes Bewusstsein, kritischer den eigenen Strukturen gegenüber. Was vor vierzig Jahren gar nicht der Fall war. Das ist heute viel verbreiteter. Da trifft man nicht nur auf taube Ohren. Aber der Druck ist enorm. Hat die Erfahrung in Düsseldorf das Profil des Theaters an der Ruhr geschärft, das 1981 in Mülheim entstand? Roberto Ciulli: Die Erfahrung in Düsseldorf war nach vielen ­Erfahrungen an anderen Theatern die letzte Stufe. Was ist falsch? Wie denkt man in neuen Strukturen? Der erste Schritt als Theater an der Ruhr war dann: raus aus den Tarifverträgen. Wir sind aus dem Deutschen Bühnenverein ausgetreten und haben alle Verträge neu gestaltet. Helmut Schäfer: Es gibt am Theater an der Ruhr seitdem nur einen Vertrag; Techniker, Verwalter und Künstler werden gleich bezahlt.

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Lädt der Austritt aus einem gewerkschaftlichen Schutz nicht auch zum Missbrauch ein? Gerade heute gilt es doch als eher verpönt, familienfeindlich und potenziell ausbeuterisch, 24 Stunden lang mit Leidenschaft Kunst zu machen? Helmut Schäfer: Zu Beginn war es in der Tat kurzzeitig selbstausbeutend, nach einigen Jahren konnten wir zusätzliche Mitarbeiter einstellen und die Situation erheblich verbessern. Es war nicht leicht, dieses Theater zu etablieren, es gab in allen Ratsfraktionen Politiker, die uns gerne hätten gehen sehen, so waren wir anfangs chronisch unterfinanziert. Viele Schauspieler sind Roberto Ciulli nach Mülheim an der Ruhr gefolgt, aber – waren nicht auch einige abgeschreckt? Roberto Ciulli: Einige haben sich bei den ersten Schwierigkeiten verabschiedet. Wir waren damals in einer luxuriösen Position: Ich hätte an vielen Orten Intendant werden können. Wir haben als erste Arbeit des TAR „Lulu“ von Wedekind gemacht und sind noch weiter gegangen als bei „Alkestis“. Es ging darum, weiter an der Fragmentarisierung zu arbeiten, an De- und Rekon­struktion, weg von traditioneller Handlungserzählung. Die „Lulu“ hatte Premiere in Mülheim, die Düsseldorfer Premiere war zwei Tage später. Am Samstagmorgen kam in der ­Rheinischen Post ein schlimmer Verriss. In Düsseldorf ging ich auf die Bühne und machte eine Ansage, spürte, wie die Leute blockieren. Das Theater war ausverkauft, ich versuchte, locker zu sein. Die Hände in den Taschen, fing ich an zu sprechen – und sofort kam der Schrei: „Hände aus der Tasche, wenn du mit uns sprichst!“ Dann versuchte ich zu spielen, ein Video ­setzte ein – ab diesem Moment war nur Gerede im Publikum, Leute standen auf, gingen hinaus, die Türen klappten. Am Ende saßen noch fünfzig bis siebzig Leute im Parkett. Helmut Schäfer: Es wurden Programmhefte auf die Bühne ­geworfen. Roberto Ciulli: Danach kam Beelitz auf uns zu und sagte: „­Roberto, es tut mir leid, ich kann nicht zwanzig Vorstel­lungen spielen.“ Damit war unsere erste ökonomische Sicher­heit ­zusammengebrochen. Nach diesem Skandal sind wir mit „Lulu“ in Remscheid getourt, es war unmöglich, immer ein ­Skandal. Und dann sind die ersten Schauspieler im ersten Jahr wieder gegangen. Helmut Schäfer: Günther Beelitz war der erste, der eine Aufführung des Theaters an der Ruhr für zwanzig Vorstellungen gekauft hatte. Als der Vertrag gelöst wurde, waren wir wirk-­ lich in der Bredouille.

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Und dann ist Roberto Ciulli als Regisseur im Jahr 2014 nach Düsseldorf zurückgekehrt, mit dem Else-Lasker-­SchülerAbend „Die Wupper“. Wie war das für Sie? Helmut Schäfer: Wieder war Günther Beelitz Intendant geworden, wieder ist er auf uns zugekommen, wieder hatte er künst­ lerisches Interesse an dieser Arbeit. Wieder war es so, dass er diese Arbeit überaus geschätzt hat, die auch für mich eine der zentralen Arbeiten von Ciulli ist. Die mit Ensemblearbeit und Performance experimentiert. Das ist wiederum beim Düssel­dorfer Publikum auf keine so große Resonanz gestoßen. ­ Wieder stand Beelitz voll hinter uns. Und wieder gab es da ­dieses eigenartige Auseinanderklaffen zwischen unseren Aufführungen und einem Teil des Publikums. Unser spezielles Verhältnis zum Schauspielhaus Düsseldorf ist geblieben. Roberto Ciulli: Wenn wir an ein Stadttheater denken, an dem wir künstlerisch die Möglichkeit hatten, zu uns zu kommen – das war das Schauspielhaus Düsseldorf. Hier ist die erste Zelle eines freien Theaters im Theater entstanden, und diese Zelle hat sich dann freigemacht. Das erste freie Theater, das einen Vertrag mit einer Stadt hat – das ist eine Konstruktion, die es vorher so noch nicht gab.

Roberto Ciulli, geboren 1934 in Mailand, ist Theaterregisseur, Gründer und seit 1980 Künstlerischer Leiter des Theater an der Ruhr in Mülheim. Helmut Schäfer, geboren in Köln, studierte Philosophie und Soziologie und arbeitet seit 1972 als Dramaturg. Mitte der 1970er Jahre lernte er Roberto Ciulli kennen und prägte als dessen langjähriger Partner entscheidend das Theater an der Ruhr. Dorothea Marcus ist Kultur- und Theaterkritikerin und war von 2016 bis 2019 Jurymitglied des Berliner Theatertreffens.



Kommen Gehen Bleiben von Manuela Alphons

Überrascht stelle ich fest, dass ich vor vierzig Jahren zum ersten Mal auf der Düsseldorfer Bühne stand, 1979 als Metella in Jacques Offenbachs Operette „Pariser Leben“. In dieser Rolle war ich am Schillertheater in Berlin aufgetreten, als mich der Anruf von Günther Beelitz erreichte. Er bat mich, in Düsseldorf für eine Kollegin einzuspringen. Ich kam, neugierig, auf der Suche nach einer neuen Theaterheimat, nach Jahren am Kölner Schauspiel unter Hansgünther Heyme und Roberto Ciulli, als Gast bei Ivan Nagel in Hamburg und Hans Lietzau in Berlin. Auch Roberto Ciulli kam, und wir konnten nach der Kölner Uraufführung von „Der Zyklop“ von Euripides dieses Stück mit dem Düsseldorfer Ensemble neu erarbeiten – auch hier mit Preisen und Einladungen belohnt, u. a. nach Berlin, Florenz, Belgrad. Diese Rolle als Zyklopin, als Fremde, als einäugiges Wesen war einer der schauspielerischen Grenzgänge, die diesen Beruf so einmalig machen. Nach fünfzig Jahren habe ich immer noch Herzklopfen, wenn ich daran denke!

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Zwei Arbeiten, und eigentlich beste Voraussetzung zu bleiben, aber ich ging – vielleicht war es auch dem Privaten geschuldet – diesmal Richtung Frankfurt … „Das Land der Griechen mit der Seele suchend …“ Welch ein Moment, drei Jahre später wieder hier oben zu stehen mit diesem Satz, von unten vereinzelt mitgeflüstert: Da war sie, die Verbindung zu diesem Theater, diesem Publikum – „Iphigenie“ von Goethe in der Inszenierung von Volker Hesse, der mich als Zyklop gesehen hatte, mich in Frankfurt anrief und mir die Rolle anbot, und der für mich in dieser Zeit einer der wichtigen Regisseure wurde. Ich war angekommen! Nun begannen dreizehn aufregende Jahre mit Erfolgen, Misserfolgen, Schönem und Schmerzlichem – ein Theaterleben eben. Angekommen in einem wunderbar lebendigen ­Ensemble, in dem alle Generationen bis hin zu Mariechen Alex und Heinrich Ortmayr, hochbetagt beide, auftraten. Dank dieses Ensembles wurde das Schauspielhaus zum Theater des Jahres „geadelt“.


„Der Zyklop“ von Euripides, Regie: Roberto Ciulli, 1979, mit: Manuela Alphons und Publikum

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„Einesteils und andrerseits und außerdem“ von Harvey Fierstein, Regie: Rolf Stahl, 1985, mit: Manuela Alphons „Amphitryon“ von Heinrich von Kleist, Regie: Volker Hesse, 1983, mit: Elisabeth Krejcir, ­Manuela Alphons, Bert ­Oberdorfer „Iphigenie auf Tauris“ von ­Johann Wolfgang Goethe, ­Regie: Volker Hesse, 1982, mit: Daniel Friedrich, Manuela Alphons

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Der Spielbetrieb kam fast zum Erliegen, als beinahe das ge-­ samte Ensemble im Mai 1984 für ein dreiwöchiges Gastspiel unter Anleitung von Günther Beelitz nach Russland zog. Tallinn, ­Leningrad, Moskau. Ein Riesentross, auch mit Vertretern aus Stadt und Land, war da durch die damalige UdSSR unterwegs. Ein Abenteuer in vielerlei Hinsicht: Als Alkmene in „­Amphitryon“ erntete ich viele unerwartete Lacher, die ich allerdings dem Humor des russischen Synchronübersetzers zu verdanken hatte. Das Erlebnis, nach dem Auftritt in warme Tücher gehüllt und anschließend zur Bühne zurückgeführt zu werden, kann vielleicht ein Gefühl davon vermitteln, welche Ehrfurcht vor dem Theater ich auf dieser Gastspielreise erfahren durfte. Und die Orange, die mir eine Zuschauerin nach der Vorstellung als Dankeschön überreichte – in der Sowjetunion damals eine große Geste – war einer der großen Momente. Diese Gastfreundschaft, diese Begeisterung war mit nichts bis dahin Erlebtem vergleichbar – außer vielleicht mit der außer-

gewöhnlichen Gefühlslage unserer einwöchigen Reise 1986 nach Israel mit einem Kurt-Tucholsky-Programm. Die Tränen und die Freude, die Erschütterung mancher Überlebender des Holocaust, für die es die Wiederbegegnung mit ihrer verlorenen Sprache und Kultur war, ließen mich begreifen, wie wichtig Kultur und Sprache für unsere Identität sind. In diesen Jahren zwischen Rollen von Botho Strauß bis Bertolt Brecht („Der gute Mensch von Sezuan“) gab es durchaus heitere Ausflüge, z. B. als Bluessängerin ins Showbusiness bei „Einesteils, andererseits und außerdem“ von Fierstein. Der ­Kritiker: „Wer singt denn da?“ Günther Beelitz: „Na, die ­Alphons.“ Kritiker: „Ja, das seh ich, aber wer singt?“ – Da war ich doch stolz. 1986: Günther Beelitz verlässt Düsseldorf. Über Volker Canaris’ Angebot zu bleiben habe ich mich sehr gefreut, hatte ich doch eine Heimat gefunden. Meine Kinder wuchsen hier auf, ich hatte Freunde gewonnen, ich war verwurzelt in dieser Stadt,

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die immer schöner wurde. Ich spielte jetzt „erwachsene“ Rollen, von der Marwood in Lessings „Miss Sara Sampson“ bis „Alpenglühen“ von Peter Turrini mit Wolfi Reinbacher, dem mit mir über die Jahre verbundenen Kollegen und Freund. Trotz dieser sicher auch spannenden Theaterjahre unter Volker Canaris war es 1995 nach dreizehn Jahren in Düsseldorf Zeit für mich zu gehen … Nach Jahren der Wanderschaft zwischen den Theatern Oberhausen, Bonn, Fernsehauftritten und sechs Jahren im Bo­chumer Ensemble ging ich zurück in diese Stadt, die ich praktisch nie verlassen hatte. Die Stadt war mittlerweile vom hässlichen Entlein zum Schwan geworden und ich Groß­mutter … Aber einmal Schauspielerin, immer Schauspielerin. Bald kam das Angebot von Staffan Holm, in seiner Inszenie-­ rung „­Richard III“ die Lady Margaret zu spielen. Nun im Großmutteralter ­angekommen, bekam ich nach der Rückkehr von Günther B ­ eelitz die Chance, mich als Maria in „Josef und Maria“ von Turrini auch schauspielerisch als solche zu beweisen. Dieses Endspiel der Liebe darzustellen war mir ein Vergnügen – es war mir ein Vergnügen, mit der Figur auf die Suche nach dem Älterwerden und einer sich wandelnden Form von Liebe zu gehen.

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Dann kam der Auszug, der Abschied vom Schauspielhaus. ­ ehmütig dachte ich: Auf diesen Brettern, die für mich tatW sächlich eine Welt bedeuteten, werde ich nie wieder stehen … Da hatte ich aber nicht mit Wilfried Schulz gerechnet! Der – doch auch immer erhoffte – Anruf kam, ob ich in „Das Licht im ­Kasten“ von Elfriede Jelinek eine der sieben (textintensiven) Frauen übernehmen wolle. Diese unglaubliche Herausforderung nahm ich mutig an, und es wurde, wie ich finde, eine wunder­ bare Aufführung in der Inszenierung von Jan Philipp Gloger mit einem großartigen Frauenensemble. Berührend der Augenblick, diese Bretter wieder zu betreten, gemeinsam mit den Theaterkindern und -kindeskindern. Alles war wie immer – neu!

Manuela Alphons wurde 1946 geboren, studierte an der Schauspielschule Bochum und war am Deutschen Theater Göttingen, am Schauspiel Köln, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, am Schauspiel Frankfurt, an den Wuppertaler Bühnen bei Pina Bausch, am Theater Oberhausen, am Theater Bonn, am Schauspielhaus Bochum und am Düsseldorfer Schauspielhaus engagiert.


„Alpenglühen“ von Peter Turrini, Regie: Bruno Klimek, 1994, mit: Manuela Alphons, Daniel Berger, Wolfgang ­Reinbacher „Josef und Maria“ von Peter Turrini, Regie: Alexander ­Kubelka, 2015, mit: Manuela Alphons „Das Licht im Kasten (­Straße? Stadt? Nicht mit mir!)“ von ­Elfriede Jelinek, Regie: Jan ­Philipp Gloger, 2017, mit: Manuela Alphons, Lou Strenger, Tabea Bettin, Tanja Vasiliadou, Claudia Hübbecker, Karin ­Pfammatter, Judith Bohle


Wer hätte hätte hätte das gedacht? Ursula Ehler im Gespräch mit Beret Evensen über die Urauf­f ührung von Tankred Dorsts „Merlin oder Das wüste Land“

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Nach Motiven der Artussage schrieb der Dramatiker Tankred Dorst in den 1980er Jahren das theatrale Epos „Merlin oder Das wüste Land“. Wie die meisten anderen seiner Stücke entstand auch „Merlin“ in intensiver Zusammenarbeit mit Ursula Ehler, die 1971 begann und bis zu seinem Tode 2017 währte. Die vielbeachtete Uraufführung des dreihundertseitigen Werks „Merlin“ fand 1981 am Düsseldorfer Schauspielhaus statt, wo sie der tschechische Regisseur Jaroslav Chundela als neunstündigen Theaterabend inszenierte. An einem hochsommerlichen Junitag 2019 empfängt ­Ursula Ehler in ihrer Wilmersdorfer Wohnung, um über die Uraufführung von „Merlin“ zu sprechen. Nach herzlicher Begrüßung lädt sie Christiane Schneider, die Leiterin des Suhrkamp Theaterverlages, und mich zu Erfrischungen auf die Terrasse. Das Thermometer zeigt dreiunddreißig Grad. Auf dem Tisch liegen zwei kleine schwarze Büchlein. Zur ersten Zigarette des Nach­ mittags beginnt Ursula Ehler zu erzählen: In Hamburg hat Peter Zadek Tankred 1978 ein zerlesenes ­Taschenbuch mit den englischen Artusgeschichten gegeben, weil er sich ein neues Stück für Hamburg wünschte. Tankred konnte erstmal nicht so recht etwas damit anfangen. In seiner Jugend hatte er alle Rittergeschichten gelesen, das war mitten in der Nazizeit. Er war der Meinung, dass man so etwas heute gar nicht machen kann, ein Ritterstück, das sei außer der Zeit. Im Flugzeug zurück hat er dann in dem zerfledderten Buch geblättert und begonnen, darüber zu sprechen. Dabei sind dann doch erste Bilder entstanden. Tankred hat mich dann mehr und mehr in die Arbeit hineingeholt. „Merlin“ war der Versuch, in Form eines Weltmärchens die Verhältnisse der Welt als Ganzes darzustellen, nicht das politische Tagesgeschehen. Es sollte eine Geschichte aus unserer Zeit sein: über das Scheitern von Utopien. Dafür hat er jemanden gebraucht, einen ungefährlichen Gesprächspartner, zu dem er Vertrauen hat. Die Hamburger Pläne von Peter Zadek haben sich später leider nicht realisiert. Wir waren dann hocherfreut, als der Düsseldorfer Inten­ dant Günther Beelitz sich 1981 entschlossen hat, „Merlin“ von Jaroslav Chundela uraufführen zu lassen, der als Regisseur in Deutschland damals noch nicht so bekannt war. Wir haben eine Fassung für Düsseldorf gemacht und damit haben sie dann ­geprobt, fünfzehn Wochen lang. Das würde es heute auch nicht mehr geben. (Pause. Es ist sehr still. In der flimmernden Hitze ist von weit unten im Hof Kinderlachen zu hören.)

… Soll ich mal nachschauen in den Tagebüchern, was ich damals notiert habe? Ich habe jahrelang für uns beide Tagebuch geführt und Tankred hat mich sehr oft gefragt: ‚Hast du heut noch nix aufgeschrieben?‘ Wir waren ja sehr viel auf Reisen. (Ursula Ehler blättert eines der kleinen schwarzen Tagebücher auf. Sie beginnt vorzulesen) 23. Oktober 1981 (Eintrag im Zug aus Paris am 6.11.1981) nach Düsseldorf, Generalprobe Merlin. T. (Tankred) kommt. Beelitz will, daß er sich verbeugt, zu mindestens gesehen wird. Generalprobe auch schon mit Publikum. Erster Teil des ersten Teils. Leider Tisch nicht im Zen-­­ trum. Weder Vision, noch Ritterrunde, noch Einkleidungszeremonie sind besonders hervorgehoben. Dadurch verdeutlicht sich nicht die Grundidee der Utopie, es gibt keine Fallhöhe. U. (Ursula) wird sich alles selber so gut merken, daß sie nichts aufzuschreiben braucht. … hast du gedacht, Puppe! Merlins Baum eine Art Liftkasten, der nach oben fährt. Rach (Rudolf Rach, damals Leiter des Suhrkamp Theaterverlags) und U. versuchen, die kümmerlichen Blumentöpfe und die Palme zu verhindern … und den singenden Orilus, der sich traumverloren das Hemd ­auszieht. Bialas (Günter Bialas, Komponist) meint, es wird erfolgreich. 24. Oktober 1981 Premiere Merlin. U. sitzt im Hotel Royal. 20.15 h – der zweite Teil Merlin läuft. T. vermutlich ­angekommen und bei dem Interview. U. war im ersten Teil drin, das Publikum brav. Hinter U. sitzt Johannes Schütz, auch Wachsmann, Dieter Dorn – und Daphne, weiter hinten. Otto Mühl und Frau. Sucher lächelt. Hat für T. ein Buch zum Pförtner gelegt. U. sieht Helmut Schödel hinter sich. Georg Hensel kommt freundlich in die Pause. Dietmar N. Schmidt kondoliert. (unterbricht sich schmunzelnd) … der war immer ein schlimmer Finger! Dann Werner Schulze-Reimpell: „Was hätte da der Zadek draus gemacht! Hier bleibt ja nur ein dürrer Shakespeare“

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Na schön! In der Pause kauft Rach U. was zu essen. U. ißt mit Jaroslav und seiner Schwester, unverfängliches Gespräch. TV-Leute wollen fragen, was wir davon halten. Kässens mit teilnahmsvoller Miene, U. hält es fast nicht mehr aus. Beelitz strahlt, hat anfangs U. an der Tür begrüßt und umarmt. Ende der Pause geht U. weg ins Hotel, denkt, T. kommt sicher gleich. T. kommt: „ganz gut, in Ordnung“. TV-Leute haben ihm gesagt, das Publikum hätte es nicht zu lang gefunden. Und es hätte ihnen gefallen. T. bringt Gabriele Henkels Paket mit. Kleine Champa­gner-­ flasche und Telegramm. Später im Theater Barbara Osterkamp, Harald Clemen und Andrea. Walter hat der zweite Teil viel besser gefallen. Das Ende der Vorstellung: Artus leider sächselnd. Na, das ist jetzt ein bisschen unfair. (lacht) Am Schluss warmer Beifall, kein Buh. Dunkel, hell, alle Schauspieler stehen da. Jaroslav allein mit der Kostümbildnerin Lioba Winter­ halder zum Applaus. Rufe aus dem Saal: „Wir wollen Tankred Dorst sehen!“ U. erschrickt. Immer größerer Beifall. … das war dann ein ziemlicher langer Beifall. Tankred ist nicht gern in Premieren gegangen. In die Generalprobe immer – immer, prinzipiell. Der gefährliche Sucher hat dann eine ganz ordentliche Kritik geschrieben. Hensel auch. Insofern passt es ja. Es ist ja auch schwer zu inszenieren. (blättert und fährt fort zu lesen) 25. Oktober 1981 U. sitzt im Bett und glaubts noch nicht: Merlin war eher ein Erfolg. Günter Rohrbach vom WDR ruft gerade an, gratuliert zum großen Erfolg. Wer hätte hätte hätte das gedacht Hensel: Dorst sei besser als Strauß und Kroetz. Es sei ein unverantwortlicher Irrsinn, Leute zu hauen, um einen zu loben – obwohl es so besser ist. Naja Das Stück lief dann gut, später dann auf zwei Abende verteilt. Wir sind dann nochmal nach Düsseldorf gekommen, weil das Theater eine Podiumsdiskussion veranstaltet hat.

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(Sie nimmt das nächste Tagebuch, blättert, beginnt wieder zu lesen.) 28. Februar 1982 Heute morgen in Düsseldorf „Merlin“-Diskussion im Kleinen Haus. Total ausverkauft. Ulrich Schreiber, ­Kritiker Jansen von der WAZ, Literatur-Professor Dr. Jochen Hörisch. T., Jaroslav, U. am langen Tisch. Vieles wird geredet von den Herren, utopiekritisch oder ideologiekritisch etc.? Jaroslav: Der Stoff sei so optimistisch, so lebensfroh. Das Leben = der blühende Baum zum Schluß … immer viel Applaus! Plötzlich ganz oben der alte Herr Ortmayr (spielt Sir Lamorak): Da säße doch eine Frau am Tisch, die Mitarbeiterin an diesem Stück sei. Alle hätten lange geredet, niemand ließe sie was sagen, frage sie etwas. U. großer Schreck, dann etwas zu leicht: Das wäre immer schwer zu verstehen. Offensichtlich hätten die Leute ­früher immer gedacht, sie tippe die Manuskripte ab, obwohl selbst das – wenn man an Dostojewskis oder Tolstois Frau denke etc. etc. U. später dann nochmal über die Frauen im Stück. Na, das ist jetzt nicht so wichtig. (Ursula Ehler schlägt das Tagebuch zu und zündet sich beiläufig eine neue Zigarette an.) Ich denke immer, wenn es mal brennt, würde ich am liebsten die Tagebücher retten – man vergisst so viel … und dann … Ich habe sehr früh mit den Tagebüchern begonnen, weil ich mich gewundert hab über mein Leben. Wie es verlaufen ist. Wie alles werden würde, hab ich ja damals auch nicht geahnt. Wenn es mal brennt, muss ich die mitnehmen. Zum Abschied winkt Ursula Ehler lange vom Balkon. Erst mit einer Hand, dann immer ausgelassener. Wir winken zurück. Oben im dritten Stock, an der Balustrade stehend, sieht sie in ihrem hellen Sommerkleid aus wie ein junges Mädchen – barfuß, lachend, das rote Haar strahlt im Abendlicht, beide Arme in der Luft. Ursula Ehler lebte und arbeitete seit den 70er Jahren mit Tankred Dorst zusammen. Ihr Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Georg-Büchner-Preis und 2012 mit dem „Faust“ für das Lebenswerk. 2017 starb Tankred Dorst im Alter von 92 Jahren. Die Dramaturgin Beret Evensen arbeitete 2007 erstmals mit Tankred Dorst und Ursula Ehler zusammen. Sie war an Theatern in Hamburg, München, Zürich, Hannover und Dresden engagiert, seit 2016 arbeitet sie als freie Dramaturgin in Düsseldorf.


S. 218 „Merlin oder Das wüste Land“ von Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler, Regie: Jaroslav Chundela, 1981, mit: Heinrich Ortmayr, Michael Hornig, Volkert Martens, Wolfgang Haubner „Merlin oder Das wüste Land“ von Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler, Regie: ­Jaroslav Chundela, 1981, mit: Ensemble

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Dreimal am Schauspielhaus Düsseldorf meine Lebens-Stadt oder Ist Theater die bessere Außenpolitik? von Günther Beelitz

Während ich über meine drei verschiedenen Tätigkeitszeit­räume am Düsseldorfer Schauspielhaus (1969–1971 und 1976–1986 und 2014–2016) nachdenke, wird mir mit dem zeitlichen ­Abstand erst bewusst, wie sehr sich die Betrachtungsweisen verändern und sich unterschiedliche Einschätzungen der drei Phasen ergeben, bis hin zu meiner Entscheidung, nach den ­Wanderjahren der verschiedenen Intendanzen Düsseldorf zu meiner Lebens-Stadt zu machen.

1969–1971: Persönlicher Referent von Karl Heinz Stroux Als persönlicher Referent von Karl Heinz Stroux geriet ich, noch als sehr junger Mensch, in eine Umbruchphase zum Ende einer legendären Intendanz und den Umzug in das Neue Schauspielhaus am Gustaf-Gründgens-Platz. Sicherlich war ich von Stroux bewusst engagiert worden, als Vertreter einer jungen Generation mit ganz anderen Theatervorstellungen. Das unumschränkt patriarchalische Theater der großen Theaterleiter und Regis­seure wie Karl Heinz Stroux, Boleslaw Barlog und Hans Schweikart wurde erstmals infrage gestellt in seinen Leitungsstrukturen und seinen repräsentativen Ansprüchen.

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Die Architektur-Ikone des Schauspielhauses von Architekt ­Bernhard Pfau hat äußerlich noch dem Repräsentations­ gedanken gehuldigt, doch innerlich bereits versucht, mit einem offenen Saal – ohne Ränge – ein neues Demokratieverständnis aufzunehmen. Schon in der ersten Spielzeit zeigte sich, dass diese Raumgröße auch eine vergrößerte Spielweise verlangte, was durchaus den großformatigen Klassikerinszenierungen von Stroux entgegenkam. Infolge der gesellschaftlichen Umbrüche, die aus der 68er-Bewegung hervorgingen, veränderte sich auch das Theater in seiner inhaltlichen und ästhetischen Ausrichtung immer stärker in ein realistischeres, glaubwürdigeres und politisch engagierteres Theater, was sich unter diesen Raum­ver­hältnissen als zunehmend schwierig erwies. Nicht nur die außerordentlichen Baukosten, sondern auch die im traditionell-konservativen Rahmen vorgesehene reprä­ sentative Eröffnung erregte in aufgeheizter Stimmung Unwillen und Proteste vieler Düsseldorfer, aber Stroux wollte an der vorgesehenen Eröffnungspremiere von „Dantons Tod“ ausschließlich für geladenen Gäste und politische Prominenz festhalten. Zur Absicherung und Öffnung zum Publikum waren deshalb Voraufführungen und parallel zu „Danton“ auch eine Uraufführung vorgesehen, „Martin Luther & Thomas Münzer oder die Einführung der Buchhaltung“ des Düsseldorfer Autors Dieter Forte.


Lidl-Akademie-Protest, 19.1.1970, Günther Beelitz (ganz links), Karin Struck (­Mitte), Ille Weißert (rechts) Bauprobe zu „Maria Magdalena“ 1976, Günther Beelitz, Joachim Ehle jun. (Technischer Direktor) und Regisseur Michael Haneke

Leider scheiterte dieser Plan, denn Stroux gab den Einsprüchen und Bedenken kirchlicher und kulturpolitischer Instanzen schon im Vorfeld nach. Stattdessen kam als Uraufführung Peter Weiss’ „Trotzki im Exil“ auf den Spielplan. Unter Stroux war die Dramaturgie noch eine reine Lese-Dramaturgie, ohne direkte Mitwirkung bei der Spielplan­ gestaltung oder Erstellung von Spielfassungen etc. Aus der fast spitzwegisch-romantischen reinen Lektorats-Dramaturgie, ­Stücke zu lesen und Expertisen darüber zu schreiben, ent­ wickelten sich allmählich Produktionsdramaturgien, die eine ­Inszenierung von der Stückauswahl über Besetzungsvorschläge als Mitinter­preten, Bearbeiter und kritische Partner des Regisseurs etab­lierten. Ein Großteil dieser Aufgaben war – unausgesprochen – auch mein Arbeitsgebiet bei Stroux, wobei die Klärung, was überhaupt mein Tätigkeitsbereich als persönlicher Referent sein sollte, so lange nicht geklärt war, bis ich dies in einem Gespräch erfragte. Typisch Stroux, beschied er mein Anliegen mit einer Mitteilung am Schwarzen Brett, die lautete: „Ich habe Günther Beelitz engagiert. Wer was auf dem Herzen hat, soll zu ihm gehen.“ Auf mein unglückliches Aussehen hin, was denn ein solcher Brief bewirken könne, lachte Strouxi und sagte: „Du wirst schon sehen, morgen stehen sie vor deiner Tür Schlange.“ Es war dann wirklich so und plötzlich war ich mittendrin im täglichen Theater und habe unendlich viel gelernt

vom gestreng-­humorvollen Stroux und den Amtsgeschäften eines Intendanten. Mitten in diesem ersten Düsseldorf Engagement ging eines Tages das Rufzeichen, sofort zu Stroux ins Büro zu kommen, unan­gemeldet hatte ich auch als persönlicher Referent nicht die Möglichkeit, spontan zu ihm zu gelangen. Ich musste, wie alle anderen, die verschlossenen Türen erst über das Vorzimmer, das berüchtigte Hörnchen, überwinden, um zum Chef zu gelangen. Als ich vor ihm stand, zog er eine Flasche Whisky hinter seinem Rücken hervor, goß sie mir über Kopf und Anzug und sagte: „So Junge, nun biste mein Kollege, du wirst Intendant in Darmstadt.“

1976–1986: Generalintendant am Düsseldorfer Schauspielhaus In meiner Antrittsrede wählte ich ein Zitat von Gustaf ­Gründgens: „Ich bin nach Düsseldorf gekommen, um Düsseldorfer Theater zu machen: mit Düsseldorfer Künstlern und aus der mir so vertrauten Düsseldorfer Atmosphäre heraus.“ Eine wesentliche Neuerung war die Gründung des ­Kinderund Jugendtheaters am Düsseldorfer Schauspielhaus. Als ich in der Vorbereitungszeit 1975 Oberstadtdirektor Gerd Högener

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„Warten auf Godot“ von Samuel Beckett, Regie: Peter Löscher, 1978, mit: Edgar M. Böhlke, Olaf Kranz, Kees ­Campfens „Die Räuber“ von Friedrich Schiller, Regie: Peter Löscher, 1978, mit: Peter Harting, Ernst Stötzner, Jürgen Prochnow, Ensemble

eigenen Inszenierungen stehen, sich aber als Schauspieldirekmein Ansinnen zur Gründung eines Kinder- und Jugendtheaters tor nicht verantwortlich fühlen für den enormen künstlerischen mitteilte und um Etaterhöhung bat, antwortete er, in seinem Ausstoß von 21 Premieren in der Spielzeit 1976  /  77, die das unverkennbar rheinischen Tonfall: „Beelitz, wenn Sie meinen, Düsseldorfer Haus forderte. Die gruppenorientierten Arbeiten aber extra Geld gibt es für sowas nicht. Ich hoffe, Ihre Entscheiunter Peter ­Löscher mit Bruckners „Krankheit der Jugend“, dung ist richtig, aber Intendanten irren ja nie!“, fügte er noch ­Becketts „­Damals“ und „Tritte“ und „Warten auf Godot“, schmunzelnd hinzu. Mit der Leitung dieses neuen Kinder- und ­Schillers „­Räuber“ und das Gruppen-Videoprojekt „Mit tränenJugendtheaters betraute ich Dr. Barbara Oertel, meine ehemalige überströmtem Gesicht“ waren, wie später unter Roberto Ciulli Studienkollegin. Barbaras „Fantasiespirale“, die gegenläufigen mit Euripides’ „Alkestis“, Woody Allens „Gott“, Kipphardts Zeigefinger an den Schläfen, wurde schnell ein Spiel für alle Kinder und sogar Erwachsene auf Plätzen, Schulen und an vielen „März, ein Künstlerleben“ und Boccaccios „Dekameron“, zwar eine wesentliche Bereicherung, aber in ihrer Tendenz dem anderen Orten, sowohl bei ihrem „Theater zum Anfassen“, als ­gesamten Theater wenig verbunden und verstärkten auf diese auch beim „Theater zum Anschauen“, das sich fast epidemisch über die Stadt ausbreitete. Es war das erste eigenständige Kinder- Weise Tendenzen der Ensemble­spaltung. Eine hohe Fluktuation und Jugendtheater mit einem eigenen kleinen Ensemble an einem im Ensemble war die Folge. Erst das in der Praxis entwickelte Modell einer künstgroßen deutschen Repertoire-Theater, aber leider noch ohne lerischen Leitung aus Intendant und Dramaturgen (Gerd Jäger, eigene Spielstätte. Jürgen Fischer und Michael Huthmann), mit kontinuierlich Begonnen habe ich mit Plänen, die fruchtbare Seiten inszenieren­den Regisseuren und einem Ensemble, das mehr auf hatten, insgesamt aber nicht aufgingen. Otomar Krejča, einer Dauer denn auf momentanen Effekt setzte, stabilisierte unser der großen europäischen Regisseure, konnte nur für seine

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Theater. Es bleibt für die zehn Jahre gültig: „Wenn wir auf dem Theater Geschichten von und mit Menschen über uns Men­ schen zei­gen, soll dies mit dem Vergnügen der Erkenntnis aus Geschichte und Gegenwart geschehen. Theater ist Zeitgenos­ senschaft, es macht Wirklichkeit in ihren Widersprüchen spürbar.“ Die Lehrjahre der versuchten Schauspieldirektion, der Gruppen­bildungen und Erprobungsphasen, die Zerreißproben, die daraus entstanden, waren indirekt fürs Ganze fruchtbar, weil sie zu dem führten, was sich verstärken musste: regel­mäßig am Haus arbeitende ­Regisseure wie Michael Gruner, Volker ­Hesse, Herbert König, Peter Palitzsch, Thomas Schulte-Michels, ­Jaroslav Chundela, B. K. Tragelehn und kaum Fluktuation im Ensemble, eine Vertrauensbasis für bedeutende Schauspieler wie Günther Amberger, Hans Diehl, Klaus Herm, Wolfgang ­Hinze, Hans Schulze, Karlheinz Vietsch, Stefan Wigger. Ab 1981 / 82 spürten wir empfindliche Sparbeschlüsse der Gesellschafter Stadt und Land NRW von insgesamt 2,3 Mil­ lionen Mark, die uns mitten in voller Fahrt erwischten und uns zu drakonischen Sparmaßnahmen zwangen. Um Ausgaben auf dem Überstundensektor einzusparen, mussten Aufführungen „en bloc“ gespielt werden. Drei Inszenierungen mussten gestrichen werden. Bereits vorverhandelte Künstlerverträge mit Fritz Lichtenhahn und Hubert Kronlachner wurden zurückgestellt, das Ensemble um mehrere Stellen verkleinert. Obwohl im Zuge der drastischen Etatkürzungen auch eine Reihe von Veränderungen im Spielplan notwendig wurden, waren wir nach dem Motto: „Fantasie und Elan sind nicht kürzbar“ dennoch optimistisch, unser Niveau insgesamt halten zu können. In dieser komplizierten Situation ereilte uns – zur Kräftigung unseres Durchhaltewillens – die Nachricht, dass wir von Theater heute zum Theater des Jahres 1982 / 83 gewählt worden waren. Es ist bis auf den heutigen Tag das erste und einzige Mal, dass dem Düsseldorfer Schauspielhaus diese außerordentliche Ehrung zuteil wurde: Es geschah mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Thematik des Spielplans und den Mut zu vielen neuen Stücken. „Als ob Armut zwangsläufig zur Kreativität verführe. Das könnte den Politikern so passen. Gewiss mobilisierte damals die gesamte Beelitz-Mannschaft beträchtliche Abwehrenergien gegen die Zumutungen der sich verschließenden öffentlichen Hand. Doch dass die künstlerische Tendenz anschließend derart auffallend stieg, war keineswegs ein Ergebnis der finanziellen Restriktionen. Diese beschleunigten lediglich einen längst ein­­ge­leiteten Prozess. Das ließe sich mit Namen und Plänen be­ weisen“, schrieb Reinhard Kill in der Rheinischen Post damals über diesen Vorgang.

Internationale Gastspiele Theater ist von uns immer zuerst für Düsseldorf gemacht ­worden. Aber Theater darf und muss auch gesehen werden als internationaler kulturpolitischer Faktor, als ein Instrument gar der Völkerverständigung mit eigenen Mitteln. Das ausschließlich repräsentativ-internationale Gastspiel war nicht unser Anliegen. Uns interessierten Theater-Begeg­ nungen und Beziehungen zu Ländern, die entweder überhaupt noch nicht mit deutschsprachigem Theater in Berührung gekommen waren oder wo politische Spannungsfelder Theater- und Kultur-Begegnungen mit der BRD bisher unmöglich gemacht hatten. Im Sommer 1975 lernte ich – durch Barbara Oertel – in Saarbrücken den Kulturminister von Georgien kennen und nutzte diese Gelegenheit zu einem intensiven Theatergespräch. Wir redeten über unsere verschiedenen Theatersysteme und -strukturen, aber auch über die Kraft des Theaters in den jeweiligen Ländern. Am Ende sagte er: „Ich werde versuchen, über das zentrale Kulturministerium in Moskau – ohne Moskau geht es nicht!! – eine Einladung für Sie zu erwirken, damit wir uns vor Ort weiter besprechen können.“ Dies war der Beginn einer langen Verbindung. Besuche und Gegenbesuche fanden statt, Fachgespräche mit Theater-Kollegen in Tbilissi und Moskau. Als eine Art „Türöffner“ erwies sich das Kennenlernen der Abteilungsleiterin des Zentral-Kulturministeriums in Moskau Frau Skegina, mit der ich trotz der komplizierten politischen Hür­den in einem regelmäßigen Austausch verbleiben konnte. Sie machte mich noch in Moskau mit dem späteren Botschafter der UdSSR in Bonn Semjonow bekannt, der ein ausgesprochener Theater- und Kunstliebhaber war. Er wurde ein oft und gern gesehener Gast im Schauspielhaus. Beeindruckt von dem Inszenierungsstil und der Licht- und Bühnentechnik von „Kabale und Liebe“, sandte er eine Empfehlungsdepesche von Bonn nach Moskau.

Erste Gastspielreise in die UdSSR, 1978 Am 27. Juni 1978 startete das Düsseldorfer Schauspielhaus mit Schillers „Kabale und Liebe“ in der Regie von Roland Schäfer und mit Brechts „Kleinbürgerhochzeit“ inszeniert von Michael ­Gruner – als erstes Theater der Bundesrepublik – zu einer 18-tägigen Gastspielreise in die Sowjetunion, genauer gesagt nach Moskau und Tbilissi. Es gab zu dieser Zeit noch keine vermittelnden oder betreuenden Kulturinstitutionen der BRD in

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Moskau, während die DDR natürlich mit dem Herder-Institut in der UdSSR vertreten war und DDR-Theater regelmäßig „beim großen Bruder“ in der Sowjetunion gastierten. Die Düsseldorfer Delegation ­zählte 64 Personen: Schauspieler, Techniker und Vorstände. Dr. Bloss, der Leiter der Theaterabteilung des Goethe-Instituts, wurde von mir als Dramaturg in die Truppen „eingeschmuggelt“, ohne dass die sowjetische Seite wusste, wer er war. Die „Ent­tarnung“ fand dann meinerseits beim Empfang des stellvertretenden sowjetischen Kulturministers Wladimir Popow in Moskau statt, mit dem Ziel, das Ministerium zu veranlassen, in Gespräche zur Akkreditierung des Goethe-Instituts als Mittlerorganisation der BRD in der Sowjetunion zu kommen. Die nicht unerhebliche Irritation und Verärgerung über mein Vorpreschen drohte unser erst begon­nenes Gastspiel noch vor der ersten Vorstellung zu gefährden. Doch die Resonanz der ersten Vorstellung im Maly-Theater war so überwältigend, dass man den „Fall“ erledigen wollte, indem man Dr. Bloss einen Termin zu Sondierungsgesprächen mit dem Goethe-Institut ein Jahr später mit einer offiziellen Einladung zusicherte, trotz erheblicher Proteste der DDR und des sie vertretenden Herder-Instituts. Wir befanden uns doch noch tief im „Kalten Krieg“, konnten aber als Schauspielhaus durch unser umjubeltes Auftreten kulturpolitisch einiges bewirken. Offiziell dankte Minister Popow „für die sehr große Hilfe, dass die Verbrüderung zwischen unseren Völkern so vertieft wird“. Zum ersten Mal kam es bei dieser Gastspielreise auch zu einem Treffen zwischen einem westdeutschen Kultusminister, nämlich Jürgen Girgensohn, der Mitglied unserer Delegation war, und dem Kulturminister der UdSSR. Anknüpfend an den ­großen Erfolg der Gastspielreise sollte der Austausch auf w ­ eitere sow­jetische Theater ausgedehnt werden. Sowjetskaja Kultura schrieb: „Die geschlossenen gemeinsamen Darstellungen aller Darsteller fügen sich in eine organische Einheit eines lebendigen, wirksamen, ideelich ganzheitlichen, zutiefst künstlerischen Schauspiels.“ Die überschwänglichen Reaktionen hatten uns doch überrascht, da „Kabale und Liebe“ in der Regie von Schäfer im Gegensatz zu den pathetischen russischen Interpretationen und den überwiegend historisch-realistischen Bühnenbildern für das Publikum absolut neue Sicht- und Sehweisen bedeutete. In Moskau spielten wir vier Vorstellungen „Kabale“ und drei Vorstellungen „Kleinbürgerhochzeit“, ein Brecht-Stück, das in der UdSSR bis dahin noch nie gespielt worden war. Star beider Stücke war das Schauspielerpaar Charlotte Schwab und Peter Simonischek. Der Erfolg im fernen Tbilissi in Georgien war südlän­ discher, noch begeisterter und vor allen Dingen herzlicher und

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persönlicher und mündete in eine überraschende georgische Hochzeit von Barbara Oertel und dem Solo-Violinisten A ­ lexander Burduli aus Tbilissi. War das nicht als ein wundersames Zeichen sich anbahnender Völkerfreundschaft zu interpretieren? Im Gegensatz zum steifen Moskau fühlten wir uns in Georgien besonders wohl: unbeobachteter und freier, mit vielen spontanen Kontakten zur Bevölkerung und einem ­großartigen Programm. Unendlich viel georgischer Cognac und Wein fl ­ ossen an den langen Tafeln, und der Tischredner, der „Tamada“, for­ derte uns mit dem Trinkspruch „bolomde“ immer wieder auf, ­alles bis auf den Grund auszutrinken. Der Beginn einer h ­ erzlichen Freundschaft, die zu langjähriger Zusammenarbeit führte und für die Georgier zu einem wichtigen Fenster nach Westen wurde.

Versuche im geteilten Deutschland Parallel zu meinen Versuchen, das erste Gastspiel in der UdSSR zu organisieren, hatte ich auch die ersten Kontakte nach Ost-Berlin, wo ich häufig zu Theaterbesuchen weilte. Besondere Energie wollte ich natürlich in das Zustandekommen von Kontakten und Austauschmöglichkeiten in unser „geteiltes Deutschland“ investieren. Das erwies sich aber als schwieriger als mit dem großen Bruder UdSSR. Ein erstes Problem war schon, dass wir Westdeutschen nur ein Tagesvisum erhielten, also vor 24 Uhr wieder zurück in West-Berlin sein mussten. Eine Tagung des Internationalen Theaterinstituts in Ost-­B erlin, für die ich als Vorstandsmitglied der BRD-Sektion über­ raschend ein Visum für mehrere Tage erhielt, gab mir endlich die Chance, nicht nur „Geheimtipp-Vorstellungen“ von Frank Castorf in Anklam und Herbert König in Zittau zu sehen oder den ganz jungen Leander Haußmann kennenzulernen, sondern auch Gespräche darüber zu führen, welche Möglichkeiten für eine Gastregie in der BRD denkbar wären oder ob auch eine Ausreise in Betracht käme. Es musste doch möglich sein, auf kultureller Ebene einen Beitrag zur Ost-West-Entspan­nung in praktiziertem Theateraustausch zu leisten, ohne sich ab­hängig oder gemein zu machen mit totalitären, kommuni­s­ tischen ­Regimen. Einfach Theateraustausch als Erkenntnis aus Geschichte und Gegenwart ohne politische Doktrin. Mit dem großartigen Kollegen Gerhard Wolfram, von 1972 bis 1982 Intendant am Deutschen Theater in Ost-­Berlin, hatten wir einen solchen „ideologiefreien“ Austausch. Wir verabredeten ein Gastspiel des Deutschen Theaters im Oktober 1978 in Düsseldorf, mit mehreren zeitgenössischen DDR-­ Stücken und Klassikern. Die Verhandlungen hatte Wolfram


„Die Kleinbürgerhochzeit“ von Bertolt Brecht, Regie: Michael Gruner, 1977, mit: Udo Samel, Charlotte Schwab, Gisbert Rüschkamp, Peter Simonischek, unten: Walter Spiske, Dietlinde Hillebrecht „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller, Regie: Roland Schäfer, 1977, mit: Charlotte Schwab, Peter Simonischek

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„Das wirkliche Leben des Jakob Geherda“ von Bertolt Brecht, Regie: Peter Palitzsch, 1983, mit: Ensemble „Strafmündig“ von Gert ­Heidenreich, Regie: Peter Heusch, 1983, mit: Beat Knoll, Wolfgang Arps „Amphitryon“ von Heinrich von Kleist, Regie: Volker Hesse, 1983, mit: Bert Oberdorfer, Manuela A ­ lphons, Hans Schulze

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mit der DDR-Künstleragentur abgeschlossen; wir veröffentlichten deshalb das Gastspiel und sollten im Gegenzug eine Woche in Ost-Berlin gastieren. Ohne Begründung wurde das Gastspiel – kurzfristig – abgesagt. In einem (abgehörten!) Telefonat sagte Wolfram nur, er wolle mich in Berlin sprechen. Als ich ankam, bat er mich zu einem „abhörsicheren“ Gespräch ins Freie, ans Ufer der Spree. Er war in Ungnade gefallen und erwartete in nächster Zeit seine Ablösung. „Ich hoffe in einer anderen Stadt nochmals Intendant zu werden, und dann werden wir erneut unseren Plan zu verwirklichen suchen.“ Er wurde 1982 wieder Intendant, am Staatstheater Dresden, und wir gleichge­sinnte, befreundete Theater-Utopisten setzten die Verwirklichung ­unserer Austauschpläne fort. Doch davon später.

Zweite Gastspielreise in die UdSSR, 1984 Kurz erwähnen möchte ich das Gastspiel nach Belgrad am 20. und 21. September 1980, als das Schauspielhaus mit C ­ iullis Interpretation von „Alkestis“ beim Internationalen Theater Festival BITEF in Belgrad eingeladen war und den ersten Preis gewann. Wieder ein Ostland – diesmal Titos eigener Weg zum Sozialismus. Im Anschluss an die Aufführungen gratulierte Horst Grabert, der deutsche Botschafter in Belgrad, unserem erfolgreichen Düsseldorfer Ensemble: „… eine derartige Resonanz ist in Belgrad sehr selten, kein Wunder, dass der erste Preis des Belgrader Publikums dieser Aufführung zuerkannt wurde. Zu diesem Erfolg möchte ich Ihnen, dem Regisseur und dem Ensemble herzlich gratulieren. Gleichzeitig möchte ich dafür danken, dass durch Ihr Gastspiel eine wichtige und so erfolgreiche Veranstaltung im Rahmen der deutsch-jugoslawischen Beziehungen realisiert wurde.“ Im Oktober 1981 war ich der persönlichen Einladung des georgischen Kulturministers zur Hundert-Jahrfeier des Rusta­weli-Theaters nach Tbilissi gefolgt. Zusammen mit Edgar Walther, unserem – auch in Tbilissi – unvergessenen Schau-­ spieler des ­Präsidenten in „Kabale und Liebe“, war ich ange-­ reist, da wir b ­ eide auch als Teilnehmer des vierstündigen Jubi­ läumsprogramms „engagiert“ waren. Außerdem war es eine Auszeichnung, an der Schota-Rustaweli-Universität mehrere Vorlesungen über Lessings Dramaturgie und ihre Folgen für zeitgenössische In­szenierungen vor deutschsprechenden Studenten zu halten. Auf dem Rückweg über Moskau waren auch dort die Türen im Zentral-Kulturministerium, als Folge unseres Gastspielerfolges, erstaunlich weit geöffnet. Inzwischen hatte 1980 ein

erstes offizielles Gespräch zwischen dem Goethe-Institut und dem zentralen Kulturministerium stattgefunden. Aber erst 1992 wurde das erste Goethe-Institut in Moskau eröffnet. Mein Wunsch, in den baltischen Ländern Lettland, Estland oder Litauen erstmals als westeuropäisches Land zu gastieren, wurde etwas missmutig, aber nicht abschlägig aufgenommen und sollte weiter diskutiert werden. Ich begründete meinen Wunsch damit, dass historisch betrachtet durch die Deutsch-­ Balten viele intensive kulturelle Verbindungen zwischen dem Zarenreich und Deutschland bestanden haben. Es stand aber schon fest, dass Leningrad, nach Moskau die wichtigste Stadt, in den nächsten Plan aufgenommen werden sollte. Vom 13. Mai bis 3. Juni 1984 gastierten wir mit 28 Vorstellungen in Tallinn, Tartu, Leningrad und Moskau und zeigten Kleists „Amphitryon“ in der Regie von Volker Hesse, der Uraufführung von Brechts „Das wirkliche Leben des Jakob Geherda“ in der Regie von Peter Palitzsch, Heidenreichs „Strafmündig“ in der Regie von Peter Heusch und Süßkinds „Der Kontrabaß“ in der Regie von Heinz Engels. Drei Monate vor unserer Abreise war noch ungewiss, ob Estland mit Tallinn und Tartu dabei sein könnte. Dieses seit Jahrhunderten zwischen russischen und deutschen Einflüssen hin- und hergerissene Land schien mir ein wichtiger Prüfstein für die Fortsetzung unserer zarten Kultur­ beziehungen zur UdSSR. Bis etwa 1885 war Deutsch Unterrichts- und Behördensprache in Estland. Erst dann setzte eine Russifizierungskampagne der russisch-zaristischen Regierung ein. In Tartu, der ehemaligen deutschen Universitätsstadt Dorpat, war 1802 von Deutsch-Balten die einzige deutschsprachige Universität im ­Zarenreich neu gegründet worden. Aber Tartu lag, unabhängig von seiner wechselvollen Geschichte, nun mitten im Spannungsfeld und Sperrgebiet der sowjetischen SS-20-Raketen, die die militärisch größte Bedrohung für Europa waren und den umkämpften Nato-Doppelbeschluss erwirkten. Nach schwierigsten Verhandlungen war der Kompromiss: In Tartu konnte nur eine Tagesvorstellung von „Amphitryon“ im historischen Kleist-­ Theater der Universität Dorpat stattfinden. Frühmorgens fuhren wir in verdunkelten Bussen durch das Sperrgebiet der Sumpflandschaften (von dem wir aber eigentlich nichts wissen durften!!), in denen das deutsche Heer im Zweiten Weltkrieg auf dem Vormarsch nach Leningrad ausgezehrt und verblutet war. Die Vorstellung in Tartu war die überhaupt erste deutschsprachige, wie mir mein deutsch-baltischer Intendantenkollege erläuterte. Dann eine Nachmittagsvorstellung vor nahezu ausschließlich deutschsprachigem Publikum. Eine Vorstellung in halber Dekoration, fast ohne Originallicht, da wir um 18 Uhr wieder zurück

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die Anzahl der Toten streichen, nicht aber den Jumbo-Flug als nach Tallinn mussten und in der Kürze der Zeit weder den Transsolchen! Also hieß die geänderte Fassung: „Russen schießen port noch das Aus- und Abladen und den Aufbau der Dekoration Jumbo ab bip, bip, bip Tote.“ geschafft hätten. Unter normalen Umständen hätte ich solch Ich saß während der Vorstellung aufgeregt am Inspieine „Provisoriums-Vorstellung“ abgelehnt, aber wir hatten erzientenpult und wollte die Reaktionen abwarten. Das Publikum fahren, wie sehnlich man uns im „Sperrgebiet Tartu“ erwartete. reagierte angespannt und tuschelnd. Einer rief dazwischen und Das Publikum hatte nach der Vorstellung Tränen in den Augen, nannte die russische Zahl der Toten – wie mir übersetzt wurde –, es war aufgewühlt und wollte uns nicht zurückfahren lassen. Wir als auch schon der Kulturminister zu mir hinter die Bühne spürten, dass dieses Gastspiel unter diesen Umständen für uns ­rannte und mich in gebrochenem Deutsch anschrie: „Ginter, wie für die Zuschauer eine einmalige historische Begegnung war. Ginter, alles schlimm.“ Im Gegensatz zur ersten Gastspielreise 1978 war eine Außerdem wollte man nicht, dass im letzten Auftritt deutliche Verschlechterung des Ost-West-Klimas spürbar. AufBeat Knoll nackt ist, was aber dramaturgisch notwendig war. grund der Aufrüstung der UdSSR mit der SS-20-Rakete und den Mühevoll hatten wir im Taganka-Theater ein fleisch­farbenes daraus folgenden Nachrüstungen in Westeuropa war eine spür­­ bare Beeinträchtigung der kulturellen Beziehungen festzustellen. Gummitrikot aufgetrieben. Das schreckliche Gummiteil ­veränderte die Szene fast ins „Pornografische“ und nahm dem In Tallinn und Leningrad verliefen die Vorstellungen Vorgang seine unschuldige Blöße. noch „ungestört“, unter enormer Anteilnahme der Zuschauer Im „Kontrabaß“ sinniert Stefan Wigger an einer S ­ telle: mit wahren Beifallsstürmen und vielen ausführlichen Kontakten „Brahms spielt man von den KZ in Chile bis zum Archipel all ­unserer Teilnehmer mit unserem Publikum, den Theater­Gulag“. Hier haben wir wieder „verschlüsselt“ mit der brechtschaffenden und vielen privaten Einladungen. In Tallinn kamen schen List der Vernunft, indem Stefan Wigger sagte: „Brahms nach der Vorstellung von „Strafmündig“ Jugendliche zu Gert ­Heidenreich und sagten, dass im Programmheft der „erläut­ernde“ spielt man in den KZ in Chile, dann trat er einen Schritt vor zum Publikum und fuhr fort: „Wie heißt das hier doch gleich …“ Zusatz zum Stück stehe, „… das wären die großen Schwierig­ Unruhe im Publikum. Sie alle hatten verstanden. keiten der kapitalistischen Jugend in Deutschland“. Die JugendSo brachten wir unsere Gastspielreise, wenn auch mit ­lichen wollten uns aber sagen, dass ihre Probleme genau ­vielen Aufregungen und Listen verbunden, zu einem unbe­dieselben wie die des jungen Ted Merschroth seien, die unser stritten umjubelten Erfolg, aber mit merklichen Eintrübungen Schauspieler Beat Knoll so grandios verkörpert habe. ­unserer bisher so guten, verständnisvollen Zusammenarbeit. In Moskau änderte sich (fast) alles, was die kulturpoliti­ Umso erstaunlicher war für mich deshalb eine weitere Ein­ sche Seite betraf. Plötzlich wurden Änderungsforderungen ladung in die UdSSR mit „Professor Bernhardi“, die wir erst inszenatorischer und inhaltlicher Art gestellt, denen ich mich 1987 aus München wahrgenommen haben. allerdings widersetzte, da alle Vorstellungen von den Sowjets in Düsseldorf gesehen worden waren und in Tallinn und Leningrad derartige Forderungen überhaupt kein Thema gewesen waren. Die Lage in Moskau eskalierte derart, dass wir uns Israel-Reisen 1985 und 1986 nicht nur mit dem Ensemble absprachen, sondern auch eingehend mit Graf Lambsdorff, dem Leiter der Kulturabteilung der 1976 war ich Mitglied der Stadt-Delegation zu Düsseldorfs ­D eutschen Botschaft in Moskau. Wir wollten zwar alle die FortPartnerstadt Haifa. Ein wichtiger Anlass für mich, endlich erste führung der Gastspielreise, uns aber keinerlei Zensur ­b eugen. Erfahrungen und Begegnungen in Israel zu suchen, um auf In der abhörsicheren Stanniolkugel im Hof der deutschen ­meine Fragen nach der deutschen Schuld Antworten zu finden. Botschaft, in einer gespenstischen Atmosphäre, berieten wir, Alle unsere Spielpläne haben immer wieder das Thema was wir tun könnten. Da hatte Gert Heidenreich den rettenAntisemitismus in seinen verschiedensten Inhalten und Forden Einfall: Lasst uns doch im Sinne Brechts mit der „List der men reflektiert und auf thematische Zusammenhänge gesetzt. ­Vernunft“ Lösungen finden. Der Antisemitismus als Vorurteil und Seuche, als Auslöser Das Kulturministerium in Moskau verlangte bei ethik­verachtender, existenzgefährdender Entwicklungen, als „­Strafmündig“ zwei wichtige Änderungen und bei „Kontrabaß“ Parabel vom Kampf der institutionalisierten Rechthaber gegen eine. In „­Strafmündig“ heißt es in einer Passage: „Wahnsinn: eigenbewusste Außenseiter. „Das Tagebuch der Anne Frank“, Russen schießen Jumbo ab, 364 Tote.“ Man verlangte, dass wir „­Gespräche mit dem Henker“, „Der Kaufmann von Venedig“,

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„So gut – so schlecht“, „Nathan der Weise“, „Heinrich oder die Schmerzen der Phantasie“, „Professor Bernhardi“, „Weiningers Nacht“ und „Ghetto“ ziehen eine breite wie differenzierende Linie durch die Spielpläne. Meine Elterngeneration hat, ebenso wenig wie das Gym-­ nasium, die drängenden, nach Aufklärung suchenden Fragen von uns Jungen nicht wirklich beantwortet; das war Verdrängung von Schuld, wie sie auch in unserer Gesellschaft der fünfziger Jahre so praktiziert wurde. Dieser Vorgang, positiv dargestellt, sollte wohl bedeuten: „Wir wollen euch damit nicht belasten.“ Nun hatte ich bereits bei meinen ersten – in rascher Folge – stattfindenden Israel-Besuchen ein ähnliches Verhal-­ ten der älteren jüdischen Generation gegenüber den bereits in Israel Geborenen festgestellt: Auf die bohrenden Fragen der jungen Generation in Israel an die Holocaust-Überlebenden gab es auch keine wirklichen Auskünfte: Man schwieg. War dies auch Verdrängung und / oder Schutz vor der Wiedererin­ nerung des Grauens? Dieser erste Israel-Aufenthalt war der Beginn einer immer noch andauernden Suche nach Kenntnis und Klärung. Vom offiziellen Programm der Düsseldorfer Delegation habe ich mich immer wieder abgemeldet, um vor Ort vom Haifa Theater und seinem künstlerischen Leiter, dem Autor und Regisseur Joshua Sobol, zu „lernen“, „was Antisemitismus und Hass, jede Form von Hass gegen Fremde, in einem einzigen Menschen und in einer Gesellschaft anrichten ­können“. Unser Treffen war der Beginn einer wunderbaren, bis heute andau­ernden, tiefen Freundschaft. Neben Sobol fand ich viele Freunde an den Theatern in Haifa, Jerusalem, Tel Aviv und Be’er Sheva. Wir diskutierten über Lösungsmöglichkeiten in unseren Theatern, wir entwarfen Pläne, unsere Arbeit in unseren Ländern theatralisch besser sichtbar machen zu können, um uns besser verstehen zu lernen. So folgten viele Einladungen nach Düsseldorf und so folgte auch die Einladung des Düsseldorfer Schauspielhauses nach Israel. Zwölf Jahre nach dem ersten Gastspiel eines deutschen Sprechtheaters in Israel war das Düsseldorfer Schauspielhaus das erste Theater, das wieder in Israel gastierte. Noch waren die politischen Beziehungen zwischen unseren Ländern nicht normalisiert, daher hatte das Gastspiel einen Stellenwert, der insbesondere durch die Stückwahl einen sehr politischen Akzent setzte. Auf unserem Programm standen zwei zeitgeschichtliche Stücke: die moderne Variante von Lessings „Nathan der Weise“ in der Regie von Volker Hesse und Taylors „So gut – so schlecht“ in der Regie von Thomas Schulte-Michels, das ein echtes Wagnis darstellte. Hitler als Karikatur, dargestellt von einem österreichischen Schauspieler (Bernd Jeschek) in Israel. Auch wegen dieser au-

„Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing, Regie: Volker Hesse, 1983, mit: Alois Strempel, Daniel Friedrich „So gut – so schlecht“ von Cecil P. Taylor, Regie: Thomas Schulte-Michels, 1982, mit: Raidar Müller-Elmau, Wolfgang Hinze, Ingeborg Weirich, Bernd Jeschek

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„Master Harold … und die Boys“ von Athol Fugard, Regie: Michael Gruner, 1984, mit: John Waddell, Robert Owens „Der grüne Kakadu“ von A ­ rthur Schnitzler, Regie: M ­ ichael Gruner, 1984, mit: ­Tanja von Oertzen, Alois Strempel, ­Ensemble „Spiel’s nochmal, Sam“ von Woody Allen, Regie: Volker ­Hesse, 1981, mit: Marianne Hoika „Heinrich oder Die Schmerzen der Phantasie“ von Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler, Regie: Volker Hesse, 1985, mit: Beat Knoll, Dirk Nawrocki, Arpád Kraupa, Pius Maria ­Cüppers, oben Ulrich Matthes

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ßerordentlichen politischen Brisanz begleiteten unsere 42 Teilnehmer umfassende Gruppe Oberbürgermeister ­Bungert und Staatssekretär Kleiner (NRW). „So gut – so schlecht“ beginnt zunächst wie eine Schlagerrevue und endet schließlich am Tor von Auschwitz mit einem Marsch von Schubert, gespielt vom dortigen Lagerorchester. Dazwischen vollzieht sich die Wandlung eines Germanistik-Professors und Goethe-Forschers zum Mit­arbeiter Eichmanns. Taylor selbst bezeichnete sein Stück als eine Tragödie in Form einer musikalischen Komödie. In schwierigen Situationen hört der Germanistik-Professor Halder Musik von imaginären Orchestern, die sich als eine Art Gegenwelt zwischen ihn und sein Tun schieben. Am Ende jedoch wird seine Neurose von der Wirklichkeit überholt – das Lagerorchester existiert wirklich. Erst in Israel erfuhren wir, dass die in „So gut – so schlecht“ von uns mitgebrachten echten (aber abgefeilten) ­Waffen – Maschinengewehre und Pistolen – nicht eingesetzt werden durften. Das Gleiche galt für die echten Uniformen mit den Original-Hakenkreuzen. Noch nie waren bis dahin Ori­ ginal-­Hakenkreuze auf einer Bühne in Israel zu sehen ­gewesen, auch keine deutschen Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg, und wenn doch, dann nur als Fake und stark abstrahiert. Man wollte in Israel konkret-realistische Symbole der Nazi-Zeit mit Rücksicht auf die Holocaust-Überlebenden vermeiden. Das brachte uns in eine schwierige Lage, zumal dieser Tatbestand inzwischen „durchgesickert“ war und zu Protesten führte. Joshua Sobol, als anerkannte Autorität in Israel und als Autor inzwischen weltberühmt, meinte: „Es ist wohl nun an der Zeit, uns der Wahrheit so zu nähern, wie sie war.“ Unter Polizeischutz wurden die verängstigten Schauspieler zum Theater gebracht, wir alle wussten nicht, ob und wie die Vorstellung unter diesen Umständen ablaufen würde, aber wir wollten uns stellen. Die ersten 15 Spielminuten verliefen in fast fiebriger Zer­fahrenheit der Schauspieler, dann nahmen sie die Aufmerksamkeit und Spannung des Publikums wahr und ihre verkrampfte Anspannung wich einer ruhigen Konzentration. Das Wagnis gelang. Viele Ältere im Publikum verstanden noch gut Deutsch, für sie führte „das Aufbrechen alter Wunden zu tiefer Betroffenheit, aber auch Anerkennung über den Versuch der Deutschen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen; zumindest auf der Bühne“ (ARD; 3. Programm). Die jüngere Generation reagierte – als Nicht-Betroffene – wesentlich unbefangener: „Für sie war es ein großes Theatererlebnis, das sie zu neuem Nachdenken anregte.“ (Allgemeine Jüdische Wochenzeitung) Nach der Vorstellung diskutierte das Publikum

erregt über die Frage der Hitler-Darstellung. Andere wiederum meinten, eigentlich würde das Stück sich mehr an die Deutschen selbst richten und die Frage stellen, warum und wie sie „hineingeschlittert“ sind. Die israelische Presse hob in besonderem Maße die schauspielerischen Leistungen und den Mut zur Kontroverse hervor. Auch die Vorstellung von „Nathan der Weise“, entstaubt von allem Historischen, im heutigen arabischen Raum spielend, wurde als Appell verstanden und auch heftig für die schauspielerischen Leistungen bejubelt. Keiner aus unserer Truppe hat während unserer Israel-Reise Anfeindungen als Deutscher erlebt, wohl aber sehr oft starke Zurückhaltung der älteren Generation, die doch auch zu sehr interessanten Diskussionen führte. Wir alle waren zu Beginn der Reise verunsichert, wie ­ wir und unser „politisches“ Programm wohl aufgenommen ­würden. Wir fuhren tief beeindruckt und voll von neuen Erkenntnissen nach Hause. Viele Freundschaften wurden geschlossen und über Jahre gepflegt. Gegeneinladungen Einzelner nach Deutschland fanden statt. Ferien wurden in Israel verbracht: Wir sind uns sehr nahegekommen, wir haben uns mehr als nur Hände gereicht! All das kann Theater erreichen! Im Gepäck für Düsseldorf hatte ich die Einladungen für Sobols „Ghetto“ und „Weiningers Nacht“, die ich ins Reper­ toire Düsseldorfer Schauspielhauses übernahm. Außerdem er­folgte erstmals eine Einladung, mit 13 Vorstellungen von ­Tucholskys „O hochverehrtes Publikum …“ in Kibbuzim zu gastieren, wo wir unmittelbar die Idee und das Leben in dieser solidarisch-sozialistischen Gemeinschaftsform kennenlernen konnten.

Düsseldorf – Dresden und zurück Der größte Brückenschlag im verfestigten politischen Gestrüpp gelang mit der Gastspiel-Vereinbarung zwischen dem Düsseldorfer Schauspielhaus und dem Staatstheater Dresden, so­zu­ sagen als Höhepunkt all unserer Gastspielbemühungen ­weltweit. „Ein derartiges Zusammenwirken zweier Bühnen aus der Bun­desrepublik und der DDR hat es in der deutsch-deutschen Theatergeschichte der Nachkriegszeit noch nicht ­gegeben.“ (SZ, 8.2.1986) Seit dem 1980 gescheiterten Versuch, mit dem Deutschen Theater Berlin und seinem damaligen Intendanten Wolfram einen ersten Austausch unseres getrennten Landes zu wagen, waren die langjährigen Beziehungen zur UdSSR die Initialzündung des Zustandekommens der Vereinbarung Düsseldorf – Dresden.

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1984 erhielt ich eine überraschende Einladung in die DDRKünstleragentur zu Generaldirektor Falk. Der Grund war, dass „der große Bruder“ UdSSR die DDR gedrängt hatte, mit mir ­Kontakt aufzunehmen, wegen der „völkerverbindenden, sehr guten Zusammenarbeit mit Beelitz und dem Düsseldorfer Schauspielhaus“. Die DDR sollte sich nicht länger dem drängenden Wunsch von Beelitz nach einer Kooperation mit Intendant Wolfram vom Staatsschauspiel Dresden verschließen. Falk selbst gab mir gegenüber – überraschenderweise – zu, diesen Hinweis aus Moskau erhalten zu haben. Er bot mir zuerst einmal an, noch 1984 und 1985 jeweils eine achttägige Theater-Informations-Reise durch die DDR zu organisieren. Er verband damit die Hoffnung, dass ich auch andere, ihm genehmere Theater schätzen lernen würde. So habe ich von Annaberg bis Zittau einen wirklich aufschlussreichen Eindruck der DDRTheater erhalten und wesentliche Theatergespräche mit den Kollegen geführt. Dies aber hat mich noch mehr bestärkt, nicht von meiner Idee mit Dresden abzurücken. Als Falk und auch der Kulturminister Hans-Joachim Hoffmann, den ich zwischenzeitlich mehrfach treffen konnte, mein Festhalten an Dresden zur Kenntnis nahmen, stimmten sie endlich zu – unter einer Bedingung: Dresden allein ginge nicht, es müsste unbedingt als gleichberechtigte Bühne Leipzig mit in die Gastspielreise einbezogen werden. Der Intendant von Leipzig, Karl Kayser, war mir als Urgestein der SED bekannt, als Mitglied im Politbüro des ZK der SED. Er galt in der Absprache mit dem Ministerium wohl als „politische Absicherung“ der DDR für unser Gesamtgastspiel. Wenigstens konnte ich die Forderung, dass auch Leipzig in Düsseldorf gastieren sollte, verhindern. So gelang, noch vor dem Kulturabkommen zwischen BRD und DDR, der erste Gastspielaustausch Düsseldorf – Dresden. Vom 4. bis zum 15. Februar 1986 gastierten wir in Dresden und Leipzig mit zwanzig Vorstellungen und zeigten drei Inszenierungen von Volker Hesse („Nathan der Weise“, Dorsts „Heinrich oder die Schmerzen der Phantasie“ und Woody Allens „Spiel’s nochmal, Sam“) Gruners Inszenierung von Schnitzlers „Der grüne Kakadu“, „Master Harold … und die Boys“ in der Regie von Horst Siede sowie Heidenreichs „Strafmündig“ in der Regie von Heusch. Das Gastspiel wurde zu einem künstlerischen wie politis­ chen Ereignis, das die deutsche Presse überregional besonders beachtete. Auch das Neue Deutschland meldete sich: „Die Ein­drücke sind viele. Was auffällt und was ich gerne notiere: Die Theaterleute aus der BRD möchten nicht abseits stehen im weltweiten Ringen um die friedliche Zukunft der Menschheit. Die Auswahl der Inszenierungen jedenfalls, mit der Generalintendant

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Günther Beelitz und sein Ensemble zu uns kamen, erlaubt diesen Schluss.“ Am allerbesten hat unser Schauspieler Ulrich Matthes in einem Bericht „Euphorie und Kälte oder: Die Endlose Sehnsuchtsrevue“ unsere große Begegnung in Dresden und Leipzig in Theater heute 5 / 86 zusammengefasst: „Die herzliche, offene, überschwängliche Begegnung der Künstler und des Dresdner Publikums war überwältigend. Wolfram hatte dieses Klima des offenen Umgangs aller mit allen aufgezeigt: wir waren freudetrunken, aber nicht überheblich, wir waren beglückt und doch geerdet in unserer gemeinsamen Arbeit, so wie wir dies noch nie erlebt hatten! Wir wollten eigentlich nicht mehr abreisen, doch dann kam der Schock in Leipzig“, wie Matthes ihn beschrieb: „In Leipzig ließ dann die DDR den Knüppel aus dem Sack: Da herrscht seit dreißig Jahren ein Alt-Stalinist namens Karl Kayser, der von einem ‚Wurmfortsatz des Dresdner Gastspiels‘ sprach, sein eigenes Publikum denunzierte (‚die Leute werden sowieso begeistert sein, egal was Sie bringen‘)“. Aber schlimmer war für uns, dass er verfügt hatte, dass die eng zusammenarbeitenden Techniker aus Düsseldorf und Leipzig in der Kantine nicht zusammen essen durften. Erst als ich mit Abbruch des Gastspiels drohte, hob er diese Verfügung auf. Aber die Kälte und das Desinteresse der Führung dieses Hauses an unserem Gastspiel war auch als Gesamtklima bei Künstlern und Technikern vorherrschend. Uli Matthes beschrieb es so: „Die Atmosphäre im Haus selbst ist denn auch – so gesehen nach fünftägigen Eindrücken – von einer für ein Theater beunruhigenden grauen, tristen Starre.“ Im Mai 1986 erfolgte der Gegenbesuch der Dresdner in Düsseldorf mit zwölf Vorstellungen. Intendant Wolfram hatte eine Stückauswahl getroffen, die ein breites Spektrum von klassisch bis zeitgenössisch aufwies und sich kritisch mit der deutschen Geschichte auseinandersetzte, ähnlich wie wir dies mit unserem Spielplan in Dresden auch gezeigt hatten. Gespielt wurden Kipphardts „Bruder Eichmann“ in der Regie von ­Schönemann, Müllers „Die Umsiedlerin oder das Leben auf dem Lande“ in der Regie von Tragelehn, Gelmans „Zwei auf einer Bank“, Hebbels „Die Nibelungen“, Goldonis „Der Krieg“, Shakespeares „Sonette“ (alle vier in der Regie von Engel) sowie Manns „Fülle des Wohllauts“ in der Regie von Große. Besonders die Arbeiten des im Westen noch nicht hervorgetretenen Hausregisseurs Wolfgang Engel nahmen das Publikum für sich ein – an erster Stelle seine sechsstündige NibelungenInterpretation, die zum zentralen Ereignis der Gastspielreise wurde. Die Dresdner Schauspielerin Hanne Koch schrieb: „Wir hatten keinen Augenblick das Gefühl, in einem fremden Haus


zu sein. Wir empfanden uns als ‚gewollt‘, als ‚angenommen‘. All diese Normalität des Umgangs, die Freude, unsere oft sehr unterschiedlichen Standpunkte in der Auseinandersetzung über konkrete Arbeiten formulieren zu können, uns dadurch näher zu kommen; und auch die große öffentliche Aufmerksamkeit für unsere Arbeit durch die Presse durch zahlreiche Vertreter des politischen und künstlerischen Lebens der Bundesrepublik – all das hat uns Mut gemacht.“ Kurz vor Ende meiner Intendanz in Düsseldorf waren diese gegenseitigen Gastspiele ein Höhepunkt, der nicht mehr zu übertreffen war. In der FAZ vom 22.7.1986 schrieb Jochen Schmidt: „Die Tourneen des Düsseldorfer Schauspielhauses nach Japan und ­Israel, in die Sowjetunion und in die DDR – nebst der Erwiderung des Besuches durch das Staatsschauspiel Dresden – haben der deutschen Kultur vermutlich mehr Ansehen verschafft, als viele noch so gut gemeinte Initiativen des Auswärtigen Amtes.“ Insgesamt 117 Vorstellungen spielte das Düsseldorfer Schauspielhaus in meinen zehn Jahren außerhalb Deutschlands in zwölf Ländern. Nur weil das Stammhaus am Gründgens-Platz so hervorragend besetzt war, konnte ich meine „kulturell-politischen Einsatzpläne“ für die internationalen Gastspiele und die dafür notwendigen Abwesenheiten so intensiv verfolgen. Gerd Jäger als Geschäftsführender Dramaturg, Gerd-Theo Umberg als Betriebsdirektor und der Technische Direktor Joachim Ehle waren meine „Felsen in der Brandung“, die künstlerischen und organisatorischen Garanten, dass die Leitlinien unserer Dramaturgie nicht verloren gingen und die organisatorisch-technischen Betriebsabläufe dem künstlerischen Gelingen geräuschlos dienend zuarbeiteten. So erreichten wir bei 1051 Vorstellungen in der Spielzeit 1984 / 85 mit 450037 Zuschauern und mit 7,343 Millionen Mark das höchste Einspielergebnis meiner I­ ntendanz. 127805 Besucher sahen unsere Gastspiele im In- und Ausland. Damit stand das Schauspielhaus erneut an der Spitze der ­Bundesrepublik.

Das Ende meiner Generalintendanz Anfang 1985 hatte ich innerhalb einer Woche zwei konkrete ­Angebote erhalten: das Schauspielhaus Hamburg oder das Bayerische Staatsschauspiel München zu übernehmen. Reinhard Kill schrieb daraufhin: „Beelitz auf der Gründgens-Schiene.“ Eine schwere Entscheidung für mich, die aber, nach Rücksprache mit meiner Frau, doch für München ausfiel. Wir hatten so viel in Düsseldorf erreicht, dass es kaum mehr Steigerungen hätte geben

können: „Theater des Jahres“, fünf Einladungen zum Theatertreffen nach Berlin, fünf Fernsehaufzeichnungen, große internationale Gastspiele in kulturpolitisch schwierigen Ländern wie die UdSSR und Israel. Die höchsten Publikumszahlen, die das Schauspielhaus je erreicht hat, die höchsten Einspielergebnisse, 39 Uraufführungen, 144 Gastspiele im Schauspielhaus. Auch das Kinder- und Jugendtheater war gefestigt und hat erfolgreich alle Versuche abwehren können, „eingespart“ zu werden. Es hat unter Barbara Oertel ein eigenes Profil entwickelt und, mit kräftiger Unterstützung der Theaterpädagogin und Schulreferentin Ute Kessler, alle Anfeindungen überstanden und sich mit seinem spezifischen Publikum unübersehbar, unüberhörbar angefreundet. Leider haben meine immer wieder geäußerten dringenden Mahnungen, die Akustik des Großen Hauses zu verbessern, auch mit einer neuen elektroakustischen Anlage nicht zum Erfolg geführt. Das Problem ist auch unter meinen Nachfolgern nicht gelöst worden. Die wesentliche Verkleinerung des Zuschauer­ raumes des Großen Hauses brachte auch nur einen Teilerfolg für die Akustik, hat aber wenigstens die Tiefe des Raumes verringert. Immer wieder habe ich auch auf eine Änderung des Abstecherbetriebes hingewiesen: „Man sollte indes einsehen, dass das Düsseldorfer Schauspielhaus auf Dauer nicht die größte Landesbühne Deutschlands sein kann. Damit wäre dem Haus am meisten geholfen. Die Struktur der GmbH belassen und die Aufgabenfunktion konzentrieren – also wesentlich weniger ­Ab­stecher“. Die Gesamtzahl während meiner zehn Jahre betrug 1570 Gastvorstellungen!!! Unser Ensemble war inzwischen so zusammengewachsen und gereift, dass wir in der letzten Spielzeit, unseren Leitlinien und politischem Verständnis folgend, endlich Schnitzlers „Professor Bernhardi“ auf den Spielplan setzen konnten. Wir wollten mit diesem – kaum mehr gespielten – Stück noch einmal den Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion und den wachsenden Antisemitismus aufzeigen, der bereits deutlich auf unsere Zeit hinwies. Als letzte Vorstellung im Großen Haus – zu meinem Abschied – hatte ich mir meine Lieblingsvorstellung „Professor ­Bernhardi“ gewünscht, in der anschließend der Minister für Wissenschaft und Kunst und stellvertretende Aufsichtsratsvor­ sitzende der Neuen Schauspiel GmbH Hans Schwier sagte: „­Beelitz geht ohne Streit, ohne Prozess und er gehe in eine Stadt, in der er es schwerer haben werde. Der Intendant gehe aber g­erade deshalb, weil er es schwerer haben wolle. Er hinterlässt ein gut instand gehaltenes Großtheater und einen exzellenten Ruf des Theaters.“

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2014–2016: Generalintendant oder „Der Sprung ins kalte Wasser“ Nach meiner 35-jährigen ununterbrochenen Intendantenzeit kehrten meine Frau Christine und ich im Herbst 2005 zum dritten Mal und nun endgültig nach Düsseldorf zurück. Als im November 2013 zuerst die Stadt anfragte, ob ich mir vorstellen könnte, mitten in der laufenden Spielzeit das stark schlingernde, tief in den roten Zahlen steckende Schauspielhaus zu über­ nehmen, war ich zuerst einmal überrumpelt. Dann besuchte mich in Regensburg ein Vertreter des Landes mit derselben Anfrage. Nach genauerer Kenntnis der Fakten und Zahlen war ich geschockt über das Ausmaß der Schauspielhaus-Misere, anderer­ seits fühlte ich mich dem Haus so verpflichtet und emotional verbunden, dass ich den „Sprung“ – trotz aller Bedenken – doch wagen wollte. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ein Geschäftsführender Direktor meines Vertrauens mit mir dieses „Himmelfahrtskommando“ zusammen stemmen würde: ­Alexander von Maravić. Erster Schritt, den Maravić und ich von den Gesellschaftern der Neuen Schauspiel GmbH forderten, war eine bindende Entschuldung, ohne die wir unsere Arbeit nicht aufnehmen würden. Uns war klar, dass es in der kurzen Zeit bis 31. Juli 2016 nur das Ziel sein konnte, das Haus wieder zu konsolidieren und das verloren gegangene Vertrauen des Publikums wieder zurückzugewinnen, um die Zuschauerzahlen und damit auch die Einspielergebnisse wieder wesentlich zu steigern. In einer laufenden Spielzeit eingesetzt zu werden und festzustellen, dass viele, ­insbesondere auch viele Schauspieler, den Ernst der Lage noch nicht erkannt hatten, zeigte, wie groß inzwischen die Kluft zwischen Publikum und Theater war und welch Desinteresse herrschte. Das größte Problem war, dass es kein Leitungsteam ­unseres Vertrauens gab, sodass allen dringend notwendigen Änderungen, „um den gestrandeten Havaristen freizuschleppen“ (OB Geisel), wesentliche Entscheidungen im Personal- und ­Sachbereich vorausgehen mussten. Erst zum Ende der Spielzeit 2013 / 14 gelang es mir, mit Dirk Diekmann einen ehemaligen langjährigen Mitarbeiter ­meines Theaterverständnisses als Stellvertretenden Generalintendanten zu engagieren, der auch als Dramaturg, Regisseur und Schauspieler für mich in dieser Situation unersetzlich wurde. Andrea Kaiser kam als neue Pressesprecherin, als stets erreichbares, kommunikatives, liebenswürdiges „Sprachrohr“ der Intendanz und des Theaters. Für die notwendig veränderte

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Strategie in Kommunikation und Marketing kam Stefan Ruhl. Die Dramaturgie, das wichtige „Hirnzentrum des Theaters“, stand mit Barbara Noth, Oliver Held und Dirk Diekmann endlich auch fest, um sofort ein verändertes Spielplankonzept zu erstellen. So kamen etliche Schauspieler wieder zurück ans Schauspielhaus: Manuela Alphons, Wolf Aniol, Reinhart Firchow, Marianne Hoika, Winfried Küppers, Timo Schwarz, Tanja Schleiff, Susanne Tremper, Andreas Weißert und als Gäste Nicole Heesters, Ernst Stötzner, Hannes Hellmann und Stefan Hunstein. Andere kamen neu ins Ensemble: Heisam Abbas, Anna Beetz, Konstantin Bühler, Klara Deutschmann, Andreas Grothgar, Jonas Gruber, Pia Händler, Katrin Hauptmann, Katharina Lütten, Dominik Raneburger, Andreas Helgi Schmid, Jakob Schneider, Louisa Stroux, Moritz von Treuenfels und Hanna Werth. Zum Problemkind war das „performative Theater“ des Jungen Schauspielhauses geworden: Weder die jungen Zuschauer noch die Schulen unterstützten den veränderten künstleri­schen Ansatz meines Vorgängers, sodass ich mich entschließen ­ musste, kurzfristig eine neue Künstlerische Leitung für das ­Junge Schauspiel zu finden. So wie ich „ins kalte Wasser“ gesprungen war, tat dies innerhalb von vierzehn Tagen auch C ­ hristof Seeger-­ Zurmühlen, den ich als Schauspieler und Regisseur gesehen hatte und der mit enormer Tatkraft und Mut und Vision für seine Theatervorstellungen für ein junges Publikum antrat. Er aktivierte die fast zum Erliegen gekommenen Verbindungen zu den Schulen sofort wieder. Sein Motivationsschub ließ das Junge Schauspielhaus in kürzester Zeit wieder aufblühen. Als wir antraten, war eine dringend notwendige Modernisierung der haustechnischen Anlagen durch enorme Wassereinbrüche, Asbest und schwere sicherheitstechnische Mängel in den nichtöffentlichen Bereichen nicht mehr aufzuschieben und führte in Verbindung mit dem Neubau der Tiefgarage und dem Ingenhoven-Tal letztlich zur kompletten Schließung des Schauspielhauses. Diese Baumaßnahmen in einem Volumen von zwölf Millionen Euro verantwortete die Geschäftsführung der Neuen Schauspiel GmbH selbst.

Das Central Als alternativer Spielort für die Interimszeit während der Bauarbeiten kam nur das Central infrage, das Werkstätten- und Probengebäude des Schauspielhauses im ehemaligen Paketpostgebäude beim Hauptbahnhof. Mit der Entscheidung, das Schau-


„Terror“ von Ferdinand von Schirach, Regie: Kurt Josef Schildknecht, 2016, mit: Andreas Grothgar, Moritz von Treuenfels, Eva-Maria Voller, Wolfgang Reinbacher, Nicole Heesters, Viola ­Pobitschka „Faust I“ von Johann ­ Wolfgang Goethe, Regie: Georg ­Schmiedleitner, 2015, mit: T ­ hiemo Schwarz, Katrin H ­ auptmann, ­ Katharina Lütten, Stefan Hunstein, Karin ­Pfammatter

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noch spürten alle auch die Chance und den Aufbruch für das Schauspielhaus. Zum Abschluss dieser Kurz-Intendanz habe ich mich als Regisseur verabschiedet: Max Frischs „Biografie: Ein Spiel“. Die Fragestellung, was wir ändern würden in unserem Leben, wenn wir noch einmal anders entscheiden könnten, hat mich lebenslang beschäftigt. Günther Beelitz, Alexander von Maravić beim Umzug ins Central, 15.1.2016

Das also bleibt!?

spielhaus zu schließen, begann für uns der totale Ausnahme­ zustand. Die Flächen im Central waren nicht groß genug, um das Schauspielhaus komplett mit allen Mitarbeitern und Raum­ anforderungen dorthin auszulagern. Wir fanden im ehemaligen Balletthaus der Oper in Niederkassel ein beengtes provisorisches Ausweichquartier für die künstlerische und kaufmännische ­Leitung und ihre Mitarbeiter sowie die Kostümwerkstätten. Um aus der Not eine Tugend zu machen, schmiedeten wir einen Gesamt-Kunst-Plan: Winzig kleine Pappköfferchen mit der Aufschrift „brecht auf“ waren die Maskottchen unserer Theater-Karawane: Alle unsere Mitarbeiter zogen, teils verkleidet, in einem karnevalistisch inszenierten Umzug in einer langen Schlange, bei Schmuddelwetter am 16. Januar 2016 quer durch die Stadt, vom Schauspielhaus zum Central, um es für eine lange Zeit in Besitz zu nehmen. In einem Kraftakt hat das Düsseldorfer Schauspielhaus mit allen Mitarbeitern sein Stammgebäude komplett geräumt und sollte – damals noch erhofft – bis Sommer 2017 im Central „gastieren“. Insgesamt mussten über 225 Mitarbeiter während des laufenden Spielbetriebs im Pfau-Bau ins Central und ins Balletthaus umziehen, das bedeutete in Zahlen: 780 Scheinwerfer mussten zuerst am Gründgens-Platz aus- und im Central wieder eingebaut werden, außerdem 1800 Kubikmeter Bühnenbilder, 1400 Kubikmeter Requisiten, 5 Kilometer Kabel, 1786 Leitz-­ Ordner, 15 Industrienähmaschinen … Ideenreich und hochmotiviert für „ihr“ S ­ chauspielhaus haben insbesondere die technischen Abteilungen unter der ­besonnenen Technischen Direktion von Lothar Grabowsky den schwierigsten Part beim Umzug übernommen. Für nahezu alle Mitarbeiter haben sich die Arbeitsbedingungen im Central verschlechtert, von der Abteilung Maske bis zu den beengten ­Garderoben für die Schauspieler, vom Fehlen einer Kantine bis zu den eigentlich nicht vorhandenen Sozialräumen, und den­-

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Der Erfolg des Düsseldorfer Schauspielhauses ist dem ­Ensemble ebenso wie den ‚guten Geistern‘, den Mitarbeiterinnen und ­Mitarbeitern hinter dem Vorhang und hinter der Bühne zu verdanken. Wir hatten zwei Spielzeiten, um das Düsseldorfer Schauspielhaus aus den negativen Schlagzeilen herauszuholen. Zwei Jahre, das Vertrauen des Publikums wiederzugewinnen. Das ist uns gelungen: Die Zuschauerzahl stieg um 23 Prozent auf insgesamt 181.482. Der Einnahmen durch den Kartenverkauf stiegen um 743.000 Euro von 1.685.000 Euro auf 2.428.000 Euro, also um 44 Prozent. Als nach diesem Kraftakt aller die Stadt Düsseldorf Alexander von Maravić und mir die Verdienstmedaille der Stadt Düsseldorf verleihen wollte, habe ich diesmal nicht abgelehnt wie 1986, sondern sie wirklich als Preis für diesen „Kampf­ einsatz“ gewertet, als OB Geisel bei der Verleihung sagte: „Und weil alle mitgezogen haben, konnte gelingen, was beinah unmöglich schien – den gestrandeten Havaristen freizuschleppen, herzurichten und Fahrt aufnehmen zu lassen. Neben dir auf der Brücke standen in unermüdlichem Einsatz und voller Enthusiasmus Alexander von Maravić und euer Leitungsteam. Das also bleibt.“ Spätestens bis zum fünfzigsten Jubiläum des Düssel­ dorfer Schauspielhauses im Januar 2020 mögen endlich alle Bauarbeiten abgeschlossen sein, damit sich das Theater wieder ganz auf sich und sein Publikum konzentrieren kann, aber auch dann gilt: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“

Günther Beelitz, geboren 1938, war Intendant am Staatstheater Darmstadt (1971 bis 1976), Generalintendant am Düssel­dorfer Schauspielhaus (1976 bis 1986), Intendant des Bayerischen Staatsschauspiels (1986 bis 1994), Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar (1994 bis 2000) und Intendant des Theaters der Stadt und Schlossfestspiele Heidelberg (2000 bis 2005). Von 2014 bis 2016 leitete er noch einmal das Düsseldorfer Schauspielhaus.


Fantasiespirale Das Junge Schauspiel: Vom Gründgens-Platz zur Münsterstraße und hinaus in die Welt von Stefan Fischer-Fels, Richard Isselhorst, Ute Kessler

Juli 2019. Die Münsterstraße 446, Heimstätte des Jungen Nicht nur für Gymnasiasten Schauspiels, liegt im Sonnenlicht. Koffer werden hineingetragen. Das Junge Schauspiel kehrt gerade von einer Tournee aus Indien Dort, auf dem Wege zu einem neuen Theaterbau am Gustafzurück, dort wurde Lutz Hübners und Sarah Nemitz’ Stück Gründgens-Platz, hatte in den wildbewegten sechziger Jahren „Paradies“ in der Inszenierung von Mina Salehpour in Bangalore der Intendant Stroux mit seiner Dramaturgie (u. a. Günther und Pune gespielt. Gleichzeitig bejubelten die Düsseldorfer ­Beelitz und Dieter Forte) sich die Frage gestellt, ob es für das erste Gastspiel des Moskauer Kindertheaters Teatrium on Kinder und Jugendliche noch etwas anderes geben könnte als ­Serpukhovka. Eine erfolgreiche Saison neigt sich dem Ende zu, den „­Wilhelm Tell“ für Gymnasiasten. Er beauftragte seine die besten Zuschauerzahlen seit Jahrzehnten. Beim Düssel­ Dramaturgie, zusammen mit dem städtischen Schulamt und der dorfer „Theaterwunder“ (Westdeutsche Zeitung) ist das Junge engagierten Schulrätin Ruth Fendel für das neue SchauspielSchauspiel mit dabei. Düsseldorf liebt sein Kinder- und Jugendhaus am Gustaf-Gründgens-Platz ein Programm für Kinder zu theater, und das schon seit 1976. Aber war das schon immer entwickeln. In der Spielzeit 1970/71 war es dann so weit. Das so? Was gab es vor 1976? Und wie hat alles begonnen? Wo? Schulamt schrieb an alle Schulkinder der Klassen 1 bis 8: Wer hat dafür gekämpft? Die Spuren führen zurück in das Düs„Das Theater ist nämlich keine Einrichtung, die nur für Erwachseldorf der sechziger Jahre. sene vorhanden ist. Das Theater, über das wir Euch schreiben,

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„Klaus Klettermaus und die anderen Tiere im Hackebacke­ wald“ von Thorbjörn Egner, Regie: Kai Braak, 1972, mit: Meike Sang, Wolf Martienzen

ist Euer Theater, mit Stücken für Euch und mit Schauspielern, die nicht nur für Euch spielen, sondern sich auch mit Euch unter­halten möchten. (…) Wir haben einige schöne Theater­stücke ­ausgesucht. Mit dem ersten fangen wir schon bald, Anfang Oktober, an. Es heißt „Stokkerlok und Milllipilli“ und ist … aber nein, das werde ich noch nicht verraten. Komm, schau es Dir an!“ (Ruth Fendel, Schulrätin) Das erste Kinderstück wurde im Kleinen Haus am Gründgens-Platz vom Ensemble des Schauspielhauses gespielt. 1972 nahm der neue Intendant Ulrich Brecht den Gedanken auf und zeigte zum ersten Mal Kinderstücke zur Weihnachtszeit auf der Großen Bühne. Legendär geworden ist die Inszenierung „Klaus Klettermaus und die anderen Tiere im Hackebackewald“ (1972), ein Stück, das 2002 in einer „kleinen“ Inszenierung von

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­ riederike Betz mit dem Kinderklub des Kindertheaters noch F einmal zu großem Erfolg geführt wurde. Von einem ganzjährig spielenden Kindertheater aber war die bestehende Konstruk­tion noch weit entfernt.

ründung des eigenständigen G Kinder- und Jugendtheaters Günther Beelitz, der unter Stroux die ersten Gedanken für ein Kindertheater skizziert hatte, machte nun, als er 1976 Intendant wurde, ernst mit einem Kindertheater am Düsseldorfer Schauspielhaus, das nicht nur (aber auch), wie er beschrieb, „aus Alibi-Weihnachtsmärchen besteht“ und auch nicht nur ein


„Mini-Erwachsenentheater“ sein will, sondern ­eigenen, kindgerechten Regeln folgt. Er beauftragte die gebürtige Leipzigerin und ehemalige Wiener Studienkollegin, zu der Zeit noch Chefdramaturgin am Staatstheater Saarbrücken, Barbara Oertel, mit der Gründung einer eigenständigen Sparte „Kinder- und Jugendtheater am Düsseldorfer Schauspielhaus“. Barbara Oertel hatte bereits an früheren Wirkungsstätten Konzerte und Aufführungen für Kinder organisiert. Sie hatte eine Vision und ein sehr modernes Bild von zeitgenössischem Theater für Kinder, das Sprache, Bewegung, Musik, neue Räume und ungewöhnliche Materialien einschloss. Sie entwickelte „Spielstunden nach Noten“, große musikalische Märchenstücke und „assoziatives Bildertheater“, im Jahr 1987 sogar in Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein. Sie träumte von einem „Theater zum Anfassen“, zum Schauen wie zum Mitmachen. Sie veranstal­tete Formate wie „Spiele, die man nicht kaufen kann“ mit dem Ensemble. Und sie hatte, das bestätigen alle, die sie erlebt ha-ben, eine unbändige Energie: „Sie war ein Wirbelwind der Fantasie“, schreibt Günther Beelitz über sie. Ideen und Konzepte gab es also genug. Nur keine Räume. Das neu gegründete „Kindertheater“ musste um jeden Termin im Kleinen oder Großen Haus kämpfen, meistens wurde es abgewiesen: Geht nicht. Gibt’s nichts. Tut uns leid. Es fehlte aber auch an allem: Personal! Bühnen! Probebühnen! Um arbeiten zu können, wurde als Kompromiss zeitweilig von 8 bis 12 Uhr geprobt, bevor die nächste „Schicht“ probte, immer in Konkurrenz mit dem Abendspielplan des „Erwachsenentheaters“. Barbara kämpfte einen verzweifelten Kampf und bezeichnete sich selbstironisch als „Schweineschwänzchen des Erwachsenentheaters“. Und sie entschied sich, vorerst auszuweichen: Wer kein Haus hat, der geht in die Stadt! Oder auch: Er/sie stellt ein Zelt in der Stadt auf! Nein, wir reden hier nicht von Wilfried Schulz im Jahre 2016, wir reden vom Kindertheater vierzig Jahre zuvor. Ein Zelt wurde auf den Gründgens-Platz gestellt, damit Kindertheater (zeitweilig) stattfinden konnte. Die Zuschauer saßen auf umgestülpten Blecheimern. Und es wurde wie verrückt mobil gespielt in Jugendfreizeiteinrichtungen, Turnhallen, Messe­ hallen, Gemeindesälen. 1977 stieß die Theaterpädagogin Ute Kessler dazu, die bis zu ihrer Rente im Jahr 2007 (!) dem Haus treu blieb, ab 1993 vorrangig dem Kindertheater zugeordnet. Es ging bergauf, auch dank der vielen engagierten Lehrerinnen und Lehrer. Aber der Spielort Gründgens-Platz war, bei allem Enthusiasmus und trotz zentraler Lage, kein Modell für alle ­Zeiten. Die Suche nach einem geeigneten Ort für das erfolgreiche „Modell Kindertheater“ beginnt Ende der siebziger Jahre.

ufbruch vom Gründgens-Platz A und erste Krise des Kindertheaters In den siebziger Jahren verfolgte das Ministerium für Städtebau, insbesondere der Staatssekretär Karl Ganser, das Ziel, alte ­Industriestätten neu zu beleben. Die alte Fabrik Schwietzke, weit draußen im Nordosten der Stadt, war in den siebziger Jahren in Konkurs gegangen. Seitdem verwahrloste das Gebäude, wurde nur gelegentlich von Punkbands oder Freien Gruppen in Beschlag genommen. Anfang der achtziger Jahre aber entschieden Stadt und Land, in Rath/Mörsenbroich den Wohnungsbau zu entwickeln und die Industriebrache kulturell zu nutzen. Erste Überlegungen, das Kindertheater dort unterzubringen, machten die Runde in Politik und Verwaltung. Damals entstanden viele Theaterhäuser für Kinder an den Rändern der Städte, denn man ging davon aus, dass die organisatorischen Voraussetzungen für Theaterbesuche durch Schulen – insbesondere durch Bustransfers – auch in Rath / Mörsenbroich gegeben seien. Und schon 1980 verließ das Kindertheater sein „Mutter­ haus“ im Zentrum der Stadt und bezog die provisorisch zum Theater umgebaute ehemalige Betriebskantine der Fabrik Schwietzke, die damals auf dem heutigen Vorplatz des Jungen Schauspiels stand. Maximal 220 Plätze. Im ersten Stock. Das Dach musste bei Sonnenschein mit einem Gartenschlauch gewässert werden, um die unerträgliche Hitze im Raum zu ­lindern. Die Bühnenbilder mussten mit einem Kran durchs Fenster an-­ geliefert werden, die Schauspieler bei Sturm und Regen über eine Eisentreppe im Freien zu ihren Auftritten gelangen. Und die Toiletten für die Zuschauer befanden sich in Räumen direkt hinter der Bühne! So entstand die berühmt-berüchtigte Düs­ seldorfer „Pinkelansage“ vor jeder Vorstellung: Einlass war dreißig Minuten vor Vorstellungsbeginn, damit alle Kinder noch rechtzeitig vorher aufs Klo gehen konnten. Während der Vorstellung hätten sie über die Bühne laufen müssen … „Kikeri­kiste“ von Paul Maar war die erste Münsterstraßen-Inszenierung, am 24. August 1980. Nebenbei gründete Barbara Oertel auch das Jugendtheater, denn anfangs spielt das Kindertheater nur für die 6- bis 14-Jährigen (1. bis 8. Klasse). Mit der Zunahme der Jugend­ arbeitslosigkeit und mit den gesellschaftspolitischen Forderungen zu Beginn der achtziger Jahre – „Kultur / Theater für alle“ – ­ wurden auch jugendspezifische Themen und Stücke aufgegriffen. In Düsseldorf machte am 13. Januar 1982 der Autor und Regisseur Peter Heusch mit der Uraufführung „Ich heiße Irene Haller – und Du?“ für Jugendliche ab 13 Jahren den Anfang, eine Aufführung, die sich gezielt auch an Hauptschüler richtete. Ein

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Aktion auf dem GustafGründgens-Platz, 1988, mit: Oberstadtdirektor Karl Ranz, Oberbürgermeister Klaus Bungert, Barbara OertelBurduli, Volker Canaris Der Neubau des Kinderund Jugendtheater in der Münsterstraße, 1993 Die Bühne der neuen Kinderund Jugendtheaters Grundsteinlegung in der Münsterstraße, 21.10.1991, Oberstadtdirektor Karl Ranz, Oberbürgermeister Klaus ­Bungert, Volker Canaris, ­Barbara Oertel-Burduli

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„1. Kinder- und Jugendtheatertreffen NRW“ (das heute unter dem Namen „Westwind“ einen bedeutenden Platz in der deutschsprachigen Theaterlandschaft einnimmt) in Düsseldorf statt und versammelte erstmals die junge Theaterszene aus ganz NRW in Düsseldorf.

Spielstätte Münsterstraße / Karl-Röttger-Platz 1 Inzwischen war Volker Canaris Intendant des Schauspielhauses geworden. Unter seiner Leitung kam es zum großen „Wunder“, dem Theater(neu)bau und dem Umzug in die Fabrikhalle an der Münsterstraße. 1988, zeitgleich mit den Veranstaltungen zur 700-JahrJahr später feierte eine Neubearbeitung von „Antigone – wer ist das?“ für Jugendliche in der Münsterstraße Premiere. „Antigone“ Feier der Stadt Düsseldorf, beeindruckte das Kindertheater zunächst einmal die Vertreterinnen und Vertreter der Stadt mit steht auch in der Spielzeit 2019/20 wieder auf dem Spielplan. einer Demonstration vor dem Schauspielhaus auf dem GründAn einem ihrer ersten Tage am neuen Arbeitsplatz schaugens-Platz: Angeführt von einem (von Kaufhof gesponserten) te Barbara durchs Fenster ihres Büros, das direkt ins „Aller34 Meter langen „Lindwurm“, traten viele, auch prominente, heiligste“ der Fabrik Schwietzke blicken ließ: die Montagehalle. Kämpferinnen und Kämpfer für den Erhalt, nein, sogar für den „Da will ich rein!“, rief sie. Und arbeitete unermüdlich an ihrem Traum … Zuerst allerdings musste sie heftige Angriffe abwehren. Neubau des Kindertheaters an. Barbara Oertel hielt Vorträge für bessere Bedingungen für ihr Kindertheater: „Für Kinder und In die erste Intendanz Beelitz fällt auch die Beinahe-Schließung Jugendliche die gleiche Qualität zu fordern, wie man sie ganz der kleinen Abteilung. Denn Düsseldorf war in den achtziger selbstverständlich jedem anderen Kulturinstitut in der LandesJahren keineswegs von der Veränderung der Arbeitswelt und der hauptstadt zubilligt. Es will mir einfach nicht in den Kopf, dass damit verbundenen Strukturkrise der Wirtschaft des Ruhrgein Sachen Kultur für Kinder und Jugendliche immer ‚viel weniger‘ biets verschont geblieben. Die Gewerbe- und die Einkommensals für Erwachsene reichen soll.“ steuer sprudelte nicht wie früher. Düsseldorf musste heftig Und dann hatte Düsseldorf, hatte Barbara ihre ganz sparen. Das Schauspielhaus war davon nicht ausgenommen. besondere Kindertheater-„Wende“ geschafft. 1989 war es so 1983 kürzte ihr der Kulturausschuss den Etat um weit: Die Pläne für den Ausbau der Fabrik Schwietzke waren 300.000 Mark. Zum drohenden finanziellen Aus kam noch fertig, die Betriebskantine wurde abgerissen. Das Kindertheater ­ der lange geplante und nun anstehende Abriss der alten Fabrik. spielte wieder einmal heimatlos zum Beispiel in den Pavillons der Sollte das Rad zurückgedreht werden? Kindertheater wieder Bundesgartenschau (dort, wo heute das Akki agiert!) – und 1993 als „Schweineschwänzchen“ am Gründgens-Platz stattfinden eröf­fnete endlich das eigene Theater am Karl-Röttger-Platz 1 bzw. oder gar gänzlich beendet werden? Barbara mobilisierte alle in der Münsterstraße 446. Was für ein Fest, was für eine Freude! wohlmeinenden Kräfte der Stadt. Beelitz unterstützte sie. Es (Der Name „Karl-Röttger-Platz“ setzte sich leider nicht gab inzwischen zahllose Fans des Kindertheaters, Eltern, Lehre­ durch, dennoch ist es wichtig zu erwähnen, dass Karl Röttger rinnen und Lehrer, Kinder. „Ich finde es sehr schade wenn ihr in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts die ersten Teater zu machen würde. Denn wir spielen in der Schule auch Konzepte für ein „Theater für Kinder“ und eine „Dramaturgie Teater. Und ihr Teater ist das schönste hier in Düsseldorf“, des Kindertheaters“ in Düsseldorf verfasst hatte – „Das schöpf­ brachte ein Schüler der Grundschule Rather Kreuzweg die erische und das spielende Kind. Das Kindertheater“, 1927 – ­Sorgen ums Kindertheater auf den Punkt. und erste Versuche mit Studierenden der „Akademie des SchauDer „Verein der Freunde und Förderer des Kinderspiel­hauses“ bestritt; Absolventen der Düsseldorfer Schauund Jugendtheaters am Düsseldorfer Schauspielhaus e. V.“ spiel­schule waren u. a. Walter Oehmichen, später Gründer der wurde gegründet, Unterschriften wurden gesammelt, Lobby„Augsburger Puppenkiste“, und Gustaf Gründgens.) arbeit geleistet und Öffentlichkeit mobilisiert. 1985 fand das

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Im Übrigen handelte sich Barbara Oertel gleich den nächsten Ärger ein, als sie den Namen Kindertheater infrage stellte: Sie argumentierte, dass viele immer noch dächten, dort würden Kinder spielen. Und Jugendliche würden nicht in ein Kindertheater gehen (die gleiche Diskussion führte im Jahr 2006 unter Amélie Niermeyer zur Umbenennung in Junges Schauspielhaus). Ausnahmsweise setzte sich Barbara in diesem Punkt nicht durch. Es blieb vorerst beim Namen Kinder- und Jugendtheater am Düsseldorfer Schauspielhaus. Programmatisch schrieb sie zum Start an der Münsterstraße: „Wir wollen junge Menschen auf dem schwierigen Weg begleiten, erwachsen zu werden, sich in dieser Welt einzurichten und eigene Utopien zu suchen – nicht mit Rezepten, sondern mit Theatergeschichten, die herausfordern zu eigenen Fragen … und Antworten.“

Blick zurück nach vorn

„Kikerikiste“ von Paul Maar, Regie: Barbara Oertel-­Burduli, 1980, mit: Barbara Bernt, Michael Wolfram „Paradies“ von Lutz Hübner, Sarah Nemitz, Regie: Mina ­Salehpour, 2017, mit: Paul Jumin Hoffmann, Kilian Ponert

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Von da an – seit 27 Jahren – gibt es ein eigenständiges Kinderund Jugendtheater mit einer eigenen Spielstätte, konnte sich das Theater auf einer soliden Grundlage weiterentwickeln. Nach Barbara Oertels überraschendem, viel zu frühem Tod im Jahr 2002, nach einer Interimsspielzeit unter Ute Kessler, nach dem Neustart unter Stefan Fischer-Fels, den Leitungen durch ­Barbara Kantel und Christof Seeger-Zurmühlen blüht und gedeiht das Junge Schauspiel (wie es jetzt heißt, um zu betonen, dass es NICHT MEHR am Schauspielhaus angedockt ist, denn „Das (Schauspiel)Haus“ steht am Gründgens-Platz!), wächst kontinuier­lich. Die Bedeutung eines Kinder- und Jugendtheaters als Treffpunkt der Generationen und Ort der friedlichen gesellschaftlichen Auseinandersetzung nimmt zu in Zeiten radikalen gesellschaftlichen und sozialen Wandels, in Zeiten der Angriffe auf unsere Demokratie, auf Vielfalt und Meinungsfreiheit und der notwendigen Neuerfindung unseres Zusammenlebens. Auch für das „Mutterhaus“ am Gründgens-Platz ist das Junge Schauspiel, das junge Menschen an die darstellenden Künste heranführt, fundamental wichtig, für die kulturelle Bildung der nächsten und kommender Generationen und damit auch in Zukunft niemand jemals auf die Idee kommen kann, ein Schauspielhaus mitten in der Stadt infrage zu stellen. Das Junge Schauspiel ist heute nicht nur „Grundversorger“ für die Kinder, Jugendlichen und Familien der Stadt, es ist auch Botschafter und Exportschlager der Stadt Düsseldorf, spielt in Brasilien, Südafrika, Russland, Belgien, Indien, Nigeria, in Berlin, Oberhausen, Gütersloh und Viersen. Es ist anerkannt und respektiert als unersetzliches Kulturinstitut der Stadt und


des Landes NRW, geliebt von jährlich mehr als 60.000 Besucherinnen und Besuchern aller Generationen, die hier oftmals ihre erste Berührung mit dem Theater erleben, für manche der Beginn einer lebenslangen Liebesbeziehung. Und egal wie das Junge Schauspiel sich weiter ent­wickelt, ob es ins Central in die Innenstadt zieht, Teil einer neuen „Kulturmeile“ am Hauptbahnhof wird und damit mehr freiwillige Familien und Jugendliche erreicht, ob es sich weiter öffnet und zu einem „Kulturzentrum“ für junge Menschen wird, ob es sich weiter im „globalen Dorf“ vernetzt – eins steht fest: Das „Junge Schauspiel“ wird in dieser Stadt gebraucht. Von den Kindern und von den Erwachsenen, die einmal Kinder waren und sich daran erinnern mögen. Es wird weiter wachsen und sich entwickeln, in die Zukunft hinein. Deshalb zum Schluss und ganz am Ende der Geschichte, die am Gründgens-Platz begann: Dank an die Gründerin und Pionierin, ohne die wir heute nicht von der Zukunft träumen könnten, danke, liebe Frau Dr. Barbara Oertel-Burduli, danke Barbara!

Stefan Fischer-Fels war Dramaturg und künstlerischer Leiter am GRIPS Theater (1993 bis 2003 und 2011 bis 2016), künstlerischer Leiter des Jungen Schauspiels am Düsseldorfer Schauspielhaus (2003 bis 2011 und wieder seit 2016). Richard Isselhorst war Düsseldorfer Jugendamtsleiter (1988 bis 2003), zur Gründungszeit des Kindertheaters 1976 Koordinator für Behindertenhilfe der Stadt Düsseldorf, Referent des Jugend­dezernenten bzw. des Oberstadtdirektors (1978 bis 1988). Seit 2003 ist er im Vorstand des Fördervereins. Ute Kessler war von 1977 bis 2007 Schulreferentin, Theaterpädagogin und Dramaturgin am Düsseldorfer Schauspielhaus, ab 1993 vorrangig im Kindertheater. 2002/03 war sie Interimsleiterin des Kindertheaters. Seit 2007 ist sie im Vorstand des Fördervereins.

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Man hat am Theater doch keine Freunde von Stefanie Carp

Als Berufsanfängerin als Dramaturgin nach sehr vielen Jahren Universität und Doktorarbeit war ich erst mal enttäuscht, dass ein Theater auch ein Betrieb ist. Entgrenzter, gefährlicher, ­anarchischer hatte ich mir das alles vorgestellt. Mit Hunger nach Praxis hatte ich auch gar nichts dagegen, Publikum in ein Straßenbahndepot zu begleiten. Das schenkte mir zehn Mal Ansehen der unopernhaften, intimen „Carmen“-Inszenierung von Peter Brook. Es war die bleierne Zeit der Achtziger. Da schien auch in einem Theaterschiff wie dem Düsseldorfer Schauspielhaus keine Beunruhigung aufzukommen. Merkwürdig leidenschaftlich wirkten dagegen die Macht- und Hierarchiekämpfe in den Büros. Aber da gab es Werner Schroeter. Der saß im Monte Christo am Park und drehte seine vielen Ringe. „Liebchen

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(Intendant Volker Canaris) soll die Leute die Stücke machen lassen, die sie wollen. Man muss doch mal Leidenschaften zulassen.“ Dazu Peter Kern, der schöne Marcelo, die Bühnenbildnerin Alberte Barsacq und andere Verrückte. Zu ihnen fühlte ich mich hingezogen. Sie waren für mich die wirklichen Künstler. Sie sind inzwischen alle gestorben an Aids, an Alkohol oder am Älterwerden. Werner Schroeter inszenierte am Düsseldorfer Schauspielhaus in diesen Jahren u. a. Lorcas „Doña Rosita“, Fassbinders „Katzelmacher“, einen frei erfundenen Tangoabend, musikalische Projekte wie die „Jakobsleiter“. Inszenierungen, die, bestechend schön in den Bildern von Alberte Barsaq, sehr frei von Ansprüchen oder Konvention und leidenschaftlich waren. In der Canaris-Zeit ist der Filmemacher Werner ­Schroeter ein Theater-Regisseur geworden. Seine Arbeiten hätten in


„Doña Rosita bleibt ledig“ von Federico García Lorca, Regie: Werner Schroeter, 1986, mit: Christiane Lemm, Ensemble „Trilogie der Sommerferien“ von Carlo Goldoni, Regie: Hans Hollmann, 1988, mit: Nicole A. Spiekermann, Christine Schönfeld

einer späteren Zeit viel mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit gefunden. In den frühen Achtzigern blieb er ein von vielen verehrter Außenseiter. Zum Theatertreffen lud man damals so dekadente Gestalten nicht ein. Die deutsche Theaterkultur damals war ernst. Ernste Herren trugen das Gewicht der Kultur auf ihren Schultern. Werner Schroeter war die ausgestellte Unverantwortlichkeit. Manchmal erschien er am Vormittag nicht zur gewünschten Zeit auf der Probe. Dann wurde von den drei Damen des Intendanz-Vorzimmers mehrstimmig und sehr aufgeregt telefoniert, Assistenten in die Hotels ausgeschickt, Krisensitzungen einberufen. Pünktlich auf seiner Probebühne befand sich der ältere, bürgerliche Regisseur Hans Hollmann und eifersüchtelte: „Wenn der Werner Schroeter zu spät kommt, weil er verschlafen hat, dann steht das ganze Haus Kopf. Um

mich sorgt sich nie jemand.“ Hans Hollmann inszenierte die „Trilogie der Sommerfrische“ von Goldoni. „Haben Sie das Stück gelesen?“, fragte er mich auf der ersten Probe, um klarzustellen, was er von Dramaturgen hielt. Vom Chefdramaturgen Michael Huthmann habe ich viel erfahren und gelernt: Neben schönsten Sentenzen seiner Dramen-Interpretationen, die er immer sehr beiläufig fallen ließ, forderte er auf, nicht praktisch, nicht angepasst, nicht betriebhaft zu sein in diesem Beruf. „Gehen Sie nach Hause und lesen Sie Bücher. Das ist viel wichtiger.“ Als ich dann beim Abenddienst in der Garderobe Eva Böttcher und Marianne Hoika die für sie geplanten Besetzungen preisgab, die Kolleginnen sich bei der Intendanz über diese Pläne beschwerten, brüllte Michael Huthmann mich ob solcher unpraktischen Weltfremdheit zehn

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Minuten lang an. Ich dachte, ich wäre mit Eva und Marianne ­b efreundet, verteidigte ich mich. „Aber man hat doch am Theater keine Freunde, wussten Sie das denn nicht.“ Im Grunde liebte er Krisen, weil gutes Theater aus Krisen besteht. Beim Zuschauen bei einer Probe, mit funkelnden Augen, sah er aus, als wolle er irgendwo ein Feuer legen, um alles ein bisschen in Bewegung zu bringen. „Finden Sie nicht auch, dass Theater vollkommen geschmacklos ist und Proben eine Zumutung für einen intelligenten Verstand, Frau Kollegin?“ Im Nachgespräch mit Regisseuren (es waren damals fast ausnahmslos Regisseure), und den Schauspielerinnen und Schauspielern konnte er mit wenigen komprimierten Sätzen eine Inszenierung woandershin heben oder den Beteiligten eine neue Tür öffnen. Meist einfach dadurch, dass er analytisch beschrieb, was er gesehen und was er nicht gesehen hatte. Dass man eine Haltung hat gegenüber dem Gesehenen und die klar ausdrücken muss, allerdings lernen muss, wie man sich in einem Probenprozess ausdrücken kann, dass man nur dann etwas nützen kann in ­diesem nutzlosen Beruf, auch das gehörte zum Set der Regeln, die ich von Michael Huthmann wahrnahm oder mitnahm. B. K. Tragelehn hatte mit Peter Brombacher Heiner ­Müllers „Die Schlacht“ inszeniert, in einer starken, intelligenten, nüchternen, aber nicht sterilen Einfachheit. Er wurde Oberspielleiter, fuhr aber immer wieder problemlos in die DDR zurück, was mich als Westberliner Studentin erstaunte. Er forderte mich auf, über alle zeitgenössischen Stücke, die ich für relevant hielt, kleine Texte zu schreiben, die er dann auch tatsächlich ­ las. Eines Tages kam aus der DDR ein jüngerer Mann mit, den Tragelehn als seinen Spezialdramaturgen vorstellte. Einige ­sagten, er sei da, um Tragelehn zu kontrollieren. Tragelehn selber schien das nicht zu stören, oder er konnte es gut verbergen hinter dem Brecht-Outfit und der Zigarre. Zwei Mal kam Heiner Müller ihn besuchen, natürlich auch mit Zigarre. Abends zogen wir häufig in die Theater anderer Städte, nach Bochum zu Steckel oder nach Essen zu Herbert König oder nach Köln zu Mitko Gotscheff und nach Bonn, wo Jelinek und „Krieg“, das erste große Stück von Rainald Goetz, gespielt wurden, was ich sehr beneidete. Einmal lud mich der Regisseur Klaus Weise auf eine Hauptprobe seiner „Liliom“-Inszenierung ein. Dort hörte ich die schönste Theatermusik, die ich bis dahin kannte, d. h. ich hatte bis dahin von Musik im Schauspiel wenig Bewusstsein. Ich hatte nicht gewusst, dass Musik die Temperatur einer Inszenierung bestimmen kann. Der Mann mit dem Hut, der manchmal in der Kantine saß, hatte sie gemacht. Auch Molnars „Liliom“ hatte ich nicht gekannt. Es ist seitdem für mich mit dieser Musik ver-

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bunden. Ich wünschte mir, einmal für dieses Stück Dramaturgie machen zu dürfen, was sich nicht erfüllt hat. Aber den Mann mit dem Hut traf ich noch öfter. Meine erste Produktionsdramaturgie, die ich ­erinnere, war die Inszenierung von Gerlind Reinshagens „Clownin“ mit der wunderbaren Christa Berndl. Regie machte Christa Berndls Mann Ulli Heising und die Bühne war eine sehr spezielle ­asymmetrische kleine Manege von Kazuko Watanabe, die da-­ mals etwas ästhetisch oder visuell Neues und Fremdes ins deutsche Theater brachte. Als die Kostüme von Alberte Barsacq in die kleine Manege kamen, wurde Ulli Heising am Regie­tisch o ­ hnmächtig. Das war meine erste Theaterkrise, die natürlich alle überlebt haben.

Stefanie Carp ist promovierte Literaturwissenschaftlerin, Dramaturgin und Intendantin. 1986 begann sie als Dramaturgin am Düsseldorfer Schauspielhaus, später war sie am Theater Basel, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und als Chefdramaturgin mit Christoph Marthaler am Schauspielhaus Zürich. 2005 und 2008 bis 2013 leitete sie die Wiener Festwochen, seit 2018 ist sie Intendantin der Ruhrtriennale.


„Die Clownin“ von Gerlind Reinshagen, Regie: Ulrich ­Heising, 1986, mit: Torsten Voges, Peter Harting, Heinrich Ortmayr, Maria Alex, Christa Berndl „Liliom“ von Franz Molnár, Regie: Klaus Weise, 1987, mit: Ensemble

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Risse im Weltgebäude Die Theatermacher Dimiter ­Gotscheff und ­Werner S ­ chroeter Eine Nahaufnahme von Andreas Wilink

Dimiter Gotscheff, Probe mit Almut Zilcher für „Ein Monat in Dachau“ von Vladimir Sorokin, 1995 Werner Schroeter

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Mit Dimiter Gotscheff musste man schweigen – oder musste es lernen zu tun. Seinen Augen, wärmenden, forschenden Augen, traute er mehr als Worten. Wenn ‚Mitko‘ zu reden begann, war es rau, stockend, tastend. Ein Kampf, etwas über die Lippen zu bringen. Aus Skepsis, nicht aus Phlegma. Keine Floskeln und griffigen Formeln, keine Manöver. Oft ein „Müller“-Zitat. Ich erinnere mich, dass er am 31. Dezember 1995 bei mir anrief und ohne einleitende Begrüßung sagte: „Heiner ist tot“. Bei Werner Schroeter schwieg man aus anderem Grund. Das Gegenüber kam kaum zu Worte. Er dozierte, holte und legte aus mit seinem prononcierten Sprachduktus, der häufig ein „nu, ja“ oder „na, bitte“, ein „aua, aua“, wenn er sich über etwas mokierte oder etwas fürchterlich fand, oder ein abbrechendes halbes Lachen einbaute. Aus einer Plastiktüte zogen seine mit Ringen geschmückten Hände einen Band von Michel Foucault, mit dem er 1981 eine neunzigminütige „Conversation“ geführt hatte, oder eine Ausgabe mit Lorca-Gedichten, die er im Ori­ ginal las. Nächte mit Schroeter endeten, wenn die Terrasse im Schauspielhaus-Monte Christo schloss und die Gruppe zerlief, in seiner Wohnung an der Kaiserstraße (überhaupt eine seiner wenigen festen Adressen). Der Besucher verließ sie selten vor dem frühen Morgen und erst, nachdem Maria Callas oder Anita Cerquetti auf dem Plattenspieler ausgesungen und Schroeters Angst vor der Einsamkeit sich ermüdet hatte. Zwischendurch telefonierte er mit Isabelle Huppert auf Französisch oder rief

Marianne Hoppe in Berlin an, mit der und für die er bald darauf das Filmporträt „Die Königin“ drehte. Gotscheff und Schroeter schätzten und mochten einander. Sie inszenierten parallel in Köln bei Günter Krämer, in Düsseldorf für Volker Canaris, später in Bochum während der Ära Leander Haußmann. Schroeter hatte in Bochum schon bei Peter Zadek Legendäres wie Kleists „Käthchen“ und Wildes „Salome“ mit Magdalena Montezuma, Christine Kaufmann, Ingrid Caven als weiße Messen zelebriert. Er arbeitete auch gern mit Gotscheffs Frau, Almut Zilcher, die er „Helmut“ nannte, so wie er für alle Spitznamen erfand und dabei die Geschlechterzuordnung umkehrte. Das hatte er von Rainer Werner Fassbinder übernommen, der den um einen Monat älteren Kollegen mit den aufgeworfenen Lippen und der indianischen Haarmähne bewunderte und dessen Gefährtin und Erbin Juliane Lorenz als Montagemeisterin ebenfalls Schroeters Film schnitt. Darunter auch „Malina“ nach Ingeborg Bachmanns Roman, das Drehbuch von Elfriede Jelinek, mit Huppert und Mathieu Carrière. Während er in Düsseldorf „König Lear“ und „Emilia Galotti“ vorbereitete, entstand in München ein europäisches Film-Ereignis. Mit Schroeter schienen Paris, Rom und New York am Rhein möglich. Die zwei konnten unterschiedlicher nicht sein: Hier der homosexuelle Kosmopolit, der 1945 in Thüringen geboren, in Bielefeld und Heidelberg aufgewachsen, der mit Rosa von Praunheim liiert und zeitlebens von der Oper affiziert war, in Italien

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„König Lear“ von William Shakespeare, Regie: Werner Schroeter, 1990, mit: Hermann Lause, Joseph Lorenz, Peter Kern „Emilia Galotti“ von ­Gotthold Ephraim Lessing, Regie: Werner Schroeter, 1991, mit: Herbert Fritsch, Anne Weber „Leonce und Lena“ von Georg Büchner, Regie: Dimiter Gotscheff, 1990, mit: Susanne Meierhofer, Hanna Seiffert „Bruchstücke“ von Heiner Müller, Regie: Dimiter ­Gotscheff, 1996, mit: Hanna Seiffert, Karin Pfammatter, Peter Siegenthaler, Iris Minich, Dieter Prochnow

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„Woyzeck“ von Georg ­ üchner, Regie: Dimiter B Gotscheff, 1993, mit: Bernd Grawert, Hanna Seiffert, Almut Zilcher „Die vom Himmel Vergessenen“ von Ekaterina Tomowa, Regie: Dimiter Gotscheff, 1994, mit: Horst Mendroch, Peter S ­ iegenthaler, Matthias Leja, ­Dieter Prochnow, Werner Wölbern „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow, Regie: Dimiter Gotscheff, 1995, mit: Matthias Leja, Karin Pfammatter, Daniel Berger

das Land der Freiheit sah und die Alternative „Palermo oder Wolfsburg“ aufmachte (sein Film bekam 1980 den Goldenen Bären der Berlinale); daneben der 1943 in Bulgarien geborene, schwerblütige, melancholische und rigide Benno-Besson-Schüler. Indes, beide waren strenge Stilisten und extrem formbewusst. Schroeter in seiner exzentrischen, preziösen Steilheit der Geste, Gotscheff aus erdigem Dunkel heraus oder in tänzerischer, ätzender Schärfe; bei beiden hisste der Fatalismus seine Flagge. Bei Schroeter ist es das Banner des Melodrams, unter dem sich Pathos und Ekstase sammeln, bei Gotscheff das des Tragischen oder dessen Spiegelung im Satyrspiel und in tiefgründender Clownerie. Aus den apokalyptischen Tableaus von Gotscheffs Theaterabenden und ihren Spreng-Sätzen bleckte, grinste, ­trauerte die Gesellschaft im Wissen, dass „die Fata Morgana des ­Schlaraffenlandes von der Totenstarre befallen“ (Adorno) ist. Acht Inszenierungen zwischen 1990 und 1995 verantwortete ­Gotscheff in Düsseldorf, von Georg Seidels im Stahlnetz gefangener „Carmen Kittel“ über eine blendend weiß verzweifelte

„Leonce und Lena“ bis zu Müllers „Bruchstücke“, die er aus dem Material des Ost-Berliner Dramatikers schroff hervorbrach. ­Gotscheff fand Höhlungen, Leerstellen, grell beleuchtete Absätze und verzerrte Perspektiven für seine letzte Düsseldorfer „Zerreißprobe“, gemäß Heiner Müllers Formulierung in dessen berühmt gewordenem Brief von 1983 an Gotscheff aus Anlass der Inszenierung von „Philoktet“ in Sofia: Er habe den Auftrag an die Akteure erfüllt, „den Riss in die Figur zu legen“. Risse in den Figuren! Einen Veitstanz veranstaltete Gotscheff mit Büchners Passionsballade „Woyzeck“, darin Bernd Grawert als Franz und Almut Zilcher als kussrote Windsbraut Marie sich wie Klappmesser biegen und das Zehner-­Ensemble irre an Holzstecken raspelt, sich abstrampelt und „viehische Vernünftigkeit“ auskeucht. Der quälende Versuch der Gefühlsentäußerung wird sichtbar in Reflexen und Kontraktionen. Sein „Kirschgarten“ mit der Düsseldorfer Kernmannschaft, darunter Daniel Berger, Marianne Hoika, Matthias Leja, Karin ­Pfammatter, Dieter Prochnow, Hanna Seiffert, Peter ­Siegenthaler, trieb aus in einen krass artistischen Antirealismus, drehte gruppendynamisch auf und verkürzte stoßweise Tschechows langen Atem. Beim Fest im dritten Akt erschien ein trommelnd angefeuerter Chor und corps de ballet, nahm sich unter bemalten Gesichtern Fetzen des Textes, federte im Spagat und beim Hürdenlauf wie Springteufel, während Werner Wölberns Lopachin schon die Geburt der Neurose aus dem Kapital erlitt. Eine Heimat-Hommage wurde Ekaterina Tomowas Buchbericht „Die vom Himmel Vergessenen“ über hundert­jährige Frauen und Männer im bulgarischen Rhodopen-­Gebirge. Die literarisierte Ethnologie eignete Gotscheff sich an als konzentriertes, ans Kreatürliche rührendes Schattentheater, das die Energie der Toten und den Urgrund des Ahnenkults nutzte. Das Ensemble bemächtigte sich sanft der Erzählungen, indem es redselige, verschroben naive, gottvolle Naturkinder darstellte – halb Mensch, halb noch oder schon Maske. Werner Schroeter hat einen von drei ‚Skandalen‘ der vergangenen dreißig Jahre am Gustaf-Gründgens-Platz verursacht, mit seinem „König Lear“ – die beiden folgenden waren die epochemachenden Inszenierungen von Einar Schleefs „Salome“ und Jürgen Goschs „Macbeth“. Die lokalen Reaktionen darauf brachten jedes Mal: Irrtum. Während der Premiere 1990 entstand ein Tumult, der die Aufführung beinahe zum Abbruch zwang. Shakespeares Königs- und Abdankungsdrama deutete Schroeter als Triebgeschehen, in dem sich der Wille zur Macht durch alle familiären und geschlechtlichen Verhältnisse deklinierte. So, aus dem atemlos heulenden, enthemmten sexuellen Impuls und Untergangs-Furor stürzten alle Sicherheit und zivilisatorischen

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Ordnungskräfte in sich zusammen. Hermann Lause, Peter Kern als Gloucester und die ihren, darunter der junge Jens Berthold, der als Edmund zu Beginn nackt das Rad schlug, provozierten mit einer renaissancehaften wilden Eleganz, die innerlich ­marode und wurmstichig war. Schroeters Bühne war stets ein „panic room“. Auf dem Kampfplatz herrschte – wie in David Finchers gleichnamigem Film-Psychodrama, darin eine Mutter zu ihrer Tochter sagt: „Es ist abartig, wie sehr ich dich liebe“ – Liebe total. Man sollte sich bei Schroeter nie täuschen lassen vom ästhetisch Schönen, der spiegelnden Eleganz, dem Exquisiten der Gestaltung. In den szenischen Isolationstrakten, die Schroeter in Düsseldorf zwischen 1988 und 1995 in einem Dutzend Arbeiten ein­richtete, wurden Emotionen den Blicken ausgesetzt und allgemeiner

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Kontrolle ausgeliefert. Die transparenten Metallkonstruktionen, Streben, Stiegen, Stufen, Balustraden, sie behaupteten nur durchsichtige Beziehungen und geklärte Verhältnisse: so etwa in Gorkis „Kinder der Sonne“ und in Eugene O’Neills „Trauer muss Elektra tragen“. Aber es war viel eher die Kälte des Materials der architektonischen Modelle, die sich in einer langen künstlerischen Symbiose mit der französischen Ausstatterin Alberte Barsacq entwickelten, und weniger ihre durchlässige Leichtigkeit, die den Grundriss von Schroeters Denken markiert. Besonders kühn zeigte sich das 1992 in Arnold Schönbergs „Jakobsleiter“, die sich an dem Abend im Großen Haus mit Bernd Alois Zimmermanns „Ekklesiastischer Aktion“ verband. Martha Mödl, die Jahrhundert-Wagner-Primadonna, verkörperte achtzigjährig


„Die Jakobsleiter“ von ­ rnold Schönberg, Regie: A ­Werner Schroeter, 1992, mit: Peter Nikolaus Kante, Marcelo Uriona „Trauer muss Elektra tragen“ von Eugene O’Neill, Regie: ­Werner Schroeter, 1993, mit: Ernst Alisch, Elisabeth Krejcir „Der neue Menoza oder Geschichte des cumbanischen ­Prinzen Tandi“ von Jakob ­Michael Reinhold Lenz, Regie: Werner Schroeter, 1994, mit: Dieter Prochnow, Michaela Steiger

in schwindelnder Höhe des Weltgebäudes den greisen Groß­ inquisitor mit dem Dostojewski-Text im Dialog mit Christus, den Jens Berthold aus dem Geiste Siddhartas erscheinen ließ. Neben der gebauten Bühne hob ein zweites Element bei Schroeter ein fest gefügtes Raum-Zeit-Kontinuum auf: Musik diente ihm als emotionaler Verstärker. Lears Tochter Goneril gab er das Motiv der Lady Macbeth aus Verdis Oper bei, um den dämonischen Charakter zu präzisieren. In der mit Barbara Nüsse und Peter Lohmeyer inszenierten „Medea“ in der sinn­lich schwülen Fassung von Hans Henny Jahnn legte sich im ­Augenblick des Unbegreiflichen – eine Mutter tötet ihre Kinder – das fast unhörbar sacht aus einem Violinen-Ton entwickelte ­Benedictus aus Beethovens „Missa solemnis“ über den Bericht des Mordes an den Söhnen. Schroeter inszenierte dann noch

die ganze „Missa“ (unter musikalischer Leitung von Eberhard Kloke) auf einem Bühnen-Ährenfeld und rief nach dem verklingenden Agnus Dei „Absolut glücklich“ ins Parkett des Großen Hauses. Was ­Adorno mit Blick auf den Komponisten „Erwartungsmusik“ nannte, ­wandelte sich bei Schroeter zur Bekenntnismusik. Oft glich die Anlage der personalen Beziehungen unter seiner Regie einem Versuch über das Marionettentheater: rokoko­haft ziseliert in Lessings „Emilia Galotti“ und in „Der neue Menoza“ von Jakob Michael Reinhold Lenz. Wie von einem Uhrwerk gesteuert lief das Spiel tödlich präzise ab – abgesehen von verstörenden Kunstpausen, in denen der Mechanismus aussetzte, um einen Ewigkeits-Moment zu arretieren. Der psychologische Wiederholungszwang, der hinter den Maschinen-Körpern

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„Medea“ von Hans Henny Jahnn, Regie: Werner ­Schroeter, 1989, mit: Peter Lohmeyer, Marcelo Uriona, Barbara Nüsse, Ensemble „Carmen Kittel“ von Georg Seidel, Regie: Dimiter ­Gotscheff, 1990, mit: Anne Weber, Hanna Seiffert

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sichtbar wurde und nur ein historisch späterer Ausdruck für den mythischen Schicksalsfaden ist, konnte sich kostbar verhüllen oder aber drastisch entkleiden. Auch Schroeter zerriss Übereinkünfte. Schroeters integrative kulturübergreifende Zeichenlehre schloss auch Yukio Mishima ein, dessen Stück „Der Tropische Baum“ er zum ritualisierten, formfunkelnden Kammerspiel erklärte, da doch der japanische Autor beeinflusst war durch westliche Décadence-Literatur etwa des Gabriele D’Annunzio und frühen Thomas Mann. Von „erotischem Terrorismus“ schrieb eine kanadische Zeitung begeistert nach dem Gastspiel im Québec. Gotscheff und Schroeter – künstlerisch und als Personen herausfordernde Behauptungen während der Canaris-Ära – verkörperten den Gegen-Geist aus Instinkt, biografischer Einschreibung und intellektueller Erkenntnis. „Trauer – Sehnsucht – Rebellion“ hatte Schroeter einen Abend in Düsseldorf

mit argentinischen Tangos betitelt. Der Dreiklang passt auf beide Theatermacher und ihren Radikalismus des Herzens, das bei ­ihnen, wenn sich Echokammern etwa zu Pasolini, Artaud, ­Grotowski und Müller öffneten, gleich schlug. Werner Schroeter starb am 12. April 2010 in Kassel, ­Dimiter Gotscheff am 20. Oktober 2013 in Berlin.

Andreas Wilink, Kulturjournalist, Theater- und Filmkritiker, s. S. 194

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„Ein Traumspiel“ von August Strindberg, Regie: David Mouchtar-Samorai, 1990, mit: Herbert Fritsch, Horst Mendroch, Anne Weber, Hanna Seiffert, Ensemble „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen, Regie: David Mouchtar-­Samorai, 1991, mit: Hanna Seiffert, Herbert Fritsch

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Echt sein von Herbert Fritsch

Nachdenken. Erinnern. Düsseldorf. Anfang der Neunziger. Vom Residenztheater in München kam ich ans Düsseldorfer Schauspielhaus. Die DDR war zu Ende. Der Golfkrieg. Eine explosive Zeit. Die erste Arbeit mit David Mouchtar-Samorai, bei dem ich schon in Heidelberg und Basel gespielt hatte, „Traumspiel“, den Dichter. In Stuttgart bei Axel Manthey eine kurze Zeit vorher war ich auch schon der Dichter. Den Text konnte ich. Aber wie spielen war mir immer noch nicht klar. Die Sache mit dem Lehm und dem Schlamm. Eigentlich hätte ich wild drauflosspielen können. Mein Kopf wollte anders. Visionen des Dichters wollte ich sichtbar machen. Da war die fixe Idee, dass man auf meinem Gesicht, an meinem ganzen Körper sieht, was ich sehe oder besser gesagt halluziniere als verrückter Dichter. Lange vor jeder Vorstellung saß ich in der Garderobe und versuchte mir das Schiff auf dem Meer vorzustellen, alles wirklich zu sehen. Ich wollte die Zuschauer nicht betrügen. Ich wollte echt und ehrlich sein. Leider war ich es nicht. Was hab ich gestemmt und gemacht, was hab ich für seltsame Vorbereitungen getroffen, um auf der Bühne wirklich zu sein.

Auch als Peer Gynt. Wieder diese Anstrengung, alles echt sehen zu wollen, was dieser Lügner Peer allen vorgaukelte. Überhaupt dieser Peer. Was für Krämpfe! Eigentlich wollte ich locker sein, und ich dachte, dass ich locker sei. Alles wollte ich offenbaren, mich entblößen, alles zeigen, nackt sein. Wie oft hab ich mich als Schauspieler ausgezogen, weil ich glaubte, nur so wirklich zu sein. Im Grunde war es reine Ratlosigkeit. Trotzdem hab ich auch verzweifelt und wild grimassiert als Peer, bis ich mir den Unterkiefer ausgehängt hatte. So schnell ich ihn ausgehängt ­hatte, so schnell ist er auch wieder eingerastet. Ich hab sie einfach nicht hingekriegt, diese verdammte Wahrhaftigkeit. Da ahnte ich noch nicht, dass die Lüge, das Unechte und der Krampf, viel später dann, das Entscheidende in meiner Arbeit werden sollte. Dann oder nicht dann, ich weiß es nicht. Mein ­Leben war nie chronologisch. So kann ich nicht denken und leben. Dann also der Woyzeck. Meine Traumrolle. Auf in die Wahrheit, ins absolut Wirkliche! Dimiter Gotscheff hieß der Regisseur. Ich hab mich so hineingesteigert; meine Kraft, und

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ich war damals noch ziemlich kräftig, sie reichte nicht. Ich tobte, sprang und wütete, und irgendwo stieß ich immer an. Es ging nicht. Nicht wegen Gotscheff, wegen mir. Da hatte ich mir was vorgenommen, was erwartet. Das mit der Wirklichkeit war so eine Sache. Da musste ich loslassen. Das war gar nicht schön. Mit Gotscheff traf ich viele Jahre später glücklicherweise wieder zusammen. Er war einer, der verzeihen konnte. An der Volksbühne Ost. Da hatte ich dann endgültig losgelassen. Nach diesem nicht „verwirklichten“ Woyzeck dämmerte es mir. Vielleicht sollte ich mir weniger vornehmen und auch nicht versuchen, echt zu sein. Einfach zu spielen. Aber das war nicht einfach. Wirklich nicht. Also wieder bei Mouchtar-­Samorai, ein Regisseur, der schon viele Ausrutscher von mir ertragen hatte und mich trotzdem immer wieder beschäftigte. Der immer wieder in mir was sah, mit dem ich kämpfte und den ich oft zu meinem Feind erklärte, aber der sich dann immer als Freund erwiesen hat. Himmelherrgott! Ich mag gar nicht an meine Ungerechtigkeit damals denken. Ich spielte den Regisseur in Pirandellos „Heute wird improvisiert“. Eine wunderbar traumver­lorene Inszenierung. Da hab ich mir bei den Proben keine Gedanken gemacht. Es war mir alles egal. Ich fand mich langweilig und doof. Dieser Riesenmonolog von mir, das Regisseursgeschwätz. Mir war nicht klar, was ich da redete. Ja, schon ein bisschen. Da fühlte ich mich weit weg von mir. Mir war nicht mehr klar, wer ich bin. Da wollte ich auch weg. Alles falsch, dachte ich. Alles! So langweilig und uninteressant hatte ich mich noch nie gefühlt. Oft hab ich Mouchtar-Samorai gebeten, ernsthaft gebeten, mich rauszunehmen. Er hat mich nicht rausgenommen. Die Premiere fand mit mir statt. Der begeisterte Applaus am Ende, den auch ich bekam, verwirrte mich. Was war mit mir geschehen? Ich hatte nicht das geringste Gefühl für meine Gleichgültigkeit auf der Bühne, diese gelangweilte Art zu sprechen. Stimmte das alles? Die Frage stelle ich mir auch heute immer wieder. Aber da erlebte ich das erste Mal sehr intensiv, dass es da nichts zu begreifen gibt und nie geben wird. Dass da immer ein Geheimnis bleibt. Es gibt da kein Prinzip, keine Allgemeingültigkeit, keine Wirklichkeit. Da plötzlich: Werner Schroeter! Die große Geste, die Behauptung, die Künstlichkeit. Der große Respekt vor seinem Werk, seinen Filmen hat mich erst ein wenig gehindert. Seine Offenheit und Zugewandtheit hat mich verblüfft. „Emilia Galotti“ ungestrichen und blitzschnell hieß der Auftrag. Von da ab hieß ich Marinelli. Den ganzen Sommer damals hatte ich Zeit für diesen großen Text. Einfach lernen. Nicht einfühlen. Einfach lernen ohne nachzudenken. Wie ein Musikstück. Nur Klang und artistisch schnelles Sprechen. Als würde man

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jonglieren üben. Stundenlang hab ich geübt. Immer schneller und selbstverständlicher, bis die Worte mir gehörten, bis sie mir von allein über die Lippen kamen. Ich schien den Text zu beherrschen. Was für ein Trugschluss. Nichts war sicher. Bei den Proben bekam ich das zu spüren. Da war ich ja nicht allein. Da war vor allem der Prinz, den ich mir gefügig machen sollte, den ich zu jeder erdenklichen Grausamkeit verführen sollte, dem ich alle Liebe schenken sollte. Der Prinz war Jens Berthold. Ach Jens, lieber Jens. Da warst du schon infiziert von diesem grässlichen Virus und hast nicht mehr lange gelebt. Aber wir haben vorher noch sehr viele Vorstellungen gespielt. Gekämpft miteinander, uns geprügelt, ohne uns wehe zu tun. Wir haben diese verzweifelte Liebe gespielt, ohne zu überlegen, ob das alles stimmt. Bei den Proben voll abgehoben und immer wieder gescheitert. Plötzlich war der Text nicht mehr da. Ich hab vor lauter Nicht-mehr-Wissen meinen leeren Kopf auf dem Bühnenboden wundgeschlagen. Wie sinnlos sinnvoll. Jens, du hast noch erlebt, wie mein Sohn auf die Welt kam. Du hast mich später in Berlin, mich und meine Frau besucht. Du hast auch noch bei Castorf an der Volksbühne gespielt. Du hast mir Mut gemacht für die Volksbühne, für Berlin. Dann bist du gegangen. Ich vermisse dich. Und du, Werner, du Zauberer, eigentlich bist du auch nicht mehr, aber ich hör dich oft und bin sicher, dass das keine Täuschung ist. Zuallerletzt der Puck im „Sommernachtstraum“, der aus dem Ei geschlüpft ist, der kleine Teufel mit seinen seltsamen Tricks. Das war ein versöhnlicher Abschluss bei meinem Theatervater David Mouchtar-Samorai. Der Abschied von Düsseldorf, von Volker Canaris. Volker, der mir sein Vertrauen geschenkt hat, trotz meiner Kompliziertheiten. Es war schön, sich beim Schreiben dieser Zeilen zu erinnern und zu erkennen, was diese Zeit in Düsseldorf für mich bedeutet hat, was dort zu wachsen begann.

Herbert Fritsch, geboren 1951 in Augsburg, studierte Schauspiel an der Otto-Falckenberg-Schule in München und spielte u. a. in Düsseldorf, an den Münchner Kammerspielen und an Castorfs Volksbühne. Seit 2007 führt Fritsch mit großem Erfolg Regie, seine Inszenierungen wurden mehrfach zum Theatertreffen eingeladen.


„Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare, Regie: David Mouchtar-Samorai, 1992, mit: Herbert Fritsch, Luise Prasser „Emilia Galotti“ von ­Gotthold Ephraim Lessing, Regie: Werner Schroeter, 1991, mit: Jens ­B erthold, Herbert Fritsch, Ensemble „Heute wird improvisiert“ von Luigi Pirandello, Regie: David Mouchtar-Samorai, 1992, mit: Herbert Fritsch, Ensemble

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Karin Beier und die Befreiung zum Spiel von Joachim Lux

Karin Beiers Erfolg am Düsseldorfer Schauspielhaus ist aus heutiger Sicht die Geschichte eines gelungenen Transfers von der Freien Szene ans traditionelle Stadttheater. Volker ­Canaris war auf die junge Mittzwanzigerin aus Köln aufmerksam geworden. Ihr Markenzeichen: eine eigene Truppe, zahlreiche Shakespeare-Inszenierungen an theaterfremden Orten (Schiffen, aufgelassenen Fabrikhallen, Kirchen etc.) und in Originalsprache. Sie assistierte ein Jahr, um den Stadttheaterbetrieb kennenzulernen und durfte dann – unter Beibehaltung einer Konstante ihrer bisherigen Arbeit – inszenieren. So kam ihre erste Inszenierung nicht etwa im Kleinen Haus, sondern in einer Halle der Lentjes-Werke an der Hansaallee heraus. Sie inszenierte George ­Taboris „Die 25. Stunde“ (1992) – einen Text, der nicht durch seine literarische Höhe auffiel, sondern durch seine Möglichkeit zum Spiel. Und durch eine Grundthematik, die die von Karin Beier bleiben sollte: Das Stück zeichnet das Bild einer schönen, gesunden Welt, die dahinter liegende Abgründe wie z. B. die „25. Stunde“ – die Stunde zwischen Leben

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und Tod – verdrängt. Bei dem Juden George Tabori wurde aus der Geschichte über Tod und Krankheit natürlich eine Komödie, bei Karin Beier ein spielerischer Totentanz, „rittlings“ über dem Beckettschen Grabe. Karin Beiers Arbeit erzählte von den Fetischen der modernen Konsumgesellschaft, ihrer Lust an der puren Oberfläche, ihrem Gesundheits-, Fitness- und Schönheitswahn, vom Hedonismus der Gegenwart und ihrem Versuch, den Tod zu ignorieren. Davon ließ sich im Staub einer kalten Halle prima erzählen. Diese vorpolitische Grundthematik sollte Karin Beier noch ­länger beschäftigen. Es passte in die Fassadenstadt Düsseldorf, es passte aber vor allem in die Zeit, die mit Francis Fukuyama allen Ernstes vom postmodernen „Ende der Geschichte“ überzeugt war. Dass die Geschichte gerade ziemlich hyperaktiv tektonische Erschütterungen zustande brachte, bewegte die Menschen tief im Westen der Republik erschreckend wenig. Dass mit dem Mauerfall die Nachkriegsordnung erst einmal zusammengebrochen war … so what. Dass Hans ­Hollmann mit einem ingeniösen „Dantons Tod“ und der ­szenischen


„Romeo und Julia“ von ­William Shakespeare, Regie: Karin Beier, 1993, mit: Ensemble

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„Sommernachtstraum. Ein europäischer Shakespeare“ nach William Shakespeare, Regie: Karin Beier, 1995, mit: Josette Bushell-Mingo, Jacek Poniedziałek „Die 25. Stunde“ von George Tabori, Regie: Karin Beier, 1992, mit: Marianne Hoika, Horst Mendroch „Der Kaufmann von Venedig“ von William Shakespeare, Regie: Karin Beier, 1994, mit: Caroline Ebner, Ensemble

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„Weihnachten bei Ivanovs“ von Aleksandr Vvedenskij, Regie: Karin Beier, 1994, mit: Jost Grix, Horst Mendroch, Karin Pfammatter, Peter Albers, Petra Redinger

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Umsetzung von „Wir sind das Volk“ durch einen riesigen Chor knapp vor dem Mauerfall im Jahr 1989 politisch ganz nah dran war – das erschütterte das Leben auf der Kö kaum. In­sofern hatte Fukuyama für Düsseldorf doch irgendwie recht. Aber zurück zu Karin Beier: Sie hatte den Transfer von der Freien Szene ins Stadttheater geschafft, ohne die ihr eigenen Qualitäten zu opfern oder opfern zu müssen. Und den Geist der freien Truppe ins Stadttheater hineingerettet – einen Geist, den auch die Schauspieler als Befreiung von Verkrustungen empfanden. Dies war ihr entscheidendes Kapital, das ihre insgesamt sechs Düsseldorfer Inszenierungen prägte: „Die 25. Stunde“ (1992), „Romeo und Julia“ (1993), die Trouvaille „Weihnachten bei Ivanovs“ von Vvedenskij (1994), „Der Kaufmann von Venedig“ (1994), den europäischen „Sommernachtstraum“ (1995) sowie Ionescos „Die Stühle“ (1996). Thematisch beschäftigte sich Karin Beier weiterhin mit der Oberfläche dieser Welt: „Die Dinge funktionieren weiter, während die Idee von ihnen längst verloren gegangen ist“ (Jean Baudrillard). Die Welt von Romeo und Julia schien eine Party in einer klinisch weißen, mobilehaften Spielzeugwelt. Wir feierten als Marketinggag die Verlobungsfeier des Shakespeareschen Liebespaares mit einem roten Büfett, das schneeweiße Düsseldorfer Schauspielhaus wurde allabendlich rot angestrahlt und das Shakespearesche Liebespaar erstand allabendlich zum Stückschluss als eine Lollipop-Jeff-Koons-Ikone wieder auf. ­Dazwischen aber war von dem Brodeln darunter zu erzählen: von Mercutios verzweifeltem Todestanz und natürlich die Geschichte des Liebestods, die Shakespeare und mit ihm die Aufführung in unnachahmlicher dramatischer Ironie mitvoll­zog. Karin Beier durfte mit dem „Mann ihres Lebens“ die Spielzeit eröffnen und der Mut des Intendanten wurde mit einem großen Erfolg belohnt. Auf diese Weise wurde Karin Beier in der zweiten Hälfte der Intendanz von Volker Canaris neben Werner Schroeter, ­David Mouchtar-Samorai und Dimiter Gotscheff zu einer tragenden künstlerischen Säule – die erste Frau mit Durchschlagskraft. Inspirierend war die nicht immer unanstrengende Arbeit mit ihr, weil sie schamlos dazu stand, dass das Theater aus dem Spiel, durchaus auch aus dem kindlichen, kommt. Und nicht aus der Literatur und ihrer philologisch-interpretativen Realisierung. Sie feierte die Autonomie des Theaters und gab ihm die Freiheit zurück. Kurz vor Ende der Intendanz von Volker Canaris brachte sie dann einen „Europäischen Shakespeare“ heraus: einen multilingualen „Sommernachtstraum“ mit aus ganz Europa gecasteten jungen Schauspielern, mit dem sie abermals an ihre Erfahrungen in der freien Gruppe anknüpfen konnte. Niemand

verstand niemanden auf der Bühne, die Sprache wurde durch Körper und Gesten ersetzt. Der Shakespeare-Wald der Gefühlsverwirrungen fand seine Entsprechung in denen der Sprache. Die Aufführung war ein Theaterfest, zur Freude des Publikums und zur Ehre des Hauses: denn es wurde, nach „Romeo und Julia“, mit dem „Sommernachtstraum“ bereits zum zweiten Mal zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Weiß und rot, Fassade und Blut waren auch hier ihre Farben. Die Idee, das darf man nachträglich gern zugeben, war ein bisschen geklaut: Gerade hatte der britische Regisseur Declan Donnellan in Avignon für die Union des Théâtres de l’Europe (UTE) einen Workshop gegeben, für Schauspieler aus verschiedenen europäischen Ländern. Daran haben wir damals in Düsseldorf angeknüpft. Ursprünglich war dieses irgendwie hirnrissig anmutende Projekt übrigens für das Kleine Haus geplant. Dann aber gab es einen kleinen Dialog zwischen mir und Volker Canaris. Er fragte: „Würde dich eine Vorstellung, bei der du kein Wort verstehst, interessieren?“ Ich: „Ja! Und dich?“ Er: „Mich auch.“ Ich: „Warum machen wir es dann nicht im Großen Haus?“ Der Mut kam, wie so oft beim Theater, erst bei der Arbeit. PS: Zum Schluss noch eine Anekdote, die unbedingt zum Düsseldorfer Schauspielhaus gehört – es ist eine „hidden story“ und sie erzählt von einer anderen Frau: Um 1990/91 inszenierte Werner Schroeter. Wie immer: mit vielen Kerzen auf der Probebühne und den Arien von Maria Callas – da musste man durch. Es war alles wie immer, und doch war etwas anders: In einer Ecke lag tagtäglich ein Stoffbündel, vielleicht ein Wintermantel. Und darunter ein Mensch, der schlief. Dieser Mensch war eine Frau: die schon damals sehr berühmte Schauspielerin ­Isabelle ­Huppert. Sie suchte die Nähe zu ihrem Regisseur Werner Schroeter. Die Dreharbeiten zu Ingeborg Bachmanns „Malina“ standen kurz bevor. Der Film ist bis heute ein Meisterwerk, ­seine Wurzeln, wie auch die von Karin Beier: eine Probebühne in Düsseldorf. Düsseldorf ist eben doch immer wieder mehr als das Dorf an der Düssel.

Joachim Lux, 1957 in Münster geboren, war unter der Intendanz von Volker Canaris erst Dramaturg und später Chefdramaturg am Düsseldorfer Schauspielhaus. Von 1999 bis 2009 war er Mitglied der künstlerischen Direktion des Wiener Burgtheaters, seit 2009 ist er Intendant am Thalia Theater in Hamburg.

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Nah dran Vom Statisten zum HNO-Arzt und Vorstand der Freunde des Düsseldorfer Schauspielhauses von Hans-Michael Strahl

Hans-Michael Strahl als Mephisto in „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“ von Christian Dietrich Grabbe, Regie: Ulrich Coura, 1962, Tribüne in der Haroldstraße, Jugendforum-Inszenierung Hans-Michael Strahl, ­Vor­sitzender des fds (mit Mikrofon), bei der Überreichung der Ehrengabe 2019

Meine Geschichte mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus beginnt bereits in der Ära von Karl Heinz Stroux an der Jahnstraße, wo es vor dem Umzug an den Gustaf-Gründgens-Platz bis 1970 residierte. Damals gab es das Jugendforum, in dem eine ­ Gruppe junger Leute – Schüler und Studenten, aber auch andere Bürger der Stadt – unter der Leitung eines Regieassistenten des Schauspielhauses Stücke spielten, ähnlich wie heute die Bürgerbühne. Mit Ulrich Coura machten wir etwa Thornton Wilders „Unsere kleine Stadt“, Georg Büchners „Leonce und Lena“ oder ­Christian Dietrich Grabbes „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“. Darüber hinaus gab es für

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die Jungen – ich war damals fünfzehn – die Möglichkeit, als Statisten auch in Inszenierungen des Hauses mitzuwirken. Die Aufführungen in der Filmkunst­anstalt oder der Tribüne, einer Studiobühne des Schauspielhauses, waren gut besucht und wurden zum Teil sogar im Fernsehen übertragen. Als Statist durfte ich u. a. mit Wolfgang Reinbacher in „Andorra“ auf der Bühne stehen. Zu ihm, dem vom Burgtheater gekommenen Schauspieler, der mich damals natürlich kaum wahrgenommen hat, habe ich aufgeblickt. Außerdem waren Größen wie Evelyn Balser, Karl-Heinz Martell, Wolfgang Arps, Josef Meinrad oder der Bühnenbildner Teo Otto am Haus. Es war ein ­Kommen


stützte. Der fds hat damals eine Aktion ins Leben gerufen, in und Gehen, und bestimmte Bilder, etwa wie Klaus Maria deren Rahmen zu jeder Premiere zwanzig bis vierzig Schüler ­ randauer oben im Café an der Jahnstraße saß und mit den B und ihre Lehrer aus verschiedenen Schulen eingeladen wurden, Worten: „Schauen Sie mich an, ich bin Burg-Schauspieler!“ ­seinen Schal über die Schulter warf, vergisst man nicht. Ich habe um das Publikum zu verjüngen. Das war ein großer Erfolg, und manchmal wurde in den oberen Reihen, die der Freundeskreis mich dem Theater schnell sehr verbunden gefühlt und geglaubt, sponserte, also von den jungen Menschen bejubelt, was vom in der Schauspielerei meinen Traumberuf gefunden zu haben. traditionellen Publikum in den vorderen Reihen mit Buh-Rufen Für mich war klar: Irgendwann und irgendwie werde ich Schaubedacht wurde, und umgekehrt, was eine wunderbare Spannung spieler. ergab. Viele Jahre später habe ich den Vorstand des fds überIn meiner Euphorie wollte ich auf das Abitur verzichten. nommen, und den ersten Menschen, den ich zum Ehrenmitglied Es erschien mir unnötig, meine Berufswahl stand fest. Meine des fds machen konnte, war – wie könnte es anders sein – Eltern haben mich aber davon überzeugt, den Abschluss zu Wolfgang Reinbacher. machen, ein Studium aufzunehmen und im Anschluss daran Heute spielt Wolfgang Reinbacher im Kleinen Haus zu entscheiden, in welche berufliche Richtung es gehen soll. „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“, und ich bin Vorsitzender Da wunderbare Schauspieler wie Gunther Philipp und Michael der Freunde des Düsseldorfer Schauspielhauses. Meine Leiden­Greiling auch noch einen anderen Beruf hatten, Ärzte waren, schaft gilt nach wie vor der Jugendarbeit, und ich hoffe, mit ließ ich mich auf den elterlichen Rat ein. Ich habe Abitur geder neuen Initiative des fds eine Möglichkeit gefunden zu haben, macht, ein Medizinstudium in Würzburg absolviert, und dabei junge Menschen in unsere Arbeit zu integrieren und wieder bin ich geblieben. Für mein Staatsexamen bin ich zurück nach verstärkt ein Augenmerk auf diesen Bereich legen zu können. Düsseldorf gekommen, wo mir eine Stelle in der Hals-NasenOhrenheilkunde an der Rhein-Ruhr-Klinik angeboten wurde. Die HNO war natürlich nicht ganz zufällig gewählt, sondern hing eng mit meiner frühen Leidenschaft für das Theater und die Schauspielerei zusammen: Eine Vorstellung im Theater anzuschauen, ist ein wunderbares, greifbares Erlebnis, bei dem alle Sinne angesprochen und der ganze Körper erfasst wird. Das fasziniert mich bis heute. Eine direktere Kommunikation auf allen Kanälen als im Theater kann man nicht erfahren. Diese Theaterliebe ist in meinen Beruf eingeflossen: Als HNO-Arzt konnte ich über die Jahre vielen Schauspielerinnen und Schauspielern helfen, die mit Beschwerden zu mir kamen – etwa mit stimmlichen Problemen kurz vor einer Premiere oder in anderen Stress-Situationen. Bestimmte Dinge, die ich in der Anamnese, im Gespräch mit meinen Patienten sehe und vermittle, gründen in der Überzeugung für die Kunstform Theater. Außerdem habe ich zahlreiche Projekte für Jugendliche angestoßen, etwa die Aktion „Take care of your ears“ mit Peter Maffay als Schirmherr, bei der wir in 5000 deutsche Schulen gegangen sind, um den Kindern klarzumachen, dass das Ohr ein wertvolles und schützenswertes Organ ist. Und ich habe das mit den Kinderärzten in Düsseldorf und Umgebung ins Leben gerufene Projekt „Theater auf Rezept“ unterstützt, bei dem Kinder ab der U9-Vorsorgeuntersuchung im Alter von fünf Jahren einen Gutschein für einen Besuch mit Begleitung im Jungen Schauspielhaus erhalten, Der HNO-Arzt Dr. Hans-Michael Strahl wurde 1945 in Düsselwie es dort bis heute praktiziert wird. dorf geboren. Ab 1978 hatte er eine Praxis-Niederlassung in Zurück in Düsseldorf ergab es sich, dass ich unter dem Düsseldorf-Oberkassel, seit 1979 ist er aktiv bei den Freunden des damaligen Intendanten Volker Canaris die Freunde des DüsselDüsseldorfer Schauspielhauses (fds), seit 2000 auch als Vorstand. dorfer Schauspielhauses (fds) in seiner Jugendarbeit unter­

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„Bullets over Broadway“ von Woody Allen, Regie: Sönke Wortmann, 1996, mit: Volker Mosebach, Thomas Huber „Der Krüppel von Inishmaan“ von Martin McDonagh, Regie: Sönke Wortmann, 1999, mit: Bastian Trost, Peter Siegen­ thaler

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Optische Unterhaltung Ein Filmregisseur und die Bühne von Sönke Wortmann

Es ist nun schon über zwanzig Jahre her, dass ich zum ersten Mal gefragt wurde, ob ich nicht auch mal ein Theaterstück versuchen möchte. So kam es, dass die Uraufführung von „Bullets over Broadway“ von Woody Allen meine Premiere als Theater­ regisseur und gleich die zweite Premiere der ersten Spielzeit der Intendanz von Anna Badora am Düsseldorfer Schauspielhaus wurde. Ich hatte Filmregie studiert, gerade mit „Der bewegte Mann“ einen großen Kinoerfolg hinter mir und von Theater nicht viel Ahnung, deshalb wollte ich versuchen, aus dieser Not eine Tugend zu machen. Als Erstes der rote Vorhang. Ich liebe Vorhänge im Theater. Man betritt den Zuschauerraum und der

Vorhang verhindert die Sicht aufs Bühnenbild. Ich fand das immer spannend, nicht gleich zu wissen, was sich dahinter verbirgt. Und dann der Moment, wenn sich der Vorhang öffnet … Aber 1996 war das total uncool, der Vorhang musste zuerst gesucht, gefunden und gereinigt werden, bevor er zum Einsatz kam. Es war die Zeit, in der die Schauspieler in jeder zweiten Inszenierung nackt über die Bühne springen mussten. Der Vorhang ging also auf, und wir fingen mit einer Verfolgungsjagd unter Mafia-Leuten an. Meine Filmdramaturgie hat mich gelehrt, das Publikum möglichst früh zu überraschen und in den Bann zu ziehen. Also kletterte eine Figur, von schießenden Killern verfolgt, bis ganz oben, ganz hoch unters

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Dach, wurde dort tödlich getroffen und fiel etwa fünfzehn Meter gute Geschichte. Im Spielplan des Düsseldorfer Schauspielhinunter. Den Aufschrei im Publikum kann ich heute noch hören. hauses sehe ich mit „1984“, „Fanny und Alexander“ und „Fight Club“ aktuell drei Produktionen, die sich klar auf Filme bezieAber da es sich um einen Stuntman handelte, fiel er nicht auf den Boden, sondern durch ein Loch hindurch in die Unter­bühne, hen, und auch innerhalb der Inszenierungen wird oft mit Video gearbeitet. Bei meiner jüngsten Arbeit für das Düsseldorfer wo er, für das Publikum unsichtbar, weich im Schaumstoff Schauspielhaus, „Menschen im Hotel“ von Vicki Baum 2018, landete. Nach ein paar Schrecksekunden gab es sofort Szenenhabe ich die große Party, in der der Buchhalter Kringelein zum applaus, die Leute waren wach und blieben es bis zum Ende ersten und einzigen Mal in seinem Leben die Sau rauslassen der Vorstellung. So hatte ich das erhofft. Bei der Premiere war übrigens der große Filmproduzent Bernd Eichinger auch im Saal, will, als Film gedreht, was einen ganz anderen Glamour möglich machte. Hier muss man allerdings vorsichtig sein und darf den der noch weniger Ahnung von Theater hatte als ich, und vielBogen nicht überspannen. Eine kleine Einspielung zur rechten leicht genau deswegen sagte: „War doch klar, dass der runterZeit kann ganz nützlich sein, allerdings sollte man den Mitfällt. Wozu hättest du ihn sonst da hochklettern lassen?“ Als jemand, der vom Film kommt, habe ich das Bedürfnis, teln des Theaters auch vertrauen. Mir geht es wahnsinnig auf die Nerven, wenn schwarz gekleidete Kameramänner über die die Leute auch optisch zu unterhalten. Weil der Krüppel Billy Kühe so liebt, stand bei meiner zweiten Inszenierung am Düssel- Bühne schlurfen, um Großaufnahmen der Darsteller auf eine Leinwand zu projizieren. Da gehe ich dann doch lieber gleich ins dorfer Schauspielhaus, „Der Krüppel von Inishmaan“, eine Kino. Zum Beispiel in „Der Vorname“, den Film, den ich nach ­echte Kuh auf der Bühne, die bei der Premiere außerdem genau einem Theaterstück von Matthieu Delaporte und Alexandre de im richtigen Moment den Schwanz hob und die Bühne voll­ La Patellière gemacht habe. Darf man seinen Sohn heute noch machte. Dafür bekam sie auch Szenenapplaus. (oder wieder) Adolf nennen? Diese Frage bewegte – nachdem Film und Theater sind sehr unterschiedlich, haben aber schon die Bühnenfassung in Frankreich und Deutschland eine auch Gemeinsamkeiten und können sich gegenseitig befruchten. große Karriere hinter sich hatte – auch viele Kinobesucher. Der Film mit seinen technischen Möglichkeiten kann den ZuEin noch größerer Glücksfall war für mich persönlich schauer völlig glaubhaft mit auf eine Reise in die Vergangenheit „Frau Müller muss weg“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz. Als oder in die Zukunft nehmen oder auch eine Mondlandung ermir Stefan Fischer-Fels (heute Leiter des Jungen Schauspielhaufahrbar machen. Im Theater steht weniger die Technik, sondern ses) das Stück zu lesen gab, um es am Berliner GRIPS-Theater der Schauspieler im Zentrum. Der Druck ist nicht so groß wie auf die Bühne zu bringen, war mir sofort klar, dass ich hier zwei beim Film, wo jeder Drehtag viel Geld kostet, und selbst an Fliegen mit einer Klappe schlagen wollte. Das Thema Bildung einem Tag mit Dauerregen kann geprobt werden. Theater ist und Schule traf einen Nerv. Die Aufführung hielt sich in Berlin für mich immer wieder auch eine Art Trainingslager in Schaumit über hundert Vorstellungen sechs Jahre lang im Spielplan, spielerführung, die mir bei der Filmarbeit zugutekommt, auch der anschließende Film wurde ein Millionenerfolg. Aber leider aus psychologischen Gründen. Ein richtig guter Schauspieler geht das nicht immer so nach Plan – ich habe bereits bewiesen, (und die allermeisten von ihnen kommen vom Theater), fühlt dass ich auch Flops kann. sich gleich sicherer, wenn er weiß, dass sein Regisseur auch Theaterer­fahrung hat. Ein gutes Beispiel dafür ist der Ire Martin McDonagh, der Autor von „Der Krüppel von Inishmaan“. Martin ist schließlich auch Filmregisseur geworden, und ihm ist mit „Three Billboards outside Ebbing, Missouri“ einer der schönsten Filme der letzten Jahre gelungen, der auch den einen Sönke Wortmann, geboren 1959, ist einer der wichtigsten deutoder anderen Oscar gewonnen hat. Natürlich will jetzt alle schen Regisseure. Seine Filme (u. a. „Kleine Haie“, „Der bewegte Welt mit ihm arbeiten. Mann“, „Das Wunder von Bern“, „Deutschland. Ein Sommer­ Der Film hat schon immer vom Theater profitiert. Unmärchen“) wurden vielfach ausgezeichnet. Wortmann arbeitet zählige Stücke („Romeo und Julia“, „Wer hat Angst vor Virginia zudem als Produzent und immer wieder auch als TheaterregisWoolf?“ und viele mehr) haben ihren Weg auf die Leinwand seur. Zuletzt inszenierte er am Düsseldorfer Schauspielhaus gefunden. Seit einigen Jahren fällt mir auf, dass auch der um­ »Will­kommen gekehrte Weg immer beliebter wird. Warum auch nicht? Eine « von Lutz Hübner und Sarah Nemitz gute Geschichte bleibt auch in einem anderen Medium eine (2016/17) und »Menschen im Hotel« vom Vicki Baum (2018 / 19).

‫أهال وسهال‬

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„Menschen im Hotel“ von Vicki Baum, Regie: Sönke Wortmann, 2018, mit: Rainer Philippi, Karin Pfammatter, Glen Goltz, Markus Danzeisen (vorne), Ensemble

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„Salome“ von Oscar Wilde, Regie: Einar Schleef, 1997, mit: Ursina Lardi, Bibiana Beglau

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Wesensfremde Menschen Einar Schleef und seine „Salome“-Inszenierung von Frank Raddatz

Während einer Probenperiode mit Einar Schleef erlebten die Beteiligten meist mehr als in etlichen anderen Produktionen zusammen. So animierte er während der Arbeit an „Salome“ am Düsseldorfer Schauspielhaus das Ensemble immer wieder, nach den Proben mit ihm tanzen zu gehen, oder ließ sich, um sich bei der Premiere zu verbeugen, einen Frack vom Haus anfertigen, der seinen Weg nicht mehr zurück in den Fundus finden sollte. Ein Vorgang, der mehrfach Leitungssitzungen beschäftigte. Unermüdlich wartete Schleef mit immer neuen Herausforderungen auf. Einmal, es war an einem Samstagvormittag, bat er mich, ihm zwei Karten für eine am Abend stattfindende Premiere von Pina Bausch in Wuppertal zu verschaffen. Ein Ding der Unmöglichkeit. Durch den konzentrierten Einsatz des Intendanz-Sekretariats wie des technischen Direktors gelang es nach stundenlangen Telefonaten dann doch irgendwie. Als ich ihn

am Montag fragte, wie es gewesen sei, antworte er schnippisch: „Bin nicht hingegangen!“ Falls es darum ging, jemanden vor den Kopf zu stoßen, hatte er sich damit eine Eins plus verdient. Jahre später erfuhr ich durch Zufall, dass die Karten an die mit Schleef befreundete Schriftstellerin Etel Adnan und ihre Freundin Simone Fatal gegangen waren. Alles begann damit, dass wir uns aus Gründen, die mir entfallen sind, in seiner Wohnung in der Kastanienstraße in ­Berlin-Steglitz getroffen haben und Schleef – offenbar echt ver­zweifelt – darüber klagte, dass ihm derzeit kein einziges Regieangebot von Theatern in Deutschland vorliege. Das war irgendwann zwischen seiner aufsehenerregenden Premiere des Hochuth-Stücks „Wessis in Weimar“ und der heute nur als legendär zu bezeichnenden „Puntila“-Inszenierung am Berliner Ensemble gewesen. „Sieben Augenoperationen“ hätten ihm

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die Anfeindungen von Peter Zadek eingebracht, seufzte Schleef. Dann sprach er darüber, dass er gerade dabei sei, ein Stück über drei betagte Damen fertigzustellen, das später als erster Teil von „Totentrompeten“ veröffentlicht wurde, und setzte hinzu, dass es keinem Haus schwerfallen dürfe, drei ältere Prota­ gonistinnen aufzubieten, egal wo. Er nannte einige kleinere ­Städte. Als der Name Mainz fiel, horchte ich auf. Ich war damals noch Dramaturg in Stuttgart, hatte aber schon beschlossen, nach Düsseldorf zu wechseln, wo Anna Badora als designierte Generalintendantin auf Volker Canaris folgen sollte. Badora aber war damals Oberspielleiterin in Mainz. Ich nahm Schleefs Bemerkung als Wink und folgte dieser Spur mit dem Ergebnis, dass Schleef in der Eröffnungsspielzeit im Großen Haus in Düsseldorf Regie bei „Salome“ führte. Ein Stoff, den er sowohl vorschlug wie auch bearbeitete. Von vornherein stand für ihn fest, dass Ursina Lardi, die in Düsseldorf engagiert war und die er von der Schauspielschule Ernst Busch kannte, die Salome spielen würde. Ich hatte den Namen Schleef bereits in meiner Stutt­ garter Zeit ins Spiel gebracht, aber Friedrich Schirmer hatte den Vorschlag mit den Worten abgewehrt, dass es sich bei Schleef um einen Terroristen handeln würde, womit er offenbar das gleiche Momentum meinte, das Heiner Müller als Schleefs überreiche kriminelle Energie pries. Mir war bereits vor Jahren – ich glaube am Beispiel von Eberhard Witt, der das Staats­theater Hannover leitete, und Dimiter Gotscheff – die Diskrepanz zwischen dem Eigensinn von Künstlern und der Funktion des Intendanten aufgefallen, die darin besteht, zwar Kunst zu produzieren, aber auch zu managen. Bei nächstbester Gelegenheit befragte ich Müller dazu, mit dem ich damals eine Reihe auch international wahrgenommener Interviews führte. Meine Erkundigung führte in dem Gespräch „Das Böse ist die Zukunft“ zu folgender Passage: „Müller: W. H. Auden unterscheidet zwischen dem ‚maker‘ und dem ‚doer of things‘, also zwischen Machern und Tätern. Unter Machern versteht er die Künstler, zu den Tätern gehören die Politiker, Wissenschaftler, Manager … Zwischen diesen beiden Gruppen herrscht gegenseitige Verachtung. Es sind zwei grundsätzlich nicht miteinander vereinbare Haltungen.“ Eine Diskrepanz, die mittlerweile dafür sorgt, dass sich immer mehr Theaterbetriebe als Dienstleister verstehen. Für die Rolle der Mutter Salome – die Königin sollte das gleiche Alter wie die Tochter haben – hatte ich Bibiana Beglau vorgeschlagen. An dem Abend, als Schleef sich „Lulu“ mit Beglau in der Titelrolle anschauen wollte, fuhr sie vor der Vorstellung auf Rollschuhen durch die Kantine. Damit war Schleef schon bedient und

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ließ mir gegenüber seinem Unmut freien Lauf. Kurz vor Mitternacht klingelte mein Telefon. Ein aufgeregter Schleef entschuldigte sich für sein vorschnelles Urteil und lobte seine künftige Protagonistin mit den Worten: „Wie die die Bühne nimmt!“ Die Rolle des Königs übernahm Helmut Mooshammer. Bei der ersten Leseprobe sprach Schleef über die deutschen Bauernkriege. Das Ensemble war sichtlich irritiert. Weder war es gewohnt, mit Emphase so über die Vorgänge im 16. Jahrhundert sprechen zu hören, als hätten derartige Ereignisse etwas mit ihrem Leben zu tun, noch konnten sie sich einen Reim darauf machen, was Thomas Müntzer und Kollegen mit Salome, der letzten jüdischen Königin, zu tun haben könnten. Der Zusammenhang klärte sich allmählich, als Schleef begann, an den Wochenenden mit dem Ensemble am Rhein entlangzupilgern. Er formte ein Kollektiv aus der heterogenen Gruppe, indem er das Augenmerk durchaus in einem frühchristlich-sozialrevolutionären Sinne auf den Unterschied zwischen den feisten Phi­listern und den weniger privilegierten Bevölkerungsteilen lenkte. Eine Kluft, die in Düsseldorf besonders gut ausgeleuchtet ist. Einmal traf ich das Ensemble demonstrativ am Rande eines Edelrestaurants kauernd im stummen Protest gegen das Unrecht der Welt. Robert Beyer, der während der Aufführung am Bühnen­ende befestigt war, spielte den aufrührerischen Pro­ pheten Johannes, der messianisch inspiriert Gerechtigkeit forderte und gegen die Dekadenz wetterte. Nach dem Tod Salomes – Herodes: Haut dieses Vieh in Stücke! – senkt sich ein über­ großes Kreuz auf die Szene. Die Revolte des Johannes wird vom Christentum kanalisiert. In summa – ein Stück Geschichtsphilosophie, wie es heute vielleicht noch der ebenfalls DDR-sozia­ lisierte Frank Castorf auf die Bühne stellt. Schleef selbst weigerte sich, seine komplexe Interpretation gegenüber Unberufenen zu erläutern. Als er bei der üblichen Diskussion beim Theatertreffen – „Lauter wesensfremde Menschen, Herr Raddatz“ – gefragt wurde, worum es in „Salome“ gehe, sprach er vom Krieg der Geschlechter und antwortete sinngemäß: „Um Zwistigkeiten in der Ehe, wie sie zwischen Mann und Frau üblich sind!“ In der Probenpraxis setzte sich Schleef, alles andere als sozial blind, mit Erfolg dafür ein, dass der an der Rückwand des Zuschauersaals positionierte Chor der Ältesten, der aus der Statisterie des Hauses stammte, angemessen honoriert wurde. Während Chorleiter Bernd Freytag mit ihnen in irgend­ einem Winkel des Foyers skandierte, verzichtete Schleef auf eine ­Probebühne und studierte die Szenen auf dem Flur zwischen den Garderoben ein. Der schmale Steg, der in der Vorstellung den Zuschauerraum von oben nach unten teilte, ließ sich problemlos auf dem langen Gang markieren. Beschwerden von


„Salome“ von Oscar Wilde, Regie: Einar Schleef, 1997, mit: Chor, Bibiana Beglau, Helmut Mooshammer „Salome“ von Oscar Wilde, Regie: Einar Schleef, 1997, mit: Bibiana Beglau, Helmut Mooshammer

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anderen Schauspielern, welche die Garderoben nutzten, weil sie auf der Bühne probten, blieben nicht aus, da sie sich in ihrer für das Umkleiden benötigten Konzentration gestört fühlten. Stadttheater vom Feinsten. Am Abend der Premiere, die einigen Auftrieb verursachte, stand ein Regenbogen über dem Haus. Regieassistent Patrick Schlösser, der anschließend mit Schleef für „Das Sportstück“ mit an das Burgtheater ging, war beauftragt worden, eine ­Gegenpremierenfeier zu organisieren. Mit Aldi-Bier und anderen Artikeln aus dem Supermarkt wurde im überdachten Zwischenbereich des Düsseldorfer Schauspielhauses gefeiert, gegrillt und getrunken. Im Foyer soll unterdessen einem lokalen Kulturpolitiker vor Zeugen, darunter der Vorstandvorsitzende eines größeren Konzerns, der Begriff „entartete Kunst“ entfahren sein, wie anderntags der Presse zu entnehmen war. Ein Skandälchen, das dazu führte, dass die Generalintendantin zu Wochenbeginn mit dem Oberbürgermeister die Angelegenheit aufzuklären versuchte, wobei der betreffende Politiker allerdings die Anschuldigung eines derart toxischen Sprachgebrauchs entrüstet von sich wies. Tatsächlich war die Inszenierung künstlerisch äußerst erfolgreich. Der Kritiker Andreas Wilink sprach später von der ästhetischen Visitenkarte des Hauses. Das Interesse des Düsseldorfer Publikums hielt sich dagegen in Grenzen. Als zuständiger Dramaturg musste ich niemals derart viele, damals noch postalisch zugesandte negative Zuschauerkommentare beantworten wie bei „Salome“. Diese Resonanz auf Schleef, der in Berlin und bald darauf in Wien mit Jelineks „Sportstück“ gefeiert wurde, machte deutlich, dass damals in Düsseldorf und Umland die Uhren einfach anders gingen. Daran änderte sich auch nichts, als „Salome“ neben dem „Sportstück“ als Highlight des Theatertreffens bejubelt wurde. Es war übrigens, wie er mir versicherte, das erste Mal, dass zwei Stücke von ihm gleichzeitig liefen. Ein Grund für den Düsseldorfer Unmut war leicht zu identifizieren. Man fühlte sich verunsichert und ergo, so die Logik des Genius loci, provoziert. Der erste Teil bestand aus einem etwa fünfzehnminütigen Standbild ohne Ton. Eine Huldigung an den König, der einen Ehrentag begeht. Die Macht der Kunst, die Stimmung, um nicht zu sagen das In-der-WeltSein, des Gegenübers zu verändern, wurde als Affront interpretiert, die radikale ästhetische Geste der Entschleunigung als Dilettantismus. Tatsächlich kann hier mit Jean-Luc Nancy von einer Ästhetik der Unterbrechung gesprochen werden. Auch wenn dieser Begriff oft missbraucht und selbst bei banalsten Theaterprojekten verwendet wird, wo doch offensichtlich der

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permanente Fluss im allgemeinen Kommunikationsraum nur mit symbolischen Mitteln fortgesetzt wird. Bei dieser „Salome“Inszenierung fand die Unterbrechung, wie an der Erschütterung ablesbar, signifikant statt. Die Eruptionen im Zuschauerraum und die bösartigen Zuschriften verifizierten, dass wirklich ein Nerv getroffen war. Was vor Ort Turbulenzen auslöste, wurde überregional als Ereignis wahrgenommen. War es beim ersten Versuch, Schleef in Düsseldorf zu installieren – damals noch unter Volker Canaris –, zum Eklat gekommen, was zum Abbruch der Inszenierung führte, stand Derartiges bei „Salome“ nie zur Debatte. Eine merkwürdige Koinzidenz wollte, dass sämtliche der beteiligten Schau­spieler über kurz oder lang das Ensemble verließen. Für wenige Wochen hatte ein Wind von einem anderen Planeten durch das Haus am Gustaf-Gründgens-Platz geblasen und Kunst als Abenteuer stattfinden lassen.

Frank M. Raddatz ist Publizist und Dramaturg und war u. a. am Schauspiel Köln, am Staatstheater Hannover, am Staatstheater Stuttgart und am Düsseldorfer Schauspielhaus (1996 bis 2003) tätig. Er arbeitete u. a. mit Heiner Müller, Dimiter Gotscheff, Theodoros Terzopoulos, Einar Schleef, Tadashi Suzuki und Frank Castorf.


Warten auf die Barbaren Über Völkerverständigung und Abbau von ­Vorurteilen mit den Mitteln des Theaters von Anna Badora

Die Idee für „Warten auf die Barbaren?“ wurde geboren durch eine öffentliche Diskussion, die der damalige Regierungspräsident Jürgen Büssow in Rahmen seiner „Düsseldorfer Gespräche“ in den Rheinterrassen über die Zukunft von Europa veranstaltete. Es war das Jahr 2005, und es ging um die im Vorjahr mit zehn Staaten begonnene Osterweiterung der EU. Eine große Verunsicherung bezüglich der wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Erweiterung war damals im Lande spürbar; heftige Diskussionen über die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt wurden allerorts geführt. Man sah das drohende Gespenst der Arbeitslosigkeit, ausgelöst durch billige, an keine tariflichen Verabredungen gebundene Arbeiter aus Polen, Ungarn oder Tschechien. Die einheimischen Firmen warnten vor der billigen Konkurrenz aus dem Osten und dem Verlust der schwer erkämpften Sozialstandards. Die Osterweiterung wurde ausschließlich als wirtschaftliches Thema diskutiert. Die zu der Veranstaltung eingeladenen Vertreter von Industrie, Handel und Mittelstand präsentierten ihre Einschätzungen, Prognosen und Berechnungen zu den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Osterweiterung, untermauert

von eindrucksvollen Statistiken, Tabellen, Balkendiagrammen. Kein Wort darüber, welche Rolle die Kultur in dem Prozess der Osterweiterung spielen sollte, was die Öffnung für Menschen, die Jahrhunderte in ihren eher geschlossenen Kulturkreisen gelebt haben, bedeuten würde und wie sie das verkraften sollten. Aber auch kein Wort über die zu nutzenden Chancen, die neuen Impulse und Inspirationen, die die jeweilige Kultur der neuen EU-Mitgliedsstaaten allen Beteiligten bringen könnte. Ich war zu dieser Diskussion ausnahmsweise nicht, wie schon so oft, als Alibi-Frau eingeladen, sondern diesmal als Alibi-Kulturmensch. Aber meine Frage nach dem Weg zu der neuen gemeinsamen europäischen kulturellen Identität löste völliges Unverständnis aus. Dafür sei es noch viel zu früh, wurde ich belehrt. Zuerst müssen die Beitrittsländer wirtschaftlich an das gemeinsame Niveau herangeführt werden. Wenn das gelungen sei, woran man keinen Zweifel habe, dann werde man sich auch mit diesen weichen Faktoren beschäftigen können. Mir schienen beide Fragen untrennbar zusammenzugehören. Ich war irritiert, wie wenig manche meiner Mitdiskutanten auf dem Podium über die gewachsenen Kulturen der

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neuen EU-Länder wussten und mit welchen Stereotypen sie sich zufriedengaben, wenn sie sich positiv und zuversichtlich bezüglich der gemeinsamen Zukunft zeigen wollten. Sie versuchten, so schien es mir, ihre Unsicherheit mit dem Zuckerguss des Hurra-Optimismus übertünchen zu wollen, dessen Fazit war, dass die neuen EU-Bürger mittelfristig genauso funktionieren können wie die Deutschen, wenn sie es nur wollen und wir ihnen dabei helfen. Für mich als gebürtige Polin war das Thema der Völkerannäherung gerade von Ost und West ein zutiefst persönliches, eine Art Wegweiser für mein bisheriges privates wie berufliches, von Erkenntnisdrang angetriebenes Leben. Auch ein Grund, warum ich überhaupt in Deutschland lebte, ein Wunder nach meiner ausgesprochen deutschfeindlichen Erziehung in Czestochowa, zu der die sorgfältige Pflege des durch Kriegsfilme immer neu befeuerten Feindbildes gehörte. Und es lebten auch noch Zeitzeugen des Warschauer Aufstands von 1944, der mit einer kompletten Zerstörung von Warschau und Ausrottung großer Bevölkerungsteile, vor allem Künstler, Frauen und Kinder, durch die deutschen Besatzer endete … und ich wollte es wis­sen, wollte es verstehen … Wie viele Tode starb ich schon bei gelegentlichen gemeinsamen Mahlzeiten mit der deutschen Familie meines Ex-Mannes und meinen polnischen Verwandten. Wie viele peinliche Fettnäpfchen, wie viele ungewollte Verletzungen, wie viele Missverständnisse und Unwissen begleiteten da das Essen. Trotz beiderseitigen guten Willens waren diese unvermeidbar. Nach jedem Zusammentreffen war ich schweißgebadet, aber letztendlich glücklich, weil ich merkte, wie sich das Bewusstsein und das Verständnis auf beiden Seiten änderte und wir uns langsam annäherten. Wäre so etwas auch „im Großen“, auf EU-Ebene, möglich? Kurz nach der Düsseldorfer Diskussion traf ich den auch in Deutschland bekannten polnischen Autor Andrzej Stasiuk, der als „Sprachrohr seiner Generation“ galt. Lange schon bewunderte ich die konsequente Haltung, mit der er, meist im Dialog mit anderen ost- und mittelosteuropäischen Autoren, nach einer neuen Definition von Europa suchte. Um einen wirklichen Austausch zwischen Deutschen und Polen, aber auch zwischen den anderen europäischen Nachbarn anzuregen, meinte er, müsste zuerst eine Art Bestandaufnahme der emotional besetzten Vorurteile, Klischees und Feindbilder auf beiden Seiten gemacht werden. Und das ginge nur, wenn man sich nicht an das strenge Diktat der „political correctness“ halte, sondern gnadenlos all das thematisiere, was normalerweise nur hinter vorgehaltener Hand im Flüsterton oder an Stammtischen mit frustrierter Aggressivität

behauptet werde. Und so etwas, meinte Andrzej, sei ausschließlich im Theater realisierbar. „Theater des europäischen Hasses“ nannte Andrzej provokanterweise seine ersten Überlegungen für ein großes Projekt. „Theater ist ein hervorragender Austragungsort für kulturelle Herausforderungen“, meinte Andrzej. Es geht dort eben nicht darum, fertige Antworten zu verkünden, sondern miteinander, auch mit sich selbst, in Auseinandersetzung zu geraten. Wir konnten neben Andrzej Stasiuk auch Juri Andruchowytsch aus der Ukraine und Jáchym Topol aus Tschechien für das Thema begeistern. Sie alle erklärten sich bereit, für uns Theaterstücke über ihre Landesnachbarn zu schreiben. Bald kamen auch noch Péter Zilahy aus Ungarn und Marius Ivaškevičius aus Litauen dazu. Titelgebend war ein Gedicht des griechischen Lyrikers Konstantinos Kavafis, der 1904 in „Warten auf die Barbaren?“ eine antike Gesellschaft beschreibt, die sich auf das Kommen der Barbaren vorbereitet. Neue Gesetze werden für sie erfunden, neue Moden und neue Bräuche werden antizipiert. Niemand geht mehr seiner Arbeit nach, weil es doch mit den Barbaren alles anders werden wird. Doch die Barbaren kommen nicht. „Und nun, was sollen wir ohne Barbaren tun? Diese Menschen waren immerhin eine Lösung“, heißt es am Ende des Gedichtes. Dieses Bild schien mir für die Situation in Deutschland und für unsere Projektüberlegungen sehr passend. Andrzej Stasiuk schrieb für uns das erste Stück – „Nacht“, das dann als Koproduktion mit dem Krakauer Stary Teatr am 8. Januar 2005 in Düsseldorf zweisprachig uraufgeführt wurde. Mit der Geschichte eines deutschen Juweliers, dem das Herz eines polnischen Autodiebs transplantiert wurde, gelang ­Stasiuk und dem deutsch-polnischen Ensemble ein ironiegetränktes ­Gemälde kurioser Selbstbilder und gegenseitiger klischierter Wahrnehmungen. „Am offenen Herzen Europas“ schrieb damals die Süddeutsche Zeitung und bezeichnete damit für mich sehr treffend das Vorhaben des Projektes. „Gelächter besiegt Vorurteile“, resümierte die deutsche und Zürcher Presse. „Am Ende von Stasiuks Farce stehen die Hoffnung auf Erkenntnis und Annäherung. Der erste Schritt ist getan: Deutsche und Polen lachen gemeinsam“, hieß es im Westfälischen Anzeiger (12.1.2005, M. G. Müller). „Der Text […] verbindet die beiden Nationen klüger als die Europäische Union“, attestierte die polnische Gazeta Wyborcza im Februar 2005 und der Deutschlandfunk erkannte „Nacht“ als „eine paneuropäische Lockerungsübung gegen politische Verspannungen“. Mit diesem Erfolg hatten wir allerdings, während der sehr schwierigen Proben für „Nacht“, nicht mehr gerechnet. Eine

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S. 282 „Orpheus, illegal. Das neue Europa II – Warten auf die Barbaren?“ von Juri ­Andruchowytsch, Regie: Anna Badora, 2005, mit: Michael Fuchs „Die Reise nach Bugulma. Das neue Europa III – Warten auf die Barbaren?“ von Jáchym Topol, Regie: Gustav Rueb, 2006, mit: Anke Schubert, Constanze Becker „Nacht. Das neue Europa I – Warten auf die Barbaren?“ von Andrzej Stasiuk, Regie: Mikołaj Grabowski, 2005, mit: Ensemble, Esther Hausmann, Steffi Krautz

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Woche nach Probenanfang verweigerten die Schauspielerinnen und Schauspieler und der junge deutsche Regisseur ihre weitere Arbeit, weil sie „mit diesem Text keinen Beifall von Rechts­ radikalen bekommen wollten“. Auch nach Übernahme der Regie durch den polnischen Regisseur Michail Grabowski fanden weiterhin heftige Auseinandersetzungen mit dem deutsch-polnischen Ensemble statt. Unser Vorhaben musste ständig neu erklärt und legitimiert werden. Noch bei der Premiere kam Andrzej Stasiuk zum Schlussapplaus mit eingezogenem Kopf auf die Bühne und wartete auf das vernichtende Verdikt des Publikums. Stattdessen gab es tosenden, nicht enden wollenden Applaus. Es war einer der größten Publikumserfolge meines bisherigen Theaterlebens als Intendantin. Alt und Jung stürmten auf uns zu, viele emotional aufgewühlt, mit Tränen in den Augen, viele bedankten sich überschwänglich. Reaktionen, die wir dann bei fast jeder weiteren Vorstellung erlebten, sowohl in Düsseldorf als auch in Krakau wie auch bei internationalen Festivals in Rom und Helsinki, zu denen wir mit der Produktion eingeladen wurden. Der Premierenerfolg von „Nacht“ wurde in der Heftigkeit der Publikumsreaktionen nur noch von einer Vorstellung übertrumpft, die ebenfalls im Rahmen unseres Projekts „Warten auf die Barbaren?“ entstand; Juri Andruchowytschs „Orpheus, illegal“, das seine Uraufführung unter meiner Regie am 16. September 2005 in Düsseldorf erlebte. Wir spielten es im Rahmen unserer Kooperation mit dem Kiewer Molodyj Theater und Teatro Garibaldi Palermo als Gastspiel später auch in Kiew. Die Stimmung in der Ukraine war zu der Zeit aufgeheizt. Die Wahlen standen knapp bevor. Die Orange Revolution war auf ihrem Höhepunkt. Und dort in Kiew in dieser unglaublich hoffnungsvollen Zeit spielten wir diese dreisprachige Inszenierung mit den deutschen, ukrainischen und sizilianischen Schauspielerinnen und Schauspielern. Der Autor Juri Andruchowytsch stellte sich selbst dar und hielt im Stück erneut seine flam­ mende Rede, diesmal auf Ukrainisch, die er einige Monate zuvor vor dem EU-Parlament auf Englisch gehalten hatte. Das Gastspiel geriet in den vollen Fokus der Öffentlichkeit. Die Kiewer saugten daraus Hoffnung, dass die Revolution gelingen und die Ukraine eines Tages zur großen Familie der EU gehören könnte. „Wir Ukrainerinnen und Ukrainer sind auch da! Bitte vergesst uns nicht“ – das war der breite öffentliche Tenor. Die große europäische Utopie schien plötzlich für die Ukrainer, aber auch alle anderen ganz nah zu sein. Als dann zum Schluss der orange Vorhang mit seinem hauchdünnen Stoff feder­leicht auf das gesamte Parterre niedersank und das


Publikum kurz­zeitig einhüllte, brach ein Jubel im Zuschauersaal in einer Lautstärke aus, wie ich es nie zuvor und niemals mehr danach erlebt hatte. Die Schauspieler wurden gar nicht erst von der Bühne gelassen. Die Zuschauer stürzten zu ihnen hoch, wollten uns alle umarmen, mit uns allen feiern und vor allem reden, reden, reden … Vor dem Theater hielt ein Auto nach dem anderen von TV- und Radioanstalten, Zeitungen, Magazinen, die jeden von uns, dessen sie habhaft werden konnten, zum Interview abholen wollten. Es war ein berauschender, inspirie­ render Abend, für uns, für die Zuschauer, die ukrainische Öffentlichkeit und nicht zuletzt auch für Europa. Nach „Nacht“ und „Orpheus, illegal“ hat dann Jáchym Topol, ein junger tschechischer Autor, mit „Reise nach Bugulma“ sein erstes Theaterstück in Düsseldorf am 16. Februar 2006 zur Premiere gebracht. Es ist eine zynische Groteske zwischen gestern und morgen, mit kommunistischen Genossen und künftigen EU-Bürgern. „Der Abend ist packend, gruselig und komisch“ schrieb die Neue Rhein Zeitung. Darüber hinaus fanden auch etliche Lesungen von jungen europäischen Autoren statt, von denen zwei als „inszenierte

Lesungen“ mehrmals präsentiert wurden: „Der lange Weg nach Nah“ des ungarischen Autors Péter Zilahy, der eine west-östliche Liebesaffäre zwischen einer slowakischen Punkerin und einem dänischen Studenten in einem durch die DDR fahrenden Zug ansiedelte und dabei einen ironisch-bösen Blick hinter den Eisernen Vorhang warf, auf der Suche nach den wahren Unterschieden zwischen Ost und West zeitlich vor der Wiedervereinigung. Und „Abgeschirmt“ vom litauischen Dramatiker und Regisseur Marius Ivaškevičius, in der die Ängste einer kleinen Nation thematisiert werden, die immer der Willkür einer großen Nation ausgeliefert war. Als Höhepunkt und Abschluss des Projektes „Das neue Europa – Warten auf die Barbaren?“ stellten wir dank der Unterstützung der Europäischen Theaterunion UTE und der Stadt Düsseldorf ein Festival auf die Beine, das die wichtigsten zeitgenössischen Autoren sowie junge, aufstrebende Theatermacher mit ihren Arbeiten aus Ost und West präsentierte. Viele heute renommierte Theatermacher wurden bei dem Festival für die deutschsprachige Theaterlandschaft entdeckt, wie u. a. Viktor Bodó und Jan Klata.

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Damals spürten alle am Projekt Beteiligten und Zuschauer, welche Potenz, Kraft und Hoffnung im Medium Theater für die Völkerverständigung stecken. Wir hatten damals die Hoffnung, dass wir mit unserem Projekt „Warten auf die Barbaren?“ etwas über den Tag hinaus Reichendes geschaffen haben könnten, etwas, was sich auf die Lebenswirklichkeit vieler Menschen auswirken würde. Haben unsere damaligen Erkenntnisse und Erfahrungen das Verständnis für die unterschiedlichen Völker und Kulturen der EU einschließlich derjenigen, die seitdem hinzugekommen sind, wie erhofft positiv beeinflusst? Ich vermag es nicht zu sagen. Heute fühlen wir uns wie die Senatoren in Konstantinos Kavafis’ Gedicht und sind uns nicht sicher, kommen die so sehnlich erwarteten Barbaren aus dem Osten oder dem Westen, wenn sie denn überhaupt kommen, und wenn sie schon gekommen sind, haben sie etwas geändert? Zumindest mich als Regisseurin und Intendantin an verschiedenen Häusern in Deutschland und Österreich hat die europäische Zusammenarbeit auf künstlerischer Ebene nicht mehr losgelassen. Regisseure und Regisseurinnen wie Yael Ronen, Viktor Bodó, Dušan David Pařízek, Miloš Lolić, Pınar Karabulut, Oliver Frljić und viele andere haben bei mir inszeniert und damit ein Stück weit den Gedanken der europäischen Völkerverständigung, direkt oder indirekt, in die Zuschauer­säle getragen.

Anna Badora, geboren 1951 in Częstochowa/Polen, studierte als erste Frau am Max Reinhardt Seminar in Wien Regie. Von 1982 bis 1984 war sie Regieassistentin am Schauspielhaus Köln, wo sie auch zu inszenieren begann. Sie arbeitete in München, Wien und Darmstadt und von 1986 bis 1988 als Hausregisseurin in Basel. Von 1991 bis 1996 war sie Schauspieldirektorin am Staatstheater Mainz und von 1996 bis 2006 Generalintendantin am Düssel­ dorfer Schauspielhaus. 2006 wurde sie geschäftsführende Intendantin des Schauspielhauses Graz, von wo sie 2015 ans Wiener Volkstheater wechselte.

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Manche Augen­ blicke kommen nie wieder ie Theaterfotografin Sonja Rothweiler D im Gespräch mit Marion Troja

„Macbeth“ von William Shakes­peare, Regie: Jürgen Gosch, 2005, mit: Thomas Dannemann, Devid Striesow „Macbeth“ von William Shakes­peare, Regie: Jürgen Gosch, 2005, mit: Thomas Dannemann, Horst Mendroch, Ernst Stötzner, Thomas Wittmann

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„Macbeth“ im Großformat. Gleich zweimal. Sonja Rothweiler hat der Düsseldorfer Gosch-Inszenierung in ihrem Atelier ein Denkmal gesetzt. „Er war mein Lieblings-Regisseur“, erklärt die Theaterfotografin. Die Motive hat sie im Großen Haus aufgenommen: Devid Striesow als Lady Macbeth, Horst Mendroch nackt und mit Maske vor dem Gesicht – als Hexe, als Kreatur. Sie erinnert sich an die Begegnung mit den Schauspielern vor dem Fotoshooting im Foyer. „Das kann ja interessant werden“, habe sie damals gesagt, als Mendroch und die anderen ohne Kleider vor ihr standen. Und das wurde es. „Macbeth“ sorgte 2005 bei der Premiere für Buhrufe und Türenknallen, avancierte kurzfristig zum Theaterskandal, um dann bundesweit als Theaterereignis des Jahres gefeiert zu werden. Sonja Rothweiler hat von 1991 bis 2006 mit ihren Fotos das Bild des Düsseldorfer Schauspielhauses in der Öffentlichkeit geprägt. Sie übernahm diese Aufgabe von Lore Bermbach, bei ihr hat sie auch ihr Handwerk gelernt. Bermbach hatte den Job 1962 von ihrer Lehrmeisterin Liselotte Strelow geerbt. Gustaf Gründgens holte Strelow 1950 aus Berlin nach Düsseldorf. Mehr als fünf Jahrzehnte, die drei Frauen mit ihrer Art des Fotografierens prägten. Von den Anfängen mit Prinzipal Gründgens und stark arrangierten Rollenporträts über spektakuläre Architekturfotografie vom PfauNeubau bis hin zu Bildern aus den Proben. Bermbach verortete sich dabei hinter dem Regisseur im Zuschauerraum, während ­Rothweiler sich auch auf der Bühne mitbewegte und versuchte, die Kamera schräg haltend, Stimmungen der Inszenierung aufzunehmen. Blättert man heute durch die Aufnahmen der drei Frauen, hat man eine Ahnung von den Veränderungen innerhalb dieser Zeit – stilistisch und technisch. Sonja Rothweiler hat ihr Archiv mit 20 000 Aufnahmen von 350 Inszenierungen inzwischen dem Theatermuseum übergeben.

Marion Troja: Frau Rothweiler, haben Sie Lieblingsorte im Düsseldorfer Schauspielhaus? Sonja Rothweiler: Die Probebühne im Keller, die wird ja jetzt als Unterhaus wieder bespielt. Da habe ich sehr gerne fotografiert. Gotscheff hat auch oben in der vierten Etage auf der Großen Probebühne inszeniert. „Ein Monat in Dachau“, das war sehr intensiv. Mir hat auch das Foyer immer gut gefallen mit dem rosa Marmor und den Kunstharztischen – das sind ja alles Zeichen der Zeit. Was für Typen waren diese drei Düsseldorfer Fotografinnen? Frau Strelow kenne ich ja nur aus den Erzählungen von Frau Bermbach. Ich glaube, sie hatte sehr klare Vorstellungen. Ihre

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große Stärke war Porträt-Fotografie. Das Bild hatte sie immer schon im Kopf, die Inszenierung war zweitrangig. Wie kam es zu diesem Generationenwechsel bei Ihnen dreien? Es ist ja immer so, dass man irgendwo reinkommt, wenn man jemanden kennt. So haben wir das eben einander weitergegeben. Ich habe schon mit 17 meine Ausbildung gemacht und Frau Bermbach wollte eigentlich mit 60 aufhören, dann mit 65 und dann hat sie noch bis 70 weiterfotografiert. Danach hat sie Volker Canaris gefragt, ob ich übernehmen könne. Ich kannte ihn gut, wir haben oft über Fotos gefachsimpelt. Heute ist das anders, es gibt inzwischen mehrere Fotografen an den Häusern. Wie war Ihre Vorgängerin im Vergleich zu Ihnen? Sie hat spektakuläre Architekturfotos vom Pfau-Bau aufgenommen. Ja, das hat sie wirklich. Ihr Vater war Bauingenieur, ebenso wie ihr Lebensgefährte, der Vater ihres Sohnes. Er hat uns technisch beraten. Welchen Eindruck hinterlässt die Architektur bei Ihnen? Diese geschwungene, helle Erscheinung und der große Platz – das hat mir immer sehr gefallen. Eigentlich war der Platz als großer Springbrunnen geplant und irgendwann wurde auch Wasser draufgelassen. Das sah ganz toll aus, das Haus spie­gelte sich auf der Oberfläche. Das Motiv haben wir für ein Plakat verwendet, es geht in allem um ein Präsentieren von etwas sehr Schönem. Lore Bermbach hat die Bühnenfotografie verändert, indem sie die Schauspieler während der Proben aufgenommen hat. Zuerst nicht, später dann doch. Sie hat die Inszenierung in den Vordergrund gerückt und nicht ihre eigenen Ideen von einer Rolle. Sich selbst hat sie zurückgenommen. Von ihr habe ich die nötige Sensibilität für die Inszenierung gelernt. Sie hat sich immer hinter dem Regiepult platziert. War Ihnen das zu weit weg? Ja, das war mir zu distanziert. Ich habe Inszenierungen von Werner Schroeter gesehen und mir vorgestellt, dass es auch toll wäre, auf der Bühne zu fotografieren. Ich habe mir gesagt: Vielleicht muss man einfach mal was fordern. Die Fotos wurden ja immer wichtiger. Wie haben Sie den Bühnenraum empfunden? Ich mochte immer die Größe. Es war eine Herausforderung für viele Regisseure, diese Bühne zu bespielen. Viele haben das


„Die Fliegen“ von Jean-Paul Sartre, Regie: Regie: Gustaf Gründgens, 1947, mit: Elisabeth Flickenschildt, Heinrich Fürst „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow, Regie: Otomar Krejča, 1976, mit: Ensemble

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„Salome“ von Oscar Wilde, Regie: Einar Schleef, 1997, mit: Ursina Lardi, Kai Hufnagel „Ein Monat in Dachau“ von Vladimir Sorokin, Regie: Dimiter Gotscheff, 1995, mit: Samuel Finzi, Almut Zilcher „Lulu“ von Frank Wedekind, Regie: Anna Badora, 1996, mit Bibiana Beglau, Karl Heinz Herber, Klaus Schreiber

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ganz toll geschafft. Hans Hauser zum Beispiel, der Bühnenbildner von Mouchtar-Samorai beim „Sommernachtstraum“. Damals hat Herbert Fritsch den Puck gespielt und stieg plötzlich aus einem Ei. Bestimmte Bilder hat man noch über Jahre im Kopf. Der Bühnenraum bietet unendlich viele Möglichkeiten – mit Licht, Projektionen und mit dieser Drehbühne. Ich war immer geschockt, wenn jemand den Eisernen runterließ und auf dem Steg spielen ließ. Das war so vergeudet. Als Theaterfotografin bewegen Sie sich zwischen eigener Interpretation und Dienstleistung. Ein schwieriger Spagat? Ich wusste ja, für wen die Fotos sein sollten. Die Presse spielte eine viel größere Rolle als heute. Wir hatten hier auf dem Boden immer ganz viele Umschläge liegen und in die hinein wurden die ausgewählten Fotos für die Redaktionen verteilt. Möglichst so, dass alle unterschiedliche bekamen. Ich habe natürlich immer versucht, die Idee des Regisseurs nachzuvollziehen. Es gab auch eine Zeit, da wurde in den frühen Proben für Theaterzeitung und Leporello fotografiert. Ich habe dann für die Fotos schon mal selbst etwas inszeniert, auch wenn sich ja vieles nochmal geändert hat.

sehr dunkles Stück. Mein Mann hat die erste digitale Kamera ­ ekauft, wir wussten, das wird sich ändern mit der Fotografie. g Er hat digital fotografiert und ich analog. Ich habe den Entwickler geradezu gekocht, um die Belichtung auszugleichen. Mit einer bestimmten Chemikalie konnte man dann noch Silber anhängen. Aber auf den Fotos war nichts zu sehen, das war wirklich frustrierend. Bei den digitalen Aufnahmen konnte man alles sehen. Ich mochte immer die Arbeit in der Dunkelkammer, aber das war damit vorbei. Es kommt auf den richtigen Moment an. Sie müssen also sehr vertraut sein mit dem, was Sie fotografieren. Es gibt da verschiedene Arten. Manche schauen sich das Ganze zuerst ohne Fotoapparat an. Ich lasse mich von den Atmosphären einfangen und reagiere direkt. Manche Augenblicke kommen nie wieder.

Das war dann ja wie bei Frau Strelow … Ich war aber nicht so streng. Wir hatten eine Mordsgaudi dabei. Und ich fand den Ausdruck und den Inhalt immer wichtiger als das Kostüm oder die Maske. Welche Resonanz haben Sie bekommen? Anfangs war die Presse nicht begeistert von meinen Bildern. Bei Schroeter habe ich auf der Bühne fotografiert und war so nah dran, dass es mit mehreren Personen auf dem Bild schwierig wurde. Ich habe dann die Kamera schräg gehalten und so die Spannung auf die Aktion gelenkt. Das gab wohl in den Redaktionen heiße Diskussionen. In Ihre Zeit fallen riesige Umbrüche in der Fotografie – von Schwarzweiß zu Farbe, von analog zu digital. Farbe fing schon bei Frau Bermbach an. Das war aufwändiger, weil man, während man noch die Aufnahmen machte, die Filme ins Labor bringen musste, um zu sehen, ob wir mit der Belichtung richtig lagen. Ob die Gesichter der Schauspieler hell genug waren, zeigte der Apparat einem nicht an. Ich fand es dann ganz toll, bei der digitalen Fotografie sofort kontrollieren zu können. Wann sind Sie ins Digital-Zeitalter eingestiegen? Bei Bauersima fing es an, 2000 war das, glaube ich. Es war ein

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Sonja Rothweiler begann Anfang der 1990er Jahre als Theaterfotografin und war bis 2006 am Düsseldorfer Schauspielhaus engagiert. Sie übernahm diese Aufgabe von Lore Bermbach. Lore Bermbach (1921 bis 2015), die bei Liselotte Strelow lernte, arbeitete seit Anfang der 1960er Jahre mit ihr zusammen und ab 1967 eigenständig als Theaterfotografin des Düsseldorfer Schauspielhauses. Bermbach wirkte unter den Intendanten Stroux, Brecht, Beelitz, Canaris und Badora. 1977 erhielt Lore Bermbach den Staatspreis für das Handwerk Nordrhein-Westfalen. Liselotte Strelow (1908 bis 1981) war für das Düsseldorfer Schauspielhaus seit Ende der 1940er Jahre unter Gustaf Gründgens bis 1967 tätig. Das Gespräch führte Marion Troja, Kulturjournalistin und stellvertretende Leiterin der Abteilung Kommunikation am Düsseldorfer Schauspielhaus. Sie hat lange als Kulturredakteurin und Theaterkritikerin für die Westdeutsche Zeitung gearbeitet und ist als Journalismus-Dozentin an der Universität Köln tätig.


Gosch / Schütz

Über viele Jahre arbeitete der Regisseur Jürgen Gosch zusammen mit dem Bühnenbildner Johannes Schütz. In Düsseldorf ent­ wickelte Schütz seinen berühmten „Kasten“, in dem viele der Inszenierungen von Jürgen Gosch zu ihrem ureigenen Ton fanden. Auf den folgenden Seiten stellte Johannes Schütz Bilder aus verschiedenen In­szenierungen am Düsseldorfer Schauspielhaus zusammen.

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ÜBERSICHT IN BEISPIELEN Eine Bildersammlung von Johannes Schütz

„Macbeth“ von William Shakespeare, Regie: Jürgen Gosch, Bühne und Kostüm: Johannes Schütz, 2005 — mit: Thomas Dannemann, Devid Striesow, Thomas Wittmann, Horst Mendroch, Jan-Peter Kampwirth, Michael Abendroth — mit: Thomas Dannemann, Ernst Stötzner, Devid Striesow

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„Sommergäste“ von Maxim Gorki, Regie: Jürgen Gosch, Bühne und Kostüm: Johannes Schütz, 2004 — mit: Julia Grafflage, Devid S ­ triesow — mit: Bernd Grawert, Constanze Becker, Thomas Dannemann, Thomas Wittmann , Martin Schneider, Eva Spott, Julia Grafflage, Anke Schubert, Horst Mendroch, Devid Striesow

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1 „Da kommt noch wer“ von Jon Fosse, 2001 — 2 „Der Name“ von Jon Fosse, 2000 — 3 „Der Name“ von Jon Fosse, 2000, mit: Birgit Stöger — 4 „Das Käthchen von Heilbronn“ von Heinrich von Kleist, 2000, mit: Ensemble — 5 „Hamlet, Prinz von Dänemark“ von W ­ illiam Shakespeare, 2001, mit: Ensemble — 6 „Was ihr wollt“ von William Shakespeare, 2007, mit: Guntram Brattia, Kathleen Morgeneyer und mit: Katharina Lorenz, Rainer Galke — Alle Inszenierungen Regie: Jürgen Gosch, Bühne und Kostüm: Johannes Schütz

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Man guckt immer, wie weit man gehen kann. Den Moment darf man nicht verpassen. Und man muss immer gucken, ob man schon weit genug gegangen ist. Da kann man sich durchaus täuschen. Jürgen Gosch Ich denke relativ viel über frühere Arbeiten nach, fertige Aufführungen. Aber nur so lange, bis ich etwas gefunden habe hinsichtlich dessen, wie es weitergeht. Anti-nostalgisch. Johannes Schütz

„Die Göttliche Komödie“ von Dante Alighieri, Regie und Bühne: Johannes Schütz, 2018, mit: Kilian Land und Publikum — Kilian Land, Lieke Hoppe Textquellen: Andreas Wilink, Das Phänomen Jürgen Gosch, in: K.West, 2006 und Johannes Schütz, Mehr Nichts ist möglich, Gespräch Teil 2 mit Annette Storr, in: Modelle & Interviews, 2016 Johannes Schütz, 1950 in Frankfurt / Main geboren, arbeitete seit 1992 mit Jürgen Gosch zusammen, zuerst am Schauspielhaus Bochum, später u. a. am Deutschen Theater Berlin, am Schauspielhaus Zürich und am Düsseldorfer Schauspielhaus, und wurde mehrmals zum Bühnenbildner des Jahres gekürt. Seit 1990 ist Johannes Schütz auch als Regisseur tätig, Von 2010 bis 2019 hatte er eine Professur für Bühnenbild an der Kunstakademie Düsseldorf inne.

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„Prinz Friedrich von Homburg“ von Heinrich von Kleist, Regie: Jürgen Gosch, 2002, mit: T ­ homas Wittmann, Devid Striesow „Macbeth“ von William Shakes­peare, Regie: Jürgen Gosch, 2005, mit: Ernst ­Stötzner, Thomas Wittmann

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Vorahnung Man trifft sich immer zweimal im Leben von Thomas Wittmann

Zum ersten Mal kam ich 1996 nach Düsseldorf. Die Stadt mochte ich sofort, besonders der Rhein mit seinen Radwegen hatte es mir als begeistertem Radfahrer angetan. Die Arbeit am Schauspielhaus war in den ersten Jahren leider eher durchwachsen und glücklos. Der für mich absolute Tiefpunkt war damals eine Shakespeare-Aufführung, in der ich den jugendlichen Prinzen spielte. Bei der Premiere war ich so deprimiert, dass ich nicht auf die anschließende Feier ging, sondern sofort nach Hause fuhr und mich dort aus Verzweiflung alleine betrank. Damals spielte ich häufig junge Männer von aristokratischer Herkunft, so auch einen jungen Schweizer Adligen in „Wilhelm Tell“, inszeniert von Franz Xaver Kroetz. Dieser bescheinigte mir während der Proben immer wieder, ich sei dafür eine „absolute Punktbesetzung“, weil ich aussehe wie ein „adliges Arschloch“. Die späteren Jahre brachten dem Schauspielhaus zum Glück mehr Erfolge. Für mich besonders prägend wurden dann

die Arbeiten mit Jürgen Gosch, unter dem ich in „Hamlet“, „Prinz von Homburg“, Gorkis „Sommergästen“ und dem mittlerweile legendären „Macbeth“ spielte. Während wir zum Beispiel in „Hamlet“ noch relativ konventionell in Strickkleidern agierten, befragte Gosch nach dem Besuch einer wohl sehr anarchischen Theateraufführung im Kindergarten seiner kleinen Tochter immer mehr sich und seinen Regiestil. Mit über sechzig Jahren entdeckte er für sich ein ganz neues Verständnis von Theater und wurde so zu einem der bedeutendsten Regisseure seiner Zeit. Bei der Leseprobe zu „Macbeth“ – wir waren nur sieben Schauspieler, die alle Rollen spielen sollten – schlug er uns vor, den Aspekt, dass das Stück später vor Publikum gezeigt werden sollte, einfach außer Acht zu lassen. Somit haben wir auf den Proben wirklich die abenteuerlichsten Dinge getrieben. Wochenlang beschäftigten wir uns mit der Darstellung der Hexen, die in „Macbeth“ ja eine zentrale Rolle spielen, und kamen zu der

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Einsicht, man müsste diese mit so extremen Mitteln spielen, wie sie im Theater noch nie zu sehen waren. Also bestellten wir bei der Requisite u. a. echte Pferdelebern und Pferdelungen (die sind nämlich riesig!), und die hauten wir uns dann um die Ohren. Außerdem bewarfen und beschmierten wir uns gegenseitig mit unseren Exkrementen (in diesem Fall massenweise Mousse au chocolat); es war eine Riesensauerei und zugleich pure Freude! Weil in „Macbeth“ viel gemordet wird, war natürlich auch viel Theaterblut im Spiel. Das für mich schönste Bild ergab sich immer am Ende der Aufführung, denn da sahen wir sieben Männer, die zum großen Teil ganz nackt agierten, wie gerade auf die Welt gekommene Riesenbabys aus. Tatsächlich löste die Premiere im September 2005, bei der bereits nach zwanzig Minuten gut ein Drittel des Publikums den Saal türenschlagend verließ, einen veritablen Theaterskandal aus. Gosch ging es aber nie um die Provokation eines Eklats, sondern darum, für diese wahrhaft blutrünstige Shakes­peareTragödie mit möglichst einfachen theatralen Mitteln starke und radikale Entsprechungen zu finden. Unsere „Macbeth“-Aufführung sah auch der Intendant des Berliner Ensembles Claus Peymann und bot mir daraufhin ein Festengagement an. Zur selben Zeit erhielt ich aber auch die Einladung, zu Karin Beier ans Kölner Theater zu wechseln, und da ich so weiter in Düsseldorf bleiben konnte und mit meiner Familie nicht umziehen musste, nahm ich das Kölner Angebot an. Daraufhin war Peymann äußerst gekränkt und warf mir wörtlich vor, einen „Riesenkarrierefehler“ zu begehen. Ich müsse ihm dankbar sein, denn er habe mich – inzwischen hatte ich als Gast zwei Stücke bei ihm gemacht – aus der „rheinischen Provinz“ (sprich: Düsseldorf) in die Hauptstadt geholt. Es sei für ihn unerklärlich, dass ich jetzt freiwillig wieder in die „rheinische Provinz“ (also Köln) zurückgehen wolle. Er war wirklich fassungslos, räumte aber ein (und das muss ich ihm noch heute zugutehalten), mir die Türe nach Berlin offen zu halten, falls es mir in Köln nicht gefallen sollte. Tatsächlich wurde ich am Kölner Theater nicht heimisch, und so beschloss ich 2009, Düsseldorf nach dreizehn Jahren den Rücken zu kehren und nach Berlin zu gehen. Es war ein sehr wehmütiger Abschied, denn Düsseldorf war mir zur Heimat geworden, doch am Tag des Umzugs beschlich mich wie eine Vorahnung das sichere Gefühl, irgendwann wiederzukommen. In Berlin blieb ich dann sieben Jahre am Berliner Ensemble unter Peymann. 2016 bot mir Wilfried Schulz an, mit dem Beginn seiner Intendanz nach Düsseldorf zu wechseln, und so bewahrheitete sich zu meiner großen Freude meine Vorahnung. Gleich nach meiner Ankunft hier am Theater stellte ich dann

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mit Erleichterung fest, dass ich nach all den Jahren am Berliner Ensemble, das Peymann mit harter, autoritärer Hand geführt hatte, aus einer Diktatur kommend nun wieder in einer Demokratie angelangt war. Fast wäre Claus Peymann mir wieder in die „rheinische Provinz“ gefolgt, denn er drückte in einem Abschiedsbrief an mich die Hoffnung aus, Wilfried Schulz könnte ja „entgegen des derzeitigen Jugendwahns am Theater vielleicht einen 80-jährigen Theaterrentner“ wie ihn für Düsseldorf engagieren. In meiner zweiten Düsseldorfer Zeit bin ich jetzt im zarten Alter von 55 Jahren zum „Väter“-Spieler herangereift – eine erschreckende Erkenntnis! Außerdem genieße ich das Glück, neben vielen interessanten und schönen Rollen auch immer öfter auf der Bühne sterben zu dürfen und manches Mal danach als toter Geist umherzuwandeln. Schauspielkollegen scheinen mich jedenfalls, was mich sehr ehrt, als Spezialisten für die Darstellung von Bühnentoden aller Art ausgemacht zu haben: einmal blutüberströmt auf einer steilen Treppe mit dem Kopf nach unten liegend und anschließend hängend am Kreuz (als Agamemnon in der „Orestie“), in „Fanny und Alexander“ als ­toter Vater stundenlang umhergeisternd oder (sowohl in „Lazarus“ als auch in „Hamlet“) schlicht und ergreifend durch ein Messer in den Bauch niedergemetzelt. Was mich aber am meisten freut und womit ich nicht gerechnet habe: Düsseldorf hat sich in den letzten drei Jahren zu einer regelrechten „Theaterstadt“ entwickelt. Die Menschen sind stolz auf ihr Schauspielhaus, besuchen es zahlreich und auch viele junge Leute begeistern sich für die analoge und – wie manche meinen – anachronistische Kunstform „Theater“. Es gibt ja das Sprichwort: Man trifft sich immer zweimal im Leben. Welch ein Glück, dass meine zweite Begegnung mit Düsseldorf so schön ist!

Thomas Wittmann wurde 1963 in München geboren und erhielt seine Schauspielausbildung am Mozarteum in Salzburg. Sein ­erstes Theaterengagement führte ihn 1985 ans Burgtheater in Wien, danach war er am Schauspielhaus Bochum, am Berliner Ensemble und von 1996 bis 2006 und wieder seit 2016 am Düsseldorfer Schauspielhaus engagiert.


„Fanny und Alexander“ von Ingmar Bergman, Regie: ­Stephan Kimmig, 2019, mit: Minna Wündrich, Jojo Rösler, Lea Ruckpaul, Karin ­Pfam­matter, Thomas Wittmann, Wolfgang Reinbacher „Die Orestie“ von Aischylos, Regie: Simon Solberg, 2017, mit: Thomas Wittmann, Jonas Friedrich Leonhardi

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„Dancer in the Dark“ nach Lars von Trier, Regie: Burkhard C. Kosminski, 2001, mit: Anke Schubert, Esther Hausmann

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Dancer in the Dark von Esther Hausmann

Als wir zu dritt verstört und ergriffen mit roten Augen in München aus dem Kino stolperten, Burkhard Kosminski, mein Mann Thomas und ich, und versuchten, an der frischen Luft wieder einen klaren Gedanken zu fassen, sagte Burkhard unvermittelt: „Das will ich inszenieren“, und ich, genauso spontan: „Und ich will das spielen!“ – Pause – Burkhard schaute mich überrascht von der Seite an und fragte: „Meinst du, du kannst das? Spielen und singen?“ „Ja, ich weiß, wer Selma ist, ein Troll, und ich kann das singen!“ Wir grinsten, und diese völlig spontane Absichtserklärung blieb erst mal so in der Nacht stehen. Burkhard arbeitete damals als freier Regisseur und ich hatte das Theaterspielen aufgegeben, drehte und studierte Musiktherapie. Mein Plan war eine Stelle in der Psychiatrie und eine eigene Praxis als Musiktherapeutin. Aber wie bringt man Gott zum Lachen? Genau. Burkhard fragte uns einige Zeit später, ob wir mit ihm zusammen fest ans Düsseldorfer Schauspielhaus gehen wollten, er würde leitender Regisseur bei Anna Badora werden und seine Eröffnungspremiere sollte „Dancer in the Dark“ sein. Ich hatte Herzklopfen, aber zunächst wurde seitens des Theaters eine Pop-erfahrene Spielerin gesucht, um dieses Event zu tragen. Ich wartete ab. Mein Mann und ich taten uns auch schwer mit der Entscheidung, die Familie von München nach Düsseldorf zu verpflanzen, wir liebten die Waldorfschule in Gröbenzell, die Berge, und die Kinder hatten gerade gelernt, mit uns auf Skiern

die nahen Abfahrten herunterzuflitzen. Und das alles aufgeben? Aber „Dancer in the Dark“ arbeitete weiter. Nach einer Weile kam doch die ernsthafte Anfrage, ob ich mir zutraue, Selma zu spielen, ich sagte zu, und Burkhard genügte das. Dieses wahnsinnige Vertrauen – Burkhard hatte mich am Resi zwar spielen sehen, aber nie singen gehört – hat mich für das Düsseldorfer Projekt eingenommen. Und die Aussicht, gemeinsam mit meinem Mann an einem Theater engagiert zu sein, zusammen auf der Bühne zu stehen. Ein gemeinsames Engagement ist so selten wie ein Sechser im Lotto. Wenn wir das nicht ausprobieren, werden wir das wahrscheinlich ewig be­dauern, sagten wir uns und packten die Koffer. Und wieder lachte Gott … Es gab die größten Probleme mit den Aufführungsrechten, Lars von Trier und Björk hatten sich über den Dreharbeiten unerbittlich zerstritten, und wenn der eine zusagte, sagte der andere ab, dazwischen verhandelte die Filmfirma – es war zum Verzweifeln. Ich sah alle Träume sinken. Burkhard musste parallel eine alternative Premiere planen, da nicht einmal kurz vor der Presseerklärung abzuschätzen war, ob das Theater die Rechte kriegen würde. Eines Nachts lag ich schlaflos voller Groll im Bett und grübelte über einen Ausweg aus diesem Dilemma. Ich war wild entschlossen, nicht aufzugeben. Plötzlich fiel mir ein, dass ein isländischer Nachbar in Hamburg mal behauptet hatte, dass fast alle ­Isländer sich untereinander kennen oder auf Reisen beherbergen würden.

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Lilli geht doch mit einem isländischen Mädchen in eine Klasse, wir kannten die Eltern, vielleicht kennt ihr Vater Björk? Höchst unwahrscheinlich, aber am nächsten Morgen fragte ich nach: „Kennst du Björk?“ „Ja, ich kenne Björk“, sagte Herr G. schlicht, „zwar nicht besonders gut, aber der Texter der Songs ist ein guter Freund von mir“, den solle der Regisseur am besten gleich heute anrufen. „Aber nicht vor Mittag, sonst ist er nicht ausgeschlafen …“ Er würde ihn vorwarnen. Ich brannte darauf, ­Burkhard die triumphale Neuigkeit zu berichten, und erwartete einen Luftsprung. Der lag aber mit hohem Fieber im Bett und stöhnte erst mal nur bei der Aussicht auf ein womöglich entscheidendes isländisches Gipfelgespräch. Der Countdown lief aber ja noch bis zum Mittag. Ab dann ging alles sehr schnell. Burkhard und der Texter verstanden sich sofort großartig und jetzt hatten wir einen isländischen Unterstützer, der natürlich ein berechtigtes Interesse an der Uraufführung seiner Songs hatte und auch Björk mit ins Boot holte, die Filmfirma knetete schließlich noch Herrn von Trier weich, sodass eine Stunde vor der Pressekonferenz der Vertrag aus dem Fax tuckerte. In der Zwischenzeit hatte ich mir durch endloses Abhören vorsorglich alle Lieder von der CD heruntergeschrieben und drauf­ geschafft, mir war klar, es würde zeitlich knapp werden, so kurz vor ­Probenbeginn. Als dann die Partitur endlich kam, war ich vorbereitet. In der Nacht, bevor ich meine erste Probe mit dem musikalischen Leiter und dem Orchester hatte, konnte ich vor Angst kein Auge zutun. Auch wenn Burkhard mir blind vertraut hatte – vielleicht würde jetzt auffliegen, dass ich es doch nicht konnte, dass wir uns geirrt hatten, warum hatte ich nicht schon vorher eine heimliche Probe gehabt, statt jetzt die Feuerprobe mit großer Besetzung. Alle Schauspielergespenster saßen um mein Bett und wiegten die Köpfe … aber dann war es herrlich. Die Akustik der großen Probebühne war überwältigend, das gemeinsame Musizieren sehr bewegend. Klaus-Lothar Peters, dessen Gesangsstunden ich in den darauffolgenden zehn Jahren beharrlich aufsuchte, unterstützte und ermutigte mich. Es war wundervoll, zusammen mit den Tänzern und dem Ensemble jeden Morgen mit zwei Stunden Training zu beginnen, und das Vertrauen zu dem Regisseur und Freund hat uns / mich durch die Proben getragen. Für mich war es ein geradezu unwirklicher Traum, der sich tatsächlich erfüllt hat. Ein spontan geäußerter Wunsch nach einem Kinoabend führte schließlich zu einem zehnjährigen Engagement in Düsseldorf. Ich hatte das Glück, in Düsseldorf noch weitere, sehr unterschiedliche Arbeiten zu machen, die mir viel bedeutet haben: „Antigone“ im Antikenprojekt, mit dem Erlebnis, in Epidaurus zu spielen, „Sommergäste“, „Mütter“ und „Treulose“,

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um nur einige zu nennen. Das Düsseldorfer Schauspielhaus war eine Zeitmaschine für mich. Als junge Schauspielerin war ich schon einmal in Düsseldorf engagiert gewesen, im letzten Jahr von Günther Beelitz, mit dem ich nach München weiterge-­ zogen war. Als ich 2001 zurückkam, inzwischen Mutter zweier Töchter, war das Schauspielhaus unglaublich vertraut: dieselben Gerüche, die dunkle Kantine, das Foyer unverändert, auch Mitarbeiter, die man freudig wiedererkennt, vertraute Gesichter im Publikum, vom Freundeskreis, aber auch dieselben zerschlissenen Teppiche vor den Waschbecken, wo von unzähligen Füßen der Plüsch bis zum schwarzen Gummi abgetreten war. Auch die Probebühne in Oberbilk war wie unverändert. Ich konnte es nicht fassen, dass das wackelige Frauenklo immer noch den gleichen losen Haken an der Klotür hatte wie vor x Jahren. Das Gewinde des Hakens war völlig ausgeleiert, und der pro forma übergelegte Haken musste nach jedem ruckartigen Öffnen der Tür wieder in die Holzleiste zurückgestopft werden. Nach einem Teil der Lebensreise nahm mich das runde weiße Schiff wieder auf, als wäre ich nur kurz weg gewesen. Mit den folgenden Umbaumaßnahmen kamen große Veränderungen – Ausweichquartier Central und eine neue Inten­ dantin, ein neues Ensemble … Als ich nun nach einigen Jahren zum zweiten Mal zurückgekehrt bin, für eine Produktion, war das vertraute Gefühl wieder da. Ich habe mich über die Kolleginnen in der Maske, der Schneiderei, bei den Garderobieren gefreut, über die vielen Kollegen von der Technik. Ich habe mich willkommen gefühlt. Wahrscheinlich gibt es tief drinnen, bei aller Neugier und Herumreiserei, allen künstlerischen Herausforderungen, auch eine Sehnsucht nach einem vertrauten Ort, den man mit wechselnder Reisegesellschaft immer wieder aufs Neue besuchen kann. Zu Beginn der nächsten Spielzeit kommt nun der Umzug zurück ins neue alte Haus. Ich bin gespannt.

Esther Hausmann, geboren in Hamburg, studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg und an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Engagements führten sie u. a. an das Thalia Theater Hamburg, das Schauspiel Frankfurt, das Theater Bremen und das Residenztheater München. Während der Intendanzen von Günther Beelitz, Anna Badora und Amélie Niermeyer war sie Ensemblemitglied, unter Wilfried Schulz gastierte sie am Düsseldorfer Schauspielhaus. Seit 2011 ist sie Professorin im Studiengang Schauspiel an der Folkwang Universität der Künste in Essen.


„Treulose“ von Ingmar Bergman, Regie: Oliver Reese, 2006, mit: Kathleen Morge­ neyer, Esther Hausmann „Antigone“ (Mania Thebaia II – Der thebanische Zyklus) von Sophokles, Regie: Anna Badora, 2002, mit: Esther Hausmann, Ensemble „Hexenjagd“ von Arthur Miller, Regie: Evgeny Titov, 2017, mit: Ensemble, Thomas Wittmann, Esther Hausmann, Markus ­Danzeisen, Bianca ­Twagiramungu, Stefan Gorski, Tabea Bettin, Andrei Viorel Tacu

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„Hörst du mein heim­liches ­Rufen?“ von ­Thomas Jonigk, ­Regie: Stefan ­Bachmann, 2006, mit: Melanie Kretschmann, Horst Mendroch, Susanne Tremper, Pierre ­Siegenthaler

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Autorenlabor Fünf Jahre Autor*innenförderung von Thomas Jonigk

Autor*innenschaft im deutschsprachigen Kulturraum (Theater­ autor*innenschaft im Besonderen) schien um das Jahr 2006 auf dramatische Weise ihren Sexappeal und ihre Gegenwartsrelevanz eingebüßt zu haben. Vorbei die Zeiten, in denen dramatische Texte dramatische Reaktionen hervorriefen: öffentliche Diskurse, Diffamierung, Freiheitsberaubung, Zensur: All das schien endgültig der Vergangenheit anzugehören. Dennoch möchte man als Autor das Desinteresse (die Ignoranz) der Öffentlichkeit gegenüber Dramatiker*innen als Individuen und kreativen Impulsgeber*innen nicht akzeptieren: Theaterautor*innen wollen nicht als irrelevante, aussterbende Spezies betrachtet werden, zunehmend abgelöst bzw. abgehängt von Drehbuchautor*innen aus dem Bereich Kino, bzw. Serien- oder Romanschreiber*innen mit dem (wenn auch unwahrscheinlichen) Potenzial zum Bestsellerbuch. Diese bedenkliche Situa­ tion spiegelt sich auch in den Spielplänen der Theater wider: Zwar gibt es jede Menge Uraufführungen, doch Nachspiele sind immer noch zu selten (das Düsseldorfer Schauspielhaus unter

Amélie Niermeyer stellte hier für mich eine positive Ausnahme dar). Stücke wurden und werden zunehmend durch Roman- und Filmadaptionen, Projekte aller Art (aus der Feder sich überschätzender Dramaturg*innen) ersetzt. Viele Regisseur*innen sind nicht mehr fähig oder bereit, ein Stück der ihm eigenen Dramaturgie gemäß zu erzählen, ihm den roten Teppich auszubreiten. Das ist kein Statement gegen das sogenannte Regie­ theater. Überhaupt nicht. Sondern eines für die Notwendigkeit von Theaterstücken. Und für die Kraft bühnenwirksamer, literarischer Sprache. In einer Verwertungsgesellschaft wie der, in der wir leben und arbeiten, interessiert nicht die Basis, das Fundament des Herzustellenden, die (ein Ganzes bildenden) Details, Umwege und Prozesse, sondern das greif- und sichtbare Resultat, die In­szenierung – im schlimmsten Fall manchmal auch einfach nur die Verpackung, also die ästhetische Präsentation mittels Bühnenbild, Kostümen, Sound / Musik und Licht. Wie aber auch immer: In der Regel stehen im Zentrum des konsumatorischen

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Interesses einzelne Schauspieler*innen sowie die Regie. Und ob die Kritik – die Verpackung der Verpackung – eine Produktion gutheißt oder nicht. Zeitgenössische Theatertexte – so schien es mir damals – fielen positiv auf, wenn sie nicht störten und sich der Produktion nicht sperrig bzw. eigensinnig in den Weg stellten, sich nicht sträubten, in ein (möglicherweise nicht aus dem Stück heraus entwickeltes) Inszenierungskonzept eingepasst zu werden. Klassiker widersprechen schließlich auch nicht. Insofern schien es (über kurz oder lang) besser bzw. einfacher, auf tote Dramatiker*innen zurückzugreifen. Am Theater wirkten Gegenwartsautor*innen als singuläre Urheber*innen (im Gegensatz zu Kollektiven oder Teamprojekten) in ihrem Anspruch auf einen in sich geschlossenen Text absurderweise zunehmend altmodisch und fügten sich nicht in das damals Moderne, das sich – ganz im Sinne Baudrillards – kurz zusammenfassen lässt: Immer größer werdende Effekte verschleiern, dass es keine ­Ereignisse mehr gibt. Gesellschaftlich relevante Themen fanden immer weniger den Weg auf die (große) Bühne. Oder wurden auf eine Weise in Angriff genommen, die das Publikum nicht als einladend empfand. Warum wird versucht, Themen wie Machtmissbrauch, Misogynie, Xenophobie, Rassismus oder gesellschaftliche Missstände auf umständlichen Umwegen über die alten Griechen, Schiller, Ibsen (und so weiter) in die Gegenwart zu ziehen? Warum werden keine zeitgenössischen Autor*innen (finanziell wie ideell) ermutigt, in Form von Theaterstücken zu oben genannten Themen Stellung zu nehmen? Oder (andersherum gefragt): Warum sind so wenige Autor*innen dazu in der Lage, zeigen so wenige Interesse, sich auf diese verminten Felder hinauszuwagen? Und abschließend gefragt: Was soll bzw. kann warum für wen in welcher Form erzählt werden? Fragen über Fragen. Insgesamt unbeantwortet. Ich glaube, dass Autor*in, geschriebenes Stück, Sprache, Dialog essenzieller, unverzichtbarer Bestandteil des Theaters sind – allein im 20. Jahrhundert sind über Namen wie Bertolt Brecht, Samuel Beckett, Eugène Ionesco, Leonora ­Carrington, René Pollesch oder Elfriede Jelinek Formen für Sprache ­gefunden worden, die das Theater erneuert bis revolutioniert haben und es langfristig am Leben erhalten können. Es mögen vielleicht wenige Namen sein (und nicht jede*r wird mit jedem einverstanden sein) – aber es sind maßgebliche. Sie existieren. Und schon deshalb gehören Autor*innen gefördert, auch wenn eine wachsende Zahl von Preisen, Stipendien, Studien­ gängen und Schreibwerkstätten bislang noch nicht zu einer größeren Anzahl erstrangiger Autor*innen geführt hat, die aus der größeren Masse hervorstechen. Immerhin: Die Zahl der

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Uraufführungen ist gestiegen. Wobei dieser Fakt kein wachsendes Interesse an Gegenwartsdramatik widerspiegelt (und an Gegenwartsautor*innen sowieso nicht). Vielmehr geht es um eine angestrebte Außenwirkung, um eine ängstliche Anbiederung an das Feuilleton. Diese wiederum ist für die Theater, wenn sie nicht in der totalen überregionalen Vergessenheit versinken wollen, notwendig. Da Dramatiker*innen aber nur verdienen, wenn sie (nach-)gespielt werden, sehen sie sich um eine ihrer potenziellen Einnahmequellen betrogen. Und somit auch um die Ausübung eines – mindestens seit Jean Paul – denkbaren bzw. (zumindest theoretisch) möglichen Berufes. Natürlich sind Autor*innen nicht das Patentrezept gegen die dem Theater immanente Formulierungs- und Sendungskrise, keine Brücke über dem Abgrund von Subjektivität bzw. unbestechlichem individuellem Ausdruck einerseits und der angestrebten neunzig- bis hundertprozentigen Auslastung eines Hauses andererseits: Nicht wenige Gegenwartsdramen bewegen sich im Niemandsland referenz- und risikoloser Subjekti­vität und ichbezogener Belanglosigkeit, von sprachlich geringer Originalität und einer Tendenz, die eigene Person für wichtiger zu halten als die Welt. Und doch verkörpern Autor*innen in Bezug auf das Theater für mich das Prinzip Hoffnung: Dass viele es – im Gegensatz zu Vorgängern wie Shakespeare, ­Goethe, Hauptmann, Ibsen, Dürrenmatt – nur selten auf die sogenannten Großen Bühnen schaffen, kann ihnen nicht angelastet werden. In einer Zeit, der Tabu, Gesetz, Moral, Gemeinschaftssinn, Absicht, Stoßrichtung sowie jegliche Dramentheorie (und damit auch jegliche Klarheit über die Funktion des Theaters überhaupt) abhandenkommt, hat ein Text es bedeutend schwerer, von sich selbst so überzeugt zu sein, dass seine Wirkung bis in den zweiten Rang hinauf oder bis in die fünfundzwanzigste Reihe des Parketts reicht. Kurzum: Autor*innenförderung ist notwendig und wichtig, weil Theater ohne Autor*innen, ohne Gegenwart langfristig nicht möglich ist bzw. zum Museum verkommt: Auch Shakespeare war einst lebendig. Was aber ist zu tun? Ist Schreiben erlernbar? Bringt Fleiß weiter? Ich bezweifle das, wenngleich Disziplin (gekoppelt mit Handwerk) absolut notwendiges Rüstzeug für den beruflichen Alltag des Theaterautors darstellt. Und davon ist manches vermittel- und lernbar, auch wenn Talent, Imagination, Unverschämtheit, Subtilität und Individualität sich jenseits des schulischen Ermessens bewegen. Autor*innen müssen gesehen, gehört, gefördert werden. Aber wie? Aus diesen Fragen heraus entstand im Gespräch mit Amélie Niermeyer das „Autorenlabor am Düsseldorfer Schauspielhaus“. Das seit der Spielzeit 2006 / 07 über fünf Jahre von


mir geleitete Projekt war in seiner Form einzigartig im deutschsprachigen Raum, denn jenseits von szenischen Lesungen oder Aufführungen mit „Werkstattcharakter“ wurde nicht nur die Uraufführung eines Theaterstücks auf einer der Bühnen des Düsseldorfer Schauspielhauses geboten, sondern die Autor*innen erhielten auch finanzielle Unterstützung. Pro Spielzeit habe ich aus jeweils circa 250 Bewerbungen fünf Teilnehmer*innen ausgewählt. Insgesamt also habe ich mit zwanzig Autor*innen gearbeitet, die sich für die Dauer einer Spielzeit einmal pro Monat jeweils drei Tage mit mir in Düsseldorf getroffen haben. Darüber hinaus bestand keine Residenzpflicht. Im Rahmen der regelmäßigen Begegnungen hatten die Dramatiker*innen die Möglichkeit, den (Düsseldorfer) Theaterbetrieb kennenzulernen, Proben und Vorstellungen zu besuchen oder Gespräche mit Schauspieler*innen, Regisseur*innen, Dramaturg*innen und der Theaterleitung (und so weiter) zu führen. Parallel dazu wurden sie in der Entwicklung und Entstehung eines Theaterstücks bis hin zu Feinlektoraten unterstützt und begleitet. Die entstandenen Texte wurden am Ende der jeweiligen Spielzeit vor Publikum und Presse in Lesungen vorgestellt. Eines der Stücke wurde von der Theaterleitung, einer Schau­ spielerjury und dem Publikum ausgewählt und in der jeweils folgenden Spielzeit in Düsseldorf uraufgeführt. Viele Texte fanden den Weg zu professionellen Theaterverlagen und somit auch den Weg auf deutschsprachige Bühnen. Mir war und ist wichtig, die Produktionsweise der Autor*innen zu optimieren und den ihnen eigenen Selbstausdruck zu stärken. Vor allem aber, sie auf die harte (und zunehmend härter werdende) Realität des Berufs „Theaterautor*in“ hinzu­ weisen, nichts zu beschönigen – und doch Mut zu machen. ­Junge Kreative um ihre Unverzichtbarkeit als Autor*in, als Quelle theatralen Schaffens wissen zu lassen. Ihre kritische Selbsteinschätzung und ihr Rückgrat zu stärken. Größenwahn ebenso wie Minderwert durch Selbstwertgefühl im Bewusstsein der gegebenen (Theater-) Realität zu ersetzen. Das Interesse ist inhaltlich. Und das halte ich – wenngleich selbstverständlich – für ungewöhnlich. Es ist erfreulich und bemerkenswert, dass viele Teilnehmer*innen des Autorenlabors es geschafft haben, sich als Autor*innen zu etablieren, hier nenne ich beispielhaft Namen wie Thomas Melle, Nis-Momme Stockmann, Juliane Kann, Nora Mansmann, Lukas Linder oder Dirk Laucke. Viele von ihnen schreiben bis heute erfolgreich Theaterstücke oder Prosa. Einige sind ins Regiefach gewechselt. Nicht wenige haben sich professionalisiert und ihren künstlerischen Ausdruck geschärft. Mög-

licherweise hätten sie es auch ohne jede Hilfe geschafft – doch das bleibt Hypothese. Mir ist vor allem eines klar geworden: Autor*innen brauchen ein oder zwei Menschen ihres Vertrauens, mit denen sie an ihren Texten arbeiten können: Sie brauchen Lektorate, nicht nur literarisch, sondern auch psychologisch geschulte Menschen, die in der Lage sind, ihr Gegenüber in ­seiner Einzigartigkeit herauszufordern und zu unterstützen. Hier werden für junge, noch unerfahrene Schreibende notwen­ dige und wertvolle Erfahrungen gemacht. Viele Gespräche, Situationen, Erfahrungen und Diskurse im Rahmen des Autorenlabors waren außergewöhnlich wertvoll. Die Resultate waren greifbar: Intendant*innen, Dramaturg*innen sowie Theaterverlage interessierten sich für die Teilnehmer*innen, viele der Texte wurden in schneller Folge an unterschiedlichsten deutsch­ sprachigen Theatern aufgeführt, viele Autor*innen haben gelernt, sich (öffentlich) selbstbewusst zu vertreten, die Herausforderung des Berufs Theaterautor*in anzunehmen und sich als unverzichtbaren Bestandteil der Theaterspielpläne zu verstehen. Und das würde ich, zweifelsohne, als Erfolg bezeichnen. Und als lustvollen Beweis für die Tatsache, dass Autor*innen­ förderung unverzichtbar ist.

Thomas Jonigk ist Schriftsteller und Regisseur. Am Düssel­ dorfer Schauspielhaus war er während der Intendanz von Amélie ­Niermeyer Hausautor und Dramaturg und leitete das „Autorenlabor am Düsseldorfer Schauspielhaus“ über die Dauer von fünf Spielzeiten.

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„Die Möwe“ von Anton ­ schechow, Regie: Amélie T Niermeyer, 2010, mit: Natalia Belitski, Fritz Feger, Ensemble

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Ein Blick in die Zukunft von Amélie Niermeyer und Christoph Lepschy

Stellen wir uns einmal vor: Wie sähe das Düsseldorfer Schauspielhaus der Zukunft aus? In einer Zeit, in der Geschlechter­ gerechtigkeit keine Forderung mehr wäre, sondern gesell­ schaft­liche Realität. In einer Zeit, in der es keiner mehr für erwähnenswert oder gar für „überraschend“ hielte, dass auf eine Frau eine Frau als Intendantin folgt. In einer Zeit, in der auch das Alter und Aussehen einer Intendantin keiner Erwähnung mehr bedürfte. In einer Zeit, in der es vielmehr verwunderlich wäre, wenn auf einen Mann ein Mann und auf diesen wiederum ein Mann und so weiter als Intendant folgte. Noch im Jahr 2004 hatte es zahlreiche einschlägige Reaktionen auf die Berufung Amélie Niermeyers als Nachfolgerin von Anna Badora gegeben, während die anschließende Abfolge Staffan Valdemar Holm – Manfred Weber – Günther Beelitz – Wilfried Schulz unter

Gender-Aspekten schlicht unkommentiert blieb. Die Jahre und Erfahrungen aus unserer Düsseldorfer Zeit wollen wir jedoch nicht zum Anlass für einen Blick zurück, sondern vielmehr als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Zukunftsperspektive nehmen. In einer solchen Zukunft wäre beispielsweise das En-­ semble nicht mehr entlang der altertümlichen ungleichen ­Geschlechterdichotomie (2 / 3 Männer, 1 / 3 Frauen – wie sie immer noch an vielen Stadt- und Staatstheatern im deutschsprachigen Raum vorherrschend ist), sondern unter Einbezug von Diversitätsaspekten (geschlechtergerecht, postmigran­ tisch, jung, alt, inklusiv, usw.) so besetzt, dass die Gesellschaft einigermaßen repräsentiert wäre. Mit einem solchen Ensemble würde man zwangsläufig anders denken. Man würde sich nicht

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„Kasimir und Karoline“ von Ödön von Horváth, Regie: Karin Neuhäuser, 2009, mit: Markus Scheumann, Ensemble „Lemon Tree“ nach Eran Riklis, Regie: Dedi Baron, 2011, mit: Guntram Brattia, Christiane Roßbach „Das Geld“ nach Émile Zola in einer Bearbeitung von John von Düffel, Regie: Tina Lanik, 2009, mit: Esther Hausmann, Ensemble, Michele Cuciuffo

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mehr hinter dem abgegriffenen Argument verstecken können, dass „halt das Repertoire so ist“ und eben „leider“ in den kanonischen Stücken von AischylosShakespeareSchillerGoethe mehr Männer als Frauen zu besetzen sind. Man würde andere Stücke von zeitgenössischen Autor*innen spielen, die andere und zeitgemäße Frauenfiguren schreiben. Man würde selbstver­ ständlich mit Cross-gender-Besetzungen arbeiten. Nicht der literarische Kanon würde die Ensemblepolitik bestimmen, son-­ dern umgekehrt das Ensemble das Repertoire. Man würde anders über Rollen nachdenken. Die Interpretation von Figuren

aus anderer Geschlechtsperspektive würde den Blick öffnen auf die historische und gesellschaftliche Bedingtheit vermeintlich überzeitlicher Geschlechterverhältnisse. Stereotypen würden als solche kenntlich gemacht und somit als veränderbar wahrnehmbar. Und insbesondere Frauen würden selbstverständlich aus dem Korsett der Zuschreibungen ausbrechen und könnten in ihrer Arbeit als Schauspieler*innen das menschliche Dasein in seiner Fülle und Vielschichtigkeit jenseits männlicher Projektionen und heteronormativer Zwangsvorstellungen erkunden. Sie wären nicht mehr festgelegt auf die ohnehin längst über­holten

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Rollenbilder des unschuldigen Mädchens oder der verruchten Furie, der Heiligen, der Hure, oder, selten genug, der rebellischen, gegen die männliche Ordnung aufbegehrenden Frau. Sie würden nicht mehr ständig an Schwindsucht sterben oder gewaltsam ums Leben kommen. Die Frauenfiguren würden auch nicht mehr hauptsächlich über Männer sprechen. Und sie wären selbstverständlich nicht mehr definiert über ihre Beziehung zu Männern, sondern hätten eigene, politische Vorstel­lungen von Gesellschaft und Zusammenleben. Ein solcher Blick in die Zukunft mag zunächst ernüchternd sein, denn er macht deutlich, dass wir während unserer Zeit in den Jahren 2006 bis 2011 auf diesem Weg bei weitem noch nicht genug erreicht haben. Ja, es hat in dieser Zeit ein überdurchschnittlich großer Anteil von Regisseurinnen am Düsseldorfer Schauspielhaus gearbeitet (Sahar Amini, Dedi Baron, Cao Kefei, Helgard Haug, Karin Henkel, Julia Hölscher, Konstanze Lauterbach, Daniela Löffner, Anna-Sophie Mahler, Karin Neuhäuser, Amélie Niermeyer, Franziska Steiof u. a. m.). In der Spielzeit 2010/11 waren sogar erstmals fünfzig Prozent der Regisseur*innen am Düsseldorfer Schauspielhaus Frauen. Ja, wir haben den Gender Pay Gap im Ensemble aktiv aufgelöst. Und auch in der Theaterleitung gab es im Laufe der fünf Jahre zunehmend mehr Frauen. Aber wir haben es nicht zuletzt mit Blick auf die klassischen Rollen des Repertoires als gegeben akzeptiert, dass deutlich mehr Männer als Frauen in unserem ansonsten überregional vielbeachteten Ensemble waren. Und wir haben die entsprechenden Debatten in der Öffentlichkeit nicht genug vorangetrieben. Die oben skizzierte Zukunftsvision schien kaum denkbar. Um sie zu realisieren, wäre allerdings nicht nur eine andere Besetzung des Ensembles, sondern ein grundlegendes Nachdenken über die bestehenden, bzw. die Suche nach neuen Strukturen und Arbeitsweisen in den Theaterinstitutionen notwendig. Die Literatur- und Theaterwissenschaftlerin ­Andrea Zimmermann (ehemals Mitglied in unserem Düsseldorfer Dramaturgie-Team) wies kürzlich in einem Vortrag in Salzburg darauf hin, wie sehr die traditionelle Vorstellung von hegemonialer Männlichkeit (autonom, souverän, durchsetzungsstark, entscheidungsfreudig, machtbewusst, rücksichtslos und natürlich mit genialischem Gestus ausgestattet) das Berufsbild des Regisseurs prägte und von dort auch auf die Theaterleitungen überging.1 Die zeitgleiche Herausbildung einer bürgerlichen Geschlechterordnung und extrem hierarchischer Leitungsstrukturen im Laufe des 19. Jahrhunderts ist folglich kein Zufall: So wie der Regisseur auf der Probe fordert auch der Intendant als ‚männliches Originalgenie‘ die „unbedingte, ja brennende

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Gefolgschaft“2 seiner Mitarbeiter*innen. Diese Abhängigkeit ist in den Vertragsverhältnissen am Theater festgelegt und bis heute mehr oder weniger unverändert in Kraft. Solange ein*e Einzelne*r aus diesem Selbstverständnis heraus allein ent­ scheidet, bleibt das männliche Hegemonialdenken im Theaterbetrieb letztlich unangetastet. Damals (im Jahr 2004) schien uns eine Quote überflüssig, weil es ja auch ohne Quote möglich war, als Frau Intendantin zu werden und problemlos in einer Leitungsfunktion akzeptiert zu werden. Allerdings haben sich die Machtverhältnisse seitdem nicht nachhaltig verändert. Aus heutiger Sicht muss man feststellen, dass allein die Quote3 die Suche nach Frauen für Führungspositionen kontinuierlich beeinflussen und auch eine entsprechende Förderung hervorbringen wird. Letztlich wird es aber nicht genügen, die Führungspositionen mit mehr Frauen zu besetzen und dabei die Strukturen unangetastet zu lassen. Für alle Geschlechter gilt es, einen reflektierten und selbstkritischen Umgang mit Machtstrukturen zu entwickeln. Da die von männlichen Idealen geprägte hegemoniale Geschlechterordnung tief in den institutionellen Strukturen des Theaters verankert ist, ist es notwendig, alternative Vorstellungen von Leitung und Zusammenarbeit zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund vermag der Blick in die Zukunft einen Möglichkeitsraum zu eröffnen. Denn die durch die MeTooEreignisse angestoßenen Debatten könnten in eine lust­volle Suche nach neuen Strukturen und Arbeitsweisen übergehen. Es wären Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen kooperatives und teamorientiertes Arbeiten möglich und selbstverständlich ist. Es wäre sehr bedauerlich, wenn die Debatte jetzt wieder verebben würde, ohne nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Entwickeln wir also lieber weitere Zukunftsvorstellungen: Im Düsseldorfer Schauspielhaus gäbe es ein kooperatives Leitungsteam, das von einem unabhängigen Gremium ­innerhalb des Hauses kontrolliert würde. Dieses Gremium wäre es auch, das in einem transparenten öffentlichen Verfahren (unter Bei­ ziehung externer Expert*innen) die Theaterleitung berufen ­würde. Um ein Ensemble und eine Leitung paritätisch besetzen zu können, wäre die Vereinbarkeit von Familie und Beruf längst ein Anliegen des Theaterbetriebs und nicht eine kaum zu lösende Aufgabe der einzelnen Beschäftigten. Weitere Stichworte wären: ausgewogenere Bezahlung. Förderung von Elternzeiten. Möglichkeit von halben Stellen (Rollenbegrenzung). Teilzeitarbeit. Anpassung der Probenstrukturen. Einschränkung der ­stän­digen Verfügbarkeit. Die Produktionszyklen und Proben­ praxen würden an den Erfordernissen künstlerischer Arbeit ausgerichtet, d. h., es würde weniger produziert und länger ­probiert.


„Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück“ von ­Gotthold Ephraim Lessing, ­Regie: Amélie Niermeyer, 2009, mit: Katrin Röver, Michael Abendroth „Ein Fest für Boris“ von ­Thomas Bernhard, Regie: ­Christiane Pohle, 2007, mit: Viviane de Muynck

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So entstünde auch Raum für andere Aufführungs­formate, Kooperationen und nicht zuletzt mehr Platz für Debatten und Reflexion. In diesem Sinn handelte es sich auch keineswegs um die unkünstlerische Durchsetzung sogenannter „political ­correctness“4 , wie mancherorts befürchtet wird. Vielmehr besteht die historische Chance, die gegenwärtigen Debatten als Impuls zu begreifen, um künstlerisch und gesellschaftlich andere Wege der Zusammenarbeit zu erproben und gemein­sam Veränderungen zu erreichen.

„Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“ nach Horace McCoy, Regie: Amélie ­Niermeyer, 2011, mit: Ensemble „Die Wildente“ von Henrik Ibsen, Regie: Daniela Löffner, 2010, mit: Matthias Fuhr­ meister, Winfried Küppers, Katharina Abt, Thiemo Schwarz, Rainer Galke, Lisa Arnold

Vgl. Andrea Zimmermann, „Eine Frau betritt die Bühne …“ Kritik der Geschlechterordnung im Theater der Gegenwart, Vortrag an der Universität Mozarteum Salzburg, 13. März 2019. Vgl. dazu auch Denis Hänzi: Die Ordnung des Theaters. Eine Soziologie der Regie. Bielefeld 2013 2 Hänzi, S. 76. 3 Vgl. die überfällige Entscheidung des Theatertreffens in Berlin, dass in Zukunft mindestens fünfzig Prozent der eingeladenen Inszenierungen von Regisseurinnen kommen müssen. 4 Im Übrigen ein Begriff, der verwendet wird, um zu Zwecken des Machterhalts Menschen zu diffamieren, die versuchen, ­Diskriminierungen abzubauen. 1

Die Regisseurin Amélie Niermeyer war von 2002 bis 2005 Intendantin am Theater in Freiburg und 2006 bis 2011 am Düsseldorfer Schauspielhaus. Seit 2011 ist sie Professorin für Regie und Leiterin des Thomas Bernhard Instituts (Department Schauspiel, Regie und Applied Theatre) der Universität Mozarteum Salzburg. Christoph Lepschy ist Dramaturg und war u. a. am Theater Freiburg, am Nationaltheater Mannheim, an den Münchner Kammerspielen, am Paper Tiger Theater Studio Beijing und von 2006 bis 2009 am Düsseldorfer Schauspielhaus tätig. Seit 2009 ist er Professor für Dramaturgie an der Universität Mozarteum Salzburg.

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Offen. Für Neues. Für alle von Joachim Klement

Das Theater ist ein Ort sozialer Fantasie. Und ein Ort, der einem die Welt immer größer zeigen kann, als man es in seiner eigenen Begrenztheit für möglich hält. So habe ich das Theater kennengelernt – in Düsseldorf. Ich habe als Jugendlicher nach dem Ende der Zeit der RAF in der Alten Messehalle C in Peter Löschers Inszenierung von „Die Räuber“ gesessen, war als Zuschauer ein Schaf in Polyphems Höhle in Roberto Ciullis Aufführung von „Der Zyklop“ nach Euripides, habe in der Regie desselben Regisseurs die Uraufführung von Heinar Kipphardts „März, ein Künstlerleben“ erlebt, saß in Publikumsgesprächen zu Ulrich Heisings „Maria Stuart“ und Ciullis „Dekameron“ nach Boccaccio, beides vermeintliche Theater-Skandale. Für mich und meine Freunde ­waren es Arbeiten, die man gegen Spießer verteidigen ­musste,

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die in der Nacktheit einer Frau, die Schauspielerin Christa Berndl als Maria Stuart, mehr zu sehen glaubten, als die Verletzlichkeit eines angegriffenen Subjekts. Wir erkannten in den sich übertreffenden und überbordenden Erzählungen einer Gruppe von Menschen, die sich auf der Flucht vor der Pest in Kirchen rettete („Dekameron“), mehr Not der Figuren angesichts eines nahenden Todes als Skandalträchtiges. Und wir konnten in B. K. Tragelehns legendärer Inszenierung von Heiner Müllers „Die Schlacht“ erfahren, wie der Zuschauer zum Koproduzenten des Theaters werden kann. Rund 300 Zuschauer erlebten in jeder Aufführung sechs Mal, wie ein Mensch – in ihrer Fantasie – erschossen wurde, ohne dass ein einziger Schuss fiel. Für uns war das Theater der lebendigste Ort gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Seine Arbeit verstanden wir als


­ inladung, uns zu beteiligen. Ich bin deshalb gerne an dieses E Haus gegangen, als mir dort Mitte der 1980er Jahre eine Assistenz angeboten wurde. Und ich bin auch gerne wiedergekommen, um unter der Intendanz von Amélie Niermeyer mit einem bemerkenswerten Team von Dramaturginnen und Dramaturgen etwas Neues zu beginnen. Verstanden haben wir das Theater als einen der wichtigsten frei gestaltbaren Räume unserer Demokratie. Jenseits von Ideologie sollte hier die Debatte um die Frage, wie wir leben wollen, vorbehaltlos geführt werden können. Und: Möglichst viele Menschen sollten daran teilhaben. Auf der Bühne brauchten wir dazu ein starkes Ensemble und Regisseurinnen und Regisseure, die deutliche und unverwechselbare Handschriften hatten. Unser Plan für Düsseldorf sah vor, das Theater in die Stadt hinein zu öffnen und seinen künstlerischen Horizont über die nationalen und europäischen Grenzen hinaus weiter zu entwickeln. „Theater.Fieber“, ein langfristig angelegtes Koope­rationsprojekt mit Schulen, „Düsseldorf, mon amour“, ein von Luk Perceval über drei Jahre angelegtes Projekt mit Schauspielern des Ensembles und in Düsseldorf lebenden Japanern, Kooperationen mit der Deutschen Oper am Rhein, mit dem German Theater Abroad (GTA), der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin, mit den Salzburger Festspielen, dem Fonds Experimentelles Musiktheater, die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Rimini Protokoll, das Autorenlabor unter der Leitung von Thomas Jonigk und das erste deutschsprachige Festival für zeitgenössische chinesische Dramatik im Central, dem neuen Produktionszentrum des Hauses, sind Beispiele für die Suche nach neuen Formen und Inhalten. Und mit den „Düsseldorfer Dialogen“ wollten wir gemeinsam mit Hubert Winkels als Moderator für unser Publikum die performativ-imaginären Räume des Theaters ins Reale öffnen. Es sollten städtisches Leben, globale Themen und Theaterkunst diskursiv ineinandergeführt werden – immer mit einem Bezug zu den neuen Stücken am Schauspielhaus. In den ersten drei Spielzeiten waren rund ein Drittel aller Premieren Uraufführungen, dreißig waren es insgesamt. Wir ­haben neue Stücke von zeitgenössischen Autoren vorgestellt, z. B. von Kathrin Röggla, Thomas Jonigk, Martin Heckmanns, Sheila Callaghan, Tina Müller, Katrin Lange, Nora Mansmann, Juliane Kann, Jan Neumann und von dem chinesischen Autor Duo Duo. Literatur- und Filmadaptionen von Henri Michaux, Ingmar Bergman, Lars von Trier, Raymond Carver, Thomas Mann und John von Düffel wurden im Schauspielhaus zum ersten Mal gezeigt, ebenso wie neue Songdramen von Erik Gedeon. Mitgliedern der Gruppe Rimini Protokoll – Helgard Haug und Daniel

Wetzel – konnten wir unter dem Dach des Schauspielhauses neue Projekte ermöglichen, die weltweit auf Gastspielreisen ­gegangen sind. Der frei arbeitenden Gruppe Monster Truck haben wir für ihre experimentelle Arbeit zum ersten Mal die Rahmenbedingungen eines großen Stadttheaters geboten. Dem Neuen Raum zu geben war für uns Auftrag und Verpflichtung. Unbekanntes zu realisieren ist lustvolles Erkun­ den, aber auch häufig genug harte Arbeit. Die grundsätzliche Offenheit für das Neue in all seiner Vielfalt war für uns als Dramaturgie aber eine notwendige Voraussetzung von Welterfahrung, für deren Vermittlung das Theater – nach innen und außen – mitverantwortlich ist. Wie groß ist unsere Bereitschaft, sich gegenüber dem Fremden zu öffnen? Diese Frage war entscheidender Ausgangspunkt für das Projekt „Düsseldorf, mon amour“. Von den rund 20.000 Japanern in Deutschland leben und arbeiten rund ein Drittel in Düsseldorf. Damit ist die Hauptstadt NordrheinWestfalens zwar nach Paris und London nur die drittgrößte japanische Gemeinde in Europa, für Japan aber die wirtschaftliche Schaltzentrale auf dem Kontinent. Oft leben die Japaner für sich, haben ihre eigenen Kaufhäuser, Restaurants, Kultureinrichtungen, Schulen und Karaoke-Bars. Zum Austausch zwischen Japanern und Deutschen kommt es meist nur in den sogenannten „Japanischen Wochen“ und am „Japan-Tag“, einem Straßenfest, das hunderttausende Besucher anzieht. Vor dem Hintergrund haben der Regisseur Luk Perceval und der Dramatiker und Dramaturg Thomas Jonigk 2006 das auf drei Jahre angelegte Projekt „Düsseldorf, mon amour“ initiiert. Lange vor Thilo Sarrazin zeichnete sich ab, dass sich in der Debatte um das Einwanderungsland Deutschland viele in erster Linie mit der Frage beschäftigen würden, wie integra­ tionswillig unsere Mitbürger mit Migrationshintergrund sind. Die wenigsten bemühten sich darum, herauszufinden, wie integrationsfähig wir selber sind. Die Idee von „Düsseldorf, mon amour“ war in diesem Sinne ebenso einfach wie überzeugend: Schauspieler des Ensembles suchen sich japanische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die interessiert sind, einander im Laufe von drei Jahren immer besser kennenzulernen. Am Ende des Projektes sollten die deutschen Ensemblemitglieder so „inte­ griert“ sein, dass sie in der Lage sein sollten, das Alltagsleben der japanischen Freunde zu übernehmen. Den Prozess dieses Kennenlernens, des Sich-einanderNäherns, Abtastens, des Feststellens von Gegensätzen wie von Gemeinsamkeiten und die Entwicklung möglicher Freundschaften wurde in mehreren Projektwochen von Luk Perceval und einem Kameramann dokumentiert. Die Entwicklung der

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„We Are Not These Hands“ von Sheila Callaghan, Regie: Daniel Fish, 2008

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Beziehungen war dann in Filmen zu beobachten, die entschieden mehr waren als nur eine Dokumentation und vom ZDFTheaterkanal als Mehrteiler ausgestrahlt wurden. Auf der persönlichen Habenseite des Projektes: zwei Ehen bahnten sich an, zwei intensive Freundschaften entstanden. Kulturelle Bildung ist eine der besten Investitionen in die Zukunft unseres Landes. Theater, so unsere Überzeugung, werden zunehmend Verantwortung für Bildung übernehmen müssen, insbesondere für kulturelle Bildung. Sie ist eine Grundvoraussetzung, um Gemeinschaftsfähigkeit – entgegen der wachsenden Skepsis am Gemeinwesen – neu zu entwickeln. Wir wollten, dass das Düsseldorfer Schauspielhaus diesem Anspruch mit dem Beginn der neuen Generalintendanz von Amélie Niermeyer wesentlich stärker gerecht werden sollte als in der Vergangenheit. Wir haben deshalb, mit einer personell verstärkten Theaterpädagogik, unter dem Motto „Theater.Fieber“ ein innovatives Kooperationsprojekt speziell für Schulen entwickelt. „Theater.Fieber“ zeigt, wie Theater und Schule durch eine langfristige Partnerschaft junge Menschen nachhaltig für die darstellenden Künste begeistern und ihnen damit neue Perspektiven und Zugänge zum kulturellen Leben ermöglichen können. Denn darauf haben sie ein Recht. So war es für jeden Schüler nun möglich, über drei Jahre die gesamte Bandbreite der künstlerischen Arbeit des Schauspielhauses kennenzulernen. Zum Programm gehörte auch ein extra für Schüler organisierter „Tag der offenen Tür“, der jungen Menschen das Theater mit seinen mehr als vierzig Berufen auch als Unternehmen und potenziellen Arbeitgeber vorstellte. „Gimme Shelter“, ein deutsch-amerikanisches Theaterfestival für Schutzbedürftige, machte im Juni 2008 die Alte Paketpost, das spätere Central, zu einem temporären Schutzraum für neue Stücke, junge Autoren und ungewöhnliche Diskurse. Im Kooperationsprojekt mit dem German Theater Abroad war das Shelter unter der künstlerischen Leitung von Ronald Marx Spielort und Programm: Aufgestellt in der Baustelle der neuen Produktionsstätte des Schauspielhauses bot das Schutzzelt vier Tage Raum für dichtes Festivalleben. „Gimme Shelter“ präsentierte Theatertexte der zweiten Generation des Autorenlabors (Tina Müller, Katharina Schmidt, Stephan Seidel, Carsten Brandau, Thomas Melle), stellte in Lesungen mit „New ­American Voices“ neue Texte zeitgenössischer amerikanischer Autoren vor (J. T. Rogers, Douglas Carter Beane, Jenny Schwartz) und zeigte Ur- und Erstaufführungen von Nora Mansmann und Sheila Callaghan. In Autoren- und Tischge­sprächen diskutierten Theaterexperten und Autoren aus Deutschland und den USA über Unterschiede und Gemeinsamkeiten, Traditionen

und Visionen neuer Dramatik: Welche Tendenzen der Gegenwartsdramatik zeichnen sich ab? Wie funktioniert Play Deve­ lopment? Welche Förderung wollen Autoren? Gefragt wurde in Tischgesprächen nach der Kunst des Überlebens und nach Schutzräumen heute: Wir suchen Schutz, wenn wir uns bedroht und verletzbar fühlen. Wir versuchen vorzusorgen, gehen in Deckung und fliehen vor der Gefahr. Aber: Wer Schutz sucht, gibt Freiheit auf. „Gimme Shelter“ war ein animierender transatlantischer Theaterspielplatz, der zeitgenössische Texte als Spiegel heutiger Wirklichkeitserfahrung verstand und sie zum Herzstück des interkulturellen Dialogs machte. „Düsseldorf, mon amour“, „Theater.Fieber“ und „Gimme Shelter“ sind Beispiele für Initiativen, die wir in Düsseldorf auf den Weg gebracht haben und die das Theater braucht. Denn Theater ist schon lange nicht mehr ein geschützter Ort bürgerlicher Repräsentationskultur. Theaterzuschauer gewinnt man heute nur über Inhalte, die sie angehen.

Joachim Klement wurde 1961 in Düsseldorf geboren. Nach Engagements als Dramaturg u. a. am Theater Graz und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg war er leitender Schauspiel­ dramaturg am Nationaltheater Mannheim, Chefdramaturg und Stellvertreter des Generalintendanten am Bremer Theater und ab 2006 in gleicher Funktion am Düsseldorfer Schauspielhaus. Ab 2010 war er Generalintendant am Staatstheater Braunschweig, seit 2017 ist er Intendant des Staatsschauspiels Dresden.

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Der richtige Platz von Staffan Valdemar Holm

Der Ekel vor einem selbst, vor dem, wer man ist, wofür man steht, vor der Stimme, dem Widerhall der Stimme, der Haut, den Haaren. Er verwüstet die Sexualität und die Musikalität. Die Straße führt ins Zentrum, man nennt sie Straße zur City, sie heißt Friedrichstraße. Gehe dort lang. Job da vorne in der Stadt. Jetzt kann man gehen und man kann gut gehen. Da liegt die Kirche zur Linken. Die üben einen Choral von Bach. Es klingt nicht gut, aber man kann sich vorstellen, wie es klingen würde, wenn sie Orgel spielen könnten, aber jetzt können sie das nicht, und das ist schade. Vielleicht sitzt Rainer Huber da, der Kantor, und weiß, dass er nicht richtig taugt, dass Bach diese Musik nicht für seine Finger geschrieben hat, aber während man daran denkt, kann man ja weiter am Kirchplatz vorbeigehen und

sich seinen eigenen kleinen Sorgen widmen, wenn es denn nicht so wäre, dass man, statt vorwärtszugehen, wie man es gewohnt ist, gezwungen ist, ganz stillzustehen, weil die Stadt angefangen hat, sich auf einen zuzubewegen, als sei sie ein Förderband, das auf praktische Weise jeden Mitbürger und arbeitenden oder konsumierenden Menschen zu seiner richtigen Adresse führt. Es gibt immer einen richtigen Platz, und es gibt immer einen richtigen Menschen für einen solchen Platz, und für den, der weder ein solcher Mensch ist noch einen solchen Platz hat, heißt es trotzdem einfach mitfahren. Die Stadt kommt unter einen, beide Seiten um einen, alles kommt einem entgegen und verschwindet hinter einem. Alles was unbehaglich ist, landet schnell hinter einem, sogar Bach von einem Menschen gespielt,

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der Angst hat und allein ist und frisch geschieden, weil Wera nicht mit seinem bevorstehenden Tod umgehen konnte und außerdem ihre Tochter nicht dem – wie sie es nannte – „Prozess“ aussetzen wollte. Krebs! Das zweite Mal. Da ist es meistens rum ums Eck, wie eine Freundin sagt. Die Stadt wird unter einen geschoben und alle kommen an den richtigen Platz, außer die, die liegen, aber am Graf-Adolf-Platz, beim Leonardo Royal Hotel, wird es plötzlich unbehaglich. Irgendwie ist die ganze Situation nur u ­ nbehaglich. Warum stehen die Taxis da? Wohin sollen die fahren? Welche Kunden können sie in einer Stadt finden, die o ­ hnehin alle zu ihrem Bestimmungsort führt? Warum dort sitzen? Warum Kurdistan verlassen, um in einem beigen Mercedes 220d zu sitzen und seine Kusslippen im Schatten seines Schnauzers zu verstecken? Unangenehm. Die Stadt fährt weiter unter einen und um einen rum. Alles fährt in die gleiche Richtung, aber auf unterschiedlichen Wegen, wenn man das verstehen kann. Das ist eine Notwendigkeit, wenn alle am richtigen Ort ankommen sollen. Es fühlt sich an, als müsse man das Schreckliche, das fast unaussprechbar Schreckliche in dieser vorherbestimmten Bewegung zu etwas Positivem umdeuten, und das kann man, wenn man sich anstrengt, und das tut man und es lohnt sich. Plötzlich hat die Stadt die Friedrichstraße verlassen und die Breite Straße gleitet unter einen. Weh dem, der sich hier rückwärts bewegt, aber das tut ja Gott sei Dank keiner. Alles bewegt sich vorwärts oder steht still, wie das Service- und Küchenpersonal bei Monkey’s West und East. Sie winken mit ihren Kochmützen und Bestellblöcken, und der ganze düstere Schacht, der die Breite Straße ist, badet im Frühlingslicht am 17. Januar. Der Stahlhof duscht sich in einem Licht, als sei es durch die dünnsten Buchenblätter gefiltert worden, bei Jades hat man Happy Hour für teure Mode gehabt, die Stadtstreicher werden heute Abend also aussehen wie Beckhams Frau. Wie heißt sie noch mal? Aber da kommt ja schon der große, kompakte Bürgermeister gelaufen, Dirk Elbers, immer einen Witz auf Lager und ein freundliches Wort für die Mitbürger. Ihn kann man nur mögen, genauso wie man die Deutsche Oper am Rhein mag, die nun auch vorbeizieht und um einen rum, als die Straße unmerklich ihren Namen zu Heinrich-Heine-Allee geändert hat, und jetzt wird es düster. Dunkle Wolken treiben von Nordwest herein, ein heftiges Tiefdruckgebiet von der holländischen Seite stoppt alle Bewegung in der Stadt und verhindert, dass die Menschen ihren Arbeitsplatz erreichen. Was ist ein Arbeitsplatz ohne Menschen, die an diesem Platz arbeiten? Nur ein Platz! Jetzt kauern die Menschen unter den Bäumen im Hofgarten. Unter den Eichen, den Ulmen und den Linden, und dann kommen der Donner und die Blitze. Die Stockenten und die Schwäne verstecken Schna-

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bel, Kopf und Hals unter der Wasseroberfläche hinterm Damm. Ihre Schwanzfedern zittern nervös. Ein zugereister Bayer zeigt auf sie und lacht. Beim nächsten Donnerschlag tauchen die Wasservögel auf den Grund und der Bayer fällt zuerst gegen die Skulptur, dann gegen die Buchsbaumhecke und schließlich ins Wasser. Da kommen die Enten und Schwäne wieder nach oben, als hätten sie nie Angst gehabt, und schwimmen um den Körper. Die dunklen Wolken sind schon in Rheinland-Pfalz und alle atmen erleichtert auf, außer in Pfaffenhofen in Bayern, wo eine frisch verwitwete Frau mit zitterndem Zeigefinger einen Sarg in der Mittelpreisklasse beim renommierten Bestattungsbüro Hintermeyer GmbH auswählt. Jetzt steht die Stadt still. Elbers schickt ein Kondolenztelegramm nach Pfaffenhofen samt einem Dank an die städtische Polizei für ihr schnelles, resolutes und würdiges Handeln beim Ertrinkensunglück. Der Hofgarten weilt nun in einem gesegneten, aber ein bisschen zu starken Licht. Da hinten, hinter dem Thyssen-Krupp-Hochhaus, dem sogenannten Dreischeibenhaus, liegt das große, schöne, weiße Theater und wartet auf Erzählungen. Wir gehen hinein, in die Dunkelheit und den Lärm.

Staffan Valdemar Holm, 1958 im südschwedischen Tomelilla geboren, ist Theater- und Opernregisseur und Autor. Er ­studierte an der Theaterakademie in Kopenhagen und war Intendant des Malmø Dramatiska Teater, des Königlichen Dramatischen ­Theaters Stockholm (Dramaten) und von 2011 bis 2012 Generalintendant am Düsseldorfer Schauspielhaus.


S. 326 „Hamlet“ von William Shakespeare, Regie: Staffan Valdemar Holm, 2011, mit: Lea Draeger „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen, Regie: Staffan Valdemar Holm, 2013, mit: Olaf Johannessen, Anna Kubin

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Rausch, Büchner, Zeiten des Umbruchs oder soziale Plastik von Falk Richter

Im RAUSCH der Finanzkrise, im RAUSCH der Umverteilung, im RAUSCH der großen gesellschaftlichen Umbrüche … sahen wir uns plötzlich im Jahr 2011, als die Folgen der weltweiten Finanzkrise eine neue Bewegung hervorbrachten, die nach einer anderen, neuen, gerechteren Gesellschaft suchte und sich auflehnte gegen die Vorherrschaft der Reichen. Wie schon einst Georg Büchner mit seinem hessischen Landboten und seinem Schlachtruf „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“, so waren hunderttausende Menschen aller Generationen auf den Straßen der Metropolen der globalisierten Finanzwelt und suchten Wege aus dem falschen Leben. In genau dieser Zeit des Zusammenbruchs eines maroden, fragilen Finanzsystems, des gesellschaftlichen

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Aufruhr und des Suchens nach einer neuen Gesellschaft kam ich in die reiche, schöne Stadt Düsseldorf, bezog meine Wohnung im wunderschönen Oberkassel, spazierte gerne und oft am Rhein, ging am liebsten japanisch essen, verbrachte die freie Zeit in Cafés und Kunsthallen, fuhr nur einmal in 15 Monaten nach Köln (darauf bin ich besonders stolz!) und jeden Morgen zur Probebühne im Central, um an drei neuen Stücken zu ­arbeiten, die ich für das Düsseldorfer Schauspielhaus damals schrieb und inszenierte: die Romanbearbeitung „Karte und Gebiet“ über den vollkommen entfesselten Kunstmarkt, der vor allem von den Superreichen als Anlagemöglichkeit vorbei an den Steuerbehörden genutzt wird, mein Tanztheaterstück „Rausch“,


„Büchner“ von Falk Richter, Regie: Falk Richter, 2012, mit: Aleksandar Radenković, Ingo Tomi, Thomas Wodianka, Xenia Noetzelmann

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das sich mit RAUSCHZUSTÄNDEN – auch dem Rauschzustand der Gier des entfesselten Finanzmarktes und seiner außer Rand und Band geratenen Protagonist*innen – beschäftigte. Und „Büchner“, einer Klassikerüberschreibung, die wie Georg ­Büchner danach fragte, wann ein gesellschaftlicher Zustand so ungerecht geworden ist, dass eine revolutionäre Situation entstehen kann. Und wie weit Autor*innen und Künstler*innen überhaupt mit ihrer Arbeit in das Weltgeschehen eingreifen können. Das fragt sich Büchner Zeit seines Lebens: Kann er als Autor Menschen dazu bewegen, anders zu denken, anders zu ­leben, eine andere, bessere Gesellschaft zu errichten? Oder kann er nur berichten, als Zeuge, Botschaften an die Welt verschicken, kurze Mitteilungen über den Stand der Dinge? Was war passiert: Die Finanzkrise von 2008 war ein globaler Schock, der bislang Verborgenes ans Tageslicht holt, etwas läuft falsch, nicht nur im Staate Dänemark, sondern auf der ganzen Welt enorme Umverteilung von Geldern, deutlicher denn je wird sichtbar, dass wir eine enorm reiche Oberschicht haben, die sich völlig vom Rest der Gesellschaft abgelöst hat und durch undurchschaubare, nicht mehr greifbare Transaktionen enorme Gewinne erzielt und auf lebensgefährliche Weise Werte verflüssigt, ganze Staaten vernichtet, massenhaft Menschen in die Armut treibt, als sei alles ein Spiel, als ginge es nur um Privatjets und außer Kontrolle geratende Poolpartys Nutten und Koks und komplexe Fondsprodukte und Millionen Boni … die Banker spielen den Hip-Hop-Lifestyle nach und vernichten dabei die westlichen Demokratien und die ­ohnehin schon vom Westen zerstörten, ausgebeuteten ehemaligen ­Kolonien rauben sie so weit aus, dass dort ein Konfliktherd nach dem anderen ausbricht, Menschen sterben für einen dekaden­ten Lebensstil westlicher weißer Männer, die sich völlig dem Rausch hingeben: Ich, ich, ich, keine Verantwortung, völlig entgrenzt, mit einer Lust daran, die fragilen Gebilde der demokratischen Gesellschaften einstürzen zu sehen, haha, hihihi, alles, was wir hier an Geldern verbrennen, bekommen wir ohnehin sofort wieder zurücküberwiesen, wir sind der Staat, nicht diese

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Menschen, die da glauben, sie hätten mit ihrer Stimme irgendeinen Einfluss auf das Weltgeschehen, das Weltgeschehen sind wir, DIE FINANZELITE, über uns wird nicht berichtet, wir sind unsichtbar, aber wir treffen die Entscheidungen, und wir haben die staatlichen Institutionen in Geiselhaft genommen … in den Jahren nach der Finanzkrise 2008 herrschte zunächst eine Lähmung: Wie konnte das passieren?, was ist da möglich geworden, ohne dass die Mehrheit der Gesellschaft irgendetwas davon mitbekommen hatte?, wieso gibt es da eine kleine Gruppe von Menschen, die übermenschliche Privatgewinne durch unmenschliches Handeln erzielen können und dabei gedeckt werden von einer Regierung, die diesen wilden, gefährlichen Spielen völlig freien Lauf lässt, Regulierung eines außer Kontrolle geratenen toxischen Finanzsystems galt allgemein als Todsünde, der entfesselte, unregulierte, rauschhafte Markt wurde den Ahnungslosen an ihren Bildschirmen als Paradies auf Erden verkauft, alles andere, so der damalige Chor der Talkshowspezialisten und Wirtschaftsweisen, hätte alle in entsetzliche Unfreiheit und Armut, das ganze System in den Untergang stürzen lassen: WACHSTUM! FREIE MÄRKTE! KEINE REGELN! Da waren sich alle einig: Alles hatte sich unter die grenzenlose Freiheit des Marktes unterzuordnen. Dann kam der Untergang: 2008, der Sturz von Lehman ­Brothers, der Finanzcrash, abgefedert von einer extrem großzügigen Bundesregierung, die all denjenigen, die Schuld waren am Finanzcrash, überaus spendabel all ihr verspekuliertes Geld wieder zurücküberwies und es von der nicht ganz so mondänen Bevölkerung nahm, sie ließ die Nichtmillionär*innen zahlen, damit die Millionär*innen weiter ihre Partys und Privatjets und Jachten und Kunstobjekte finanzieren konnten und weiterhin mit undurchschaubaren Finanzprodukten jonglieren durften, dieses dekadente Leben machte den Gewissenlosen einfach zu viel Spaß, das ließen sie sich nicht nehmen, stattdessen ließen sie das Geld, das sie für ihren Lebensstil brauchten, von denen nehmen, die niemals von diesem aufgeblasenen Finanzsystem profitierten, von Gerechtigkeit, von Vertrauen konnte fortan in unseren demo­kratischen, westlichen Gesellschaften nicht mehr gesprochen werden,


da lief etwas zutiefst falsch, ein Gefühl von Unbehagen machte sich breit, das kann so nicht weitergehen, wieso wird alles darangesetzt, dieses kaputte, kranke, krankmachende System am Leben zu erhalten, warum wird das Falsche gestützt und nicht gestürzt. Wo sind die Orte, wo eine Gesellschaft sich darüber verstän­ digen kann, was falsch läuft, was Unsicherheit, Unzufriedenheit, Angst auslöst, wie Gesellschaft anders gedacht werden könnte, Occupy trat auf den Plan. Als ich in Düsseldorf 2011 meine Zeit als Hausregisseur antrat (gekommen war ich für sechs Jahre, nach vierzehn Monaten war dann leider schon alles wieder vorbei, ich wäre gerne länger geblieben, es hat mir gut gefallen, aber der Intendant gab unter dem Druck eines Burn-outs auf – es war die wohl kürzeste Intendanz, die ich jemals miterleben sollte), lagen die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten und Missstände offen. Schockzustand: Wie konnte das passieren, wer hat das zugelassen, wer sind ­diese Menschen, die für all das verantwortlich sind und wieso profitieren diese Menschen sogar von all den Zusammenbrüchen? Neue Wege aus dem Falschen wurden gesucht. Occupy errichtete offene Zeltlager in den Städten der kapitalistischen Systeme. Menschen kamen zusammen, um offen über Wege aus der Krise zu diskutieren. Junge und alte Menschen sagten: Wir haben noch nicht die Lösung, aber wir wissen, dass das hier, so wie es jetzt läuft, falsch ist und uns allen schadet: Wir können das Überleben unserer demokratischen Gesellschaften nicht einer Gruppe völlig außer Kontrolle geratener, geldgeiler, verantwortungsloser, skrupelloser Finanzspekulant*innen und einer ihnen hörigen Regierung überlassen. Wir brauchen ein nachhaltigeres Wirtschaftssystem, ein gerechteres Finanzsystem, wir brauchen wieder eine Regierung, die nicht nur die Interessen der wenigen Superreichen wahrt, sondern das gesamtgesellschaftliche Wohl im Blick hat. Occupy war der Versuch, in flachen Hierarchien über neue Gesellschaftsmodelle ins Gespräch zu kommen, langsam im Austausch Ideen für eine andere, gerechtere Welt entstehen zu lassen. Düsseldorf als bedeutender Wirtschaftsstandort in der Mitte Europas, als Stadt der Reichen und Schönen umringt von strukturschwachen Kommunen, schien geeignet, diesen Fragen auf künstlerische Weise nach­zugehen. Ich probte 2011 meine Tanztheaterproduktion RAUSCH gemeinsam mit der niederländischen Choreografin Anouk van Dijk, dem australischen Komponisten Ben Frost und

fünf Schauspieler*innen und sieben Tänzer*innen aus acht europäischen Ländern. Düsseldorf war unsere neue künstlerische Heimat. Ein internationales Kollektiv aus Theaterkünstler*innen, das über zwölf Wochen gemeinsam die Energien, die Gedanken, die Spannungen, die Aufbruchstimmung, die Enttäuschungen, die Wut und die Ängste dieser Zeit erspüren, verstehen und festhalten und in einen Austausch treten wollte mit den Zuarbeiter*innen der Finanzindustrie, mit ihren Kritiker*innen und mit denjenigen, die nach neuen Wegen für eine bessere Gesellschaft suchten. Wir führten Gespräche mit denjenigen, die wochenlang auch in Düsseldorf in den Zeltlagern campierten, suchten das Internet nach Texten ab, versuchten, die Folgen der Überarbeitung, der Angst- und Unruhezustände, des Burn-outs spielerisch, tänzerisch zu erfassen, wir lasen die Manifeste, die überall auf der Welt entstanden und einen Weg bereiten sollten für einen Aufbruch in eine gerechtere Gesellschaft. Fragen nach Teilhabe, nach Besitz und Macht, die ungerechte Verteilung von Privilegien wurden wieder neu diskutiert, aber auch heutige Beziehungen untersucht: Welche Folgen haben der enorme Leistungsdruck, die Überarbeitung, das Aushöhlen aller privaten Räume, und das Gefühl, in einem fragilen System zu leben, das jederzeit zusammenzubrechen droht, auf die Beziehungen, die jeder von uns führt. Und auf die Körper. Was sind das für Beziehungen, die diese Körper miteinander führen, wie fühlen sie, wie können sie sich neu vernetzen, neue Communitys formen, die Halt geben, die eine neue Art zu leben zulassen. Mitteilungen über die Gefühlslage der europäischen Gesellschaften: Nach dem Schock die Frage: Wie kann es anders weitergehen. Bitte nicht festhalten am Falschen. Das Theater kann der Ort sein, an dem wir uns Gedanken machen über die gesellschaftlich relevanten Fragen unserer Zeit. Wir können davon erzählen, was uns wirklich betrifft, uns Angst macht und erschreckt, was uns auf dem Herzen liegt und nach Antworten schreit, die wir jetzt noch nicht haben, aber denen wir uns im offenen, allmählichen Prozess annähern: durch Ausprobieren, Verwerfen, Neuprobieren. Wir können Widersprüche sichtbar machen, Fragen stellen, Zwischenergebnisse liefern, Gemeinschaft stiften, den Blick schärfen und verändern und soziale Skulpturen schaffen, an denen das sichtbar wird, was eine Gesellschaft verhandeln muss, um menschlich zu bleiben. Falk Richter war Hausregisseur und Hausautor am Düsseldorfer Schauspielhaus in den Jahren 2011 und 2012. Er ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Theaterregisseure und Dramatiker und arbeitet an renommierten nationalen und internatio­nalen Bühnen.

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„Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist, Regie: Dušan David Pařízek, 2012, mit: Rainer Galke, Till Wonka, ­Imogen Kogge, Frank ­ Seppeler, Florian Jahr, Stefanie ­Reinsperger

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StockholmSyndrom von Roland Koberg

Danke fürs Dableiben-Dürfen! So sollten wir früher zu den Gastgeber-Eltern sagen und haben es auch gesagt, wenn wir wo zu Besuch waren, mit den andern Kindern die Wohnung auf den Kopf stellten und irgendwann doch abgeholt wurden. Danke fürs Dableiben-Dürfen, liebes Düsseldorfer Schauspielhaus, in den Jahren 2011 bis 2014, und sorry nochmal wegen des Chaos. Die andern haben aber viel mehr gemacht. Ich war auch genau genommen nur drei Mal da, jedes Mal als Dramaturg von Dušan David Pařízek, und der Hausherr wechselte in der kurzen Zeit drei Mal. Das schaffen normalerweise nur Fußballclubs, in so kurzer Zeit die Trainer zu verschleißen, schneller als die Spieler sich neue Vereine suchen können. Staffan Valdemar Holm, kommissarisch Manfred Weber, schließlich Günther Beelitz, der Friedhelm Funkel unter den Theaterdirektoren. Alles war auf Zeit in Düsseldorf in der ersten Hälfte der zehner Jahre, vieles war möglich. Und alles war Baustelle. Das Große Haus war zur Eröffnung der Intendanz Holm gerade schick gemacht worden, doch es schien sich irgendwie nach allem zu sehnen, was nicht schick war. Die Umgestaltung des Saales hatte sich zwar verzögert (schon die Eröffnungsinszenierung hatte „gelegen“, wie man im Theaterjargon sagt), war aber irgendwie trotzdem zu schnell gegangen. Das Programm war noch nicht bereit für die neue, helle Eleganz, die das siffige Theaterschwarz ersetzte. Das Bühnengeschehen schien mit der konzertsaalgleichen, skandinavisch anmutenden Wandverkleidung aus edlem, geschwungenem Holz zu fremdeln. Apropos Skandinavien: Gibt es ein StockholmSyndrom auch für Gebäude? Ich stelle mir vor, auch Häuser mit ihrem Innenleben könnten sich leicht an ihren unfreien Zustand gewöhnen. Gut möglich, dass die Geiselhaft, in welche die

aufgerissene Stadt Düsseldorf ihr Theater genommen hat, auf dieses abgefärbt haben könnte. Düsseldorf hatte sich zu dieser Zeit im Spiegel nicht mehr gefallen. Häuser, in denen man nichts kaufen konnte, waren bäh und wurden ins Eck gestellt. Außerdem wurden von der City her lauter Hindernisse aufgebaut und Luxusbürohäuser vor dem Bühneneingang hochgezogen, damit man sich daneben schämt. Oder eben wie bei einer Geiselnahme: Bevor die City nicht glänzt, kommt ihr hier nicht raus! Und es kommt auch keiner zu euch rein! Irgendwann begann das Theater mit den Widrigkeiten zu leben und wollte von den ganzen Absperrungen und Löchern gar nicht mehr weg. Es mag uns eh keiner. So ungefähr war der Zustand, in dem wir das Düsseldorfer Schauspielhaus bei der Unternehmung „Der zerbrochne Krug“ im Herbst 2012 vorfanden. Der Weg zur Arbeit war ­hol­prig. Der Hauptdarsteller, mit dem man den Regisseur ge­ködert hatte, war über alle Berge, und nachdem Pařízek mit Frank Seppeler einen genialen Ersatz angeschleppt hatte, ­musste ­irgendjemand vom Management das Geständnis ablegen, dass für eine allfällige Ausstattung der Kleist-Inszenierung leider ­keine Kapazitäten mehr vorhanden seien. „Fehlende Werkstattzeiten“ war das Wort. Was es bedeutet, war zu erahnen, wenn man die über viele Monate geprobte Inszenierung von „Das Schloss“ sah, ein kurioser, klotziger Fremdkörper wie aus den 1980er Jahren: Da waren sie also hingegangen, die Werkstattzeiten, die uns unter anderen, weniger russischen Umständen ein Bühnenbild und Kostüme hätten bescheren können. In den verbleibenden viereinhalb Wochen inszenierte Dušan David Pařízek „Der zerbrochne Krug“ ohne was. Oder besser: mit weniger als nichts, eben in Form einer Baustelle. Die

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Bühne (von Pařízek) sah aus wie auf den Fotos vom Umbau des Zuschauerraums, mit geliehenen Baugerüsten, und Rainer Galke war als Schreiber Licht in einem fort damit befasst, Mitwirkende und Zuschauer am Betreten der Bühne zu hindern. Was er tat, mit langen Absperrbändern sogar um das Publikum herum, sollte so wirken, als wäre es zu irgendjemandes Sicherheit, aber es war vor allem dubios und wenig vertrauenserweckend, erratisch wie manche Baumaßnahmen in der Innenstadt. Dorfrichter Adams zum Gerichtssaal umfunktionierter Hühnerstall (ohne Hühner natürlich) war das Schauspielhaus selbst. Frank ­Seppeler fühlte sich in diesem Käfig aus Gerüststangen pudelnacktwohl, er war der unhinterfragte Guru eines Dorfes an der Düssel. Dass dieser aufreizende Adam die Eve missbraucht hatte, war selten in einer Inszenierung so unangenehm deutlich geworden wie in dieser. Was sollte ihm schon passieren? Merkt eh keiner. Mit der Anfängerin Stefanie Reinsperger war eine Eve gefunden, die sich davor vor allem in Stücken für Kinder und Jugendliche hatte zeigen dürfen. Sie brachte etwas in die Produk­tion mit, mit dem sie seitdem die Theaterwelt erobert: ein unbedingtes Wollen, eine völlige Kompromisslosigkeit, einen Anspruch auf Aufmerksamkeit, den das Theater oft viel zu schüchtern vorträgt. Nein, diese Eve wollte Rechenschaft, auch zum Preis der Selbstzerstörung. Wer sich über die Energie dieser Inszenierung vergewissern will, hat noch die Möglichkeit: In Reinspergers Solo „Selbstbezichtigung“ (Text Handke, Regie Pařízek), das mittlerweile am Berliner Ensemble läuft, sind Videoschnipsel aus ihrer Düsseldorfer Zeit eingebaut. Die Aufführung erzählt vom Werden einer Schauspielerin, ihre Lebensbeichte wird zur Theaterbeichte: „Gegen welche Gesetze des Theaters habe ich mich vergangen?“ Dazu bewegte Bilder von ihren explosiven Auftritten. In Handkes Terminologie wäre sie freizusprechen: Es war in Düsseldorf theatrale Notwehr. „Der zerbrochne Krug“, beim NRW-Theatertreffen mit dem Preis für die „beste Ensembleleistung“ ausgezeichnet, war der Auslöser für die nächste Arbeit in Pařízeks Regie, eine aus Texten von Henrik Ibsen und Elfriede Jelinek zusammen­gemixte „Nora³“. Und auch „Faust 1-3“, eine Übernahme vom Schauspielhaus Zürich mit Edgar Selge und Frank Seppeler in den Titelrollen, gehörte mit zu diesem Programm, das die Düssel­dorfer erinnern sollte, was sie an ihrem Theater haben. In „Nora³“ starteten Reinsperger und Galke als Ehepaar Helmer, sie befreit sich auftragsgemäß, er heult ihr hinterher, nachdem er ihr vorher eine der entsetzlichsten je gesehenen Theaterohrfeigen verpasst hatte (was ein Jury-Mitglied des Berliner Theatertreffens veranlasste, demonstrativ den Saal zu ver-

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lassen). In Jelineks sarkastisch-feministischer Überschreibung werden sie zueinander zurückgezwungen. Wenn ­Reinspergers Nora auf Jobsuche geht, landet sie wieder bei Galke als Personalchef einer Textilfirma. „Das Wichtigste ist, dass ich ein Mensch werde“, flötet sie bei Jelinek frei nach Ibsen. „Bei uns arbeiten ausschließlich Menschen, die einen sind es mehr, die anderen weniger“, kontert er in wohligstem Rheinisch. Mit der Niederösterreicherin Reinsperger und dem Niederrheiner Galke hatte sich ein abgründiges Bühnen-Traumpaar gefunden, das nach Wien weiterzog, als sich in Düsseldorf der nächste Umbruch ankündigte, ein Umbruch, unter dem man sich zu diesem Zeitpunkt schwerlich einen Neuanfang vorstellen konnte. Alles war ein bisschen haltlos, Zuschauer und Künstler gleichermaßen auf der Flucht, das nächste Loch dräute und es sollte noch viel größer werden … Ab wann wusste man eigentlich, dass die Zeit davor nur ein Interim zwischen zwei Baustellen gewesen sein würde? Wahrscheinlich gibt es darauf eine einfache Antwort, als Rätsel ist es aber schöner. Irgendwann begann man sich zu freuen, dass im Schauspielhaus trotz allem immer noch Menschen ­waren und auch nicht immer gleich nach Hause gingen. Auch wenn man insgeheim dachte: Und was machen wir, wenn die uns hier ganz vergessen? Wenn niemand in der Stadt mehr weiß, dass es dieses Haus gibt? Spielen wir dann trotzdem weiter, oder besser nur den iPod anhängen in der Kantine und tanzen? Es kam dann ja anders, deshalb schreibt sich das hier alles leichter. Das Schauspielhaus sollte noch eine unerwartete Chance bekommen und die von Holm eingestellten Kolleginnen und Kollegen haben sich am Theater Basel, am Gorki Theater Berlin, in Bremen oder Wien gut verwirklicht. Was am Schauspielhaus nicht aufgegangen sein mag, tat es anderswo. Es muss also etwas dagewesen sein in Düsseldorf. Auch „Nora³“ hatte noch eine gute Zeit am Wiener Volkstheater. Stefanie Reinsperger teilt sich jetzt mit einer anderen früheren Düsseldorferin, Constanze Becker, am Berliner Ensemble die Protagonistinnenaufgaben. Seinem Ruf als Medium der Flüchtigkeit aber war das Theater freilich selten so gerecht geworden wie Anfang der zehner Jahre in Düsseldorf.

Roland Koberg ist seit 2015 leitender Dramaturg am Volkstheater Wien, frühere Stationen waren das Deutsche Theater Berlin und das Schauspielhaus Zürich und eben, als Gast, das Düsseldorfer Schauspielhaus. Als Redakteur und Theaterkritiker arbeitete er für Falter, Die Zeit und Berliner Zeitung. Buchveröffentlichungen über Claus Peymann und Elfriede Jelinek.


„Nora³“ von Henrik Ibsen / Elfriede Jelinek, Regie: Dušan David Pařízek, 2013, mit: Rainer Galke, Stefanie Reinsperger „Faust 1-3“ von J ­ ohann Wolfgang Goethe, mit dem Sekundärdrama „FaustIn and out“ von Elfriede Jelinek, Regie: Dušan David Pařízek, 2013, mit: Edgar Selge, Frank Seppler, Miriam ­Maertens, Sarah ­Hostettler, Franziska ­Walser

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Glamour von André Kaczmarczyk

Winter 2015, ein Café in der Dresdner Neustadt. Als ich meiner Mutter erzählte, dass ich zur nächstfolgenden Spielzeit ans Düsseldorfer Schauspielhaus wechseln würde, nippte sie besorgt an ihrem „Schälchen Heeßen“ und zischte laut einen Seufzer durch die Schneidezähne. Für meine Begriffe hätte das als Kommentar völlig ausgereicht. Aber nach kurzem Schweigen ­wanderten ihre Augen vom Schneegestöber auf der Luisen­straße zurück zu unserer Kaffeetafel. „Der Junge geht also in den ­goldenen Westen“, ergänzte meine Mutter mild lächelnd. Und noch ehe ich mit Kästners Fabian ein ironisches „Ach, Mama!“ ausrufen konnte, seufzte sie ein zweites Mal und meinte an­ satzlos: „Na ja, erstens war ich bisher nur einmal in Köln und da war es ganz nett. Und zweitens geht’s dort sicher etwas glamouröser zu als hier.“ Mir schien, dass sie zumindest mit Letzterem Recht haben könnte. Denn abseits des Theaters schrumpfte für mich in jenem Winter der Glanz Dresdens auf das Format einer mäßig guten Eierschecke – an den äußeren Rändern tendenziell etwas zu braun, der Teigboden zu dünn, dazwischen eine dicke Quarkmasse und obenauf eine Schicht Zuckerbäckereiweiß. Nach meinem Umzug „nach drüben“ (wie man im Osten sagt), waren wir uns beide dann jedoch schnell einig: so irrsinnig glamourös, wie vielleicht von sich behauptet, ist es auch hier nicht! Im Großen und Ganzen hegt und pflegt man doch die ­Attitude und das Erbe der Bonner Republik. Die U-Bahn von Klein-­Paris ist letztlich auch nur eine unterirdische Trambahn. Beim Defilee auf der nicht einmal hundert Meter langen Kö kommt die Frage auf, ob man sich wirklich alles leisten sollte, was man sich leisten kann. Sind Geld und Geschmack nicht etwa zwei verschiedene Paar Schuhe? Soziale Untiefen gibt es fernab der Escada-Shops auch hier zur Genüge und Fasching unterscheidet sich von Karneval nur marginal. So viel also zu Oberflächen und ersten Eindrücken. Szenenwechsel: Düssel­ dorfer Schauspielhaus, 2019. Das Glamouröse zöge sich als ein bemerkenswerter Faden durch all meine bisherigen Arbeiten,

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sagte mein Gegenüber aus der Dramaturgie. In all den unterschiedlichen Figuren der verschiedensten Inszenierungen, ja selbst in den für das Theater angefertigten Fotografien finde sich das doch mal mehr, mal weniger offensichtlich wieder. Auf die Frage, ob mir selbst das denn noch nicht aufgefallen sei, weiß ich zuerst keine rechte Antwort und verneine dann vor­ sichtig. Abgesehen vom vielleicht Naheliegenden der vom Glam-Rock des David Bowie inspirierten Figur Valentine, kann ich mir tatsächlich anfangs nicht herleiten, wie der Begriff „Glamour“ auf mich oder meine Arbeit anzuwenden sein könnte. Gleichwohl spüre ich aber, dass dieses Wort – einmal so deutlich in meine Richtung ausgesprochen und einem Zauberspruch der Hekate gleichend – etwas mit mir zu tun haben muss. Dieses mir zugewiesene und überaus undefinierte Attribut „glamourös“ ruft zuallererst ein gewisses Unbehagen hervor, denn bezeichnenderweise denke ich zuvörderst an die Makel, die dem Begriff bisweilen anzuhaften scheinen. Und nun schließlich selbst darüber zu schreiben, bestätigt zu allem Überfluss ja zumindest einen, wenn nicht gar alle diese Anwürfe. Da wären also: Oberflächlichkeit, Kalkül und Manipulation, und last but not least sogar Eitelkeit und Koketterie! Darauf erst einmal ein Glas Champagner! Oder stopp, nein, ein Glas Wodka! Ach, was soll’s, ich nehme bitte beides! Und mische dann nach Belieben. Beginnen wir also, na klar, mit dem Offensichtlichen. Zugegeben, ich hege eine Vorliebe für alles, was schimmert und scheint, gleißt, glänzt, glitzert und glimmt. Traumwandlerisch angezogen bin ich von Rotgold und Kupfer, schwarzem ­Schellack, elegantem Purpur oder nächtlichem Aquamarin. Eine Straußenfeder, abgetragener Pelz oder verdrehte ­Pailletten erregen meine Aufmerksamkeit ebenso wie eine aschfahle Morgendämmerung, ein prunkvoller Korridor, eine ägyptische Sphinx in Turin, eine unbestimmte, aber exaltierte Geste oder ein aparter Blick aus gänzlich ungeschminkten Augen. Alle Nuancen des Gehauchten und Beschatteten, Uneindeutigen und



S. 339 „Lazarus“ von David Bowie, Enda Walsh nach Walter Tevis, Regie: Matthias ­Hartmann, 2018, mit: Lieke Hoppe, André Kaczmarczyk, Hans Petter Melø Dahl „Caligula“ von Albert Camus, Regie: Sebastian Baumgarten, 2018, mit: Markus Danzeisen, André Kaczmarczyk, Ensemble „Coriolan“ von William Shakespeare, Regie: Tilmann Köhler, 2019, mit: André Kaczmarczyk, Jonas Friedrich Leonhardi

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Widersprüchlichen, alle Schattierungen des Frivolen und Sinnlichen, manchmal auch des Derben oder Groben ziehen mich an. Und doch muss es gar nicht immer zwangsläufig mystischmysteriös zugehen. Schließlich kann auch gerade das Offenbare, ja das geradezu offensichtlich Triviale reizen. Wenn – und das scheint mir eben das Wesentliche des Glamours – wenn sich hinter diesem offen Sichtbaren ein Spielraum auftut, der Platz für Vermutungen und Interpretationen lässt. Denn das ist doch das eigentlich magisch Anziehende: dieses unbestimmbare Etwas, was verborgen hinter der ganzen Maskerade und dem trügerischen Schein liegt. Es lauert und wartet dort geradezu auf seine Entdeckung, rechnet vielleicht gar ängstlich mit seiner Entzauberung, und bleibt dem Betrachtenden dennoch vorenthalten. Unerklärlich und undurchschaubar, aber rand­voll angefüllt mit Fragen, Imaginationen, Vermutungen und Ausdeutungen des Schauenden. Der Moment des Glamours ähnelt vielleicht am Ehesten einer brennenden Kerze in einem dunklen Raum. Angezogen vom zauberisch Strahlenden bleibt alles dahinter, wenn überhaupt, nur schemenhaft erkennbar; letztlich ist es un-schau-bar. Und: Verbirgt sich hinter all dem Glanz am Ende gar etwas, das gänzlich un-schein-bar ist? Auch dem Künstlichen, Inszenierten, dem Nicht-Banalen, durch und durch Nicht-Authentischen, und ja, Überdurchschnittlichen gebe ich meist mit großer Freude den Vorzug – vielleicht sogar öfter, als mir eigentlich lieb ist und guttut. Ich weiß nicht, wieso es so ist. Aber ich weiß, dass ein Grund, der mich zum Theater gezogen hat, ein latentes Desinteresse am Authentischen ist. Die Vorstellung, ein konstant authentisches, stets mit sich identisches Wesen sein zu müssen, ­empfinde ich als Gefängnis. Ein bereitwilliger Fluchthelfer ist mir das Theater. Hemmungslos konstruiert es – wie auch der Glamou­röse selbst – alles ganz bewusst auf eine ­bestimmte Wirkung hin. Schamlos wird jedes Gefühl manipuliert, alle möglichen Regungen aller Beteiligten werden mit einkalkuliert und vorsätzlich gelogen wird selbst dann noch, wenn behauptet wird, alles ginge ganz authentisch, unabgesprochen, spontan und echt zu. Sollte das zu sehr nach Rechenschieber klingen, kann ich zur Beruhigung sagen, die überaus freudvolle Arithmetik des Theaters gleicht am ehesten dem Hexeneinmaleins. Apropos Hexen. In seiner ursprünglichen Bedeutung im Altenglischen bzw. Schottischen verweist das Wort Glamour ins Reich des Magischen. Aber wer wurde und wird hier eigentlich verhext? Natürlich, der Betrachter ist ganz verzaubert vom Glanz, der ihm entgegenstrahlt. Aber ist nicht möglicherweise der Glamouröse selbst ein Verhexter, verflucht dadurch, dass sein geheimes Scheinen unweigerlich auf die anderen wirkt,

ohne dass er es selbst bewusst und absichtlich darauf angelegt hätte? Ist vielleicht alles nur Lug und Trug und Spuk in jedwede Richtung, und das ganze Theater um den Glamour ist schließlich gar reziprok? Ich werde mir immer unklarer. Ich kann nur sagen, dass ich ziemlich wahrscheinlich einen seidengefütterten, gewebten, vielfarbigen Mohair-Mantel immer einer bestimmt ungleich praktischeren Regenjacke von Jack Wolfskin vorziehen würde. Ja, ich besitze sogar einen solchen Mantel. Sicherlich kann auch ein Dosenbier glamourös werden. Vielleicht ist das dann mit e­ twas mehr Aufwand verbunden, aber unter bestimmten Umständen und je nach Kontext ist es möglich. Denn der Mohair alleine macht es am Ende ja auch nicht. Es liegt eben nicht nur am Accessoire; wenngleich am Accessoire freilich alles scheitern kann. Auch Glamour ist mehr als die bloße Summe der ein­zelnen Teile. Ich hätte mich selbst nicht als glamourös bezeichnet (wie unglamourös wäre das?), oder wenn, als unbeabsichtigt glamourös. Was natürlich ein Ding der Unmöglichkeit ist. Ich einige mich daher vorerst mit mir selbst darauf, dass es mir hauptsächlich Freude macht, umfassend, ja mitunter sogar ausgeklügelt zu gestalten und jedes Detail zu bedenken, ob es nun der letzte Satz meiner Figur ist oder ihr Manschettenknopf. Dass es mir sicher nicht immer gelingt; dass ich gerne ein sogenanntes Faszinosum sein möchte, weil auch mir die meisten Dinge unerhört faszinierend vorkommen; dass das eigene Leben (und das Theater und das Dasein überhaupt) gerne ab und an als Gesamtkunstwerk erscheinen darf; dass ich eigentlich am liebsten theatralisch lebe, obwohl das nicht immer geht und sachdienlich ist; dass der ganze Komplex auch mir total rätselhaft erscheint; und dass ich am Ende eigentlich nicht zu genau darüber nachdenken kann und will, wahrscheinlich weil ich Angst vor dieser ganzen Hexerei habe. Vorsichtshalber, weil vollends verwirrt, habe ich zu guter Letzt meinen Friseur gefragt, was er denn unter nämlichem Wort verstehe. In seiner Heimatstadt sei das ganz sicher, meinte er, das bei den Damen überaus beliebte „Düsseldorf Blond“. Was genau das allerdings sei, darüber seien sich alle Friseure letztlich absolut uneinig.

André Kaczmarczyk, geboren 1986 in Suhl/Thüringen, studierte an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Seit der Spielzeit 2016/17 ist er Ensemblemitglied des Düssel­ dorfer Schauspielhauses.

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Das Wunder des Düsseldorfer Exils … doch Vorsicht bei der Rückkehr

von Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff

Seit knapp sechzig Jahren verfolge ich relativ regelmäßig die Arbeit des Düsseldorfer Schauspielhauses: zuerst als Kind klassischer Bildungsbürger, die mich schon mit etwa zwölf Jahren ins Theater mitschleppten, dann als Student, Referendar und Assessor, dann als Vorsteher eines nicht eben satisfaktions­ fähigen „Konkurrenten“, des Rheinischen Landestheaters Neuss, später als zunächst für die Stadt Düsseldorf, sodann für das Land Nordrhein-Westfalen zuständiger höchster Kulturbeamter. Aus diesen sechzig Jahren sind mir am im wahrsten Sinne des Wortes „eindrücklichsten“ im Gedächtnis geblieben die Klassikerinszenierungen von Karl Heinz Stroux im alten Haus an der Jahnstraße, aber auch verstörende Abende mit neuen Stücken von Sławomir Mrożek und Eugène Ionesco. Fulminant auch die Eröffnungsinszenierungen von Büchners „Dantons Tod“ und Ionescos „Triumph des Todes“ im neuen Haus am Gründgens-Platz. Und dann? Aus meinem Gedächtnis kann ich jedenfalls kaum Bilder abrufen – was nicht heißt, dass alles, was auf Stroux folgte, schlecht war. Aber es ist nur wenig haften geblieben, und es erzeugte nicht den Enthusiasmus und die Neugier auf Neues, mit denen ich in jungen Jahren jedes Mal ins Düsseldorfer Schauspielhaus ging. Das mag vielleicht auch an mir und/oder an meinem entfremdenden Beruf gelegen haben, ich weiß es nicht. Mir ist schon klar, dass man die Stroux-Ära nicht mit der heutigen Zeit vergleichen kann: Würden wir heute eine der berühmten Stroux-Inszenierungen noch einmal zu sehen

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bekommen, würden wir mehr als befremdet reagieren. Dafür haben sich einfach zu sehr die Zeiten und unsere Seh- und ­Hörgewohnheiten verändert, von unserer Gefühlswelt einmal ganz abgesehen! Später habe ich dann als Düsseldorfer Kulturdezernent nach intensivem Studium der Entwicklungsgeschichte des ­Düsseldorfer Schauspielhauses eine These entwickelt, die ich noch heute vertrete: Mit dem Bezug des neuen Hauses ging es rapide bergab! Warum? Weil das Haus urplötzlich von einer relativ kleinen Bühne und Mann-/Frauschaft in einer gewaltigen Explosion von Stellen, Technikkosten, Bühnenbreite und -tiefe sowie insgesamt des Zuschussbedarfs zu einem gigantischen Ozeandampfer mutiert war, der jedenfalls mit dem patriarchalisch geprägten Intendantenstil eines Karl Heinz Stroux kaum mehr zu beherrschen war. Ob dann die folgenden, in einem demokratischeren Gewand daherkommenden Intendanzen dem Hause besser bekommen sind, wage ich für meine Person füglich zu bezweifeln. Hinzu kam, dass die historisch betrachtet zwar längst überfällige, aber deswegen keineswegs weniger irrige Revolte der 68er-Studentengeneration auch die Theaterwelt erreicht und das Publikum hiermit – namentlich in Düsseldorf …! – nur in sehr geringem Maße gleichgezogen hatte, was zu einer tiefen Kluft zwischen Publikum und Theatermachern führte. Meine These, dass es mit dem Düsseldorfer Schau­ spielhaus justament mit dem Umzug vom ewigen Provisorium an


der Jahnstraße ins neue Haus am Gründgens-Platz bergab ging, findet ironischerweise seine Bestätigung auch darin, dass es mit ihm seit dem Umzug aus dem sanierungsbedürftigen Haus am Gründgens-Platz in das Provisorium Central am Hauptbahnhof wieder steil bergauf gegangen ist. Woran lag, woran liegt das? Nun, sicherlich auch ­daran, dass die Notlage, in die der frischgebackene, aber noch gar nicht angetretene neue Generalintendant Wilfried Schulz da urplötzlich geraten war, nicht nur erfinderisch machte, sondern alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und das Publikum zu einer Notgemeinschaft zusammengeschweißt hat. Enger rücken zu müssen, tut nicht immer, aber bisweilen gut! Und als der Düsseldorfer Oberbürgermeister zu allem Überfluss auch noch vorschlug, es doch beim Provisorium am Hauptbahnhof zu belassen und das Schauspielhaus am Gründgens-Platz künftig kommerziell zu nutzen, entstand sogar eine breite Bürgerini­tiative für die Rückkehr an den Gründgens-Platz, in der Tausende von Bürgerinnen und Bürgern einen siebenstelligen Betrag zusammenbrachten, der dann von einigen vermögenderen Bürgern und Familien auf rund sechs Millionen Euro aufgestockt wurde. So etwas hatte es in Düsseldorf in diesem Ausmaß noch nicht gegeben. Doch der eigentliche Grund liegt in etwas ganz anderem. Ich möchte es – reichlich vereinfachend – vor allem an drei auf den ersten Blick banal klingenden Punkten festmachen: 1. An einem neuen Generalintendanten, der nicht nur mutig und anpackend aus der Not eine Tugend macht, sondern sich wirklich für sein Publikum interessiert und einsetzt, es genauestens beobachtet, nicht um ihm nach dem Munde zu spielen, sondern um es zu fordern, ohne es zu überfordern. Der will, dass sein Publikum gerne wiederkommt und nicht mit den sprichwörtlich „langen Zähnen“ ins Theater geht. Kurzum: Der sein Publikum liebt! Und der das begnadete „Händchen“ dafür hat, auch für die beiden anderen Punkte erfolgreich zu sorgen. 2. An erstklassigen Schauspielern und Schauspielerinnen, die nicht nur herrlich spielen, sondern auch wieder wunderbar sprechen können. Die das Publikum auf Dauer im Gedächtnis behält und deren Auftritt es kaum erwarten kann. Nichts schafft mehr Identifizierung des Publikums mit „seinem“ Theater als dies! 3. An wunderbaren Regisseurinnen und Regisseuren, Bühnen- und Kostümbildnern und -bildnerinnen etc., die mit den Schauspielern und allen weiteren Mitwirkenden aus einem Abend ein „Ereignis“ machen, bei dem wir Zuschauer auf der

vorderen Stuhlkante sitzen und erst laut ausatmen, wenn es zu Ende ist, es aber für immer in unserem Gedächtnis mit uns tragen, bisweilen auch mit uns schleppen …! Nach Karl Heinz Stroux habe ich diese drei Punkte nicht mehr als durchgängig erfüllt empfunden. Dem entspricht auch die Summe meiner persönlichen Benotungen: Seit ich als Kulturdezernent Intendanten zu beurteilen hatte, hab ich ein primitiv erscheinendes, letztlich aber zielführendes fünfstufiges „Gesamtnotensystem“ für jede Inszenierung entwickelt und mich gezwungen, die jeweiligen Intendantinnen und Intendanten nach jeder Premiere ganz offen mit meiner „Note“ zu nerven – mit der Folge, dass es bisweilen heftige Diskussionen darüber gab: zweimal „+“ für überragend, einmal „+“ für gut, „+/-“ für OK, aber auch nicht mehr und nicht weniger, einmal „-“ für schlecht, zweimal „-“ für katastrophal. Die Diskussionen führten meist dazu, dass wir uns auf „+/-“ einigten, was ich nicht gerade befriedigend fand – denn: „Auf hoher See und in der Not ist der Mittelweg der sich’re Tod!“ Seitdem Wilfried Schulz Generalintendant ist, häufen sich bei mir in auffälliger Weise die Noten „+“ und „++“ – was nicht ausschließt, dass hin und wieder auch das Minuszeichen vertreten ist. Letzteres ist auch nicht zu beanstanden, solange es in der Minderzahl ist. Denn Risiko und Mut zum Experi­ment und gegebenenfalls zum Scheitern gehören nun mal zum Theater. Hauptsache, das Publikum bleibt neugierig, fühlt sich geliebt und geht nicht von vorneherein „mit langen Zähnen“ ins Theater! Und das ist derzeit eindeutig der Fall! Wenn es nun zurück an den Gründgens-Platz geht, so ist Vorsicht geboten: Die Zeiten beengter und zum Teil unzureichender, provisorischer Verhältnisse sind vorbei, jetzt drohen wieder die Gefahren des Überflusses an Raum, Technik, Personal etc. Aber ich bin mir absolut sicher: Dieses Ensemble mit ­Wilfried Schulz an der Spitze wird auch die Gefahren meistern. Die beste Garantie dafür ist, diese Gefahren überhaupt zu sehen …! In diesem Sinne: Ad multos annos!

Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, geboren 1949 in Bonn, war von 1985 bis 1992 zunächst Kulturdezernent und später auch Stadtdirektor der Stadt Neuss, von 1992 bis 2005 erst Kulturdezernent und dann auch Stadtdirektor der Stadt Düsseldorf, und von 2005 bis 2010 Kulturstaatssekretär des Landes Nordrhein-Westfalen. Heute ist er u. a. Präsident der Peter Paul Rubens-Stiftung Siegen und Aufsichtsratsvorsitzender des Museums für Gegenwartskunst Siegen GmbH.

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Eine Liebe auf den zweiten Blick von Patrick Schwarz-Schütte

Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Düsseldorfer Schauspielhauses am Gustaf-Gründgens-Platz im Jahr 1970 war ich noch Mittelstufenschüler am Städtischen Gymnasium in Düssel­dorf Garath. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie begeistert mein Deutschlehrer von der Architektur des Hauses war und dass er mit uns auch einige Vorstellungen besucht hat. Vom ersten Besuch sind noch das schöne Foyer und eine recht langweilige Aufführung des „Zerbrochnen Krugs“ von Kleist in Erinnerung geblieben. Also keine Liebe auf den ersten Blick. In den folgenden dreißig Jahren habe ich nur wenig in Düsseldorf gelebt und, wie ich zugeben muss, keine enge Beziehung zum Theater aufbauen können. Das änderte sich deutlich, als ich vor acht Jahren mit meinem Partner Ali-Reza Momeni das Dreischeibenhaus erwerben konnte. Damals war dieses Haus eingerahmt von zwei prägenden Strukturen: Auf der Westseite gab es die Hochstraße (der Tausendfüßler), die zwar ästhetisch schön und für Autofahrer ganz wunderbar, aber für Fußgänger unfreundlich und abweisend war. Auf der

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Ostseite lag das immer noch wunderschöne Schauspielhaus neben dem seit fünfzig Jahren unverändert unansehnlichen Gustaf-Gründgens-Platz. Eins war damals schon auf den ersten Blick klar: die wunderbare Beziehung zwischen dem ästhetisch sehr ­klaren, geradlinigen Bürohaus auf der einen und dem in weichen Formen fließenden Schauspielhaus auf der anderen Seite. Diese Gegensätze ziehen sich an und wirken als Ganzes bereichernd. Kunst und Kommerz können eine symbiotische Beziehung haben. Einerseits muss Hochkultur – z. B. ein Theater mit zwei Bühnen – finanziert werden. Das Dreischeibenhaus mit seinen Mietern kann und will dazu beitragen. Andererseits profitieren wir von unserem Nachbarn nicht nur ästhetisch, sondern auch inhaltlich. Die von Wilfried Schulz entwickelte Idee, im Dreischeibenhaus das Theaterstück „Die dritte Haut :: Der Fall Simon“ aufzuführen, war schlicht genial, denn diese eindrückliche Inszenierung hat sehr viele Menschen fasziniert und nachdenklich gemacht.



S. 345 Düsseldorfer Schauspielhaus „Die dritte Haut :: Der Fall Simon“ von Bernhard Mikeska, Lothar Kittstein, Alexandra Althoff (RAUM+ZEIT), Regie: Bernhard Mikeska, 2017, Zuschauerin im Foyer des ­Dreischeibenhauses

Nun liegen lange Jahre der Planung und heftigster Bautätigkeit hinter uns. Es wurde die richtige Entscheidung getroffen, die Hochstraße abzureißen und den Autoverkehr unter die Erde zu verlagern. Das hat den Westen dem Osten der Stadt nähergebracht. Es wurde auch entschieden, den Gustaf-Gründgens-Platz zu verkleinern und den Kö-Bogen II zu errichten. Dieses neue Gebäude, das eine ganz unkonventionelle grüne Fassade erhalten soll, wird als drittes zum bestehenden Ensemble stoßen. Wir hoffen alle, dass der neu entstehende Platz die richtige Dimension und Gestaltung haben wird, um dieses Ensemble gleichzeitig zu trennen und zu verbinden. Die vorliegenden Planungen lassen dies erhoffen. Schließlich haben sich das Land Nordrhein-Westfalen, die Landeshauptstadt Düsseldorf, der Freundeskreis des Schauspielhauses und viele hundert Bürger dazu entschlossen, eine äußerst anspruchsvolle Generalsanierung des Schauspielhauses durchzuführen und zu finanzieren. Nachdem zuvor schon die Technik und der Zuschauerraum restauriert und modernisiert

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worden sind, werden nun die Außenfassade sowie alle Publikumsbereiche im Inneren saniert. Die historischen Elemente wurden gereinigt und eine moderne, helle Beleuchtung, aber auch Fahrstühle für Behinderte hinzugefügt. Am Ende werden wir wieder das Original sehen, außen strahlend weiß, im Inneren lichtdurchflutet, als Treffpunkt für die ganze Stadt, nicht nur am Abend. Wenn ich morgens in mein Büro gehe, sehe ich jedes Mal mit Freude auf unseren lieben Nachbarn, das Schauspielhaus – eine echte Liebe auf den zweiten Blick eben.

Patrick Schwarz-Schütte, geboren 1956, ist ehemaliger Präsident der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer und ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Schwarz Pharma. Heute ist er Geschäftsführer von Black Horse Investments und Mitglied des Kuratoriums Schauspielhaus 2020.


Das Risiko des Scheiterns er Abend, an dem ich das D Düssel­dorfer Publikum kennenlernte von Lea Ruckpaul

Jedes Publikum ist anders. Jeden Abend und in jeder Stadt. Wenn wir den Arbeitsplatz wechseln, dann sind wir nicht nur mit einer neuen Stadt und mit neuen Kollegen, sondern auch mit einem neuen Publikum konfrontiert. Dieses Publikum wird uns verändern. Jedes Publikum hat Einfluss auf den Theaterabend, den es sieht. (Das ist so, auch wenn Sie das vielleicht nicht glauben.) Düsseldorf ist die dritte Stadt, in welche ich die Isa aus „Bilder deiner großen Liebe“ mitnehme. Theater spielen, ohne beobachtet zu werden, ist unmöglich, weil ein Theaterabend nicht das ist, was ich spiele, sondern das, was zwischen mir und dem Publikum stattfindet. Also musste sich meine Isa wieder neuen Blicken stellen. Am 15. Oktober 2018 spiele ich – nicht zum ersten Mal, aber noch relativ frisch – die Vorstellung „Bilder deiner ­großen Liebe“ am Düsseldorfer Schauspielhaus, auf der Kleinen Bühne des Central. Ich bin noch immer nervös, wenn ich der erleuchteten Leinwand gegenüberstehe, die mich vom Publikum trennt. Ich stehe auf meiner Seite und belausche sein Plaudern und Murmeln und Plätzesuchen. Ich versuche, gelassen zu sein. „Wäre gern mein Hund“, denke ich, „Hunde können die Anspannung einfach abschütteln, einmal Ohrenschlackern und eine

entspannte Vorstellung spielen.“ Heute aber habe ich Angst. Die lässt sich nicht abschütteln, ich kann ihr nicht gut zureden, sie ist ziemlich hartnäckig. Ich habe Angst, denn meine Stimme ist schwach. Das ist ungünstig: Bei dieser Vorstellung gibt es hauptsächlich mich und den Text. Hohe Töne kann ich kaum mehr erzeugen, ich habe es in der Garderobe versucht. „Selber schuld“, denke ich, „monatelang heiser spielen und keine Pause machen. Das ist das ,Dankeschön‘ deines Körpers für die schlechte Behandlung.“ Ich konzentriere mich auf die Knochenbrüche, Wirbelsäulenblockaden, Fieberschübe, die ich auf der Bühne überlebt habe, bastle aus ihnen Durchhalte­ parolen, warte auf Musik und Licht und die Stille des Publikums, tanze hinter der Leinwand. Auftritt durch die Luke. Schon die ersten Worte zerbrechen meine Stimme. Ich versuche, die Panik herunterzuwürgen, die als Kloß in meinem Hals sitzt – wo sollte sie auch sonst sitzen? Wenn man sehr viel Kraft aufwendet, kommt immer noch ein bisschen Stimme heraus. Aber Angst macht alles schlimmer, auch Knötchen auf den Stimmbändern. Ich mahne mich zur Konzentration auf den Inhalt und das Publikum. Spieler erkennen ihr Publikum meist recht schnell. Heute Abend ist es ein zugewandtes, lachfreudiges, weiches

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Publikum. Ich klammere mich an meine Figur, suche Schutz bei dem fiktiven vierzehnjährigen Mädchen Isa Schmidt – was will sie erzählen? Inhalt ist immer ein Zufluchtsort, aber in jeder sprechfreien Sekunde, und das sind an diesem Abend, der zu Beginn ein halbstündiger Monolog ist, nicht viele, suche ich nach einer Strategie, den Abend zu überstehen. Doch ich bin immer weniger strategisch, mehr panisch, denn ich habe Schmerzen und Angst davor, operiert werden zu müssen, Angst, meine Stimme und meinen Beruf zu verlieren – wenn man in einem Fantasieraum unterwegs ist, dann malt man sich schlimme Dinge aus. Die Zuschauer räuspern sich, sie tun es sicher, weil sie den rauen, kratzigen Textbrei nicht mehr ertragen können, den ich produziere. Bis zum Auftritt meines Kollegen halte ich durch. Bin erleichtert, weil er übernimmt, mir die Verantwortung abnimmt für einen Moment. Während er redet: Welche Texte könnte ich streichen? Könnte ich eine Szene ganz überspringen? Später mehrere Nächte hintereinander derselbe Traum: Es geschehen schreckliche, brutale Dinge mit mir. Ich öffne den Mund, will um Hilfe schreien, und bleibe hilflos, denn ich bin stumm geworden. Das ist natürlich völlig irrational. Aber das Theater ist ja auch eine Anhäufung von nicht immer erklärbaren Gefühlen, Vorgängen, Gedanken. Wenn man sich in Gefühlsräume begibt, wird man empfindsam. Während der Improvisation mit meinem Kollegen bitte ich die Regieassistentin wie nebenbei um ein Mikroport. Sie sitzt in der ersten Reihe für die Soufflage. Sie lässt das Textbuch fallen und rennt los. Wir improvisieren ziemlich lange. Inzwischen habe ich Schmerzen. Das kann nicht an den Stimmbändern liegen, denn die haben keine Nerven, es müssen die Muskeln sein, das weiß ich. Für die Stimme sind unglaublich viele Muskeln notwendig, wenn diese sich verspannen, ist es aus, erklärt mir später der Arzt. Und er erklärt mir auch: Bei dauerhafter Heiserkeit arbeitet der Körper unbewusst mit Muskelkraft daran, dass die Stimme so klingt wie immer, und dann gibt es Funktionsstörungen. Darüber muss ich sehr lachen, sehr heiser krächzen, meine ich, weil es poetisch ist und eine große Tiefe hat, dass der Körper sich selbst wiedererkennen will und mit selbstzerstöre­ rischer Kraft gegen Veränderungen ankämpft, die er nicht akzeptieren kann. Die Regieassistentin kommt zurück. Ein Mikroport ist nicht aufzutreiben. Ich spiele weiter. Gegen wirkliche Verzweiflung und Angst und Verletzung anspielen, heißt meistens gut spielen, wirklich spielen. Ich habe immer Sehnsucht danach, zu „spielen“. Spielen heißt, sich dem Risiko des Scheiterns auszusetzen, weil man die Kontrolle abgibt. Das passiert im Theater viel zu selten. Meist

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flüchtet man sich in „nachempfundene Wiederholungen“. Wenn aber etwas Unvorhergesehenes passiert, ein „Fehler“, dann ist das ein Moment von „Spiel“. Die Zuschauer spüren das, immer. Etwas ist „live“, etwas ist auf andere Art „lebendig“. Wenn man sich fürchtet, ist man lebendig. Einen Text sprechen auf der Bühne ist ein Schutzraum, und je weniger es mir möglich war, Text zu sprechen, umso ungeschützter wurde ich, umso mehr fürchtete ich mich. Und dann kam der Punkt, wo die „Stimm­ losigkeit“ das Spiel nicht beförderte, sondern bremste. Plötzlich ist die Entscheidung da. Ich lasse los. Ich breche einfach ab und bitte um Entschuldigung dafür, dass ich es nicht schaffe, zu Ende zu spielen. Ich schaue die Menschen an, die mich bis hierhin liebevoll durch den Abend getragen haben, bitte um Verzeihung und flüchte von der Bühne, hinter mir höre ich einen großen Applaus. Ich bin erschrocken über mich selbst und nichts als ein Häufchen Kapitulation. Auf der anderen Seite der Leinwand heule ich wie ein Kind – das klingt ziemlich dramatisch, wenn man so heiser ist, japsen und äch­zen, denke ich noch. Dann dieses miese Licht in der Garderobe, wo man noch elendiger aussieht … Das Theater verlasse ich mit eingezogenem Kopf, beschämt von mir selbst, der Versagerin. Auf dem Weg hinaus drückt mir jemand einen beschriebenen Programmzettel in die Hand, ich stecke ihn ein, Treppen runter. Am Ausgang stehen zwei Frauen. Ich will ausweichen, aber eine der beiden kommt auf mich zu. Sie will mich umarmen, glaube ich, sie tut es nicht. Gott sei Dank – wenn es mir schlecht geht und ich bemitleidet werde, fange ich sofort an zu heulen. Sie steht vor mir und weiß auch nicht so genau, was sie sagen soll. Ich weiß auch nichts. Dann bedankt sie sich. Aber nicht für mein Durchhalten, nein, sie bedankt sich für meine Kapitulation. Dafür, dass sie einen echten, lebendigen, erschöpften Menschen auf der Bühne gesehen hat. Jemanden, der nicht so tut, als sei er perfekt, jemanden, der nicht um jeden Preis funktioniert. Das sei genau das, sagt sie, was Düsseldorf braucht. Liebes Publikum vom 15. Oktober 2018, ich danke Ihnen für diese gemeinsame Vorstellung.

Lea Ruckpaul, geboren 1987 in Berlin, absolvierte ihr Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig. Sie war am Staatsschauspiel Dresden und am Schauspiel Stuttgart engagiert, bevor sie 2018 ans Düsseldorfer Schauspielhaus wechselte.


„Bilder deiner großen Liebe“ von Wolfgang Herrndorf, Regie: Jan Gehler, 2018, mit: Lea Ruckpaul, Wolfgang Michalek

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„Das Versprechen“ von ­ riedrich Dürrenmatt, Regie: F Tilmann Köhler, 2017, mit: Ensemble

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Umbauen Gedanken aus dem Provisorium von Felicitas Zürcher

Drei Spielpläne, wenn ich mich recht erinnere, haben Wilfried Schulz und die Dramaturgie für die erste Spielzeit in Düsseldorf entworfen, zumindest strukturell. Der erste ging davon aus, dass wir die neue Intendanz ganz normal im Schauspielhaus eröffnen würden. Auch das Kinderstück sollte wieder am Gustaf-Gründgens-Platz stattfinden. Nach ein paar Monaten der Planung war klar: Die Baustelle rund ums Haus wird dies nicht zulassen. Zwei Monate wird man noch woanders verbringen müssen, bis dann im November 2016 die eigentliche Eröffnungspremiere stattfinden kann. „Vorglühen“ oder „Einflugschneise“ waren Arbeitstitel, mit denen wir diese „Phase A“ zu denken begannen. Die Idee des Theaterzeltes zum Beispiel entstand da. Die folgenden Etappen, in denen sich die Situa-­ tion weiter zugespitzt hat, habe ich vergessen oder verdrängt, aber wenn wir nach drei Spielzeiten im vielbespielten Central und anderswo nun endlich zurück im Schauspielhaus am GustafGründgens-Platz sind, liegt hinter der gesamten Belegschaft eine ­aufregende und anstrengende Zeit der Improvisation, die – angesichts des Zustands der Baustelle im Herbst 2019 leicht zu erraten – noch nicht völlig überstanden ist. Als Theatermensch mit Engagements an Staats- und Stadttheatern verbringt man den Großteil seines Berufslebens in klassischen Theaterbauten. Stammen diese aus der Zeit der

letzten Jahrhundertwende, sind sie für ein modernes, bewegungsfreudiges Schauspiel nicht immer optimal: Die Sichtlinien sind nur vorne Mitte für alle Plätze gut, und man nimmt automatisch Einbußen für einen Teil des Publikums in Kauf, wenn man nicht an der Rampe Text rezitieren lassen will. Spielt man dagegen in moderneren Häusern, bei denen es um die Sichtlinien besser bestellt ist, hapert es dafür mit der Akustik – auch in Düsseldorf kennt man das Problem. Provisorien dagegen scheren sich nicht um die klassischen Vorgaben, zwingen zur Improvisation und ermöglichen, wie es im italienischen Wort „improvviso“ steckt, das Unerwartete. Sie setzen jede Menge Kreativität frei, und insofern ist es immer auch eine Art Genuss, wenn Häuser umgebaut, asbestsaniert oder sonst wie renoviert werden und man in Theaterzelte, Bars oder gar, wie ich es in Berlin erlebte, den berühmten Club „Berghain“ ausweichen muss. Es entstehen andere Inszenierungen, wenn ein Chor aus dem Darkroom auftritt, als wenn er auf der Hinterbühne steht; selbstverständlich, denn die Umstände, unter denen Theater gemacht wird, wirken sich direkt auf das Ergebnis aus. Die sogenannte „zweite Sprache“, wie sie Regisseure wie Wolfgang Engel und Horst Schönemann etwa in Dresden perfektioniert haben, um mittels klassischer Texte politische Umstände anzuprangern, ohne ein Wort des Ursprungstextes zu verändern,

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wäre in der BRD wohl nicht entstanden. Und wenn man während der Proben im Wettkampf mit den Bauarbeitern steht, der Staub im Scheinwerferlicht dicke Straßen bildet und man innerlich immer auf den nächsten Einsatz des Bohrers wartet, der einen das eigene Wort nicht mehr verstehen lässt (wie zu Beginn der Spielzeit 2019/20 bei „Dantons Tod“ und „Bungalow“), ent­ stehen dabei höchstwahrscheinlich lautere, angriffslustigere, aufgekratztere Inszenierungen, als wenn man ungestört, rundum versorgt und geschützt rumspinnen kann. Die Düsseldorfer Ausweichquartiere der vergangenen Jahre haben diese speziellen Bedingungen immer wieder ge­ boten: Im Theaterzelt auf der Kö hörte Gilgamesh, der Gründer der Stadt Uruk, die Geräusche der modernen Stadt im Hintergrund. Und ein Jahr darauf am Rhein wurde man zwar durch die helle Glocke des Bezirksgerichts jede Stunde daran erinnert, wie die Zeit verrinnt, aber der Ort auf den Uferwiesen bot im Dauerregen und im immer tiefer werdenden Schlamm eine Atmosphäre von Pfadfinderlager, die der Schmuddeltruppe um den genialisch-versoffenen Shaunessy Williams gut bekam: Ranzigräudig, heiter-laut und ein wenig unverschämt ging die Show im Zirkuszelt über die improvisierten Bretter, die die Welt bedeuten („Queen’s Men“). Dagegen konnte im Dreischeibenhaus in abgeschlossenen Räumen, leeren Kellern und luftiger Höhe wunderbar an einem verschrobenen Projekt getüftelt werden, das dem mysteriösen Verschwinden des zwielichtigen Düsseldorfer Millionärs Simon auf die Spur zu kommen ver­suchte („Die dritte Haut :: Der Fall Simon“). Die mobilen Produktionen, die im neu erfundenen „to go“-Format produziert wurden, haben ihr Equipment in einem kleinen Kofferwagen dabei und bringen klassische Texte direkt und heutig überall dort ganz nah an die Zuschauer heran, wo Menschen sie sehen wollen: im Landtag, in der Synagoge oder im Gefängnis („Faust (to go)“, „Nathan (to go)“ und „Parzival (to go)“). Der Hallen­charakter im Central konnte hin und wieder bewusst zur Geltung kommen, etwa wenn das Publikum arenaartig um die Spielfläche saß, wie bei „Animal Farm“ oder „Fight Club“, oder wenn man durch die Großbaustelle der heutigen Gesellschaft wandern und an verschiedenen Stationen gedanklich mitarbeiten konnte („Gesellschaftsmodell Großbaustelle“). Andere Inszenierungen sind mit ihren Bühnenbildern explizit auf die Atmosphäre des Central eingegangen: Andreas Kriegenburg für „Die Dreigroschenoper“, Johannes Schütz für „Michael Kohlhaas“, Karoly Risz für „Das Versprechen“ oder Muriel Gerstner bei „Medea“ etwa haben Bühnenbilder entworfen, die für einen klassischen Guckkasten nicht entstanden wären. Und die für das eigene Selbstverständnis gewichtigsten Ausnahmesitua­tionen, in denen das

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Theater den Baustellenriesen in eine Auszeit gezwungen und auf der Bühne des leergeräumten Schauspielhauses gespielt wurde, zeigten in der Leichtigkeit ihrer Ausstrahlung jeweils einen kleinen Etappensieg auf dem Weg zu einem sanierten Haus: In der ersten Spielzeit bei Bob Wilsons Kult-Inszenierung „Der Sandmann“, später beim Bowie-­Musical „Lazarus“, bei „Abiball“, wo das Publikum auf der Bühne Platz nehmen konnte, und schließlich bei Dantes „Die Göttliche Komödie“, die eine Wanderung nicht durchs Jenseits, sondern durch Gänge, Lagerräume und Unterbühne des Theaters bot. Dabei hat die Notwendigkeit, in Ermangelung eines Hauses näher zum Publikum zu gehen, eine Linie verstärkt und unterstützt, die sich das Düsseldorfer Schauspielhaus unter Wilfried Schulz zum Programm gemacht hat. Nach den schwierigen Jahren, in denen es eine hohe Fluktuation unter den Künst­ler*innen gab und Akzeptanz wie Interesse beim Publikum schwanden, war es der Anspruch (und der Auftrag), das Düsseldorfer Schauspielhaus wieder in der Stadt zu verankern und zu zeigen, wie Theater in die Gesellschaft wirken kann. Das Erfolgsmodell Bürgerbühne, das Wilfried Schulz in Dresden gegründet hatte und das seither in verschiedenen Städten erprobt wird, wurde auch nach Düsseldorf mitgenommen und bringt die Themen der Menschen direkt und mit ihrer Beteiligung auf die Bühne. Die Reihe „Düsseldorfer Reden“ führte erst im Central und später auch im Schauspielhaus zu ausverkauften Sälen: Das Publikum nahm das Angebot an, gemeinsam über gesellschaftliche Fragen nachzudenken. Und viele der Inszenierungen, die sich an virulenten Themen abarbeiteten, stießen trotz widriger Umstände auf großes Interesse. Dabei klingen viele Probleme, die in Düsseldorf in den letzten Jahren das Improvisationstalent aller Beteiligter gefordert haben, nach komplettem Ausnahmezustand – was es ja auch war: Die Klimaanlage funktioniert nicht, im Zuschauersaal herrschen weniger als 20 / mehr als 37 Grad. Sollte man den Gästen raten, die Jacke mitzunehmen / verteilen wir Wasser, oder ist die Temperatur noch zumutbar? Der Lastenaufzug ist ausgefallen, die Bühne steht noch nicht. Muss der Einlass verzögert werden, damit der Aufbau noch zu schaffen ist? Wird ohne oder mit kaum eingerichtetem Licht, ohne Toneinrichtung gespielt? Was tun, wenn bei einer ausverkauften Vorstellung im Central im Winter die komplette Garderobe aus der Wand bricht? Wird das Publikum schimpfen, wenn nach der Vorstellung die sprichwörtlichen Düsseldorfer Pelzmäntel ohne Nummernschild auf verschiedenen Kleiderständern gesucht werden müssen? Was werden die älteren Menschen sagen, die wegen der Hitze mit Kreislaufbeschwerden die Vorstellung verlassen müssen


„Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht mit Musik von Kurt Weill, Regie: A ­ ndreas ­Kriegenburg, 2017, mit: ­Ensemble

oder wegen einer schlecht beleuchteten Stufe stürzen? Wird jemand enttäuscht sein, der im Rollstuhl an die Seite neben die Inspizientin geschoben wird, statt wie erwartet an den Rand der ersten Reihe? Wie wird das Publikum reagieren, wenn es wegen wechselnder Saalpläne zu Verwirrung bei der Auszeichnung der Sitzreihen kommt und das Einlasspersonal Menschen umzusetzen beginnt, um für alle Platz zu schaffen? Es soll hier gesagt sein: viel, viel besser, als man denken könnte. Man kann sich kein besseres Publikum für solche Situationen wünschen als das Düsseldorfer. Heiter, launig, unkompliziert und zugewandt ist es dem D’haus in ein nasses Zelt oder ins stickige Central gefolgt, voller Mitleid und Bewunderung für die frierenden / schwitzenden Schauspieler – ganz rheinische Frohnatur eben und viel

weniger etepetete, als sein Ruf ist. Nein, null etepetete eigentlich, wenn auch modebewusst und schick trotz aller Widrig­ keiten. In letzter Zeit allerdings fielen mir ab und zu die Opfer der Industrialisierung ein: Als die ersten Dampfloks schnaubend durch die Gegend fuhren, Fabrikschlote rauchten und Auto­mobile die Luft verpesteten, grassierten nicht nur ­eindeutig ­körperliche Krankheiten wie Tuberkulose, Rachitis oder Schwind­sucht. Auch die „Neurasthenie“, wie der amerikanische Arzt George Miller Beard 1869 die von ihm beobachtete rätselhafte Nervenschwäche nannte, wurde mit den Symptomen leichter Reizbarkeit und schneller Ermüdung ein Massenphänomen. Insofern ist es sehr, sehr gut, wenn in absehbarer Zeit im Düssel-

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„Medea“ von Euripides, Regie: Roger Vontobel, 2017, mit: Jana Schulz, Claudia Hübbecker „Michael Kohlhaas“ von ­Heinrich von Kleist, Regie: Matthias Hartmann, 2017, mit: Ensemble, Minna Wündrich, Christian Erdmann „Nathan (to go)“ von Gotthold Ephraim Lessing, Regie: Robert Lehniger, 2018, Bunkerkirche der Gemeinde der koptischen Christen (Heerdt), mit: Cennet Rüya Voß, Jonas Friedrich Leonhardi, Jan Maak, Konstatin Lindhorst, Claudia Hübbecker

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dorfer Schauspielhaus Staub, Lärm und Schutt verschwinden, keine LKWs und Betonmischer mehr vor dem Haus stehen und das Publikum den Eingang tatsächlich über einen Platz erreichen kann und nicht mehr über die Baustelle gehen muss. So ganz scheint das Theater aber ohne Umbau nicht auszukommen. Als wären die umfassenden Sanierungsmaßnahmen ein Omen gewesen, haben in den letzten Jahren die Diskussionen um einen Umbau der Institution Stadttheater an Dringlichkeit gewonnen. Während also bald die Hülle, fit für die nächsten fünfzig Jahre, in altem und neuem Glanz erstrahlt, werden die Fragen nach der Zukunft das Theater in den kommenden Jahren weiter beschäftigen: Leitungsstrukturen und Arbeitsmodelle stehen auf dem Prüfstand, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Gender-Gerechtigkeit werden eingefordert, probenfreie Samstage, fixe freie Tage und Verhaltenskodizes diskutiert. Wie also soll in dem frisch sanierten Gebäude in Zukunft gearbeitet werden? Welche Stücke sollen gespielt werden, welche Rollenbilder (re)produziert? Wer soll auf der Bühne stehen und wer im Zuschauerraum sitzen? Wird sich eine moderne, gemischte Gesellschaft abbilden, auf der Bühne wie im Publikum, und in welcher Form soll sie das? Wenn wir im Moment eine Infragestellung von Geschlechter- und Herrschaftsverhältnissen erleben, ist das die große Chance, auch die Bilder zu hinterfragen, die auf der ­Bühne tradiert werden. Viele hundert Jahre haben männliche, weiße Autoren für eine männliche (oder zumindest männlich gedachte), weiße Zuschauerschaft ihr Bild von Welt auf der ­Bühne durchgesetzt und sich selber als Referenz ins Zentrum des Theaters gestellt. Es ist höchste Zeit, dass sich zu den vielen komplexen Männerfiguren, die gerne melancholisch und tiefsinnig sind, die sich gegen ihre Väter auflehnen, Befehle missachten und doch im richtigen Moment handeln … dass sich zu diesen Bildern andere gesellen. Wenn es auf der Bühne vermehrt Königinnen (Margaretha di Napoli, Maria Stuart und Elisabeth), CEOs (Linda), Rächerinnen (Medea oder Kitty in „Konsens“) und schwierige Mädchen gibt (Charley in „Bungalow“ oder Hazal in „Ellbogen“), dann ist das ein Anfang, das Bild von Gesellschaft auch auf der Bühne diverser zu gestalten. Am Rande einer verbissen geführten Diskussion zum Thema Ruhe- und Probezeiten bemerkte die Düsseldorfer Schauspielerin Manuela Alphons einmal lakonisch, sie habe nie bei der Post arbeiten wollen. Dass sich unsere HauptAusweichspielstätte und jetzt wieder das Probebühnenzentrum, das Central, in der alten Paketpost befindet, soll hier als Pointe nicht überstrapaziert werden. Aber wer weiß, vielleicht wird der moderne, großzügige Bau von Bernhard Pfau künftig auch

die Diskussionen um die Zukunft des Theaters prägen. Viel­leicht wird seine weibliche Form mehr Frauen sichtbar ­machen, der lässige Schwung seiner Scheiben Beweglichkeit in die ­Debatte um Arbeitszeiten bringen, die Transparenz der neuen Fenster zur Öffnung des Theaters in die Gesellschaft führen und der demokratische Zuschauerraum das Miteinander der Menschen stärken. So könnte, warum nicht, dieser innere Umbau (der wahrscheinlich nicht weniger Nerven kosten wird als die baulichen Veränderungen) in ein paar Jahren zu einem Theater führen, in dem eine diverse Gesellschaft rege ein und aus geht, Frauen und alle anderen Geschlechter angemessen vertreten sind und man respektvoll, gleichberechtigt, offen und kreativ miteinander umgeht. Wenn in Düsseldorf in den vergangenen Jahren der ­Balanceakt beim Improvisieren gelungen ist, wenn trotz ­widriger Umstände ein Theater wieder zu blühen angefangen hat, wenn immer wieder Abende entstanden sind, die den Menschen unter die Haut gingen, die sie berührt, amüsiert oder begeistert haben, ist das schon mal ein schöner Etappensieg.

Felicitas Zürcher, geboren 1973, war Dramaturgin am Stadt­theater Bern, am Deutschen Theater Berlin, am Staatsschauspiel ­ Dresden und ist seit 2016 als Leitende Dramaturgin am Düsseldorfer Schauspielhaus engagiert.

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Chronik


Die Premieren 1969/70 Georg Büchner Dantons Tod Regie: Karl Heinz Stroux Bühne / Kostüm: Wilfried Minks Premiere: 16.1.1970, GH Euripides Die Bacchantinnen Regie: Jean-Pierre Ponnelle Bühne / Kostüm: Ralph Koltai Premiere: 19.1.1970, KH Peter Weiss Trotzki im Exil Regie: Harry Buckwitz Bühne / Kostüm: Gunilla Palmstierna-Weiss Premiere / UA: 20.1.1970, GH Heinrich Böll Der Clown Regie: Alfréd Radok Bühne: Josef Svoboda Kostüm: Jan Skalicky Premiere / UA: 23.1.1970, KH Eugène Ionesco Triumph des Todes oder Das große M ­ assakerspiel Regie: Karl Heinz Stroux, František Miska Bühne / Kostüm: Jacques Noël Premiere / UA: 24.1.1970, GH Peter Barnes Die herrschende Klasse Regie: Geoffrey Reeves Bühne / Kostüm: John Gunter Premiere / DE: 10.2.1970, GH Siegfried Lenz Die Augenbinde Regie: Richard Münch Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere / UA: 28.2.1970, KH William Shakespeare Coriolan Regie / Bühne: Gerhard Klingenberg Kostüm: Günter Walbeck Premiere: 21.3.1970, GH Gerhart Hauptmann Der Biberpelz Regie: Karl Heinz Stroux Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 11.4.1970, GH Eugène Ionesco Die kahle Sängerin / Jakob oder Der Gehorsam Regie: Eugène Ionesco Bühne / Kostüm: Jean-Pierre Ponnelle Premiere: 25.4.1970, KH

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William Shakespeare Ein Sommernachtstraum Regie / Bühne / Kostüm: Jean-Pierre Ponnelle Premiere: 16.5.1970, GH

1970/71 Paul Zindel Die Wirkung von Gammastrahlen auf Mondblumen Regie: O. E. Hasse Bühne / Kostüm: Hainer Hill Premiere / DE: 28.8.1970, KH Johann Nestroy Strick mit einem Ende Regie: Otomar Krejča Bühne: Josef Svoboda Kostüm: Jan Skalicky Premiere / DE: 11.9.1970, GH Rolf Hochhuth Der Stellvertreter Regie: Kazimierz Dejmek Bühne / Kostüm: Łucja Kossakowska Premiere: 12.9.1970, GH Jean Anouilh Die Goldfische oder Mein Vater der Held Regie: Hans-Joachim Heyse Bühne / Kostüm: Günter Walbeck Premiere / DE: 27.9.1970, KH Harold Pinter Der Liebhaber Regie: Stephan Stroux Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 30.9.1970, KH George Bernard Shaw Ländliche Werbung Regie: František Miska Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 30.9.1970, KH William Shakespeare Hamlet Regie: Karl Heinz Stroux Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 3.10.1970, GH Friedrich Dürrenmatt Portrait eines Planeten Regie: Erwin Axer Bühne / Kostüm: Ewa Starowieyska Premiere / UA: 10.11.1970, KH George Bernard Shaw Pygmalion Regie: Maximilian Schell Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 21.11.1970, GH

Friedrich Dürrenmatt nach William Shakespeare Titus Andronicus Regie: Karl Heinz Stroux Bühne: Heinz Mack Kostüm: Günter Walbeck Premiere / UA: 12.12.1970, GH Wolfgang Hildesheimer Mary Stuart Regie: Konrad Swinarski Bühne / Kostüm: Kazimierz Wisniak Premiere / UA: 15.12.1970, KH Ödön von Horváth Geschichten aus dem Wiener Wald Regie: Hans Hollmann Bühne: Thomas Richter-Forgách Kostüm: Monika von Zallinger Premiere: 11.1.1971, GH Georges Feydeau Der Floh im Ohr Regie: Hans-Adalbert Karbe Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 23.1.1971, GH Molière Der Tartüff Regie: Werner Kraut Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 6.2.1971, GH Bertolt Brecht Flüchtlingsgespräche Regie: Wolf Seesemann Premiere: 13.2.1971, KH Martin Sperr Münchner Freiheit Regie: Michael Kehlmann Bühne: Gottfried Neumann-Spallart Kostüm: Ursula Haenisch-Schulz Premiere / UA: 20.2.1971, GH Pablo Neruda Glanz und Tod Joaquin Murietas Regie: Wolfram Mehring Bühne / Kostüm: Janine Grillon Premiere / DE: 26.2.1971, KH Friedrich Schiller Kabale und Liebe Regie: Karl-Heinz Martell Bühne: Paul Walter Kostüm: Ursula Amann Premiere: 27.3.1971, GH Eugene O’Neill Alle Reichtümer der Welt Regie: Karl Heinz Stroux Bühne / Kostüm: Ewa Starowieyska Premiere: 3.5.1971, GH Anton Tschechow Der Bär / Der Heiratsantrag Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Günter Walbeck Premiere: 8.5.1971, KH

Bertolt Brecht Der gute Mensch von Sezuan Regie: Karl Heinz Stroux, Hans-Adalbert Karbe Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 22.5.1971, GH

1971/72 William Shakespeare Antonius und Kleopatra Regie: Wolfram Mehring Bühne / Kostüm: Janine Grillon Premiere: 26.8.1971, GH Daniel Berrigan Der Prozeß gegen die Neun von Catonsville Regie: Kazimierz Dejmek Bühne / Kostüm: Łucja Kossakowska Premiere: 28.8.1971, GH Christopher Hampton Der Menschenfreund Regie: Elisabeth Bergner Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 3.9.1971, GH Heinrich von Kleist Der zerbrochne Krug Regie: Karl Heinz Stroux Bühne: Elmar Albrecht Kostüm: Monika von Zallinger Premiere: 4.9.1971, GH Peter Handke Der Ritt über den Bodensee Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Lioba Winterhalder Premiere: 11.9.1971, KH Heinrich Henkel Eisenwichser Regie: Hermann Wündrich Bühne / Kostüm: Hans Joachim Heidler Premiere: 25.9.1971, KH Stanisław Ignacy Witkiewicz Die Mutter Regie: Erwin Axer Bühne / Kostüm: Ewa Starowieyska Premiere: 16.10.1971, GH Sławomir Mrożek Ein freudiges Ereignis Regie: Peter Arens Bühne / Kostüm: Sławomir Mrożek Premiere: 30.10.1971, KH Johann Wolfgang Goethe Faust I und II Regie: Karl Heinz Stroux Bühne / Kostüm: Ezio Frigerio, Carlo Tommasi Faust I Premiere: 20.11.1971, GH Faust II Premiere: 12.2.1972, GH


Nikolai Gogol Tagebuch eines Wahnsinnigen Regie: Dieter Giesing Bühne / Kostüm: Hans W. Lenneweit Premiere: 8.12.1971, KH Bertolt Brecht Die Antigone des Sophokles Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 19.12.1971, KH Johann Nestroy Das Mädl aus der Vorstadt Regie: Heinrich Schweiger Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 15.1.1972, GH Neil Simon Plaza Suite Regie: Karl-Heinz Martell Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 29.1.1972, KH Johann Wolfgang Goethe Die Mitschuldigen Regie: Hans-Adalbert Karbe Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 19.2.1972, KH William Shakespeare Wie es euch gefällt Regie / Bühne / Kostüm: Jean-Pierre Ponnelle Premiere: 8.4.1972, GH N

Ödön von Horváth Don Juan kommt aus dem Krieg Regie: Richard Münch Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 16.4.1972, KH William Shakespeare Richard III. Regie: Karl Heinz Stroux Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 6.5.1972, GH

1972/73 Bertolt Brecht Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui Regie: Ulrich Brecht Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 9.9.1972, GH August Strindberg Fräulein Julie Regie: Wolf Seesemann Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 13.9.1972, KH

Gotthold Ephraim Lessing Minna von Barnhelm Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 15.9.1972, GH Tristan Tzara Das Gasherz Regie: Daniel Spoerri Bühne / Kostüm: Daniel Spoerri, Rolf Doerr, Reinhard Hinzpeter Premiere / DE: 16.9.1972, KH Georges Feydeau Sie und Er Regie: Karl-Heinz Martell Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 20.9.1972, KH Alexander Ostrowski Der Wald Regie: Fritz Zecha Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 24.9.1972, GH Arthur Adamov Off Limits Regie: Klaus Michael Grüber Bühne / Kostüm: Eduardo Arroyo Premiere / DE: 30.9.1972, KH Carl Sternheim Bürger Schippel Regie: Peter Abromeit, Wolf Seesemann Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 11.10.1972, GH Thorbjörn Egner Klaus Klettermaus und die anderen Tiere im Hackebackewald Regie: Kai Braak Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 16.10.1972, GH Georg Büchner Leonce und Lena Regie: Luc Bondy Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 18.11.1972, KH Christian Dietrich Grabbe Herzog Theodor von Gothland Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 16.12.1972, GH Volker Erhardt nach Marivaux Spiel mit Liebe und Zufall Regie: Dieter Munck Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 23.12.1972, KH

Georg Furth, Stephen Sondheim Company Regie: Dick Price Bühne / Kostüm: Jannis Kourkoutakis, Monika Zeller-Schömig, Thomas Richter-Forgách Premiere: 6.1.1973, GH Ödön von Horváth Italienische Nacht Regie: Walter Davy Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 27.1.1973, KH George Bernard Shaw Haus Herzenstod Regie: Geoffrey Reeves Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Jan Skalicky Premiere: 3.2.1973, GH Pavel Kohout Armer Mörder Regie: Ulrich Brecht Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere / UA: 24.2.1973, GH Harold Pinter Die Geburtstagsfeier Regie: Gerd-Theo Umberg Bühne / Kostüm: Rolf Doerr Premiere / UA: 11.3.1973, KH Molière Der eingebildete Kranke Regie: Kurt Hübner Bühne: Wilfried Minks Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 24.3.1973, GH Aischylos Die Perser Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 7.4.1973, KH William Shakespeare Die Komödie der Irrungen Regie: Dieter Munck Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 21.4.1973, GH Volker Ludwig Trummi kaputt Regie: Wolf Seesemann Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 27.4.1973, KH Abram Terz Pchenz Regie: Otto Schnelling Bühne / Kostüm: Alois Gallé Premiere / UA: 12.5.1973, KH

Peter Rühmkorf Was heißt hier Volsinii? Regie: Hansjörg Utzerath Bühne / Kostüm: Bert Kistner Premiere / UA: 2.6.1973, GH

1973/74 Molière Der Geizige Regie: Ulrich Brecht Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 8.9.1973, GH Aristophanes Die Frauenvolksversammlung Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 9.9.1973, KH Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais Der tolle Tag Regie: Ulrich Brecht, Serge Roon, Jörg Wehmeier Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 13.9.1973, GH Heinrich Leopold Wagner Die Kindermörderin Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 15.9.1973, KH Anthony Shaffer Revanche Regie: Ulrich Brecht Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 19.9.1973, KH Claus Bremer und Daniel Spoerri nach Ernst Raupach Der Müller und sein Kind Regie: Daniel Spoerri Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 1.10.1973, KH Miroslav Krleža Die Glembays Regie: Geoffrey Reeves Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Jan Skalicky Premiere / DE: 28.10.1973, GH Brendan Behan Richards Korkbein Regie: Hansjörg Utzerath Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 19.11.1973, KH

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John Webster Die Herzogin von Malfi Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Michel Raffaëlli Premiere / DE: 1.12.1973, GH Gotthold Ephraim Lessing Emilia Galotti Regie: Dieter Munck Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 22.12.1973, GH Georges Feydeau Einer muss der Dumme sein Regie: Hartmut Alberts Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 2.1.1974, KH August Strindberg Der Scheiterhaufen Regie: Gerd-Theo Umberg Bühne / Kostüm: Rolf Doerr Premiere: 12.1.1974, KH Pavel Kohout August August, August Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 28.1.1974, GH Georg Büchner Woyzeck Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Ilona Freyer Premiere: 16.2.1974, GH William Congreve Liebe für Liebe Regie: Ulrich Brecht, Otto Schnelling Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 23.3.1974, GH David Mercer Nach Haggerty Regie: Dieter Munck Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 31.3.1974, KH

Volker Ludwig, Uli Gressieker, Reiner Lücker Doof bleibt doof Regie: Serge Roon Bühne / Kostüm: Stelios Vasikaridis Premiere: 2.5.1974, KH

Ludwig Thoma Moral Regie: Otto Schnelling Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 2.11.1974, GH

Carl Sternheim Die Hose Regie: Hans Korte Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 12.4.1975, GH

Nikolai Gogol Der Revisor Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 18.5.1974, GH

Sophokles Elektra Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 1.12.1974, GH

Maxim Gorki Kleinbürger Regie: Günter Fischer Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 19.4.1975, KH

Johann Nestroy Der Talisman Regie: Dieter Munck Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 15.6.1974, GH

Lodewijk de Boer The Family III Regie: Lodewijk de Boer Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere / DE: 15.12.1974, KH

Herwig Seeböck, Heribert Sasse Die große Knast-Elegie Regie: Hasso Degner Bühne / Kostüm: Rolf Doerr Premiere / DE: 25.4.1975, KH

1974/75

Jean-Claude Grumberg Dreyfus Regie: Ulrich Brecht Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 21.12.1974, GH

Gerhart Hauptmann Die Weber Regie: Hansjörg Utzerath Bühne / Kostüm: Karl Kneidl Premiere: 21.9.1974, GH Lodewijk de Boer The Family I Regie: Lodewijk de Boer Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere / DE: 22.9.1974, KH Henrik Ibsen Hedda Gabler Regie: Günter Fischer Bühne: Rolf Doerr Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 28.9.1974, KH Peter Shaffer Equus Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 29.9.1974, GH

Friedrich Schiller Die Räuber Regie: Bernd Fischerauer Bühne / Kostüm: Christian Schieckel Premiere: 20.4.1974, GH

Sara Lidman, Fred Hjelm Die wilden Schwäne Regie: Carsten Bodinus Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere / DE: 6.10.1974, GH

Peter Handke Die Unvernünftigen sterben aus Regie: Günter Fischer Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere / DE: 26.4.1974, KH

Lodewijk de Boer The Family II Regie: Lodewijk de Boer Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere / DE: 27.10.1974, KH

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Sławomir Mrożek Eine wundersame Nacht /  Auf hoher See Regie: Dieter Munck Bühne / Kostüm: Stelios Vasikaridis Premiere: 5.1.1975, KH Bertolt Brecht Trommeln in der Nacht Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Ilona Freyer Premiere: 19.1.1975, GH Lodewijk de Boer The Family IV Regie: Lodewijk de Boer Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere / DE: 9.2.1975, KH Joseph Kesselring Arsen und Spitzenhäubchen Regie: Kai Braak Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 8.3.1975, KH Bertolt Brecht, Kurt Weill Die Dreigroschenoper Regie: Hansjörg Utzerath Bühne / Kostüm: Karl Kneidl Premiere: 15.3.1975, GH Ödön von Horváth Zur schönen Aussicht Regie: Serge Roon Bühne: Rolf Doerr Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 16.3.1975, KH

Reginald Rose, Horst Budjuhn Die zwölf Geschworenen Regie: Dieter Munck Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 11.5.1975, KH William Shakespeare Othello Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 17.5.1975, GH Isaak Babel Marija Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Karl Kneidl Premiere: 15.6.1975, GH Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise Regie: Ulrich Brecht Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 13.7.1975, GH

1975/76 Christian Dietrich Grabbe Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 13.9.1975, GH Sean O’Casey Der Schatten eines Rebellen Regie: Günter Fischer Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 14.9.1975, KH


Robert Patrick Kennedys Kinder Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 25.9.1975, KH Luigi Pirandello Heinrich der Vierte Regie: Günter Fischer Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách, Jannis Kourkoutakis, Monika Zeller-Schömig Premiere: 18.10.1975, GH Edward Albee Wer hat Angst vor Virginia Woolf? Regie: Dieter Munck Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 25.10.1975, KH Bertolt Brecht Furcht und Elend des Dritten Reiches Regie: Heinz Engels Bühne / Kostüm: Rolf Doerr Premiere: 8.11.1975, KH Leo Tolstoi Die Macht der Finsternis Regie: Hansjörg Utzerath Bühne / Kostüm: Ilona Freyer Premiere: 15.11.1975, GH Athol Fugard Aussagen nach einer Verhaftung auf Grund des Gesetzes gegen Unsittlichkeit Regie: Ulrich Brecht Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere / DE: 30.11.1975, KH William Shakespeare Romeo und Julia Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách, Rolf Doerr Premiere: 20.12.1975, GH Johann Friedrich von Cronegk Der Mißtrauische Regie: Dieter Munck Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 16.1.1976, KH

Heinrich von Kleist Amphitryon Regie: Heinrich Koch Bühne / Kostüm: Ekkehard Grübler Premiere: 21.2.1976, GH John Wiles Blut und Rosen Regie: John Wiles Bühne / Kostüm: Claudia Keller, Lit Fischer Premiere / DE: 13.3.1976, KH Jerzy Pomianowski Benja der König Regie: Heinz Engels Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere / UA: 20.3.1976, GH

Franz Xaver Kroetz Herzliche Grüße aus Grado / Männersache Regie: Rolf Stahl Bühne: Wolfgang Mai Kostüm: Franziska Loring Premiere / UA: 19.9.1976, KH

Anonymus (17. Jahrhundert) Der bestrafte Brudermord oder Prinz Hamlet aus Dänemark Regie: Karl Kneidl Bühne: Christian Göbl Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 12.2.1977, KH

Gerhart Hauptmann Die Ratten Regie: Hansjörg Utzerath Bühne / Kostüm: Karl Kneidl Premiere / UA: 22.9.1976, GH

Carl Sternheim Der Snob Regie: Jochen Neuhaus Bühne: A. Christian Steiof Kostüm: Barbara Buri Premiere: 5.3.1977, GH

Gerlind Reinshagen Sonntagskinder Regie: Michael Gruner Bühne / Kostüm: Jörg Weißenow Premiere: 30.9.1976, KH

Aristophanes Der Reichtum Regie: Kai Braak Bühne / Kostüm: Michel Raffaëlli Premiere: 3.4.1976, KH

Samuel Beckett Tritte / Damals Regie: Peter Löscher Bühne / Kostüm: Erich Wonder Premiere: 5.10.1976, KH

George Bernard Shaw Candida Regie: Carsten Bodinus Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 17.4.1976, GH

Franz Kafka Der Prozeß Regie / Bühne / Kostüm: Steven Berkoff Premiere: 9.10.1976, GH

James Saunders Die Leiden des Sancho Pansa Regie: Serge Roon Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 4.5.1976, KH William Shakespeare Was ihr wollt oder Der Dreikönigstag Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Rolf Doerr Premiere: 29.5.1976, GH Henrik Ibsen Gespenster Regie: Günter Fischer Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 5.6.1976, KH

1976/77

Sean O’Casey Rote Rosen für mich Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Ilona Freyer Premiere: 24.1.1976, GH

Ferdinand Bruckner Krankheit der Jugend Regie: Peter Löscher Bühne: A. Christian Steiof Kostüm: Lioba MatouschekWinterhalder Premiere: 16.9.1976, KH

Johann Wolfgang Goethe Stella Regie: Carsten Bodinus Bühne: Jannis Kourkoutakis Kostüm: Monika Zeller-Schömig Premiere: 14.2.1976, KH

Anton Tschechow Der Kirschgarten Regie: Otomar Krejča Bühne: Thomas Richter-Forgách Kostüm: Wilhelmine Bauer Premiere: 18.9.1976, GH

Ingo Waßerka, Eberhard Kloke Jack the Ripper & Co. KG Regie: Ingo Waßerka Bühne / Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 15.10.1976, KH Arthur Schnitzler Liebelei Regie: Jochen Neuhaus Bühne: Hans Kleber Kostüm: Barbara Buri Premiere: 26.11.1976, GH Bertolt Brecht, Kurt Weill Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny Regie: Hansjörg Utzerath Bühne: A. Christian Steiof Kostüm: Wilhelmine Bauer Premiere: 12.12.1976, KH Walter Hasenclever Ein besserer Herr Regie: Rolf Stahl Bühne: Herbert F. Kapplmüller Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 30.12.1976, GH Friedrich Hebbel Maria Magdalena Regie: Michael Haneke Bühne: A. Christian Steiof Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 8.1.1977, GH

August Stramm Kräfte Regie: Jens Weisser Bühne: Bert Schweiz Kostüm: Ensemble Premiere: 10.3.1977, KH Bertolt Brecht Die Kleinbürgerhochzeit Regie: Michael Gruner Bühne / Kostüm: Wilhelmine Bauer Premiere: 26.3.1977, KH August Strindberg Der Vater Regie: Michael Haneke Bühne: Mechthild Schwienhorst, Michael Haneke Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 23.4.1977, GH William Shakespeare Hamlet Regie: Otomar Krejča Bühne: Thomas Richter-Forgách Kostüm: Jan Skalicky Premiere: 30.4.1977, GH Henrik Ibsen Ein Puppenheim (Nora) Regie: Peter Beauvais Bühne: Jan Schlubach Kostüm: Wilhelmine Bauer Premiere: 21.5.1977, GH Molière George Dandin Regie: Philippe Adrien Bühne / Kostüm: Gérard Didier Premiere: 26.5.1977, KH Maxim Gorki Wassa Schelesnowa Regie: Rolf Stahl Bühne: Wolfgang Mai Kostüm: Franziska Loring Premiere: 12.6.1977, GH

Junges Schauspiel Rolf Borosch, Erich Michalka, Friedrich Schirmer Ich bin der kleine Däumling Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel Premiere: 29.9.1976, Werner-vonSiemens-Realschule

363


Heinz Werner Kraehkamp, Hermann Treusch Clown in der Klemme Regie: Günter Titt Bühne / Kostüm: Günter Titt, Mechthild Schwienhorst Premiere: 17.10.1976, KH Werner Baer Fridolin und Kater Mau Regie: Frank Hellmund Bühne: Christof Heyduck Kostüm: Jörg Weißenow, Peter Janssens Premiere: 12.11.1976, GH Barbara Oertel 1. Spielstunde nach Noten: Tiere aus Noten Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel Musik: Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“ Premiere: 4.12.1976, Kongresszentrum Neue Messe Barbara Oertel Träumemacher I Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel Mitspielaktion Premiere: 20.1.1977, mobil Barbara Oertel Schneewittchen lässt sich scheiden Regie: Barbara Oertel Mitspielaktion Premiere: 25.1.1977, Kongresszentrum Neue Messe Peter Welk Affe im Haus Regie: René Geiger Bühne / Kostüm: Helga Birkmann Premiere: 15.4.1977, KH

1977/78 Hans Müller-Schlösser Schneider Wibbel Regie: Joachim Preen Bühne / Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 17.9.1977, GH Hans Henny Jahnn Thomas Chatterton Regie / Bühne: Michael Gruner Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 18.9.1977, KH Harold Pinter Alte Zeiten Regie: Jochen Neuhaus Bühne: A. Christian Steiof Kostüm: Barbara Buri Premiere: 21.9.1977, KH

364

Simon Gray Butley Regie: Joachim Preen Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 24.9.1977, GH Anton Tschechow Platonow Regie: Otomar Krejča Bühne: Vladimír Synek Kostüm: Jan Skalicky Premiere: 8.10.1977, GH Karl Valentin Das Leben ist wie eine Lawine, einmal rauf und einmal runter Regie: Rolf Stahl Bühne / Kostüm: Jörg Weißenow Premiere: 15.10.1977, KH Ben Jonson, Peter Barnes Der Teufel ist ein Esel Regie: Geoffrey Reeves Bühne: John Gunter Kostüm: Priscilla Truett Premiere: 5.12.1977, GH Frank Wedekind Der Kammersänger Regie: Karl Heinz Stroux Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 8.12.1977, KH Arthur Schnitzler Große Szene Regie: Karl Heinz Stroux Bühne / Kostüm: Pit Fischer Premiere: 8.12.1977, KH Friedrich Schiller Kabale und Liebe Regie: Roland Schäfer Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 11.12.1977, GH Jean-Paul Sartre Die schmutzigen Hände Regie: Wolfgang Quetes Bühne / Kostüm: Ernst Wiener Premiere: 17.12.1977, KH Barrie Keeffe Gimme Shelter – Helden ohne Hoffnung Regie: Paris Kosmidis Bühne / Kostüm: Wilhelmine Bauer Premiere / DE: 21.1.1978, KH Johann Nestroy Einen Jux will er sich machen Regie: Joachim Preen Bühne: Pit Fischer Kostüm: Lioba Winterhalder Premiere: 4.2.1978, GH

Bettina Falckenberg Das Band der Liebe Regie: Günter Titt Bühne / Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere / UA: 11.2.1978, KH Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Auf dem Chimborazo Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Ernst Wiener Premiere: 1.3.1978, KH Alexandre Dumas Die Kameliendame Regie: Werner Düggelin Bühne: Wolfgang Mai Kostüm: Franziska Loring Premiere: 19.3.1978, GH William Shakespeare Maß für Maß Regie: Otomar Krejča Bühne: Dagmar und Pavel Brom, Hannah Feldhammer Kostüm: Jan Skalicky Premiere: 8.4.1978, GH Samuel Beckett Warten auf Godot Regie / Bühne / Kostüm: Peter Löscher Premiere: 22.4.1978, KH Ödön von Horváth Der jüngste Tag Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 7.5.1978, GH Charles Dyer Unter der Treppe Regie: Heinz Engels Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 3.6.1978, KH Federico García Lorca Bernarda Albas Haus Regie: Valentin Jeker Bühne / Kostüm: Bernd Holzapfel Premiere: 10.6.1978, GH

Junges Schauspiel Barbara Oertel, Ute Behrens, Ludwig Hansmann, Herman van Ulzen Tat(w)ort Regie / Bühne / Kostüm: Ensemble, Herman van Ulzen Premiere: 22.9.1977, Freizeitstätte Garath, später KH

Barbara Oertel 2. Spielstunde nach Noten: Peter Tschaikowskys Nussknacker erzählt … Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel Musik: Peter Tschaikowsky Mitspielaktion Premiere: 1.12.1977, Kongresszentrum Neue Messe Fritz Hellmann nach Hans Christian Andersen Des Kaisers neue Kleider Regie: Wolfgang Müller Bühne / Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 18.12.1977, GH Ute Behrens, Ludwig Hansmann Hinkebein Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel Premiere / UA: 9.4.1978, KH

1978/79 Horst Laube Der erste Tag des Friedens Regie: Hans-Dieter Jendreyko Bühne / Kostüm: Erich Offermann Premiere / UA: 9.9.1978, KH Thomas Bernhard Immanuel Kant Regie: Volker Hesse Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Priscilla Truett Premiere: 10.9.1978, GH Albert Camus Die Gerechten Regie: Joachim Preen Bühne: Bert Kistner Kostüm: Gabriele Frey Premiere: 17.9.1978, GH Franz Xaver Kroetz Mensch Meier Regie: Rolf Stahl Bühne / Kostüm: Heinz Hauser Premiere / DE: 23.9.1978, KH Molière Don Juan oder Das steinerne Mahl Regie: Philippe Adrien Bühne: Anne und Patrick Poirier Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 4.10.1978, GH Eugène Ionesco Die Stühle Regie: Knut Koch Bühne / Kostüm: Walter Schwab Premiere: 20.10.1978, KH


Arthur Schnitzler

Das weite Land

Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 4.11.1978, GH Jean Anouilh Das Orchester Regie: Veronika Bayer Bühne / Kostüm: Walter Schwab Premiere: 2.12.1978, KH Carl Treumann nach Meilhac und Halévy Pariser Leben Regie: Horst Zankl Bühne: Hans Kleber Kostüm: Frida Parmeggiani Premiere: 16.12.1978, GH Friedrich Schiller Die Räuber Regie: Peter Löscher Bühne: A. Christian Steiof Kostüm: Ilse Welter Premiere: 17.12.1978, Alte Messe Friedrich Dürrenmatt Die Physiker Regie: Hans Dieter Schwarze Bühne / Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere: 3.2.1979, GH Barrie Keeffe Barbaren Regie: Paris Kosmidis Bühne / Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere / DE: 4.2.1979, KH Erich Wonder nach Heiner Müller Rosebud Regie / Bühne / Kostüm: Erich Wonder Premiere / UA: 3.3.1979, KH Heinrich von Kleist Das Käthchen von Heilbronn Regie: Johannes Schaaf Bühne: Erich Wonder Kostüm: Maren Christensen Premiere: 10.3.1979, GH Volkslieder, Sagen und Märchen Drei Zigeuner fand ich einmal Regie: Christoph Hofrichter Bühne: Mechthild Schwienhorst Premiere: 30.3.1979, KH Anton Tschechow Die Möwe Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 6.4.1979, GH

Johann Nestroy Frühere Verhältnisse Regie: Ruth Drexel Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 14.4.1979, KH Karl Valentin Der Firmling Regie: Ruth Drexel Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 14.4.1979, KH Alexander Ostrowski Verrücktes Geld Regie: Robert Sturua Bühne / Kostüm: Georgi Alexi-Meschischwili Premiere: 28.4.1979, GH William Shakespeare König Lear Regie: Erik Vos Bühne / Kostüm: Niels Hamel Premiere: 27.5.1979, GH Ensemble Mit tränenüberströmtem Gesicht Regie / Bühne / Kostüm: Ensemble Premiere: 13.6.1979, Alte Messe

Junges Schauspiel Ensemble Nicht nur Gespenster sind gespenstisch Regie: René Geiger Bühne / Kostüm: Hannah Feldhammer, Janos Kereszty Premiere: 28.9.1978, Zelt auf dem Gustaf-Gründgens-Platz Barbara Oertel-Burduli, Mitarbeit: Alexi Burduli Pantela Ein musikalisches Märchen Regie: Barbara Oertel-B urduli Bühne / Kostüm: Hannah Feldhammer Musik: Andrea Balandschiwadse Premiere / UA: 19.10.1978, GH Ellis Kaut Meister Eder und sein Pumuckl Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Stefan Dan Sloboda Premiere: 18.2.1979, KH

1979/80 John Osborne Blick zurück im Zorn Regie: Werner R. Schnitzer Bühne / Kostüm: Heinz Hauser Premiere: 1.9.1979, KH

Euripides Der Zyklop Regie: Roberto Ciulli Bühne / Kostüm: Gralf-Edzard Habben Premiere: 7.9.1979, Alte Messe Molière Tartuffe Regie: Volker Hesse Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Florica Malureanu Premiere: 8.9.1979, GH Reinhard Baumgart Jettchen Geberts Geschichte Regie: Peter Borchardt Bühne: Burkhard Manger Kostüm: Renate Schmitzer Premiere: 15.9.1979, GH Frances Goodrich, Albert Hackett Das Tagebuch der Anne Frank Regie: Heinz Engels Bühne / Kostüm: Thomas Richter-Forgách Premiere: 16.9.1979, KH Heinrich von Kleist Der zerbrochne Krug Regie: Harald Clemen Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Ilse Welter Premiere: 28.10.1979, GH Kazimierz Moczarski, Dieter Kühn Gespräche mit dem Henker Regie: Michael Degen Bühne / Kostüm: Mechthild Schwienhorst Premiere / DE: 1.11.1979, KH Else Lasker-Schüler IchundIch Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere / UA: 10.11.1979, GH Es waren einmal … Regie: Karlheinz Böhm Bühne / Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 18.11.1979, KH Euripides Alkestis Regie: Roberto Ciulli Bühne / Kostüm: Gralf-Edzard Habben Premiere: 24.11.1979, KH Henrik Ibsen Baumeister Solness Regie: Peter Beauvais Bühne: Jan Schlubach Kostüm: Ute Burgmann-Reuter Premiere: 15.12.1979, GH

Urs Widmer Stan und Ollie in Deutschland Regie: Heinz Engels Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Ilse Welter Premiere: 9.2.1980, KH Friedrich Schiller Maria Stuart Regie: Ulrich Heising Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Peter Pabst Premiere: 22.2.1980, GH Ödön von Horváth Und die Liebe höret nimmer auf … Regie: Roberto Ciulli Bühne: Gralf-Edzard Habben Kostüm: Klaus Arzberger, Franz Lehr Premiere: 7.3.1980, Alte Messe James Joyce Verbannte Regie: Hans-Dieter Jendreyko Bühne: Jörg Frank Kostüm: Ilse Welter Premiere: 14.3.1980, KH Roberto Ciulli, Helmut Schäfer nach Boccaccio Das Dekameron Regie: Roberto Ciulli Bühne: Gralf-Edzard Habben Kostüm: Klaus Arzberger Premiere / UA: 27.3.1980, GH Heinar Kipphardt In der Sache J. Robert Oppenheimer Regie: Heinz Engels Bühne: Uwe Oelkers Premiere: 19.4.1980, GH Heinrich Lautensack Hahnenkampf Regie: Ruth Drexel Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 10.5.1980, KH Carlo Goldoni Der Diener zweier Herren Regie: Peter Siefert Bühne / Kostüm: Gralf-Edzard Habben Premiere: 1.6.1980, GH

Junges Schauspiel nach Klaus Emmerich, Ingrid Hessedenz Papa, Charly hat gesagt … Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 7.9.1979, Theaterspielplatz Münsterstraße / mobil

Georges Feydeau Ein Klotz am Bein Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Walter Schwab Premiere: 19.1.1980, GH

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Volker Ludwig Max und Milli Regie / Bühne / Kostüm: Peter Enke Premiere: 27.9.1979, Freizeitstätte Garath / mobil Paco Gonzalez, Willi Thomczyk Rotkäppchen. Clowneske Spielereien mit Märchen Regie: Paco Gonzalez, Willi Thomczyk Premiere: 1.12.1979, KH Jewgeni Schwarz Die verzauberten Brüder Regie: Peter Gruber Bühne / Kostüm: Christof Heyduck, Ursula Haenisch-Schulz Premiere: 24.2.1980, KH

1980/81 Jörg Graser Witwenverbrennung Regie: Volker Hesse Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere / UA: 6.9.1980, KH William Shakespeare Wie es euch gefällt Regie: Robert Sturua Bühne / Kostüm: Georgi Alexi-Meschischwili Premiere: 13.9.1980, GH Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Die Villa Regie: Jaroslav Chundela Bühne: Helmut Stürmer Kostüm: Lioba Winterhalder Premiere / UA: 20.9.1980, KH Fritz Kortner Donauwellen Regie: Ulrich Heising Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Veronika Dorn Premiere: 4.10.1980, GH Heinar Kipphardt März, ein Künstlerleben Regie: Roberto Ciulli Bühne: Gralf-Edzard Habben Kostüm: Klaus Arzberger Premiere / UA: 16.10.1980, Alte Messe Hans Magnus Enzensberger nach Molière Der Menschenfeind Regie: Michael Degen Bühne / Kostüm: Walter Schwab Premiere: 25.10.1980, GH

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Christoph Hein Lassalle fragt Herrn Herbert nach Sonja. Die Szene ein Salon. Regie: Heinz Engels Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Klaus Arzberger Premiere / UA: 9.11.1980, GH Johann Nestroy Der Zerrissene Regie: Wolfgang Reinbacher Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 29.11.1980, GH Gotthold Ephraim Lessing Minna von Barnhelm Regie: Volker Hesse Bühne: Lioba Winterhalder Kostüm: Klaus Arzberger Premiere: 20.12.1980, GH Gerhart Hauptmann Michael Kramer Regie: Peter Beauvais Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Ute Burgmann-Reuter Premiere: 24.1.1981, GH August Strindberg Der Totentanz Regie: Stephan Stroux Bühne / Kostüm: Gunilla Palmstierna-Weiss, Gerhard Thüner Premiere: 25.1.1981, KH John Murrell Memoiren Regie: Ulrich Heising Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Tabea Blumenschein Premiere: 15.2.1981, KH Ödön von Horváth Mord in der Mohrengasse Regie: Hans-Dieter Jendreyko Bühne / Kostüm: Bernd Holzapfel Premiere / DE: 24.2.1981, KH Alexander Ostrowski Talente und Verehrer Regie: Jaroslav Chundela Bühne: Johannes Leiacker Kostüm: Lioba Winterhalder Premiere: 25.2.1981, GH Johann Wolfgang Goethe Die Mitschuldigen Regie: Werner Schnitzer Bühne / Kostüm: Gerhard Thüner Premiere: 22.3.1981, KH Peter Shaffer Amadeus Regie: Heinz Engels Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 28.3.1981, GH

Euripides Medea Regie: Nicolas Brieger Bühne / Kostüm: Susanne Raschig Premiere: 29.3.1981, Alte Messe Woody Allen Gott Regie: Roberto Ciulli Bühne: Gralf-Edzard Habben Kostüm: Klaus Arzberger Premiere / DE: 4.4.1981, KH Rolf Schneider Sommer in Nohant Regie: Karl Heinz Kubik Bühne: Wolf Münzner Kostüm: Lioba Winterhalder Premiere: 8.5.1981, KH William Shakespeare Die Zähmung der Widerspenstigen Regie: Erik Vos Bühne: Tom Schenk Kostüm: Ellen de Zwart, Tom Schenk Premiere: 23.5.1981, GH Franz Xaver Kroetz Nicht Fisch nicht Fleisch Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Gerd Wiener Premiere / UA: 31.5.1981, KH Mark Medoff Gottes vernachlässigte Kinder Regie: Daniel Freudenberger Bühne / Kostüm: David Gropman Premiere / Europäische Erst­auf­führung: 12.6.1981, KH

Junges Schauspiel Paul Maar Kikerikiste Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne: Gerd Thüner Kostüm: Stefan Dan Sloboda, Janos Kereszty Premiere: 24.8.1980, Theaterspielplatz Münsterstraße / mobil Ken Campbell Fazz und Zwoo Regie: Peter Gruber Bühne / Kostüm: Gerhard Thüner Premiere: 16.11.1980, Theaterspielplatz Münsterstraße Peter Nuesch, Barbara Oertel-Burduli Theaterspielplatz-Nachmittag Regie: Peter Nuesch, Barbara Oertel-Burduli Mitspielaktion Premiere: 21.11.1980, Theaterspielplatz Münsterstraße

Barbara Oertel-Burduli Schulstunde nach Noten Regie: Peter Nuesch Bühne / Kostüm: Herbert Heise Premiere: 11.1.1981, Theaterspielplatz Münsterstraße, später KH / mobil Antoine de Saint-Exupéry Der kleine Prinz Regie: Barbara Oertel-Burduli, Peter Nuesch Bühne / Kostüm: Peter Nuesch Premiere: 26.4.1981, Theaterspielplatz Münsterstraße

1981/82 William Shakespeare Der Kaufmann von Venedig Regie: Peter Palitzsch Bühne / Kostüm: Herbert Kapplmüller Premiere: 26.9.1981, GH Botho Strauß Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle Regie: Ulrich Heising Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Tabea Blumenschein Premiere: 27.9.1981, KH Georges Feydeau Monsieur Chasse oder Wie man Hasen jagt Regie: Wolfgang Reinbacher Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 10.10.1981, GH Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Merlin oder Das wüste Land Regie: Jaroslav Chundela Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Lioba Winterhalder Premiere / UA: 24.10.1981, GH Woody Allen Spiel’s nochmal, Sam Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Marietta Eggmann Premiere: 5.12.1981, KH Arthur Miller Tod eines Handlungsreisenden Regie: Rolf Stahl Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Otto Kollross Premiere: 19.12.1981, GH Carlo Goldoni Der Mann von Welt Regie: Hans Peter Fitzi Bühne / Kostüm: Rolf Häusner Premiere / DE: 9.1.1982, KH


Else Lasker-Schüler Die Wupper Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 10.1.1982, GH Eugène Ionesco Die kahle Sängerin Regie: Jossi Wieler Bühne / Kostüm: Günter Walbeck Premiere: 25.2.1982, KH Anton Tschechow Onkel Wanja Regie: Peter Palitzsch Bühne / Kostüm: Herbert Kapplmüller Premiere: 27.2.1982, GH Nancy Ford, Gretchen Cryer Ich steig aus und mach ne eigene Show Regie: Heinz Engels Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 5.3.1982, KH Friedrich Dürrenmatt Der Meteor Regie: Andreas Weißert Bühne / Kostüm: Wolf Münzner Premiere: 27.3.1982, GH Edward Bond Gerettet Regie: Stephan Müller, Ulich Bodamer Bühne: Rolf Häusner Kostüm: Klaus Arzberger Premiere: 28.3.1982, KH Ensemble Ja, i kann mir nit helfen. Texte, Szenen und Lieder über die Liebe Regie / Bühne / Kostüm: Ensemble Premiere: 10.5.1982, KH Rolf Schneider Marienbader Intrigen. Ein Briefwechsel zwischen Maria Szymanowska und Friedrich von Gentz über Goethe Premiere: 12.5.1982, KH Johann Wolfgang Goethe Egmont Regie: Rudolf Noelte Bühne / Kostüm: Walter Dörfler Premiere: 15.5.1982, GH Arthur Schnitzler Reigen Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Marietta Eggmann Premiere: 12.6.1982, GH

Junges Schauspiel Hans Christian Andersen Die Schneekönigin Regie: Elmar Gehlen Bühne: Dieter Stegmann Kostüm: Ulla Röhrs, Niels Frédéric Hoffmann Premiere: 6.11.1981, KH Peter Heusch, Manfred Pielmeier Ich heiße Irene Haller – und Du? Regie / Bühne / Kostüm: Peter Heusch Premiere / UA: 13.1.1982, Theaterspielplatz Münsterstraße Christine Nöstlinger Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse Regie: Ralf Nürnberger Bühne / Kostüm: Barbara Rückert Premiere: 9.5.1982, Theaterspielplatz Münsterstraße

1982/83 Pedro Calderón de la Barca Das Leben ein Traum Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 2.9.1982, GH Patrick Süskind Der Kontrabaß Regie: Heinz Engels Bühne / Kostüm: Uwe Oelkers Premiere: 18.9.1982, KH Heiner Müller Die Schlacht Regie: B. K. Tragelehn Bühne / Kostüm: Rosie Krines, Götz Loepelmann, Erika Landertinger Premiere: 25.9.1982, KH Bertolt Brecht Im Dickicht der Städte Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 16.10.1982, GH Henrik Ibsen Die Wildente Regie: Jaroslav Chundela Bühne / Kostüm: Hans-Georg Schäfer Premiere: 31.10.1982, GH Cecil P. Taylor So gut – so schlecht Regie: Thomas Schulte-Michels Bühne / Kostüm: Susanne Thaler Premiere / DE: 12.11.1982, KH

Sam Shepard Goldener Westen Regie: James Lyons Bühne: Stefan Mayer Kostüm: Stephanie Geiger Premiere / DE: 30.11.1982, KH

Oscar Wilde Bunbury oder Die Wichtigkeit, ernst zu sein Regie: B. K. Tragelehn Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 20.4.1983, KH

Johann Wolfgang Goethe Iphigenie auf Tauris Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Marietta Eggmann Premiere: 4.12.1982, GH

Odön von Horváth Figaro läßt sich scheiden Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 23.4.1983, GH

Carl Sternheim Die Kassette Regie: Rolf Stahl Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Otto Kollross Premiere: 18.12.1982, GH Syd Cheatle Im Schoß der Familie Regie: Wolfgang Reinbacher Bühne / Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 11.1.1983, KH Johann Wolfgang Goethe Clavigo Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 15.1.1983, GH Gert Hofmann Der Austritt des Dichters Robert Walser aus dem literarischen Verein Regie: Jaroslav Chundela Bühne / Kostüm: Heinz Hauser Premiere / UA: 29.1.1983, KH Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro Regie: Johannes Schaaf Bühne / Kostüm: Susanne Thaler Premiere: 12.2.1983, GH Frank Wedekind Frühlings Erwachen Regie: Felix Prader Bühne: Manfred Dittrich Kostüm: Karin Seydtle Premiere: 24.3.1983, KH Christopher Hampton Geschichten aus Hollywood Regia: Peter Palitzsch Bühne / Kostüm: Manuel Lütgenhorst Premiere / Europäische Erstaufführung: 26.3.1983, GH

Harold Pinter An anderen Orten Regie: Peter Palitzsch Bühne / Kostüm: Herbert Kapplmüller Premiere / DE: 5.6.1983, KH Friederike Roth Ritt auf die Wartburg Regie: Wolf Seesemann Bühne: Christian Göbl Kostüm: Elfriede Hufnagl, Christian Göbl Premiere: 24.6.1983, KH Molière Der Geizige Regie: Erik Vos Bühne / Kostüm: Tom Schenk Premiere: 25.6.1983, GH

Junges Schauspiel Anita von Ow, Barbara Stauffer, Rita Ziegler, Kristov Brändli, Konrad Schrage Langfinger Regie: Norbert Heckner Bühne / Kostüm: Christian Bernt Premiere: 26.9.1982, Theaterspielplatz Münsterstraße Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler nach den Rheinmärchen von Clemens Brentano Ameley, der Biber und der König auf dem Dach Regie: Peter Gruber Bühne / Kostüm: Christof Heyduck Premiere: 7.11.1982, GH Peter Heusch Antigone – wer ist das? Regie / Bühne: Peter Heusch Kostüm: Barbara Rückert Premiere / UA: 30.1.1983, Theaterspielplatz Münsterstraße Peter Steinbach, Sylvia Ulrich Nürüls Reise ins große Fabrikland Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne: Horst Werner Kostüm: Diana Canetti, Bülent Tarcan Premiere: 13.4.1983, Theaterspielplatz Münsterstraße

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1983/84 Heinrich von Kleist Amphitryon Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Marietta Eggmann, Ernst Wiener Premiere: 17.9.1983, GH Heiner Müller Macbeth nach Shakespeare Regie: B. K. Tragelehn Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 18.9.1983, KH Franz Kafka Die Verwandlung Regie / Bühne / Kostüm: Steven Berkoff Premiere: 24.9.1983, GH Franz und Paul von Schönthan Der Raub der Sabinerinnen Regie: Heinz Engels Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 1.10.1983, GH Bertolt Brecht Das wirkliche Leben des Jakob Geherda Regie: Peter Palitzsch Bühne / Kostüm: Herbert Kapplmüller Premiere / UA: 7.10.1983, KH Jörg Graser Die buckelige Angelika Regie: Johannes Schaaf Bühne / Kostüm: Susanne Thaler Premiere / UA: 8.10.1983, GH Szenen von Bertolt Brecht, Musik: Kurt Weill u. a. Der „Geherda“-Brecht oder „Bei uns gehen eben 13 auf ein Dutzend“ Regie / Bühne / Kostüm: Ensemble Premiere: 15.10.1983, KH Gert Heidenreich Strafmündig Regie: Peter Heusch Bühne / Kostüm: Hans-Georg Schäfer Premiere: 20.10.1983, KH Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Marietta Eggmann, Ernst Wiener Premiere: 26.11.1983, GH Bertolt Brecht Der gute Mensch von Sezuan Regie: Jaroslav Chundela Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Otto Kollross Premiere: 7.12.1983, GH

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Terry Johnson Bedeutende Leute Regie: Arie Zinger Bühne: Rolf Glittenberg Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere / DE: 16.12.1983, KH

Barbara Oertel-Burduli Die Träumemacher – wie der Große und der Kleine Freunde werden Regie: Barbara Oertel-Burduli Premiere / UA: 16.10.1983, Theaterspielplatz Münsterstraße

Erich Wonder, Heiner Goebbels, Wolfram Berger Scratch Musikrauminstallation Premiere / UA: 7.1.1984, KH

Sylvia Ulrich Die Heiligen Drei Könige Regie: Martin Truthmann Bühne / Kostüm: Florin Gabrea Premiere / UA: 23.11.1983, Theaterspielplatz Münsterstraße

Franz Xaver Kroetz Furcht und Hoffnung der BRD Regie: Peter Palitzsch Bühne / Kostüm: Herbert Kapplmüller Premiere / UA: 27.1.1984, KH Woody Allen Die magische Glühlampe Regie: Jaroslav Chundela Bühne / Kostüm: Hans-Georg Schäfer Premiere / DE: 5.2.1984, KH Ralph Benatzky, Hans Müller, Erik Charell Im Weißen Rößl Regie: Rolf Stahl Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Otto Kollross Premiere: 9.2.1984, GH Georg Büchner Leonce und Lena Regie: Herbert König Bühne: Herbert Kapplmüller Kostüm: Herbert Kapplmüller, Herbert König Premiere: 11.2.1984, KH Arthur Schnitzler Der grüne Kakadu Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 4.4.1984, GH Athol Fugard Master Harold … und die Boys Regie: Horst Siede Bühne / Kostüm: Hans-Georg Schäfer Premiere / DE: 7.4.1984, KH Marsha Norman Nacht, Mutter Regie: Peter Heusch Bühne / Kostüm: Maren Christensen Premiere / Europäische Erstaufführung: 27.4.1984, KH

Junges Schauspiel Ken Campbell in einer Bearbeitung von Friedrich Karl Waechter Die Schlündelgründler Regie: Norbert Hackner Bühne / Kostüm: Florin Gabrea Premiere: 25.9.1983, Theaterspielplatz Münsterstraße

Carlo Formigoni nach den Gebrüdern Grimm Schneewittchen Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Günter Walbeck Premiere: 22.1.1984, Theaterspielplatz Münsterstraße Leif Sundberg nach dem Roman von Leif Esper Andersen Ein Fremder. Die Liebesgeschichte von Hanne und Giuseppe Regie / Bühne / Kostüm: Peter Heusch Premiere: 16.3.1984, Theaterspielplatz Münsterstraße Rita Ziegler, Kristof Brändli Philipp Laemmerzahl Regie: Heinz Neumann Premiere: 15.4.1984, Kindergarten der Arbeiterwohlfahrt Grafenberger Allee / mobil

1984/85 Molière Der eingebildete Kranke Regie: Peter Mussbach Bühne: Johannes Schütz Kostüm: Joachim Herzog Premiere: 15.9.1984, GH Phil Young Klare Sicht Regie: Rolf Stahl Bühne / Kostüm: Heiko Zolchow Premiere: 23.9.1984, KH Carlo Goldoni Der Impresario von Smyrna Regie: Herbert König Bühne / Kostüm: Heiko Zolchow Premiere: 30.9.1984, KH David Pownall Meisterklasse Regie: Rolf Stahl Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Otto Kollross Premiere / DE: 10.11.1984, GH

Thomas Hürlimann Stichtag Regie: Thomas Schulte-Michels Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere / UA: 16.11.1984, KH William Shakespeare Ein Sommernachtstraum Regie: Johannes Schaaf Bühne / Kostüm: Heinz Mack Premiere: 24.11.1984, GH Max Frisch Andorra Regie: Peter Heusch Bühne / Kostüm: Hans-Georg Schäfer Premiere: 27.11.1984, KH Botho Strauß Der Park Regie: Volker Hesse Bühne: Heiko Zolchow Kostüm: Otto Kollross Premiere: 15.12.1984, GH Ezra Pound nach Sophokles Die Frauen von Trachis Regie: Herbert König Bühne / Kostüm: Heiko Zolchow Premiere: 12.1.1985, KH Hanoch Levin Jakobi und Leidental Regie / Bühne / Kostüm: David Levine Premiere / DE: 19.1.1985, KH Kurt Tucholsky, Jürgen Fischer, Stefan Wigger „O hochverehrtes Publikum, sag mal: Bist du wirklich dumm?“ Regie: Stefan Wigger Bühne: Günter Hellweg Premiere: 30.1.1985, KH Edward Albee Wer hat Angst vor Virginia Woolf? Regie: Thomas Schulte-Michels Bühne / Kostüm: Susanne Thaler Premiere: 3.2.1985, GH Ida Fink Eine Spanne Zeit Regie: Ensemble Bühne: Beate Hartmann Premiere: 3.3.1985, KH Tennessee Williams Nicht für die Ewigkeit gebaut Regie: Rolf Stahl Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Otto Kollross Premiere / DE: 24.3.1985, KH Henrik Ibsen Peer Gynt Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Gabriele Sterz Premiere: 30.3.1985, GH


Eduardo De Filippo Innere Stimmen Regie: Erik Vos Bühne: Peter Schulz Kostüm: Otto Kollross Premiere: 4.4.1985, GH Friedrich Schiller Don Karlos Regie: Horst Schönemann Bühne: Heinz Hauser, Horst Schönemann Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 28.4.1985, GH August Strindberg Fräulein Julie Regie: Thomas Schulte-Michels Bühne / Kostüm: Susanne Thaler Premiere: 4.5.1985, KH David Mamet Hanglage Meerblick Regie: Peter Palitzsch Bühne / Kostüm: Manuel Lütgenhorst, Barbara Rückert Premiere / DE: 11.5.1985, KH Christoph Hein nach Lu Xun Die wahre Geschichte des Ah Q Regie: Herbert König Bühne / Kostüm: Heiko Zolchow Premiere: 15.6.1985, KH Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Heinrich oder Die Schmerzen der Phantasie Regie: Volker Hesse Bühne: Haitger M. Böken Kostüm: Otto Kollross Premiere / UA: 16.6.1985, GH

Dario Fo Dädalus und Ikarus Regie: Marcus Lachmann Premiere: 15.5.1985, Ursuli­nenGymnasium / mobil

Joshua Sobol Weiningers Nacht Regie: Jean-Claude Kuner Bühne / Kostüm: Susanne Thaler Premiere / DE: 6.12.1985, KH

Tomas von Brömssen, Lars-Eric Brossner Die Geschichte vom Onkelchen Regie / Bühne / Kostüm: Marcus Lachmann Musik: Heinz-Otto Behr Premiere / DE: 25.5.1986, Theaterspielplatz Münsterstraße

Joshua Sobol Ghetto Regie: David Levine Bühne: Adrian Vaux Kostüm: Edna Sobol Premiere: 7.12.1985, GH

1985/86 Ödön von Horváth Geschichten aus dem Wiener Wald Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 7.9.1985, GH Caryl Churchill Fenn Regie: Kitty Buchhammer Bühne: Annie Smart Kostüm: Günter Hellweg Premiere / DE: 8.9.1985, KH Henrik Ibsen Wenn wir Toten erwachen Regie: Herbert König Bühme / Kostüm: Heiko Zolchow Premiere: 22.9.1985, KH

Junges Schauspiel

Arthur Schnitzler Professor Bernhardi Regie: Volker Hesse Bühne / Köstum: Susanne Thaler Premiere: 28.9.1985, GH

Michael Ende in einer Bearbeitung von Peter Heusch Momo Regie: Peter Heusch Bühne / Kostüm: Barbara Nestler Premiere: 29.9.1984, Theaterspielplatz Münsterstraße

Arthur Kopit Das Ende der Welt mit anschließender Diskussion Regie: Peter Palitzsch Bühne / Kostüm: Peter Schulz Premiere / WE (Westdeutsche Erstaufführung): 1.11.1985, GH

Fitzgerald Kusz Burning Love Regie: Norbert Heckner Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 31.3.1985, Theaterspielplatz Münsterstraße

Georg Büchner Woyzeck Regie: Herbert König Bühne / Kostüm: Heiko Zolchow Premiere: 20.11.1985, GH

Dario Fo Die Tigergeschichte Regie: Eva Kuttner Premiere: 16.4.1985, Münsterstraße und Spektakulum Benrath / mobil

Harvey Fierstein Einesteils und andrerseits und außerdem Regie: Rolf Stahl Bühne: Günter Hellweg Kostüm: Otto Kollross Premiere / DE: 24.11.1985, KH

Bertolt Brecht, Kurt Weill, Erik Chanell, Ralph Benatzky u. a. Ja, die Zeit ändert viel. Ein heiterer und musikalischer Reigen aus 10 Spielzeiten Regie: Rolf Stahl, Oliver Keymis Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 31.12.1985, GH Shelagh Delaney Bitterer Honig Regie: Fritz Groß Bühne / Kostüm: Hans-Georg Schäfer Premiere: 26.1.1986, KH Gesang zwischen den Stühlen Regie: Rolf Stahl Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 5.2.1986, KH William Shakespeare Hamlet Regie: Michael Gruner Bühne: Uwe Oelkers Kostüm: Astrid Kirsten Premiere: 1.3.1986, GH Michael Frayn Der nackte Wahnsinn Regie: Volker Hesse Bühne: Andrea Schmidt-Futterer Kostüm: Otto Kollross Premiere: 8.3.1986, GH Käthe Kratz Blut Regie: Ruth Drexel Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Jürgen Reiser Premiere / DE: 9.3.1986, KH Sławomir Mrożek Tango Regie: Thomas Schulte-Michels Bühne / Kostüm: Wolf Münzner Premiere: 16.3.1986, GH Fritz von Herzmanovsky-Orlando Prinz Hamlet der Osterhase oder „Selawie“ oder Baby Wallenstein Regie: Rolf Stahl Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Otto Kollross Premiere / DE: 28.5.1986, GH

Junges Schauspiel Peter Heusch Robin Hood auf dem Baum Regie: Peter Heusch Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere / UA: 22.9.1985, Theaterspielplatz Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli nach Hans Christian Andersen Däumelinchen Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Günter Walbeck Premiere / UA: 24.11.1985, Theaterspielplatz Münsterstraße Friedrich Karl Waechter Schule mit Clowns Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 4.5.1986, Theaterspielplatz Münsterstraße

1986/87 Henrik Ibsen Nora Regie: Klaus Weise Bühne: Manfred Blößer Kostüm: Gudrun Zöllner Premiere: 27.9.1986, KH Peter Barnes Die roten Nasen Regie: Horst Zankl Bühne: Regine Freise Kostüm: Dorothea Katzer Premiere / DE: 5.10.1986, GH Harald Mueller Totenfloß Regie: Michael Braun Bühne / Kostüm: Rosemarie Krines Premiere / UA: 16.10.1986, KH Aischylos Die Perser Regie / Bühne: François Michel Pesenti Kostüm: Karin Seydtle Premiere: 17.10.1986, GH Federico García Lorca Doña Rosita bleibt ledig oder Die Sprache der Blumen Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Premiere: 15.11.1986, GH Joe Masteroff, John Kander, Fred Ebb Cabaret Regie: Jérôme Savary Bühne: Michel Lebois Kostüm: Michel Dussarrat Premiere: 6.12.1986, GH

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Gerlind Reinshagen Die Clownin Regie: Ulrich Heising Bühne: Kazuko Watanabe Kostüm: Alberte Barsacq Premiere / UA: 7.12.1986, KH Bertolt Brecht Leben des Galilei Regie: Walter Adler Bühne: Regine Freise Kostüm: Dorothea Katzer Premiere: 21.12.1986, KH Arthur Miller Hexenjagd Regie: Klaus Weise Bühne: Manfred Blößer Kostüm: Dorothea Wimmer Premiere: 19.2.1987, GH Peter Shaffer Komödie im Dunkeln Regie: Walter Adler Bühne: Regine Freise Kostüm: Dorothea Katzer Premiere: 1.3.1987, GH István Eörsi Das Verhör Regie: Friderike Vielstich Bühne: Andrea Kaiser Kostüm: Marlis Zacharias Premiere: 7.3.1987, KH Rainer Werner Fassbinder Katzelmacher Regie: Werner Schroeter, Annette Rosenfeld Bühne: Manfred Dittrich Kostüm: Dorothea Katzer Premiere: 2.5.1987, KH Gotthold Ephraim Lessing Miss Sara Sampson Regie: Hans Hollmann Bühne: Wolfgang Mai Kostüm: Dirk von Bodisco Premiere: 16.5.1987, GH William Shakespeare Was ihr wollt Regie: B. K. Tragelehn Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 16.6.1987, GH Yukio Mishima Der tropische Baum Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Premiere / DE: 20.6.1987, KH Johann Wolfgang Goethe Stella Regie: Wolf-Dietrich Sprenger Bühne / Kostüm: Hans Kleber Premiere: 4.7.1987, KH

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Christian Dietrich Grabbe Don Juan und Faust Regie: Hansgünther Heyme Bühne / Kostüm: Wolf Münzner Premiere: 11.7.1987, GH

Franz Kafka Bericht für eine Akademie Regie: Michael Erdman, Jan E. Krämer Bühne / Kostüm: Beate Hartmann Premiere: 14.10.1987, KH

John Osborne Der Entertainer Regie / Bühne: Fred Berndt Kostüm: Annette Schaad Premiere: 16.4.1988, GH

Junges Schauspiel

Ensemble Der geschlossene Garten Szenen über Aids Regie: Shireen Strooker Bühne: Bram Vermeulen Kostüm: Regine Friese Premiere: 1.11.1987, KH

Horst Laube Der Dauerklavierspieler Regie: Ulrich Heising Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Ursula Renzenbrink Premiere: 17.4.1988, KH

Dario Fo Daedalus und Ikarus Regie: Eva Kuttner Bühne / Kostüm: Ensemble Premiere: 10.10.1986, Münsterstraße / mobil Barbara Oertel-Burduli nach Charles Perraut, Ludwig Tieck und den Gebrüdern Grimm Rotkäppchen Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne: Andreas Bliemel Kostüm: Christine Bliemel Premiere / UA: 16.11.1986, Münsterstraße Thomas Gostischa Die Orgel von Jochens Oma Regie: Eva Kuttner Bühne / Kostüm: Andrea Markhoff Premiere: 22.2.1987, Münsterstraße Carlo Goldoni Neufassung von Roberto Ciulli, Jürgen Fabritius mit Texten von Joachim Ringelnatz, Christian Morgenstern Der Diener zweier Herren Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 26.4.1987, Münsterstraße Zeppo, Zip und Zabaione auf dem Weg nach Corleone Regie / Bühne / Kostüm: Ensemble Premiere: 2.5.1987 Barbara Oertel-Burduli Zirkus Olé Bluff Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel-Burduli Mitspielstück Premiere: 19.5.1987, Münsterstraße

1987/88 Martin Sperr Jagdszenen aus Niederbayern Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 26.9.1987, KH Marcelo Uriona, Werner Schroeter Trauer Sehnsucht Rebellion Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Florian Etti Premiere: 4.10.1987, KH

Franz Molnár Liliom Regie: Klaus Weise Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Dorothea Wimmer Premiere: 7.11.1987, GH Else Lasker-Schüler Von Elberfeld nach Theben Regie / Bühne / Kostüm: Annette Rosenfeld Premiere: 11.11.1987, KH Sean O’Casey Das Ende vom Anfang Regie / Bühne / Kostüm: B. K. Tragelehn Premiere: 29.11.1987, GH Sharman Macdonald Als junges Mädchen hab’ ich ständig geschrien Regie: Peter Kern Bühne: Florian Etti Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere / DE: 14.1.1988, KH Tennessee Williams Endstation Sehnsucht Regie: Wolf-Dietrich Sprenger Bühne / Kostüm: Hans Kleber Premiere: 16.1.1988, GH Oscar Wilde Lady Windermeres Fächer Regie: Horst Schönemann Bühne: Regine Freise Kostüm: Fred Fenner Premiere: 31.1.1988, GH Christoph Quest Zug um Zug Regie: Christoph Quest Bühne / Kostüm: Sandra Meurer Premiere / UA: 3.2.1988, KH Pier Paolo Pasolini Der Schweinestall / Orgie Regie: Walter Adler Bühne: Arno Breuers Kostüm: Dorothea Wimmer Premiere / UA: 20.2.1988, KH Hans Eppendorfer Der Ledermann Regie: Klaus Weise Bühne / Kostüm: Arno Breuers Premiere: 10.3.1988, KH

Molière Don Juan oder Der steinerne Gast Regie: B. K. Tragelehn Bühne: Fred Berndt Kostüm: Ursula Renzenbrink Premiere: 30.4.1988, GH Arthur Schnitzler Liebelei Regie: Friderike Vielstich Bühne: Annette Wolters Kostüm: Marlis Zacharias Premiere: 14.5.1988, KH Maxim Gorki Kinder der Sonne Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Premiere: 21.5.1988, GH Samuel Beckett Das letzte Band Regie: Gabriele Jakobi Bühne: Florian Etti Kostüm: Ursula Renzenbrink Premiere: 24.6.1988, KH Carlo Goldoni Trilogie der Sommerferien Regie: Hans Hollmann Bühne: Hans Hoffer Kostüm: Dirk von Bodisco Premiere: 29.6.1988, GH

Junges Schauspiel Wladimir Shelesnikow Boykott Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 17.10.1987, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli nach Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ Heute, Kinder, wird’s was geben Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Regine Freise Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein Premiere / UA: 22.11.1987, GH


Alfonso Sastre Geschichte von der verlassenen Puppe Regie: Peter Nuesch Bühne / Kostüm: Börries Hahn-Hoffmann Premiere: 21.2.1988, Münsterstraße

Hans Henny Jahnn Medea Regie: Werner Schroeter Bühne: Florian Etti Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 21.1.1989, GH

Peter Sichrovsky Schuldig geboren Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 10.5.1988, Jüdische Gemeinde / mobil

Bernard-Marie Koltès Die Rückkehr in die Wüste Regie: François Michel Pesenti Bühne: Annette Wolters Kostüm: Urte Eicker Premiere: 22.1.1989, KH

1988/89

Jean Genet Der Balkon Regie / Bühne / Kostüm: Axel Manthey Premiere: 10.2.1989, GH

Henrik Ibsen Gespenster Regie: Klaus Weise Bühne: Raimund Bauer Kostüm: Dorothea Wimmer Premiere: 17.9.1988, GH Sam Shepard Lügengespinst Regie: Walter Adler Bühne: Regine Freise Kostüm: Dorothea Katzer Premiere / DE: 18.9.1988, KH Peter Turrini Die Minderleister Regie: Wolf-Dietrich Sprenger Bühne: Martin Kukulies Kostüm: Urte Eicker Premiere / DE: 16.10.1988, GH William Shakespeare Der Sturm Regie: B. K. Tragelehn Bühne: Axel Bäse Kostüm: Waltraud Lindner Premiere: 19.11.1988, GH Clare Boothe Luce Damen der Gesellschaft Regie: Friderike Vielstich Bühne: Siegfried E. Mayer Kostüm: Marlis Zacharias Premiere: 27.11.1988, KH Yasmina Reza Gespräche nach einer Beerdigung Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 11.12.1988, KH Luigi Pirandello Heinrich der Vierte Regie: Herbert König Bühne: Michael Simon Kostüm: Wilhelmine Bauer Premiere: 17.12.1988, GH

Richard Wagner Wagner und ... Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Koproduktion mit den Bochumer Symphonikern Premiere / UA: 22.2.1989, GH Samuel Beckett Warten auf Godot Regie / Bühne: Fred Berndt Kostüm: Annette Schaad Premiere: 12.3.1989, Gustaf-Gründgens-Platz Neil Simon Broadway, wir kommen Regie: Peter Kern Bühne: Florian Etti Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 18.3.1989, GH Anthony Minghella Made in Bangkok Regie: Klaus Weise Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Klaus Maria Wimmer Premiere / DE: 22.4.1989, KH Die Ilias des Homer Regie: Hansgünther Heyme Bühne / Kostüm: Wolf Münzner Koproduktion mit dem Schauspiel Essen Premiere: 29.4.1989, GH James Joyce Penelope Regie: Ulrich Waller Bühne / Kostüm: Gisela Köster Düsseldorfer Premiere: 7.5.1989, KH Boris Vian Schmürz Regie: Gabriele Jakobi Bühne: Florian Etti Kostüm: Ursula Renzenbrink Premiere: 19.5.1989, Malkasten

Heiner Müller Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten Regie: B. K. Tragelehn Bühne: Axel Bäse Kostüm: Gisela Storch Premiere: 3.6.1989, KH Friedrich Hebbel Maria Magdalena Regie: Gabriele Jakobi Bühne: Florian Etti Kostüm: Ursula Renzenbrink Premiere: 18.6.1989, KH

Junges Schauspiel Frances Goodrich, Albert Hackett Das Tagebuch der Anne Frank Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 2.10.1988, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli Morgen kommt dein Prinz Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Regine Freise Premiere / UA: 1.11.1988, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli Die Geschichte vom Jungen, der nicht wusste, was er sich wünschen sollte Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel-Burduli Mitspielstück Premiere: 28.3.1989, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli nach Leo Tolstoi Das Mädchen und die Räuber Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Eva Humburg Premiere / UA: 15.5.1989, Münsterstraße

1989/90 Elias Canetti Hochzeit Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Dirk von Bodisco Premiere: 2.9.1989, KH Ödön von Horváth Sladek oder Die Schwarze Armee Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 3.9.1989, GH Marivaux Unbeständigkeit auf beiden Seiten Regie: Walter Adler Bühne: Regine Freise Kostüm: Fred Fenner Premiere: 23.9.1989, GH

Gerhard Zwerenz Die Rede des Georg Büchner Regie / Bühne / Kostüm: Roswitha Kämper Premiere: 27.9.1989, KH Heiner Müller Der Auftrag. Erinnerung an eine Revolution Regie: Herbert König Bühne: Michael Simon Kostüm: Beatrice von Bomhard Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Premiere: 28.9.1989, GH Heinrich von Kleist Der zerbrochne Krug Regie / Bühne: Fred Berndt Kostüm: Annette Schaad Premiere: 25.10.1989, GH Heinrich von Kleist Penthesilea Regie: Herbert König Bühne: Magdalena Jetelová Kostüm: Eva Dessecker Premiere: 4.11.1989, KH Georg Büchner Dantons Tod Regie: Hans Hollmann Bühne: Hans Hoffer Kostüm: Dirk von Bodisco Premiere: 18.11.1989, GH Herbert Achternbusch An der Donau Regie: Stephan Barbarino Bühne: Werner Stadler Kostüm: Hilde Bauer Premiere: 16.12.1989, KH Georg Seidel Carmen Kittel Regie: Dimiter Gotscheff Bühne / Kostüm: Achim Römer Premiere / DE: 21.1.1990, KH Friedrich Hölderlin Der Tod des Empedokles Regie: Hansgünther Heyme Bühne / Kostüm: WoIf Vostell Koproduktion mit dem Schauspiel Essen Premiere: 1.2.1990, KH Anton Tschechow Der Waldschrat Regie: Wolf-Dietrich Sprenger Bühne: Raimund Bauer Kostüm: Dorothea Wimmer Premiere: 3.2.1990, GH Eric Rohmer Das Trio in Es-Dur Regie: Christoph Quest Bühne: Mitra Nadjmabadi Kostüm: Dirk von Bodisco Premiere: 23.2.1990, KH

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William Shakespeare König Lear Regie: Werner Schroeter Bühne: Florian Etti Kostüm: Lioba Winterhalder Premiere: 25.3.1990, GH Kurt Weill, Bertolt Brecht Die sieben Todsünden Regie: Henning Brockhaus Bühne: Josef Svoboda Kostüm: Hans-Joachim Schlieker Premiere: 12.4.1990, GH Bertolt Brecht Die Kleinbürgerhochzeit Regie: Fred Berndt Bühne: Fred Berndt, Mitra Nadjmabadi Kostüm: Walter Schwab Premiere: 12.4.1990, GH Maxim Gorki Nachtasyl Regie: Herbert König Bühne: Dieter Hacker Kostüm: Susanne Thaler Premiere: 5.5.1990, GH Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Ich, Feuerbach Regie: Walter Adler Kostüm: Fred Fenner Premiere: 10.5.1990, KH Nelson Rodrigues Familienalbum Regie / Bühne: Wilfried Minks Kostüm: Bettina Helmi Premiere / Europäische Erstaufführung: 26.5.1990, GH Ludwig van Beethoven Missa Solemnis Regie / Bühne: Werner Schroeter Kostüm: Werner Schroeter, Andrea Markhoff Koproduktion mit den Bochumer Symphonikern Premiere: 3.6.1990, GH Elfriede Müller Glas Regie / Bühne: Fred Berndt Kostüm: Walter Schwab Premiere / UA: 14.6.1990, KH

Junges Schauspiel Bertolt Brecht Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere / UA: 30.9.1989, Münsterstraße

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Barbara Oertel-Burduli nach Hans Christian Andersens „Däumelinchen“ Komm mit ... nach Blumenstadt Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel-Burduli Mitspielstück Premiere: 3.12.1989, Münsterstraße

Paul Lincke, Heinz Bolten-Baeckers Frau Luna Regie: Peter Kern Bühne: Dieter Flimm Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 26.1.1991, GH

Barbara Oertel-Burduli nach Hans Christian Andersens „Schneekönigin“ Einmal Nordpol hin und zurück Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel-Burduli Mitspielstück Premiere: 7.12.1989, Münsterstraße

Samuel Beckett Atem Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Ensemble Premiere: 4.2.1991, GH

1990/91

Molière Der Geizige Regie / Bühne: Fred Berndt Kostüm: Svetlana Zvetkowa Premiere: 17.3.1991, GH

Bernard-Marie Koltès Roberto Zucco Regie: Herbert König Bühne: Michael Simon Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 21.9.1990, GH

Alexander Galin Sterne am Morgenhimmel Regie: Jan Krämer Bühne: Thomas Dreißigacker Kostüm: Bettina Walter Premiere: 6.4.1991, KH

August Strindberg Ein Traumspiel Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Premiere: 22.9.1990, KH

William Shakespeare Macbeth Regie / Bühne: Herbert König Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 18.5.1991, GH

August Strindberg, Jean Genet Fräulein Julie / Die Zofen Regie / Bühne: Roswitha Kämper Kostüm: Regina Schill Premiere: 13.10.1990, KH Sophokles Antigone Regie: Gabriele Jakobi Bühne: Florian Etti Kostüm: Ursula Renzenbrink Premiere: 14.10.1990, GH Samuel Beckett Glückliche Tage Regie: Herbert König Bühne / Kostüm: Florian Etti Premiere: 3.11.1990, KH Ulrich Plenzdorf Zeit der Wölfe Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 8.12.1990, KH Lillian Hellman Die kleinen Füchse Regie: Walter Adler Bühne: Regine Freise Kostüm: Maria Roers Premiere: 22.12.1990, GH Gotthold Ephraim Lessing Emilia Galotti Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Premiere: 12.1.1991, KH

Joachim Ringelnatz Überall ist Wunderland. Ein literarisch-musikalisches Kabarett Regie: Ensemble Bühne / Kostüm: Jörg Weißenow Premiere: 6.6.1991, KH Botho Strauß Schlußchor Regie / Bühne: Wilfried Minks Kostüm: Dorothea Katzer Premiere: 15.6.1991, GH

Junges Schauspiel Israel Horovitz Der Indianer will zur Bronx Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 23.9.1990, Südpark Barbara Oertel-Burduli Prinzessin Schreihals und Prinz Haarezieper Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Eva Humburg Premiere / UA: 25.11.1990, Südpark

1991/92 Samuel Beckett Endspiel Regie: Herbert König Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 24.9.1991, GH

Bertolt Brecht Mutter Courage und ihre Kinder Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 29.9.1991, GH August Strindberg Totentanz Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Premiere: 13.10.1991, GH Arnold Schönberg Pierrot Lunaire, Op. 21 Richard Wagner Tannhäuser: Ouvertüre und Bacchanal Hector Berlioz Lélio oder Die Rückkehr ins Leben, Op. 14b Regie: Urs Troller Bühne: Regine Freise Kostüm: Dorothea Katzer Koproduktion mit den Bochumer Symphonikern Premiere: 19.10.1991, GH Henrik Ibsen Peer Gynt Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Premiere: 1.11.1991, KH A. R. Gurney Love Letters Einrichtung: Uwe Bautz Premiere: 12.12.1991, KH Klaus Pohl Die schöne Fremde Regie: Dimiter Gotscheff Bühne / Kostüm: Achim Römer Premiere: 11.1.1992, KH Friedrich Schiller Kabale und Liebe Regie: Friderike Vielstich Bühne: Raimund Bauer Kostüm: Reinhard von der Thannen Premiere: 12.1.1992, GH Ödön von Horváth Eine Unbekannte aus der Seine Regie / Bühne: Wilfried Minks Kostüm: Dorothea Katzer Premiere: 8.2.1992, KH Anton Tschechow Platonow Regie: Herbert König Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Martina Büttner Premiere: 15.2.1992, GH Luigi Pirandello Heute wird improvisiert Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Premiere: 21.3.1992, GH


Elfriede Jelinek Clara S. Regie / Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 26.4.1992, KH

Jerome Kilty nach George Bernard Shaw Geliebter Lügner Einrichtung: Joachim Lux Premiere: 27.9.1992, KH

Klaus Pohl Karate-Billi kehrt zurück Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 24.5.1992, KH

Ariel Dorfman Der Tod und das Mädchen Regie: Bruno Klimek Bühne: Thomas Armster Kostüm: Claudia Billourou Premiere: 16.10.1992, GH

George Bernard Shaw Haus Herzenstod Regie / Bühne: Fred Berndt Kostüm: Svetlana Zvetkowa Premiere: 2.7.1992, GH

Junges Schauspiel Chico, Groucho, Harpo Marx Die Marx Brothers Radio Show Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 10.12.1991, Südpark Harald Mueller Ein seltsamer Kampf um die Stadt Samarkand Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 16.2.1992, Südpark

1992/93 Arnold Schönberg Die Jakobsleiter Bernd Alois Zimmermann Ich wandte mich um und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Koproduktion mit den Bochumer Symphonikern Premiere: 18.9.1992, GH Aischylos Prometheus, gefesselt Regie: Herbert König Bühne / Kostüm: Dieter Hacker Premiere: 19.9.1992, KH George Tabori Die 25. Stunde Regie: Karin Beier Bühne: Eva Humburg Kostüm: Maria Roers Premiere / DE: 20.9.1992, Fabrikhalle Lentjeswerke, Hansaallee 305 Aischylos, Sophokles Sieben gegen Theben / Antigone Regie: Rahim Burhan Bühne: Marina Čuturilo Kostüm: Elena Dončeva Koproduktion mit dem Roma-Theater Pralipe und dem Theater an der Ruhr, Mülheim Premiere: 25.9.1992, KH

Carlo Goldoni Das Kaffeehaus Regie: Gábor Zsámbéki Bühne: Csörsz Khell Kostüm: Györgyi Szakács Premiere: 29.10.1992, KH Georg Büchner Leonce und Lena Regie: Dimiter Gotscheff Bühne / Kostüm: Hans-Joachim Schlieker Premiere: 29.11.1992, GH William Shakespeare Ein Sommernachtstraum Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Koproduktion mit dem Theater Pfalzbau, Ludwigshafen Premiere: 19.12.1992, GH Werner Schwab Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos Regie: Detlef AItenbeck Bühne: Lars Peter Kostüm: Barbara Kökenhoff Premiere: 20.12.1992, KH Peter Weiss Die Ermittlung. Regie / Bühne: Herbert König, Simone Kranz Sonderveranstaltung aus Anlass der jüngsten Pogrome Premiere: 9.1.1993, GH Ödön von Horváth Zur schönen Aussicht Regie: Herbert König Bühne: Franz Koppendorfer Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 16.1.1993, GH Maxim Gorki Wassa Schelesnowa Regie / Bühne: Fred Berndt Kostüm: Svetlana Zvetkowa Premiere: 28.2.1993, GH

Eduardo Arroyo Bantam Regie: Herbert König Bühne: Christian Ludwig Attersee Kostüm: Hubertine Roderburg Premiere: 13.3.1993, Kunstsammlung NRW Maxim Gorki Sommergäste Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Premiere: 3.4.1993, KH Bertolt Brecht Herr Puntila und sein Knecht Matti Regie: Hansjörg Utzerath Bühne: Achim Römer Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 4.4.1993, GH Bertolt Brecht Komm, Mädchen, laß dich stopfen Einrichtung: Joachim Lux Premiere: 16.5.1993, KH Jörg Graser Rabenthal Regie: Urs Troller Bühne: Claudia Billourou, Urs Troller Kostüm: Claudia Billourou Premiere: 2.7.1993, KH

Junges Schauspiel Barbara Oertel-Burduli nach den Gebrüdern Grimm Hans im Glück Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Günter Walbeck Premiere / UA: 15.11.1992, Südpark Alan Ayckbourn Callisto 5 Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 24.1.1993, Südpark

Eugene O’Neill Trauer muß Elektra tragen Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Premiere: 25.9.1993, GH William Shakespeare Troilus und Cressida Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Premiere: 20.11.1993, GH Georg Büchner Woyzeck Regie: Dimiter Gotscheff Bühne / Kostüm: Achim Römer Premiere: 21.11.1993, KH Oliver Reese Der Kindermörder Regie: Uwe Hergenröder Bühne / Kostüm: Ulrich Schulz Premiere: 11.12.1993, KH Johann Strauß, Karl Haffner, Richard Genée Die Fledermaus Regie: Michael Wallner Bühne: László Varvasovszky Kostüm: Michaela Mayer Premiere: 18.12.1993, GH Peter Turrini Alpenglühen Regie: Bruno Klimek Bühne: Thomas Armster Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere: 14.1.1994, KH Federico García Lorca Bernarda Albas Haus Regie / Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 4.2.1994, GH

1993/94

Ekaterina Tomowa Die vom Himmel Vergessenen Regie: Dimiter Gotscheff Bühne: Achim Römer Kostüm: Zwetan Dinekov Premiere / UA: 5.2.1994, KH

Georg Kreisler Heute Abend: Lola Blau Regie: Werner Tritzschler Bühne: Pascal Decang Kostüm: Meike Lange Premiere: 10.9.1993, KH

Heinrich von Kleist Amphitryon Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Miruna Boruzescu Premiere: 5.3.1994, KH

William Shakespeare Romeo und Julia Regie: Karin Beier Bühne: Florian Etti Kostüm: Maria Roers Premiere: 12.9.1993, GH

Henrik Ibsen Hedda Gabler Regie: Detlef Altenbeck Bühne: Achim Römer Kostüm: Dorothea Katzer Premiere: 16.4.1994, KH

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Aleksandr Vvedenskij Weihnachten bei Ivanovs Regie: Karin Beier Bühne: Florian Etti Kostüm: Maria Roers Premiere: 7.5.1994, KH

Luigi Pirandello Die Riesen vom Berge Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Premiere: 28.10.1994, GH

Bertolt Brecht Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui Regie: Wolf-Dietrich Sprenger Bühne: Martin Kukulies Kostüm: Ann Poppel Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Premiere: 20.5.1994, GH

Ludwig Fels Die Hochzeit von Sarajewo Regie: Joachim Lux Bühne: Florian Etti Kostüm: Maria Roers Premiere / UA: 1.12.1994, KH

Joshua Sobol Schöner Toni Regie: Bruno Klimek Bühne: Jens Kilian Kostüm: Annelie Büchner Premiere / UA: 12.6.1994, GH

Junges Schauspiel Heinz Werner Kraehkamp, Hermann Treusch Clown in der Klemme Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Eva Humburg Premiere: 2.10.1993, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli nach Hans Christian Andersen Däumelinchen – Raus aus der Blume, rein in die Welt Regie / Bühne / Kostüm: Barbara Oertel-Burduli Mitspielstück Premiere: 5.12.1993, Münsterstraße Jerome Robbins, Arthur Laurents West Side Story Regie: Klaus Kusenberg Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Musik: Leonard Bernstein, Stephen Sondheim Premiere: 23.1.1994, Münsterstraße

1994/95 William Shakespeare Der Kaufmann von Venedig Regie: Karin Beier Bühne: Florian Etti Kostüm: Anna Eiermann Premiere: 24.9.1994, GH Jakob Michael Reinhold Lenz Der neue Menoza Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Premiere: 15.10.1994, KH

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Uwe Bautz, Sabina Dhein, Hansjörg Utzerath Checkpoint Charlie. Eine deutsch-deutsche Revue Regie: Hansjörg Utzerath Bühne: Erwin Bode Kostüm: Ann Poppel Premiere / UA: 22.12.1994, GH Vladimir Sorokin Ein Monat in Dachau Regie: Dimiter Gotscheff Bühne / Kostüm: Achim Römer Premiere / UA: 15.1.1995, Große Probebühne Eduardo De Filippo Samstag, Sonntag, Montag Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Premiere: 21.1.1995, KH Carl Sternheim Der Snob Regie: Michael Wallner Bühne: László Varvasovszky Kostüm: Michaela Mayer Premiere: 28.1.1995, GH Sylvia Plath Ich kann es besonders schön Regie: Barbara Frey Premiere: 17.2.1995, KH Pedro Gavajda Tango. Melancholie der Vorstadt Einrichtung: Pedro Gavajda, Wiltrud Niehl Premiere: 22.3.1995, KH Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Die Schattenlinie Regie: Bruno Klimek Bühne: Jens Kilian Kostüm: Annelie Büchner Premiere: 23.3.1995, GH Anton Tschechow Der Kirschgarten Regie: Dimiter Gotscheff Bühne / Kostüm: Bert Neumann Premiere: 28.4.1995, KH

Anton Tschechow Schwanengesänge Regie: Stefan Moskov Bühne / Kostüm: Zwetan Dinekov Premiere: 29.4.1995, GH

Ryunosuke Akutagawa Rashomon Regie / Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 17.9.1995, KH

Woody Allen September Regie / Kostüm: Annegret Ritzel Bühne: Andreas Reinhardt Premiere / DE: 27.5.1995, KH

William Shakespeare Sommernachtstraum. Ein europäischer Shakespeare Regie: Karin Beier Bühne: Florian Etti Kostüm: Maria Roers Premiere: 31.10.1995, GH

Ödön von Horváth Kasimir und Karoline Regie: Urs Troller Bühne: Michel G. Peter Kostüm: Claudia Billourou Premiere: 12.6.1995, GH Barbara Theobaldt nach Daniel Paul Schreber Irrgarten Regie: Barbara Theobaldt Bühne: Achim Römer Premiere: 1.7.1995, KH

David Mamet Das Kryptogramm Regie: Detlef Altenbeck Bühne / Kostüm: Johann Jörg Premiere: 5.11.1995, KH

Junges Schauspiel

Irmgard Keun Das kunstseidene Mädchen Regie: Tatjana Fernau Bühne: Georgia Zervoulakos de la Forge Kostüm: Elisabeth Strauß Premiere: 16.11.1995, KH

Michael Ende Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch Regie: Steffen Gräbner Bühne / Kostüm: Mitra Nadjmabadi Premiere: 18.9.1994, Münsterstraße

Eugène Ionesco Die Nashörner Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Urte Eicker Premiere: 16.12.1995, KH

Paco Gonzalez, Gustav Gisiger, Micha Vogel Sombrio Regie: Micha Vogel Bühne: Roberto Rosas, Micha Vogel Kostüm: Annette Ruppelt Koproduktion mit dem Schauspielhaus Bochum Premiere: 9.10.1994, Münsterstraße

Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise Regie: Hansjörg Utzerath Bühne: Florian Etti Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 22.12.1995, GH

Barbara Oertel-Burduli Das singende, springende Löweneckerchen Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Eva Humburg Premiere / UA: 27.11.1994, Münsterstraße nach Peter Sichrovsky Hier mal saubermachen! Regie: Roland Hüve Bühne / Kostüm: Dorit Lievenbrück Premiere: 5.3.1995, Münsterstraße

1995/96 Gerhart Hauptmann Die Ratten Regie: Wolf-Dietrich Sprenger Bühne: Achim Römer Kostüm: Erika Landertinger Premiere: 16.9.1995, GH

Eugène Ionesco Die Stühle Regie: Karin Beier Bühne / Kostüm: Achim Römer Premiere: 14.1.1996, GH Heiner Müller Bruchstücke Regie: Dimiter Gotscheff Bühne: Achim Römer Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere: 3.2.1996, KH Chantal Akerman Hall de Nuit (Sophies Nacht) Regie: Karin Bares Bühne: Florian Etti Kostüm: Hildegard Altmeyer und David Scott Milton Duett Regie: Angela Brodauf Bühne: Florian Etti Kostüm: Hildegard Altmeyer Premiere / DE: 9.3.1996, KH


Woody Allen Bullets over Broadway Regie: Sönke Wortmann Bühne: Florian Etti Kostüm: Ursula Welter Premiere / UA: 27.9.1996, GH

Friedrich Schiller Wilhelm Tell Regie: Franz Xaver Kroetz Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Ann Poppel Premiere: 8.3.1997, GH

Barbara Oertel-Burduli nach Hans Christian Andersen Däumelinchen Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Eva Humburg Premiere: 24.11.1996, Münsterstraße

Klaus Pohl Wartesaal Deutschland Stimmenreich Regie: Titus Georgi Bühne / Kostüm: Katja Schröder Premiere: 12.4.1996, KH

Daniel Call Der Teufel kommt aus Düsseldorf Regie: Dietrich Hilsdorf Bühne: Haitger M. Böken Kostüm: Renate Schmitzer Premiere / UA: 29.9.1996, KH

Euripides Die Phönizierinnen Regie: Matthias Merkle Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Sven Bindseil Premiere: 15.3.1997, KH

1997/98

Ramón del Valle-Inclán Worte Gottes Regie: Werner Schroeter Bühne / Kostüm: Alberte Barsacq Premiere: 24.4.1996, GH

Brian Friel Molly Sweeney Regie: Peter Hailer Bühne / Kostüm: Martin Kukulies Premiere: 12.10.1996, KH

Franz Schubert Die Winterreise. Ein Theaterabend Regie / Bühne: Joachim Lux Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere: 5.6.1996, KH

Friedrich Hebbel Judith Regie: Wolfgang Maria Bauer Bühne: Kazuko Watanabe Kostüm: Zwinki Jeanée Premiere: 26.10.1996, GH

William Shakespeare Wie es euch gefällt Regie: Nicolai Sykosch Bühne: Dirk Thiele Kostüm: Klaus Bruns Premiere: 22.3.1997, GH

Blixa Bargeld, F. M. Einheit, Ulrike Haage Heinrich Heine: Von Tod an rückwärts liebeskrank Regie: Wolf Seesemann Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere / UA: 16.3.1996, GH

Junges Schauspiel Friedrich Schiller Die Räuber Regie: Götz Langer Bühne / Kostüm: Eva Humburg Premiere: 24.9.1995, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli Dornröschen und Prinzessin Tinatin oder fremde Freunde im Märchenwald Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Eva Humburg Premiere / UA: 26.11.1995, Münsterstraße Roland Hüve nach dem Volksbuch von 1510 Till Eulenspiegel Regie / Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere: 10.3.1996, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli 2 Feen, 3 Kilo Traumstaub oder das aus-geschlafene Dornröschen Regie: Barbara Oertel-Burduli Mitspielstück Premiere: 2.6.1996, Münsterstraße

1996/97 Frank Wedekind Lulu Regie: Anna Badora Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 20.9.1996, GH Rolf Dieter Brinkmann Der Film in Worten Regie: Thirza Bruncken Bühne / Kostüm: Jens Kilian Premiere / UA: 22.9.1996, KH

Carl Merz, Helmut Qualtinger Der Herr Karl Regie: Axel Stöcker Bühne: Katja Wetzel Kostüm: Uta Meenen Premiere: 2.11.1996, KH Anton Tschechow Ivanov Regie: Anna Badora Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 6.12.1996, GH Janusz Wiśniewski Der Dibbuk Regie / Bühne / Kostüm: Janusz Wiśniewski Premiere / UA: 13.12.1996, KH Falk Richter Kult Regie / Bühne / Kostüm: Falk Richter Premiere: 19.12.1996, KH Franz Xaver Kroetz Der Dichter als Schwein Regie: Thirza Bruncken Bühne / Kostüm: Jens Kilian Premiere / UA: 20.12.1996, GH Volker Kühn Wortschmatz Ein kabarettistischmusikalischer Lyrik-Abend Regie: Volker Kühn Bühne / Kostüm: Katja Wetzel Premiere: 11.1.1997, KH

Nikolai Gogol Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen Leitung: Jörg Pose Premiere: 3.5.1997, KH Heinrich Heine William Ratcliff Regie: Nicolai Sykosch Bühne: Dirk Thiele Kostüm: Klaus Bruns Premiere: 17.5.1997, GH Bertolt Brecht Mann ist Mann Regie: Peter Hailer Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 25.5.1997, KH Sarah Kane Zerbombt Regie: Sewan Latchinian Bühne / Kostüm: Florian Etti Premiere: 13.6.1997, KH Oscar Wilde, Einar Schleef Salome Regie / Bühne / Kostüm: Einar Schleef Premiere: 21.6.1997, GH

Junges Schauspiel Friedrich Schiller Kabale und Liebe Regie: Roland Hüve Bühne / Kostüm: Dorit Lievenbrück Premiere: 8.9.1996, Münsterstraße / Schlossgymnasium Benrath / mobil Barbara Oertel-Burduli Carl und Carline oder Mein Haus ist dein Haus Regie: Roland Hüve Bühne / Kostüm: Dorit Lievenbrück Premiere: 22.9.1996, Münsterstraße / Grundschule Duisburg / mobil

William Shakespeare Der Sturm Regie: Anna Badora Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 21.9.1997, GH Urs Widmer Top Dogs Regie: Peter Hailer Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere: 27.9.1997, KH Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Harrys Kopf Regie / Bühne: Wilfried Minks Kostüm: Alissa Kolbusch Premiere / UA: 17.10.1997, GH Nicky Silver Wahre Liebe & Wilde Triebe Regie: Peter Wittenberg Bühne / Kostüm: Sascha Gross Premiere / DE: 19.10.1997, KH Alexander Ostrowski Tolles Geld Regie: Thirza Bruncken Bühne / Kostüm: Jens Kilian Premiere: 21.11.1997, KH Gotthold Ephraim Lessing Miss Sara Sampson Regie: Nicolai Sykosch Bühne: Dirk Thiele Kostüm: Klaus Bruns Premiere: 14.12.1997, KH Janusz Wiśniewski nach Johann Wolfgang Goethe Faust Regie / Bühne / Kostüm: Janusz Wiśniewski Premiere: 20.12.1997, GH Josef Hader, Alfred Dorfer Indien Regie: Titus Georgi Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Uta Meenen Premiere: 10.1.1998, KH Balladenabend Ewig jung ist nur die Phantasie Leitung: Eva Böttcher, Wolfgang Reinbacher, Titus Georgi Premiere: 22.1.1998, KH

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Molière Tartuffe Regie: Eduard Miler Bühne: Marina Hellmann Kostüm: Leo Kulas Premiere: 24.1.1998, GH Eric Bogosian Notizen aus dem Untergrund Regie: Thomas Huber Bühne / Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere / DE: 6.2.1998, Tiefgarage Michael Roes Madschnun al-Malik. Der Narr des Königs Regie / Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Koproduktion mit Kampnagel Hamburg Premiere / UA: 13.2.1998, KH Wolfgang Bauer Insalata Mista Regie: Matthias Merkle Bühne: Katja Wetzel Kostüm: Sven Bindseil Premiere / DE: 1.4.1998, KH Volker Kühn Bankers Opera Regie: Anna Badora Bühne: Florian Etti Kostüm: Ursula Welter Premiere / UA: 9.4.1998, GH Bertolt Brecht Im Dickicht der Städte Regie / Bühne: Karl Kneidl Kostüm: Ruth Groß Premiere: 30.4.1998, GH Susanne Schneider Wir Verkäufer Regie: Peter Hailer Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere: 6.6.1998, KH Friedrich Schiller Maria Stuart Regie: Dietrich Hilsdorf Bühne: Haitger M. Böken Kostüm: Renate Schmitzer Premiere: 19.6.1998, GH

Junges Schauspiel Antoine de Saint-Exupéry Der kleine Prinz Regie: Roland Hüve Bühne / Kostüm: Dorit Lievenbrück Premiere: 26.9.1997, Münsterstraße

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Barbara Oertel-Burduli Harry Heine oder Der Erfinder der Wasserspritzpistole Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Mitspielstück Premiere / UA: 28.9.1997, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli Lureley Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne / Kostüm: Günter Hellweg Premiere / UA: 30.11.1997, Münsterstraße Bertolt Brecht Baal Regie / Bühne / Kostüm: Roland Hüve Premiere: 8.3.1998, Münsterstraße / mobil Roland Hüve Ich weiß nicht, was soll ich bedeuten … Regie / Bühne / Kostüm: Udo Prucha Premiere / UA: 26.4.1998, Münsterstraße

1998/99 nach Mary Shelley Frankenstein Regie: Thirza Bruncken Bühne / Kostüm: Jens Kilian Premiere / UA: 10.9.1998, GH Robert Coover Eine theologische Stellung Regie: Thirza Bruncken Bühne / Kostüm: Jens Kilian Premiere / DE: 13.9.1998, GH Arnon Grünberg You are also very attractive when you are dead Regie: Brian Michaels Bühne / Kostüm: Gerti Rindler-Schantl Koproduktion mit der Folkwang-Hochschule Essen und dem Studio Yoram Loewenstein, Tel Aviv Premiere / UA: 19.9.1998, KH Theodor Fontane Effi Briest Regie / Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 2.10.1998, KH Johann Wolfgang Goethe Clavigo Regie: Thomas Bischoff Bühne / Kostüm: Uta Kala Premiere: 7.11.1998, GH

Anne Meara After-Play (Nachspiel) Regie: K. D. Schmidt Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Henrike Engel Premiere: 21.11.1998, KH Alan Ayckbourn Schöne Bescherungen Regie: Peter Hailer Bühne: Martin Kukulies Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere: 28.11.1998, GH Stephen Sinclair, Anthony McCarten Ladies Night Regie / Bühne: Klaus Emmerich Kostüm: Bettina Plesser Premiere: 12.12.1998, GH Henrik Ibsen Stützen der Gesellschaft Regie: Arie Zinger Bühne: Florian Etti Kostüm: Beatrice von Bomhard Premiere: 6.2.1999, GH Christoph Hein Bruch Regie: Anna Badora Bühne: Karl Kneidl Kostüm: Ruth Groß Premiere / UA: 27.2.1999, KH Ödön von Horváth Der jüngste Tag Regie: Peter Wittenberg Bühne / Kostüm: Sascha Gross Premiere: 13.3.1999, GH David Harrower Messer in Hennen Regie: Patrick Schlösser Bühne: Jürgen Kirner Kostüm: Uta Meenen Premiere: 25.3.1999, KH Jacques Offenbach, Jérôme Savary, Henri Meilhac, Ludovic Halévy, Gérard Daguerre La Périchole Regie / Bühne: Jérôme Savary Kostüm: Bettina Plesser Premiere: 16.4.1999, GH Peter Handke Die Unvernünftigen sterben aus Regie: Thirza Bruncken Bühne / Kostüm: Jens Kilian Premiere: 21.5.1999, KH Martin McDonagh Der Krüppel von Inishmaan Regie: Sönke Wortmann Bühne: Florian Etti Kostüm: Ursula Welter Premiere: 3.6.1999, GH

Junges Schauspiel Samuel Beckett Endspiel Regie: Roland Hüve Bühne / Kostüm: Gerrit Schulze Uphoff Premiere: 12.9.1998, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli Rotkäppchen Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne: Günter Hellweg Kostüm: Meike Lange Premiere / UA: 22.11.1998, Münsterstraße nach Michael Ende, Bühnenfassung: Vita Huber Momo Regie: Roland Hüve Bühne: Dorit Lievenbrück Kostüm: Marlis Zacharias Premiere: 5.3.1999, Münsterstraße Martin Baltscheit Krach in Alphabetanien – Der König hat Geburtstag Regie / Bühne / Kostüm: Martin Baltscheit In Zusammenarbeit mit dem Literaturbüro NRW und der Clara-SchumannMusikschule Premiere / UA: 11.4.1999, Münsterstraße

1999/2000 Molière Der Menschenfeind Regie: Benjamin Korn Bühne: Roberto Plate Kostüm: Françoise Tournafond Premiere: 17.9.1999, GH Frank Raddatz Alles Theater Gewidmet Gustaf Gründgens Regie: Peter Palitzsch Bühne: Karl Kneidl Kostüm: Ruth Groß Premiere / UA: 24.9.1999, KH Rebecca Prichard Yard Girl Regie: Heike Diehm Bühne / Kostüm: Bettina Plesser Premiere: 30.9.1999, Tankstelle Shelagh Stephenson Gedächtnis des Wassers Regie: Peter Hailer Bühne: Barbara Ehnes Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere: 8.10.1999, KH


Mark O’Rowe Howie the Rookie Regie: Patrick Schlösser Bühne / Kostüm: Claudia Kalinski Premiere / DE: 12.10.1999, Tiefgarage Peter Handke Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg Regie / Bühne: Klaus Emmerich Kostüm: Renate Schmitzer Premiere: 22.10.1999, GH Vera Kissel Die Apokalypse der Marita Kolomak Regie: Anna Badora Bühne/ Kostüm: Kathi Maurer Premiere / UA: 17.12.1999, KH Leo Fall, Alfred Maria Willner, Fritz Grünbaum Die Dollarprinzessin Regie: Nicolas Stemann Bühne: Katrin Nottrodt Kostüm: Esther Bialas Premiere: 18.12.1999, GH Theresia Walser King Kongs Töchter Regie: Patrick Schlösser Bühne: Thomas Schuster Kostüm: Uta Meenen Premiere: 14.1.2000, KH Carl Sternheim Die Kassette Regie: Thomas Bischoff Bühne / Kostüm: Uta Kala Premiere: 19.1.2000, GH George Tabori Mein Kampf Regie / Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 4.2.2000, KH Bertolt Brecht Leben des Galilei Regie / Bühne: Klaus Emmerich Kostüm: Renate Schmitzer Premiere: 25.2.2000, GH Gertrud Kolmar Nacht Regie: Frank-Patrick Steckel Bühne: Johannes Schütz Kostüm: Sabine Böing Premiere / UA: 27.2.2000, KH Heinrich von Kleist Das Käthchen von Heilbronn Regie: Jürgen Gosch Bühne / Kostüm: Johannes Schütz Premiere: 1.4.2000, GH Gotthold Ephraim Lessing Minna von Barnhelm Regie: Alexander Kubelka Bühne / Kostüm: Gerhard Fresacher Premiere: 16.5.2000, GH

Arthur Schnitzler Anatol Regie: Patrick Schlösser Bühne: Thomas Schuster Kostüm: Uta Meenen Premiere: 31.5.2000, KH

Samuel Beckett Das letzte Band Regie / Bühne: Peter Palitzsch Koproduktion mit dem Renaissance Theater, Berlin Premiere: 18.10.2000, GH

Thomas Bernhard Die Macht der Gewohnheit Regie: Heike Diehm Bühne / Kostüm: Bettina Plesser Premiere: 24.6.2000, KH

Igor Bauersima norway.today Regie: Igor Bauersima Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Sandra Fehlemann Premiere / UA: 15.11.2000, KH

Junges Schauspiel Ignace Cornelissen nach William Shakespeare Heinrich, der Fünfte Regie: Roland Hüve Bühne: Kaspar Seiffert Kostüm: Cathleen Boetzel Premiere: 22.8.1999, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli nach den Gebrüdern Grimm Aschenputtel oder Das Märchen vom verlorenen Schuh Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne: Miriam Möller Kostüm: Meike Lange Premeire: 21.11.1999, Münsterstraße Theatersport Regie: Patrick Schlösser Bühne / Kostüm: Uta Baatz Premiere: 26.2.2000, Münsterstraße Adolf Hoffmeister Brundibár Regie: Ulrich Mokrusch Bühne / Kostüm: Timo Dentler Musik: Hans Krása Zusammenarbeit mit der Clara-Schumann-Musikschule Premiere: 7.5.2000, Münsterstraße

2000/01 Jon Fosse Der Name Regie: Jürgen Gosch Bühne / Kostüm: Johannes Schütz Premiere: 15.9.2000, KH William Shakespeare Was ihr wollt Regie: Anna Badora Bühne / Kostüm: Johannes Leiacker Premiere: 30.9.2000, GH Federico García Lorca Yerma Regie: Thomas Bischoff Bühne / Kostüm: Uta Kala Premiere: 14.10.2000, GH

Arthur Schnitzler Professor Bernhardi Regie: Benjamin Korn Bühne: Rolf Glittenberg Kostüm: Fred Fenner Premiere: 30.11.2000, GH August Strindberg Fräulein Julie Regie: Alexander Kubelka Bühne: Gerhard Fresacher Kostüm: Barbara Blutaumüller Premiere: 10.12.2000, KH Conor McPherson Der gute Dieb Regie: Benjamin Walther Bühne / Kostüm: Ann Heine Premiere: 12.12.2000, Tiefgarage Phelim McDermott, Julian Crouch Shockheaded Peter Regie / Bühne: Michael Simon Kostüm: Anna Eiermann Premiere: 22.12.2000, GH Georg Kreisler Heute Abend: Hanna Seiffert. Sinniges und Seltsames Regie: Wolfgang Kraßnitzer Bühne / Kostüm: Daria Kornysheva Premiere: 13.1.2001, KH Judith Herzberg Heftgarn Regie: Peter Hailer Bühne: Barbara Ehnes Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere: 17.2.2001, KH Anton Tschechow Die Möwe Regie: Anna Badora Bühne: Johannes Leiacker Kostüm: Klaus Bruns Premiere: 24.3.2001, GH Samuel Beckett Erste Liebe & Das letzte Band Regie / Bühne: Martin Wuttke, Peter Palitzsch Koproduktion mit dem Renaissance Theater, Berlin Premiere: 5.4.2001, KH

Rolf Hochhuth Effis Nacht Regie: Gustav Rueb Bühne / Kostüm: Tilo Steffens Premiere: 18.4.2001, Schloss Benrath Yasmina Reza Drei Mal Leben Regie: Dominique Valentin Bühne: Klaus Baumeister Kostüm: Françoise Tournafond Premiere: 28.4.2001, KH William Shakespeare Hamlet, Prinz von Dänemark Regie: Jürgen Gosch Bühne / Kostüm: Johannes Schütz Premiere: 12.5.2001, GH Herman Melville, Bernd Liepold-Mosser Bartleby Regie: Alexander Kubelka Bühne / Kostüm: Gerhard Fresacher Premiere / UA: 31.5.2001, KH Neil LaBute bash - Stücke der letzten Tage Regie: Benjamin Walther Bühne / Kostüm: Ann Heine Premiere: 6.6.2001, Theatermuseum nach Alexandre Dumas Die Kameliendame Regie / Bühne / Kostüm: Kazuko Watanabe Premiere: 10.6.2001, GH Nachtgespenster, haufenweise. Berlin 1918–1933 Ein musikalisch-­literarischer Abend Regie: Thomas Schendel Bühne / Kostüm: Daria Kornysheva Premiere: 21.6.2001, GH

Junges Schauspiel Franz Molnár Liliom Regie: Roland Hüve Bühne / Kostüm: Timo Dentler Premiere: 23.9.2000, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli nach Hans Christian Andersen Die Schneekönigin oder Das Märchen vom Teufelsspiegel Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne: Miriam Möller Kostüm: Meike Lange Premiere: 26.11.2000, Münsterstraße Frances Goodrich, Albert Hackett, Wendy Kesselmann Das Tagebuch der Anne Frank Regie: Elisabeth Krejcir Bühne / Kostüm: Timo Dentler Premiere: 6.5.2001, Münsterstraße

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Barbara Oertel-Burduli Eine Stadt wird geboren oder Die seltsame Geschichte vom Apfelkuchen Zum 725-jährigen Stadtjubiläum Ratingens Regie: Barbara Oertel-Burduli Mitspielstück Premiere / UA: 20.5.2001 / mobil

2001/02 Lars von Trier Dancer in the Dark Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne / Kostüm: Florian Etti Premiere / UA: 21.9.2001, GH Jon Fosse Da kommt noch wer Regie: Jürgen Gosch Bühne / Kostüm: Johannes Schütz Premiere / DE: 22.9.2001, KH Igor Bauersima Launischer Sommer Regie / Bühne: Igor Bauersima Kostüm: Sandra Fehlemann Premiere / UA: 13.10.2001, KH Euripides Die Bakchen (Mania Thebaia I – Der thebanische Zyklus) Regie: Theodoros Terzopoulos Bühne: Jannis Kounellis Kostüm: Giorgos Patsas Premiere: 18.10.2001, Industriehalle / 6.1.2002, GH Frédéric Beigbeder 39,90 Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Florian Etti Kostüm: Uta Baatz Premiere / UA: 21.11.2001, KH Bertolt Brecht, Kurt Weill Die Dreigroschenoper Regie: Peter Wittenberg Bühne: Sascha Gross Kostüm: Marion Münch Premiere: 24.11.2001, GH Sylvia Plath, Ted Hughes, William Shakespeare Venus & Adonis. Lyrische Assoziationen über Liebe Regie: Martin Oelbermann Bühne / Kostüm: Alexandra Deutschmann Premiere: 6.12.2001, Theatermuseum Christopher Marlowe Der Jude von Malta Regie: Thomas Bischoff Bühne / Kostüm: Uta Kala Premiere: 2.2.2002, GH

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Judith Herzberg Simon Regie: Peter Hailer Bühne: Saskia Rettig Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere / UA: 23.2.2002, KH Molière Amphitryon Regie / Bühne: Michael Simon Kostüm: Anna Eiermann Premiere: 9.3.2002, GH Sophokles Antigone (Mania Thebaia II – Der thebanische Zyklus) Regie: Anna Badora Bühne: Jannis Kounellis Kostüm: Florian Etti Premiere: 15.3.2002, Industriehalle / 2.11.2002, GH Sophokles König Ödipus (Mania Thebaia III – Der thebanische Zyklus) Regie: Tadashi Suzuki Bühne: Jannis Kounellis Kostüm: Yoshi’o Yabara Premiere: 11.4.2002, Industriehalle Friedrich Schiller Kabale und Liebe Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Florian Etti Kostüm: Regina Rösing Premiere: 20.4.2002, KH Ödön von Horváth Geschichten aus dem Wiener Wald Regie: Peter Wittenberg Bühne / Kostüm: Sascha Gross Premiere: 25.5.2002, GH Réjane Desvignes, Igor Bauersima Tattoo Regie / Bühne: Igor Bauersima Kostüm: Sandra Fehlemann Premiere / UA: 1.6.2002, KH Ödön von Horváth Ein Kind unserer Zeit Regie: Gustav Rueb Bühne / Kostüm: Amaryllis Danninger Premiere: 14.6.2002, Tiefgarage Aischylos Sieben gegen Theben (Mania Thebaia IV – Der thebanische Zyklus) Regie: Valery Fokin Bühne: Jannis Kounellis Kostüm: Alexander Borovski-Brodskiy, Oxana Yarmolnik Premiere: 20.6.2002, Industriehalle / 18.10.2002, GH Sarah Kane 4.48 Psychose Regie: Grzegorz Jarzyna Bühne / Kostüm: Małgorzata Szczęśniak Premiere: 22.6.2002, KH

Junges Schauspiel Marcus Romer Crash-Kids Regie: Ulrike Czermak Bühne / Kostüm: Timo Dentler Premiere: 16.9.2001, Münsterstraße Peter Lund nach Oscar Wilde Der glückliche Prinz Regie: Ulrike Czermak Bühne / Kostüm: Timo Dentler Premiere: 28.9.2001, Münsterstraße Barbara Oertel-Burduli nach den Gebrüdern Grimm und Charles Perrault Dornröschen oder Wie man 100 Jahre spinnt Regie: Barbara Oertel-Burduli Bühne: Miriam Möller Kostüm: Meike Lange Premiere / UA: 2.12.2001, Münsterstraße

2002/03 Heinrich von Kleist Prinz Friedrich von Homburg Regie: Jürgen Gosch Bühne / Kostüm: Johannes Schütz Premiere: 27.9.2002, GH Friedrich Dürrenmatt Die Physiker Regie: Alexander Kubelka Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüm: Cornelia Brey Premiere: 10.10.2002, GH Sándor Márai Die Glut Regie: Ingoh Brux Bühne: Gerhard Benz Kostüm: Elisabeth Strauß Premiere: 16.10.2002, KH Franz Wittenbrink Mütter Ein Abend mit Musik Regie: Franz Wittenbrink Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüm: Uta Meenen Premiere / UA: 31.10.2002, GH Roland Schimmelpfennig Vorher / Nachher Regie: Peter Wittenberg Bühne / Kostüm: Sascha Gross Premiere: 30.11.2002, KH Elfriede Jelinek Die Liebhaberinnen Regie: Martin Oelbermann Bühne: Marc Thurow Kostüm: Margit Koppendorfer Premiere / UA: 14.12.2002, KH

Arthur Miller Tod eines Handlungsreisenden Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne / Kostüm: Florian Etti Premiere: 19.12.2002, GH Ödön von Horváth Die Bergbahn Regie: Philip Tiedemann Bühne: Etienne Pluss Kostüm: Franz Lehr Premiere: 10.01.2003, GH Werner Schwab Die Präsidentinnen Regie: Thomas Bischoff Bühne / Kostüm: Uta Kala Premiere: 1.2.2003, KH Henrik Ibsen Gespenster Regie: Patrick Schlösser Bühne: Thomas Schuster Kostüm: Uta Meenen Koproduktion mit dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg Premiere: 15.3.2003, GH Luis Buñuel Der Würgeengel Regie: Anna Badora Bühne: Florian Etti Kostüm: Margit Koppendorfer Premiere: 23.3.2003, KH Paul Auster Stadt aus Glas Regie / Bühne: Michael Simon Kostüm: Sabine Blickenstorfer Premiere / UA: 5.4.2003, GH Anton Tschechow Platonow Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Florian Etti Kostüm: Bernd Skodzig Premiere: 5.6.2003, KH Eugène Labiche Die Affäre Rue de Lourcine Regie / Bühne: Fred Berndt Kostüm: Regina Schill Premiere: 14.6.2003, GH Anselm Glück Innerhalb des Gefrierpunktes Regie: Philip Tiedemann Bühne / Kostüm: Franz Lehr Koproduktion mit Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas und dem Schauspielhaus Graz Premiere / UA: 11.7.2003, KH Roland Schimmelpfennig MEZ Regie: Jens Zimmermann Bühne: Amaryllis Danninger Kostüm: Wiebke Meier Premiere: 25.7.2003, Theatermuseum


Junges Schauspiel Paul Steinmann Die Memphis Brothers Regie: Steffen Gräbner Bühne / Kostüm: Miriam Möller Premiere: 29.9.2002, Münsterstraße Brigitte Bernert nach den Gebrüdern Grimm Der Froschkönig Regie: Daniel Rademacher Bühne: Claudia Kalinski Kostüm: Meike Lange Premiere / UA: 1.12.2002, Münsterstraße Thorbjörn Egner Klaus Klettermaus und die anderen Tiere vom Hackebackewald Regie: Friederike Betz Bühne: Miriam Möller Kostüm: Meike Lange Produktion des Kinderclubs Premiere: 15.12.2002, Münsterstraße William Shakespeare Romeo und Julia Regie: Guido Schumacher Bühne: Nicole Kritzler Kostüm: Stefanie Bold Premiere: 27.4.2003, Münsterstraße Sergi Belbel Nach dem Regen Regie: Sven Post Bühne / Kostüm: Miriam Möller Produktion des Jugendclubs Premiere: 18.7.2003, Münsterstraße

2003/04 Carlo Goldoni Der Impresario von Smyrna Regie: Patrick Schlösser Bühne: Etienne Pluss Kostüm: Uta Meenen Premiere: 3.10.2003, KH Rainer Werner Fassbinder, Peter Märthesheimer, Pea Fröhlich Die Ehe der Maria Braun Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Florian Etti Kostüm: Bernd Skodzig Premiere / UA: 11.10.2003, GH Einar Schleef Gertrud. Ein Totenfest Regie: Thomas Bischoff Bühne / Kostüm: Uta Kala Premiere / UA: 18.10.2003, KH

George F. Walker Suburban Motel. Nur für Erwachsene & Genie und Verbrechen. Loretta & Das Ende der Zivilisation Regie: Thomas Dannemann Bühne / Kostüm: Ira Hausmann Premiere: 25., 26.10.2003, Theatermuseum Igor Bauersima 69 – Das Schlechte, Das Gute, Das Gericht Regie / Bühne / Kostüm: Igor Bauersima Premiere / UA: 8., 15., 22.11.2003, KH

Judith Herzberg Vielleicht Reisen Regie: Peter Hailer Bühne: Hank Irwin Kittel Kostüm: Lydia Kirchleitner Premiere / UA: 17.6.2004, KH

Friedrich Karl Waechter Vom Teufel mit den drei goldenen Haaren Regie / Bühne / Kostüm: Klaus-Peter Fischer Premiere: 7.7.2004, Theatermuseum

Knut Hamsun Vom Teufel geholt Regie: Karin Henkel Bühne / Kostüm: Henrike Engel Premiere: 19.6.2004, GH

2004/05

Junges Schauspiel

Heinrich von Kleist Der zerbrochne Krug Regie: Philip Tiedemann Bühne: Etienne Pluss Kostüm: Franz Lehr Premiere: 13.12.2003, GH

Lutz Hübner Scratch! Regie: Ulla Theißen Bühne / Kostüm: Eckhard Reschat Premiere / UA: 27.9.2003, Münsterstraße

Maxim Gorki Sommergäste Regie: Jürgen Gosch Bühne / Kostüm: Johannes Schütz Premiere: 10.1.2004, GH

Michel Tournier, Bühnen­fassung: Guus Ponsioen Perô oder Die Geheimnisse der Nacht Regie: Gerald Gluth Bühne / Kostüm: Georg Burger Puppenbau: Barbara und Günter Weinhold Premiere: 9.11.2003, Münsterstraße

Wolfgang Borchert Draußen vor der Tür Regie: Martin Oelbermann Bühne: Marc Thurow Kostüm: Margit Koppendorfer Premiere: 16.1.2004, KH Friedrich Schiller Die Jungfrau von Orleans Regie: Patrick Schlösser Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüm: Katja Wetzel Premiere: 7.2.2004, GH Kathrin Röggla wir schlafen nicht Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Gerhard Benz Kostüm: Sabine Blickenstorfer Premiere / UA: 7.4.2004, KH Gerhart Hauptmann Vor Sonnenuntergang Regie: Anna Badora Bühne: Florian Etti Kostüm: Margit Koppendorfer Premiere: 17.4.2004, GH Martyn Jacques, Michael Simon Punch & Judy Regie / Bühne: Michael Simon Kostüm: Anna Eiermann Premiere / UA: 22.5.2004, GH Jean-Luc Lagarce Einfach das Ende der Welt Regie: Ingo Kerkhof Bühne / Kostüm: Anne Neuser Koproduktion mit dem Forum Freies Theater Premiere: 12.6.2004, FFT Kammerspiele

Franziska Steiof Noah und der große Regen Regie: René Schubert Bühne / Kostüm: Georg Burger Premiere: 21.11.2003, Münsterstraße Mattias Andersson Der Schwächere Regie / Bühne / Kostüm: Kirstin Hess Premiere / DE: 11.12.2003, Gemeinschaftshauptschule Rather Kreuzweg Felix Huby, Boris Pfeiffer nach Morten Rhue Ich knall euch ab! Regie: Frank Panhans Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Premiere / UA: 27.2.2004, Münsterstraße Manuel Schöbel Tayfun kommt wieder Regie: Klaus-Peter Fischer Premiere / UA: 7.5.2004, Gemeinschaftsgrundschule Rather Kreuzweg / mobil Franziska Steiof König Artus. Eine SAGENhafte Spurensuche Regie: Frank Panhans Bühne / Kostüm: Kristina Hoffmann Premiere / UA: 27.06.2004, Münsterstraße

Tennessee Williams Die Katze auf dem heißen Blechdach Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Florian Etti Kostüm: Sabine Blickenstorfer Premiere: 24.9.2004, GH Toshirô Suzue Flimmern Regie: Gustav Rueb Bühne: Florian Etti Kostüm: Julia Wernhard Koproduktion mit dem Forum Freies Theater Düsseldorf Premiere / DE: 24.9.2004, KH / 4.3.2004, FFT Kammerspiele Thomas Bernhard Der Theatermacher Regie: Adam Nalepa Bühne: Britta Koska Kostüm: Simone Willnecker Premiere: 27.10.2004, KH Réjane Desvignes, Eric Amis, Efim Jourist Schwarz & Weiß. Ein musikalischer Filmabend Regie / Bühne /Kostüm: Igor Bauersima Premiere / UA: 30.10.2004, GH Henrik Ibsen Peer Gynt Regie / Bühne: Michael Simon Kostüm: Žana Bošnjak Premiere: 20.11.2004, GH Andrzej Stasiuk Nacht. Das neue Europa I – Warten auf die Barbaren? Regie: Mikołaj Grabowski Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüm: Ute Lindenberg Koproduktion mit dem Stary Teatr Kraków Premiere / UA: 8.1.2005, KH Julien Green Süden Regie: Patrick Schlösser Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüm: Katja Wetzel Premiere: 27.1.2005, KH Georg Büchner Woyzeck Regie: Thomas Bischoff Bühne / Kostüm: Uta Kala Premiere: 29.1.2005, GH

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Stanisław Lem Solaris Regie / Bühne: Krystian Lupa Kostüm: Piotr Skiba Premiere: 11.2.2005, KH Thomas Brussig Leben bis Männer Regie: Adam Nalepa Bühne: Jörg Weißenow Premiere: 24.2.2005, Probebühne Anton Tschechow Der Kirschgarten Regie: Anna Badora Bühne: Johannes Schütz Kostüm: Michaela Barth Premiere: 16.4.2005, GH Stephen Sewell Mythos, Propaganda und Katastrophe in Nazi-Deutschland und dem heutigen Amerika Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Florian Etti Kostüm: Sabine Blickenstorfer Premiere / DE: 20.4.2005, KH Oscar Wilde, Elfriede Jelinek Ernst ist das Leben. Bunbury Regie: Patrick Schlösser Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüm: Uta Meenen Premiere / DE: 5.5.2005, GH Marius von Mayenburg Feuergesicht Regie: Florian Fiedler Bühne: Robert Ebeling Kostüm: Selina Peyer Premiere: 10.6.2005, KH

Franziska Steiof Vom Anfang der Welt Regie: Renat Safiullin Bühne / Kostüm: Ella Späte Koproduktion mit dem Theater Kontrapunkt Düsseldorf Premiere / UA: 15.3.2005, Münsterstraße Mattias Andersson Der Läufer Regie: Kirstin Hess Bühne / Kostüm: Ella Späte Premiere / Europäische Erstaufführung): 6.4.2005, Münsterstraße

Thomas Ahrens Der Ball ist rund Regie: René Schubert Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Premiere: 1.6.2005, Münsterstraße

2005/06 Juri Andruchowytsch Orpheus, illegal. Das neue Europa II – Warten auf die Barbaren? Regie: Anna Badora Bühne: Dominik Rinnhofer, Michael Simon Kostüm: Uta Meenen Koproduktion mit dem Molodyj Theater, Kiew und dem Teatro Garibaldi, Palermo Premiere / UA: 16.9.2005, KH

Junges Schauspiel

Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise Regie: Philip Tiedemann Bühne / Kostüm: Franz Lehr Premiere: 17.9.2005, GH

Friedrich Karl Waechter Der alberne Hans Regie: Gerald Gluth Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Premiere / UA: 6.11.2004, Münsterstraße

Moritz Rinke Café Umberto Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Florian Etti Kostüm: Ute Lindenberg Premiere / UA: 25.9.2005, KH

Friederike Betz, K-Club No. 1 Extrem Normal Regie / Bühne: Friederike Betz Kostüm: Meike Lange Produktion des Jugendclubs Premiere / UA: 04.12.2004, Münsterstraße

William Shakespeare Macbeth Regie: Jürgen Gosch Bühne / Kostüm: Johannes Schütz Premiere: 29.9.2005, GH

Martin Ritzenhoff, Xao Seffcheque Helden für einen Tag Regie: Ulla Theißen Bühne: Eckard Reschat Koproduktion mit dem tanzhaus NRW Premiere / UA: 20.1.2005, Münsterstraße

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Molière Der eingebildete Kranke Regie: Helmuth Lohner Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüm: Rolf Langenfass Premiere: 14.10.2005, GH nach Marek van der Jagt Amour fou Regie: Stefanie Aehnelt Bühne: Anke Niehammer Kostüm: Wiebke Meier Premiere: 15.10.2005, Probebühne

Enda Walsh The New Electric Ballroom Regie: Iris Spaeing Bühne: Julia von Schacky Kostüm: Wiebke Meier Premiere: 1.11.2005, KH Elfriede Jelinek Macht nichts. Eine kleine Trilogie des Todes Regie: Thomas Bischoff Bühne / Kostüm: Uta Kala Premiere: 24.11.2005, KH Edward Albee Wer hat Angst vor Virginia Woolf …? Regie: Karin Henkel Bühne / Kostüm: Henrike Engel Premiere: 26.11.2005, GH Samuel Beckett Endspiel Leitung: Alexander Ebeert, Till Firit Premiere: 17.12.2005, Probebühne William Shakespeare Ein Sommernachtstraum Regie / Bühne: Michael Simon Kostüm: Anna Eiermann Premiere: 22.12.2005, GH Daniel Rademacher Nur für Arbeitslose – Ein Projekt mit Düsseldorfern, die schon lange ihre Arbeit los sind Regie: Daniel Rademacher Bühne: Julia von Schacky Premiere: 26.1.2006, Probebühne Georg Büchner Leonce und Lena Regie: Alexander Kubelka Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüm: Wiebke Meier Premiere: 18.2.2006, GH Jáchym Topol Die Reise nach Bugulma. Das neue Europa III – Warten auf die Barbaren? Regie: Gustav Rueb Bühne: Florian Etti Kostüm: Julia Wernhard Premiere / UA: 19.2.2006, KH Valère Novarina Brief an die Schauspieler Regie: Philip Tiedemann Bühne / Kostüm: Franz Lehr Premiere / UA: 4.3.2006, KH Lutz Hübner Nellie Goodbye Regie: Anke Schubert Bühne: Martin Kukulies Kostüm: Sabine Thoss Koproduktion mit der Folkwang-Hochschule Essen Premiere: 31.3.2006, Probebühne

Nicoleta Esinencu Fernweh Dromomania Regie: Andrej Kritenko Bühne / Kostüm: Natascha Korabelnikowa Koproduktion mit der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart Premiere / UA: 7.4.2006, KH Und Tschüss! Regie: Johannes Allmayer Bühne / Kostüm: Anke Niehammer Premiere: 19.4.2006, Probebühne Herbert Achternbusch, David Gieselmann, Fritz Kater u. a. Brot und Spiele. Szenen und Songs zur FIFA-Fußball-WM 2006 Regie: Burkhard C. Kosminski Bühne: Florian Etti Kostüm: Sabine Blickenstorfer Premiere: 29.4.2006, GH

Junges Schauspiel Hussain Al-Mozany Klara und Abbas Regie: Werner Gerber Kostüm: Klara Willinek Premiere / UA: 21.9.2005, Münsterstraße Martin Baltscheit Schneewittchen darf nicht sterben Regie / Bühne / Kostüm: Klaus-Peter Fischer Mitspielstück Premiere / UA: 9.10.2005, Münsterstraße Manuel Schöbel Ikarus fliegt! Regie: Marcus Grolle, Kirstin Hess Bühne / Kostüm: Ella Späte Premiere / UA: 23.10.2005, Münsterstraße Lutz Hübner Die letzte Show Regie: Frank Panhans Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Ring-Uraufführung mit dem Theater der Jugend Wien und dem schauspielhannover Premiere / UA: 3.2.2006, Münsterstraße Chris Chibnall Kiss me Regie: Ulla Theißen Bühne / Kostüm: Ella Späte Gemeinsame Produktion von KJT und Schauspielhaus Premiere: 19.5.2006, Münsterstraße


Boris Pfeiffer Anfangs wollt ich fast verzagen Regie: René Schubert Bühne / Kostüm: Ella Späte Koproduktion mit der RobertSchumann-Musikhochschule Premiere / UA: 20.5.2006, Münsterstraße Manuel Schöbel Die dunkle Seite der Sonne Regie: Renat Safiullin Bühne / Kostüm: Ella Späte Koproduktion mit KABAWIL e. V. Premiere: 20.5.2006, Münsterstraße

2006/07 William Shakespeare Othello, Venedigs Neger Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Ulrike Schulze Premiere: 29.9.2006, GH Thomas Jonigk Hörst du mein heimliches Rufen? Regie: Stefan Bachmann Bühne: Hugo Gretler Kostüm: Esther Geremus Premiere: 30.9.2006, KH Kathrin Röggla Junk Space Regie: Daniela Kranz, Jenke Nordalm Bühne / Kostüm: Jutta Burkhardt Premiere / DE: 1.10.2006, KH Elias Canetti Hochzeit Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Maria-Alice Bahra Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 2.10.2006, GH Anton Tschechow Drei Schwestern Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Robert Schweer Kostüm: Jan Meier Premiere: 7.10.2006, GH Jean-Paul Sartre Die schmutzigen Hände Regie: Sebastian Baumgarten Bühne: Natascha von Steiger Kostüm: Alexander Wolf Premiere: 14.10.2006, KH Thomas Mann Fülle des Wohllauts Regie: Marcus Mislin Bühne / Kostüm: Elisabeth Pedross Neueinrichtung einer Produktion vom DT, Berlin Premiere: 21.10.2006, KH

Erik Gedeon Große Koalition. Das Kanzleramt wie es singt und lacht Regie: Erik Gedeon Bühne: Ulrich Frommhold Kostüm: Katherina Kopp Premiere / UA: 28.10.2006, GH Rimini Protokoll (Helgard Haug, Daniel Wetzel) Karl Marx: Das Kapital, Erster Band Regie: Helgard Haug, Daniel Wetzel Bühne: Helgard Haug, Daniel Wetzel, Daniel T. Schulz Koproduktion mit dem Hebbel am Ufer Berlin, dem Schauspielhaus Zürich und dem Schauspiel Frankfurt Premiere: 4.11.2006, KH von Pierre Bourdieu, Thomas Krupa, Laura Berman mit Musik von Johann Sebastian Bach Herz und Mund und Tat und Leben Leitung: Thomas Krupa, Amélie ­Niermeyer, Andreas Stoehr, Andreas Jander, Laura Berman, Valerie von Stillfried, Andrea Zimmermann Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein und den Düsseldorfer Symphonikern Premiere / UA: 19.11.2006, KH Nikolai Gogol Der Revisor Regie: Thomas Schulte-Michels Bühne: Christoph Schubiger Kostüm: Tanja Liebermann Premiere: 9.12.2006, GH Ingmar Bergman Treulose Regie: Oliver Reese Bühne: Hansjörg Hartung Kostüm: Elina Schnizler Premiere / UA: 15.12.2006, KH

nach Friedrich Dürrenmatt Der Besuch der alten Dame Regie: Volker Lösch Bühne: Carola Reuther Kostüm: Cary Gayler Premiere: 9.2.2007, GH Henrik Ibsen Hedda Gabler Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Katharina Kromminga Premiere: 3.3.2007, KH Gerhart Hauptmann Die Ratten Regie: Markus Dietz Bühne / Kostüm: Franz Lehr Premiere: 17.3.2007, GH Martin Heckmanns Kommt ein Mann zur Welt Regie: Rafael Sanchez Bühne: Simeon Meier Kostüm: Ursula Leuenberger Premiere / UA: 24.3.2007, KH William Shakespeare Wie es euch gefällt Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Maria-Alice Bahra Kostüm: Jan Meier Premieren: 1. und 2.4.2007, GH Martin McDonagh Der Kissenmann Regie: Daniela Löffner Bühne: Beata Kornatowska Kostüm: Sabine Thoss Premiere: 4.4.2007, Unterhaus nach Horst Bienek Sechs Gramm Caratillo Leitung: Alexander Cröngen Premiere: 9.5.2007, Unterhaus

Gotthold Ephraim Lessing Emilia Galotti Regie: Robert Schuster Bühne: Sascha Gross Kostüm: Julia Rogge Premiere: 12.1.2007, KH

Thomas Mann in einer Bearbeitung von John von Düffel Buddenbrooks Regie: Michael Talke Bühne: Barbara Steiner Kostüm: Tabea Braun Premiere: 12.5.2007, GH

Federico García Lorca Bluthochzeit Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Ebeling Kostüm: Katharina Kromminga Premiere: 13.1.2007, GH

Luk Perceval Düsseldorf, mon amour Regie: Luk Perceval Präsentation: 3.6.2007, KH

Henri Michaux Ein gewisser Monsieur Plume. Eine Gedankenmusik basierend auf Texten von Henri Michaux Regie: Joachim Schlömer Bühne: Jens Kilian Kostüm: Tina Kloempken Premiere / UA: 31.1.2007, KH

Heinrich von Kleist Amphitryon Regie: Karin Henkel, Michael Talke Bühne / Kostüm: Henrike Engel Premiere: 4.6.2007, KH

Junges Schauspiel Volker Ludwig Max und Milli Regie: Klaus-Peter Fischer Bühne / Kostüm: Ulv Jakobsen Premiere: 16.9.2006, Münsterstraße Nino d’Introna, Giacomo Ravicchio Robinson & Crusoe Regie: Renat Safiullin, Katja F.M. Wolf Bühne / Kostüm: Ulv Jakobsen Premiere: 24.9.2006, Münsterstraße Hans Christian Andersen, Franziska Steiof Die Schneekönigin Regie: Franziska Steiof Bühne / Kostüm: Jan A. Schroeder, Maria-Alice Bahra Premiere / UA: 18.11.2006, GH Achim Gieseler, Volker Ludwig nach Aldous Huxley Schöne Neue Welt Regie: Ulla Theißen Bühne / Kostüm: Eckhard Reschat Premiere: 10.3.2007, Münsterstraße Ensemble Das Mond-Ei Regie: Evelyn Arndt, Kirstin Hess Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Premiere / UA: 1.5.2007, Münsterstraße

2007/08 Wilfried Happel Das Schamhaar Leitung: Stephan Rottkamp Premiere: 2.9.2007, Unterhaus Heinrich von Kleist Das Käthchen von Heilbronn Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Maria-Alice Bahra Kostüm: Stefanie Seitz Premiere: 14.9.2007, GH Thomas Bernhard Ein Fest für Boris Regie: Christiane Pohle Bühne: Annette Kurz Kostüm: Maria-Alice Bahra Koproduktion mit den Salzburger Festspielen Premiere: 16.9.2007, GH Franz Grillparzer Libussa Regie: Konstanze Lauterbach Bühne: Andreas Jander Kostüm: Daniela Villaret Premiere: 22.9.2007, GH

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Thomas Jonigk Diesseits Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Katharina Kromminga Premiere / UA: 6.10.2007, KH Thomas Mann Der Tod in Venedig Regie: Christian Doll Bühne: Jan A. Schroeder Kostüm: Claudia Held Premiere: 17.10.2007, KH Martin Heckmanns Das wundervolle Zwischending Regie: Petra Lammers Bühne: Saskia Vollmer Kostüm: Kati Kolb Premiere: 18.10.2007, Unterhaus William Shakespeare Was ihr wollt Regie: Jürgen Gosch Bühne / Kostüm: Johannes Schütz Premiere: 19.10.2007, GH Lars von Trier, Niels Vørsel Europa Regie: Sebastian Baumgarten Bühne: Alexander Wolf Kostüm: Ines Burisch Premiere / UA: 3.11.2007, KH Thomas Jonigk Jupiter Regie / Kostüm: Daniela Kranz Bühne: Beata Kornatowska Premiere: 16.11.2007, Unterhaus nach Raymond Carver Warum tanzt ihr nicht? Regie: Oliver Reese Bühne: Hansjörg Hartung Kostüm: Elina Schnizler Premiere / UA: 14.12.2007, KH Aischylos Die Orestie Regie: Lars-Ole Walburg Bühne: Robert Schweer Kostüm: Kathrin Krumbein Premiere: 15.12.2007, GH Erik Gedeon Stairways to Heaven Ein Songdrama Regie: Erik Gedeon Bühne: Ulrich Frommhold Kostüm: Dagmar Fabisch Premiere / UA: 6.1.2008, GH

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Nora Mansmann zwei brüder drei augen Regie: Christian Doll Bühne: Jan A. Schroeder Kostüm: Kati Kolb Produktion im Rahmen des GTA-Festivals „Gimme Shelter“ Premiere / UA: 20.6.2008, Alte Paketpost, Worringer Str.

Rimini Protokoll (Helgard Haug, Daniel Wetzel) Breaking News – Ein Tagesschauspiel Regie: Helgard Haug, Daniel Wetzel Bühne: Marc Jungreithmeier, Helgard Haug, Daniel Wetzel Koproduktion mit Hebbel am Ufer Berlin, Schauspiel Frankfurt, Wiener Festwochen, Schauspiel Hannover Premiere / UA: 18.1.2008, KH

Junges Schauspiel

Anton Tschechow Iwanow Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Stefanie Seitz Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 23.2.2008, KH

Katrin Lange nach Wolfram von Eschenbach Unter hohem Himmel: Parzival Regie: Frank Panhans Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Premiere / UA: 5.9.2007, Münsterstraße

Friedrich Schiller Maria Stuart Regie: Stefan Bachmann Bühne: Hugo Gretler Kostüm: Esther Geremus Premiere: 29.2.2008, GH

Tina Müller Türkisch Gold Regie: René Schubert Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Premiere: 4.11.2007, Münsterstraße

Franz Kafka Amerika Regie / Bühne: Alexander Müller-Elmau Kostüm: Sabine Thoss Premiere: 8.3.2008, KH

Astrid Lindgren Mio, mein Mio Regie: Robin Telfer Bühne: Jan A. Schroeder Kostüm: Monika Frenz Premiere: 10.11.2007, GH

Molière Der Menschenfeind Regie: Franziska Steiof Bühne: Jan A. Schroeder Kostüm: Maria-Alice Bahra Premiere: 15.3.2008, GH

Thomas Birkmeir Das große Shakespeare-Abenteuer Regie: Werner Gerber Bühne / Kostüm: Ulv Jakobsen Premiere / DE: 22.2.2008, Münsterstraße

Michail Bulgakow Der Meister und Margarita Regie: Sebastian Baumgarten Bühne: Thilo Reuther Kostüm: Tabea Braun Premiere: 16.4.2008, KH

Andrea Kramer, Ensemble Meins! Regie: Andrea Kramer Bühne: Ulv Jakobsen Kostüm: Sabine Kreiter Premiere / UA: 2.3.2008, Münsterstraße

Friedrich Hebbel Maria Magdalena Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Katharina Kromminga Premiere: 9.5.2008, GH Sheila Callaghan We Are Not These Hands Regie: Daniel Fish Bühne: Frank-Tilmann Otto Kostüm: Kati Kolb Produktion im Rahmen des GTA-Festivals „Gimme Shelter“ Premiere / DE: 19.6.2008, Alte Paketpost, Worringer Str.

Juliane Kann Siebzehn Regie: Daniela Löffner Bühne / Kostüm: Claudia Kalinski Premiere / UA: 7.5.2008, Münsterstraße

Eugene O’Neill Eines langen Tages Reise in die Nacht Regie: Julia Hölscher Bühne: Anna Börnsen Kostüm: Veronika Bleffert Premiere: 20.9.2008, KH Jan Neumann Herzschritt Regie: Hermann Schmidt-Rahmer Bühne: Ramallah Aubrecht Kostüm: Michael Sieberock-Serafimowitsch Premiere / UA: 27.9.2008, KH Friedrich Schiller Don Karlos. Infant von Spanien Regie: Michael Talke Bühne: Hugo Gretler Kostüm: Klaus Bruns Premiere: 2.10.2008, GH Heinrich von Kleist Die Familie Schroffenstein Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Ulrike Schulze Premiere: 18.10.2008, GH Bertolt Brecht Der gute Mensch von Sezuan Regie: Philip Tiedemann Bühne: Etienne Pluss Kostüm: Stephan von Wedel Premiere: 6.12.2008, GH Juliane Kann Piaf. Keine Tränen Regie: Daniela Löffner Bühne / Kostüm: Claudia Kalinski Premiere / UA: 13.12.2008, KH Max Frisch Biedermänner und Brandstifter Regie: Petra Luisa Meyer Bühne: Jan A. Schröder Kostüm: Kati Kolb Premiere: 31.12.2008, GH

2008/09

Jacques Offenbach, Henri Meilhac, Ludovic Halévy Pariser Leben Regie: Hermann Schmidt-Rahmer Bühne: Thomas Goerge Kostüm: Michael Sieberock-Serafimowitsch Premiere: 17.1.2009, GH

nach Nicola Badalucco, Enrico Medioli, Luchino Visconti Der Fall der Götter Regie: Karin Henkel Bühne: Henrike Engel Kostüm: Klaus Bruns Premiere: 19.9.2008, GH

Thomas Mann in einer Bearbeitung von John von Düffel Joseph und seine Brüder Regie: Wolfgang Engel Bühne: Olaf Altmann Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere / UA: 15.2.2009, GH


Duo Duo In die Mitte des Himmels Regie: Cao Kefei Bühne: Wang Guofeng Kostüm: Sabine Thoss Premiere / UA: 12.3.2009, Central Hanan Snir nach Amos Oz Black Box Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Alexander Müller-Elmau Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere / DE: 15.3.2009, KH Ödön von Horváth Kasimir und Karoline Regie: Karin Neuhäuser Bühne / Kostüm: Franz Lehr Premiere: 21.3.2009, GH Monster Truck, Bülent Kullukcu Everything is Flux. Musiktheaterspektakel Leitung: Alice Ferl, Manuel Gerst, Anton Kaun, Bülent Kullukcu, Matthias Meppelink, Sahar Rahimi, Ina Vera Bühne: Monster Truck, Margo Galas-Prokopf Premiere / UA: 22.3.2009, Central Friedrich Schiller Kabale und Liebe Regie / Bühne: Andreas Kriegenburg Kostüm: Marion Münch Premiere: 18.4.2009, GH Kathrin Röggla Die Beteiligten Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Esther Geremus Premiere / UA: 19.4.2009, KH Boris Vian Die Reichsgründer oder Das Schmürz Regie: Christiane Pohle Bühne / Kostüm: Maria-Alice Bahra Premiere: 15.5.2009, KH Rimini Protokoll (Helgard Haug & Daniel Wetzel) Der Zauberlehrling Regie: Helgard Haug, Daniel Wetzel Bühne / Kostüm: Christin Berg Koproduktion mit Rimini Apparat und Hebbel am Ufer Berlin Premiere / UA: 22.5.2009, Central Heiner Müller Der Auftrag. Erinnerung an eine Revolution Regie: Joachim Schlömer Bühne: Mascha Mazur Kostüm: Tina Kloempken Premiere: 5.6.2009, KH Tina Müller Verlassen Regie: Daniela Löffner Bühne / Kostüm: Claudia Kalinski Premiere / UA: 6.6.2009, Central

Junges Schauspiel Nuran David Calis nach Frank Wedekind Frühlings Erwachen! (Live Fast – Die Young) Regie: Gerald Gluth Bühne / Kostüm: Andrea Eisensee, Martin Fischer Premiere: 5.9.2008, Münsterstraße

Franz Kafka in der Bearbeitung von A ­ lexander Müller-Elmau Das Schloss Regie / Bühne: Alexander Müller-Elmau Kostüm: Gabriele Sterz Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein und den Düsseldorfer Symphonikern Premiere / UA: 17.10.2009, KH

Manuel Schöbel Was macht der Eisbär im Kühlschrank? Regie / Bühne: Klaus-Peter Fischer Kostüm: Anja Furthmann Premiere / UA: 25.10.2008, Münsterstraße

Robert Wilson, Tom Waits, William S. Burroughs The Black Rider – The Casting of the Magic Bullets Regie: Hermann Schmidt-Rahmer Bühne: Thomas Goerge Kostüm: Michael Sieberock-Serafimowitsch Premiere: 30.10.2009, GH

Erich Kästner Emil und die Detektive Regie: Frank Panhans Bühne / Kostüm: Maria-Alice Bahra, Jan A. Schroeder Premiere: 8.11.2008, GH

nach Johann Wolfgang Goethe Die Leiden des jungen Werther Regie: Stephan Rottkamp Bühne / Kostüm: Cäcilia Müller Premiere: 14.11.2009, KH

Katrin Lange nach Lewis Carroll Alice: Im Wunderland! Regie: Renat Safiullin Bühne / Kostüm: Ella Späte Premiere / UA: 14.2.2009, Münsterstraße Boris Pfeiffer nach Bo Hr. Hansen Nenn mich einfach Axel Regie: René Schubert Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Premiere / UA: 24.4.2009, Münsterstraße

2009/10 Émile Zola in einer Bearbeitung von John von Düffel Das Geld Regie: Tina Lanik Bühne: Ricarda Beilharz Kostüm: Su Sigmund Premiere / UA: 12.9.2009, GH Gotthold Ephraim Lessing Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Olaf Altmann Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 17.9.2009, GH Michail Bulgakow Sojas Wohnung Regie: Sebastian Baumgarten Bühne: Thilo Reuther Kostüm: Ines Burisch Premiere: 20.9.2009, KH

Georg Büchner Dantons Tod Regie: Peter Eschberg Bühne: Hans Hoffer Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 28.11.2009, GH Dario Fo, Franca Rame Offene Zweierbeziehung Regie: Tim Lucas, Reinar Ortmann Bühne: Sonja Waldecker Premiere: 12.12.2009, KH Mark Ravenhill Shoot / Get Treasure / Repeat Regie: Jan Klata Bühne: Justyna Łagowska Kostüm: Mirek Kaczmarek Premiere / DE: 9.1.2010, GH Thomas Jonigk Ach, da bist du ja! Regie: Stefan Bachmann Bühne: Hugo Gretler Kostüm: Esther Geremus Premiere / UA: 10.1.2010, KH Julia Wolf Der Du. Ein Road Movie Regie: Sahar Amini Bühne: Sahar Amini, Michael Deeg Kostüm: Julia Rösler Premiere / UA: 17.1.2010, Central Tennessee Williams Endstation Sehnsucht Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 6.2.2010, KH

Leo Tolstoi Anna Karenina Regie: Petra Luisa Meyer Bühne: Maria-Alice Bahra, Jan A. Schroeder Kostüm: Kati Kolb Premiere: 27.2.2010, GH William Shakespeare Romeo und Julia Regie: Michael Talke Bühne: Hugo Gretler Kostüm: Tina Kloempken Premiere: 20.3.2010, GH Juli Zeh Good Morning, Boys and Girls Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Esther Geremus Premiere / UA: 10.4.2010, KH Martin Heckmanns Hier kommen wir nicht lebendig raus. Versuch einer Heldin Regie: Hermann Schmidt-Rahmer Bühne: Michaela Springer Kostüm: Michael Sieberock-Serafimowitsch Premiere / UA: 23.4.2010, KH Stephan Kaluza Atlantic Zero Regie: Christian Doll Bühne / Kostüm: Pia Maria Mackert Premiere / UA: 5.5.2010, Central Michael Frayn Der nackte Wahnsinn Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Nikolaus Porz Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 2.6.2010, GH Dennis Kelly Liebe und Geld Regie: Jörg Reimer Bühne: Claudia Stolle Kostüm: Lutz Reimer Premiere: 10.6.2010, Central Lukas Linder Die Trägheit Regie: Tina Lanik Bühne / Kostüm: Stefan Hageneier Premiere / UA: 13.6.2010, KH

Junges Schauspiel Franz Molnár Liliom Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Monika Frenz Premiere: 5.9.2009, Münsterstraße Lutz Hübner Aussetzer Regie: Jörg Schwahlen Bühne / Kostüm: Monika Frenz Premiere: 24.9.2009, Münsterstraße

383


Astrid Lindgren Ronja Räubertochter Regie: Frank Panhans Bühne / Kostüm: Jan A. Schroeder, Maria-Alice Bahra Premiere: 15.11.2009, GH Franziska Steiof nach Hans Christian Andersen Undine, die kleine Meerjungfrau Regie: Nora Bussenius Bühne / Kostüm: Sebastian Ellrich Premiere / UA: 9.2.2010, Münsterstraße Roberto Frabetti Die Farben des Feuers Regie: Marcus Grolle Bühne / Kostüm: Birgit Schöne Premiere: 28.3.2010, Münsterstraße Hermann Hesse Demian. Die Geschichte einer Jugend Regie: Daniela Löffner Bühne / Kostüm: Claudia Kalinski Premiere / UA: 6.5.2010, Münsterstraße

2010/11 Anton Tschechow Die Möwe Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Stefanie Seitz Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 18.9.2010, Central GB nach Ivo Andrić Die Brücke über die Drina Regie: Nikita Milivojević Bühne / Kostüm: Miodrag Tabački Premiere / UA: 19.9.2010, Central KB nach Lion Feuchtwanger Die Jüdin von Toledo Regie: Rafael Sanchez Bühne: Thomas Dreißigacker Kostüm: Tina Kloempken Koproduktion mit dem Theater Neumarkt, Zürich Premiere / UA: 25.9.2010, KH Kristof Magnusson Männerhort Regie: Sahar Amini Bühne: Claudia Stolle Kostüm: Julia Rösler Premiere: 3.10.2010, KH Elfriede Jelinek Rechnitz (Der Würgeengel) Regie: Hermann Schmidt-Rahmer Bühne: Katrin Nottrodt Kostüm: Michael Sieberock-Serafimowitsch Premiere: 9.10.2010, Central GB

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Niklaus Helbling, Eva Jantschitsch, Dirk Thiele Münchhausen oder Die pseudo­ logische Reise bis zum Mond Regie: Niklaus Helbling Bühne: Dirk Thiele Kostüm: Victoria Behr Premiere / UA: 12.11.2010, Central KB Henrik Ibsen Die Wildente Regie: Daniela Löffner Bühne: Claudia Kalinski Kostüm: Sabine Thoss Premiere: 13.11.2010, KH Gil Mehmert Mein Bruder macht beim Tonfilm die Geräusche Regie: Gil Mehmert Bühne: Sonja Waldecker Kostüm: Grit Groß Premiere / UA: 25.11.2010, Savoy Theater Botho Strauß Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle Regie: Stephan Rottkamp Bühne: Robert Schweer Kostüm: Justina Klimczyk Premiere: 18.12.2010, KH Hans Müller-Schlösser Schneider Wibbel Regie: Frank Panhans, Amélie Niermeyer Bühne: Jan A. Schroeder Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 30.12.2010, Savoy Theater nach Georg Büchner von Tom Waits, Kathleen Brennan und Robert Wilson Woyzeck Regie: Tina Lanik Bühne: Ricarda Beilharz Kostüm: Esther Geremus Premiere: 8.1.2011, Central GB Elfriede Jelinek Jackie Regie: Kerstin Krug Kostüm: Claudia Radowski Premiere: 14.1.2011, Central KB Roland Schimmelpfennig Der goldene Drache Regie: Anna-Sophie Mahler Bühne: Ralf Käselau Kostüm: Mirjam Egli Premiere: 21.1.2011, KH

Tal Schiff, Yariv Gottlieb, Noa Lazar-Kenan, Dana Idisis, Thomas Melle, Nora Mansmann Reality Check – Szenische Momentaufnahmen aus Deutschland und Israel Regie: Kerstin Krug Bühne: Jan A. Schroeder Kostüm: Claudia Radowski Premiere / UA: 27.2.2011, Central KB

Until the end of the world! Perspectives on Growth Leitung: Petya Alabozova, Miriam Schulte, Katja Trachsel, Anders Lustgarten, Christina Zintl Projekt mit MITOS 21 Premiere: 4.6.2011, Steigenberger Parkhotel

Carlo Goldoni Trilogie der schönen Ferienzeit Regie: Wolfgang Engel Bühne: Horst Vogelgesang Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere: 2.3.2011, Central GB

Andreas Steinhöfel, Felicitas Loewe Rico, Oskar und die Tieferschatten Regie: René Schubert Bühne / Kostüm: Monika Frenz Premiere: 16.9.2010, Münsterstraße

Eran Riklis Lemon Tree Regie: Dedi Baron Bühne / Kostüm: Stefan Mayer Premiere / UA: 25.3.2011, KH Juli Zeh 203 Regie: Hans-Ulrich Becker Bühne: Alexander Müller-Elmau Kostüm: Werner Fritz Premiere / UA: 22.4.2011, KH Dennis Kelly Waisen Regie: Michael Talke Bühne: Sonja Waldecker Kostüm: Nina Balzer Premiere: 7.5.2011, KH Horace McCoy mit Szenen von Lutz Hübner und Martin Heckmanns Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss Regie: Amélie Niermeyer Bühne: Nikolaus Porz Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 13.5.2011, Central GB Julie Bräuning, Urs Peter Halter Soll ich jetzt vielleicht weinen? Eine theatralische Recherche mit Düsseldorfer BürgerInnen zum Thema Arbeit Regie: Julie Bräuning, Urs Peter Halter Bühne: Axel Schaaf Premiere: 27.5.2011, KH Mark Ravenhill Das Produkt Regie: Katharina Weishaupt Bühne: Pia Maria Mackert Kostüm: Isabell Ziegler Premiere: 28.5.2011, Central KB

Junges Schauspiel

James Saunders nach Heinrich von Kleist Michael Kohlhaas Regie: Sahar Amini Bühne / Kostüm: Julia Rösler Premiere: 7.11.2010, Münsterstraße Erich Kästner Pünktchen und Anton Regie: Franziska Steiof Bühne / Kostüm: Jan A. Schroeder Premiere: 14.11.2010, Central GB Lutz Hübner Ehrensache Regie: Jörg Schwahlen Bühne / Kostüm: Henrike Engel Premiere: 24.2.2011, Münsterstraße Jewgeni Schwarz Aschenbrödel Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Monika Frenz Premiere: 13.3.2011, Münsterstraße

2011/12 nach Michel Houellebecq Karte und Gebiet Regie: Falk Richter Bühne: Katrin Hoffmann Kostüm: Daniela Selig Premiere / DE: 16.10.2011, KH Pierre Corneille Illusion Regie: Marie-Louise Bischofberger Bühne: Arthur Aillaud Kostüm: Bernd Skodzig Premiere: 21.10.2011, KH William Shakespeare Hamlet Regie: Staffan Valdemar Holm Bühne / Kostüm: Bente Lykke Møller Premiere: 4.11.2011, GH


Gerhart Hauptmann Einsame Menschen Regie: Nora Schlocker Bühne: Jessica Rockstroh Kostüm: Marie Roth Premiere: 6.11.2011, GH Kevin Rittberger, Hauschka, Stefan Schneider Puppen. Musikalische Installation Regie: Kevin Rittberger Bühne: Jutta Zimmermann Kostüm: Janina Brinkmann Premiere / DE: 15.11.2011, KH Piaf. Das Konzert Solo von und mit Susanne Tremper Regie: Staffan Valdemar Holm Bühne / Kostüm: Bente Lykke Møller Premiere: 30.11.2011, GH Wolfgang Amadeus Mozart Figaro Regie: Markus Bothe Bühne: Robert Schweer Kostüm: Justina Klimczyk Premiere: 30.12.2011, KH Isaak Babel Marija Regie: Andrea Breth Bühne: Raimund Voigt Kostüm: Moidele Bickel Premiere: 7.1.2012, GH Arne Lygre Tage unter Regie: Stéphane Braunschweig Bühne: Alexandre de Dardel Kostüm: Thibault van Craenenbroeck Koproduktion mit spielzeit’europa, Berliner Festspiele, in Kollaboration mit La Colline – théâtre national, Paris Premiere / DE: 14.1.2012, GH

Falk Richter, Anouk van Dijk Rausch Regie: Falk Richter, Anouk van Dijk Bühne: Katrin Hoffmann Kostüm: Daniela Selig Koproduktion mit anoukvandijk dc Premiere / UA: 14.4.2012, GH Guillermo Calderón Beben Regie: Guillermo Calderón Bühne / Kostüm: Katharina Grantner Premiere / UA: 21.4.2012, Central KB

Junges Schauspiel Janne Teller Nichts. Was im Leben wichtig ist Regie: Marco Štorman Bühne: Ramona Rauchbach Kostüm: Anika Marquardt Premiere / DE: 13.10.2011, Münsterstraße nach Karla Schneider Wenn ich das 7. Geißlein wär’ Regie: Henner Kallmeyer Bühne / Kostüm: Franziska Gebhardt Premiere / UA: 16.10.2011, Münsterstraße nach Franz Grillparzer Medea Regie: Sarantos Zervoulakos Bühne / Kostüm: Thea Hoffmann-Axthelm Premiere: 20.10.2011, Münsterstraße nach James Matthew Barrie Peter Pan Regie: Markus Heinzelmann Bühne: Jan Müller Kostüm: Anne Buffetrille Premiere: 20.11.2011, GH

David Gieselmann Herr Kolpert Regie: Nurkan Erpulat Bühne: Kathrin Frosch Kostüm: Julia Plickat Premiere: 20.1.2012, KH

nach Ivan Turgenjew, Brian Friel Väter & Söhne Ein Cross-Over-Projekt Regie: Frank Abt Bühne / Kostüm: Oliver Helf Premiere: 11.1.2012, Münsterstraße

Tine Rahel Völcker Kein Science-Fiction Regie: Nora Schlocker Bühne: Steffi Wurster Kostüm: Caroline Rössle Harper Premiere / UA: 11.2.2012, KH

Being Ulysses Regie: Maike Fölling, Katrin Lorenz Bühne / Kostüm: Alice Nierentz Produktion des Clubs der Spezialisten in Kooperation mit der Deutschen Oper am Rhein Premiere: 26.1.2012, Münsterstraße

Iwan Wyrypajew Delhi, ein Tanz Regie: Felix Rothenhäusler Bühne: Evi Bauer Kostüm: Katharina Kownatzki Premiere / DE: 16.3.2012, KH William Shakespeare Richard III. Regie: Staffan Valdemar Holm Bühne / Kostüm: Bente Lykke Møller Premiere: 24.3.2012, GH

Jetse Batelaan  Der erhobene Zeigefinger Regie: Daniel Cremer Bühne: Natascha von Steiger Kostüm: Franziska Jacobsen Premiere: 12.2.2012, Münsterstraße

Halten Regie: Melika Ramić Bühne: Markus Pötter Kostüm: Riet Desoete Produktion des Clubs der Spezialisten Premiere: 23.3.2012, Münsterstraße nach Marius von Mayenburg Freie Sicht Regie / Bühne / Kostüm: Isabel Dorn, Verena Ries Treibhausprojekt Premiere: 11.4.2012, Münsterstraße Claims Regie: Ines Habich Bühne / Kostüm: Miriam Chouaib Koproduktion mit take off: Junger Tanz Ein Theater Mobil-Projekt Premiere: 20.4.2012, Münsterstraße Toon Tellegen, Guy Cassiers, Erwin Jans Swchwrm Regie: Brit Bartkowiak Bühne / Kostüm: Nikolaus Frinke Premiere / DE: 17.5.2012, Münsterstraße Lucas Svensson Klaus und Erika Regie: Staffan Valdemar Holm Bühne / Kostüm: Bente Lykke Møller Premiere / DE: 31.5.2012, Münsterstraße

2012/13 Franz Kafka Der Prozess Regie: Andrej Mogutschi Bühne: Maria Tregubova Kostüm: Maria Tregubova, Alexej Tregubov Premiere: 15.9.2012, GH Schorsch Kamerun Sender Freies Düsseldorf Regie: Schorsch Kamerun Bühne: Katja Eichbaum Kostüm: Aino Laberenz Premiere: 5.10.2012, KH Heinrich von Kleist Der zerbrochne Krug Regie: Dušan David Pařízek Bühne: Dušan David Pařízek, Julia Schultheis Kostüm: Kamila Polívková Premiere: 6.10.2012, GH Falk Richter Büchner Ein Projekt Regie: Falk Richter Bühne: Katrin Hoffmann Kostüm: Daniela Selig Premiere / UA: 20.10.2012, GH

Kris Verdonck M, a reflection Regie: Kris Verdonck Bühne: Jan Van Gijsel Kostüm: An Breugelmans Koproduktion mit Hebbel am Ufer, Berlin, Internationale Keuze van de Rotterdamse Schouwburg, Rotterdam, Vooruit, Gent Premiere / DE: 25.10.2012, KH Leo Tolstoi Die Macht der Finsternis Regie: Sebastian Baumgarten Bühne: Thilo Reuther Kostüm: Joki Tewes, Jana Findeklee Premiere: 24.11.2012, GH nach Swetlana Alexijewitsch Der Krieg hat kein weibliches Gesicht Regie: Michał Borczuch Bühne / Kostüm: Anna-Maria Karczmarska Premiere: 21.12.2012, KH William Shakespeare Wie es euch gefällt Regie: Nora Schlocker Bühne: Bernhard Kleber Kostüm: Jessica Rockstroh Premiere: 12.1.2013, GH Thomas Mann Felix Krull – Episoden aus dem Leben eines Hochstaplers Regie / Bühne / Kostüm: Nora Schlocker Premiere: 15.2.2013, KH Nurkan Erpulat, Anne Jelena Schulte Worringer Schlachten Regie: Nurkan Erpulat Bühne / Kostüm: Simone Grieshaber Premiere: 16.2.2013, Central KB Kevin Rittberger nach Voltaire Candide. Acting in Concert Regie: Kevin Rittberger Bühne / Kostüm: Janina Brinkmann Premiere: 1.3.2013, KH Henrik Ibsen Peer Gynt Regie: Staffan Valdemar Holm Bühne / Kostüm: Bente Lykke Møller Premiere: 2.3.2013, GH nach Johann Wolfgang Goethe Wahlverwandtschaften Regie: Oliver Reese Bühne: Hansjörg Hartung Kostüm: Elina Schnizler Premiere: 17.3.2013, KH nach E. T. A. Hoffmann, Jacques Offenbach Hoffmanns Erzählungen Regie: Markus Bothe Bühne: Robert Schweer Kostüm: Justina Klimczyk Premiere: 20.4.2013, GH

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Alles renkt sich wieder ein Ein musikalisch-literarischer Abend mit Claudia Hübbecker Regie: Manfred Weber Bühne: Manfred Weber, Julia Schultheis Premiere: 25.4.2013, KH

Urs Peter Halter, Dorle Trachternach 27 / siebenundzwanzig Regie: Urs Peter Halter Bühne: Tatjana von der Beek Kostüm: Anika Schmitz Produktion des Clubs der Spezialisten Premiere: 21.3.2013, Münsterstraße

vorschlag:hammer Stalker Regie: vorschlag:hammer Premiere: 26.4.2013, Central KB

E. T. A. Hoffmann Das fremde Kind Regie: Nora Schlocker Bühne: Jessica Rockstroh Kostüm: Caroline Rössle Harper Premiere: 8.5.2013, Münsterstraße

Ödön von Horváth, Marianna Salzmann Kasimir und Karoline Regie: Nurkan Erpulat Bühne: Magda Willi Kostüm: Maria Roers Premiere: 18.5.2013, GH

Junges Schauspiel PeterLicht Wunder des Alltags Regie: Peter Kastenmüller Bühne / Kostüm: Michael Graessner Premiere / UA: 20.9.2012, Münsterstraße nach Wolf Erlbruch Ente, Tod und Tulpe Regie: Franziska Henschel Bühne / Kostüm: Johanna Fritz Premiere: 21.10.2012, Münsterstraße nach de Villeneuve, Leprince de Beaumont Die Schöne und das Biest Regie: Marc Prätsch Bühne / Kostüm: Alissa Kolbusch Premiere: 11.11.2012, GH Friedrich Schiller Kabale und Liebe Regie: Marco Štorman Bühne: Philipp Nicolai Kostüm: Anne Buffetrille Premiere: 13.12.2012, Münsterstraße Ines Habich, Dorle Trachternach Almost Lovers Regie: Ines Habich Bühne / Kostüm: Miriam Chouaib Ein Theater Mobil-Projekt Premiere: 10.1.2013, Münsterstraße Schwestern Regie: Melika Ramic Bühne: Markus Pötter Kostüm: Riet Desoete Produktion des Clubs der Spezialisten Premiere: 24.1.2013, Münsterstraße Katrin Lange Lohengrin: Unterwegs mit Schwan! Regie: Dorothea Schroeder Bühne / Kostüm: Marouscha Levy Premiere / UA: 21.2.2013, Münsterstraße

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2013/14 Louis-Benoît Picard übersetzt von Friedrich Schiller Der Parasit oder Die Kunst sein Glück zu machen Regie: Nurkan Erpulat Bühne: Kathrin Frosch Kostüm: Michael Graessner Premiere: 13.9.2013, KH Lucas Svensson Jalta Regie: Staffan Valdemar Holm Bühne / Kostüm: Bente Lykke Møller Premiere / UA: 21.9.2013, GH Falk Richter Unter Eis Regie: Pedro Martins Beja Bühne: Sophie du Vinage Kostüm: Maike Storf Premiere: 4.10.2013, KH Henrik Ibsen, Elfriede Jelinek Nora³ Regie / Bühne: Dušan David Pařízek Kostüm: Kamila Polívková Premiere: 12.10.2013, GH Johann Wolfgang Goethe,   Elfriede Jelinek Faust 1-3, mit dem Sekundärdrama FaustIn and out Regie / Bühne: Dušan David Pařízek Kostüm: Kamila Polívková Premiere / UA: 25.10.2013, GH Jean Genet Die Zofen Regie: Nele Weber Bühne: Anna Bergemann Kostüm: Vera Nabbefeld Premiere: 8.11.2013, KH Hans Müller, Erik Charell Im Weißen Rössl Regie: Christian Weise Bühne: Jo Schramm Kostüm: Andy Besuch Premiere: 16.11.2013, GH

Oscar Wilde Bunbury oder Ernst sein ist wichtig Regie: Sarantos Zervoulakos Bühne / Kostüm: Raimund Voigt, Thea Hoffmann-Axthelm Premiere: 13.12.2013, KH

Finegan Kruckemeyer Der Junge mit dem längsten Schatten Regie: Hanna Müller Bühne / Kostüm: Anna Sörensen Premiere / DE: 26.9.2013, ­Dieter-Forte-Gesamtschule

Fjodor Dostojewski Der Spieler Regie: Martin Laberenz Bühne: Volker Hintermeier Kostüm: Adriana Braga Peretzki Premiere: 11.1.2014, GH

Anna Maria Jokl Die Perlmutterfarbe Regie: Annette Kuß Bühne / Kostüm: Sigi Colpe Premiere / UA: 7.11.2013, Münsterstraße

Iwan Wyrypajew Betrunkene Regie: Viktor Ryschakow Bühne / Kostüm: Maria Tregubova, Alexej Tregubov Premiere / UA: 22.2.2014, GH

nach Michael Ende Momo Regie: Rüdiger Pape Bühne: Flavia Schwedler Kostüm: Regina Rösing Premiere: 24.11.2013, GH

Guillermo Calderón Kuss Regie: Guillermo Calderón Bühne / Kostüm: Anna Sophia Röpcke Premiere / UA: 14.3.2014, KH

Gertrude Stein Die Welt ist rund Regie: Franziska Henschel Bühne / Kostüm: Kathrine Altaparmakov, Johanna Fritz Premiere / UA: 1.12.2013, Münsterstraße

Samuel Beckett Glückliche Tage Regie: Stéphane Braunschweig Bühne: Alexandre de Dardel Kostüm: Thibault van Craenenbroeck Premiere: 12.4.2014, GH Tine Rahel Völcker nach Aischylos Eine Orestie Regie: Nora Schlocker Bühne: Bernhard Kleber Kostüm: Caroline Rössle Harper Premiere / UA: 10.5.2014, GH Mori no kokyu. Das Atmen des ­Waldes Ein Projekt von vorschlag:hammer Regie: vorschlag:hammer Bühne: Thomas Giger Kostüm: Mascha Mihoa Bischoff Premiere: 23.5.2014, Central KB Sean O’Casey Das Ende vom Anfang Regie: Michael Abendroth Bühne / Kostüm: Paul Lerchbaumer Premiere: 1.6.2014, GH

Junges Schauspiel Oliver Frljić und Ensemble Black Box Schule: They Expect You to Pick a Career Regie / Bühne / Kostüm: Oliver Frljić Premiere / UA: 19.9.2013, Münsterstraße

Simon Stephens nach Mark Haddon Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone Regie: Wera Mahne Bühne / Kostüm: Anna Siegroth Premiere: 10.1.2014, Münsterstraße Bewegen(d) Choreografie: Gizella Hartmann Koproduktion mit der Kunstsammlung NRW und take off: Junger Tanz Produktion des Clubs der Spezialisten Premiere: 23.1.2014, Münsterstraße Marijana Verhoef Ćosić Amsterdam Regie: Nurkan Erpulat Bühne: Sami Bill Kostüm: Pieter Bax Premiere / UA: 20.2.2014, Münsterstraße Mike Kenny Nachtgeknister Regie: Juliane Kann Bühne: Juliane Kann, Josephin Thomas Kostüm: Josephin Thomas Premiere: 29.3.2014, Münsterstraße Die Wahrheit über alles was es gibt Regie: Daniel Cremer Bühne: Brigit Kofmel Kostüm: Leonie Cordes Ein Theater Mobil-Projekt Premiere: 26.4.2014, Münsterstraße


Paradise Lost Regie: Bianca Künzel, Alexander Steindorf Bühne: Master-Studio Exhibition Design Kostüm: Kwadwo Nimoh, Arisona Hampl Kooperation mit der Jugendhilfe der Stadt Düsseldorf und der FH-D Peter Behrens School of Arts Ein Stadtteilprojekt des Clubs der Spezialisten Premiere: 22.5.2014, Münsterstraße

Franz Wittenbrink Sekretärinnen. Ein Liederabend Regie: Michael Wallner Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Tanja Liebermann Premiere: 25.10.2014, GH

2014/15

Gerhart Hauptmann, Volker Lösch, Christine Lang Die Ratten Regie: Volker Lösch Bühne / Kostüm: Cary Gayler, Jan Müller Premiere: 29.11.2014, GH

Ines Habich, Barbara Beckmann 95 olé – Heimspiel. Ein Musical über Fußball und Düsseldorf Regie: Ines Habich Bühne / Kostüm: Miriam Lahusen Premiere: 30.8.2014, GH Ernst Toller Hinkemann Regie: Miloš Lolić Bühne: Sabine Kohlstedt Kostüm: Jelena Miletić Koproduktion mit den Salzburger Festspielen – Young Directors Project Premiere: 19.9.2014, KH

Lot Vekemans Gift. Eine Ehegeschichte Regie: Günther Beelitz Bühne / Kostüm: Alexander Müller-Elmau Premiere: 15.11.2014, KH

Joanna Murray-Smith Zorn Regie: Tobias Materna Bühne / Kostüm: Martina Stoian Premiere: 30.11.2014, KH George Tabori Die Goldberg-Variationen Regie: Tilo Nest Bühne / Kostüm: Pia Maria Mackert Premiere: 24.1.2015, GH

William Shakespeare Ein Sommernachtstraum Regie: Àlex Rigola Bühne: Max Glaenzel Kostüm: Regina Rösing Premiere: 20.9.2014, GH

Stephan Kaluza 3D Regie: Kurt Josef Schildknecht Bühne: Stephan Kaluza Kostüm: Annina Dupuis Premiere: 27.1.2015, KH

David Greig, Gordon McIntyre Midsummer – Eine Sommernacht. Ein Stück mit Musik Regie: Nele Weber Bühne / Kostüm: Anna Bergemann Premiere: 25.9.2014, KH

Anne Lepper La Chemise Lacoste Regie: Alia Luque Bühne: Christoph Rufer Kostüm: Ellen Hofmann Premiere / UA: 6.2.2015, KH

Johann Wolfgang Goethe Iphigenie auf Tauris Regie: Mona Kraushaar Bühne / Kostüm: Katrin Kersten Premiere: 26.9.2014, GH

Joël Pommerat Kreise / Visionen Regie: Hans-Ulrich Becker Bühne: Alexander Müller-Elmau Kostüm: Stefanie Seitz Premiere / DE: 7.2.2015, GH

Patrick Süskind Der Kontrabass Regie / Bühne / Kostüm: Monika Bujinski, Michael Kamp FREI RAUM Premiere: 11.10.2014, KH Albert Camus Die Gerechten Regie: Michael Gruner Bühne: Michael Sieberock-Serafimowitsch Kostüm: Gabriele Sterz Premiere: 18.10.2014, GH

Tim Firth Vier Männer im Nebel Regie: Christian Brey Bühne / Kostüm: Anette Hachmann, Elisa Limberg Premiere: 28.2.2015, KH Hanoch Levin Mord Regie: Dedi Baron Bühne: Florian Etti Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 13.3.2015, KH

Heinar Kipphardt März, ein Künstlerleben Regie / Bühne: Alexander Müller-Elmau Kostüm: Julia Kaschlinski Premiere: 24.4.2015, KH William Shakespeare Der Sturm Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Stephan Mannteuffel Premiere: 25.4.2015, GH George Brant Am Boden Regie: Ulf Goerke Bühne: Pia Papadopoulou Kostüm: Anne-Kathrin Bannier Premiere / DE: 13.5.2015, KH Henrik Ibsen Baumeister Solness Regie: Stephan Müller Bühne: Siegfried E. Mayer Kostüm: Carla Caminati Premiere: 16.5.2015, GH Friedrich Schiller Wallenstein. Wallensteins Lager / Die Piccolomini / Wallensteins Tod. Regie: Hasko Weber Bühne / Kostüm: Thilo Reuther Kooperation mit dem Deutschen Nationaltheater Weimar und dem Theater Erfurt Premiere: 2.6.2015, GH

Junges Schauspiel Dave Eggers nach Maurice Sendak Bei den wilden Kerlen Regie: Ronny Jakubaschk Bühne / Kostüm: Annegret Riediger Premiere: 21.9.2014, Münsterstraße Kristo Šagor Patricks Trick Regie: Hanna Müller Bühne / Kostüm: Anna Sörensen Premiere: 27.9.2014, Münsterstraße Wolfgang Herrndorf, Bühnenfassung: Robert Koall Tschick Regie: Jörg Schwahlen Bühne: Nadia Schrader Kostüm: Juliane Schreiber Premiere: 8.11.2014, Münsterstraße Soeren Voima nach Wilhelm Hauff Der kleine Muck Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 22.11.2014, Central KB

Söhne wie wir — mach dir keine Sorgen, Mama! Ein Projekt mit Düsseldorfer Müttern und Söhnen Regie: Ines Habich Bühne / Kostüm: Kerstin Narr, Michaela Muchina Ein Theater Mobil-Projekt Premiere / UA: 10.1.2015, Münsterstraße nach Kathryn Cave, Chris Riddell Irgendwie anders Regie: Franziska Henschel Bühne: Johanna Fritz Kostüm: Mascha Mihoa Bischoff Premiere / DE: 18.1.2015, Münsterstraße Armin Petras, Lara Kugelmann nach Klabund Kreidekreis Regie: Krystyn Tuschhoff Bühne / Kostüm: Uta Materne Ring-Uraufführung mit der Compania Paidéia, São Paulo, und dem GRIPS Theater, Berlin Premiere / UA: 28.3.2015, Münsterstraße Herzrasen. Ein Bürgerprojekt über den Klang der Liebe Regie: Bianca Künzel Bühne / Kostüm: Monika Frenz Premiere / UA: 9.5.2015, Münsterstraße

2015/16 Hans Pleschinski Königsallee Regie: Wolfgang Engel Bühne: Olaf Altmann Kostüm: Zwinki Jeannée Premiere / UA: 29.8.2015, GH Beth Gilleland, Bob Beverage Sisters of Swing — Die Geschichte der Andrews Sisters Regie: Dirk Diekmann Bühne / Kostüm: Florian Parbs Premiere: 3.9.2015, KH Klaus Mann Mephisto Regie / Bühne: Thomas Schulte-Michels Kostüm: Tanja Liebermann Premiere: 5.9.2015, GH Franz Kafka Die Verwandlung Regie / Bühne: Alexander Müller-Elmau Kostüm: Julia Kaschlinski Premiere: 10.9.2015, KH Gottfried Greiffenhagen, Franz Wittenbrink Die Comedian Harmonists Regie: Mathias Schönsee Bühne / Kostüm: Dietrich von Grebmer Premiere: 16.9.2015, GH

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Ferdinand von Schirach Terror Regie: Kurt Josef Schildknecht Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 18.10.2015, GH

Friedrich Hebbel Die Nibelungen Regie: Kurt Josef Schildknecht Bühne: Dieter Richter Kostüm: Renate Schmitzer Premiere: 11.3.2016, Central GB

Ivica Šimić Die Kunst vom Fallen und Fliegen Regie: Ivica Šimić Bühne: Ria Papadopoulou Kostüm: Jenny Theisen Premiere / DE: 3.4.2016, Münsterstraße

Theresia Walser Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm Regie: Marcus Lobbes Bühne / Kostüm: Pia Maria Mackert Premiere: 25.10.2015, KH

Philipp Löhle Wir sind keine Barbaren! Regie: Mona Kraushaar Bühne: Katrin Kersten Kostüm: Nini von Selzam Premiere: 19.3.2016, Central KB

Johann Wolfgang Goethe Werther! Regie: Stefan Herrmann Kostüm: Lena Natt Koproduktion mit Herrmann & Ladwig Premiere: 28.4.2016, Münsterstraße

Max Frisch Biografie: Ein Spiel Regie: Günther Beelitz Bühne: Heinz Hauser Kostüm: Aleksandra Kica Premiere: 8.4.2016, Central GB

nach Kurt Schwitters, Käte Steinitz Garten Eden Ein Sehnsuchts-Theater-Projekt Regie: Bianca Künzel, Alexander Steindorf Bühne / Kostüm: Stefanie Dellmann Premiere / UA: 21.5.2016, Münsterstraße

Carl Zuckmayer Der Hauptmann von Köpenick Regie: Christian von Treskow Bühne / Kostüm: Sandra Linde, Dorien Thomsen Premiere: 30.10.2015, GH Bertolt Brecht Flüchtlingsgespräche Leitung: Andreas Weißert, Jürgen Mikol FREI RAUM Premiere: 4.11.2015, KH Peter Turrini Josef und Maria Regie: Alexander Kubelka Bühne: Florian Etti Kostüm: Elisabeth Strauß Premiere: 15.12.2015, Central KB Johann Wolfgang Goethe Faust I Regie: Georg Schmiedleitner Bühne: Harald Thor Kostüm: Tina Kloempken Premiere: 19.12.2015, Central GB Bertolt Brecht Die Kleinbürgerhochzeit Regie: Hans-Ulrich Becker Bühne / Kostüm: Stefanie Seitz Premiere: 16.1.2016, Central KB Bertolt Brecht Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui Regie: Volker Hesse Bühne / Kostüm: Stephan Mannteuffel Premiere: 22.1.2016, Central GB Else Lasker-Schüler Die Wupper. Eine Performance Regie: Roberto Ciulli Bühne: Gralf-Edzard Habben Kostüm: Elisabeth Strauß Koproduktion mit dem Theater an der Ruhr Premiere: 12.2.2016, Central GB Leonard Koppelmann Klaus Barbie — Begegnung mit dem Bösen Regie / Bühne: Leonhard Koppelmann Kostüm: Saskia Schneider Premiere / UA: 13.2.2016, Central KB

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Junges Schauspiel Jens Raschke Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 13.9.2015, Münsterstraße nach Verena Güntner Es bringen Regie: Karsten Dahlem Bühne: Justyna Jaszczuk Kostüm: Silvie Naunheim Premiere / UA: 2.10.2015, Münsterstraße nach Maritgen Matter Ein Schaf fürs Leben Regie: Simina German Bühne: Ria Papadopoulou Kostüm: Anne-Kathrin Bannier Premiere: 8.11.2015, Münsterstraße Jürgen Popig nach Carlo Collodi Pinocchio Regie: Marcelo Diaz Bühne / Kostüm: Anja Furthmann Premiere: 15.11.2015, Central Lewis Carroll, Tobias Goldfarb Alice im Wunderland Regie: Laura und Lisa Quarg, Tobias Goldfarb Bühne / Kostüm: José Luna Premiere: 17.1.2016, Münsterstraße Mike Kenny Der Junge mit dem Koffer Regie: Liesbeth Coltof Bühne: Guus van Geffen Kostüm: Esmée Thomassen Premiere: 12.3.2016, Münsterstraße

2016/17 Epos in einer Bearbeitung von Raoul Schrott Gilgamesh Regie: Roger Vontobel Bühne: Claudia Rohner Kostüm: Ellen Hofmann Premiere: 15.9.2016, Theaterzelt auf dem Corneliusplatz Nikolai Gogol Der Revisor Regie: Linus Tunström Bühne / Kostüm: Alissa Kolbusch Premiere: 17.9.2016, Central GB William Shakespeare Romeo und Julia Regie: Bernadette Sonnenbichler Bühne: David Hohmann Kostüm: Tanja Kramberger Premiere: 23.9.2016, Central GB Leif Randt Planet Magnon Regie: Alexander Eisenach Bühne: Daniel Wollenzin Kostüm: Lena Schmid Premiere / UA: 24.9.2016, Central KB nach Jules Verne In 80 Tagen um die Welt Regie: Leonhard Koppelmann, Peter Jordan Bühne / Kostüm: Michael Sieberock-Serafimowitsch Premiere: 25.9.2016, Theaterzelt auf dem Corneliusplatz

Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Das Blau in der Wand Regie: David Mouchtar-Samorai Bühne / Kostüm: Heinz Hauser Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen Premiere / UA: 1.10.2016, Central KB Fjodor M. Dostojewski Der Idiot Regie: Matthias Hartmann Bühne: Johannes Schütz Kostüm: Tina Kloempken Koproduktion mit Staatsschauspiel Dresden Premiere: 8.10.2016, Central GB Federico Fellini Das Schiff der Träume Regie: Jan Gehler Bühne: Sabrina Rox Kostüm: Irène Favre de Lucascaz Koproduktion mit Staatsschauspiel Dresden Premiere: 20.10.2016, Central KB Simon Stephens Heisenberg Regie: Lore Stefanek Bühne / Kostüm: Janina Audick Premiere / DSE: 21.10.2016, Central GB Bertolt Brecht Herr Puntila und sein Knecht Matti Regie: Jan Gehler Bühne: Sabrina Rox Kostüm: Claudia Irro Premiere: 11.11.2016, Central KB Heinrich von Kleist Das Käthchen von Heilbronn Regie: Simon Solberg Bühne: Sabine Kohlstedt Kostüm: Katja Strohschneider Premiere: 19.11.2016, Central GB Michel Houellebecq Unterwerfung Regie: Malte C. Lachmann Bühne / Kostüm: Ursula Gaisböck Düsseldorfer Premiere: 4.12.2016, Central KB Heart of Gold Ein Liederabend über die Liebe und das Geld von André Kaczmarczyk und Ensemble Regie: André Kaczmarczyk Bühne: Simone Grieshaber Kostüm: Janin Lang Premiere: 12.12.2016, Central KB Bov Bjerg Auerhaus Regie: Robert Gerloff Bühne: Maximilian Lindner Kostüm: Johanna Hlawica Premiere / UA: 7.1.2017, Central KB


Elfriede Jelinek Das Licht im Kasten (Straße? Stadt? Nicht mit mir!) Regie: Jan Philipp Gloger Bühne: Marie Roth Kostüm: Esther Bialas Premiere / UA: 14.1.2017, Central GB Johann Wolfgang Goethe Faust (to go) Eine mobile Inszenierung Regie: Robert Lehniger Bühne / Kostüm: Irina Schicketanz Premiere: 21.1.2017, Christus­kirche in Oberbilk Lutz Hübner, Sarah Nemitz Willkommen Regie: Sönke Wortmann Bühne: Florian Etti Kostüm: Annegret Stößel Premiere / UA: 4.2.2017, Central KB

‫أهال وسهال‬

Heinrich von Kleist Michael Kohlhaas Regie: Matthias Hartmann Bühne: Johannes Schütz Kostüm: Malte Lübben Premiere: 18.2.2017, Central GB Bernhard Mikeska, Lothar Kittstein, Alexandra Althoff (RAUM+ZEIT) Die dritte Haut :: Der Fall Simon Regie: Bernhard Mikeska Bühne: Bernhard Mikeska, Alexandra Althoff Kostüm: Almut Eppinger Premiere / UA: 4.3.2017, Dreischeibenhaus Euripides Medea Regie: Roger Vontobel Bühne: Muriel Gerstner Kostüm: Tina Kloempken Premiere: 17.3.2017, Central GB Friedrich Dürrenmatt Das Versprechen Regie: Tilmann Köhler Bühne: Karoly Risz Kostüm: Susanne Uhl Premiere: 13.4.2017, Central GB Rimini Protokoll (Stefan Kaegi) Gesellschaftsmodell Großbaustelle (Staat 2) Regie: Stefan Kaegi Bühne: Dominic Huber Produktion von Düsseldorfer Schauspielhaus und Rimini Protokoll Premiere / UA: 12.5.2017, Central GB E. T. A. Hoffmann Der Sandmann Regie / Bühne: Robert Wilson Kostüm: Jacques Reynaud Koproduktion mit den Ruhrfestspielen und Unlimited Performing Arts Premiere: 20.5.2017, GH

George Orwell Farm der Tiere Regie: Daniela Löffner Bühne / Kostüm: Claudia Kalinski Mit dem Ensemble des Düsseldorfer Schauspielhauses und des Jungen Schauspiels Premiere: 28.5.2017, Central GB Arthur Miller Hexenjagd Regie: Evgeny Titov Bühne: Christian Schmidt Kostüm: Nicole von Graevenitz Premiere: 10.6.2017, Central KB

Junges Schauspiel

Martin Baltscheit Die besseren Wälder Eine komö­diantische Parabel Regie: Robert Neumann Bühne / Kostüm: Max Julian Otto Premiere: 22.1.2017, Münsterstraße Thilo Reffert Mr. Handicap Regie: Frank Panhans Bühne / Kostüm: Jan A. Schroeder Premiere / UA: 25.3.2017, Münsterstraße

Bürgerbühne

Mathilda Fatima Onur Meine Schwester Sheherazade Regie: Grete Pagan Bühne / Kostüm: Lena Hinz Premiere / UA: 18.9.2016, Münsterstraße

nach William Shakespeare Ein Sommernachtstraum – Ein Verwirrspiel mit Düsseldorfer Jugendlichen Regie: Joanna Praml Bühne / Kostüm: Jana Denhoven, Inga Timm Premiere: 16.9.2016, Central KB

Glenn Waldron Natives Regie: Jan Friedrich Bühne / Kostüm: Alexandre Corazzola Premiere / UA: 20.9.2016, Münsterstraße

Verlorene Lieder – Ein musikalischer Abend über das Verschwinden und Erinnern Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere / UA: 10.12.2016, Central KB

Eirik Fauske Unterm Kindergarten Regie / Bühne / Kostüm: Jan Friedrich Premiere: 27.9.2016, Münsterstraße

andcompany&Co. Café Casablanca: Everybody Comes To Stay! Regie: Nicola Nord, Alexander Karschnia, Sascha Sulimma Bühne / Kostüm: Janina Audick Premiere / UA: 24.4.2017, Münsterstraße

nach Homer Odyssee Regie: Gregory Caers Bühne: Karel Vanhooren Kostüm: Inge Coleman Koproduktion mit Nevski Prospekt Gent und BRONKS Theater Brüssel Premiere: 29.10.2016, Münsterstraße L. Frank Baum Der Zauberer von Oz Regie: Robert Neumann Bühne / Kostüm: Jan A. Schroeder, Maria Bahra Premiere: 6.11.2016, Capitol Gregory Caers, Ensemble Obisike — Das Herz einer Löwin Regie: Gregory Caers Bühne / Kostüm: Iyen Agbonifo-Obaseki Koproduktion mit ASSITEJ Nigeria Premiere / UA: 10.11.2016, Münsterstraße Gregory Caers, Ensemble Adams Welt Regie: Gregory Caers Bühne: Karel Vanhooren Koproduktion mit dem Festival Szene Bunte Wähne, Wien Premiere: 26.11.2016, Münsterstraße

Maßlos schön — Ein Abend über den eigenen Körper und die Blicke der anderen Regie: Suna Gürler Bühne / Kostüm: Moïra Gilliéron Premiere / UA: 19.5.2017, Central KB

2017/18 Aischylos Die Orestie Regie: Simon Solberg Bühne: Ansgar Prüwer-LeMieux, Simon Solberg Kostüm: Linda Tiebel Premiere: 14.9.2017, Central GB Fatma Aydemir Ellbogen Regie: Jan Gehler Bühne: Sabrina Rox Kostüm: Claudia Irro Premiere / UA: 15.9.2017, Central KB

Peter Jordan The Queen’s Men Eine Shakespeare-Komödie Regie: Peter Jordan, Leonhard Koppelmann Bühne: Christoph Schubiger Kostüm: Barbara Aigner Premiere / UA: 16.9.2017, Theaterzelt an den Rheinterrassen William Shakespeare Der Sturm Regie: Liesbeth Coltof Bühne: Guus van Geffen, Chrstoph Schubiger Kostüm: Carly Everaert Mit dem Ensemble des Düsseldorfer Schauspielhauses und des Jungen Schauspiels Premiere: 22.9.2017, Theaterzelt an den Rheinterrassen Erich Kästner Fabian oder Der Gang vor die Hunde Regie: Bernadette Sonnenbichler Bühne: Wolfgang Menardi Kostüm: Tanja Kramberger Premiere: 14.10.2017, Central GB Ingmar Bergman Nach der Probe Regie: Bernhard Mikeska Bühne: Katrin Bombe Kostüm: Almut Eppinger Premiere: 20.10.2017, Central KB Bertolt Brecht, Kurt Weill Die Dreigroschenoper Regie / Bühne: Andreas Kriegenburg Kostüm: Andrea Schraad Premiere: 11.11.2017, Central GB Axel Hacke Die Tage, die ich mit Gott verbrachte Regie: Malte C. Lachmann Bühne / Kostüm: Ramona Rauchbach Premiere / UA: 18.11.2017, Central KB Rainald Goetz Jeff Koons Regie: André Kaczmarczyk, Felix Krakau Bühne: Ansgar Prüwer-LeMieux Kostüm: Jenny Theisen Premiere: 7.12.2017, Sammlung Philara Henrik Ibsen Stützen der Gesellschaft Regie: Tilmann Köhler Bühne: Karoly Risz Kostüm: Susanne Uhl Premiere: 9.12.2017, Central GB

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Gotthold Ephraim Lessing Nathan (to go) Eine mobile Inszenierung Regie: Robert Lehniger Bühne / Kostüm: Irene Ip Premieren: 13.1.2018, Bunkerkirche der Gemeinde der koptischen Christen (Heerdt), 16.1.2018, Leo-Baeck-Saal der Jüdischen Gemeinde (Golzheim), 23.1.2018 Bosnische Moscheegemeinde, Eventcenter Benrath Nina Raine Konsens Regie: Lore Stefanek Bühne / Kostüm: Janina Audick Premiere / DE: 20.1.2018, Central GB David Bowie, Enda Walsh nach Walter Tevis Lazarus Regie: Matthias Hartmann Bühne: Volker Hintermeier Kostüm: Su Bühler Premiere / DE: 3.2.2018, GH William Shakespeare Der Kaufmann von Venedig Regie: Roger Vontobel Bühne: Muriel Gerstner Kostüm: Tina Kloempken Premiere: 17.2.2018, Central GB Albert Camus Caligula Regie: Sebastian Baumgarten Bühne: Barbara Steiner Kostüm: Christina Schmitt Premiere: 17.3.2018, Central GB Molière Tartuffe Regie: Robert Gerloff Bühne: Maximilian Lindner Kostüm: Johanna Hlawica Premiere: 14.4.2018, Central GB Philipp Löhle Die Mitwisser Regie: Bernadette Sonnenbichler Bühne: Martin Miotk Kostüm: Tanja Kramberger Premiere / UA: 28.4.2018, Central KB George Orwell, Theaterfassung: Armin Petras 1984 Regie: Armin Petras Bühne: Olaf Altmann Kostüm: Annette Riedel Koproduktion mit dem Schauspiel Stuttgart Premiere: 12.5.2018, Central GB Dante Alighieri Die Göttliche Komödie Regie / Bühne: Johannes Schütz Kostüm: Astrid Klein Premiere: 2.6.2018, hinter den Kulissen des Schauspielhauses am Gustaf-Gründgens-Platz

390

Boys don’t cry and girls just want to have fun Ein Liederabend von André Kaczmarczyk Regie: André Kaczmarczyk Bühne: Iason Kondylis Roussos Kostüm: Janin Lang Premiere: 15.7.2018, Central KB

nach Frank Wedekind Frühlings Erwachen – Ein Abend mit Eltern und Jugendlichen am Rande des Nervenzusammenbruchs Regie: Joanna Praml Bühne / Kostüm: Jana Denhoven, Inga Timm Premiere: 15.12.2017, Central KB

Junges Schauspiel

Miriam Tscholl, Dagrun Hintze Düsseldorf first! Eine außerordentliche Bürgerversammlung Ein Theaterstück mit Parteimitgliedern, Politikern und anderen Exoten Regie: Miriam Tscholl Bühne / Kostüm: Bernhard Siegl Premiere / UA: 27.1.2018, Central KB

Lutz Hübner, Sarah Nemitz Paradies Regie: Mina Salehpour Bühne / Kostüm: Maria Anderski Premiere / UA: 23.9.2017, Münsterstraße

nach Hans Christian Andersen Die Schneekönigin Regie: Kristo Šagor Bühne / Kostüm: Christl Wein Premiere: 12.11.2017, Capitol Andreas Steinhöfel Die Mitte der Welt Regie: Robert Gerloff Bühne: Gabriela Neubauer Kostüm: Johanna Hlawica Premiere: 17.11.2017, Münsterstraße nach Elizabeth Shaw Der kleine Angsthase Regie: Martin Grünheit Bühne / Kostüm: Imke Paulick Premiere: 6.1.2018, Münsterstraße Gregory Caers, Ensemble Das geheime Haus Regie: Gregory Caers Bühne: Karel Vanhooren Kostüm: Martina Lebert Premiere / UA: 25.2.2018, Münsterstraße Dirk Laucke Die größte Gemeinheit der Welt Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere / UA: 22.4.2018, Münsterstraße

Bürgerbühne nach Wilhelm Hauff Das kalte Herz – Ein Spiel um Ansehen, Gier und Ego Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 1.10.2017, Central KB Matin Soofipour, Ensemble Do you feel the same? Ein interkultureller Liebesreigen Regie: projekt.il (Bianca Künzel, Alexander Steindorf) Bühne / Kostüm: Stefanie Dellmann Premiere / UA: 23.10.2017, Münsterstraße

2018/19

Heinrich von Kleist Der zerbrochne Krug Regie: Laura Linnenbaum Bühne: Valentin Baumeister Kostüm: Ulrike Obermüller Premiere: 8.11.2018, Central KB Barbara Bürk, Clemens Sienknecht nach Anton Tschechow Wonkel Anja – Die Show! Regie: Barbara Bürk, Clemens Sienknecht Bühne / Kostüm: Anke Grot Premiere / UA: 10.11.2018, Central GB Friedrich Schiller Don Karlos Regie: Alexander Eisenach Bühne: Daniel Wollenzin Kostüm: Lena Schmid Premiere: 14.12.2018, Central GB

Vicki Baum, Bühnenfassung: Stephan Kaluza Menschen im Hotel Regie: Sönke Wortmann Bühne: Florian Etti Kostüm: Esther Walz Premiere: 14.9.2018, GH

Bertolt Brecht Mann ist Mann Regie: David Schnaegelberger Bühne: Simone Grieshaber Kostüm: Janin Lang Premiere: 19.1.2019, Central KB

Franz Kafka Das Schloss Regie: Jan Philipp Gloger Bühne: Christof Hetzer Kostüm: Anne Buffetrille Premiere: 15.9.2018, Central GB

nach Jaroslav Hašek in einer Bearbeitung von Peter Jordan Schwejk Regie: Leonhard Koppelmann Bühne / Kostüm: Michael Sieberock-Serafimowitsch Premiere: 25.1.2019, Central GB

Wolfgang Herrndorf, Bühnenfassung: Robert Koall Bilder deiner großen Liebe Regie: Jan Gehler Bühne: Sabrina Rox Kostüm: Cornelia Kahlert Düsseldorfer Premiere: 16.9.2018, Central KB Nature Theater of Oklahoma No President Ein aufklärerisches Handlungsballett in zwei unmoralischen Akten Regie: Kelly Copper, Pavol Liška Bühne: Ansgar Prüwer Kostüm: Jenny Theisen Koproduktion mit der Ruhrtriennale Premiere / UA: 28.9.2018, Central KB Lot Vekemans Momentum Regie: Roger Vontobel Bühne: Klaus Grünberg Kostüm: Tina Kloempken Premiere / UA: 12.10.2018, Central GB Lutz Hübner, Sarah Nemitz Abiball Regie: Robert Lehniger Bühne: Michael Graessner Kostüm: Irene Ip Premiere / UA: 19.10.2018, Bühnenraum des GH

William Shakespeare Hamlet Regie: Roger Vontobel Bühne: Claudia Rohner Kostüm: Ellen Hofmann Düsseldorfer Premiere: 16.2.2019, GH Michail Bulgakow Hundeherz Regie: Evgeny Titov Bühne: Falko Herold Kostüm: Nicole von Graevenitz Premiere: 22.2.2019, Central KB Arthur Miller Ein Blick von der Brücke Regie: Armin Petras Bühne: Julian Marbach Kostüm: Cinzia Fossati Premiere: 9.3.2019, Central GB William Shakespeare Coriolan Regie: Tilmann Köhler Bühne: Karoly Risz Kostüm: Susanne Uhl Premiere: 18.4.2019, Central GB Friedrich Hebbel Maria Magdalena Regie: Klaus Schumacher Bühne: Katrin Plötzky Kostüm: Karen Simon Premiere: 27.4.2019, Central KB


Chuck Palahniuk Fight Club Regie: Roger Vontobel Bühne: Fabian Wendling Kostüm: Tina Kloempken Premiere: 18.5.2019, Central GB Ingmar Bergman Fanny und Alexander Regie: Stephan Kimmig Bühne: Oliver Helf Kostüm: Anja Rabes Premiere: 25.5.2019, GH

Junges Schauspiel Ödön von Horváth Jugend ohne Gott Regie: Kristo Šagor Bühne / Kostüm: Iris Kraft Premiere: 13.9.2018, Münsterstraße Franziska Henschel, Veit Sprenger, Ensemble Like me Regie: Franziska Henschel Bühne / Kostüm: Johanna Fritz Premiere / UA: 18.9.2018, Münsterstraße Otfried Preußler in einer Bearbeitung von John von Düffel Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete Regie: Robert Gerloff Bühne: Gabriela Neubauer Kostüm: Johanna Hlawica Premiere: 11.11.2018, Capitol Carsten Brandau Sagt der Walfisch zum Thunfisch Regie: Juliane Kann Bühne / Kostüm: Marie Gimpel Premiere / UA: 25.11.2018, Münsterstraße Imagination TV – Wie fern kannst du sehen? Regie: Joshua Alabi Bühne / Kostüm: Blessing Ikhatalor Koproduktion mit dem Theater Kininso Koncepts (Lagos, Nigeria) Premiere / UA: 13.1.2019, Münsterstraße Johann Wolfgang Goethe Die Leiden des jungen Werther Regie: Fabian Rosonsky Bühne / Kostüm: Sarah Methner Kooperation mit dem Goethe-Museum Düsseldorf Premiere: 3.2.2019, Freizeit­einrichtung Icklack Thilo Reffert Auf Klassenfahrt oder Der große Sprung Regie: Frank Panhans Bühne / Kostüm: Jan A. Schroeder Premiere / DE: 31.3.2019, Münsterstraße

nach Jaco Van Dormael Mr. Nobody Regie: Jan Gehler Bühne / Kostüm: Ansgar Prüwer Premiere / UA: 1.6.2019, Münsterstraße

Bürgerbühne Eva und Adam – Tatsachen über ­Frauen und Männer und alles ­dazwischen Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere: 22.9.2018, Central KB nach Heinrich Heine Deutschland. Ein Wintermärchen – Ein transkultureller Roadtrip durch die neue Heimat Regie: projekt.il (Bianca Künzel, Alexander Steindorf) Bühne / Kostüm: Ria Papadopoulou Premiere: 5.11.2018, Münsterstraße nach Henrik Ibsen Peer Gynt – Düsseldorfer Jugendliche stapeln hoch und setzen alles auf eine Karte Regie: Felix Krakau Bühne: Ansgar Prüwer Kostüm: Jenny Theisen Premiere: 16.12.2018, Central KB Perfect Family – Eine Glücks­ forschung von Menschen mit Behinderung Regie: Hannah Biedermann Bühne / Kostüm: Ramona Rauchbach Premiere / UA: 26.5.2019, Central KB

2019/20 Georg Büchner Dantons Tod Regie: Armin Petras Bühne: Olaf Altmann Kostüm: Annette Riedel Premiere: 20.9.2019, GH Helene Hegemann Bungalow Regie: Simon Solberg Bühne: Simon Solberg, María Reyes Pérez Kostüm: Maike Storf Premiere / UA: 22.9.2019, KH Rudyard Kipling Das Dschungelbuch Regie / Bühne: Robert Wilson Kostüm: Jacques Reynaud Koproduktion mit dem Théâtre de la Ville, Paris Premiere: 19.10.2019, GH

Penelope Skinner Linda Regie: Marius von Mayenburg Bühne: Stéphane Laimé Kostüm: Almut Eppinger Premiere / DE: 3.11.2019, KH

Erich Kästner Das doppelte Lottchen Regie: Robert Gerloff Bühne: Maximilian Lindner Kostüm: Cátia Palminha Premiere: 17.11.2019, Central GB

Harry Mulisch Die Entdeckung des Himmels Regie: Matthias Hartmann Bühne: Volker Hintermeier Kostüm: Su Bühler Premiere / DE: 15.11.2019, GH

Bürgerbühne

Tankred Dorst, Mitarbeit: Ursula Ehler Parzival (to go) Eine mobile Inszenierung Regie: Robert Lehniger Bühne / Kostüm: Kathrin Krumbein Premiere: 7.12.2019, Melanchthonkirche Tom Lanoye nach William Shakespeare Henry VI & Margaretha di Napoli Regie: David Bösch Bühne: Patrick Bannwart Kostüm: Falko Herold Premiere: 14.12.2019, GH

nach William Shakespeare Was ihr wollt – Düsseldorfer Jugendliche tauschen die Rollen und setzen ihr Herz aufs Spiel Regie: Joanna Praml Bühne / Kostüm: Jana Denhoven, Inga Timm Premiere: 28.9.2019, KH Blick zurück nach vorn – Familienchroniken gegen das Vergessen Regie: Christof Seeger-Zurmühlen Bühne / Kostüm: Kirsten Dephoff Premiere / UA: 19.1.2020, KH

Bertolt Brecht mit Musik von Hanns Eisler Leben des Galilei Regie: Lars-Ole Walburg Bühne: Olaf Altmann Kostüm: Ellen Hofmann Premiere: 16.1.2020, GH I build my time Ein Liederabend von André ­Kaczmarczyk mit dem Ensemble zum 50. Geburtstag des Düsseldorfer Schauspielhauses Regie: André Kaczmarczyk Bühne: Ansgar Prüwer Kostüm: Jenny Theisen Premiere / UA: 25.1.2020, GH

Junges Schauspiel Martin Baltscheit Der Kleine Prinz und die Krähe Regie: Frank Hörner Bühne / Kostüm: Stefanie Stuhldreier Premiere: 15.9.2019, Münsterstraße Lukas Rietzschel Mit der Faust in die Welt schlagen Regie / Bühne: Martin Grünheit Kostüm: Imke Paulick Premiere: 26.9.2019, Münsterstraße Sophokles Antigone Regie: Liesbeth Coltof Bühne: Guus van Geffen Kostüm: Martina Lebert Premiere: 9.11.2019, Münsterstraße

Diese Chronik beginnt mit der Eröffnung des Düsseldorfer Schauspiel­hauses am 16.1.1970 und endet mit den Premieren zum Jubiläum. Sie umfasst alle Inszenierungen in diesem Zeitraum, die vom Düsseldorfer Schauspielhaus verantwortet wurden (sowohl am Schauspielhaus am Gustaf-Gründgens-Platz als auch an anderen Orten), nicht aber Sonderveranstaltungen wie Matineen, ­Szenische Lesungen, Gastspiele, etc. Die Auflistung entspricht dem derzeitigen Stand des Archivs des Theatermuseums Düsseldorf, die Angaben sind den Programmheften entnommen. Spielstätten: GH – Großes Haus KH – Kleines Haus Central GB – Central Große Bühne Central KB – Central Kleine Bühne

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und …


Literatur Architektur und Stadtentwicklung

Intendanzen

Julius Niederwöhrmeier (Dissertation), Das Lebenswerk des Düsseldorfer Architekten Pfau 1902–1989. Stuttgart 1997

Düsseldorfer Schauspielhaus 1976–1986. Dokumentation und Rückblick auf eine 10-jährige Theaterarbeit. Hrsg.: Neue Schauspiel GmbH, Generalintendant Günther Beelitz. Düsseldorf 1986

Düsseldorf. Die Stadt im Wandel. Gesicht der Landeshauptstadt, Hrsg.: Edmund Spohr und Hatto Küffner. Düsseldorf 2016 Theatergeschichte Hans Schwab-Felisch, Das Düsseldorfer Schauspielhaus. Düsseldorf und Wien 1970 Hans Schwab-Felisch, 75 Jahre Düssel­ dorfer Schauspielhaus 1905–1980. Düsseldorf und Wien 1980 Heinrich Riemenschneider, Theater­ geschichte der Stadt Düsseldorf (Band 1 und 2). Düsseldorf 1987 Karl Heinz Stroux. Eine Dokumentation des Düsseldorfer Schauspielhauses und des Dumont-Lindemann Archivs. Hrsg.: Düsseldorfer Schauspielhaus, General­ intendant Dr. Volker Canaris und Dumont-­ Lindemann-Archiv, Theater­museum der Landeshauptstadt Düsseldorf, Heinrich ­Riemenschneider. Düsseldorf 1988 „Theater hinter Trümmern“. Theater und Theaterpolitik in der Landeshauptstadt Düsseldorf 1945 bis 1955. Hrsg.: Lutz ­Hennrich und Winrich Meiszies unter Mitarbeit von Frank Labussek. Düsseldorf 1995 Szenenwechsel. Fünf Jahrzehnte Düsseldorfer Schauspielhaus. Fotografie Liselotte Strelow, Lore Bermbach, Sonja ­Rothweiler. Hrsg.: Theater­museum der Landeshauptstadt Düsseldorf, ­Dumont-Lindemann-Archiv. Düsseldorf 2001 Jahrhundert des Schauspiels. Vom Schauspielhaus Düsseldorf zum Düsseldorfer Schauspielhaus. Hrsg.: Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf, Dr. Winrich Meiszies. Düsseldorf 2006

396

10 Jahre Intendanz Canaris. Hrsg.: Düsseldorfer Schauspielhaus, Neue Schauspiel GmbH, Generalintendant Dr. Volker Canaris. Düsseldorf 1996 Düsseldorfer Schauspielhaus 1996–2006. 10 Jahre Intendanz Anna Badora. Hrsg.: Neue Schauspiel GmbH, Generalinten­ dantin Anna Badora. Düsseldorf 2006 Düsseldorfer Schauspielhaus 2006–2011, Hrsg.: Neue Schauspiel GmbH, Generalintendantin Amélie Niermeyer. Düsseldorf 2011 Das also bleibt!? 2014–2015 und 2015–2016, Hrsg.: Neue Schauspiel GmbH, Generalintendant Günther Beelitz. Düsseldorf 2016


Bildnachweise Thomas Rabsch 4, 8, 9, 10, 26, 27, 28, 62, 63, 64, 128, 156, 157, 158, 175, 270 (rechts), 275, 305 (unten), 354 (unten), 356, 357, 358, 392, 393, 394, 398 Lore Bermbach, TMD 30 (unten), 34 (unten), 35 (oben rechts), 38 (rechts), 42 (unten rechts), 67, 68, 70, 71, 73 (unten), 74, 76, 77, 79, 80, 81, 82, 83, 85, 86, 87, 89, 90, 91, 93 (rechts), 94 (oben rechts und unten), 97 (oben links), 151 (oben), 163 (oben links), 164, 166, 167, 169, 171 (rechts), 180, 181 (oben links), 183, 185 (unten), 186, 187, 188, 191, 192 (rechts), 194, 196, 198, 199, 200, 201, 202, 204, 205, 207, 208, 213, 214, 215, 216 (links), 218, 221, 223 (rechts), 224, 227, 228, 231, 232, 242 (unten rechts), 244, 247, 249, 252 (oben), 253 (oben), 258, 259, 260, 263 (oben rechts), 289 (unten)

Rheinische Post 40

Dominique Ecken, TMD 97 (unten rechts), 267 (oben)

Johannes Schütz 298 (unten rechts)

Werner Ruhnau (Multiperspektivisches Theater ... Dortmund 1959) 41

Bernd Uhlig 121

Conny Mirbach 349

Matthias Horn 129 (oben rechts), 350

Details aus dem Düsseldorfer Schauspielhaus: Mittelstütze im Foyer 4 Fassade 8 Kunstwerk von Günter Grote im Foyer Großes Haus 9 Leuchtelement im Foyer 10 Fußbodenmosaik 26 Schrankwand Intendanz 27 Außenwand 28 Natursteinwand (Travertin) im Eingangsbereich Großes Haus 62 Handlauf Foyer Großes Haus 63 Säule und Kunstwerk von Günter Grote im Foyer Großes Haus 64 Eiserner Vorhang, Gestaltung Günter Grote 156 Goldmosaik von Günter Grote im oberen Foyer 157 Mosaik im Eingangsbereich Kleines Haus 158 Teppich Foyer Großes Haus 356 Decke im Foyer Großes Haus 357 Marmorboden Foyer Großes Haus 358 Alter Fahrstuhl Foyer Großes Haus 392 Holzvertäfelung Zuschauerraum Großes Haus 393 Neuer Vorhang von Petras Blaisse im unteren Foyer Großes Haus 394 Fassade 398

Erwin Piscator / Walter Gropius, Totaltheater 1934, Die Bühne im Bauhaus. Mainz 1965 41 (unten)

Heinz Holzmann 130 (oben), 346

Sebastian Hoppe 42 (oben) 46, 47, 55 (unten), 113, 114, 115, 117, 118, 120, 123, 125, 126, 127, 129 (oben links und unten), 133 (oben rechts), 174, 182, 211, 216 (rechts), 217, 237, 238, 309 (oben links und unten), 310, 314, 316, 317, 319, 320, 321, 324, 326, 329, 331, 334, 337, 354 (oben links und oben rechts)

Sandra Then 133 (oben links und unten), 177, 305 (oben), 340, 353

Tonhalle Düsseldorf 42 (unten links)

Thomas Aurin 135

Jacques Polieri, scène sferic 43

Köhler, TMD 138 (unten)

Sisdisco, Wikimedia Commons 44 (oben)

Brend’amour, Simhart & Co., TMD 139 (oben), 140 (unten)

Stadtarchiv Düsseldorf 34 (Mitte links)

David M. Heald, Solomon R. Guggenheim Foundation, New York 44 (Mitte links)

Martin Knauer, TMD 141 (oben links)

aus dem Nachlass von Karl Wooge, Stadtarchiv Düsseldorf 34 (Mitte rechts)

BTU Cottbus-Senftenberg /  Multimediazentrum 44 (Mitte rechts)

Karl Wooge, Stadtarchiv Düsseldorf 35 (oben rechts), 36 (unten)

Siegbert Georgi, picture alliance / Shotshop 44 (unten)

Inge Goertz-Bauer, Stadtarchiv Düsseldorf 35 (unten)

ingenhoven architects /  CADMAN 48–49, 50, 51, 57

Bahnhofsbuchhandlung Grauert, TMD 30 (oben links) Claus Wolde, © F. Wolde 30 (oben rechts) Rudolf Eimke, TMD 33, 34 (oben)

Heinz Gräf, Stadtarchiv Düsseldorf 36 (oben) Bernadette Grimmenstein / TUP 37 (oben) Jürgen Henkelmann, © picture alliance / imageBROKER 37 (Mitte) Pedro Malinowski, MiRG 37 (unten links) Thilo Beu, Theater Bonn 37 (unten rechts) Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf (TMD) 38 (links), 137, 138 (oben und Mitte), 139 (unten), 140 (oben), 141 (oben rechts und unten), 142, 143, 145 (unten), 151 (unten), 178, 242 (oben), 243 Jürgen Retzlaff, Stadtarchiv Düsseldorf 39, 163 (unten links)

ingenhoven architects /  inside outside, Petra Blaisse 52 ingenhoven architects /  H. G. Esch Photography 55 (oben und Mitte) Kaspar Seiffert, TMD 73 (oben), 75, 240 Baus Mattar, TMD 93 (links) Sonja Rothweiler, TMD 94 (oben links), 95, 97 (oben rechts), 98, 99, 100, 102, 103, 104, 106, 107, 109, 110, 160, 171 (links), 172, 192 (oben links), 193, 195, 242 (unten links), 250, 252 (unten), 253 (unten), 254, 255, 256, 257, 263 (oben links und unten), 265, 266, 267 (unten), 268, 272, 276, 279, 282, 284, 285, 287, 290, 291, 296, 297, 302, 306, 309 (oben rechts), 345

Benno Tobler 130 (unten) Lucie Jansch 132, 339

Siebert, TMD 144 Liselotte Strelow, TMD 145 (oben), 149 (unten links und unten rechts), 150 (oben), 152 (oben rechts), 289 (oben) und 270 (links), Privatarchiv Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln 147, 149 (oben links und oben rechts), 150 (unten) Jürgen Theis, TMD 152 (oben links)

TMD: Theatermuseum der Landes­ hauptstadt Düsseldorf Die Rechte an den Bildern der Hausfoto­ grafen Sebastian Hoppe und Thomas Rabsch liegen beim Düsseldorfer Schauspielhaus.

Hans-Jürgen Witkowski, TMD 152 (oben Mitte), 155 Elfi Hess, TMD 152 (unten rechts) Boström, TMD 163 (unten rechts), 185 (oben), 223 (links) Ilse Buhs, Deutsches Theatermuseum München 181 (oben rechts) Georg Weise, TMD 181 (unten rechts) David Baltzer 245 Arwed Messmer 294, 295, 298, 299, 300

Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber zu ermitteln, weitere berechtigte Ansprüche bitten wir geltend zu machen. Dank an Sigrid Arnold, Anne Blankenberg, Arina Nestieva, ­Frederik Tidén für die tatkräftige Unterstützung.

397



In der Verwendung geschlechtergerechter Sprache folgen wir den Vorgaben des Verlages, außer es ist ausdrücklich von den Autorinnen und Autoren anders gewünscht.

Impressum fünfzig – Das Düsseldorfer Schauspielhaus 1970 bis 2020 Herausgegeben von Wilfried Schulz und Felicitas Zürcher © an dieser Textsammlung: Theater der Zeit, Berlin 2020 © an den Einzeltexten: die Autorinnen und Autoren Texte und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich im UrheberrechtsGesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeisung und Verarbeitung in elektronischen Medien. Verlag Theater der Zeit Verlagsleiter Harald Müller Winsstraße 72, 10405 Berlin, Germany www.theaterderzeit.de

Redaktion: Felicitas Zürcher Lektorat: Nicole Gronemeyer Grafische Konzeption: Agnes Wartner (kepler studio, Berlin) Gestaltung und Typografie: Yasemin Tabanoğlu Coverbild: Sebastian Hoppe Innenklappen: ingenhoven architects Druck und Bindung: optimal media GmbH Printed in Germany ISBN 978-3-95749-235-7 (Paperback) ISBN 978-3-95749-274-6 (ePDF)

399




Das Düsseldorfer Schauspielhaus wird fünfzig! Der Bau des Architekten Bernhard Pfau gilt als einer der prägendsten und radikalsten Kultur­bauten der sechziger und siebziger ­Jahre. Aus Anlass des Jubiläums und nach einer um­ fassenden Sanierung und Moderni­sierung blicken wir zurück: mit Beiträgen von Zeit­zeugen und Weggefährten, Kritikern und Wissen­schaftlern, mit umfangreichem Bild­material aus der Baugeschichte und den vergangenen fünfzig Jahren Bühnen­geschichte.


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