Positionsbestimmungen – IXYPSILONZETT. Das Magazin für Kinder- und Jugendtheater

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Positionsbestimmungen Expert*innenwissen reloaded Kannst du es sehen, das Plus? Lena Gorelik über zusammen+arbeiten | Kunstkritiker*innen sein oder werden? Cathrin Rose über die Expertise einer Kinderjury | Stückabdrucke aus Indien und China: Nisha Abdulla und Hu Xuanyi über Wissen und Nicht-Wissen | Forschen, fragen, inszenieren: Verena Lobert über das Berliner TUKI Programm


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STANDPUNKT

INTERNATIONAL

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WARTEN AUF EKLAVYA Von Nisha Abdulla

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WO SIND WIR JETZT? Von Hu Xuanyi

ZUSAMMEN+ARBEITEN Kannst du es sehen, das Plus? Von Lena Gorelik

JUNGE EXPERTISE 8

HIERMIT ERKLÄREN WIR EUCH ZU: EXPERT*INNEN Kinderjurys im Festival-Machtgefüge Von Cathrin Rose

ASSITEJ 18

WIE KOMMT DAS NEUE IN DIE WELT? Beobachtungen zur Online-Spielzeit mit+abstand von KJTZ und ASSITEJ Von Philipp Schulte

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BAUANLEITUNG FÜR EIN THEATER DER ZUKUNFT Ein Poster zur Spurensuche in München Von Studio umschichten

EDITORIAL Von Meike Fechner

Dieses Heft ist kein Mutmachheft über’s Mutmachthea-

Nähe, Kontakt, Austausch mit seinem einzigen Fahr-

und Birte Werner

ter. Was sollte das auch sein, Mutmachtheater in diesen

gast. Die Dramatikerin Hu Xuanyi hat für uns dieses

Zeiten? Wir haben Künstler*innen und Wissenschaft-

kurze Stück über unsere Zeit geschrieben, in dem Pas-

ler*innen gebeten, sich mit dem Thema Bescheidwis-

sagier und Busfahrer auch fragen, ob die Menschen

sen zu beschäftigen. Es geht in dieser Ausgabe um Rat-

vielleicht dann gleich sein werden, wenn alle nach Des-

losigkeit, um das Zuviel an offenen Fragen auf einmal.

infektionsmittel riechen. Die Autorin Lena Gorelik hat

Es geht auch darum, was im Theater nun neu entsteht,

das letzte Frankfurter Forum Junges Theater im Oktober

was wir schaffen und erschaffen können. Es geht um

2019 mit einem Vortrag eröffnet, der uns Mut macht

Wissen und Fragen, um Antworten, um Handeln und

zum zusammen+arbeiten. Wir drucken hier einen Aus-

gemeinsame Verantwortung. Es geht darum, wie man

zug ab: Man kann zwar allein sein, aber die Anderen,

Expert*in wird, wer Expert*in ist, wessen Expertise ge-

die Welt und ihre komplexen Fragen verschwinden

hört wird und was wir mit unserem Wissen anfangen.

davon nicht.

„Auf meiner Fahrkarte steht, dass ich hier sitzen

Das Theater der Digital Natives war in den letzten

muss“, sagt der (einzige) Passagier des Linienbusses

Monaten ein gesuchter Impulsgeber für viele

in Wo sind wir jetzt? Er will sich an die Regeln halten,

Kolleg*innen, die sich auf die Suche nach einer künst-

auch dann, wenn keiner guckt. Der Busfahrer will

lerischen Verknüpfung von digitalem und analogem


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THEORIE

WAS MACHT EIGENTLICH …

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DAS THEATER DER DIGITAL NATIVES Vom Wandel, neuen Narrativen und Dramaturgien in einem Theater der Generationen Von Irina-Simona Bârcă, Katja Grawinkel-Claassen, Kathrin Tiedemann

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THEATER WIE VIDEO? ODER: RICHTIG SPIELEN Ich will spielen: mit Anderen spielen Von Peter Markhoff und Peter Blum VON DER FORSCHUNGSREISE ZUR INSZENIERUNG TUKI ForscherTheater und TUKI Bühne Von Verena Lobert

EINFACH(E) TATSACHEN IN CORONA-ZEITEN Von Roland Horne

WAS INSPIRIERT EIGENTLICH … 36

MUT, DIVERSITY, ZEIT, ZUKUNFT Von Maike Gunsilius

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WISSENSWERT

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TERMINE | IMPRESSUM

PRAXIS 27

Theaterraum begeben haben. Dieses Theater will

sere Position der ‚Bescheidwisser*innen‘ mit Kindern

mehr: Es entsteht mit und für eine Generation, die sich

und Jugendlichen zu teilen oder ihnen diese Rolle ganz

gegen das politische Diktum der vorgeblichen Alterna-

zuzubilligen, das befragt Cathrin Roses Bericht über die

tivlosigkeit auflehnt. Es begegnet einem Publikum und

Arbeit mit der Kinder-/Jugendjury der Ruhrtriennale.

zunehmend auch Macher*innen, die die Welt gestalten

Das Poster in der Heftmitte ist eine Bauanleitung für

und Neues ausprobieren wollen. Die viel mehr sein wol-

ein Theater der Zukunft vom Stuttgarter Architektur-

len als zahlende Gäste auf festen Plätzen. Sie wollen ein

Kollektiv umschichten. Entstanden sind die Ideen dazu

Theater, das relevante Interaktion ermöglicht, die nicht

in einem Workshop mit Jugendlichen während des Ar-

ohne Konsequenzen bleibt.

beitstreffens Spurensuche unter dem Motto Bauen, was wir brauchen. Darstellende Künste für junges Publikum ge-

Wie begegnen wir den Kindern und Jugendlichen, mit

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stalten Zukunft im Juni 2020.

denen und für die wir arbeiten? Sagen wir ihnen die Wahrheit und kennen wir sie überhaupt? Wo werden

Viel Spaß beim Lesen und Entdecken! Und bringen Sie

Kinder und Jugendliche in der aktuellen Situation nach

sich doch auch als Expert*in ein: Diskutieren Sie mit

ihrer Meinung gefragt, nach dem Stellenwert, den Thea-

uns beim Frankfurter Forum Junges Theater: stadt+finden

ter für sie hat, nach ihren Ideen für ein neues Miteinan-

(12. bis 14. November) und nehmen Sie an der ASSITEJ

der mit Abstand? Wie schwer es uns offenbar fällt, un-

Mitgliederversammlung am 12. November teil.

Der Comiczeichner und Cartoonist @kriegundfreitag wirft mit dem Titelbild und seiner Bildstrecke einen ganz eigenen Blick auf die Themen, die uns in dieser Ausgabe beschäftigen. @kriegundfreitag wurde 2019 mit dem Grimme Online Award in der Kategorie „Kultur und Unterhaltung“ und 2020 mit dem Max und MoritzPublikumspreis ausgezeichnet. www.instagram.com/ kriegundfreitag


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ZUSAMMEN+ARBEITEN Kannst du es sehen, das Plus? Von Lena Gorelik

Wer arbeitet im Theater für junges Publikum? Wie arbeiten wir miteinander? (Wie) Funktioniert Zusammenarbeit? Woran denken wir dabei (zu wenig)? Welche Erzählungen ergeben sich daraus?

Siehst du mich, wie ich hier stehe, alleine? Wer hat mir die Erlaubnis dazu, das Podium gegeben? Wer erteilt mir das Wort, und warum? Und wem erteile ich das Wort, wenn ich schreibe, wenn ich Figuren sprechen lasse, oder gehört das Wort für immer mir, auch dann noch, wenn ich fremde Geschichten erzähle? Siehst du mich, wie ich hier stehe, alleine, und einen Text lese, von dem ich mir nicht sicher bin, ob er nicht zu literarisch ist, weil wir hier über Theater sprechen, über Kinder- und Jugendtheater, weil es hier um Arbeit gehen soll, und viel wichtiger noch um Zusammenarbeit, weil ich gerade an einem Kindertheaterstück arbeite, das nicht nur am PATHOS Theater in München aufgeführt wird, sondern zusammen mit dem Theater, zusammen mit Kindern entsteht. Oder stehe ich wegen des anderen hier, wegen des Zusammen, weil es mir in allem, was ich schreibe, was ich sehe, was ich frage, was ich denke, so wichtig ist, diese Frage? Wie leben, arbeiten, schreiben, streiten, lieben wir zusammen? Es gibt gute Gründe dafür, für dieses Zusammen zu kämpfen. Weil ich das Antonym kenne, das Alleine. Das Alleine habe ich kennengelernt, da war ich so, wie diejenigen, für die und über die – und hoffentlich mit denen zusammen – wir, du und ich, Theater machen, ich war ein Kind, und das Kind ist jugendlich geworden, und das Ge-


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STANDPUNKT | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 5

fühl blieb. Ich war, was man „Migrantenkind“ nennt, was man aus

Wir sind die, die Worte in den Händen halten, sie aufs Papier

Statistiken kennt, was die anderen Kinder „anders“ nannten, ich

drücken, sie auf Bühnen bringen, sie Figuren und Menschen in den

stand da ohne Sprachkenntnisse und Freunde, ich sah allen anderen

Mund legen, wir sind es, die das Wort beherrschen, die Anordnung

beim Leben zu.

der Sätze, die Setzung der Themen, den Blickwinkel, die Perspektive, wir sind es, die Entscheidungen über Wahrnehmung und Defi-

zusammen+arbeiten: Kannst du es sehen, das Plus? Kannst du diese

nition treffen, wir geben vor, wir stellen hin, stellen auf, stellen dar,

zwei Striche sehen, die sich kreuzen, die sich an einem Punkt tref-

auch die Entscheidung, wen wir beim Schreiben mitdenken, wessen

fen? Kannst du, wenn du genau da stehst, an diesem Punkt, wo sich

Gedanken, wessen Lebenswelten, wessen Ansichten, wessen Fra-

die beiden Striche treffen, kannst du alles andere sehen, ein Stern-

gen, wessen Wut, wessen Ich. Das Sternchen ist ganz klein, und

chen zum Beispiel, den Punkt in der Mitte, dieses eine kleine Zei-

manche beschweren sich, dass es den Lesefluss störe, das Sternchen

chen, wie von Kinderhand gemalt, kannst du es sehen, das Stern-

ist noch bedeutsamer als die Frage, welche Gender-Identifikationen

chen, das alles kann? Das Sternchen ist klein, noch kleiner als das

mitgesprochen, geschrieben werden. Das Sternchen vermag, auf Le-

Plus, aber es kann, was so viele heutzutage – oder war es schon immer

bensrealitäten hinzuweisen, die größer sind, als was wir kennen, es

so? – nicht mehr können: Es kann inklusiv. Es kann alle meinen und

mag zeigen, dass die Welt größer ist als wir.

nicht nur sich selbst und nicht nur jene, die so sind, wie man selbst, oder so aussehen, oder so denken, oder so sprechen, oder so arbeiten,

Siehst du das Plus, das ich auch sehe, aus dem meine Augen gleich

oder so glauben, oder so lieben, oder sich selbst so identifizieren, oder

ein Sternchen machen, bei dem ich nicht ans Schreiben denke, weil

so verdammt austauschbar sind. Das Sternchen ist anders: Das Stern-

es zu einfach wäre, es nur in Worte hineinzutippen, es geht darum,

chen sagt „alle“, es braucht nicht viel Raum dazu, und erhebt so groß-

es mitzudenken, weiterzudenken, abseits von Kategorien zu denken,

artig unkonform die Stimme: Es stellt sich einfach mitten ins Wort.

von Berufsbezeichnungen, Autor*in, Dramaturg*in und so weiter,

In diese wohl geordnete, von Regeln beherrschte deutsche Sprache,

von festen Strukturen, weiterzudenken, über jede Barriere hinaus,

es traut sich, einfach mitten hinein: Autor*innen. Schauspieler*innen.

Barrieren wegzudenken, abzubauen, den Raum zu öffnen, auch für

Zuschauer*innen. Dramaturg*innen.

diejenigen, die nicht wissen, wie Theater buchstabiert wird, für die-

Und wir, wir kommen dem Sternchen einfach nicht schnell

jenigen, die nicht ahnen, was Inszenierung heißen könnte, und

genug hinterher: Ich zum Beispiel muss das noch lernen, das

seien wir mal ehrlich, das vielleicht nicht tun müssen. Den Raum

Sternchen mitzusprechen. Autor*innen. Nicht, weil es mir schwer

zu öffnen für das, was sie denken und sehen, und damit auch den

fallen würde, daran zu denken, nein, sondern weil mir die Ausspra-

Raum zu öffnen für das, was Theater vermag.

che tatsächlich schwer fällt: Diese Pause genau einzuhalten, nicht

Siehst du das Plus, das kleine, zwischen „zusammen“ und

zu kurz und nicht zu lang, sondern genau richtig, und dann das

„arbeiten“, kannst du es sehen? Wenn wir über das Schreiben, über

„innen“ hinterher, mit dem kurzen Vokal und dem doppelten „n“,

Theater, über das Schreiben für, im und übers Theater sprechen,

was mich sofort in andere Zeiten versetzt, als ich elf Jahre alt und

dann tun wir das nicht in einem vakuumgefüllten Raum, wir tun es

ganz neu in Deutschland war, und fremd und verwirrt und ver-

in der Welt. Das war, seit es Theater gibt, der Fall, das ist vielleicht

dammt einsam und wortlos auch, und ich so stolperte durch die

das Großartige daran. Theater ist ein Widerhall, es ist eine Antwort,

deutsche Sprache und ganz oft auch über den Unterschied von kur-

obwohl oder weil es gleichermaßen eine Frage ist, es arbeitet, selbst

zen und langen Vokalen, die es in meiner Muttersprache, im Rus-

wenn wir beschließen, in geschlossenen Räumen zu arbeiten, wenn

sischen, nicht gibt. Ich kannte das Wort inklusiv nicht, ich kannte

Dramaturg*innen alleine an den von Autor*innen alleine verfassten

aber vor allem das andere nicht, das dazugehörige Verb: Inkludiert

Texten arbeiten, und Regisseur*innen mit Schauspieler*innen in

zu werden.

geschlossenen Räumen proben, sie bis zur Premiere jedem Zu-


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schauer*innenauge entziehen, auch dann arbeitet sich jede*r von

ihnen Themen vorzulegen, ihnen Worte in den Mund zu legen. Ich

ihnen am Leben ab, an allem. Alles windet sich in die Theaterstücke

traue mich nur mit ihnen zusammen. Ich schreibe ein Kinderthea-

und -performances an jeder Stelle des Arbeitsprozesses hinein,

terstück, ich arbeite mit dem PATHOS Theater in München zusam-

nimmt sich selbstbewusst Platz. Wenn wir also heute über das

men. zusammen+arbeiten: Wir haben ein Thema überlegt, vielleicht

Schreiben und Theater und beides in Kombination sprechen, dem

hat uns das Thema gefunden. Mein Sohn trägt gerne Mädchenklei-

Schreiben fürs Theater, dann ist es so, wie es schon immer war: Wir

der, er sagt, sie wirbeln so schön. Er trägt Kleider, wie ich sie niemals

tun das inmitten dessen, was man*frau als Leben, als Gesellschaft

tragen würde, er trägt sie auch in die Schule, er tut das schulterzu-

bezeichnet, wir tun das in einem historisch und gesellschaftlich ge-

ckend. Er sagt, sie lachen ihn aus, aber er sagt auch, sie seien dumm.

prägten Raum, wir tun das von Menschen, Ländern, situativen Be-

Weil sie nicht wüssten, dass jede*r tragen dürfe, was er*sie will. Es

dingungen umgeben, wir können höchstens in unseren Köpfen so

gibt nichts, was wir Kindern, die noch nichts über die Existenz des

tun, als wären wir das nicht: zusammen.

Gender-Sternchen wissen, aber alles darüber, was es zu sagen und

Wenn wir Theaterstücke für Kinder und Jugendliche schrei-

an Denkraum auszuweiten versucht, erzählen können, und es wäre

ben, entwickeln, kommentieren, produzieren, auf die Bühne brin-

anmaßend zu sagen, wir bringen Kinder auf eine Bühne, die solche

gen, zeigen, dann maßen wir uns per se etwas an: Wir maßen uns

Geschichten wie ihre erzählen, damit sie sich repräsentiert fühlen,

an, ihnen erzählen zu dürfen. Wir maßen uns zum Beispiel an, em-

damit sie sichtbar werden. Es steckt immer auch eine Hierarchie in

pathisch genug zu sein, um uns in ihre Köpfe, ihre Herzen versetzen

dieser Forderung, eine Minderheit, eine Gruppe möge sich reprä-

zu können, wir erinnern uns selbst, wie es war, alleine auf dem

sentiert fühlen, so grundsätzlich wichtig sie auch ist. Es hat ein biss-

Schulhof zu stehen, verliebt zu sein und keine Worte dafür zu fin-

chen den Ton von „jemandem das Wort erteilen“. Strukturen, die

den, wir beobachten vielleicht unsere Kinder, wir recherchieren gar –

fest gewachsen sind, sind auch jene von Macht.

und maßen uns dennoch an: Ihnen ihre Welten zeigen zu können.

Hat sie nicht immer jemand, die Macht? An den Struktu-

Wir maßen uns an, zu wissen, welche Themen interessant sein

ren rütteln: Ich bin es nicht, die für die Kinder ein Theaterstück

könnten, oder schlimmer noch, welche Themen für sie von Bedeu-

schreibt. Vielleicht kann ich es so formulieren: Sie sind es, die mit

tung sein sollten, wir urteilen bereits, wenn wir mit der Arbeit begin-

mir ein Theaterstück schreiben. Sie sind es, die mir die Erlaubnis

nen. Wir weisen ihnen, um die es geht, für die dieses Theater ent-

geben, vielleicht. Sie sind es, die mir Weltsichten schenken, wenn

steht, Plätze zu, Sitzplätze, Stehplätze, Momente zum Sprechen, wir

ich genau hinschaue, genau hin höre, wenn ich all das höre, was

weisen ihnen vorgefertigte Rollen zu, wir hierarchisieren.

mir nicht ins Konzept passt, was dem widerspricht, was in mei-

Strukturen haben diese Angewohnheit, festzuwachsen. Sie

nem Kopf herum schwirrt. Weltsichten auch derjenigen, die selten

haben diese Art, mit einer Haltung da zu stehen, als gäbe es kein

zu Wort kommen, möglicherweise nie. Die Kinder nach ihren Fra-

Hinterfragen, sie lehnen so wahnsinnig lässig am Zaun, als wüssten

gen fragen, ihnen den Raum geben, ihnen diesen Raum langsam

sie, dass es ohne sie nicht geht. Es ist an uns, sie aufzubrechen

geben, Erwartungen weg kicken, die eigenen, ihre, nichts wissen,

Wenn wir Strukturen nicht aufbrechen, bleiben sie stehen. Und wir

für einen Moment nichts sein, noch nicht einmal Autorin. Wir

sind es, die sie stehen lassen.

warten, bis sie anfangen zu erzählen. Sie wissen ja nicht, dass wir das auch nie werden wollten, erwachsen. Sie machen sich keine

Siehst du mich, wie ich hier stehe, alleine und viel zu erwachsen,

Gedanken darüber, was bühnentauglich ist, und wofür man gut

obwohl so klein?

Fördermittel beantragen könnte, aber sie haben möglicherweise

Ich schreibe ein Kindertheaterstück, aber ich traue mich

eine Meinung zu einem Jungen, der ein Kleid trägt, und mögli-

nicht, ein Theaterstück für Kinder zu schreiben. Ich traue mich

cherweise möchten sie keine Meinung zu einem solchen Jungen

nicht, ihnen Geschichten zu erzählen, ihnen Themen zu klauen,

haben.


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Das Kindertheaterstück wird von dem Autor*innen-Theater-

die Entwicklung in unserer Gesellschaft mitzudenken, als fände

Projekt Nah dran! gefördert, also versuchen wir das zu sein: Nah

Theater in einem vakuumgefüllten Raum statt. Als würden die Kin-

dran. Wir nähern uns den Geschichten und Themen und Gedanken

der und die Jugendlichen, die in unseren Theatern sitzen, die unsere

wie wachenden Hunden: So nah, wie sie uns eben lassen. Siehst du

Stücke sehen, in unseren Stücken vielleicht mitmachen, nicht in

uns da stehen? Wir bitten sie um ihre Worte, aber wir erteilen ihnen

dieser Gesellschaft aufwachsen, in der das Zusammen immer mehr

nicht das Wort. Wir maßen uns nicht an, uns in sie hinein zu ver-

an Basis verliert. In der Zusammen etwas ist, was zunehmend mit

setzen, zu erklären. Wir arbeiten zusammen, wir mit ihnen und sie

roher Gewalt bedroht wird, in der wir zwar entrüstet, aber dennoch

mit uns. Das Zusammen ist ein Raum, wir schreiten den Raum zu-

nichtstuend zusehen. Theater geschieht in der Welt, es handelt von

sammen ab, finden heraus, was möglich ist, was gesagt werden

der Welt, es erzählt die Welt, hinterfragt und zeigt sie. Es kann und

muss, und was nicht darf, niemand herrscht im besten Fall über die-

darf die Welt verdrehen, überhaupt es kann und es darf. Das Theater

sen Raum. Das Theater ist nichts weiter und nichts weniger als ein

darf der Ort sein, an dem die Welt verhandelt wird, und es darf nicht

Ort: An den wir Sammelstücke mitbringen. Wir ordnen das Gesam-

nur dieser Ort sein, nicht nur der Ort der Verhandlung von Welt. Es

melte an, fügen zusammen und lassen weg, wir bringen es zusam-

muss auch ein Ort des Aushandelns sein, von Positionen, von Fra-

men auf die Bühne. Wir fügen hinzu, auch das tun wir zusammen.

gen, wer darf erzählen und warum, wem gehört die Geschichte, wer,

Augen, die gemeinsam darauf achten, was mit dem Gesammelten

verdammt noch mal, hat hier das Sagen, wer hat wem das Wort er-

geschieht, wir passen zusammen darauf auf. Wir stehen an diesem

teilt. Es muss der Ort sein, von dem Barrieren abgebaut werden, wie

Punkt, kannst du uns sehen, wir sind uns unseres Standpunktes be-

Kulissen das auch werden, es muss der Ort sein, an dem die Kulisse

wusst. Wir nehmen so viele mit, wie es geht, wie wollen.

eine andere, eine neue sein darf. In kleinen Schritten, in einem Ein-

Hierarchien abbauen, Teilhabe erweitern, Zugänge schaffen,

lassen, in einem Widerstand, in sich selbst bekämpft. Es wird nicht

Barrieren entfernen: Das sind große Vorhaben, noch größer sind

immer einfach sein, und ich verspreche noch mehr: Es soll nicht

die Worte, und wie es bei großen Worten häufig der Fall ist, verfallen

einfach sein. Weil nichts geschieht, wenn es einfach ist. Weil wir

sie manchmal zu Plattitüden. Jede*r findet sie gut, aber niemand

stolpern müssen, übereinander und miteinander, wir müssen stol-

weiß, was konkret zu tun wäre, also begnügt man*frau sich damit,

pern, um zusammen wieder aufstehen und zusammen+arbeiten zu

fleißig und zustimmungsvoll zu nicken, Sätze, die die hehren Ziele

können.

bekräftigen, in Förderanträge hinein zu schmuggeln, und auf jeden

Wenn wir es nicht tun, was ist es dann, was macht es aus

Fall dahinter zu stehen. Siehst du mich hier stehen, siehst du mich

uns in unserer Position, was sagt es über uns aus? Siehst du mich,

sprechen, siehst du mich etwas tun?

wie ich alleine hier stehe?

Siehst du ihn, den nächsten Schritt? Nein, ich schaffe es nicht, Teilhabe grundsätzlich zu erweitern, und nein, ich bin nicht größenwahn-

Der Text ist eine gekürzte Fassung des Eröffnungsvortrags des Frankfurter Forum Junges Thea-

sinnig, ich bin es nicht, die die Sache mit der nicht-vorhandenen In-

ter: zusammen+arbeiten, das vom 10. bis 12. Oktober 2019 im Künstlerhaus Mousonturm in

klusion ändert, ich ändere nicht die Welt. Aber ich inkludiere. Ich stehe

Frankfurt stattfand. Der vollständige Text ist auf KJTZ – Das Blog (https://kjtz.co/) abrufbar.

nicht alleine, ich schreibe nicht alleine, ich arbeite nicht alleine, ich will zusammen sein. Möglicherweise mit jenen, mit denen ich es nicht

Lena Gorelik, geboren 1981 in St. Petersburg, kam 1992 mit ihrer Familie nach Deutschland.

gewohnt bin, zu sein, zu arbeiten, zu denken, zu schreiben.

Mit ihrem Debütroman Meine weißen Nächte wurde sie als Entdeckung gefeiert. Sie hat seit-

Es ist, da in den letzten Monaten Männer mit rechtsextre-

dem sechs weitere preisgekrönte Romane und zahlreiche Essays veröffentlicht. Sie arbeitet

men Gedanken in unserem Land Menschen auf offener Straße er-

derzeit an ihrem ersten Theaterstück für Kinder und erhielt 2020 mit dem PATHOS Theater

mordeten, schwer von „zusammen“, vom Plus zu sprechen, ohne

München die Autor*innenförderung Nah dran! Neue Stücke für das Kindertheater.


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8 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | JUNGE EXPERTISE

HIERMIT ERKLÄREN WIR EUCH ZU: EXPERT*INNEN Kinderjurys im Festival-Machtgefüge Von Cathrin Rose

Die kanadische Performancegruppe Mammalian Diving Reflex (MDR) etablierte bei der Ruhrtriennale die Children's Choice Awards. Fast 300 Kinder begleiteten das Festival als Kunstexpert*innen und stellten Gegebenes in Frage.

Die Frage nach Expert*innentum hat in den letzten Monaten weltweit eine große gesellschaftliche Relevanz bekommen. Wer ist Expert*in, wessen Fachwissen ist das richtige, welche Vorschläge und Maßnahmen der Expert*innen befolgen wir – und welche nicht? Wer bestimmt, wer ein*e Expert*in ist? Corona zeigt deutlich, dass Expert*innentum nicht nur studiert, erworben, erlernt werden muss: es muss einhergehen mit Befugnissen, mit Macht. Um die zu erhalten, reichen Studienabschlüsse, Doktortitel, Fachartikel alleine nicht – es braucht Menschen, die dafür sorgen, dass Beschlüsse umgesetzt werden, es braucht eine Berichterstattung, die für Akzeptanz in der Gesellschaft sorgt. Pascal Ulrich, Teilnehmer der Children’s Choice Awards 2012 und damals 12 Jahre alt, war in der Spielzeit 2019/20 FSJler beim Jungen Schauspielhaus Bochum. Ich habe ihn gefragt, wie wir aus ihm und den anderen Kindern Expert*innen gemacht haben. Hier seine Antwort: „Bis zu dem Moment, in dem wir in einem der Stücke gesessen haben, wusste ich nicht, worum es geht. Ich war vorher nicht im Theater, die meisten von uns nicht. Wir kamen ja alle nicht von irgendwelchen highclass Gymnasien. Da waren wir also, alles Kinder, und saßen in der ersten Reihe und haben uns Kunst angeschaut und mit


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JUNGE EXPERTISE | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 9

Künstler*innen geredet. Ihr habt ja nicht gesagt, dass wir jetzt erst

weil sie Kinder sind. Dann führen die Künstler*innen von MDR mit

einmal Experten werden müssen. Sondern ihr habt uns einfach so

den Schüler*innen eine Diskussion darüber, ob jede aufgeführte

behandelt, als wären wir welche. Damit habt ihr auch gesagt, dass

Einschränkung fair ist oder nicht, und sie stimmen darüber ab. Die-

man gar nichts Besonderes können muss, um Theater zu verste-

ser Workshop trägt dazu bei, die Schüler*innen mit der grundlegen-

hen.“

den politischen Motivation der Children’s Choice Awards vertraut zu machen. Die Schüler*innen denken über ihre Rolle in der Gesell-

Die Children’s Choice Awards von Mammalian Diving Reflex sind eine

schaft nach und über ihre Fähigkeit, fundierte Entscheidungen tref-

Intervention in die Struktur und die Institution einer Kulturorganisa-

fen zu können. Bei den Aufführungen selber bekommen die Jury-

tion: Eine Gruppe von siebzig 10 bis 13-jährigen Kindern aus mehreren

kinder im Anschluss an jede Vorstellung einen Auswertungsbogen,

öffentlichen Schulen wird zur offiziellen Festival-Jury ernannt. Sie wer-

abgefragt werden die Gefühle und Gedanken zur gerade gesehenen

den zu den einzelnen Aufführungen gefahren, um sich Kunst anzu-

Veranstaltung. Die Auswertung dieses Bogens ist die Grundlage der

schauen, sich Notizen zu machen und alles zu bewerten. Die

Preise, die vergeben werden, insbesondere des Hauptpreises der

Juror*innen orientieren sich an Kriterien, die sie aus ihrem umfang-

besten Veranstaltung des Festivals.

reichen Fachwissen entwickelt haben. Sie bestimmen gemeinsam etwa 50 Preiskategorien und Gewinner*innen. Das Projekt gipfelt

Die magische Zutat, die die Children’s Choice Awards zu dem macht,

in einer Preisverleihungszeremonie, bei der die Kinder den Gewin-

was sie sind, ist die Tatsache, dass das Festival die Kinder offiziell

ner*innen, die alle von ihnen selbst bestimmt und mit ihren eigenen

zu Expert*innen erklärt und dafür Sorge getragen hat, dass alle, die

Worten beschrieben werden, handgefertigte Trophäen überreichen.

mit diesen Expert*innen in Kontakt kamen, sie als solche behandeln

Es gibt bei den CCAs insgesamt sechs Workshops für die Ju-

und respektieren, seien es Künstler*innen, Publikum oder alle Mit-

rykinder, vor Beginn und während des Festivals. Der erste Workshop

arbeiter*innen des Festivals selbst. Darren O’Donnell, künstleri-

führt die Kinder in den Kontext des Projekts und seine größeren

scher Leiter von MDR und Erfinder der CCAs, hat diesen Vorgang

künstlerischen Ziele ein. Hier wird die Arbeit von Mammalian Di-

mit einer Hochzeit verglichen, die als performativer Akt konkrete

ving Reflex beschrieben und diskutiert und andere internationale

Folgen im eigenen Leben hat: eine geänderte Steuerklasse oder viel-

Künstler*innen vorgestellt, deren Arbeit als „soziale Praxis“ oder

leicht einen anderen Nachnamen. Ähnlich ist es bei den Children’s

„relationale Ästhetik“ angesehen wird, wie zum Beispiel jene des

Choice Awards: Es sind ganz konkrete Folgen, die mit dem Satz

mexikanischen Künstlers Gustavo Artigas: in seinem Projekt Rules

„Hiermit erklären wir euch zu Expert*innen für Kunst“ einherge-

of the Game fand auf einem Spielfeld gleichzeitig ein Basketball- und

hen. Insignien der Macht sind ein roter Teppich vor jedem Theater,

Fußballspiel statt. Es ging dabei nicht um den Wettkampf, sondern

Plätze in der ersten Reihe zu jeder Premiere und eine Begrüßung,

um die Verhandlung des zur Verfügung stehenden Platzes und des-

wenn die Jury als letzte Zuschauer*innengruppe ihre Plätze ein-

sen Nutzung. Dieses Projekt hat im Jahr 2000 mit Mannschaften

nimmt. Als Expert*innen sitzen die Kinder auf den teuersten Plät-

aus den USA (Basketball) und Mexiko (Fußball) in der Metropole

zen, neben Menschen, die für dieses Privileg sehr viel Geld zahlen.

San Diego/Tijuana stattgefunden und über die Nutzung zweier

Damit hatten nicht nur einige Zuschauer*innen ihre Probleme, son-

Sportsysteme das gleichzeitige Existieren unterschiedlicher Ordnun-

dern auch die Künstler*innen selber. Eine Opernsängerin hat ihren

gen thematisiert.

Auftritt verweigert, da sie der Meinung war, dass die Kinder in der

Gemeinsam wird über den sozialen Aspekt der Children’s

ersten Reihe stören würden. Als im zweiten Jahr der CCAs bei der

Choice Awards gesprochen und warum es sich dabei um Kunst han-

Ruhrtriennale der Kartenverkauf in der teuersten Kategorie zurück-

delt. Ein weiterer Workshop beschäftigt sich mit Kinderrechten. Hier

gegangen war, blieb die Kinderjury dennoch in der ersten Reihe sit-

listen die Kinder erst all die Dinge auf, die sie nicht tun dürfen, nur

zen. Diese radikale Konsequenz hat dafür gesorgt, dass es keine


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leere Behauptung war, dass die Kinder die Expert*innen des Festi-

vorbereitet, wenn überhaupt hätte man die Erwachsenen schulen

vals sind, sondern dass es zu einer Realität wurde. Kindern muss

müssen: in Bezug auf Offenheit, Interesse und Zugänglichkeit

Macht zugestanden werden, es muss ihnen Platz gemacht werden,

ihrem fragenden Publikum gegenüber.

auch da, wo es wehtut. Kein*e Künstler*in steht über den

„Ich hatte vorher nie das Gefühl, dass meine Meinung etwas

Expert*innen und auch finanzielle Gründe können ihnen ihren Sta-

bedeutet. Es wird einfach nirgendwo gefördert, dass Kinder frei

tus nicht entziehen. Dazu braucht es die Machthaber*innen selber,

denken. Ich habe mich sehr ernst genommen gefühlt, wahrgenom-

die die Interessen dieser Kinder schützen, die ihre Macht dazu ein-

men. Man hat sich wie der krasseste Shit gefühlt, so wie ihr uns be-

setzen, die Macht der Kinderexpert*innen zu erhalten. Heiner Goeb-

handelt habt. Nicht nur der rote Teppich, auch die Gespräche mit

bels, unter dessen künstlerischer Leitung die Kinderjury stattfand,

den Künstler*innen. Wir haben uns ganz schnell in kleine Kunst-

glaubt an eine direkte, nicht weiter vermittelte oder kommentierte

kritiker*innen verwandelt. Du musst den Leuten nur eine Plattform

Konfrontation von Künstler*in/Werk und Rezipient*in, an die vo-

geben, die Möglichkeit dazu – und dann passiert so etwas auch.“

raussetzungslose Kunsterfahrung – ganz gleich, ob es um ein Kind

(Pascal Ulrich, CCA-Teilnehmer)

oder eine*n Erwachsene*n geht. Seine bedingungslose Unterstützung war ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Projektes; für ihn

Seit 2012 hat sich viel getan. Da muss man sich nur die Gruppen

stand außer Frage, dass Kinder Expert*innen für Kunst sind. Noch

und Nachwuchs-Institutionen ansehen, die sich selbst zu Ex-

heute finden sich die Preise, die ihm die Jury verliehen hat, auf sei-

pert*innen und Theatermacher*innen erklärt haben und die zeigen,

ner Internetseite – neben renommierten Preisen für sein Lebens-

was sie können, was sie wollen und wie die Kunst aussieht, die ihnen

werk.

wichtig ist: Das Theater X (vormals JugendtheaterBüro Berlin) zum Beispiel, das Import Export Kollektiv in Köln, Mit Ohne Alles (eine

Oft fragen Kolleg*innen nach den Künstler*innengesprächen – und

Gruppe bestehend aus ehemaligen Jurykindern der Ruhrtriennale)

danach, wie die Kinder darauf vorbereitet wurden. Diese Gespräche

oder das 2019 gegründete AYŞE X-Staatstheater in München. Wich-

im Anschluss an die Aufführungen waren immer so gut wie die Of-

tig sind die Radikalität und Selbstverständlichkeit, mit der sie han-

fenheit und das Interesse der teilnehmenden Erwachsenen. Die Kin-

deln. Wir erwachsenen, etablierten Kulturschaffenden müssen sol-

der haben sofort gespürt, ob sie ernst genommen werden, ob ein In-

che und andere Initiativen und Institutionen schützen und stärken,

teresse an ihren Fragen, an ihrer Sicht auf die Kunst besteht, oder

ihre Expertise anerkennen – und etwas von unserer Macht abgeben.

nicht. Wer eine anfängliche Unbeholfenheit ausgehalten und sich

Denn diese jungen Leute verfügen über ein umfangreiches Fach-

eingelassen hat, durfte außergewöhnliche Gespräche führen – ganz

wissen, das wir nicht haben. Sie sind die Gegenwart und ihnen ge-

besonders im Falle einer Tanzperformance bei PACT Zollverein, die

hört die Zukunft.

der Jury nicht gefallen hat. Die Jurymitglieder hatten schon einige andere Aufführungen gesehen und mit Künstler*innen gesprochen, so dass sie selbstbewusst in das Gespräch hineingingen. An zwei

Cathrin Rose leitet das Junge Schauspielhaus Bochum, zu dem das neu gegründete Theater-

Szenen machten die Kinder ihre Kritik fest, die sie unablässig hin-

revier für Kinder und Jugendliche gehört, eine Spielstätte für inklusives und diversitätsorien-

terfragt und auseinandergenommen haben. Es waren genau die Sze-

tiertes Theater für und mit einem jungen Publikum. Zuvor war sie Dramaturgin bei der Ruhr-

nen, die bis kurz vor der Premiere zu großen Auseinandersetzungen

triennale, wo sie die Vermittlungsabteilung aufbaute und leitete sowie Programmreihen wie

innerhalb des künstlerischen Teams geführt haben. Das wachsende

No Education und Junge Kollaborationen entwickelte.

Interesse der beteiligten Erwachsenen an der Sicht der Kinder hat zu einem Austausch geführt, aus dem Kinder wie Erwachsene einen Gewinn gezogen haben. Die Kinder wurden nicht auf die Gespräche


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WARTEN AUF EKLAVYA Von Nisha Abdulla

1. Zwei Zehntklässler*innen chatten, während sie auf ihre Online-Schulstunde warten – Alles so lame. – Hast du die Hausaufgabe fertig? – Welche? – „Erörterung der Zukunft von Bildung in der postpandemischen Welt.“ – Hab’s nicht mal versucht. – Hast du die Rundmail gesehen? – Ich erinnere mich dunkel … – Online-Kurse bis zum Jahresende. – Ich will endlich wieder ins Schwimmbad. – Och, bei mir läuft’s grad super, eigentlich. – Ja klar. Du hast auch ’ne Sozialstörung. – Wir müssen gleich irgendwas abgeben. Der Lehrkörper ist jede Minute hier. – Hausaufgaben in einer Pandemie? Echt unmenschlich. – 40 % der Hausaufgabe zählen für die Abschlussnote. – Abschluss? – Wieso nicht? – Wie übertrieben. Es wird doch alles eher nur noch schlimmer. – Das ist geradezu faschistisch. Wir sollten zur Antifa. – Zwei Schüler*innen gekreuzigt / – die freies Denken fordern / – sowie ein Jahr frei vom Benotungs-Wahnsinn /


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– während der Pandemie.

– Naja, Eklavya redet ja aber nicht grad viel.

– Könnte irgendwie unser Heiland sein.

Wir waren letztes Jahr im selben Team

– Der Tod?

bei diesem Chemie-Contest. War voll ok.

– Du bist echt makaber. Ich meine das

Aber wir hängen jetzt nicht ständig ab

Virus. – Da haben wir wieder das Thema der Hausaufgabe … – Wie konnte ich das vergessen. „Die Zukunft der Bildung ist geil.“ – Du musst mehr übertreiben, also blumi-

oder sowas.

– Wer weiß denn eigentlich noch irgendwas … – Nicht mal die Erwachsenen haben ’nen Plan. – Sie reden nur so, als hätten sie einen.

– Er wirkt manchmal so ängstlich.

– Voll.

– Also wir waren alle nett zu ihm.

– Manchmal reden die so viel, dass es kei-

– Er ist eben anders. Seine Eltern sind Bauarbeiter.

nen Sinn mehr macht. – Das macht mir Angst.

– So Architekten?

– Die wollen nur alles unter Kontrolle haben.

ger. Der Lehrkörper sagt: Übertreibung

– Nee. Tagelöhner.

– Sie haben immerhin noch die Abschluss-

macht anschaulich.

– Hat er dir das erzählt?

prüfungen unter Kontrolle … „Die Zu-

– Nee. Sie haben unser Haus gebaut.

kunft der Bildung als Internetverbin-

– „Die Zukunft der Bildung ist in den besten Händen.“ – „Das allgegenwärtige Durchdringungsvermögen des Internet ermöglicht einen geradezu nahtlosen Übergang ins Digitale …“ – „… und ist eine Möglichkeit für

– Warum erzählst du mir das? – Stört dich das? – Klingt, als wär’s ein Geheimnis. Was meinst du mit „gebaut“? – Na Zement, Backsteine und so. Da hab

dung und freier Lernzugang.“ – Vielleicht hat er kein Geld für Datenvolumen? – Ich sterbe ohne mein Datenvolumen. – Voll!

ich ihn das erste Mal getroffen. Und mein

– Was ist, wenn er kein Geld für Essen hat?

Schüler*innen wie uns, an die besten

Vater hat seinem Vater geholfen, was zu

– Kann sein … Es gibt nirgends mehr

Unis der Welt zu kommen – während

finden, wo sie pennen können … Also

wir im Schlafanzug chillen, mit Kissen

so’n leerstehendes Grundstück, zum Ver-

– Was ist mit seinen Leistungskursen?

und Kartoffelchips.“

walten. Und die Eigentümer dort haben

– Was weiß ich.

ihm dann geholfen mit dem Papierkram

– „Die Zukunft der Bildung ist gleicherma-

– „Du musst deine Ziele für die Zukunft überdenken …“ – Der Lehrkörper würde hinzufügen: „… mein Lieber“. Ich kotze. – Aber mit Eklavya spricht er anders. – Stimmt. Dann würde er sagen: „Du bist undankbar und deine Zielsetzungen

für die Schule.

Arbeit …

ßen düster.“

– Das erklärt Einiges.

– Er braucht bestimmt kein Mitleid von dir.

– Ich fürchte, ich bin der einzige, mit dem

– Das ist kein Mitleid … Wieso ist es denn

er überhaupt geredet hat. – Glaubst du, seine Eltern haben jetzt noch Jobs?

sind hochgradig problematisch, junger

– Weiß nicht. Mein Vater ist in Kurzarbeit.

Mann.“

– Mama auch. Ich hab in der Mediathek

bitte ok, dass er nicht da ist, wenn wir die ganze Zeit in den Kursen hocken müssen? – Ich glaub’, keiner hat mitgekriegt, dass er weg ist. – Ja, ist schon ’ne Weile her. Bisher hat nie-

– Woher kommt das, was meinst du?

gesehen, dass die Leute vom Bau wieder

– Er denkt, dass Quoten-Schüler*innen

in ihre Käffer gehen, weil’s hier keine Ar-

– Er schneidet seinen Daumen ab …

beit mehr gibt.

– Häh?

zum Abschuss freigegeben sind. Manchmal ist der Lehrkörper wie ’ne große Wanne gammliger Joghurt. Echt ein Arsch.

– Meinst du, dass die alle abhauen? Zu Fuß? Eklavya und seine Family? – Weiß nicht.

mand nach ihm gefragt.

– Im Mythos gibt’s ’ne Geschichte, in der sich der Stammesfürst Eklavya den Daumen abschneidet.


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– Ich erinner’ mich an irgendein Gedicht … Weil sein Meister das so wollte?

2. Eklavya schickt seinem Freund eine Sprachnachricht

Anmerkung der Autorin: Warten auf Eklavya (inspiriert von Warten auf Godot) ist ein

– Der Guru gehörte zur obersten Kaste

Wir waren schon tagelang gelaufen. Tage-

Kommentar zur Situation der Kinder in Indien: die große

und hat nur Prinzen aus derselben Kaste

lang. Bis die Minuten ihre Bedeutung und

Mehrheit von ihnen ist konfrontiert mit einem unerfüllten

unterrichtet. Als er mitgekriegt hat, dass

meine Füße den Halt verloren, setzte ich

Versprechen. Bildung ist noch immer uralten, sozialen Hierar-

Eklavya zu einer niedrigeren Kaste ge-

immer nur einen Fuß vor den anderen.

chien unterworfen, und die aktuelle Corona-Situation hat die

hört, sagte er ihm, dass das nicht geht.

Lücken im Bildungssystem nur noch vergrößert.

Eklavya hat ihn aber irgendwie im Geiste

Wir waren schon tagelang gelaufen und

Eine Veränderung hin zu digitalem Lernen ist definitiv den

angebetet und verehrt und wurde da-

mein Vater sagte immer wieder, dass wir

privilegierten Kindern vorbehalten, die meisten haben keinen

durch ein richtiger Pro im Bogenschie-

nach Hause gehen, dass alles gut werden

technischen Zugang zu qualitativen Bildungsangeboten –

ßen. Als der Guru das rausgefunden hat,

würde. Ich wollte ihn daran erinnern, dass

mit der Gefahr, dass diese Kluft immer größer wird. Ich hoffe

ist er durchgedreht und sagte: „Es gibt

das nur für ihn gilt. Ich lasse mein Zuhause

sehr, dass wir als Dramatiker*innen und Ausbildner*innen

das Ritual, dem Guru etwas zu opfern,

hinter mir.

niemals müde werden, für das Recht auf ununterbrochene,

also verlange ich deinen Daumen, so

hochwertige Bildung zu kämpfen – und damit auch für eine

dass du niemals meine Prinzen aus den

Wir waren schon tagelang gelaufen und ich

Kunstausbildung, die sich mit den Lebenswelten und inter-

obersten Kasten bekämpfen kannst.“

war wütend, dass niemand sagte, wir sollten

sektionalen Realitäten der Kinder beschäftigt und ihnen er-

– Pervers.

dableiben. Dass niemand sagte, wir sollten

möglicht, wirklich in einer neuen, digitalen Normalität anzu-

– Ihn zu digitalen Schulbesuchen zu zitie-

reinkommen. Warum kann ich nicht durch

kommen.

ren ist mindestens genauso pervers. Er

die tausend Türen schreiten, die meine Mut-

lebt quasi in einer Schuhschachtel und

ter und ihre Mutter und deren Mutter in die-

sie haben null Kohle.

ser Stadt gebaut haben? Warum kann ich

Nisha Abdulla ist Autorin und Regisseurin. Sie lebt in Banga-

nicht die tausend Treppenstufen erklimmen,

lore, Indien. Mit ihrem Kollektiv Qabila, gegründet 2018, lotet

die mein Vater und sein Vater und dessen

sie Facetten künstlerischen Widerstands aus. Alltagserfah-

Vater für diese Stadt gebaut haben?

rung, Widersprüche und die Körper der Performer*innen ste-

– Wieso besorgen sie sich keine anderen Jobs? – Wieso kann dieser Job nicht besser bezahlt werden? – Wir lernen echt brutales Zeug in der Schule.

hen im Mittelpunkt der Arbeit.

Ich war wütend, weil du mich nicht gesehen hast. Ihr lebt in euren Traumhäusern, die

Aus dem Englischen von Nikola Schellmann.

– Die Lehrer sind brutal zu ihm … also

mit dem Schweiß meiner Familie gestri-

verbal. „Die Zukunft der Bildung in der

chen sind – meiner Familie, die für einen

Wir danken Maureen Gonsalves und

postpandemischen Welt ist düster, weil

Hungerlohn arbeitet. Aber ihr weigert euch,

dem Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan

sie nicht inklusiv ist.“

meinem Traum einen Anstrich zu geben.

Bangalore für die Unterstützung.

– Aber das war doch schon immer so.

Wir waren schon tagelang gelaufen, da fie-

– Heißt ja nicht, dass es ok ist.

len mir deine Bücher ein. Ich habe sie bei

– Was geht dich das an?

mir. Ich passe auf sie auf.

– Keine Ahnung. Es ist einfach nicht richtig.

Wir waren schon tagelang gelaufen, als ich merkte, dass du gerade jetzt in diesem Moment immer noch in der Schule bist.


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WO SIND WIR JETZT? Von Hu Xuanyi

Ein Fahrer und ein Passagier, versunken in ihrer eigenen Dunkelheit, fahren gemeinsam in die Nacht. Du! Du! Du! Passagier! PASSAGIER: Meinen Sie mich? Was ist los? FAHRER: Nimm deinen Kopfhörer ab. PASSAGIER: Hört man was? Habe ich dich gestört? FAHRER: So hörst du ja nichts mehr um dich herum. PASSAGIER: Muss ich auch gar nicht. Wozu denn auch. FAHRER: Vor uns ist keine Straße mehr. PASSAGIER: Wie lange fahren wir denn schon? Wo sind wir jetzt? FAHRER: Ich weiß es nicht. PASSAGIER: Fahr einfach weiter. Geradeaus, das stimmt schon. FAHRER: Ich finde die Straße vor uns nicht. PASSAGIER: Du bist der Fahrer. Nur du kannst wissen, wo der Weg ist. FAHRER: Ich bin der Fahrer. Ich bin der, der dieses Fahrzeug steuert. Ich bin mit diesem Bus verschmolzen. Er und ich wurden zu einem Werkzeug. Dazu da, euch mitzunehmen. Euch, die man „Passagiere“ nennt. Außen am Wagen steht das Ziel angeschrieben, trotzdem wisst allein ihr, wohin ihr wollt.


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PASSAGIER: Ich und du, ich und der Bus, wir

ihm zu einem Werkzeug verschmolzen bin,

rascht, wann ich beschleunigt werde und

haben alle dasselbe Ziel. Daran glaube ich.

kann ich die Straße vor mir nicht mehr

wann das Fahrzeug mit mir anhält. Perma-

Und daran musst du auch glauben.

deutlich erkennen. Ich kann nur noch ver-

nente Angst und das Gefühl, nicht zu wis-

Der gesamte Körper des Fahrers schwankt, nach

suchen über meine Füße die Bewegung der

sen, wo ich bin, sind nun meine ständigen

hinten, nach links, nach vorne.

Räder zu erspüren, allerdings bin ich noch

Begleiter.

Der ganze Bus wankt mit ihm, nach hinten,

nicht sehr gut darin. Deshalb reagieren

– Fahrer und Passagier schleudert es mit dem

nach links, nach vorne.

meine Hände immer erst, wenn sich die

Bus nach vorne. Der Bus kommt mit einem

Den Passagier katapultiert es wie eine einge-

Straße schon in die Kurve legt. So bin ich

Seufzen zum Stehen –

klemmte Bohne aus seinem Sitz.

immer einen Schritt hintennach. Früher

FAHRER: Da haben wir es, jetzt stehen wir.

Er hält sich an dem fest, was er gerade zu fassen

oder später muss das in einer Katastrophe

Wind von draußen ist nicht gut, der trägt

bekommt.

enden. Ich kann den Weg nicht sehen. Die

leicht Schmutz hinein. Mir war nie klar, wie

Er möchte nur nicht in die Welt des Fahrers vor-

Scheibe vor meinen Augen wird zum Bild-

Wind an sich riecht, kannst du das sagen?

dringen. Der klammert sich am Lenkrad fest.

schirm, durch den ich ein Weinen in weiter

Der Wind nimmt so viel in sich auf: den

PASSAGIER: Was tust du da?

Ferne höre, ein Opfer in weiter Ferne sehe.

Dung von den Feldern, den Rauch vom Grill

FAHRER: Du sprichst zu leise. Ich hätte gerne,

Dadurch weiß ich noch weniger, was ich

am Wegrand, Vergorenes aus dem Straßen-

dass du etwas näherkommst.

tue, wo ich mich eigentlich befinde. Ach, da

graben, den Staub, den Autos beim Über-

PASSAGIER: Das geht nicht. Auf meiner Fahr-

bist du ja. Das war es, was ich dir erzählen

holmanöver aufwirbeln, die Abgase, die

karte steht, dass ich hier sitzen muss.

wollte.

LKWs hustend auspusten, zu jeder Jahres-

FAHRER: An diesem Ort ist niemand außer

PASSAGIER: Vor uns ist nichts, nur der Aus-

zeit ein Potpourri aus Blütenduft. Und dann

uns. Es gibt nur dich und mich. Du musst

schnitt einer Landstraße. Die weite Ferne,

der Regen. Er trägt Gerüche aus noch viel

dich ja nicht gleich ans Steuer setzen, die

von der du sprichst, liegt in undurchdring-

weiterer Ferne herbei, so lebensecht, als

Kupplung durchdrücken und den Fuß auf

licher Dunkelheit.

hätte das, was dort passiert, mit mir zu tun.

dem Bremspedal haben. Du bist auf deinem

FAHRER: Früher war das anders. Von mei-

Mit dem, was mich anweht, muss ich mich

Platz nicht festgewachsen. Du kannst zu mir

nem Sitz aus konnte ich riesige Wälder

auseinandersetzen, es in meinem Gedächt-

kommen. Niemand wird davon erfahren.

und Reisfelder überblicken, eröffneten sich

nis abspeichern und sogar darauf reagieren.

Das ist die elementarste Freiheit, die du hast.

mir Berge und Wolken. In meinem Haar

Wie furchtbar. Ich mag es wirklich nicht,

– Der Fahrer setzt sich wieder in Position –

verfingen sich trockene Blätter und zwi-

überrascht zu werden. Doch was mir jetzt

Ja. So ist es. Halte dich nicht fest und komm

schen meinen Fingern konnte ich den Ge-

vielmehr gefällt, ist der Duft aus der Maschi-

nach vorne. Bewege deine Beine und geh

ruch des Meeres riechen, den der Wind

ne. So ein Gerät filtert dir alle unangeneh-

vorwärts. Ja. Komm zu mir. An meine Seite.

von weiß woher trug und der sich in mei-

men Gerüche heraus. Diese Anlage lassen

So können wir uns eingehender unterhal-

nen Körper einschrieb. Uns trennte kein

dich in einem Vakuum aus Sauerstoff leben,

ten, offener sprechen, einen vertrauteren

Bildschirm. Früher ging ein Windstoß

ohne Überraschungen und Unvorhergese-

Ton anschlagen. –

durch den Bus und war im nächsten Mo-

henes.

– Der Bus legt sich abrupt in eine große Links-

ment verschwunden, im nächsten Moment

PASSAGIER: Willst du etwa aussteigen? Wer

kurve, der Fahrer kurbelt unwillkürlich am

vergessen, und gut war es. Wenn ich mit

soll den Bus denn fahren, wenn du fort bist?

Lenkrad –

dem Bus über die Straße rollte, fühlte ich

FAHRER: Ich traue mich nicht hinaus. Die

Entschuldigung. Ich wusste nicht, dass da

mich unbeschwert. Nun aber weiß ich

Straße ist voll von Glassplittern. Ich könnte

eine große Kurve kommt. Seitdem ich mit

nicht, wann mich die nächste Kurve über-

mich schneiden.


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16 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | INTERNATIONAL

PASSAGIER: Wehte nicht gerade ein Wind-

aufstieg, wenn ich aufs Gas stieg, dann

Der Bus ist zum Boot geworden, die Straße

stoß herein?

um dem riesigen Buddhakopf näherzu-

zum Meer.

FAHRER: Ja, er ist uns richtig in die Kleider

kommen, der sich zwischen den Felsen

Wind und Wellen werden wird immer hef-

gefahren.

erhob. Doch nun sehe ich gar nichts mehr.

tiger, die Fenster zerspringen eines nach

PASSAGIER: Da ist nur noch dieser Geruch,

Ich fühle mich wie ein Punkt auf der

dem anderen.

ist das nun aus der Welt geworden? Sind

Landkarte, von einer unsichtbaren Hand

PASSAGIER: Ich weiß es nicht und will es gar

nun alle Menschen gleich?

gesteuert, ganz unmerklich, an einen an-

nicht wissen. Wozu denn auch, das küm-

FAHRER: Ist es denn gut, wenn alle Men-

deren Ort versetzt.

mert mich nicht. Die Klänge in meinem

schen gleich sind?

– Scheinbar grundlos bewegt sich der Bus, der

Kopfhörer sind für mich wie Wind, sie strei-

PASSAGIER: Das ist der Geruch von Desinfek-

Fahrer schneidet sich mit der Hand am zerbro-

fen an mir vorüber und sind fort. Ich möch-

tionsmittel. Dieser Korridor existiert also auf

chenen Glas und fängt an zu bluten –

te mich einfach nur abschirmen, mich aus

jeden Fall. Immer wenn sich der Mensch

PASSAGIER: Jetzt blutest du doch.

allem heraushalten. Meine Welt formt sich

mit dem Geruch von Lagerfeuer, dem Duft

FAHRER: Ja. Das Besondere kommt immer

aus dem, was ich wissen möchte. Also will

des frühen Morgens, von Kiefern, Süßigkei-

unerwartet. Wir können dem, was vor uns

ich auf diesem Platz bleiben. Letztlich wer-

ten, Brot oder Büchern einlullen, mit all die-

liegt, nicht entkommen.

den wir alle zu Menschen, die Wein trinken

sen Gerüchen, die einen in falscher Sicher-

PASSAGIER: Du hast das Lenkrad losgelassen.

und Wasser predigen, das ist nur eine Frage

heit wiegen, so betrügt sich der Mensch.

PASSAGIER: Wir können dem, was vor uns

der Zeit. Niemand ist dem anderen überle-

Besonders in diesen Zeiten.

liegt, nicht entkommen.

gen und niemand kann dem anderen hel-

FAHRER: Erst wenn alle gleich sind, können

Der Fahrer blickt erst auf seine blutende Hand,

fen. Jeder kann sich nur selbst betäuben,

sie einander riechen.

dann auf seinen früheren Platz.

um sich so selbst zu retten. Ich halte soviel

PASSAGIER: Richtig. Endlich hast du verstan-

FAHRER: Ich weiß nicht. „Ich weiß nicht“,

Tränen und Wut nicht mehr aus und ich

den, was ich meine.

heißt es jeden Tag. Jeden Tag weiß ich mehr

kann auch nicht mehr so laut schreien. Na-

F AHRER : Nein, verstehen kann ich dich

als zuvor, wird auch mehr, was ich nicht

türlich kann auch ich traurig, wütend oder

nicht. Ich greife nur auf das zurück, was

weiß. Das weiß ich längst. Deshalb habe ich

gerührt sein. Auch ich könnte dir mein

ich weiß, um das einzuordnen, was du

beschlossen, mich nicht mehr um anderes

Herz ausschütten. Auch ich könnte sagen,

sagst. Die so gewonnenen Informationen

zu kümmern. Ich möchte nur eines ganz

das Leben ist zu kurz, ich werde euch ver-

bilden meinen aktuellen Wissensstand.

durchdringen. Dieses Fahrzeug. Es wäre

missen, möget ihr in Frieden ruhen. Aber

Ich nutze diese Dinge, um mir daraus ein

gut, diesen Bus voll und ganz zu verstehen.

das haben andere schon vor mir gesagt,

Bild von der Welt zusammenzusetzen. Ich

Aber jetzt bin ich mit dem Bus zu einem

dazu braucht es mich nicht. Ihr seid die ers-

bin Busfahrer, du Passagier. Diese zwei

Werkzeug verschmolzen. Ich sehe den Weg

ten, wer weiß, wer die nächsten sind. Men-

Bezeichnungen lasten auf uns wie ein

vor mir nicht, ich folge nur der Richtung,

schen wurden für andere geopfert, um

Fluch. Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt

die die Räder vorgeben. Ich brauche euch

ihnen den Pfirsichblütenhain zurückzuho-

auf deinem Platz zu sitzen, wie ich, wie

Passagiere, ich brauche dich, dich als

len. Das Paradies, in dem man nichts wis-

dieser Bus, wie die Welt da draußen aus

Mensch, als menschliche Hilfe. Doch der

sen muss. So war es schon immer.

deiner Perspektive aussieht. Früher war es

Passagier hält seine Ohren mit Kopfhörern

Der Fahrer blickt sich um, tatsächlich, alle

anders. Wenn ich plötzlich die Geschwin-

bedeckt, ist in seine eigene Welt versunken.

Fenster sind verschwunden.

digkeit drosselte, dann weil aus den bau-

Warum können wir nicht gemeinsam den

Beide werden sich bewusst, dass sie nun der

fälligen Häusern an der Felswand Rauch

Weg erkunden?

Welt da draußen ausgesetzt sind.


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INTERNATIONAL | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 17

Der Wind bläst kräftig, er zwingt sie die Augen

Es erklingt wieder jener Schlager.

Hu Xuanyi ist Dramatikerin, Dramaturgin und Co-Gründerin

zu öffnen.

Der so viele Menschenleben rührte.

des Sleepy-less Theater. Sie studierte an der Sichuan-Univer-

Ein Fahrer und ein Passagier

PASSAGIER: Wo sind wir jetzt?

sität mit Hauptfach Journalismus und erwarb ihren M.A. an

sehen unzählige Menschenleben.

FAHRER: Ich weiß es nicht.

der Taiwan Universität.

Jedes hat seinen eigenen Geruch. Jedes hat seine eigene Stimme.

Aus dem Chinesischen von Julia Buddeberg.

Jedes hat seine eigene begrenzte Zeit, und scheinbar unerschöpfliche Kräfte.

Wir danken dem Goethe-Institut China,

Ein Fahrer und ein Passagier

insbesondere Silva Jährling und Yukuan

haben auch dieses kleine Leuchten gesehen.

Wang, für die Unterstützung und die

Das Leuchten, das jeden Menschen begleitet.

Finanzierung der Übersetzung.

das unzählige Menschenleben überstrahlt.

DAS VERRÜCKTE WOHNZIMMER Theaterstück von Vincent Lagasse | R: Inda Buschmann | ab 4 Jahren | 6.9.2020

DER ZINNSOLDAT UND DIE PAPIERTÄNZERIN Kinderstück von Roland Schimmelpfennig | R: Ekat Cordes | ab 8 Jahren | 20.9.2020

DIE GROSSE WÖRTERFABRIK → WA

KRIEG. STELL DIR VOR, ER WÄRE HIER → WA

Ein Gedankenexperiment von Janne Teller | R: Sergej Gößner | ab 12 Jahren Herbst 2020

NAME: SOPHIE SCHOLL Monolog von Rike Reiniger | R: Monika Kosik | ab 14 Jahren | Herbst 2020

Collage: Marie Claire Kazandjian

2020/21

SPIELZEIT

Kammeroper von Martin Zels nach dem gleichnamigen Bilderbuch von Agnès de Lestrade & Valeria Docampo | R: Juana Inés Cano Restrepo | ab 5 Jahren 14.11.2020

EFFI BRIEST → WA

Schauspiel nach Theodor Fontane | R: Gregor Tureček | ab 14 Jahren 14.1.2021

THE ARRIVAL (AT) → UA

Stückentwicklung | R: Ksenia Ravvina | ab 10 Jahren | 21.3.2021

MUSICAL-REVUE (AT) TheaterJugendOrchester-Projekt ML: Thorsten Schmid-Kapfenburg | R: Miriam Michel | ab 14 Jahren | 11.4.2021 KRIXLKRAXL XXL → UA

Eine Abenteuerreise mit Linien, Farben, Formen und Kreaturen R: Cédric Pintarelli | ab 2 Jahren | 2.5.2021

DAS GESETZ DER SCHWERKRAFT Jugendstück von Olivier Sylvestre | R: Lukas Goldbach | ab 12 Jahren | 30.5.2021

+ EINE NEUE PRODUKTION | R: Mathias Spaan

Tickets: (0251) 59 09-100

→ theater-muenster.de


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18 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | ASSITEJ

WIE KOMMT DAS NEUE IN DIE WELT? Beobachtungen zur Online-Spielzeit mit+abstand von KJTZ und ASSITEJ Von Philipp Schulte

mit+abstand – die epidemiologisch angeratene Devise des Frühjahrs 2020 – wurde kurzerhand in ein visionäres Spielzeitmotto umgewandelt. Die Organisator*innen vergaben 15 Mini-Stipendien an freischaffende Künstler*innen.

Verbunden mit der Aufforderung, abstandsund online-taugliche kleine Formate für ein junges Publikum zu entwickeln, entstanden neue Kurzfilme und Hörstücke, Minutenmärchen, interaktive Diskussionsformate über die Zukunft des Theaters, ungewöhnliche literarische Texte, Aktionen im öffentlichen Raum und eine choreographische Studie. Diese wurden als Spielzeit auf dem Blog des KJTZ zwischen 20. April und 12. Juni 2020 veröffentlicht. Zeit für eine kurze Bilanz – in Form von sechs Antworten auf die Frage: Wie kommt das Neue in die Welt?

1. Formal oft einfach … Einen Ort, eine Zeit, eine Hauptfigur, einen Konflikt, einen Feind, eine Wende – dass es gar nicht viel braucht, um gute Geschichten zu erzählen, zeigt Till Wiebel in seinem partizipativen Textprojekt DIE QUAL / DER WAL. Für all diese Kategorien macht er in seinem Online-Katalog zahlreiche ebenso witzige wie absurde Vorschläge; die Geschichten (und Spielregeln) dazu müssen wir uns selber ausdenken, oder aushandeln, oder erwürfeln. Ob sich nun ein Pfau in einer Brauerei mit einer unerwiderten Liebe auseinandersetzen muss, oder ein Eisberg am Weihnachtsmorgen von einem Bademeister entführt wird: Wiebels Open-


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ASSITEJ | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 19

Source-Projekt bietet Stoff für mehr Erzählungen als ein Baum

4. … und animiert das Alltägliche.

an Blättern trägt und zeigt, wie einladend formale Einfachheit

Die radikale Reduktion des individuellen Handlungsumfelds auf

sein kann.

den eigenen Wohnraum in den ersten Wochen der Corona-Beschränkungen hat zumindest kurzzeitig ein neues Genre aus der

2. … doch inhaltlich komplex!

Taufe gehoben: Wohnzimmerkunst, wenn man so will. Die dahinter

Gerade in der Anfangszeit des Shutdowns gab es nur ein me-

steckende Frage, welche ästhetischen Äußerungen mit den einfachs-

dienbeherrschendes Thema: Corona, Corona, Corona. Doch

ten, zuhause vorhandenen Mitteln möglich sind, ist reizvoll, weil

monothematische Argumentationen vereinfachen unsere Aus-

hochgradig partizipativ: Wenn es darum geht, Pfeffer- und Salzstreu-

einandersetzungen oft zu sehr, und es kann eine Aufgabe von

er im Schummerlicht der Zimmerlampe in einen Dialog vor der

Kunst sein, uns an die Komplexität der Umstände zu erinnern.

Handykamera zu bringen, kann fast jede*r zum*zur Regisseur*in

Besonders gut gelingt das der charmanten Podcast-Serie Wenn

eigener Geschichten werden. So inszenieren Wanda Reinhardt und

ich aus dem Fenster schaue des Duos Frida & Leonie. In bislang

Katja Hensel in der Fenster-Show Die stillen Stars der Straße Platanen

zehn Folgen stiften Leonie, Absolventin eines Dramaturgiestu-

und öffentliche Mülleimer als nicht-menschliche Akteure, und Ates

diengangs, und Frida, eine Schülerin, die an Mukoviszidose er-

Yilmaz und Hannah Auer aus dem Umfeld vom justmainz-

krankt ist, Begegnungen zwischen Theatermacher*innen und

Programm des Staatstheaters Mainz machen in ihrem Film Hier ist

Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen und sprechen da-

es schön die eigene Klarinette, die gerne mal wieder ein Konzert

rüber, wie die Pandemie ihren Alltag verändert hat. Die lebens-

geben würde, zur Hauptdarstellerin. Gegenstände werden belebt,

bedrohliche Gefahr des Virus (für einige) und die einschränken-

Alltagswelten umgedeutet – auch mit einfachen Mitteln lässt sich

den Auswirkungen seiner Bekämpfung auf die berufliche

Kunst machen.

Existenz (von anderen) werden in den anregenden Gesprächen nicht gegeneinander ausgespielt, sondern sensibel und ver-

5. Es sucht neues Publikum …

ständnisvoll zusammengeführt.

Noch eine Erkenntnis aus mit+abstand: Auch wenn es geschätzt vier Milliarden Internetnutzer*innen weltweit gibt, heißt das noch lange

3. Es erforscht den (virtuellen) Raum …

nicht, dass es immer einfach ist, mitunter auch nur vierzehn Teil-

Die Gruppe STERNA | PAU Produktionen lud ein zum Chat mit

nehmer*innen für einen laufenden Livestream zu gewinnen. Der

Virginia Woolf: give me room heißt die Textperformance für alle ab

Wettbewerb um Aufmerksamkeit im Netz – besonders in einer Zeit,

14, die auf Basis von Woolfs Essay A Room for One’s Own entstan-

in der auf einmal alle Kulturangebote nur noch online stattgefunden

den ist. Welchen – reellen, virtuellen – Raum nimmt jede*r ein-

haben – ist hart. Doch führt, wo es gelingt, die oft leichtere Art der

zelne von uns ein, und wie wichtig ist es, einen eigenen Raum zu

Zugänglichkeit (wenige Klicks statt der halbstündige Weg zum

haben? Statt mit Virginia Woolf selbst verstricken sich die Teilneh-

nächsten Theater) auch zu neuen Zuschauer*innenschaften. So dis-

menden in einen Telegram-Messenger-Dialog mit einem Chatbot,

kutierte die Dramaturgin Antigone Akgün in der Reihe theater+zu-

der gut über ihre feministische Position informiert ist. Per Posts,

kunft an drei Sonntagnachmittagen mit Jugendlichen und Fachleu-

GIFs und Memes entfaltet sich so eine pointenreiche Korrespon-

ten lebhaft über die Zukunft des Jugendtheaters. Und dass auch

denz, die die Wohn- und Jugendzimmer, aus denen heraus sie ver-

außerhalb der virtuellen Welt ein neues Publikum gefunden werden

mutlich rezipiert und betrieben wird, verbindet. Beim akustischen

kann, zeigen die mit künstlerischen Überraschungen gefüllten

Einblick in die Realräume der anderen entstehen so kurze Mo-

Briefumschläge des Projekts Kunstlücke vom Freiburger Theater im

mente, in denen die corona-bedingte Isolation virtuell überwun-

Marienbad, die sich jede*r im öffentlichen Raum gratis abholen

den wird.

konnte.

➤ ➤ ➤

weiter auf Seite 22


IXYPSILONZETT_02_20__Umbruch_fin3.qxp__ 15.09.20 13:24 Seite 20

1 ALLES IST SC 2 ORGANISIER EUCH 3 BAUT LUFTSCHLÖSS 4 SCHAFFT EIN EREIGNIS 5 FLÜSSIG BLEIBEN A + ( 2017 201 1.1 MATERIAL IST ÜBERALL

1.2 RÄUME AUCH

1.3

2.1 COOP-DESIGN

2.2 KANALISIERT SKILLS

2.3 WER BAUT MIT?

3.1 BUILD FIRST—TALK AFTER

3.2 GANZ GROSS GANZ KLEIN DENKEN

4.1 GEBÄUDE ALS EREIGNIS

4.2 WERDET (UN)SICHTBAR

4.3 ANDERS(RUM) DENKEN

5.1 TRANSFORMATION

5.2 PROZESS

5.3 DESIGN WHILE BUILDIN

INVENTUR ZUM AUFW


IXYPSILONZETT_02_20__Umbruch_fin3.qxp__ 15.09.20 13:24 Seite 21

CHON DA RT

4.4 TAKE OVER

(B) 19 UILDING

5.4 TRIAL & ERROR

=A/C 2025

TITEL: BAUANLEITUNG FÜR EIN THEATER DER ZUKUNFT

ENKEN

ANLEITUNG: UMSCHICHTEN | WWW.UMSCHICHTEN.DE

SER N

POSTER DESIGN: RANA KARAN | WWW.RANAKARAN.COM

AUFWÄRMEN


IXYPSILONZETT_02_20__Umbruch_fin3.qxp__ 15.09.20 13:24 Seite 22

22 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | ASSITEJ

VIRTUELLE SPIELZEIT MIT+ABSTAND 2020

6. … und findet utopische Kollaborationen! Schließlich macht ein einfach entwickeltes Tandem-Konzept der

Theater im Marienbad: KUNSTLÜCKE Berührungsloses Kunsteinkommen | analoge Premiere in Freiburg am 30. März Ruth Johanna Benrath: IM WALD (DA SIND) Ein Theaterstück | Blog-Premiere am 20. April Frida & Leonie: Wenn ich aus dem Fenster schaue – ein Alltags-Ausblick als Mit-Mach-Hör-Spiel Hörstück, 10 Folgen | Blog-Premiere am 21. April Till Wiebel: DIE QUAL / DER WAL – Ein Katalog ungeschriebener Geschichten Partizipatives Textprojekt | Blog-Premiere am 23. April

Dramaturgin Katrin Maiwald deutlich, welches Potential der DeHierarchisierung uns digitale Produktionsweisen bieten. In der fünfteiligen Reihe DisPlay konzipieren und realisieren jeweils ein*e Jugendliche*r und ein*e professionelle*r Regisseur*in gemeinsam einen Film oder ein Hörstück. Scheinbar spielend leicht gelingt hier, was in den oft rigide hierarchisch strukturierten Theaterinstitutionen wie eine ferne Utopie erscheinen mag: die Wiederentdeckung von egalitären und horizontalen künstlerischen Prozessen jenseits disziplinärer Trennung.

Antigone Akgün: theater+zukunft Interaktiver und partizipativer Live-Stream-Diskurs, 3 Folgen | Jitsi-Premiere am 26. April Esther Becker: Bonbons vom Balkon Ein Monolog | Blog-Premiere am 1. Mai Carina Sophie Eberle: Übermorgen paradise Retrovisionen, 4 Folgen | Blog-Premiere am 4. Mai Wanda Reinhardt und Katja Hensel: Die stillen Stars der Straße. Eine Fenster-Show Filmmontage | Blog-Premiere am 7. Mai Katrin Maiwald + justmainz + guests: DisPlay Virtuell-performative Begegnungen, 5 Folgen | Blog-Premiere am 8. Mai

Rückblickend zeigt sich, zu was für einer schönen Finte die Organisatorinnen Nikola Schellmann und Meike Fechner da doch gegriffen haben, mit ihrem Spielzeitmotto mit+abstand. Zwar stimmt es: Physisch wurde die gebotene Distanz eingehalten. Auf allen anderen Ebenen indes hat das Projekt ganz neue Verbindungen, Kooperationen, gemeinsame Ideen und experimentelle Arbeitsweisen initiiert – eine vielversprechende Basis für weitere Entwicklungen.

Philipp Schulte moderierte das Reflexionsgespräch am Spielzeitende, das am 18. Juni online

STERNA | PAU Produktionen: give me room Eine Bot-Performance für alle ab 14, 2 Bot-Slots | Telegram-Premiere am 23. Mai

stattfand. Er ist Professor für Szenographie- und Performancetheorie an der Norwegischen

Steven Cloos: Minutenmärchen Stop-Motion-Videos, 4 Folgen | Blog-Premiere am 24. Mai

Die Projekte sind auf KJTZ – Das Blog weiterhin abrufbar, mit Ausnahme der Live-Formate

Susanne Lankow: Ohrenschmaus – zu Hause zu Gehör(t) Eine Hörcollage mit vielen Menschen zuhause | Blog-Premiere am 30. Mai

Der Spielplan mit+abstand ist eine Kooperation von ASSITEJ und KJTZ. Das Projekt wurde

Merisa Ferati, Gaye Mutluay und Delia Kornelsen: Balkongespräche – gemeinsam allein+sein Ein Ferntheaterstück | Blog-Premiere am 31. Mai

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie aus Mitgliedsbeiträgen der ASSITEJ.

Laureen Laser: mehr+weniger Ein Kurzfilm über Abstand und Nähe | Blog-Premiere am 1. Juni Rosemarie Eberl und Simone Gisela Weber: Unter Strom Eine audiovisuelle Bewegungsrecherche | Blog-Premiere am 12. Juni

Theaterakademie Fredrikstad und Geschäftsführer der Hessischen Theaterakademie.

theater+zukunft und give me room: https://kjtz.co/category/virtuelle-spielzeit-mitabstand/

finanziert aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP) des Bundesministeriums


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THEORIE | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 23

DAS THEATER DER DIGITAL NATIVES Vom Wandel, neuen Narrativen und Dramaturgien in einem Theater der Generationen Von Irina-Simona Bârcă, Katja Grawinkel-Claassen, Kathrin Tiedemann

Das FFT Düsseldorf beschäftigt sich schon seit 2011 mit den Veränderungen der Welt der Theater durch die Digitalisierung. Zentrale Beobachtungen und Fragestellungen diskutiert das Team unter dem Titel Das Theater der Digital Natives.

Die erste Regel, die wir in unserer Auseinandersetzung mit dem Theater der Digital Natives gelernt haben: Wer von ihm sprechen will, muss sich beeilen und sich gleichzeitig damit zufriedengeben, dass alle Erkenntnisse schon am nächsten Tag überholt sein könnten. Das Tempo der digitalen Transformationen ist rasant und betrifft auch die Frage, wie wir in Zukunft Theater spielen, anschauen und produzieren werden. Das Besondere an der heutigen Situation besteht darin, dass sich gerade jetzt Menschen, die sich noch an ein Leben ohne Internet erinnern, und Menschen, die sich ein solches ohne digitale Vernetzung, smarte Devices und soziale Netzwerke nicht mehr vorstellen können, die Welt miteinander teilen. Wir sehen hier sowohl eine Chance, eingeübte Machtverhältnisse zwischen den Generationen zu reflektieren und zu verändern, als auch auf Erfahrungen im Umgang mit Systemen der Kontrolle und Formen des Widerstands zurückzugreifen, um gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Das Theater der Digital Natives steht für ein neues Spiel aus geteiltem Wissen, digitalen Technologien und Räumen der Verantwortung und setzt damit wichtige Impulse für das Theater der Gegenwart. Mit dem Einzug der Digital Natives auf Bühnen, in Geschichten und in die Zuschauerräume transformiert sich unser Ver-


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24 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | THEORIE

ständnis von Theater grundlegend. So wird beispielsweise das Spiel

Wir verwenden die Bezeichnung ‚Digital Natives‘ nicht als Beschrei-

im Theater zum Game mit klaren Regeln, das die Zuschauer*innen

bung einer ‚fremden Spezies‘, nicht als Beschreibung individueller

mitspielen (müssen). Die Zuschauer*innen übernehmen als Spie-

Kompetenzen und Praktiken, sondern als Bezeichnung für eine jün-

ler*innen Verantwortung für das Geschehen, tauchen in immersive

gere Generation, die eine sich transformierende Welt (anders) bewohnt.

Settings ein und erfahren Kritikfähigkeit und Reflexion jenseits der

Das bedeutet nicht, dass diese Generation eine homogene Gruppe ist

Distanz. Wissen und Macht werden auf diese Weise neu verteilt, so-

oder dass sie sich selbst als Digital Natives bezeichnen würden. Die Vo-

dass sich im besten Fall ein Raum für gemeinsames Lernen und kol-

raussetzungen, mit denen die digitale Welt bewohnt und erlebt wird,

lektive Erfahrungen über Altersgrenzen hinweg eröffnet. Digital Na-

korrespondieren mit der analogen und unterscheiden sich je nach Her-

tives, die (scheinbar) in eine Welt des „There are no alternatives“

kunft, sozialer Klasse, Geschlecht und den zur Verfügung stehenden

geboren wurden, erfahren sich selbst als Handelnde und proben

finanziellen Mitteln. Doch das Wissen um die eigene mediale Sichtbar-

im künstlerischen Kontext Szenarien des Widerstands und der Em-

keit und die Spuren, die wir im Netz hinterlassen, ist längst tief in unser

pathie.

aller Handeln eingesickert. Damit sind digitale Alltagspraktiken bereits im Theater angekommen. Wenn wir also vom Theater der Digital Natives sprechen, meinen wir nicht den Einsatz ‚neuer Medien‘, um alten Geschichten einen neuen Anstrich zu verpassen. Es geht um einen tiefgreifenden Wandel, um neue Narrative und Dramaturgien und um neue Arten, zusammenzukommen. Wir meinen ein Theater, das immer wieder die Frage nach dem Zusammenhang von Digitalisierung und Demokratie stellt. Beobachtung #1 Es gibt kein Publikum mehr / People Formerly Known as the Audience Mit fortschreitender Digitalisierung hat sich das Verhältnis zwischen Künstler*in und Publikum radikal verändert. Wird die Rolle der Zuschauer*innen häufig als passiv wahrgenommen, so muss man heute mit dem Journalisten Jay Rosen von „People Formerly Known as the Audience“1 sprechen, zu deren Erleben ein hohes Maß an Engagement, Involviertsein und damit auch Verantwortung gehört. Für eine jüngere Generation, die bereits mit dem Internet aufgewachsen ist, ist dieser Modus auch im Theater ganz selbstverständlich. Für die neue Aktivität der Zuschauer*innen hat das Theater noch keinen Begriff gefunden. In den zurückliegenden rund 30 Jahren sind zunehmend neue Theaterformate entstanden, die auf die Einbeziehung der Zuschauer*innen und deren aktive Mitgestaltung der Aufführung abzielen, etwa bei den Live-Video-Games der Gruppe machina eX. Ihre Produktionen verbinden eine medienreflexive mit einer gesell-


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THEORIE | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 25

schaftskritischen Perspektive, indem sie die Zuschauer*innen zu

immer wieder neu gestellt und verhandelt. Kindliches Spiel trifft

Akteur*innen machen, die selbst den Ausgang des Spiels bestim-

hier auf das Spiel der Mittel und der Narrative und ergibt im Thea-

men und so erfahren, was Handlungsmacht in der Medien-Demo-

tersaal häufig explosive Rezeptionserlebnisse. Dabei sind Theater

kratie bedeutet.

und

Schule

als

Institutionen

im

Wandel

und

als

Die am häufigsten geübte Kritik an Mit-Spiel-Dramaturgien

Dialogpartner*innen aufeinander angewiesen. Oft bleibt die Be-

wirft ihnen fehlende Distanz der Zuschauer*innen vor. Bei den im-

gegnung beider Institutionen unter ihrem Potential: Häufig kom-

mersiven Performances der Gruppe The Agency liegt jedoch das

men Schulklassen ins Theater, wenn es den Schulstoff auf der

subversive Potential gerade in der Hyper-Affirmation der geteilten

Bühne zu sehen gibt. Das Theater der Digital Natives als Theater für

Gegenwart, im gemeinsamen Erleben der Absurdität einer Realität,

junges Publikum kann hingegen viel mehr: Hier werden gelernte

die die Digital Natives als alternativlos kennengelernt haben. So ge-

Aufmerksamkeits-Ökonomien unterlaufen und kulturelle Codes

stattet ein Performanceabend der Gruppe eine Art teilnehmende

gehackt. Vertreter*innen unterschiedlicher Generationen begeben

Beobachtung, die die Besucher*innen in die Rolle von Konsu-

sich in ein ergebnisoffenes Gespräch über die Welt. Mit dem Be-

ment*innen einer Dienstleistung, einer Wellness-Erfahrung oder

griff der Digital Natives im Theater für junges Publikum spekulie-

Selbstoptimierung versetzt. Obwohl live, scheinen ihre Settings

ren wir über eine produktive Umkehrung der Machtverhältnisse

mindestens eine 4K-Bildauflösung zu haben oder in HD übertra-

zwischen den Generationen. Nicht zuletzt sollen sich hier Kinder

gen zu werden. Schärfer als die Wirklichkeit, so präzise, dass die

und Jugendliche nicht als User*innen, sondern als selbstbewusste

Situation extrem künstlich erscheint. Im Theater der Digital Natives

Expert*innen, Mitgestalter*innen und Hacker*innen erleben.

gehen

Post-Internet-Ästhetik2,

immersive Performance und Spiel-

Das Kollektiv pulk fiktion versteht es, auf außergewöhnliche

Strategien Hand in Hand mit neuen Formen von Vergemeinschaf-

Weise Brücken zwischen den Generationen zu bauen: In ihren Pro-

tung, um jenseits von Medienkritik neue Formen des politischen

duktionen fließen die Perspektiven von Kindern ein, häufig in

und künstlerischen Handelns zu erproben.

Form von aufgenommenen Interviews. Alte Geschichten wie beispielsweise in Max und Moritz migrieren ins digitale Zeitalter, wäh-

Beobachtung #2 Das Theater der Digital Natives ist ein Theater

rend gleichzeitig mediale und digitale Praxen ins Theater einzie-

der Generationen

hen. Dort treffen sie sich und fordern die Institution auf, ihre

Durch die Digitalisierung wandeln sich Institutionen wie die Schu-

traditionellen Frontlinien hinter sich zu lassen: Künstler*innen ler-

le, die Universität oder die Familie: Gründeten sie sich bis vor nicht

nen von Kindern, Alte von Jungen und alle haben bestenfalls einen

allzu langer Zeit auf einem Wissensvorsprung von Einzelnen (Äl-

Mordsspaß.

teren) und einem Verständnis von Lernen als Akkumulation von

Das Theater der Digital Natives ist ein Labor, in dem Rollen,

Wissen, werden diese Verhältnisse im Zuge der Digitalisierung nun

Aufgaben und Kompetenzen stets neu verhandelt und gegeneinan-

neu ausgehandelt und das Wissen ist radikal anders verteilt.

der getauscht werden können. Es ist ein Raum der multiplen Nar-

Das Kinder- und Jugendtheater hat hierzu längst visionäre Strategien entwickelt: Wie kein anderes Genre versteht es, sein Pu-

rative – hier kommen diverse Herkünfte und Perspektiven zusammen. Das Theater der Digital Natives ist under construction.

blikum im Entstehungsprozess mitzudenken, mit dem unbedingten Interaktionswillen des Publikums während der Aufführung

Cultural Hacking, kollektives Wissen und neue Modelle

künstlerisch umzugehen und es an Produktionsprozessen zu be-

der Zusammenarbeit

teiligen. Gerade in der Arbeit für ein junges Publikum werden Fra-

Ein Leitmotiv des Theaters der Digital Natives ist Cultural Hacking,

gen nach Erzähl- und Wahrnehmungsweisen, nach Wissensver-

das Torsten Meyer beschreibt „als kritisches und subversives Spiel

mittlung und nach der Kooperation zwischen den Generationen

mit kulturellen Codes, Bedeutungen und Werten. Es geht dabei um


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26 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | THEORIE

die Erkundung kultureller Systeme mit dem Ziel, sich darin zu-

Bei diesem Text handelt es sich um die gekürzte Version eines Aufsatzes, der online frei über

rechtzufinden, und zugleich neue Orientierungen in diese Systeme

das FFT Düsseldorf verfügbar ist: https://fft-duesseldorf.de/media/on-live-2020-das-theater-der-

einzuführen. Der Hacker installiert Störungen im System, er nistet

digital-natives/.

sich ein in bestehende Kontrollprojekte wie ein Parasit – und beantwortet so den Kontrollüberschuss“3. Das Theater tut gut daran,

Irina-Simona Bârcă und Katja Grawinkel-Claassen sind Dramaturginnen am FFT Düsseldorf.

einen Nährboden für diese Störungen zu bieten. Es sollte sich mit

Kathrin Tiedemann ist die Künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin des FFT.

all seinen Ressourcen als Hackspace für die Digital Natives imaginieren. Um die Transformation der öffentlichen, kulturellen Einrichtungen zu ermöglichen, bedarf es mehr als nur einer Erweiterung der Marketing-Strategie um soziale Medien oder des Einsatzes neuer aufregender technischer Geräte. Um die Potentiale der Digitalisierung in der „nächsten Gesellschaft“ (Dirk Baecker) nutzen zu können oder um im Theater das Internet „zu inkorporieren“, wie es der Autor und Performer Alexander Karschnia fordert, müssen wir begreifen, wie es sich zu unseren eigenen Arbeitsweisen, unserem Wissen, unseren Strukturen verhält. Der Shutdown zu Beginn der Coronakrise in Deutschland hat gezeigt, wie wenig die Theater die Digitalität bisher inkorporiert haben. Das Theater der Digital Natives pflegt einen differenzierteren, kreativeren und nicht selten kritischeren Umgang mit den digitalen (Un)Möglichkeiten. Es weiß, dass die Digitalisierung nicht vorübergeht und dass sich ihre Auswirkungen längst in seine Strukturen und vor allem in seine ‚User*innen‘ eingeschrieben haben. Das Theater der Digital Natives erkennt die Potentiale des Hacks und der Störung im System – auch im eigenen – anstatt auf glatte Oberflächen und reibungslose Abläufe zu setzen. Es setzt auf kollektives Wissen und neue Modelle der Zusammenarbeit. Es entsteht im Labor und beim Experiment – dann, wenn wir wissen,

1

etwas nicht (besser) zu wissen, obwohl die Welt von Informationen nur so strotzt. Das Theater der Digital Natives nimmt seinen Aus-

2

gangspunkt im Austausch. Es überlässt seinen Nutzer*innen die Verantwortung füreinander und traut ihnen zu, selbstständige Entscheidungen zu treffen und zu verantworten. Als Theater im Werden entwirft das Theater der Digital Natives neue Räume der Interaktion, in denen sich Subjektivität und Kollektivität anders erfahren lassen als in den herkömmlichen Formen eines Theaters der Repräsentation.

3

Zitiert nach Jäckel, Michael: „Kann man die Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts schon sehen? Über Natives, Immigrants und ‚People Formerly Known as the Audience’“; in: Ganguin, Sonja/Meister, Dorothee (Hgg.): Digital Natives oder Digital Naiv? Medienpädagogik der Generationen, 2012, S. 19 – 29, kopaed, München. Der Begriff Post-Internet-Ästhetik wird hier in Anlehnung an Post-Internet-Art verwendet. So wurde in den letzten Jahren die Kunst einer digital sozialisierten Generation betitelt, deren Ästhetiken und Strategien sich von den medienkritischen oder netzpolitischen Ansätzen der wenige Jahre älteren Künstler*innen stark unterscheiden und die deshalb skeptisch bis offen feindselig beäugt wurden – was ihrem Erfolg auf dem Kunstmarkt jedoch keinen Abbruch getan hat. Als Post-Internet-Art wurden Werke beschrieben, die sich vor allem dadurch qualifizieren, dass sie ein gutes Selfie-Motiv abgeben und in den sozialen Medien viral gehen, bevor sie online – statt in einer Galerie – verkauft und via Amazon verschickt werden. Meyer, Torsten: „Next Art Education“, in Sabisch, Andrea/Meyer, Torsten/Sturm, Eva (Hgg.): Kunstpädagogische Positionen Band 29, 2013, S. 15, frei verfügbarer Volltext online: http://kunst.uni-koeln.de/kpp/hefte/heft-29/.


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PRAXIS | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 27

THEATER WIE VIDEO? ODER: RICHTIG SPIELEN Ich will spielen: mit Anderen spielen Von Peter Markhoff und Peter Blum

Frühjahr 2020: Theater geschlossen. Was macht man denn jetzt so als Bühnenschauspieler*in, mit diesem Monitor? Wie ist das denn so, performen vorm Screen? Wir haben nachgefragt – dass beide antwortenden Schauspieler Peter heißen, ist reiner Zufall.

Peter Markhoff, Jahrgang 1953, ist Schauspieler, Regisseur und Leiter von Theater Mär. Er spielt seit 40 Jahren für junges Publikum: Endlich kein Papierknistern mehr, keine vorlauten und um Aufmerksamkeit heischenden Einzelkinder mehr, keine Erzieher*innen, die während der Aufführung nur aufs Handy starren, keine krachenden Kartoffel-Chips im Rachen der ersten Reihe. Einfach herrlich: Ich mache Videos für Kinder, die in Pandemiezeiten zuhause bleiben müssen, und bin der alleinige Bestimmer, was passiert! Was will ich? Theater soll nach wie vor den Zuschauer*innen präsent sein. Ich will den Kontakt zum Publikum und den Austausch mit ihm. Aber wie das? Die Zielgruppe von 3–8 Jahren und die dazugehörigen Erwachsenen will ich erreichen. Eine schwierige Aufgabe, wenn im Kleinkindalter schon ein Jahr einen großen Entwicklungsunterschied bedeutet! Und wie ist mit Video überhaupt ein Dialog aufzubauen, von dem das Live-Ereignis so sehr lebt? Gut, anfangen! In einer Tat liegt mehr Wahrheit als in 1000 Worten. Ich hole mein Inneres Kind und mein betagtes Kuscheltier heraus, und schnell ist das erste Filmchen gedreht. Aber schon beim ersten Versprecher taucht


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28 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | PRAXIS

die Frage nach Perfektion auf. Reicht mir das? Kann ich nur mit Pau-

die richtige Taste drücken. Schön, dann haben wir ja wieder ein ge-

sentaste am Handy und ohne Schnittprogramm meinen Ansprü-

meinschaftliches Erleben, nur mit dem Unterschied, dass Erwach-

chen genügen? Das soll weltweit im Internet zu sehen sein?! Und

sene und ältere Kinder mehr Input oder eine andere Dramaturgie

es dauert, ehe ich verinnerliche, dass ich ins mini-kleine Kamera-

brauchen, um sie beim Bildschirm zu halten. Wieder die Heraus-

Objektiv schauen muss, um nicht an meinen Zuschauer*innen vor-

forderung der großen Alterspanne des Zielpublikums. Beim Theater

bei zu sprechen. Beruhige dich, Peter, Fehler sind menschlich, schaf-

live auf der Bühne kann jeder altersgemäß sein Teil herauspicken

fen Lebendigkeit und Sympathie in Zeiten von Self-Publishing mit

und verstehen – egal wie alt. Und beim Live-Kindertheater haben

Hochglanzfotos. Und schon wieder die Frage: Wie kann man mit

wir nicht den Anspruch, dass alles verstanden wird. Auch kenne ich

solch einem Monolog einen Dialog aufbauen, eine Antwort und Re-

als Kind der ersten Fernsehgeneration, wie groß Hemmungen von

aktion meines Publikums vor den Bildschirmen bekommen? Gut,

Eltern sein können, ihre Kinder vor dem Bildschirm zu parken, auch

ich ermuntere meine jungen Zuschauer*innen, Bilder zu malen

mit dem Alibi, dass man ja (vielleicht) mitmacht. Aber trotzdem

oder ein Foto vom eigenen Kuscheltier zu schicken. Aber das ist

bleibt mir als Alleinunterhalter doch nur als dürftige Reaktion das

wenig unmittelbar und ein dürftiger Ersatz für spontane Reaktio-

neugierige Schielen nach Höhe der Anklickzahlen und die durch-

nen. Außerdem müssen dafür die Eltern oder Erzieher*innen mit

schnittliche Verweildauer vorm Video. Statistik als Ersatz für Dialog?

einbezogen werden, die ich ja eigentlich auch mit den Videos entlasten will. Sie müssten für Reaktionen auf meine Videos Mal-Ma-

Aber gerade das sich direkte Einmischen und auch Nachfragen

terial ermöglichen, Fotos und den digitalen Versand machen. So

macht das Theater lebendig. Das Spüren der Einmaligkeit der Ak-

geht’s halt bei den Kleinen nur mit Beistand bei den digitalen Me-

tion im Raum mit ihren menschlichen Unzulänglichkeiten. Die

dien und die Entlastung der Großen ist futsch.

Konzentration auf das Bühnengeschehen, auf die dramatische Ge-

Die vor der Kamera können ihrer Egozentrik frönen, und

schichte und der Austausch macht die Aktualität und Präsenz des

das Publikum schaut auf einen flackernden Kasten mit Elektronik

Theaters aus. Allein vor der Kamera fehlt mir auch der fachliche

drin, bleibt aber selbst stumm im Dunkeln. Jetzt höre ich Viele laut

Austausch mit Kolleg*innen in diesem anderen Medium. Viele ver-

denken: Das haben wir doch vorher schon gewusst. Lebendigkeit

weigern sich völlig, und sie wollen erst wieder auftauchen, wenn

bleibt auf der Stecke. Trotzdem sehe ich die Suche nach neuen di-

lebende Menschen vor ihnen sitzen.

gitalen Vermittlungsformen als Herausforderung fürs Theater.

So kompromisslos will ich nicht sein. Ich forsche immer

Sonst bliebe wirklich der Scheinwerfer mit Lichtpult die letzte tech-

noch danach, wie diese One-Man-Show in den Dialog treten kann,

nische Neuerung in der darstellenden Kunst, und die Theaterma-

den das Theater so sehr ausmacht. Im direktesten Sinne: Wie kön-

cher*innen müssten sich weiterhin den Vorwurf anhören, technisch

nen sich Kinder lautstark einmischen, sich aus einer Aufführung

unaufgeschlossen zu sein.

das raus suchen, was sie verstehen, was sie betrifft oder interessiert.

Bei allen Bedenken angesichts von Vereinzelung vor der Mattscheibe oder Medienüberflutung, haben diese Videos doch

Und dann endlich irgendwann, wenn die Kontaktbeschränkungen

einen nicht unwesentlichen Vorteil: Sie sind wiederholbar und kom-

wieder aufgehoben sind, werde ich wieder live auf der Bühne die

men so Tutorials nahe. Und Kinder, die etwas lieben, wollen es

Lebendigkeit des Kindertheaters, gemeinsame zauberhafte Atmo-

immer wieder hören, sehen, haben, nachmachen. So lässt sich auch

sphären, das gemeinsame Atmen und die an der Handlung teilneh-

ein Fingerspiel oder ein unbekanntes Lied erlernen, das während

mende Unruhe im Publikum genießen. Her mit dem Lachen der

eines Live-Theater-Erlebnisses schwer wiederholbar oder erlernbar

unterschiedlichen Altersstufen und den Omas mit ihrem Behar-

ist. Das sonst im Theater laut hörbare „Nochmal!“ ist hier endlich

rungsbedürfnis in der Mitte der ersten Zuschauer*innenreihe!

erfüllbar. Allerdings wieder nur mit Erwachsenen an der Seite, die

Dann kann ich mich wieder über die Kinder, diese Spezialist*innen


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PRAXIS | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 29

für Lernen und Zellteilung freuen! Wie schön ist es doch, auf der

heitsauflagen vorbereiteten Raum im Theater, der dann als Bühnen-

Bühne als Schauspieler vor Publikum zu stehen, und es nicht als

bild fungiert, und hat sogar Kostüm und Requisiten am Arbeitsplatz.

Störung zu empfinden, sondern ganz im Gegenteil als konstruktive Anregung für Inhalt oder Form, wenn während der Aufführung die

Aber am Anfang der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen habe

laute Frage kommt: „Mama, was macht der Mann da?“

ich vor allem eines empfunden: Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke – die die mangelnde physische Präsenz reißt. Der Abfall, den ich empfunden habe, war gigantisch, sodass das vorherrschende Gefühl bei mir war: Leere – nix. Ja, ich hab meinen Job gemacht, aber

Peter Blum, Jahrgang 1991, ist seit der Spielzeit 2019/20 Schauspieler am Theater Regensburg. Zuvor studierte er Regie in Salzburg und Schauspiel an der Bayerischen Theaterakademie August Everding München:

sonst? Wo ist das geblieben, was ich suche? Denn für mich als Spieler war das Spielen plötzlich weniger wert, als hätte man die Auflösung am Fernseher von 4k auf 50erschwarz-weiß-Style runter gesetzt – ohne das angenehm kultige

Wenn ich eine bestimmte Zeit nicht ausreichend spiele, fängt es in

Retro-Gefühl. Die Arbeit hinterließ bei mir das Gefühl der Lüge. Das

mir an zu brodeln. Ich werde unruhig, mache ungesund viel Sport,

war nicht mehr meine Arbeit, nur ein Alibi. Eine Leere. Ein Nichts.

schlafe wenig und binge jede Serie, die mir vor die Füße fällt. Bei normalen Proben und Vorstellungen ist der Körper aufgespannt Ich habe meinen Beruf gewählt aus Liebe zum Miteinanderspielen,

und ganz Ausdruck, die Stimme erfüllt einen Raum und erreicht

dem Körperlichen, Sprachlichen. Und weil ich etwas daraus ziehe,

die anderen, die Ohren lauschen in die Stille und auf jeden Schritt

für das andere – ich weiß nicht – einen Rausch suchen? Natürlich

und jede Nuance im Satz des anderen. Ein unerschöpfliches Meer an

wird dieses Verlangen nach Unmittelbarkeit in jeder Arbeit anders

Eindrücken und Möglichkeiten rauscht in jeder Sekunde einer analo-

befriedigt, aber alles in allem bekomme ich immer, was ich brauche,

gen Probe: das Potential, Grenzen zu überschreiten, das gemeinsame

und das macht mich glücklich. Jedes Ringen um den künstlerischen

Herausfinden, wie etwas geht. Die Auslieferung ist so absolut, dass sie

Ausdruck ist somit angetrieben von der Liebe zu und der Sehnsucht

produktiv wird. Und die Grenzen des Möglichen bestehen nur in der

nach dem Überwinden meiner Grenzen.

Unversehrtheit der anderen, sonst gibt es (fast) keine.

Corona hat dem einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Im Digitalen? Bleibt wenig davon übrig. Man sitzt kilometerweit aus-

Erste Reaktion: Streamen alter Inszenierungen. Schöne

einander. Man kann nicht eben mal schnell rüber. Das Potential die-

Idee, so kann man auch mal Produktionen sehen, zu denen man

ser Grenzüberschreitungen entsteht nicht, weil sie schlicht nicht

live keine Gelegenheit hatte. Gut. Aber mir als Spieler hilft das

möglich sind. Selbst in der formal strengsten Regiesituation, die

kaum. Denn ich kann da nur rezipieren und nicht spielen.

vorgibt, dass wir meterweit auseinander stehen, selbst da ist

Zweite Idee: Online-Formate ohne direkten Kontakt zwischen den Beteiligten.

es jederzeit denkbar die Spielregeln über Bord zu werfen. Unter Corona: pffff …

Das klingt schon besser und soll die weitere Arbeit ermög-

Ton: Wird nun von der Software dynamisch reguliert. Weder

lichen. So ordnet man sein SetUp an: Computer, Mikro, Kamera, Vi-

lautes Schreien noch leisestes Flüstern wirken; Extreme, von denen

deotelefonieprogramm, Internetverbindung und schon klingelt es

das Theatererlebnis für Zuschauer*innen und Akteur*innen lebt.

zum Probenanruf. Ja, da arbeitet man halt. Man liest, spricht über

Und für die Spielenden ergibt sich noch ein weiteres Pro-

Konzepte, analysiert Szenen und fängt an, sie miteinander zu spielen.

blem: konkreter Kontakt zwischen Menschen, das Futter für sich ge-

Irgendwann zieht man vom Homeoffice in einen unter allen Sicher-

genseitig belebendes Spiel, ist verunmöglicht. Ich spiele mit einem


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Bildschirm, der sich nicht wehrt, der keinen Körper hat, den ich

des analogen Erlebnisses zu betonen. Das wäre doch etwas, wenn

nicht mustern kann. Dessen Blick ich nicht spüre. Jede Nähe ist ge-

nach Monaten des digitalen Theaters selbst die Skeptiker*innen

machte Nähe, angenommene Nähe, nicht echt.

sagen: „Gut, dass es das echte Theater wieder gibt!“

Darüber hinaus ist die Datenübertragung ein Problem.

Oder die Millisekunde Verzögerung, wie mir mein Freund

Rhythmus, der sich im Spiel wie nebenbei allmählich aufbaut, ent-

Dr. Wolf Siegert auseinandergesetzt hat: Die ganz kleine Sprechpau-

steht durch das Miteinanderhandeln und -sprechen über einer Stille.

se, die ich mache, während ich darauf hoffe und warte, ob und dass

Und dieses Miteinander ist einer permanenten Störung ausgesetzt,

mein Satz technisch beim Anderen ankommt, führt bei mir zu einer

nämlich der sekundenbruchteilweisen Verzögerung durch die In-

kleinen Reflexion über das Gesagte. Und mein*e Partner*in antwor-

ternetübertragung. Und das macht viel aus. Es macht den Unter-

tet mir nicht mehr nur als Partner*in wie auf der Bühne, sondern

schied, ob ich einen Fluss mit dem Mitspieler herstellen kann. Wenn

als eine Gestalt, die zwischen dem Ende meines Sprechens und dem

nicht, muss ich permanent meine eigenen Impulse erarbeiten und

Ankommen des Gesagten entsteht.

das ganze wird krampfig. Das Spiel wird dadurch relativ unspannend und verliert Risiko, Spontaneität und Einzigartigkeit.

Wenn man sich an diese formalen Forschungsfelder hält, kann die digitale Arbeit einen ganz eigenen Reiz entfalten. Und dann werden

Am Ende gibt es noch das Verhältnis zum Publikum: Das will ich

wir, wenn unsere ureigene Arbeit wieder möglich ist, verändert auf

sehen, spüren, hören. Ja, auch den Huster, den halblauten Kommen-

unsere Bühnen und vor unser Publikum zurückkehren. Vielleicht

tar und das raschelnde Bonbonpapier. Ich will das Gefühl eines

weiser, wahrscheinlich hungriger, hoffentlich leidenschaftlicher.

ganz- oder halbgefüllten oder leeren Zuschauer*innenraumes für mein Spiel benutzen. Denn die, die da unten sitzen, spielen auch mit. Und online sind meine Zuschauer*innen Zahlen, Geister, die sich durchklicken und hängenbleiben oder nicht. Vermutungen. Spielen im Digitalen ist ein Nichtkontakt vor einem und für ein Nichtpublikum. ABER: Wie die Zeit vergeht. Wenn dieser Text erscheint, ist meine letzte „normale“ Vorstellung schon mehr als sechs Monate her und meine erste Onlineproduktion liegt auch schon länger zurück. Jetzt würde ich mir ein solches reduziertes, heruntergefahrenes Spielen wünschen, ja, ich sehne mich danach. Zumal man mit der Zeit lernt: Wenn ich das analoge Erlebnis der Vorcoronazeit im Digitalen erreichen will, natürlich wird sich das falsch anfühlen. Analog ist King, da helfen keine Pillen (Digitalis??). Aber der neue Raum eröffnet neue Spiele, die eine eigene Spannung haben, wenn man nicht versucht, die alten Spielregeln anzuwenden: Monologisches Arbeiten kann ja zum Beispiel benutzt werden, anstatt die Lücke zwischen den Spieler*innen zum Verschwinden zu bringen, sie sichtbar zu machen und dadurch die Qualität


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VON DER FORSCHUNGSREISE ZUR INSZENIERUNG TUKI ForscherTheater und TUKI Bühne Von Verena Lobert

Wie werden Forschungsfragen von Kindern zu professionellem Kindertheater? Einblicke in die Theater und Kita-Pilotproduktionen mit dem GRIPS Theater, der Schaubude Berlin und der Jungen Deutschen Oper Berlin

Das Berliner Programm Theater und Kita (TUKI) initiiert seit 2011 Partnerschaftsmodelle für langfristige Strukturen der frühkindlichen ästhetischen Bildung im Bereich der Darstellenden Künste in Kitas. 2014 startete mit TUKI ForscherTheater das dritte Format des TUKIversums, das auf eine forschende Arbeitsweise mit performativen und theatralen Mitteln setzt. Neben theaterpädagogischen Spielen und Ritualen, Wahrnehmungsaufgaben, bildnerischen und performativen Handlungsaufträgen werden beim TUKI ForscherTheater auch naturwissenschaftliche Phänomene Vorbild für Übersetzungen in performative Experimental-Anordnungen. Was ist künstlerische Forschung? „Sind alle Kinder Forscher*innen?“ fragt Maria Milbert in ihrem Artikel über die Pilotphase von 2014 bis 2017, innerhalb derer aus Fragen der Kinder Forschungsreisen entwickelt wurden. „Ja“, stellt sie fest und verweist auf zeitgenössische Entwicklungstheorien und die Reggio-Pädagogik, die ‚Forschen‘ als das spielerische Entdecken der Welt mit allen Sinnen (Explorationsspiel) verstehen, und als das „Entwickeln und Veräußern von Theorien uber das Wesen der Dinge“.1 Künstlerische Forschung zielt darauf, Fragen mit künstlerischen Strategien und Artikulationsweisen zu bearbeiten und verwen-


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32 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | PRAXIS

det ebenso experimentelle wie hermeneutische Methoden, um z.T.

der Konzentration auf ausgewählte Materialien mit dem Ziel einer

implizites Wissen sichtbar und erlebbar zu machen. Künstlerische

eigenen Forschungsbewegung vor dem Referenzrahmen der Kita-

Forschung strebt als Kriterium die Welterschließung und -gestal-

Experimente.

tung im Austausch mit anderen Wissenschaften an, dokumentiert und verbreitet ihre Erkenntnisse.2

Die Grundfragen der Forschungsreise aus der Kita Barbarossastraße

Jeder TUKI ForscherTheater-Prozess basiert auf den sponta-

stehen auch im Zentrum der mobilen GRIPS-Produktion Verwan-

nen und alltagsbezogenen Fragen einer Kindergruppe an ihre Le-

delt: Wie funktioniert verwandeln? Bin ich bereits verwandelt, wenn

benswelt. Dass hier also poetische und naturwissenschaftliche, phi-

ich verkleidet bin? Zu Besuch in Kitas erschafft die Produktion einen

losophische und alltagspraktische, soziale und künstlerische

partizipativen Möglichkeits-Raum und nutzt dafür die bereits er-

Fragestellungen gleichberechtigt zusammenkommen, liegt an der

probten Verwandlungsfähigkeiten von Textilien mit besonderen Be-

Offenheit und Neugier der Altersgruppe, die noch nicht in Diszip-

schaffenheiten (Regie: Katja Fillmann, Ausstattung: Maria Wolgast).

linen denkt.

Berge von Kleidung waren auch in der Forscherreise Anlass für ver-

Der assoziativ-suchende und sich verzweigende Forschungs-

schiedene Explorationsspiele der Kinder.

prozess wird von einem Ping-Pong zwischen Kinderfragen und Ex-

Die GRIPS-Produktion arbeitet mit einer stufenweisen Ver-

plorationsangeboten der anleitenden Künstler*innen getragen, von

schiebung zwischen dem Vorführen von Verwandlungsvorgängen,

Exkursionen zu besonderen Wissensorten und Gesprächen mit Ex-

dem interaktiven sprachlichen Ausdeuten von Verkleidungswirkun-

pert*innen zum Thema ergänzt.

gen und dem aktiven, selbstgesteuerten Verkleidungs-Spiel des Kin-

„Kann es gelingen, die kindlichen Sichtweisen, die vielen

derpublikums. Die Performerinnen (Friederike Dunger, Lisa Vera

performativen Versuchsanordnungen, aber auch die unvorherseh-

Schwabe) lenken verschiedene Beteiligungs-Modi durch ihre Bild-

baren und unwägbaren Reisestationen

weiterzutragen?“3

und Handlungs-Angebote und sprachliche Eröffnungen. Ermöglicht

Das Anliegen der TUKI-Gründerin Renate Breitig, die For-

wurde dieses Format durch die Mitarbeit der TUKI Forscher-Kinder,

schungsergebnisse aus der Kita in eine größere Öffentlichkeit zu

deren Reaktionen, Fragen und Impulse wertvolle Erkenntnisse für

bringen, brachte das vierte Format, das Produktionsprogramm

die Inszenierungsarbeit brachten.

TUKI Bühne auf den Weg. Es stellt einem professionellen Theaterteam die Aufgabe, aus den Forschungsreisen mit Kita-Kindern For-

Für das Material- und Objekttheater ¡ver-rückt! Versuche zu Chaos,

schendes Theater für Kinder zu entwickeln.

Fliegen und Maschinen der Schaubude Berlin dient der Topos „Chaos“ als Programm für eine atmosphärische Versuchsreihe. Die

TUKI Bühne stellt den Produktionsprozess von Kindertheater als

Suche nach Mustern und Ähnlichkeiten spannt eine assoziative Test-

eine koproduzierende Gemeinschaft zwischen Kita-Kindern und

Dramaturgie zwischen Insekten-Mensch-Verhältnissen und Mikro-

Künstler*innen auf. Ein TUKI ForscherTheater-Prozess bildet dabei

Makro-Phänomenen. Das Thema der Umformung von Materialien

die Grundlage, die es einer Kinder-Gruppe ermöglicht, einen eige-

wie Papier-Vlies, Naturfundstücke, Elektroschrott oder Glas – das

nen ästhetisch-forschenden Prozess zu erleben, um anschließend

im Kindergarten Pfiffikus auch die Forschungsfrage „Gibt es einen

zu Feedbackgebenden und Testpublikum in einem professionellen

Bauplan für Insekten“ hervorbrachte, – wird in der Produktion mit

Prozess bei TUKI Bühne zu werden.

Textilfolie fortgeführt (Bühne: Michaela Muchina, Susann Tamos-

In den drei Pilotproduktionen mit dem GRIPS Theater, der Schaubude Berlin und der Jungen Deutschen Oper

Berlin4

zus). Im Zusammenspiel von projizierter Zeichnung und den Kör-

rea-

pern der Performer*innen (Gonzalo Barahona, Alpha A. Kartsaki)

gierten die professionellen Theater-Teams auf die opulenten TUKI

verwandelt sich die Folie vom aufbrechenden Kokon zu kriechenden

ForscherTheater-Sammlungen mit Vertiefung einzelner Ideen und

Tieren oder in riesige Masken und Flügel.


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PRAXIS | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 33

Erste Erfahrungen mit Sound-Aufnahmen und GeräuschKompositionen aus der Kita-Forschungsreise finden als wiederkeh-

len und so neue Wahrnehmungswelten und Assoziationsräume erzeugen.

rendes Audio-Sample von zerberstendem Porzellan den Weg in die

Während die Künstler*innen von den Ideen ihrer Kinder-

Inszenierung (Regie: Franziska Burnay Pereira, Dramaturgie: S. Ta-

Verbündeten profitieren und aus deren Reaktionen lernen, bekom-

moszus).

men die Kinder Zutritt zu einer Welt, in der ihre Wahrnehmungen, Denkansätze und Handlungsweisen als wertvolle Ressource für die

Für Expedition TIRILI erforschen eine Sängerin (Pauline Jacob) und

künstlerische Arbeit zurückgespiegelt werden. Der Transfer der For-

eine Musikerin (Cathrin Romeis) die Kita-Räume, ihre eigenen

schungsergebnisse aus der Kita bereichert nicht nur die Formen-

K(langk)örper und die Möglichkeiten einer Loop-Station. Diese Stück-

und Themenvielfalt des Kindertheaters: das TUKI Programm stellt

entwicklung fand parallel zum TUKI ForscherTheater in der Kita Kas-

zugleich ein Modell vor, wie die Verknüpfung von ästhetischer For-

tanienallee statt und etablierte zwischen Kita-Gruppe (künstlerische

schung in der Kita mit dem Theater als Kunst- und Verhandlungs-

Leitung: Julia Bihl) und Opern-Probenteam (Regie: Franziska See-

raum, der generationsübergreifend gestaltet wird, glücken kann.

berg, musikalische Beratung: Thomas Prestin, Ausstattung: Janina Janke) einen Austausch von akustischen und haptischen Impulsen und gegenseitigen Besuchen. Beide Prozesse basieren auf der glei-

Verena Lobert ist Gründungsmitglied der www.fraeuleinwunderag.net. Mit ihrem Kollektiv ent-

chen Suchbewegung: Die Muster und Funktionsweisen der Welt der

wickelt sie Theaterstücke und partizipative Erlebnisräume aus künstlerischer Feldforschung. Sie

Geräusche zu begreifen, auszutesten und sie nicht nur hör-, sondern

lehrt Kreative Methoden und neue Medien an der Medical School Berlin.

auch sichtbar zu machen. Audioprotokolle von Treppenhausgepolter, Vogelgezwitscher oder Zähneputzen initiierten die Geräusche-For-

Renate Breitig gründete 2011 TUKI – Theater & Kita; es folgten 2014 TUKI ForscherTheater

schung in der Kita, während die Frage „Wie hört sich die Stille nach

und 2019 TUKI Bühne. Bis 2009 war sie Referentin für Kulturelle Bildung im Berliner Senat.

dem Soundgewitter an?“ die ersten Experimente mit der Loop-Station

1987 gründete sie TUSCH und 2005 TanzZeit.

auf den Bühnenproben in Gang setzte. Die systematische Geräuscheforschung für Kita-Räume in fünf Kapiteln übersetzt akustische Phänomene wie „laut und leise“ oder „eine Stimme, viele Stimmen“ in räumliche Bilder und Loop-Effekte um zum Schluss mit den Kindern zusammen ein Loop-Station-Gewitter aufziehen zu lassen. In den drei TUKI Bühne-Produktionen wird die in der Kita begon-

1

nene Forschung im Bühnengeschehen weitergetrieben, das Kinderpublikum über ihr Zuschauen in die Forschungsbewegungen

2

involviert und z. T . auch aktiv daran beteiligt. Alle drei Produktionen nehmen ihren Anfang in einer je spezifischen Auswahl von Materialien. Je nach professioneller Ausrichtung der Teams verschränkt sich die Arbeit am Visuellen und Haptischen mit anderen

3

Mitteln und erfindet darin sprachlich-interaktive (GRIPS Theater), performativ-intermediale (Schaubude) und klanglich-räumliche (Deutsche Oper) Übersetzungs- und Eigenlogiken des Forschens und Zeigens, die allesamt auf synästhetische Erlebnisformen zie-

4

Milbert, Maria (2017): Forschendes Theater mit den Jüngsten: Erkundungen in einem jungen Feld Kultureller Bildung. https://www.kubi-online.de/artikel/forschendes-theater-denjuengsten-erkundungen-einem-jungen-feld-kultureller-bildung (letzter Zugriff 25.06.2019), hier S. 11. Vgl. Peters, Sibylle (2013): „Das Forschen aller – ein Vorwort“, in: dies. (Hg.): Das Forschen aller. Artistic Research als Wissensproduktion zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft, Bielefeld: transcript, S. 7–22; Hinz, Melanie/ Kranixfeld, Micha (2018): „A–Z des Forschenden Theaters in Sozialen Feldern“, in: Hinz/Kranixfeld/Köhler/Scheurle (Hgg.): Forschendes Theater in Sozialen Feldern. Theater als Soziale Kunst III. München: kopaed, S. 11–19. Breitig, Renate (2020): „Ein Funke springt über. TUKI Bühne schafft den Transfer vom Theater MIT Kindern zum Theater FÜR Kinder“, in: TUKI Theater und Kita/dies. (Hgg.) Funken Flüge. TUKI Bühne. Ein Konzept für das Kindertheater, S. 11–13, https://tuki-berlin.de/tukibuehne/ (letzter Zugriff 25.06.2020), hier S. 11. Vgl. Lobert, Verena/Breitig, Renate (2020): TUKI BÜHNE: Vom Forschenden Theater MIT Kindern zum Forschenden Theater FÜR Kinder. Beobachtungen aus drei Berliner Stückentwicklungen mit dem GRIPS Theater, der Schaubude und der Jungen Deutschen Oper. (Veröffentlichung in Vorbereitung).


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34 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | WAS MACHT EIGENTLICH …

EINFACH(E) TATSACHEN IN CORONA-ZEITEN Von Roland Horne

Wir sind in dieser Rubrik auf der Suche nach Impulsen für die Theaterarbeit, nach Themen, die junge Menschen beschäftigen. Themen, die nicht direkt aus dem Theaterkontext kommen, wie zum Beispiel bei Bündnispartnern der Wege ins Theater-Projekte. Also: Was macht eigentlich … die Landeszentrale für Umweltaufklärung Rheinland-Pfalz? Das Einfache hat sehr viel mit Tatsachen zu tun. Zum Beispiel mit drei grundlegenden und einfachen Erkenntnissen der Ökologie und einer nachhaltigen Entwicklung: 1.

Die Erde ist ein begrenztes System.

2.

In einem begrenzten System kann man nicht von allem immer mehr haben.

3.

Unser auf ständigem, exponentiellem Wachstum gründendes Wohlstandsmodell ist daher nicht zukunftsfähig.

Ich denke, diese drei Sätze sind einfach. Einfach, weil sie richtig sind. Einfach, weil die Gedanken selbstverständlich anmuten. Einfach, weil die Schlussfolgerung naheliegt. Krisenzeiten haben den Vorteil, dass sie unsere Aufmerksamkeit auf das Wesentliche, das Elementare, lenken. In einer solchen Zeit befinden wir uns. Und das Corona-Virus scheint längst bekannte, einfache Tatsachen schärfer konturiert ans Tageslicht zu bringen. Oft ist es schwer, die unbequemen Konsequenzen aus einer einfachen Tatsache zu ziehen. Wissen und Tun zusammen zu bringen. Verneinung, Verdrängung oder Vertagung scheinen – kurzfristig – einfach zu sein. In diesem Sinne ist das Einfache der Feind der Behäbigkeit, des


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WAS MACHT EIGENTLICH … | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 35

Opportunismus, der Verwirrung. Die weltweite Corona-Bedrohung

Die Frage ist nicht, ob der Klimawandel kommt, ob ein nach-

macht mit einem Schlag fühlbar klar, dass Menschen Teil der Natur

haltiger Umgang mit Ressourcen kommt, die Energiewende, Ver-

dieses Planeten sind. Wir können uns nicht abkoppeln. Wir wissen

kehrswende oder Ernährungswende kommt.

nicht alles. Seit Aufklärung und Industrialisierung tun wir Menschen

Die Frage ist, wie schnell wir uns darauf einstellen. Gestalten

trotz immer wiederkehrender Naturkatastrophen so, als beherrschten

wir den nicht aufzuhaltenden Wandel und nutzen die Zeit oder las-

wir die Natur. Von Demut unseren Lebensgrundlagen gegenüber keine

sen wir alles laufen, verschieben in die Zukunft und verwalten das

Spur – gemessen an unserem tatsächlichen, steigenden, nicht nach-

Desaster?

haltigen, zerstörerischen Naturverbrauch.

In Corona-Zeiten fiel uns die Antwort leicht. Sie zeigen, dass wir sehr wohl in der Lage sind, radikale Entscheidungen zu treffen,

Wir alle wissen mehr, als wir bewusst wahrhaben wollen, von und

wenn uns die Bedrohung direkt im Nacken sitzt. Gut möglich, dass

über einfache Tatsachen.

wir als Pandemie-Zeitzeug*innen schneller – weil sensibilisiert –

Wenn wir klug sind, können wir aus der Corona-Krisenzeit diese einfache Erfahrung der Angewiesenheit und der Verbunden-

lernen, nur so viel und nur so zu nutzen, dass es für das allgemeine Wohl und unsere Zukunft auf dem Raumschiff Erde reicht.

heit mit den natürlichen Grundlagen unseres Lebens als Orientierung für gesellschaftliche Entscheidungen in die Zukunft mitnehmen. Komplexes einfach erklären kann nur, wer es selbst verstanden

Roland Horne ist Leiter der Landeszentrale für Umweltaufklärung Rheinland-Pfalz. Die

hat. Das Einfache hat also viel mit Verstehen zu tun. Und das Ver-

Landeszentrale war Bündnispartner des FutureSoundMap, einem Wege ins Theater-Projekt des

stehen mit dem Einfachen. Vielleicht liegt eine Erkenntnis in Coro-

Staatstheater Mainz von Oktober 2019 bis Juli 2020. Dritter Bündnispartner war die Integrierte

na-Zeiten darin, dass unsere Spezies mit ihrer Grundausstattung

Gesamtschule Oppenheim.

intellektuell zwar in der Lage ist, ein komplexes Problem wie den Klimawandel ausreichend wissenschaftlich beschreiben zu können

Das Projekt FutureSoundMap wurde gefördert von Wege ins Theater, dem Projekt der ASSITEJ

– aber nicht, ein langfristig drohendes Unheil angemessen in der

im Rahmen des Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesmi-

zur Verfügung stehenden Zeit abzuwenden? Doch was wir beim an-

nisteriums für Bildung und Forschung.

thropogenen Klimawandel unverdrossen weiter tun – weiter wie bisher, trotz der mittlerweile sichtbaren und absehbaren Folgen –, das

Einige Gedanken in diesem Essay wurden angeregt durch neun Thesen aus dem Forum „Das

scheint in der Reaktion auf Corona umgekehrt. Wir sind zu drasti-

Einfache“ (September 1994) am Internationalen Forum für Gestaltung Ulm und der Stiftung

schen Änderungen und Einschnitten bereit, weil wir nicht genau

Hochschule für Gestaltung Ulm (http://www.mathematik.uni-ulm.de/sai/borchert/das-

wissen, was da auf uns zukommt. Die Bedrohung scheint unmittel-

einfache.html).

barer, direkter, persönlicher, ganz nahe. Nicht vertagbar. Nicht zu verschieben. Nicht zu verdrängen.

Wir drucken den Essay von Roland Horne hier in einer gekürzten Version ab. Er ist in voller Länge nachzulesen auf KJTZ – Das Blog (https://kjtz.co/).

Wie viel ist genug? Da die Erde ein begrenztes System ist, in dem man nicht ständig immer mehr haben kann, kommen wir in der Wachstumsgesellschaft nicht an der Frage „Wie viel ist genug?“ vorbei. Oder anders ausgedrückt: Wie kann sich das Verhalten der Menschen so verändern, dass Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung nicht reduziert werden auf die Wachstumsrate des Bruttosozialproduktes?


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36 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | WAS INSPIRIERT EIGENTLICH …

MUT, DIVERSITY, ZEIT, ZUKUNFT Von Maike Gunsilius

In dieser neuen Rubrik stellen wir Menschen vor, die etwas zu sagen haben zu den Darstellenden Künsten für junges Publikum. Wobei: eigentlich stellen sie sich selbst vor, durch das, was sie lesen, hören, sehen, spielen. Also: Was inspiriert Sie eigentlich, Maike Gunsilius?

von Kids Who Dare to be Different von Ben Brooks, einem Buch mit 100 Geschichten von mutigen Mädchen und Jungen, die es gewagt haben, sie selbst zu sein und die Welt zu verändern. Sukini hat mich jahrelang als Hip-Hopperin Sookee mit ihren Songs gegen Sexismus, Rassismus, Homophobie inspiriert – nun rappt sie explizit für Kinder. Meine Lieblingssongs auf ihrer Platte Schmetterlingskacke sind Prinzessin Peach und Meine Mamas. In der Serie Sex Education wissen Jugendliche alles über Sex, jedoch nicht aus eigener Erfahrung. Otis, ein verklemmter 16-jähriger, gründet deshalb eine illegale Sex-Beratung im Untergrund der Schule, um die Theorie-Praxis-Lücke seiner Mitschüler*innen zu füllen. Berührt hat mich auch Candice Carty-Williams’ Queenie, ein humorvoller, trauriger und politischer Roman über eine junge Schwarze Frau, über Race und Gender, über unsere Zeit und Zukunft. Endlich! Nur Kinder durften im August auf die Insel der kommenden Tage mitten im Zürisee Wie die Welt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Zukunft

fahren, die das FUNDUS THEATER | Theatre of Research mit dem

sein wird, wissen wir in diesem Jahr weniger denn je. Wir wissen,

Zürcher Theaterspektakel ausgerufen hat. In fantastischen Abstands-

dass generationenübergreifende, gesellschaftliche Solidarität gefragt

kostümen haben sie sich hier von einem Einhorn und blauem Rauch

ist. Wir wissen, dass heute viel auf dem Spiel steht und wir die Zu-

inspirieren lassen und Zürich und der Welt die Zukunft vorausgesagt.

kunft in den Händen halten. Wie uns das gelingen wird, wissen wir nicht. Was mich inspiriert sind künstlerische Texte, Filme, Serien,

Maike Gunsilius ist Kulturwissenschaftlerin, Dramaturgin und Performancemacherin. Sie hat in

Performances, die den Wunsch nach einer gerechteren Welt und

Stadttheatern sowie in freien Projekten gearbeitet und zu Participatory Art Based Research ge-

das Nichtwissen in Möglichkeiten verwandeln. Meine Tochter und

forscht. Ab Oktober 2020 ist sie Professorin für die Ästhetik des Kinder- und Jugendtheaters an

ich haben uns in diesem besonderen Sommer inspirieren lassen

der Stiftung Universität Hildesheim.


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OFFEN! #wirfreuenunsaufeuch #jungesstaatstheater

PREMIEREN 1001 NACHT 6+ UA DER RÄUBER HOTZENPLOTZ 7+ Preußler CORPUS DELICTI 14+ Zeh IN EINER SOMMERNACHT 14+ UA KATZELMACHER 14+ Fassbinder DER TRAFIKANT 15+ Seethaler WIEDERAUFNAHMEN FLIEGEN LERNEN 2+ Heiner | UA DER KLEINE PRINZ 8+ Saint-Exupéry DIE KONFERENZ DER TIERE 8+ Kästner DIE ÜBERRASCHEND SELTSAMEN ABENTEUER DES ROBINSON CRUSOE 8+ Gößner | UA NINA UND PAUL 10+ Re昀ert MONGOS 12+ Gößner PLANET B 12+ Hornbach | UA SCHWALBENKÖNIG 12+ Hornbach | UA FUCKFISCH 14+ Favre | UA HEDWIG AND THE ANGRY INCH 15+ Mitchell

WWW.STAATSTHEATER.KARLSRUHE.DE


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38 | IXYPSILONZETT | 02.2020 | WISSENSWERT

wissenswert

Produktion, Ausbildung und Berichterstattung

Forschung und Lehre

gestärkt werden soll.

Dr. Maike Gunsilius ist ab Oktober 2020 Profes-

| kulturstiftung-des-bundes.de |

sorin für die Ästhetik des Kinder- und Jugendtheaters an der Stiftung Universität Hildesheim.

Deutscher Kindertheaterpreis und

Deutsches Kinder-Theater-Fest

| uni-hildesheim.de |

Deutscher Jugendtheaterpreis 2020

Bis zum 30. April 2021 läuft die Bewerbung für

Dr. Andreas Wolfsteiner ist seit Januar 2020

Nominiert für den Deutschen Kindertheaterpreis

das Deutsche Kinder-Theater-Fest ICH DU WIR,

Professor für Angewandte Theaterwissenschaft

2020 sind Theo Fransz mit „Liebe Grüße“ …

das vom 30. September bis 3. Oktober 2021 am

am Institut für Theaterpädagogik der Hoch-

oder Wohin das Leben fällt (Ü: Andrea Kluit-

Theater Lübeck stattfindet.

schule Osnabrück, verbunden mit der Leitung

mann), Jens Raschke mit Wer nicht träumt, ist

| kinder-theater-fest.de |

des Deutschen Archivs für Theaterpädagogik.

selbst ein Traum sowie Jan Sobrie und Raven

| hs-osnabrueck.de |

Ruëll mit Wutschweiger (Ü: Barbara Buri). Nomi-

20 Jahre Theater Lakritz

Dr. Fatma Herrmann bekleidet seit März 2020 die

niert für den Deutschen Jugendtheaterpreis 2020

Wir gratulieren zum diesjährigen Jubiläum und

Professur für Soziale Arbeit mit den Schwerpunk-

sind Rabiah Hussain mit Absprung (Ü: Cornelia

wünschen ein schönes Fest am 1. November!

ten kulturelle und ästhetische Bildung an der

Enger), Esther Rölz mit Freie Wahl und Kees Roor-

| theater-lakritz.com |

Hochschule Emden/Leer.

da mit Rishi (Ü: Alexandra Schmiedebach). Die

| hs-emden-leer.de |

Preisträger*innen des Nachwuchs-Stückwettbe-

25 Jahre Papiertheater in Nürnberg

werbs 2020 sind Katharina Kern mit Bis sie ver-

Wir gratulieren dem Papiertheater zum Jubiläum,

Neue Kolleg*innen im KJTZ

schwinden im reifen Weizen, Ivana Sokola mit

das mit einer Ausstellung und der Premiere Ge-

Die Kunstpädagogin Vanessa Josephine Gelardo

Kill Baby und Lisa Wentz mit Aschewolken.

schichtenverwirrung am 9. und 10. Oktober ge-

ist seit Juni 2020 vertretend als Projektleitung in

| kjtz.de/preise |

feiert wird.

Ausstellung und Dokumentation im KJTZ tätig.

| daspapiertheater.de |

Mirrianne Mahn ist seit September 2020 als Re-

Neue Stücke für das Kindertheater

ferentin für Diversitätsentwicklung in den Dar-

Nah dran!-Stipendien für den Zeitraum 2021/22

30 Jahre Piccolo Theater Cottbus

stellenden Künsten für junges Publikum neu im

gehen an Carsten Brandau mit Wie ich über mei-

Das Piccolo Theater feiert im Februar 2021 sein

Team und Jacques Abena Nsah unterstützt KJTZ

nen Schatten stolperte und wieder aufstand

30-jähriges Bestehen mit dem Motto Wurzeln

und ASSITEJ seit Juli 2020 im Bereich EDV.

(Theater Lüneburg); Sergej Gößner mit Der

und Flügel. Wir gratulieren herzlich!

| kjtz.de |

fabelhafte Die (Theater Konstanz); Ossian Hain

| piccolo-cottbus.de |

und Arthur Romanowski mit Die Katze auf

GRIPS Theater in Deutschland und Indien

der Matte im Weltraum (JTW Spandau) sowie

40 Jahre AGORA Theater

Dipti Tambe, Promovendin am Department of

Karen Köhler mit Himmelwärts (Junges Theater

Das AGORA Theater wird in diesem Jahr 40 Jahre

German der University of Mumbai und am Insti-

Ingolstadt).

alt und feiert vom 22. bis 26.10.2020 in St. Vith

tut für Jugendbuchforschung der Goethe-Univer-

| kjtz.de | deutscher-literaturfonds.de |

ein JubiläumsFest mit einer Werkschau der

sität in Frankfurt war für zwei Jahre im KJTZ zu

jüngsten AGORA-Produktionen und internationa-

Gast, um an ihrer Dissertation Fremdheitserfah-

len Gastspielen.

rungen im deutschen und marathi GRIPS Theater

Ausschreibung für die ASSITEJ Preise 2021 Noch bis 18. November können Vorschläge ein-

(2001–2019) zu arbeiten.

gereicht werden für den ASSITEJ Preis, die

Wege ins Theater

ASSITEJ Veranstalter*innenpreise und – 2021

Tobias Metz, Theaterpädagoge und Dramaturg,

erstmalig verliehen – den Bernd-Mand-Preis für

ist neues Mitglied der Jury. Seit September 2017

Neues Kuratorium des KJTZ

Kulturjournalismus.

leitet er die theaterpädagogische Abteilung an

Als Kurator*innen neu berufen wurden 2020

| assitej.de |

der Württembergischen Landesbühne Esslingen.

durch die Bundesministerin für Familie, Senioren,

In seiner zweiten Profession ist er als Fotograf für

Frauen und Jugend folgende Expert*innen: Petra

Jupiter – Darstellende Künste für

Theater, Portrait und in sozialfotografischen Pro-

Fischer (Zürich), Nathalie Forstman (Bremen),

junges Publikum

jekten aktiv.

Bassam Ghazi (Köln), Dr. Johannes Kup (Braun-

Die Kulturstiftung des Bundes startet ein neues,

| wegeinstheater.de |

schweig), Prof. Dr. Christoph Lutz-Scheurle (Dort-

| german-mu.com/copy-of-research |

bundesweites Förderprogramm, mit dem das

mund) und Larissa Probst (Hildesheim).

Kinder- und Jugendtheater in den drei Bereichen

| kjtz.de |


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TERMINE | IXYPSILONZETT | 02.2020 | 39 TERMINE

TANZTREFFEN DER JUGEND 18. bis 25. September 2020, Berlin | berlinerfestspiele.de/tanztreffen | SPIELSTARK 2020 – 19. KINDER , JUGEND UND FAMILIENTHEATERFESTIVAL 18. bis 22. September 2020, Ottweiler und ‚ Saarlouis | ueberzwerg.de/festival-spielstark | PROQUA-FACHTAG: NACHHALTIGKEIT IN DER KULTURELLEN BILDUNG: UPCYCLING, LIFEHACKS & CO 7. Oktober 2020, Halle (Saale) | proqua-kms.de | VERLEIHUNG DES DEUTSCHEN JUGENDLITERATURPREISES 16. Oktober 2020, Online-Live-Stream aus dem GRIPS Theater Berlin | jugendliteratur.org | INTERNATIONALES SYMPOSIUM ALL IN: KOPRODUKTION UND KOOPERATION IN DEN INKLUSIVEN DARSTELLENDEN KÜNSTEN 20. bis 22. Oktober 2020, Köln | un-label.eu | AGORA JUBILÄUMSFEST 22. bis 26. Oktober 2020, St. Vith (BE) | agora-theater.net | FRATZ FESTIVAL UND SYMPOSIUM 23. bis 26. Oktober 2020 und 6. bis 9. November 2020, Berlin | fratz-festival.de | HÄNDE HOCH! 21. COTTBUSER PUPPENSPIELFEST 23. bis 25. Oktober 2020, Cottbus | puppenspiel-cottbus.de | piccolo-cottbus.de | ASSITEJ WERKSTATT: NACHHALTIGKEIT. MEHR ALS EIN THEMA AUF UND MÜLLTRENNUNG HINTER DER BÜHNE 4. November 2020, Online-Veranstaltung | assitej.de | bundesakademie.de | ASSITEJ WERKSTATT: PARTIZIPATION FÜR DIE ZUKUNFT – TEILHABEN, GESTALTEN, ENTSCHEIDEN IM KINDER- UND JUGENDTHEATER 7. November 2020, Hessisches Staatstheater Wiesbaden | assitej.de | ASSITEJ MITGLIEDERVERSAMMLUNG 12. November 2020, Frankfurt am Main und online | assitej.de | VERLEIHUNG DES DEUTSCHEN KINDERTHEATERPREISES UND DES DEUTSCHEN JUGENDTHEATERPREISES 12. November 2020, Online-Live-Stream aus Frankfurt am Main | kjtz.de | FRANKFURTER FORUM JUNGES THEATER: STADT+FINDEN 12. bis 14. November 2020, Literaturhaus Frankfurt und bundesweit | kjtz.de |

6. NETZWERKTAGUNG KULTUR UND INKLUSION 18. bis 19. November 2020, Akademie der Kulturellen Bildung Remscheid | kulturellebildung.de | 34. BUNDESTAGUNG THEATERPÄDAGOGIK: THEATER MACHT POLITIK. THEATERPÄDAGOGIK IM SPANNUNGSFELD VON EUROPÄISCHER IDEE UND DIVERGIERENDEN POLITISCHEN KRÄFTEN 19. bis 22. November 2020, Berlin | butinfo.de/bundestagung | 45. MÜLHEIMER THEATERTAGE: KINDERSTÜCKE 23. bis 26. November 2020, Mülheim an der Ruhr | stuecke.de | NAH DRAN!-URAUFFÜHRUNG | LENA GORELIK: ALS DIE WELT RÜCKWÄRTS GEHEN LERNTE 18. Dezember 2020, PATHOS München | kjtz.de/projekte | NAH DRAN!-URAUFFÜHRUNG | RIKE REINIGER: FUTURE EINS: LEBEN AUF DEM MARS 16. Januar 2021, Theater der Altmark Stendal | kjtz.de/projekte |

46. MÜLHEIMER THEATERTAGE: KINDERSTÜCKE 17. bis 21. Mai 2021, Mülheim an der Ruhr | stuecke.de | DAS INKLUSIVE THEATERFESTIVAL 3. bis 6. Juni 2021, Theater der Jungen Welt Leipzig | tdjw.de | SCHÖNE AUSSICHT – INTERNATIONALES UND BADEN-WÜRTTEMBERGISCHES THEATERFESTIVAL 6. bis 13. Juni 2021, Junges Ensemble Stuttgart | jes-stuttgart.de | ASSITEJ WERKSTATT: GRUNDLAGEN FÜR EIN SOLIDARISCHES THEATER FÜR JUNGES PUBLIKUM. IM RAHMEN DES FESTIVALS SCHÖNE AUSSICHT 6. Juni 2021, Junges Ensemble Stuttgart | assitej.de | HELLWACH – 9. INTERNATIONALES THEATERFESTIVAL FÜR JUNGES PUBLIKUM vorauss. 6. bis 13. Juni 2021 in Hamm und der Region Hellweg | helios-theater.de |

IMPRESSUM IXYPSILONZETT Das Magazin für Kinderund Jugendtheater 16. Jahrgang Erscheint 3x jährlich – im Januar (das Jahrbuch), Mai und Oktober Redaktionsschluss für dieses Heft: 17. August 2020

Eine Veröffentlichung der ASSITEJ Deutschland

Herausgeberinnen: Meike Fechner, Birte Werner Redaktion: Nikola Schellmann (verantwortlich), Stefanie Kaufmann

PURPLE – INTERNATIONALES TANZFESTIVAL FÜR JUNGES PUBLIKUM 16. bis 24. Januar 2021, Berlin | purple-tanzfestival.de |

DIRECTORS IN TYA – An International Exchange hosted by ASSITEJ Germany 20. bis 27. Juni 2021, Junges Staatstheater Braunschweig | assitej.de |

ASSITEJ Germany Schützenstraße 12 60311 Frankfurt/M. www.assitej.de

FESTIVAL MOMIX 28. Januar bis 7. Februar 2021, Kingersheim (FR) | momix.org |

THEATER DER WELT 17. Juni bis 4. Juli 2021, Düsseldorf | theaterderwelt.de |

Gestaltung: Grafikdesign Wahrig

KAAS & KAPPES. 23. NIEDERLÄNDISCHDEUTSCHES KINDER- UND JUGENDTHEATERFESTIVAL Februar 2021, KOM’MA Theater Duisburg | kaasundkappes.de |

SÜDWIND – 1. BAYERISCHES THEATERTREFFEN FÜR JUNGES PUBLIKUM 3. bis 8. Juli 2021, Stadttheater Ingolstadt | theater.ingolstadt.de |

Verlag: Theater der Zeit GmbH, Berlin www.theaterderzeit.de

STARKE STÜCKE – INTERNATIONALES THEATERFESTIVAL FÜR JUNGES PUBLIKUM RHEIN-MAIN 4. bis 15. März und 2. bis 14. Juli 2021, Frankfurt und Rhein-Main-Gebiet | starke-stuecke.net | KUSS THEATER SEHEN! THEATER SPIELEN! 25. HESSISCHE KINDER- UND JUGENDTHEATERWOCHE 12. bis 21. März 2021, Marburg | hltm.de/de/kuss-uebersicht | 20TH ASSITEJ WORLD CONGRESS / INTERNATIONAL THEATRE FESTIVAL FOR CHILDREN AND YOUNG AUDIENCES 23. bis 31. März 2021, Tokio und Nagano (JP) | assitej-international.org | AUGENBLICK MAL! FESTIVAL DES THEATERS FÜR JUNGES PUBLIKUM 16. bis 21. April 2021, Berlin | augenblickmal.de | APRILFESTIVAL DER ASSITEJ DÄNEMARK 18. bis 25. April 2021, Holbaek (DK) | www.info.aprilfestival.dk | WESTWIND. 37. THEATERTREFFEN NRW FÜR JUNGES PUBLIKUM 15. bis 21. Mai 2021, COMEDIA Theater Köln | westwind-festival.de |

RAMPENLICHTER – DAS TANZ- UND THEATERFESTIVAL VON KINDERN UND JUGENDLICHEN 9. bis 22. Juli 2021, München | rampenlichter.com | DEUTSCHES KINDER-THEATER-FEST 30. September bis 3. Oktober 2021, Theater Lübeck | kinder-theater-fest.de | KINDER- UND JUGENDTHEATERFESTIVAL WILDWECHSEL 16. bis 21. Oktober 2021, Theater Bernburg | wildwechsel-festival.de | BIBU – PERFORMING ARTS BIENNIAL FOR CHILDREN AND YOUTH UND ASSITEJ ARTISTIC GATHERING 17. bis 22. Mai 2022, Helsingborg (SE) | bibu.se |

IXYPSILONZETT ist Bestandteil der Abo-Auflage von Theater der Zeit sowie für die Mitglieder der ASSITEJ Deutschland Einzelheft-Preis: 6 EUR (print oder digital); Abo-Preis: 22 EUR (Deutschland); 30 EUR (außerhalb Deutschlands) Abo-Bestellung und Einzelheft-Bestellung: Theater der Zeit Winsstraße 72, 10405 Berlin, Germany Tel. +49 (0)30 4435 285-12 abo-vertrieb@ theaterderzeit.de, www.theaterderzeit.de Druck und Bindung: PIEREG Druckcenter Berlin GmbH

Gefördert durch das


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Frankfurter Forum Junges Theater 20 20

So fern und doch so nah. stadt+finden 12. - 14. November 2020 Veranstaltet von

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