Volker Pfüller. Bilderlust

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VOLKER PFULLER BILDERLUST





VOLKER PFร LLER BILDERLUST Herausgegeben von Stephan Dรถrschel



VOLKER PFÜLLER – 80 JAHRE BILDERLUST Stephan Dörschel

Das Theater der 1970er und -80er Jahre war auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Diese war vor allem von einem starken bildnerischen Ansatz geprägt. Die Zusammenarbeit des Bühnen- und Kostümbildners Volker Pfüller mit dem Regisseur Alexander Lang lässt sich hier neben die Theaterarbeiten von Peter Zadek mit Wilfried Minks, Peter Stein mit Karl-Ernst Herrmann, von Ariane Mnouchkine oder Robert Wilson einordnen. Bildende Künstler arbeiten schon sehr lange für das professionelle Theater. Man denke nur an die Entwürfe Schinkels. Ihr stilprägender Einfluss auf die theatralische Kunst konnte aber erst nach der Emanzipation des Bühnenbildes – und damit verbunden des Kostümbildes – zum Ausgang des 19. Jahrhunderts entstehen. Max Reinhardt war auch hier mit Max Slevogt oder Edvard Munch ein Vorreiter. Seitdem arbeiten bildende Künstler immer wieder für die Bühne. Dennoch scheint Volker Pfüller ein Sonderfall zu sein: Seine Theaterarbeiten entstehen schon sehr früh parallel zu seinem grafischen Werk, den Zeitschriften- und Buchillustrationen und Plakatentwürfen. Es ist also nicht der arrivierte Grafiker und Buchillustrator, der sich nebenbei auch im Theater betätigt, sondern Pfüller arbeitet und entwickelt sich von Anfang an genreübergreifend – und er tut das, ohne allzu sehr auf diese Grenzen zu achten. Er ist zu gleicher Zeit Illustrator, grafischer Künstler sowie Bühnen- und Kostümbildner. Betrachtet man die Fülle der zeichnerischen Theaterentwürfe in ihrer schier überbordenden Farbenpracht und spürt die damit verbundene Bilderlust, die dem hier vorliegenden Buch den Titel gab, wird es ganz deutlich: Er ist in seinen theatralischen Entwürfen der formbewusste, aussagekräftige, witzige grafische Erzähler geblieben. Das Theater konnte diesem Künstler nichts anhaben. Allen voran seine Figurinen bleiben grafische Kunstwerke in sich selbst, sind keine Werkstattzeichnungen, obwohl sie den Werkstätten als Vorlagen dienen sollen und gedient haben. Seine Bühnenbildentwürfe erinnern in mancher Hinsicht an seine freie Malerei – auch sie sind unbewohnt, scheinen auf die Menschen, von denen sie geprägt sind, erst noch zu warten, bergen ein Geheimnis für das kommende Drama, das sich auf ihnen, in ihnen ereignen wird. Denkt man über die Wichtigkeit der Besetzung im Theater nach, die oft schon die halbe Inszenierung ist (oder mehr), dann erkennt man in Pfüllers Figurinen, dass die jeweilige Charakterisierung durch die Kostümzeichnung in der Übertragung der Kunst der Darstellung in ein anderes künstlerisches Genre diese ebenfalls „aufhebt“ – sie dauerhaft bewahrt und gleichzeitig bildkünstlerisch überhöht. Sie scheinen ihren Zweck nicht erst auf der Bühne zu verwirklichen, auf der sie dreidimensional umgesetzt und im wahrsten Sinne verstofflicht werden, sondern können für sich stehen. Seine grafischen Blätter, die nicht dem Theater gewidmet sind,

1996, Skizzen- und Fratzenbuch

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bestätigen das. Um so überraschender ist es, wie viel Zeit (und Mühe, die Pfüller vornehm unterschlägt) der Künstler auf dem Theater verbracht hat – und immer noch verbringt. Volker Pfüller betont immer wieder, wie sehr ihm an der Beobachtung des Probenprozesses, an der Entstehung theatralischer Handlung und damit auch an der Entstehung der Personen, die er ausstattet, gelegen ist. Und wie viel Freude und künstlerische Befriedigung ihm das bringt. Seine Arbeit am Theater ist die Arbeit an und mit den Schauspielerinnen und Schauspielern, den Sängerinnen und Sängern. Das Ideal des Zusammenwirkens, des Zusammenspiels von Figuren- und Handlungsführung sowie vom Raum und von den Kostümen ist hier gefordert und wird durch die jeweilige Inszenierung eingelöst. Ein Auseinanderklaffen von anspruchsvollen Bildideen und überforderten Arrangements wird dadurch vermieden. Er hätte auf grafischem Gebiet mehr leisten, das heißt mehr „abliefern“ können, wenn er nicht so viele Proben besucht hätte. Aber Pfüllers Kunst, auch seine grafischen, gebrauchsgrafischen und freien Arbeiten – so die These, die sich natürlich nicht verifizieren lässt – sähe dann anders aus. Die Lust am Bild, die Lust an der Zuspitzung, die Lust an den skurrilen Eigenheiten, aber auch die Lust am Elegischen, an harmonischen Landschaftsbildern ergeben sich aus dem Zusammenspiel. Pfüllers Arbeiten außerhalb des Theaters sind geprägt von dem Leben, das der Künstler konzentriert und zugespitzt auf der Bühne mitgestalten konnte. Und seine Arbeiten verraten besonders eines: Neugier, warmherzige, empathische Neugier im Wortsinn – Gier nach dem Neuen, das man selbst vielleicht gar nicht entdecken konnte, wofür man Anreger, Aufreger, Initiatoren braucht (Schauspielerinnen und Schauspieler beispielsweise), die etwas sehen, das man selber womöglich übersehen hatte, weil man damit gar nicht rechnete. Das erklärt Pfüllers Leidenschaft für die Literatur, der er, belesen und mit großem Sachverstand, gerne frönt. Das wird deutlich an seinen eigenen literarischen Arbeiten, in denen das Element der Verunsicherung, dass nichts so ist, wie man es sich ausmalt, eine große Rolle spielt. Und dies ist vielleicht das Geheimnis seiner Liebe für das Schachspiel, das man berechnend auch nur bis zu einem gewissen Grad meistert. Ähnlich zeitfressend wie das Theater war auch die Lehrtätigkeit des Professors Volker Pfüller. Seine Schülerinnen und Schüler erwarben sich, wie es bei guten Pädagogen sein muss, unter seiner – neugierigen – Obhut ihren jeweils eigenen „Strich“, blieben nicht im Formenkanon des Lehrers, so wenig, wie Volker Pfüller selbst darin blieb. Vergleicht man Pfüllers Theaterarbeiten mit den aufgezeichneten Theaterinszenierungen, sieht man, wie gut Darstellung und Ausstattung, Raum und Bewegung einander ergänzen, einander bedingen. Betrachtet man seine Kostümfigurinen und Bühnenbildentwürfe, ist man von deren grafischer Qualität entzückt. In den Aufführungen ergeben sich wiederum ganz andere Qualitäten und ästhetische Reize. Liest man die Bücher, die Pfüller illustriert hat, genießt man die die Fantasie beflügelnden Illustrationen, und studiert man diese Illustrationen für sich, so spinnt sich ein vielleicht ähnlicher, aber doch ganz anderer Roman. Lebt man mit den Plakaten Volker Pfüllers, so ergibt sich mit der Zeit ein Dialog, der jeden Tag aufs Neue und doch immer wieder anders verläuft. Auch seine Gemälde, so lässt sich vermuten, schaffen entspannte leuchtende Ruhepole in der Umgebung, die man ihnen gibt. Volker Pfüller, so lässt sich vielleicht sagen, ist ein zutiefst dialogischer Künstler. Seine Werke halten Zwiesprache mit dem Publikum, den Leserinnen und Lesern, zu denen, die sie betrachten. „Bilderlust“ stellt daher das gesamte bildnerische Œuvre Volker Pfüllers in den Vordergrund. Die Autoren geben jeweils erhellend Auskunft über die Qualitäten, die der Künstler auf den verschiedenen Gebieten aufweist. Allen Autoren eigen ist aber – und das ohne vorherige Absprache –, dass sie den

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genreübergreifenden, also auch den ihr Fachgebiet übersteigenden Künstler Volker Pfüller würdigen: Friedrich Dieckmann, der Homme de lettres nicht nur des deutschen Theaters, markiert das theatralische Werk und weist auf den fundamentalen Unterschied hin zwischen dem grafischen Werk und der Arbeit eines Bühnen- und Kostümbildners. Thomas Glöß, als Typograf und Grafiker Volker Pfüller von der Profession vielleicht am nächsten, weist auf das Grenzüberschreitende im Werk von Pfüller hin und auf seine technische, handwerkliche Professionalität. René Grohnert, der Leiter des Essener Plakatmuseums, macht auf die historischen Wurzeln aufmerksam, die Volker Pfüller auch in seiner Plakatkunst reflektiert und gestalterisch neu ausdeutet. Dem bildenden Künstler und Kunstverleger Christoph Ruckhäberle, einer jüngeren Generation zugehörig, gelingt es, die freie Kunst Volker Pfüllers in der Gesamtschau seines Œuvres zu deuten und in einem größeren kunsthistorischen Zusammenhang zu verorten. Christoph Stölzl, Kunsthistoriker und Publizist, gratuliert dem Künstler herzhaft, knapp und aussagestark zu seinem 80. Geburtstag. Dieser ist auch der Anlass, sich dem Gesamtwerk Volker Pfüllers genießend, schmunzelnd, erstaunt zu nähern.

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1995, Plakat

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EXKURSION 1: BÜHNEN AN DER SÄULE VOLKER PFÜLLERS PLAKATE René Grohnert

EINFÜHRUNG Volker Pfüller hinterlässt mit jeder Arbeit eine Marke – nur ein Plakat von ihm kann so aussehen. Kaum ein anderer Gestalter hält derart streng an der eigenen Bildsprache fest und bewegt sich doch flexibel innerhalb der selbst definierten Grenzen. Die Art der Zeichnung, die Verwendung von Farbe und der Umgang mit Typografie sind immer Ausdruck eines geradezu privat anmutenden Stils. Man muss sich also die Frage stellen: Wie viel von der Person Volker Pfüller steckt in jedem Plakat? So oft es geht, zeichnet er selbst auf den Stein, die Druckplatte oder die Folie, schneidet selbst ins Linoleum. Erst im Prozess des Druckens selbst wird sein Entwurf endgültig abgeschlossen. Pfüller ist ein Kenner der Plakatgeschichte und besonders der Drucktechniken, mit denen Plakate hergestellt wurden und werden. So stellt er sich ganz bewusst in die Tradition der französischen Plakatgestalter um 1900, die den händischen Abzug der Blätter als unabdingbaren Teil des Herstellungsprozesses begriffen. Für seine Auffassung des Plakats scheinen aber auch andere Quellen anregend gewesen zu sein. Das Berliner Sachplakat1, das um 1910 entstand, kannte eine spezielle Ausprägung: das sogenannte Bildnisoder Starplakat2. Vor allem Jo Steiner (1877–1935) verdanken wir diese spezielle Art der Figurenoder Personendarstellung. Mit einer besonderen Art flächiger Zeichnung, klarer Form und ungewöhnlichen Farbkombinationen wusste er den Charakter des Porträtierten auf unnachahmliche Weise wiederzugeben. Diese Arbeiten dürfen auch als Vorbild für das „Pfüller-Plakat“ gelten. Pfüller selbst zitiert diese Plakate immer wieder und mit großer Freude, zum Beispiel in der Arbeit für den Liederabend „Lieber Leierkastenmann. Lieder aus dem Repertoire der Claire Waldoff“. Hier nimmt er deutlich Bezug auf Steiners Plakat „Linden Cabaret Claire Waldoff“ aus dem Jahr 19133.

1985, Plakat

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ZEICHNUNG Als Bühnenbildner und Kostümgestalter ist Pfüller Teil des Theaterbetriebs. Er ist sozusagen ein Insider, der nicht nur den Inhalt des Stücks kennt, welches in das Plakat zu übersetzen ist; in der Regel kennt er aus der direkten Zusammenarbeit das Anliegen des Regisseurs sowie das Ensemble und vermag so, vielfältige formale und inhaltliche Bezüge herzustellen. Dies gelingt ihm über Porträts der agierenden Schauspieler. Aber nicht der Schauspieler an sich steht im Mittelpunkt, sondern die Figur, die er darstellt. Der Theatergänger erkennt das Ensemblemitglied wieder und kann an der Art der Darstellung (durch Vergleich) ablesen, in welcher Rolle der Akteur dieses Mal zu erwarten ist. Die Umsetzung erfolgt ausschließlich mittels Zeichnung. Pfüllers erster großer Auftraggeber war das Deutsche Theater in Berlin. Hier entwickelte er seine besondere Ausdrucksform, erlebte er seinen Durchbruch mit dem Bühnenbild zu „Dantons Tod“ in der Regie von Alexander Lang (1981); in dieser Zeit wurden die Bildnisse auf den Plakaten zu charaktervollen Porträts. Als Beispiel sei das Blatt „Totentanz“ aus dem Jahr 1986 erwähnt4, das Bühnenbild zu dieser Inszenierung stammte ebenfalls von Pfüller. Mit den Hauptakteuren (Christian Grashof [*1943] als Edgar und Katja Paryla [1940–2013] als dessen Frau Alice) wurden zwei überaus bekannte Schauspieler ausgewählt, ihre Wiedererkennbarkeit war somit sicher. Die dunkel überschminkten Gesichter lassen nichts Gutes ahnen, zumal unter dem bezeichnenden Werktitel – Strindbergs Drama beschreibt einen Totentanz nach 25 Jahren Ehe. Das Plakat schmiedet die Hauptdarsteller aneinander und doch sind sie nicht zusammen. Angst, beinahe Todesangst in seinen Augen, schwarze Löcher anstelle ihrer Augen. Schicksalsangst und Unberechenbarkeit tragen das Motiv. Mit diesem und anderen Plakaten prägte Pfüller über viele Jahre das Gesicht des Berliner Deutschen Theaters in der Öffentlichkeit. Der ewige Konflikt, die Frage der Geschlechterrollen und des Verstehens zwischen Mann und Frau, beschäftigte die Zuschauer bereits bei der ersten Inszenierung des Stücks am Deutschen Theater im Jahr 19125. Als weiterer Auftraggeber kam Das Ei – die kleine Bühne im Friedrichstadtpalast hinzu6. Pfüller, der das Querformat weit öfter nutzt als andere Gestalter – sozusagen als Entsprechung der Bühne an der Litfaßsäule –, ging noch einen Schritt weiter: Ein querliegendes DIN-A1-Format wurde quer geteilt, so entstand ein schmaler Streifen, den er zum Standardformat der Plakate für Das Ei machte. Das extrem flache Querformat trägt in seiner Mitte jeweils ein Porträt, welches in raumfüllender Schrift eingestellt ist. Der Auftrag war wie geschaffen für Pfüller, es ging um Lieder- und Leseabende von Sängern und Schriftstellern der 1910er bis 1930er Jahre – wie Claire Waldoff, Kurt Tucholsky oder Joachim Ringelnatz – sowie um kleinere, studiobühnentaugliche Stücke. Pfüllers charakterisierende Porträts sind hier geradezu eine Notwendigkeit und erlaubten ihm, sein Porträtspektrum um Autoren und Sänger vergangener Zeiten zu erweitern. Seine charakteristischen Plakate, die zwingenden Bilder und die sorgsame Umsetzung machten nicht nur in der DDR Eindruck. Die Münchner Kammerspiele verpflichteten ihn für die Spielzeit 1985/86. Die Plakate aus dieser Zeit sind offener, geben dem Weiß des Papiers mehr Raum. Die bis dahin überwiegend als harmonisch zu bezeichnende Farbgebung brach Pfüller in zwei Plakaten mit auffälligen und aggressiven Farbkombinationen auf: mit dem Blau/Ocker im Blatt „Fischmaul“ und dem Grün/Schwarz für Becketts „Endspiel“. Seitdem sind solche Farbzusammenstellungen Teil seines Repertoires.

1986, Plakat, Deutsches Theater Berlin

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Als Pfüller begann, Plakate für das Maxim Gorki Theater in Berlin zu zeichnen, flossen alle bisherigen Gestaltungen auf neue Weise zusammen, das Finstere fand seinen Platz ebenso wie das Verspielte, die Bandbreite hatte einen Höhepunkt erreicht: von „Medea“ bis zu Dario Fos „Johan vom Po entdeckt Amerika“. Auffällig ist auch, dass Plakate entstanden, die keine Schauspieler mehr in ihren Rollen zeigen, wie zum Beispiel für Taboris „Mein Kampf“ oder für „Weismann und Rotgesicht“ – eine Tendenz, die sich fortsetzte. Wenn das Stück es hergab, fanden auch politische Anspielungen ihren Platz in den Theaterplakaten. Das Theater in der DDR wagte immer wieder Grenzgänge, brachte es fertig, mit gezielten Anspielungen, Vergleichen und offensichtlichen Parallelen, mit einem „Reden zwischen den Zeilen“ politische Statements zu verbreiten. So konnte es passieren, dass an scheinbar unwichtigen Stellen Applaus aufbrandete; der Nicht-Eingeweihte – zum Beispiel der Besucher aus dem „Westen“ – konnte die Reaktionen im Saal kaum nachvollziehen. Auch wenn es auf der Bühne kaum offene Opposition geben konnte, freuten sich die Theaterbesucher über das Erlebnis der Einigkeit, über den kurzen Moment überwundener politischer Ohnmacht. In der Umbruchzeit der Jahre 1989/90 wurde aus der Andeutung dann Klartext und deutliche Kritik. Das Plakat für Christoph Heins Stück „Ritter der Tafelrunde“ zeigt Männer in eigenartiger Konstellation, die an Versteinerungen erinnern oder an die Moai-Steinfiguren auf den Osterinseln. In der Tat übte dieses Theaterstück scharfe Kritik an den erstarrten Verhältnissen. Der Zeitgenosse meinte in den Köpfen auf dem Plakat Gesichtsmerkmale des einen oder anderen Parteioberen zu erkennen. In den Arbeiten für das Schauspiel Bonn beispielsweise finden sich dann keine Charakterporträts, die Malerei wird metaphorisch, wie im Plakat für Janusz Wisniewskis „Ankunft Quai vier“. Als das theater 89 mitten in den Zeiten des Umbruchs gegründet wurde, konnte niemand ahnen, dass es sich als freies Theater für die Aufführung selten gespielter Stücke und Autoren dauerhaft etablieren würde7. Pfüller gestaltet seit 1990, nunmehr seit fast 30 Jahren, Plakate für die kleine Bühne. In den über 70 Arbeiten ist das gesamte Spektrum seiner Möglichkeiten zu finden.

TYPOGRAFIE Eigentlich ist die Schrift bei Pfüller Teil des Bildes. Farben und Charakter der Zeichnung gehen in sie ein und so erweitert sie den Bildteil. Fast immer ist es eine Handschrift, die eine organische Ergänzung zur Illustration darstellt. Dies kann die eigene Handschrift sein oder auch eine Schrift, die aus historischen Vorlagen, zum Beispiel Theaterzetteln, entwickelt und angepasst wurde, die nicht selten einen zeitlichen oder allgemeinen inhaltlichen Bezug zum Stück haben. Die verwendete Handschrift gibt dem Ganzen eine besondere, ja eine intime Note, fast als wäre das Plakat so etwas wie ein Brief, eine sehr persönliche Ansprache. Wenn bestimmte Standard-Schriften verwendet werden müssen, integriert Pfüller sie in das Gesamtbild, in dem er ihnen ebenfalls eine handgeschriebene Note gibt. Er zeichnet also (auch nach Vorlage) die Buchstaben neu, wie etwa in dem Blatt „Dantons Tod“ aus dem Jahr 19828. Pfüller hat sich bereits zu DDR-Zeiten mit seinen Plakaten einen besonderen Ruf erworben. Er entwickelte seinen Stil und bewahrte ihn gegen alle widrigen Umstände. Seine Arbeiten bleiben – auch in der bundesrepublikanischen Plakatlandschaft – von besonderer Eigen-Art. Sie verbinden Elemente

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der freien Grafik mit jenen der Druckgrafik und nicht zuletzt mit jenen des Plakats. Charaktervolle Porträts sind Stärke und Markenzeichen seiner Plakate. Pfüller verarbeitet zum Teil viele Komponenten eines Stücks zu einer Fläche: darunter zum Beispiel die Auffassung und Interpretation der Aufführung, die Einordnung der Hauptfiguren in die Rezeptionsgeschichte und deren Verkörperung durch einen speziellen Schauspieler bzw. eine Schauspielerin usw. So entstehen vielschichtige Porträts von hoher Sensibilität, die den Betrachter die Schicksale einer Rolle vorempfinden bzw. erahnen lassen, was einen erwarten könnte. War man in der Aufführung und sieht das Plakat erneut, ist die Erinnerung – speziell an die Figur – enorm, da die emotionale Bandbreite des Stücks durch das Plakat lebendig in Erinnerung gebracht wird. Die Wirksamkeit, die seine Arbeiten erzielen, und die Aufmerksamkeit, die sie bekommen, haben sicherlich auch damit zu tun, dass sie sich – manchmal unterschwellig, manchmal eher direkt – auf sehr emotionale Weise an den Betrachter wenden. Die Art der Gestaltung fordert Reaktionen durch die emotionale Ansprache heraus. Dieses Empfinden trägt auch über den aktuellen Anlass hinaus und reiht seine Plakate in den Kanon der Geschichte des Theaterplakats mit einer singulären Position ein. Dies wurde und wird auch in zahlreichen Ausstellungen, Auszeichnungen und Besprechungen gewürdigt. Seit geraumer Zeit widmet sich Pfüller intensiver seiner freien künstlerischen Arbeit. „Mit Stift und Papier allein zu sein, ist ein großes Vergnügen. Bei einiger Ruhe kann man sich so konzentrieren, dass man merkt, wenn einem das Material antwortet, es also vorangeht. Das ist nichts Mystisches, wonach es vielleicht klingt, sondern das Herz der Professionalität. Inspiration ist eine tolle Sache, aber man muss es schaffen, einen Einfall durch die Arbeit besser zu machen.“9 Er setzt seine Entwürfe oft als Linolschnitt um und veröffentlicht sie als Grafiken in kleiner Auflage oder in Form von Grafikbüchern10. Als Lehrender schließlich nahm er großen Einfluss auf seine Studentinnen und Studenten, viele von ihnen sind heute selbst bekannte Gestalter, Designer, mittlerweile ebenfalls Lehrende oder freie Künstler11.

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Die Ära des Berliner Sachplakats begann im Jahr 1908, als Lucian Bernhard (1883–1972) eine auf das absolut Notwendige reduzierte Gestaltung einführte, eine mediengerechte Formensprache fand und damit den Weg für das moderne Plakat ebnete. Siehe René Grohnert, „Unsere Epoche ist die Plakatistische“ – das deutsche Plakat vor 1914, in: Zeitzeiger – Plakate aus zwei Jahrhunderten. Hrsg.: Deutsches Plakat Museum im Museum Folkwang, Essen/Mainz 2007, S. 76 ff. 2 Jo (Josef) Steiner war der wichtigste Protagonist des sogenannten Bildnis- oder Starplakats, seine Arbeiten verliehen den Stars und Sternchen seiner Zeit plakativen Ruhm. Siehe Josef Holzinger, Zu Jo Steiners Plakaten, in: Das Plakat, Jg. 10, Nr. 3, 1919, S. 192–195. 3 Jo Steiner: Linden Cabaret Claire Waldoff, Berlin, um 1913, Druck: A. Weylandt, Berlin, Farblithografie, 71,5 x 91,0 cm. 4 Das Stück war das letzte der von Alexander Lang inszenierten sogenannten Trilogie der Leidenschaft (Stück 1: Euripides, Medea; Stück 2: Goethe, Stella; Stück 3: Strindberg, Totentanz. 5 Der Totentanz in der Regie von Max Reinhardt (1873–1943) mit Paul Wegener (1874–1948) als Edgar und Gertrud Eysoldt (1870– 1955) als Alice. Ein Plakat ist meines Wissens nicht überliefert, auch nicht für die erste Verfilmung des Stoffs im selben Jahr. Der Totentanz wurde – als erste Produktion der Filmstudios in Potsdam-Babelsberg – als Stummfilm aufgenommen. Hauptdarsteller waren Oskar Fuchs (1867–1941) und Asta Nielsen (1881–1972), Regie führte Urban Gad (1879–1941). 6 Das Ei, die kleine Bühne im Friedrichstadtpalast, wurde 1976 gegründet und 1992 geschlossen. 7 Das theater 89 wurde im Mai 1989 gegründet. Sein Ziel war es, eine vom offiziellen Theaterbetrieb der DDR losgelöste Plattform für neue Ausdrucksmöglichkeiten zu bieten. Das von Hans-Joachim Frank (* 1954) gegründete freie Theater hat sich längst als eine nach wie vor weitgehend unabhängige Institution etabliert. Auf der Website des Theaters (www.theater89.de) findet sich folgender Hinweis: „Das theater 89 ist stolz auf seine Plakate, die seit 1990 ausnahmslos von Volker Pfüller entworfen wurden. Alle Plakate haben das Format DIN A1 (594 x 841 mm) und wurden in einer limitierten Auflage von 200 Stück erstellt.“ 8 Pfüller verwendete hier die Poster-Bodoni von Chauncey H. Griffith, geschnitten im Jahr 1929, und passte sie dem Gesamtbild an. 9 Zitiert aus der Vortragsniederschrift „Zur Ausbildung von Illustratoren“ von Volker Pfüller aus dem Jahr 1997. 10 Von Pfüller erschienen im Lubok Verlag u. a. Ein Grafikbuch, Köpfe, Tierlein, Bonsai und Theater. 11 Zum Beispiel Anke Feuchtenberger, Henning Wagenbreth, Philipp Stölzl, Christoph Feist etc.

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1986, August Strindberg, Totentanz, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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LUST DER FARBE, TRIUMPH DES CHARAKTERISTISCHEN VOLKER PFÜLLER IM THEATER Friedrich Dieckmann

Neben dem Plakatzeichner Pfüller steht der Bühnen- und Kostümbildner, neben dem Bühnenbildner der Plakatzeichner. Die beiden gehören zusammen, sie ergänzen einander, und nicht nur dort, wo der Bühnenbildner das Plakat zu der Aufführung entwirft, an der er beteiligt war. Es war folgerichtig, dass Volker Pfüller nach jenem umstürzenden Ereignis, für das sich die Bezeichnung Wende einbürgerte (und die war es wahrhaftig, eine gesellschaftspolitische Kehrtwende um 180 Grad, die Übel des alten Regimes mit einem Schlag behebend und die Übel des neuen Regimes unaufhaltsam in Kraft setzend) – es war folgerichtig, dass er nacheinander eine Bühnenbild-Professur (in Berlin-Weißensee) und eine Plakatgrafik-Professur (in Leipzig) erhielt. Der Plakatzeichner (und man kann hier den Buchillustrator und Umschlaggestalter einbeziehen) ergeht sich im Zweidimensionalen des Papiers, der Bühnenbildner arbeitet für den Raum, er ist ein Raumgestalter in zweierlei Hinsicht. Denn die Räume, die er entwirft, haben einen Doppelsinn, es sind bewohnbare Räume, insofern die Schauspieler, die sie bevölkern, darin szenisch-dramatisch zueinanderfinden müssen. Zugleich werden diese Räume für eine Wirkung entworfen, die, vom Zuschauer aus gesehen, eine bildhafte ist, allerdings mit Tiefe. Das gilt auch dann, wenn dieser Zuschauer sich rings um eine Arena platziert. Wo immer er sitzt, sieht er von einer Seite auf ein Bühnengeschehen, das allseitig betreffende Bilder hergeben muss – eine schier übermenschliche Anforderung, der sich Pfüller, soweit ich sehe, niemals unterzogen hat. Der Bühnenbildner als Raumbildner steht in enger Kooperation mit dem Regisseur. Erst in der Zusammenarbeit mit ihm, im Eingehen auf seine Intentionen gewinnt sein Entwurf eine werkstattfähige Fasson, die, fertiggestellt, in den Endproben oft noch Abwandlungen unterliegt. Zugleich fungiert er als eine Art Ko-Regisseur, wenn er dem Regisseur in Gestalt von Arrangementzeichnungen Vorschläge für szenische Abläufe macht. Dieses Verfahren, von Caspar Neher und Karl von Appen in der Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht zu besonderer Höhe und Wirksamkeit geführt, setzt nicht nur einen besonderen Regietyp voraus (nennen wir ihn den souverän-kooperativen), sondern auch Theaterverhältnisse mit großzügigen Probenzeiten, möglichst Theaterfotografen, die schon bei den Proben dabei sind und deren Resultate bis zum Durchfotografieren der Generalprobe von Stufe zu Stufe festhalten, ein Rarissimum in alten wie neuen Theaterzeiten. Ganz unmittelbar wirkt der Kostümbildner auf die Inszenierung ein, erst recht, wenn er, wie es bei Pfüller die Regel ist, beides in die Hand nimmt, die Form des Raums und das Äußere der Figuren; er legt, wenn er ein so profunder Menschenzeichner wie dieser

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ist, nicht nur Gewänder fest, sondern gibt Umrisse der ganzen Gestalt. Dieser Kostümbildner hat den Schauspieler so markant vor Augen, dass sein Entwurf ihn als Person transformiert. Was bleibt vom Theater, dieser vergänglichsten aller Kunstformen? Neuerdings gibt es Film- oder Videoaufnahmen ganzer Aufführungen, aber das ist die Ausnahme; ob sie sich begibt, steht nicht immer in Relation zur Bedeutung des jeweiligen Gegenstands, und gerade die theatralisch vielgestalte Aufführung entzieht sich weitgehend der Projektion ins Zweidimensionale des Filmbilds. Andere Residuen eines Teamworks, das sich in der dynamischen Balance von Akteuren, Raum und Gewändern mit jeder Theatervorstellung von neuem herstellt und mit der letzten ins Reich der Erinnerung verwiesen ist, sind einerseits Arbeitsaufzeichnungen (Regienotate, Stückfassungen, Konzepte), andererseits Rezensionen; die Arbeit des Bühnenbildners kommt in ihnen, wenn überhaupt, nur sporadisch vor. Es gibt, wenn man Glück hat, Szenenfotos, die nicht nur – nah oder halbnah – einzelne Schauspieler ins Bild setzen, sondern den ganzen bespielten Raum; auch TV-Aufzeichnungen scheuen diese Perspektive wie die Pest. Und es gibt den Niederschlag der Arbeit des Bühnen- und Kostümbildners in Gestalt seiner Entwürfe – Projektionen ins Zweidimensionale, ehe die Szenenarbeit begonnen hat, Einblicke ins Geplante, Intendierte, die in dem Maß, wie ihr Urheber ein eigenständiger Graphiker ist, zu selbständigen Kunstwerken werden. Das ist bei Volker Pfüller habituell der Fall. Die philiströse Unterscheidung zwischen freier und angewandter Kunst wird an seinen Blättern, an denen das Theaterarchiv der Berliner Akademie der Künste einen Schatz ganz besonderer Art gewonnen hat, obsolet; jedes einzelne von ihnen zeugt von einer Gestaltungskraft, die sich an den dramatis personae von Goethe bis Hauptmann und von Lenz bis Brecht immer von neuem entzündet, zu einer Überwirklichkeit, die sowohl die persönliche Physiognomie des Schauspielers wie die theatralische der Figur und damit die Signatur des Zeitalters trifft, dem die letztere entstammt, dem Zeitalter des Stückeschreibers wie der historischen Ansiedlung seines Textes. Es ist ein Spiel auf vielen Ebenen, und wer sich nicht von ihnen erdrücken lassen will, muss seine Phantasie in Bewegung setzen und damit sein eigenes Zeitalter und sein Verhältnis zu ihm ins Spiel bringen. Das tut Pfüller auf immer neue Weise. Man sehe nur, wie er in Büchners „Danton“ – es war seine zweite Zusammenarbeit mit Alexander Lang am Deutschen Theater – die beiden Hauptfiguren des Stücks, den guillotineversessenen Robespierre und den an der Revolution verzweifelnden Danton, durch Haartracht und Kostümnuancen differenziert! Der eine Schauspieler (Christian Grashof), dem die Regie die halsbrecherische Aufgabe zuerteilt hatte, beide zu spielen, wird als Robespierre durch die pedantische Perücke zum schwarzen Pullover kenntlich, als Danton durch das frei fallende Langhaar überm weißen Hemd (Abb. S. 47). Der Kostümbildner führt die historische Ebene – das Paris des Jahres 1794 – nicht aus, sondern zitiert sie lediglich; das geschieht bei den Nebenfiguren auf eine Weise, die lustvoll ins Groteske spielt (Abb. S. 17, 43, 44). Bei alledem konnte er auf ein Publikum rechnen, das über historische Bildung und historisches Interesse verfügt. Die Historie wird unter Pfüllers Händen zu einem Panoptikum der Vergeblichkeit, und nicht nur hier, in Büchners Abgesang auf die Revolution, ist seinen mit karikaturistischer Prägnanz hingesetzten Figurinen die Verzweiflung der Existenz ins Gesicht geschrieben. Seine Fähigkeit, Gesichter mit wenigen Strichen kenntlich erstehen zu lassen, ist phänomenal und kommt auch den Plakaten und Bucharbeiten

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zugute; für ein Büchlein, das „Wagner, Verdi / Geschichte einer Unbeziehung“ hieß, zeichnete er die beiden voneinander abgewandten Großmeister Rücken an Rücken mit einer Anschaulichkeit, die die genaue Mitte zwischen Porträt und Karikatur hielt. So auch in seinen Figurinen; es macht Vergnügen, eine Schauspielerin wie Katja Paryla, Protagonistin der meisten Berliner Lang-Inszenierungen, in Pfüllers Entwürfen in Iphigenie-Gewändern vorzufinden, die alles Altgriechische hinter sich lassen und durch leichthändige Verfremdung den Zuschauer anhalten, die Konflikte der Heldin als unabgegoltene zu erkennen. Der Weg dorthin war nicht leicht zu finden. Aus einem frühen Stadium der Arbeit gibt es große, ungemein eindrucksvolle Zeichnungen, die die Gestalt in antikisch-sanft fließende Gewänder hüllen; auf einer zweiten Stufe erscheint die priesterliche Griechin in gegürteten Jungmädchenkleidern der 1950er Jahre. Dies ist der einzige Fall, wo sich abweichende Vorstufen archivalisch erhalten haben; es mag jeweils viele davon gegeben haben. In der eminenten Münchner Don-Karlos-Inszenierung von 1985 (auch hier arbeitete Pfüller mit Lang zusammen) spielte Sunnyi Melles die spanische Königin; Pfüller versetzte sie mit einem gelben Cocktailkleid samt gleichfarbenem Turban durchaus ins Gegenwärtige. Ihr gegenüber ein König Philipp (Romuald Pekny), dem mit Kniehosen, Barett und majestätischem Rock ein historischer Umriss zugestanden war; so auch Herzog Alba mit Koller und Kniehose und, ins Weiß prinzlicher Infantilität gerückt, der von Hans Kremer gespielte Brausekopf Karlos. Dieser Kostümbildner verfährt nicht konsequent, sondern phantastisch; seine Kostüme wollen das Interesse des Zuschauers aufreizen, indem sie seine Erwartungen durchkreuzen. Sie deuten an: Stücke, die überdauern, sind außer in ihrem eigenen auch in allen andern Zeitaltern zu Hause, auch in der Gegenwart (Abb. S. 63).

1981, Georg Büchner, Dantons Tod, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szene

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Und seine Bühnenräume? Auch für sie gilt der Primat einer Phantasie, die, wo es die Szene fordert, den Anhalt am Gegenständlichen nicht verschmäht. Die leere Bühne ist seine Sache nicht, Askese gilt ihm als eine theaterferne Haltung. Doch sind seine Bühnenräume ungleich sparsamer gefasst als die Kostüme. Der Mensch, der Akteur soll im Mittelpunkt stehen, der mit leichten Mitteln akzentuierte Raum soll ihm dazu helfen. In seiner ersten Arbeit am Deutschen Theater, Hauptmanns „Ratten“ 1977 mit dem Regisseur Klaus Piontek, auch als Darsteller einer der Säulen des Ensembles, waren, dem naturalistischen Duktus des Stückes gemäß, Möbel noch zugelassen (Abb. S. 27, 28), vier Jahre später in Büchners „Dantons Tod“ sind sie verschwunden; Tuchdrapierungen seitlich und in der Höhe zitierten Strukturen der alten Kulissenbühne. „Volker Pfüller hat es entworfen, einfach, sinnlich, phantastisch“, schrieb ich 1982 über das Bühnenbild der Aufführung: „Aus leichten, hellroten Tüchern hat er ein Passepartout gebildet, das, ein Stück zurückgesetzt, eine zweite, hochgelegene Bühne umgibt: Tribüne und Tribunal, Sitzungszimmer und Straßenszene – das Kasperletheater der Geschichte. Vor dieser unräumlichen Szene (es wird im Ausschnitt, quasi silhouettenhaft gespielt) ist für eine räumliche Raum,

1984, Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie auf Tauris, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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mit mannigfacher Wechselwirkung zwischen beiden; das Licht – von vorn, von hinten, von der Seite – spielt dabei eine wichtige Rolle. (So kunstvoll sah man es selten geführt.) Vorn sind die Leute dreidimensional, persönlich, Darsteller ihrer selbst; in dem Kasperletheaterausschnitt sind sie zweidimensional, überpersönlich, Darsteller der Geschichte. Rot sind die Tücher, die das Passepartout aufspannen und umspielen, schwarz sind die Tücher im Hintergrund und an der Seite. Diese Farben bedeuten etwas, gleichwohl ist die Bühne nicht symbolisch; sie ist Bühne als solche, Raum für alles, was der Schauspieler will und kann, und ist dabei reich an Farbe und Form. Sie ist sehr anspruchsvoll, und der Regisseur wird diesem Anspruch gerecht. Seine Arrangements halten stand; in der flammenden Struktur – erfüllende Bilder. Vor allem hinten, auf dem Kasperletheater, dem bodenlosen. Auch dank den Kostümen. Es sind Zeit-Kostüme, frei, aber niemals willkürlich mit ihren Vorbildern schaltend; sie sind ganz authentisch und ganz ausdruckshaft. Auch sie hat Volker Pfüller entworfen. Er ist spät zum Theater gestoßen; diese Arbeit ist sein Meisterstück.“1 „Dantons Tod“ war unter dem Intendanten Gerhard Wolfram die zweite Zusammenarbeit Pfüllers mit Alexander Lang, der sich nach dem Weggang Adolf Dresens aus einem jugendlichen Hauptdarsteller (unter Dresens Regie hatte er 1976 an einem Abend Kleists Prinzen Friedrich und den Ruprecht im „Zerbrochnen Krug“ gespielt) zum Regisseur emanzipiert hatte. Vorangegangen war Ernst Tollers Groteske vom „Entfesselten Wotan“, einer komödischen Antizipation des Hitler-Unwesens aus dem Jahr 1925; Pfüllers Entwürfe hatten sie ins Drastisch-Satirische gesetzt (Abb. S. 33). In der kurzen Intendanz des aus Leipzig berufenen Theaterwissenschaftlers Rolf Rohmer folgten „Die Rundköpfe und die Spitzköpfe“, Brechts von Shakespeares „Maß für Maß“ angeregtes Parabelstück von 1933/34 über den Aufstieg der Hitlerpartei, dessen in einem imaginären Südamerika angesiedelte Personnage Pfüllers Kostümphantasie überreichen Anhalt gab (Abb. S. 50). Er entwarf ein groteskes Panorama feudaler und bourgeoiser, klerikaler und krimineller Figuren in einer Zeitenwende, deren Brisanz der Stückeschreiber mit wenig Glück gleichnishaft zu fassen versucht hatte, nicht bedenkend, dass Stalins Politik die deutsche Linke in einem Maß paralysiert hatte, dass alle Verweise auf den Vorrang des Klassenkampfs hohl klingen mussten. Die Aufführung brachte es auf 82 Vorstellungen, auf dreizehn mehr die darauf folgende „Wahre Geschichte des Ah Q“, ein das traurige Schicksal eines anarchistischen Tagediebs vorstellendes Stück von Christoph Hein nach dem modernen chinesischen Dichter Lu Xun, das Alexander Lang mit dem Bühnenbildner Gero Troike realisierte; es enthielt einige bittere Wahrheiten über die Gegenwart des in hilfloser Starre verharrenden Landes. Die Aufführung besiegelte das Schicksal eines Intendanten, der auch für den Ausfall einer mit riesigem Aufwand vorbereiteten Faust-II-Inszenierung des Regisseurs Friedo Solter, mit Alexander Lang in der Titelrolle, verantwortlich gemacht wurde. Mit Dieter Mann folgte ihm 1984 ein Ensemblemitglied von hoher darstellerischer Kompetenz, und eine Doppelaufführung von Lang und Pfüller eröffnete die neue Ära: Grabbes „Herzog Theodor von Gothland“ an einem und Goethes „Iphigenie“ an dem darauf folgenden Abend. War, was beides kontrastierend verband, die Rolle des Fremden? Auf der einen Seite: Grabbes 1822 verfasster, 1892 uraufgeführter dramatischer Erstling, ein an Mord, Verrat und Intrige reiches Stück aus dem frühmittelalterlichen Konfliktfeld des christlichen Schwedens gegenüber dem heidnischen Finnland mit seinem von einem Afrikaner geführten Heer; an dem folgenden Abend: das Hohe Lied der Bekehrung zu einer Humanität, die barbarische Riten gewaltlos außer Kraft setzt, sprachmelodisches Pendant zu Mozarts gleichzeitiger Oper vom gnädigen Emir.

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Gab das eine Stück dem Kostümbildner Anlass zu einem Reigen archaisch-schrill, mit aggressiver Buntheit aufgemachter Kriegergestalten (Abb. S. 57), so bewahrte er das andere durch Kostüme, die sich des altgriechischen Umrisses entschlugen, vor der Konvention des allzu Bekannten. Die Iphigenie der Paryla erschien mal im Hosenanzug mit türkisfarbener Bluse und ein andermal als Priesterin in einer ostasiatisch anmutenden Draperie (Abb. S. 18, 59); die beiden Flüchtlinge, Orest und Pylades, traten – der eine in Dunkelblau, der andere in Kamelhaargelb – in langen Mänteln mit entsprechenden Herrenhüten auf den Plan. Sie waren die Sendboten der Zivilisation, während die Sachwalter der archaischen Welt, Thoas und Arkas, fußlange Gewänder trugen, der Herrscher in Rottönen, der Diener mit einer dunklen Offiziersjacke, die in einen langen plissierten Rock ausging. Verfremdung regierte und gab der Regie die Akzente wirksamer dramatischer Auffrischung vor. Das Bühnenbild: ein doppeltes Passepartout, außen schwarz, auf der Innenseite wie aus grauen Felsen gefügt, das den Blick auf eine Uferszene mit einzelnen Steinblöcken eröffnete, eine archaische Landschaft aus leichtgefügten Elementen. (Abb. S. 58) Mit Johannes R. Bechers „Winterschlacht“ griff das Duo Lang/Pfüller wiederum nach einem ganz repertoirefernen Text. Das im Exil geschriebene Stück (Brecht hatte es 1954 am Berliner Ensemble zutage gefördert) beschrieb eine weite Spanne menschlicher Reaktionen und Konfrontationen angesichts des Desasters des deutschen Angriffskriegs vor Moskau im Winter 1941, für Pfüller eine Gelegenheit, das Kostüm dieser Zeit in größter Breite und mit stupender Genauigkeit vor das Auge des Zuschauers zu stellen. Es folgte eine Doppelaufführung, die Goethes „Stella“ mit der „Medea“ des Euripides an einem Abend zusammenspannte – Ehegeschichten aus sehr verschiedenen Zeitaltern, mythisch-archaisch grundiert die eine, von vollendeter Zivilität die andere, die der Dichter in zwei Finalversionen hinterlassen hatte; die spätere, eine Altersredaktion, war der Widerruf der Fassung des Fünfundzwanzigjährigen gewesen. In „Stella“ (eine Galeriewand mit hohen Rundbogenfenstern bildete den szenischen Hintergrund) spielte Pfüller mit dem Kostüm des Dix-huitième, indem er es mit originell verschärfenden Akzenten versah; „Medea“ versetzte er in eine säulengestützte große Höhle, in deren Boden er Lichtlinien in Gestalt von Neonröhren eingelassen hatte. Wie in „Dantons Tod“ lag die subtil akzentuierende Lichtregie bei Hilmar Kopp. Mit kräftig, ja bizarr kontrastierenden Farben und Kopfbedeckungen aus vielen Zeiten und Zonen rückte der Kostümbildner die Figuren in eine exotische Ferne, die seine eigene Erfindung war. Als ein drittes Ehe- und Familiendrama folgte, mit dem Doppelabend aus Goethe und Euripides zu einer „Trilogie der Leidenschaft“ verkoppelt, im Mai 1986 Strindbergs „Totentanz“. Das Stück spielt um das Jahr 1900 auf einem festungsartigen Vorposten, dessen kranker Kommandant die Fäden infernalischer Verwicklungen immer neu zu spinnen weiß. Blickt man auf Pfüllers Figurinen, so wird der komödische Gestus deutlich, mit dem der Kostümbildner eine heillos in sich verkeilte Bürgerwelt erstehen ließ. Nach der Premiere verließ Alexander Lang das Theater, an dem er erst als Schauspieler, dann als Regisseur eine zentrale Rolle gespielt hatte; sechs Jahre lang hatte er im Bund mit Volker Pfüller das Gesicht dieser Bühne wesentlich geprägt. An den Münchner Kammerspielen setzte er die Zusammenarbeit fort; ein früheres Resultat, die schon erwähnte Don-Karlos-Inszenierung, war als Gastspiel in dem Berliner Haus zu sehen, ein Abend von höchster Intensität, der den eingetretenen Verlust besonders fühlbar machte. „Sein Lieblingstempo: presto“, schrieb Reinhard Baumgart über den Regisseur: „In Volker Pfüllers aus Rot und Dunkelstblau, aus Wänden, Türen, Nischen gebauter Bühnenschachtel sausen die Spieler herein und hinaus wie im Taubenschlag.“2

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In München folgte 1987 Kleists „Penthesilea“, kombiniert mit der „Phädra“ des Racine. Der Krieg der beiden Geschlechter, Griechen und Amazonen, begab sich in einer Szenerie aus farbig getönten Felsen, die in ein zweifarbiges Passepartout eingefasst waren; wiederum war das Altgriechische ins GroteskArchaische überführt, mit hellen Rot- und Orangetönen als allgemeiner Farbgrundierung. „Alexander Langs unentbehrlicher Helfer zur Schaulust ist der Ausstatter Volker Pfüller“, notierte Urs Jenny. „Für die ‚Phädra‘ hat er aus schwarz-grün-weißen Stoffbahnen und Segeln einen lichten Palastraum ausgeführt, für die ‚Penthesilea‘ unverschämt naive, bunte Pappfelsen auf die Bühne gepflanzt, und beide Stücke hat er durch orientalisch üppige Kostüme schön gemacht, richtig abendfein und sogar mondän, wenn die Amazonen in schmalen langen Roben und Stöckelschuhen in den Krieg ziehen.“3 Von München wechselte Lang an das Hamburger Thalia Theater, wo er kurze Zeit als Oberspielleiter fungierte; 1987 inszenierte er dort Lenz’ „Hofmeister“, die von Brecht in der Frühzeit des Berliner Ensembles ans Licht gezogene Tragikomödie des bettelarmen Privatlehrers, dessen erotische Bedürfnisse in der Einsamkeit eines ostpreußischen Herrenhauses einzig an seiner Schülerin Anhalt finden. „Das Bühnenportal“, notierte Benjamin Henrichs, „ist wild bemalt, die Bühne […] stürzt perspektivisch in die Tiefe, die Drehbühne kreist emsig.“4 Pfüllers Figurinen schlagen den leichten, karikaturistisch geschärften Ton an, den er schon bei „Stella“ erprobt hatte. Alexander Weigel, am Deutschen Theater unmittelbarer Zeuge der 1980er Jahre, hat Pfüller „entscheidenden Anteil“ an der „aggressiv-theatralischen und ‚nachrealistischen‘ Gestalt von Langs Inszenie-

1989, Michael Reinhold Jakob Lenz, Der Hofmeister, Thalia Theater Hamburg, Regie: Alexander Lang, Szene

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rungen“ beigemessen5 – Resümee einer Kooperation, die nach der Wende des Jahres 1990 am Deutschen Theater nur noch einmal eine Fortsetzung fand, mit einer Inszenierung der „Dreigroschenoper“ im Jahre 1995, die keinen Funken aus dem Umstand zu schlagen wusste, dass die Konflikte und Figuren des Stückes – Bettler und Prostituierte –, die an diesem Spielort mehr als vier Jahrzehnte lang völlig historisch gewesen waren, auf einmal wieder Realitätscharakter gewonnen hatten. Hatte diese Rückwende das Stück unspielbar gemacht? Immerhin kam die Inszenierung auf 92 Vorstellungen. Auch in den folgenden Jahren, als eine vielseitige Lehrtätigkeit ihn in Anspruch nahm, hat Volker Pfüller für das Theater gearbeitet, regelmäßig in Rudolstadt, wo ein langjähriger Freund, Steffen Mensching, Intendant geworden war; Pfüllers Partner war in mehreren Inszenierungen der Berliner Regisseur Alexander Stillmark. Der Teil seiner Arbeit, der in die Theatergeschichte eingegangen ist, hat sich vor allem in Berlin begeben, und wenn man bedenkt, dass Bertolt Brecht für seine Berliner Theaterarbeit nur sieben Jahre blieben (und nur zwei im Theater am Schiffbauerdamm), dann wird man die sechs Jahre seiner Zusammenarbeit mit Alexander Lang am Deutschen Theater nicht als zu kurz bemessen dürfen. Pfüller brachte in diese Arbeit eine Expressivität ein, die sich weder verselbständigte noch ins Karikaturistische abglitt. Die Tendenz zum Charakteristisch-Verschärften hielt sich mit Witz und Phantasie im Theatergemäßen, einer Farblust hingegeben, die seinen Blättern (und dann den in hochqualifizierten Werkstätten realisierten Kostümen) das besondere Gepräge gab. Seine Bühnenräume, die das gegebene Portal noch einmal mit Stoffrahmen umfassten, entsprachen einer gesellschaftlichen Erfahrung, die noch umgrenzt, aber nicht von wirklicher Festigkeit war. Wenn Günther Rühle nach 1990 feststellte, dass die Theater der beiden Deutschländer bei aller Verschiedenheit auf der von Aufklärung und Klassik gelegten Bildungsüberlieferung gestanden hätten, so sind Pfüllers leicht umrahmte, fragil hingesetzte Tuchräume in ihrer ost-westlichen Wirksamkeit ein sprechender Beleg dafür. Die Farb- und Formakzente, die er seinen Figuren aufprägte, konnte man als Indizien einer Brüchigkeit verstehen, die das Groteske erblühen machte.

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Friedrich Dieckmann: Shakespeare, Büchner, Alexander Lang, in: Sinn und Form Heft 1/1982, S. 200. Reinhard Baumgart: O kalte Feuers-Brunst, in: Der Spiegel, 11. Februar 1985, S. 189 f. Urs Jenny: Die Spielregeln sind für die Männer, in: Der Spiegel, 6. April 1987, S. 221–223. Benjamin Henrichs: Entmannt, in: Die Zeit, 9. März 1989. Alexander Weigel, Das Deutsche Theater/Eine Geschichte in Bildern. Berlin 1999, S. 288.


1975, Georg BĂźchner, Woyzeck, Meininger Theater, Regie: Ulli Engelmann, Szenen

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1975, Georg Büchner, Woyzeck, Meininger Theater, Regie: Ulli Engelmann 1976, Porträt Hermann Beyer, Bleistift

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1975, Porträt Ulli Engelmann, Feder, Tusche 1977, Gerhart Hauptmann, Die Ratten, Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Klaus Piontek

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1977, Gerhart Hauptmann, Die Ratten, Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Klaus Piontek 1977, Gerhart Hauptmann, Die Ratten, Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Klaus Piontek, Requisitenentwurf

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1977, Gerhart Hauptmann, Die Ratten, Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Klaus Piontek

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1977, Gerhart Hauptmann, Die Ratten, Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Klaus Piontek, Szenen

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1979, Ernst Toller, Der entfesselte Wotan, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szene

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1979, Ernst Toller, Der entfesselte Wotan, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1979, Ernst Toller, Der entfesselte Wotan, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1979, Ernst Toller, Der entfesselte Wotan, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szene

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DER SCHAUSPIELER IST DAS ZENTRUM Volker Pfüller im Gespräch mit Stephan Dörschel

Stephan Dörschel _ Volker Pfüller, Sie haben Ende der 1950er Jahre an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee Grafik studiert. Wer waren dort Ihre Lehrer? Volker Pfüller _ Hauptsächlich: Klaus Wittkugel, Werner Klemke und Arno Mohr. Ich bin wegen Klemke dahin gegangen. Mein eigentlicher Abteilungsleiter und Chef war Wittkugel, der mit mir nicht so richtig zufrieden war. Aber wir haben es miteinander ausgehalten. SD _ Das heißt: Klemke war Ihr Hauptlehrer? VP _ Derjenige, der mich am meisten beeinflusst hat, den ich am meisten verehrt habe. Was der machte, fand ich am spannendsten. SD _ Hatten Sie zu dem Zeitpunkt schon Ihren Strich gefunden? VP_ Ich habe sehr wenig über Stil nachgedacht und auch wenig davon gesprochen, auch später nicht als Lehrer. Das Wort Stil ist bei mir so gut wie nie gefallen, wie auch das Wort Kunst bei mir nie gefallen ist. Ich habe das immer eher handwerklich, aber natürlich auch intellektuell verstanden. Einen Stil habe ich in dem Sinne nicht angestrebt, sondern versucht Themen oder Aufgaben, die ich hatte, möglichst nahe zu kommen, um für mich die persönlichste Form zu finden: Wie würde ich das gerne ausdrücken? Meine Frau hat mich manchmal verlacht und gesagt: „Da brauchst du gar nicht erst mit deinem Entwurf hinzugehen, das wollen die sowieso nicht.“ Das ist auch oft so gewesen. Aber es hat auch oft geklappt. Das habe ich immer wieder gemacht und gedacht: ‚So will ich das eigentlich haben und nicht so, wie die das haben wollen.‘ Da muss man natürlich viel einstecken. Man macht vieles umsonst. SD _ Aber während des Studiums konnten Sie auch bereits kleinere Arbeiten veröffentlichen. VP _ Axel Bertram, ein sehr bekannter Typograf und Schriftkünstler in der DDR, hatte mir geholfen, nach Weißensee zu kommen, und mir schon während des Studiums kleine Aufträge verschafft. Für die „Sybille“ habe ich einen Linolschnitt gemacht, auch mal eine richtige Illustration angefertigt, für die „Neue Berliner Illustrierte“ einen Serienroman illustriert. Ich bin jede Woche einmal hingekommen und nach zwei Tagen mit Illustrationen erschienen. Dann habe ich für die „Wochenpost“ kleine Vignetten gemacht, für „Das Magazin“ Illustrationen gezeichnet – und das habe ich mit Vergnügen und auch ganz gut gemacht. SD _ Sie haben in Weißensee auch in die Bühnenbildklasse reingeschnuppert. Wer leitete die damals? VP_ Heinrich Kilger. Ich hatte einen Freund, Jürgen Heidenreich, der hat Bühnenbild studiert, und er hat mich sozusagen auf die Bühne gezerrt. Ich habe alles gelesen, was er an Stücken gelesen hat, und natürlich habe ich auch gehört, was die da treiben im Seminar: Bühnenbildmodelle und wie man das so macht. Und wenn der daran gearbeitet hat, habe ich gesagt: „Das finde ich interessant“, oder ich

1981, Georg Büchner, Dantons Tod, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Puppe

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habe ihn gefragt: „Warum hast du das so gemacht?“, oder ich habe ihm noch eine Idee vorgeschlagen. Wir haben richtig wie Partner darüber gesprochen. Es ist ja im Studium kein Regisseur vorhanden und der Bühnenbildlehrer ist auch nur in gewissem Sinne die Figur, die das ausfüllt. Als er dann in Potsdam am Hans-Otto-Theater engagiert wurde, sollte er zur Armee einberufen werden. Darum hat er mich gefragt, ob ich nicht das Bühnenbild für ein junges Team, Siegfried Höchst hat die Regie gemacht, übernehmen möchte. Er hatte mit denen gesprochen und sie wollten gerne mit einem Anfänger arbeiten. Ich lehnte ab, auch wenn ich den Schritt sehr mutig fand und sehr viel Interesse fürs Theater hatte, auch einige Voraussetzungen erfüllte. Aber eigentlich hatte ich keine richtigen Kenntnisse: Ich wusste nicht, wie eine Figurine aussehen muss, ich wusste nicht, wie ein Bühnenbildentwurf wirklich gemacht wird, was technische Zeichnungen bedeuten, welchen Grad von Fertig-Sein es haben muss. Da hat er gesagt: „Ich bin ja noch eine Weile da. Da helfe ich dir ein bisschen.“ Dann wurde er von dem Intendanten Gerhard Meyer freigestellt und blieb in Potsdam am Theater. Aber wie es am Theater so ist, hatten die natürlich überhaupt kein Interesse daran, dass wir beide das machen, sondern er kriegte sofort etwas anderes übergeholfen. Er war trotzdem sehr kollegial und freundlich zu mir. Ich habe es eigentlich alleine gemacht. Natürlich nicht ohne die Schützenhilfe von ihm. SD _ Als Teil des Regieteams haben Sie wahrscheinlich auch die Proben intensiv besucht. VP _ Ja, gleich von Anfang an. Das habe ich immer gemacht. SD _ Und Sie mussten sicher mit den Werkstätten verhandeln. VP _ Ja. Als ich das erste Mal das Bühnenbild auf der Bühne gesehen habe, ohne Licht, da habe ich gedacht: ‚Ich nehme mir das Leben.‘ Das sah so furchtbar aus. Zu Jürgen Heidenreich habe ich gesagt: „Ich muss von vorne anfangen, das geht ja gar nicht.“ Und der: „Warte doch mal ab, heute Nachmittag

1967, Porträt Jürgen Heidenreich, Bleistift

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kommt das Licht.“ Dann hat er mir wirklich beim Beleuchten auch ganz viel geholfen. Anders ist es für einen Anfänger so gut wie unmöglich. SD _ Als bildender Künstler arbeiten Sie alleine und setzen sich mit dem leeren Blatt auseinander. Das ist doch am Theater eine ganz andere Arbeit. Ist das die Sehnsucht nach anderen Menschen, mit denen man zu tun hat, oder ist es doch das Bildkünstlerische, um das es geht? VP _ Ich habe Theater eigentlich gemacht, weil ich gerne Theater gemacht habe. Ich fand es sehr reizvoll, Schauspieler kennenzulernen, die nicht meinesgleichen sind, die anders denken, die einen anderen Willen haben in diesem Projekt. SD _ Aber man ist natürlich nicht so ganz Herr seiner selbst. VP _ Du wirst im Theater ziemlich früh kollektiv gefordert, dass du dich erklärst. Der Regisseur hat noch kein einziges Mal den Mund aufgemacht, da fragt dich der Schauspieler schon: „Und wo trete ich auf?“ Es geht sofort ziemlich zur Sache und es ist mir ungeheuer auf den Senkel gegangen, dass man sich gleich erklären muss und vielleicht noch gar nicht weiß, ob man das überhaupt so machen will. SD _ Auch als Grafiker haben Sie viel mit Dramaturgie zu tun. VP_ Du musst den Text ordnen und gliedern, Zuweisungen treffen und das ist sehr ähnlich. Wenn ich illustriere, dann denke ich mir oft: Wer sind die Hauptfiguren? Wann tritt wer auf? Ist das ein richtiger Auftritt, passiert da was für den Handlungsfortgang? Am Theater ist es auch so, dass ich Knotenpunkte erkennen muss und Figuren, die man untern Tisch fallen lassen kann. Mich hat an Literatur immer interessiert, wie sie gemacht ist, wie jemand so schreibt und warum er so schreibt und nicht anders. Das kann ich am Theater nicht so genau sagen; man macht bestimmte Gegenentwürfe. Ich habe eine Zeit lang sehr gerne verhältnismäßig mittelmäßige Inszenierungen gesehen und gedacht, dass ich schon wüsste, wie man das besser macht. Ohne die Überheblichkeit, dass ich mir das selbst zutraue. SD _ Warum haben Sie nie selbst Regie geführt? Wenn man Ihre Figurinen anschaut, dann ist das schon eine Inszenierung. VP _ Ich habe sehr viele große Regisseure aus der Nähe gesehen. Wie viel Mühe dahinter steckt, die sich manchmal gar nicht auszahlt. Ich habe immer das Gefühl, dass ich dabei nur mächtig auf die Schnauze fliegen kann. Mir ist das immer mal wieder angeboten worden. Aber ich habe das nie gemacht. Ich mache jetzt diese kleinen Arbeiten mit Alexander Stillmark am Theater Rudolstadt. Die sagen dort Künstlerteam Pfüller/Stillmark und im Grunde genommen machen wir beide das Ding. Das ist inzwischen so geworden. SD _ Können Sie beschreiben, wie das genau abläuft: Der Regisseur fragt Sie, ob Sie ein Stück zusammen machen wollen. Beschreibt der Regisseur dann schon, wie er das sieht oder warum ihn das interessiert? VP _ Warum ihn das interessiert, hat Alexander Lang zum Beispiel schon immer gut beschrieben. Ich muss gestehen, dass ich sowieso nicht so ein begnadeter Stückeleser bin. Die meisten Stücke gefallen mir nicht, wenn ich sie lese. Aber zusammen mit einem Regisseur fängt es für mich immer an, unheimlich spannend zu werden. Wenn die Schauspieler dazukommen, blüht das dann so richtig auf. Das ist für mich schon ganz toll.

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SD _ Das heißt, wenn Sie sich dann an die Entwurfsarbeit machen, die ja im Grunde eine eher einsame ist, dann kennen Sie schon ungefähr die Richtung, die Ihnen vom Regisseur mitgeteilt wurde. VP _ Ich bekomme nichts mitgeteilt. Alexander Lang hat mir zum Beispiel bei „Dantons Tod“ gesagt, er würde das gerne machen. Das war zu der Zeit, als mehrere Dantons Töde herausgekommen sind, und alles war auf großes Volksstück gemacht. Da habe ich ihm ziemlich früh gesagt: „Das kann ich mir nicht vorstellen, dazu habe ich auch gar keine Lust. Mit Volkstribun und mit Hurra-Geschrei und irgend sowas auf der Bühne.“ Lang meinte: „Mach mal, wie du denkst.“ Dann habe ich meine ersten Entwürfe zu ihm gebracht, dabei auf Puppentheater gesetzt und das schien ihm zu gefallen. Büchner fand ich sehr geeignet dafür. Es funktionierte von Anfang an ganz gut. Das Bühnenbild war natürlich nicht gleich von heute auf morgen der Knüller, der dann auf der Bühne stand. Das hatte sich so nicht angedeutet vorher. Aber ich würde heute in aller Bescheidenheit sagen, dass das damals ein ziemlicher Fetzer war. Ich fand damals nur, dass ich auf einem guten Weg bin und dass die Arbeit mit Alexander Lang unheimlichen Spaß machte. SD _ Da ist diese Doppelbesetzung. VP _ Am Anfang sollte es eine Puppenbesetzung geben und die hat Christian Grashof dann zu Fall gebracht. Der hat gesagt: „Ich stelle mich hier nicht hin und versuche Puppenspieler zu sein, der ich das überhaupt nicht kann. Also wenn schon, dann muss ich spielen.“ Und dann hat Alexander Lang gesagt: „Dann spiel das doch als eine Rolle.“ SD _ Auf der einen Seite sind Sie als Bühnenbildner ein autarker Künstler, auf der anderen Seite bedienen Sie die Regie – also so autark sind Sie dann doch wieder nicht. Da müssen Sie doch wissen, was die Regie will. VP _ Ab einem bestimmten Punkt weiß ich ziemlich genau, was ich will. Und dann ist das auch ein Kampf mit dem Regisseur: Wie weit hat er Lust mitzugehen, wie weit kann ich von meinen Wünschen abgehen? Das ist für andere manchmal spannend zu sehen. Ich denke, dass ich gerade eine Niederlage erlitten habe, und andere sagen, dass ich mich da durchsetzen konnte. Das ist heikel zu beschreiben. SD _ Das eine ist die Auseinandersetzung mit dem Regisseur, mit der Regiekonzeption und ihrer Umsetzung und das andere sind die Schauspieler, die auch ihre Ansprüche haben. VP_ Das ist für mich immer besser geworden im Laufe der Arbeit. Die haben gemerkt, dass ich bereit bin, sonst was zu tun, wenn es sich nur verbessert. Ich habe immer sehr viel Verständnis für Schauspieler gehabt und die haben es mir auch – später – bestätigt. SD _ Gibt es so etwas wie ein Credo? Was ist für Sie relevant? Was ist für das Bühnen- oder das Kostümbild wichtig? VP_ Ich habe immer gesagt, dass der Schauspieler für mich im Vordergrund steht, und das würde ich heute noch genauso sagen. Theater ist für mich: Schauspieler. Das Stück kann man auch lesen und davon begeistert sein. Ich mache das aber wegen der Schauspieler und das fasziniert mich. Man kann nicht Theater machen mit Leuten, die man gering schätzt. Man kann sich wahnsinnig ärgern über Schauspieler, weil sie faul sind oder sowas. Da ärgere ich mich nach wie vor und da kann ich auch ganz ungerecht werden, auch an Stellen, wo die Schauspieler entsetzt sind, weil die meinen, dass mich das gar nichts angeht. Aber eigentlich dreht sich alles um die Schauspieler. Ein Satz: Der Schauspieler ist für mich das Zentrum des Theaters. Mit schlechten Schauspielern kann man kein wunderbares Theater machen. Da sind Grenzen gesetzt.

1981, Georg Büchner, Dantons Tod, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szenen

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Die zweite Sache ist die: Ich bin irgendwie Zuschauer geblieben. Ich bin ein über die Rampe gekletterter Zuschauer. Ich will auch auf meine Kosten kommen. Ich will, dass gelacht wird im Theater. Ich will, dass unsere Einfälle, die wir hatten, goutiert werden, dass Leute sich daran amüsieren. Und ich will auch, dass man versteht, was gemacht wurde. Ob dem Zuschauer das dann gefällt oder nicht, ist eine ganz andere Sache. Aber dass er nachvollziehen kann, warum man etwas so gemacht hat, ist etwas, das man irgendwie erreichen kann. Es ist für mich sehr enttäuschend, wenn Leute so anders über meine Arbeit sprechen, als ich sie gemeint habe. SD _ Sie lieben die Schauspieler. VP _ Ja. Das ist für mich etwas ganz Natürliches. SD _ Es gab aber auch Anfeindungen wegen des Erfolgs, den Sie hatten. VP_ Das ging schon früh los. Wir haben „Der entfesselte Wotan“ neben dem „Wallenstein“ gemacht, der ganz groß besetzt war. Da hatte ich gedacht, die zerdrücken uns wie eine Wanze an der Wand. „Wotan“ war eine Piepsproduktion, das hat überhaupt keiner ernst genommen. Alexander Lang hat so eine Art Schuhkarton mitgebracht und gesagt: „Hierin müsste das alles Platz haben.“ Das hat mir natürlich gefallen, weil ich kleine Bühnen immer schon geliebt habe. Und dann war da dieser Moskauer Erfolg von „Wotan“, das war ein ganz großer Schub. Das war für Christian Grashof ganz großartig. SD _ Sie haben im deutschen Theater, vor allem im DDR-Theater, aber auch in der Bundesrepublik, Wegmarken gesetzt. VP _ Das mag schon sein.

1981, Georg Büchner, Dantons Tod, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Robespierre/Danton, Puppen (verworfen)

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SD _ Darüber haben Sie sich keine Gedanken gemacht? VP _ Wenig. SD _ Gibt es etwas, von dem Sie sagen würden‚ dass Sie daran gescheitert sind? VP _ Ich bin an Herbert König gescheitert. SD _ Lag das an seiner Ästhetik? VP_ Ich bin mit ihm als Kerl überhaupt nicht klar gekommen. An seiner Ästhetik hat sich das entzündet, aber irgendwann habe ich gesagt: „Das muss ich mir nicht jeden Tag anhören.“ SD _ Sie haben wenig Oper gemacht. VP _ Ja, leider. Ich habe überhaupt nicht gewusst, dass man sich als Bühnenbildner mit der Musik vermählen kann, dass der Regisseur überhaupt keine Chance mehr hat. Bild und Musik, das sind so kräftige Metaphern, die man da auf die Bühne bringt. Da habe ich mich gefragt, warum ich das nicht schon früher getroffen habe. Ich habe immer nur die schöne Arbeit am Schauspiel gesehen, dass man bei den Proben dabei ist, dass man da von Anfang an entwickelt, entwickelt, entwickelt und dass man nicht ein halbes Jahr vorher die Entwürfe abgeben muss. Die Arbeit mit den Sängern ist ja einfach gegenüber der mit Schauspielern. Deren Herz kann man so leicht gewinnen. Wenn die gemerkt haben, dass man für sie einen tollen Anzug oder eine tolle Perücke macht, dann haben die einen schon geküsst. SD _ Die Oper verlangt gerade von den Sängerinnen und Sängern eine enorme Hochleistung. Da bleibt doch nicht viel Raum für das Theatralische? VP_ Das ist richtig. Ich habe mit vielen Sängern gesprochen, vorsichtig, aber sie sagen alle, dass diese großen Schauspielregisseure für sie als Sänger vielleicht tolle Erfahrungen bringen, dass man sieht, wie Leute miteinander arbeiten können, aber der Inszenierung hilft es überhaupt nicht. Sobald die Musik dabei ist, sagen die: „Pass auf: Hier ist der Dirigent und da gucke ich hin und da der Souffleur,

1981, Georg Büchner, Dantons Tod, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szene

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1981, Georg BĂźchner, Dantons Tod, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szenen

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den muss ich hören, und alles andere ist scheißegal.“ Das ist vielleicht kein wirkliches Theater, aber es hat ganz große Reize. Ich habe nicht gewusst, dass das so verschmelzen kann – wunderbar. Heutzutage kann man ja auch so viele technische Sachen machen, weil die Oper, die Musik, alles zudeckt. Man kann einen Scheinwerfer hoch- und runterziehen, selbst wenn er einen Startmotor hat, den man im Theater bis in die dreißigste Reihe hören würde. Dort geht das alles. Es klingt jetzt sehr pragmatisch, was ich sage, aber ich habe gemerkt, dass ich gerade das unterschätzt habe. Das ist schon eine tolle Sache. SD _ Das klingt ein bisschen bildverliebt. VP _ Das ist es ja auch. Wie haben wir das Buch genannt? Bilderlust. SD _ Haben Sie auch Film gemacht? VP _ Nein. Das habe ich auch verpasst, wie vieles andere im Leben. Das trifft mich gar nicht so: also dieser Reiz – eine Produktion, drei Millionen für Kostüme, wo Bühnenbildner am Speichelfluss ersticken würden. SD _ Was für eine Rolle spielt die freie Malerei für Sie? VP _ Das ist halt freie Malerei. SD _ Ich kenne viele Bühnenbildner, viele Kostümbildner, die von sich sagen: „Eigentlich bin ich Maler.“ Das Gefühl habe ich bei Ihnen so nicht. VP _ Mein Leben scheint aus Episoden zu bestehen. Ich widme mich manchmal nur dem Schauspiel, ich widme mich manchmal nur dem Buch, ich widme mich manchmal der Malerei – und jedes Mal scheint mir das ganz normal zu sein. Dann wird das komischerweise wieder verdrängt von etwas anderem und eine andere Episode kommt nach vorn. Aber ich kann das selber gar nicht richtig gewichten. Man muss nicht immer mit seinem Image hadern, weil ich als Gebrauchsgrafiker, als Plakatmacher und als Theatermacher nun einmal viel bekannter bin denn als Maler. Ich muss es nicht machen, aber ich mach’s trotzdem, weil es mir Spaß macht. So simpel ist das. SD _ Ich habe den Eindruck, dass Sie immer nach Anregungen suchen. Sie haben mir Arbeiten von William Steig, einem amerikanischen Illustrator, gezeigt, der sehr grob, fast dilettantisch zeichnet, was mich etwas irritiert hat. VP_ Je länger man in einem Beruf ist, desto mehr reizen einen diese Fransen an den Kanten. Manche Sachen erkennt man gar nicht gleich selber, sondern das sind dann Schüler von mir oder ehemalige Kommilitonen oder Kollegen, die mir etwas zeigen. Ich bin manchmal so dankbar dafür, weil ich das nie gefunden hätte. Wie weit kann man denn assimilieren? Kann man sich so weit öffnen oder ist mir das einfach gar nicht zugänglich? SD _ Auch in Ihren freien Arbeiten bleiben Sie gegenständlich. VP _ Ja. SD _ Hat es Sie nie gereizt, abstrakt zu arbeiten? VP _ Ich weiß gar nicht, was das ist. SD _ Also Bildflächen gegeneinander zu stellen?

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VP _ Ja, Postkarten. Ich habe, als ich in Leipzig Professor war, gemerkt, dass ich oft wenig Zeit habe, für mich selber was zu machen. Man treibt die Studenten an und die werden zu Höchstleistungen gepuscht und ich selber habe nichts geschafft. Dann bin ich auf die Idee gekommen, etwas Kleines zwischendurch zu machen, das ich auch wieder weglegen kann. Ich bin dann immer sehr zeitig aufgestanden und in mein Atelier gegangen und habe dort in postkartengroßen Formaten locker Farben ausgestrichen und sowas. Wenn mir was gefällt, hebe ich es auf, und wenn es mir nicht gefällt, schmeiße ich es weg. Das sind oft nur Flächen gegeneinander, wie gesagt. Und davon habe ich inzwischen über 2000 Stück. Manchmal ist da auch was, aus dem später was wird. Aber diese bedeutungsvollen abstrakten Sachen, das ist mir ganz fremd. Das ist für mich so was leicht Hingesetztes – das nehme ich schon ernst, aber man muss es auch nicht überbewerten. SD _ Warum haben Sie nie politische Karikaturen gezeichnet? VP _ Wie hätte ich das machen sollen? In der DDR? (lacht) SD _ Nach 1990? VP_ Das hat mich nicht interessiert. Viele sehen ja nur Karikaturen in meinen Zeichnungen, aber ich sehe keine Grenze zwischen diesen Dingen. Ich habe viel gesammelt: Karikaturen und Zeichnungen. Ich bin auch ein großer Freund von Gelegenheitszeichnungen. Ich habe in Leipzig Seminare gehalten über die verschiedenen Wurzeln bei der Zeichenkunst. Da spielt die naive Kunst eine ganz große Rolle, wo es gar nicht auf das Zeichnerische hinausgeht, sondern jemand so einen Biss hat – und das ist wunderbar. Von Kinderzeichnungen habe ich eine riesige Sammlung und immer wieder bin ich erstaunt, wie direkt manche Leute sich äußern können, ohne dass sie viele Mittel in der Hand haben. Das ist wunderbar, das finde ich so schön und so toll. Allerdings beschäftigt mich Routine auch sehr. Routine ist ein großer Bestandteil von Zeichenkunst und wenn man davon nichts hält, dann wird das auch nichts. SD _ Was heißt Routine in dem Fall? VP _ Dass man bestimmte Sachen eben so erst mal macht. Wenn einem nichts Besseres einfällt, ist das schon was. Da gibt es so tolle Zeichner, die sind keine großen Künstler, aber es ist einfach eine Lust, deren Sachen anzugucken. SD _ Also handwerklich oder auch künstlerisch? VP _ Auch künstlerisch. SD _ Wo ist da die Grenze? VP _ Pah, wer weiß das schon?

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1981, Georg BĂźchner, Dantons Tod, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1981, Georg BĂźchner, Dantons Tod, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szene 1987, Alexander Lang, Statuette

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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1983, Bertolt Brecht, Die Rundkรถpfe und die Spitzkรถpfe, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1983, Bertolt Brecht, Die Rundkรถpfe und die Spitzkรถpfe, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang S. 52 + 53: 1983, Bertolt Brecht, Die Rundkรถpfe und die Spitzkรถpfe, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szenen , Linolschnitt 2011

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1984, Christian Dietrich Grabbe, Herzog Theodor von Gothland, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1984, Christian Dietrich Grabbe, Herzog Theodor von Gothland, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szene

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark


1984, Christian Dietrich Grabbe, Herzog Theodor von Gothland, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1984, Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie auf Tauris, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1984, Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie auf Tauris, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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1984, Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie auf Tauris, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Modell der Diana-Statue 1984, Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie auf Tauris, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1985, Friedrich Schiller, Don Karlos, MĂźnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang, Szenen

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Don Karlos 1985, Friedrich Schiller, Don Karlos, MĂźnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang

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1985, Friedrich Schiller, Don Karlos, MĂźnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang

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1986, Euripides, Medea, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Rollen-Porträt Christian Grashof

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1986, Porträt Christian Grashof S. 67: 1986, Euripides, Medea, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Puppe als Kind der Medea

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1986, August Strindberg, Totentanz, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szenen

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1986, August Strindberg, Totentanz, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szenen

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S. 70: 1987, Porträt Alexander Lang 1986, August Strindberg, Totentanz, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1987, Heinrich von Kleist, Penthesilea, MĂźnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang, Szenen

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1987, Heinrich von Kleist, Penthesilea, MĂźnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang, Szenen

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1987, Heinrich von Kleist, Penthesilea, MĂźnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang

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1987, Heinrich von Kleist, Penthesilea, MĂźnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang

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1987, Bernard-Marie Koltès, In der Einsamkeit der Baumwollfelder, Mßnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang, Szene

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1987, Bernard-Marie Koltès, In der Einsamkeit der Baumwollfelder, Mßnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang, Szene

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1987, Bernard-Marie Koltès, In der Einsamkeit der Baumwollfelder, Mßnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang, Szene

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1987, Bernard-Marie Koltès, In der Einsamkeit der Baumwollfelder, Mßnchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang, Szene

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1987, Porträt Thomas Holtzmann

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1987, Porträt Lambert Hamel

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1989, Michael Reinhold Jakob Lenz, Der Hofmeister, Thalia Theater Hamburg, Regie: Alexander Lang, Szenen

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1989, Michael Reinhold Jakob Lenz, Der Hofmeister, Thalia Theater Hamburg, Regie: Alexander Lang

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S. 84: 1989, Peter Handke, Kaspar, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle, Rollenporträt Ulrich Matthes 1989, Peter Handke, Kaspar, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle, Szene

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1989, Peter Handke, Kaspar, Mßnchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle, Probenskizzen

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1989, Peter Handke, Kaspar, Mßnchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle, Probenskizzen

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1991, Molière, Don Juan oder Der steinerne Gast, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle S. 89: 1991, Molière, Don Juan oder Der steinerne Gast, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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1991, Samuel Beckett, 5 Stücke, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle S. 91: 1991, Samuel Beckett, 5 Stücke, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle, Beckett-Porträt 2008, Linolschnitt

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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S. 92: 1991, Samuel Beckett, 5 Stücke, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle, Beckett-Porträt 2008, Linolschnitt 1991, Samuel Beckett, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle

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1991, Samuel Beckett, 5 Stücke, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle S. 95: 1991, Samuel Beckett, 5 Stücke, Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle, Beckett-Porträt 2008, Linolschnitt

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EXKURSION 2: MUSENKÜSSE – BUCHKUNST VON VOLKER PFÜLLER Thomas Glöß

Um Volker Pfüllers Werk und Persönlichkeit greifbar zu machen, drängen sich viele Vergleiche auf, der des Tausendsassas zum Beispiel. Also mit einem, der in allen Sätteln sicher sitzt, vielbegabt, allzeit souverän in der Wahl der Mittel ist und entsprechend hoch gelobt wird. Doch oft ist dieses Lob für Multitalente ungleichmäßig verteilt. Gewöhnlich werden alle Tätigkeitsfelder kurz aufgelistet, aber im Vordergrund stehen nur ein bis zwei von ihnen. Eine tiefergehende Würdigung, ein Artikel oder eine Laudatio und eine Ausstellung bleiben für einige der anderen Begabungen weitestgehend aus. Volker Pfüller ist, so liest man in vielen Medien, ein Grafiker, Bühnenbildner, Plakatgestalter, Maler, Zeichner – und Illustrator. Das heißt, er hat mit Büchern zu tun, und davon soll hier die Rede sein. Am Anfang war auch bei Volker Pfüller das Wort, das gesprochene, gelesene, geschriebene, gezeichnete, gedruckte, das symbolische und das reale Wort. Es wäre aber falsch, ihn auf einen Belesenen zu reduzieren, der er zweifellos auch ist, doch reduzieren lässt er sich ohnehin nicht. So ist das zu betrachtende Ganze wieder mehr als die berühmte Summe seiner Teile. Dem Lesen gesellen sich bald kongeniale Partner hinzu, zunächst das Zeichnen. Doch wer mit Leselust und großem Zeichentalent im Gepäck bei Werner Klemke, Klaus Wittkugel, Arno Mohr und Fritz Panndorf studiert hat, dem wird das Buch zwangsläufig zur Passion. Das Buch in seiner Gesamtheit hat Volker Pfüller seine gesamten Arbeitsjahre begleitet, seit 1967 beim Kinderbuchverlag Berlin das erste von ihm illustrierte Buch erschien. Er hat dabei nie die einzelnen Komponenten losgelöst voneinander betrachtet. Es ging ihm immer um das Buch in seiner Gesamtheit aus Inhalt und Form oder, wie es 2009 der Lubok Verlag in einer Ausstellung mit Arbeiten von Volker Pfüller nannte, um „die Freundschaft zwischen Bild und Text“. Denkt man in den Kategorien des Grafikdesigns, so ist Volker Pfüller – unter anderem – ein Illustrator, was angesichts seiner Meriten schon der Ehre genug wäre, aber doch zu kurz gegriffen ist. Illustrieren, sagt uns das etymologische Wörterbuch, bedeutet „erläutern, aufklären, verschönern“. Da er sich mit der Gesamtgestaltung auch der „Verschönerung“ seiner Bücher annimmt, könnte man ihn als Buchgestalter bezeichnen, doch er ist mehr als das. In der besagten Freundschaft zwischen Bild und Text begnügt er sich nicht mit der Rolle des Gestalters, sondern wird zum Autor. Diese Kombination führt zu so wunderbaren Titeln wie „Esel, Eisbär, Mensch, Milchreis und Hut“, 2002 von der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig herausgegeben. Natürlich handelt es sich dabei um die Verballhornung des Goethe-Wortes „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“. Der Sprachwitz liefert sich das Buch hindurch einen fantasievollen Wettstreit mit den Illustrationen, glänzend durch einen Strauß an ironischen, makabren, absurden und tragikomischen Einfällen:

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Die Schlechten schreiben, wie sie mechten, aber die Guten schreiben exakt wie Konrad Duten.

Der offensichtlichen Lust am Fabulieren steht der ebenso offensichtliche Spaß am Zeichnen gegenüber. Mit weiteren Büchern, die Volker Pfüller in Personalunion als Autor, Gestalter und Illustrator geschaffen hat, wird klar, dass er mit seinen Sprachbildern und seiner Bildsprache eine Unterscheidung von Kinderbüchern und Büchern für Erwachsene unmöglich macht, zum Beispiel in „Ziegenbock im Bratenrock. 15 Verse von Volker Pfüller mit 15 Bildern von V. P.“, 2000 im Aufbau-Verlag erschienen. Das gilt natürlich auch für Ausgaben, bei denen er sich den Texten anderer Autoren stellt. „Im Delikatessenladen“ von Ernst Jandl, erschienen 1988 im Kinderbuchverlag, trägt den exemplarischen Untertitel „Für große und kleine Leser“. Die Verlagslandschaft der DDR, in welcher Volker Pfüller künstlerisch sozialisiert wurde, hatte ihre Besonderheiten. Dazu gehörte die besondere Stellung des illustrierten Buches. Es ist nur über diesen Fakt und die außergewöhnliche Qualität von Volker Pfüllers Arbeiten zu erklären, dass er für die wichtigsten Verlage der Sparten Kinderbuch und Belletristik gearbeitet hat. Neben dem erwähnten Kinderbuchverlag und dem Aufbau-Verlag zählen dazu der Verlag Volk und Welt, der Altberliner Verlag, der Verlag Neues Leben, der Postreiter Verlag und bis heute immer wieder der Eulenspiegel Verlag. Nach der deutschen Wiedervereinigung und der damit einhergehenden veränderten und teilweise desolaten Verlagssituation in den neuen Bundesländern suchten Illustratoren neue Wege – und neue Verlage. Volker Pfüller, seiner Arbeiten für die großen Theater in Ost und West wegen schon in den 1980er Jahren allseits geschätzt, fand in dieser Zeit mit dem MaroVerlag in Augsburg eine Verbindung, die seiner Auffassung von Buchkunst entspricht und die mit dem Buch „Musenküsse“, wiederum mit eigenen Versen und Bildern, ihren Anfang nahm. Auch in der von dem Verlag herausgegebenen bibliophilen Reihe „Die tollen Hefte“ erscheinen mehrere Ausgaben von Volker Pfüller. Der Genuss, den man beim Blättern in jedem von Volker Pfüller illustrierten Buch empfindet, hat gute Gründe. Zum einen ist es die enorme Fülle seiner gestalterischen Ausdrucksformen, die sich in allen Techniken offenbart. Immer ist das Zeichnen die Grundlage für seine Entwürfe, beginnend mit einer locker hingeworfenen Skizze. Egal ob farbig oder in Schwarz-Weiß ausgeführt, ob mit Stiften, Feder und Pinsel kombiniert, aquarelliert oder collagiert, es ist die hohe Kunst der Zeichnung, die den Betrachter zum Staunen bringt. Seine in Schwarz gehaltenen Federzeichnungen zu der Lyrikanthologie „Laß deine Zunge mir im Munde flattern“ ergänzen die Texte brillant und würden selbst einem Max Schwimmer in Sachen Erotik und Ästhetik gut anstehen. Volker Pfüller ist in den grafischen Techniken versiert, und daher ist es nicht nur die Zeichnung, die er meisterlich beherrscht, auf das Papier gebracht und in klassischer Art reproduziert. Seine Experimentierfreude, gepaart mit drucktechnischen Kenntnissen, führt ihn auch zur Offset-Lithografie. Bei dieser Technik erfolgen die einzelnen Farbauszüge – im Gegensatz zur herkömmlichen Reproduktion – zeichnerisch direkt auf die Druckplatte bzw. auf eine Folie zum Umkopieren für den Druck. Diese Technik verlangt dem Zeichner ein hohes Maß an Vorstellungskraft ab, der Zusammendruck von Form und Farben erfolgt schon vorab im Kopf des Künstlers.

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Der unmittelbare Bezug zur Druckplatte hat dabei Elemente einer Original-Druckgrafik. Als Farblithografie und damit ebenfalls in Form einer Original-Druckgrafik ist ein Portrait von Stefan Zweig entstanden, dessen „Schachnovelle“ Volker Pfüller für die Büchergilde Gutenberg illustriert hat. Da er selbst ein ambitionierter Schachspieler ist, war er für diese Arbeit in mehrfacher Hinsicht prädestiniert. Einen ebenso souveränen Umgang mit klassischen Hochdrucktechniken belegen Volker Pfüllers Arbeiten für den Lubok Verlag. In einer Reihe originalgrafischer Künstlerbücher sind fünf Bände von ihm erschienen. Die Ausgabe „Tierlein“, entstanden 2009, steht exemplarisch für den fantasievollen und zugleich drucktechnisch pragmatischen Umgang mit Farben. In der Technik des Linolschnitts hat er auf allen 32 Seiten in Kombination von jeweils drei verschiedenen Farben gearbeitet. Durch die Einbeziehung des hellen Papiertons als vierte Farbe und die Entstehung von Mischtönen durch das Überdrucken der einzelnen Töne entstand ein Feuerwerk an Farben und Formen. Prämiert wurde die Ausgabe von der Stiftung Buchkunst beim Wettbewerb „Die schönsten deutschen Bücher“ – und damit ist sie nur eines aus der langen Liste der ausgezeichneten Bücher von Volker Pfüller. Was ihn als Buchgestalter ausmacht, ist sein Sinn für das Detail einerseits und der Überblick über die Gesamtgestaltung andererseits. Das Geheimnis dabei liegt in der genauen Abstimmung aller Komponenten eines Buches aufeinander, sodass sich Umschlag, Einband, Vorsatz, Illustrationen, Vignetten und Typografie zu einem in sich stimmigen Gesamtwerk formen. Dass er sich dabei auch der typografischen Gestaltung annimmt, ist nicht selbstverständlich, denn üblicherweise erfolgt diese in der Arbeitsteilung zwischen Illustrator und Gestalter. Es ist die Liebe zu allen grafischen Details, die Volker Pfüller auszeichnet. Seine Buchtypografie weist durchaus Parallelen zu vielen seiner Theaterplakate auf, über die er selbst sagt: „Theaterplakate müssen keineswegs pointiert den Titel des Stückes treffen, dafür aber die Atmosphäre, die Haltung und den Geist der Inszenierung. Geschichte kommt nicht nur mit dem Stoff daher, sondern auch als visuelle Erscheinung.“ Diese Aussage gilt auch für die Typografie vieler seiner Bücher. Oft sind die Schriftformen gezeichnet, folgen in Duktus, Stil und Farbigkeit den Illustrationen und werden zuweilen ein Teil davon. In der zum Inhalt passenden Wahl einer Schrift – egal, ob gezeichnet oder gesetzt ausgeführt – offenbart sich der kenntnisreiche Umgang Volker Pfüllers mit Typografie. Er weiß, was die Besonderheit einer Fraktur ausmacht und wie sie stilsicher angewendet wird, sein Einsatz einer Bodoni passt zu Zeit und Inhalt des Themas und seine stimmig gezeichnete Sütterlin steigert die Aussage von Bild und Text beträchtlich. Nicht zufällig erscheint in seinem „Skizzen- und Fratzenbuch“ auch eine Seite typografischer Fingerübungen, bestehend aus Wortmarken, Versalien, Ziffern und Zeichen. Ein Fazit über den Buchgestalter Volker Pfüller könnte wohl niemand besser ziehen als der Büchernarr V. P. selbst: „Was gibt es Schöneres für einen Büchernarren, als ein Buch zu machen oder doch wenigstens mit Hand anzulegen, wenn ein Buch entsteht? Was gibt es Schöneres für einen leidenschaftlichen Leser und leidenschaftlichen Zeichner, als beides, Lesen und Zeichnen, zu verbinden, sich damit zu ernähren und sogar noch einiges Lob zu ernten?“

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Die Füchse im Weinberg, Lion Feuchtwanger, 1976

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Skizzen- und Fratzenbuch, Die tollen Hefte Nr. 12, 1996

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Skizzenbuch, 1989

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Skizzen- und Fratzenbuch, Die tollen Hefte Nr. 12, 1996

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Skizzen- und Fratzenbuch, Die tollen Hefte Nr. 12, 1996

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Skizzen- und Fratzenbuch, Die tollen Hefte Nr. 12, 1996

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Skizzen- und Fratzenbuch, Die tollen Hefte Nr. 12, 1996

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MusenkĂźsse. 22 Verse, Volker PfĂźller, Augsburg 1987

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MusenkĂźsse. 22 Verse, Volker PfĂźller, Augsburg 1987

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Die Paukerfibel, Anthologie, 1990

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Die Paukerfibel, Anthologie, 1990

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Ziegenbock im Bratenrock, Volker PfĂźller, 2000

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Ziegenbock im Bratenrock, Volker PfĂźller, 2000

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Wong Fun, Walter Serner, Die tollen Hefte Nr. 1, 1991

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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Der Pfiff aufs Ganze, Walter Serner, 1993

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Der Pfiff aufs Ganze, Walter Serner, 1993

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Meine Mutter haut sogar Django in die Pfanne, Klaus-Peter Wolf, 1989, nicht verรถffentlicht

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Meine Mutter haut sogar Django in die Pfanne, Klaus-Peter Wolf, 1989, nicht verรถffentlicht

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Der Zauberer Wizz, Hannes HĂźttner, 1991

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark


Esel, Eisbär, Mensch, Milchreis und Hut, Volker Pfßller, 2002

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Esel, Eisbär, Mensch, Milchreis und Hut, Volker Pfßller, 2002

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LaĂ&#x; deine Zunge mir im Munde flattern, Anthologie, 1992

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Der Polizeidiener in der Rattenfalle, Anthologie, 1987

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S. 128 + 129: Kasperl-Puppen, Wolfgang Till, Volker PfĂźller, 1990

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Dracula, Bram Stoker, 1989

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Dracula, Bram Stoker, 1989

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S. 132 + 133: Lubok Spezial, Volker PfĂźller, Lubok 2007

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Bonsai, Volker PfĂźller, Lubok 2012

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Bonsai, Volker PfĂźller, Lubok 2012

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Tierlein, Volker PfĂźller, Lubok 2009

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Tierlein, Volker PfĂźller, Lubok 2009

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Theater, Volker PfĂźller, Lubok 2011

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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S. 140 + 141: Kรถpfe, Lubok 2008

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1992, Alexander N. Ostrowski, Der Wald, Deutsches Theater Berlin, Regie: Thomas Langhoff S. 143: 1992, Alexander N. Ostrowski, Der Wald, Deutsches Theater Berlin, Regie: Thomas Langhoff

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S. 144: 1992, Alexander N. Ostrowski, Der Wald, Deutsches Theater Berlin, Regie: Thomas Langhoff, Porträt Claudia Geisler 1992, Alexander N. Ostrowski, Der Wald, Deutsches Theater Berlin, Regie: Thomas Langhoff

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1993, Pierre Corneille, Der Cid, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1993, Pierre Corneille, Der Cid, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1993, Pierre Corneille, Der Cid, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szenen

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1993, Pierre Corneille, Der Cid, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szenen

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1995, Kurt Weill/Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper, Bregenzer Festspiele/Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1995, Kurt Weill/Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper, Bregenzer Festspiele/Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1995, Kurt Weill/Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper, Bregenzer Festspiele/Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang S. 153–155: 1995, Kurt Weill/Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper, Bregenzer Festspiele/Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang, Szene

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1995, William Shakespeare, Der Widerspenstigen Zähmung, Deutsches Theater Berlin, Regie: Johanna Schall, Bühne: Philipp Stölzl, Kostüme: Volker Pfüller

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1995, William Shakespeare, Der Widerspenstigen Zähmung, Deutsches Theater Berlin, Regie: Johanna Schall, Bühne: Philipp Stölzl, Kostüme: Volker Pfüller

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1996, Sophokles, Kรถnig ร dipus, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1996, Sophokles, Kรถnig ร dipus, Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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1997, Tankred Dorst, Die Legende vom armen Heinrich (UA), Mßnchner Kammerspiele, Regie: Jens-Daniel Herzog, Rollenporträt Michael Tregor

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1997, Tankred Dorst, Die Legende vom armen Heinrich (UA), MĂźnchner Kammerspiele, Regie: Jens-Daniel Herzog

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Figurienenskizzen, Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend, 2018, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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S. 162 + 163: 1998, Lina WertmĂźller, Gianni, Ginetta und die anderen (DEA), Bremer Theater, Regie: Johanna Schall

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1998, Lina WertmĂźller, Gianni, Ginetta und die anderen (DEA), Bremer Theater, Regie: Johanna Schall

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1998, Lina WertmĂźller, Gianni, Ginetta und die anderen (DEA), Bremer Theater, Regie: Johanna Schall

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2006, Heinrich von Kleist, Der zerbrochne Krug, LandesbĂźhnen Sachsen, Radebeul, Regie: Alexander Stillmark, Szene

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2006, Heinrich von Kleist, Der zerbrochne Krug, LandesbĂźhnen Sachsen, Radebeul, Regie: Alexander Stillmark, Szenen

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2006, Heinrich von Kleist, Der zerbrochne Krug, LandesbĂźhnen Sachsen, Radebeul, Regie: Alexander Stillmark

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2006, Heinrich von Kleist, Der zerbrochne Krug, LandesbĂźhnen Sachsen, Radebeul, Regie: Alexander Stillmark

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2011, Charles Lewinsky, Freunde, das Leben ist lebenswert, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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2011, Charles Lewinsky, Freunde, das Leben ist lebenswert, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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2011, Charles Lewinsky, Freunde, das Leben ist lebenswert, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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2011, Charles Lewinsky, Freunde, das Leben ist lebenswert, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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2013, Euripides/Schiller, Iphigenie in Aulis, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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2013, Euripides/Schiller, Iphigenie in Aulis, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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2014, William Shakespeare, Viel Lärm um nichts, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark, Freilichtbßhne Heidecksburg

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2014, William Shakespeare, Viel Lärm um nichts, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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2014, William Shakespeare, Viel Lärm um nichts, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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2014, William Shakespeare, Viel Lärm um nichts, Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

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Blick aus meinem Fenster, 2015, Ă–l auf Leinwand, 60 x 80 cm

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EXKURSION 3: DIE BILDER DES V. P. Christoph Ruckhäberle

1980 fand in den Münchner Kammerspielen eine vielbeachtete Inszenierung von Georg Büchners „Dantons Tod“ statt. Mein Vater Hans-Joachim Ruckhäberle, damals Literaturwissenschaftler und Büchner-Forscher, betreute diese Produktion von Dieter Dorn als Dramaturg. Vermittelt durch seinen Freund Michael Wachsmann war diese Arbeit sein Einstieg ins Theater. 1982 elektrisierte eine weitere Inszenierung des Revolutionsstücks die Theaterwelt, diesmal in Ostberlin am Deutschen Theater in der Regie von Alexander Lang mit Christian Grashof in der Doppelrolle Danton/Robespierre, für Bühnenbild, Kostüme und Maske war der Grafiker und Illustrator Volker Pfüller verantwortlich. Das Arbeitsteam Dieter Dorn, Michael Wachsmann und Hans-Joachim Ruckhäberle, inzwischen die Intendanz der Münchner Kammerspiele, fasste den Entschluss, Lang und Pfüller einzuladen, um an den Kammerspielen zu gastieren. Dies gelang und es kam u. a. zu Inszenierungen von Schillers „Don Karlos“ (1985), der Doppelinszenierung von Racines „Phädra“ und Kleists „Penthesilea“ (1987) und von „In der Einsamkeit der Baumwollfelder“ von Bernard-Marie Koltès (1987/88). In dieser Zeit konnte ich als Heranwachsender Volker Pfüller kennenlernen. Von ihm illustrierte Kinder- und Jugendbücher kamen ins Haus („Häschen geht einkaufen“, „Die Haselmaus ist nicht zu Haus“, „Zar Wasserwirbel fährt Trabant“, „Die Reise von Neukuckow nach Nowosibirsk“), Pfüller-Plakate waren stets Schmuck meines Jugendzimmers. Unmittelbare Folgen für mich waren die Berufswünsche Bühnenbildner und Plakatgestalter. Wesentlich später, nach einem abgebrochenen Zeichentrickfilmstudium in den USA, riet mir Volker Pfüller zum Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Mittlerweile bin ich als Maler und Grafiker in Leipzig tätig und lehre selbst an der Hochschule. Volker Pfüllers Bilder haben mich begleitet und geprägt: das Plakat zu „Dantons Tod“ mit den bereits guillotinierten Zwillingsköpfen von Danton und Robespierre, puppenartig, rosa vor rotem Grund; der ungelenke Strichmann vor grün-roter Landschaft auf dem irritierenden Plakat für die Münchner Uraufführung von Herbert Achternbuschs Stück „Weg“; der expressiv-expressionistische weibliche Laokoon in Pink im Plakat zu den „Troerinnen“; die bildsprengende Medea, ein Porträt von Katja Paryla in der Rolle auf dem Plakat zum gleichnamigen Stück; ein Stadtrundgang in „Häschen geht einkaufen“; das verquere Koordinatensystem der Behausung bzw. des Gefängnisses Kasper Hausers in der Bühne zu Peter Handkes Stück „Kaspar“; das blutrote Spiel- und Versuchsfeld der Bühne für „Don Karlos“ mit seinem Türen- und Auftrittslabyrinth; die spröd-schönen Farbräume in der Münchner Inszenierung von Molières „Don Juan oder der steinerne Gast“. Es sind Bilder, deren formale Kraft und inhaltliche Verdichtung im besten Sinne Schockwirkung entfaltet haben. Es sind Bilder, an denen ich mich immer noch und immer wieder abarbeite.

folgende Doppelseite: Binz, 2015, Öl auf Leinwand, 60 x 80 cm

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Volker Pfüller zeichnet ununterbrochen. Es entstehen Entwürfe für Bühne und Kostüme, Illustrationen und Plakate, Probenskizzen, die in ausgearbeitete eigenständige Zeichnungen münden, Naturstudien und Notate zu gesehenen Schriftzügen, Strukturen und Ornamenten, die als Teil der Recherche Grundstock seines sich stets erweiternden unermesslichen Form- und Farbvokabulars werden. Sie sind beiläufig oder gezielt, ausgearbeitet oder bloße Erinnerungsnotiz an ihn selbst. Seine Theaterfigurinen sind Kostümentwurf, eigenständige Zeichnung, Schauspielerporträt und Rolleninterpretation zugleich und stehen in bester Tradition von Léon Bakst und den Avantgarde-Theatern zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Volker Pfüllers Zeichnerei lässt an zwei der ganz Großen denken: Max Beckmann und George Grosz. Die Schärfe der Charakterisierung und Karikierung des Bildpersonals als Teil eines Welt- oder Kasperltheaters, die die Figuren trotz Stilisierung und Typisierung nicht ihrer Individualität beraubt, das tektonisch ausgespannte Blatt bei gleichzeitiger Ökonomie der Linie, die kraftvoll gesetzt wird, dabei aber stets nervös und sensibel bleibt, hat Pfüller mit ihnen gemeinsam. Die Zeichnung ist Sehen und Verstehen, Formen und Verdichten, Extrakt und Übersetzung. Seine Theaterplakate sind inhaltliche Verdichtung und Essenz der Szenerie. Der spröde Ernst der stets liebevoll gezeichneten, aber nie verniedlichten, allzu menschlichen Tierfiguren seiner Kinderbuchillustrationen voll lakonischem Witz zeigen eine Welt voller Wunder, auch im Kleinen und scheinbar Alltäglichen. Volker Pfüller selbst ist groß und stark, seine Figuren aber stehen oft auf dünnen Füßchen, trippelnd und tänzelnd. Die Entschiedenheit und Verbindlichkeit des Ausdrucks bei gleichzeitig großer Offenheit und nie nachlassender Neugier sind es, die Volker Pfüller und seine Kunst so anziehend machen. Volker Pfüller ist weder Naturalist noch Illusionist. Er stilisiert und formt, die künstlerischen Mittel werden thematisiert und ihre Künstlichkeit und das Machen selbst vorgeführt. Pfüllers Bühne wird selten umgebaut, durch Lichtwechsel wird sie transformiert. Das Zu-Ende-Denken der groß gedachten Räume geschieht letztlich in den Köpfen der Zuschauer, darin liegt ihre Poesie. Die Bühne ist grafisch gedacht und referiert auf Traditionen der Guckkastenbühne mit ihren Kulissengassen. Stark lokalfarbig Kostümierte werden vor Flächen platziert, Gemusterte verlieren sich im Gemusterten und werden so dem Bühnen-Bild eingeschrieben, so wie auch die Gesichter der Schauspieler durch Pfüllers Maske gezeichnet werden. Es entstehen starke Bilder und es bedarf starker Regisseure und Schauspieler, die ihr Handwerk beherrschen und über die Disziplin und die Freiheit verfügen, die großzügigen Entwürfe als Freiraum zu begreifen und lebendig werden zu lassen. Volker Pfüllers prägnanter, stets wiedererkennbarer Stil ist gekennzeichnet durch seine Direktheit und seinen beherzten Zugriff, nicht aber durch seine Wiederholung. Er ist stets auf der Suche nach neuen Materialien, Farben und Formen. Trotz offenkundiger Raffinesse und Schönheit ist seine Arbeit nie gefällig, sondern bleibt widerborstig, überraschend und frisch. Volker Pfüller wurde in Leipzig und Berlin-Weißensee zum Illustrator und Grafiker ausgebildet. Seine Lehrer waren Werner Klemke und Arno Mohr. Länger als in Westdeutschland war es in der DDR für Illustratoren und Grafiker üblich, Druckvorlagen von Hand zu zeichnen, anstatt Entwürfe mechanisch zu reproduzieren. Dies erfordert die Herstellung der einzelnen Farbauszüge, was genaue Planung und Wissen um die Eigenschaften des Farbzusammendrucks voraussetzt. Die Ergebnisse sind letztlich im weitesten Sinne Original-Grafiken (Original-Offset). Durch die Rasterlosigkeit bzw. die Verwendung

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Frühlingsmorgen, 2016, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm Raureif, 2017, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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Vorfrühling, 2012, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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handgezeichneter Raster und den Einsatz von Sonderfarben entsteht ein kraftvolles Druckbild. Anders als bei der bloßen Reproduktion einer Vorlage für den Druck, wie heutzutage üblich, entsteht das Bild erst im Zusammendruck und ist in diesem Sinne Original mit der ihm eigenen Unmittelbarkeit und Präsenz (Produktion statt Reproduktion). Genaue Planung und umfassende Kenntnis der jeweiligen bildnerischen Mittel sind nötig, neben der eigenen künstlerischen Intention sind technische Probleme und ökonomische Rahmenbedingungen mitzudenken. Das Ausschießen des Druckbogens, die Anzahl der Druckvorgänge und die Möglichkeit von Farbwechseln bedingen die Arbeit. Volker Pfüller hat das Verfahren verinnerlicht und so stellt es einen Grundstein seiner Lehre dar. Die genaue Kenntnis der technischen Vorgänge und eine enge Zusammenarbeit mit dem Drucker, aber auch ein analytisches Verhältnis zum Bild und den gestalterischen Mitteln gehören zu seinem Grundverständnis künstlerischer Arbeit. Volker Pfüller scheint es zugleich Herausforderung und Vergnügen zu sein, die Beschränkungen durch unkonventionelle Farbkombinationen, geschickte Farbwechsel zu seinem Vorteil zu verkehren und zum Leuchten zu bringen. Sein Umgang mit dem Druck ist meisterhaft. Die Ökonomie der Mittel und die angemessene Nutzung der jeweiligen Technik, die sowohl um deren Stärken als auch Schwächen weiß, sind wesentlicher Bestandteil der zwingenden gestalterischen Überzeugungskraft von Pfüllers Bildwelt, ebenso seine Umsicht und Genauigkeit, die die Ausführung – sei es in der Druckerei oder im Malsaal der Theaterwerkstätten – bis ins letzte Detail verfolgt. Pfüllers Interesse am Druck führt zu der Auseinandersetzung mit dem Druck im Bild selbst. So werden neben dem Plakat-Text, der wie selbstverständlich als Teil des Bildes geschrieben und gezeichnet ist, auch Druckraster händisch erstellt, Rasterpunkte getüpfelt oder alten Holzstichen collagierend entlehnt. Pfüller arbeitet mit Vergröberungen, zum Beispiel durch Vergrößerung und Verkleinerung am Kopierer, mit dem er über Jahre experimentiert hat. Neben dem Interesse an der Technik des Druckens zeigt sich hier eine Affinität zur Pop Art und zu ihrer Auseinandersetzung mit der profanen Warenund Werbewelt. Pfüller sucht Anregungen nicht nur in der „Hochkunst“, sondern in jedweder Art von Druckerzeugnissen. Comics, Bierdeckel und Kaugummipapiere werden archiviert und/oder abgezeichnet. Es kommt nicht von ungefähr, dass Volker Pfüller im Theater, Plakat und Buch seine erfolgreichsten Betätigungsfelder gefunden hat. Es sind Künste, die im Leben stehen, im Moment erlebbar werden und für den Moment gemacht sind und die Zusammenarbeit mit anderen, für- und miteinander erforderlich machen. Seine Arbeiten für Theater und Oper, Illustration und Plakat stehen gleichbedeutend nebeneinander. Volker Pfüllers Kunst ist unprätentiös und demokratisch. Es ist eine Kunst, die nicht viel Aufhebens von sich macht und dadurch umso nachhaltiger wirkt. Ihm gelingt es, verschiedene Ebenen zusammenzuführen, Kompliziertes zu scheinbar Einfachem zu verdichten, in der Umkehr aber auch die Komplexität des Einfachen sichtbar zu machen. Die großen Zusammenhänge sind es, die verhandelt werden. Ende der 1980er Jahre bildeten Volker Pfüller und ich für kurze Zeit eine Wohngemeinschaft in Sigrid Herzogs Wohnung in München. Zum Soundtrack der Andrews Sisters („Drinking Rum and Coca Cola“; „Bei mir bist du schön“) bereitete ich mich auf das Abitur vor, Volker arbeitete (neben anderem) an Vignetten für Balzacs „Physiologie der Ehe“. Bei der Lektüre erstellte Volker eine Liste mit über hundert Motiven zu zeichnender Vignetten, die er, ohne Balzac weiter zu Rate zu ziehen, akribisch abarbeitete.

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Unter dem Tisch stand ein großer Karton für verworfene Zeichnungen, da jedes Motiv bis zur vollständigen Zufriedenheit wieder und wieder mit Feder und Tusche gezeichnet und dann mit Buntstiften koloriert wurde. Das Vorgehen kam mir professionell, aber mechanisch und unkünstlerisch vor. Erst später habe ich verstanden, wie künstlerisch klug diese Abfolge von Aneignung und Distanzierung, auch Objektivierung war, die die Dinge trennt und wieder zusammenführt und durch Systematisierung handlungsfähig macht, zumindest mittelbar unabhängig von den Launen der Inspiration. So ist es die Arbeit selbst, aus der die Inspiration erwachsen kann. Seit einigen Jahren nimmt die Malerei einen größeren Raum in der Arbeit Volker Pfüllers ein. Neben Stillleben, die er als Farb- und Formstudien nutzt, als Stilübung oder zur genauen Untersuchung ihm lieb gewordener Kunst- und kunstgewerblicher Gegenstände, die damit Teil seines ausufernden Formvokabulars werden, sind es vor allem stille, fein beobachtete Landschaften aus der Uckermark, die Volker Pfüller immer wieder beschäftigen. Die gelösten Kompositionen der kleinformatigen Bilder und Studien lassen an Malerei aus England und Skandinavien denken, sie wirken nordisch in Licht und Auffassung. Ein Hauch von Hopperscher Melancholie durchweht die Bilder, die oft in zarten Grauabstufungen, duftigen Rosa- und Malve-Tönen gehalten sind. Es zeigt sich die resolute Pfüllersche Setzung der Komposition und doch scheint der Maler sich und mögliche Referenzen betont zurückzunehmen, um allein Licht und Stimmung Raum zu geben und diese möglichst nicht zu stören. Es ist die Stärke dieser so ganz und gar uneitlen Bilder, dass sich der sonst so gar nicht Zimperliche dem Sehen überlässt und feinste Übersetzungen für das Gesehene sucht und findet. Statt Abkehr von den hektischeren Welten des Kasperl- und Welt-Theaters würde ich von Einkehr sprechen und vom gefundenen Einklang mit der Stille der Landschaft, der auch für den Betrachter erfahrbar wird.

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Rømø, grüne Häuser, 2016, Öl auf Leinwand, 60 x 80 cm Rømø, rote Häuser, 2016, Öl auf Leinwand, 60 x 80 cm

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Alcazar, 2014, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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Strandweg, 2002, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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Garten auf Ibiza, 2012, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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Teekanne und Flasche, 2011, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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Mustard, 2006, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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Perückenkopf, 2004, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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Braune Ente, 1998, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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La Paloma, 2012, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm

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See am Morgen, 1995, Öl auf Leinwand, 60 x 80 cm

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Haus am Feld, 1995, Ă–l auf Leinwand, 60 x 80 cm folgende Doppelseite: Altenkirchen, 2015, Ă–l auf Leinwand, 60 x 80 cm

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AUTOREN

Friedrich Dieckmann ist Schriftsteller und Publizist sowie Träger des Heinrich-Mann- und des Johann-Heinrich-Merck-Preises. Stephan Dörschel ist Leiter des Archivs Darstellende Kunst der Akademie der Künste, Berlin. Thomas Glöß ist Buchgestalter, Typograf und Grafikdesigner und lehrte u. a. an der Universität Leipzig und der Technischen Universität Chemnitz. René Grohnert ist Leiter des Deutschen Plakat Museums im Museum Folkwang Essen. Christoph Ruckhäberle ist bildender Künstler sowie Verleger und gilt als einer der Hauptvertreter der Neuen Leipziger Schule. Er ist Professor für Malerei und Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig.

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BIBLIOGRAFIE

• Volker Pfüller: Bilderlust. Leipzig: Lubok 2016 • Volker Pfüller: Bonsai. Leipzig: Lubok 2012 • Das Künstlerbuch VI. Mit einem Textbeitrag von V. P. Ahrenshoop: Edition Hohes Ufer 2011 • René Grohnert (Hg.): Flächen, die die Welt bedeuten. Theaterplakate von Volker Pfüller. Deutsches PlakatMuseum im Museum Folkwang Essen, Edition Folkwang. Göttingen: Steidl 2011 • Volker Pfüller: Theater. Leipzig: Lubok 2011 • Christoph Ruckhäberle und Thomas Siemon (Hg.): V. P. 70. Leipzig: Lubok 2011 • Wolfgang Till und Volker Pfüller: Kasperl-Puppen. Berlin: Jacoby & Stuart 2010 • Volker Pfüller: Tierlein. Leipzig: Lubok 2009 • Volker Pfüller: Köpfe. Leipzig: Lubok 2008 • Christoph Ruckhäberle und Thomas Siemon (Hg.): Lubok Spezial: Volker Pfüller. Leipzig: Lubok 2007 • Volker Pfüller: Ein langer Abschied: Manfred Bofinger zum Gedenken. In: Marginalien Bd. 181, 2006, Nr. 1: 64 f. • Manfred Bofinger: Das Leben eben. Beobachtungen aus nächster Nähe. Mit einem Vorwort von F. W. Bernstein und einem Nachwort von Volker Pfüller. Berlin: Aufbau-Verlag 2006 • Volker Pfüller: Esel Eisbär Mensch, Milchreis und Hut! 23 Verse von Volker Pfüller mit Bildern von V. P. Leipzig: Institut für Buchkunst 2002 • Ute Blaich (Hg.): Ziegenbock im Bratenrock. 15 Verse von Volker Pfüller mit Bildern von V. P. Berlin: Aufbau-Verlag 2000 • Volker Pfüller und Hans-Joachim Ruckhäberle (Hg.): Das Bild der Bühne. Berlin: Theater der Zeit 1998 • Volker Pfüller: Skizzen- und Fratzenbuch. Augsburg: Maro 1996 • Vues d’Affiches – Plakatansichten – Perspektywy plakatowe. Fünf internationale Künstler: Werner Jeker, Uwe Loesch, Gerard Paris Clavel, Volker Pfüller, Henryk Tomaszewski. Cottbus 1995 • Hans-Joachim Ruckhäberle (Hg.): Volker Pfüller. Theaterbilder. Arbeiten aus jüngerer Zeit. Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin in Zusammenarbeit mit der Galerie am Pfaffenteich Schwerin. Schwerin: Galerie am Pfaffenteich 1994 • Wolfgang Till und Volker Pfüller: Kasperl-Puppen aus dem Münchner Puppen-Theater-Museum. Augsburg: Maro 1991 • Frieder Mellinghoff, Erdmut Christian August und Volker Pfüller (Hg.): Wegweiser – internationale Theaterplakate. Eine Ausstellung aus der Sammlung Tini und Erdmut Chr. August, Osnabrück. Veranstaltet aus Anlass des Festivals Theater der Welt, Essen 1991. Essen: Deutsches Plakat Forum 1991 • Egon Aderhold und Volker Pfüller: Vater bekommt eine Eins. Berlin: Der Kinderbuchverlag 1990 • Volker Pfüller – Plakate. 8. Juni – 9. Juli 1989, Haus am Lützowplatz, Berlin. Berlin: Feese & Schulz 1989 • Martin Linzer (Hg.): Trilogie der Leidenschaft. Medea von Euripides / Stella von Goethe / Totentanz von Strindberg. In Inszenierungen des Deutschen Theaters. Regie Alexander Lang, Bühnenbild und Kostüme Volker Pfüller. Berlin: Henschel 1988 • Dieter Brookmann und Bernhard Funke (Hg.): Plakate aus Berlin. Albrecht von Bodecker – Karl-Heinz Drescher – Bernd Frank – Rudolf Grüttner – Volker Pfüller – Hubert Riedel. Berlin: Druckerei Lange, Leipzig 1988 • Volker Pfüller: Theaterarbeit: Bühnenbild, Theaterplakate, Zeichnungen, Grafik. Schwerin: Galerie Schwerin 1988 • Volker Pfüller: Pat und die Spinne: eine alte Geschichte, nacherzählt und gezeichnet von Volker Pfüller. Augsburg: Maro 1988 • Volker Pfüller: Musenküsse. 22 Verse von Volker Pfüller. Mit Bildern von V. P. Augsburg: Maro 1987 • Volker Pfüller – Theaterplakate. Ausstellung vom 22.11.1986 bis zum 8.2.1987. Cottbus: Staatliche Kunstsammlungen Cottbus 1987 • Fred Reinke und Volker Pfüller: Zar Wasserwirbel fährt Trabant. Ein Tag im Theater. Berlin: Verlag Junge Welt 1981

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WERKVERZEICHNIS BÜHNENBILDER

21. Mai 1967 Federico García Lorca, Dona Rosita bleibt ledig Hans-Otto-Theater Potsdam, Regie: Siegfried Höchst, Bühnenbild: gemeinsam mit Jürgen Heidenreich

11. Mai 1973 Emil Rosenow Kater Lampe, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin, Regie: Helmut Straßburger

19. Mai 1968 Jerzy Broszkiewicz, Skandal in Hellberg Hans-Otto-Theater Potsdam, Regie: Günter Rüger

24. Juli 1973 Ignati Dworetzki, Der Mann von draußen Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Adolf Dresen

22. November 1968 Horst Salomon, Ein Lorbaß Städtisches Theater Karl-Marx-Stadt, Regie: Jochen Ziller 26. September 1969 Erwin Strittmatter, Katzgraben Staatliche Schauspielschule Berlin im bat, Regie: Piet Drescher, Hannes Voigt 17. Oktober 1969 Hermann Kant, Die Aula Städtisches Theater Karl-Marx-Stadt, Regie: Klaus Tews 26. April 1970 Helmut Baierl, Der lange Weg zu Lenin Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Adolf Dresen 23. August 1970 Gotthold Ephraim Lessing, Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück Bühnen der Stadt Zwickau, Regie: Peter Löpelt, Jochen Ziller 1972 Johann Wolfgang Goethe, Urfaust Kleist-Theater Frankfurt/Oder, Regie: Klaus Tews 25. März 1972 Rudi Strahl, In Sachen Adam und Eva Landesbühnen Sachsen, Regie: Klaus Tews 10. Dezember 1972 Ulrich Plenzdorf, Die neuen Leiden des jungen W. Volksbühne, Theater im 3. Stock,Regie: Christoph Schroth

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14. Mai 1975 Konstantin Simonow, Aus den Notizen Lopatins Volkstheater Rostock, Regie: Jochen Ziller 31. Oktober 1975 Georg Büchner, Woyzeck Meininger Theater, Regie: Ulli Engelmann 11. Februar 1977 Gerhart Hauptmann, Die Ratten Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Klaus Piontek 4. April 1979 Wer zuletzt lacht, lacht am besten,Frank-Wedekind-Abend Das Ei, Berlin, Regie: Hasso von Lenski 21. September 1979 Ernst Toller, Der entfesselte Wotan Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 24. April 1981 Georg Büchner, Dantons Tod Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 30. September 1983 Bertolt Brecht, Die Rundköpfe und die Spitzköpfe Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 27. Oktober 1984 Christian Dietrich Grabbe, Herzog Theodor von Gothland Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 28. Oktober 1984 Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie auf Tauris Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang


31. Januar 1985 Friedrich Schiller, Don Karlos Münchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang 9. Mai 1985 Johannes R. Becher, Winterschlacht Vorspiel zur Winterschlacht/Heiner Müller (UA) Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 11. Januar 1986 Euripides, Medea Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 11. Januar 1986 Johann Wolfgang Goethe, Stella Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 17. Mai 1986 August Strindberg, Totentanz Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 28. März 1987 Jean Racine, Phädra Münchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang 29. März 1987 Heinrich von Kleist, Penthesilea Münchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang 20. Dezember 1987 Bernard-Marie Koltès, In der Einsamkeit der Baumwollfelder Münchner Kammerspiele, Regie: Alexander Lang 25. Februar 1989 Michael Reinhold Jakob Lenz, Der Hofmeister Thalia Theater Hamburg, Regie: Alexander Lang 5. November 1989 Peter Handke, Kaspar Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle 16. Februar 1990 Heiner Müller, Der Auftrag Schillertheater Berlin, Werkstatt, Regie: Carlos Medina

20. März 1991 Molière, Don Juan oder Der steinerne Gast Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle 16. Oktober 1991 Samuel Beckett, 5 Stücke Münchner Kammerspiele, Regie: Hans-Joachim Ruckhäberle 10. März 1992 Volker Braun, Böhmen am Meer Schillertheater Berlin, Regie: Thomas Langhoff 22. Dezember 1992 Alexander N. Ostrowski, Der Wald Deutsches Theater Berlin, Regie: Thomas Langhoff 19. Juni 1993 Gioachino Rossini, Il Barbiere di Siviglia Stuttgarter Staatsoper, Regie: Beat Fäh, Dirigent: Gabriele Ferro 11. Dezember 1993 Pierre Corneille, Der Cid Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 25. Juni 1994 Lope de Vega, Der hat uns noch gefehlt Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, Regie: Katja Paryla 5. August 1995/19. August 1995 Kurt Weill/Bertolt Brecht, Die 3-Groschen-Oper Bregenzer Festspiele/Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 17. Dezember 1995 William Shakespeare, Der Widerspenstigen Zähmung Deutsches Theater Berlin, Regie: Johanna Schall, Bühne: Philipp Stölzl, Kostüme: Volker Pfüller 6. Juni 1996 Sophokles, König Ödipus Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang

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13. Oktober 1996 Carl Maria von Weber, Der Freischütz New Israeli Opera, Tel Aviv, Regie: Thomas Langhoff, Dirigent: Garry Bertini

29. April 2006 Heinrich von Kleist, Der zerbrochne Krug Landesbühnen Sachsen, Radebeul, Regie: Alexander Stillmark

26. Februar 1997 Tankred Dorst, Die Legende vom armen Heinrich (UA) Münchner Kammerspiele, Regie: Jens-Daniel Herzog

9. Februar 2008 Hans Fallada, Kleiner Mann, was nun? Schauspielhaus Neustrelitz, Regie: Alexander Stillmark

7. März 1998 Lina Wertmüller, Gianni, Ginetta und die anderen (DEA) Bremer Theater, Regie: Johanna Schall

30. April 2011 Charles Lewinsky, Freunde, das Leben ist lebenswert Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

13. September 1998 William Shakespeare, Othello Deutsches Theater Berlin, Regie: Alexander Lang 23. Juni 1999 Claude Debussy, Pelleas und Melisande Teatro del maggio musicale Fioretino, Florenz, Regie: Dieter Dorn, Dirigent: Giuseppe Sinopoli 5. Februar 2000 Carlo Goldoni, Der Diener zweier Herren Theater Erfurt, Regie: Jörg Hube 18. März 2000 Phyllis Nagy, The Strip Schloßtheater Dresden, Regie: Johanna Schall

6. April 2013 Euripides/Schiller, Iphigenie Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark 20. Juni 2014 William Shakespeare, Viel Lärm um nichts Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark 17. September 2016 Eins, zwei, drei im Sauseschritt, Ein Wilhelm-BuschAbend Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

20. März 2001 Molière, Der Tartuffe Landestheater Linz, Regie: Jörg Hube

18. November 2017 Ein Wiesel saß auf einem Kiesel, Ein Christian-Morgenstern-Abend Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

23. Mai 2001 Herbert Asmodi, Geld Münchner Volkstheater, Regie: Jörg Hube

23. November 2018 Reise, Reise, Ringelnatz, Ein Ringelnatz-Abend Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

17. April 2003 Edward Bond, Die Frau Landestheater Linz, Regie: Gerhard Willert

7. September 2019 Leben ist immer lebensgefährlich, Sirenengesänge von Erich Kästner Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark

15. November 2003 Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie Stadttheater Heilbronn, Regie: Alexander Stillmark 31. März 2006 Rolf Hochhuth, Eine Liebe in Deutschland theater 89, Berlin, Regie: Hans-Joachim Frank

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25. Februar 2012 Der Zauberlehrling und sein Handschuh, Balladenabend (Goethe/Schiller) Theater Rudolstadt, Regie: Alexander Stillmark


Mit freundlicher Unterstützung der Hans-Meid-Stiftung und der Akademie der Künste, Berlin

Volker Pfüller Bilderlust Herausgegeben von Stephan Dörschel © dieser Ausgabe Theater der Zeit, 2019 © die Autoren Texte und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich im Urheberrechts-Gesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeisung und Verarbeitung in elektronischen Medien. Verlag Theater der Zeit Verlagsleiter Harald Müller Winsstraße 72 | 10405 Berlin | Germany www.theaterderzeit.de

Lektorat: Erik Zielke Layout, Satz, Bildbearbeitung: www.mahlke.one Printed in Germany ISBN 978-3-95749-234-0 (Paperback) ISBN 978-3-95749-273-9 (ePDF)




Die Bildsprache Volker Pfüllers ist die Sprache des Theaters: in seiner Vielfalt und in seiner Expressivität. Er ist anerkannt als Grafiker, Plakatkünstler, Buchgestalter, Schriftsteller – und nicht zuletzt als Bühnen- und Kostümbildner. Seit über fünfzig Jahren gestaltet er unverwechselbare Ausstattungen, meist sowohl Bühnen- als auch Kostümbild. Legendär war seine Zusammenarbeit mit dem Regisseur und Schauspieler Alexander Lang am Deutschen Theater im Berlin der 1980er Jahre. „Volker Pfüller – Bilderlust“ erscheint anlässlich des 80. Geburtstags des Künstlers und dokumentiert in großformatigen Fotografien die Vielseitigkeit seiner Bilderfindungen anhand seiner Entwürfe für Bühne und Kostüme, für Theaterplakate und Programmhefte. Mit Beiträgen von Friedrich Dieckmann, Thomas Glöß, René Grohnert, Christoph Ruckhäberle und Stephan Dörschel.


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