Setting the Stage – 17 stage designers in portrait

Page 1

Arbeitsbuch 2015 • Heft Nr. 7/8

deutsch

e   nglish

EUR 24,50 / www.theaterderzeit.de

Setting the

Stage Katrin Brack Aleksandar Denić Barbara Ehnes Christoph Ernst Mona el Gammal Muriel Gerstner Stefan Hageneier Katja Haß Signa Köstler Annette Kurz Stéphane Laimé Mark Lammert Florian Lösche Bettina Meyer Bert Neumann Jan Pappelbaum Kris Verdonck

Vol. Vol.22


Stücke

41. Mülheimer Theatertage NRW

7. – 28. Mai

Festival deutschsprachiger Gegenwartsdramatik Die Stücke eines Jahres im Wettbewerb um den Mülheimer Dramatikerpreis

www.stuecke.de

www.serres-design.de

2016 Gefördert von der LEONHARD-STINNES-STIFTUNG und der BEAUFTRAGTEN DER BUNDESREGIERUNG FÜR KULTUR UND MEDIEN


impulstanz

14 J u

Fest

ival

ly · 2 1:30

Ope Mus ning eum s Qua entr ance rtier free

Vienna International Dance Festival

Fokus Österreichische Choreografie

Tanz und Performance im Museum

Mehr als 15 Uraufführungen

Mehr als 15 Welt- und Europapremieren

Akademietheater

mumok – Museum moderner Kunst Performances & aktionen von Ivo Dimchev (BG) Alix Eynaudi (AT/BE/FR) & Mark Lorimer (BE/UK) Miguel Gutierrez (US) Keith Hennessy (US/CA) Anne Juren (AT/FR) Jennifer Lacey (FR/US) Ko Murobushi (JP) Antony Rizzi (DE/US) Mårten Spångberg (SE) Akemi Takeya (AT/JP) and many more

Tanztheater Wien (AT) Konservatorium Wien (AT) Odeon Serapions Ensemble (AT) Elisabeth B. Tambwe (AT/FR/CD) Christine Gaigg / 2nd nature (AT) Simon Mayer (AT) Kasino am Schwarzenbergplatz Amanda Piña & Daniel Zimmermann / nadaproductions (AT/CL/CH) Florentina Holzinger (NL/AT) & Vincent Riebeek (NL) Akemi Takeya (AT/JP) Schauspielhaus Saskia Hölbling (AT) Barbara Kraus (AT) Katherina Zakravsky (AT) WUK Ian Kaler (AT) Grelle Forelle Doris Uhlich (AT) Arsenal Elio Gervasi (AT)

16 July— 16 august 2015

21er Haus Performances von Christine Gaigg / 2nd nature & netzzeit (AT) Philipp Gehmacher (AT) Anne Juren (AT/FR)

www.impulstanz.com +43.1.523 55 58

With the support of the Culture Programme of the European Union

Olaf Osten + Katharina Gattermann

Weltmuseum Wien Performances & Installationen von Claudia Bosse / theatercombinat (AT/DE) Padmini Chettur (IN) Magdalena Chowaniec (AT/PL) & Mani Obeya (AT/UK) contact Gonzo (JP) Choy Ka Fai (UK/SG) Rani Nair (SE/IN) Oleg Soulimenko (AT/RU) Superamas (AT/BE/FR) and many more


Arbeitsbuch 2015 Herausgegeben von Mirka DĂśring & Ute MĂźller-Tischler


Setting the

Stage Katrin Brack Aleksandar Denić Barbara Ehnes Mona el Gammal Christoph Ernst Muriel Gerstner Stefan Hageneier Katja Haß Signa Köstler Annette Kurz Stéphane Laimé Mark Lammert Florian Lösche Bettina Meyer Bert Neumann Jan Pappelbaum Kris Verdonck

VVol. ol. 22


4

VORWORT Das Bühnenbild kann alles. Es ist immer weniger eindeutig. Ob Performanceinstallationen von Kris Verdonck, Open-World Settings von Signa Köstler (SIGNA) oder Narrative Spaces bei Mona el Gammal: Die klassische Vorstellung vom Theaterbild ist völlig aufgelöst, die Aufführungspraxis der Gegenwart ist längst geprägt von einer ausufernden Entgrenzung der Einzelkünste. ¶ Die Theaterzeitschrift Theater der Zeit verfolgt diese Entwicklungen seit Jahren in ihren Kunstinserts. Dort haben wir Bühnenkünstlerinnen und -künstler nach ihren Motivationen befragt, danach, was ihre Arbeitsweise und Zusammenarbeit mit den Regisseurinnen und Regisseuren bestimmt, wie ihre künstlerische ­Praxis im Theaterkontext aussieht. Eher heuristisch als mit einem Anspruch auf Vollständigkeit haben wir ­Gespräche geführt, sei es anlässlich aktueller Produk­ tionen oder sei es, weil die Künstler wegweisende Richtungen für die Theaterentwicklung einschlugen. Es sind vor allem diese Originaltöne der Künstler, die das diesjährige Arbeitsbuch von dem unterscheiden, das 1998 als „Bild der Bühne“ erschienen ist und solch prägende Künstler wie Robert Wilson, Achim Freyer, Jürgen Rose, Einar Schleef und Anna Viebrock vorstellte. In „Setting the Stage“ haben wir nun noch einmal die verschiedensten Künstlerpersönlichkeiten zusammengebracht, die uns deutlich machen, wie gleichzeitig absichtsvoll und zwangsläufig sich die künstlerischen Überlegungen im Modus eines sich immer radikaler und souveräner gebärdenden Selbstverständnisses im Gesamtkunstwerk Theater bewegen. ¶ Wenn Katrin Brack oder Katja Haß beispielsweise ihre Mittel so weit reduzieren, dass die Frage nach der Illusion auf der Bühne schlagartig zur Konstruktion neuer Kontexte führt, entstehen Spielsituationen von präziser Ästhetik, die dann von maßgebender Bedeutung für den Theatertext sind. ¶ Minimalistischer und in der Interpretation noch offener sind die Bühnenbilder von Mark Lammert, dem, frei nach Samuel Beckett, ein farbiges Objekt reicht. „Jede Skulptur bringt ihren eigenen Raum mit“, sagt er. Auch Barbara Ehnes begreift ihre Raumkörper ganz bildhauerisch als Objekte auf einer Drehbühne, als sichtbare, ganzheitliche Gesamtform. ¶ „Die Räume verändern im Laufe der Inszenierung oft ihre Aufgabe und somit auch ihre Konnotationen“, beschreibt Florian Lösche seine interaktiven Bühneninstallationen. Sie lösen sich auf zum Spielraum, werden zum Spielpartner und manchmal auch zum Gegner für die Darsteller; sie oszillieren in einer sich ständig verändernden Bezie-

EDITORIAL hung zueinander. ¶ Apokalyptisch und bildgewaltig baut Aleksandar Denić seine Bühnen, die an riesige Environments erinnern und voller detailgenauer Zeitgeschichte stecken. Anarchisch-absurd und erschreckend hyperreal wird es dann, wenn sich in seinen Theater­räumen die geografischen Spielorte überlagern und die Ko-Regie von Frank Castorf übernehmen. ¶ „Dass Zuschauer wie in der Kirche angenagelt auf ihren Plätzen sitzen und in andächtiger Stille über sich ergehen lassen müssen, was sich irgendwelche Theaterleute ausgedacht haben“, hält Christoph Ernst für ein „obsoletes Geschäftsmodell“. Für ihn sind Räume Startrampen, um so etwas wie eine soziale Plastik herzustellen, in die ausnahmslos alle involviert sind, auch die Zuschauer. Jan Pappelbaum will seine Bühnenbilder grundsätzlich nicht vor einer feststehenden Zuschauersituation entwickeln. Er spricht über die Kommunikation der Schauspieler mit den Zuschauern, seine Shakespeare-Bühnen und deren schwebende Zeitlosigkeit. Auch Annette Kurz erzählt von ihrem „Archiv Kunstgeschichte“, das ihr als anregender Materialfundus dient, wenn sie Bilder in ihren Bühnen verdichtet. ¶ Für Stefan Hageneier ist „Theater keine zeitlose Kunst“, sondern erwirbt seine Berechtigung durch inhaltliche und ästhetische Erneue­ rung. Aber „wenn man mit Schnürboden und Unterbühne arbeitet, zitiert man immer auch christliche Ikonografie, auch wenn vordergründig keine Glaubens­ fragen behandelt werden“. Auch Muriel Gerstner hat große Denkfiguren im Kopf. Ihre Bühnenbilder sind geprägt von Erzählungen, die sie genauso in historischen Bildallegorien wie in den Bedeutungsebenen von Sprache findet. Sie spricht über ein Prinzip des ­Barocks, das sie anwendet, weil sie Bild und Text nicht „prima vista“ zuordnen will, sondern vielmehr assoziativ fließen lässt. ¶ Bevor ihre poetischen Bühnen ent­ stehen, taucht Bettina Meyer in den visuellen Schacht und holt dort „wie aus dem 3D-Drucker“ Entwürfe heraus. „Wenn man entwirft, fängt man immer wieder bei null an“, sagt sie und stimmt darin mit Stéphane Laimé überein, für den die Schaffung eines Raumes jedes Mal ein Wagnis ist: „Ich stehe bei jedem Stück erst einmal ganz ahnungslos da.“ ¶ Für Bert Neumann ist Theater dezidiert politisch, wenn er es beschreibt als „eine ­kollektive Kunstform; im selbstbestimmten, nicht ­hierarchischen Zusammenwirken von Künstlern mit verschiedenen Talenten entsteht im besten Falle etwas, was keiner von ihnen allein oder in anderer Konstel­ lation hätte machen können.“ Gerade in diesem M ­ odell


E DITORIAL

5

VORWORT

becoming less distinct all the time. Whether it’s the performance installations of Kris Verdonck, open world settings of Signa Köstler (SIGNA), or the narrative spaces of Mona el Gammal, the classic conception of the theatre set has broken down completely, with contemporary performance practice long distinguished by the free flow of individual disciplines across boundaries. ¶ The theatre magazine Theater der Zeit has been following these developments for some years now in its “Kunstinserts”. There we asked stage designers about their motivation, their working methods, the way they collaborate with directors, how their artistic practice unfolds in a theatre context. With a heuristic approach eschewing any claim to completeness, we promoted discussion, whether it was to mark a new production or because the artists in question were breaking new ground in the development of ­theatre. More than anything it is these direct statements from the artists which distinguish this workbook from the 1998 “Bild der Bühne”, which presented such influential artists as Robert Wilson, Achim Freyer, Jürgen Rose, Einar Schleef and Anna Viebrock. In “Setting the Stage” we have once again brought together the most diverse artistic personalities; collectively they demonstrate how artistic considerations – at once purposeful and inevitable – function in the mode of an increasingly radical and confident self-conception of the the­ atre as gesamtkunstwerk. ¶ When Katrin Brack and Katja Haß, for example, reduce their means to such an extent that the quest for stage illusion suddenly allows entirely new contexts to arise, it results in performance situations of a precise aesthetic, with major significance for the text. ¶ If anything, Mark Lammert’s sets are even more minimalistic, even freer in their interpret­ ation, perhaps using nothing more than a coloured ­object for a loose adaptation of Beckett. As he says: “Every sculpture brings its own space with it”. Barbara Ehnes, too, has a highly sculptural conception of her spaces as objects on a revolving stage, as visible, integrated forms, complete in and of themselves. ¶ “Over the course of a production the role of the ­spaces often changes, and with it their connotations,” says Florian Lösche in describing his stage installations. They dissolve into performance spaces, become partners in performance, at times even opponents of the

actors; they oscillate in their constantly shifting relations to each other. ¶ Aleksandar Denić’s sets are apocalyptic and visually powerful, bringing to mind enormous e ­ nvironments and crammed full of contemporary ­history in intricate detail. Things take a turn for the ­anarchic, absurd and shockingly hyper-real when geographic performance locations overlap and his theatre spaces become a directorial rival to Frank Castorf. ¶ Christoph Ernst regards the fact that “the audience sits there nailed to their seats like they’re in church, in ­contemplative silence, letting anything that a bunch of theatre people can think up wash over them”, as an “obsolete business model”. Instead he sees spaces as launch pads which transform into something akin to a social sculpture which involves everyone concerned, even the audience. Jan Pappelbaum is highly disinclined to develop sets for a fixed audience format. Here he talks about communication between actors and audiences, his Shakespeare sets and their sense of suspended timelessness. And Annette Kurz talks about her “archive of art history” that serves as an inspirational cache of material when it comes to condensing images for her sets. ¶ For Stefan Hageneier, “theatre isn’t a timeless art form”, rather it stakes its claim anew through textual and aesthetic regeneration. But “when you work with flies and the under-stage area, you’re always quoting from Christian iconography, even when you are not ostensibly dealing with questions of faith”. And Muriel Gerstner, too, conjures with major figures of thought. Her sets are characterised by stories drawn as much from historical visual allegory as different levels of linguistic meaning. She talks about a principle from the Baroque which allows images and text to flow in an associative way rather than assigning primacy to either. ¶ For her poetic sets, Bettina Meyer descends into the mineshaft of imagery, retrieving her designs “as if from a 3D printer”. “When you design, you always begin again at zero”, she says, echoing Stéphane Laimé’s claim that each new space entails risk. “With every play I just stand there without a clue to begin with.” ¶ For Bert Neumann, theatre is decidedly polit­ ical, something he describes as “a collective art form, and in the ideal scenario a self-determined, non-hier­ archical collaboration of artists with various talents produces something which none of them could have done alone or in any another configuration.” It is in precisely this model of collaboration that the “great power of theatre resides. So it’s not about the means, it’s about the production conditions, that’s what you have to take care of if theatre is to continue.” Mirka Döring Ute Müller-Tischler

der Zusammenarbeit liege die „große, zukunftsweisende Potenz von Theaterarbeit. Es geht also nicht um Mittel, es geht um Produktionsbedingungen; um die muss man sich kümmern, wenn das Theater weiter­ leben soll.“ Stage design can do anything. It’s


6

INHALT KATRIN BRACK

CONTENT dame“ am Odéon-Théâtre de l’Europe Paris, „Amerika“ am

„Baal“ am Münchner Residenz­

ter Wien. Erste eigene Arbeiten schuf sie für Inszenierungen von

theater oder „Pastor Ephraim

Alfred Kirchner und Matthias Langhoff. Anfang der 90er Jahre be-

Magnus“ am Deutschen Schau-

gann eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Regisseur Luk

spielhaus Hamburg.

Perceval, zu Beginn der Nullerjahre auch mit Dimiter Gotscheff.

Aleksandar Denić was born in

2004, 2005 und 2007 wurde Katrin Brack in der Kritikerumfrage der

Belgrade in 1963, where he under­

Zeitschrift Theater heute zur Bühnenbildnerin des Jahres gewählt,

took a study program in film and

jeweils für Arbeiten mit Gotscheff („Der Kampf des Negers und der

set design at the applied arts

Hunde“, „Iwanow“ und „Tartuffe“). 2006 erhielt sie den Theaterpreis

fac­ulty of the University of Arts. In

Der Faust für ein Bühnenbild aus purem Nebel, entstanden für die

1987 he received his first profes­

Inszenierung „Iwanow“ in der Volksbühne am

sional engagement in film as production designer, and as a stage

Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, Regie wiede-

designer for the theatre in 1987. Since then he has worked on nu­

rum Dimiter Gotscheff. Im Jahr 2007 wurde

merous theatre and film productions throughout the world, including

ihr der Nestroy-Theaterpreis verliehen. Seit

Emir Kusturica’s “Underground” (1995). He has received numerous

2009 ist Katrin Brack Professorin für Bühnen-

awards for his theatre, film and architectural work and was nomin­

bild an der Akademie der Bildenden Künste

ated for an Emmy Award in 2006. In 2010 he was named Professor

München. Außerdem ist sie Mitglied der

of Film, TV and Set Design at the Megatrend University in Belgrade,

Deutschen Akademie der Darstellenden

and since 2011 he has been a member of Serbia’s National Council

Künste.

for Culture. He has worked with Frank Castorf on numerous pro­

Katrin Brack was born in

1958 and studied at the Düsseldorfer

ductions, including “The Lady of the Camellias” at the Odéon-Théâtre

Kunstakademie under Karl Kneidl from 1978

de l’Europe in Paris, “Amerika” at the Schauspielhaus Zurich, “The Duel”

to 1984. She then worked as assistant to

at the Volksbühne Berlin, Wagner’s “Ring” cycle for the Bayreuther

Karl-Ernst Herrmann at the Schauspielhaus in

Festspiele, “Baal” at Munich’s Residenztheater and “Pastor Ephraim

Bochum under the direction of Claus Pey­

Magnus” at the Deutsches Schauspielhaus in Hamburg.

mann, with whom she went to the Vienna

Seite/ page 22

Burgtheater in 1986. The first works under her own name came with productions by Alfred Kirchner and Matthias Langhoff. In the

BARBARA EHNES

Foto Ries / Kapitzky

early 90s she began an on-going collabor­ ation with the director Luk Perceval, and

studierte freie Kunst in Amsterdam und Hamburg sowie Bühnenbild

additionally with Dimiter Gotscheff in the

bei Wilfried Minks und Marina Abramović an der Hochschule für

early years of the millennium. Critics’ surveys

bildende Künste Hamburg sowie Theater- und Literaturwissen-

in trade journal Theater heute singled out Katrin Brack as set designer

schaften an der dortigen Universität. Mit großer Kontinuität arbeitet

of the year in 2004, 2005 and 2007, each time for collaborations

sie seit 2001 mit dem Regisseur Stefan Pucher zusammen, einige

with Gotscheff (“Black Battles with Dogs”, “Ivanov” and “Tartuffe”). In

ihrer Arbeiten wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen, darun-

2006 she received the theatre award Der Faust for her stage design

ter 2008 „Der Sturm“, 2005 „Othello“ und „Homo faber“ sowie

constructed purely out of fog for Gotscheff’s production of “Ivanov”

2003 „Richard III.“. Weitere künstlerische Partner sind u. a. Stefan

at the Volksbühne on Berlin’s Rosa-Luxemburg-Platz. In 2007 she

Bachmann, Sebastian Baumgarten, Calixto Bieito, Schorsch Kame-

received the Nestroy Theatre Prize. Katrin Brack has been Professor

run, Lars-Ole Walburg, Jossi Wieler/Sergio Morabito und die Cho­

of Stage Design at the Academy of Fine Arts Munich since 2009. She

reografin Meg Stuart. Barbara Ehnes arbeitet an vielen deutschen

is also a member of the German Academy of Performing Arts.

und internationalen Theaterhäusern. Darüber hinaus kreiert sie in

Seite /p   age 12

den letzten Jahren Performances und Installationen, wie 2009 „Istanbul Transgelinler“ und „Die

ALEKSANDAR DENIĆ

schwarze Botin – remastered and remistressed 2013“ bei den Wiener Festwochen. Von 2001 bis

geboren 1963 in Belgrad, wo er den Studiengang für Film- und

2009 war sie in der Intendanz von

Setdesign an der Fakultät für Angewandte Kunst der Universität der

Frank Baumbauer im künstleri-

Künste in Belgrad absolvierte. 1987 erhielt er sein erstes professio­

schen Leitungsteam der Münch-

nelles Engagement im Film als Produktionsdesigner und 1988 als

ner Kammerspiele. Sie wurde

Bühnenbildner am Theater. Seitdem hat er an zahlreichen Theater-

2005 mit dem deutschen Bühnen-

und Filmproduktionen in der ganzen Welt mitgewirkt, u. a. an Emir

preis Opus ausgezeichnet. Ge-

Kusturicas „Underground“ (1995). Er erhielt verschiedene Auszeich-

meinsam mit Chris Kondek erhielt

nungen für Theater, Film und Architektur und wurde 1996 für den

sie 2012 den deutschen Theater-

Emmy Award nominiert. Seit 2010 ist er Professor für Film, TV und

preis Der Faust. Seit 2011 ist Barbara

Bühnenbild an der Megatrend-Universität in Belgrad, seit 2011 Mit­

Ehnes Professorin an der Hoch-

glied des Nationalen Kulturrates von Serbien. Mit Frank Castorf

schule für Bildende Künste Dres-

erarbeitete er zahlreiche Inszenierungen, darunter „Die Kamelien­

den. Sie lebt in Berlin.

Seite 4 Seite 182 Seite 192

gen“ für die Bayreuther Festspiele,

Intendanz von Claus Peymann. Mit ihm ging sie 1986 ans Burgthea-

Vorwort / Editorial Autoren / Contributors Impressum / Imprint

Wagners „Der Ring des Nibelun-

von Karl-Ernst Herrmann am Schauspielhaus Bochum unter der

Foto Matthias Horn

Duell“ an der Volksbühne Berlin,

Kunstakademie bei Karl Kneidl. Anschließend wurde sie Assistentin

Foto Thomas Aurin

Schauspielhaus Zürich, „Das

geboren 1958, studierte von 1978 bis 1984 an der Düsseldorfer


Foto Muriel Gerstner

Barbara Ehnes studied liberal arts in Amster­ dam and Hamburg, stage design under Wilfried Minks and Marina Abramović at the University of Fine Arts in Hamburg, as well as theatre and literary studies at the city’s main university. Since 2001 she has developed a highly consistent working relationship with

7

Stuttgart, Staatstheater Hannover, Deutsches Schauspielhaus Hamburg, Salzburger Festspiele, Ruhrtriennale und Münchner Kammerspiele. Zuletzt arbeitete sie neben Sebas-

director Stefan Pucher, a number of her

tian Nübling mit Barbara

works having been invited to the Berliner

Frey, Karin Henkel und

Theatertreffen including “The Tempest” in

Johan Simons zusammen.

2008, “Othello” and “Homo faber” in 2005

2002 wurde sie in der

and “Richard III” in 2003. Other artistic part­

Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Theater heute

ners include Stefan Bachmann, Sebastian Baumgarten, Calixto Bieito, Schorsch Kamerun, Lars-Ole Walburg,

zur Nachwuchsbühnenbildnerin des Jahres gekürt, 2006 zur Bühnen-

Jossi Wieler/Sergio Morabito and choreographer Meg Stuart. Barbara

bildnerin des Jahres. 2007 nahm sie mit der Arbeit „Zu bösen Häu-

Ehnes works with numerous German and international theatre

sern gehen“ als Vertreterin der Schweiz an der XI. Prager Quadriennale

companies. In recent years she has additionally created perform­

für Bühnenbild und Theaterarchitektur teil.

ances and installations, such as “Istanbul Transgelinler” in 2009 and

was born in Basel (Switzerland) in 1962, taking up theatre painting

“Die schwarze Botin – remastered and remistressed 2013” for the

studies at the Stadttheater in Bern before studying stage design under

Wiener Festwochen. From 2001 to 2009 she was part of the artistic

Axel Manthey in Vienna, later assisting him at the Staatsoper Stuttgart.

team of the Münchner Kammerspiele under intendant Frank Baum­

She has worked as a freelance stage and costume designer since 1990.

bauer. In 2005 she was awarded the German stage prize Opus.

In 2000 she joined forces with director Sebastian Nübling and the

Together with Chris Kondek she received the German theatre prize

musician Lars Wittershagen to form a production team which has worked

Der Faust in 2012. Barbara Ehnes has been a professor at the Acad­

together continuously ever since. The trio has worked on more than

emy of Fine Arts Dresden since 2011. She lives in Berlin.

40 projects together. Milestones in Muriel Gerstner’s working life include

Seite/ page 32

Theater am Neumarkt Zurich, Theater Basel, Schauspielhaus Zurich,

Muriel Gerstner

CHRISTOPH ERNST

C ONTENT

Staatsoper and Schauspiel Stuttgart, Staatstheater Hanover, Deutsches Schauspielhaus Hamburg, Salzburger Festspiele, Ruhrtriennale and Münchner Kammerspiele. She has recently collaborated with Barbara Frey, Karin Henkel and Johan Simons. In critics’ surveys for trade journal Theater heute she was named young stage designer of the year in 2002, Switzerland at the 11th Prague Quadrennial of Performance Design

dierte Architektur und Stadtplanung

and Space with her work “Zu bösen Häusern gehen”.

an der Gesamthochschule Kassel.

INHALT

and stage designer of the year in 2006. In 2007 she represented

geboren in Frankfurt am Main, stu-

Seite/ page 52

Seit 1998 arbeitet er als freier Bühnen- und Kostümbildner in Oper und Schauspiel, u. a. mit den Regisseurin-

STEFAN HAGENEIER

Michael von zur Mühlen, Katka Schroth,

geboren 1972 in Oberammergau, war als Bühnen- und Kostümbild-

Marcus Lobbes und Markus Heinzel-

ner an vielen renommierten Bühnen wie dem Wiener Burgtheater,

mann, an Häusern wie dem Theater

der Berliner Schaubühne und den Staatsopern München und Ham-

Bonn, dem Nationaltheater Mannheim, dem Schauspiel Dortmund,

burg tätig. Von 2001 bis 2011 war er Ausstattungsleiter am Bayerischen

dem Theater Freiburg, dem Theater Basel, am Deutschen Theater

Staatsschauspiel. Eine lang-

Göttingen, dem Deutschen Nationaltheater Weimar und an der

jährige Arbeitsbeziehung

Christoph Ernst was born in Frankfurt

verbindet ihn mit dem Regis-

and studied architecture and urban planning at the Gesamthoch-

seur Christian Stückl. Für die

schule Kassel. He has been active as a freelance stage and costume

Passionsspiele Oberam-

designer in opera and drama since 1998, collaborating with such

mergau entwirft er seit dem

directors as Thirza Bruncken, Michael von zur Mühlen, Katka Schroth,

Jahr 2000 die Bühnenbilder

Marcus Lobbes and Markus Heinzelmann, working in venues like

und Kostüme. Seit 2011 ist

Theater Bonn, Nationaltheater Mannheim, Schauspiel Dortmund,

Stefan Hageneier Professor

Theater Freiburg, Theater Basel, Deutsches Theater in Göttingen,

für Bühnen- und Kostümbild

Deutsches Nationaltheater Weimar and Berlin Staatsoper.

an der Kunsthochschule

Staatsoper Berlin.

Seite/ page 42

Berlin-Weißensee. Stefan Hageneier was born in

MURIEL GERSTNER

Oberammergau in 1972, has served as stage and costume designer for such prestigious

geboren 1962 in Basel (Schweiz), studierte nach einer Theatermaler-

houses as Vienna’s Burgtheater,

lehre am Stadttheater Bern Bühnenbild bei Axel Manthey in Wien,

Berlin’s Schaubühne and the

dem sie auch an der Staatsoper Stuttgart assistierte. Seit 1990 arbeitet

respective Staatsopers in

sie als freie Bühnen- und Kostümbildnerin. 2000 bildete sie mit dem

Munich and Hamburg. From 2001 to 2011 he was head of decor at the

Regisseur Sebastian Nübling und dem Musiker Lars Wittershagen

Bayerisches Staatsschauspiel. He has enjoyed a long working relation­

ein Produktionsteam, das seitdem kontinuierlich zusammenarbeitet.

ship with director Christian Stückl. He has designed sets and costumes

Mehr als 40 gemeinsame Arbeiten sind entstanden. Wichtige Statio-

for the Oberammergau Passion Plays since 2000. Stefan Hageneier

nen von Muriel Gerstner sind das Theater am Neumarkt Zürich, das

was appointed Professor of Stage and Costume Design at the Berlin

Theater Basel, Schauspielhaus Zürich, Staatsoper und Schauspiel

Weißensee School of Art in 2011.

Seite/ page 62

Foto Christopher Thomas

Foto Christoph Ernst

nen und Regisseuren Thirza Bruncken,


KATJA HAß

8

ten, begann Köstler, sich selbst inmitten der Installationen und des Publikums zu platzieren. Ihre oft kontroversen Themen und die radikale Form brachten Köstler Anerkennung als eine der führenden

geboren 1968 bei Krefeld, absolvierte ihre Ausbildung bei Erich

Performancekünstlerinnen in Europa. 2004 gründete sie gemeinsam

Wonder in Wien. Anschließend arbeitete sie zwei Jahre lang als

mit Arthur Köstler das Performancekollektiv SIGNA. Köstler wurde

Bühnenbildassistentin

drei Mal für den dänischen Reumert-Theaterpreis nominiert (für

von Anna Viebrock am

„Ventestedet“, 2015; „Salò“, 2010 und „Seven Tales of Misery“, 2006).

Hamburger Schauspiel-

2008 wurde SIGNA mit „Die Erscheinungen der Martha Rubin“ zum

haus und entwarf dort die

Berliner Theatertreffen eingeladen; 2006 erhielt sie den Danske

Bühnen für Christoph

Sceneinstruktørers Hæder-Preis und 2005 den Bisballe-Preis. Signa

Marthalers Projekt „Sucht-

ist mit Arthur Köstler verheiratet und lebt in Kopenhagen.

Lust“ und für Werner

Signa Köstler, née Sørensen, was born in Århus, Denmark in 1975. After

Schroeters Inszenierung

completing studies in art and film history as well as media studies at

von „Der Menschenfeind“.

the University of Copenhagen, she began experimenting with installa­

Von 1996 bis 2000 war

tions. She initially financed her projects by working as a “champagne

sie feste Bühnenbildnerin am Staatstheater Stuttgart. Seither arbeitete sie regelmäßig mit Stephan u. a. dem Deutschen Theater Berlin, den Münchner Kammerspielen oder dem Schauspiel Frankfurt. Katja Haß war von 2000 bis 2002 Atelierleiterin am Thalia Theater Hamburg und entwarf Bühnenbilder und auch Kostüme für die Regisseure Stephan Kimmig und Martin Kušej. 2007 wurde sie mit dem Karl-Schneider-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg ausgezeichnet und erhielt 2008 gemeinsam mit dem Regisseur Stephan Kimmig den 3sat-Innovationspreis für zukunftsweisende Leistungen im Deutschen Schauspiel für ihr Bühnenbild für „Maria Stuart“. In den Spielzeiten 2009/10 und 2010/11 war sie Atelierleiterin am Deutschen Theater Berlin. Insgesamt wurden fünf Produktionen zum Berliner Theatertreffen eingeladen, bei denen Katja Haß das Bühnenbild entworfen hat. Sie entwickelt nicht nur Bühnenbilder für das Sprechtheater, sondern auch für Opern („Don Giovanni“, 2009 an der Bayerischen Staatsoper; „Die tote Stadt“, 2009 an der Oper Frankfurt und „Die Passagierin“, 2015 ebenfalls an der Oper Frankfurt).

Katja Haß was born near Krefeld in 1968 and studied

under Erich Wonder in Vienna. She subsequently worked for two years as stage design assistant to Anna Viebrock at the Schauspielhaus Hamburg, designing sets for Christoph Marthaler’s project “Suchtlust” and Werner Schroeter’s production of “The Misanthrope”. From 1996

girl” in nightclubs. This experience inspired and influenced her future

to 2000 she worked full-time as a set designer at the Staatstheater

work. To test the boundaries of proximity and intimacy, Köstler began

Stuttgart. Since then she has worked regularly with Stephan Kimmig at

placing herself in the middle of her installations and the viewing public.

such theatres as Deutsches Theater Berlin, Münchner Kammerspiele

Her often controversial themes and their radical expression singled

and Schauspiel Frankfurt. Katja Haß was the head of studio at the

Köstler out as one of the leading performance artists in Europe. In

Thalia Theater Hamburg from 2000 to 2002 and designed sets as well

2004 she established the performance collective SIGNA with Arthur

as costumes for the directors Stephen Kimmig and Marin Kušej. In

Köstler. She has been nominated for Denmark’s Reumert theatre prize

2007 she received the City of Hamburg’s Karl Schneider Prize and in

a total of three times (for “Ventestedet”, 2015; “Salò”, 2010 and “Seven

2008 she was a joint recipient of the 3Sat Innoviation Prize along with

Tales of Misery”, 2006). In 2008 SIGNA was invited to bring “Die Er­

director Stephan Kimmig, recognising her set design for “Maria Stuart”.

scheinungen der Martha Rubin” to the Berliner Theatertreffen; in 2006

She was head of studio at the Deutsches Theater Berlin, for the

she received the Danske Sceneinstruktørers Hæder prize and the

2009/10 and 2010/11 seasons. Katja Haß has designed sets for a total

Bisballe Prize in 2005. Signa is married to Arthur Köstler and lives in

of five productions which have appeared at the Berliner Theatertreffen.

Copenhagen.

Seite/ page 90

She not only designs sets for the spoken theatre, but also for opera (“Don Giovanni”, 2009, at Bayerische Staatsoper; “Die tote Stadt”, 2009 and “The Passenger”, 2015, both for Oper Frankfurt).

MONA EL GAMMAL

Seite/ page 72

geboren 1986 in Bochum, studierte Szenografie an der Hochschule

SIGNA KÖSTLER

für Gestaltung Karlsruhe (HfG) bei Penelope Wehrli, Henning Fülle u. a. Hier entstanden erste Gruppenprojekte, Entwicklungen und Realisierungen zu Narrative Spaces. Assistenzen führten Mona el

geborene Sørensen, wurde 1975 in Århus, Dänemark, geboren. Nach

Gammal u. a. an die Volksbühne und die Neuköllner Oper in Berlin,

dem dualen Abschluss in Kunst- und Filmgeschichte sowie Medien-

ans Nordharzer Städtebundtheater in Halberstadt und die National-

wissenschaften an der Universität Kopenhagen begann sie, mit

galerie Berlin. Außerdem arbeitete sie in Barcelona mehrfach mit La

Installationen zu experimentieren. Zunächst finanzierte sie ihre Arbeit

Fura dels Baus, bei der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 und den Duisburger

mit einer Anstellung als sogenanntes Champagnermädchen in

Akzenten. Seit Sommer 2013 ist sie Bühnen- und Kostümbildnerin

Nachtklubs. Diese Erfahrungen inspirierten und beeinflussten ihre

sowie Performerin bei SIGNA. Der Narrative Space „Haus Nummer

zukünftige Arbeit. Um die Grenzen von Nähe und Intimität auszutes-

Null“ entstand als Diplominszenierung an der HfG. Er wurde 2013

Signa Köstler (li.) und Mona el Gammal. Foto Erich Goldmann

Foto Arno Declair

Kimmig an Theatern wie


Mona el

Gammal was born in Bochum in 1986, studied scenography at the Hochschule für Gestalgung (HfG; University of Arts and Design) in Karslruhe under Penelope Wehrli, Henning Fülle and others. This is where the first group projects, developments and implementations toward her narrative spaces came. Mona el Gammal has served in an assistant capacity for such companies as the Volksbühne and Neuköllner Oper in Berlin, the Nordharzer Städtebundtheater in Halberstadt as well as the Nationalgalerie in Berlin. She has also

„Viel Lärm um nichts“ (2007) und „Hamlet“ (2008) sowie Stefan Puchers „Tod eines Handlungsreisenden“ (2011), wofür Laimé bei der Kritikerumfrage der Zeitschrift Theater heute zum Bühnenbildner des

worked with Barcelona company La Fura dels Baus on numerous

Jahres gewählt wurde.

occasions, at the European Capital of Culture Ruhr. 2010 and the

Eine Zusammenarbeit

Duisberger Akzenten. Since summer 2013 she has been a stage and

verbindet ihn auch mit

costume designer as well as performer for SIGNA. She developed

den Regisseuren Karin

the narrative space “Haus Nummer Null” as her graduation produc­

Henkel, Autú Romero

tion at the HfG. The work was recognised by the Cologne Theatre

Nunes und Matthias

Prize in 2013 and included in the Berliner Theatertreffen’s Stücke­

Hartmann. 2007 erhielt

Seite/ page 90

Kostümbild in Paris und Straßburg, bevor sie als Ausstattungsassistentin zurück nach Hamburg ging.

2008 den deutschen Bühnenpreis Opus.

Stéphane Laimé was born in Brittany

(France) in 1966, worked in film set construction before meeting theatre director Klaus Michael Grüber in Paris and subsequently taking up a position as assistant stage designer at the Schaubühne Berlin. In the 90s he met Jan Bosse and has designed almost all of the

Sie entwarf u. a. für Luk Perceval,

director’s sets since their first collaboration, “Macbeth” in

Christiane Pohle und Sandra Strunz

Berlin (1997). Four productions in which Laimé has taken

die Bühnenräume. Ebenso stattete

part have been invited to the Theatertreffen: Jan Bosse’s

sie Opern- und Tanzproduktionen

“The Sorrows of Young Werther” (2007), “Much Ado about

von u. a. Christof Loy und Benedikt

Nothing” (2007) and “Hamlet” (2008) as well as Stefan

von Peter aus und war Gastdozen-

Pucher’s “The Death of a Salesman” (2011), for which Laimé

tin an verschiedenen Hochschulen.

was chosen as stage designer of the year in a critics’

2004 erhielt Annette Kurz für

survey for the journal Theater heute. He has collaborated

„Andromache“ und „Maria Stuart“,

with the directors Karin Henkel, Autú Romero Nunes

beides an der Berliner Schaubühne,

and Matthias Hartmann. In 2007 Laimé received the

den Friedrich-Luft-Preis. Seit der

Nestroy Theatre Prize (Vienna) and the German Stage

Spielzeit 2009/10 ist sie Ausstat-

Prize Opus in 2008.

Seite/ page 110

tungsleiterin des Thalia Theaters in Hamburg. 2013 wurde sie für „Jeder stirbt für sich allein“ mit dem

MARK LAMMERT

Theaterpreis Der Faust in der Kategorie Bühnenbild ausgezeichnet.

geboren 1960 in Ost-Berlin, studierte von 1979 bis 1986 Malerei an der Kunsthochschule Berlin-Weißen-

Annette Kurz was born in Hamburg in 1967 and studied visual

see. Von 1989 bis 1992 war er Meisterschüler an der

arts and stage and costume design

Akademie der Künste in Berlin. Lammerts Zeichnungen und Gemälde waren in zahlreichen nationalen und

in Paris and Strasbourg before returning to Hamburg as a stage design assistant. She has designed sets

internationalen Ausstellungen vertreten, zuletzt: „Notation. Kalkül und

for such directors as Luk Perceval, Christiane Pohle and Sandra Strunz.

Form in den Künsten“, Akademie der Künste, Berlin/ZKM Karls­ruhe,

She has also worked on opera and dance productions for Christof Loy

2008/09, und „Art of Two Germanys“, Los Angeles County Museum

and Benedikt von Peter, among others, and has served as a guest

of Art, 2009. 1993 schuf er seinen ersten Bühnenraum für Heiner

lecturer at a number of universities. In 2004 Annette Kurz received the

Müllers Inszenierung „Duell Traktor Fatzer“ am Berliner Ensemble.

Friedrich Luft Prize for two Schaubühne (Berlin) productions: “Andro­ mache” and “Maria Stuart”. Since the 2009/10 season she has been head of stage design at the Thalia Theater in Hamburg. In 2013 she received the theatre prize Der Faust in the stage design category for “Every Man Dies Alone”.

Seite/ page 100

STÉPHANE LAIMÉ geboren 1966 in der Bretagne (Frankreich), arbeitete als Handwerker beim Filmkulissenbau, bis er in Paris dem Theaterregisseur Klaus Michael Grüber begegnete und daraufhin als Bühnenbildassistent an die Berliner Schaubühne ging. In den 1990er Jahren lernte er den Regisseur Jan Bosse kennen, für den er seit der ersten Zusammen­ arbeit bei „Macbeth“ in Berlin (1997) bislang nahezu alle Bühnenbilder entworfen hat. Vier Inszenierungen, an denen Laimé beteiligt war, wurden zum Theatertreffen eingeladen: Jan Bosses „Die Leiden des

C ONTENT

geboren 1967 in Hamburg, studierte Bildende Kunst und Bühnen-/

terpreis Nestroy und

INHALT

ANNETTE KURZ

Laimé den Wiener TheaFoto Sinje Hasheider

markt in 2014.

9

jungen Werther“ (2007),

Mark Lammert (li.) und Heiner Müller. Foto gezett

markt des Berliner Theatertreffens eingeladen.

Foto Reinhard Maximilian Werner

mit dem Kölner Theaterpreis ausgezeichnet und 2014 zum Stücke-


10

Mit den Regisseuren Jean Jourdheuil (u. a. „Michel Foucault, choses

Nunes, designing sets for productions at the Schauspielhaus Zurich,

dites, choses vues“, Festival d’Automne, Paris 2004; „Philoktet“

the Vienna Burgtheater and the Bayerische Staatsoper in Munich, as

(Sophokles/Müller), Théâtre de la Ville, Paris 2009) und Dimiter

well as the Deutsches Theater and Maxim Gorki Theater in Berlin and

Gotscheff (u. a. „Die Perser“ (Aischylos/Müller), Deutsches Theater

in Hamburg at the Thalia Theater, Staatsoper and Kampnagel. His stage

Berlin 2006; „Oedipus Tyrann“ (Sophokles/Hölderlin/Müller), Thalia

for “Don Giovanni” won the Rolf Mares Prize (2013) as well as the Eva

Theater Hamburg 2009) verbinden ihn langjährige Arbeitsbezie­

Maria Boncker Prize (2014).

Seite/ page 130

hungen. Ausstellungsbeteiligungen u. a.: „Je mehr ich zeichne. Zeichnung als Weltentwurf“, Museum für Gegenwartskunst Siegen, 2010/11; „Abschied von Ikarus“, Neues Museum Weimar, 2012/13;

BETTINA MEYER

„Weltreise. Kunst aus Deutschland unterwegs“, ZKM Karlsruhe, Moskau 2013. Seit 2011 ist Mark Lammert Professor für Malerei an

geboren in Hamburg, studierte Bühnen- und Kostümbild an der

der Universität der Künste Berlin.

Hochschule der Künste Berlin. Sie arbeitete für das Sprech- wie

Mark Lammert was born

in East Berlin in 1960, and studied painting at the Berlin Weißensee

das Musiktheater, u. a. an Häusern wie der Schaubühne Berlin, am

School of Art from 1979 to 1986. Between 1989 and 1992 he was

Deutschen Theater Berlin, an der Bayerischen Staatsoper, dem

a Master’s student at the Akademie der Künste in Berlin. Lammert’s

Bayerischen Staatsschauspiel, am Wiener Burgtheater, dem Theater

drawings and paintings have featured in numerous national and

Basel, den Salzburger Festspielen und an der belgischen Vlaamse

international exhibitions, recent examples including “Notation. Kalkül

Opera. Seit 2009 ist sie Ausstattungsleiterin am Schauspielhaus Zürich.

und Form in den Künsten” (“Notation. Calculation and Form in the

Sie arbeitete und arbeitet mit Regisseurinnen und Regisseuren wie

Arts”, Akademie der Künste, Berlin/ZKM Karlsruhe, 2008/09, and “Art

Barbara Frey (seit 1995 in enger Zusammenarbeit), Stefan Bachmann,

of Two Germanys”, Los Angeles County Museum of Art, 2009. In

Ruedi ­Häusermann,

1993 he created his first stage design, for Heiner Müller’s production

Christoph Marthaler,

“Duell Traktor Fatzer” at the Berliner Ensemble. He has enjoyed long

Alexander Schulin, Heike

working partnerships with the directors Jean Jourdheuil (including

M. Goetze, Guy Joosten

“Michel Foucault, choses dites, choses vues”, Festival d’Automne,

und Matthias Rebstock.

Paris 2004; “Philoktet” (Sophocles/Müller), Théâtre de la Ville, Paris

Bettina Meyer

2009) and Dimiter Gotscheff (including “The Persians” (Aeschylus/

was born in Hamburg

Müller), Deutsches Theater Berlin 2006; „Oedipus Tyrann“ (Sophocles/

and studied stage and

Hölderlin/Müller), Thalia Theater Hamburg 2009). He has taken in

costume design at the

part in such exhibitions as “Je mehr ich zeichne. Zeichnung als Welt­

Berlin University of the

entwurf” (“The More I Draw. Drawing as a Concept for the World”),

Arts. Worked in both

Museum für Gegenwartskunst Siegen, 2010/11; “Abschied von Ikarus”

spoken and musical

(“Farewell to Icarus”), Neues Museum Weimar, 2012/13; “Weltreise.

theatre, she has been

Kunst aus Deutschland unterwegs” (“World Journey. Art from Ger­

engaged by such institu­

many on the Road”), ZKM Karlsruhe, Moscow 2013.

tions as the Schaubühne

Seite/ page 120

and Deutsches Theater in Berlin, the Bayerische

FLORIAN LÖSCHE

Staatsoper, the Bayer­ isches Staatschauspiel, Theater Basel, the Salz­

studierte ab 2003 bei Ezio

burg Festival as well as Belgium’s Vlaamse Opera. Since 2009 she

Toffolutti Bühnenbild an der

has been head of stage design at the Schauspielhaus in Zurich.

Akademie der Bildenden

Among the directors she has worked with and continues to work

Künste München, von wo aus

with are Barbara Frey (since 1995 in close collaboration), Stefan Bach­

er 2005 an die Hochschule für

mann, Ruedi Häusermann, Christoph Marthaler, Alexander Schulin,

bildende Künste Hamburg in

Heike M. Goetze, Guy Joosten and Matthias Rebstock.

die Klasse von Raimund Bauer

Seite/ page 140

wechselte. Er arbeitet kontinuierlich mit der Regisseurin Jette Steckel und dem Regis-

BERT NEUMANN

Foto Judith Hepting

seur Antú Romero Nunes zusammen, für sie entwarf er

geboren 1960 in Magdeburg, wuchs in Ost-Berlin auf. Seit 1992 ist

Bühnenbilder u. a. am Schau-

er Chefbühnenbildner an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

spielhaus Zürich, am Wiener

in Berlin, deren gesamtes Erscheinungsbild er gemeinsam mit dem

Burgtheater, an der Bayeri-

Künstlerkollektiv LSD maßgeblich geprägt hat. Seine Bühnenbilder

schen Staatsoper in München,

am Haus, die für Inszenierungen von Frank Castorf und René Pol-

an der Oper Basel, in Berlin

lesch entstanden, ebenso wie seine Arbeiten mit anderen Regisseu-

am Deutschen Theater sowie

ren wie Johan Simons, Alain Platel, Peter Konwitschny und Jossi

am Maxim Gorki Theater, in

Wieler sorgten jeweils für besonderes Aufsehen. Bert Neumann gilt

Hamburg am Thalia Theater,

als einer der wichtigsten Bühnenbildner im deutschsprachigen

der Staatsoper und auf Kampnagel. Sein Bühnenbild für „Don Gio-

Raum und erhielt für sein Schaffen zahlreiche Preise, u. a. die Josef-­

vanni“ erhielt den Rolf Mares-Preis (2013) sowie den Eva Maria

Kainz-Medaille, den österreichischen Nestroy-Preis, den Berliner

Boncker-Preis (2014).

Theaterpreis der Stiftung Preußische Seehandlung sowie den

Florian Lösche was born in Munich in

1981, and in 2003 began studying stage design under Ezio Toffolutti

Hein-Heckroth-Bühnenbildpreis. 2009 wurde Bert Neumann zum

at the Academy of Visual Arts, Munich, switching in 2005 to Raimund

Mitglied der Akademie der Künste berufen.

Bauer’s class at the Hamburg University of Fine Arts. He has worked

was born in Magdeburg in 1960 and grew up in East Berlin. Since

continuously with the directors Jette Steckel and Antú Romero

1992 he has been the head stage designer at the Volksbühne on

Bert Neumann

Foto T+T Fotografie

Vienna’s Burgtheater,

geboren 1981 in München,


11

of his stage designs in Oslo (2009) and Cracow (2011). In 2006, Verlag Theater der Zeit issued the publication “Dem Einzelnen ein Ganzes/A Whole for the Parts. Jan Pappelbaum – Bühnen/Stages”.

Seite/ page 160

KRIS VERDONCK geboren 1974, studierte bildende Künste, Architektur und Theater. Dies spiegelt sich in seinem Werk wider, das sich zwischen bildender Kunst, Theater, Installation und Performance sowie Tanz und Architektur bewegt. Oft präsentiert Verdonck Kombinationen verschiedener Installationen und Performances als „VARIATIONS”. Werk Franz Kafkas inspirierte ihn zu „K, a society“, das 2010 bei

collective LSD to fundamentally shape the institution’s entire visual

Theater der Welt Premiere feierte. 2011 präsentierte Verdonck zwei

appearance. His sets for the Volksbühne always attract a great deal of

Forschungsprojekte: „TALK“ macht es sich zur Aufgabe, Sprache zu

attention, as seen in productions by Frank Castorf and René Pollesch,

entdecken, während „EXIT“, eine Zusammenarbeit mit der Tänzerin

as well as his work with other directors such as Johan Simons, Alain

und Choreografin Alix Eynaudi, sich mit dem Theater als Medium

Platel, Peter Konwitschny and Jossi Wieler. Bert Neumann is con­

beschäftigt. Im selben Jahr wurde Verdoncks erste Einzelausstel-

sidered one of the most important set designers in the German-

lung „Exhibition #1“ im Haus für zeitgenössische Kunst Z33 in Has-

speaking world, and he has received numerous awards for his work,

selt gezeigt. „M, a reflection“, basierend auf dem Werk Heiner Müllers,

including the Josef Kainz Medal, Austria’s Nestroy Prize, the Theatre

feierte in Gent in flämischer Sprache Premiere. „H, an incident“,

Prize Berlin issued by the Stiftung Preußische Seehandlung as well as

basierend auf dem Leben und Werk Daniil Charms’ hatte 2013 im

the Hein Heckroth Set Design Prize. In 2009 Bert Neumann was

Rahmen des Kunstenfestivaldesarts Premiere. 2014 folgten seine

appointed to the Akademie der Künste (Germany’s Academy of the

Solokreation „UNTITLED“ sowie die 3D-Videoinstallation „ISOS“.

Arts).

Seite/ page 150

C ONTENT

Foto LSD/Leonore Bievernicht

„VARIATION IV“ wurde 2008 zum Festival d’Avignon eingeladen. Das Berlin’s Rosa-Luxemburg-Platz, where he has worked with artists’

JAN PAPPELBAUM

INHALT

geboren 1966 in Dresden, studierte Architektur an der Hochschule für Architektur und Bauwesen, der heutigen Bauhaus-Universität Weimar. 1993 war er Assistent des Bühnenbildners Dieter Klas beim Kunstfest Weimar unter der künstlerischen Leitung von Manfred Karge. Seit 1995 ist er als Bühnenbildner tätig, zunächst hauptsächlich mit den Regisseuren Tom Kühnel und Robert Schuster am TAT im Bockenheimer Depot in Frankfurt am Main, dann v. a. mit Thomas Ostermeier an der Baracke des Deutschen Theaters und an der Schaubühne Berlin, wo er als Ausstattungsleiter und Bühnenbildner fest engagiert ist. Er entwickelte Ausstellungsarchitekturen in FrankFoto Maya Wilsens

furt am Main und Dresden, gab Workshops und hatte EinzelausstelFoto Susanne Hopf

lungen seiner Bühnenbilder in Oslo (2009) und Krakau (2011). 2006 erschien im Verlag Theater der Zeit die Publikation „Dem Einzelnen ein Ganzes/A Whole for the Parts. Jan Pappelbaum – Bühnen/ Stages“.

Jan Pappelbaum was born in Dresden in 1966,

studied architecture at the College of Architecture and Civil Engin­ eering (now the Bauhaus University, Weimar). In 1993 he assisted stage designer Dieter Klas at the Weimar Arts Festival under the

Kris Verdonck was born in 1974 and studied visual arts, architecture

creative direction of Manfred

and theatre. This combination of disciplines is reflected in his work,

Karge. He has been active as

which moves between visual arts, theatre, installation and performance,

a stage designer since 1995,

as well as dance and architecture. Verdonck often presents combi­n­

initially focusing on work with

ations of various installations and performances as “VARIATIONS”.

directors Tom Kühnel and

“VARIATION IV” was included in the Festival d’Avignon in 2008. He

Robert Schuster at the TAT in

was inspired by Franz Kafka’s work to create “K, a society”, which

Frankfurt’s Bockenheimer Depot,

premiered at Theater der Welt. In 2011 Verdonck presented two

later working with Thomas

research projects: “TALK”, which set out to explore language, and

Ostermeier at the Deutches

“EXIT”, a collaboration with dancer and choreographer Alix Eynaudi

Theater’s Baracke and the

which addressed the medium of theatre. The same year saw Ver­

Schaubühne Berlin, where he

donck’s first solo exhibition, “Exhibition #1”, staged in Z33, the House

has a permanent engagement

for Contemporary Art in Hasselt. “M, a reflection”, based on the work

as head of décor and stage

of Heiner Müller, premiered in Ghent, where it was staged in Flemish.

design. He has developed

“H, an incident”, based on the life and work of Daniil Charms, prem­

exhibition architecture in Frank­

iered in 2013 as part of the Kunstenfestivaldesarts. In 2014 came

furt and Dresden, given work­

Verdonck’s solo creation “UNTITLED” as well as the video installation

shops and held solo exhibitions

“ISOS”.

Seite/ page 170


12

ERFAHRUNG­S­ RAUM

Die Zuschauer betreten den Zuschauerraum, da rieselt das Konfetti schon auf die Bühne, und so bleibt es, bis nach dem Schlussapplaus die Türen des nun wieder leeren Zuschauerraums geschlossen werden. Deine größten Erfolge hast du mit atmosphärischen, fast leeren Bühnen gefeiert, in denen du die Schauspieler einem vierstündigen Schneetreiben oder einem Dauerregen ausgesetzt hast. Es gab aber auch schon Räume, die weitaus architektonischer waren. Kannst du solche Phasen beschreiben? Selbst

VON WEITREICHENDEN ASSOZIATIONEN UND INTENSIVEN EINDRÜCKEN: KATRIN BRACK ERFINDET ATMOSPHÄRISCH AUFGELADENE BÜHNENRÄUME

Katrin, deine Bühnen sind berühmt dafür, wie sie Licht, Luft und Zeit in Materialität verdichten. Ist das, was bei dir zu einer Raum­ idee führt, eine Idee im engeren Sinne? Spielt sich das zuvor aus­ schließlich im Kopf ab? Alles,

was ich sehe, erlebe, lese, denke oder von anderen erzählt bekomme, ist Inspiration für mich und bildet das Material, mit dem ich zu arbeiten beginne. Natürlich mache ich auch Zeichnungen, Skizzen und notiere mir konkrete Überlegungen. Am Anfang stehen aber immer viele Ideen und Möglichkeiten. Wenn ich dann zu überlegen beginne, ob ich einzelne Ideen auf der Bühne verwirklicht sehen will, reduziert sich das Ganze, bis schlussendlich die eigentliche Idee übrig bleibt. Wie kommt man

von einem Stück wie „Kampf des Negers und der Hunde“ von Bernard-Marie Koltès zu einer Inszenierung, in der schließlich un­ unterbrochen Konfetti auf den Bühnenboden regnet? Der

„Kampf des Negers und der Hunde“ spielt auf einer französischen Baustelle in Afrika. Ich dachte zuerst an ein Land, in das wir Weiße in den Urlaub fahren, eine gute Zeit haben, uns nehmen, was wir wollen, und den Müll zurücklassen. Dann habe ich lauter Begriffe, die mir zu Afrika einfielen, aufgeschrieben: flirrendes Licht, Hitze, schöne Menschen, wunderbare Landschaften, Musik, Krankheit, Armut, wilde Tiere, Mückenschwärme, Krieg, koloniale Ausbeutung, Slums. Daraus habe ich versucht ein Bild zu entwickeln, das alle mir wichtigen Aspekte versammelt. So bin ich auf das permanent rieselnde Konfetti gekommen. Es vereint die Farben dieses Kontinents, spiegelt koloniale Arroganz und ein anderes, uns inzwischen fremdes Zeitgefühl wider. –

meine ganz frühen Arbeiten waren bereits durch die Reduktion der Mittel geprägt. Architektonische Elemente und Requisiten reichten meist aus, um eine bestimmte Raum­ vorstellung zu erzeugen. Mich interessierten auf der Bühne immer Veränderungen, die man mit relativ unaufwendigen oder bereits vorhandenen Mitteln erreichen kann: Requisiten und Einbauten während des Ablaufs eines Stückes oder die Konzentration auf die wesentlichen Merkmale eines angestrebten Ereignisses. Wobei ich Licht und Ton als gleichwertiges Material der Raumgestaltung begreife. Bei meinen Überlegungen stellt sich immer die Frage, wie man Konstruktionen, Materialien oder Gegenstände aus ihren spezifischen Kontexten und den sich aus diesen ergebenden Zuschreibungen löst und in die Produktion sinnvoll inte­ griert. Verkürzt könnte man sagen: Es ging bei mir immer auch darum, einen Bühnenraum zu gestalten, der trotz aller vorgenommenen Veränderungen nicht vorgibt, etwas anderes zu sein als eben ein Theaterraum. Ich habe den Eindruck, dass du anfangs mehr die Begrenzungen des Raums definiert oder mit einzelnen Elementen die Leere um diese herum dynamisiert hast. Später hast du vorwie­ gend das Raumvolumen gestaltet, seine Aggregatzustände: Nebel, Regen, Schaum und Schnee; dann die künstliche Übersetzung in Konfetti und schließlich die Übersetzung in Licht, das an Glitzer­ girlanden durch den Raum flirrt oder sich an Lichterketten ver­

Grundsätzlich ist eine meiner wichtigsten Intentionen die Erstellung eines atmosphärisch aufgeladenen Bühnenraumes, der im besten Fall prägnante und weitreichende Assoziationen ermöglicht und auch körperlich intensive Eindrücke hinterlässt. Interessant ist bei knotet. Ist diese Ordnung der Dinge meine Außensicht?

diesen Assoziationen auch immer die Materialdialektik von Natür­ lichem und Künstlichem, etwa wenn man im Konfetti bei „Kampf des Negers und der Hunde“ einen Insektenschwarm zu sehen scheint. Bei „Molière“ war deine Idee, dem Kreatürlichen der Hauptfigur etwas Natürliches und Künstliches zugleich entgegen­ zusetzen. Das war dann Kunstschnee, der von der Decke rieselte. Was ist für dich in Bezug auf deine Arbeiten natürlich, was künst­ lich? Künstlich

oder inszeniert ist ja eigentlich alles, was auf der Bühne passiert. Selbst wenn man auf einer Theaterbühne kein Theater spielen wollte, würde dies nicht gelingen. Das hat mit dem Kontext der Institution und der Erwartungshaltung des Publikums zu tun. Das verwendete „Material“ bleibt aber immer das, was es ist. Theaterschnee bleibt immer weiß, auch nach vier


KRANKENZIMMER NR. 6 (nach Anton Tschechow) Deutsches Theater Berlin, 2010. Regie Dimiter Gotscheff, Ausstattung Katrin Brack, Musik Philipp Haagen. Foto David Baltzer/bildbuehne.de

KATRIN BRACK

13


Stunden auf dem Boden. Eine Ausnahme war nur der Baum in „L. King of Pain“, der sollte beides von sich behaupten. Was ist echt, was ist künstlich, und wie rezipieren das die Theaterbesucher? Das war eigentlich auch der Grundgedanke beim Schneefall in „Molière“. Etwas anderes habe ich bei den echten Pflanzen für „Tod eines Handlungsreisenden“ versucht: Diese werden von den sichtbaren Natriumdampflampen beleuchtet und somit am Leben erhalten; während der Handlungsreisende stirbt, wächst der Pflanzendschungel weiter. In meiner Wahrnehmung tritt eher eine Art

‚‚

14

ES GING BEI MIR IMMER AUCH DARUM, EINEN BÜHNENRAUM ZU GESTALTEN, DER TROTZ ALLER VORGENOMMENEN VERÄNDERUNGEN NICHT VORGIBT, ETWAS ANDERES ZU SEIN ALS EIN THEATERRAUM.

‚‚

welche Projektionsflächen sich für die Lichtregie ergeben, welche Konsequenzen meine Arbeit für die Akustik und/oder die Musik hat, beschäftigt mich. Die Schauspieler verschwinden in deinen Bühnen oft in Girlanden­ wäldern, im Blendlicht von Glühbirnen oder Scheinwerfern, sie verlieren ihre Kontur im Nebel und werden im Regen unscharf. Eine wundervolle Willkür des Auftauchens und Verschwindens entsteht. Worum geht es dabei? Viele Schauspieler stehen gerne im Scheinwerferlicht. Das schafft ein Zentrum auf der Bühne und konzentriert den Blick des Zuschauers meist auf den vorderen, verständlicherweise besonders begehrten Teil der Bühne. Meine Vorstellung war es, den gesamten Bühnenraum als Zentrum zu definieren. Dadurch bekommt die Präsenz eines Schauspielers, der – aus einem entfernten Bereich der Bühne kommend, möglicherweise verdeckt durch Girlanden oder Nebel – nun langsam oder überraschend sichtbar wird, eine größere Bedeutung. In deinen Bühnenräumen erfahren die Schauspieler auch, im wahrsten Sinne des Wortes, einen Raumwiderstand. Ist Widerstand auch ein Wort, um zu beschreiben, wie du dich gegenüber dem Stoff und den Erwartungen des Regisseurs verhältst? Mir

geht es bei meinen Arbeiten eher darum, die Schauspieler mit Bühnensituationen zu konfrontieren, in denen sie neue Erfahrungen machen können und in denen sie neue Spielformen entwickeln können. Manchmal ist es für alle Beteiligten eine Herausforderung, mit meinen Bühnen umzugehen. Tatsächlich ist es so, dass gerade im Regen, wie bei „Prinz Friedrich von Homburg“, die Arbeit des Schauspielers erst einmal keinen Spaß macht. Bereits das Gehen oder Laufen auf einer schrägen Fläche hat etwas Anstrengendes und mitunter auch Gefährliches. Soll man deshalb auf diese Herausforderung verzichten? Auf die Frage, ob deine Bühnenräume Kunst sind, hast du einmal geantwortet: „Meine Räume denken nicht darüber nach, ob sie Kunst sind.“ Warum behauptest du diese Distanz so

„Büchner/Leipzig/Revolte“. Da hast du als singuläres Material eine

vehement? Weil ich ein Bühnenbild nicht als autonomes Werk betrachte, sondern weil meine Arbeiten nur im Zusammenspiel mit den anderen Akteuren einer Produktion Sinn machen und ihre Wirkung entfalten könMir fällt auf, dass du dich wiederholt auf bestimmte nen

Glitzergirlande gewählt, dadurch gerät sie in einen anderen Zustand,

geometrische Formen beziehen. Zum Beispiel auf den Kreis: In

wächst ins Metaphorische. Willst Du statt eines Sujets immer die

„Aars!“ ist es eine kreisförmige Wasserfläche mit Lichtkranz darüber,

ganze Welt erzählen? Na

bei „Der Zerrissene“ ein Karussell, bei „L’Orfeo“ gibt es einen runden

(meta-)physische Vergrößerung ein. Zum Beispiel in „Anatol“ oder

ja, die ganze Welt erzählen zu wollen wäre etwas vermessen, oder? Ich bin aber durchaus davon überzeugt, dass durch die Reduktion auf wenige Stilmittel diese wenigen an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig wird meine Arbeit dadurch aber nicht einfacher, im Gegenteil, je weniger auf der Bühne zu sehen ist, desto präziser müssen Form und Funktion überlegt sein. Da ich eine Theaterproduktion als etwas Ganzheitliches begreife, ist während des gesamten Entstehungsprozesses für mich immer die Überlegung präsent, welche Möglichkeiten sich für den Regisseur oder die Schauspieler bieten. Aber auch,

Deckel und das Loch zum Hades. Oder die senkrechte Linie: die Schaukeln beim „Selbstmörder“, die Girlanden bei „Anatol“ und „Büchner/Leipzig/Revolte“. Reden wir über Geometrie? Nein,

denn das ist nie mein primärer Ansatz. Der Kreis, die Ellipse oder andere Formen sind Elemente, die bereits die Bühne oder die Einrichtung vorgeben. Der kreisrunde oder elliptische Lichtkegel der Scheinwerfer ­beispielsweise verlangt ja geradezu nach einer kreis­ förmigen Spielfläche. Es ist eher so, dass sich mein Formenvokabular aus der Architektur und der Technik des Bühnenraumes entwickelt hat. In der Regel



16

sucht und findet ein Regisseur „seinen“ Bühnenbildner. Wie würdest du den Regisseur beschreiben, den du brauchst? Es sollte ein Regisseur sein, der Lust auf ein Bühnenbild hat, das ihm vielleicht erst einmal fremd ist, dem er sich annähern muss, und der neugierig darauf ist, was diese Bühne ihm ermöglicht.. //

fetti. It brings together the colours of the continent, reflects colonial arrogance and a different sense of time, one we’ve become estranged from. When the audience enters the auditorium the confetti is already trickling onto the stage and it continues to do so until after the final curtain, when the doors of the now empty auditorium are closed. Your greatest success came with atmospheric, almost empty sets, in which the actors are sub­ jected to four-hour snow flurries or constant rain. But then there

SPACE OF EXPERIENCE ON FAR-REACHING ASSOCIATIONS AND INTENSE IMPRESSIONS: KATRIN BRACK DEVISES STAGE SETS CHARGED WITH ATMOSPHERE

were also spaces which were much more architectural. Can you

Even my earliest work was characte­r­ ised by a reduction of means. Architectural elements and props are usually enough to create a particular spatial concept. For the stage I’m always interested in transformations which are achieved through means which are relatively cheap or even already to hand: props and installations over the course of a play, or concentrating on the essential characteristics of an envisaged event. Here I think of light and sound as equally valid materials in spatial design. When I’m thinking it through there’s always the question of how to remove constructions, materials and objects from their specific contexts and the attributions which come with them, and meaningfully integrate them into the production. In other words, you could say I’m always concerned with designing a stage space which, despite all of its transformations, never claims to be anything but a theatrical space. I get the impression that at

define these phases?

the beginning you were more preoccupied with defining the par­ Katrin Brack, your sets are renowned for the way they condense

ameters of the space or introducing dynamism to the void around

light, air and time into materiality. Is it an idea in the strict sense

by using individual elements. Later you mainly designed spatial

which leads you to these spatial ideas? Does it all play out in your

volumes, physical states: mist, rain, foam and snow; then the

Everything that I see, experience, read, think, or hear about from others inspires me and constitutes the material which I start working with. Naturally I also make drawings, sketches, and make notes of specific considerations. But at the beginning there are always a lot of ideas and possibilities. Then when I start thinking about whether I want to see individual ideas realised on the stage, everything reduces until finally there’s nothing left but the actual idea. How do you go

transformation to the artificial, to confetti, and finally the transform­

from a play like “Kampf des Negers und der Hunde” (“Black Battles

der Hunde” which seems to become a swarm of insects. In “Molière”

with Dogs”) by Bernard-Marie Koltès to a production in which

your idea was to set the creatural nature of the main character

confetti constantly rains down on the stage? “Kampf

against the natural and the artificial simultaneously. Then there

head first?

des Ne­ gers und der Hunde” is set on a French building site in Africa. I began by thinking about the land to which we as white people travel, where we have a good time, take what we want and leave our rubbish behind. Then I wrote down a whole lot of terms about Africa as they came to me: shimmering light, heat, beautiful people, wonderful landscapes, music, disease, poverty, wild animals, swarms of insects, war, colonial exploitation, slums. From that I tried to develop an image which encompassed all of the aspects I considered important. That’s how I came to the continuously trickling con-

ation into light, in the garlands of tinsel which shimmer through the space or knotted into strings of lights. Is this sequence just my

In essence, one of my main aims is to create an atmospherically charged stage space, which ideally enables concise and far-reaching associations and also leaves intense physical impressions.

view as an outsider?

With these associations there is also an interesting material dialectic of natural and artificial, like the confetti in “Kampf des Negers und

was the artificial snow which trickled from the ceiling. In terms of your work, what is natural, and what is artificial? Really

everything which happens on the stage is artificial, or staged. Even if you didn’t want to stage theatre on the theatre stage, it would be impossible. That relates to the context of the institution and the audience’s expectation. The “material” you use is always what it is. In the theatre snow always stays white, even when it’s been on the floor for four hours. One exception was the tree in “L. King of Pain”, which was supposed to be both. What is real, what is artificial, and how do theatregoers respond?


‚‚

I’M ALWAYS CONCERNED WITH DESIGNING A STAGE SPACE WHICH, DESPITE ALL OF ITS TRANSFORMATIONS, NEVER CLAIMS TO BE ANYTHING BUT A THEATRICAL SPACE.

‚‚

the jungle keeps on growing.

lights, their contours dissolve in the mist and become indistinct in and disappearance. What’s the reasoning behind this? Many actors enjoy the spotlight. It creates a focal point on the stage and usually concentrates the audience’s gaze on the front part of the stage, which is understandably the parti­ cularly desirable part. My idea was to define the entire stage as the centre. That lends a greater significance to the presence of an actor who, coming from a distant part of the stage, perhaps wreathed in garlands or fog, slowly or suddenly becomes visible. In your stage spaces, the actors also experience, in the truest sense of the term, spatial resistance. Would you also use the word ‘resistance’ to describe the way you handle the subject matter and the director’s expectations? In my work I’m always trying to confront the actors with stage situations in which they can experience new things and in which they can develop new ways of performing. Sometimes working with my sets is a challenge for all concerned. Certainly the rain in “Prinz Friedrich von Homburg” is no fun for the ­actors. Simply walking or running on a sloping surface is difficult and sometimes also dangerous. But is that reason enough not to accept the challenge? When asked if your stage sets are art, you once answered: “My sets don’t think about whether they’re art or not.” Why are you so ­determined to maintain this distance? Because I don’t regard the set as an autonomous work, rather my works only make sense in their interaction with the other elements of a production, that’s where they realise their full ­potential. It occurs to me that you make repeated

As I see it, there’s a

­references to certain geometric forms. For example, the circle:

kind of (meta)physical magnification taking place. In “Anatol”, for

in “Aars!” there’s a circular body of water with a halo above it, in

instance, or “Büchner/Leipzig/Revolte”. There you used a garland

“Der Zerrissene” a carousel, in “L’Orfeo” there’s a round lid and

of tinsel as your sole material, which was transformed into another

the hole which leads to Hades. Or the vertical line: the swings in

state, expanding into the metaphysical. Is this you trying to narrate

“Der Selbstmörder” (“The Suicide”), the garlands in “Anatol” and

Well, trying to narrate the whole world would be a little presumptuous, wouldn’t it? But I am completely convinced that when you reduce to a few stylistic elements, these elem­ ents assume greater significance. At the same time it doesn’t make my work any easier, on the contrary, the less there is to see on the stage, the more precisely you have to think about form and function. Because I see a theatre production as something holistic, throughout the whole development process I am always thinking about what it offers director or the actors. But I’m also concerned with projection surfaces for the lighting, the impact my work has on the acoustics and/or the music. In your sets the actors often

“Büchner/Leipzig/Revolte”. Are we talking geometry here?

the whole world rather than just the subject?

disappear in forests of garlands, in the glare of light bulbs or spot­

17

the rain. This creates a wonderfully arbitrary interplay of appearance

No, that’s not my primary intention. The circle, the ellipse and the o ­ ther shapes are elements already provided by the stage or the facility. The circular or elliptical spotlight beam, for example, more or less demands a circular stage surface. It is more that my vocabulary of forms is drawn from the architecture and the technology of the stage space. A director will usually try and find

“his” or “her” set designer. How would you describe the kind of

He or she should be a director who enjoys stage design which might appear strange at first, that you have to get closer to, and someone who is curious about the opportunities that the set offers.

director you require?

Interview: Anja Nioduschewski

KATRIN BRACK

That was actually the main thought behind the snowfall in “Molière”. With the real plants in “Tod eines Handlungs­ reisenden“ (“Death of a Salesman”) I was trying to do something different: they were lit by visible sodium lamps which kept them alive; while the salesman dies,


DAS GROSSE FRESSEN (nach Marco Ferreri, Rafael Azcona, Volksbühne am Rosa-LuxemburgFrancis Blanche) Platz, 2006. Regie Dimiter Gotscheff, Kostüme Katrin Lea Tag. Foto Barbara Braun/DRAMA.

18


KATRIN BRACK

IWANOW (Anton Tschechow) Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin, 2005. Regie Dimiter Gotscheff, Kostüme Katrin Lea Tag, Musik Sir Henry. Foto Holger Foullois/DRAMA.

KAMPF DES NEGERS UND DER HUNDE (Bernard- Marie Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Koltès) 2003. Regie Dimiter Gotscheff, Ausstattung Katrin Brack, Mursik Bert Wrede. Foto DRAMA.

19


EXILES (James Joyce MĂźnchner Kammerspiele, 2014. Regie Luk Perceval, Ausstattung Katrin Brack, Musik Dine Doneff. Foto Judith Buss

20


KATRIN BRACK

21


22

REALITÄT DES ABSURDEN ALEKSANDAR DENIĆ ÜBER SEINE BÜHNEN FÜR INSZENIERUNGEN VON FRANK CASTORF

Aleksandar Denić, Ihr Werkverzeichnis ist umfangreich und ausge­ sprochen vielseitig. Sie arbeiten für Film und Fernsehen, als Archi­ tekt und Bühnenbildner und treten auch als bildender Künstler und Regisseur in Erscheinung. Wenn Sie wählen könnten, wo läge

Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung. Das kann ich eigentlich gar nicht sagen. Ich habe überhaupt keinen Fokus und arbeite in verschiedenen Medien immer gleichzeitig und nebeneinander, egal ob das ein Bühnenbild, ein Film oder Eventdesign ist. Mich interessieren die Entgrenzung, das grundsätzliche Cross-over in allen meinen Arbeiten. Da

der Mittelpunkt Ihrer Arbeit?

rungshorizont. Das Leben in den Ländern des so­ genannten Ex-Jugoslawiens war mehr oder weniger dasselbe wie damals hier nach der Wende am RosaLuxemburg-Platz. Dieser Hintergrund wirkt immer noch sehr stark auf uns. Ich glaube, das kann man auch nicht übersehen. Eigentlich gibt es keine großen Unterschiede zwischen uns außer den paar Hundert Kilometern Abstand. Die Widersprüche und absurde Paranoia, um die es Frank Castorf immer wieder geht, sind in den Teilen Europas, aus denen wir beide stammen, absolut alltäglich und eben überhaupt nicht erfunden. In gewisser Weise leben wir beide schon seit Jahrzehnten in einer Realität des Absurden. Als Bühnenbauer und Künstler hat meine Herkunft wahrscheinlich unterbewusst einen Einfluss, aber andererseits gab es nie geografische Grenzziehungen für mich, ob ich nun in Afrika, in Asien oder auch bei uns in Europa gearbeitet habe. In einer bestimmten Hinsicht versuche ich wie ein Wissenschaftler vorzugehen – ich will entdecken und definieren. Deshalb hatte ich auch nie ein Problem mit dem Kontrast. Und außerdem: Schwarz und Weiß, Tag und Nacht, der Unterschied ist für mich immer attraktiver als das Gleichförmige, das verbindet mich auch mit Castorf. Schwere Aufgaben fordern mich eher heraus und geben mir immer ein Gefühl von Stärke und Macht. Wahrscheinlich bin ich schon durch meine Herkunft an das Turbulente und Krasse gewöhnt. Klar, dass ich das auch in meine Arbeiten einfließen lasse. „Das Duell“ an der Berliner Volksbüh­ ne spielt an der Küste des Schwarzen Meeres in einem kaukasi­ schen Dorf mit Zwiebeltürmchen und allerlei Kleinkram vom Bal­ kan. Umgeben war es von haufenweise schwarzer Steinkohle, der modernen Energiequelle vor dem Erdöl, das in Bayreuth später der Leitfaden beim „Ring“ war. Für „Reise ans Ende der Nacht“ haben

war ein Zusammentreffen mit Frank Castorf irgendwann nahe­

Sie die Bühnen vollgestellt mit Bretterbuden und Gerümpel, das

liegend. Sie arbeiten nun schon länger mit ihm zusammen. Haben

von allen Müllhalden dieser Welt stammen könnte. Drüber stand

Sie Erinnerungen daran, wie Sie sich kennengelernt haben? Wir sind uns vor ein paar Jahren in Belgrad mehr oder weniger zufällig begegnet. Es war mitten in den Verhandlungen über irgendeine Koproduktion des serbischen Nationaltheaters mit der Berliner Volksbühne. Eine Freundin von mir rief nachts an und lud mich auf einen Drink ein. Und nebenbei erwähnte sie, dass Frank Castorf auch dabei wäre. Also dachte ich mir: Wieso eigentlich nicht? Als wir uns dann in der Bar trafen, hat sich herausgestellt, dass wir uns bestens verstanden und viel gemeinsamen Gesprächsstoff hatten.

„Liberté, Égalité, Fraternité“ in der Typografie des Nazi-Spruchs „Arbeit macht frei“, der über dem Eingangstor von Auschwitz an­ gebracht war. Einen Schriftzug gab es beim „Duell“ auch zu lesen.

Konfliktzonen und aufgeladenen Emotionen hat er jedenfalls nicht.

Ja, darauf lege ich auch immer großen Wert. Ich hinterlasse Geschichten an allen Orten. Ebenso wie Frank Castorf, der immer alles im Zusammenhang sieht. Als ich noch beim Film gearbeitet habe, wollte ich in jedem kleinsten ­Frame die Geschichte der vorangegangenen Momente sichtbar werden lassen. Auf diese Weise erzeugt man eine Kontinuität, die es dem Zuschauer ermöglicht, meine Arbeiten besser nachzuvollziehen und zu verstehen. Ich denke, dass mein gesamtes künstlerisches Werk dieser Nähe mit dem Publikum zu folgen versucht. Kann man dieses Vorgehen von Ihnen mit

Ich kann mir vorstellen, dass das Ihrer serbischen Herkunft entge­

dem etwas aus der Mode gekommenen Begriff des Realismus in

genkommt. Unbedingt. Nie war für mich eine Zusammenarbeit so selbstverständlich. Was Frank Castorf und ich gemeinsam haben, ist der postsozialistische Erfah-

Verbindung bringen? Mag sein, aber auf den zweiten Blick verbinden meine Arbeiten etwas Unvereinbares. Die Strukturen, die ich vorfinde, kann ich nur in einer Art

Castorf liebt den Spaß am Denken und die wilden Perspektiven auf seine Theaterstoffe. Das Publikum überrascht er immer wieder mit schrägen Textkombinationen und Assoziationsketten. Angst vor

Soll man sich da einen Zusammenhang denken?


REISE ANS ENDE DER NACHT (nach Louis-Ferdinand Céline) Residenz­ theater München, 2013. Regie Frank Castorf, Kostüme Adriana Braga Peretzki, Live-Kamera Marius Winterstein, Jaromir Zezula. Foto Aleksandar Denić

ALEKSANDAR DENIĆ

23


PREMIEREN IM SCHAUSPIEL 15/16

VERZEHRT (CONSUMED)

Uraufführung nach dem Roman von David Cronenberg Regie: Felix Rothenhäusler 17. September 2015, Kleines Haus DAS SCHLOSS

von Jaroslav Rudiš und der Kafka Band nach dem Roman von Franz Kafka Regie: Alexander Riemenschneider 20. September 2015, Theater am Goetheplatz

ISTANBUL

Ein Sezen Aksu-Liederabend Musikalische Leitung: Torsten Kindermann Regie: Selen Kara 19. Dezember 2015, Kleines Haus EINE FAMILIE (AUGUST: OSAGE COUNTY)

von Tracy Letts Regie: Alize Zandwijk 26. Februar 2016, Theater am Goetheplatz NORA ODER EIN PUPPENHEIM

VERBRENNUNGEN (DIE FRAU, DIE SINGT)

von Wajdi Mouawad Regie: Mirko Borscht 26. September 2015, Kleines Haus

von Henrik Ibsen Regie: Felix Rothenhäusler 3. März 2016, Kleines Haus HEXENJAGD

GIFT. EINE EHEGESCHICHTE

von Lot Vekemans Regie: Samuel Weiss 4. Oktober 2015, Theater am Goetheplatz

von Arthur Miller Regie: Klaus Schumacher 22. April 2016, Theater am Goetheplatz DIE FAMILIE SCHROFFENSTEIN

PORNOGRAPHIE

von Simon Stephens Regie: Klaus Schumacher 13. November 2015, Kleines Haus

von Heinrich von Kleist Regie: Alexander Riemenschneider 30. April 2016, Kleines Haus SEID NETT ZU MR. SLOANE

PÜNKTCHEN UND ANTON / 6+

nach dem Drehbuch von Caroline Link und dem Kinderbuch von Erich Kästner Regie: Nina Mattenklotz 15. November 2015, Theater am Goetheplatz KAUZA SCHWEJK / DER FALL ŠVEJK

Uraufführung nach dem Roman von Jaroslav Hašek Regie: Dušan David Pařízek 19. November 2015, Theater am Goetheplatz NOSTALGIE 2175

von Anja Hilling Regie: Frank Abt 28. November 2015, Kleines Haus

von Joe Orton Regie: Sebastian Kreyer 13. Mai 2016, Kleines Haus AUSWÄRTSSPIEL : BLUMENTHAL

Stadt-Theater-Festival 2. – 12. Juni 2016, Blumenthal ARBEITSTITEL (GIESCHE)

Eine Performance von Alexander Giesche 15. Juni 2016, Außenspielort DER STURM

von William Shakespeare Regie: Frank Abt 17. Juni 2016, Kleines Haus


Man kann das auch andersherum lesen, gerade wenn man an „Baal“, eine Ihrer jüngsten gemeinsamen Produktionen mit Castorf, denkt. Je irrer der Bühnenvorgang, je monströser die Figuren, umso wirklicher werden sie irgendwie. Ist das nicht auch eine

Wir denken dauernd über die Dimensionen von Realität nach. Als wir das erste Mal über „Baal“ sprachen, waren wir mit „Reise ans Ende der Nacht“ beim Theatertreffen. In diesem Augenblick bekam ich eine Vorstellung davon, wie wir den „Baal“ inszenieren wollten, in welche Richtung unsere Reise als Nächstes gehen könnte. Dass wir Coppolas Kriegsdrama „Apocalypse Now“ zu unserem Ausgangspunkt machten, lag sofort auf der Hand. Uns faszinierte die Idee, dass sich im Krieg jedermann in „Baal“ verwandeln kann. Aber ich fand auch, dass man „Baal“ als Rebellen deuten kann, als Tabubrecher aller bürgerlichen Werte. Er hatte also auch eine revolutionäre Seite. Während des Vietnamkrieges waren die echten Kriegsgegner Rebellen, so was wie Rocker, die ihre Gesellschaft ernsthaft umkrempeln wollten. Nur waren damals die Animositäten zwischen Popkultur und politischem Establishment noch extrem. Das hat sich heute verändert. Mittlerweile kommt es einem doch wie eine Camouflage vor, wenn sich Rockmusiker auf die Bühnen stellen und Protestlieder singen. Schon deshalb wollten wir noch einmal nach Vietnam schauen, in die Zeit, in der all diese Songs entstanden. Außerdem war „Baal“ für uns auch eine Art Fortführung von „Reise ans Ende der Nacht“. Wir sind vom Kongo aus Afrika heraus nach Saigon und in den vietnamesischen Dschungel gegangen, weil wir das ­Gefühl hatten, noch keinen Schlussstrich gezogen zu haben. Aber Sie haben die geografischen und ethnolo­

Seiten 26–29: BAAL (Bertolt Brecht) Residenztheater Mün­ chen, 2015. Regie Frank Castorf, Kostüme Adriana Braga Peretzki, Live-Kamera Marius Winterstein, Jaromir Zezula, Video Stefan Muhle. Fotos Aleksandar Denić

Form von Realismus?

gischen Bezüge verdichtet zu, wie Sie sagen, einem allegorischen Environment von Einzelteilen. Gehört dazu, dass Sie die Erinnerun­

Wie gesagt, ich versuche immer das Publikum an die Angel zu kriegen. Da passiert es manchmal, dass sich unsere Generation in der Geschichte wiederfindet. Aber mir geht es mehr um allgemeingültige Anhaltspunkte. Bei „Reise ans Ende der Nacht“ hat mich ein junger Mann angesprochen und gefragt: „Oh, ich mag dieses Muhammad-Ali-Poster, aber wer ist nur dieser andere Typ?“ Ich war verblüfft, aber okay, das scheint wichtig zu sein. Denn Muhammad Ali war ja Cassius Clay. Er hat seinen Namen aus dem Grund geändert, weil er gegen den

gen einer ganzen Generation im Bühnenbild unterbringen?

Vietnamkrieg war. Der berühmte Boxkampf fand in Afrika statt und war dann das wichtigste kulturelle und soziale Ereignis für alle Afroamerikaner in dieser Zeit. So kam eine Geschichte zur anderen, die ich mit den Dingen erzähle. Das Gleiche mache ich in „Baal“, indem ich wahnsinnig viele Details benutze. In den Zelten hängen zum Beispiel Poster, die vietnamesische Künstler gemalt haben und die zur vietnamesischen Propaganda gehörten. Und im Wassertank habe ich Comics angebracht, die wiederum von den Amerikanern als Kriegspropa­ ganda verwendet wurden. Deshalb war es von Vorteil, dass wir immer die Kamera dabeihatten und die Zuschauer das sehen konnten. ¶ Es ist großartig, bei Frank Castorf als Filmset- und Bühnendesigner zu arbeiten. Auf diese Weise kann ich beides gut miteinander verbinden. Und wenn mich immer alle fragen: Wieso rückst du die Details so sehr in den Vordergrund?, sage ich: Weil die Kamera gefährlich werden kann. Denn wenn das Detail nicht stimmt, sieht man das in der Vergrößerung auf der Leinwand. Jedes Einzelteil bekommt dort eine neue Dimension und Bedeutung für die Insze­nier­ ung. Durch die Kamera erweitere ich mein szenisches Vokabular, und es gefällt mir, mit der Zeitgeschichte zu spielen. Urheberrechtlich aber ging die „Baal“-Inszenie­ rung in die Hose. Sie wurde vom Suhrkamp Verlag im Auftrag der Brecht-Erben nach der Premiere in München verboten. Es war klar, dass das in der Theaterwelt einen Sturm auslösen würde, weil ­diese Entscheidung mitten ins Herz der künstlerischen Freiheit stieß. Wie geht es Ihnen damit? Es

ist eine Schande. Ich finde das sehr schade, besonders für die Schauspieler. Aber ich kann Ihnen sagen, dass es in dieser Spielzeit bereits meine zweite Produktion ist, die verboten wurde. Zuerst „Baal“ und vor einiger Zeit, bei einem Sommerfestival in Dubrovnik, Michel Houellebecqs „Elementarteilchen“, das ich mit dem Regisseur Ivica Buljan insze­ nieren wollte. Von der kroatischen Regierung kam der Beschluss, dass dieses Stück Probleme machen könnte, weil es Muslime gibt, die in diesem Teil von Kroatien leben. Das war verwirrend, weil ich immer dachte, dass dieses Stück von Liebe handelt. Aber es ist offensichtlich, dass es keine Rolle spielt, welche Gründe die Zensur hat und ob du in Kroatien oder England oder sonst wo bist. Irgendwie hat diese Politik der Angst inzwischen die Oberhand gewonnen. Man muss sich das mal vorstellen – wir leben in einer Demokratie!

Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was mit dem „Baal“Bühnenbild geschehen wird? Ich weiß es noch nicht. Ich habe mit dem Resi­denz­theater gesprochen, ob sie die Bühne noch ein paar Monate länger aufbewahren können, und sie haben zugestimmt. Wir bereiten fürs Resi gerade „Der brave Soldat Schwejk“ vor. Vielleicht flechten wir da eine Art Kommentar zu „Baal“ ein. Gut vorstellen kann ich es mir. Wer weiß, vielleicht ­interessiert sich auch bald das Haus der Kunst in München für das Bühnenbild … //

25

ALEKSANDAR DENIĆ

hyperrealistischem Stil wiedergeben. Andererseits, wenn der Zuschauer mir erst einmal in diese hyperrealistische Welt gefolgt ist, muss er feststellen, dass dies irreale, unmögliche Orte sind. Das ist meine stilistische Zielsetzung der letzten Jahre. So war das auch bei „Reise ans Ende der Nacht“ oder in Bayreuth, wo wir den Alexanderplatz mit der Wall Street als Spielorte verbunden haben, weil auf bestimmte Weise beide Welten einander sehr ähnlich sind. Mich interessieren unmögliche Strukturen in einem Gewand des Realismus.




28


ALEKSANDAR DENIĆ


REALITY OF THE ABSURD

30

ALEKSANDAR DENIĆ ON HIS SETS FOR PRODUCTIONS BY FRANK CASTORF

has an unconscious influence, but on the other hand for me there have never been geographical demarcations, whether I’m working in Africa, in Asia or here in Europe. In a certain sense I try to approach my work like a scientist – I want to discover and define. That’s also why I’ve never had a problem with contrast. Anyway, black and white, day and night, the contrast is always more attractive for me than homogeneity, that’s something else Castorf and I have in common. Because of my background I’m probably more used to the turbulent and extreme. It’s natural that I also let that flow through to my work. “Das Duell” (“The Duel”) at the Berlin Volksbühne was set on the Black Sea coast in a Caucasus village complete with onion domes and all sorts of Balkan bits and pieces. It was surrounded by piles of black coal, the modern energy source before oil, which later informed the

Aleksandar Denić, your catalogue of works is extensive and excep­

“Ring” in Bayreuth. For “Reise ans Ende der Nacht” (“Journey to

tionally diverse. You work in film and television as an architect and

the End of the Night”) you packed the stage with shacks and junk

set designer and you’re also a visual artist and director. If you

which could have come from any rubbish dump in the world.

could choose, what would you say is the central focus of your

Above it were the words “Liberté, Égalité, Fraternité”, echoing

To be completely honest, I have no idea. I really couldn’t say. I have no real focus and I’m always working in various media at the same time and in parallel, whether it’s in set design, in film or event design. I’m interested in delimitation, the basic crossover in all my work. So it seems natural that you would come into

the typography of the Nazi slogan “Arbeit macht frei” which ap­

work?

contact with Frank Castorf sooner or later. You have worked with him for some time now. Do you remember when you first met?

We met each other in Belgrade a few years ago, more or less by chance. It was in the middle of negotiations for a coproduction between the Serbian National Theatre and the Berlin Volksbühne. A friend of mine rang me one evening and invited me out for a drink. And she mentioned in passing that Frank Castorf would be there as well. And so I thought, why not? When we met in the bar, it turned out that we got on really well and had a lot to talk about. Castorf finds joy in reason and wild perspectives for his theatrical material. He constantly surprises audiences with oblique combinations of texts and chains of association. He has absolutely no fear of con­ flict or charged emotions. I can imagine that all relates well to your Serbian background. Absolutely. I’ve never had a working partnership which felt so natural. The thing that Frank Castorf and I have in common is this post-socialist horizon of experience. Life in the of the ex-Yugoslav countries was more or less the same as it was here on Rosa-Luxemburg-Platz after the Wende. I don’t think you can ignore that. Really there is no great difference between us except for a few hundred kilometres’ distance. The contradictions and absurd paranoia which Frank Castorf dwells on are absolutely a part of day-today life in the parts of Europe that we both come from, and not at all invented. In a certain sense we have both been living in a reality of the absurd for decades now. As a stage designer and artist my background probably

peared above the entrance gate to Auschwitz. There is also letter­ ing to read in “Duel”. Should we assume a connection there? Yes, and that’s very important to me. I leave stories everywhere. Just like Frank Castorf, who sees connections between everything. When I was still working in film I wanted make the story of the preceding moments visible in every single frame. That creates a continuity which allows the audience to better comprehend and understand my work. I think my entire artistic work is an attempt to pursue this closeness with the audience. Might one relate this approach of yours with that now slightly unfashionable term, realism? Maybe, but at a second glance there is something irreconcilable which unites my work. The structures I find can only be reproduced in a kind of hyper-realistic style. On the other hand, when the audience first follows me into this ­hyper-realistic world, they’re forced to recognise that it’s an unreal, impossible place. This has been my styl­ istic objective of the last few years. That was the case with “Journey to the End of the Night” and in Bayreuth, where we connected the Alexanderplatz with Wall Street as venues, because in a certain way both worlds are very similar. I’m interested in impossible structures disguised as realism. You can also read that the other way round, especially when you think of “Baal”, one of your most recent productions with Castorf. In a way the crazier the stage action, the more monstrous the characters, the more authentic it

We’re constantly thinking about the dimensions of reality. When we talked about “Baal” for the first time we were at the Theatertreffen with “Journey to the End of the Night”. At that moment I started to get an idea of how we would stage “Baal”, the direction in which our journey would start off. It was obvious straight away that we would take Cop-

seems. Is that not also a form of


But you condensed the geographic and ethnologic refer­ ences into, as you put it, an allegorical environment of individual parts. Does that also mean bringing the memories of an entire

As I said, I’m always trying to hook the audience. It sometimes happens that our generation sees itself reflected in the story. But I’m more interested in general reference points. During “Journey to the End of the Night” a young man came up to me and said “Oh, I like that Muhammad Ali poster, but who’s the other guy?”. I was amazed, but OK, this seems important. Because Muhammad Ali was Cassius Clay. He changed his name because he opposed the Vietnam War. The famous boxing match took place in Africa and for African-Americans it was the most important cultural and social event of the era. So one story leads to another, which I try to relate through objects. I do the same in “Baal” by using a huge amount of detail. In the tents for example there are posters painted by Vietnamese artists which were used in Vietnamese propaganda. And in the water tank I put up comics which were in turn used by the Americans as war propaganda. That’s why it was always useful generation to a set?

having the camera, so we could let the audience see that. ¶ It’s great working with Castorf as a film set or stage designer. It lets me really bring both things together. People constantly ask me, why do you foreground the details so much? And I say, because the camera can be dangerous. Because when the details are wrong, you see it blown up on the screen. Then every individual part assumes a new dimension and significance for the production. Through the camera I expand my scenic vocabulary, and I enjoy playing with contemporary history. In copyright terms however

31

the production of “Baal” was a disaster. It was banned after the premiere in Munich by the Suhrkamp publishing house on behalf of the Brecht estate. It was obvious that such a decision would unleash a storm in the theatre world because it struck at the heart of artistic freedom. How do you see it? It’s a shame. I think it’s a real pity, particularly for the actors. But you know that was the second production of mine which was banned in that season. First “Baal” and then a while ago at a summer festival in Dubrovnik, Michel Houllebecq’s “Elementarteilchen” (“Atomised”) which I wanted to stage with the director Ivica Buljan. The decision came down from the Croatian government that the play could cause problems because there were Muslims who lived in that part of Croatia. Which was confusing, because I always thought the play was about love. But it obviously doesn’t matter what reasons the censor cites and whether you’re in Croatia or England or anywhere else. Somehow this politics of fear has got the upper hand. And remember – we live in a democracy! Have you given to thought to what will happen with the

I don’t know yet. I talked to the Residenztheater and asked them to store the set for a few more months, and they agreed. Right now we’re preparing “Der brave Soldat Schwejk” (“The Good Soldier Švejk”) for the Resi. Perhaps we’ll weave in some kind of commentary on “Baal” in. I could well imagine that.

set of “Baal”?

Who knows, maybe the Munich’s Haus der Kunst will be interested in the set ... Interview: Ute Müller-Tischler

ALEKSANDAR DENIĆ

pola’s war drama “Apocalypse Now“ as our starting point. We were fascinated by the idea that in wartime anyone can become “Baal”. But I also found that you can interpret “Baal” as a rebel, as someone breaking the taboos of bourgeois values. So he also had a revolutionary side. During the Vietnam War the true pacifists were rebels, sort of like bikers who seriously wanted to turn their society upside down. And there was still that extreme animosity between pop culture and the political establishment back then. But that’s all changed. Now when a rock musician stands on stage and sings protest songs it seems like a kind of camouflage. For that reason alone we wanted to look to Vietnam again, in the time when all of these songs came about. “Baal” was also a kind of continuation of “Journey to the End of the Night” for us. We went from Congo in Africa to Saigon and the Vietnamese jungle because we had the feeling that there was unfinished business there.


32

RAUMKÖRPER FAUST BARBARA EHNES ÜBER ARCHITEKTONISCHE ALCHEMIE Barbara Ehnes, als Sie vorschlugen, uns in der „Kohlenquelle“, eine Bar im Berliner Prenzlauer Berg, zu treffen, habe ich mich gefragt, was das für ein Ort sei. Es

ist ein Raum, in dem ich mich wohlfühle und gerne verabrede. Ich mag auch dieses einfache, unaufgeregte und zusammengewürfelte Design. Das scheint aber gar nichts mit Ihrer Arbeit zu tun zu haben. Finden Sie? Nehmen wir mal die Produktion „Faust. Erster Teil“ in Frankfurt am Main. Das war von der Raum­ stimmung her fast ein atmosphärisches Gegenmodell. Das stimmt.

Es war eine Konstruktion, eine Erfindung.

Für

mich war das eine Zauberbühne. Sie hat sich laufend bewegt, ver­ schiedene Perspektiven gezeigt und viele Spielräume gehabt. Ich habe mich gefragt, ob Sie nach einem i­dealen Raum suchen. Fast schien es so, als sei alles Zufällige und Störende von außen ausge­ schlossen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es war eine Kunstwelt, die von der Faustfigur als räumliches Zentrum aus gedacht war. Die ­Außenwelten, die von Mephisto und ihm bereist werden, waren die Rückseiten seiner „Zelle“. Insofern tatsächlich hermetisch. Bei der Beschäftigung mit Ihrer Arbeitsweise dachte ich, wir sollten unbedingt über das Mephistophelische reden. Sind Sie der Geist, der Böses will und Gutes schafft? Ich verfolge keine bösen Absichten. Aber eine inhalt­liche Verneinung, das stimmt, war hier tatsächlich mein Einstieg. Am meisten hat sich meine Ablehnung an der „Gretchenfrage“ ­entzündet. Ich habe Probleme mit einem Männerbild, das sich in Allmachtvorstellungen hineinsteigert. Wie konn­ ten Sie mit dieser widerstrebenden Distanz arbeiten? Ab dem Moment, wo ich mir Faust als Vampir definierte, war eigentlich auch die ­Distanz weg. Von da an konnte ich Bilder suchen und eine Welt erfinden. Ich begann, mir alte Stummfilme anzuschauen. Ich glaube, das sieht man immer noch ein bisschen an dieser „zusammenstürzenden“ Bühnenarchitektur. Wie in der Film­ legende „Nosferatu“ von Friedrich Wilhelm Murnau. Genau, oder in „Das Cabinet des Dr. Caligari“. Inspiriert war ich auch von Thomas Hirschhorns Kristallinstallation im Schweizer Pavillon bei der Kunstbiennale in Venedig

2011. Haben Sie die gesehen? Hirschhorn hat eine ­gigantische Installation geschaffen, in der alles mit allem zu tun hat. Da musste ich sofort an Faust denken. Ein gigantischer Kosmos und irgendwie auf ganz vielen Ebenen durch eine Art Röhrensystem miteinander verbunden. Vom Himmel durch die Erde in die Hölle? Das habe ich im Prinzip mit meiner Schlauchzentrale aufgegriffen. Man hat immer wieder Durchblicke und Verbindungen. Ja, mal klappte da was auf, mal drehte sich dort etwas. Man rutschte hinein und wieder heraus. Auf mich wirkte die Bühne tatsächlich wie ein kristalliner Körper. Manche sagen, es war ein Pentagramm. Man

kann auch an ein Molekül denken. Ich habe die Grundform vom Oktaeder abgewandelt. Haben Sie dabei an Alchemie gedacht? Absolut, das ist am ganzen „Faust“ eine interessante Farbe. Schon deshalb danke ich Hirschhorn, dass er eine so zeitgenössische Alchemie hat. Wenn er mit seinen Bergkristallen arbeitet, mischt er alles wild durcheinander und macht dabei ganz klare Aussagen. Auch Einar Schleefs „Droge Faust Parsifal“ hat mich mit seiner Annäherung an Faust als großem Rausch stark beeinflusst. Sie haben mal gesagt, dass Sie für Schau­ spieler physische Herausforderungen schaffen. Ich versuche, für die Schauspieler Spielmöglichkeiten zu entwerfen, die sie vielleicht überraschen und manchmal körperlich in ungewöhnliche Situationen bringen. Ich hoffe, dass sie sich den Raum aneignen, ihn zu ihrem Raum machen, und unterstütze sie dabei. Für mich ist Raum immer total, also auch die Fragen: Was für ein Theater ist es? Welches Verhältnis Bühne – Zuschauerraum gibt es? Mit welcher Dimension haben wir es zu tun? Und ich arbeite immer skulptural im ­Modell. Im Prinzip schnitze ich so lange am Material – wie bei „Faust“ an so einem Polyeder – herum, bis ich eine Form gefunden habe, die mich auch im Sinne der Spielorte interessiert. Ich habe Bildhauerei studiert, und manchmal denke ich, was ich damals ganz klassisch in Stein ­gehauen habe, steht heute bei meinen Drehbühnen als Raumkörper auf der Bühne. Das begreife ich als Gesamtform, und die ist für mich durchaus bild­ hauerisch. Und sehr körperlich. Schließlich sind Sie auch bei Marina Abramović in die Lehre gegangen. Richtig, sie war damals Gastprofessorin in Hamburg, wo ich bei Wilfried Minks Bühnenbild studiert habe. Als sie bei uns anfing, sind wir für eine Woche auf eine dänische Insel gefahren und haben geschwiegen, nichts gegessen und morgens um vier Uhr Yoga gemacht. Jeder Tag war voller extremer Erlebnisse, die sie inszeniert hat. Abramović hat mich extrem beeinflusst, auch ihre eigene Form von Spiritualität. Später habe ich sie auch für meine Bühnenbilder konsultiert und für ihre Ausstellungen Modelle gebaut. Das Extreme findet man auch in Ihren Arbeiten, vielleicht sogar einen vergleichbaren Überwältigungseffekt. Selbst wenn Sie jetzt immer noch Yoga machen, schleppen Sie darüber hinaus eine ganze Menge von


„Trip zwischen Welten“, so hieß eine Inszenierungsserie von Stefan Pucher am Thalia Theater in Hamburg. Wir hatten ein Thema, aber es war noch nicht klar, was wir daraus entwickeln würden. Im weitesten Sinne sollte es um die Werke von Hans Christian Andersen gehen. Genau, das Bühnenbild sieht aus wie ein Märchenschloss. Ich habe viele Märchen gelesen und mich mit der Biografie von Andersen beschäftigt. Irgendwann habe ich entschieden, dass ich mit Elementen eines historischen Innenraums umgehe, um die Spielorte anzulegen. Jetzt wirkt der

‚‚

FÜR MICH IST RAUM IMMER TOTAL, ALSO AUCH DIE FRAGEN: WAS FÜR EIN THEATER IST ES? WELCHES VERHÄLTNIS BÜHNE – ZUSCHAUERRAUM GIBT ES? MIT WELCHER DIMENSION HABEN WIR ES ZU TUN?

‚‚

Raum zwar sehr barock, mein Motiv war aber ein Stich aus der Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, der ein Musterzimmer zeigt. Der gesamte Raum war plastisch ausgepolstert und mit zigtausend Tackernadeln zusammengesteckt. So sind, wie beim Möbelaufpolstern, die ganzen Konturen entstanden. Wie hat das Ganze als Bühne funktioniert? Zu Beginn des Abends ist das Bühnenbild eine Wand mit angesetzten Möbeln in völlig falscher Perspektive, die relativ zweidimensional wirkt. Dann werden langsam Orte rausgeklappt, zum Beispiel oben das Bett. Es gibt zwei Wandelemente, die komplett wegfahren können. Dahinter ist eine Spiel­ebene, ein Steg, auf dem steht immer dieser Emu. Der Raum öffnet sich auf drei Ebenen in die Tiefe. Aber eigentlich

war das Bühnenbild eine flache Kletterbühne, die ich in die Höhe gebaut habe, weil die meisten meiner Regisseure die Schauspielerinnen und Schauspieler vorn, präsent haben wollen. Es gibt solche gepolsterten

33

Lackbilder, die meistens ein romantisches Motiv ­haben. An ein sol­ ches Sehnsuchtsbild erinnert mich auch dieses Bühnenbild. Das

glatte, pralle Material habe ich eher mit einer Art Gummizelle mit gepolsterten Türen und Fenstern in Verbindung gebracht, was etwas mit Andersens Biografie und Geisteszustand zu tun hat. Man konnte das durchaus als kalt und klinisch empfinden. Deshalb haben wir auch grandguignolesque Experimente gemacht, Beine abgesägt und blutige Beinstümpfe mit Schuhen weitertanzen lassen. Eine schaurige Vorstellung. – Sie haben 2013 den Faust-Preis für „Quijote“ erhalten, gemeinsam mit dem Videokünstler Chris Kondek. Diese Inszenierung wirkt wie ein Him­ melfahrtsgemälde, war das so beabsichtigt? Don

Quijote war sehr gläubig. Was mich fasziniert hat, war, wie jemand nur in seiner eigenen Vorstellungswelt leben kann, wie sich Wahrnehmung so überdeutlich formuliert und verschiebt. Ich habe im Prinzip eine Schräge entworfen mit bemalten Prospekten mit Landschafts- und Wolkenmotiven, die hochgespiegelt wurden wie beim alten Theatertrick „Pepper’s ghost“, der früher für Spiegelfechtereien eingesetzt wurde. Der Raum hinter dem Spion­ spiegel wurde bei Beleuchtung als „Vorstellungsraum“ sichtbar, in dem man stehen konnte. Die reale Präsenz vermischte sich mit der eingespiegelten Bilderwelt. Im Prinzip gab es auf der Rückseite so eine Art Making-of. Das war meine Ursprungsidee: Vorne werden die Bilder produziert, und hinten werden sie hergestellt. Dadurch, dass sich die Bühne drehte, konnte das Publikum alles gleichzeitig sehen. Auch Chris Kondek arbeitet oft mit dem Sichtbarmachen dieser Herstellungsebene. Zum Schluss noch eine andere Frage, weil Sie gelegentlich auch außerhalb des Theaters und ohne Regisseur arbeiten. Wie war das bei Ihrem Projekt „Istanbul Transgelinler“? Matthias Lilienthal hat-

te mich vor Jahren schon zu seinen „X Wohnungen“ ­eingeladen. Zuerst war ich skeptisch, ob ich das kann, aber dann haben mich diese performativen Mischformen immer mehr interessiert. Bei meinen Recherchen in Istanbul bin ich in Tarlabaşı auf Transsexuelle und Transvestiten gestoßen, mit denen habe ich das Projekt dann gemeinsam entwickelt. Für die Wiener Fest­ wochen 2013 haben Sie auch ein Projekt mit Autorinnen einer feministischen Literaturzeitschrift aus den 1970er/80er Jahren gemacht – „Die Schwarze Botin“, produziert am Schauspielhaus Wien, war wieder ein Genderprojekt? Mich

interessierte vor allem, wie die Leben dieser Frauen verlaufen sind und wie aktuell ihre Texte heute sind. Zudem ist die „Gender­ thematik“ im weitesten Sinne für mich als Feministin politisch wesentlich. Von der Zusammenarbeit mit Menschen in völlig anderen Lebenszusammenhängen wird auch meine Arbeit als Bühnenbildnerin sehr be­ reichert. //

BARBARA EHNES

Das schleppe ich gerne mit. Mich hat immer ihr Freiheitswillen begeistert, zum Beispiel, wenn sie mit Ulay im Auto durch die Welt gereist ist.

Abramović mit.



THE FAUST SPACE BARBARA EHNES ON ARCHITECTONIC ALCHEMY Barbara Ehnes, when you suggested that we meet in the “Kohlen­

hedron.

Absolutely! It’s an interesting ­element in the whole Faust story. That’s why I’m thankful to Hirschhorn for his contemporary alchemy. If he works with his rock crystals, he mixes everything together wildly and in doing so makes very clear statements. Also Einar Schleef’s “Droge Faust ­Parsifal” (“Drug Faust Parsifal”) influenced me heavily, by approaching Faust to intoxication. You’ve said that you create physical ­challenges for actors. I try to create opportunities for actors that perhaps surprise them and Did you think of alchemy?

35

quelle”, a bar in Berlin’s Prenzlauer Berg, I asked myself what

It’s a place where I feel good and like to meet people. I also like the simple, nonchalant, thrown- together design. That seems to have nothing in common with your work, though. You think so? Let’s take as an example your production of “Faust. ated was practically the complete opposite.

That’s right. It was

a construction, an invention.

For me, it was like a

magician’s stage. It moved constantly, showed different perspec­ tives and contained all sorts of areas. I asked myself if you were looking for an ideal space. It almost seemed as if you’d excluded everything contingent and disturbing from the outside in order to concentrate on the essential. It

was an art world that was conceived around the figure of Faust. The exterior worlds that he travelled with Mephisto were the outside walls of his “cell”. In that sense it was genuinely hermetic. When dealing with your working methods,

I thought we should talk about the Mephistophelian. Are you a

I have not evil intentions. But as regards content, that’s true: my starting point was in fact a desire to negate. This was mainly inflamed by the “Gretchen question.” I have problems with an image of men that is caught up with ideas of omnipotence. How were you able to work with this sense of reluctant distance? From the moment I defined Faust as a vampire, the distance vanished. From then on I could look for images and create a world. I started watching old silent films. I think you can still see that somewhat in the “collapsing” stage architecture. spirit that wants evil and brings good?

Like in the legendary film “Nosferatu” by Friedrich Wilhelm Murnau.

Exactly, or “The Cabinet of Dr. Caligari”. I was also inspired by Thomas Hirschhorn’s crystal installation in the Swiss Pavilion at the Venice Biennale in 2011. Did you see it? Hirschhorn made a giant installation where everything was about everything. I thought about Faust instantly! A giant cosmos on many levels, somehow connected by a kind of pipe system. From Heaven, across the Earth and into Hell? I picked up on that idea with my central tube. You always have these different perspectives and connections. Yes, sometimes some­ thing opens up, sometimes something turns around. You slide in and out again. The stage seemed to me like a huge, crystalline

You can also think of a molecule. The basic shape was a modified octa-

body. Many said that it was a pentagram.

‚‚

Part One” in Frankfurt am Main. The spatial atmosphere you cre­

FOR ME, SPACE IS ALWAYS TOTAL, WHICH MEANS I HAVE TO ASK WHAT KIND OF THEATRE IT IS, WHAT THE RELATION IS BETWEEN THE STAGE AND THE AUDIENCE, AND WHAT DIMENSIONS WE HAVE TO WORK WITH.

‚‚

sometimes place them bodily in unfamiliar situations. I hope they get used to the space and make it their own, and I support them in this. For me, space is always total, which means I have to ask what kind of theatre it is, what the relation is between the stage and the audience, and what dimensions we have to work with. I always work sculpturally on models. Principally, I cut away at material – in Faust, at a polyhedron – until I find a form that interests me for the location of the play. I studied sculpture, and I sometimes think that what I used to carve classically from stone now stands as a geometric solid on the stage, on my rotating platforms. I think of everything as an overarching form that is very much like sculpture to me. And very physi­ cal. You also went to study with Marina Abramović. Yes. At the time she was a guest professor in Hamburg, where I

BARBARA EHNES

kind of place it would be.


36

studied set design with ­Wilfried Minks. When she started with us, we travelled for a week to a Danish island where we didn’t talk, ate nothing and practiced yoga at four o’clock every morning. Every day was full of extreme experiences, which she orchestrated. Abramović really influenced me – also in her personal form of spirituality. I consulted her later about my sets and built models for her exhibitions. The extreme is also present in her work, perhaps even a comparable effect of being overpowered. You still perform yoga, and you’ve picked up a lot of other things from Abramović too. I’m glad to have picked them up. Her desire for freedom always excited me, for example, when she travelled the world by car with Ulay. “Trip zwi­schen Welten” (“A Trip between Worlds”) was also a series of productions by Stefan Pucher at the Thalia Theater in Hamburg. We had a theme, but it wasn’t clear what would develop from it. In the broadest sense it was supposed to be about the work of Hans Christian Andersen. Indeed, the set looks like a fairy-tale castle. I read a lot of fairy tales and studied Andersen’s bio­ graphy. At some point I decided to use elements of historical interiors to create the scenes. Although the room looks somewhat baroque now, my motif was a turn-of-the-century engraving of a showroom. The whole room was vividly upholstered and held together with umpteen thousand staples. That’s how the contours emerged, just like stuffing furniture. How did everything function as a stage? At the beginning of the evening the set is a wall with furniture set against it in totally false perspective, which has a relatively twodimensional effect. Other places are then slowly folded out, such as the bed from above. There are two wall units that can be taken away completely. At the back is an area for acting, a catwalk with this emu always standing on it. The room opens up three levels deep. The set was actually a flat scaffold that I built up high, since most of my directors wanted the actors to be present, at the front. There are upholstered scrap pictures that mainly show romantic interiors. This set also reminds me of these nostalgic images. I rather associated the smooth, bulging material with a kind of padded cell, with upholstered doors and windows, which has something to do with Andersen’s bio­graphy and mental

state. You could definitely experience it as something cold and clinical. For that reason we also did Grand Guignol–style experiments: sawn-off legs, and bloody stumps in shoes dancing by themselves. A grue­ some image. – In 2013 you received the Faust Prize for “Quijote” (“Quixote”), together with the video artist Chris Kondek. The staging had the effect of a painting of the Ascension. Was that also your intention? Don Quixote was very religious. What fascinated me was how someone could live only in their own imaginary world, how perception could so obviously be formulated and changed. Principally, I designed a diagonal with a painted backdrop featuring landscape and cloud motifs that were reflected on high, like in the theatrical trick “Pepper’s Ghost”, which used to be used for illusions. The area behind the spyglass, when illuminated, was visible as an “imaginary space” that you could look into. Real presence became mixed with the world of reflected images. In principle, the other side featured a kind of “Making of …”. That was my original idea: the images would be produced at the front, but they would be created in the back. When the stage rotated, the public could see everything at once. Chris Kondek also often works by making the level of production visible. Finally, a different question, since you are at present working outside the theatre and without directors. How was your project “Istanbul, Transgelinler”? Matthias Lilien­ thal invited me years ago to his X-Wohnungen series. At first I was sceptical about whether I could do it, but then these mixed performative forms have always real­ ly interested me. During my research in Istanbul I encountered transsexuals and transvestites in Tarlabaşı, together with whom I developed the project. At the Wiener Festwochen 2013 you also did a project with female writers from a 70s/80s feminist literary magazine – “Die Schwarze Botin” (“The Black Messenger”), produced in the Vienna Schau­spiel­

What interested me above all was how these women’s lives developed and how relevant their texts are today. Moreover, the theme of gender, in its broadest sense, is politically essential for me as a feminist. My work as a set designer was greatly enriched by my collaboration with people from totally different backgrounds in life.

haus. Was this also a project about gender?

Interview: Ute Müller-Tischler


Thalia ANDERSEN. TRIP ZWISCHEN WELTEN Theater Hamburg, 2010. Regie Stefan Pucher, Kostü­ me Marysol del Castillo, Video Meika Dresenkamp. Foto Krafft Angerer

BARBARA EHNES

QUIJOTE. TRIP ZWISCHEN WELTEN Thalia Theater Hamburg, 2012. Regie Stefan Pucher, Kos­ tüme Annabelle Witt, Video Chris Kondek, Musik Carsten „Erobique“ Meyer. Foto Krafft Angerer

37


FAUST. ERSTER TEIL (Johann Wolfgang Goethe) Schauspiel Frankfurt, 2012. Regie Stefan Pucher, KostĂźme Marysol del Castillo, Musik Christopher Uhe, Video Chris Kondek. Fotos Birgit Hupfeld

38


BARBARA EHNES

ARIODANTE (Georg Friedrich Händel) Theater Basel, 2012. Regie Stefan Pucher, Musikalische Leitung Andrea Marcon, Kostüme Annabelle Witt, Video Chris Kondek, Theater Basel. Fotos Tanja Dorendorf/T+T Fotografie

39


WAS IHR WOLLT (William Shakespeare) Deutsches Theater Berlin, 2015. Regie Stefan Pucher, Kostüme An­ nabelle Witt, Video Chris Kondek, Musik Christopher Uhe. Fotos Arno Declair

40


BARBARA EHNES

41


42


CHRISTOPH ERNST ÜBER BÜHNEN ALS STARTRAMPEN FÜR EIN FREIES, UNMITTELBARES, ENERGETISCHES SPIEL Christoph Ernst, Sie arbeiten als Bühnen- und Kostümbildner so­ wohl in der Oper als auch im Schauspiel. Eine nicht einfache Kom­ bination, führt einem das Schauspiel, so sagen zumindest Kolle­ gen, doch häufig vor Augen, was in der Oper nicht geht: ein freies

EMILIA GALOTTI (Gotthold Ephraim Lessing) Deutsches Nationaltheater Weimar, 2012. Regie Thirza Bruncken, Musik Sven Tees. Fotos Matthias Horn

Spiel mit den Mitteln, dem Material, den Spielweisen. Wird man da nicht zynisch? Für mich fängt ein interessanter Theaterabend mit den Leuten an, mit denen ich arbeite. Im Theater gerät man ja oft in werkimmanente Diskussionen. Das ist dann alles ganz wichtig und richtig innerhalb dieser Diskussion, interessiert von außen aber trotzdem keinen. Man vergisst völlig, warum man eigentlich mal angefangen hat, Theater zu machen. Das aber frage ich mich bei jeder Arbeit immer wieder aufs Neue, ganz grundsätzlich. Umso wichtiger finde ich es da, in Konstellationen zu kommen, in denen auf der einen Seite eine hohe Loyalität herrscht und auf der anderen eine hohe Kritikfähigkeit. Da hatte ich bisher Glück, dass ich mit Michael von zur Mühlen, Katka Schroth, Thirza Bruncken und Marcus Lobbes vier Regisseure kennengelernt habe, mit denen ich auf einer solchen Ebene gut zusammenarbeite. Und da ist es mir eben egal, ob ich in der Oper oder im Schauspiel arbeite. Die Möglichkeiten liegen darin, was ein Team denken und reißen kann. Aber zugegeben: In der Oper finde ich es gerade sehr mühsam. Sie haben mit Michael von zur Mühlen 2013/14 an dem Projekt „Die Zukunft der Oper“ teilgenommen, das an der Kunstuniversität Graz unter Professorin Barbara Beyer versucht hat, Oper mit den Mitteln der Performance neu zu denken. Wie radikal das aussehen kann, hat­ ten Sie bereits mit „Miss Donnithorne’s Maggot/Infinito Nero“ ­bewiesen, zwei Operneinaktern von Peter Maxwell Davies und Salvatore Sciarrino, die Sie 2010 mit Michael von zur Mühlen in der Werkstatt der Staatsoper Berlin inszenierten. Im ersten Teil, einer Art Installation, saß die Sängerin fast die ganze Zeit in einer Wohn­

43

war. Im zweiten Teil haben Sie die Sängerin per Gaffer-Tape auf einer Spanplatte kreuzigen und in den Raum hängen lassen. Wie lief da die Zusammenarbeit zwischen Regisseur und Bühnenbild­ ner ab? Hieß es: „Ich will die Sängerin kreuzigen, und jetzt bau

In aller Regel entstehen die Räume aus einem thematischen Interesse heraus. Bei den zwei Einaktern hatte es sehr viel mit der Musik zu tun. Für zeitgenössische Musik ist Peter Maxwell Davies ja eher operettig. Eine Frau geht seit dreißig Jahren nicht mehr raus, weil sie von ihrer großen Liebe enttäuscht wurde. Für uns ein Bild der Staatsoper selbst: Verharren im ewig Gleichen, was draußen passiert, ist schon lange nicht mehr relevant. Sciarrino hingegen ist im Ausdruck total minimal und reduziert. Darauf hat die szenische Lösung mit Radikalität geantwortet. „Infinito Nero“ handelt von der religiösen Ekstase einer Hysterikerin aus dem Florenz um 1600 – Maria Maddalena de’ Pazzi. Wir haben sie festgetackert und als Ikone ihrer selbst in den Raum gehängt. Entscheidend dabei war, dass es noch zwei Nebenfiguren gab, die diese „Heilige“ manipuliert, bemalt, bearbeitet haben. Das war für uns auch ein Bild dafür, wie heute Oper oder überhaupt Kunst funktioniert, wo Künstler mitunter bloß das Aas für Dramaturgen und Kuratoren sind, die sich daraus ihre Wichtigkeit und Legitimation basteln und dann sagen: Wir sind das Ereignis. ¶ Auch die materiellen Bedingungen sind da in einer extremen Schieflage. Der Abend hat ja an der Staatsoper stattgefunden, also an einer Institution, von der man annimmt, dass wahnsinnig viel Geld im System ist, was auch stimmt, aber in der Werkstatt der Staatsoper selbst ist halt nichts im System, die fährt eigentlich unter freier Szene. Trotzdem wird man mit dem Maßstab bewertet, dass das adäquat zum großen Haus ist. Da kamen die Materialien her, Pappe, Klebeband, Müll als Requisiten. Ein Raum wie die Box bei

mal!“?

„Miss Donnithorne’s Maggot“ ist typisch für Ihre Bühnen. Sie zeigen den Menschen in seiner Vereinzelung. Auch bei „Così fan tutte“, entstanden im Rahmen von „Die Zukunft der Oper“, saßen die Sänger in einer Reihe von Einzelzimmern, die teils nur über Video­ bilder einsehbar waren, welche die Sänger selbst generierten. Die Sichtbarmachung eines Zeitgefühls. Aber bieten Ihre Bühnen auch

Wir leben in Zeiten, in denen das General­motto zu lauten scheint: Wenn jeder an sich denkt, ist auch an alle gedacht. Von daher finde ich es adäquat, Räume für Individuen zu schaffen, die sich selbst erst einmal genug sind. Aber natürlich ist da auch immer die Möglichkeit, zusammenzufinden. ¶ Nur entstehen Verbände ja meist bloß aus Karrieregründen oder einer diffusen Sehnsucht, sich im anderen zu spiegeln. Das ist im Theater gerade wahnsinnig auffällig. Dort sieht man ja zwei Leute, die sich an gesellschaftlichen, politischen Themen abarbeiten und sich dabei gut verstehen, schon als Gefahr. Und das ist das eigentliche Problem: dass Arbeiten, die eine klare

Auswege aus der Isolation?

CHRISTOPH ERNST

LICHT AN, SPOT AUS

box, die bis auf ein paar Sehschlitze fürs Publikum geschlossen


tual über acht Tage versuchen wir da nichts weniger, als eine neue utopische Position zu formulieren. Das klingt nicht nach Einzelzelle. Tatsächlich entwerfen Sie auch Settings, die mitten im Publikum angesiedelt sind, wie „Good News“ in der Wiener Garage X oder Brecht/Hindemiths „Lehr­ stück“ in der Werkstatt der Staats­oper Berlin, beides wieder Kolla­ borationen mit Michael von zur Mühlen. Bilden solche Settings

Dass Zuschauer wie in der Kirche angenagelt auf ihren Plätzen sitzen und in andächtiger Stille über sich ergehen lassen müssen, was sich irgendwelche Theatermenschen ausgedacht haben, finde ich ein obsoletes Geschäftsmodell. Klar, es gibt Vorgänge, die bedürfen einer gewissen Konzentriertheit, aber dann müssen eben wir auf der Bühne unserer Sache so sicher sein und sagen: Wir schaffen jetzt hier einen Raum der Konzentration, und da wird keiner rausgehen. Und da ist ein Raum wie die Werkstatt der Staats­oper im Schillertheater, die weiß gestrichen eben kein so trostloses Theaterloch ist, wunderbar geeignet, so etwas wie eine soziale Plastik entstehen zu lassen, wo alle, Zuschauer, Darsteller, Musiker, in irgendeiner Form involviert sind. Selbst mit eine besondere Herausforderung für Sie?

aufgezurrten Neonröhren sind tatsächlich ein wiederkehrendes Aseptisches, fast Laborhaftes. Ich finde den Begriff Labor nicht so gut. Das hieße ja, da sitzen irgendwelche Forscher davor, und die Darsteller sind die Mäuse. Eben gar nicht. Wenn überhaupt Labor, dann ist es das ganze Haus, in dem auch ich nur eine Maus bin, ebenso wie der Zuschauer, der Darsteller. Was die Leuchtstoffröhren angeht: Ich habe festgestellt, dass mich diese ganzen Lichtspielereien nicht mehr interessieren. Überall taucht zum Beispiel dieses merkwürdig grellblaue Licht auf. Das habe ich zuerst bei Prolls gesehen, die damit ihre tiefergelegten Autos beleuchtet haben. Wieso das jetzt in wirklich jeder Inszenierung vorkommen muss, ist mir ein Rätsel. Wenn es zumindest noch was über Prolls erzählen würde. Aber so ist jeder Showact von „Wetten, dass …?“ ehrlicher, weil der nicht mehr sein will als bunt, um irgendwie drei, vier Minuten zu überbrücken. Im Theater wird dann immer behauptet, das sei Anspruch. Ich entdecke da aber oft keinen Anspruch mehr, weil wir mit denselben Mitteln agieren wie der „Wetten, dass …?“-Showact. Und da denke ich: Form follows function. Wenn wir doch einen anderen Anspruch ­haben, muss man auch über Beleuchtung anders nachdenken. Michael und ich haben zum Beispiel „Die Nibelungen“ in Weimar gemacht, drei Stunden ohne Pause in einer Lichtstimmung. So. Und da musst du eben was bringen. Da muss auf der Bühne etwas stattfinden, damit die Leute dranbleiben. Ganz eigene Energien bringen die Laien mit, mit denen Michael von zur Mühlen hin und wieder arbeitet, zum Beispiel mit Asylbewerbern in „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ 2011 in Weimar. Muss man für diese Einbrüche der Wirklichkeit, die ja auch immer mit Risiko und Spontaneität einhergehen, besondere Räume bauen?

Mich interessiert das schon sehr lange und ich habe auch immer schon versucht, Räume zu bauen, die Startrampen sind, um Prozesse in Gang zu bringen, in denen sich die Darsteller stellvertretend für uns frei ausagieren können. Was mich am Theater inzwischen überhaupt nicht interessiert, sind dressierte Affen. Heute hat doch niemand mehr szenische und künstlerisch durchformulierte Entwürfe, die so etwas rechtfertigen.

Staatstheater

Element bei Ihnen. Sie geben den Räumen oft etwas Kli­nisches,

Seite 47: NORA ODER EIN PUPPENHAUS (Henrik Ibsen) Cottbus, 2014. Regie Katka Schroth. Fotos Marlies Kross

‚‚

WÜRDE UND SCHÖNHEIT STATT DEMUT UND BLÖDHEIT!

den Neonröhren, die ich bei Arbeiten in Guckkastenbühnen immer wieder verwende, ist es im Zuschauerraum so knallhell, dass sich das Publikum als Mitspieler begreifen kann, zumindest als eine energetische Kraft. Auch die Darsteller sehen – was ich noch viel wichtiger finde – das Publikum als gestaltende Kraft. Das bringt Produktionen manchmal auch zum Kippen, wenn die Darsteller sehen, dass die energetische Kraft des Publikums stärker ist. (lacht) Das ist natürlich furchtbar. Aber wenn man Theater als einen Ort begreift, wo es um Energie geht und nicht um ausagierte Langeweile, muss man auch mal sagen: Okay, da waren wir nicht stark genug. Die über der Bühne in starren Reihen

Seite 46: MISS DONNITHORNE’S MAGGOT / INFINITO NERO (Peter Maxwell Staatsoper Berlin, 2010. Regie Michael Davies und Salvatore Sciarrino) von zur Mühlen, Musikalische Leitung Arno Waschk, Video Thomas Zengerle und Jan Berg. Fotos Thomas Barilla

Haltung haben, als Gefahr gesehen werden und nicht als Möglichkeit. Aber genau dafür gibt es doch die Betriebe: für diese Möglichkeiten. ¶ In Darmstadt hat am 4. Juni 2015 das Projekt „Schulden. Eine Befreiung. Dionysien“ von Michael von zur Mühlen und mir Premiere. Wir sagen da: Überwinden wir unsere innere Sparkasse, was heißt: Lass uns mal nicht so auf Sicherheit und den kleinsten gemeinsamen Nenner schauen, sondern die lebendige Kunst feiern. Dafür haben wir das Motto ausgegeben: Würde und Schönheit statt Demut und Blödheit! Da ist Schönheit als Negativ eben nicht Hässlichkeit gegenübergestellt, sondern Blödheit. Wenn ich in die Stadt gehe und sehe, wie sich diese Theaterbetriebe aufgestellt haben, muss ich sagen: Die haben alle keine Würde, keine Strahlkraft mehr. Alles ist demütig und klein. In einem großen exorzistischen Ri-

‚‚

44


Von daher finde ich das Stichwort „performativ“ auch für den Arbeitsprozess wichtig, wo sich jeder unter einer gesetzten Fragestellung einbringen kann und soll. Toll ist es doch immer, wenn man in seinem eigenen Abend sitzt und feststellt: Oh, das ist aber jetzt intelligenter, als ich es alleine bin. Wenn also die zusammengeführten Menschen und Energien sich so verknüpft haben, dass etwas U ­ nerwartetes, Elektrisierendes entsteht. //

Infinito Nero”, two one-act operas by Peter Maxwell Davies and

45

Salvatore Sciarrino which you put on at the Staatsoper Berlin’s Werkstatt in 2010 with Michael von zur Mühlen. In the first part, a kind of art installation, the singer sat in a habitable container for almost the entire duration, only visible to the audience through a few observation slits. In the second part you crucified the singer to particle board using gaffer tape and hung her up. How does the collaboration between director and set designer work in this case?

Generally the spaces stem from a thematic interest. For the two oneacters it had a lot to do with the music. For contempor­ ary music Peter Maxwell Davies is quite operetta-like. A woman has been shut in for thirty years, refusing to go out because she was let down by her great love. For us this was an image of the Staatsoper itself: stuck in a routine, where external events are long since irrelevant. Sciarrino, on the other hand, is completely minimal and reduced in his expression. The set responds to this with radicalism. “Infinito Nero” is about the religious ecstasy of a hysteric in Florence around 1600 – Maria Maddalena de’ Pazzi. We taped her up and suspended her in the space as an icon of herself. The key thing was that there were two secondary characters who manipulated this “saint”, painted her, worked on her. For us that was also an image of the way opera or really all arts function these days, where artists are sometimes simply carrion for dramaturges and curators, who use them to cobble together their relevance and legitimation and then say: we are the event. ¶ The material conditions, too, are extremely difficult. The evening took place in the Staatsoper, an institution where you imagine there is a huge amount of money in the system, and there is, but in the Werkstadt itself nothing is within that system, everything happens rather “independently”. Nonetheless you’re still judged by the standard of whether it’s appropriate for the grand institution. That’s where the mate­rials we used came in, cardboard, sticky tape, rubbish for props.

Seite 48: COSI FAN TUTTE (Wolfgang Amadeus Mozart) Kunst­universität Graz / Deutsche Oper Berlin, 2013. Regie Michael von zur Mühlen, Musikalische Leitung Michael Hofstetter. Foto Alexander Wenzel / Gianmarco Bresadola

Theater Dort­ Seite 49: DER GOTT DES GEMETZELS (Yasmina Reza) mund, 2012. Regie Marcus Lobbes. Fotos Christoph Ernst / Birgit Hupfeld

LIGHTS ON, SPOTLIGHT OFF CHRISTOPH ERNST ON THE SET AS A LAUNCH PAD FOR PERFORMANCE WHICH IS FREE, IMMEDIATE AND ENERGETIC

Christoph Ernst, you work in set and costume design for both opera and drama. No easy combination when colleagues maintain that drama shows you directly what opera can’t, that is, the free interplay of means, material, performance styles. Doesn’t that make you cynical? For me an interesting performance begins with the people I work with. In the theatre you’re often drawn into conversations which are all about the work. Which is all well and good within that conversation, but it’s of no interest to anyone else. You completely forget why it you started making theatre. But I ask myself anew, fundamentally, with every job. So it’s all the more important to me that I can find configurations in which there’s a high degree of loyalty on the one hand, but also highly developed critical faculties on the other. So far I’ve been lucky that with Michael von zur Mühlen, Katka Schroth, Thirza Bruncken and Marcus Lobbes I’ve found four directors with whom I can work well on such a level. And so it doesn’t really matter if I work in opera or drama. The possibilities lie within what a team can think up and draw out. But I have to admit that I find opera very difficult right now. In 2013/14, you and Michael von zur Mühlen took part in the project “The Future of Opera”, led by ­Professor Barbara Beyer at the Graz University of Music and Performing Arts, which attempted to rethink opera through performance. You had already demonstrated this radical idea with “Miss Donnithorne’s Maggot/

Spaces like the box for “Miss Donnithorne’s Maggot” are typical of your sets. You show people in their isolation. In “Così fan tutte”, too, which was part of “The Future of Opera”, the singers stood in a row of individual rooms, some of which were only visible through video which the singers themselves generated. A sense of time made visible. But do your sets also offer a way out of isolation?

We live in an era in which the general motto seems to be, if everyone is thinking about themselves, then everyone is taken care of. Therefore I find it appropriate to create spaces for individuals which are at first sufficient in themselves. But of course there is always the possibility of coming together. ¶ But associations usually arise for purely professional reasons, or a vague longing to see yourself reflected in others. That is especially apparent in the theatre. There if you have two people dealing with social and political topics, who also get on, it’s seen as a danger. And that’s the real problem: that works

CHRISTOPH ERNST

Is it just, “I want the singer crucified, now build!”




48


49


which take a clear position are seen as a danger and not as an opportunity. But that’s precisely why you have the ensemble: for these opportunities. ¶ In Darmstadt on 4th of June 2015 Michael von zur Mühlen and I are premiering the project “Schulden. Eine Befreiung. Dionysien”. There we’re saying: let’s conquer our inner savings bank, which means, let’s stop worrying so much about security and the lowest common denominator, let’s celebrate living art instead. And we have a motto: Dignity and beauty instead of humility and stupidity! When I look around the city and see the way theatre companies position themselves, I have to say that none of them have any dignity,

an energetic force. That sometimes tips the balance of the production, when the actors see that the audience has the greater energetic force (laughs). Of course that’s terrible. But when you start to see the theatre as a place which is about energy and not about tediously acting something out, you have to say then, OK, we weren’t strong enough. The rigid rows of hanging neon lights over the stage are in fact a recurring element of your work. They often lend the space a clinical air, something aseptic, almost labor­a­

individual cells. In fact you also design settings located in the mid­

tory-like. I’m not so fond of the term laboratory. That would imply a bunch of researchers sitting in front with the performers as mice. Not at all. If there is a laboratory, it’s the whole building, in which I’m just a mouse as well, just like the audience, just like the performers. As far as the fluorescent tubes are concerned, I’ve noticed that this playing around with light doesn’t interest me anymore. For example, you see this strange lurid blue light everywhere now. I first saw it with proles and their low-riders, where it shines from under the car. But I have no idea why you see it now in every single production. I mean maybe if they had something to say about proles. But any act on “Wetten, dass...?” (German tele­ vision programme) is more honest, because it’s not trying to be anything but colourful, to fill in three or four minutes. In the theatre they always claim that it’s demanding. But few things really seem demanding anymore, because we’re working with the same means as a “Wetten, dass...?” act. And so I think: form follows function. If we’re demanding something different, then we have to also rethink the lighting. For example, Michael and I put on “Die Nibelungen” in Weimar, three hours without an interval, one lighting state. Just like that. And so you have to bring something to it. Something has to be happening on the stage to make people stay. The non-

dle of the audience, like “Good News” at Garage X in Vienna, or Brecht

professionals with whom Michael von zur Mühlen sometimes works

and Hindemith’s “Lehrstück” at the Staatsoper Berlin’s Werkstatt,

bring a particular type of energy, for example the asylum seekers

both of them also collaborations with Michael von zur Mühlen.

in the 2011 “Saint Joan of the Stockyards” in Weimar. Is there a

The audience sits there nailed to their seats like they’re in church, in contemplative silence, letting anything that a bunch of theatre people can think up wash over them – I think that’s an obsolete business model. Sure, there are events which require a certain concentration, but then we on the stage must be so sure of our business that we can say: here and now, we are creating the space for concentration so no-one is ­going to leave. And so a space like the Werkstatt of the Staatsoper in the Schillertheater, which with a bit of white paint isn’t such a bleak hole of a theatre, is perfectly suited for creating something like a social sculpture where everyone, audience, actors, musicians, are involved in some way. Even just with the neon tubes which I have used a number of times when working on proscenium stages, it’s so incredibly bright in the auditorium that the audience can think of themselves as participants, at least as

particular type of space you have to construct for these intrusions

‚‚

50

‚‚

DIGNITY AND BEAUTY INSTEAD OF HUMILITY AND STUPIDITY!

any magnetism anymore. Everything is humble and small. In a great ritualistic exorcism over eight days we’re attempting nothing less than the formulation of a new utopian position. That certainly doesn’t sound like

Do these settings represent a particular challenge for you?

of reality, which are always accompanied by risk and spontaneity?

I’ve been interested in that for a long time, I have always tried to create spaces which are launch pads, to put processes in motion in which the performers can act as free agents, standing in for us. But no longer interests me at all in the theatre is performing monkeys. No-one these days is coming up with the kind of fullyformed scenic and artistic designs which could justify that kind of thing. Therefore I find the keyword “performative” important for the working process, where everyone can and should participate in the context of a pre-defined issue. It’s always great when you sit there watching your own show and realise: oh, this is much more intelligent than I am on my own. When people and energies come together and connect in such a way that something unexpected and electrifying arises. Interview: Dorte Lena Eilers


INTERNATIONALES SOMMERFESTIVAL + MUSIK + PERFORMANCE + TANZ + THEORIE + BILDENDE KUNST + THEATER + FILM

U.A. MIT: GISÈLE VIENNE & PUPPENTHEATER HALLE DOUGLAS GORDON & PHILIP VENABLES GOB SQUAD JAN PLEWKA & LEO SCHMIDTHALS & TOM STROMBERG GEHEIMAGENTUR

L E G A N K AMP K AMPNAGEL

.DE

05.–23.AUG TICK E TS 040 2 70 949 49 , W W W.K AMPN AGEL.DE

SPIELZEIT 2015/16

SPIELZEITERÖFFNUNG

WE DON’T CONTEMPORARY 24.09. – 10.10. U.A. MIT:

BRETT BAILEY / THIRD WORLD BUNFIGHT: MACBETH

BOUCHRA OUIZGUEN: HA! ARIEL EFRAIM ASHBEL AND FRIENDS: THE EMPIRE STRIKES BACK AÏCHA M’BAREK & HAFIZ DHAOU: SACRÉ PRINTEMPS! OKTOBER NOVEMBER DEZEMBER

GINTERSDORFER / KLASSEN: EXOR ZIEREN STAT T EXER ZIEREN NORDWIND FESTIVAL JOHANNES MÜLLER: SALOMÉ DADA MASILO: CARMEN


52

SPUREN LEGEN

Sie bestimmen die Richtung der Inszenierung weit über die Archi­

sieren: auf der einen Seite die Vorgeschichte Elektras im Hause der Atriden rund um die Opferung Iphigenies zu zeigen und auf der anderen Seite Elektras Jetztzeit, die wegen ihrer steten Klagen um den erschlagenen Vater des Hauses verwiesene Tochter. ¶ So sah man dann auf der einen Seite der Schiffbau-Halle nur die Front eines Hauses mit Tür und Fenstern, in das die eine Figur, Elektra, nicht hineindarf, und auf der anderen Seite das Innenleben dieses Gebäudes, in dem die Zuschauer zu Zeugen der ganzen Vorgeschichte der Atriden inklusive der Ermordung Agamemnons durch Klytämnestra werden – eine Art Hinterland, wo man mit Zeitverschiebungen spielen konnte. Die Zuschauerinnen und Zuschauer saßen zu beiden Seiten, in der Pause wechselten sie die Plätze, die Spieler zeigten zweimal genau das Gleiche. Geräusche der jeweils anderen ­Seite, Einblicke und Durchsichten lösten sich nachträglich ein. Das Ganze las sich als großes Fragment, das die Zuschauer im Kopf zusammensetzen mussten, unabhängig davon, welchen Teil sie zuerst gesehen hatten. Sprache ist ein großes Thema für Sie. In Ihrem Büh­

tektur, die die Spielfläche einfriedet, hinaus. Sie führen ein selbst­

nenbild zu Simon Stephens’ „Pornographie“, einer Koproduktion

Ich versuche, Räume zu schaffen, die offen sind für die Schwingungen einander überlagernder Bedeutungsebenen, damit sie miteinander in Korrespondenz treten. ¶ Für Sebastian Nüblings Inszenierung von Henrik Ibsens „John Gabriel Borkman“ beispielsweise hat sich die Nähe zum im selben Jahr erschienenen „Dracula“ von Bram Stoker als ergiebig erwiesen. Diese beiden Texte wiederum treten in leidenschaftlichen Dialog mit den Vampir­ metaphern, die Karl Marx entwirft, um Wirkungsweise und Wege des Kapitals zu beschreiben. Dieser Übergang ins Phantasmatische, der sich an die Figur des Vampirs heftet, hat wesentlich zur Bildfindung beigetragen. ¶ Ein anderes Beispiel: Ein Bühnenbild für ­Karin Henkels „Elektra“-Inszenierung in Zürich reagierte darauf, dass es im Altgriechischen keine Vokabel für „Familie“ gibt, dafür aber viele verschiedene Bezeichnungen für „Haus“. Der große, immer wiederkehrende Topos in dem Stück lautet: das Haus der Atriden. Das Haus wird zum bildnerischen Ersatz für die Familie und lässt sich wunderbar aufladen mit der Definition, die Sigmund Freud für den psychischen Apparat im Allgemeinen entworfen hat: Er schlägt einen großen Raum des Unbewussten vor, in dem sich alle möglichen Vorstellungen und verdrängten Erinnerungen tummeln, zeitlich munter durcheinandergewirbelt. An diesen großen Raum, den ich mir vollkommen amorph vorstelle, schließt sich, allerdings getrennt durch eine gut bewachte Membran, der kleine Salon an, in dem Freud das Bewusstsein ansiedelt. Mit dieser Denkfigur im Kopf habe ich Karin Henkel dann vorgeschlagen, das immer wiederkehrende Bild des Hauses der Atriden wörtlich zu nehmen und die Erzählstränge zu paralleli-

zwischen Hamburger Schauspielhaus, dem Schauspiel Hannover

MURIEL GERSTNERS BÜHNEN FÜHREN EIN SELBSTBEWUSSTES EIGENLEBEN Muriel Gerstner, Ihre Bühnenbilder sind dramaturgische Setzungen.

bewusstes Eigenleben mit versteckten Botschaften.

und dem Festival Theaterformen, das die Anschläge auf die Londo­ ner U-Bahn im Jahr 2005 verarbeitet, haben Sie sie explizit ins

Der Bühnenhorizont bestand aus Pieter Bruegels Gemälde „Turmbau zu Babel“ – und zwar als Puzzle, an dem die Spieler während der Vorstellung unablässig arbeiteten. Simon hatte seinen Text nach den sieben Lebensaltern gegliedert, wie Shakespeare sie in „As You Like It“ aufzählt, nämlich vom noch nicht sprechenden Kleinkind bis zum Greis, der die Sprache vergessen hat – und das hat mich an das Bilderrepertoire der manieristischen Maler wie Pieter Bruegel denken lassen, die sich in endlosen Varianten mit dem Turmbau zu Babel beschäftigt haben, dieser biblischen Geschichte, die ein so genaues Bild der Sprache als ewiger Baustelle entwirft. Ich habe gerade ein faszinierendes Buch von dem amerikanischen Psychoanalytiker Bruce Fink gelesen. Er beschreibt, wie das Kleinkind durch den Einfluss der elterlichen Sprache allmählich zum Subjekt wird: Wir werden von Anfang an in einer Sprache angesprochen, die zunächst einmal nicht unsere ist – und nie ganz sein wird. Sprache also als Erbschaft und als virale Infektion. Man lernt die Bedeutungen von den Eltern, der Umwelt. Der kleine mensch­liche Körper wird kultiviert durch die Sprache, die man in ihn einpflanzt, das heißt, jeder Mensch nimmt mit den Worten etwas in Gebrauch, das ein Eigenleben führt, Bedeutungsebenen transportiert, die wir nicht vollständig kontrollieren können. Und so ist es auch mit Bildern. Das spürbar zu halten, versuche ich in meinen Entwürfen. In Ihren Bühnenbildern finden sich immer wieder

Zentrum gerückt.

Schriftzüge, Sätze, Objets trouvés, die nicht zwingend mit dem Bühnengeschehen in Verbindung stehen. Auch das sind Spuren,


MURIEL GERSTNER

ZU BÖSEN HÄUSERN GEHEN (Installation) 11. Inter­ nationale Quadriennale Prag, 2007. Foto Hugo Glendinning

53


Ich bediene mich hier eines Prinzips des Barocks: Überschriften, die nicht in die vollständig gleiche Richtung weisen wie das Bild, sondern ein Dialogfeld aufmachen. Dadurch, dass man den Text nicht prima vista zuordnen kann, beginnt etwas zu oszillieren. Das hoffe ich zumindest. Dass es nur wenige verstehen, nehmen Sie in Kauf? Es geht ja um etwas Uneindeutiges, das sich bei mir verfangen hat und das ich weiterreichen möchte, ein Kommunikationsangebot. Das zeigt ja gerade die psychoanalytische Lektüre: Nichts lässt sich eindeutig bestimmen. Manchmal allerdings wäre ich gerne eindie Sie legen, Kassiber, die nur Kundige aufzulösen vermögen.

‚‚

54

DIE MITGLIEDER EINES PRODUKTIONSTEAMS FUNGIEREN ALS DOLMETSCHER FÜR DEN TEXT.

‚‚

deutig. Können Sie ein Beispiel geben? Bei der Beschäftigung mit Elfriede Jelineks „Das schweigende Mädchen“, in dem es um den NSU-Prozess geht, habe ich aus einer ungeheuren Wut heraus entworfen – die Vorstellung, dass ich keinen Tag meines Lebens ohne das Bewusstsein um die fatalen Auswirkungen des „Dritten Reiches“ zugebracht habe und dann einzutauchen in diese unfassbare Geschichte um diese ideologisch verbrämte Mörderbande. Das einzige kreativ Verwertbare, wenn man so will, war ein Spiel, dass Zschäpe und Co. entworfen und zur Aufbesserung ihrer Finanzen in rechtsradikalen Kreisen vertrieben haben: Pogromly. Angelehnt an das ideologisch in jede Richtung aufladbare Monopoly wurden in Pogromly die Vor­ gaben verschoben, zum Beispiel die Städte judenfrei zu machen. ¶ Ich habe Johan Simons vorgeschlagen, ebenfalls ein Zeichensystem zu etablieren. Mit unseren Parametern. Wir sind dann darauf gekommen, ein Spiel wie ein Ruinenfeld aufzubauen, das im Hintergrund vor sich hindämmert, unbespielt, aber mit markanten Zeichen

versehen. So wird die Bühne optisch dominiert vom „Erbschaftsamt“, an das jeder Spieler und Zuschauer (imaginär) seinen Tribut zahlen muss, denn die Geschichte des NSU kann man natürlich nicht entkoppeln von der Erbschaft, die uns die Nazis hinterlassen haben. Links und rechts sind ferner Häuschen postiert, die auf Elfriede Jelineks Lieblingsfeind Martin Heidegger verweisen und Seynshütte-Ost und -West heißen, weil Heidegger sich in der Hochzeit des nationalsozialistischen Terrors in seine Klause im Schwarzwald ­zurückzog, die er „Seynshütte“ nannte, und dort schöngeistige Texte verfasste, mit Einschüben, die an Blut-und-Boden-Literatur denken lassen. Während in Nürnberg die Rassengesetze verabschiedet wurden, reflektierte er über van Goghs Schuhgemälde und beschrieb dort die gediegene Schwere des Schuhzeugs, das klaglose Bangen um Brot, die entbehrungsreiche Welt der Bäuerin und so weiter. ¶ An die Seynshütten gliedert sich deshalb auch ein Heimatgarten mit Heimaterde an, die dann im vorne stehenden Konservatorium kompostiert und zu Humus umgewandelt werden kann. Heideggers Nähe zur nationalsozialistischen Ideologie ist ja gerade wieder deutlich in unser Bewusstsein gerückt. ¶ So eindeutig baue ich sonst selten meine Bilder. Ironischerweise dachten die meisten Leute, wir übernehmen eins zu eins das Spiel in der Variante des NSU. So viel zur Eindeutigkeit. Eingeladen, die Schweiz bei der 11. Prager Quadriennale 2007 zu vertreten, haben Sie sich entschieden, nicht Ihre Raumentwürfe zu dokumentieren,

Durch diese Einladung aufgefordert, grundsätzlich über Bühnenbild und meine Rolle als Gestalterin nachzudenken, schien es mir langweilig, einfach Modelle vergangener Produktionen auszustellen. Mir geht es darum, dem Schöpfungsprozess auf die Spur zu kommen, der ein gemeinsamer ist. Wir alle – in diesem Falle die Mitglieder eines Produktionsteams – fungieren als Dolmetscher für den Text. Für die archäologische Arbeit, die eigentlich jede Beschäftigung mit einem Text begleitet, habe ich eine Visualisierung gesucht. Im Prinzip auch eine Visualisierung für meine Beschäftigung mit dem Bild von Sprache als ewiger Baustelle. Ausgangslage war, dass es ohne Sprache auch keinen Bau geben kann. So habe ich zwei Freunde eingeladen, Texte zu schreiben, die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen und den Autor Händl Klaus. Um dieses Schreiben herum habe ich eine Geschichte der Rekonstruktion und Spurensuche etabliert, der man in einem begehbaren, aber verlassenen Raum nachgehen kann. Mich hat besonders interessiert, eine theatrale Erfahrung in Abwesenheit der Protagonisten auszulösen, nur durch im Raum ausgelegte Spuren mögliche Narrative herzustellen. // sondern ein eigenes Kunstobjekt zu schaffen. Warum?


LEAVING TRACES MURIEL GERSTNER’S SCENES LEAD THEIR OWN SELF-ASSURED LIFE

can play with time differences. The audience sat on both sides and during the interval changed places. The actors performed exactly the same thing twice. Noises caught from the other side, glimpses of the action there, were later redeemed. The whole thing was to be read as a huge fragment that the audience had to piece together in their heads, independently of whichever part they had seen first. Language is a major

55

topic for you. In your set for Simon Stephen’s “Pornography,” a coproduction between the Hamburg Schauspielhaus, the Hanno­

the 2005 London Underground attacks, you explicitly placed lan­

They determine the direction of the production far more than the

guage at the centre. The

Seite 56/57: PORNOGRAPHIE (Simon Stevens) Deutsches Schauspielhaus Hamburg, Schauspiel Hannover und Theaterformen, 2007. Regie Sebastian Nübling, Bühne Muriel Gerstner und Jean Marc Desbonnets, Kostüme Marion Münch, Musik Lars Wittershagen. Foto A. T. Schäfer

architecture that encloses the stage. They lead their own self-as­ sured life, with hidden messages. I try to create spaces that are open to the fluctuations of different, superimposed levels of meaning, allowing them to enter relationships with each other. ¶ For Sebastian Nübling’s production of Henrik Ibsen’s “John Gabriel Borkman,” for example, the closeness to Bram Stoker’s “Dracula,” which nearly appeared in the same year, proved very fruitful. Both these texts in turn enter into a passionate dialogue with the vampiric metaphors that Karl Marx employs to describe the operations of capital. This passage into the fantastic, which attaches to the figure of the vampire, fundamentally contributed to the development of the sets. ¶ Another example: a set for Karin Henkel’s production of “Elektra” in Zurich responded to the fact that in Ancient Greek there is no word for “family,” but many different names for “house.” The great, constantly returning topos in the play is the “House of Atreus.” The house becomes an artistic substitute for the family and is wonderfully charged by the definition that Sigmund Freud gave to our psychic machinery: he proposes that the unconscious is a large room in which all possible ideas and repressed memories bustle about, happily whirling around each other. Attached to this large room, which I imagine as totally shapeless, is the little salon, separated by a carefully observed membrane, in which Freud places consciousness. With this metaphorical figure in mind, I proposed to Karin Henkel that we take the returning image of the “House of Atreus” literally and place the strands of the narrative in parallel: to show on one side Elektra’s prior history in the House of Atreus, concerning the sacrifice of Iphigenia, and on the other side, her present existence, as the daughter admonished for constantly lamenting the murdered father of the House. ¶ So, on one side of the Halle at the Schiffbau (a venue of the Zurich Schau­ spielhaus) you could see the façade of a house with a door and windows, into which one figure, Elektra, cannot enter, and on the other side the interior life of this building, where the audience witnesses the entire history of the Atreides, including the murder of Agamemnon by Clytemnestra – a kind of hinterland, where you

rear of the stage consisted of ­ ieter Breughel’s painting “The Tower of Babel”, but as P a puzzle that the actors were constantly trying to solve during the play. ¶ Simon had divided his text according to the seven stages of life counted by Shakespeare in “As You Like It” – namely, from the child who can’t yet speak to the old man who has forgotten language – and this made me think of the pictures of mannerist painters like Pieter Breughel, who dealt with endless vari­ations of the Tower of Babel, the biblical story that presents such a true image of language, as an eternal construction site. I just read a fascinating book by the American psychoanalyst Bruce Fink. He describes how a small child gradually becomes a subject through the influence of its parents’ language: from the very beginning, we speak a language that is not wholly our own, and never can be. Language as inheritance but also viral infection. We learn meanings from our parents, our environment. The tiny, human body is cultivated through the language that we plant in it such that, with words, every person makes use of something that leads its own life and carries levels of meaning that we can never completely control. It’s the same with pictures. I always try to make that noticeable in my designs. In your sets there are always letterings, sentences

and objets trouvés that do not necessarily have a relation to the action on stage. These are also traces that you leave behind, secret

I’m following a bar­ oque principle here: headings that don’t really point in the same direction as the image, but open a space diagonal to it. Since you can’t make sense of the text at first glance, something begins to oscillate. At least, I hope it does. Do you accept that only a few people understand this? It’s about something ambiguous that gets caught up in me, and which I’d like to pass on – an offer of communication. Psychoanalysis shows this: nothing can be unambiguously defined. However, I sometimes wish I could be unambiguous. Could you give an example? When I was working on Elfriede ­Jelinek’s “Das schweigende Mädchen” (“The Silent Girl”), which dealt with the NSU trial, I designed out of an enormous sense of rage – the idea that I’d not spent a day of my life without being conscious of the terrible messages that only experts can decode.

MURIEL GERSTNER

ver Schauspiel and the Theaterformen Festival, which dealt with Muriel Gerstner, your sets are a kind of dramaturgical subsidence.


56


57


ELEKTRA (Aischylos, Sophokles, Euripides, Hugo Schauspielhaus Zürich, von Hofmannsthal) 2013. Regie Karin Henkel, Kostüme Klaus Bruns, Musik Alain Croubalian. Fotos Muriel Gerstner

58


MURIEL GERSTNER

59


consequences of the “Third Reich”, and then having to dive in to this unfathomable story about an ideologic­ ally dressed-up gang of murderers … The only thing you could use creatively, if you can call it that, was a game that Zschäpe and her cohorts had designed in order to make money, and had distributed in radical right-wing circles: Pogromly. Inspired by Monopoly, which can be ideologically charged however you like,

‚‚

60

‚‚

THE MEMBERS OF A PRODUCTION TEAM FUNCTION AS INTERPRETERS OF A TEXT.

the objectives were changed to, for example, ridding cities of Jews. ¶ I proposed to Johan Simons to make a similar system of signs. With our own parameters. We then had the idea to make a game like a sea of ­debris that glowed in the background, unplayed, but furnished with striking signs. In this way the stage was dominated by the “Inheritance Office” to which every actor and spectator (in their imagination) had to pay tribute, since you can’t separate the story of the NSU from the inheritance the Nazis left us. Further to the left and right were little houses that alluded to Elfriede Jelinek’s favourite enemy, Martin Heidegger, and were called Seynshütte East and West, because Heidegger,

during the peak of the Nazi terror, withdrew to his hermitage in the Schwarzwald, which he called “Seynshütte”, and wrote aesthetic texts containing passages that are reminiscent of blood and soil literature. As the racial laws were being passed in Nuremberg, he reflected on van Gogh’s picture “Peasants’ Shoes” and described the dignified weight of the boots, the uncomplaining fear of hunger, the deprived world of the farmer’s wife, etc. ¶ Joined to the Seynshütte was hence a national garden and with national earth that was composted in the conservatory at the front and turned into topsoil. Heidegger’s proximity to Nazi ideol­ ogy was hence clearly pushed again to the forefront of our minds. I usually don’t create my images so unambiguously. Ironically, most people thought that we’d made a 1:1 adaptation of the NSU’s version of Monopoly. So much for unambiguity. When you were invited to represent Switzerland at the 11th Prague Quadrennial in 2007, you decided not to document your spacial designs, but to make

This invitation challenged me to think fundamentally about scenography and my role as a designer, so it seemed boring to me simply to exhibit models from previous productions. I wanted to follow the traces of the creative process, which is something we share. All of us – in this case, members of a production team – function as interpreters of a text. I looked for a visualization of the archeological work that accompanies every engagement with a text. In principle I also wanted a visualization of my occu­pation with the image of language as an eternal construction site. My starting position was that, without language, there would be no construction. So I invited two friends to write texts, the cultural theorist Elisabeth Bronfen and the author Händl Klaus. Based on their writing, I set up a story about reconstruction, and the traces we can follow in an accessible but abandoned place. I was particularly intersted in arousing a theatrical experience in the absence of a protagonist, in creating possible narratives only from the traces laid down in the room.

your own art object. Why?

Interview: Judith Gerstenberg


SPIELZEIT

2015/16 STADTTHEATER

MÜNSTERPLATZ

WERKSTATT

orPheUs In der UnterweLt

der naMe der rose

MIss sara saMPson

Nach Jacques Offenbach Text von Christoph Israel & Thomas Pigor Regie: Andrej Woron Musikalische Leitung: Andreas Kohl 25. SEPTEMBER 2015

nach Umberto Eco Regie: Jörg Steinberg Konzilfestspiele

FreMd BIn ICh eInGezoGen ...

AUSSER HAUS

eine musikalische Wanderung durch Schuberts »Winterreise« und Büchners »Lenz« 23. OKTOBER 2015

FaUst I

Johann Wolfgang von Goethe Regie: Johanna Wehner 27. NOVEMBER 2015

24. JUNI 2016

Johan hUs

Oratorium von August Zeune Musik von Carl Loewe Musikalische Leitung: Wolfgang Mettler Kirche St. Stephan 14. NOVEMBER 2015

Thomas Bernhard Regie: Oliver Vorwerk

der zerBroChne krUG

Heinrich von Kleist Regie: Michael von zur Mühlen 19. FEBRUAR 2016

Carlo Goldoni Regie: Johanna Schall

18. MÄRZ 2016

eIn VoLksFeInd

Henrik Ibsen Regie: Dietrich Hilsdorf Internationales Bodenseefestival 2016 29. APRIL 2016

FaUst II

7. NOVEMBER 2015

dIe PrÄsIdentInnen

Werner Schwab Regie: Stefan Eberle 23. JANUAR 2016

5. MÄRZ 2016

SPIEGELHALLE das Mass der dInGe

Neil LaBute Regie: Wulf Twiehaus 26. SEPTEMBER 2015

der dIener zweIer herren

Euripides Regie: Max Pross

Friedrich Hebbel

12. MAI 2016

29. JANUAR 2016

Medea

JUdIth

Und wenn sIe GInGen

Rebecca Schnyder Regie: Claudia Brier Uraufführung

rItter, dene, Voss

Gotthold Ephraim Lessing Regie: Alexander Marusch 27. SEPTEMBER 2015

draCULa

nach Bram Stoker

Regie: Michaela Dicu 5. DEZEMBER 2015

onkeL wanJa

Anton Tschechow Regie: Neil LaBute 21. MAI 2016

Johann Wolfgang von Goethe Regie: Johanna Wehner 20. MAI 2016

www.theaterkonstanz.de

3. aUtorenwettBewerB Hauptpreisstück aus dem 3.Autorenwettbewerb der Theater Konstanz und St. Gallen Regie: Andreas Bauer Uraufführung, Auftragswerk 9. APRIL 2016



SAKRALE FIKTION

Für mich spiegelt sich das christliche Weltbild in der Guckkastenbühne. Wenn man mit Schnürboden und Unterbühne arbeitet, zitiert man immer auch christliche Ikonografie, auch wenn vordergründig keine Glaubensfragen behandelt werden. Am Anfang stand das

63

Pestgelübde im Jahr 1633. Die Gemeindevorsteher schworen sich damals, die Passionstragödie alle zehn Jahre aufzuführen. Seitdem haben sich Text und Musik immer wieder gewandelt, auch der Aufführungsort veränderte sich über die Jahrhunderte. Zu Beginn

Repräsentationsbauten im Neorenaissance-Stil entstanden. Theatergeschichtlich ist interessant, dass sich die Prozession der Schöpfungsgeschichte in Oberammergau erhalten hat und eine eigene Spieltradition begründete. War das für Sie als Bühnen- und

christlichen Liturgie abzutrennen. So dachte man. Heute machen

Kostümbildner von Belang? Die Schöpfungsgeschichte wird ja nur in den lebenden Bildern angedeutet, die als Kind, im Sinne eines großen Kasperletheaters, eine magische Wirkung auf mich hatten. Als Erwachsener wurde ich gefragt, ob wir in Oberammergau Theater für amerikanische Kreationisten machen. Man ist hier in der selt­ samen Situation, Theater nicht nur für Oberammer­ gauer und Deutsche zu machen, sondern auch für Amerikaner und Japaner. Von vielen Einheimischen wird die Wahrung der Tradition eingefordert. Das ist in gewisser Weise sinnvoll, denn das Passionsspiel muss authentisch bleiben. Und trotzdem hat man im Hinterkopf, dass man für ein weltweites Publikum arbeitet. Bevor wir eine große Neugestaltung des Passionsspiels durchsetzen konnten, gab es eine siebzig Jahre andauernde Zeit der Erstarrung, in der das Passionsspiel immer gleich aufgeführt wurde. Die muffige Ästhetik des Passionsspiels im Zusammenspiel mit der martialisch anmutenden Steinplatten-Architektur der dreißiger Jahre wirkte mittlerweile wie die Parodie des Oberammergauer Sandalentheaters. Die Passionsgeschichte

sich Glaubensfragen auch wieder im Gegenwartstheater bemerk­

wurde von Christian Stückl wie ein Historiendrama inszeniert. Er

bar. Erinnern Sie sich daran, wann Sie begonnen haben, sich

selbst berichtet, dass er die Bilder der Nazarener Malerschule des

Wenn Sie so wollen, habe ich mein bisheriges Leben damit verbracht. Dadurch, dass mein Vater Krippenschnitzer ist, war ich schon früh mit diesen Fragen beschäftigt. Allerdings habe ich als Kind in der Werkstatt meines Vaters keine religiösen Motive, sondern kleine bewegliche Star-Wars-Figuren geschnitzt. Erst als ich als 16-Jähriger auf die Oberammergauer Schnitzschule ging, habe ich mich wirklich mit der christlichen Tradition beschäftigt. Der damalige Schulleiter hatte in den siebziger Jahren zusammen mit seinen Schülern ein barockes Passionsspiel ausgearbeitet, das leider nie zu einer offiziellen Aufführung kam. Wann immer sich aber die Gelegenheit bot, habe ich die aufwendig in Holz gearbeiteten Bühnenbildmodelle auf dem Dachboden meiner Schule bewundert. ¶ Vielleicht ist meine Sicht auf das Theater durch das Passionsspiel geprägt.

19. Jahrhunderts im Kopf hatte, als er mit den Vorbereitungen der

Stefan Hageneier, seit 400 Jahren gibt es die Passionsspiele von Oberammergau. Alle zehn Jahre werden sie als Megaspektakel für über 500 000 Zuschauer aus aller Welt veranstaltet. Wie muss man

KINDERKRIEGEN. EIN MUSIKSTÜCK (Kathrin Röggla) Residenztheater München, 2012. Regie Tina Lanik, Musik Pollyester. Foto Thomas Dashuber

spielte man auf dem Friedhof der Pfarrkirche, später wanderte die Bühne an den westlichen Dorfrand, bis im 19. Jahrhundert

sich das vorstellen? Wenn man in Oberammergau aufwächst, empfindet man es als normal, dass man alle zehn Jahre Teil eines weltweit beachteten Ereignisses ist. Zum Beispiel wurde ich 1990 von Helmut Newton porträtiert, als ich den Ölberg-Engel spielen durfte. Ich habe das erst als etwas Besonderes wahrgenommen, als ich erwachsen war und in München lebte. Jahrhundertelang stand das Theater im Dienst der Kirche, bis es in der Moderne endgültig gelang, das Bühnengeschehen von der

künstlerisch mit dem Christentum auseinanderzusetzen?

Inszenierung begann. Wie haben Sie das gesehen? Die Über­ legung, das Passionsspiel in die gegenwärtige Zeit zu übertragen, wäre uns für Oberammergau nie in den Sinn gekommen. Eine offene Form, in der aktuelle Bezüge hergestellt werden, ist auf der riesigen Freilichtbühne schwer vorstellbar. Aber auch die bigotte Abbildung historischer Vorgänge wie in dem Mel-Gibson-Film „Die Passion Christi“ ist sowohl theatralisch als auch ästhetisch uninteressant. Eine Reise an die historischen Orte in Israel war sehr inspirierend. Wenn man die religiös aufgeladene Atmosphäre in der Altstadt von Jerusalem erlebt, kann man sich das historische Geschehen sehr gut vorstellen. Ich wollte diese Atmosphäre, den Dimensionen des Oberammergauer Spielortes entsprechend, kräftig theatralisch und gleichzeitig poetisch-atmosphärisch umsetzen. Für die Passionsspiele

STEFAN HAGENEIER

STEFAN HAGENEIER ÜBER DIE OBERAMMERGAUER PASSIONSSPIELE – EIN MEGATHEATER, DEM HUNDERTTAUSENDE ZUSCHAUEN


eine entrückte Aura, eine Art sakrale Fiktion, wenngleich man auch

uns im professionellen Theater durchgesetzt haben, dachten wir, dass es zehn Jahre später einfacher wird. Das war jedoch in keiner Weise so. Dass wir 2010 die Verantwortung für die Passionsspiele bekamen, wurde durch einen Volksentscheid herbeigeführt. Die

an filmische Mittel wie die „Amerikanische Nacht“ denken muss,

Passionsspiele in Oberammergau werden, wie Sie schon sagten,

auf die man zurückgreift, um technisch eine andere Zeit herzustel­

seit dem 18. Jahrhundert vor allem als lebende Bilder aufgeführt.

len. Für die Passionsgeschichte haben Sie und Christian Stückl um

Wie sind Sie damit umgegangen? In den Tableaux vivants wurde früher, im Stil einer Weihnachtskrippe, ein Moment einer Geschichte aus dem Alten Testament dargestellt. Wer im Oberammergauer Heimatmuseum die alten Krippen sieht, kann die Parallelen erkennen. Jedoch haben sich die Oberammergauer Theatermacher schon im 19. Jahrhundert an größere Vorbilder gewagt und sich an der Genremalerei der Zeit orientiert. Aus heutiger Sicht wird das dem Bilderreichtum des Alten Testaments nicht gerecht. Außerdem wollte ich eine größere Spannung zwischen dem Bild und der gleichzeitigen Erklärung durch den Prologsprecher herstellen. Deshalb habe ich mehrere Szenen einer Handlung in einem Bild gleichzeitig dargestellt und die Szenerien durchgängig überhöht. Da ich in den „gefrorenen“ ­Bildern nicht den Zwängen szenischer Vorgänge ausgesetzt war, wollte ich dabei die theatralischen Mittel ausschöpfen. Und an Bildmotive der Frührenaissance

die 2000 Personen in das Leben und die Zeit Jesu transformiert, das ist fast die gesamte Gemeinde Oberammergau. Wie bewältigt

THEATER IST KEINE ZEITLOSE KUNST, SONDERN ERWIRBT SEINE BERECHTIGUNG DURCH INHALTLICHE UND ÄSTHE– TISCHE ERNEUERUNG.

‚‚

man so eine Massenszenerie? „Sakrale Fiktion“ gefällt mir. Das entspricht etwa der Zielsetzung, ohne es je so genannt zu haben. Ich habe zusammen mit zwei Assistentinnen die Gestaltung, aber auch die Planung und Organisation von 24 Bühnenbildern und rund 2500 Kostümen wesentlich verantwortet. Dass das so gut geklappt hat, liegt auch daran, dass die meisten Mitarbeiter aus dem Dorf kommen. Die Dringlichkeit, dass etwas fertig werden muss, muss man selten betonen, da es um das große Anliegen des gesamten Dorfes geht. Außerdem steht die Arbeit unter einer gewissen Brisanz, da jeder Arbeitsschritt von der Regionalpresse Unabhängig von der Logistik beim begleitet wird. Casting der Darsteller und dem enormen Produktionsdruck bei der Ausstattung: War es hilfreich, dass Christian Stückl und Sie selbst aus Oberammergau stammen? Das

Passionsspiel wird von den Einheimischen als Eigentum begriffen. Viele Mitwirkende, die schon ein paar Mal dabei waren, fordern Mitspracherechte bei inhaltlichen und gestalterischen Themen. Deshalb wäre es für einen „Fremden“ noch schwieriger, Änderungen durchzusetzen. Nach den erfolgreichen Passionsspielen 2000 und nachdem wir

anknüpfen? Die damalige Tafelmalerei mit ihrer ikonografischen Erzählweise hat viel mit dem simultanen Bühnengeschehen des ausgehenden Mittelalters, den Mysterienspielen, zu tun. War Ihnen diese Verbindung wichtig? Maler wie Giotto oder Fra Angelico

kann man natürlich nicht übersehen, wenn man sich mit der Thematik beschäftigt. Ich wollte jedoch vor allem leuchtende Andachtsbilder schaffen, in denen das dargestellte Geschehen eine exemplarische Wirkung bekommt. Gleichermaßen episch und symbolisch. Das alte Ägypten und das Gelobte Land werden darin Antipoden wie das Diesseits und das Jenseits. Heute sind diese Gegensätze keineswegs aufgehoben, das war auch einer der treibenden Gedanken dieser Passionsspiele, die sie berühmt gemacht und neu definiert haben. Wenn heute historische Auffüh­ rungspraxis und Reenactments mehr Bedeutung erlangen, könnte man da glauben, dass sich die postdramatischen Dekonstruktions­ muster erledigt haben? Braucht das Theater wieder mehr Einfüh­ lung und die großen Geschichten? Theater ist keine zeitlose Kunst, sondern erwirbt seine Berechtigung durch inhaltliche und ästhetische Erneuerung. Viele Ideen wiederholen sich oder werden neu erfunden. Jedoch hat sich in den letzten zwanzig Jahren extrem viel getan. Die digitalen Techniken hatten enorme Auswirkungen auf die Theaterformen. Die schnelle Verfügbarkeit dieser Mittel hat jedoch auch dazu geführt, dass zum Beispiel vermeintliche Längen oder ästhetische Unwägbarkeiten geglättet wurden. Ich stehe nicht für Rückbesinnung, aber es ist für mich eine große Lust, zum Beispiel einen gemalten Prospekt in einen zeitgenössischen Kontext zu bringen oder durch moderne Spielformen „alte“

Seite 66/67: PASSIONSSPIELE (Tempelreinigung) Oberammergau, 2010. Regie Christian Stückl, Musikalische Leitung Markus Zwink und Michael Bocklet. Fotos Brigitte Maria Mayer

im Jahr 2010 habe ich die steinernen Bodenplatten auf der 45 Meter breiten Freilichtbühne durch einen blauen Estrich ersetzt und blaue Olivenbäume zwischen die steinernen Wände gesetzt. Es entsteht dadurch

‚‚

64


Theatermittel wiederzubeleben. Da bewegt man sich auf einem schmalen Grat, denn eine „Ausstattung“ im klassischen Sinn entspricht nicht meiner Zielsetzung. //

tions of faith.

It all began with the oath that was made

65

after the plague in 1633. The town fathers swore that they would stage a passion tragedy every ten years. Since then the text and music have changed constantly, and the venue has also changed over the centuries. It was originally staged in the cemetery of the parish church, later a stage was set up on the western edge

SACRED FICTION

of the village, until in the 19th century prestigious buildings in a neo-Renaissance style were built. From a theatre history perspec­ tive it’s interesting that Oberammergau has maintained the pro­ cession of the creation story and established its own performance

Stefan Hageneier, the Oberammergau Passion Play has been in existence for 400 years. Every ten years it is staged as a mega-spec­ tacle for over 500,000 spectators from across the world. What’s that like? When

you grow up in Oberammergau, it just seems normal that you’re part of a world-famous event every ten years. For example, in 1990 I was photo­ graphed by Helmut Newton when I played the angel on the Mount of Olives. It was only when I was grown up and living in Munich that I perceived it as something special. For centuries, theatre served the church, until it

Seite 68/69: PASSIONSSPIELE (Lebende Bilder) Oberammergau, 2010. Regie Christian Stückl, Musikalische Leitung Markus Zwink und Michael Bocklet. Fotos Brigitte Maria Mayer

finally managed to sever stage action from the Christian liturgy in the modern era. Or so we thought. Today questions of faith can be discerned in contemporary theatre once again. Do you remember when you began addressing Christianity in your work? In

a certain sense I’ve spent my whole life addressing it. Because my father was a crib carver, I was confronted with these questions early on. Although when I was in my father’s workshop as a child I carved movable Star Wars figurines instead of religious motifs. It was only when I went to the Oberammergau carving school when I was 16 that I really engaged with the Christian tradition. The principal at the time had prepared a Baroque passion play with his students in the 1970s, which was sadly never officially produced. I went to the school attic to admire the set models in intricately carved wood whenever I could. ¶ Perhaps my view of the theatre is formed by the passion play. For me the Christian view of the world is reflected in the proscenium stage. When you work with flies and the under-stage area, you’re always quoting from Christian iconography, even when you are not ostensibly dealing with ques-

tradition. Was that relevant to you as a set and costume designer?

The creation story is only suggested in the tableaus, which had a magical effect on me as a child, kind of like a giant Punch and Judy show. As an adult I would have people asking whether we’re making theatre for American creationists in Oberammergau. Here you have a strange situation where you’re not just making theatre for Oberammergauers and Germans, but also for Americans and Japanese. Many locals call for trad­ ition to be maintained. And yet in the back of your mind you have to remember that you’re working for a worldwide audience. Before we managed to bring in a major new version of the passion play, there were periods of torpor that lasted 70 years, in which the passion play was always staged in the same way. The musty aesthetic of the passion play combined with the martial-style flagstone architecture of the 1930s came to seem like a parody of the Oberammergau sandal theatre. Christian Stückl has staged the passion story as a historical drama. He himself reported that he had the paintings of the 19th century Nazarene School in mind when he began pre­ paring for the production. What did you think of that? The idea of transferring the passion play to the present day would never cross our minds for Oberammergau. An open form which makes contemporary references is very hard to imagine on the giant open-air stage. But nor is the kind of bigoted depiction of historic events in Mel Gibson’s film “The Passion of the Christ” of interest, either theatrically or aesthetically. My trip to the historic locations in Israel was very inspiring. When you’ve experienced the religiously charged atmosphere in the old town of Jerusalem, you can really imagine the historic events. I wanted to transfer this atmosphere in a way that was powerfully theatrical but also poetic and atmospheric, taking into account the dimensions of the Oberammergau venue. For the Passion Play in 2010, I replaced the stone flooring of the 45 metre wide open-air stage with blue screed and set This blue olive trees between the stone walls. creates an enraptured aura, a kind of sacred fiction, although it also makes you think of film techniques like day-for-night, the kind of technology used to evoke other eras. For the passion story you and Christian Stückl transported around 2,000 people into the life and times of Jesus, that’s almost the entire community of Oberammergau. How do you manage such a mass setting?

STEFAN HAGENEIER

STEFAN HAGENEIER ON THE OBERAMMERGAU PASSION PLAY – A MEGATHEATRE WITH AUDIENCES IN THE HUNDREDS OF THOUSANDS


66


67


68


69


“­Sacred fiction” – I like that. That’s what we were aiming for, although we didn’t call it that. I was largely responsible, along with two assistants, not only for the design, but also the planning and organisation of 24 scenes and around 2,500 costumes. The fact that it all went so well was also due to the fact that most of those involved come from the village. You rarely need to emphasise how urgently things need to be done,

‚‚

70

THEATRE ISN’T A TIMELESS ART FORM, RATHER IT CONSTANTLY STAKES ITS CLAIM WITH TEXTUAL AND AESTHETIC RENEWAL.

‚‚

leaux vivants were used, much like a nativity scene, to depict a m ­ oment from an Old Testament story. If you’ve seen the old cribs in the Oberammergauer Heimatmuseum you can recognise the parallels. However the Ober­ammergau theatre makers were already extending to greater models in the 19th century and looking more to the genre paintings of the time. From a contem­porary perspective that doesn’t do justice to the wealth of imagery in the Old Testament. Also I wanted to e ­ stablish greater tension between the image and the simultaneous narration by the prologue speaker. That’s why I depicted multiple scenes of a story in one image and continuously expanded the scenery. Because the “frozen” images meant I wasn’t confined to the requirements of staged sequences, I wanted to use all theatrical means. And to reference motifs of the early Renaissance? The panel painting of the era with its iconographic narrative has much to do with the concurrent stage action of the late Middle Ages, the Mystery Play. Was this connec­ tion important to you? Of

course you can’t ignore painters like Giotto or Fra Angelico when you’re dealing with this subject matter. However I wanted above all to ­create luminous devotional images in which the events depicted acquire an exemplary effect. But also epic and symbolic. Old Egypt and the Promised Land become the antipodal poles of the world and the here­ after. These contrasts are still very much there in the

present day, that was also one of the overriding concerns of the Passion Play which made it famous and also redefined it. If histori­

because it’s the ­major concern of the whole village. And there was a certain volatility to the work, with every step being watched by the local press. Apart

cal performance practice and re-enactments assume greater sig­

from the logistics of casting the actors and the enormous pressure

big stories again? Theatre

involved in building the sets, did it help that Christian Stückl and you were from Oberammergau yourselves? The locals see the Passion Play as their property. Many of the people who work on it and who have been there a few times before demand a say in the content and the design. That’s why it would be even harder for “outsiders” to make changes. After the successful Passion Play in 2000 and after we had established ourselves in professional the­ atre, we thought it would be easier after ten years. But it wasn’t at all. The fact that we were entrusted with the Passion Play in 2010 was brought about by a referendum. As you stated earlier, the Passion Play in Oberam­ mergau has primarily been produced in the form of tableaus since the 18th century. How did you approach this? Earlier

the tab-

nificance, could you say that the post-dramatic deconstruction model has run its course? Does theatre need more empathy and

isn’t a timeless art form, rather it constantly stakes its claim with textual and aesthetic renewal. Many ideas recur or are reinvented. However a lot has happened in the last twenty years. Digital technologies have had an enormous effect on theatre forms. Nonetheless the rapid availability of these means has also resulted in, for example, apparent longueurs or aesthetic uncertainties being smoothed out. I’m not calling for a return, but for me it is a great pleasure to put a painted backdrop into a contemporary context or use modern performance forms to ­reanimate “old” theatrical means. But it’s a thin line, because “décor” in the traditional sense no longer ­corresponds to my objectives. Interview: Ute Müller-Tischler


Spielzeit 2015/2016 Schauspieldirektor Tim Kramer

Anna Karenina Armin Petras nach Leo Tolstoj | 9. September 2015 Inszenierung: Ulrich Wiggers

BALL ROOM

Andorra Max Frisch | 18. September 2015 Inszenierung: Katja Langenbach

Katharina Knie Carl Zuckmayer | Wiederaufnahme 22. Oktober 2015 Inszenierung: Tim Kramer und Michael Finger

Erstickte Träume Rebecca C. Schnyder | 6. November 2015 Inszenierung: Elisabeth Gabriel

Ronja Räubertochter Astrid Lindgren | 14. November 2015 Inszenierung: Krzysztof Minkowski

The Effect Lucy Prebble | 19. Dezember 2015 Inszenierung: Melanie Oşan

DARK ROOM

Das weite Land Arthur Schnitzler | 8. Januar 2016 Inszenierung: Tim Kramer

Illusionen

Schauspiel : „Die Franzosen“ nach Marcel Proust Krzysztof Warlikowski, Ensemble Nowy Teatr Warschau

Iwan Wyrypajew | 12. Februar 2016 Inszenierung: Stephan Roppel

Arsen und Spitzenhäubchen

ab 21. 08. 2015 : Maschinenhalle Zweckel, Gladbeck

Joseph Otto Kesselring | 8. April 2016 Inszenierung: Stephan Müller

König Ubu Alfred Jarry | 13. Mai 2016 Inszenierung: Martin Schulze

Festival der Künste

Lenz Büchner, Celan, Frisch, Arzt u. a. | 27. Mai 2016 Inszenierung: Tim Kramer theatersg.ch | +41 71 242 06 06

ThSG_Vorschau15_16_TheaterderZeit-86x245mm.indd 1

5/18/2015 4:06:11 PM



DIE BÜHNENRÄUME VON KATJA HAß FORDERN ZUM SUCHEN AUF – NACH DEM MENSCHEN IN SEINER BEDINGTEN EXISTENZ

der inspirierenden Rolle der Architektur für Ihre Bühnenbilder ­gesprochen, aber hinzugefügt, es handle sich um eine „negative

Stephan Kimmig, mit dem Sie seit fast zwanzig Jahren verheiratet sind, führt Regie. Wie muss man sich eine derartige Beziehung

gesagt, Räume hätten ein Eigenleben, sie seien wie Monster. Ist

Es ist eine extreme Art zu leben, erfüllend, aber auch anstrengend. Arbeit und Zusammenleben kreisen 24 Stunden umeinander. Wir haben uns durch die Arbeit kennengelernt, und so ist das eine mit dem anderen nahezu nahtlos verbunden. Das setzt einen gemeinsamen Blick voraus, vielleicht entsteht der aber auch erst mit der Zeit. Da ist dann viel geteilte Emphase und geteilte Einsamkeit zugleich. Wie sieht die Bühne zu „Don Carlos“ aus? Wir nutzen die gesamte Drehbühne des Deutschen Theaters. Ein riesiges, abstraktes Koordinatensystem mit realistischen Teilen eines Büroapparates kreist um sich selbst. Ein weißes Totenreich, Reste einer Zivilisation, die sich im Labyrinthischen verliert. Das erinnert an eine Stelle aus Georg Trakls „Psalm“:

das damit gemeint?

„Es ist ein Raum, den sie mit Milch getüncht haben“ – ein starkes

denke da vor allem an „Ödipus“ am Deutschen Theater. Ist das ein

Todessymbol. Weiß ist ja die Farbe des Todes; wenn alles Leben

Ziel für Sie?

am Deutschen Theater in Berlin. Sie haben die Bühne entworfen,

vorstellen?

GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD (Ödön von Horváth) Münchner Kammerspiele, 2014. Regie Stephan Kimmig, Kostüme Anja Rabes, Musik Polina Lapkoskaja. Foto Katja Haß

haben in einem früheren Gespräch, das wir führten, bereits von

Ich meine damit die Grundsituation, den „Bau“, in dem der Mensch steht, seine ganze bedingte Existenz, die er nicht überschaut oder nur nach und nach und vielleicht auch falsch. Was ich auf der Bühne baue, sind immer auch Weltmodelle, jedoch in einer vorläufigen und sich selbst infrage stellenden Art. Sie haben auch einmal

Katja Haß, Sie kommen gerade aus den Endproben zu „Don Carlos“

aus dem Körper gewichen ist, dann ist da nur noch die Leichen­ blässe, das ultimative Ende. Das Ende ist auch hier bereits da – vielleicht als atomarer Unfall oder Krieg, jedenfalls sind nur Reste eines ehemals intakten Ganzen zu sehen. Eine verstrahlte, beschädigte Welt mit einem weiterhin rotierenden Rückgrat, das sich unaufhaltsam weiterdreht, sich verdreht, die Dinge aus der Ordnung geraten lässt. Nun ist der Kern von „Don Carlos“ aber eine jugendliche Auflehnungsgeschichte! Ja, richtig, aber der Raum hierfür irritiert auf den ersten Blick, er desorientiert Zuschauer und Spieler … Ein ortloser Ort? Es gibt keinen Ausweg aus diesem Labyrinth, das die

73

Architektur“. Was soll man sich darunter vorstellen?

Räume beschädigen und verdrängen sich gegenseitig und den Menschen darin. Das muss im Theater sinnlich erfahrbar werden, ohne dabei Differenziertheit und Vielschichtigkeit zu verlieren. Der Raum muss herausfordern, zum Suchen auffordern. Das Bruchstückhafte bei „Don Carlos“, das Immer-­ weniger-Werden durch die Reste von Zivilisation, soll ja auch die Frage stellen: Was kommt nach dem Ende, nach der totalen Verwüstung? Gibt es in dem Labyrinth irgendwo ein Wurmloch, in das man zunächst verschwinden könnte, und liegt dahinter vielleicht doch eine neue Dimension, die wir erst noch wahrzunehmen lernen müssen? Bei Ihren Bühnen hat man oft

den Eindruck, sie seien Stück für Stück leer geräumt worden, ich

Reduktion, Konzentration – das ist ein wesentliches Element der Arbeit. Platz machen für die Fantasie, die Figuren die eigenen Grenzen und Räume bestimmen lassen. Dabei starke Kontraste von gerade und rund, schwarz und weiß, Bewegung und Statik. ¶ Stephan wollte für Ödipus die leere Bühne, die Polis, eine Spielfläche, auf der die Menschen die Aufrechten des Raumes bilden, die die hier verschwundenen Wände und die Geometrie ersetzen. Menschen wollen aufbrechen und stoßen doch unentwegt an unsichtbare Mauern. Das ermöglicht eine noch konsequentere Freilegung der Beziehungen, außerdem auch stärkere Körperarbeit. Das haben wir in München auf einer „ver-

KATJA HAß

VORLÄU­FIGES WELTMODELL

Trümmer einer früheren Ordnung hinterlassen hat – keine Idee. Alexander Khuon, unser Carlos, möchte durchaus rebellieren gegen den erschöpften, todmüden Vater, König Philipp, bei uns Ulrich Matthes – aber er ist trotz aller Dynamik so von seinen eigenen egozentrisch-­ privaten Problemen aufgerieben, dass alle Kraft verpufft und kein entschiedenes, gesellschaftliches Handeln von ihm zu erwarten ist. Er befindet sich in einem unnatürlich-fiebrigen Dauerzustand, an dessen Überhitzung er sogleich wieder ermüdet. Sie setzen sehr bewusst immer wieder auf Irritationsmomente? Ja, denn damit beginnt schließlich jedes Fragen, jedes Verstehen – dass einem die Dinge nicht mehr normal, im Sinne von selbstverständlich, vorkommen. Vielleicht sollten die Dinge und die Verhältnisse anders sein, aber können sie das? Da sind wir dann mitten im Stück. Sie


rutschten“ Drehscheibe als einziges Bühnenmittel in den „Geschichten aus dem Wiener Wald“ auch verfolgt. Der leere Raum ist aber doch nur eine Kompo­ nente. Was passiert, wenn die andere, die Zeit, hinzutritt? Räume altern natürlich auch. Zeiten und Geschichten überlagern sich. Da kommt dann die Frage von Materialien und Oberflächen dazu. Ich benutze gern Stoffe, denen

‚‚

74

DIE BÜHNE BRAUCHT EINEN EIGENEN GEIST, AN DEM MAN SICH REIBEN KANN. ETWAS WIDERSTÄNDIGES, ENTGEGENGESETZTES.

‚‚

man bereits eine eigene Geschichte ansieht. Das nicht sofort Lesbare einer Bühne hat genau mit dieser RaumZeit-Konstellation zu tun. Das Verrätseln, die Widersprüche und Hindernisse schaffen erst Bedeutungsräume, die immer mehrdimensional bleiben. Jeder Raum führt auch ein Eigenleben und beinhaltet Möglichkeiten, die es noch zu entdecken gilt. Das heißt? Die Bühne braucht einen eigenen Geist, an dem man sich reiben kann. Etwas Widerständiges, Entgegengesetztes. Ein heißes, emotionales Anliegen bedarf des kühl Distanzierten. In solcher Komplexität sind Fragen nach Wahrheit und Lüge viel schärfer stellbar. Ein Zugleich von schonungsloser Analyse zwischenmensch­ licher Beziehungen bei gleichzeitigem Glauben an ein Überwinden der Begrenzungen, an Verwandlung. Aber das gelingt natürlich nicht immer. Menschliche Beziehungen in ihrer ganzen Verstricktheit zu zeigen, das hat ja auch immer etwas mit radikaler Selbstbefragung zu tun – so ein bisschen wie in „Alice hinter den Spiegeln“ muss man eben erst durch den Spiegel hindurchgreifen, um in eine andere Dimension zu gelangen. Sie haben die Zeichnungen für die in der Spielzeit 2015/16 geplante Inszenierung von „Die Jungfrau von Orleans“ am Zürcher Schauspielhaus mitgebracht. Das sieht nach kontrollierter Auflösung aus.

Das Rekonstruieren einer totalitäre Züge

annehmenden Bilderwelt um uns ist ein zentraler Gedanke. Was liegt hinter dem äußeren Anschein verborgen? Stephan und ich haben die Szenerie in den Keller eines Schweizer Bankhauses verlegt, das versucht, ein junges Mädchen für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Es geht um Manipulation, Gehirnwäsche. Die Bühne ist komplett mit einem Irrgarten aus halbdurchsichtigen Vorhängen gefüllt. Auf diese werden Videos projiziert, Bilder, die täglich auf uns einprasseln, aus der ganzen Welt, aus Politik und Zeitgeschehen. Hier haben also Vorhänge die Wände ersetzt und treiben die Desorientierung noch weiter, sie sind noch flüchtiger, vielschichtiger. Sie begrenzen den Raum und sind doch durchlässig. Wie jene Membran in der Biologie der Pflanzenzelle, durch die Osmose, also der Wassertransport bis

Auf die Vorhänge ­ ezogen heißt das: Es sind schwebende Grenzen, b Linien, die überschreitbar sind, Bewegung möglich machen. Dann entblättert sich das Ganze immer mehr, Vorhang für Vorhang, wie eine Zwiebel, die Schicht um Schicht gehäutet wird, und am Schluss ist nichts mehr. Nur noch eine leere Bühne, ein Schienenskelett im Bühnenhimmel und ein Stuhl. Mit einem Menschen darauf. //

in die Spitzen der Blätter, möglich wird?

A PROVISIONAL MODEL OF THE WORLD KATJA HAß’S SETS ASK US TO GO SEARCHING – FOR MAN IN HIS CONTINGENT EXISTENCE Katja Haß, you’ve just come from the final rehearsals of “Don Car­ los” at the Deutsches Theater, Berlin. You designed the sets and Stephan Kimmig, to whom you’ve been married nearly twenty

It’s an extreme way of living. Fulfilling, but also demanding. Our work and life together revolve around each other 24 hours a day. We met each other through work, so one is almost seamlessly integrated with the other. This implies we should have a common vision, but sometimes it only materializes gradually. We’re years, was director. How is it to be in a relationship like this?


brecht auf Spielzeit 2015/16 premierenüberSicht biS 31.12.2015

SchAUSpielhAUS

groSSeS hAUS

KleineS hAUS

Hans Pleschinski

Leonhard Koppelmann

KönigSAllee

Regie: Wolfgang Engel Düsseldorfer Bühnenfassung 29. August 2015

Klaus Mann

mephiSto

Regie und Bühnenfassung: Thomas Schulte-Michels 5. September 2015

Gottfried Greiffenhagen / Franz Wittenbrink

KlAUS bArbie – begegnUng mit Dem böSen

nach dem Hörspiel des WDR Regie: Leonhard Koppelmann UrAUFFührUng 30. August 2015

Franz Kafka

Die verwAnDlUng

Regie- und Bühnenfassung: Alexander Müller-Elmau 10. September 2015

Die comeDiAn hArmoniStS

Theresia Walser

Ferdinand von Schirach

Regie: Marcus Lobbes 25. Oktober 2015

Regie: Mathias Schönsee 16. September 2015

terror

ein biSSchen rUhe vor Dem StUrm

Regie: Kurt-Josef Schildknecht 18. Oktober 2015

Carl Zuckmayer

Der hAUptmAnn von KöpenicK Regie: Christian von Treskow 30. Oktober 2015

Johann Wolfgang von Goethe

FAUSt

Regie: Georg Schmiedleitner 19. Dezember 2015

www.duesseldorfer-schauspielhaus.de

Ab 1.1.2016

centrAl am Hbf.

groSSe bühne Kleine bühne Bertolt Brecht

Bertolt Brecht

Regie: Volker Hesse 22. Januar 2016

Regie: Hans-Ulrich Becker 23. Januar 2016

leben DeS gAlilei

Die Kleinbürgerhochzeit

Else Lasker-Schüler

Bertolt Brecht

Regie: Roberto Ciulli KoproDUKtion mit Dem theAter An Der rUhr 12. Februar 2016

24. Januar 2016

Friedrich Hebbel

Lieder und Gedichte Januar 2016

Die wUpper

Die nibelUngen

Regie: Dietrich Hilsdorf 27. Februar 2016

Max Frisch

biogrAFie: ein Spiel Regie: Günther Beelitz 8. April 2016

FlüchtlingSgeSprÄche

Bertolt Brecht

wenn mein glücK AUSSetzt, bin ich verloren


Scannen

DIE PASSAGIERIN (Mieczysław Weinberg) Oper Frankfurt, 2015. Regie Anselm Weber, Musikalische Leitung Leo Hussain, Christoph Gedschold, Kostüme Bettina Walter. Skizzen Katja Haß, Fotos Barbara Aumüller

76


IN ZEITEN DES ABNEHMENDEN LICHTS (Eugen Ruge) Deutsches Theater Berlin, 2013. Regie Stephan Kimmig, Kostüme Anja Rabes. Skizze Katja Haß, Foto David Baltzer/bildbuehne.de

KATJA HAß

Deutsches Seite 78/79: DON CARLOS (Friedrich Schiller) Theater Berlin, 2015. Regie Stephan Kimmig, Kostüme Anja Rabes, Musik Michael Verhovec. Foto Arno Declair

77


78


79


t­ ogether when we share particular emphases, but also when we’re isolated from each other. What does the stage for “Don Carlos” look like? We use the entire revolving stage of the Deutsches Theater. A huge, abstract coordinate system with realistic pieces of office machinery rotates around itself. A white kingdom of the dead, the remains of a civilization losing itself in labyrinths. That reminds me of a place in Georg Trakl’s “Psalm”: “It’s a room you’ve whitewashed with milk” – a powerful symbol of death. White is the symbol of death. When all life has drained from the body, there’s only the whiteness of the corpse,

The end is already there – perhaps as a nuclear accident or war, but in any case there are only fragments of a previously intact whole to be seen. A contaminated, damaged world with a backbone that still keeps spinning, keeps turning unremittingly, twisting itself, letting things slide out of order. But at the heart of “Don Carlos” is a story of youthful rebellion! Right, but the space that’s used for this is confusing from the start, disorientating the audience and the actors … A place without place? There’s no exit from this labyrinth created by the rubble of an earlier order – no idea. Alexander Khuon, our Carlos, wants desperately to rebel against the exhausted, dead-tired father, King Philipp, played by Ulrich Matthes – but despite his dyna­mism, he’s so worn out by his own private, egocentric problems that he’s used up all his energy and we can’t expect any decisive, social action from him. He’s in a perpetual state of unnatural fever and has a temperature that continually tires him out. You’re very consciously returning to moments of confusion? Yes, since that’s how all moments of questioning and under­standing begin – things aren’t normal to you any more, in the sense of being obvious. Perhaps things and relationships ought to be different, but could you cope with that? Right there, we’re in the middle of the play. In an earlier conversation of ours, you spoke of the

in the labyrinth, in which you could immediately dis­ appear, and is there a new dimension on the other side, which we’ll have to learn to perceive? Your sets often give the impression they have been emptied, bit by bit. I’m thinking especially about “Oedipus” at the Deutsches Theater.

Reduction, concentration – that’s an essential element of the work. To make room for fantasy, to allow the figures to define their own bound­ aries and spaces. Hence strong contrasts between the straight and the round, black and white, movement and stasis. ¶ Stephan wanted an empty stage for Oedipus: Is this a goal for you?

the ultimate end.

inspirational role that architecture plays for your sets, but added that you meant a “negative architecture.” What should we under­ stand by that? I meant the basic situation, the “building”, in which man stands, his whole contingent existence, which he can’t see out of – or maybe only gradually, and then perhaps incorrectly. What I build on stage are always models of the world, but in a provisional fashion that always puts itself in question. You once said that spaces have their own lives, that they are like monsters. What did you mean by that? Spaces damage and suppress each other, and man within them. This should be experienced sensibly in the theatre, but without losing differentiation and multifariousness. A space should challenge us, ask us to go searching. The fragmentary in “Don Carlos” – the process of constantly becoming less through the remnants of civilization – should also pose the question: what comes after the end, after total devastation? Is there a wormhole somewhere

‚‚

80

THE STAGE NEEDS ITS OWN MIND, WHICH YOU CAN RUB UP AGAINST. SOMETHING RESISTANT, IN OPPOSITION.

‚‚

the Polis as an area on which people construct the upright elements of the space, which are replaced by vanished walls and geometry. People want to break out and constantly run into invisible walls. That makes an even more thorough exploration of relationships possible, as well as more vigorous bodywork. We also did this in Munich for the “Geschichten aus dem Wiener Wald” (“Tales from the Vienna Woods”) using a “sliding” turntable as the stage. Empty space is, how­ever, only one component. What happens when the other – time – comes

Naturally, spaces grow old too. Times and stories overlap each other. Hence we arrive at the question of materials and surfaces. I like to use mate­r­ ials in which you can already see a story. What you can’t immediately read on a stage is precisely linked to this constellation of space and time. Puzzles, contra­ dictions and objects are first of all created by spaces of meaning that always remain multidimensional. Every space leads its own life and contains possibilities that it’s still worth discovering. What does that mean? The stage needs its own mind, which you can

on the scene?


rub up against. Something resistant, in oppos­ition. Hot, emotional issues require cool distance. Within such complexity, questions about truth and lies can be posed much more sharply. A simultaneous ruthless analysis of human relationships and a belief in the overcoming of limitations, in metamorphosis. But of course, this doesn’t always succeed. To show human relationships in their complete entangledness always has something to do with radical self-questioning – a bit like in “Alice Through the Looking Glass”, you’ve first got to reach through the mirror to arrive in another dimension. You’ve brought with you your drawings for the production of “Die Jungfrau von Orleans” (“The Maid of Orle­ ans”), planned for 2015/16 at the Zurich Schauspielhaus. They look

81

of plant cells that, through osmosis, allows the transportation of

The point of the curtains is that they are floating borders, lines that can be crossed and that make movement possible. The whole thing progressively sheds its leaves, curtain for curtain, like an onion that is skinned layer by layer, and at the end there’s nothing left. Only an empty stage, a rail skeleton up above and a chair. With a person on it.

water to the tips of leaves?

Interview: Gunnar Decker

Ein Festival mit Künstlern & Experten

SavE World ii THE

Halle Beuel

rld

www.theater–bonn.de

KATJA HAß

like controlled dissolution. A central idea is the reconstruction of an image-world around us that’s taking on totalitarian characteristics. What is hidden behind the outer appearance? Stephan and I have transferred the scenes to the cellar of a Swiss banking house that tries

to instrumentalise a young woman for its own ends. It’s about manipulation and brainwashing. The stage is completely covered with a maze made from halftransparent curtains. Videos are projected onto these, images that bombard us every day from around the whole world, from politics and current affairs. Curtains have replaced the walls here and take the disorientation even further. They’re even more fleeting and multi-layered. They limit the space and are at the same time permeable. Like the membrane in the biology

Climate Change

18.–20. September

DAS LICHT DER BÜHNE IST NICHT DAS DER SCHEINWERFER, SONDERN DAS DER PHANTASIE. Giorgio Strehler

kleines theater KAMMERSPIELE Landshut

Gefördert durch:

w w w. k l e i n e s t h e a t e r l a n d s h u t . d e

STW_Anzeige_02.indd 1

02.06.15 18:12


SPIELZEIT 2015 | 16

respekt! Spielzeit 2015/16

SCHAUSPIEL – PREMIEREN INVASION

Ein theatrales Schulspektakel 1. Oktober 2015

NathaN der Weise

SEHNSUCHT KUBA – UA – Freddys Núñez Estenoz 9. Oktober 2015

ick WuNder mir über jarNischt mehr

CHARLEYS TANTE Brandon Thomas 17. Oktober 2015

der kleiNe aNgsthase

IRRTÜMER 2 – UTOPIEN

sechs taNzstuNdeN iN sechs WocheN

Theaterspektakel 13. November 2015

ACTS OF GOODNESS – DSEA –

der kleiNe muck

Mattias Andersson 13. November 2015

saturN kehrt zurück

VERBRENNUNGEN

die dreigroscheNoper

Wajdi Mouawad 4. März 2016

oh, du frö-hö-liche …!

DIE RITTER DER TAFELRUNDE Christoph Hein 5. März 2016

drausseN bleibeN

AMPHITRYON

kohlhaas

Molière 22. April 2016

die palästiNeNseriN

DAS GEHEIMNIS DER BLAUEN SCHWERTER – UA –

Nora oder eiN puppeNheim

Katrin Lange 30. April 2016

JEDERMANN

Hugo von Hofmannsthal 17. Juni 2016

TI

C

T KE

ST

C SA

NNE E H .D E BU SEN S E CH ND SA LA EN@ SE HN S E A | K SBU 4 1 DE 4 2 AN 5 L 89 W. 1 W 5 03 W

HS

E

D N.

E

die opferuNg voN gorge mastromas im WeisseN rössl cyraNo

Landestheater Sachsen-Anhalt Nord Karlstraße 6 39576 Hansestadt Stendal www.tda-stendal.de


LEBEN DES GALILEI Schauspiel von Bertolt Brecht

Premiere: Fr, 2. Oktober 2015, Gr. Haus INTENDANZ \\ Sibylle

Broll-Pape

DIE FRAU IN SCHWARZ Geistergeschichte von Stephen Mallatratt Premiere: Fr, 6. November 2015, Gr. Haus

PREMIEREN

www.theater-bamberg.de

Friedrich Hebbel

DIE NIBELUNGEN

17. Oktober

REGIE \\ Sibylle

Broll-Pape

DIE JUNGFRAU VON ORLEANS Schauspiel von Friedrich Schiller

Konstantin Küspert

RECHTES DENKEN URAUFFÜHRUNG

Premiere: Fr, 1. April 2016, Gr. Haus

Philipp Löhle / von Bassewitz

WAS IHR WOLLT

18. Oktober

REGIE \\ Julia

Wissert

PETERCHENS MONDFAHRT

20. November

REGIE \\ Nicole

Claudia Weber

Sibylle Berg

VIEL GUT ESSEN

27. November

REGIE \\ Niklas

Ritter

August von Kotzebue

KRÄHWINKEL

4. Dezember

REGIE \\ Isabel

Osthues

E.T.A. Hoffmann

DIE ELIXIERE DES TEUFELS IN EIGENER BEARBEITUNG

22. Januar

REGIE \\ Hannes

Weiler

Roland Schimmelpfennig

DAS SCHWARZE WASSER

29. Januar

REGIE \\ Sibylle

Broll-Pape

Petra Wüllenweber

AUF EIS URAUFFÜHRUNG

11. März

REGIE \\ Petra

Wüllenweber

Heinrich von Kleist

PRINZ FRIEDRICH VON HOMBURG

18. März

REGIE \\ Robert

Gerloff

Thea Dorn / Richard Wagner

DIE DEUTSCHE SEELE URAUFFÜHRUNG

29. April

REGIE \\ Stefan

Otteni

Thomas Mann / John von Düffel

BUDDENBROOKS

13. Mai

REGIE \\ Sibylle

Broll-Pape

Gertrude Stein

DR. FAUSTUS LIGHTS THE LIGHTS

17. Juni

REGIE \\ Christoph

Hetzenecker

Gesine Danckwart

STADT LAND FLUSS PROJEKTURAUFFÜHRUNG

Juni / Juli

REGIE \\ Gesine

Danckwart

Calderón-Spiele: Tobias Goldfarb / von Grimmelshausen

DER ABENTEUERLICHE SIMPLICISSIMUS TEUTSCH URAUFFÜHRUNG DER BEARBEITUNG

2. Juli

REGIE \\ Tobias

und Laura Goldfarb

Komödie von William Shakespeare Premiere: Sa, 14. Mai 2016, Gr. Haus

LE SACRE DU PRINTEMPS / REQUIEM (UA) Ballettabend mit Musik von Igor Strawinsky und Wolfgang Amadeus Mozart Premiere: Fr, 22. Januar 2016, Gr. Haus

EINSTEIN (UA)

Musical von Stephan Kanyar und Maren Scheel Premiere: Fr, 22. April 2016, Gr. Haus

IN DER STUNDE DES LUCHSES Schauspiel von Per Olov Enquist

Premiere: So, 20. September 2015, Studio

KOPENHAGEN

Schauspiel von Michael Frayn Premiere: Fr, 16. Oktober 2015, Studio

DER BUS

(DAS ZEUG EINER HEILIGEN) Schauspiel von Lukas Bärfuss

Premiere: Sa, 13. Februar 2016, Gr. Haus

DIE PRÄSIDENTINNEN Schauspiel von Werner Schwab Premiere: Sa, 4. Juni 2016, Studio

Intendant: Reinhardt Friese www.theater-hof.de


Nordharzer Städtebund Theater Spielzeit 2015/2016 Sunset Boulevard Musical - Premiere: 18.09.15

19:30 Uhr Halberstadt

A r m i n i o Opern - Premiere: 19.09.15

19:00 Uhr Quedlinburg

F a u s

t

.

Der Tragödie erster Teil Schauspiel - Premiere: 10.10.15

19:30 Uhr Quedlinburg

R i g o l e t t o Opern - Premiere: 07.11.15

19:30 Uhr Halberstadt

Die Olsenbande dreht durch Schauspiel - Premiere: 31.12.15

15:00 Uhr Quedlinburg

C o p p é l i a Ballett - Premiere: 13.02.16

19:30 Uhr Halberstadt

PREMIEREN 2015 / 2016 27.9.2015

Hörbühne I: Die Schutzbefohlenen von Elfriede Jelinek

Mädchenbande

7.10.2015

von J. Wamsler (Klassenzimmerstück) 10.10.2015

Der zerbrochne Krug

Lustspiel von Heinrich von Kleist 24.10.2015

Zarah 47

Musical Solo von Peter Lund

Big Deal?

19.11.2015

Jugendstück von David S. Craig 26.11.2015

Dornröschen

Märchenspiel von Robert Strauß 17.12.2015

Hörbühne II: Weihnachten in der Namib-Wüste von Henno Martin

Die Physiker

27.2.2016

Schauspiel von Friedrich Dürrenmatt 10.3.2016

Hörbühne III: Effi Briest von Theodor Fontane

Der Zauberer von Oz

27.4.2016

Märchenspiel von Wolfgang Welter 11.6.2016

Struwwelpeter

Musical von den Tiger Lillies, J. Crouch, P. McDermott, Musik: M. Jacques 23.6.2016

Hörbühne IV: Münchhausen

Gottfried August Bürger

Fra Diavolo Opern - Premiere: 27.02.16

19:30 Uhr Halberstadt

Die 39 Stufen Schauspiel - Premiere: 12.03.16

19:30 Uhr Quedlinburg w w w. h a r z t h e a t e r. d e

Besucherservice

Hallesche Straße 15 06295 Lutherstadt Eisleben ✆ 03475.602070 @ kartenservice@theater-eisleben.de

www.theater-eisleben.de www.kulturwerk-msh.de


Premieren SPIELZEIT 2015/16 29. August 2015

Orpheus. Factory.

UA

Eine elektronische Kammeroper von Jacob Suske 1. Oktober 2015

SE

Bin nebenan von Ingrid Lausund Inszenierung Maxime Mourot 9. Oktober 2015

Hamlet

von William Shakespeare Inszenierung Andreas Herrmann 18. November 2015

Undine – Die kleine Meerjungfrau

SE

Kinderstück von Franziska Steiof Inszenierung Claudia Brier 10. Dezember 2015

Onkel Wanja von Anton Tschechow Inszenierung Ueli Jäggi 13. Februar 2016

Dantons Tod von Georg Büchner Inszenierung Andreas Herrmann 20. Februar 2016

SE

Monster

Jugendstück von David Greig Inszenierung Annina Dullin-Witschi 8. April 2016

BuschFehrKoch (Arbeitstitel)

UA

von Dominik Busch, Michael Fehr und Ariane Koch In Zusammenarbeit mit dem Stück Labor Basel und der Zürcher Hochschule der Künste 15. April 2016

Lehman Brothers.

SE

von Stefano Massini Inszenierung Matthias Kaschig 20. Mai 2016

Über die Kunst seinen Chef anzusprechen und ihn um eine Gehaltserhöhung zu bitten von Georges Perec und anderen Inszenierung Andreas Herrmann

UA SE

Uraufführung Schweizer Erstaufführung

Ins_TheaterDerZeit_86,5x245.indd 1

www.luzernertheater.ch

20.05.15 15:20


Eröffnung am 23.07. um 19 Uhr

24.07.–29.08. Unsichtbare Manöver Interpretationsreservate und 18.09.–31.10. DefinitionsNo Food reviere For Lazy Man –Emeka Ogboh Eröffnung am 17.09. um 19 Uhr

mit Anna Artaker und Meike S. Gleim, Silvia Beck, Burak Delier, Francis Hunger, Nadia Kaabi-Linke, Susan Schuppli und Juliane Zelwies

www.galeriewedding.de

kuratiert von Sabine Winkler

Eröffnung am 18.11. um 19 Uhr

19.11.–16.01. Sol Calero kuratiert im Rahmen von POW von Solvej Helweg Ovesen und Bonaventure Soh Bejeng Ndikung

Galerie Wedding | Raum für zeitgenössische Kunst Müllerstraße 146 – 147 | 13353 Berlin

Dienstag bis Samstag 12 – 18 Uhr Die Galerie ist barrierefrei zugänglich. Der Eintritt ist frei.

kuratiert im Rahmen von POW von Solvej Helweg Ovesen und Bonaventure Soh Bejeng Ndikung


wir sind viele Spielzeit 15/16 – Spiel

— Premieren 2015/16 Volkstheater

Volx/Margareten

Österreichische Erstaufführung

Uraufführung

Fasching

Nachtschicht

Uraufführung

Deutschsprachige Erstaufführung

Hakoah Wien

God Waits at the Station

Uraufführung

Selbstbezichtigung

von Gerhard Fritsch Regie Anna Badora Premiere 5. September 2015

von Yael Ronen und Ensemble Regie Yael Ronen Wiener Premiere 9. September 2015

Deutschsprachige Erstaufführung

Schlangenbrut Steven Fechter 30.08.15, TAM

Die Räuber

Friedrich Schiller 04.09.15, Stadttheater

Ich rufe meine Brüder Jonas Hassen Khemiri 05.09.15, TAM ZWEI

Die Zofen Jean Genet 30.10.15, TAM

Der gestiefelte Kater

Thomas Freyer nach den Gebrüdern Grimm 07.11.15, Stadttheater

Hiob

Joseph Roth 14.11.15, TAM Uraufführung

Annie Ocean. Ein Western Mario Salazar 21.11.15, TAM DREI

Das Tierreich Nolte Decar 23.01.16, TAM

Konstellationen Nick Payne 29.01.16, TAM ZWEI

Terror

Ferdinand von Schirach 30.01.16, Stadttheater Uraufführung

Die Serie im Theater David Gieselmann 17.03.16, TAM DREI

Ein Sommernachtstraum William Shakespeare 18.03.16, Stadttheater

Der Seewolf Jack London 03.04.16, TAM

Ein Volksfeind Henrik Ibsen 20.05.16, TAM

Weekend im Paradies

Franz Arnold / Ernst Bach 04.06.16, TAM

Nora 3

inkl. Ein Puppenheim/ Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte/Nach Nora von Henrik Ibsen/Elfriede Jelinek Regie Dušan David Pařízek Wiener Premiere 12. September 2015 Uraufführung

Der Marienthaler Dachs von Ulf Schmidt Regie Volker Lösch Premiere 25. September 2015

Alte Meister

von Thomas Bernhard Bühnenfassung und Regie Dušan David Pařízek Premiere 18. Oktober 2015

Das Missverständnis

von Albert Camus Regie Nikolaus Habjan Wiener Premiere 23. Oktober 2015

Zu ebener Erde und erster Stock

von Johann Nestroy Regie Susanne Lietzow Premiere 21. November 2015 Uraufführung

Überzeugungskampf

von Yael Ronen und Ensemble Regie Yael Ronen Premiere 18. Dezember 2015

Romeo und Julia

von William Shakespeare Regie Philipp Preuss Premiere 23. Jänner 2016

Iwanow

Theatrale Feldforschung Regie Jessica Glause Premiere 11. September 2015

von Maya Arad Regie Hannan Ishay Premiere 10. Oktober 2015

von Peter Handke Regie Dušan David Pařízek Premiere 24. Oktober 2015

Ausblick nach oben Theatrale Feldforschung Leitung Constance Cauers Premiere 30. Oktober 2015

Österreichische Erstaufführung

Isabelle H.

von Thomas Köck Regie Student/in des Max Reinhardt Seminars Premiere 12. März 2016 Uraufführung

Der Junge wird beschnitten. von Anja Salomonowitz Dokumentarisches Theaterprojekt Regie Anja Salomonowitz Premiere 1. April 2016

Volkstheater/Bezirke Österreichische Erstaufführung

Ihre Version des Spiels von Yasmina Reza Regie Sebastian Kreyer Premiere 2. Oktober 2015 Uraufführung

Das Wechselbälgchen von Christine Lavant Bühnenfassung von Maja Haderlap Regie Nikolaus Habjan Premiere 4. Dezember 2015 Uraufführung

Die Fleischhauer von Wien

von Anton Tschechow Regie Viktor Bodó Premiere 18. März 2016

von Pia Hierzegger und Ensemble Regie Lorenz Kabas Koproduktion mit Theater im Bahnhof Premiere 26. Februar 2016

Uraufführung

Uraufführung

Homohalal

Mugshots

von Ibrahim Amir Regie Sarantos Zervoulakos Premiere 22. April 2016

von Thomas Glavinic Regie Lukas Holzhausen Premiere 29. April 2016

Site-Specific Theatre

Volkstheater

von SIGNA Koproduktion mit Wiener Festwochen Premiere 14. Mai 2016

Neustiftgasse 1, 1070 Wien www. volkstheater.at info@volkstheater.at ticket@volkstheater.at

Intendanz Michael Heicks www.theater-bielefeld.de // 05 21/51 54 54

AZ_TheaterDerZeit_Spiel.indd 1

01.06.15 vt_86.5x245_DERZEIT_RZ.indd 16:24 1

5/20/15 4:54 PM


Spielzeit 2015/2016

Frankenstein Dear, 19.9.2015 Das beste aller möglichen Leben (UA) Haidle, 2.10.2015 Ich habe nichts zu verbergen – Mein Leben mit Big Data (UA) Schmidt-Rahmer, 3.10.2015 „Kunst“ Reza, 10.10.2015 Anton, das Mäusemusical Pigor, 15.11.2015 Caspar Hauser nach Wassermann, 4.12.2015 My Fair Lady nach Shaw, 5.12.2015 Die Kopien Churchill, 29.1.2016 Seymour oder Ich bin nur aus Versehen hier Lepper, 19.2.2016 Top Dogs Widmer, 26.2.2016 Stück Auf! Autorentage vom 4.3. bis 5.3.2016 Ein König zu viel Pigor, 16.4.2016 Der gute Mensch von Sezuan Brecht, 29.4.2016 Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse nach Nöstlinger, 30.4.2016 Maria Stuart Schiller, 25.6.2016

Tickets T 02 01 81 22-200 www.schauspiel-essen.de

WerTe Z Ä H Le n

ww

w.zi mm

erth

eat

er-t

ueb

ing en.d e

Sie suchen unsere Saisonübersicht? Ab Juli 2015 auf:

P r e m i e r e n 201 5 | 2016

TdZ_Jahresheft.indd 1

DD_Anzeige Theater der Zeit_2015-16.indd 1 18.05.2015 16:33:40

21.05.2015 17:33:36


THEATER, OPER UND ORCHESTER GMBH HALLE

Mephisto © Falk Wenzel

Die Premieren Der SPielzeit 2015/2016

neues theater Halle Wahlverwandtschaften

Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch

nach Johann Wolfgang von Goethe | Regie: Henriette Hörnigk PrEMiErE: 28. August 2015 Bad Lauchstädt / 5. September 2015 neues theater

von Michael Ende | Regie: Ivana Sajevic | PrEMiErE: 28. November 2015

Romeo und Julia

von Florian illies | Regie: Christoph Werner | PrEMiErE: 4. März 2016

von William Shakespeare | Regie: Christian von Treskow | PrEMiErE: 12. September 2015

Ein neues Stück [Uraufführung]

von Nora Abdel-Maksoud | Regie: Nora Abdel-Maksoud | PrEMiErE: 30. Oktober 2015

1913 – Der Sommer des Jahrhunderts

Geschichten aus Tausendundeiner Nacht

nach den morgenländischen Erzählungen | Regie: Ania Michaelis PrEMiErE: 17. Juni 2016

Bornholmer Straße [Uraufführung]

nach dem gleichnamigen Film von Christian Schwochow Regie: Jörg Steinberg | PrEMiErE: 13. November 2015

Schneewittchen

nach den Brüdern Grimm | Regie: Matthias Brenner | PrEMiErE: 29. November 2015

STUDIOINSZENIERUNG

Frühlings erwachen! [LIVE FAST – DIE YOUNG]

THALIA Theater Halle Tom Sawyer und Huckleberry Finn

von Mark Twain | Regie: Kalma Streun | PrEMiErE: 17. September 2015

Mein ziemlich bester Freund Walter

von Nuran David Calis nach Frank Wedekind | Regie: Nick Hartnagel PrEMiErE: 6. Februar 2016

von Sibylle Berg | Regie: Katharina Brankatschk | PrEMiErE: 24. September 2015

Schuld und Sühne

nach Fjodor Dostojewski | Regie: Matthias Brenner | PrEMiErE: 27. Februar 2016

Märchen von Hans Christian Andersen | Regie: Marlis Hirche, Oliver Dassing PrEMiErE: 18. November 2015

Republik des Glücks

Auf der Suche nach Atlantis – Die fantastische Welt der Meere

von Martin Crimp | Regie: Martina Eitner-Acheampong | PrEMiErE: 11. März 2016

THALiA Fasching | PrEMiErE: 12. Januar 2016

Der nackte Wahnsinn

Vincent will Meer

von Michael Frayn | Regie: Henriette Hörnigk | PrEMiErE: 7. Mai 2016

Puppentheater Halle Die Liebe in den Zeiten der Cholera

nach dem roman von Gabriel García Márquez in einer Fassung von Christoph Werner | Regie: Christoph Werner PrEMiErE: 15. Oktober 2015

Die Schneekönigin

nach dem Buch von Florian David Fitz | Regie: Jörg Steinberg | PrEMiErE: 17. März 2016

Djihad Paradise [Uraufführung]

von Anna Kuschnarowa | Regie: Ronny Jakubaschk | PrEMiErE: 28. Mai 2016

Kinderstadt 2016 »Halle an Salle« Wer hat an der Uhr gedreht? 3. Juni bis 9. Juli 2016

www.buehnen-halle.de


90

DER KOGNITIVE SCHWINDEL IN DEN HYPERREALEN RÄUMEN VON SIGNA KÖSTLER UND MONA EL GAMMAL ÖFFNET SICH ZWISCHEN REALITÄT UND FIKTION EIN VERSTÖRENDER SPALT

Es ist zwar sehr interessant, wie sich unsere ­Arbeit in eine Theaterhistorie einordnet, aber der Ausgangspunkt war ein anderer. Mona el Gammal: Ich habe Szenografie studiert, was ja sowohl Bühnenbild als auch Installationskunst umfasst. Und auch Performance, was ich aber während meines Studiums nie gemacht habe und erst mit SIGNA das erste Mal ausprobiert habe. Die Inspiration für meinen ersten Narrative Space 2008 kam eigentlich aus der Literatur, aus dem Hörspiel und vielleicht noch aus dem Film; da jeder Zuschauer die Installationen allein betritt und sein Blick gelenkt wird, hat das durchaus etwas von einer Kamera­ fahrt durch eine Geschichte. ¶ Ich finde es sehr spannend, einen Raum gänzlich ohne Darsteller zu inszenieren. Der Zuschauer füllt die Abwesenheit aus. Das ist also ein ganz anderes Arbeiten als bei SIGNA. In Köln haben wir dann mit „Haus Nummer Null“ einen Theaterpreis gewonnen. Da waren wir etwas überrascht, aber sehr erfreut, dass das Theater sagt: Ihr gehört zu uns. Gerade sind Sie in Hamburg auf Spielstät­ tensuche für eine neue SIGNA-Produktion, die in der Spielzeit 2015/16 am Schauspielhaus herauskommt. Gibt es zuerst ein Kon­ zept und Sie suchen dann den passenden Raum, oder ist es an­ dersherum, dass zuerst ein Raum gefunden wird, der möglicher­ weise eine Atmosphäre mitbringt, die die Narration beeinflusst?

Signa Köstler und Mona el Gammal, für das bürgerliche Trauerspiel forderte Lessing eine Zuschauerilludierung, die dem Zuschauer die Leidenschaften des Dramas nicht nur beschrieb, sondern ihn förmlich in das Geschehen hineinzog, damit dieser sympathi­ sierte – ob er wollte oder nicht. Die Avantgarde des 20. Jahrhun­ derts hingegen erkannte im Zuschauen eine sinnliche Handlung, die es beim Publikum zu aktivieren und zu dynamisieren galt, wozu vor allem die traditionelle Trennung von Zuschauer- und Bühnen­ raum aufgehoben werden musste. Wenn man so in die Theater­ geschichte schaut, kann man sowohl die SIGNA-Performances als auch die ohne Performer auskommenden Narrative Spaces, wie Sie, Mona el Gammal, Ihre eigenen Arbeiten nennen, als eine ge­ lungene Synthese beider Traditionen lesen. Würden Sie da zustim­ men? Signa Köstler: Mein Hintergrund ist keiner des Theaters. Ich komme aus der bildenden Kunst, habe Kunstgeschichte und Film- und Medienwissenschaft studiert. Meine Kunst hat ihren Ausgangspunkt in der Installationskunst – und eigentlich auch in Nachtclubs, wo ich als sogenanntes Champagnermädchen gearbeitet habe. Solche Clubs sind ja eigentlich auch inszenierte Räume, in denen eine auf individueller, intimer Aktion basierte Performance stattfindet, was durchaus künstlich ist. Dort wird die Illusion einer Authentizität erschaffen, es geht darum, Gefühle, Begierde und so weiter zu simulieren, eben darum, so zu tun als ob. ¶ Vor dem Theatertreffen, zu dem wir 2008 mit „Die ­Erscheinungen der Martha Rubin“ eingeladen wurden, war die Zuordnung zum Theater nicht so eindeutig. Unsere Performances waren in einem Dazwischen.

Signa Köstler: Nicht nur das. Die ganze Struktur eines Projekts hängt viel von einem Gebäude ab: Wie ist es möglich, das Publikum zu bewegen? Wie viele Räume gibt es? Was für eine Infrastruktur hat so ein Gebäude, was für eine Geschichte bringt es mit, wo liegt es geografisch? Solche Sachen spielen eine große Rolle. Es ist immer sehr schwierig, eines zu finden. Egal wo. Was muss der ideale SIGNA-Raum mitbringen? Mona el Gammal: Vieles, aber erst mal ganz pragmatische Sachen: Wasser, Strom, Heizung. Signa Köstler: Es muss die Möglichkeit geben, dass wir dort wohnen können, weil es wichtig ist, dass wir als Gruppe die ganze Zeit zusammen sein können und nicht verteilt in allerlei Hostels wohnen. Viele kleinere Räume müssen da sein und am liebsten auch größere, in denen sich das Publikum versammeln kann. Dann ist es wichtig, dass das Haus eine gewisse Stimmung oder Patina hat, je nach Konzept. Es muss nicht zwingend alt und retro sein, aber wenn es zu steril ist, ist es eher uninteressant. Etwas Verwinkeltes, Schräges ist schön, eine etwas unüberschaubare Architektur ist toll, auch eine, bei der sich im Lauf der Zeit etwas verändert hat, wo neue Wände eingebaut wurden, wo die Architektur nicht unbedingt logisch ist. Die ehemalige EliseAverdieck-Schule hört sich da ideal an, in der Sie 2014 am Schau­ spielhaus Hamburg „Schwarze Augen, Maria“ produziert haben.

Signa Köstler: Ja, das war sehr gut. Ein bisschen langweilig war, dass es zu weiß war. Wir haben viel ge­ malert und tapeziert. Die Entscheidung für oder gegen ein Gebäude ist aber auch oft etwas Intuitives.


‚‚

‚‚

MAN WEISS ZWAR, DASS MAN IM THEATER IST, ABER ALLES WEIST DARAUF HIN, DASS ES ECHT IST.

dass wir sehr viel Zeit miteinander verbringen. Ich glaube, dass das auch einen großen Einfluss auf das Publikumserlebnis hat. Muss es bei der Erschaffung der SIGNA-Welten, der Weltschöpfung, eine gewisse Referenz auf die Außenwelt geben, damit die Zuschauer sich auf die Illusion einlas­

Signa Köstler: Die SIGNA-Räume sind keine realen Räume. Schon allein farblich ist das höchst durchdacht. Bei „Schwarze Augen, Maria“ gab es nicht die kleinsten Flecke von Rot. Mona el Gammal: In „Haus Nummer Null“ auch nicht. Und kein Schwarz, als hätte man den Farbregler runtergedreht. Signa Köstler: Mit den Gegenständen ist das ähnlich, es gibt etwas, das ich Authentizitätsmarkierer nenne. Man hat zum Beispiel normale Haushaltsgegenstände in einer Küche, die ganz leicht verfremdet sind. Sie zitieren die Wirklichkeit, sind aber ein bisschen überzogen, verdreht. Diese Verschiebung macht etwas. ¶ Es ist nicht so, dass wir wahllos auf Flohmärkte gehen und dann irgendwelche Gegenstände kaufen, es ist eine exakte Suche ohne Ende. Wir haben mittlerweile ein großes Lager auf einem Bauernhof in Dänemark, wo wir unsere Gegenstände lagern, die wir Artefakte nennen und die wir kategorisieren und archivieren. Sehr viele Sachen haben wir auf dem Sperrmüll sen?

gefunden – in Kopenhagen geht das sehr gut, und ich gehe jeden Tag meine Runden. Bis zum kleinsten Feuerzeug muss alles in diesem sehr besonderen Stil sein, damit das Publikum das Gefühl hat, es schreitet in eine andere Welt hinein. Die Orientierung, die man in den

91

SIGNA-Räumen bekommt, wird vor allem durch die Performer ­gegeben, die einen quasi an die Hand nehmen und die Navigation strukturieren. Bei den Narrative Spaces fällt diese Hilfestellung weg. Mona

el Gammal: Ja, im Narrative Space gibt es drei Mechanismen, die den Zuschauer leiten und die für jeden Einzelnen live geschaltet werden. Es gibt zum einen verschiedene Lichtstimmungen, die dir sagen: Hier ist es jetzt vorbei, es geht dort drüben weiter. Das ist sehr, sehr individuell, und wir versuchen, die Zuschauer möglichst in ihrem eigenen Rhythmus zu belassen. Von 400 Gästen hat eigentlich keiner dasselbe Timing. Dann sind da neben den Klangteppichen Soundeinspielungen, die insofern klar takten, weil sie meistens über Sprache funktionieren, die als solche schon eine gewisse Zeitlichkeit hat. ¶ Das Dritte sind die Türschließmechanismen, also das Klicken, wenn sich neue Türen öffnen. Das ist etwas Intuitives, was die Menschen scheinbar kennen und was total gut funktioniert. Empfinden manche Gäste, etwa die jün­

geren, die durch Computerspiele vorgeprägt sind, die Räume als Handlungsaufforderung? Signa Köstler: Klar, das gibt es, auch beim älteren Publikum, die sagen: Es gibt hier offenbar ein Rätsel zu lösen, was ist meine Aufgabe? Dadurch, dass so viele Dinge in diesen Räumen sind, sind die Leute natürlich manchmal im Glauben, dass sie Gegenstände gebrauchen müssen oder kombinieren könnten. Und dann wollen sie Schubladen öffnen und in alle Schränke hineinschauen. Der große Unterschied zu Monas Arbeiten ist dann, dass Performer da sind, um das zu verhindern. Weil man als Zuschauer ja quasi in deren Zuhause ist, haben die meisten auch diese Höflichkeitsbarriere, dass sie nicht einfach fremde Sachen durchwühlen. Mona el Gammal: Im Narra­ tive Space dürfen sie das ja gerne, sie sollen sogar! Es ist so gedacht, dass man alles aufmachen und angucken darf. Und es geht ja tatsächlich auch überall weiter. Alles, was da in den Schränken ist, alles hat mit der Narration zu tun. Beim Stückemarkt des Theatertreffens, zu dem „Haus Nummer Null“ eingeladen war, hat ­jemand im Publikumsgespräch gesagt: „Es gibt ja gar keinen Text?!“ Aber eigentlich war da überall Text. Signa Köstler: Wir versuchen, eine Illusion zu erschaffen, die endlos weitergeht, bis ins allerkleinste Detail. Es sind unüberschaubare Mengen von allem da, und es scheint so, als wäre es schon ewig in diesen Räumen. Und die Performer sind Teil dessen. Sie sehen müde aus, weil sie müde sind. Sie haben diese blauen Flecken und sie essen dieses furchtbare Essen. Und dann denkst du als Zuschauer zwangsläufig: Das ist doch echt! Man weiß zwar, dass man im Theater ist, aber

SIGNA KÖSTLER & MONA EL GAMMAL

Mona el Gammal: In Hamburg haben wir uns bei der Suche am selben Tag noch ein zweites Gebäude angeschaut, und wir mochten das zweite vor allem, weil es größer war. Aber von der Grundidee, die es schon gab, war uns klar, als wir in die Schule kamen, dass das dort stattfinden muss. Zuerst dachten wir, wir könnten dort nicht auch noch wohnen. Signa Köstler: Dann haben wir uns aber in einem von zwei größeren Sälen eingerichtet, haben ihn mit Trennwänden aufgeteilt und dann mit dreißig Leuten für ein halbes Jahr in kleinen Kabuffs gewohnt. Das ist ein bisschen wie Zirkusleben, aber das gehört dazu, und es ist auch sehr wichtig,


92

alles weist darauf hin, dass es echt ist. Trotzdem ist es nicht die Wirklichkeit. Da entsteht so eine Kluft, die einen leichten kognitiven Schwindel verursacht. Mona el Gammal: Es geht ja auch darum, die Wahrnehmung zu sensibilisieren. In „Haus Nummer Null“ werden die Sinne ganz anders gefordert, man fühlt, fasst an, riecht und muss sehr aufmerksam beobachten und zuhören. Wenn man danach plötzlich wieder in der Sonne steht, hat man – vielleicht – einen geschärften Blick für die Realität, in der wir leben, und dafür, dass Wirklichkeit und Fiktion gar nicht so weit auseinander liegen.

COGNITIVE VERTIGO AN UNSETTLING DIVIDE BETWEEN REALITY AND FICTION EMERGES IN THE HYPER-REAL SPACES OF SIGNA KÖSTLER AND MONA EL GAMMAL

Signa Köstler and Mona el Gammal, in the bourgeois tragedy Les­ sing called for involvement of the spectator in the illusion, not just describing the passions of the drama to spectators, but positively drawing them into the narrative so that they would sympathise – whether they wanted to or not. The avant-garde of the 20th cen­ tury, on the other hand, saw watching as a sensual act which had to be activated or stimulated in the audience, which largely in­ volved eliminating the traditional barrier between the auditorium and the stage. Looking at theatre history, both the SIGNA perform­ ances as well as the narrative spaces – as you call your work, Mona el Gammal, and which occur without performers – can be read as a successful synthesis of the two traditions. Would you agree? Signa Köstler: My background is not all in theatre. I come from visual arts, and studied art history and film and media studies. My art originates in installation art – and also actually in nightclubs where I worked as what they call a champagne girl. These clubs are really staged spaces in which a performance based on individ­ual, intimate actions takes place, something completely artificial. It creates the illusion of authenticity, it’s all about stimulating feelings, desire – in other words, pretending. ¶ Before the 2008 Theatertreffen where we were invited to present “Die Erscheinungen der Martha

Rubin” (“The Ruby Town Oracle”), this categorisation as theatre wasn’t so clear. Our performances were something in between. While it’s interesting to see how our work is ­categorised within theatrical history, it comes from a different starting point. Mona el Gammal: I stud­ ied scenography, which encompasses stage design as well as installation art. And also performance, although I never did it during my studies and only tried for the first time with SIGNA. The inspiration for my first narrative space in 2008 actually came from literature, from radio plays, and perhaps also film, because spectators enter the installation alone and their gaze is ­directed, much like a tracking shot moves through a story. ¶ I find it really exciting to stage a space with no performers at all, so that the spectators fill up the absence. That is also a completely different way of working to SIGNA. In Cologne we won a theatre award with “Haus Nummer Null” (“House Number Zero”). We were a bit surprised, but really glad because theatre was saying: you’re one of us. You’re currently in Hamburg looking for venues for a new Signa production which will be part of the 2015/16 Schauspielhaus programme. Do you start with a concept and look for an appropriate space, or is it the other way round; do you first find a space which perhaps

Signa Köstler: Not just that. The whole structure of the project is highly dependent on the building: how do we move the audience around? How many spaces are there? What does the building have in terms of infrastructure, what does it bring in terms of history, where is it geographically? Things like that play a major role. It is always very difficult finding them. No matter where. What does the ideal SIGNA space should have? Mona el Gammal: A lot of things, but first of all completely pragmatic things: water, electricity, heating. Signa Köstler: We have to be able to live there because it’s important that we as a group are together the whole time and not spread out in a bunch of hostels. It must have a number of smaller rooms and ideal­ ly also larger ones in which the audience can gather. On top of that it’s important that the building has a particular mood or patina, depending on the concept. It doesn’t necessarily have to be old and retro, but if it’s too sterile, it’s uninteresting. Something rambling and askew is nice, a certain complexity of architecture is great, also if the building has changed somewhat over the course of time, where new walls have been built, where the architecture isn’t necessarily logical.

has a certain atmosphere which influences the narrative?

The former Elise Averdieck School, in which you produced “Schwarze Augen, Maria” (“Black Eyes, Maria”) in 2014 for the Schauspielhaus Hamburg, sounds like it was ideal. Signa Köstler: Yes, that was really good. It was too white, which was a bit boring. We did a lot of painting and wallpapering. But choosing a building or not can often also be a very instinctive decision. Mona el Gammal: While we were


HAUS NUMMER NULL (Mona el Gammal und Juri Padel) Köln 2013. Sound Tom Förderer, Kostüme Ira Hellenthall. Fotos Michael Rudolph / Pierro Chiussi

SIGNA KÖSTLER & MONA EL GAMMAL

93


SCHAUSPIEL

JUNGES

HAUS

DIE GESCHICHTE VOM FRANZ BIBERKOPF Alfred Döblin Regie: Stephanie Mohr U R A U F F Ü H R U N G 17. September 2015

DOP P E L P RO JE K T

DER ZERBROCHENE KRUG

Heinrich von Kleist Premiere 2. Oktober 2015

TERROR

Ferdinand von Schirach U R A U F F Ü H R U N G 3. Oktober 2015 Regie: Oliver Reese

WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF?

S C H AU

K AMMER

SPIELE

DIE LEERE NACH DEM FEST

Hans Op de Beeck Regie: Hans Op de Beeck U R A U F F Ü H R U N G 19. September 2015

LEONCE UND LENA

Georg Büchner Regie: Jürgen Kruse Premiere 16. Oktober 2015

Edward Albee Regie: Stephan Kimmig Premiere 8. November 2015

GEORGE KAPLAN

PENTHESILEA

D E U T S C H S P R A C H I G E E R S TA U F F Ü H R U N G

Frédéric Sonntag Regie: Alexander Eisenach

Heinrich von Kleist Regie: Michael Thalheimer Premiere 4. Dezember 2015

5. Dezember 2015

DOS T O JE W SK I -T RIL OGIE T E IL 3

Felicia Zeller Regie: Johanna Wehner U R A U F F Ü H R U N G Februar 2016

SCHULD UND SÜHNE

Fjodor Dostojewski Regie: Bastian Kraft Premiere Januar 2016

DER REVISOR

Nikolai Gogol Regie: Sebastian Hartmann Premiere Februar 2016

DER STURM

William Shakespeare Regie: Andreas Kriegenburg Premiere April 2016

REVUE!

Ein musikalischer Abend von und mit Rainald Grebe Regie: Rainald Grebe U R A U F F Ü H R U N G Juni 2016

EINE ÜBERFLÜSSIGE FRAU (IWANOW RELOADED)

DIE NETZWELT

Jennifer Haley Regie: Bernhard Mikeska Premiere März 2016

DER ALTE AFFE ANGST

Oskar Roehler Regie: Ersan Mondtag U R A U F F Ü H R U N G April 2016

BOX

DIE PREMIEREN DES REGIEstudio Regie: Daniel Foerster, Therese Willstedt, Katrin Plötner

KATZELMACHER

SPIEL

KOLLEKTION

Inklusives Performanceprojekt für Jugendliche von Martina Droste und Katharina Mantel Premiere Oktober 2015 MMK 2 Museum für Moderne Kunst

KRABAT

Rainer Werner Fassbinder Regie: Susanne Wolff Premiere Mai 2016 Bockenheimer Depot

NO.WHERE.WANNA.BE

Jugendclubprojekt von Laura Linnenbaum Premiere Mai 2016 Box

BOCKENHEIMER

DEPOT

FA MIL IE NS T ÜC K A B 9 J A HRE N

Otfried Preußler Regie: Karin Drechsel Wiederaufnahme 15. November 2015 Schauspielhaus

FRANKFURT BABEL

Jugendclubprojekt von Martina Droste und Chris Weinheimer Premiere Dezember 2015 Bockenheimer Depot

SCHÖNE NEUE WELT

Aldous Huxley Regie: Jorinde Dröse Premiere 20. November 2015

CLOCKWORK ORANGE

Anthony Burgess Regie: Christopher Rüping Premiere Mai 2016

PREMIEREN

15 /16 WWW.SCHAUSPIELFRANKFURT.DE


‚‚

‚‚

YOU KNOW YOU’RE IN THE THEATRE, BUT EVERYTHING SUGGESTS THAT IT IS REAL.

In putting together these SIGNA worlds, creating your world, does there have to be a certain reference to the outside world so that

Signa Köstler: SIGNA spaces are not real spaces. The colour scheme alone is completely thought out. With “Schwarze Augen, Maria” there was not a spot of red. Mona el Gammal: Nor in “Haus Nummer Null”. And no black, as if the colour control had been turned down. Signa Köstler: It’s a similar thing with the objects, there’s a thing I call an authen­ticity marker. For instance, you can have normal household items in a kitchen, but they’re slightly altered. They quote from reality, but they’re a little over­done, a little distorted. This shift creates something. ¶ We don’t just go to some random flea market and buy any old objects; it is a precise search which is going on all the time. We now have a large storage space on a farm in Denmark where we store our items – we call them artefacts – and we categorise and archive them. We’ve found a lot of objects in the rubbish – Copen­ hagen is really good for that and I do my rounds every day. Everything has to be in a very particular style, right down to the smallest lighter, so that the audience has the feeling that they are stepping into another The orientation in these SIGNA spaces comes world.

spectators can engage with the illusion?

largely from the performers who take you in hand, so to speak, and structure the navigation. In the narrative spaces you don’t

have that kind of support. Mona

el Gammal: Yes, in the narrative spaces there are three mechanisms which guide spectators and which are activated live for each individ­ ual. The first are the various lighting moods which tell you: it’s finished here, and it’s continuing over there. This is something very individual and we try and let spectators set their own pace as much as possible. If you have 400 guests, no two will have the same timing. Then, along with the soundscapes, there are the sound recordings which keep a clear rhythm – they mainly function through speech, and as such they have a ­certain temporality. ¶ The third is the door-closing mechanism, the click, when a new door opens. That is something intuitive which people appear to recognise, and it functions perfectly. Do some guests, particu­

95

larly the younger ones who are preconditioned by computer games,

Signa Köstler: Of course that happens, also with older audience members who say: there is obviously a puzzle I have to solve here, what do I have to do? And because there are so many objects in these spaces, naturally people some­ times think that they have to use the objects or com­ bine them somehow. And then they want to open the drawers and look in all the cupboards. And the great contrast to Mona’s work is that performers are there to prevent that. Because as spectators they are in some­ one else’s house, so to speak, most of them have a courtesy barrier which prevents them from rummaging through other people’s things. Mona el Gammal: In the narrative space they’re welcome to do that, in fact they’re supposed to! It is conceived so that you can open everything and peer in. And the trail can lead anywhere. Everything in the cupboards is connected to the narrative. At the Theatertreffen Stückemarkt where we presented “Haus Nummer Null”, someone in the audience Q&A said: “There’s no text at all!” But really the text was everywhere. Signa Köstler: We try and create an illusion which can go on forever, right down to the tiniest detail. There is an impossible amount of stuff there, and it looks as though it’s always been in those spaces. And the performers are part of it. If they look tired, they are tired. They have bruises and they’re eating this terrible food. And inevitably as a spectator you think: that’s real! You know you’re in the theatre, but everything suggests that it is real. Nonethe­ less it isn’t reality. So a divide opens up which can cause a slight cognitive vertigo. Mona el Gammal: It’s also about sensitising perceptions. “Haus Nummer Null” engages the senses in a completely different way; you feel, touch, smell and have to observe and listen very closely. Afterwards, when you’re suddenly standing in the sunlight again, you have – perhaps – a sharpened eye for the reality in which we live and you realise that reality and fiction are really not that far apart.

perceive the spaces as a prompt to action?

Interview: Mirka Döring

SIGNA KÖSTLER & XMONA EL GAMMAL

looking around Hamburg we inspected a second build­ ing on the same day and we liked it, especially as it was larger. But given the basic idea that we already had, when we came to the school it was clear to us that it would have to be there. Although at first it didn’t seem like we could stay there. Signa Köstler: But then we set ourselves up in one of the two larger halls, divided it with partitions and then lived there for half a year, 30 of us in little cubbyholes. It’s a bit like circus life, but that’s all part of it and it’s also very important that we spend a lot of time together. I think that also has a major influence on the audience’s experience.


CLUB INFERNO (SIGNA, inspiriert von Dante Aligheri) SIGNA & Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 2013. Ausstattung Signa Köstler und Thomas Bo Nilsson. Mediendesign Arthur Köstler, Sounddesign Christian Bo. Fotos Erich Goldmann

96


SIGNA KÖSTLER & MONA EL GAMMAL

97


Seite 98 (oben links und unten): SCHWARZE AUGEN, MARIA Deutsches Schauspielhaus Hamburg, 2013. (SIGNA) Regie Signa Köstler und Sebastian Sommerfeld, Ausstattung Signa Köstler und Mona el Gammal, Mediendesign Arthur Köstler, Sounddesign Christian Bo. Fotos Erich Goldmann

VENTESTEDET (SIGNA) SIGNA & Republique Theater Kopenhagen, 2014. Regie Signa und Arthur Köstler, Ausstattung Signa Köstler und Mona el Gammal, Mediendesign Arthur Köstler, Sounddesign Christian Bo. Fotos Erich Goldmann

98


SIGNA KÖSTLER & MONA EL GAMMAL

99


100

VERDICHTETE ZEIT ANNETTE KURZ ÜBER WAHRHAFTIGKEIT UND DEN EMPATHISCHEN BLICK Annette Kurz, Ihre Bühnenbilder sind herausfordernde Rauminstal­ lationen und für ihre atmosphärische Dichte berühmt. Für Luk Perceval haben Sie auf der Ruhrtriennale und im Hamburger Thalia Theater riesige Objektbühnen für seine Inszenierungen von „Hamlet“ und „Macbeth“ gebaut. Wenn man bedenkt, dass Theater immer auch vom Moment des Flüchtigen lebt, überwältigen solch monumentale Bilder. War das Ihre Absicht? Mir geht es um authentische und starke Bilder, eine Art von Wahrhaftigkeit, die über das Gespielte hinausgeht; da kommen Luk Perceval und ich uns sehr nahe. Wenn ich ein Stück Holz auf die Bühne bringe, dann möchte ich nicht, dass das Holz vorgibt, etwas anderes zu sein, als es ist, Metall zum Beispiel. Die Dinge sollen einfach sein, was sie sind, nichts weiter. Erst durch ihre Multi­ plikation werden ursprünglich banale Gegenstände überhöht, und es entsteht eine Form von atmosphä­ rischer Dichte. Bei „Hamlet“ im Thalia Theater gibt es eine textile Wandskulptur. Auf 14 Reihen hängen Jacken und Gehröcke übereinander und füllen den gesamten Bühnenturm aus. Stimmt es, dass da vier Tonnen Kleiderfundus zusammenge­

Stimmt, die gesamte Konstruktion wiegt vier Tonnen. Die Idee war, alle Hamlets, angefangen von Shakespeares Zeiten bis heute, einmal erscheinen zu lassen. Kein anderes Stück wird so häufig gespielt wie diese Geschichte. Und es kann einen schon wahnsinnig machen, wenn man die Referenzen von allen „Hamlet“-Inszenierungen mitdenken will. Ich hatte aber Lust, auch mit etwas Augenzwinkern, Zeit darzustellen – in Form von verschiedenen „Hamlet“-Epochen. Angefangen bei der weißen fraise, der Krause, bis zum zeitgenössischen Anzug. Wir wollten Hamlets Frage „Sein oder Nichtsein?“ als eine universelle Frage erzählen, weil Menschen wahrscheinlich immer an sich verzweifeln. Dafür stehen diese 2000 Gehröcke. Ich habe sie farblich so komponiert, dass sie den Schatten eines großen schwarzen Hirsches ergeben, der dupliziert und ausgestopft dann noch einmal auf der Vorbühne liegt. Mark van Denesse hat es mit seiner Beleuchtung gekommen sind?

schafft, ein Vexierbild zu zaubern: Manchmal erscheint der Hirsch, manchmal tritt er zurück, manche sehen ihn, andere sehen ihn den ganzen Abend lang gar nicht. Ich habe auch schon gehört, dass einige die Karte von Dänemark darin erkannt haben oder sagen: „Da war doch der Geist des Vaters!“ Das ist das, was man darin sehen kann: diese vielen Menschen, für die Hamlet exemplarisch steht. Sie sind alle anwesend, wie in einem Totenreich. Die handelnden Figuren kommen und gehen immer durch diese Kleiderwand. Am Ende verschwinden sie. Aber dann kommen die Kinder aus der Wand und stellen sich weiter diese ewige Frage. Den Gang der Welt zeichnen Sie auch im Umgang mit dem Bühnenboden auf. Bei „Hamlet“ haben Sie dicke Bohlen ausgelegt, was sicher nicht ganz einfach für die Schauspieler war … (lacht) Ganz sicher nicht. Es war wichtig, dass dieser Boden da war. Ich arbeite immer drei­ dimensional für den ganzen Raum. Schon allein das Geräusch, wenn man über Dielen läuft, macht ein altes Schloss sinnlich erfahrbar. Das ist das eine. Deshalb mussten es für mich ziemlich raue Dielen sein, mit ­relativ großen Spalten. Für mich spielt der Bühnen­ boden immer eine große Rolle, weil er einfach der Ort ist, wo sich Schauspieler und Bühnenbildner zwangsläufig treffen, körperlich. Die Atmosphäre der gesamten Inszenierung kann davon abhängen. Bei „Hamlet“ war es so, dass alle Schritte der Schauspieler Geräusche verursachten, als liefen sie über richtige Schlossdielen. Das klingt nach romantischem Realismus. Große Stoffe, große Formen. Glauben Sie an die Kraft von Sym­ bolen? Wenn man diejenige im Theater ist, die das Bild produziert, hat man zwei Stunden, einen Raum, meistens eine Öffnung von zehn mal siebeneinhalb Metern, das Portal. Alles ist also irgendwie begrenzt, und ich gehe mit der Begrenzung gerne so um, dass ich ein Zentrum setze. Ob das jetzt ein Symbol ist, weiß ich nicht. Manchmal ist es symbolisch, manchmal auch nicht. Eigentlich würde ich eher Aura sagen. Aber die gelingt nicht immer. Man muss aufpassen, dass man den Schauspieler in einen guten Raum setzt, indem man einen Bühnenraum schafft, in dem er eine maximale Präsenz hat. Ein Bühnenbild sollte präsent und „wahrhaftig“ sein wie die Darsteller und ihnen dabei genau die maximale Präsenz im Raum ermöglichen. Für „Macbeth“ haben Sie 2011 in Gladbeck (Zeche Zweckel, Ruhrtriennale) eine Installation mit Hunderten von Tischen gebaut, ein riesiges Bühnenbild, das am Ende auch ins Thalia Theater hineingepasst hat. Wie plant man ein Bühnenbild für so unterschiedliche Theaterräume? Luk

Perceval hat sehr viel Ahnung von Raum. Die beiden koproduzierenden Theater aber musste ich davon überzeugen, dass es wichtig ist, vorsorglich zwei Bühnenbildentwürfe zu machen. Schließlich haben sie gesagt: „Wir finden es doch besser, wenn du nicht mit einem kleinen Kästchen kommst, das du uns in die große Halle stellst, nur


‚‚

MAN MUSS DEM SCHAUSPIELER EINEN BÜHNENRAUM SCHAFFEN, IN DEM ER EINE MAXIMALE PRÄSENZ HAT.

‚‚

nach Hause, und alle warten darauf, dass er ein Fest­ essen gibt. Alle stehen bereit für dieses Bankett – das aber findet niemals statt. Das war die Ausgangssituation: ein Bankett, das nicht losgeht. Am liebsten wäre ich durch ganz Europa gefahren und hätte alte Tische gesammelt. Zeitlich und finanziell war das überhaupt nicht drin. Ich habe dann nach Vorlagen Tische mit gedrechselten Beinen gezeichnet, nach denen die Werkstätten des Thalia Theaters für 110 Tische jedes Bein einzeln gedrechselt und mit einer so eigenen Patina versehen haben, dass alle dachten, es wären echte alte Tische. Das ist wie bei den Kleidern von „Hamlet“: einfach Zeit, verdichtete Menschenmaterie, zumindest Spuren davon. ¶ Die verdichteten Spuren menschlichen Lebens sind ein sehr wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Auch in „Jeder stirbt für sich allein“ bestehen die Berliner Häuserzeilen auf dem Stadtplan aus Alltagsgegenständen, welche in meiner Vorstellung während des Bomben­

hagels auf Berlin aus ebenjenen Häusern geflogen w ­ aren. Und auch beim Bühnenbild zur „Blechtrommel“ tragen die Objekte verdichtete Zeit in sich: die alten Wäschestücke, welche an der 15 Meter hohen Wäscheleine hängen, zum Beispiel – wer weiß, ob sie nicht wirklich aus dem brennenden Danzig stammen? Hilft es

101

da, bildende Kunst und Kunstgeschichte studiert zu haben, wenn Sie nach einer Form suchen, die vergangene Zeiten transportieren

Die Kunstgeschichte ist für mich ein Archiv, eine sehr wichtige und anregende Materialquelle. Aber ich will keine kunstgeschichtlichen Dinge reproduzieren. Bei „Hamlet“ war es diese „Tapisserie de Bayeux“, ein Wandteppich aus der Bretagne, auf dem die Überfahrt von William the Conqueror und der Kampf gegen den Norwegerkönig Harald dargestellt sind, der zeitgleich zur historischen Vorlage der Hamlet-Geschichte stattfand. Was man im fertigen Bühnenbild dann wieder­ findet, sind das Material, die kompositorische Reihung und der kollektive Selbstmord, den Luk Perceval erzählen wollte. Wenn Sie es sich aussuchen könnten, für soll?

welches Stück würden Sie gern ein Bühnenbild entwerfen? Gibt es Theatertexte, die zu Ihren Theaterbildern passen, und andere we­ niger? Ich glaube, dass ich mit den beiden Shakespeares sehr glücklich war. Für mich ist es wichtig, in einen energetischen Zustand zu gelangen und einen Blick auf Menschen zu haben, der voller Empathie ist. An Hans Fallada berührt mich dieser Blick enorm. Dieser ist vor dem Hintergrund seiner eigenen persönlichen Lebens-, Leidens- und Sterbensgeschichte besonders bewegend. Jemand, der mit aller Kraft versucht hat, die Menschheit als Ganzes zu lieben, und uns dabei doch in die tiefsten Abgründe der Individuen blicken lässt. Auch auf deren Scheitern? Um Empathie zu erreichen, muss man das Scheitern erzählen. Ob damit meine besten Räume entstehen – wer weiß? In jedem Fall habe ich das Gefühl, dass es mir besonders leichtfällt, wenn es einen physischen Impact gibt, wenn etwas mit Energie zu tun hat, mit Überwindung, mit etwas, das rein physikalisch an eine Grenze geht. Das kann ein räumlicher Impuls sein, wie bei der unlösbaren Spannung zwischen Penthesilea und Achilles, für die ich achtzig sehr schwere Holzbalken in der Schaubühne gebündelt hatte. Oder es kann eben die Schwere und Dichte der menschlichen Geschichten sein, die sich in manchen Objekten bündeln. Die Dichte der Materie, die Schwerkraft und ihre Überwindung: Das sind großartige Themen für eine Bühnenbildnerin. //

ANNETTE KURZ

damit es dann besser in euer Theater passt.“ Und dann habe ich in der Halle – mit einer Spielfläche von satten 50 Metern vor dieser neogotischen Industrie­architek­ tur – versucht, eine Situation zu bauen, die den Zuschauer in eine „Macbeth“-Welt hineinversetzt und einen räumlichen Fokus schafft für die Schauspieler. ¶ Wie bei „Hamlet“ war es mein Wunsch, die Anwesenheit von anderen Menschen zu erzeugen. Luk Perceval hat immer gesagt, der Macbeth kommt von der Schlacht


Staatstheater Braunschweig Premieren 2015 / 2016 Schauspiel

Junges Staatstheater

Mutter Courage und ihre Hunde (Arbeitstitel) ein Chorstück von Marta Górnicka | Uraufführung I: Marta Górnicka 25. September 2015

Füße im Himmel | 9+ von Michael Alexander Müller | Uraufführung I: Ulrike Hatzer 26. September 2015

Dantons Tod von Georg Büchner I: Martin Schulze 3. Oktober 2015

Mehr Licht! | 2+ von Esther Jurkiewicz, Andreas Steudtner und Ensemble | Uraufführung. Stückentwicklung I: Esther Jurkiewicz 7. November 2015

Raus aus dem Swimmingpool, rein in mein Haifischbecken von Laura Naumann 13. November 2015 Fast Forward – Europäisches Festival für junge Regie 19. – 22. November 2015 Der Gott des Gemetzels von Yasmina Reza I: Juliane Kann 28. November 2015 Terror von Ferdinand v. Schirach I: Nicolai Sykosch 22. Januar 2016 Die Banditen (Les Brigands) von Jacques Offenbach I: Michael Talke 23. Januar 2016 Judas von Lot Vekemans I: Dominique Schnizer Frühjahr 2016

Emil und die Detektive | 6+ von Erich Kästner | Familienstück I: Krystyn Tuschhoff 14. November 2015 Schnick Schnack Schnuck | 6+ von Dominika Willinek | Uraufführung | Junger Tanz I: Dominika Willinek 13. Dezember 2015 Nichts. Was im Leben wichtig ist | 13+ nach dem Roman von Janne Teller I: Ronny Jakubaschk 26. Februar 2016 Der nackte Kaiser | 6+ von Gerd Knappe I: Martin Grünheit 9. April 2016 Das Tierreich | 14+ von Nolte Decar I: Juliane Kann 20. Mai 2016

Glauben von werkgruppe2 | Uraufführung I: Julia Roesler 18. März 2016 Effi Briest nach dem Roman von Theodor Fontane I: Anna Bergmann 19. März 2016 Austerlitz (in Planung) nach dem Roman von W. G. Sebald Mai 2016

Anton Reiser (Arbeitstitel) nach dem Roman von Karl Philipp Moritz ein Audiowalk von Florian Fischer | Uraufführung I: Florian Fischer und Ludwig Berger 27. Mai 2016

www.staatstheater-braunschweig.de

Foto Volker Beinhorn

Die Jungfrau von Orleans von Friedrich Schiller I. Stephan Rottkamp 21. Mai 2016


CONDENSED TIME

the wall and keep asking the eternal question.

103

You also illustrate the way of the world in the use you make of the stage floor. In “Hamlet” you laid down thick planks, which can’t

(laughs) Certainly not. It was important to have that floor. I always work in three dimensions for the entire space. That’s one thing. Therefore I needed quite rough boards, with relatively large gaps. The floor of the stage is always important for me, because it is simply the place where the actor and the set are forced to connect, physically. The atmosphere of the entire production can depend on it. For “Hamlet”, every step the actors took sounded like they were walking across real palace floorboards. That sounds a bit like romantic realism. Big

have been very easy for the actors ...

ANNETTE KURZ ON VERACITY AND THE EMPATHIC GAZE

Annette Kurz, your sets are challenging spatial installations, ­renowned for their atmospheric density. For Luk Perceval you built enormous object stages for his productions of “Hamlet” and

these monumental images can be overwhelming. Was that your intention? I’m interested in authentic, strong images, a kind of veracity which goes beyond the piece itself, that’s where Luk Perceval and I are very much alike. If I use a piece of wood in a set, I don’t want the wood to pretend to be anything other than what it is – metal, for example. Things should simply be what they are, nothing more. It’s only in multiplying them that formerly banal objects are inflated and that’s when you get a kind of atmospheric density. For “Hamlet” in the Thalia Theater there is a textile wall sculpture. Jackets and frock coats hang in 14 overlapping rows and take up the entire stage. Is it true that there were four tonnes of costumes altogether?

Yes, the entire construction weighs four tonnes. The idea was to feature every “Hamlet”, starting with Shake­ speare’s era and continuing to the present day. There’s no play which is performed as often as this story. And once you start thinking about the references from ­every s­ ingle “Hamlet” production, it can drive you mad. But I wanted to represent time, with a nod and a wink – in the form of the various “Hamlet” epochs, from the white fraise, or ruff, to the contemporary suit. We wanted to make Hamlet’s question “to be or not to be?” a universal question, because in all probability people have always doubted themselves. That’s what the 2000 frock coats stand for. I arranged the colours so that they show the silhouette of a large black stag, with a stuffed duplicate on the stage. Mark van Denesse managed to arrange the lighting so that it conjures up a visual puzzle: sometimes the stag appears, sometimes it retreats, some people see it, others spend the whole evening without seeing it. I have also heard some people see a map of Denmark in it, or they say: “That was the father’s ghost!” It is whatever you see in it: the many people Hamlet stands for. They’re all present, like a realm of the dead. The characters in the play come and go through this wall of clothing. At the end they disappear. But then the children come through

‚‚

burg. When you consider that theatre lives in ephemeral moments,

‚‚

YOU HAVE TO PLACE THE ACTOR IN A SPACE IN WHICH HE HAS MAXIMUM PRESENCE.

subjects, big forms. Do you believe in the power of symbols?

When you’re the one in the theatre responsible for the set, you have two hours, a space with an opening 10 metres by 7.5, the portal. Everything is so limited, and the way I like to deal with this limitation is to establish a centre. Whether that’s a symbol I couldn’t say. Sometimes it’s symbolic and sometimes it isn’t. Actually I usually call it an aura. But that doesn’t always work. You have to be careful to place the actor in a good space, by creating a stage space in which he has maximum presence. A set design should be present and “true” like the actors, and at the same time allow For the them maximum presence in that space. 2011 “Macbeth” in Gladbeck (Zeche Zweckel, Ruhrtriennale) you built an installation with hundreds of tables, a huge set, which in the end also fit into the Thalia Theater. How do you plan one set

Luk Perceval really ­ nderstands space. But I had to convince the two cou producing theatres that it was important to design two different sets. In the end they said: “We think it’s better that you don’t turn up with a little box and put it in the big hall, just so it fits better in your theatre.” And then

for two such different theatre spaces?

ANNETTE KURZ

“Macbeth” at the Ruhrtriennale and in the Thalia Theater in Ham­


104

I tried to create a situation in the hall – with a perform­ ance area of a full 50 metres of neo-gothic industrial architecture – which can transport the audience to a “Macbeth” world and create a spatial focus for the actors. As with “Hamlet”, I wanted to create the absence of other people. Luk Perceval always said that Macbeth is coming home from battle and everyone is waiting for the celebratory feast. Everything is ready for this banquet – but it never happens. That was the starting point: a banquet which never starts. Ideally I would have ­travelled throughout Europe and collected old tables. But for reasons of time and finances that was never going to happen. I then used templates to draw tables with turned legs, and the Thalia Theater workshop turned every single leg for 110 tables and then gave them a patina which made everyone think they really were old tables. Like the clothes in “Hamlet”: just time, condensed human material, or at least traces of it. ¶ The condensed traces of human lives are always a very important part of my work. In “Jeder stirbt für sich allein” (“Every Man Dies Alone”), too, the rows of Berlin buildings on the street map are made up of everyday objects, which in my conception flew out of those houses when the bombs rained down on Berlin. And for the set of the “Blechtrommel” (“Tin Drum”), the objects contain condensed time within themselves: the old pieces of laundry, for example, which hang on the 15-metre high clothesline – who knows if it didn’t actually come from Danzig as it stood in flames? When you are looking for a particular form which is supposed to convey past eras, does it help that you studied art and art history?

For me art history is an archive, a very important and inspiring source of material. But I don’t want to just reproduce things from art history. For “Hamlet” it was

the “Bayeux Tapestry”, a wall hanging from Brittany which depicts the crossing of William the Conqueror and the battle against the Norwegian king Harald, which was going on at the same time as the historical events of the Hamlet story. What then finds its way to the finished set is the material, the compositional sequence and the collective suicide which Luk Perceval wanted to relate. If you could choose, which play would you like to design sets for? Are there some theatre texts

I think I was very lucky with both of the Shakespeares. For me it’s ­important to arrive at an energetic state and retain a view of people which is full of empathy. In Hans Fallada this view is incredibly touching. It is particularly moving against the backdrop of his own story, the way he lived, suffered and died. Someone who has done everything he can to love humanity as a whole and allow us a glimpse into the deepest abyss of the individual. And their failures? To achieve empathy you have to relate failure. Whether that’s where my best spaces come from, who knows? In any case I get the feeling that it really becomes easy for me when there’s a physical impact, when there’s some energy, overcoming, something which in p ­ urely physical terms reaches a limit. That can be a spatial impetus, like the intractable tension between Pen­ thesilea and Achilles, for which I bundled together 80 very heavy wooden beams on the stage. Or it can simply be the heaviness and density of human stories, bundled up in a few o ­ bjects. The density of the material, gravity and ways of overcoming it; these are great subjects for a set d ­ esigner.

which suit your designs better, some less?

Interview: Ute Müller-Tischler


ANNETTE KURZ

DIE BLECHTROMMEL (Günter Grass) Thalia Theater Hamburg, 2015. Regie Luk Perceval, Kostüme Ilse Vanden­ bussche, Musik Lothar Müller und Martin von Allmen, Video Philip Bußmann. Foto Annette Kurz

105


MACBETH (William Shakespeare) links: Thalia Theater Hamburg, 2011; rechts: Zeche Zweckel in Gladbeck, Ruhr­ triennale, 2011. Regie Luk Perceval, Kostüme Ilse Vandenbussche, Musik Lothar Müller. Foto Annette Kurz / Nora Husmann

106


107


Seite 109: JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN (nach Hans Thalia Theater Hamburg, 2012. Regie Luk ­Fallada Perceval, Kostüme Ilse Vandenbussche, Musik Lothar Müller. Foto Annette Kurz

HAMLET (William Shakespeare) Thalia Theater Hamburg, 2010. Regie Luk Perceval, Kostüme Ilse Vanden­ bussche. Foto Annette Kurz

108


ANNETTE KURZ

109


110

TAPEZIERTES PARADIES STÉPHANE LAIMÉS AUFGESCHNITTENE RÄUME ZEIGEN DIE WELT ALS MODELL Stéphane Laimé, Sie haben – da waren Sie noch sehr jung – an der Ausstattung so berühmter Filme wie „Delicatessen“ (1991) von Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro mitgearbeitet. Warum sind Sie nicht beim Film geblieben? Das war eine technische Mitarbeit, keine künstlerische. Der Stil von Jeunet und Caro, das absurd-groteske Spiel, das fast schon etwas von einem Comic hat, gefiel mir damals sehr. Ausstattung beim Film ist aber etwas völlig anderes als am Theater. Beim Film baut man im Grunde einen woanders vorhandenen Raum bloß nach; die künstlerische Setzung eines Raumes gibt es hauptsächlich im Theater. Wann wussten Sie, dass Sie Bühnenbildner für das Theater werden wollten? Sehr früh, weil ich als Kind vieles nicht machen konnte, was andere machten: Sport etwa oder auch nur draußen mit anderen herumlaufen. Ich hatte bis zu meinem 18. Lebensjahr Wachstumsstörungen und musste ein Korsett tragen. Da habe ich dann viel gelesen, Musik gehört und auch das Theater entdeckt. Was war das Besondere am Theater? Es ist ein Laboratorium, wo sich Text und Menschen in einem Raum begegnen, den zu schaffen jedes Mal ein Wagnis ist. Ich stehe bei jedem Stück erst einmal ganz ­ahnungslos da. Insofern habe ich auch keinen Stil in der Art, dass man sofort sieht: Das ist ein Bühnenbild von Laimé. Das liegt daran, dass ich mich nicht wiederholen mag. Mir geht es immer darum, eine Situation zu schaffen, bei der die Zuschauer dazugehören. Ich denke immer daran, wie man um ein Lagerfeuer herum sitzt, das Feuer verändert die Beziehung der drum­ herum Sitzenden. Darum geht es mir bei meinen Bühnenbildern auch. Sie müssen eine Atmosphäre prägen. Also mehr als bloß Kulisse sein? Genau, wenn ein Regisseur zu mir kommt und sagt, was er alles von mir gebaut haben will, dann ist das für mich kein so guter Beginn, damit kann ich wenig anfangen. Ich will nicht für andere arbeiten, sondern mit ihnen zusam-

men. Zum Theater bin ich als Autodidakt gekommen, habe mitgearbeitet, assistiert und durch das Dabeisein viel gelernt. Was ist für Sie eine Bühne? Der Raum, in dem das Stück spielt. Da steckt also bereits eine ­szenische Idee drin, die man mit dem Regisseur teilen muss. Das ist dann eine Art magische Situation, die sich herstellt oder nicht. Klaus Michael Grüber hat mich gerade in der Hinsicht stark beeindruckt, mit ­wenigem ungeheuer viel zu bewirken. Als er an der Berliner Schaubühne „Splendid’s“ von Genet inszenierte, suchte er eine spezielle Form von Sinnlichkeit. Darum stellte er bei der ersten Probe eine Kerze auf den Boden und sagte: „Wenn die ausgeht, ist die Probe zu Ende.“ Und es dauerte nicht lange, und bei einer Bewegung des Kostüms ging sie aus. Ende der Probe. Und bei jeder Probe stand die Kerze auf der Bühne, und wenn sie bei einem Luftzug gleich am Anfang ausging, fiel die Probe quasi aus. Alle achteten schließlich bloß noch auf die Kerze. Solange sie brannte, konnte geprobt werden, und die Schauspieler wollten ja proben. Das hatte etwas von dem archaischen Kult des Feuerbewahrens, eine besondere Achtsamkeit, die man nicht erreicht, indem man sie verbal fordert, sondern die man nur im gemeinsamen Akt des Behütens hervorbringt. Das hat mich sehr beeindruckt, wie dieser Regisseur fast ohne Worte mittels einer Kerze auf der Probe die Atmosphäre schuf, die er suchte. Die Kerze ist dann die besondere Ingredienz des Zauberers, der ein Bühnen­

Ja, die Kerze war in dem Fall das Zentrum, das Herz der Inszenierung, sie schuf eine Haltung beim Spiel. Da lernte ich, dass alles, was auf der Bühne geschieht, eine besondere Bedeutung haben muss, ganz gleich, ob jemand den Boden aufwischt oder von rechts nach links geht. Es ist eine künstliche Welt voller Zeichen und Symbole, an der alle teilhaben, die Schauspieler und die Zuschauer. Das eigent­ liche Theater findet im Kopf des Zuschauers statt? Natürlich. Wenn es dort nicht ankommt, ist alles umsonst, was auf der Bühne gemacht wird. Letztlich geht es um die Imagination von Wirklichkeit. Den Schlüssel dazu muss man aber erst einmal finden. Und das aufschließende Bild, das die Bühne dann vermittelt, ist jedes Mal ein anderes, es kommt aus dem Text, aber auch aus den Gesprächen mit dem Regisseur, aus seiner Lesart des Stoffes. Sie ­arbeiten mit vielen unterschiedlichen Regis­ bildner im Idealfall sein kann?

seuren zusammen, am intensivsten war bislang Ihre Zusammen­ arbeit mit Jan Bosse. Die Inszenierungen, die ich von Ihnen beiden sah, „Platonow“ und „Hedda Gabler“ am Hamburger Thalia Theater, „Anna Karenina“, „Amphitryon“ und „Das Käthchen von Heilbronn“ am Berliner ­Maxim Gorki Theater, hatten immer diese ungeheure szenische Verdichtung des Spiels – wie entstehen solche Spiel-

­ uerst einmal: Die Räume entstehen ganz am Z Schluss, wenn ich glaube, die Essenz des Stücks gefunden zu haben. Um was es dabei geht, ist ja keine Illustration, sondern eine Setzung. Da muss man natürRäume?


lich mit dem Regisseur auf besondere Weise harmonieren. Er muss das auch wollen, so wie Jan Bosse. Wir waren uns etwa bei „Anna Karenina“ einig: Sie ist wie eine Gipsfigur, ihr Platz in der Welt ist mit dem Fach in einer Anrichte vergleichbar. Die Welt als Modell,

allhin mit. Die Bühne dreht sich, wir blicken von allen Seiten – aber der Befund ändert sich nicht. Die Natur kommt nicht vor in diesem Stück, Menschen auch nicht, nur ihre sie beherrschenden Neurosen.

fast schon als Präparat behandelt, das man wie unter dem Mikros­

großen Bildtapete.

erinnert, besonders an „Die Tiefseetaucher“, all die aufgeschnit­ tenen Räume, in die wir Zuschauer unerlaubterweise hineinblicken

‚‚

‚‚

MEINE LÜGE IST WAHR, AUF DIESEM PRINZIP BERUHT THEATER.

können, in denen aber die Figuren der Handlung ganz und gar eingeschlossen sind. Ein atomisierter Zustand? Jede

Figur hat hier einen Kasten, den sie bewohnt: ihr Fach, ihre Zelle. Die türmen sich dann übereinander, aber Interaktion findet kaum statt und wenn doch, dann müssen die Akteure außen herum klettern, denn die Fächer haben keine Türen. Alle sprechen sie immer direkt nach vorn in den Zuschauerraum, nicht zueinander. So entsteht die Atmosphäre einer unerträglichen Künstlichkeit und Einsamkeit. Bei „Peer Gynt“ war es dann der babylonische Turm auf der Bühne: der Kopf von Peer Gynt selbst, in dem diese rätselhaft labyrinthische Fantasie entsteht. Bei „Platonow“ ist es dieser kuriose Wohnwagen, den man nicht erwartet hat, weil man doch weiß: Hier versammelt sich eine Gesellschaft auf dem Lande! Der

Grundeindruck sollte sein: Es bleibt eng und provinziell, wohin sie sich auch begeben, ihre kleine Enge-Welt-Hölle nehmen sie über-

Ähnlich in „Hedda Gabler“, da gibt es den Wald auch nur auf einer

Ja, die Erwartung scheint groß. Neues Haus, neues Glück – und dann doch wieder nur die alten Geschichten. Die alte Entfremdungsgeschichte mitten im Biedermeierplüsch. Jan Bosse und ich wussten sofort: Wir müssen das Paradies tapezieren! Ich habe die Bühne gehasst, sie hat mich schließlich selbst fertig­gemacht. Alle stecken sie hier im falschen Leben fest, aber niemand will es sich eingestehen. Lieber werfen sie dann mit Knall alles weg, um die Lüge aufrechtzuerhalten. „Dantons Tod“, das 2014 in Wien

Premiere feierte, war eine große Nach-der-Schlacht-Szenerie, ein

Ja, die Bühne ist riesig – 120 Laufmeter bei sechs Metern Höhe! Der gigantische Raum ist schwarz gestrichen und dreht sich – alles, was darin zu sehen ist, sind ­bloße Fetzen von etwas, das dem reinen Ideal nicht standhielt –, also der große Traum von der völligen Umwälzung aller Verhältnisse in seiner Nacktheit. Die Revolutionsmaschine in ihrer Abstraktion ist Terror um des Terrors willen. Die Bühne beerdigt augenfällig alles Menschliche. Welche Forderungen stellen Ihre Bühnen­ bilder an den Schauspieler? Er muss etwas verstehen und fühlen. Das ist die Forderung des Raumes, den man nicht naiv betreten darf. Für „Was ihr wollt“ am Thalia habe ich ein Diorama benutzt, das ist ein dreidimen­ sionaler Kasten mit gemalten Hintergründen. Dahinein habe ich Bäume gesetzt, zwei unterschiedliche Ebenen von Abstraktion. Ein Fantasieraum, der zu leben beginnt. Meine Lüge ist wahr, auf diesem Prinzip beruht Theater. Das hat schockierende Elemente, deren Faszi­ nationskraft aber kein Selbstzweck ist, sondern uns hilft, die Wahrheit über uns selbst zu entdecken. Sie Blick in den Bauch der Revolution als Schreckenskammer!

arbeiten an deutschen Theatern, aber auch international in der Schweiz, in Österreich, Frankreich und England. Worin liegt der

Das deutschsprachige Ensembletheater ist einmalig. In Frankreich kennt man die Académie française und das Tourneetheater, das en suite spielt. Da spürt man das Erbe der Troubadoure. Gewiss gibt

Unterschied?

STÉPHANE LAIMÉ

kop anschaut, das hat mich an Wes Andersons bizarre Filmästhetik

111


112

es Isabelle Huppert oder Michel Piccoli, die es immer noch schaffen, großes Theater zu machen, aber im Grunde gibt es den Theaterschauspieler, wie man ihn in Deutschland kennt, dort nicht. Nach Manchester bin ich im Juni 2015 zur Eröffnung eines neu gebauten internationalen zeitgenössischen Theaters namens Home eingeladen, um das Bühnenbild für „Tintenherz“ zu machen. Immerhin, eine Neueröffnung, das ist für britische Verhältnisse schon eine großartige Sache. //

WALLPAPERED PARADISE STÉPHANE LAIMÉ’S SLICED SPACES DEPICT THE WORLD AS MODEL

Stéphane Laimé, in your very early days you collaborated on sets for renowned films like “Delicatessen” (1991) by Jean-Pierre Jeunet

That was a tech­ nical collaboration, not artistic. Back then I really liked Jeunet and Caro’s style, that absurd, grotesque kind of acting which is almost like a comic book. But sets for films are completely different from sets for the theatre. In film you simply reconstruct a space which already exists somewhere else, while you’ll generally find an artistic setting of a space in the theatre. When and Marc Caro. Why didn’t you stay in film?

did you realise that you wanted to become a set designer for

Very early on, because as a child I couldn’t do what the others did, like sport, or just running around outside with the other kids. Until I was 18 I had a growth disorder and I had to wear a corset. So I used to read a lot, listen to music, and I also discovered the theatre. What was so special about the theatre? It’s a laboratory where text and people encounter each ­other within a space, and the creation of that space is a risk every time. With every play I just stand there without a clue to begin with. As such I don’t have a style that you recognise straight away, where you say that’s Laimé set. That’s because I don’t like repeating myself. For me it’s always about creating a situation which the audience can feel part of. I always think about how you sit around a camp fire, and the fire changes the relationship of the people sitting around it. That’s how I think of my set designs as well. They have to the theatre?

create an atmosphere. And be more than just a backdrop? Exactly, if a director comes to me and tells me everything he wants me to build, then that’s not a good start for me, I can’t really work like that. I want to work with other people rather than for them. I came to the theatre as an autodidact, I collaborated, assisted, and just by being there I have learnt a lot. What is a stage for you? The space in which the play is performed. So there’s already a scenic idea there that you have to share with the director. That is a kind of magic­ al situation and it either happens or it doesn’t. Klaus Michael Grüber heavily influenced me with the idea of achieving a huge amount with minimal means. When he directed Genet’s “Splendid” at the Berlin Schaubühne, he was looking for a particular type of sensuality. So at the first rehearsal he put a candle on the stage and said, when the candle goes out, the rehearsal is over. And it wasn’t long until a costume moved and snuffed it out. Rehearsal over. And at each rehearsal the candle stood on the stage, and if a draft of wind blew it out right at the start, then the rehearsal was effectively cancelled. So finally everyone was just focussing on the candle. As long as it burned, they could rehearse, and the actors wanted to rehearse. It was a little like an archaic cult tending the sacred flame, a particular type of attentiveness you can’t create by simply demanding it in words, but something that this communal act of protection was able to bring about. That made a great impression on me, the way the director created the atmosphere he wanted, almost without words, using nothing more than a candle. So the candle is the magician’s special ingredient, which the set designer can also be

Yes, the candle in this case was the centre, the heart of the production, it engendered an attitude in the performance. So I learnt that everything that happens on the stage must have a particular meaning, whether someone’s mopping it or walking across it from right to left. It is an artistic world full of signs and symbols where everyone has a part, actors and audience alike. So the real theatre takes place in the audi­ ence’s heads? Of course. If it doesn’t get in there then it doesn’t matter what’s happening on the stage. In the end it’s about imagining reality. But first you have to find the key. And the image that unlocks it, conveyed by the stage, is different every time, it comes from the text, but also from talking to the director and his way of reading the material. You work with many differ­ if all goes well?

ent directors, your most intensive collaboration so far being with Jan Bosse. All of your joint productions which I have seen, “Pla­ tonov” and “Hedda Gabler” at Hamburg’s Thalia Theater, “Anna Karenina”, “Amphitryon” and “Das Käthchen von Heilbronn” (“Katie of Heilbronn or The Trial by Fire”) at Berlin’s Maxim Gorki Theater, they all have this immense scenic density in the performance – how do these performance spaces come about? First,

the spaces come about right at the end, when I believe I’ve


EIN SOMMERNACHTSTRAUM Komödie von William Shakespeare Inszenierung: Johannes von Matuschka 18. September 2015

GIFT. EINE EHEGESCHICHTE Stück von Lot Vekemans Inszenierung: Johanna Ullmann 19. September 2015

FAMILIENFESTE: GESPENSTER

PREMIEREN SCHAUSPIEL DIE SCHÖNE UND DAS TIER Ein königliches Zaubermärchen von Esther Filges und Martin Leutgeb Für alle ab 6 Jahren Inszenierung: John F. Kutil 15. November 2015

Ein Familiendrama von Henrik Ibsen

MEIN KÜHLRAUM (ÖE)

MRS DALLOWAY

Schauspiel von Joël Pommerat Inszenierung: Gerhard Willert 5. Dezember 2015

Eine Erzählung von Virginia Woolf

VIKTORIA UND IHR HUSAR Operette von Paul Abraham Inszenierung: Armin Holz 10. Oktober 2015

WELCOME TO ASTORIA (UA) Eine Rap & Live-Comic-Performance mit TEXTA und Lukasz Aleksander Glowacki aka MAMUT frei nach Jura Soyfers Astoria Inszenierung: Dominik Günther 23. Oktober 2015

EIN IDEALER GATTE Komödie von Oscar Wilde Inszenierung: Bernarda Horres 13. Februar 2016

LEHMAN BROTHERS. Posse mit Gesang von Johann Nepomuk Nestroy AUFSTIEG UND FALL EINER DYNASTIE (ÖE) DER TALISMAN

Inszenierung: Peter Wittenberg 12. Dezember 2015

HEUTE ABEND: LOLA BLAU Musical für eine Schauspielerin von Georg Kreisler Inszenierung: Verena Koch 13. Dezember 2015

Stück von Stefano Massini Inszenierung: Henri Hüster 12. März 2016

MEINE BESTE FREUNDIN (DSE) Schauspiel von Tamsin Oglesby Inszenierung: Hans-Ulrich Becker 16. April 2016

DAS WASSER IM MEER (UA) Schauspiel von Christoph Nußbaumeder Auftragswerk des Landestheaters Linz Inszenierung: Gerhard Willert 13. Mai 2016

TARTUFFE

SECHS PERSONEN SUCHEN EINEN AUTOR

Komödie von Molière Inszenierung: Gerhard Willert 24. März 2016

Komödie im Werden von Luigi Pirandello Inszenierung: Marc Becker 4. Juni 2016

SPIELZEIT 2015/2016 | WWW.LANDESTHEATER-LINZ.AT TheaterDerZeit_Schauspiel_2015-2016.indd 1

15.05.15 18:45

FBE_TdZ_180515.indd 2

18/05/15 17:40


ROBERTO ZUCCO (Bernard-Marie Koltès) Schauspielhaus Zürich, 2015. Regie Karin Henkel, Kostüme Klaus Bruns, Musikalische Leitung Tomek Kolczynski. Fotos Evelyn Groschopfer

114


found the essence of the play. And it’s not about creating an illustration, but a setting. Of course that requires harmonising in a particular way with the director. He must want that as well, like Jan Bosse does. In “Anna Karenina”, for instance, we agreed that she is like a plaster figurine, her place in the world is the shelf on a dresser. The world as model, treated almost like a compound which you look at under a microscope, reminds me of Wes Anderson’s bizarre film aesthetic, particularly “The Life Aqua­t­ ic with Steve Zissou”, all of these sliced spaces into which we as viewers have an illicit view, but in which the figures are completely enclosed in the action. Is this a state of atomisation?

All the

nature in this play, or people, just the neuroses which possess them. Similarly, in “Hedda Gabler” the forest is only there in the form a large photographic wallpaper. Yes, they seem to have such great expectations. New house, new happiness – but then it’s just the same old story again. The old story of alienation amid the Biedermeier plush. Bosse and I knew straight away: We have to wallpaper paradise! I hated the set, in the end it finished me off as well. Everyone is stuck in the wrong life but no one wants to admit it. They would rather bring it all down with a crash and maintain the lie. “Danton’s Tod” (“Danton’s Death”), which premiered

115

in Vienna in 2014, was a huge after-the-battle scene, a glimpse

Yes, the set is enormous – 120 metres across by 6 metres high! The huge space is painted black and revolves – everything you can see in it are mere scraps of something which don’t hold up to the pure ideal – so it’s a huge tower, the complete upheaval of all conditions laid bare. In its abstraction, the revolutionary machine is terror for terror’s sake. The set clearly buries anything human. What challenges do your sets present the actors? They must understand, and feel. That is the challenge of the space, so you can’t enter into naively. For “Was ihr wollt” (“Twelfth Night”) at the Thalia I used a dio­ rama, a three-dimensional box with a painted backdrop. Then I put trees in it, two different levels of abstraction. A fantasy space which comes to life. My lie is true, that’s the basic principle of theatre. It has shocking elements, but the power of fascination isn’t a goal in itself, rather it helps us to discover the truth about ourselves. You work in German theatres, but

‚‚

‚‚

MY LIE IS TRUE, THAT’S THE BASIC PRINCIPLE OF THEATRE.

­ gures have their compartments in which they live, fi their shelves, their cells. They’re piled on top of each other, but there is hardly any interaction and if there is, the protagonists have to climb about outside, because the compartments don’t have doors. They all talk outwards toward the auditorium, not to each other. This creates an atmosphere of unbearable artificiality and isolation. For “Peer Gynt” it was the Tower of Babel on the stage: the head of Peer Gynt himself, from which these mysterious labyrinthine fantasies emerge. In “Platonov” it is the curious caravan which you don’t expect, because you know that there is a society coming together here i n the countryside! The basic impression should be that ­ verything remains narrow and provincial wherever e they go, they take their narrow hellish world with them everywhere. The stage spins around, we look at it from every angle – but the result is the same. There’s no

also internationally in Switzerland, Austria, France and England.

German-language ensemble theatre is unique. In France they have the Académie française and the touring theatre, where they perform in runs. There you get a sense of the legacy of the troubadour. Sure you have people like Isabelle Huppert and Michel Piccoli who still manage to make grand theatre, but essentially they don’t have theatre actors like you find in Germany. In June 2015 I’ve been invited to Manchester for the opening of a newly built international contemporary theatre called Home, to design the set for “Inkheart”. In any case, just having a new opening is great by British standards.

How do they differ?

Interview: Gunnar Decker

STÉPHANE LAIMÉ

into the belly of the revolution as a chamber of horrors!


116


STÉPHANE LAIMÉ

DANTONS TOD (Georg Büchner) Burgtheater Wien, 2014. Regie Jan Bosse, Kostüme Kathrin Plath, Musik Arno Kraehahn, Video Meika Dresenkamp. Fotos Evelyn Groschopfer / Stéphane Laimé

117


HEDDA GABLER (Henrik Ibsen) Thalia Theater Hamburg, 2013. Regie Jan Bosse, KostĂźme Kathrin Plath, Musik Jonas Landerschier. Fotos Armin Smailovic

118


PLATONOW (Anton Tschechow) Thalia Theater Hamburg, 2012. Regie Jan Bosse, KostĂźme Kathrin Plath, Musik Jonas Landerschier. Foto Krafft Angerer

119


DAS HELLE DUNKLE MARK LAMMERT ÜBER „WARTEN AUF GODOT“ AM DEUTSCHEN THEATER BERLIN

„Warten auf Godot“ war die letzte Inszenierung, die Dimiter Gotscheff und Sie gemeinsam vorbereitet haben. Was hat den 2013 verstor­ benen Gotscheff und Sie in der ersten Annäherung an Becketts Stück interessiert? 
Wir

wollten etwas zu Ende bekommen, was mit unsrer Aufführung der „Perser“ begonnen hat, vor acht Jahren. „Godot“ war übrigens in der Spielzeitvorschau des Deutschen Theaters für die Kammer­ spiele avisiert. Uns ging es darum, das auf die große Bühne zu bekommen, einfach wegen dem Rang des Stückes. Mit den „Persern“ des Aischylos, die Tragödie

des besiegten Feindes, beginnt vor zweieinhalbtausend Jahren das europäische Theater. Becketts „Godot“ ist ein Endpunkt des modernen Theaters. Was ist für Sie die Verbindung zwischen den beiden Stücken? „Perser“

und „Godot“ sind Jahrtausendstücke, das sind Außenposten. Die Konstellation der Sprachblöcke ist fast körperlich zu spüren und dicht miteinander verbunden. Weil sie so menschlich sind, tragen beide Texte auch eine großzügige Heiterkeit im Schrecken mit sich. Und: Man wird damit nicht fertig. Diese Texte lassen einen nicht los. Das lässt sich mit einem bekannten Satz beschreiben: „Abbilder kann man zerstören, Urbilder nicht.“ Auch das steckt drin: „Jede Skulptur bringt ihren eigenen Raum mit.“ Jeder Text auch. Haben Sie sich mit Gotscheff über Ihr Bühnen­ bild ausgetauscht? 
Der Raum war eine Setzung, das war klar. Das war immer so, darüber haben wir so gut wie nicht gesprochen. Dann erhielt ich gelegentlich eine SMS von Gotscheff. Eine geht so: „Der unsichtbare tunnel und das auftauchen und verschwinden von ­gruenzeug. Es raschelt hoffnung, sehnsucht. das ganze finster kriminell ...“ Fünf Minuten später eine andere: „4 oder 140 figuren in dunkel“. Was ich schön fand bei

den Proben: dass wir alle eigentlich nie oder wenig über Dimiter Gotscheff gesprochen haben – das war gar nicht nötig. Jetzt hat Ivan Panteleev „Godot“ ­inszeniert. Die Inszenierung ist Dimiter Gotscheff gewidmet. Die Schauspieler Samuel Finzi und Wolfram Koch, Panteleev und Sie selbst haben oft und eng mit Gotscheff zusammengearbeitet. Ist „Godot“ so etwas wie eine letzte Inszenierung von und für Gotscheff? 
Für Mitko absolut, ja. Der Raum hat seine Spielregel, er regelt das Spiel. Der Text regelt zu hundert Prozent den Verkehr, die Begegnung. Das Diesseits aber verlangt das Körperliche der Sprache, das Körperliche und die Sprache – das geht nur von hier und jetzt. Die Uraufführung von „Godot“ muss 1953 ein Schock gewesen sein – ein Theaterstück ohne so etwas wie Handlungsspannung oder irgendwelche Sinnangebote. Ist dieses Stück noch oder wieder ein Fremdkörper in einer aufgeregt eventsüchtigen Theaterlandschaft? Das

Tolle ist doch schlicht, dass wir das machen durften. Und dass einem das so überraschend und unwahrscheinlich vorkommt, sagt ja auch schon etwas. Beckett hat sich intensiv mit ­Malerei beschäftigt. „Warten auf Godot“ wird oft mit dem nachhaltigen Eindruck in Verbindung gebracht, den ein Bild von Caspar David Friedrich auf ihn gemacht hat, das Bild zeigt „Zwei Männer den Mond betrachtend“. Beckett selbst sagt, dass dieses Gemälde einer der Ausgangspunkte für „Godot“ war. „Zwei in Mäntel gehüllte Jünglinge“, schreibt Peter von Cornelius über einen Atelierbesuch bei Caspar David Friedrich

‚‚

120

‚‚

„PERSER“ UND „GODOT“ SIND JAHRTAUSEND­STÜCKE, DAS SIND AUßENPOSTEN.

1820, „sehen begeistert, sich umschlungen haltend, hinaus in die Mondlandschaft. ,Die machen demago­ gische Umtriebe‘, sagt Friedrich ironisch, wie zur Erklärung.“ Heiner Müller, für den Sie 1993 Ihr erstes Büh­ nenbild gemacht haben, nannte Beckett den „Pillenknick der Dramatik“. War Becketts Theater, das alle politische Ideologie hin­ ter sich gelassen hat, für Heiner Müller fremd und etwas unheim­ lich? 
Ideologie hat Becketts Theater bestimmt verlassen, aber das Politische? Da wäre ich mal ganz vorsichtig. Das mit dem Pillenknick hat Heiner Müller 1995 gesagt.


Als wir 1993 Brechts „Fatzer“ gemacht haben, war das 40 Jahre nach der „Godot“-Uraufführung. „Godot“ stand auf der To-do-Liste von Heiner Müller. Er hatte 1995 den Plan, das Stück zu inszenieren, nicht sofort, aber bald. Den Plan, „Godot“ zu inszenieren, hatte auch Brecht. 1953 konnte man „Godot“ nicht sehen, ohne an den Krieg zu denken. „Nach dem Zweiten Krieg ist alles, auch die auferstandene Kultur, zerstört, ohne es zu wissen; die

ken hören.“

Letzte Frage: Ist es eine Tragödie? Ist es

121

eine Komödie? 
Wahrscheinlich

irgendetwas zwischen Requiem und Zirkus, etwas helles Dunkles vielleicht.
//

A BRIGHT DARKNESS

Menschheit vegetiert kriechend fort nach Vorgängen, welche eigentlich auch die Überlebenden nicht überleben können“, schreibt Adorno über Beckett. Welche Assoziationsräume eröffnet das Stück heute? 
Viele,

immer neue. Es ist ja nicht so, dass an Verwüstungen Mangel herrscht. Hat Sie die von Pierre Temkine mit guten Argumenten entwickelte Lesart interessiert, die beiden Landstreicher Wladimir und Estragon, die in dem Stück vergeblich auf Godot warten, seien Juden auf der Flucht im besetzten Frankreich? Oder ähneln die beiden einfach

MARK LAMMERT ON “WAITING FOR GODOT” AT THE DEUTSCHES THEATER IN BERLIN

Seite 122–127: WARTEN AUF GODOT (Samuel Beckett) Deutsches Theater Berlin, 2014. Regie Ivan Panteleev, Sound Martin Person. Fotos Mark Lammert

hat uns interessiert, ja. Zu Ihrer Frage zu Wladimir und ­Estragon: Das muss sich ja nicht prinzipiell ausschließen, wo Menschen sind, wenn sie es sind. Weshalb

“Warten auf Godot” (“Waiting for Godot”) was the last production

wird aus Becketts Bühnenbildanweisung („Landstraße, ein Baum,

you undertook together with Dimiter Gotscheff. What was it that

Abend“) bei Ihnen eine Bühne mit einem großen Krater und einem

interested you and Gotscheff – who died in 2013 – when you first

gespenstischen Scheinwerfer? 
Da

approached Beckett’s play? We wanted to finish off something which had begun with our production of “Die Perser” (“The Persians”) eight years ago. By the way “Godot” was originally scheduled for the Kammerspiele of the Deutsches Theater. We wanted to get it on to the main stage, simply because of the status of the play. “Die Perser” (“The Persians”) by Aeschylus, the tra­

ist Straße, Baum, Abend. Die meisten Straßen haben Schlaglöcher, in Berlin sowieso, Granatkrater anderswo. Außerdem heißt es in dem Stück: „Wir sind hier also auf einem Plateau, das steht fest. Sozusagen auf dem Präsentierteller.“ Ein Suppenteller, wenn Sie so wollen. Nebenbei, natürlich ist das Loch, der Krater auch das Negativbild vom Standardraum für Becketts Stück „Glückliche Tage“. Der Scheinwerfer hängt vielleicht an einem Baum, der in den Himmel wächst. Es gibt Fotos von 1963: Alberto Giacometti macht den Baum für Becketts „Godot“-­ Inszenierung, 10 Jahre nach der Uraufführung. Bei der Uraufführung 1953 waren da noch dickere Äste. Bei Giacometti 1963 ein paar ganz dünne. Jetzt, 50 Jahre später, sind auch die noch weg ... Wussten Sie eigentlich, dass Beckett alle seine Räume, ehe er sie grau gestrichen hat, gelb streichen ließ? Womit sich

der Bogen zu Ihrer gelben Wand in Gotscheffs „Perser“-Inszenie­ rung schließt? 
Wann

kann man so was schon machen, den Bogen über zweieinhalbtausend Jahre spannen. Und dann macht das auch noch Spaß! Das könnte der Anfang einer wunderbaren Freundschaft sein. Play it again, Sam. Für Roger Blin, den Regisseur der Urauf­

führung, sacken „die Protagonisten von Akt zu Akt immer mehr ab“. Werden Sie bei Ihnen vom schwarzen Loch in der Bühne wie vom Hades geschluckt? 
Nein.

Die sacken auch nicht ab. Nicht wirklich, nie alle. Die wollen doch wissen, wie es weitergeht. Deshalb, wahrscheinlich, wartet man. Auf wen auch immer. Ist auch gar nicht wichtig. Haupt­ sache: Warten. Auf den Proben zu „Godot“ handelt man auch so. Das fand ich bemerkenswert. Ihr Lieblingssatz aus „Godot“?
 „Ich möchte ihn gerne den-

gedy of the vanquished enemy, launched European theatre two and a half thousand years ago. Beckett’s “Godot” is an end point of modern theatre. What do you see as the connection between the two plays? “Persians” and “Godot” are millennial plays, they’re outposts. You can feel the configuration of the blocks of dialogue almost physically, and closely connected with each other. Because they’re so human, both texts contain a healthy dose of merriment amidst the horror. And you never finish with them. These texts never let you go. You could use that well-known phrase to describe it: “You can destroy ­images, but you can’t destroy archetypes”. But there’s also a bit of “every sculpture brings its own space with it.” Every text, too. Did you compare notes with Gotscheff on your set design? The space was a setting, that much was clear. That was always the case, so we barely discussed it. Then I would receive the occasional SMS from Gotscheff. One read: “The invisible tunnel and the appearance and disappearance of greenery. The rustle of hope, longing. the whole dark criminal ...” Five minutes later came another: “4 or 140 figures in the dark.” What I really liked about the rehearsals was that in fact we never, or very rarely spoke about Dimiter Gotscheff – we didn’t need to. Ivan Pante­leev ended up directing “Godot”. The production is dedicated to Dimiter

MARK LAMMERT

einem in alter Hassliebe verbundenen Ehepaar? 
Temkine


122


X

123


124


X

125


126


127


and you yourself worked frequently, and closely, with Gotscheff.

not straight away, but soon. Brecht had also planned to stage “Godot”. In 1953 it was impossible to watch

Is “Godot” something like a last production by and for Gotscheff?

“Godot” without thinking of the war. “After the Second World War,

For Mitko, absolutely, yes. The space conforms to his rules, he regulates the performance. The text totally directs the communication, the encounter. But this life demands the physicality of the language, the phys­ icality and the language – that can only come from the here and now. The premiere of “Godot” in 1953 must

everything, including a resurrected culture, has been destroyed

have been a shock – a play totally devoid of dramatic tension, not

Were you interested in Pierre Temkine’s well-reasoned reading,

proffering any meaning. Is this play still, or once again, a foreign

whereby the vagabonds Vladimir and Estragon, who in the play are

The great thing is simply that we were allowed to do it. And

waiting in vain for Godot, are Jews on the run in occupied France?

Gotscheff. The actors Samuel Finzi and Wolfram Koch, Panteleev

body in an excitable, event-addicted theatrical landscape?

without realising it; humankind continues to vegetate, creeping along after events that even the survivors cannot really survive,” as Adorno wrote about Beckett. What associative spaces does the

Many, new ones all the time. It’s not like there’s been any shortage of devastation.

play open up today?

Or do the two simply resemble an old married couple bound in a love-hate relationship? We

‚‚

‚‚

“PERSIANS” AND “GODOT” ARE MILLENNIAL PLAYS, THEY’RE OUTPOSTS.

the fact that it was so surprising and improbable says something in itself. Beckett was intensively concerned with painting. “Waiting for Godot” is often associated with the lasting impression that a painting by Caspar David Friedrich made on him, the painting which shows “Two Men Contemplating the Moon”. Beckett himself says that this painting was one of the points of departure for “Godot”. “Two youths swathed in cloaks,” writes Peter von Cornelius about his visit to Caspar David Friedrich’s studio in 1820, “stopped in embrace, look out excitedly to the lunar landscape. ‘They are fomenting demagogic intrigues,’ said Friedrich iron­ ically, as if in explanation.” Heiner Müller, for whom you did your first set design in 1993, called Beckett the “baby-bust of drama”. Did Heiner Müller regard something strange and somewhat sinister in Beckett’s theatre, which left all political ideology be­ hind? Beckett’s theatre left ideology behind, but the political? I would be very wary of saying that. Heiner Müller said that thing about the baby bust in 1995. When we put on Brecht’s “Fatzer” it had been 40 years since the “Godot” premiere. “Godot” was on Heiner Müller’s to-do list. In 1995 he was planning to stage the play,

were interested in Temkine, yes. On your question about Vladimir and Estragon: you don’t necessarily have to rule that out, where people are, and when. Why have you turned Beckett’s set directions (“A country road. A tree. Evening”) into a large crater and a ghostly spotlight? There

is a street, tree, evening. Most streets have potholes, in Berlin in any case, bomb craters elsewhere. Also in the play it says “So we’re here on a plateau, that’s clear. Served up on a platter, so to speak.” A soup plate, if you will. Besides, the hole, the crater is of course the negative of the standard space for Beckett’s play “Happy Days”. Maybe the spotlight is hanging from a tree which has grown up into the sky. There are photos from 1963: Alberto Giacometti made the tree for Beckett’s “Godot” production, 10 years after the premiere. For the premiere in 1953 there were still thick branches. Giacometti in 1963 had just a few thin ones. Now, 50 years later, they’re gone as well ... did you know that in all his rooms, before painting them grey, Beckett painted them yellow? Which brings

us right back to your yellow wall in Gotscheff’s production of “Die Perser” (“The Persians”)? Where else can you do something like that, stretching an arc over two and a half thousand years. And that it’s still fun! This could be the start of a wonderful friendship. Play it again, Sam. For Roger Blin, who directed the first production, the “protagonists subside more and more from act to act”. In your production, are they swallowed down into Hades through the black hole in the

No. And they don’t subside. Not really, never completely. But they want to know how to go on. That’s presumably why they’re waiting. For whomever. And it‘s not important. The main thing is the waiting. In the rehearsals for “Godot” they do it the same way. I found that remarkable. Your favourite line from “Godot”? “I’d like well to hear him think.” Last question: is it a tragedy? Is it a comedy? Most probably something between requiem and circus, something brightly dark perhaps.

stage?

Interview: Peter Laudenbach


Ligna MAMAZA Living Dance Studio Jeremy Wade Lia Rodrigues Penelope Wehrli / Detlev Schneider Antonia Baehr Emanuel Gat

28.8. – 13.9. TOGETHER FOREVER Dance, Performers, Politics Internationales Tanzfestival & Sommerlabor

Ade Darmawan, ruangrupa Art Lab, Ensemble Modern, Darlane Litaay, Ioannis Mandafounis,

6. – 18.10. Indonesia LAB Festival for Contemporary Arts

29. & 30.9. She She Pop Schubladen

22. & 23.9. Amir Reza Koohestani Hearing

Dieudonné Niangouna Le Socle des vertiges u.a.

28.10. – 1.11. Afropean Mimicry & Mockery in Theatre, Performance and Visual Arts II

22. – 24.10. Paula Rosolen Aerobics!

Agus Margiyanto, Tian Rotteveel, Fitri Setyaningsih, Nicola Mascia, Eko Supriyanto, Melati Suryodarmo, contact Gonzo u.a.

4. & 5.12. (tbc) Rimini Protokoll Qualitätskontrolle

1. & 2.12. Trisha Brown Stage Works

25. & 26.11. Florentina Holzinger / Vincent Riebeek Schönheitsabend

6. & 7.11. Philippe Quesne La Mélancolie des dragons

FOR EVER

www.mousonturm.de

u.a.

2. – 6.3.2016 Tanzplattform Deutschland 2016 Frankfurt Rhein-Main

18. – 20.12. MAMAZA / Fabrice Mazliah Telling Stories

11. & 12.12. Kornél Mundruczó Schande

Together


FLORIAN LÖSCHES BÜHNEN SIND STARKE SETZUNGEN, DENEN DENNOCH EINE GROßE LEICHTIGKEIT INNEWOHNT Florian Lösche, als Bühnenbildner müssen Sie bei der künstleri­ schen Konzeption relativ früh vorlegen. Ihre Bühnen sind meistens sehr starke Setzungen, die andere Bereiche wie Spielweise, Bewe­ gungsmöglichkeiten im Raum, Licht maßgeblich bestimmen. Wie würden Sie Ihre Räume verorten? Was sollen sie sein, und wie

Mir fallen da verschiedene Dinge ein, aber festlegen auf eine bestimmte Kategorie oder einen Begriff will ich mich damit nicht. Sie haben immer auch etwas von interaktiven Räumen. Diese Interaktionsmöglichkeit liegt natürlich nur beim Schauspieler und nicht beim Besucher. Sagen wir so: Der Raum ist Spielraum und Spielpartner, er kann aber auch zum Gegner werden. Meine Räume haben verschiedene Aufgaben. Auch die Möglichkeiten zur Interaktion sind unterschiedlich. Manchmal sind sie einfach da, und die Schauspieler müssen sie so hinnehmen, zum Beispiel bei „Das weite Land“ am Deutschen Theater Berlin: Der Berg aus Ledersofas ist da! Er dreht sich zwar auf der Drehbühne, aber er bewegt sich nicht selbst. Du kannst Kontakt aufnehmen und dich darauf bewegen, aber er antwortet nicht, dabei liegt die Interaktion im Widerstand des Raumes dem Spieler gegenüber. Dann gibt es Stücke wie „Don Giovanni“ am Thalia Theater in Hamburg, „Alice“ am Schauspielhaus Zürich oder „Guillaume Tell“ an der Bayerischen Staatsoper, die auf eine andere Art und Weise funktionieren; da ist das Spielsystem ein anderes: Ich kann als Spieler den Impuls suchen und muss ihn auch geben, damit sich um mich herum eine Welt aufbaut oder auflöst. Das ist

funktionieren sie?

andere Art von Komplizenschaft zwischen Bühne und Schauspieler als bei „Woyzeck“, auch am Thalia Theater, wo das große, raum­ umspannende Netz einfach da ist. Oder, ebenfalls in Hamburg, „Dantons Tod“? Dort ist die große Kugel ja auch erst mal so ein

Die Räume wollen und sollen bespielt werden. Durch den Kontakt mit den Spielern und die Beweglichkeit der Räume werden die verschiedenen Assoziationen und Aggregatzustände erst sichtbar. Installation – wäre das ein Begriff, mit dem Sie Ihre Bühnen identifizieren können? Ja. Auf jeden Fall. Streckenweise haben manche Räume auch etwas Skulpturales. Die meisten sind ja in sich erst mal sehr objekthaft, eine Raumskulptur. Die Räume verändern im Laufe einer Inszenierung oft ihre Aufgabe und somit auch die Konnotationen. Dabei ändert sich das Bewusstsein des Raumes, das heißt, ein Raum löst sich auf und wird zum Objekt oder umgekehrt. Das klingt jetzt widersprüchlich, aber genau das soll es auch sein. Die Bühne für „Don Giovanni“ ist auch so

Monolith, der da auf der Bühne steht.

ein Widerspruch, weil sie trotz der drei raumgreifenden Lichtkreise

Es ist auf eine Art eine Konzertbühne – eine Liveband war stark in das Stück eingebunden –, zum anderen gab es den Trip – die Höllenfahrt des Don Giovanni –, und der sollte seinen Sog entwickeln. Die drei Kreise leiten sich aus den Höllenkreisen ab. Ich wollte etwas machen, das den Rausch erzählt und gleichzeitig eine Leichtigkeit hat. Durch die bewegte Bühne und vor allem durch die Lichtarchitektur war es möglich, den Raum zu füllen und ihn auch schnell komplett leer zu lassen. Wobei diese Leichtigkeit

sehr leer wirkt.

in allen Ihren Bühnen ganz wesentlich ist. Selbst der Klotz bei „Danton“, die große drehbare Kugel – die Weltkugel, die Mühle, der Todesstern – hat ja eine Beweglichkeit. Sosehr die Schauspieler sich daran abarbeiten und keuchen müssen, wirkt es trotzdem leichtfüßig und nicht behäbig. Die

Schauspieler sind ganz wesentlich, das Ganze trägt sich überhaupt erst durch die Spielfreude. Dass die Bühnen trotz aller Monumenta­ lität diese Eleganz und Leichtigkeit bekommen, muss man wochenlang unter originalen Bedingungen proben. Damit an der Schnittstelle von Spiel und Raum tatsächlich ein Kosmos erwächst. Ihre Bühnen sind schon immer so ein bisschen eine grundsätzliche Überfor­ derung ans Theater, oder? In jeder Hinsicht, für die Werkstätten,

… und technisch meistens relativ anspruchsvoll. Ja, das ist manchmal schon ein logistischer Wahnsinn. Die physische Herausforderung der Schauspieler ist streckenweise auch Teil der Suche bzw. Aufforderung, zum Beispiel bei „Woyzeck“. Bei „Tosca“ in Basel und „Die schmutzigen Hände“ am Deutschen Theater wurden die Bühnen durch die Techniker bewegt. In beiden Projekten hat sich der Raum ständig verändert. Es gab jeweils lange Überlegungen, ob wir das mit Menschen oder mit Maschinen machen. Und

die Schauspieler …

Thalia Theater Hamburg, Seite 132/133: DANTONS TOD (Georg Büchner) 2012. Regie Jette Steckel, Kostüme Pauline Hüners, Musik Matthias Grübel, Jonas Landerschier. Foto Florian Lösche

DER BÜHNEN­ CHOREOGRAF

eine ganz andere Form der assoziativen Raumentwicklung – das Leben als Simulation.. Das ist dann eine

EINIGE NACHRICHTEN AN DAS ALL (Wolfram Lotz) Burgtheater Wien, 2012. Regie Antú Romero Nunes, Kostüme Judith Hepting, Video impulskon­ trolle, Sounddesign Heiko Schnurpel. Foto Georg Soulek / Florian Lösche

130


FLORIAN LÖSCHE

131


132


133


Menschen waren in diesen Fällen immer die beste ­Lösung. Die Techniker waren von Anfang an dabei, sie bauen eben nicht nur auf, sondern sind Teil der Vorstellung. Das schweißt die Institution Theater noch mal zu einem Gesamtwerk zusammen. Bisher haben

Bewegung heraus ergeben sich immer neue Räume. Wir haben die Fahrten der Säulen komplett als Ani­ mationsfilm mit Musik über ein halbes Jahr vorbereitet. Von der permanenten Beweglichkeit, der Geschmei­

Sie zwei Arbeiten an der Oper gemacht, wie waren die Erfahrungen

Stimmt, bloß auf einer anderen Achse. Bei den „Nachrichten“ war die Bühne eine Wand, 16 mal sechs Meter, aus 72 beweglichen Steinen, die alle einzeln über Motoren angetrieben werden und die sich 20 Zentimeter nach innen und 20 Zentimeter nach außen fahren lassen. Das Basismaterial ist schwarz-weiß gepunktetes Styropor, es erinnert an white noise, also Bildrauschen. Das wurde dann ästhetisch auch das Thema des Stücks, das man auch als einen Google-Amoklauf durch die Kultur- und Literatur- und Theatergeschichte des Wahnsinns lesen kann. Ich habe im Vorfeld ein Storyboard gebaut; nach dem Prinzip eines analogen Animationsfilmes mussten alle Bewegungen als Einzel­ bilder gespeichert werden. Später waren das größere Bewegungsabläufe, die zum Teil mit Videomaterial von impulskontrolle bespielt waren, bzw. die Architekturen der Bühne und die Projektionen haben sich ergänzt. Bewegtes Bild auf bewegte Architektur. In diesem Falle Interaktion zwischen Spieler, Bühne, Video und Musik – Einfach nur Videos auf Wand, das will man auch nicht mehr sehen, man will neue Wege ausprobieren. ¶ Das sind dann eben so die grundsätzlichen Fragen, auch bei „Nachrichten“ oder bei „Tell“: Setzt man sich auf das Stück drauf, auf die Musikalität, nutzt man das? Wie geht man damit um? Wo greift man da noch ein? Noch einmal zurück zur Ausgangsfrage, wo Sie sich

nicht die vorherrschenden Attribute. Ist das eine Form, in der Ihre

Ja und nein. Was toll war – und das war bei „Don Giovanni“ auch so –, war, dass ich einen musikalischen Raum bauen konnte, einen Raum, der tanzen kann. Die Idee für „Tell“ in München war, dass sich die Bühne mit der

Bühnen genauso funktionieren können wie im Schauspiel?

‚‚

DER RAUM IST SPIELRAUM UND SPIELPARTNER, ER KANN ABER AUCH ZUM GEGNER WERDEN.

Musik bewegen kann. Das hat viel mit Film und Musikclips und Animationsgeschichten zu tun. Auch, dass die Bühne eine Art Kamerafahrt übernehmen kann – auch ein großes Thema für mich. Also: Wie kommt man von einem Raum zum nächsten? Wo wechselt man die Bilder? Wo greift man ein, was ist wirklich wichtig? Will man nur illustrieren, oder geht man mit dem Raum auf den Zustand einer Person ein? ¶ Ich hab bis jetzt zwei Opern gemacht, bzw. wenn man unseren „Don Giovanni“ als Oper nehmen möchte, sind es drei. Alle drei waren extrem bewegte Räume, und ich finde es spannend, die Musik als zusätzlichen Spielpartner nutzen zu können. Generell ist der Apparat Oper natürlich sehr durchgetaktet. Bei „Tell“ in ­München war es wirklich neu für mich, dass ich ein auf die Sekunde genau getimtes Storyboard machen konnte. Das war in dieser Arbeit auch nötig: eine Choreografie von über fünfzig einzeln beweglichen Säulen, je ein Meter im Durchmesser und neun Meter hoch, die am Schnürboden hängen. Man kann sich das wie ein großes Säulenballett vorstellen. Aus der

digkeit her erinnert mich die Bühne von „Tell“ auch an „Einige Nachrichten an das All“ am Wiener Burgtheater.

selbst mit Ihrem Bühnenbild, oft die maximale Reduktion eines zentralen Gedankens, verorten, gerade mit Blick auf den kollek­

Es gibt eine Richtung vor, auf jeden Fall. Manche Bühnen stärker, manche nicht so stark. In den Arbeitskombinationen mit Jette Steckel und Antú Romero Nunes ist es für mich möglich, auf diese Weise zu arbeiten, und das ist großartig! Ich habe immer das Gefühl, dass die Setzungen der Bühne auch ganz viel zulassen, also eine Assoziationsfreiheit innerhalb eines Kosmos’ ermöglichen. Das ist natürlich erst mal eine Ansage, aber auch ein Angebot, an dem man sich abarbeiten kann, dem man sich ent­ gegenstellen kann – das man aber auch bedienen kann. Im besten Fall geht man mit und geht dagegen, macht also ­beides. Wenn man die Spiellogik, die eigene Gesetzmäßigkeit des Raumes, erfasst hat, ist das Feld auf e ­ inmal ganz weit. Als Bühnenbildner mache ich eine große Setzung, in der man aber trotzdem noch eine Beweglichkeit hat. Es ist paradox, weil man sich einerseits einschränkt, das dann aber sehr reichhaltig ist. //

tiven Entstehungsprozess?

Seite 136/137: GUILLAUME TELL (Gioachino Rossini) Bayerische Staatsoper München, 2014. Regie Antú Romero Nunes, Musikalische Leitung Dan Ettinger, Kostü­ me Annabelle Witt. Fotos Florian Lösche / Wilfried Hösl

dort? Leichtigkeit und Bewegung sind im Opernapparat doch eher

‚‚

134


FLORIAN LÖSCHE’S SETS ARE POWERFUL SETTINGS WHICH NONETHELESS OFFER GREAT LIGHTNESS

contact with the actors and the mobility of the spaces do the various associations and aggregate states become apparent. Installation – is that a term you would use to identify your sets? Yes, absolutely. Here and there the spaces have a certain sculptural quality. Most of them are very object-like in themselves, spatial sculptures. Over the course of a production the role of the spaces often changes, and with it their connotations. That changes the consciousness of the space, meaning a space dissolves and becomes an object, or vice versa. That might sound contradictory, but that’s precisely what it should be. The set for “Don Giovanni” is just such a contradiction, because despite the three enormous

the space, on the lighting. Where would you locate your spaces

In one sense it’s a concert stage – a live band was heavily integrated into the play – on the other hand there’s the trip – Don Giovanni’s descent into hell – and there the downward pull needs to develop. The three circles are derived from the circles of hell. I wanted to make something that communicates that frenzy and at the same time has a lightness to it. With the moving stage and the lighting architecture, particularly, it was possible to fill the space and then quickly empty it again. That sense of

within the whole? What should they be, and how should they

lightness is crucial in all of your sets. Even the colossus in “Danton”,

A number of different things come to mind, but I wouldn’t like to commit myself to a particular category or concept. They always have something of the interactive space. These opportunities for interaction are only there for the actors, of course, not for the ­audience. Put it this way: the space is a room for man­ oeuvre, an opposite number, but it can also be an opponent. My spaces serve various purposes. And the opportunities for interaction are just as varied. Sometimes they’re simply there, and the actors just have to accept them, for example in “Das weite Land” (“The Distant Land”) at the Deutsches Theater, Berlin: there’s a mountain of leather sofas! It might rotate on the revolving stage, but in itself it doesn’t actually move. You can establish contact with it and move about on it, but it doesn’t respond, and the interaction takes place in the way the space resists the actor. Then there are plays like “Don Giovanni” at the Thalia Theater in Hamburg, “Alice” at the Zurich Schauspielhaus, or “Guillaume Tell” at the Bayerische Staatsoper, which function in a different way; there the system of performance is different: as an actor I can look for the impetus and I also have to provide it, so that a world forms around me, or collapses. That is a completely different form of associative spatial development – life as simulation.

the huge rotating sphere – the globe, the mill, the Death Star –

Florian Lösche, as a stage designer you have to present your work fairly early on in the artistic conception. Most of your sets are highly powerful settings which have a significant impact on other areas like performance style, on the capacity for movement within

function?

circles of light, it appears very empty.

has a certain mobility. Although the actors have to huff and puff at it, it appears more fleet of foot than ponderous. The actors are completely essential, the whole thing only works through their enthusiasm. To ensure the sets assume that elegance and lightness despite their monumentality, you have to rehearse for weeks on location, so that you really do have a cosmos emerging at the interface of performance and space. Your sets tend to place excessive demands on the theatre, wouldn’t you say? In every

... and technically they are usually pretty demanding. Yes, sometimes it’s madness, logistically speaking. The physical challenge to the actors is sometimes also part of the quest, or the demand, for example in “Woyzeck”. For “Tosca” in Basel and “Schmutzige Hände” (“Dirty Hands”) at the Deutsches Theater the sets were moved by technicians. In both projects the space constantly changed. In each case we deliberated for a long time over whether we would do it with people or with machines. And in those cases people were always the best solution. The technicians were there from the beginning, they don’t simply build, they’re part of the perform­ ance. That melds the institution of the theatre into a complete work once again. To date you’ve worked

respect, for the workshops, the actors ...

So that’s a different type of complicity between stage and actor

in opera twice, what was your experience? After all, lightness and

than in “Woyzeck”, also at the Thalia Theater, where the large net

mobility are hardly primary characteristics of the opera apparatus.

spanning the space was simply there. Or “Dantons Tod” (“Dantons’

Yes and no. What was great – and this was also the case with “Don Giovanni” – was that I was able to construct a musical space, a space that can dance. The idea for

Death”), also in Hamburg. There the huge sphere is at first a mono­

The spaces want to be used for performance, and should be. Only through

lith which sits there on the stage.

135

Do your sets function there as well as they do in the theatre?

FLORIAN LÖSCHE

THE STAGE CHOREOGRAPHER



FLORIAN LÖSCHE


the Munich “Tell” was that the set should move with the music. That has a lot to do with music clips and animated stories. Also that the stage can create a kind of tracking shot – also a major theme for me. So how do you move from one space to the next? How do you change scenes? Where do you intervene, what is really important? Do you just want to illustrate, or does the space delve into the condition of a person? ¶

‚‚

138

‚‚

THE SPACE IS A ROOM FOR MANOEUVRE, AN OPPOSITE NUMBER, BUT IT CAN ALSO BE AN OPPONENT.

me think of “Einige Nachrichten an das All” at the Vienna Burg­ theater. That’s true, just on another axis. For “Nachrichten” the set is a wall, 16 by six metres, made of 72 moveable stones which are all individually driven by engines and which can be moved 20 centimetres inward and 20 centimetres outward. The basic material is poly­ styrene with black and white dots, so it resembles white noise, or image noise. That then became the aesthetic theme of the play, which you can also read as a Google rampage through the cultural, literary and theatrical history of insanity. I started by building a ­storyboard; according to the principle of the analogue animated film, every movement had to be saved as a single image. Later there were larger movement ­sequences with video material projected onto them, or the architecture of the set and the projections ­complemented each other. Moving image on moving architecture. In this case ­interaction between actors, set, video and music. Just projecting videos onto a wall – no-one wants to see that anymore, you need to try out new things. ¶ These are the basic questions, for “Nachrichten” and “Tell” as well: do you rely on the play, on the musicality, do you use that? How do you approach it? Where else do you intervene? To return to the opening question, where so you locate yourself with your sets, which are often a thought ­reduced to an absolute

To date I have done two operas, or three if you count our “Don Giovanni” as an opera. All three involved ­extremely mobile spaces, and I find it intriguing to use the music as an additional partner in performance. Generally, of course, the apparatus of opera is very precisely timed. For “Tell” in Munich that was really something new for me, that I was able to make a storyboard timed precisely to the second. And there I had to, as well: a choreography of over fifty individual ­movable columns each one metre in diameter and nine metres high, hanging from the flies. You can think of it as a great ballet of columns. The movement crea­tes constantly changing spaces. For half a year we completely prepared the movement of the columns as an animated film with music. The perpetual movement, the malleability of the “Tell” set make

minimum, with a view to the collective development process? It provides a direction, certainly. Some sets more so, ­others less so. In the working combinations with Jette Steckel and Antú Romero Nunes I can work that way, and that’s great! I always have the feeling that the ­setting of the stage allows a lot to happen, that they enable freedom of association within a cosmos. That is naturally a bid at first, but also an offer you can work away at, which you can oppose – but which you can also use. Ideally you work both with it and against it. When you’ve captured the logic of the performance, the internal law of the space, it suddenly throws the field wide open. As a stage d ­ esigner I create a large setting in which one none­theless retains flexibility. It’s a paradox, because on the one hand you’re restricting yourself, but on the other hand there’s an abundance. Interview: Mirka Döring


100 Jahre Theater Stralsund 100 Jahre Theater Greifswald 200 Jahre Theater Putbus

theater www.theater-vorpommern.de

vorpommern

Stralsund • Greifswald • Putbus


IM VISUELLEN SCHACHT DIE WELT DURCH DEN FOKUS BETRACHTEN – BETTINA MEYER ÜBER IHRE ARBEIT IN GIGANTISCHEN HALLEN UND KLEINEN BOXEN

Bettina Meyer, als Bühnenbildnerin und Ausstattungsleiterin arbeiten Sie in Zürich an drei Bühnen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ist das für Sie ein Traum oder eher ein Fluch? Mich

r­ eizen die verschiedenen Rahmenbedingungen: Der Pfauen ist eine klassische Guckkastenbühne mit einer festgelegten Zuschaueranordnung und sehr schwie­ rigen Sichtlinien; im Schiffbau gibt es zwei Räume, die Halle und die Box, die ursprünglich gar nicht dafür gedacht waren, dass man Theater in ihnen spielt, und die man daher immer als Ganzes neu gestalten muss. Wenn ich ausschließlich im Pfauen arbeiten würde, wäre das wahrscheinlich ermüdend. Aber durch den Wechsel zwischen Pfauen und Schiffbau wird es nicht langweilig. In welchem der Räume arbeiten Sie am liebsten? Ich glaube, in der Box. Wahrscheinlich gibt es kein Theaterstück, das man dort nicht spielen könnte. Der leere Betonraum lässt Lösungen zu, die in der ­klassischen Guckkastenbühne nie möglich wären – vor allem was die Zuschauersituation anbelangt. Die Halle ist natürlich auch ein großartiger Raum. Aber sie kann allein durch ihre Größe ein ganzes Team einschüchtern. Dass Räume Sie das Fürchten lehren, kann man nicht gerade behaupten. Mitunter verlassen Sie den klassischen

Sie spielen mit Ihrer Frage wahrscheinlich auf „Alles muss weg!“ an. Das war eine begehbare Stadtinstallation von mir, die 2011 in der Halle zu sehen war. Zürich hat sich in den letzten Jahrzehnten städtebaulich extrem verändert. Wohnraum wird immer knapper, die Mieten steigen in astronomische Höhen. Das Team, mit dem ich „Alles muss weg!“ entwickelt habe, wollte das aufgreifen. Ich habe in die Halle eine begehbare Stadt­

Theaterrahmen und bauen gewaltige Rauminstallationen auf.

installation gebaut, die ästhetisch für sich stand, aber auch für anderes offen war: Bildende Künstler haben darin ihre Werke ausgestellt, es gab Vorträge. Eine Besonderheit dieser Installation war übrigens, dass sie fast nur aus alten Bühnenbildern bestand. Die Werkstätten hier am Schauspielhaus bauen nämlich wirklich tolle Bühnenbilder, aber da Zürich eine verhältnismäßig ­kleine Stadt ist, werden die Bühnenbilder nach der 25. Vorstellung verschrottet. Ich habe immer wieder gedacht, man müsste mal was mit diesen alten Bühnenbildern machen. Was Sie dann auch getan haben. Für „Alles muss weg!“ haben wir über eine Spielzeit hinweg Bühnenbildelemente gesammelt, die ich dann neu mit­einander montiert habe. Ich habe viel aus meinen eigenen Bühnenbildern verwendet, aber wir hatten auch ein paar Sachen von Muriel Gerstner, Bert Neumann oder anderen dabei. Man konnte genau erkennen, für welchen Regisseur die einzelnen Räume entstanden waren. Es gab Räume für große, raumgreifende Inszenierungsstile neben Räumen, die für ein sehr intimes Spiel gebaut waren. Räume, in denen Schauspieler ­leise sprechen können, und Räume, für die sie ihren Körper benutzen müssen. Ich arbeite ja inzwischen mit verschiedenen Regisseuren. Mit der Zeit lernt man die Wünsche und Sehnsüchte eines Regisseurs kennen und kann sie durch klare ästhetische Setzungen unterstützen. Ihre Bühnenbilder werden als erfindungsreich und als visuelle Poesie gefeiert. Da überrascht es fast, wenn Sie von „Unterstützung“ reden. Sehen Sie Ihre künstlerische Arbeit als angewandte Kunstform an? Ich

glaube, unterstützend zu arbeiten, ist im Theater selbstverständlich. Theaterarbeit ist immer ein kollektiver Prozess. Man versucht, sich gegenseitig zu inspirieren, so dass jeder das tun kann, was er am besten kann: eine Inszenierung erfinden, einen Raum bauen, eine Figur verkörpern, einen Text oder eine Musik kreieren … Das hat nichts mit Dienstleistung zu tun. Man kann einen Regisseur ja auch dadurch unterstützen, dass man ihn durch einen Entwurf herausfordert. Eine räumliche Setzung kann eine starke konzeptionelle Idee beinhalten. Aber letztlich gibt es bei aller Kollektivität für jeden Theaterschaffenden einen Teil der Arbeit, den er allein machen muss. Beim Bühnenbild ist es die Phase, in der man den Entwurf, die Setzung sucht, zu der sich die Inszenierung und die Schauspieler dann später verhalten müssen. ¶ Aber Ihre Frage nach der angewandten Kunst betrifft wahrscheinlich auch diese Mischung aus Kreativität und Pragmatik, die der Arbeit eines Bühnenbildners eigen ist. Das ist ein Balanceakt, den man tatsächlich immer wieder bewältigen muss. Bühnenbild lässt sich vielleicht irgendwo zwischen darstellender Kunst, bildender Kunst und ­Architektur verorten. Eine klare Selbstbestimmung.

Trotzdem scheuen Sie sich meist, über die eigenen Sachen zu sprechen. Ich

tue mich schwer damit, wenn Kunst erklärt werden soll. Wenn ein Werk gelingt, kann es auf sehr

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER (Richard Wagner) Wagner Geneva Festival, Théâtre de Caen, Théâtres de la Ville de Luxembourg, 2013. Regie Alexander Schu­ lin, Musikalische Leitung François-Xavier Roth, Kostüme Bettina Walter, Video Bert Zander, Marionette Suse Wächter. Fotos Bettina Meyer

140


BETTINA MEYER

141


tbspartner.ch

e h c r Zü e t a e Th a t k e Sp 6. bis 23. August 2015

Zürich: Landiwiese, Werft und Rote Fabrik Karten ab 8. Juli über www.theaterspektakel.ch oder www.starticket.ch


‚‚

MAN KANN EINEN REGISSEUR AUCH DADURCH UNTERSTÜTZEN, DASS MAN IHN DURCH EINEN ENTWURF HERAUSFORDERT.

Raumidee aus der Situation der Protagonistin entstanden: Medea ist eine Gefangene, äußerlich wie innerlich. Nina Hoss hat das ganze Stück auf klaustrophobischen vier Quadratmetern gespielt. Sie befand sich in einer winzigen, aber genau ausformulierten Welt – eigentlich in ihrem Kopf und ihren Wahnvorstellungen. Der Umraum für die anderen Figuren war das Gegenteil: weit, leer, abstrakt, kalt. Oder vielleicht „Der Hodler“ von Ruedi Häusermann oder Heike M. Goetzes Inszenierung von „Messer in Hennen“ von David Harrower, ­beide in der Box. Bei Häusermann verwebt sich der Raum richtig mit der Musik, der Sprache und dem Licht. Und für „Messer in Hennen“ haben wir die Erlebnisse der Protagonistin in eine besondere Zuschauer­ erfahrung übersetzt: Ich habe eine Kirchenruine in die Box gebaut und sie in einen Stall umfunktioniert. Es war eine Welt, die spirituell und profan zugleich war, in der es stark roch und in der lebende Hühner und Schweine herumliefen. Die Zuschauer saßen wie in

einer Messe auf Kirchenbänken und waren gleichzeitig umgeben von Stroh, Mist und Tieren. Als ich Sie

143

gefragt habe, ob Sie sich als dramaturgische Bühnenbildnerin bezeichnen würden, meinten Sie, Sie seien eher eine Bühnenbild­ nerin, die lange über Inhalte nachdenkt und dabei genau überlegt.

Ja, weil ich das für einen selbstverständlichen Teil des Berufs halte. Sich intensiv mit den Inhalten zu beschäftigen und darüber nachzudenken, wie der Raum für diese Inhalte aussehen könnte, gehört dazu. Aber das heißt nicht, dass ich tausend Texte über ein Stück lesen würde. Gar nicht. Meine Suche nach einem Bühnenbild verläuft manchmal sehr intuitiv. In dem Moment, in dem ich ein Stück lese, beginne ich, die Welt durch den Fokus dieses Stücks wahrzunehmen. Und plötzlich sehe ich andere Sachen als vorher, plötzlich blättere ich in einer Zeitschrift und bleibe an etwas hängen. Ich steige in so eine Art visuellen Schacht und schaue, wo ich optisch haften bleibe. Wir können uns unserer Umwelt ja nicht entziehen, wir werden ständig von ihr beeinflusst. Diese Umwelt ist für mich der Stoff, mit dem ich arbeite, mein Material, das mich überhaupt erst zu einem Bühnenbild inspiriert. In Gedanken habe ich dann irgendwann das komplette Bühnenbild fertig. Ich arbeite grundsätzlich nicht über Skizzen. Das kann zum Problem werden, weil natürlich alle immer sagen: „Zeichne das doch mal auf!“ Aber ich mache das nie. Das ist dann eher – vielleicht klingt das jetzt komisch – wie ein 3D-Drucker. Bei mir kommt das Bühnenbild sofort dreidimensional aus dem Kopf heraus. Aber das klingt jetzt alles sehr einfach. Wenn man entwirft, fängt man ja immer wieder bei null an. Sie sagen, in der Oper arbeite es sich anders, zeitversetzter, möglicherweise auch sensitiver. Wenden Sie sich darum jetzt mehr dem Musiktheater zu?

Ich würde gar nicht sagen, dass ich mich stärker dem Musiktheater zuwende. Es ist zu meiner Arbeit im Schauspiel dazugekommen. Ich habe ja auch im Schauspiel oft mit Regisseuren gearbeitet, für die Musik sehr wichtig ist. Barbara Frey kommt von der Musik. Ruedi Häusermann ist Komponist und Musiker, seine Projekte funktionieren wie Partituren. Mich interessiert zum Beispiel die neue Generation im Musiktheater, deren Teams sehr durchlässig miteinander arbeiten und zu ganz großartigen Ergebnissen kommen. Die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Matthias Rebstock und der Komponistin Elena Mendoza, mit denen ich „La Ciudad de las Mentiras“ für das Teatro Real in Madrid vorbereite, finde ich in dieser Hinsicht sehr inspirierend. Matthias Rebstock ist auch Professor für Szenische Musik. Als ich diesen Begriff zum ersten Mal gehört habe, konnte ich zunächst nicht viel damit anfangen. Aber je länger ich über ihn nachgedacht habe, desto richtiger schien er mir, und inzwischen finde ich ihn richtig gut. Szenische Musik als Ausdruck für diese Sehnsucht, Geschichten anhand von Bildern und Musik zu erzählen. Das gefällt mir. //

BETTINA MEYER

er er ‚‚ ak

vielen verschiedenen Ebenen kommunizieren und darin weit über das hinausgehen, was sich sein Schöpfer einmal gedacht hat. Im Theater ist diese Kommunikation manchmal besonders komplex, weil die verschiedenen Mittel ja auch noch untereinander in Beziehung treten – Sprache, Licht, Raum, Ton … Das erklären zu wollen, beinhaltet für mich oft, eine ästhetische Erfahrung zu verkleinern. ¶ Ich habe inzwischen ungefähr 70 Bühnen­ bilder entworfen. Wahrscheinlich würden mir die, die mir wichtig waren, jetzt gar nicht einfallen … Vielleicht „Medea“ von Euripides in der Inszenierung von Barbara Frey, 2006 am Deutschen Theater Berlin. Da ist die


144

IN THE VISUAL SHAFT SEEING THE WORLD THROUGH A LENS – BETTINA MEYER DISCUSSES HER WORK IN GIGANTIC HALLS AND SMALL BOXES.

small city, scenery is always scrapped after the 25th performance. I always thought: we should do something with these old sets! Which you then did. For “Alles muss weg!” we collected stage set elements over the whole season, which I then assembled anew. I used a lot of items from my own sets, but we also had a few things from Muriel Gerstner, Bert Neumann and others. One could see precisely for which direct­ ors the individual rooms had been created. There were large rooms that were the result of expansive productions as well as rooms that were built for a very intim­ ate play. Rooms in which the actors can talk quietly and rooms in which they have to use their bodies. I work with different directors nowadays. Over time you get to know a director’s wishes and desires and you can support her or him with a clear aesthetic implementation of them. Your sets are celebrated as high­

Bettina Meyer, as set designer and head of stage design, you work

ly inventive and as visual poetry. That’s why it’s almost surprising

for three stages in Zurich that couldn’t be more different from one

when you speak of “supporting”. Do you see your artistic work as

I find the diffe­r­ ent challenges very exciting: the Pfauen (the largest stage of the Zurich Schauspielhaus) is a classic proscen­ ium stage with fixed audience seats and very tricky lines of sight; at the Schiffbau, there are two rooms that were not originally intended to be used for theatre, the Halle and the Box, and for this reason they must be redesigned in their entirety for new plays. I would probably find it tiresome if I only worked in the Pfauen. But changing between Pfauen and Schiffbau means that my work doesn’t get boring. Which of the rooms do you most enjoy working in? I think, in the Box. There probably isn’t a play that one couldn’t stage there. The empty concrete space allows for solutions that would never be possible on a classic proscenium stage – especially as far as the audience’s position is concerned. The Halle is of course also a magnificent room. But it can intimidate an entire team through its size alone. One couldn’t exactly say that you’re

an applied art form?

intimidated by spaces. From time to time you leave behind the

I believe it goes without saying that one works in a supporting role in the theatre. We try to inspire each other so that each person can do what he or she can best: to come up with the staging, to construct a space, to portray a figure, to create a screenplay or music … that has nothing to do with service. One can also support a director by challenging him with a design. The use of a space can contain a strong conceptual idea. But ultimately, ­despite the fact that theatre is a collective enterprise, every­one always has work that must be done alone. With stage design, it is the phase where one creates the design, the setting, which the production and the actors have to work with later. ¶ But your question regarding applied art forms probably also refers to this blend of creativity and pragmatism that is the characteristic work of a stage designer. It’s a balancing act that in fact you have to perform over and over again. Stage design is perhaps situated somewhere between the performing arts, visual arts and architecture. It clearly is its

boundaries of classical theatre and construct massive room instal­

own kind of discipline. Nonetheless, you tend to avoid talking

lations. You’re

about your own work. I

another. Is this a dream job or more of a curse?

probably referring to “Alles muss weg!” (“Everything must go”). That was a walk-in urban installation I created in the Halle in 2011. Zurich has changed enormously in terms of urban architecture in recent decades. Residential space is in increasingly short supply and rents have skyrocketed astronomically. The team with whom I developed “Alles muss weg!” wanted to tackle this topic. In the Halle I built a walk-in urban installation that stood on its own aesthetically but which could also be used for other things: visual artists exhibited their work there. There were lectures. A peculiarity of this installation was, by the way, that it almost exclusively consisted of old stage sets. The workshops here at the Schauspielhaus theatre construct really excellent sets, but because Zurich is a relatively

struggle with the idea that art should be explained. If a work is successful, it can communicate on a great many different levels and go far beyond what its creator originally intended. In the theatre, this communication is sometimes ­especially complex, as the various media constantly enter into relationships with each other – language, light, space, sound … For me, wanting to explain this often means diminishing an aesthetic experience. ¶ By now, I’ve designed around 70 sets. I probably couldn’t say right now which ones were most important to me … Perhaps Euripides’ “Medea” in Barbara Frey’s 2006 production at the Deutsches Theater. The concept of space there grew out of the protagonist’s situation: Medea is a prisoner, both externally and internally.


‚‚

‚‚

ONE CAN ALSO SUPPORT A DIRECTOR BY CHALLENGING HIM WITH A DESIGN.

interwoven with music, language and light. And for “Knives in Hens”, we translated the protagonist’s experiences into a particular experience for the audience. I built a church ruin in the Box and converted it into a stall. It was a spiritual world that, at the same time, was profane, since it really stank and there were real live hens and pigs running around. The audience sat as if on church pews at a mass and at the same time they were surrounded by straw, dung and animals. When I asked you if you would describe yourself as a dramaturgi­ cal set designer, you said you’re more a set designer who thinks at length, and very exactly, about content. Yes, since I see that as a self-evident part of the job. Getting intensely involved with the content, and thinking about how the space could look for that content, is all part of it. But

that doesn’t mean that I would read a thousand texts about a play. Not at all. My search for the right set sometimes proceeds very intuitively. When I read a play, I start to see the world through the lens of this play. And suddenly I see different things than before, suddenly I’ll be reading a magazine and I’ll pause at something. I climb down a kind of visual shaft and look to see where I get stuck, optically. We can’t escape from our environment; we’re constantly influenced by it. This environment is, for me, the material I work with, the first thing to inspire me with the idea for a set. At some point, I end up with the complete set designed in my head. I never work from sketches. That can be a problem, since of course everyone tells me to sketch it down! But I never do. It’s really much more – and perhaps this will sound strange – more like a 3D-printer. In my case, the set appears immediately from my head in three dimensions. But that all sounds very simple. When you design, you always start again from nothing.

145

You say that things work differently in opera, that they’re more deferred or perhaps also more sensitive. Is it for that reason

I wouldn’t say at all that I’m turning more towards ­musical theatre. I’ve done it in addition to my work in the theatre. I’ve often worked with directors for whom music was very important. Barbara Frey comes out of music. Ruedi ­Häusermann is a composer and musician; his projects work like scores. I’m interested, for example, in the new generation in musical theatre whose teams work with each other very porously and come up with really fantastic results. I find particularly inspiring in this respect my collaboration with the director Matthias Rebstock and the composer Elena Mendoza, with whom I prepared “La Ciudad de las Mentiras” for the Teatro Real in Madrid. Matthias Rebstock is also a proponent of “scenic music.” When I first heard of this concept, I couldn’t really do anything with it. But the more I thought about it, the more correct it seemed to me, and nowadays I find it really good. “Scenic music” as an expression of the desire to tell stories through pictures and music. I like that. you’re turning more to musical theatre now?

Interview: Ute Müller-Tischler.

BETTINA MEYER

Nina Hoss performed the entire play within a claustrophobic four square metres. She found herself within a tiny but exactly formulated world – which was really her head and her hallucinations. The surrounding space for the other figures was the opposite: extensive, empty, abstract, cold. Or perhaps “Der Hodler” by Ruedi Häusermann or Heike M. Gotze’s production of David Harrower’s “Messer in Hennen” (“Knives in Hens”), both at the Box. In Häusermann’s work, space is really


146


BETTINA MEYER

ALLES MUSS WEG! EIN URBANITÄTSPROJEKT (Lukas Bärfuss, Katja Hagedorn, Schauspielhaus Zürich, Bettina Meyer, Anja Kerschkewicz, Nadia Schrader) 2011. Fotos T+T Fotografie

147


MEDEA (Euripides) Deutsches Theater Berlin, 2006 und Schauspielhaus Zürich, 2011 (Seite 149, als Übernah­ me der Berliner Inszenierung), Regie Barbara Frey, Kostüme Gesine Völlm. Fotos Matthias Horn / Bettina Meyer

148


BETTINA MEYER

149


150

SEKUNDEN DER UNORDNUNG BERT NEUMANN ÜBER DEM MARKETING UNTERWORFENE PRODUKTIONSPROZESSE

Bert Neumann, Sie haben immer wieder gesagt, dass Sie sich als bildender Künstler verstehen, weil Sie ohne künstlerische Freiheit nicht arbeiten können. Wie kommt es, dass Sie dann doch am Thea­ter gelandet sind? Tatsächlich habe ich mein erstes Engagement am Stadttheater, das war direkt nach dem Studium, vorzeitig beendet. Ich fühlte mich da fehl am Platz, unfrei, und habe mich auf die Suche nach Alternativen gemacht. Es hat dann einige Jahre gedauert, bis das Angebot mit der Berliner Volksbühne kam. Da konnten wir selbst die Regeln bestimmen, das war ein völlig anderes Gefühl als an anderen Theatern. Das war ein einmaliger Freiraum, verbunden mit Produktions­bedingun-­ gen, die mir der Kunstmarkt nicht hätte bieten können. Wie war es damals, als Frank Castorf Sie an die Berliner Volksbühne geholt hat und Sie zusammen den Theater­begriff er­ weitert und so etwas wie eine ästhetische Wende eingeführt haben?

Der Vorgang, dass wir da ein Theater bekommen haben, ohne uns darum beworben zu haben, ohne Lobby und dickes Telefonbuch, so was wäre heute nicht mehr denkbar. Das hatte mit der politischen Situation zu tun, auch mit der Sekunde Unordnung, wenn ein System zusammenbricht. Und mit einer Kulturpolitik, die sich noch auf Risiken einlassen wollte. ¶ Es gab da einen Moment der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten in der ganzen Stadt, billige Mieten und damit Räume für Unabhängigkeit. Die Beschwörung dieses Gefühls ist heute nur noch als Bestandteil von Standortmarketing existent. Und wenn man über diese ­Dinge redet, kommt man schnell in den Verdacht, von gestern zu sein. Was ja ein Totschlagargument ist, mit dem jede Kritik an der Gegenwart schnell zum Schweigen gebracht werden kann. Jüngstes Beispiel: Li Edelkoort, um mal nicht nur

vom Theater zu reden, eine berühmte Trendforscherin, die in ihrem kürzlich veröffentlichten Manifest „Anti_ Fashion“ sehr fundiert und scharf unter anderem darauf hinweist, dass Mode, die ja, wie die Kunst, das Risiko notwendig braucht, immer mehr vom Marketing beeinflusst wird und somit dabei ist, sich aufzulösen. Sie legt sich also mit der Modeindustrie an, und sofort wird sie in den Fashionblogs, die sie gestern noch als höchste Instanz verehrt haben, als verblendet und alt neutralisiert. Ich sehe da absolut Parallelen zur Kunst, auch zum Theater: Auch hier wird der Produktionsprozess mittlerweile zunehmend von Verkaufszahlen und Einschaltquoten beeinflusst. Künstler müssen lernen, sich dagegen zu wehren. Schließlich geht es ganz konkret um die eigenen Produktionsverhältnisse. Und wer das altmodisch findet, den würde ich schlicht als reaktionär bezeichnen. ¶ Witzig in diesem Zusammenhang ist, dass der Volksbühne kürzlich vorgeworfen wurde, den Neoliberalismus im Stadttheater erfunden zu haben, da wir in den Neun­zigern für das hippe Szenevolk zielgruppenorientiert, also ganz kalkuliert für einen speziellen Markt produziert hätten. Aber genau das haben wir eben nie getan. Das ist ­unser Erfolgsgeheimnis! Dass uns die Einschaltquote herzlich egal war und wir einfach das gemacht haben, was wir selber gut fanden, ganz egoistisch. Seitdem sind Sie quasi der Artdirector an der Volksbühne, jemand, der für eine Gesamtästhe­ tik im Theater sorgt. Gibt es unterschiedliche Arbeitspraxen, wenn Sie für Pollesch oder für Castorf die Bühne bauen? Es heißt zum Beispiel, dass Sie für Polleschs Produktionen im Prater den Raum eingerichtet haben, bevor das Stück geschrieben war. Normaler­ weise hat man es als Bühnenbildner mit Textvorgaben und Regie­ vorstellungen zu tun, was das Handlungsgeschehen betrifft. Bei Ihren Räumen hat man den Eindruck, dass Sie eine visuelle Dra­

Das Bühnenbild sollte eine Setzung sein, eine Haltung haben, konkret sein, aber nicht zu Ende erzählt. Das ist entscheidend, es soll ja noch Raum lassen für das, was sich während der Proben ereignet. Also das, was mir neben dem Prozess des Erfindens des Raumes, wo ich erst mal allein arbeite, am Theater so gefällt: dass Schauspieler die Räume dann temporär bewohnen und – zum Glück meist anders, als ich dachte – dass sich da Texte ereignen und Körper bewegen, was den Raum verändert. Visuelle Dramaturgie klingt zu sehr nach einem Plan, den man nur noch ­ablaufen muss, so was würde mich langweilen. ¶ So unterschiedlich die Regiehandschriften von Castorf und Pollesch von außen betrachtet erscheinen mögen, beide sind Künstler, die ihre Position als Regis­seur nicht missbrauchen, um Gehorsam zu erzeugen. Sondern sie sorgen, auf unterschiedliche Weise, für ein Klima, in dem allen der Freiraum zugestanden wird, der für die Entstehung von Kunst absolut notwendig ist. Über die Jahre haben Sie den Ästhetik­

maturgie vorgeben, oder täusche ich mich?

begriff am Theater neu definiert und Ihre Bühnenbauten durchläs­


allerdings eine Auflösung des Theaters. Ist die Situation tatsächlich so dramatisch? Theater

findet ja im Heute statt, ist kein Museum. Da finde ich es folgerichtig, alle möglichen Instrumente, sei es Film, Musik und so weiter – Mittel,

‚‚

oder aus der Perspektive der Kunstverwertung? Ich finde, das ist ein absolut entscheidender Unterschied. Die Identität der Volksbühne besteht ja eben in der Selbstbestimmtheit nicht nur der Schauspieler, sondern aller am künstlerischen Prozess Beteiligten, repräsentiert durch den Künstler Castorf als Intendant. ¶ Die Frage ist eine gesamtgesellschaftliche: Soll das durchkapitalisierte Denken alle Lebensbereiche bestimmen oder sind Alternativen möglich? Eine solche Möglichkeit zu behaupten, war eigentlich der Versuch, den wir an der Volksbühne unternommen haben. //

DAS BÜHNENBILD SOLLTE EINE HALTUNG HABEN.

SECONDS OF DISORDER BERT NEUMANN ON THE SUBMISSION OF PRODUCTION PROCESSES TO MARKETING

die die Jetztzeit bietet –, auf ihre Nutzbarkeit für die Bühne hin zu überprüfen. Wichtig ist dabei, dass die Schauspieler ihre Autonomie als Agierende auf der Bühne behalten. Aber das ist sowieso, abseits der verwendeten Mittel, die Kernfrage bei kollektiver Arbeit: dass man dem anderen genug Raum lässt, selbstverantwortlich seine Arbeit zu machen. ¶ Theater ist eine kollektive Kunstform; im selbstbestimmten, nicht hierarchischen Zusammenwirken von Künstlern mit verschiedenen Talenten entsteht im besten Falle etwas, was keiner von ihnen allein oder in anderer Konstellation hätte machen können. Gerade in diesem Modell von Zusammenarbeit liegt meiner Ansicht nach die große, zukunftsweisende Potenz von Theaterarbeit. Es geht also nicht um die Mittel, sondern um Produktions­bedin­ gun­gen; um die muss man sich kümmern, wenn das Theater weiterleben soll. Es geht um Freiräume, auch um den einer existenzsichernden Bezahlung.

Well I actually completed my first project at the municiple theater rather early, directly after my studies. I felt out of place there, constrained, and started looking for alternatives. It took several years until I received an offer from the Berlin Volksbühne. We could make our own rules there and there was a totally different feeling than in other theatres. It was a unique kind of free space, connected to production conditions that the art market simply couldn’t offer me. What was it like then, when Frank Castorf

Die zentrale Frage in den Künsten des 20. Jahrhunderts war die

took you on at the Berlin Volksbühne, and together you expanded

nach der Autonomie. Man wollte unabhängig von Hierarchien oder

your concept of theatre and triggered something like an aesthetic

Vorgaben durch das Publikum sein. Fast könnte man schließen, dass

turn? The

dieses Streben nach ästhetischer Unabhängigkeit und Eigenpräsenz zu einer Art Führungsanspruch der Bildkünste geführt hat und des­ halb ein Kurator als Intendant irgendwie logisch erscheint. Wenn

man Ihren Gedanken konsequent zu Ende denkt, wäre doch eher ein bildender Künstler als Intendant logisch. Die entscheidende Frage ist doch nicht, aus welcher Kunstsparte einer kommt, sondern ob er Künstler oder, sagen wir: Kunstvermittler ist. Also aus welcher Perspektive heraus werden das Theater prägende Entscheidungen getroffen: aus der Perspektive der Kunstproduktion

151

Bert Neumann, you’ve always said that you see yourself as a visual artist since you couldn’t work without artistic freedom. How come you’ve ended up working in the theatre?

way we got hold of a theatre then without having to make an application, without lobbying or a thick phonebook – that would just be unthinkable today. It was connected to the political situation, also to that brief second of disorder when a system falls apart. Also to a cultural politics that was still prepared to take risks. ¶ There was a moment of apparently unlimited possibilities in the whole city, cheap rents and hence spaces for independence. The invocation of this feeling only really exists today as an element of location marketing. And when you talk about these things, you

BERT NEUMANN

Seite 156/157: LOVE / NO LOVE (René Pollesch) Schauspielhaus Zürich, 2015. Regie René Pollesch, Kostüme Sabin Fleck. Foto Bert Neumann Seite 154/155: DER PERFEKTE TAG, RUHRTRILOGIE TEIL 3 (René Ringlokschuppen Mülheim an der Ruhr, 2010. Regie Pollesch) René Pollesch, Kostüme Nina von Mechow. Fotos Bert Neumann

öffentlichen Leben. Konservative Stimmen befürchten dadurch

‚‚

Seite 152/153: DER GENERAL (René Pollesch) Volksbühne am RosaLuxemburg-Platz, 2014. Regie René Pollesch. Foto DRAMA

sig gemacht für alle möglichen Einflüsse aus der Kunst und dem






156


157


start to suspect that you really are from the past. It’s a deadly argument that can silence any critique of the present. The most recent example: Li Edelkoort, the famous trend researcher – let’s not only talk about theatre – offers a sharp, substantiated argument in her recent manifesto “Anti_Fashion” that fashion, just like art, finds it necessary to face the risk of being increasingly influenced by marketing, and hence is in the process of disintegrating. She’s started a fight with the fashion industry, and as a result the fashion blogs, which only yesterday honoured her as the highest authority, are trying to neutralize her, describing her as

actors live in these spaces temporally, texts occurs there and bodies move – often quite differently from how I expect, thankfully – all of which changes the space. “Visual dramaturgy” sounds too much like a plan that you simply follow. I’d find that boring. ¶ However different the directing styles of Castorf and Pollesch may appear from the outside, both are artists who do not abuse their position as dir­ector in order to create obedience. Rather, they create a climate in which a free space can emerge, which is absolutely necessary for the creation of art. Over the years you’ve redefined the concept of aesthetics in the­atre and left your sets open to all possible influences from art and public life. Conservative voices

‚‚

‚‚

158

A SET SHOULD HAVE AN ATTITUDE.

blind and out of date. I see an absolute parallel with art, and also theatre: the production process is increasingly being influenced by sales and viewing figures. Artists have to learn to fight against this. In the end, it’s a very concrete matter of your own production relations. And anyone who finds this old fashioned, I’d simply label as reactionary. ¶ Given this state of affairs, it’s funny that the Volksbühne was recently accused of introducing neoliberalism to municipal theatre, since in the 90s we apparently produced shows aimed at hip scenesters, especially calculated for a particular market. But we did the exact opposite! That’s the secret of our success! Viewing figures were totally irrelevant to us and we simply did what we wanted, totally egoisti­ cally. Since then, you’ve effectively been the art director of the Volksbühne – someone who provides the theatre an overall aesthetic. Do you work differently for Pollesch and Castorf when you build sets? For example, it was said that for Pollesch’s produc­ tions in Prater you fitted out the space before the play was even written? I find that very unusual. Normally the job of a set designer involves considering specifications in the text and the director’s ideas about plots events. Your sets give the impression of a visual

A set should be a foundation, should have an attitude, be concrete, but never tell its whole story. This is key: there should always be room left for whatever comes up during ­rehearsals. This is what I like most about theatre, alongside the process of inventing a space, where I work alone at first:

dramaturgy – or am I mistaken?

are hence afraid of the dissolution of theatre. Is the situation really

Theatre takes place today – it’s not a museum. It hence makes sense to consider all possible instruments, whether film, music, etc. – media that the present time offers – for their suitability for the stage. Nonetheless, it’s also important that the actors maintain their autonomy as agents on the stage. Whatever the medium in question, that’s always the central issue in collective work: leaving others enough space to work responsibly for themselves. ¶ Theatre is a collective art form. In a self-determined, non-hierarchical colla­b­ oration of artists with different talents, in the best cases, there arises something that none of them could have produced alone, or in other constellations. It’s precisely this model of collaboration that, in my opinion, defines the forward-looking power of theatre. It’s not about the media, but the conditions of production – that’s what we have to care about, if the theatre is to go on living. It’s about creating free spaces, as well as the possibility of a financially secure existence.

so dramatic?

The central issue of Twentieth Century art was autonomy. People wanted to be independent of hierarchies or the public’s stipula­ tions. You could almost conclude that this striving for aesthetic independence and self-presence meant that the visual arts could claim a leading role, and the idea of a curator as artistic director appears logical. If

you follow your thought to its necessary conclusion, it would be logical if the artistic direct­ or were actually a visual artist. The decisive issue is not from which field of art someone comes, but whether they are an artist or, shall we say, a mediator of art. So, from what kind of perspective will decisions shaping the theatre be made? From that art production or art exploitation? I find that a totally decisive difference. ¶ The identity of the Volksbühne lies in the self-determin­ ation not only of the actors, but of everyone participating in the artistic process, represented by Castorf as artistic director. ¶ The question touches all of society: should capitalistic thinking determine all areas of life or are alternatives possible? To put forward such a possibility was really the task that we at the Volksbühne have taken up. Interview: Ute Müller-Tischler


2015.2016

SCHAUSPIEL premieren

wiederaufnahmen

HIOB JOSEPH ROTH

DER GUTE MENSCH VON SEZUAN BERTOLT BRECHT

REGIE: INGO BERK

REGIE: JOHANNES LEPPER

PREMIERE: 19. SEPTEMBER 2015 | VIDMAR 1

PREMIERE: 05. FEBRUAR 2016 | VIDMAR 1

EINE SOMMERNACHT DAVID GREIG & GORDON MCINTYRE

DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK

REGIE: PATRICIA BENECKE

PREMIERE: 02. MÄRZ 2016 | VIDMAR 2

PREMIERE: 23. SEPTEMBER 2015 | VIDMAR 2 DAS ERDBEBEN IN CHILI HEINRICH VON KLEIST REGIE: ULRICH RASCHE MUSIK: ARI BENJAMIN MEYERS PREMIERE: 03. OKTOBER 2015 | VIDMAR 1 OTHELLO WILLIAM SHAKESPEARE REGIE: CLAUDIA MEYER PREMIERE: 31. OKTOBER 2015 | STADTTHEATER PETER PAN J.M. BARRIE REGIE: MICHAEL LIPPOLD PREMIERE: 04. DEZEMBER 2015 | STADTTHEATER DIE TÖCHTER DES DANAOS AISCHYLOS REGIE: RAMIN GRAY PREMIERE: 17. DEZEMBER 2015 | VIDMAR 1

REGIE: JENNIFER WHIGHAM

NORA HENRIK IBSEN REGIE: INGO BERK PREMIERE: 12. MÄRZ 2016 | VIDMAR 1

WAS IHR WOLLT ODER DIE ZWÖLFTE NACHT WILLIAM SHAKESPEARE REGIE: JOHANNES LEPPER WIEDERAUFNAHME: 29. AUGUST 2015 | VIDMAR 1 DER GOALIE BIN IG PEDRO LENZ REGIE: TILL WYLER VON BALLMOOS WIEDERAUFNAHME: 13. NOVEMBER 2015 | VIDMAR 1 FRED UND FRANZ ARNO CAMENISCH REGIE: MARIO MATTHIAS WIEDERAUFNAHME: 16. DEZEMBER 2015 | VIDMAR 2

DIE SCHUTZBEFOHLENEN ELFRIEDE JELINEK | SE REGIE: CLAUDIA MEYER PREMIERE: 24. MÄRZ 2016 | VIDMAR 2 DAS VERSPRECHEN FRIEDRICH DÜRRENMATT REGIE: NIKLAS RITTER PREMIERE: 31. MÄRZ 2016 | KUBUS WAISENHAUSPLATZ DIE LÄCHERLICHE FINSTERNIS WOLFRAM LOTZ REGIE: MARIO MATTHIAS PREMIERE 11. MAI 2016 | VIDMAR 2 WIE IM HIMMEL KAY POLLAK | SE REGIE: DAVID MOUCHTAR-SAMORAI PREMIERE: 21. MAI 2016 | VIDMAR 1

Karten und weitere Informationen unter 031 329 52 52 www.konzerttheaterbern.ch


160

DER GRIFF IN DIE ZEIT­ LOSIGKEIT

der freistehenden Bühnenkörper, die aber eine gewisse Distanz schaffen. Weil sie als Schmuckstücke oder als Kunstwerke funktionieren, muss die Hürde zwischen ihnen als Bühne und dem Publikum erst überwunden werden. ¶ „Maß für Maß“ war eher ein Zwischenschritt, ein riesiges goldenes Kabinett mit einer Sogkraft. Hier, bei „Richard III.“, ist es eine gebaute architektonische Einheit. Das Globe verbindet Elemente des Volkstheaters mit denen der antiken Arena. In frühen Arbeiten von Ihnen hat diese Bühnenanordnung auch schon eine maßgebliche Rolle ge­ spielt, wenn man an „Personenkreis“ oder „Das Kontingent“ denkt. Welche Bedeutung haben die historischen Modellbühnen für Sie?

JAN PAPPELBAUM VERSETZT SHAKESPEARES STÜCKE IN EINEN SCHWEBENDEN ZUSTAND – DAS GLOBE THEATRE FÜR „RICHARD III.“ Jan Pappelbaum, nach „Sommernachtstraum“, „Hamlet“, „Othello“ und „Maß für Maß“ haben Sie kürzlich die Bühne für die fünfte Shakespeare-Produktion von Thomas Ostermeier ausgestattet. Aber erst „Richard III.“ spielt in einem richtigen Globe Theatre. Warum erst jetzt? Den halbrunden, kleinen Saal als Shake­

speare-Arena, als ein Globe einrichten, das wollten wir schon lange. Der Grundraum dafür ist in der Form der Apsis in der Theaterarchitektur angelegt. Als die Berliner Schaubühne Anfang der Achtziger gebaut wurde, gab es die Idee, hier alle Raumformen der Theater­ geschichte einrichten zu können. Und nichts anderes haben wir dann auch gemacht. Diese Art von Theater, bei der es eine so große Nähe zwischen Spielern und Publikum gibt, ist ein alter Traum von uns. ¶ Die Unmittelbarkeit der Kommunikation mit dem Publikum spielt bei „Richard III.“ eine weit größere Rolle als in den anderen Shakespeare-Stücken. Insofern war auch die Besetzung der Hauptrolle mit Lars Eidinger nicht unwichtig für unseren Entwurf, weil er einfach ein großer Meister der Interaktion ist. Von allen Bühnen, die ich für Ostermeiers Shakespeare-Block gebaut habe, ist das Globe eine mit der größten Referenz zum Original. Die Bühne und der Zuschauerraum bilden einen Einheitsraum. Durch das direkte Gespräch der Hauptfigur mit dem Publikum befindet es sich mit ihm in derselben Zeit. Das hat sich bei den anderen Shakespeare-Bühnen nicht so einfach hergestellt. Vielleicht bei „Hamlet“ noch, auch da ist es im Text angelegt. Allerdings hatte ich damals noch stärker die architektonische Obsession

Natürlich habe ich die Qualität der historischen Räume im Kopf und beschäftige mich deshalb intensiv mit den Grundräumen, in diesem Fall mit der Raumstruktur des Shakespeare-Theaters. Das Globe war ein Abbild des damaligen Weltbildes. Man hatte die reale Gegenwarts­ ebene, die Volksebene auf normalem Bühnenniveau, aber auch die Ebene der Hölle, diesen Auftritt von unten. Diesen hatten wir auch einmal so gedacht, aber er brachte dann spielerisch zu wenig. Dafür haben wir den Mittelauftritt aus dem Publikum, der ja mehr oder weniger auch von unten aus dem Schmutz kommt. Und es gab die Ebene des Himmels oder der Aristokratie oben auf dem Balkon. Dieses Element haben wir auch übernommen, weil es auch für die Raumarrangements toll ist. Eigentlich kann man den ganzen Raum als einen Spielplatz sehen. Was mich aber noch viel mehr in meiner Recherche beschäftigte: Wo gibt es solche Formen von Theater oder von Räumen noch, die diese Unmittelbarkeit haben? Und wenn ich jetzt im Globe sitze und auf die Bühne schaue, weiß ich, dass die Stierkampfarena einen großen Einfluss auf den Entwurf hatte. Für mich ist dieser Raum stärker eine Arena als eine Bühne geworden, natürlich auch durch das Holzmaterial der Brüstungen und die Lehmfläche in der Mitte, um die herum das Publikum sitzt und zum Teil des Geschehens wird, hinter Schutzwänden auf einem Schlachtfeld. Bis hin, dass die vorgezogene untere Holzbrüstung nicht nur die Ränge gestalterisch aufbrechen soll, sondern dem Publikum nah an der Spielfläche Schutz anbietet. Das alles scheint fast wie in einer Stierkampfarena zu sein, da gibt es auch immer solche Wandstücke, hinter die sich der Torero in seiner größten Not, bevor er ganz aufgespießt wird, noch flüchten kann. Das alles spielte eine große Rolle für die Auswahl der Materialien des Bühnenbaus. Was ich direkt übernommen habe, sind Motorrad-Arenen, die in den letzten Jahren eine große Faszination auf mich ausübten; und die eigentlich großen Holzzylinder sind ein Kessel, in den man von oben hineinschaut. So eine alte Holzarena, ein Motodrom, habe ich von Schaustellern in Hude aufgekauft, um aus ihr diese ­Zuschauerraumverkleidung zu machen. Und natürlich lebt der Raum jetzt auch von diesem Material, das in


Schaubühne sind Sie eben nicht gerade dafür bekannt geworden, mit einer Vintage-Optik zu arbeiten. Eher das Gegenteil war der Fall. Heißt das, eine unverbrauchte, glitzernde Bühnenästhetik, wie wir sie von Erfolgsinszenierungen wie „Nora“ oder „Hedda Gabler“

Keine Angst, die verführerischen Gegenwartsinterieurs sind nicht verschwunden. Aber sie gehören nicht in die Welten der Shake­ speare-Stücke, die ja von der Handlung noch mit der Aristokratie verknüpft sind, daraus kann man nicht mal eben so ein Gegenwartsstück machen wie aus einem guten Ibsen. Bei Shakespeare ist es wichtig, mit dem Material der Bühne einen Bogen über die Zeiten zu schlagen, so dass das Geschehen in der Geschichte und in der Gegenwart spielt. Und genau dafür ist diese Art des gebrauchten, zeitlosen Materials richtig und wichtig. Und wir nutzen das so bereits bei „Hamlet“, oder vor längerer Zeit für eine Eskaladierwand in Brechts „Mann ist Mann“. ¶ Was Sie beschreiben, sind meist Interieurs gewesen, die eine Handlung repräsentativ in die Gegenwart setzen. Der Zugriff, den Thomas Ostermeier bei Ibsen macht, ist der, die Texte als Gegenwartsstücke zu lesen. Ich habe das noch unterstützt mit dem Bühneninterieur und der Architektur, in der sich die Figuren aufhielten. Das ist aber bei Shakespeare etwas anderes, weil Shakespeare eben nicht aus einer bürgerlichen Zeit kommt und die gesellschaftlichen Strukturen der Stücke andere sind. Deshalb versuchen wir bei Shakespeare eine Art schwebende Zeitlosigkeit zu schaffen. Man schaut nicht auf „Hamlet“ und sagt, das ist ein Stück, das heute spielt. Allerdings könnte es auch heute spielen, es ist vom Optischen her in einer Zeitlosigkeit belassen. Im klassischen Globe Theatre

kennen, ist kein Thema mehr für Sie?

hat man unter freiem Himmel und bei Tageslicht gespielt. Man musste damals also auch mit den natürlichen Umwelteinflüssen umgehen. Bei „Richard III.“ wird Lehm wie in der Stierkampfarena verwendet, und bei „Hamlet“ ist es Schlamm auf dem Kampffeld. Sind das auch Referenzen an die elisabethanische Bühne zu Shake­ speares Zeiten? Der Regen zu Beginn bei „Hamlet“ entstand beispielsweise auf der szenischen Probe gemeinsam mit Thomas Ostermeier und den Schauspielern. Das ist jetzt nichts, was ich als Bühnenbildner vorher anlege, sondern es ist eher die Poesie der Materialität, die mich hier interessiert, die Erde, die ganz viele Assoziationen weckt. Es gibt sie heute genauso, wie es sie vor Millionen von Jahren gab, und dazu kommen noch Materialien wie ebendieser goldene Kettenvorhang bei „Hamlet“. Dieses goldene Material ist zwar in seiner Farbe aristokratisch, aber durch seine architektonische

Ausformung modern. Das erste Mal gesehen habe ich ihn in einem Nachtclub in Moskau. Ich suche ständig nach Materialien, Oberflächen, Details, die sich selbstverständlich sowohl im Gestern wie im Heute aufhalten. So auch bei dem goldenen Kabinett für „Maß für Maß“. Da war die Oberfläche altes Blattgold, das wir auf die Wände gelegt haben. Dieses Material findet sich in der modernen Innenarchitektur von Hotellobbys oder Schwimmhallen häufig. Wie im „Sommernachts­

161

traum“, bei dem das Geschehen in ein Hotelfoyer verlegt wurde?

Auch das war ja im Grunde die ähnliche Idee wie jetzt im Globe. Constanza Macras und Thomas Ostermeier brauchten erst mal nur einen großen Spielplatz, um mit den Spielern auf der Probe die konkreten Szenen entwickeln zu können, und wollten räumlich wenige Einschränkungen, aber eine Konzentration und Öffnung zum Publikum haben. Von der Shakespeare-Bühne kam wieder der Balkon mit einer großen Treppe, und wir brauchten die Situation einer Party im öffentlichen Raum. So wurde aus dem Spielraum konkret ein Foyer, durch dessen trübe Rückwand ein unscharfes, geheimnis­ volles Außen zu erahnen war. Der Unterschied zu Ibsen und zu reinen Gegenwartsstücken, bei denen es vor allem darum geht, dass wir unsere Zeit und auch uns selbst wiederfinden und deshalb auch die Architektur der Gegenwart zur Verführung nutzen, ist wirklich der Griff in die Zeitlosigkeit. Hat die Beschäftigung mit dem Globe Theatre Ihre Auffassung, wie man Bühnen bauen sollte, verändert? Ich finde es natürlich schade, dass ich nicht immer solche Gesamträume bauen kann (lacht). Nein, das war wieder eine Aufgabe, die noch mal ganz andere Leidenschaften bei mir geweckt hat. Der ursprüngliche Impuls, warum ich als studierter Architekt überhaupt ans Theater gekommen bin, über die Baracke am Deutschen Theater und das Bockenheimer Depot zur Schaubühne, war immer der Gedanke, nicht einfach Bühnenbilder zu entwickeln vor einer feststehenden Zuschauersituation, sondern Räume als Ganzes zu denken. Zum einen wie im künstlerischen Grundsatz der früheren Schaubühne, dass jeder Text eigentlich die Raumsituation zum Aufblühen braucht, für die er geschrieben wurde. Ob das stimmt oder nicht, sei mal dahingestellt, aber es hat mit der für die Zeit normalen Kommunikation zwischen Bühne und Zuschauern zu tun, die eben in den Texten steckt. Oder dass man für jede Aufführung individuelle Raumformen findet, die das Optimum für die jeweilige Inszenierungsidee bedeuten. Das haben wir viele Jahre versucht, aber unsere Technik brach uns irgendwann regelrecht zusammen. Das ist in einem Repertoire nicht lange zu machen. Und wir mussten uns eingestehen, dass man nicht für eine gute Aufführung jedes Mal den ganzen Raum verändern muss. //

JAN PAPPELBAUM

seinem sichtbaren Verbrauch eine eigene Geschichte mitbringt. Genauso wie der Lehm auf der Spielfläche als zeitloses Material unglaublich viele Assoziationen zum Leben, zum Spielplatz, aber auch zu Krieg und Tod hat. Als Bühnenbildner und Ausstattungsleiter der


162

REACHING BEYOND TIME JAN PAPPELBAUM TRANSPORTS SHAKESPEARE’S PLAYS TO A SUSPENDED STATE – THE GLOBE THEATRE FOR “RICHARD III”

Jan Pappelbaum, after “A Midsummer Night’s Dream”, “Hamlet”, “Othello” and “Measure for Measure”, you recently devised the set for Thomas Ostermeier’s fifth Shakespeare production. But “Rich­ ard III” is the first performed in a real Globe Theatre. Why now?

Setting up the small, half-circle hall as a Shakespeare arena, as a Globe, is something we’ve been wanting to do for a long time. The basic space for it is built into the theatre architecture in the form of the apse. When the Berlin Schaubühne was built in the early 1980s, there was the idea of being able to apply every spatial type in the history of the theatre. And that’s precisely what we did. This type of theatre, where players and audience are so close, has long been a dream of ours. ¶ The immediacy of communication with the audience plays a much greater role in “Richard III” than in other Shakespeare plays. In that respect, casting Lars Eidinger in the lead role was also significant for the design, because he is simply a great master of interaction. Of all the sets I have built for Ostermeier’s Shakespeare ­series, the Globe is one that makes the greatest reference to the original. The stage and the auditorium form one unified space. With the main character dir­ ectly addressing the audience, they find themselves in the same timeframe as him. With the other Shakespeare sets that wasn’t so easy to bring about. Perhaps a little in “Hamlet”, because it’s there in the text as well. In any case, back then I had an even stronger architectural obsession with the free-standing stage which none­theless establishes a certain distance. Because they function as jewels, or as works of art, the barrier between them as stage and audience must first be overcome. “Measure for Measure” was more of an ­intermediate step, a huge golden cabinet with a magnetic power. Here in “Richard III” it is a constructed ­architectural unity. The Globe combines elements of popular theatre with the ancient arena. This stage arrangement was already a decisive feature in some of your earlier work, when

you think about “Personenkreis 3.1” (“The Human Circle 3.1”) or “Das Kontingent”. What is the significance of historic stage models

Naturally I have the qualities of historic spaces in mind and so I’ve been intensively preoccupied with the basic space, in this case with the spatial structure of the Shakespearean theatre. The Globe was a depiction of the world as it was understood at the time. It included the real-world planes of the day, the people’s level in line with the stage, but also the level of Hell, the entrance from below. We thought of using it, but it brought little to the performance. Instead we have the entrance from the midst of the audience, which means more or less coming from below, from the dirt. And then there’s the level of Heaven, or the aristocracy, on the balcony. We adopted this element too, because it works really well for the spatial arrangement. From there you can actually see the entire space as a playground. But what I was more concerned with in my research was, where are these forms of theatre, of space to be seen today, that have that kind of immediacy? And when I sit in the Globe and look at the stage, it’s clear to me that the bullring greatly influenced the design. For me this space has become more of an arena than a stage, also, of course, because of the wood used in the balustrade and the clay surface in the middle, with the audience sitting around it and becoming part of the action, shielded from the battlefield behind protective barriers. Or at least until the brought-forward lower wooden balustrade not only broke up the formation of the rows, but also offered protection to the audience near the performance area. All of that seemed like a bullring, where they also have these wooden elements behind which the torero can flee in dire emergency before he gets completely gored. All of that was highly influential in the choice of material for the set. One thing I’ve adopted directly is the motorcycle arena which has really fascinated for me over the last few years, and those really big wooden cylinders which are barrels one looks down into from above. I bought one of those old arenas, a motordrome, from show people in Hude, to make a cladding for the auditorium. And of course the space now lives in this material, which brings its own history in its signs of wear. Just like the clay in the performance space, it’s a timeless material which brings an unbelievable amount of associations to life, of the playground, but also of war and death. As a set designer and head of

for you?

stage design at the Schaubühne, you’re not exactly renowned for working with vintage styles. Quite the opposite, in fact. Does this mean that the shiny new stage aesthetic that we’ve seen in suc­ cessful productions like “Nora” and “Hedda Gabler” is a thing of the

Don’t worry, the seductive contemporary interiors haven’t gone away. But they don’t belong in the worlds of the Shakespeare plays where the narratives are more aligned with the aristocracy, which

past for you?


Das Zentrum für zeitgenössischen Tanz, Performance, Kunst und Theorie Künstlerische Produktion Inter-/nationale Ko-/Produktionen Residenzen Disziplinen übergreifende Kooperationen Thematische Reihen Künstlerisch-theoretische Parcours SCORES Internationale Netzwerkarbeit INTPA – Förderprogramm für Gastspiele in Europa EDN – EUROPEAN DANCEHOUSE NETWORK EU-Projekte

Theorie und künstlerische Forschung Vortragsreihen Labore Me Online dia t Sai hek ab Publikation SCORES 2015 son /201 Bibliothek und Mediathek 6! Training und Workshops Tägliches Profitraining Auditions Masterclasses Workshops diverse Level Vermittlungsprogramme und –projekte

SAISONVORSCHAU 2015/2016 SASHA WALTZ & GUESTS DORIS UHLICH MEG STUART NOÉ SOULIER ESZTER SALAMON ANDREA MAURER JAN MARTENS THE LOOSE COLLECTIVE CLÉMENT LAYES

Weitere Infos

IAN KALER TAOUFIQ IZEDDIOU METTE INGVARTSEN DANYA HAMMOUD TANZ COMPANY GERVASI JEFTA VAN DINTHER LAURENT CHÉTOUANE und viele mehr!

www.tqw.at


164


X

165


166

means you can’t just make a contemporary play from them like you can with a good Ibsen. For Shakespeare it is important that the material used in the set forms a bridge between eras, so that the story takes place both in history and the present day. And that’s precisely why this type of worn, timeless material is right and necessary. And we’ve already used it in “Hamlet”, or further back in the climbing wall used in Brecht’s “Man Equals Man”. ¶ What you’re talking about are mostly interiors which demonstrably set the story in the present day. The way that Thomas Ostermeier approaches Ibsen is to read the texts as contemporary plays. I underlined that further with the stage interior and the architecture in which the figures reside. But with Shakespeare that’s something different, because Shakespeare didn’t emerge in a bourgeois era and the social structure in the plays is different. Therefore with Shakespeare we try to create a kind of suspended timelessness. You don’t watch “Hamlet” and say, that is a play which is hap­pening in the present day. But it could be happening today, the look of it means it remains beyond time. The classic Globe Theatre performances took place in the open air and in daylight. That meant that they had to cope with natural environmental factors. In “Richard III” the clay is used as it is in the bullring, and in “Hamlet” it is mud on the battlefield. Are these references to the Elizabethan stage in Shakespeare’s time?

The rain at the beginning of “Hamlet”, for example, emerged out of rehearsals with Thomas Ostermeier and the actors. That isn’t something which I set up in advance as a set designer, rather it is the poetry of the materiality which interests me here, the earth, which conjures up so many associations. It’s here today like it was millions of years ago, and then there are materials like the golden chain curtain in “Hamlet”. The gold ­material may be aristocratic in colour, but its architectural formation makes it modern. The first time I saw it was in a nightclub in Moscow. I’m constantly looking for materials, surfaces, details which by their nature can live both in the past and the present day. It was the same with the golden cabinet for “Measure for Measure”. There the surface was old gold leaf which we applied to the walls. This material is often found in modern interior design in hotel lobbies, or indoor

pools.

Like “A Midsummer Night’s Dream”, which was

There, too, it was essentially a similar idea to the Globe. Constanza Macras and Thomas ­Ostermeier needed nothing more than a large perform­ ance area at first, so that they could develop concrete scenes with the actors in rehearsals without any spatial restrictions, but with concentration and an opening to the audience. From the Shakespeare stage, again, came the balcony with the large staircase, and we needed the scenario of a party in a public space. So the performance space became a foyer, with a murky back wall through which one could make out a blurry, mysterious exterior. The difference with Ibsen and the purely contemporary plays which are largely about seeing ourselves and therefore using this seductive contemporary architecture, is really this reaching beyond time. Did your work with the Globe Theatre change your conception of the way sets should be built? Of course it’s a shame that you can’t always build such unified spaces (laughs). No, that was a job which aroused completely different passions in me. The original impetus, the reason I as a trained architect moved into theatre, from the Baracke at the Deutsches Theater to the Bockenheimer Depot at the Schaubühne, was always the idea of not just developing set designs in front of a fixed audience format, but rather thinking about the space as a whole. Firstly with the artistic b ­ asis of the original Schaubühne, that every text needs the right spatial situation, the situation for which it was written, to flourish. Whether that’s true or not is neither here nor there, but it has something to do with the era’s standards of communication between the stage and the spectators, which is included in the text. Or that you find individual ­spatial forms for every production, which represents the optimum for the production concept in question. We tried to do that for many years, but sooner or ­later the technology would completely let us down. You can’t do that for long in a repertoire. And finally we had to concede that we didn’t necessarily need to change the whole space every time to make a good production.

set in a hotel lobby?

Interview: Ute Müller-Tischler


JAN PAPPELBAUM

Seite 164–167: RICHARD III. (William Shakespeare) Schaubühne Berlin,2015. Regie Thomas Ostermeier, Kostüme Florence von Gerkan, Musik Nils Ostendorf, Video Sébastien Dupouey. Fotos Jan Pappelbaum

167


WETTER LEUCHTEN EIN DRAMATISCHER ZWISCHENFALL FÜR KLUFTINGER VON DEN ERFOLGSAUTOREN

SCHAUSPIEL

VOLKER KLÜPFEL UND

MICHAEL KOBR

Premieren 2015 | 2016

DIE LÄCHERLICHE FINSTERNIS Wolfram Lotz 26.09.15 brechtbühne DER IDEALE MANN Oscar Wilde/ Dt. Fassung: Elfriede Jelinek 10.10.15 Großes Haus MAX & MORITZ — BAD BOYS

Uraufführung Sigrun Fritsch/ Robin Haefs

24.10.15 brechtbühne DER BOXER. DIE WAHRE GESCHICHTE DES HERTZKO HAFT Reinhard Kleist hoffmannkeller

08.11.15

PETER PAN James Matthew Barrie 15.11.15 Großes Haus

AB 25.09.2015 GROSSES HAUS

DIE GEIERWALLY Wilhelmine von Hillern 27.11.15 brechtbühne EIN SOMMERNACHTSTRAUM William Shakespeare 06.02.16 Großes Haus ENDSTATION SEHNSUCHT Tennessee Williams 20.02.16 brechtbühne PLATONOW Anton Tschechow 04.05.16 Großes Haus DIE SCHÄRFSTEN GERICHTE DER TATARISCHEN KÜCHE Uraufführung | Alina Bronsky JUNI 16 hoffmannkeller

www.theater-augsburg.de DIE HEILIGE JOHANNA DER SCHLACHTHÖFE © Nik Schölzel

LANDESTHEATER-SCHWABEN.DE


SPIELZEIT 15/16

11.09.15 13.09.15

DER AUFTRAG Heiner Müller / Die Tentakel von Delphi Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen DIE LÄCHERLICHE FINSTERNIS Hörspiel nach Francis Ford Conrads Herz der Apokalypse von Wolfram Lotz

18.09.15

BUSFAHRT MIT KUHN Punk-Road-Trip nach dem Roman von Tamara Bach – Uraufführung

02.10.15

WAS IHR WOLLT

16.10.15

DIE KÄNGURU-CHRONIKEN

31.10.15

William Shakespeare Marc-Uwe Kling – Uraufführung

SHOCKHEADED PETER Junk-Opera von Julian Crouch / Phelim McDermott / The Tiger Lillies (Musik)

13.11.15

UND AUCH SO BITTERKALT

21.11.15

PERPLEX

22.11.15

Lara Schützsack

Marius von Mayenburg

DIE SCHNEEKÖNIGIN Familienstück von Jewgeni Schwarz nach Motiven von Hans Christian Andersen

11.12.15

DIE PHYSIKER

12.12.15

MEIN KAMPF

16.01.16

WOLF UNTER WÖLFEN

06.02.16

Friedrich Dürrenmatt

Farce von George Tabori Hans Fallada

AMERIKANISCHES DETEKTIVINSTITUT LASSO Ein Musical von Nis-Momme Stockmann und Les Trucs – Uraufführung

07.02.16

ZERSPLITTERT

12.02.16

FRÜCHTE DES NICHTS

20.02.16

23 – NICHTS IST SO WIE ES SCHEINT

Alexandra Badea – Deutsche Erstaufführung Ferdinand Bruckner

nach dem Film von Hans-Christian Schmid – Uraufführung

10.03.16

DAS ANADIGIDING III: DIE WELT VON MORGEN

16.04.16

DIE BRÜDER KARAMASOW

30.04.16

TIMON VON ATHEN

08.05.16

DEMIAN

14.05.16

LEHMAN BROTHERS

Rainald Grebe

Fjodor Dostojewskij

William Shakespeare

Hermann Hesse Aufstieg und Fall einer Dynastie von Stefano Massini

Karten unter 0511 9999 1111 www.schauspielhannover.de /schauspielhannover


170

MIT DER MASCHINE SPRECHEN KRIS VERDONCK ÜBER DIE UNHEIMLICHKEIT DER UNS UMGEBENDEN APPARATE

einfach sinnlos, wenn man weiß, dass wir alles zerstören könnten und dass die ganze Geschichte nicht durch einen apokalyptischen Gott oder einen Meteoriten ihr Ende finden könnte, sondern durch uns. Bis dahin hatten in den Künsten Objekte und Körper immer zusammengehört. Und nun gab es plötzlich einen Bruch ­zwischen diesen beiden, zwischen der Welt und uns. In dieser Zeit kamen Künstler wie Yves Klein mit „Full Powers“ oder „With the Void“, und dann die ersten Performances, zum Beispiel 1955 „Challenging Mud“ von dem Japaner Kazuo Shiraga, der nichts anderes tat, als im Schlamm zu kriechen und zu warten, bis es regnete, so dass der Schlamm abgewaschen wurde. Bei Ihren Arbeiten fällt mir Wolfgang von Kempelen ein, der Kon­ strukteur des berühmten Schachautomaten, in dem in Wahrheit ein Zwerg versteckt war. Vor allem eine Geschichte über Kempelen scheint mir in die Kris-Verdonck-Welt zu passen: Als junger Mann erkannte Edgar Allan Poe, dass der Schachautomat ein Trick war, denn seiner Meinung nach bewegte er sich etwas zu maschinen­ haft. Er sagte: Wenn es so maschinell ist, muss da irgendwo ein menschliches Wesen stecken … Das

Kris Verdonck, in Ihren Räumen, Installationen und Theaterarbeiten stößt man beständig auf bizarre Maschinen und Apparate. Aber diese Maschinenwelt ist zugleich auch eine Welt von Geistererschei­ nungen, Doppelgängern und Zwischenwesen. Wie hängen diese

Zunächst einmal interessiert mich das Theater als eine Traummaschine. Der ganze Theaterapparat ist eine einzige große Maschine, die uns zum Beispiel fliegen machen kann, mit der man Doppelgängern begegnen kann, Halluzinationen er­ leben und viele andere Dinge. Doch hinter alledem steckt immer die Maschine – selbst wenn man auf der Bühne kein Theater spielen will, muss man mit ihrer Hilfe dem Publikum aktiv zu verstehen geben, dass man kein Theater spielt. Nun hat aber diese Theatermaschine zu uns mehr oder weniger dasselbe Verhält­ nis wie so viele andere Maschinen und Medien, die wir im Alltag benutzen, und darum macht es so viel Spaß, mit ihr zu spielen. Sie birgt so viele Möglichkeiten, die etwas über unser tägliches Leben sagen. Der

beiden Seiten für Sie zusammen?

Spaß an den Traumeffekten der Maschine ist das eine, aber Ihre Arbeiten haben ja auch einen recht finsteren Hintergrund. Im Kon­ text Ihrer Produktion „END“ haben Sie einmal die Atombombe als Geburtsstunde der Performancekunst bezeichnet. Wie ist das ge­

Bis zur Atombombe konnten wir als menschliche Wesen nicht den Planeten zerstören. Wir konnten uns umbringen und viele andere Dinge tun, in denen wir gut waren – und in denen wir noch immer gut sind –, aber wir waren nicht in der Lage, wirklich den ganzen Planeten zu zerstören. Mit der Atombombe begannen viele Leute zu denken, dass es nun eine sehr seltsame Idee geworden sei, auf Dauer angelegte Statuen, Bilder, Texte und Ähnliches zu produzieren. Zu versuchen, Dinge zu erschaffen, die für immer halten sollen, ist

meint?

erinnert auch an das Phänomen, das der japanische Philosoph Masahiro Mori „uncanny valley“ nennt und das umso stärker wird, je menschenähnlicher Maschinen werden. Wenn sie sich zu sehr wie menschliche Wesen verhalten, dann beginnen sie, halb zu leben, und das wollen wir nicht. Im Freud’schen Sinn des Wortes gibt es immer eine „Unheimlichkeit“ um diese Maschinen. Zum Beispiel war Kafkas Odradek-Figur einer der ersten sublimen „unheimlichen“ Charaktere, halb Mensch und halb Ding. Im Theater kann man wirklich mit dieser Zone der Unheimlichkeit spielen. Odradek kommt auch in Ihrem Kafka-Parcours „K, a society“ vor, einer Ihrer Arbeiten, die literarische Kosmen in Installationen und Räume übersetzen, ähnlich wie es auch Ihre Produktion „M, a reflection“ mit Texten Heiner Müllers macht. Wie gehen Sie bei einer solchen Arbeit vor?

Ich habe bisher in allem, was ich gemacht habe, mit Texten gearbeitet. Samuel Beckett, Franz Kafka, Heiner Müller. Der nächste wird Daniil Charms sein, den ich ebenfalls ganz unglaublich finde. Mich interessiert allerdings mehr, mit dem Zustand zu arbeiten, in dem sich diese Autoren bewegen, oder mit ihren Persönlichkeiten. Bei Kafka hatte ich zum Beispiel immer große Schwierigkeiten, ihn zu begreifen – falls man ihn begreifen kann. Sein Werk ist so hermetisch, und es war niemals wirklich zum Veröffentlichen gedacht. Ich ­finde es meistens auch schrecklich, wenn seine Texte auf die Bühne gebracht werden. Immer wenn ich eine Kafka-Produktion sehe, glaube ich es einfach nicht. Doch natürlich ist das, was man vielleicht das „System Kafka“ nennen könnte, in dem von uns gelebten Alltag äußerst lebendig. Man kann die Denkart eines Autors nehmen und nach Anschlüssen im täglichen Leben suchen. Bei Charms sind das jetzt zum Beispiel absurde Erfahrungen wie das plötzliche Gewahrwerden,


KRIS VERDONCK

ACTOR # 1. DANCER #3 Installation. Margarita Production for stilllab, 2010. Foto Reinout Hiel

171


dass man Teil eines Plans ist, oder der kontrollierende Ausdruck eines Gesichts, das die Dinge in seiner Umgebung beschaut. Bei Heiner Müller haben wir uns hingegen das Thema „Zwei“ genommen, das in seinem Werk eine enorme Rolle spielt, von dort haben wir angefangen zu arbeiten und Texte zu suchen, die sich

‚‚

172

DER GANZE THEATER­APPERAT IST EINE TRAUMMASCHINE, DIE UNS FLIEGEN MACHEN KANN. SIE BIRGT SO VIELE MÖGLICHKEITEN.

‚‚

um dieses Thema herum ergeben. Wir spielen nicht wirklich Heiner Müller, sondern Aspekte, ähnlich wie bei den Kafka-Räumen, „Gossip“, oder dem Raum mit diesen sehr seltsamen Gestalten, den Opernsängern, oder auch bei den traumartigen Bildern von jemandem, der nicht aufhört zu ertrinken. Es gibt diese schöne Bemerkung von Walter Benjamin, dass Kafka in geradezu naturalistischer Weise Gesten beschreibt, die aber keinen Rahmen, kein Bezugssystem haben. Daran musste ich bei „K“ stark denken.

Damit haben wir tatsächlich gearbeitet. Kafka hat großartige Gesten. Zum Beispiel wenn er beschreibt, wie jemand stürzt und sich dabei gleichzeitig auf die Stirn schlägt. Oder die Sache mit dem Gerede, das für „GOSSIP“ eine Rolle spielte. Im „Prozess“ wissen alle ­Bescheid – mit Ausnahme von Josef K., der gar nichts weiß. Ich war einmal in Ruanda; ein solches Über-jemanden-Reden ist dort gewissermaßen Nationalsport. Man tut es ständig. Aber man tut es direkt vor jemandem. Und wenn man das seltsam findet, heißt es: „Aber wir reden doch nur über dich, wo ist das Problem?“ Es ist sehr eigentümlich. Darum dachte ich: Das ist es, ich nehme einerseits diesen unheimlichen Gruppengedanken, der sich bei Kafka findet: eine Masse gegen einen.

Und dann kopple ich das mit etwas Alltäglichem, mit all diesen gut angezogenen Menschen, die aus einer Industriegesellschaft stammen. Zu Kafkas Zeit waren die Maschinen riesig, aber mit der Digitalisierung werden sie

Es bedeutet, dass wir mehr und mehr zu ihnen werden. Die Maschinen werden sehr cugly (englischer Slangausdruck, der cute und ugly zusammenzieht; S.K.). In den 1980er Jahren wäre die Vorstellung unmöglich gewesen, einen Computer mit ins Bett zu nehmen – jetzt ist es ganz normal, so sehr sind wir an dieses Ding angeschlossen. Wenn sich in Kafkas Zeit eine Garage von selbst geöffnet hätte, wäre das verrückt gewesen, wirklich „unheimlich“. In ein paar Jahren haben wir vielleicht nicht einmal mehr dieses Unheimlichkeitsgefühl, weil wir so daran gewöhnt sind, nicht nur mit Maschinen zu reden, sondern alles Mögliche mit ihnen zu machen. In Kafkas Werk kann man eine gewaltige Fremdheit gegenüber den Apparaten fühlen, und jetzt haben wir uns einfach an sie gewöhnt – die Maschinen kriechen in uns hinein. In Ihrer Garteninstallation „EXOTE“ wird vor allem

immer kleiner. Was bedeutet das für Sie?

die Frage der Ökologie reflektiert. Was interessiert Sie an diesem

Mich interessiert der Gedanke, dass wir den ­ laneten zerstören, ihn einfach aussaugen, aber nicht P unsere Lebensweise ändern und weniger Energie ­verbrauchen wollen. Lieber erfinden wir andere Maschinen, die weniger Energie benötigen, so dass wir uns nicht verändern müssen. Und es könnte ja sogar sein, dass wir es so in den Griff kriegen – nur: Jede Maschine hat ihre weiße und ihre schwarze Seite, das ist immer der Fall. ¶ Dieser „EXOTE“-Garten ist ein Garten, in den lauter fremdartige Pflanzen und Wesen eingedrungen sind, die verschmutzten Boden lieben. Das ist der eine Aspekt der Arbeit. Und der andere ist: Wir sind es nicht einfach als Menschen, die das Ökosystem verändern. Tiere und Pflanzen tun das von selbst, allerdings ist es ein sehr langsamer Prozess, und wir beschleunigen ihn. Wir drängen sie geradewegs hinein. Zum Beispiel weil wir „Micky-Maus-Gärten“ mögen, Gärten mit großen Blumen, großen Fröschen und farbenfrohen Vögeln. Wir kaufen solche Wesen, setzen sie in die Gärten, und dann beschweren wir uns über die entstehenden Probleme. Zum Beispiel fressen die großen Frösche die anderen Tiere – aber letztlich geschieht das nur, weil wir solche Frösche haben wollen. Also versuchen wir, die Frösche zu töten, dann wollen wir das aber auch wieder nicht, und schließlich ist man bei diesem postmodernen menschlichen Wesen, das immer nur versucht, seinen eigenen Dreck wegzumachen. Der Dreck muss weggemacht werden, aber wir haben keine Ahnung, wie. Das ist es, was wir die ganze Zeit betreiben. //

Aspekt?


TALKING TO THE MACHINE

until it rained, to wash the mud away.

In relation

173

to your work I think of Wolfgang von Kempelen, the inventor of the famous chess automaton that really contained a hidden dwarf. One particular story about Kempelen that seems to belong in the Kris Verdonck world is how, as a young man, Edgar Allan Poe real­ ized that the automaton was a trick, since it moved too mech­an­

Kris Verdonck, in your spaces, installations and theatre work we continually encounter bizarre machines and devices. But this ma­ chine world is also a world of ghostly apparitions, doppelgangers

I’m mainly interested in the theatre as a dream machine. The whole apparatus of the theatre is a single, huge machine that can, for example, make us fly, let us meet doppelgangers, have hallucinations, and many other things. Yet behind all of this is always the machine. Even if you don’t want to perform theatre on the stage, you need the machine’s help to let the public actively understand there’s no theatre happening. This theatre machine has more or less the same relation to us as many other machines and media that we use every day. That’s why it’s so much fun to play with it. It contains so many possibilities that say something about our everyday life. The fun of the machine’s and mythical beings. How do these two sides relate for you?

dream effects is one thing, but your work also brings to light a very dark background. In the context of your production “END,” you referred to the atom bomb as giving birth to performance art.

Before the atom bomb, we human beings could not destroy the planet. We could kill each other and do many other things we were good at – which we’re still good at – but we weren’t capable of actually destroying the whole planet. With the atom bomb, many people started to think it was a very strange idea to produce lasting objects like statues, pictures, texts, and so on. To try and produce ob­ jects that should last forever is just senseless if you know we could destroy everything and that all history could come to an end, not thanks to an apocalyptic god or a meteorite, but because of us. Before that time, objects and bodies had always belonged together in the arts. But then there was a sudden break between them, between us and the world. At this point, artists emerged like Yves Klein with “Full Powers” or “With the void,” and came then the first performances, such as “Challenging Mud” in 1955 by the Japanese artist Kazuo Shirago, who crawled round in mud then waited

What did you mean by that?

ically. He said that if it really was so mechanical, then there must be a human being behind it somewhere … That also reminds me of the phenomenon that the Japanese philosopher Masahiro Mori calls the “uncanny valley,” which gets stronger the more humanlike a machine becomes. If they behave too much like human beings, then machines become half alive, which we don’t want. In Freud’s sense of the word there is always something “uncanny” about these machines. For example, Kafak’s Odradek figure was one of the first sublime, “uncanny” characters – half man and half thing. In the theatre, you can really play with this zone of uncanniness. Odradek also appears in your ‘Kafka course’, called “K, a society” – one of your works that turns literary cosmoses into installations and rooms, rather like your production “M, a reflec­ tion” was made from texts of Heiner Müller. How do you proceed

I’ve always used texts in everything I’ve made. Beckett, Kafka, Müller. The next will be Daniil Charms, whom I find just as unbelievable. Nonetheless, I’m more interested in working with the situations in which these authors move, or with their personalities. I always had great difficulties in understanding Kafka – if you can understand him. His work is so hermetic and was never really intended for publication. I almost always find it horrible when his texts are staged in the theatre. Whenever I see a Kafka production, I simply never believe it. However, what you could perhaps call the “Kafka System” is extremely lively in our everyday existence. You can take an author’s way of thinking and look for points of connection with daily life. With Charms those are, for example, absurd experiences, such as the sudden perception that you’re part of a plan, or of the controlling expression of a face observing the things around it. With Heiner Müller, on the other hand, we chose the theme of “Two”, which plays a huge role in his work. That was our starting point for the work and we looked for texts that were created around this theme. We’re not really performing Heiner Müller, rather aspects of him – like in the “GOSSIP” Kafka rooms, or the room with those very strange opera singer forms, or in the dreamlike pictures of someone who never stops drowning. Walter Benjamin re­

with such a work?

marked that Kafka describes in an almost naturalistic fashion ges­ tures that lack a context, any system of relations. In “K” I thought

In fact, we worked with that. Kafka has amazing gestures. For example, when he describes how someone trips and at the same time bangs their head. Or the chatter that plays the role of “Gossip.” In “The Trial,” everyone already knows everything, with

about that a lot.

KRIS VERDONCK

KRIS VERDONCK ON THE UNCANNINESS OF THE DEVICES AROUND US


: PREMIEREN 2015 / 2016 KÖnIg Lear 1984

dIe LOtterIe / Frauen des KrIeges : Ua

von William Shakespeare

10. OKtOber 2015, schauspIeLhaus

inszenierung: Klaus Kusenberg

von Robert Icke und Duncan Macmillan nach George Orwell : dsE inszenierung: Christoph Mehler

16. OKtOber 2015, KammerspIeLe

von Christoph Nußbaumeder 24. OKtOber 2015, schauspIeLhaus inszenierung: Markus Heinzelmann

13. dezember 2015, bLuebOx

von Jonas Hassan Khemiri inszenierung: Christian Papke

geOrge KapLan

inszenierung: Sascha Hawemann

von Frédéric Sonntag inszenierung: Klaus Kusenberg

wIntersOnnenwende

von Roland Schimmelpfennig 19. dezember 2015, KammerspIeLe inszenierung: Schirin Khodadadian von Ferdinand von Schirach

14. Februar 2016, KammerspIeLe

inszenierung: Frank Behnke

von Stephan Lacant / Karsten Dahlem : Ua inszenierung: Karsten Dahlem

17. Februar 2016, bLuebOx

dIe schutzbeFOhLenen

wILheLm teLL

von Friedrich Schiller

04. JunI 2016, schauspIeLhaus

von Michael Frayn 18. dezember 2015, schauspIeLhaus inszenierung: Petra Luisa Meyer

FreIer FaLL

von Henrik Ibsen

28. maI 2016, KammerspIeLe

der nacKte wahnsInn

terrOr

eIn VOLKsFeInd

09. aprIL 2016, schauspIeLhaus

das FLeIschwerK

≈ [ungefähr gleich]

2 Geschichten Für 5 schauspieLer von Karine Khodikyan 02. aprIL 2016, bLuebOx inszenierung: Patricia Benecke

von Elfriede Jelinek 20. Februar 2016, schauspIeLhaus inszenierung: Bettina Bruinier

inszenierung: Volker Schmalöer

LInKe LÄuFer (arBeitstiteL)

von Albert Ostermaier : Ua

09. JunI 2016, bLuebOx

: aUssERdEM unLImIted LImIted (unLtd) geheimagentur FrühJahr 2016

taLKIng abOut bOrders üBer Grenzen sprechen Internationaler Dramenwettbewerb und Festival FrühJahr und sOmmer 2016

www.staatstheater.nuernberg.de · 0180-5-231-600 staatsintendant: Peter Theiler Foto: Ludwig Olah / Benjamin Wiesse

Festnetz 14 ct/min, mOBiL Bis zu 42 ct/min

schauspieldirektor: Klaus Kusenberg


‚‚

THE WHOLE THEATRE APPARATUS IS A DREAM MACHINE THAT CAN MAKE US FLY. IT CONTAINS SO MANY POSSIBILITIES.

‚‚

canny group think, which you find in Kafka – a mass against an individual – and I’d couple it with the everyday, with all these people in uniforms coming from an industrial town. In Kafka’s time machines were enor­ mous, but with digitalization, they’re becoming smaller. What does

It means that we’re more and more becoming them. Machines are becoming “cugly” (a that mean for you?

combination of cute and ugly; s. k.). In the 1980s it was ­impossible to imagine taking a computer to bed – now it’s totally normal, we’re so attached to the things. If in Kafka’s time a garage had opened itself, it would have been crazy, genuinely “uncanny.” In a couple of years perhaps we won’t even have this uncanny feeling anymore, since we’ll be so accustomed not only to talking to machines, but to doing everything possible with them. In Kafka’s work machines are still powerfully alien, but now we’ve simply grown accustomed to them. – Machines are creeping inside of us. In

175

your garden installation “EXOTE” the main question is that of ecology. What interests you about that? I’m interested in the thought that we’re destroying the planet, simply eating it up, but we don’t want to change our way of life or to use less energy. We’d rather invent more machines that use less energy, so we don’t have to change ourselves. And it may well be that’s how we get things under control – only, every machine has its good and bad sides, that’s always the case. ¶ This “EXOTE” garden is one overrun by rowdy, alien plants that love filthy ground. That’s one aspect of the work. The other is that we’re not alone as humans in destroying the ecosystem. Animals and plants do it as well, although it’s a slower process, and we’re accelerating it. Still, we’re interlopers. For example, we like “Micky Mouse” gardens with huge flowers, huge frogs and colourful birds. We purchase these beings, set them in a garden and complain about the resulting problems. For examp­le, the huge frogs eat the other animals – but really, this only happens because we want these frogs. So we try to kill the frogs, but we don’t really want to do that either, and in the end you’re left with this postmodern human being who’s always just trying to clear away his own rubbish. The rubbish has got to be cleared, but we’ve no idea how. We’re doing this all the time. Interview: Sebastian Kirsch

KRIS VERDONCK

the exception of Joseph K., who knows nothing at all. I was once in Rwanda – that way of talking about others is a national sport there. They do it all the time. But they do it directly in front of someone. And if you find it strange, they reply: “But we’re only talking about you, what’s the problem?” It’s very strange. That’s why I thought that I’d take, on the one hand, this kind of un-


A Two Dogs Company, 2012. Solo M, A REFLECTION mit Johan Leysen. Foto A Two Dogs Company

STILLS Margarita Production for stilllab, 2006. Foto A Two Dogs Company

176


KRIS VERDONCK

IN Margarita Production for stilllab, 2003. Foto A Two Dogs Company

177



Christoph Ragg & A Two Dogs Company, 2014. Solo UNTITLED mit Marc Iglesias Figueras. Foto A Two Dogs Company

KRIS VERDONCK

EXHIBITION #1. EXOTE Z33 & A Two Dogs Company, 2011. Foto Kristof Vrancken/Z33

179


PREMIEREN 2015.2016 SCHAUSPIEL HAMLET, PRINZ VON DÄNEMARK William Shakespeare | ab 6. Sep. 2015

DIE KINDER BLEIBEN

URAUFFÜHRUNG Nach Kurzgeschichten von Alice Munro | ab 24. Sep. 2015

80 MINUTEN FREIHEIT

URAUFFÜHRUNG Ein Theater-Parcours durch Wiesbaden zur Woche der Freiheit 2015 | ab 1. Okt. 2015

ICH – MARILYN

Chris Pichler | ab 29. Okt. 2015

EINE FAMILIE

Tracy Letts | ab 30. Okt. 2015

KAFKA

URAUFFÜHRUNG Ein Theaterprojekt nach Texten von Franz Kafka | ab 31. Okt. 2015

SECHS JAHRE

URAUFFÜHRUNG Ein Theaterprojekt nach dem Buch von Charlotte Link | ab 4. Dez. 2015

DAS LEBEN IN FRAGEN UND AUSRUFEN

URAUFFÜHRUNG Ein Zettelkasten von Anton Tschechow | ab 5. Dez. 2015

VERLIEBT, VERLOBT, VERHEIRATET

Ein Liederabend | ab Jan. 2016

GEÄCHTET

Ayad Akhtar | ab 27. Feb. 2016

KASPAR

Peter Handke | ab 9. Mär. 2016

HEDDA GABLER

Henrik Ibsen | ab 31. Mär. 2016

PUPPENSTUBE

DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG Lillian Hellman | ab 23. Apr. 2016

DIE SATANISCHEN VERSE Nach dem Roman von Salman Rushdie | ab 12. Mai 2016

JANE EYRE

URAUFFÜHRUNG Charlotte Brontë / Beka Savić | ab 21. Mai 2016

ICH WARTE SCHON SEIT DREI FANTAS AUF MEINEN AUFTRITT

URAUFFÜHRUNG Arbeitstitel | Laura Naumann | ab 4. Jun. 2016

UNGEDULD DES HERZENS

DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG Stefan Zweig / Thomas Jonigk | ab 26. Jun. 2016

DR. MED. HIOB PRÄTORIUS

Staatstheater Mainz MONTY PYTHON‘S SPAMALOT Musical von Eric Idle und John Du Prez Regie: Ekat Cordes Premiere 03.10.2015

DER PROZESS nach Motiven von Franz Kafka Regie: Jakop Ahlbom Premiere 04.10.2015

ICH BIN WIE IHR, ICH LIEBE ÄPFEL Theresia Walser Regie: Heike M. Goetze Premiere 24.10.2015

EINE WOCHE VOLLER SAMSTAGE Paul Maar Regie: Ekat Cordes Premiere 08.11.2015

RAMSTEIN – AIRBASE Game of Drones (UA) Projekt von Jan- Christoph Gockel Premiere 27.11.2015

NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing Regie: K.D. Schmidt Premiere 28.11.2015

URAUFFÜHRUNG Nach der Novelle von Heinrich von Kleist | ab 20. Dez. 2015

MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER

DIE NASHÖRNER Eugene Ionesco Regie: Frank Hoffmann Premiere 16.12.2015

Bertolt Brecht | ab 30. Jan. 2016

JUDAS

PENSION SCHÖLLER Carl Laufs und Wilhelm Jacoby Regie: Peter Jordan, Leonhard Koppelmann Premiere 27.02.2016

AM SONNTAG BIST DU TOT (UA) John Michael McDonagh Regie: K.D. Schmidt Premiere 21.04.2016

2015/ 16 EIN SCHAF FÜRS LEBEN Maritgen Matter Regie: Sara Ostertag Premiere 29.10.2015

Curt Goetz | ab 12. Dez. 2015

DER FINDLING

DIE UN VER HEIRATETE Ewald Palmetshofer Regie: Jana Vetten Premiere 29.01.2016

ANDERS (UA) Andreas Steinhöfel Regie: Anne Bader Premiere 29.04.2016

MACBETH William Shakespeare Regie: Jan-Christoph Gockel Premiere 07.05.2016

EINE NEUE KREATION VON THOM LUZ (UA) Premiere 21.05.2016

SLEEPLESS (UA) Projekt von Hannah Barker und Liam Jarvis Premiere 30.6.2016

IN ZUKUNFT: MAINZ! Projekt von Sara Ostertag, Malin Nagel, Amelie Barucha, Annika Wehrle Frühjahr / Sommer 2016

Lot Vekemans | ab Jan. 2016 Spielplan & Vorverkauf unter www.staatstheater-wiesbaden.de

www.staatstheatermainz.com


PREMIEREN 2015/16 Schauspiel

VON DEN BEINEN ZU KURZ 2.4.2016, Katja Brunner

SPIELTRIEBE 6

Festival für zeitgenössisches Theater 11. –13.9.2015 www.spieltriebe-osnabrueck.de PARADIES FLUTEN (UA) 11.9.2015, Thomas Köck Im Rahmen von Spieltriebe 6 ARCHIV DER ERSCHÖPFUNG 11.9.2015, Sascha Hargesheimer Im Rahmen von Spieltriebe 6 EXTREM LAUT UND UNGLAUBLICH NAH (UA) 11.9.2015, Jonathan Safran Foer Im Rahmen von Spieltriebe 6 WAS WIR WISSEN (DSE) 11.9.2015, Pamela Carter Im Rahmen von Spieltriebe 6 DER FINSTERE PLAN DER VINTILA RADULEZCU (DSE) 11.9.2015, Martín Zapata Im Rahmen von Spieltriebe 6 DON KARLOS 8.11.2015, Friedrich Schiller DAS ABSCHIEDSDINNER (DSE) 12.12.2015, Matthieu Delaporte, Alexandre de la Patellière DIE MÖWE 6.2.2016, Anton Tschechow OREST 13.2.2016, Euripides

DIE PHYSIKER 9.4.2016, Friedrich Dürrenmatt OSHI-DEUTSCH – DIE DDR-KINDER VON NAMIBIA (UA) 27.5.2016, Gernot Grünewald, Sandy Rudd gefördert im Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes

Musiktheater SIMON BOCCANEGRA 10.10.2015, Giuseppe Verdi MY FAIR LADY 28.11.2015, Frederick Loewe OWEN WINGRAVE 16.1.2016, Benjamin Britten LOHENGRIN 19.3.2016, Richard Wagner CLIVIA 30.4.2016, Nico Dostal ELEKTRA (KONZERTANT) 21.5.2016, Richard Strauss THE SWEAT OF THE SUN (UA) 28.5.2016, David Fennessy

Muffathalle, München Im Rahmen der Münchener Biennale

Tanz PARADIES FLUTEN (UA) 11.9.2015, Thomas Köck Im Rahmen von Spieltriebe 6 BIOGRAFIA DEL CORPO (UA) 21.11.2015, Rafaële Giovanola, Mauro de Candia TRI_ANGLE (UA) 20.2.2016, Mauro de Candia, Marco Goecke, Stephan Thoss OPEN WINDOWS IV (UA) 13.5.2016, Junge Choreografen

OSKAR – Junges Theater VOM FISCHER UND SEINER FRAU (UA) 11.9.2015, nach den Gebrüdern Grimm Im Rahmen von Spieltriebe 6 8 DAS GESPENST VON CANTERVILLE 25.10.2015, Oscar Wilde 6 WAS DAS NASHORN SAH, ALS ES AUF DIE ANDERE SEITE DES ZAUNES SCHAUTE 10 27.2.2016, Jens Raschke SUPERHERO 16.4.2016, Anthony McCarten

14

DON QUICHOTTE AUF DER HOCHZEIT DES COMACHO 29.4.2016, Georg Philipp Telemann

6

DIE VERWANDLUNG Herbst 2015, Franz Kafka (mobile Produktion)

Karten 0541/76 000 76 | www.theater-osnabrueck.de

13


AUTOREN

182

Gunnar Decker

C   ONTRIBUTORS

geboren 1965 in Kühlungsborn, ist

promovierter Philosoph und arbeitet als Theater- und Film­

Welt“ (2010) und „Dimiter Gotscheff. Dunkel das uns blendet“ (2013) sowie des Recherchenbandes „Die neue Freiheit. Pers-

kritiker. Er ist u. a. Autor und Redakteur der Zeitschrift Theater

pektiven des bulgarischen Theaters“ (2011).

der Zeit. Letzte Buchpublikationen: „Gottfried Benn. Genie und

Lena Eilers was born in Bremen in 1978 and has been an editor at the

Barbar“ (2006), „Vincent van Gogh. Pilgerreise zur Sonne“

magazine Theater der Zeit since 2007. After studying music, biology

(2009), „Franz Fühmann. Die Kunst des Scheiterns“ (2009), „Die

and politics in Osnabrück and Kingston upon Hull, UK, she undertook

unentwickelte Kunst, ungeteilt zu erben. Eine Deutschstunde“

a traineeship at the Neue Osnabrücker Zeitung as well as the Akademie

(2009, zusammen mit Kerstin Decker), „Georg Heym ‚Ich, ein

der Publizistik in Hamburg. In 2008 she was editor-in-chief of the

zerrissenes Meer‘“ (2011), „Hermann Hesse. Der Wanderer und

festival journal for the 7th Festival Politik im Freien Theater staged by

sein Schatten“ (2012), „Georg Trakl“ (2014) und „1965. Der kurze

the Federal Agency for Civic Education in Cologne. Eilers is associate

Sommer der DDR“ (2015).

editor of the TdZ workbooks “Theater Der Welt” (2010) and “Dimiter

Gunnar Decker was born in

Dorte

Kühlungsborn in 1965 and is a doctor of philosophy as well as a theatre

Gotscheff. Dunkel das uns blendet” (2013) as well as “Die neue Freiheit.

and film critic. He is a writer and editor for the journal Theater der Zeit,

Perspektiven des bulgarischen Theaters“ (2011).

among other publications. His most recent published books are “Got­ tfried Benn. Genie und Barbar” (2006), “Vincent van Gogh. Pilgerreise

Judith Gerstenberg

zur Sonne” (2009), „Franz Fühmann. Die Kunst des Scheiterns“ (2009),

Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte in Hamburg

“Die unentwickelte Kunst, ungeteilt zu erben. Eine Deutschstunde”

und an der Freien Universität Berlin. Am Deutschen Schauspielhaus

geboren in Hamburg, studierte

(2009, with Kerstin Decker), “Georg Heym ‚Ich, ein zerrissenes Meer’”

Hamburg war sie Dramaturgie-Assistentin (1993–95), danach Drama-

(2011), “Hermann Hesse. Der Wanderer und sein Schatten” (2012),

turgin am Theater Neumarkt in Zürich (1995–98), dem Theater

“Georg Trakl” (2014) und “1965. Der kurze Sommer der DDR“ (2015).

Basel (1998–2006, ab 2003 Mitglied des Leitungsteams) und zuletzt am Burgtheater Wien (2006–2009). Judith Gerstenberg übernahm

Mirka Döring

geboren 1983 in Lüneburg, studierte

Gastdramaturgien am Staatstheater Stuttgart, dem Schauspielhaus

Germanistik und Kulturwissenschaft an der Universität Bremen

Zürich, bei den Münchner Opernfestspielen sowie den Salzburger

und an der Université des Antilles et de la Guyane, Martinique.

Festspielen. Seit der Spielzeit 2009/10 ist sie leitende Dramaturgin

Im Anschluss daran absolvierte sie den Master-Studiengang

am Schauspiel Hannover.

Dramaturgie für Bühne und audiovisuelle Medien an der

Hamburg and studied literature, philosophy and art history in Hamburg

­Akade­mie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg. Nach

and at the Freie Universität Berlin. She was assistant dramaturge at

zahlreichen Hospitanzen und Assistenzen an Stadt- und Staats-

the Deutsches Schauspielhaus in Hamburg (1993–95), then drama­

theatern diverse Produktionsdramaturgien an der Volksbühne

turge at the Theater am Neumarkt in Zurich (1995–98), Theater Basel

Berlin und am Staatstheater Stuttgart. Seit 2012 ist sie Redak-

(1998–2006, from 2003 as part the management team) and most

teurin der Zeitschrift Theater der Zeit.

recently at the Burgtheater, Vienna (2006–2009). She has undertaken

Mirka Döring

Judith Gerstenberg was born in

was born in Lüneburg in 1983, and studied German and Cultural Studies

guest dramaturgical roles at the Staatstheater Stuttgart, the Schau­

at the University of Bremen and the Université des Antilles et de la

spielhaus in Zurich, at the Munich Opera Festival as well as the Salz­

Guyane, Martinique. She subsequently received a Master’s in dramaturgy

burg Festival. Since the 2009/10 she has been head dramaturge at

for the stage and audio-visual media at the Academy of Performing

Schauspiel Hannover.

Arts Baden-Württemberg. Following numerous traineeships and assisting positions in city and state theatres she has assumed various

Gudrun Hommers

production dramaturgy roles at the Volksbühne Berlin, and the Staats­

dierte Buchkunst/Grafik-Design an der Hochschule für Grafik

theater Stuttgart. She has been an editor at the journal Theater der

und Buchkunst Leipzig und erwarb in einem anschließenden

Zeit since 2012.

dreijährigen Aufbaustudium den Meisterschülertitel. Sie erhielt

geboren 1969 in Güstrow, stu-

Stipendien des Landes Sachsen und der Wilhelm und Lotte Dorte Lena Eilers

geboren 1978 in Bremen, ist seit

Neufeld-Stiftung und wurde beim Wettbewerb der Stiftung

2007 Redakteurin der Zeitschrift Theater der Zeit. Nach dem

Buchkunst „Die schönsten deutschen Bücher“ ausgezeichnet.

Studium der Musik, Biologie und Politik in Osnabrück und

Hommers arbeitet freischaffend in Berlin für verschiedene

Kingston upon Hull, Großbritannien, absolvierte sie ein Volon-

Verlage, Museen und Institutionen. Ausstellungsbeteiligungen

tariat bei der Neuen Osnabrücker Zeitung sowie an der

in Leipzig, Berlin, Offenbach, Horn (Österreich), Viborg (Däne-

­Akademie für Publizistik in Hamburg. 2008 war sie Redaktions-

mark), Ohio (USA).

leiterin der Festivalzeitung zum 7. Festival Politik im Freien

in 1969 and studied book design/graphic design at the Academy of

Theater der Bundeszentrale für politische Bildung in Köln.

Visual Arts, Leipzig and received her Master’s in a subsequent three-

Eilers ist Mitherausgeberin der TdZ-Arbeitsbücher „Theater der

year postgraduate course. She has received grants from the state of

Gudrun Hommers was born in Güstrow


Saxony and the Wilhelm and Lotte Neufeld Foundation and was

and Berlin theatre critic for the Süddeutsche Zeitung since 2006. His

recognised in the Book Design Foundation’s competition “The Most

most recent publications are “Das Theater ist ein Tank, der von innen

Beautiful German Books”.Hommers works in Berlin on a freelance

gereinigt werden muss” (2007) and “Die elfte Plage. Wie Berlin-Touris­

basis for a number of publishers, museums and institutions. She has

ten die Stadt zum Erlebnispark machen. Ein Beitrag zur Ethnologie

taken part in exhibitions in Leipzig, Berlin, Offenbach, Horn (Austria),

des Berlin-Touristen” (2013).

183

Viborg (Denmark) and Ohio (USA).

Ute Müller-Tischler

geboren 1959, studierte und

promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin im Bereich

Theaterwissenschaft, Germanistik und Geschichte an der

Kunstwissenschaften und Ästhetik. Sie kuratiert und publiziert

Ruhr-Universität Bochum. Von 2008 bis 2011 war er Mitarbeiter

zu Themen aktueller und zeitgenössischer Kunstpraxis, u. a. „Men

am dortigen Institut für Theaterwissenschaft; seine Dissertation

in Black. Handbuch der kuratorischen Praxis“ (2004, zusammen

„Das Reale der Perspektive. Der Barock, die Lacan’sche Psycho-

mit Christoph Tannert). Von 1991 bis 2002 war sie künst­lerische

analyse und das ‚Untote‘ in der Kultur“ (2011) erschien 2013 im

Leiterin des Parkhauses Berlin-Treptow, Kuratorin im Kunst- und

Verlag Theater der Zeit. Seit 2013 ist er regelmäßig als Lektor

Medienzentrum Adlershof, Berlin, sowie zwischen 2005 und

am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der

2007 im Brandenburgischen Kunstverein Potsdam. Derzeit leitet

Universität Wien tätig; 2013/14 hatte er eine Universitäts­assis­

sie den Fachbereich Kunst und Kultur im Bezirksamt Berlin-Mit-

tenz (Postdoc) am dortigen Institut inne. Seit 2014 ist er wieder

te. Außerdem ist sie Autorin und Herausgeberin für den Verlag

in Bochum (eigene DFG-Stelle) mit dem Habilitationsprojekt

Theater der Zeit mit Schwerpunkt Bühnenbild. In der Zeitschrift

„Jenseits von Ödipus. Topologien eines Theaters der Sorge“.

Theater der Zeit begründete sie die Reihe „Kunst­insert“

Von 2007 bis 2013 war Kirsch Redakteur der Zeitschrift Theater

Ute Müller-Tischler was born in 1959 and graduated in art studies and

der Zeit, darüber hinaus schrieb er u.  a. für den Freitag und den

aesthetics at the Humboldt University, Berlin. She curates and writes on

Tagesspiegel. Künstlerische Zusammenarbeiten verbinden ihn

topics of current and contemporary art practice, including “Men in Black.

mit den Regisseuren Hans-Peter Litscher und Johannes Sch-

Handbuch der kuratorischen Praxis” (2004, with Christoph Tannert).

mit.

Between 1991 and 2002 she was artistic head of the Parkhaus Berlin-

Sebastian Kirsch was born in Wittlich in 1980 and

studied theatre studies, German and history at the Ruhr University,

Treptow, curator at the Adlershof Art and Media Centre, Berlin, as well

Bochum. From 2008 to 2011 he was a staff member at the universi-

as the Brandenburg Art Association, Potsdam. She currently heads the

ty’s Institute for Theatre Studies; his dissertation “Das Reale der Pers-

Art and Culture department for the council of the Berlin borough of

pektive. Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘

Mitte. She is also a writer and editor for the Verlag Theater der Zeit,

in der Kultur“ (2011) was published by Verlag Theater der Zeit in 2013.

focussing on stage design. She launched the “Kunstinsert” series for the

Since 2013 he has lectured at the Institute for Theatre, Film and Media

journal Theater der Zeit.

Studies at the University of Vienna; in 2013/14 he was a university assistant (post-doc) at the institute. In 2014 he returned to Bochum

Anja Nioduschewski

(in his own German Research Foundation position) with the habilitati-

ist Autorin und Dramaturgin. Sie studierte Journalistik in Leipzig

on project “Jenseits von Ödipus. Topologien eines Theaters der Sorge”.

und Edinburgh. Von 2000 bis 2001 war sie Redakteurin der

From 2007 to 2013, Kirsch was an editor at the journal Theater der

Zeitschrift Theater der Zeit; von 2001 bis 2008 arbeitete sie

Zeit while also writing for publications such as Freitag and the

als freie Autorin und Dramaturgin. Sie erhielt u. a. den Förder-

Tagesspiegel. He has close creative partnerships with the directors

preis des Leonce-und-Lena-Preises für Lyrik (1999) sowie den

Hans-Peter Litscher and Johannes Schmit.

Literaturpreis Pablo Neruda (2004). Von 2008 bis 2013 war sie

geboren 1971 in Sondershausen,

Dramaturgin am Centraltheater Leipzig, u. a. Zusammenarbeit Peter Laudenbach

geboren 1964, ist Journalist und

mit Sebastian Baumgarten, Robert Borgmann, Herbert Fritsch,

Theaterkritiker. Er schreibt über Theater, Kultur und Wirtschaft.

Jürgen Kruse, Armin Petras und dem Künstlerkollektiv SIGNA.

Seit 1990 ist er freier Autor u. a. für die taz, Theater heute und

Seit 2013 ist sie freie Autorin in Berlin. Im Verlag Theater der

den Tagesspiegel, seit 1998 Theaterredakteur beim Berliner

Zeit erschien das von ihr herausgegebene Buch „Katrin Brack.

Stadtmagazin tip. Seit 2003 ist Laudenbach fester Autor beim

Bühnenbild/Stages“ (2010).

Wirtschaftsmagazin brand eins und seit 2006 Berliner Theater-

in Sonderhausen in 1971, and works as a writer and dramaturge. She

kritiker der Süddeutschen Zeitung. Zuletzt erschienen: „Das

studied journalism in Leipzig and Edinburgh; in 2000-2001 she was

Theater ist ein Tank, der von innen gereinigt werden muss“

an editor at the journal Theater der Zeit, from 2001 to 2008 she worked

(2007) und „Die elfte Plage. Wie Berlin-Touristen die Stadt zum

as a freelance writer and dramaturge, receiving the sponsorship prize

Erlebnispark machen. Ein Beitrag zur Ethnologie des Berlin-Tou-

of the Leonce und Lena Prize for Poetry (1999), the Pablo Neruda

risten“ (2013).

Literature Prize (2004). From 2008 to 2013 she was dramaturge at

Peter Laudenbach was born in 1964, and is a

Anja Nioduschewski was born

journalist and theatre critic. He writes on theatre, culture and business.

Centraltheater in Leipzig, her creative partners including Sebastian

Since 1990 he has been a freelance writer for such publications as

Baumgarten, Robert Borgmann, Herbert Fritsch, Jürgen Kruse, Armin

taz, Theater heute and the Tagesspiegel, and has served as theatre

Petras and the artists’ collective SIGNA; since 2013 she has been a

editor for the Berlin listings magazine tip since 1998. Laudenbach has

freelance author, based in Berlin. She edited the book “Katrin Brack.

been a staff writer at the business magazine brand eins since 2003,

Bühnenbild/Stages” for the Verlag Theater der Zeit.

C ONTRIBUTORS

geboren 1980 in Wittlich, studierte

AUTOREN

Sebastian Kirsch


BEI UNS WIRD FRISCH GESTRICHEN!

T

E A T R I E R

THEATER TRIER

15! ptember 20 e S . 1 1 m e d ier.de t anders ab r www.teatr te n Alles bleib u r h e M

WIN.117_Inserat_178x120mm2.qxp_Layout 1 08.05.15 13:15 Seite 1

ZU GAST BEI FREUNDEN theater.winterthur.ch Theaterkasse: Tel. +41 52 267 66 80 Theaterstrasse 6, Postfach, 8401 Winterthur



PREMIEREN 15/16 SCHAUSPIEL 12.09.2015

DIE MARQUISE VON O. ... von Heinrich von Kleist

JUNGES STAATS THEATER

08.05.2016

–––––––––––––––––––––––––––––––

20.09.2015

von Martin Baltscheit

20.02.2016

ZWEIGLING

–––––––––––––––––––––––––––––––

SNICK UN WAAL

13.02.2016

MARTIN LABERENZ — EIN NEUES STÜCK

–––––––––––––––––––––––––––––––

TERROR

von Ferdinand von Schirach

–––––––––––––––––––––––––––––

03.10.2015

–––––––––––––––––––––––––––––––

02.10.2015

DRACULA

27.02.2016

ANTIGONE

–––––––––––––––––––––––––––––––

nach Homer

nach Bram Stoker

ODYSSEE

von Gerda Dendooven

–––––––––––––––––––––––––––––

16.04.2016

08.11.2015

FÜNF LÖCHER IM HIMMEL

ASCHENPUTTEL

12.11.2015

von Rocko Schamoni

–––––––––––––––––––––––––––––

EINE NICHT UMERZIEHBARE FRAU

–––––––––––––––––––––––––––––––

22.11.2015

NORA

von Henrik Ibsen

–––––––––––––––––––––––––––––––

DIE BRÜDER LÖWENHERZ

–––––––––––––––––––––––––––––––

von Franz Molnár

von Astrid Lindegren

19.11.2015

–––––––––––––––––––––––––––––––

–––––––––––––––––––––––––––––

KRIEG DER WELTEN

21.05.2016

02.04.2016

–––––––––––––––––––––––––––––––

nach The Kopyright Liberation Front

nach O. Welles/ H. Koch 03.12.2015

30.04.2016

THE MANUAL

nach A. Scheffler/ J. Donaldson

von Pamela Koevoets

LILIOM

von Stefano Massini

MAI 2016

von Seamus Heaney nach Sophokles

–––––––––––––––––––––––––––––––

06.11.2015

DIE BESSEREN WÄLDER

ALS MEIN VATER EIN BUSCH WURDE von Joke van Leeuwen

UTOPOLY

von Fake to Pretend

,Was ihr wollt’©Karen Stuke WA am 03.01.2016

www.staatstheater.de


premiereN 2015 ∕ 16

E N DS PI E L

AuSSeNSeiTer

nach Samuel Beckett

dAS häS Sl ich e eNTl eiN 12 Sep 2015 FAuST 18 Sep 2015

PREMIERE

am 20. Juni 2015 um 19 Uhr im Theater RambaZamba

Jacob Höhne

Mit:

Sven Normann . Jonas Sippel . Grit Burmeister Jan-Patrick Kern . Zora Schemm

Musik: Leo Solter . Bühne: Gero Kindermann Maske und Kostüme: Beatrix Brandler Dramaturgie : Esther Ningelgen

.

.

duS Sel u N d Sch uS Sel 15 oKT 2015 dAS Ku NSTSeideN e mädch eN 23 oKT 2015 ouT ! — g eFANg eN im N eTz 18 Nov 2015

Regie:

.

iN dieN 25 Sep 2015

.

.

.

häNSel u N d g reTel 28 Nov 2015 emil u N d die deTeKTive 13 Feb 2016 TSchicK 11 märz 2016 dAS u rTeil 15 April 2016

.

.

Weitere Vorstellungen:

1. NAu m bu rg er Th e ATerSpA ziergANg 6 mAi 2016 ShAKeSpe AreS SämTl ich e werKe 3 j u Ni 2016

22. / 23. / 24. und 25. Juni 2015 um 19 Uhr

Theater RambaZamba Schönhauser Allee 36 - 39 (Kulturbrauerei) . 10435 Berlin 030.440 490 44 . info@theater-rambazamba.org www.theater-rambazamba.org

Intendant: Stefan Neugebauer Am Salztor 1 ⁄ 06618 Naumburg ⁄ Telefon 03445 – 27 34 79 Kartenbestellungen 03445 – 27 34 80 ⁄ Fax -81

www.TheATer-NAumburg.de


PREMIEREN 2015/2016 SCHAUSPIEL DIE LÄCHERLICHE FINSTERNIS Nach einem Hörspieltext von Wolfram Lotz Inszenierung: Alice Asper 12. September 2015 · E-Werk DIE DREIGROSCHENOPER Schauspiel von Bertolt Brecht Inszenierung: Peter Dehler 2. Oktober 2015 · Großes Haus KOMÖDIE IM E-WERK Schauspiel Inszenierung: Dirk Audehm 15. November 2015 · E-Werk SCHNEEWITTCHEN Schauspiel nach dem Märchen der Brüder Grimm 21. November 2015 · Großes Haus DIE NERVENSÄGE Komödie von Francis Veber Inszenierung: Peter Dehler 31. Dezember 2015 · Großes Haus

Klaut!

FAME Musical Inszenierung: Peter Dehler 18. Februar 2016 · Großes Haus

*

TANGO Schauspiel von Sławomir Mrożek Inszenierung: Ralph Reichel 18. März 2016 · Großes Haus ANDORRA Schauspiel von Max Frisch Inszenierung: Tilman Gersch 20. Mai 2016 · Großes Haus

KARTEN 0385/5300-123 · WWW.THEATER-SCHWERIN.DE

DEMUT VOR DEINEN TATEN BABY Schauspiel von Laura Neumann Inszenierung: Angelika Zacek 21. Mai 2016 · E-Werk SOMMERTHEATER STÜRMEND UNTER FREIEM HIMMEL Nach William Shakespeare Inszenierung: Ralph Reichel

*»Wir setzen auf Praxis, aufs Probieren und lassen uns überraschen, wohin uns die Lust am Klauen, Fingieren, Verändern führt. « Inszenierung: Ein Volksfeind

Darstellende Künste Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel www.bundesakademie.de

Anzeige TdZ Jahresbuch 2015.indd 1

12.05.2015 15:32:19


Deutsch-Sorbisches Volkstheater Bautzen

Premieren Spielzeit 2015/2016 11. und 12. September 2015

Burgtheater

SCHWANENSEE

nach dem berühmten Ballett von Peter Tschaikowsky, Puppentheater 15. September 2015

Burgtheater und unterwegs

ČMJEŁA HANA NAMAKA PŘEĆELA

Hummel Hana findet einen Freund von Mirko Brankatschk 2. Oktober 2015

großes Haus

DIE NERVENSÄGE 17. Oktober 2015

Burgtheater

NIC SO SMJEĆ ! LACHEN VERBOTEN

Komödie von Miro Gavran in obersorbischer Sprache 25. Oktober

premieren schauspiel 2015 / 2016

großes Haus

VÄTERCHEN FROST – ABENTEUER IM ZAUBERWALD

Das bekannte russische Märchen nacherzählt von Annette Reber 20. November 2015

großes Haus

MEIN VERMESSENES LAND von Jurij Koch

29. November 2015

Burgtheater

WINTERMÄRCHEN

leben GundlinGs

Puppentheater nach Hans Christian Andersen 21. Januar 2016

Burgtheater

Jugendtheater des Sorbischen Gymnasiums am DSVTh Sorbische Erstaufführung

CRUX ABO ZBÓŽNIK POD ŁOŽOM

der menschenfeind Molière | R: Carsten Knödler | 03.10.15

CRUX ODER DER HEILAND UNTERM BETT

von Hanka Jenčec in obersorbischer Sprache 5. Februar 2016

Burgtheater

TRÄUME WERDEN WIRKLICHKEIT – EIN DISNEYDRAMA

friedrich von preussen lessinGs schlaf Traum schrei

Müller | R: Silke Johanna Fischer | 24.10.15 onkel Wanja Tschechow | R: Carsten Knödler | 23.01.16

von Christian Lollike 26. Februar 2016

großes Haus

ANGERICHTET

Thriller von Herman Koch Für die Bühne bearbeitet von Lene Grösch 6. März 2016

Burgtheater

TISCHLEIN DECK DICH

Puppentheater nach dem Märchen der Brüder Grimm 12. März 2016

großes Haus

caliGula Camus | R: Robert Czechowski | 05.03.16 der besuch der alTen dame Dürrenmatt | R: Malte Kreutzfeldt | 23.04.16

JAKNI MUŽOJO! GANZE KERLE!

Komödie von Kerry Renard in obersorbischer Sprache 1. April 2016 Uraufführung

Drachhausen

ARBEITS-LOS ODER DU BIST DER HAUSMANN, SCHÄTZCHEN! von Gunter Antrak in niedersorbisch/wendischer Sprache 8. April 2016

Burgtheater

lenz. fesTunG. ich (ua) Eine Collage | R: Kathrin Brune | 08.10.15 die zofen Genet | R: Bogdan Koca | 30.10.15

SEI LIEB ZU MEINER FRAU! Komödie von René Heinersdorff 15. April 2016

großes Haus

SPIEL VON LIEBE UND ZUFALL

Vergnügliches doppeltes Verwirrspiel von Marivaux 24. April 2016

Burgtheater

MOMO

Puppentheater nach dem gleichnamigen Roman von Michael Ende 18. bis 22. Mai 2016

SÄCHSISCHES THEATERTREFFEN

Mit dabei sind Schauspieltheater aus Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen-Zwickau, Radebeul, Annaberg-Buchholz, Freiberg-Döbeln, Zittau und Bautzen 1. Juni 2016

Burgtheater

FERKEL, HUNČO UND PROSETKOR

Ein dreisprachiges Puppenspiel - obersorbisch / niedersorbisch / deutsch -

nach dem Kinderbuch „Zilli, Billi und Willi“ von Elizabeth Shaw 9. Juni 2016 21. Bautzener Theatersommer

DIE OLSENBANDE

Telefon: 03591/584-0 www.theater-bautzen.de

Hof der Ortenburg

clash of civilizaTions (ua) Ein Experiment | R: René Schmidt | 10.12.15 ich Wurde Geboren als ... (ua) Koca | R: Bogdan Koca | 22.01.16 sTella Goethe | R: Alexander Flache | 04.03.16 chemniTzer TheaTerpreis für junGe dramaTik (ua) R: Nina Mattenklotz | 22.04.16

Festung.Ich.

Komödie von Francis Veber Deutsch von Dieter Hallervorden

TickeTs 0371 4000430 TickeTs@TheaTer-chemniTz.de WWW.TheaTer-chemniTz.de


Ein Heft verpasst? • Sämtliche Ausgaben seit 1946 • Inhaltsverzeichnisse durchstöbern • Editorials lesen • Suchfunktion • Autorenporträts und Bibliographien • Portofreie Zustellung innerhalb Deutschlands • Vergriffene Ausgaben als PDF bestellen • Alles unter www.theaterderzeit.de/archiv

Buschkrieg: Castorfs „Baal“ vor Gericht / Die Unbeugsame: Die israelische Regisseurin Yael Ronen / Suchbilder: Kathrin Röggla über das Schreiben / Neue Alchemisten: Das Fajr-Festival in Teheran

Nach den Attentaten in Paris: Philippe Quesne, Etel Adnan, Maurice Taszman, Johannes Odenthal / Bierbichler über Aufklärung / Der ukrainische Regisseur Andriy Zholdak / 100 Jahre Volksbühne

Geschieht es? Essay Wolfgang Engler / Bautzen: Angriff auf die Vielfalt / Vermintes Gelände: Wermke/Leinkauf und das Zentrum für Politische Schönheit / Neustarts Celle und Tübingen

EUR 8 / CHF 10 / www.theaterderzeit.de

EUR 8 / CHF 10 / www.theaterderzeit.de

EUR 8 / CHF 10 / www.theaterderzeit.de

März 2015 • Heft Nr. 3

Februar 2015 • Heft Nr. 2

Die Bibliothek des Körpers M art in 31 Li – 2 nze 01 r 4

Der Tänzer-Choreograf Ismael Ivo

Feuer und Eis Theater im ostsibirischen Jakutsk

19

Fokus Tanz: Pina Bausch Ismael Ivo VA Wölfl

Januar 2015 • Heft Nr. 1

Die Schaustörer: Spiel und Widerstand / Menschenbilder: Florence von Gerkan / Das gute Leben: Harald Welzer / Kultur von unten: Die Theaterbesetzer in Italien / Neustarts: Leipzig und Chemnitz

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

November 2013 • Heft Nr. 11

Arbeit an der Gegenwelt: Künstlerinsert Hans-Jürgen Syberberg / Utopiedoping: Neustart Weimar / Büchner: Autopsie der Dramaturgie / Bulgarien: Üble Mächte / Was macht das Theater, Yoko Ono?

Gramsci in der Bronx: Ein Monument von Thomas Hirschhorn / Das Millionenspiel: Sachsen-Anhalt / Im Ideengewimmel: Der Festivalsommer 2013 / Künstlerinsert Horst Sagert / Bierbichler über Meese

Im freien Fall? Kulturabbau in Mecklenburg-Vorpommern / Lilienthals „X Wohnungen“ in Beirut / Zypern: Theater als Krisenwährung / Identität und Potenzialität: Essay von Juliane Rebentisch

Die Theaterrepublik: Eine Landvermessung von Bremerhaven bis Landshut / Alles neu macht der Mai: 20 Jahre Theater der Zeit / Verstrickung und Ablösung: Essay Wolfgang Engler / Ungarn: Eine Antwort

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

EUR 8 / CHF 15 / www.theaterderzeit.de

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Oktober 2013 • Heft Nr. 10

September 2013 • Heft Nr. 9

Juni 2013 • Heft Nr. 6

Mai 2013 • Heft Nr. 5

I’ll call thee Hamlet!: Booklet Woods Of Birnam / Theater und Pop: Schorsch Kamerun, Thomas Meinecke, Johan Simons / Von Take That bis Wagner: Künstlerinsert Es Devlin / Kein Theater: Essay Dirk Baecker

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

März 2013 • Heft Nr. 3

Kurz vor dem Kollaps? Theaterkrise in NRW / Money Money Money: Kolumne Hans-Thies Lehmann / Logistischer Wahnsinn: Künstlerinsert Florian Lösche / Christophs Erben: Ein Besuch in Burkina Faso

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Februar 2013 • Heft Nr. 2

Doppelspiel: Künstlerinsert Rebecca Riedel / Vom Cashflow zum Kunstflow: Theater und Wirtschaft / Auf der anderen Seite: Der Tänzerchoreograf Koffi Kôkô / Das Bleibende: Kolumne Josef Bierbichler

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Januar 2013 • Heft Nr. 1

Inklusive Bayreuth-Spezial & Tanz-Insert

Romeo Castellucci

Philipp Hochmair

Ein Mann, alle Rollen

Tanz-Insert SCORES

Christoph Hein und Ingo Schulze

Rasender Stillstand Fragen an die deutsche Wirklichkeit

SCORES

Zurück in die Zukunft

Aleksandar Denic

Über die Vermessung der Welt von morgen

Bühnen für Castorf in Berlin und Bayreuth

Realität des Absurden

Wölfin im Schafspelz

Die Schauspielerin Constanze Becker

Frontmann Hamlet

Der Dresdner Musiker-Schauspieler Christian Friedel

Übermaß und Aberwitz Der Schauspieler Bernd Grawert

Birgit Minichmayr

Ich bin es und bin es nicht


Bestellen Sie per Telefon +49 (0) 30.44 35 28 5-00 FAX +49 (0) 30.44 35 28 5-44 E-Mail vertrieb@theaterderzeit.de Post Theater der Zeit Winsstraße 72 D-10405 Berlin Online www.theaterderzeit.de

Der Kreuzzug: Theater in Polen / Dunkler Dialektiker: Ivan Panteleev / Neustarts Göttingen und Mainz / Horror und Idylle: Künstlerinsert Martin Eder / Zettelwirtschaft: Kolumne Josef Bierbichler

Das Oberhausener Theatermanifest / Neustarts Rostock und Wiesbaden / Theater aus der Zukunft: Hajusom / Ralph Hammerthaler trifft Karl Liebknecht / Was macht das Theater, Dries Verhoeven?

Explosionsmotoren: Essay Thomas Oberender + Festivals in Weimar und auf Kampnagel Hamburg / Künstlerinsert: David Baltzer / Desolate Kulturpolitik: Schwerin / Was macht das Theater, Neil LaBute?

Im Disneyland: Frie Leysens Festivalkritik / Der Löwe: Lars Eidinger über Gert Voss / Künstlerinsert: Bettina Meyer / Spielzeitbilanz: Bremen und Hannover / Bierbichler über Israel / Ausland: Kolumbien

Über die Dörfer: Die Landesbühnen in Dinslaken, Radebeul, Tübingen und Wilhelmshaven / Homestorys: Das Ballhaus Naunynstraße Berlin / Die Wirklichkeitsfabrik: Kunstinsert Ai Weiwei

Die Systemfrage: Rimini Protokoll / Volker Braun zum 75. / Polyphonie: „Front“ in Hamburg / Juri Andruchowytsch: Der Maidan-Komplex / Gipfeltreffen: Das 1. Schweizer Theatertreffen

Die Kraft der Selbstvergessenheit: Theater und Behinderung / Geteilte Einsamkeit: Alain Platel / Niedergetrampelt: Bierbichler über Edathy / Die Kunst des Verstummens: Klaus Maria Brandauer

Rastloser Läufer: Philip Seymour Hoffman / Neustarts: Hamburg und Bonn / Unidämmerung in Leipzig / Halle, Dessau, Eisleben: Wir sind angeschossen! / Auf Waljagd: Der Regisseur Matthias Thieme

Israel, Kuba, Polen: Heiner Müller in der Welt / Die Systemfrage: Barbara Mundel & Josef Mackert / Die Stunde der Vielen: Neustart Maxim Gorki Theater / Kostenfalle Tarifvertrag: Rostocker Signal

Der andere Blick: Porträts aus Graz, Bautzen und Mülheim a. d. Ruhr / Neustarts: Stuttgart und Zürich / Künstlerinsert: Die Christoph-Schlingensief-Retrospektive / Josef Bierbichler: Tot in Sankt Petersburg /

EUR 8 / CHF 10 / www.theaterderzeit.de

EUR 8 / CHF 10 / www.theaterderzeit.de

EUR 8 / CHF 15 / www.theaterderzeit.de

EUR 8 / CHF 15 / www.theaterderzeit.de

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Dezember 2014 • Heft Nr. 12

Jammer und Glorie Der Regisseur Krzysztof Warlikowski

Mensch oder Maschine: Künstlerinsert Kris Verdonck / Wir Wahnsinnigen: Neustarts in Bremen und Bern / Poetisch und wild: Der Regisseur Brett Bailey / Was macht das Theater, Dieter Dorn?

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Dezember 2012 • Heft Nr. 12

November 2014 • Heft Nr. 11

mit Gob Squad, Barbara Beyer, Dörte Schmidt, Matthias Rebstock, Michael von zur Mühlen, Christoph Ernst, Matthew Herbert – und Myon

System startet neu Über den Einbruch der Performance in die Oper

Oktober 2014 • Heft Nr. 10

Black facing Krisenseismograf: Yael Ronen über Theater in Israel / Der Schattenmann: Schauspieler Charly Hübner / Ruhrtriennale: „12 Rooms“ und Goebbels’ „Europeras“ / Kolumne: Josef Bierbichler über Pussy Riot

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Oktober 2012 • Heft Nr. 10

September 2014 • Heft Nr. 9

Juni 2014 • Heft Nr. 6

Mai 2014 • Heft Nr. 5

April 2014 • Heft Nr. 4

März 2014 • Heft Nr. 3

Februar 2014 • Heft Nr. 2

Inklusive Gotscheff’s Last Tape

This Girl

Mirco Kreibich

Die Schauspielerin Johanna Wokalek

Die Rückkehr des Politischen: Der Festivalsommer 2012 / Der Fall Wagner: Hans Jürgen Syberberg / Heiner Goebbels’ Ruhrtriennale / Künstlerinsert: dOCUMENTA (13) / Was macht das Theater, Peaches?

Theater der Zeit EUR 8 / CHF 15 / www.theaterderzeit.de

September 2012 • Heft Nr. 9

Brüchiger Zeitspieler

Arabische Apokalypse: Künstlerinsert von Etel Adnan / New York: Robert Lepage inszeniert den „Ring“/ Die Beleberin: Suse Wächter / Theaterreport: Steffen Mensching in Rudolstadt / Abschied: Ivan Nagel

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Juni 2012 • Heft Nr. 6

Für eine kurze, lange Minute Die Schauspielerin Valery Tscheplanowa

Gesamtkünstler am Werk – Kunstinsert Vegard Vinge und Ida Müller / Regisseur des Hyperrealismus – Alvis Hermanis im Porträt / Risse im staatlichen Gewaltmonopol – Wolfgang Engler im Gespräch

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Mai 2012 • Heft Nr. 5

Auftreten und leuchten Gisela Höhne und das Theater RambaZamba

Neue Dramatik – Wer schreibt die Stücke der Zukunft? / Mit altem Charme – Neustart Sophiensaele / Angriffe auf die Kunst – Rechtsruck in Ungarn und den Niederlanden / Annette Kurz – Künstlerinsert

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

April 2012 • Heft Nr. 4

Die Menschenbaustelle

Robert Wilson

Göttliche Monster

Bühnenexperimente am Bauhaus Dessau

Andrzej Stasiuk

Autor der Vergessenen Der Erste Weltkrieg und das Rumoren der Geschichte

Max Hopp – Schauspieler und Sänger / Etel Adnan und Darja Stocker – Im arabischen Winter / Leipzig und die Kunst / Hans-Thies Lehmann – Der neue Ernst im Theater / Joep van Lieshout – Künstlerinsert

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Januar 2014 • Heft Nr. 1

März 2012 • Heft Nr. 3

Dagmar Manzel – Die Übergängerin / Josef Bierbichler – Europas Weg in die Postdemokratie / Michail Ugarow – Politisches Theater in Russland / In Wahrheit leben – Zum Tod von Václav Havel

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Februar 2012 • Heft Nr. 2

Rechte Gewalt – Theatermacher nehmen Stellung / Schauspielerin des Bruchs – Julia Bartolome / Klassisch gebettet – Neustart Jena / In der Alchemistenstube – „Alles“ von Showcase Beat Le Mot

Theater der Zeit EUR 7 / CHF 14 / www.theaterderzeit.de

Januar 2012 • Heft Nr. 1

ng sive Zeituffen Inklu tertre zum Thea

Hundert Blicke

Archipel Moskau

Frie Leysen holt die Welt nach Berlin

Ein Theaterreport Titel_TDZ_10-2012_Proof.indd 3

20.09.12 15:20

Lars Eidinger

David Marton und Sebastian Baumgarten

Jürgen Schitthelm

Eine Frage der Haltung 50 Jahre Schaubühne Berlin

Nicolas Stemann und Florian Loycke / Das Helmi

Puppen entern das Schauspiel

Die andere Oper

Kulturinfarkt und Manifest der freien Szene Berlin Amelie Deuflhard, Niels Ewerbeck, Thomas Frank, Dieter Jaenicke, Matthias Lilienthal, Luk Perceval, Carena Schlewitt, Johan Simons, Kathrin Tiedemann, Annemie Vanackere, Franziska Werner u. v. a.

Abschied Thomas Langhoff

Expeditionen in die Zukunft des Musiktheaters

Thomas Ostermeier

Die Masken der Macht Theater in Zeiten politischen Protests – „Fräulein Julie“ in Moskau

Kunst und Klima

Künstler, rettet die Welt! Positionen von Tomás Saraceno, Anna Mendelssohn, Friedrich von Borries, Tobias Rausch


IMPRESSUM

IMPRINT

Setting the Stage Vol. 2 Arbeitsbuch 2015 Herausgegeben von Edited by Mirka Döring und Ute Müller-Tischler © 2015 Theater der Zeit Mailing address Redaktionsanschrift Theater der Zeit, Winsstraße 72, 10405 Berlin, Germany Tel +49 (0)30 4435285-00 / Fax +49 (0)30 4435285-44 Management Geschäftsführung Harald Müller Tel +49 (0)30 4435285-20, h.mueller@theaterderzeit.de Paul Tischler Tel +49 (0)30 4435285-21, p.tischler@theaterderzeit.de Editorial department Redaktion Dorte Lena Eilers (CvD) Tel +49 (0)30 4435285-17, Mirka Döring Tel +49 (0)30 4435285-18, redaktion@theaterderzeit.de Collaboration Mitarbeit Jana Fröbel (Korrektur Proof reading), Jessica Hendrischke (Auszubildende Trainee), Lindsay Jane-Munro, James J. Conway (Übersetzung Translation), Layout Gestaltung Gudrun Hommers und die Herausgeberinnen Bildbearbeitung Bild1Druck Druck

Picture editing

Print: CPI books GmbH, Ulm, Germany

Volume 70; Nr. 7/8 2015; 70. Jahrgang ISBN 978-3-95749-041-4 ISBN 978-3-95749-183-1 (ePDF) Editorial deadline: 22. April 2015 Redaktionsschluss Ad sales Tel +49 (0)30 4435285-20 Anzeigenberatung www.theaterderzeit.de/media

Folgen Sie Theater der Zeit auf Twitter und Facebook Follow Theater der Zeit on Twitter and Facebook: www.twitter.com/theaterderzeit www.facebook.com/theaterderzeit Alle Rechte bei den Autoren und der Redaktion. Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Für un­ aufgefordert eingesandte Bücher, Fotos und Manuskripte übernimmt die Redaktion keine Haftung. Bei Nichtlieferung infolge höherer Gewalt oder infolge von Störungen des Arbeitsfriedens bestehen keine Ansprüche gegen die Her­ ausgeber. ¶ Der Verlag hat sich intensiv darum bemüht, alle Rechte­inhaber zu ermitteln. Sollten Rechteinhaber un­ berücksichtigt geblieben sein, bitten wir diese, sich mit dem All rights are reserved Verlag in Verbindung zu setzen. by the authors and editorial office. Reprinting in whole or in part is only permitted with the written consent of the edito­rial office. The editorial office assumes no liability for unsoli­ cited manuscripts, books and photos. If there are delays in delivery and in performance due to force majeure and other unpredictable events, there no liability claims against the editor/author. ¶ Every effort has been made to contact the copyright holders. Any copyright holder we have been unable to reach or to whom inaccurate ­acknowledgment has been made are invited to contact the publisher.

Seite 14, Katrin Brack: Auszug aus: Katrin Brack: „Bühnenbild / Stages.“ Seite 24, Aleksandar Denić: Theater der Zeit, Berlin 2010. aktua­­li­siertes Interview, Erstveröffentlichung in TdZ 06/2013. Seite 34, Barbara Ehnes: gekürzte Version der Erstveröffentlichung in TdZ Seite 44, Christoph Ernst: aktualisiertes Interview, 11/2012. Seite 64, Stefan Hageneier: Erstveröffentlichung in TdZ 11/2014. gekürzte Version der Erstveröffentlichung in TdZ 04/2013. Seite 94, Annette Kurz: aktualisiertes Interview , Erstveröffentlichung Seite 114, Mark Lammert: Erstveröffentlichung in TdZ 04/2012. Seite 134, Bettina Meyer: gekürzte Version der in tip 09/2014. Seite 154, Jan Pappelbaum: Erstveröffentlichung in TdZ 09/2014. gekürzte Version der Erstveröffentlichung in TdZ 04/2015. Seite 164, Kris Verdonck: gekürzte Version der Erstveröffentlichung in TdZ 12/2012. Die Interviews mit Mona el Gammal/Signa Köstler, Muriel Gerstner, Katja Haß, Stéphane Laimé, Florian Lösche und Bert Neumann sind Originalbeiträge.

Subscriptions Abonnements Tel +49 (0)30 4435285-12, per Fax +49 (0)30 4435285-44 abo-vertrieb@theaterderzeit.de Unit price EUR 24,50 Einzelpreis Jahresabonnement Annual Subscription Germany EUR 70,00 (digital), EUR 80,00 (print), EUR 90,00 (digital + print) Outside Germany EUR 70,00 (digital), EUR 105,00 (print), EUR 115,00 (digital + print) Reduced annual Jahresabonnement ermäßigt subscription Germany EUR 64,00 (print), 74,00 (digital + print) Outside Germany EUR 89,00 (print), 99,00 (digital + print) Trial subscription Probeabonnement (3 Ausgaben / 3 issues) Germany EUR 16,00 Outside Germany EUR 26,00 www.theaterderzeit.de

18. – 26. September 2015 Internationales Festival für Performancekunst & Vernetzung Mannheim / www.wunderderpraerie.de


WIESO DURFEN DIE UND WIR NICHT Schauspiel Leipzig

SPIEL ZEIT 2015 / 2016 ELFRIEDE JELINEK — DIE SCHUTZBEFOHLENEN A B 2 .1 0 .1 5


DIE MIT SCHWACHEN NERVEN MOGEN DEN SAAL VERLASSEN. Das neue Programm finden Sie unter www.schauspielhaus-graz.com


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.