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Bericht Vorhang runter, Zelt weg

Das Theater in Greifswald

Theater Vorpommern Vorhang runter, Zelt weg

Wie man in Greifswald mit einer Renovierung die totale Theaterentwöhnung riskiert

Von Juliane Voigt Am 6. Juni 2022 hatten die Greifswalder die letzte Vorstellung in ihrem Theater. Noch einmal war das gesamte Schauspiel auf der Bühne, ein Ensemblestück, ein Bühnenabschied, ein Abschied von 100 Jahren Theaterluft und Theatergeschichten mit Auszugsparty auf der Bühne und hinter den Kulissen. Aber auch ein Abschied von schimmligen Duschen, unregulierbaren Heizungssystemen, hausinternen Regenteichen und einigen Absurditäten wie dem berühmten Kantinen-Abflussrohr, das seit den sechziger Jahren an der oberen Bühnenkante verläuft. Nach mehr als 100 Jahren sollte das Theater zum ersten Mal für längere Zeit geschlossen werden. Die Techniker schraubten aus alter Liebe zu den Dingen Teile der Bühnenbeleuchtung ab, aber die Lichter im Theater waren damit noch lange nicht gelöscht. Trotz jahrelanger Planung wusste weder das Theater noch die Stadtverwaltung, wohin mit den Umzugskisten und dem Mobiliar und den Theaterleuten. Für „mindestens drei Jahre, möglicherweise vier, wahrscheinlich fünf, realistisch sechs Jahre“, scherzte Intendant Ralf Dörnen noch über den ambitionierten Zeitplan. Obwohl die Stadt da noch drängelte. Die Decke des Zuschauerraums sollte unverzüglich denkmalpflegerisch untersucht werden. Flugs sollten die Sitzreihen entfernt, ein Gerüst aufgestellt werden. Denkmalpfleger hat weit und breit niemand gesehen. Das Theater wird nach wie vor für einige Gewerke beheizt. An diesem letzten Abend hieß es auch noch einmal von o izieller Seite der Stadt, dass ein Theaterzelt am Museumshafen als Interimsspielstätte für die Greifswalder errichtet wird. Nur nicht wie ursprünglich geplant gleich, auch nicht, wie verschoben, im Januar 2023, sondern leider erst im Oktober. Mehr als ein Jahr sollte Greifswald kein Theater haben. Das hatte die Theaterleitung zähneknirschend in Kauf genommen. Und nach leerstehenden Autohäusern und Supermärkten gesucht. Das Ballett immerhin hat eine alte Turnhalle zum Ballettsaal umfunktioniert. Fast hätte es gar kein Theater gegeben in Greifswald.

Es muss schon damals einiges schiefgelaufen sein, 1914. Die gerade erö nete Stadthalle reichte sehr schnell nicht mehr, denn für Theaterau ührungen brauchte es ja schon seit 1881 deutschlandweit einen eisernen Vorhang. Also wurde ein Theater angebaut und 1915 erö net. Die neoklassizistische Schaufassade, die man von der Stadt aus sieht, gehört zum Theatercafé. Die damals wenig elegante Lösung ist jetzt von Vorteil, denn beim Italiener brummt es und keiner merkt, dass es dahinter dunkel ist.

Begründet wurde die Theaterzeltabsage im November mit explodierenden Heizkosten und unberechenbaren Baukosten. Zugegeben, kein vernünftiger Mensch kann sich gerade einen ökologischen und ökonomischen Irrsinn wie ein undämmbares Theaterzelt wünschen. In vergleichbaren Städten liegen die Energiekosten bei mehreren hunderttausend Euro. Die Sache ist aber die, dass die Bürgerschaft noch im Juni mit Blick auf die Energiekrise diese Ersatzspielstätte erneut als Interimslösung beschlossen hatte. Der Spielplan 2023/24 ist hinfällig. Als Ersatzspielstätte käme noch der Kaisersaal in der Stadthalle infrage, ohne eisernen Vorhang, Dieser Saal aber ist durch die Stadt verplant. Die Theatersanierung wird sicherlich mehr kosten als die angesetzten 50 Millionen Euro. Aber die Planungen der Stadt haben bis jetzt keine Lösung, was, abgesehen von kleinen Ersatzorten, nun passieren soll. Greifswald wird in den kommenden Jahren keine großen Produktionen des VierSparten-Hauses Theater Vorpommern – im Verbund mit Stralsund – erleben. Das ließe auch der Kaisersaal nicht zu. Außerdem steht nach den Vorarbeiten am Hafen noch eine deftige Konventionalstrafe an die Zeltbaufirma ins Haus. Der Intendant befürchtet eine radikale Theaterentwöhnung. T

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