Expertise zu Wissenschaft Die
ORF-Experten-/Expertinnengespräche
sind
–
als
Ergänzung
zu
den
ORF-Publikumsgesprächen
–
ein
Element
des
ORF-
Qualitätssicherungssystems. Stehen in den Publikumsgesprächen die Meinungen und die Reflexion von Zuseherinnen und Zuhörern, Zuhörerinnen und Zuhörern, Mediennutzerinnen und -nutzern im Mittelpunkt, werden in den Experten-/Expertinnengesprächen Fachleute in den einzelnen Bereichen und Genres befragt und in einen aktiven Diskussionsprozess mit ORF-Sendungsverantwortlichen einbezogen. Das Experten/Expertinnengespräch zum Thema „Wissenschaft und öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ fand am 2. Dezember 2011 im ORF-Zentrum statt und führte zu folgenden Empfehlungen und Anregungen:
Wissenschaft soll allen vermittelt werden Die Vermittlung komplexer Zusammenhänge erfordert kompetenten Journalismus, der zu verschiedenen Zielpublika angemessenen Vermittlungsformen imstande ist. Dabei sollen einerseits die Forschungsergebnisse der österreichischen Universitäten der Bevölkerung nahegebracht werden, andererseits soll auch das Bewusstsein für die Leistungen der heimischen Universitäten auf dem Gebiet der Forschung und den damit zusammenhängenden Gelderfordernissen vermittelt werden. Besonders Augenmerk soll dabei auch auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendliche gelegt werden, deren Interesse für Wissenschaft schon so früh wie möglich geweckt werden soll.
Wissenschaft soll vielfältig im Programm dargestellt sein Die Einengung der Wissensvermittlung auf einige wenige Felder, wie sie kommerziellen Medien aus geschäftlichen Gründen angezeigt sein mag, darf für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht Maß sein. Vielmehr ist der Diskurs in allen Feldern der Wissenschaft relevant; Naturwissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften, die Vermittlung von Geschichte, Mathematik, Technik etc., etc. sind dabei nicht 1 GD-PVK 12-05-09
gleichrangig im Sinne von Quantität (etwa: Sendezeit) oder Qualität (etwa: gleichförmige Programme) wahrzunehmen, sondern ebenbürtig in ihrer Bedeutung und heterogen in Bezug auf ihre Wahrnehmung, die jedenfalls nach journalistischen Kriterien zu erfolgen hat, zu betrachten.
Wissenschaft braucht eigene Formate und soll nicht auf diese beschränkt werden Die ORF-Programme sollen einerseits eigene Informationsformate zu Themen der Wissenschaft anbieten, Vermittlung von Wissenschaft soll aber auch in anderen Genres geschehen. So sind neben Dokumentationsformaten auch Unterhaltungsformate, Comedyprogramme und/oder Filme und Serien dazu geeignet, zu Neugier und Wissenserwerb anzuregen.
Wissenschaftsvermittlung braucht Internationalität Die ORF-Wissenschaftsberichterstattung darf sich nicht auf regionale oder nationale Geschehnisse reduzieren. Gerade für das vielschichtige Themenfeld der Wissenschaft ist es wichtig, den Blick über die eigenen Grenzen hinaus zu richten und Europäisches, Internationales zu vermitteln.
Diversität soll öffentlich-rechtliches Prinzip sein Der ORF soll in all seinen Aktivitäten, jedenfalls jenen zu Wissenschaft, Service, Lebenshilfe und Konsumenten-/Konsumentinnenschutz, alle Bevölkerungsgruppen berücksichtigen; insbesondere sollen Aspekte der Geschlechtergerechtigkeit und Diversität, etwa im Hinblick auf Studiogäste, Interviewpartner/innen etc. beachtet werden.
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ORF-Berichterstattung soll die Möglichkeiten der Cross-Medialität nutzen Jedes Medium (TV, HF, neue Medien) hat spezifische Erfordernisse und Möglichkeiten, die öffentlich-rechtlich genutzt werden sollen. Dabei gilt es, Themen auch crossmedial zu vermitteln und damit mehr Menschen auf unterschiedlichen Kanälen zu erreichen. Ein probates Mittel dafür sind Themenschwerpunkte.
Die Onlineaktivitäten des ORF sollen ausgeweitet werden Die Distribution öffentlich-rechtlicher Programminhalte sollte technisch so wenig wie möglich begrenzt sein. Insbesondere im Hinblick auf junges Publikum sowie Möglichkeiten der Interaktivität ist es unerlässlich, neue Medien zu nutzen und als Plattform zur demokratiepolitischen Partizipation der österreichischen Bevölkerung zu fungieren.
Innovation und Nachhaltigkeit sollen wesentliche Querschnittsmaterien sein Der ORF soll Innovation und kreatives Interesse in seinen und durch seine Programme fördern. Dies ist allerdings nicht mit naiver Technikfreude zu verwechseln – vielmehr gilt es, die Prinzipien der Nachhaltigkeit einzubeziehen.
Kompetente Wissenschaftsberichterstattung erfordert intensiven Kontakt zur Wissenschaft Der Kontakt zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und Redakteurinnen und Redakteuren soll intensiviert werden, insbesondere der Diskurs jenseits des (Arbeits-)Alltags ist ein wichtiges Mittel zur Förderung der Qualität.
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Am Experten-/Expertinnengespräch nahmen (ggf. durch vorher erfolgte Interviews) folgende Expertinnen und Experten teil: VK Dr. Erhard Busek, FH-Prof. Dr. Reinhard Christl, Univ.-Prof. Dr. Helmut Denk, DI Dr. Ludovit Garzik, Dr.in Sonja Hammerschmid, Ao. Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell, Univ.-Prof. DI Dr. h. c. Dr. Bernhard Hofmann-Wellenhof, Univ.-Prof. i. R. Dr. Gerhard Jagschitz, Univ.-Prof. Dr. Christoph Kratky, Univ.-Prof.in Dr.in Helga Kromp-Kolb, Univ.-Prof.in Dr.in Ingrid Paus-Hasebrink, Univ.-Prof.in Dr.in Sonja Puntscher-Riekmann, Dr.in Dagmar Schratter, Univ.Prof.in DI Dr.in Sabine Seidler und Univ.-Prof. Dr. Rudolf Taschner.
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