75 Jahre Kosakentragödie

Page 1

~ 1 ~ «Der KOSAKEN-BOTE» № 15 /
Zum 75. Gedenkjahr an die Kosakentragödie
September 2020 Russisch-orthodoxe Kirchengemeinde Lienz Nachrichten des Kosakenmuseums und Dokumentationszentrums Lienz DENKE AN LIENZ

«Der KOSAKEN-BOTE»

Nr. 15 / September 2020 (erscheint halbjährlich) Zielsetzung: wissenschaftlich-museale Erinnerung an die Kosakentzragödie vom 1. Juni 1945

Herausgeber

«FördervereindesKosakenmuseumsLienz» Erzpriester Dr. Georg Kobro, Obmann

Sekretariat

Frau Erika Pätzold 2. Obfrau, Tel + 43 (0)4852- 644 75 Layout/Homepage: Herr Pavel Khudjakov www.kobro-kosakenmuseum-lienz.at Historischer Verweis im Internet: Bild von Sergej Korolkoff «Auslieferung der Kosaken in Lienz am 1.6.1945»

Anfragen (Besuch, Führungen) an Sekretariat

Spendenkonto

Museums-Bankverbindung in Österreich

IBAN AT12 4073 0130 1000 0998

BIC OVLIAT21XXX Bank DolomitenBank Osttirol, Lienz Empfänger Förderverein Kosakenmuseum

Für hl. Anastasia-Waldkapelle und gute Werke

IBAN DE 79 7001 0080 0259 61148 08

BIC PBNKDEFFXXX Bank Postbank München Empfänger Dr. Georg Kobro Verwendungsz.: Spende für hl. Anastasia-Waldkapelle

Allen Freunden und Spendern ein herzliches Vergelt's Gott! Ohne Ihre großzügige Unterstützung könnte unser Kosakenmuseum nicht existieren. Bitte helft uns auch weiterhin. Unser Herrgott behüte Euch.

~ 2 ~

DieKosakenstellteneineneinmaligenrussischenMenschenschlagdar. Alexander Solzhenitsyn: „Archipel GULag“ (1980)

Wir Kosaken sind Russen. Darauf sind wir stolz und wir möchten unserer Heimat zu einer Wiedergeburt verhelfen. General Pjotr Nik. Krasnow, 1944

Nun kämpfen wir, die Russischen Kosaken, überall gegen die Pest des Welt-Kommunismus ... Aufruf des Generalstabs des „Kosaken-Stan“ in Oberitalien 1944-1945 an die italienische Bevölkerung.

Aufrichtig freue ich mich, daß die Kosaken-Einheiten nun unter Ihrem Kommando stehen. Stolz darf ich Ihnen berichten: Die Kosaken sind treue Patrioten ihrer russischen Heimat!

General Helmuth von Pannwitz, Brief an General A.Wlassow vom 30. April 1945

What are Cossacks? Cossacks are those Russians, who have fought as the first against the infernal evil of Bolshevism. Eingabe-Petition, Russisches Kosakenlager Kellerberg/Villach (Kärnten 1945)

„Er kam im Ort Saporoschje zur Welt, am linken Dnjepr-Ufer gelegen, dort, wo mitten im Fluss die Insel Hortiza liegt. In früheren Zeiten war hier der KosakenStandort „Saporoger Setsch“, - ein Symbol der Kosakischen Freiheitsliebe und Kühnheit, ein Symbol der Verteidigung der russischen Randgebiete und Grenzmarken (U-kraina = russ. „am Rande gelegene Grenzmark“- Anm. GK). Dort, in „Russia Minor“ (lat. für „Klein-Russland“) lag der Mittelpunkt der ständigen, unentwegtenVerteidigung der russischenHeimat , einer Bereitschaft, welche das Kosakenleben bestimmte. Das hochmütig-törichte Bestreben, die Ukraine vonRusslandabzutrennen, tat ihm weh. Innig liebte er seine melodische ukrainische Sprache und das ukrainische Land, unterstrich aber immer wieder: „Wir Ukrainer sind ja eigentlich die echten Russen, denn die ganze historische Entwicklung hatte ja von Kiew ihren Lauf genommen!“

Nachruf auf den gebürtigen Kosaken Valentin M. Tkatschewskij in der Zeitschrift „Otrada“ („Genuß“), Mai 1993, Spring Valley/New York, USA

Er war ein Kosak und gleichzeitig ein überzeugter Russe. Nachruf auf Oberst Georgij Mitrofan. Moiseew, + 2013, Kanada

~ 3 ~

Wir sollten die Erinnerung an die großen Söhne unserer Heimat sorgsam bewahren,anjene,dieihrLeben,ihreGesundheit,allihreKräfteundZeit zum Schutze des Vaterlandes einsetzten. Auch heute gibt es wieder Menschen, welche ihr Leben für den Schutz der Heimateinsetzen,unterihnengebührtdenKosakeneinganzbesondererPlatz. DieKosakenkanntenkeinezeitlichbegrenzteWehrpflicht,mitderWaffeinder Hand dienten sie ihrer Heimat ihr Leben lang und hüteten deren Grenzen.

Zitat des russischen Patriarchen Kyrill

STICHWORT: KOSAKEN

Die Kosakentragödie vom Mai-Juni 1945 ist aus der österreichischen Geschichte, vor allem aus der Regionalgeschichte der drei Bundesländer – Osttirol, Kärnten und der Steiermark –nicht mehr wegzudenken.

Mit den Kosaken und russischen Zivilflüchtlingen kam 1945 auch ein Stück traditionelles Russland nach Österreich: nicht der totalitäre, menschenverachtende Kommunismus der Roten Armee als Besatzungsmacht in Niederösterreich bis zum Staatsvertrag von 1955, – sondern traditionsverbundene Menschen, tiefgläubige Christen, entschlossene russische Freiheitskämpfer, entwurzelt, aber nach wie vor heimatverbunden, die ihre tausendjährige russisch-orthodoxe Kulturtraditionen, dem blutigen Totalitarismus in ihrer Heimat notgedrungen weichend, im Herzen nach Österreich und Deutschland mitbrachten.

Bekanntlich waren die Kosaken bis 1917 ein Berufsstand von stolzen, freien russischen Wehrbauern und Soldaten, vor allem die Elite-Reiterei.

Leider bleibt das „Nie wieder“ bis heute ein frommer Wunsch unserer Sonntagspredigten. Viel Böses geschieht nach wie vor in der Welt, in rücksichtslos-brutaler Ausprägung, aber auch auf subtile Art und Weise. Leidenschaftenwie Machthunger, Geldgier, Geltungssucht, Größenwahnwerden auf dem Rücken des kleinen Mannes/Frau „Otto-Normalverbraucher“ ausgetragen...

TragischesBeispiel:Lenin,TrotzkiundStalinführten gegendasrussischeVolkund seinen Kosaken-Stand einen kompromißlosen Vernichtungs-Terrorkampf. Hierzu ein Trotzki-Zitat: „Die Kosaken stellen den einzigen Teil der russischen Nation dar, welcher fähig ist, seinen Widerstand selbst zu organisieren. Aus diesem Grunde müssen sie restlos ausgerottet werden“.

Zirkularschrift „Über die Ent-Kosakisierung“ vom 24.01.1919

~ 4 ~
* * * * * * * * *

1,5 Mio russischer „HiWi's“, die hoffnungsvoll auf Seiten der Wehrmacht kämpften, wurden von Hitler bzw. seinen verblendeten Nazi-Handlangern verbrecherisch mißbraucht und an Kriegsschauplätzen, die mit einer Befreiung Russlands nicht das Geringste zu tun hatten, verheizt. Ihre Motive schrieben die jetzt instrumentalisierten, verzweifelten russischen Kosaken auf Plakate wie dieser Aufruf in serbo-kroatischer Sprache: „Wollt auch ihr diesen Weg gehen? Das waren wir: Bauern auf der eigenen Heimatscholle. Glückliche Menschen in einem reichen Land. Verteidiger des russischen Volkes an der Grenze zur feindlichen Steppe. Der Bolschewismus raubte uns unsere Freiheit, unser Hab und Gut, Haus und Hof, unsere Religion, unsere Zukunft. Hättet ihr – so wie wir – zwanzig Jahre lang diesen blutigen WegvonTränenundSklavereigehenmüssen,dannwäretsicherlichauchihrzu antschlossenen Kämpfern gegen den Bolschewismus geworden!“

Nichtmindervertrauensseligergabensichdierussischen„HiWis“ – Kosakenund Wlassow-Soldaten – dann im Mai 1945 den Alliierten (Briten und Amerikanern), in der trügerischen Hoffnung, man würde ihre Motive verstehen und ihnen helfen. Indes: das eiskalte Kalkül der westlich-kapitalistischen KleinkrämerGeschäftemacher („business as usual“) war dem vertrauensseliggefühlsgeleiteten Russen damals, 1945, noch nicht bekannt. Heute schon. Und das zur Genüge.

Fazit:ZwischenDeutschen,ÖsterreichernundRussenhatteseitJahrhunderten eine Symbiose, eine Seelenverwandtschaft bestanden. Lasst uns diese Bande der gegenseitigen Wertschätzung heute in unserer krisengeschüttelten und vielleicht – hoffentlich – ein wenig geläuterten Welt weiter stärken und ausbauen!

Ein Emigrantenspruch der russischen Welt-Diaspora (ab 1945) lautet: «Мы все вышли из Лиенца» – „Wir kommen alle aus Lienz!“ = sinngemäß: „Wir alle entstammen dem, was in Lienz geschehen ist“.

Für Russland gilt heute wieder die römische Weisheit: „Si vis pacem – para bellum“. Seit 1991 erlebt der erstaunte Beobachter die Wiedergeburt Russlands und seines Kosakentums als eines identitäts-stiftenden russischen Heldenmythos. Heute stellen die neuen Kosakenvereine undverbände in Russland heimatverbundene, ausgesprochen wertekonservative russische Vereine dar, von Kirche und Staat zwecks Gesundung und Stärkung der Gesellschaft gefördert. Allerdings existieren daneben auch kleine oppositionelle regimekritische Splittergruppen, höchstwahrscheinlich vom Pentagon bzw. vom US-Geheimdienst CIA zwecks Spaltung von Land und Gesellschaft gesponsort. Auch hierfür prägten die Römer einen Spruch: „Divide et impera“!.

~ 5 ~

Spittal an der Drau, 28. Mai 2020 Kärntner gedenken an die heimtückische Auslieferung von 2.500 antikommunistischen Kosaken-Offizieren durch die Briten an die Sowjets

Am Donnerstag, 28. Mai 2020 fand um 15.00 h auf dem städtischen Friedhof in Spittal eine Kranzniederlegung zum Gedenken an die ca. 2.500 Kosakenoffiziere der zur Deutschen Wehrmacht gehörigen, 1944-1945 in Oberitalien angesiedelten russischen „Kosakenkolonie Kasatschij Stan“ statt, welche hier an jenem Tag von den Briten, zunächst unter falschen Versprechungen und Vortäuschung der Teilnahme an einer Pseudo-„Konferenz“ brutal zusammengeschlagen und, auf Lkw's verladen, nach Judenburg transportiert wurden, wo sie – wiederum unter Gewaltanwendung – an ihre ärgsten Feinde, die sowjetischen Spezialeinheiten NKWD, in den Tod ausgeliefert wurden. Das Ganze erfolgte in Erfüllung der von den Alliierten Westmächten (Churchill und Roosevelt) an Stalin gemachten Zugeständnisse (Jalta/Krim, Februar 1945). Die am Vorabend, 27. Mai 1945, in ein Kriegsgefangenenlager auf das Gelände der Spittaler Türk-Kaserne antransportierten Männer erfuhren erst hier von der britischen List und der Absicht, sie auszuliefern. Die Nacht verging furchtbar, in Panik. Die verzweifelten Kosaken protestierten, schrieben Petitionen/Aufrufe an das britische Königshaus, an den Papst, an das Internationale Rote Kreuz – alles umsonst. Mehr als 20 Personen begingen Selbstmord, darunter der namhafte russische EmigrantenSchriftsteller und Publizist Ewgeni (Eugen) Tarusskij. Am frühen Morgen des 28. Mai hakten sich die zu einer letzten Andacht angetretenen Männer ein, knieten nieder und sangen Gebete. Die Briten schlugen erbarmungslos auf sie ein und verluden die blutenden, geschundenen Körper in ihre Transportmittel. Die Gedenkfeier erfolgte auf Veranlassung mehrerer Privatpersonen, zum Teil pensionierter Angehöriger des Bundesheeres sowie des Wissenschaftlers Prof. Dr. Karl Anderwald, dem wir zu besonderem Dank verpflichtet sind. Unser Kosakenmuseum und die Lienzer russische Gemeinde waren durch das Ehepaar Kostner vertreten. Frau Elena Kostner verlas Gebete aus dem orthodoxen Requiem. Enttäuscht sindwirallerdings vonder nichts-sagendenInschrift auf den beidenKranzschleifen:„ZumGedenkenandieTragödieinderTürk-Kaserneam28. Mai 1945“. Ohne Erwähnung des Wortes „Kosaken“! Soviel ängstliche Rücksichtnahme bzw. „political correctness“ stellt aus unserer Sicht eine Beleidigung des Andenkens an die Opfer dieses tragischen Tages dar. Der Brite pflegt in solchen Fällen zu sagen: „We are not amused“. Immerhin: Die Presseberichte nannten die Kosakentragödie in aller Deutlichkeit beim Namen. Fazit: eine beachtliche Leistung der Initiatoren, welchen wir an dieser Stelle sehr herzlich danken möchten.

~ 6 ~ UNSERE NEUIGKEITEN

Am 1. Juni dieses Jahres 2020 jährte sich zum 75. Mal das apokalyptische Auslieferungsdrama der 40.000 Kosaken in Lienz und im Drau-Talboden, ferner in Spittal, im Großraum Klagenfurt (weitere 30.000) sowie in Judenburg. Einzelheiten dieses furchtbaren Geschehens sind eingehend beschrieben in der fundierten, auf neuesten Forschungen beruhenden Untersuchung von Dr. Georg Kobro „Kosaken in Lienz. Aufarbeitung eines ungesühnten Traumas“, ferner in seinem „Wanderführer“ (vgl. Hinweise am Ende dieses Boten), sowie in Werken anderer Fachleute (Elena Shipulin: „Kosaken-Golgotha“, Josef Mackiewicz: „Kontra“,W.Naumenko:„DerGroßeVerrat“,NikolajTolstoj:„DieOpfervonJalta“ u.a.m.).

Für dieses Jahr plante unser Lienzer Kosakenmuseum und die russische Kirchengemeinde Lienz eine groß angelegte Gedenk-Veranstaltung mit Teilnnahme zahlreicher namhafter Ehrengäste. Aber es hat sich wieder einmal die Volksweisheit bewahrheitet „der Mensch denkt – und Gott lenkt“ bzw. „der Mensch dachte – und Gott lachte!“. Wegen der „Corona-Pandemie“ wurden Österreichs Grenzen für nahezu drei Monate, bis zum 15. Juni, dichtgemacht und alle größeren Veranstaltungen untersagt. Indes schaffte es Erzpriester Georg Kobro, – eine erlaubte Erleichterung nutzend, zum 30. Mai von Bayern nach Lienz einrzueisen. Hier fand dann – in bescheidenem Rahmen, aber dennoch würdig – die Gedenkfeier am Kosakenfriedhof gottlob tatsächlich auch statt.

Der „Kosakenbote“ möchte sie nun kurz beschreiben: Gemäß unserer Tradition trafen wir uns am 1. Juni d.J. wie immer um 10 Uhr in Tristach am Denkmal für General Helmuth von Pannwitz und seine 32.000 Kosaken des XV. Kosaken-Kavallerie-Korps. Wir stellten ein großformatiges eingerahmtes Photo von General v.Pannwitz sowie die Ikone „Neumärtyrer Russlands“ am Denkmal auf, mit der russischen Trikolore geschmückt, da dies das Erkennungszeichen der antibolschewistischen „Russischen Befreiungsarmee ROA“ General A.Wlassows war, welcher sich die Kosaken Ende 1944 angeschlossen hatten. Wie die Kosaken nahmen auch die „ROA“ undihr Anführer General A.Wlassow eintragisches Ende,

~ 7 ~
LIENZ 2020: 75 Jahre Kosakentragödie. Gedenkfeier

von Amerikanern in Bayern an die Sowjets ausgeliefert (hierzu vgl. W. StrikStrikfeldt: „Gegen Hitler und Stalin“). Nach der Andacht sprach Pfarrer Hans Hecht, dersichandieserFeierseitvielenJahrzehntenbeteiligt,besinnlicheWorte. Anschließend ging unsere Gruppe über den hölzernen Drau-Steg zum Kosakenfriedhof in der Peggetz. Hier waren wir bereits erheblich zahlreicher: insgesamtgutvierzig Personen,darunter MitgliederunsererrussischenKosakenKirchengemeinde aus Lienz, Spittal und Klagenfurt, ferner etliche Mitglieder des Kosakenmuseums-Vereins, die neue evangelische Pfarrerin von Lienz Frau Franziska Förster sowie nicht wenige Einheimische. Unser Erzpriester Vt. Georgij war flankiert von Herrn Kirill Massalygin, russ.-orthodoxer Mesner aus Klagenfurt,sowievondessenSohnDaniel,beideingoldenemMinistrantenornat. Während der Vater dem Priester mit Singen und Lesen half, stand Daniel als Ehrenwache mit einem Silbertablett, auf welchem eine KubankaKosakenpelzmütze sowie ein kaukasischer Kosaken-Dolch lagen, beide Gegenstände zur ehrenden Erinnerung an den Untergang der Kosaken. Die Andacht begann in der russischen Kapelle, von der ehrenamtlichen „guten Seele des Kosakenfriedhofs“, Frau Erika Pätzold, bereitwillig aufgeschlossen.

Im gleichen Atemzug gedachten Vt. Georgij seines Freundes und die Anwesenden ihres geliebten Vladyka Agapit (Goratschek), russisch-orthodoxer Erzbischof von Stuttgart und Vikar der Deutschen Diözese, welcher nach langer Krankheit am 28. Mai verstorben war und zeitgleich mit unserer Kosakengedenkfeier in Wiesbaden beigesetzt wurde.

ImAnschlussandiePanichida/SeelenamtverlasVt.GeorgijeinGedichtder russischen Kosakendichterin Maria Wolkowa (+ 1982), deren Sohn sich 1945 in Lienz dem Zugriff der Briten entziehen konnte. Das Gedicht („Das Todestal“/“Dolina Smerti“) vergegenwärtigt in ergreifenden Worten die Auslieferungstragödie vom 1. Juni 1945. Herr Pfarrer Hans Hecht spielte die Posaune: „Ich hatte einen Kameraden“ sowie „Ich bete an die Macht der Liebe“, von den Anwesenden mitgesungen (alte russische Zarenhymne von 1790, deutscher Text ab 1813 von Pfr. Gerhard Tersteegen, bis heute im deutschsprachigen Raum als „Zapfenstreich“ und Kirchenchoral verbreitet).

Vom Kosakenfriedhof begaben sich die Teilnehmer in einer Prozession 300 Meter Drau-abwärts zu dem dort befindlichen Mahnmal „ehemalige Kosakenbrücke“ (von dieser Brücke sprangen Hunderte Kosakenfrauen mit ihren KindernindenTod,umihrerQualinsowjetischenArbeitslagernzuentgehenund ihre Waisen nicht in sibirischen Kinderheimen als gottlose Atheisten ideologisch umerziehen zu lassen). Dann besuchten die Anwesenden das diesem „BrückenMarterle“ gegenüberliegende wunderschöne Zaren-Kosaken-Denkmal, auf dem Privatgrundstück des Ehepaares Edlinger hinter einem schönen schmiedeeisernen Tor gelegen (welches Herr Edlinger bereits gastfreundlich aufgeschlossen hatte).

Wer wollte, begab sich dann noch zum Essen nach Tristach, wo man sich bei Tisch näher kennenlernte und austauschte. Einige Pilger besuchten am Spätnachmittag auch das Kosakenmuseum. Somit konnte an diesem Tag der

~ 8 ~

Kosakentragödie in Lienz – trotz Corona-bedingter Einschränkungen – auch 2020 doch noch würdig gedacht werden. Gott sei Dank!

Nach uns vorliegenden Informationen haben weltweit in vielen russischen Kirchengemeinden und kosakischen Vereinen in Russland sowie der WeltDiaspora (Deutschland, Frankreich, USA, Kanada, Australien) an diesem 75sten Trauertag 1.Juni 2020 Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen stattgefunden. Leider haben sich aber auch im Internet nicht wenige stalintreue russische ewiggestrige Betonköpfe, genannt: „National-Bolschewisten“, gefunden, die das Wlassow- und Kosaken-Martyrium in althergebrachter Weise als eine gerechte Strafefür„Verräter“ diffamieren.Tja.ObihreOpasnicht vielleichtdamalszuden NKWD/KGB-Schergen/Henkern gehörten? Eine durchaus begründete Mutmaßung.

Rostow-am-Don: Gedenkfeier für Lienz-Opfer

Am Morgen des 01. Juni 2020 fand am Denkmal für die „Nicht-heimgekehrten Kosaken“ (Anschrift: Rostow-am-Don, Moskawskaja-Str. 50b) auf Veranlassung der Angehörigen des Traditionsvereins „Leibgarderegiment Seiner Majestät des Zaren“ eine Gedenkfeier anläßlich des 75. Jahrestages der Auslieferung der Kosaken, ihrer Familien und anderer russischer Militärangehörigen im Osttiroler Lienz und an anderen Orten statt. Am Denkmal wurde ein Kranz mit St.GeorgsOrdensband und einer Inschrift in goldenen Lettern „DENKE IMMER AN LIENZ 1945-2020“ niedergelegt sowie eine rote Grabkerze entzündet. Wir beteten hier für die gemarterten und getöteten Atamane Peter Krasnow, Andrej Schkuro, Timofej Domanow, Nikolai Kulakow und anderer, sowie ihrer Offiziere und Angehörigen, die auf dem Schlachtfeld, in Gefangenschaft oder auch in der Diaspora bzw. zuhause für Glauben und Vaterland ihr Leben hingeben mussten, von gottfeindlichen, atheistischen Kräften gemartert und umgebracht.

Zugeschickt von Oberst Michail Abramow aus Rostow

~ 9 ~
* * * * * * * * *

Für den 1. Juni 2020 in Lienz geplantes Programm des

75. Kosaken-Gedenkens – wegen Corona ins Wasser gefallen

FREITAG, 29.05.2020

15.00 18.00

Dorfstube Tristach Förderverein-Jahreshauptversammlung Russisch-Orthodoxe Vesper (in kirchenslawischer Sprache) im «Antoniuskirchl» am Hauptplatz (erbaut um 1650, seit 1945 von der russisch-orth. «Kosakengemeinde» genutzt)

SAMSTAG, 30. Mai 2020

06.3009.00

Russisch-Orthodoxe Liturgie (in kirchenslawischer Sprache) im «Antoniuskirchl»

10.00 Seelenandacht (russ. «Panichida») am Pannwitz-Kosaken-Stein in Tristach bei Lienz

11.00 Seelenandacht/Gedenkfeier (russ. «Panichida») am Kosakenfriedhof in Lienz-Peggetz (vom Pannwitz-Stein zu Fuß über Holzsteg über die Drau in 5 Minuten erreichbar)

12.00

Mittagessen für geladene Gäste in der Dorfstube bei der Gemeinde Tristach für bzw. in anderen Gaststätten nach Gutdünken/freier Wahl 15.0017.00 Gelegenheit zum Besuch des Kosakenmuseums in Lienz, Hauptplatz 3, 1.Stock, gegenüber vom Antoniuskirchl 18.00 Russisch-Orthodoxe Vesper (in kirchenslawischer Sprache) im «Antoniuskirchl»

SONNTAG, 31. Mai 2020

Russisch-Orthodoxe Liturgie (in kirchenslawischer Sprache) mit Gedenken der verstorbenen Kosaken im «Antoniuskirchl» am Hauptplatz 14.00 Gelegenheit zum Besuch des Kosakenmuseums in Lienz, Hauptplatz 3, 1.Stock, gegenüber vom Antoniuskirchl

09.00

MONTAG, 01. Juni 2020

10.00 75jähriger Gedenktag an das «Kosaken Golgatha» Seelenandacht/Gedenkfeier (russ. «Panichida») am Kosakenfriedhof in LienzPeggetz 14.00 17.00 19.00

Gelegenheit zum Besuch des Kosakenmuseums in Lienz, Hauptplatz 3, 1.Stock, gegenüber vom Antoniuskirchl Stadt-Friedhof: Kosakengräber Abendessen

Wegen „Corona-Krise“ ist leider nichts daraus geworden, nur die russische Andacht hat am 1. Juni tatsächlich stattgefunden, Weitere Veranstaltungen werden folgen.

~ 10 ~

Neue Bücher als Leihgaben aus der Privatbibliothek des Museumsleiters

Blinov, Michail (Hrsg.): Russische DP-Flüchtlingslager in Österreich und Deutschland nach 1945. Moskau 2019. Im Internet abrufbar. Ein Leitfaden mitAngaben zur Lage, zahlenmäßigen Zusammensetzung sowie zu kulturellen Aktivitäten. Vorsicht: mit Fehlern, Auslassungen, Ungenauigkeiten. Vieles ist dem Verfasser schlichtweg unbekannt. Dennoch: besser als nichts!

Dudnikov, V.S.: Tragödie der Kosaken im Nord-Kaukasus (Thema: Aufenthalt in Norditalien, Kärnten und Osttirol. Zwangs-Repatriierung, Massensterben in sowjetischen Arbeitslagern). Quelle: Zeitschrift "Wetsche" ("Das Thing") Nr. 59, München 1997, S. 159-206.

Gogol, Nikolaj: Taras Bulba. Emigranten-Nachkriegsausgabe Bayreuth 1947. Besonders wertvollesBeilagen-Schmankerl: HistorischerhochmütigerBriefdestürkischen Sultans an die Saporoger Kosaken und deren unflätig-freche Antwort ausdem Jahre1676, in vollemWortlaut und ukrainisch-russischer Originalversion! Auf der Grundlage dieses Dokumentes malte Ilja Repin 1891 sein weltberühmtes Bild “Die Saporoger Kosaken schreiben an den türkischen Sultan“.

Krjukov, P.F.: Bylaja slava kasakov (Der vergangene Ruhm der Kosaken). Rostow-am-Don 2005. Der Verfasser, geb. 1904 am Don, verst. 1963 in Frankreich, war ein begnadeter Dichter, publizierte viele seiner Nostalgie-Gedichte in verschiedenen Emigrantenzeitungen.

Kromiadi, Konstantin Grig., Oberst: Za zemlju, za volju (Für unser Land, für dessen Freiheit, russ.), München 1970. Authentische Erinnerungen eines Adjutanten des Generals A.A.Wlassow. Zielsetzungen und Abläufe des russ. Freiheitskampfes gegen den Bolschewismus;

Kuznezow, B.: V ugodu Stalinu („Stalin zuliebe“, russ.). Montreal 1968. Thematisiert die verbrecherische millionenfache Auslieferung der Wlassow-ROAFreiheitskämpfer, Kosaken, Kriegsgefangenen und russischer Zivil-Flüchtlinge durch Briten und Amerikaner 1945-47.

Eine aufrüttelnde Anklageschrift. Sehr reiches Faktenmaterial.

Mitrofanov, Georgij, Erzpriester: Russlands Tragödie. Verbotene Themen der russischen Geschichte des 20. Jhdts. St. Petersburg 2009 (russ.). Eine Sammlung von Predigten und Artikeln zu Persönlichkeiten der jüngsten russischen Geschichte, von aufrechten Menschen, die im Widerstand gegen den sowjetischen blutigen Totalitarismus gekämpft – und verloren! – hatten.

Derselbe: Die Russische Orthodoxe Kirche auf historischen Scheidewegen des 20. Jahrhunderts. Moskau 2011.Brisante Fakten, die der geschönten offiziellen Version oft zuwiderlaufen!

~ 11 ~

Obolensky, Chloe: Das Alte Russland. Ein Portrait in frühen Photographien 1850-1914. New York 1979/München 1980. (engl. Originaltitel: The Russian Empire. A Portrait in Photographs.) Dieses spannende großformatige Album mit seltenen Photographien erhielten wir als wertvolle Bereicherung unserer Kosaken-Bibliothek neulich von unserem Vereins-Mitglied Frau Irina Kato-Kasanzew (München).

Pyven, A.E.: Veselym ljudjam na utichu („Für Leute, die Humor verstehen“, Moskau 1906, im ukrainisch-russischen Kuban-Kosaken-Dialekt). Ein Sammelband humoristischer Erzählungen und Gedichte aus dem authentischen Leben der Kuban-Kosaken in der „guten alten Zeit“ (vormalige ukrainische Saporoger Kosaken, 1780 von Zarin Katharina II. ins kaukasische Schwarzmeergebiet umgesiedelt). Eine ganz besondere ethnographische Rarität. Leihgabe aus der Privatbibliothek des Museumsleiters.

Spaits, Alex., Rittmeister: Mit Kosaken durch die Mandschurei. Wien 1906 Ein ethnographisch relevantes Buch-Antiquariat von hohem Seltenheitswert, reich bebildert. Geschenk von Vorstandsmitglied Gregor Kobro an seinen Vater, Dr. Georg Kobro.

KOSTBARE BÜCHERGABE

Von unserem werten Freund, Herrn DI Sieghard von Pannwitz haben wir dieser Tage für unsere Kosaken-Bibliothek folgende bibliographische Kosaken-Schätze (die Bücher sindin russ. Sprache) erhalten:

Almasov, Boris: Kasatschji skaski („Kosakenmärchen“). StPbg 1996 (ethnographisch wertvolle russische Kosaken-Folklore).

Ausky, Stanislav: Kozacy. Prag 1999 (in tschech. Sprache); Batyrev, Isjumov, Matveev: „Sojuz kasakov Rossii 1990-2000“ („Der russische Kosakenbund“), Moskau 2003; Krasnow, Nikolaj: Das Unvergessliche. Moskau 2002 (Neuflage seines 1958 erschienen Werkes „Verborgenes Russland“); Naumenko, V.G., General: „Velikoje predatelstwo/Der große Verrat. StPbg 2003 (Neuauflage seines in den USA 1960 erschienenen Enthüllungsbuches). Timofeev, N.S. (Hrsg.): „Vojna i sudby“ („Krieg und Kosaken-Schicksale“), Bd. 1 bis 5.Nevinnomyssk-Stavropol 2003;

Ferner erhielten wir: Gerichtsdokumente zu einzelnen Kosakenschicksalen, Zeitschriften, Artikel und Photos. Das Kosakenmuseum Lienz dankt Herrn Sieghart von Pannwitz SEHR herzlich.

~ 12 ~

ANTIQUARISCHE SELTENHEIT

Von Frau Tatjana SPAKOWITSCH (München), Patenkind von General Pjotr Nikolajewitsch Krasnow, erhielt unser Museum eine Publikation aus dem Jahre 1971, heute Rarität: „Lienz. Informationen zur Stadt und Umgebung sowie zur Auslieferungstragödie des „Kosakenlagers“ im Juni 1945“. Herausgeber: russischer Emigranten-Historiker Michael Grigorovitch-Barsky, Paris. Diese Schrift wurde für russische Lienz-Pilger konzipiert und bei JubiläumsGedenktagen verbreitet. Format A4, Seiten 1 bis 7. Auf der letzten Seite ein handschriftlicher Vermerk: „Für dieses Werk zum Thema „Kreuzweg der Kosaken“ verdient der junge Verfasser Lob und Dank. Gez.S.Posdnyschew,General-major,KosakdesGroßheeresderDon-Kosaken“.

Oberstaufen/Allgäu:GEDENKSTÄTTE für WLASSOW-DOLMETSCHER

Hier in Oberstaufen verstarb 1975 Hauptmann Wilfried Karlowitsch StrikStrikfeldt, ein Deutschbalte mit zwei Herzen in seiner Brust: eines schlug für Deutschland, ein anderes für Russland. Er stand 1942 bis 1945 als Dolmetscher und Verbindungsoffizier dem 1942 in deutsche Gefangenschaft geratenen patriotischenrussischenGeneral AndrejWlassow zurSeite,vermitteltezwischen diesem und dem Oberkommando der Wehrmacht (darunter auch zum HitlerAttentäter Claus Schenk Graf Stauffenberg und dessen Widerstandskreis, dem er nahe stand!), war über die Jahre und Monate bemüht, Wlassow, dessen Zielsetzungen er teilte, behilflich zu sein, eine von den Nazis unabhängige „Russische Befreiungsarmee“ (ROA) zwecks Sturz des Stalin-Regimes aufzustellen. Wegen Hitlers engstirniger, kurzsichtiger Verbohrtheit („Untermenschen! Nicht tragbar!“) wurden diese Versuche immer wieder verboten bzw. hintergangen/unterlaufen und erst im November 1944 (eigentlich bereits fünf Minuten NACH zwölf) halbherzig genehmigt. Wlassows Anhänger der„ROA“,(welchersichdasXV.Kosaken-Kavallerie-KorpsHelmuthvonPannwitz sowie die Kosakenkolonie in Ober-Italien angeschlossen hatten), und auch er selbst wurden nach Kriegsende von den Amerikanern und Briten (gerade die Kosaken) an die Sowjets ausgeliefert, deportiert und größtenteils in der UdSSR hingerichtet. Strik-Strikfeldt kam nach kurzer amerikanischer Internierungshaft frei und lebte mit Familie in Oberstaufen, wo er sein ergreifendes Zeitdokument, das Enthüllungsbuch „Gegen Stalin und Hitler“ schrieb. Dessen russische Fassungwurde zur Breschnjew-Ära oft illegal nachRusslandgeschmuggelt, wo es vor allem bei jungen Menschen auf großes Interesse stieß. Die Strik-StrikfeldtGrabstätte existiert leider nicht mehr, doch unser Kosakenmuseum erwirkte die Genehmigung, an der Friedhofsmauer in Oberstaufen eine Erinnerungstafel anzubringen, als Gedenkstätte an diesen bemerkenswerten, heldenhaften Mann, einen engagierten Vermittler zwischen Deutschen und Russen.

Wir bitten um Spenden für die Herstellungskosten der Gedenktafel, unbedingt mit Verwendungszweck-Vermerk „Gedenktafel Strik-St.“. Vielen herzlichen Dank im voraus!

~ 13 ~

Unser treues langjähriges Vereins-Ehren-Mitglied, Herr Dr. Herbert MICHNER, feiert am 30. Juli seinen 98. Geburtstag. Der "Kosakenbote" gratuliert recht herzlich und wünscht Gesundheit und Gottes reichen Segen HA МНОГАЯ ЛЕТА

= Ad multos annos = Auf viele Jahre! Dr. Herbert Michner gehörte als Sotnik/Major zum XV. Kosaken-Kavallerie-Regiment von General Helmuth von Pannwitz, den er persönlich gut kannte. Seine in exquisitem Deutsch verfassten aufschlußreichen Briefe sind für uns jedesmal eine Bereicherung und ein Geschenk Gottes. Wir schätzen uns glücklich, zu seinem Freundeskreis gehören zu dürfen. Hoffentlich noch sehr lange. Gott möge es gewähren!

UNSERE LESER-POST

„Haben Sie vielen Dank für Ihr Buch „Kosaken-Wegweiser“. Mit großem Interesse gelesen. Wie gut,daß Siediesefurchtbaren Ereignisse soprägnant beschrieben haben, wie kein anderer. Ich habe davon nichts gewusst. Lob und Anerkennung, daß Sie die Erinnerung an die Umgekommenen wachhalten und weiter recherchieren. Wünsche Ihnen noch viel Erfolg in Ihrem Wirken. Hochachtungsvoll“

Irma Usov-Hartwig, Heilbronn, Frühjahr 2020

„Habe Ihr Buch erhalten, wollte aber nicht mit einer vorschnellen Antwort Ihre Zeit rauben. Auch bis heute habe ich Ihr Buch noch nicht zu Ende gelesen, kann aber schon jetzt meine Meinung darüber kundtun: zum einen bin ich überrascht-erschüttert ob der großen Menge des angeführten Materials und der von Ihnen eingearbeiteten Quellen; ein Lob für die sorgfältige, eingehende Erforschung derelben. Zum anderen bin ich beeindruckt von Ihrer unabhängig-souveränen Position und Ihrem Versuch, die historischen Ereignisse möglichst objektiv-gerecht zu beurteilen. Und drittens geht mir Ihr Bestreben ans Herz, den Menschen, welche solche schwere Leiden durchmachen mussten, mit soviel Empathie zu begegnen. Man merkt, daß Sie dies „mit Herzblut“ geschrieben haben. Soweit ich es beurteilen kann (denn die Geschichte des Kosakentums und der Weißgardistischen Armee kenne ich nicht so gut wie Sie), haben Sie die Ereignisse wahrheitsgetreu gezeichnet. Gewiß, zu jedem Ereignis kann es eine Vielzahl von verschiedenen Meinungen geben, sodaß es ein Ding der Unmöglichkeit ist, etwas absolut fehlerfrei definieren zu können. Nicht von Ungefähr heißt ein Spruch „Glaube dem, der nach derWahrheitforscht,zweifleaberdort,wojemand behauptet,siebereitsgefundenzuhaben“.

Doch ein ehrliches Streben nach wahrheitsgetreuer Objektivität steht der Verlässlichkeit immer noch am nächsten.

Für mich war die Lektüre Ihres Buches sehr packend. Habe viel Neues erfahren. Gewiß, Ereignisse und Persönlichkeiten werden zu verschiedenen zeiten stets unterschiedlich bewertet. So wird auch das Kosakentum in Russland heute auf unterschiedliche Weise bewertet: die Paletten-Bandbreite reicht von einer Anerkennung bis hin zur Verleugnung/Ablehnung.

Meine Hochachtung, daß Sie das Thema offen und ehrlich angegangen sind. Vielen Dank für Ihr menschliches und warmes Herz!“

Asta Neubauer, Soest, im Herbst 2018

~ 14 ~
GEBURTSTAG

EIN UNGWÖHNLICHER KONTAKT:

NACHKOMMEN RUSSISCHER KOSAKEN in LUBLIN (POLEN) „Bund der Kosaken in Polen/Zwiazek Kozakow w Polsce“

Brief des Atamans M.F.Wasilenko vom 20.05.2020

Sehr geehrter Herr Erzpriester Georg!

Mit großer Freude erhielten wir Ihr Schreiben, obgleich die Mitteilung, daß die Gedenkfeierlichkeiten für unsere gefallenen Kosakenbrüder in Lienz heuerausfällt,unsereHerzentraurigstimmte.Wirhattenschonseit Langem eine Abordnung/Delegation unseres Kolsakenbundes zur Teilnahme an diesen Feierlichkeiten vorbereitet gehabt, denn die spirituelle Komponente dieses Ereignisses ist von allergrößter Bedeutung, nicht allein zur Aufrechterhaltung der geschichtlichen Traditionen des Kosakentums, sondern auch zur Stärkung unseres Geistes sowie zum Ausbau der Kontakte und der Zusammenarbeit mit Kosakenvereinen, welche in der Diaspora wirken. Oft denken wir zurück an unseren vorigen Besuch in Lienz. Unsere Teilnahme an der Panichida/Requiem-Andacht am Ufer der stürmischen, wasserreichen Drau hat uns für immer geprägt.

Unser„BundderKosakeninPolen“entstandimJahre2010undwurdeindas Vereinsregister am Rathaus in Lublin eingetragen, ab 2015 auch ins staatliche Gerichtsregister aufgenommen.

Zu den Zielsetzungen unseres Kosaken-Bundes gehört die Wahrung und Pflege der Traditionen der seinerzeit zarentreuen russischen Kosakeneinheiten, welche im russischen Bürgerkrieg von 1920 an der Seite Polensgegen die Bolschewistengekämpfthatten.JeneEinheitengehörtenzu den „weissen“ russischen antikommunistischen Armeen der Generäle Permikin(DritteRussischeArmee),Bulak-BalachowitschsowiedesAtamans Simon Petljura, ferner zu den Kosakenbrigaden von Esaul/Oberst Jakowlew nnd Esaul/Oberst Salnikow.

Zu unserem Kosakenverein gehören Nachkommen der in Polen 1920-1921 internierten Kosaken, ferner Nachkommen anderer Emigranten, sowie auch Polen,welchedieWertederKosakenteilenundsichmitihnenidentifizieren.

Wir sind bemüht, unser Wirken mit der Orthodoxen Kirche in Polen abzustimmen und gehören zur Diözese von Lublin-Chelm unter Seiner Eminenz Erzbischof Abel Poplawski. Eines unserer Gemeinschaftsprojekte war die Friedhofs- und Grabpflege der Kosaken der Don-Brigade des Esaul/Oberst Salnikow in Lublin gewesen. Zu unserem Leidwesen weigerte sich die Russische Botschaft in Warschau daran teilzunehmen und begründete ihre Absage damit, diese Kosaken hätten damals auf die Rotarmisten geschossen.

~ 15 ~

Unser Verein genießt Anerkennung der polnischen Behörden. Unsere Delegationen werden zur Teilnahme an Paraden anläßlich hoher Staatsfeiern eingeladen. Wir gelten als Vertreter verbündeter Truppen, welche 1920 gemeinsam gegen die bolschewistische Pest gekämpft hatten. Wir arbeiten auch mit Kosakenvereinen in Russland zusammen, nehmen teil an Kosaken-Kongressen in Rostow und Nowo-Tscherkassk, sowie auch an Kosakenkonzilen „Krug“, welche veranstaltet werden vom „Bund der Kosaken in Russland und im Ausland“, einer Organisation, bei der wir die Ehre haben, als Mitglieder dazu zu gehören. Ferner werden wir zur Teilnahme an den Treffen anderer Kosakenvereine, die in der Diaspora leben, eingeladen (zuletzt sogar nach Finnland und Rumänien). Und wir gehören zum „Bund der Russischen Minorität in Polen“, welcher sein Wirken mit der russischen Botschaft in Warschau abstimmt.

Wir beteiligen uns an historischen schulischen Bildungsprojekten. Dort präsentieren wir die Geschichte des Kosakentums, dessen Zielsetzungen nund Ideale. Wir hoffen damit auf die in der polnischen Gesellschaft tief verwurzelte Sichtweise auf die Kosaken als aggressive Eroberer richtigstellend einzuwirken. So ist es uns bereits gelungen, die sich im polnischen Bewußtsein etablierte Klischeevorstellungen zu revidieren, die Rote Reiterei des roten Marschalls S.Budjonny wäre eine Kosakenarmee gewesen, was nicht der Wahrheit entspricht.

Ich hoffe, lieber Vater Georg, mit meinen Erläuterungen zumindest teilweise Ihrem Wunsch, über unseren Kosaken-Bund mehr zu erfahren, entsprochen zu haben. Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Auch hoffen wir, uns in absehbarer Zeit bald in Lienz sehen zu können. Sollten Sie eine Reise nach Polen planen, bitte ich Sie, uns vorab zu informieren. Eine Begegnung mit Ihnen wäre für uns eine Freude und Ehre. Unser Herrgott möge jeden Schritt ihres Lebensweges segnen und Sie gesund erhalten.

InderHoffnungundZuversichtaufdenSiegdesEdelmutes,derWahrheitund Gerechtigkeit über die dunklen Kräfte des Bösen verbleibe ich, Sie namens unserer Kosaken grüßend, Ihr

M.F. Wasilenko, Ataman des Polnischen Kosakenvereins Wappensiegelabdruck mit Inschrift „Für den Glauben, Zar und Vaterland“

Kommentar der Redaktion: Wäre es im deutschsprachigen Raum heute denkbar, einem Verein mit derartigen historisch-heimatverbundenen Wertevorstellungen anzugehören, ohne gleich in „rechte Ecke“ gestellt zu werden? Tja... Quod licet Jovi (hier: Poloniae, Russiae, Galliae etc.), non licet bovi.

~ 16 ~
Zu jenen Feierlichkeiten hier der Internet-link: https://www.Youtube.Com/watch?v=nnoRLLV6DfM

Am 14.Februar 2020 erblickte in Klagenfurt der kerngesunde Klein-Kirill das Licht der Welt, Sohn unserer Vereinsmitglieder Dr. Thomas Willmann und Mag. Tatjana Willmann. Die glücklichen Eltern, das 3jährige Brüderchen Mischa und die ganze russisch-russische Gemeinde Klagenfurt freuen sich sehr.

Der „Kosakenbote“ gratuliert herzlich!

* * * * * * * * *

Pfadfinderleiter Gregor Kobro REISE ZU DEN RUSSISCHEN PFADFINDERN UND KOSAKEN NACH AUSTRALIEN

Bericht unseres Münchner Pfadfinder-Jugendführers

So erlebt am 25. Januar 2020

Das Sommer-Pfadfinder-Ferienlager 2020 der Australischen Abteilung unseres Weltverbands der russischen Jung-Pfadfinder „ORUR“ ging gerade auf sein Ende zu, als ich dort ankam. Ich besuchte Australien zum ersten Mal im Leben und hatte ein einmaliges Glücksgefühl. Allerdings tue ich mir irgendwie schwer, jetzt darüber zu schreiben. Weshalb nur? Wahrscheinlich, weil zum Glück auch die Stille, die Ruhe dazugehört, wie dies ein Dichter ausgedrückt hatte. Sonst läuft man Gefahr, sein Glück zu verscheuchen. Der Gedanke, einmal unsere russischen Pfadfinder in Australien zu besuchen, war mir schon vor geraumer Zeit, nämlich 1989, gekommen, als ich noch als junger Spund mich auf die Prüfung zur „dritten Wissens-Ebene“ vorbereitete und dabei erfahren durfte, daß es auch auf dem Australischen Kontinent unsere russischen Pfadfinder gibt. Dieses Land, so weit weg, scheinbar unzugänglich, verführt einen durch sein herrliches warmes Klima, seine Ozeanstrände, seine gutmütigen Menschen, – wie ich es bislang nur in Filmen erlebt hatte.

Australien – das ist der flächenmäßig kleinste Kontinent unserer Erdkugel, in der südlichen Hemisphäre gelegen. Das Land verzaubert einen durch seine erstaunliche Natur, mit schönen Landschaften und einer modernen, hochentwickeltenWirtschaft. Undinso einemNaturparadieslagdas PfadfinderSommerlager am Fluss Yarra, unweit von der Millionenmetropole Melbourne, im Clifford Park. Hier feierten die australischen russischen Pfadfinder heuer ihr 70jähriges Bestehen.

~ 17 ~ WIR HABEN AUCH EINEN GANZ BESONDEREN ZUWACHS !

Am Flughafen wurde ich vom Pfadfinderleiter Alexander Ilyin empfangen. Dieser Mann steht der Australischen Abteilung unseres russischen Weltvereins ORUR vor. Mit ihm fuhr ich ins Lager, wo ich eine sehr herzliche brüderliche Aufnahme fand. In diesem Lager lernte ich viele interessante Menschen kennen und gewann auch neue Freunde. Insgesamt hatte dieses Lager heuer neunzig Teilnehmer. Unsere australischen Brüder und Schwestern veranstalten hier, an diesem Ort, schon seit Jahren regelmäßig ihre Lager. Ich erlebte, wie der Pfadfinder-Alltag nach seiner gewohnten Ordnung auch bei uns in Deutschland abläuft: es gab genügend Zeit für den Sach-Unterricht, für sportliche Spiele, zum Wandern, für die abendlichen Lagerfeuer mit dem Singen von Volksliedern. Mit einem besonderen Gefühl hörte ich, wie hier, am anderen Ende der Weltkugel, unsere mir wohlbekannten, vertrauten russischen Pfadfinderlieder gesungen werden, vor allem das erhebende Lied „Seid allzeit bereit“.

Im Verlauf der dort verbrachten Tage wurde ich mehrmals eingeladen, über unsere Erfahrung und Gebräuche der in Bayern stationierten Münchner Rotte „Smolensk“ zu berichten, über unsere Sommerlager nach dem pädagogischen Pfadfindersystem ihres Begründers, des „Alten Wolfs“ (Boris Martino, +1962, München), sowie über dessen Schüler und Traditionsvermittler, den „Barsuk/Dachs“ (Pfadfinderleiter Jurij Gotowtschikow, München). Auf großes Interesse stieß unsere hiesige, von Herrn Gotowtschikow herausgegebene Pfadfinderzeitschrift„DerKreis“.DiewenigenExemplare,welcheichmitgebracht hatte, waren hier, in der südlichen Hemisphäre, im Nu vergriffen. Nach Hause kehrte ich in dem freudigen Bewußtsein zurück, daß es wertvoll ist, unserer Pfadfinderbewegung anzugehören, die für alle, welche sich ihr anschließen wollen, richtungsweisende Werte und einen Halt im Leben vermittelt. Wir Pfadfinder sind alle eine Familie, uns einen unsere Freundschaft und unsere Lebens-Ideale.

~ 18 ~
Pfadfinderleiter Gregor Kobro Gregor Kobro und Alexander Ilyin

Anmerkung der Red.: der Verfasser dieses Beitrags, Pfadfinder-Jugendleiter Gregor Kobro, ist Vorstandsmitglied im Förderverein des Kosakenmuseums Lienz. Währendseines Australien-Aufenthalts hatte er Besprechungenmit einem Überlebenden der Kosakentragödie von Lienz, Erzpriester Dr. Michael Protopopow, dem dortigen Pfadfinder-Geistlichen, welcher zugleich auch Ehrenmitglied unseres Lienzer Museumsvereins ist und diesem mannigfaltige Unterstützung zukommen lässt.

* * * * * * * * *

Patriotisches: KOSAKEN - HEIMATTREUE von Leonid Barat-Baranow

Kein Land, kein Volk wäre ohne seine Traditionen, Sitten und Gebräuche vorstellbar. TraditionenundÜberlieferungen– das sind die Wurzelneines Volkes, sie geben ihm hier auf Erden Halt, sie sind hilfreich bei Ungemach, bei Kriegen, Stürmenund anderenKatasrophen. Zur deutlichstenManifestationder Kraft von Traditionen gehörten unter Kosaken stets die Heeres-Festlichkeiten. Für das Donkosaken-Heeresgebiet war es schon immer der 14. Oktober gewesen, das Fest „Maria Schutz. Die Muttergottes wurde stets als Schutzpatronin der Donkosaken verehrt, ebenso wie der hl. Nikolaus.

Glücklich lebten die Kosaken (Anm. der Red.: vgl. jugoslawisches PannwitzPlakat: „Das waren wir: Freie Bauern auf der eigenen Scholle; glückliche Menschen in einem reichen Land, Verteidiger des russischen Volkes an der Grenze zur feindlichen Steppe“) und reich an Helden, für sie waren Ehre und Ruhm des Vaterlandes mehr wert als das eigene Leben. Alles vergeht, alles gerät in

~ 19 ~

Vergessenheit, doch die Namen unserer heldenhaften Vorfahren sollten wie richtungsweisendeLeuchttürmeimBewußtseinderGenerationenverbleiben. In den Tagen der Heeres-Feste verbanden sich die Erinnerung an die KosakenFreiheiten und ruhmreiche Heldentaten mit dem Wunsch und Bestreben, der russischen Heimat weiter dienen zu dürfen. In diesen Tagen waren alle Kosaken ein Herz und eine Seele. Und überall, wohin die Kosaken von ihrem Schicksal verschlagen wurden, wurde ähnlich gefeiert. Alle Standesunterschiede, alle Dienstgrade wichen in den Hintergrund, denn ein Kosak ist – ganz gleich wo er sich gerade befindet, in erster Linie vor allem ein Russischer Kosak. Immer fühlt er sich hingezogen zu dem heimatlich-vertrauten, was er schon mit der Muttermilch aufgesogen hatte in den Ebenen und Steppen am Don und KubanFluss, in den Bergen des Kaukasus und des Uralgebirges, in den Steppen von Orenburg, in der Taiga hinter dem Baikalsee, an den Flüssen Amur und Ussuri. Ganzgleichwohines ihnverschlägt, derKosaksucht undfindetseineLandsleute, mit welchen er eine gemeinsame Sprache spricht, gemeinsame Werte und Interessen hat. Die Lebensweise und die Traditionen der glorreichen Vergangenheit, diese feste Grundlage, gehen unter Kosaken niemals verloren.

Doch schon seit vielen Jahrzehnten des Zwanzigsten Jahrhunderts müssen ExilKosaken vom Don, Kuban, Terek und anderer Regionen ihre Heeres-Feste fern der Heimat feiern, fern ihrer Stanitzen-Dörfer, fern des Russischen Landes. Und immer, wenn Kosaken sich im traditionellen „Kreis“ zusammesetzen, stellt sich die schmerzliche Frage: „Warum haben wir unsere russische Heimat verlassen, unsere Dörfer und Weiler? Warum müssen wir uns in fremden Landen durchschlagen, mit einem ständigen Heimweh nach Russland, mit diesem Seelenschmerz? Hat denn das alles wirklich sein müssen? Wofür taten wir es?“ Und immer wieder, aufs Neue, gab das Kosakentum darauf die Antwort: Ja, es musste sein! Die Begründung lautet: unsere Unversöhnlichkeit mit dem Kommunismus, unser Gottesglaube, unser Glaube an den endgültigen Sieg der WahrheitundGerechtigkeit.UnsereGrundlageistundbleibt jenesWichtige,was jeder echte Russe für die Vollendung des Großen Werkes braucht, für den bevorstehenden Kampf um ein freies Russland. Hätten die Kosaken sich den Internationalen Feinden unseres Vaterlandes, die es versklavt haben, gehorsam gebeugt, ihren stolzen, freiheitsliebenden Dickschädel gehorsam hingehalten –dann wäre das Wort „Kosak“ aus der Menschheitsgeschichte verschwunden. ZumGlückfürRusslandundfürdieMenschheitistdiesnichtgeschehen. Eshätte auch nicht erfolgen können, denn ein Kosak lebte seit Urgedenken auf seiner Scholle, wo vollständige, uneingeschränkte Freiheit und Gleichheit, Kameradschaft und Brüderlichkeit herrschten, und dies nicht nur dem Namen nach, sondern auf dem Fundament der Gebote Gottes. Diese Prinzipien, sie waren es, die den freiheitsliebenden Kosakengeist geprägt haben. In den Tagen der Heeresfeste feierten Kosaken in der Heimat und in der Diaspora, ganz gleich, wohin es sie verschlagen hatte, wie schon früher, zunächst einen Gottesdienst in ihrer Kirche. Erst danach folgt eine lärmende Fröhlichkeit,

~ 20 ~

mit alten Kosaken-Volksliedern, mit dem Kasatschok-Tanz und dem zündenen kaukasischen Naurskaja-Lesginka-Tanz. Ja, solche Kosakenfeste gehören zum echten russischen Kosakenleben, sie bilden die unsterbliche Geschichte des Kosakentums. Hier gedenken die Kosaken auch immer mit Hochachtung ihrer gefallenen Helden, der Krieger und Anführer-Atamane, welche ihr Leben hingaben für die Heimat, für die geheiligten Ideale des Kosakentums und – für Mütterchen Russland!

Zum Verfasser: Oberst Leonid Iwanowitsch BaratBaranow, russischer Kosaken-Emigrant und Intellektueller, wirkte in den 1960-1980ger Jahren in München. Der Beitrag stammt aus der Zeitung „Nascha Strana“ („Unser Land“, russ.), Nr. 1837/Oktober 1985 Buenos Aires, Argentinien. Dazu Anmerkung: Die Redaktion des „Kosakenboten“ stellt sich die Frage, ob wir heute im deutschsprachigen Raum uns ähnliche heimatverbundene Leitbilder (mit Ausnahme des Tiroler Andreas Hofer und Hermanns des Heruskers) überhaupt erlauben können, ohne von blauäugigen Gutmenschen (bzw. deren Hintermännern) gleich in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden. Wo bleiben Leitbilder wie Bismarsk oder der Alte Fritz (und andere mehr)? Wo bleiben deutsche Volkslieder im Schulunterricht? Und viele mehr. Tja...

Vincenz Oertle

Das Erste Sinegorsk-Ataman-Regiment aus: „Russen verteidigen den Atlantikwall“

Das 1. Sinegorsker Ataman-Regiment Das etwa tausend Mann starke 1. Sinegorsker AtamanRegiment / 1-й Синегорский Атаманский Полк war Ende 1942 in der an der Route Rostow – Stalingrad / Ростов –Сталинград gelegenen Staniza Sinegorskaja bei Belaja Kalitwa / Синегорская под Белой Калитвой entstanden. Regimentsführer war Esaul (Rittmeister) Iwan Shurawljow / Иван Журавлeв, ein ehemaliger Offizier des Zaren. Das der deutschen 294. Infanterie-Division unterstellte Regiment hatte im Donbogen Wach- und Sicherungsdienst geleistet, kam später als selbständiger Verband zum Kosaken-Regiment von Jungschultz und wurde mit diesem schliesslich der 1. Kosaken-Division, zum Teil wohl auch dem in Norditalien eingesetzten Kosakenkorps des 1947 in Moskau hingerichteten Generalmajors Timofej I. Domanow / Тимофей И. Доманов zugeführt.

~ 21 ~
* * * * * * * * *

Im Frühjahr 1943 befand sich die 294. Infanterie-Division im Raum Stalino / Сталино (heute Donezk / Донецк). Dort, auf ukrainischem Territorium, über zweihundert Kilometer von der wieder sowjetisch besetzten Heimat entfernt, fand am Kirchenfest Maria Verkündigung die bildlich dokumentierte Fahnenweihe des 1. Sinegorsker Ataman-Regiments statt. Dazu hiess es in der dem Divisionskommando überreichten Einladung: „Dieses Fest wurde früher unter den Kosaken des Stillen Don in besonderer Begegnung mit dem Glauben, der Beichte und in der Freude des freien Lebens gefeiert. Während der sowjetischen terroristischen Unterdrückung und Unterjochung, auch des Kosakentums am Don, wurde dieses orthodoxe Fest im Untergrund begangen. Unsere Freunde und lieben Befreier unter Führung der deutschen Regierung habendemKosakentumdasLichtdesfreienAtmens,Willensundderorthodoxen Christfeiern wieder entzündet.“

Verbindungsoffizier der 294. Infanterie-Division zum 1. Sinegorsker AtamanRegiment war der baltendeutsche Major Gerst, der 1944 das in der Bretagne in die Küstenverteidigung eingegliederte III. Bataillon (ehem. Ost-Bataillon 634) / Festungs-Grenadier-Regiment 895 der bodenständigen 265. Infanterie-Division kommandierte. Näheres über den Einsatz auch von Kosaken-Einheiten in FrankreicherfahrenSieausdemBuch RussenverteidigendenAtlantikwall1944.

Und ein weiterer Auszug aus demselben Buch :

Dass hunderttausende Rotarmisten, hochrangige Offiziere und ein erheblicher Teil derBevölkerung mitden„Faschisten“gemeinsameSachemachten, wurdevonder Sowjetführung später beharrlich totgeschwiegen oder auf den „Verräter“ A.Wlassow fokussiert. Einer dem staatlich verordneten Mythos des „Großen Vaterländischen Krieges“ widerstreitenden Betrachtungsweise begegnete der Autor einst nur im abgeschirmten Freundeskreis. So wie es ein der Freiheitsbewegung nahestehender russischer Publizist Wladimirow 1943 formulierte: „Dieser Krieg ist vaterländisch, weil er die Befreiung der Russen, Ukrainer, Weißrussen, Kaukasier, Turkmenenundaller anderenVölker zumZiel hat, die unter dem Joch der Bolschewiken im Gefängnis Sowjetunion gequält wurden“. Mit den Vorgängen der Jahre 1944-1945 tut sich aber auch das heutige offizielle Russland noch schwer. Doch ist der Diskurs längst eröffnet...“ (ebenda, S.33)

Unser Kommentar:

Erschüttert und wütend wird man angesichts der verbrecherischen, eiskalten Instrumentalisierung der russischen Freiheitskämpfer und all ihrer Hoffnungen/Ideale durch die Nazi-Führung als „Söldner wider Willen“ in den Jahren 1943-1945. Ob am sog. „Atlantikwall“ (Alliierten-Invasion abwehren), ob in Jugoslawien (Tito-Partisanen bekämpfen), Oberitalien (Partisanen in Schach halten) oder in Dänemark (Lagerhallen bewachen), – überall wurden diese patriotischen „HiWis-Hilfswillige“ ohne jeden Bezug zu ihrer russischen Heimat, unter falschen Versprechungen als Kanonenfutter verheizt. Wlassows jeden

~ 22 ~

Russenaufrüttelndes und motivierendes Smolensker Manifest (s.Anhang)wurde von den Nazis emsig verbreitet, Ärmelaufnäher mit „ROA“ („Russische Befreiungsarmee“ an die Uniformen angebracht, – doch eine kompakte russische Verbündetenarmee unter dem charismatischen, beliebten General AndrejWlassow(welcherinzwischeninBerlininterniert,tatenlosundverzweifelt einsaß) durfte auf keinen Fall entstehen! Kein Wunder, daß manche der Betrogenen gegen Kriegsende rebellierten und sich bereitwillig den Engländern bzw. Amerikanern ergaben – sehr zu deren Verwunderung.

Dennoch - oder gerade deswegen - bleibt das hervorragend recherchierte Buch von Vincenz Oertle „Russen verteidigen den Atlantikwall“ ein wertvolles Zeitdokument, welches sich dank des fundierten Sachwissens seines Autors mit einem brisanten Thema wissenschaftlich auseinandersetzt, sehr zu empfehlen.

Die Redaktion des „Kosaken-Boten'“

Frauenschicksale:

DER SCHMERZ BLEIBT FÜR IMMER...

Kriegsschicksal einer Kosakenfrau des „Kosaken-Stan“: was geschah danach, wie ging der Leidensweg weiter?

E i n e r g r e i f e n d e r L e s e r b r i e f

Den Artikel von Negodnow: „Kreuzweg der Kosaken“ in der Zeitschrift „Staniza“ von 1992 lese ich immer wieder aufs Neue. Obgleich mich der Schmerz und die Erinnerung an das Erlebte nie loslassen, hat dieser Beitrag meinenalten Schmerz gleichsam noch stärker aufleben lassen. Ich selbst bin eine überlebende Beteiligte am Exodus der Kosaken aus unserem Heimatland im Jahre 1943, habe daran teilgenommen. Es folgten die Ukraine, Polen, Weißrussland, Oberitalien, der Zug über die Alpen, Österreich, Lienz und … ein Zwangsarbeiter-Lager im Uralgebirge.

1943 zog ich über die Ukraine zusammen mit meinem Mann, unseren Kindern sowie mit der Schwiegermutter. Tage- und nächtelang ging es immer weiter, bei Regen, Schnee, im Bombenhagel und unter Artillerie-Beschuss... Wir schlugen uns durch feindliche Umzingelungen durch, im Raum Dnestr-Koropez, auf Lemberg/Lwow zu. Wir hatten es schwer, sehr schwer. Und dennoch war es mir damals noch gelungen, meine Kinder am Leben zu erhalten.

Aber um ein Vielfaches, hundertmal schwerer waren die Tage bei Lienz in Osttirol, als wir von den Engländern betrogen wurden. Wie die meisten unserer Offiziere, fuhr auch mein Mann am 28. Mai 1945 mit zur sogenannten „Besprechung/Konferenz“ nach Spitta an der Drau mit. Ich blieb zurück, mit vier Kindern und meiner 76jährigen Schwiegermutter. Mein jüngstes Kind, die kleine Helene, war gerade mal vier Monate alt, mein „Großer“ – 8 Jahre alt.

~ 23 ~

Ich kann mich noch erinnern, wie im „Kosaken-Stan“ eine schwarze Trauerflagge gehißt wurde, die Prozession zum großen Gottesdienst sehe ich noch vor mir, auch die wasserreiche, reißende Drau mit all dem Entsetzlichen, was sich dort abspielte.

Wir befanden uns im Don-Kosaken-Lager der „Kolonie Kasatschij Stan“. Ich konnte nicht weit fortgehen, ohne die Kinder mitzunehmen; sie alleine dort lassen – ebensowenig... Und so wurden wir, die kinderreichen Familien und die Alten, von den Briten nach Judenburg abtransportiert. Dort wurden wir von den Mannschaftskosaken getrennt. Es folgte ein Gefangenenlager in Graz, und von dort ging es in überfüllten Transportzügen quer über Russland bis in den Ural. In diesen Zügen standen alte Benzinfässer, mit übelriechendem „Trinkwasser“ gefüllt. Wir wusstennicht, wohinmanuns bringt, wusstenebensowenig, was mit unseren Männern geschehen war. Dort im Ural, im Arbeitslager Kisil, begrub ich meine beiden Jüngsten: das Lenchen war bereits sechs Monate alt, der Mischa – ein Jahr und neun Monate. Die beiden älteren Kinder überlebten wie durch ein Wunder. Die Kosakenkinder begannen schon unterwegs in den Transportzügen wegzusterben.IndenUral-StraflagernwandertensieinihrekleinenKindergräber unter den Gewehrläufen der Lageraufseher. Dann wurden wir in ein Arbeitslager bei Wilna verlegt, wo wir Frauen Bäume fällen und roden mussten. 1946 durchliefen wir abermals eine „Filtrierung“ (Verhöre und abermalige Überprüfung durch KGB-Ermittler – Anm. d. Übers.) und ich war unter den ersten neun Familien, die frei kamen. Mit meinen beiden Kindern fuhr ich in die Ukraine. Dort erhielt ich 1947 eine Nachricht von meinem Ehemann und reiste sofort mit den Kindern zu ihm nach Prokojewsk. Es stellte sich heraus, daß viele Offiziere ebenfalls eine wiederholte „Filtrierung“ durchlaufen hatten und einige freikaman, wobei sie aber an den jeweiligen Wohnort gebunden blieben.

1948 kam unser Sohn zur Welt. Doch schon 1949 fanden erneut Massenverhaftungen von Offizieren statt. Sie wurden jeweils zu 10 bis 25 Jahren Lagerhaft verurteilt. Mein Mann erhielt 25 Jahre. Kurze Zeit nach seiner Festnahme wurde mir die städtische Wohnung, die wir bewohnten, fristlos gekündigtundichwurdemitmeinendreiKindernaufdieStraßehinausgeworfen. Ich konnte nicht mehr weinen. Ohne eine Träne zu vergiessen nahm ich bei der Verhaftung für immer Abschied von meinem Mann, ohne zu weinen deckte ich meine Kinder schützend vor dem kalten Regen an der Wand unseres ehemaligen Wohnhauses zu. Ich wusste: die Kosaken sind zur Vernichtung freigegeben. Und wir – die kosakischen Ehefrauen und Mütter – sind verpflichtet, unser Kreuz geduldig zu tragen. Der Same und die Erinnerung der Kosaken müssen aber in unseren Kindern weiterleben.

~ 24 ~

Nun bin auch ich schon 76 geworden. Doch im Verlauf all jener Jahre war da ein Gedanke, der mir keine Ruhe läßt: Wird denn die ganze Weltöffentlichkeit wirklichniemalserfahren, wieinjenemjetztvonuns schonweit zurückliegenden Jahr 1945 unmenschliche Bösewichte, gekleidet in Uniformen der Soldaten und Offiziere der Britischen Armee, Tausende Kosakenkinder, Frauen und Greise in Qual und Tod auslieferten ?!

Diese Soldateska und ihre „ehrenwerten“ Offiziere, sie wurdenverflucht vonden lebenden und den toten Kosakenseelen, welche 1945 in Lienz verraten wurden. Mögen auch ihre eigenen Nachkommen sie verfluchen für all unseren Mutterschmerz, für den Tod unserer Kinder!

Liebe „Staniza“-Zeitschrift! Hab Dank für dein Wirken! Gott möge dir bei deiner noblen Arbeit weiter helfen!

Gez. Maria Kuznezowa, Poltawa (Ukraine), den 15.07.1992. Zeitschrift „Staniza“ Nr.6/1992. Wir erhielten den ergreifenden Text kürzlich durch Herrn Sieghart von Pannwitz dankenswerterweise zugesandt. * * * * * * * * *

POESIE

In der russischen Ausgabe unseres Kosakenboten folgen hier vier ergreifende GedichteüberdieKosakentragödievonLienz,geschriebeninden1950gerJahren von poetisch begnadeten Überlebenden, bald nach dem Geschehen. Leider unübersetzbar: die Gefühle und Wirkung würden verlorengehen.Wir können nur allen empfehlen, Russisch zu lernen, allein schon – um sie lesen, verstehen und nachempfinden zu können. Zwei davon möchten wir dem geneigten Leser dennoch inhaltlich anführen:

„Der Terror der Tscheka“ (sowjet. Geheimpolizei, Vorläufer des KGB)

Alexander Blok, 1921

Sie kamen des Nachts, zu ihrer „Spätschicht“, sie überflogen die Aktenvorgänge und Bescheinigungen. Hastig wurden Urteile unterschrieben. Sie gähnten und tranken Wein. Am frühen Morgen wurde an Soldaten Wodka ausgeschenkt. Am späten Abend holten sie Männer und Frauen aus den Gefängniszellen, trieben sie im Hof zusammen. Sie sollten Schuhwerk und Bekleidung ablegen, die in Bündel gebunden wurden. Die Menschen wurden auf Pferdekarren verladen, abtransportiert.Irgendwomusstensieabsitzenundwurdenbei NachtundNebel barfüßig, entkleidet, hungrig über den vereisten Boden getrieben, mit Gewehrkolbenschlägen an den Rand eines steilen Abhangs aufgereiht. Unter Taschenlampen-Beleuchtung rattertendannMaschinengewehre, mit Bajonetten wurde bei manchen der Todesstoß nachgesetzt. Tote und noch Lebende wurden inGrubengestossen,eilendsmitErdezugeschaufelt.Unddanngingesmiteinem fröhlichen, schallenden Lied zurück in die Stadt.

~ 25 ~

Im Morgengrauen schlichen Ehefrauen, Mütter und Hunde zu den Gruben, scharrten die Erde auf, bissen sich, knurrend, um die Knochen, die leise wimmernden Menschen aber küssten und liebkosten die geliebten, entstellten Körper...

DAS TODESTAL

Es gibt in Tirol ein Tal, durchquert von der Drau... Bei jedem Gedanken daran schreckt man zusammen, der Schmerz der Erinnerung gleicht einer von einem Dolch aufs Neue aufgeschlitzten Wunde. Dort, wo die Berge im blauen Himmel gedankenverloren sinnend stehen, klagt der Wind immer wieder aufs Neue seinen Bericht von der geschehenen Untat, Sünde und Schande...

Unddu,oDichter,knieniederundsprichdeine Verse vor diesem Kalvarienberg der Marter. Hier hören wir die Wellen der Drau, wie sie untröstlich weinen um die von Feindeshand ausgelöschten Kosakenleben. Als Betrug entpuppten sich Gesetz und die Schutzversprechungen, und auch das Flehen vermochte die Gehörlosen nicht erweichen.

Maria Wolkowa, russische Kosakendichterin, in den 1930-1940ger Jahren auch von General P.N.Krasnow sehr hoch geschätzt

Das Blut der Unschuldigen, der listig und kaltblütig Getöteten: unentwegt schreit es von der Erde empor!

Die Kirchenfahnen wehten und wankten, die innigen, verzweifelten Gebetsschreie konnten keinen rühren, alle und alles wurden von bestialisch wütenden Vernichutungsschlägen dem Tode preisgegeben.

Auf Schultern, Köpfen und Ikonen trampelten Hunderte von Soldatenstiefeln, das Tal füllte sich mit Todesgeschrei und Stöhnen, doch da war keiner da, um zu helfen...

Nur die mitleidsvolle Drau bedeckte mit ihren Wellen jene, die vor diesem Schrecken zu ihr in den Tod geflohen waren. Selbst die Berge erzitterten, als sie hören mussten, wie Panzerketten schreiende menschliche Köper ergriffen, schleppten und zerfleischten. Kosaken, Kosakinnen und ihre Kinder, die letzte Blüte ihres Volkes, vergessen von aller Welt, sie starben hier qualvoll für nichts und wiedernichts.

~ 26 ~

Knie nieder, o Dichter und flehe zum Himmel, damit zumindest eine späte Nachricht von diesem Verrat die russische Heimat erreiche! Damit jedes russische Herz schluchzend erzittern möge in Erinnerung an diese Opfer der Schandtat, und die felsigen Tiroler Dolomiten für immer vor Scham und Mitleid erröten mögen!...

DIE NACHKRIEGS-VERBRECHEN DER ALLIIERTEN: DIE AUSLIEFERUNGEN GESCHAHEN AUCH ANDERSWO

Einige Beispiele:

Auslieferungen am 24. 02./13.005.1946, ca. 6.000 Personen Dachau: Auslieferungen am 19. Januar 1946, ca. 300-500 Personen Kempten, Oberbayern: am 12.08.1945, 400 Personen Burgau und Bad Aibling: Juni-21.August 1946, ca. 800 Personen Regensburg April 1946, Tausnede Hamburg 1946, Tausende Frankreich Beauregard bei Paris, 1945-1946, Tausende Rimini, Italien Mai 1946, Tausende

Plattling (Bayern):

UNSERE BUCHEMPFEHLUNGEN

Georg Kobro: Auf den Spuren der Kosaken (Österreich, Bayern, Oberitalien). Ein ungewöhnlicher Wegweiser. Lienz 2018. € 22,--

Beide Bücher zu beziehen im Kosakenmuseum Lienz bzw. beim Verfasser.

~ 27 ~
*
*
*
* *
* * * *

Georg Kobro: Kosaken in Lienz 1945. Aufarbeitung eines ungesühnten Traumas. Geschichte der Kosaken. Fakten, Hintergründe und Zusammenhänge. Lienz-München 2020. € 39,--

Die Monographie untersucht die Entstehung der Kosaken als einer einzigartigen russischen Volksgruppe/Sub-Ethnie bzw. verebbaren Wehrbauern-Militärstand im Alten Russland. Erläutert werden ihr historischer Werdegang, die räumliche Verteilung, der gesellschaftliche Stellenwert und die Bedeutung, ihre russischorthodoxe Religion und russische Folklore. Den Schwerpunkt bildet das Kosakendrama ab 1917, Revolution, Auflehnung undFreiheitskampf gegen die totalitäre rote Gewaltherrschaft Lenins und Stalins,blutigeRepressaliensowiedieumstrittene Rolle der Kosaken im Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Deutschen Wehrmacht, was am 1. Juni 1945 in der apokalyptischen Auslieferungstragödie der Flüchtlinge in Lienz sowie an anderen Standorten auf tragische Weise gipfelte. Angesprochen werden Probleme/Kontroversen einer kosakischen Wiedergeburt in Russland sowie in den Anrainerstaaten und moderne Vereinnahmungs-Versuche durch Staat und Kirche.

Vorankündigung, erscheinen demnächst:

Georg Kobro: KOSAKEN-KRIEGSTAGEBUCH 1941-1945. Verfasser: Iwan N. Tscherenkow, Russischer Donkosak, Angehöriger der antikommunistischen Kosakenkolonie „Kosaken-Stan“. Am 1.Juni 1945 in Lienz/Osttirol von den Britenandie Sowjetsausgeliefert. Das Tagebuchwurde 1945 von zwei Bauernbuben im Gras gefunden und 70 Jahre später ins Kosakenmuseum gebracht! * * *

Georg Kobro: AufrussischenSpuren. DasKosaken-Lienz. Ein historischer Wegweiser zu den Kosakenstätten in Lienz und Umgebung (in russischer Sprache, deutsche Übersetzung in Vorbereitung).

~ 28 ~

Russ.

orth. GOTTESDIENSTPLAN

Antoniuskirchl/Apostel-Andreas-Kosakengemeinde «Antoniuskircherl» am Hauptplatz A-9900 Lienz www.lienz-orthodoxie.at

- Gemeindevorsteher: Erzpriester Dr. Georg KobroRuss.-orthodoxe

GOTTESDIENSTE in

Lienz

Die Russisch-orthodoxen Gottesdienste werden in Lienz in 14-täglichem Rhythmus jeweils am 2. und 4. Samstag im Monat gefeiert. Ort: Antoniuskirchl am Hauptplatz oder in der Hauskapelle des Kosakenmuseums, Hauptplatz 3. Beginn jeweils 8.30 Uhr

Geplant: Pannwitz-Kosakenfeier im Oktober 2020 Am Mittwoch, 14. Oktober 2020, russ.-orth. Gottesmutterfest „Maria Schutz“ feiern wir um 10.00 Uhr in Tristach am Pannwitz-/Kosakenstein eine Seelenandacht für General Helmuth von Pannwitz (sein Geburtstag) und seine Kosaken, um 11.00 Uhr in der Kapelle am Kosakenfriedhof eine Marienandacht. Abends sowie am nächsten Tag folgen Festveranstaltungen zum „Pannwitz-Tag“ im russischen Gemeinde-Kulturzentrum/Seminarraum des Kosakenmuseums Lienz. Näheres wird noch bekanntgegeben.

~ 29 ~
* * * * * * * * *
Kosakenfriedhof in Lienz

General Andrej A.Wlassow: Manifest des „Komitees zur Befreiung der Völker Russlands“ Prag, den 14. November 1944 (Auszug)

Das Komitee zur Befreiung der Völker Russlands hat folgende Zielsetzungen:

o den Sturz der Tyrannei Stalins, die Befreiung der Völker Russlands vom bolschewistischen System und eine Wiederherstellung der Rechte, die die Völker Russlands sich in der Volksrevolution von 1917 erkämpft hatten;

o eine Beendigung des Krieges und Abschluß eines ehrenvollen Friedens;

o die Errichtung einer neuen, freien, nationalen russischen Staatlichkeit ohne Bolschewismus und Ausbeuter.

Als Grundlage der neuen russischen Staatlichkeit sollen folgende Prinzipien gelten:

o Gleichheit aller Völker Russlands und ihr Recht auf nationale Entwicklung, Selbstbestimmung und gegebenenfalls auf staatliche Selbständigkeit.

o Ordnung einer nationalen Arbeit, bei der sämtliche Interessen des Staates denAufgabenderHebungdesWohlstandsundderEntwicklungderNation untergeordnet sind.

o Erhaltung des Friedens und Herstellung eines freundschaftlichen Verhältnisses zu allen Ländern sowie die Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit.

o Umfassende staatliche Maßnahmen zur Festigung der Ehe und Familie. Gleichberechtigung der Frau.

o Abschaffung der Zwangsarbeit und Sicherstellung des Rechts auf freie Arbeit, das allen Werktätigen materiellen Wohlstand gewährt. Festlegung einer Vergütung, die einen angemessenen Lebensstandard sichert, für jede Art von Arbeit.

o Abschaffung der Kolchosen, unentgeltliche Übergabe von Grund und Boden in das Privateigentum der Bauern. Freiheit in der Form der Landbewirtschaffung. Freie Nutzung der Erträge der eigenen Arbeit, Abschaffung der Zwangsablieferungen an den Staat und der Schuldverpflichtungen, die der Sowjetmacht gegenüber eingegangen wurden.

o Unantastbarkeit des durch Arbeit erworbenen Privateigentums. Wiederherstellung des Handels und des Handwerks und Gewährung des Rechts und der Möglichkeit, am Wirtschaftsleben des Landes teilzunehmen.

~ 30 ~ HISTORISCHER A N H A N G

o Für die Intellektuellen: die Ermöglichung sich frei zum Wohle des Volkes einzubringen.

o Sicherung für die werktätigen Arbeitnehmer der sozialen Gerechtigkeit unddesSchutzesvorjeglicherAusbeutung,unabhängigvonihrerHerkunft und der früheren Tätigkeit.

o Ein Recht für alle auf kostenlose Ausbildung, ärztliche Versorgung, Erholung und Altersversorgung.

o Die Vernichtung des Terror- und Gewaltregimes. Abschaffung von Zwangsumsiedlung und Massendeportation. Gewährung der Freiheit der ReligionunddesGewissens,desWortes,derVersammlung,derPresse.12. Garantie der Unantastbarkeit der Person, des Vermögens, des Heimes. 13.

Die Geichheit aller von dem Gesetz. Unabhängigkeit und Transparenz/Öffentlichkeit der Rechtsprechung.

o Die Befreiung aller politischen Häftlinge und deren Rückführung in ihre Heimat aus Gefängnissen und Lagern, und zwar aller, die wegen ihres Kampfes gegen den Bolschewismus belangt wurden. Keinerlei Vergeltung bzw. Verfolgung jener, welche ihren Kampf für Stalin und für den Bolschewismus einstellen, unabhängig davon, ob dieser Kampf aus Überzeugung oder unter Zwang geführt wurde.

o Der Wiederaufbau des durch den Krieg vernichteten Volksvermögens –d.h. der Städte, Dörfer, Fabriken und Werke – auf Kosten des Staates.

o Versorgung der kriegsversehrten Invaliden und ihrer Familien durch den Staat.

Zitiert nach Fröhlich, Sergej: General Wlassow. Russen und Deutsche zwischen Hitler und Stalin. Köln 1987, S.395.

Zu den Mit-Verfassern des Manifestes gehörten Wilfried Strik-Strikfeldt, Alexander Kasanzew (Autor des Buches „Die Dritte Kraft“), Prof.Alexander Sajzew u.a.m. Bekanntlichgingmit derVerbreitungdiesesManifestsEnde1944auchdie – völlig verspätete bzw. verzweifelte – Aufstellung der „Russischen Befreiungsarmee“/ROA einher, unter der Führung von General Andrej Wlassow, einem russischen Hoffnungsträger, dem sich, bis in die letzten Kreigstage und auch noch die ersten Tage danach, immer noch erstaunlich viele Rotarmisten, darunter auch Kosaken, anschlossen.

SPENDENAUFRUF

Wir bitten einige säumige Vereinsmitglieder ihre Überweisungen nachzuholen. Ohne Ihre großzügige Unterstützung könnte unser Kosakenmuseum nicht existieren. Ein herzliches Vergelt's Gott euch allen hierfür! Auch einmal-Spenden sind willkommen.

~ 31 ~
~ 32 ~

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.