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Autor von Wanderbüchern und Naturschutzreferent der Sektion Weitwanderer

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Naturgenuss ja, aber bitte nicht hier

Österreich ist zwar reich an schönen Naturgebieten, doch diese sind oft in privatem Besitz und für die Allgemeinheit nicht zugänglich. AK, Naturfreunde und Alpenverein wollen nun den „Naturgenuss für alle“ rechtlich verankern.

Foto: Maria Wimmer Da bewegt sich doch was. Am Gegenhang erkenne ich reges Treiben. Um die zehn Gämsen rutschen am Hintern talwärts ans Ende eines Schneefeldes. Kaum unten angekommen, stürmen sie wieder hinauf und das Rodelabenteuer startet von neuem. Ich beobachte das Schauspiel eine halbe Stunde lang aus sicherer Entfernung, weit und breit keine andere Menschenseele. Bis sich die Abendsonne hinter dem Horizont verabschiedet und die Gämsen weiterziehen.

Dieser besondere Moment spielte sich vor einigen Jahren auf knapp 2.000 Metern Seehöhe im Toten Gebirge ab, in meinem Rucksack ein Biwaksack und eine Unterlagsmatte. Diese Tour, vom Traun- zum Steyrursprung, war an einem Tag nicht zu schaffen. Es brauchte also ein geplantes und erlaubtes Biwak im oberösterreichischen alpinen Ödland.

Es war für mich ein Gefühl von „Jedermannsrecht“. Jenem Gewohnheitsrecht, das vor allem Menschen in nordischen Ländern grundlegende Rechte bei der Nutzung von Landeigentum zugesteht. Das Zelten und der „freie Fußwanderverkehr“ sind in Österreich je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Stichwörter: Baumgrenze und alpines Ödland. Oberösterreich ist diesbezüglich wenig restriktiv. Im alpinen Ödland darf ich mich frei bewegen, Lagern und Zelten eingeschlossen. Tirol wendet dagegen viel strengere Regeln an.

Doch selbst das reguläre Freizeitvergnügen, wie beispielsweise beim Weitwandern, wird meiner Wahrnehmung nach mehr eingeschränkt: scheinbar willkürliche Wegsperren, Gebietssperren, zeitliche Zugangsbeschränkungen. Ich bin absolut dafür, dass es Schutzgebiete gibt, die der Mensch nicht betreten darf. Sie sollen nach meinem Empfinden sogar ausgeweitet werden. Aber ein Ausschluss von Menschen aus Naturräumen, die einfach nur Erholung suchen? Und dabei meine ich nicht ein geplantes Biwak im Gebirge, das sowieso nur die wenigsten Wanderer machen würden.

»Ich bin absolut dafür, dass es Schutzgebiete gibt, die der Mensch nicht betreten darf. Sie sollen nach meinem Empfinden sogar ausgeweitet werden.«

Als leidenschaftlicher Weitwanderer würde ich ein „Jedermannsrecht“ für Österreich begrüßen. Es gibt Beispiele aus Skandinavien, aber auch die Schweiz, geographisch ähnlich strukturiert wie Österreich, wendet dieses Recht an. Warum soll es nicht auch hier funktionieren? Dann fällt mir wieder ein: Wir sind ja in Österreich. Aber vielleicht bewegt sich ja doch was. —

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