SÖFFENTLICH-RECHTLICHE QUALITÄT IM DISKURS
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VALUES AND TRUST MINNA HOROWITZ, UNIVERSITY OF HELSINKI ALESSANDRO D’ARMA, UNIVERSITY OF WESTMINSTER 24
PUBLIC SERVICE MEDIA IN EUROPA IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN ÖFFENTLICHEM AUFTRAG UND PLATTFORMÖKONOMIE DR. IN NATASCHA ZEITEL-BANK, UNIVERSITÄT INNSBRUCK 50
ACCOUNTABILITY AND PLATFORMS‘ GOVERNANCE: THE CASE OF ONLINE PROMINENCE OF PUBLIC SERVICE MEDIA CONTENT KRISZTINA ROZGONYI, SENIOR SCIENTIST, INSTITUTE FOR COMPARATIVE MEDIA AND COMMUNICATION STUDIES (CMC)/AUSTRIAN ACADEMY OF SCIENCES 91
DO THEY STILL BELIEVE IN THE FOURTH ESTATE? FIELD THEORETICAL EXPLORATIONS IN TIMES OF MULTIPLE CRISES MAG. DR. DIMITRI PRANDNER, UNIVERSITÄT LINZ 128
ARTIFICIAL INTELLIGENCE IN PSM NEWS: THE AI INTELLIGIBILITYAGENCY PROBLEM AND THEFUTURE OF PUBLIC SERVICE JOURNALISM PROF.IN DR. IN CORNELIA MOTHES, MACROMEDIA UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES, LEIPZIG 164
KOMMUNIKATIVE HERAUSFORDERUNGEN DURCH VERSCHWÖRUNGSMYTHEN UND FALSE BALANCE IN ZEITEN VON KRIEG, PANDEMIE UND POSTFAKTIZITÄT PROF. DR. RALF HOHLFELD, UNIVERSITÄT PASSAU 197
ERWARTUNGEN IN DER JOURNALISMUS-PUBLIKUMBEZIEHUNG IN DIGITALEN KONTEXTEN – DETERMINANTEN DER ACCOUNTABILITY VON ÖFFENTLICHRECHTLICHEN MEDIEN JUN.-PROF. IN DR. IN HELENA STEHLE, UNIVERSITÄT MÜNSTER DR. IN BERNADETTE UTH, UNIVERSITÄT MÜNSTER DR. IN HANNE DETEL, UNIVERSITÄT TÜBINGEN
INDIVIDUELLER WERT
VERTRAUEN SERVICE UNTERHALTUNG WISSEN VERANTWORTUNG
DIE 5 QUALITÄTSDIMENSIONEN
GESELLSCHAFTSWERT VIELFALT ORIENTIERUNG INTEGRATION BÜRGERNÄHE KULTUR
INTERNATIONALER WERT EUROPA-INTEGRATION GLOBALE PERSPEKTIVE
ÖSTERREICHWERT
IDENTITÄT
WERTSCHÖPFUNG FÖDERALISMUS
UNTERNEHMENSWERT INNOVATION TRANSPARENZ KOMPETENZ
Public Value, die gemeinwohlorientierte Qualität der öffentlich-rechtlichen Medienleistung des ORF, wird in insgesamt 18 Kategorien dokumentiert, die zu fünf Qualitätsdimensionen zusammengefasst sind. Mehr dazu auf zukunft.ORF.at.
HERAUSGEBER UND HERSTELLER: Österreichischer Rundfunk, ORF Würzburggasse 30, 1136 Wien
DESIGN: ORF Marketing & Creation GmbH & Co KG
FÜR DEN INHALT VERANTWORTLICH: ORF-Generaldirektion Public Value
1. Auflage, © ORF 2022 Reaktionen, Hinweise und Kritik bitte an: zukunft@ORF.at
– gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse” des Österreichischen Umweltzeichens, ORF Druckerei, UW 1237
CHECKS AND BALANCES
Krisen, Krieg und katastrophische Szenarien – ausgelöst durch Pande mie und Klimanotstand – haben die Frage der Glaubwürdigkeit von Me dien auf den Prüfstand gestellt. Wer liefert faktenbasierte Information statt Fake News und False Balance? Wie lässt sich zwischen kompeten ter und überprüfbarer Berichterstattung und algorithmisch gesteuerter und auf ökonomische Verwertbarkeit ausgerichteter Informationsflut unterscheiden? Wie reagieren öffentlich-rechtliche Medien auf die alar mierende Vertrauenskrise, die mittlerweile die gesamte Medienwelt er schüttert?
Tatsache ist: Digitale Technologien haben zu enormen Disruptionen in Medienökonomie und Mediennutzung geführt. Global agierende Daten konzerne nützen ihren zunehmenden Einfluss auf die öffentliche Kom munikation unserer Gesellschaften. Ihre Produkte und Angebote haben nicht nur faszinierende neue Möglichkeiten der Kommunikation, son dern auch zahlreiche Negativeffekte geschaffen: Falschinformation als „alternative Wahrheiten“ getarnt, Filterblasen sowie die intransparen te und unkontrollierte algorithmische Produktion von personalisierten Nachrichten gefährden den öffentlichen Diskursraum demokratischer Gesellschaften. Immer mehr Menschen bewegen sich im Internet im Uni versum kommerzieller Sozialer Medien und haben nur mehr geringen Bezug zu redaktionellem Qualitätsjournalismus. Das über Jahrzehnte geltende Paradigma, dass unabhängige Medien auf der Grundlage pro fessioneller und überprüfbarer journalistischer Kompetenz, als „vier te Gewalt“ in demokratischen Gesellschaften den Einfluss von Politik und Wirtschaft konsequent und wirksam kontrollieren, steht unter dem Druck der „fünften Gewalt“, den nur so genannten „Sozialen Medien“ in Frage. Gleichzeitig kommt es zu massiven Verwerfungen in der Ge sellschaft: Polarisierung und Fragmentierung, die Entwicklung ausge klügelter neuer Formen manipulativer Propaganda, die Zunahme von Cyber-Strategien zur Untergrabung der Demokratie sowie eine vielfältig wirksame Empörungsbewirtschaftung erschüttern nicht nur die Wahl kämpfe zahlreicher Länder, sondern auch die Vertrauenswürdigkeit der Medien insgesamt. Qualitätsjournalismus, insbesondere öffentlichrechtlicher Qualitätsjournalismus ist unter diesen Bedingungen mehr denn je gefordert.
Die vorliegende Studie unternimmt -aus der Vogelperspektive der Wis senschaft- einen Reality-Check aktueller Herausforderungen. Zehn Autor:innen aus unterschiedlichen Disziplinen analysieren Rahmenbe dingungen, Problem- und Fragestellungen:
• Minna Horowitz (University of Helsinki) und Alessandro D’Arma (Uni versity of Westminster) formulieren Rahmenbedingungen für die Ver trauenswürdigkeit journalistischer Produktion der öffentlich-rechtli chen Medien im digitalen Medienwandel.
• Natascha Zeitel-Bank (Universität Innsbruck) erörtert die Herausfor derungen der europäischen öffentlich-rechtlichen Medien im Span nungsfeld zwischen öffentlichem Auftrag und Plattformökonomie.
• Krisztina Braun-Rozgonyi (Universität Wien) untersucht die Zuverläs sigkeit und Vertrauenswürdigkeit relevanter Online-Dienste vor dem Hintergrund europäischer Medienregulierung.
• Dimitri Prandner (Universität Linz) bezieht sich in seiner Analyse auf die Wechselwirkung zwischen Krisen und der Funktion der Medien als „Vierte Gewalt“.
• Cornelia Mothes (Universität Leipzig) widmet sich der Frage gesell schaftlicher Wertschätzung durch Gemeinwohlorientierung in der journalistischen Arbeit.
• Ralf Hohlfeld (Universität Passau) untersucht Verschwörungsmythen und False Balance in Zeiten von Krieg, Pandemie und Postfaktizität.
• Helena Stehle, Bernadette Uth (beide Universität Münster) und Hanne Detel (Universität Tübingen) analysieren die Erwartungen in der Jour nalismus-Publikum-Beziehung in digitalen Kontexten.
Wie es sich in den vorgängigen Public Value-Jahresstudien bewährt hat, ist auch dieses Studienprojekt interdisziplinär und international ausgerichtet. MDR, SWR, BR, ORF sowie der europäische Dachverband der öffentlich-rechtlichen Medien (EBU) haben jeweils unterschiedliche Medienexpert:innen beauftragt, deren Beiträge ein heterogenes Studien design und ebensolche Ergebnisse und Perspektiven ergeben. Die Ana lysen der Wissenschaftler:inen liefern damit eine Grundlage für einen anspruchsvollen Qualitätsmediendiskurs und eine zukunftsorientierte Ausrichtung der öffentlich-rechtlichen Medien, nicht zuletzt in der Frage, wie sie ihre Rolle im Rahmen der „Vierten Gewalt“ unabhängiger Medien im digitalen Informationszeitalter erfüllen können. Denn gerade das ist Public Value: Die für die Demokratie unverzichtbare Antwort darauf, wem Medien nützen und wie.
KLAUS UNTERBERGER KONRAD MITSCHKA ORF PUBLIC VALUEVALUES AND TRUST
1. Introduction: Trust and the Fourth Estate
The media as a whole, and professional journalism in particular, have traditionally functioned as the so-called Fourth Estate in democratic societies by serving as an information source and a watchdog. The rise of the Internet has challenged this normative function (Tumber, 2001).
Today’s digital platforms and social media form a Fifth Estate of sorts. These online intermediaries have become major news sources (e.g., Ne wman et al., 2022) while indiscriminately providing massive amounts of information and entertainment, professional and amateur content, and real and false information. They are also thought to create information silos instead of a shared public arena (e.g., Muhammed & Mathew, 2022).
The Fifth Estate, then, is not based on trusted facts and an imperative to inform citizens but on surveillance capitalism (Zuboff, 2019) that aims to achieve the highest possible engagement in order to collect the most user data for commercial gain. Given the power of the Fifth Estate to offer an avalanche of constantly updated content without interest in its veracity, it is not surprising that declining trust in knowledge institutions, inclu ding the media and social media both, is a widely documented trend.
The most recent edition of the global Digital News Report reveals that in 2022, compared to the year before, trust in the news fell in almost half of the 46 countries that were surveyed (Newman et al., 2022). Even so, ma jor recent crises, such as the COVID-19 pandemic and the war in Ukraine, have yet again proven that a healthy degree of trust in knowledge institu tions, including the media, is necessary to ensure the proper functioning of democracies (see Bennett et al., 1999; Tsfati & Cohen, 2005).
It is also no surprise that trust in the media has become one of the main areas of academic and applied communication research (Fawzi et al., 2021; Strömbäck et al., 2020). Well-known explanations of the erosion of trust in the news include the rise of the ideology of populism in Europe and elsewhere, growing societal and political polarisation, and rhetoric by political leaders undermining the value of truth. The phenomenon of disinformation associated with social media use and with the platfor misation of news consumption has spawned a vast amount of academic research and policy analysis (for a review of the literature, see, e.g., Ka pantai et al., 2021; for the effects of dis/misinformation on media trust, see Hameleers et al., 2022).
A less explored and more complex systemic factor also believed to have a bearing on levels of media trust in a country has to do with the strength of public service media (PSM). Research shows that traditional media tend to be more trusted than social or online media, especially at times of crisis, and that PSM organisations are often the most trusted sources among legacy media (see, EBU, 2021b; Newman et al., 2022).
Most of the research on trust in media is still primarily concerned with the erosion of trust, with exploring the impact of both individual and systemic-level factors, and with the effects of declining trust on news me dia use, rather than considering what can be done to reverse the trend. At the same time, trust is also seen as a competitive edge for journalism in the era of the so-called information disorder (Wardle & Derakshan, 2017). Even more fundamentally, a strong relationship with audiences is the foundation of quality journalism: it guides the news organisations in terms of what, why, and how news is reported (e.g., Fink, 2019).
Trust is a key requirement for PSM, as well as an asset to their legitimi sation strategies. More fundamentally, PSM can be a precious tool for democratic governments aiming to increase levels of trust in news media and other knowledge institutions, one of the pre-conditions for good governance. In this essay, we consider how PSM organisations can build trust in news media by adhering to their essential values – as well as how those values can be challenging to maintain, with potentially detrimen tal effects on trust. The essay is organised around the core PSM values identified by the European Broadcasting Union (EBU, 2012): universali ty, independence, excellence, diversity, accountability, and innovation. In the following, we will outline our framework for understanding the relationship between PSM values and trust, reflect on the framework in the light of what is known about trust in journalism, and discuss the strategic implications of this relationship for PSM – and for democracy at large.
2. A multidimensional framework: Trust and PSM values
Trust is a coveted but elusive experience that governments, commercial companies, non-governmental organisations, and the media seek to eli cit. Trust has also been widely researched, especially in the past decade, from theoretical treatments of democracy to consultancy reports guiding businesses. However, the concepts in studies on trust – and in research on trust and the media – are neither set nor uniform. Even at the level of terminological use, there is great variance: Trust is often used interchan geably with credibility and reliability, and mistrust and distrust are also often used synonymously (e.g., Fisher et al., 2010). Most studies posit
that trust is founded to a varying degree on both rational reasoning and emotional experiences (Warren, 1999). The digital era has muddled au diences’ views of truth and objectivity, highlighting the importance of emotions in journalism experiences (Beckett & Deuze, 2016).
An under-researched aspect of trust in news is how media organisations can build and maintain trust in their contents and services (e.g., Henke et al., 2019). Journalists and audiences view aspects of trust somewhat differently (Toff et al., 2021): the former stress the challenges of the com petitive pressures of the news market, and the latter appreciate traditio nal, concrete features of well-known sources and traditional journalistic style (e.g., Horowitz et al., 2021).
Indeed, in recent years, research has highlighted that trust in journa lism is a multidimensional experience for audiences (Horowitz et al., 2021; Strömbäck et al., 2020; see Figure 1). First, trust in the media as an institution, or generalised trust, focuses on the media’s role in society. Second, audiences may perceive the trustworthiness of specific outlets, journalists, or other content creators quite differently, and experiences of trust can further depend on the specific topic. Finally, trust or distrust is experienced due to factors influencing an individual (e.g., demographic variables such as age or education, political views, personal experien ces, attitudes, and values) and depends on both rational reasoning and emotional responses to the object of trust.
Figure 1: Multidimensionality of trust
Given these complex and sometimes contradictory aspects of experien ces of trust in journalism, how can PSM evaluate and strengthen their
trustworthiness in the eyes of their audiences? In our framework, we re flect the multidimensionality of trust as conceptualised in relevant re search with the six core values of PSM, as stipulated by the EBU (2012, pp. 4–5):
1. Universality: PSM strive to reach all segments of society with multiplatform contents and services, enabling diverse voices and participation in society.
2. Independence: PSM are free from political, commercial, and other influences and ideologies and provide impartial content.
3. Excellence: PSM foster high standards of practice and content quality.
4. Diversity: PSM provide differing and pluralistic views, different genres, and staff diversity.
5. Accountability: PSM listen to audiences and strive for transpa rency of processes and practices.
6. Innovation: PSM create new formats and use new technologies to connect with audiences.
We argue that, based on what research tells us about the multidimensi onality of trust and audiences’ relationship with PSM, we can connect these six core principles with different aspects of trustworthiness. This connection can help PSM organisations evaluate and strengthen their in ternal strategies. More broadly, the framework highlights the crucial role that PSM organisations, driven by these core values, can play in building media trust in European democracies.
3. Universality
The EBU’s definition of universality emphasises universal reach, that is, the aspiration of PSM organisations to provide to all segments of soci ety, free-to-access, pluralist, and diverse content, thereby contributing to social cohesion and a healthy public sphere. This definition implies several fundamental aspects of trust that have been widely recognised as essential for democratic societies. Trusted media sources are crucial as a shared source of information and knowledge, as well as a critic of those in political and economic power, because they allow members of a society to build trust in one another and in society as a whole. To be successful, the dialectical function of journalism (Blöbaum, 2014) as a trustee of the people (acting as a watchdog) and as a trustor (a societal knowledge creator that provides shared public arena for knowledge) re quires universal access to journalistic content.
The presence of strong PSM, institutionally and normatively committed to their universal service mandate and to providing such a public space,
is crucial in building generalised trust in media. However, in today’s in creasingly fragmented and polarised environment, there are widespread concerns that personalisation of news provision through algorithmicaided recommender systems is having a negative impact on the range of viewpoints that people are exposed to, resulting in filter bubbles (Pa riser, 2011), echo chambers (Sunstein, 2007), and news avoidance alto gether (Toff & Kalogeropoulos, 2020).
In fulfilling their universal mission, PSM face multiple challenges: reach of their traditional broadcast services has been in decline for several ye ars now, especially among younger people; to maintain high reach, PSM are increasingly relying on third-party search engines and social media, thereby increasing their dependence on those platforms’ opaque recom mender systems; last, regarding their digital services (websites, apps, and streaming services), PSM are confronted with difficult choices about personalisation (see, e.g., Hildén, 2021; Sørensen & Hutchinson, 2018), including how to balance the seemingly conflicting goals of personalisa tion and universalism and the extent to which to rely on algorithms, as opposed to human curation, to deliver personalised services.
For PSM to build and strengthen trust in their journalism in today’s al gorithmic-driven, hyper-personalised media environment, no other PSM core value appears to be as relevant and in need of a rethink as universa lity. The response of PSM to the challenges of fragmenting audiences has been to adopt multi-platform distribution strategies, aiming to establish a presence across all platforms and devices to maximise reach: ‘Everyo ne, everywhere’ (EBU 2012, pp. 4–5).
In response, scholars have suggested distinctive public service approa ches to personalisation. These involve adopting recommender systems that promote serendipitous encounters, enhance exposure diversity, and safeguard shared moments. A general consensus is that PSM need to
find a balance between reach and personalised distinctiveness and bet ween offering audiences certain content and honouring today’s active users, who prefer to choose and curate their media consumption (Sø rensen & Hutchinson, 2018); hence the emergence of new concepts such as nuanced universality (Hokka, 2019), which recognises the needs of various audience groups, even in the news, which is a traditional vehicle of shared information.
All in all, universality is a public service value par excellence. It is an im perative that does not mean much to commercial outlets or platforms if
not coupled with financial gains. The idea of universality is also perhaps the most fundamental value in building trust in PSM journalism – con versely, universality cannot be reached without audience-users’ trust. This is why, as discussed in the following sections, the other core PSM values intersect and support the universality of wide reach while also facilitating tailored services to individuals and groups.
4. Independence
Like trust, media independence is a complex concept, and like trust, the object of independence can be the news media system as a whole, spe cific media organisations, or even individual journalists (Karppinen & Moe, 2016). In its definition, the EBU highlights independence from poli tical, commercial, and other influences and ideologies as the core of the concept of independence, which in turn enables PSM to perform their Fourth Estate role and act as watchdogs of those in power.
Media independence, especially political independence, has a strong be aring on trust (Benson & Powers, 2011). That is, people’s trust in media and journalism is closely related to how independent from outside forces they perceive the media as a whole or specific media entities to be. In turn, perceptions of media independence influence, and are influenced, by the public’s evaluations of the reliability, accuracy, impartiality, and objectivity of the news supplied in a media system or by specific media outlets.
Independence is a core value of PSM. The very distinction between stateadministered media and public service media rests on whether or not an organisation enjoys constitutional and legal guarantees of indepen dence from the state (Benson & Powers, 2011; Hanretty, 2009; Tambini, 2015). Being non-profit organisations in receipt of public funds, PSM are also better insulated than other news media organisations from the in fluence of market forces. This happens when commercial pressures to maximise audiences and usage take precedence over public interest con siderations or when the interests of advertisers, private owners, and do nors impinge on newsroom autonomy. However, not only are both politi cal and commercial independence only imperfectly realised in practice, but also the current environment presents PSM with new threats to both forms of independence.
Legal protections do not automatically translate into de facto political independence. Notwithstanding legal arrangements to safeguard their political independence, PSM are often perceived as creatures of the state. Levels of trust in PSM have been negatively affected in countries in which
there is a tradition of political interference and media instrumentaliza tion (Hallin & Mancini, 2004). In recent years, the rise of right-wing po pulist politics, one target of which has been PSM, which are accused of political bias, is believed to have contributed to a decline in media trust generally and trust in PSM specifically (see Sehl et al., 2020).
The data-driven media environment in which journalism is increasin gly practiced creates strong incentives for journalistic outlets to follow a market logic aimed at maximising traffic at the expense of public interest considerations and even in disregard of users’ right to fair treatment of their personal data. These commercial pressures are felt acutely by com mercial journalistic outlets struggling to build a financially sustainable business model. In the current digital media environment, thus, com mercial pressures on profit-driven journalism have intensified. PSM are not immune to this same pressure, especially those PSM organisations that rely on advertising as a supplementary source of income (see Søren sen et al., 2020).
An increasingly important pillar in trust-building for PSM, then, involves adopting ethical, open, and transparent practices in personal data use and explicitly rejecting models of digital journalism that are driven by the quest for more clicks. Freedom from the commercial pressures of the digital news market is an asset that PSM organisations can leverage to build trust. It marks a key point of distinction with the data-driven model of profit-driven journalism in the Fifth Estate of social media and digital platforms.
5. Excellence
EBU defines excellence as composed of three specific components: in ternal fostering of talent, benchmarking of best practices for the entire industry, and collaboration with and empowerment of audiences. While each component can be seen as a building block for trust, the most direct aspect – both an opportunity and a challenge – is how PSM engage with audiences.
Audience participation as a strategy by which PSM can strengthen insti tutional legitimacy and expansion to multiple platforms is already seve ral decades old and widely accepted (e.g., Enli, 2008). Even so, in terms of journalism, participatory approaches are not necessarily the only op portunities for trust-building in journalism. While such possibilities via digitalisation have been widely discussed, research indicates that au diences still tend to primarily see themselves as recipients of news (Suau et al., 2019).
Similarly, social media platforms that are often used as a vehicle for par ticipatory opportunities are viewed differently from legacy news media: generalised trust of the media as an institution does not extend to social media platforms and apps. One reason is that people use social media for various purposes, including entertainment. Audiences may seek sources they do not trust on social media simply for exposure to alternative views and trending debates (Ardèvol-Abreu & de Zúñiga, 2016).
This gap in generalised trust between legacy and social media creates challenges for digital news journalism. While legacy outlets, including PSM, participate in digital platforms, they are vulnerable to the so-called content confusion (Einstein, 2016): Audiences may not be able to dis tinguish between institutional journalism, user-generated opinion, and paid promotional content. It follows that PSM news may not be easily recognisable and distinguishable in the context of vast and fleeting so cial media content. Furthermore, the modality of participation on social media is not always empowering and supportive of citizenship; it may require extensive moderation to adhere to the ethical standards of PSM journalism. Finally, participation in these platforms means that audience data will be used for commercial purposes.
Still, social media platforms are an important gateway to journalism, as they offer vast reach and the direct involvement of various audience groups, especially young people (Eddy 2022; RIJS, 2019). It is notable that the differences in news consumption seem to be growing between digital immigrants and digital natives – even between the latter and social na tives. The youngest audiences have weak connections to brands, inclu ding PSM, and high reliance on social media (Eddy, 2022). To reach them at all, PSM need to engage in social media and the highly participatory modalities that it entails.
Given these conflicting opportunities and challenges, it is no wonder that the approaches to social media by various PSM, and their reach, differ, both generally and specifically in relation to news (Martin, 2021; Sehl et al., 2016, 2017, 2021). What, then, could be a guideline for trust-building via PSM excellence when it comes to participation?
Research indicates that legacy media need to heavily promote their di stinct excellence to build the trust of audiences (Newman & Fletcher, 2017). Such a distinction could be achieved if PSM participatory oppor tunities could build trust via excellence by PSM taking a ‘society-centric’ approach: participation should contribute to authenticity and diversity; it should help media professionals and user-audiences bring up neglec
ted issues and more effectively foster understanding of societal issues; and it should offer opportunities for criticism of the functions of the me dia (Vanhaeght, 2019).
6. Diversity
Diversity is a feature often associated with PSM mandates and an aspect of their distinctiveness. In research, diversity has been understood as threedimensional (e.g., Napoli, 1999). One aspect of media diversity is source diversity, which pertains to a media system with, optimally, multiple sour ces of content. In that respect, PSM have been considered guarantors of system diversity, organisations that can fill in the market’s gaps in content and services. The notion of content diversity, of PSM offering the full pa lette of genres and services, is closely related to the idea of universality in output. It can also include the concept of diverse voices and views. Expo sure diversity, then, refers to reaching different audience groups. This type of diversity can mean using various avenues, including platforms, to do so.
All aspects of diversity are essential to serving audiences in the best way possible, whether regarding PSM as organisations or their role as jour nalistic outlets, and no aspects should be taken for granted. Journali stic source diversity may seem self-evident, as news is considered the core content of PSM in many countries, even in the multiplatform digital environment (e.g., Sehl, 2020). Still, commercial competitors can claim that PSM journalism should be limited in terms of online formats – as has recently happened in Finland and Sweden. Content diversity, too, has been a much-debated issue: Can PSM compete for audiences with content similar to that of their commercial rivals? In any case, offering di verse content and serving diverse audiences is at the heart of PSM, with the ultimate goal of offering building blocks for ‘a more inclusive, less fragmented society’ (EBU 2012, p. 5).
Understood this way, diversity has a central role in building trust, which does not depend exclusively on the media as an institution or specific journalistic products. Instead, several factors impact the experiences of individuals (and groups) regarding trust in the media, including di gital news (Livio & Cohen, 2016). As noted earlier, age influences news consumption, especially in relation to the use of social media as a news source (Boczkowski et al., 2018). As illustrated in a study by the Reuters Institute for the Study of Journalism (2019), young people’s news con sumption is influenced by their specific life situations and individual interests and by the specific apps they use to access news. For them, tra ditional societal news such as current affairs is often less important than individual knowledge needs related to their life style and interests.
Unsurprisingly, an individual’s political views influence what they find trustworthy. For instance, a survey of eight European countries illust rated that populist worldviews correlate with perceptions of media un trustworthiness and dissatisfaction with news on the economy, migrati on, and crime (Pew, 2018). Another study on populist attitudes and news consumption noted that populist attitudes also correlate with less news consumption (Stier et al., 2020). However, while PSM are often politicised for broader ideological purposes to challenge their independence (see above and Sehl et al., 2020), audiences with various political leanings seem to accept PSM more readily than other news sources (Schultz et al., 2019).
All in all, one’s own experiences and consumption habits are a signifi cant factor in how individuals experience trust in the media, news out lets, or a specific news story. In this light, the much-debated issue of con tent personalisation and algorithmic journalism by PSM (e.g., Sørensen & Hutchinson, 2018) can be seen as a tactic for trust-building.
Yet caring for diversity at an individual level is not enough. PSM still need to follow the age-old mission of public service media by bringing audiences ideologically varied news but also challenging them with new view points and inspiring them to participate in debates (d’Haenens, 2021). Diversity also entails promoting the capabilities of minority audiences (e.g., Naerland & Dahl, 2022). PSM have a special role in the European media markets in this regard: some one-third of them provide content in minority languages, and together they provide around 280 services that target various religious, ethnic, and migrant groups (EBU, 2022a). Ulti mately and finally, these aspects of trust-building diversity can be best supported by promoting diversity internally, especially among news room staff (Newman et al., 2017).
7. Accountability
Accountability, according to the keywords in EBU’s definition, is about openness, transparency, good governance, and being subject (and res ponsive) to public scrutiny. No other media organisations are as accoun table as PSM. This is because the standards against which PSM are held accountable, as set out in charters, service contracts, and regulatory do cuments, are higher than those applied to privately-owned and commer cially-run media organisations, even when the latter are also subject to statutory, public interest obligations (e.g., McQuail, 2003).
Over the years PSM organisations have become subject to closer financial scrutiny and their performance evaluated against increasingly narrowly
defined performance criteria. The adoption in Europe of so-called public value tests for PSM’s new online services exemplifies this longer-term trend toward increased accountability (Brevini, 2013; Donders & Moe, 2011; Moe, 2011).
Scholars have been widely critical of these developments. One of the core problems in attempts to fashion structures of accountability for PSM is the ‘unresolvable tension’ (Garnham, 1993, p. 18; Jakubowicz, 2003) bet ween holding PSM politically accountable for their conduct on the one hand and ensuring that they are able to exercise their freedom, both edi torial and managerial, on the other. Notwithstanding these criticisms, tensions, and trade-offs, in a digital media environment where a handful of very large tech companies have accrued power on an unprecedented scale while remaining largely unaccountable to society, the political ac countability of PSM is arguably a precious asset in trust-building.
Systems of PSM accountability that have been developed since the 1990s could be characterised as serving political accountability, which is en sured through institutionalised arrangements such as annual reports to Parliament, service contracts, external financial auditing, approval of new services, and funding reviews. Through these mechanisms, PSBs are primarily made accountable to lawmakers and regulatory agencies and only indirectly to audiences. Political accountability, however, is not the only form of accountability. The interactive affordances of the Internet offer PSM a formidable feedback channel for developing practices of ac countability understood as transparency, responsiveness, and dialogue – public accountability (Bardoel & d’Haenens, 2004). It is this type of accountability that commentators often invoke instead of the more topdown mechanisms of political accountability. For instance, new models of citizen participation in governance and funding models for PSM, such as civic crowdfunding (Bonini, 2017), have been proposed, as have on line civic commons as a way to improve PSM accountability to the public (Ramsey, 2013). Transparency, one of the key dimensions of the concept of public accountability, is particularly relevant to debates on digital journalism. As already discussed in relation to excellence, the internet offers a wide range of tools that can increase both the transparency of newsrooms to the public and audience involvement in journalistic news production (see Fengler et al., 2015; Karlsson, 2011).
Trust in media can be expected to be high if effective channels of accoun tability are in place. As the most accountable type of media organisati on, PSM thus have a positive role to play in building trust in the media. Political, top-down accountability is an essential element in the overall
system of accountability for PSM. However, as advocated by a number of scholars, traditional forms of political accountability should be comple mented with more direct, bottom-up mechanisms of accountability that involve citizens’ involvement in news production and in the governance of PSM, a process facilitated by the interactive affordances of digital technologies.
8. Innovation
Innovation is neither a component of traditional public service broad casting mandates nor an element that is commonly associated with me dia trust. Quite the contrary: new media and communication technology innovations have usually caused concerns about potential negative im pacts on audiences (e.g., Bell, 2010). At the same time, digitalisation has changed media landscapes and content consumption dramatically, and the EBU adding innovation to the list of PSM values seems only natural and necessary. However, while digital innovations can bring great op portunities for legacy media, including PSM – as discussed in the section on excellence – there are also challenges that may impact audiences’ ex periences of trust.
A seminal study on media trust (Kohring & Matthes, 2007) argues that trust in specific news items is based upon trust in the journalistic choice of the topic, in the relevance and truthfulness of the content, and in the expertise and trustworthiness of the journalistic assessments. Digitali sation challenges some aspects of this understanding of trust. Experien ces of trust also depend on technological solutions, such as distribution platforms and the devices with which individuals access news. When access modes and consumption habits change, the perceptions of the trustworthiness of news can also change (Dunaway et al., 2018; Ottosen & Krumsvik, 2012). A fundamental challenge, already discussed in terms of social media and platform presence, is that PSM do not have normati ve digital mandates or even coherent strategies. It has even been argued that in many cases, public broadcasters are distributing plenty of con tent online but that this is seen as a supplement to broadcasting, rather than a digital-only or digital-first strategy (Donders, 2019). The ability to respond to the new perceptions of trustworthiness brought by new forms of news consumption is naturally essential in trust-building. In other words, as also discussed in the sections on universality and diversity, the Fourth Estate cannot ignore the Fifth.
On one hand, PSM struggle with the lack of a general digital mandate, and the level of digitalisation in different organisations can vary greatly. Howe ver, those PSM that have opportunities to innovate face several dilemmas,
not only because of the Fifth Estate but also in terms of using innovations in alignment with other PSM values. On the other hand, herein lies an op portunity for trust-building. As an example, an overview of the advantages and threats of artificial intelligence for PSM (Horowitz et al., 2022) points to opportunities for targeted service for individuals and groups but also emphasises PSM as an ethical industry leader in AI development and use, as well as the harbinger of AI applications that foster human rights and ci tizenship in a transparent way (see also the above section on Governance). Along these lines, it has also been suggested that PSM can act as educators regarding new technologies and can empower audiences to understand developments such as datafication (Hokka, 2022).
Finally, innovation need not only relate to technology but can also mean innovative solutions and services for audiences in sudden crises, such as the pandemic (e.g., EBU, 2021a; Horowitz & Leino, 2020) and the war in Ukraine (EBU, 2022b). The trust shown toward PSM organisations during COVID-19 has, according to the organisations themselves, been largely due to their ability to respond quickly and decisively (EBU, 2021a).
9. Conclusion: Trust as a necessity for PSM
The question of trust in PSM is urgent for PSM organisations as well as for societies in which PSM operate. Globally, independent and trustwor thy journalism is becoming a rare commodity (Dragomir & Söderström, 2021), and PSM are one of its institutional protectors. There are some signs that the gains in trust in journalism achieved during the pandemic are beginning to fade (Newman et al., 2022). Even if news is increasin gly consumed online, often in an environment created and controlled by global commercial platforms, PSM can still seize opportunities for trust-building. The values articulated by the EBU create a road map for emphasising the distinct trustworthiness of PSM (Figure 2):
The connections between PSM values and trust in PSM journalism may seem evident. Still, a report on journalists’ and audiences’ views on the trustworthiness of news (Toff et al., 2021) highlighted how professionals and recipients view that somewhat differently. Journalists feared poli tical polarisation, the fierce competition of the attention economy, and platformisation as major challenges that could be remedied by journali stic transparency, listening to audiences, and diversity of views. Audien ces stressed familiarity and the reputation of the news brand, style, and objective reporting. In addition, journalists themselves may approach trust-building in various ways: either as a process of producing traditi onally-oriented quality journalism or as work focusing on audience en gagement (Zahay et al., 2021). As these and numerous other academic and applied studies show, trust in media and ways to cultivate it should be understood as a complex experience. Accordingly, trust in journa lism – whether for PSM or for other organisations – needs to be fortified from different vantage points. Those efforts also need to be explicitly ar ticulated for audiences. Here is where the PSM values can function as a roadmap. Trust needs to be constantly nurtured: a single experience of untrustworthiness may multiply and lead to a more general distrust of the media (Livio & Cohen, 2018).
As indicated by several studies, the good news is that PSM enjoy higher levels of trust than do most media, and they are not as severely affected by the decline in generalised trust in media. Similarly, studies suggest that while PSM may not be the primary news source for young audien ces, dispositional trust does not affect PSM in a dramatic way when it comes to ideological leanings, and in times of crisis, PSM become the de facto universal news source in many countries. Therefore, an emphasis by PSM on the value base of their operations could indeed be the key to developing trust in their journalism and their role within the Fourth Estate vis-a-vis the complex and chaotic communication environment of the Fifth Estate’s platforms and social media.
Yet, the trustworthiness of PSM journalism is not an end in itself. Trust in PSM strengthens trust in the entire national media system (Schranz et al., 2018). Ultimately, however, the question is about the relationship between PSM journalism and overall trust in a society, whether in social structures, in specific institutions, or in trust between citizens themsel ves. PSM organisations that actively build trust are needed in contexts that are afflicted with information disorder (Wardle & Derakshan, 2017) as well as economic and ideological polarisation. To a lesser or greater degree, those contexts include most if not all PSM countries, both new and mature. To be sure, there are major differences in trust levels in the
media in different countries, even within Europe. However, it seems that a robust PSM presence in a country tends to coincide with high levels of trust (EBU, 2021b; Newman et al., 2022). Similarly, we know that strongly entrenched PSM in a country is a factor of resilience against online dis information (Humprecht et al., 2020). The role of PSM in supporting so cietal trust does not mean it promotes blind belief in a status quo – some level of scepticism is needed for a functioning democracy (e.g., Nootens, 2018); instead, it serves as a version of the Fourth Estate that advocates for its audiences.
Unfortunately, it may be that the impartiality and objectivity of news me dia have generally become less assumed in a high-choice media environment offering various news products of different quality. In this environ ment, the role of PSM as a promotor of shared knowledge and debates is not only challenged by commercial imperatives and platforms but also by political forces that utilise them and openly undermine the legacy of PSM (Sehl et al., 2022). By doing so, they undermine democratic commu nication. Research indicates that not only is the erosion of media trust connected to declining confidence in political institutions but that high news consumption diets, both online and offline, are closely related to civic and political participation (Bennett et al., 1999; Castro et al., 2021; Gil de Zúñiga et al., 2018; Sehl et al., 2022).
It has been posited that researchers should monitor legacy media and PSM, especially in terms of how they may stray from their traditional normative requirements under commercial and political pressures (Stei ner et al., 2019). In this essay, however, we have argued that trust in PSM journalism is a crucial factor for societies and for PSM organisations themselves – and that different dimensions of trust-building can be eva luated and strengthened by benchmarking and promoting them with the normative PSM values. We extend that call to future research and point to a need to operationalise the values of universality, independence, ex cellence, diversity, accountability, and innovation for systematic empi rical analyses of the multidimensional audience experiences of trust in media.
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PUBLIC SERVICE MEDIA IN EUROPA IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN ÖFFENTLICHEM AUFTRAG UND PLATTFORMÖKONOMIE
DR. IN NATASCHA ZEITEL-BANK UNIVERSITÄT INNSBRUCK1. Einleitung
Die Wahrung demokratischer Prinzipien in der Europäischen Union ist stark an das System der Gewaltentrennung und damit verbunden an die Errungenschaften von Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit ge koppelt. Vor diesem Hintergrund ist auch die Entwicklung der europä ischen Medienpolitik zu sehen. Diese war in ihren Anfängen zunächst von wirtschaftsliberalen Motiven geprägt, wurde dann ergänzt durch kulturwahrende Aspekte und steht nun vor enormen Herausforderungen durch die Digitalisierung und einer damit verbundenen Plattformöko nomie. Mit der ´Charta der Grundrechte der europäischen Union´ sowie der ´Verordnung über digitale Märkte (Digital Markets Act- kurz DMA) und der `Verordnung über Digitale Dienste´ (Digital Services Act- kurz DSA) sind regulative Maßnahmen ergriffen worden, um Medienfreiheit und Medienpluralität zu schützen sowie Auswüchse einer unkontrollier ten Nachrichtenproduktion bis hin zu Fake News und Hate Speech ent gegenzuwirken. Die genannten Entwicklungen sind geprägt durch eine Vielzahl von Dichotomien und stellen zuletzt mit einer Einflussnahme von neuen Gatekeeper-Plattformen im Informations- und Meinungsbe reich die klassische und das bisherige Verständnis der Rolle von unab hängigen Medien als vierte Gewalt und somit als Kontroll- und Vermitt lungsinstanz in einem demokratischen System in Frage.
Damit wird an den demokratischen Grundfesten gerüttelt. Große Plattfor men wie Amazon, Apple, Google, Microsoft, Facebook besitzen Gatekee per-Funktionen, die sonst die traditionellen Medien innehatten und sind bereits Teil der Grundversorgung im Bereich Information und Meinung bildung: So bestimmen nicht mehr nur professionelle Journalist:innen, welche Themen auf die Agenda kommen, indem diese auf ihre Relevanz selektiert, geprüft und in den meist traditionellen, einschlägigen Kanä len verbreiten werden; es sind auf Gewinnerzielung ausgerichtete Unter nehmen, die auf der Basis von automatisierten Entscheidungssystemen (Algorithmen) Informationen an eine meist jüngere Zielgruppe rich
ten. Journalistische Sorgfaltspflicht bzw. die Erfüllung demokratischer Grundsätze wie Meinungs- und Informationsvielfalt spielen dabei keine zentrale Rolle. Dabei sind die Botschaften derart gestaltet, dass sie die Nachrichtenfaktoren wie Sensation, Vereinfachung und Identifikation berücksichtigen (Östgaard, 1965) und eine attraktive Kombination aus auditiven, visuellen und textlichen Elementen beinhalten. Schweiger et al. (2019, Infodemie, S.23) sprechen in diesem Zusammenhang auch von „algorithmisch personalisierten Nachrichtenkanälen”.
Eine weitere Entwicklung auf der Sender- und Empfängerebene ist auf der individuellen Nutzer:innen Ebene entstanden. Die sogenannte ´Pro sumer´ (Produzenten und zugleich Konsumenten) setzen nun vielfach selbst die Agenden, die dann von Journalist:innen auch aus Zeit- und Gruppendruck (Stichwort: Rudeljournalismus) übernommen werden (müssen). Auch sind es Influencer:innen oder Social Bots, die (in auto matisierter Form) das Meinungsumfeld bspw. im Zusammenhang mit Wahlen einseitig beeinflussen können. Online-Plattformen sind somit potenziell „Bedrohungen für die politische Informiertheit und Mei nungsbildung durch personalisierte und einseitig meinungskonsonante Nachrichtenkontakte” (zitiert nach Meyer, o.J.). Diese Phänomene haben mit zu einer Verunsicherung und einer Aushöhlung der Glaubwürdigkeit von (traditionellen) Medien auf der individuellen User-Ebene beigetra gen. Zurückbleibt eine in weiten Teilen verunsicherte, sich von ´den Me dien´ abwendende und in ihrer Meinungsbildung oftmals überforderte bzw. polarisierte (Teil-)Bevölkerung (Stichwort: Information Overload, Bawden & Lyn, 2020), die sich wiederum in ihre eigenen, oft abgegrenz ten Lebenswelten flüchtet, auch damit das gefestigte Weltbild im Sinne der Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger, 1958) nicht ständig auf das Neue erschüttert wird. Die Autorität der traditionellen Entschei dungs- und Meinungsträger bzw. -vermittler wird durch die einfache Handhabung von Social Media und einer neuen Form der `Aufmerksam keitsökonomie` (siehe zum Begriff, Franck, 1998) zunehmend untergra ben und in Zweifel gezogen. Zukünftige regulatorische Eingriffe müssen nunmehr berücksichtigen, „dass Unternehmen wie Facebook, Google und Twitter mit Teilen ihres Angebots zur informationellen Grundver sorgung moderner Gesellschaften beitragen. Sie übernehmen Aufgaben, die im vordigitalen Zeitalter Massenmedien wie Zeitungen oder Rundfunksender innehatten” (Reporter ohne Grenzen, 2018a, S.1).
In diesem Beitrag werden die genannten Entwicklungen im Rahmen einer Mehrebenen-Analyse eingeordnet. Dazu gehören 1. die Ebene der Europäischen Union (und damit auch deren Mitgliedsländer) mit ent sprechender flankierender Gesetzgebung in Form von einschlägigen
Verordnungen (Makroebene), 2. die Ebene der Organisationen/Unter nehmen und Medien als Intermediäre (Mesoebene) sowie 3. die indivi duelle bzw. User- Ebene (Mikroebene). Dabei interessiert auch, inwieweit eigentlich noch von der vierten Gewalt der Medien gesprochen werden kann oder ob die Plattformen mit ihren digitalen Ausspielkanälen und dem Erreichen einer vor allem jüngeren Zielgruppe bereits die ´fünfte Gewalt´ im Bereich Informationsversorgung und Meinungsbildung über nommen haben. Welche Verschiebungen gibt es auf den genannten Ebe nen und wo liegen die Herausforderungen in der Einordnung im Zuge der digitalen Durchdringung aller Einheiten?
2. Europäische Medienpolitik zwischen Kommerz, Kultur und Demokratie
Auf der supranationalen Eben (Makro-Ebene) lassen sich folgende Di chotomien im Bereich Medien und Kommunikation beobachten: zwi schen Politik und Technologie (Entwicklung von Kabel-/Satellitenech nik, grenzüberschreitender Rundfunk mit ersten Gesetzesmaßnahmen), zwischen Kommerz und Kultur (Anwachsen von privaten Rundfunkan bietern und Fernsehprogrammen verbunden mit der Befürchtung der Verbreitung von Anglizismen und Verflachung von Inhalten), zwischen Wahrung/Einhaltung journalistischer Standards im Sinne demokrati scher Grundsätze wie Meinungs-, Informations-, Pressefreiheit und auf Monetarisierung ausgerichteten Plattformen, die auch Falschmeldungen und Fake News aufgrund von automatisierten Entscheidungssystemen ungeprüft zulassen (Stichwort: ´Infodemie´, United Nations, n.d.).
Zunächst stand der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund mit der Er richtung eines gemeinsamen Marktes (vier Grundfreiheiten, EWG Ver trag von 1957 und Einheitliche Europäische Akte von 1986) unter klaren und fairen Wettbewerbsbedingungen. Mit dem Entstehen von Kabel-und Satellitentechnik wurde das Spektrum des Empfangs von Radio- und Fernsehprogrammen innerhalb Europas erheblich erweitert. Es entstan den privatrechtliche Fernsehsender, die in mehreren Ländern empfan gen wurden. Aufgrund des Wildwuches und fehlender Regulierungen wurde zunehmend vor allem von seiten des Europaparlaments ein re gulierendes Eingreifen im Bereich Medien als möglich und notwendig erachtet (European Parliament, o.J.a).
Es kam erstmals mit der Richtlinie ´Fernsehen ohne Grenzen´ im Jahr 1989 zu gemeinsamen Mindeststandards (Amtsblatt der Europä ischen Union, 1989). Diese Entwickung kann im Rahmen dieses Bei trags als ´politics follow technology´ bezeichnet werden (angelehnt an Spillover-Effekte, also Ausstrahlungs- bzw. Übertragungs-Effekte, vgl.
hierzu auch u.a. Haas, 1958). Nach einer zunehmenden Kommerziali sierung gerade im Fernsehbereich wuchs zudem die Sorge bei einigen Mitgliedsländern, die kulturellen Besonderheiten und den damit ver bundenen Informationsauftrag nur eingeschränkt weiterhin gewähr leisten zu können. Im Vertrag von Maastricht wurden erstmals nun kulturelle Aspekte außerhalb des reinen Wettbewerbsrechts verankert (Art. 128, Amtsblatt der Europäischen Union, 1992), indem eine Koope ration vor allem zwischen den audiovisuellen Medien mehrerer Länder finanziell unterstützt wurde (´Culture follows Commerce´). Der Euro päische Gerichtshof urteilte dahingehend ergänzend, dass die Verbrei tung von Fernsehsendungen zwar eine Dienstleistung sei, doch sei die Gemeinschaft nicht dazu berechtigt, umfassend zu regulieren (EuGH 1991). Angeführt wurde dabei das sogenannte Subsidiaritätsprinzip, also ein Beibehalt der Verantwortung auf der nationalen bzw. regio nalen Ebene. Demnach wurde der Rundfunk als ein Wirtschaftsgut mit kulturellen Aspekten aufgefasst. Die EU durfte zu diesem Zeitpunkt nur unterstützend eingreifen.
Mit der zunehmenden technologischen Entwicklung und dem beschleu nigten Entstehen einer Plattformökonomie mit vielen verschiedenen digitalen Ausspielkanälen verlagerten sich nicht nur die Informations suche bzw. der Konsum, sondern auch die Informationsproduktion ver stärkt ins Internet. Der Ausdruck des Prosumers wurde somit auch auf den Online-Bereich übertragen (siehe zur Entwicklung des Begriffs Toff ler, 1980). Diese Entwicklung bedrängten zunehmend die traditionellen Qualitätsmedien (Public Service Media). Zu einer weiteren Herausforde rung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurden die kommerziellen Rundfunkanbieter. Diese drängten darauf, dass eine Subventionierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzugrenzen sei. Die Europäi sche Kommission wurde aufgefordert, entsprechend Maßnahmen zu er greifen. Dabei stellte sich zu diesem Zeitpunkt die zentrale Frage: Sind Rundfunkgebühren eine unzulässige Beihilfe oder eine Notwendigkeit, auch um den öffentlichen Auftrag verbunden mit dem gesellschaftlichen Mehrwert (Public Value) zu erfüllen? Die Formulierungen im Vertrag von Lissabon sind nicht eindeutig interpretierbar: „Rundfunkgebühren sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwi schen Mitgliedstaaten beeinträchtigen”. Aber: Sie können jedoch zuläs sig sein „zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Er bes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse
zuwiderläuft” (Art. 107, Abs. 1 und Abs. 3) (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 sowie auch Amtsblatt der Europäischen Union 2009).
In weiterer Folge stellte die Europäische Kommission Transparenzan forderungen als Beurteilungsgrundlage für staatliche Beihilfen auf (Amtsblatt der Europäischen Union, 2007): Jeder Mitgliedstaat muss den öffentlich-rechtlichen Auftrag definieren. Die Wahl der Finanzie rung der öffentlich-rechtlichen Anstalten obliegt den Mitgliedsländern. Jeder Mitgliedstaat muss eine geeignete Aufsichtsstelle einrichten, die von den Rundfunkanstalten unabhängig ist und die Einhaltung des Auf trags überwacht. Zudem überprüfte die Europäische Kommission die Art der Einnahmen, die die Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht überschreiten sollten mit der Begründung, dass eine Überkompen sation der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen den Wettbewerb be einträchtige. Der generelle Vorwurf bspw. gegenüber Deutschland: Die Gebührenaufkommen seien nicht durch den Auftrag gedeckt und könn ten zu möglichen Wettbewerbsverzerrungen auf dem Rundfunkmarkt führen. Diese Prüfungen betreffen auch die Online-Dienste von ARD und ZDF, den Erwerb und die Finanzierung von Sportrechten sowie gene rell Werbe-Einnahmen. Aus diesen Überprüfungen hat die Kommission bspw. Deutschland aufgefordert, nicht wie bei anderen Ländern Rück zahlungen vorzunehmen, sondern den öffentlich-rechtlichen Auftrag zu präzisieren. Neben der Beschränkung bei den Online-Angeboten der öf fentlich-rechtlichen Sender heißt es nun bspw. im Medienstaatsvertrag in Deutschland (nach mehreren Novellen):
„(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wir ken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürf nisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk anstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den ge sellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre An gebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entspre chen. (2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unpartei lichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewo genheit ihrer Angebote zu berücksichtigen” (ARD, 2020, §26).
Mit dem Erstarken der Plattformökonomie stellte sich aber auch zuneh mend die Frage nach genau diesen demokratischen Aspekten, nach den Grundsätzen der Objektivität, der Überparteilichkeit und Ausge wogenheit von Berichterstattung bzw. nach Perspektiven für die Infor mations-, Meinungs- und Pressefreiheit allgemeiner Art zur Wahrung der Grundrechte. Ins Zentrum des Interesses rückte damit immer mehr auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit einem vorhandenden Spannungsfeld zwischen Kommerz bzw. europäischem Wettbewerbs recht und öffentlichem Auftrag (Erhalt von Vielfalt – gesellschaftlicher Mehrwert). Der Aspekt des Kultur- versus Wirtschaftsgut wurde im Zuge des Entstehens einer Plattformökonomie um den demokratischen As pekt erweitert. Dies könnte entsprechend auch reduziert werden auf: ´Democratic Requirements follow Digital Platforms´. Einen Meilen stein in Richtung Garantie von eigenen Grund- und Freiheitsrechten und damit auch indirekt eine Unterstützung der Forderung nach einem Internet für die Allgemeinheit, einem sogenannten ´Public Service Internet´, stellt die Charta der Grundrechte der Europäischen Union dar. Mit der vertraglichen Verankerung im Vertrag von Lissabon, der im Jahr 2009 in Kraft trat (Amtsblatt der Europäischen Union, 2007), wurde erstmals eine rechtliche Verbindlichkeit geschaffen. Bis dahin hatte sich der Europäische Gerichtshof bei Bedarf auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) gestützt, die alle Mitgliedstaaten des Europarates unterzeichnet haben (47 Mitgliedstaaten). Zentrale In halte der Charta der Grundrechte betreffen die Meinungs(äußerungs)sowie Informationsfreiheit (Amtsblatt der Europäischen Union, 2012). So heißt es in Artikel 11(1) (entspricht Art. 10 v. Europäischen Menschenrechtskonvention): „Jede Person hat das Recht auf freie Mei nungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.” Artikel 11(2) lautet: „Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.”
Auf europäischer Ebene erfolgten weitere Anpassungen, um mit der Digitalisierung Schritt zu halten: 2007 wurden Bestimmungen über neue (Videoabruf-)Dienste erlassen und 2010 eine Umbenennung in ´Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste´ (AVMD-Richtlinie) (Amtsblatt der Europäischen Union, 2010). Diese erfuhr eine letzte Adaptierung im Jahr 2016, um im digitalen Bereich Schritt zu halten (Amtsblatt der Europäischen Union, 2018). Es ging vor allem um Vor schriften für Werbezeiten, den Schutz von Minderjährigen vor schädli chen Inhalten und um einen Mindestanteil von einem Drittel von euro päischen Werken im Programm. Die überarbeiteten
für Rundfunkanstalten galten somit auch für Videoabrufdienste und Videoplattformen wie Netflix, YouTube und Facebook sowie für das Live-Streaming auf Videoplattformen. Die Umsetzung in die nationale Gesetzgebung der EU-Mitgliedstaaten musste bis zum 19. September 2020 erfolgen. Am 23. September 2021 leitete die Kommission gegen 19 Mitgliedstaaten, die diese Frist nicht eingehalten hatten, rechtliche Schritte ein (Europäisches Parlament, o.J.). Allerdings war zu dieser Zeit bereits absehbar, dass auch diese Anpassungen mit den Umwäl zungen und der Dynamik durch die Digitalisierung und einer damit verbundenen, erstarkenden Plattformökonomie nicht genügten. Es verschoben sich nicht nur Inhalte ins Netz, sondern es kam auch im mer mehr zu erheblichen Einschnitten bei der klassischen GatekeeperRolle durch Journalist:innen hin zu automatisierten Entscheidungs prozessen (Algorithmen) bei der Informationsstreuung durch große Online-Plattformen (fünfte Gewalt).
3. Digitalisierung und Gatekeeper-Vielfalt
Das Hybrid- bzw. Metamedium Internet ermöglicht erstmals mit zahl reichen digitalen Kommunikationsformen (www, social media, e-Mail, Chats, Blogs …) und der Kombination der Besonderheiten aus Print und Rundfunk eine unkomplizierte, neuartige und schnelle Kommunikati on für alle in allen Bereichen. Es gibt eine Vielfalt an Darstellungs- und Kommunikationsmöglichkeiten (Text, Bild, Ton) mit großer Datenüber tragungskapazität, die einem ständigen Wandel durch weitere techni sche Anpassungen unterliegen. Jeder kann zum Informationssender und -anbieter werden. Die traditionellen Medien-Gatekeeper in Form von Journalist:innen sind für die Informationssuche und –einordnung auf den ersten Blick nicht notwendig. User:innen werden selbst zum Produzenten und Anbieter (Prosumer) von Inhalten, die nunmehr auch von traditionellen Medienschaffenden aufgenommen werden können und zunehmend bei Relevanz auch müssen. Aufgrund der Vielfalt von Kanälen wird sowohl eine Individual- und Massenkommunikation er möglicht. Diese Entwicklungen wirk(t)en sich auch auf die intermedi äre Ebene (Mesoebene) aus und damit auch konkret auf die Medienschaffenden. Dabei lässt sich ein großes Spannungsfeld zwischen den traditionellen Medien, darunter auch die im öffentlichen Auftrag han delnden Organisationen/Unternehmen im Sinne von ´Public Value´ (öffentlicher Mehrwert) und den rein auf Gewinn fokussierten Platt form-Protagonisten ausmachen. Dieses Spannungsfeld berührt somit vor allem auch die Veränderungen im Bereich Gatekeeper-Rollen und damit das traditionelle Journalismusverständnis. Traditionelle Medien sind in Demokratien bisher ein gewisser Garant gewesen, indem sie drei Aufgaben zu erfüllen hatten: Informationsfunktion (möglichst
sachlich-objektiv), Meinungsbildungsfunktion (Veröffentlichung von Meinungen und Entscheidungen, bspw. in Form von Diskussionssen dungen, Übertragungen von Reden, Interviews ...), Kontrollfunktion vor allem gegenüber den politischen Entscheidungsakteuren, ver bunden mit dem Aufdecken von Missständen. Hinzu kommt noch die Bildungs- und Unterhaltungsfunktion. Dies hat sich mit der Digitali sierung und der damit erhöhten Geschwindigkeit von Informations übertragung sowie begleitendem Informationspotpourri maßgeblich verändert.
Eine der zentralen Konsequenzen der sogenannten Social Media Re volution ist somit der Verlust der klassischen Gatekeeper Funktion durch Journalist:innen: Die von den traditionellen Medien veröffent lichte Meinung entspricht nun nicht mehr unbedingt der öffentlichen Meinung im Netz. Die Torwächter-Funktion der traditionellen Medien wurde und wird durch den direkten Zugang zur Zielgruppe bzw. zu ih ren Publics mithilfe des Internets bzw. Social Media Aktivitäten auf geweicht. Bei der Analyse der Gatekeeper in einem digitalen Binnen markt lassen sich sehr gut das Spannungsfeld zwischen Kommerz und Kultur bzw. Plattformökonomie und öffentlichem Informationsauftrag erkennen. Die Europäische Kommission bezieht den Begriff Gatekeeper nun erstmals dezidiert nicht nur auf die traditionellen Medien, son dern auch auf die ökonomisch ausgerichteten Plattformen:
„Die Gatekeeper-Kriterien sind erfüllt, wenn ein Unternehmen eine starke wirtschaftliche Position mit erheblichen Auswirkungen auf den Binnenmarkt innehat und in mehreren EU-Ländern aktiv ist, über eine starke Vermittlungsposition verfügt, d.h. eine große Nutzerbasis mit einer großen Anzahl von Unternehmen verbindet, eine gefestigte und dauerhafte Position auf dem Markt hat (oder bald haben wird). Als über längere Zeit stabil gelten Unternehmen, wenn sie die beiden vorgenannten Kriterien in jedem der letzten drei Geschäftsjahre erfüllt haben” (Europäische Kommission, o.J., vgl. auch Europäische Kommis sion, 2020a, Chapter II Gatekeeper, Art.3). Reporter ohne Grenzen geht noch einen Schritt weiter und bezeichnet Gatekeeper als Informations intermediäre der informationellen Grundversorgung mit rechtlichem Nutzungsanspruch durch die User:innen (Reporter ohne Grenzen, 2018a, S.9, S.30). Bezug genommen wird dabei auf die Einordnung von Schulz und Dankert (2016, S.17): „Informationsintermediäre [...] sind digitale Dienste [...], die eine Vermittlungsrolle zwischen Nutzerinnen und Nutzern und Inhaltsangeboten vornehmen. Von besonderem In teresse sind dabei solche Dienste, die Medienangebote anzeigen, sor tieren und Einfluss auf ihre Sichtbarkeit haben.“ Nun kann die Frage
gestellt werden, wie dieses sortieren erfolgt. Bekanntermaßen stehen Algorithmen im Vordergrund, die in automatisierter Form Informati onen steuern. Demokratiepolitische Prinzipien spielen dabei keine Rolle und genau darin besteht das Problem. Offline gibt es eine klare Verpflichtung gegenüber den traditionellen, etablierten Medien, wie Verlage oder Rundfunksender, gesetzliche Regulierungen einzuhalten und/oder es werden sich selbst journalistische Grundregeln gesetzt wie Presse- oder Ethikräte zeigen (bspw. in Deutschland und Österreich). Ganz abgesehen von den üblichen, regelmäßigen Redaktionskonfe renzen, in denen Themen selektiert, priorisiert, geprüft und erst dann veröffentlicht werden. Bei den Plattformen verhält sich dies bekann termaßen anders: Auch wenn sie keine Inhalte bereitstellen, so priori sieren und strukturieren sie Inhalte nach bestimmten, intransparenten algorithmischen Relevanzkriterien.
Vor dem Hintergrund der Gefahr von Fake News, Deep Fake Videos, Social Bots und Hate Speech reifte die Erkenntnis und der Druck, dass zum Schutz von Meinungs- und Informationsfreiheit Regelun gen nicht nur für die Offline-Informationemittenten gelten müssten, sondern auch für die großen Plattformen wie Amazon, Google, Apple, Facebook, Microsoft und chinesische Unternehmen wie bspw. das Multimedia-Unternehmen Tencent. Damit verbunden sind Prinzipien wie die Erfüllung von (journalistischen) Sorgfaltpflichten, eine öffent liche Kontrolle, ein transparentes Vorgehen, gleiche Marktchancen für andere Anbieter. Es zeigt sich, wie schwierig es ist, diese Phänomene im Rahmen der genannten Spannungsfelder Technik, Kultur, Kommerz und Demokratie einzugrenzen. So unterscheidet bspw. Reporter ohne Grenzen zwischen 1. neutralen Intermediären, die nur Informationen transportieren (Internetanbieter und Telekommunikationunterneh men), 2. den Informationsintermediären (Suchmaschinen und das Soziale Netzwerk) sowie 3. Medien, wozu Radio, Fernsehen, Hörfunk, aber auch die Onlineportale sowie redaktionelle Blogs gezählt werden. Die Informationsintermediären nehmen durch die Priorisierung und Strukturierung von Inhalten eine Gatekeeper-Funktion ein, „die einmal etablierten Medien wie Verlagen und Rundfunksendern zugekommen war” (Reporter ohne Grenzen, 2018a, S.7). Die Europäische Kommissi on ergänzt bzw. erweitert diesen Aspekt auch auf die entstprechende ökonomische Marktmacht: „Gegenwärtig werden Nutzer/innen mit il legalen Produkten, Inhalten oder Dienstleistungen konfrontiert, und meist liegt es im Ermessen der Plattformen, wie damit verfahren wird. Der größte Einfluss geht von Plattformen aus, die zu quasi-öffentlichen Räumen für Kommunikation und Handel geworden sind” (Europäische Kommission, o.J.). Die Europäische Kommission beschreibt Plattfor
men als ´Intermediary Services´, worunter folgende Anbieter zählen (Europäische Kommission, o.J.):
• vermittelnde Online-Dienste (Intermediary Services) mit einer Eintei lung dieser Online-Unternehmen nach Rolle, Größe und Auswirkung im Online-Umfeld
• Vermittlungsdienste mit einem Infrastruktur-Netz (Internetanbieter, Domänennamen-Registrierstellen)
• Hosting-Dienste wie Cloud- und Webhosting-Dienste
• Online-Plattformen, die Verkäufer und Verbraucher zusammenbrin gen, wie Online-Marktplätze, App-Stores, Plattformen der kollabora tiven Wirtschaft und Social-Media-Plattformen.
Eigene Abbildung in Anlehnung an Europäische Kommission, Prioritäten o.J.
Die Europäische Kommission hat bei den Online-Plattformen vor allem diejenigen im Auge, die „besondere Risiken für die Verbreitung illegaler Inhalte und für Schäden in der Gesellschaft” beinhalten (Europäische Kommission, o.J. sowie 2020b, S. 35 §54, §57). Dazu zählen diejenigen, die mehr als 10% der 450 Millionen Verbraucher:innen erreichen. Die Ge neraldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien - kurz ´DG Connect´ hat zudem ein passendes übergeordnetes Ziel formuliert, dass wiederum auch die genannten Spannungsfelder Technik, Kultur, Kommerz und Demokratie berücksichtigt: Die Schaffung einer moder nen, offenen und pluralistischen Gesellschaft im digitalen Zeitalter, „wo Online Desinformation entgegengetreten wird und kulturelle Viefalt al len Europäern zur Verfügung steht” (European Commission, 02.09.2020, S.7, Ziel 6).
4. Europäische Medienpolitik als Teil des digitalen Binnenmarkts
Der Ruf nach neuen Vorschriften nicht nur für Rundfunkanstalten, sondern auch für Video-On-Demand-und Video-Sharing-Plattformen wie YouTube, Netflix oder Facebook (Abrufdienste) wurde lauter, bspw. mit der Frage: Ist YouTube bald Rundfunk? (Thomas, 24.05.2017). Die Europäische Kommission stell(e) in einer zur „Gestaltung der digitalen Zukunft Europas” das Ziel einer offenen, demokratischen und nach haltigen Gesellschaft in den Mittelpunkt (Europäische Kommission, 19.02.2020, Punkt C, S.11): „Die Menschen haben Anspruch auf Tech nologien, denen sie vertrauen können. Was außerhalb des Internets verboten ist, muss auch im Internet illegal sein. Auch wenn wir die Zukunft der Technologie nicht vorhersagen können, müssen die euro päischen Werte und ethischen Regeln sowie die sozialen und ökologi schen Standards auch im digitalen Raum gelten.” (…) „Europa braucht mehr Transparenz hinsichtlich der Art und Weise, wie Informationen im Internet ausgetauscht und verwaltet werden. Vertrauenswürdige Medien von hoher Qualität sind sowohl für die Demokratie als auch für die kulturelle Vielfalt von entscheidender Bedeutung” (Europäische Kommission, 19.02.2020, S.12):
Damit werden nochmals die bereits erwähnten Spannungspole sichtbar. Auf der einen Seite die Notwendigkeit kulturelle sowie Meinungs- und Informationsvielfalt zu erhalten und allen Europäer:innen zugänglich zu machen, auf der anderen Seite, die auf Monetarisierungsstrategien aus gerichteten Plattformen, deren automatisierte Entscheidungs-systeme als Risiko angesehen werden. Mit dem Vorschlag für eine ´Verordnung über digitale Märkte´ (Digital Markets Act-DMA) (Europäische Kommis sion, 2020a) und dem Vorschlag für ein ´Verordnung über digitale Diens te´ (Digital Services Act-DSA) Europäische Kommission, 2020b) hat die Europäische Kommission im Jahr 2020 nach über zwanzig Jahren einen lang erwarteteten, einschneidenden rechtlichen Schritt in diese Rich tung gesetzt. Damit sollen große Online-Plattformen wie Google, Ama zon, Facebook und Co. stärker einer Regelung unterworfen werden und bei Verstoßen auch empfindlich bestraft werden. Es geht dabei um zwei getrennte Regelwerke zur Reform des ´digitalen Raums´, die inhaltlich aber durchaus Abhängigkeiten bzw. Überschneidungen haben.
4.1. Verordnung über digitale Märkte (Digital Markets Act-DMA)
Die Verordnung über digitale Märkte betrifft vor allem sehr große, markt dominierende Unternehmen (mehr als 45 Millionen aktive Nutzer:innen in der EU). Somit sind rund 20 Firmen, wie Google mit dem Tochterkon zern Youtube, Meta mit Facebook und Instagram, Microsoft mit seinem sozialen Netzwerk LinkedIn, Amazon, Apple und Twitter inkludiert.
Gatekeeper- Plattformen werden dabei nach bestimmten Bedingungen ermittelt und müssen mit diesem Gesetz erstmals Verbote und Verpflich tungen einhalten, womit unfaire Praktiken unterbunden werden sollen. Sie müssen demnach künftig gegenüber gewerblichen Nutzer:innen er möglichen (Europäische Kommission, 2020a):
• in bestimmten Situationen mit den Gatekeeper-Diensten zusammen arbeiten,
• auf Daten zuzugreifen, die bei der Nutzung enstehen,
• eine eigene, unabhängige Überprüfung ihrer Werbung anzustellen,
• ihr Angebot zu bewerben,
• Verträge mit ihren Kunden außerhalb der Gatekeeper-Plattform abzu schließen.
Gatekeeper-Plattformen dürfen entsprechend künftig nicht mehr:
• ihre eigenen Dienstleistungen und Produkte bei der Reihung bevor zugen,
• Verbraucher:innen daran hindern, sich an Unternehmen außerhalb ihrer Plattformen zu wenden,
• Nutzer:innen daran hindern, vorab installierte Software oder Apps zu deinstallieren,
• Endnutzer:innen außerhalb des zentralen Plattformdienstes für gezielte Werbung ohne ausdrückliche Zustimmung nachverfolgen.
Wettbewerbsnachteile von gewerblichen Nutzern gegenüber großen Plattformen sollen durch diese Maßnahmen unterbunden werden. Im Gegenzug können Verbraucher:innen bessere Dienstleistungen wählen bzw. ihren Anbieter wechseln. Sie sollen, laut Europäischer Kommissi on, künftig direkten Zugang zu Dienstleistungen und fairen Preisen ha ben. (Europäische Kommission, o.J., Europäische Parlament, 15.03.2022, Europäisches Parlament, o.J.b).
Bei Nichteinhaltung drohen den Plattform-Gatekeepern empfindliche Geldbußen von bis zu 10% des weltweiten Gesamtumsatzes des Unter nehmens bzw. bis zu 20 % bei wiederholter Zuwiderhandlung sowie Zwangsgelder von bis zu 5 % des durchschnittlichen Tagesumsatzes. Bei systematischen Verstößen gegen die `Verordnung über digitale Märkte´ kann auch die Veräußerung von Geschäftsbereichen angeordnet werden (Europäische Kommission, 2020a, Europäische Kommission, o.J.).
4.2. Verordnung über digitale Dienste (Digital Services Act-DSA)
Die Kommission legte im Dezember 2020 eine ´Verordnung über digitale Dienste´ (Digital Service Act, DSA) vor. Nach bereits kurzer Zeit konnten am 23. April 2022 das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten
eine politische Einigung erzielen. So wie das Gesetz über digitale Märkte setzt auch die Verordnung über digitale Dienste einen neuen Standard für die Rechenschaftspflicht von Online-Plattformen. Es bietet einen besseren Schutz der Internetnutzer:innen. Die Durchsetzung von Grund rechten, die bislang nur offline galten, besitzen künftig nun auch online Rechtskraft. Wie wichtig diese Gesetzesmaßnahme ist, zeigt auch eine Umfrage im Vorfeld der Verordnung im Rahmen des Konsultationspro zesses. 70 Prozent der Befragten gaben an, dass sie es für wahrschein lich halten, dass „Desinformation durch manipulierende Algorithmen auf Online-Plattformen verbreitet wird” (Europäisches Parlament, 2022). Bisher sind diese Algorithmen geheim. Es geht dabei vor allem darum, wie automatische Entscheidungsysteme (Algorithmic Decision Making, kurz ADM-Systems) funktionieren. Es geht um emotionalisierende und polarisierende Inhalte, die Reaktionen in Form von Klicks, Shares, Kom mentaren etc. bewirken sollen. Dabei spielt die Berücksichtigung des persönlichen Profils bzw. die Präferenzen der jeweiligen User:innen eine bedeutende Rolle (z.B. Stöcker & Lischka 2018).
Die Änderungen durch die Verordnung über digitale Dienste sind im We sentlichen folgende (Europäische Kommission, 2020b, S. 34-40):
• Sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen müssen die Risi ken von Desinformation eindämmen.
• Gatekeeper-Plattformen müssen Überprüfungen ihrer algorithmi schen Systeme zulassen.
• Regeln für die Moderation von Inhalten müssen transparent sein.
• Informationen zu Werbung und gesponserten Inhalten müssen aus sagekräftig sein (bspw. warum und in wessen Auftrag eine Anzeige erfolgt). Bestimmte, gezielte Werbung wird eingeschränkt bzw. ver boten (bspw. bei personalisierter Werbung für Minderjährige oder bei besonders sensiblen Daten wie politischen Einstellungen).
• Die Angaben zu den Auswahlkriterien für Inhaltsempfehlungen müs sen klar sein.
• Nutzer:innen können auf Profiling beruhende Empfehlungen ableh nen.
• Behörden und Forschende sollen besseren Datenzugang für die Erfor schung von viralen Phänomene und ihren Auswirkungen haben.
• Plattformen sollen bestimmte Verhaltenskodizes beachten.
Die Einhaltung der neuen Vorschriften soll laut Europäischer Kommissi on durch vier Akteure erfolgen (Europäische Kommission, 2020b, S. 4048, S.83f.): 1.) Unabhängige Online-Vermittler, 2.) eine Beaufsichtigungs struktur von einem neuen Europäischen Gremium für digitale Dienste, 3.) die Mitgliedstaaten, 4.) die Europäische Kommission (Überwachung
und Durchsetzung). Damit die EU-Kommission die Einhaltung dieser neuen Regeln beaufsichtigen kann, sollen die sehr großen Digitalkon zerne der Kommission Zugang zu ihren Daten gewähren. Bei den kleine ren Internetfirmen soll eine zuständige Behörde in dem EU-Land, in dem die Firma ihren Hauptsitz hat, die Einhaltung der Regeln kontrollieren.
Wichtig ist auch zu erwähnen, dass mit der Verordnung über digita le Dienste die Vorschriften für Haftungsausschlüsse EU-weit verein heitlicht werden. Plattformen und andere Vermittler haften demnach nicht für rechtswidriges Verhalten ihrer Nutzer:innen, es sei denn, sie dulden illegale Inhalte wissentlich. Dabei müssen Plattformen künf tig mit Behörden zusammenarbeiten. Wie bereits erwähnt, verpflichtet (nicht nur empfiehlt) das Gesetz Internetkonzerne dazu, stärker gegen Hassnachrichten vorzugehen, indem Onlineplattformen Nutzer:innen sperren, die häufig illegale Inhalte wie Hassreden oder betrügerische Anzeigen verbreiten. Das soll nicht nur für die allergrößten Plattfor men wie Instagram, Facebook und YouTube gelten, sondern auch für kleinere. Bei illegalen Inhalten sind die Plattformen angehalten, nach Bekanntwerden unverzüglich zu reagieren (Europäische Kommission, 2020b, S. 52f.).
Die beiden Verordnungen treten zwanzig Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt offiziell in Kraft. Es wird erwartet, dass dies für den DSA spä testens am 01.01.2024 erfolgt. Die Verpflichtung für sehr große Plattfor men soll nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission bereits früher beginnen soll. Entsprechend ist davon auszugehen, dass der DMA bereits im nächsten Jahr rechtskräftig wird (Europäisches Parlament, 05.07.2022).
5. Initiativen zur Medienfreiheit im digitalen Binnenmarkt Wesentliche Entwicklungen in der Europäischen Medienpolitik wurden nun bereits skizziert: ´Politics follow Technology´, ´Culture follow Com merce´ und ´Democratic Requirements follow Digital Platform Expansi on´. Zu diesem letzten Punkt gehören die bereits erwähnten EU-Verord nungen über digitale Märkte und digitale Dienste, aber auch der weitere Schutz von Freiheit und Pluralismus der Medien, der in den bisher aus geführten Gesetzeserneuerungen explizit nur am Rande berührt wird. Angesichts der Zunahme von Übergriffen auf Journalist:innen in Län dern der EU, der Einschüchterung von Medienschaffenden durch wie derholte Klagen und der damit verbundenen Gefahr für eine kritische und unabhängige Berichterstattung in einem demokratischen System wurden Rufe nach Maßnahmen auf der übergeordneten Ebene zuneh mend lauter. Nun plant die Europäische Kommission noch für Ende des
Jahres 2022 einen europäischen Rechtsakt zur Medienfreiheit, der auf der überarbeiteten Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD) beruhen soll (Amtsblatt der Europäischen Union, 2010 und 2018).
Die AVMD enthält bereits Vorschriften über die Unabhängigkeit der Re gulierungsbehörden im Medienbereich und soll mit diesem Rechtsakt eine Erweiterung erfahren. Diese betrifft die Transparenz der Eigentums verhältnisse, die Sicherstellung von redaktionellen Entscheidungen frei von äußeren Eingriffen und die Beseitigung von Hindernissen für die Einrichtung und beim Betrieb von Mediendiensten. Ziel ist die „Schaf fung eines gemeinsamen Rahmens für die Förderung des Binnenmarkts im Mediensektor, um die Freiheit und den Pluralismus der Medien auf diesem Markt zu wahren” (Europäische Kommission, 2018). Die Initiative ergänzt somit auch die ´Verordnung über digitale Dienste´ und eine wei tere, bevorstehende rechtliche Initiative zum Schutz von Journalisten und Rechtsverteidiger:innen vor Klagemissbrauch (SLAPP-Klagen) (Europäi sche Kommissions-Vertretung in Deutschland, 2022 und Europäische Kom mission, Pressemitteilung 10.01.2022). In diesem Zusammenhang ist auch das mit europäischen Mitteln geförderte Europäische Zentrum für Presseund Medienfreiheit (ECPMF) anzuführen, das 2015 in Leipzig gegründet wurde. Diese Internet-Plattform veröffentlicht unter www.ecpmf.eu (Map ping Media Freedom) regelmäßig Übergriffe auf Pressevertreter:innen in der EU (European Center for Press and Media Freedom, o.J.). Auch Repor ter ohne Grenzen führt ein länderbezogenes und aktuelles ´Barometer der Pressefreiheit´ (Reporter ohne Grenzen, Barometer, o.J.).
Reporter ohne Grenzen weist in dem regelmäßig erstellten Ranking der Pressefreiheit in 180 Staaten und Territorien besonders auf die problema tische Situation von Übergriffen und Einschüchterungsmaßnahmen ge genüber Journalist:innen hin: „Die Rangliste der Pressefreiheit 2022 von Reporter ohne Grenzen zeigt, dass von gewalttätigen Konflikten nicht nur Gefahr für Leib und Leben von Medienschaffenden ausgeht – sie wurden auch von vielfältigen Repressionen begleitet, mit denen Regierungen die Informationshoheit zu gewinnen versuchen” (Reporter ohne Grenzen, o.J.). Die Erstellung beinhaltet aufgrund der komplexen Medienwirklich keit nun fünf neue Indikatoren: politischer Kontext, rechtlicher Rahmen, wirtschaftlicher Kontext, soziokultureller Kontext und Sicherheit. Pres sefreiheit wird dabei definiert „als die Fähigkeit von Medienschaffenden als Einzelpersonen und als Kollektiv, Nachrichten im öffentlichen Inte resse auszuwählen, zu produzieren und zu verbreiten, unabhängig von politischer, wirtschaftlicher, rechtlicher und sozialer Einmischung und ohne Bedrohung ihrer physischen und psychischen Sicherheit” (Repor ter ohne Grenzen, Pressemitteilung, 03.05.2022).
Doch wie so oft gibt es auch mit dem Schutz vor Verleumdungen, Hass rede, Fake News, Automatisierungsprozessen bei der Nachrichtenerstel lung und –verbreitung eine Kehrseite. Gatekeeper-Plattformen könn ten dem Druck, entsprechende Löschaktionen von illegalen Inhalten durchzuführen, entkommen, indem undifferenziert und (un-)beabsich tigt wichtige oder unliebige Informationen gelöscht werden. Das Prob lem dabei: Vor allem unabhängige Expert:innen, Journalist:innen und Wissenschaftler:innen, aber auch Satiriker nutzen diese Kanäle zur un gefilterten Informationsverbreitung. Dies ist vor allem dann problema tisch, wenn demokratische Grundprinzipien wie Gewaltenteilung oder Presse- und Meinungsfreiheit immer wieder auf die Probe gestellt wer den (wie bspw. in Polen und Ungarn). So stellt sich allgemein die Frage: Wer moderiert in Zukunft Inhalte so, dass keine wichtigen Informationen verloren gehen, gleichzeitig aber illegale Inhalte und Vorgehensweisen verhindert werden? Ob bspw. die von der Europäischen Kommission ge nannten, unabhängigen Stellen zur Kontrolle der Löschpflichten und die Einhaltung der demokratischen Prinzipien insgesamt tatsächlich funk tionieren bzw. greifen, wird sich in Zukunft zeigen. Jedenfalls wird, laut Kommission, der künftige Rechtsakt zur Medienfreiheit darauf abzielen, „mehrere der in den Berichten über die Rechtsstaatlichkeit aufgezeigten Probleme anzugehen” (Europäische Komission, 13.07.22).
Im Sinne einer institutionellen Unabhängigkeit gerade der öffentlichrechtlichen Medien müssten einheitliche Governance-Kriterien in der EU definiert und eingehalten werden. Hierzu gehörten offene, trans parente und faire Berufungsverfahren, eine von politischen Einflüssen abgegrenzte, pluralistische Zusammensetzung von Aufsichtsgremien, eine Rechenschafts-pflicht gegenüber der Öffentlichkeit, die Berufung der obersten Leitung nach Befähigung verbunden mit einer Leistungsbe wertung nach klaren Zielen, Integrität und Schutz von Entscheidungs prozessen, interne Verhaltenskodizes zur Gewährleistung hoher profes sioneller Standards (Wagner, 2016, zitiert nach Cabrera Blázquez et al., 2022, S.128).
Versucht man diese allgemeinen Einordnungen zu strukturieren bzw. präzisieren, dann bietet sich auch hierbei eine Mehrebenen-Analyse an: Auf der supranationalen Ebene wird die Europäische Kommission und eine ihr zugeordnete Aufsichtsbehörde diese Aufgabe übernehmen. Auf der intermediären, organisationalen Ebene könnte diese ModerationsFunktion traditionelle Gatekeeper von Qualitätsmedien ausüben. Dabei muss sichergestellt sein, dass diese tatsächlich die Governance-Kriterien erfüllen. Bspw. sieht die Bevölkerung in Österreich noch allgemeinen Handlungsbedarf: Im jüngsten Digital News Report Network Austria aus
dem Jahr 2022 gibt die Mehrheit der Befragten an, unzulässige Einfluss nahmen, sowohl von Seiten der Politik oder der Regierung (44,9%), als auch durch Unternehmen und andere kommerzielle Aktivitäten (39,2%) wahrzunehmen (Gadringer et al., 2022, S.16.). Reporter ohne Grenzen sieht im Pressefreiheitindex 2022 einen „katastrophalen Absturz Ös terreichs” von Platz 14 auf Platz 31 und erklärt dies u.a. damit, dass es zahlreiche Versuche gab, die Presse zu beeinflussen (z.B. Verdacht auf Verwendung von öffentlichen Geldern für eine positive Berichterstat tung in Boulevardzeitungen oder direkte Redaktionsanrufe). Das hat dazu geführt, dass Österreich „zu den Schlusslichtern in der EU” gehört (Reporter ohne Grenzen, Österreich, o.J.). 2022 äußert jeder dritte Befrag te in Österreich (31,2%) generelle Bedenken, im Internet zwischen Fak ten und Falschmeldungen unterscheiden zu können. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies zwar ein deutlicher Rückgang (-9,7%), liegt doch immer noch auf einem hohen Niveau. Dabei kamen die Befragten mit Abstand am häufigsten Kontakt mit falschen und irreführenden Informationen zu den Themen COVID-19 (56,4%), Politik (31,7%) oder dem Klimawandel (23,4%) (Gadringer et al., S.16). Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Quali tätssicherung im Netz könnte somit die Kennzeichnung von problemati schen Inhalten sein (Labeling), was die Transparenz für den Prosumer erhöht. Diese Wahlfreiheit auf der individuellen Ebene würde auch die Selbstverantwortung der User:innen unterstreichen (Stichwort Medien kompetenz). Ob diese dann tatsächlich in der Lage sind, „sich frei und aus allen Quellen zu informieren” (Reporter ohne Grenzen, 2018b, S.1), muss jedoch bezweifelt werden. Aufgrund von verschiedenen zeitlichen und budgetären Zwängen ist ein Individuum kaum in der Lage, alle (rele vanten) Informationen einzuholen, um diese auf Wahrhaftigkeit zu über prüfen und miteinander zu vergleichen (Information Overload). Aber selbst, wenn sich User:innen frei und umfassend informieren könnten, müsste ein bewusster und gewollter Konsum auch von bspw. Fake News akzeptiert werden.
Dieser Aspekt ist insfoern interessant zu betrachten, da das Filterbubb le-Phänomen (Pariser, 2011) empirisch nicht nachgewiesen wurde: Die Meinungsbildung durch Informationsintermediäre im Rahmen der De batte von den bereits erwähnten automatischen Entscheidungssyste men (ADM-Systems) erfolgt demnach nicht eindimensional, sondern es besteht eine Wechselwirkung zwischen individuellem Nutzerverhalten und der technologischen Funktionsweise der Informationsintermediä re. Es geht somit nicht um eine Art Reiz-Reaktionsschema oder eine ro boterhafte Steuerung: Intermediäre sind nur „ein Baustein im Prozess der Meinungsbildung. (…) Für die Formierung eigener Einstellungen und Meinungen sowie daraus resultierender Handlungsabsichten sind
allerdings die Face-to-Face-Kommunikation mit dem eigenen sozialen Umfeld sowie die Berichterstattung publizistischer Medien, denen Ver trauen entgegengebracht wird, nach wie vor bedeutsam” (Hasebrink et al., 2016, S. 25; vgl. hierzu auch Schmidt et al. 2017, S.gadringer7). Stö cker und Lischka gehen aufgrund der Leichtigkeit von Interaktion (ein fache Klicks, Likes, Shares) zudem von einer kognitiven Verzerrung im Netz aus, da angezeigte Inhalte eher unkritisch angenommen werden. Es erfolgt eine „Entkopplung von Veröffentlichung und Reichweite: Jeder kann veröffentlichen. Aber nicht jeder findet ein Publikum. Auf merksamkeit entsteht erst durch das Zusammenwirken von Menschen und ADM-Prozessen” (Stöcker und Lischka, 2018, S.376). Aufmerksam keit wird wiederum vor allem dann erzielt, wenn es um Sensation, Ver einfachung und Identifikation geht. Auch polarisierende Informationen erwecken Aufmerksamkeit und fördern die Reaktion. Reine Fakten und Wahrheit sind demnach kein Garant für Reichweite. Das erklärt auch die schnelle Verbreitung von Unwahrheiten (Vosoughi et al., 2018). Umso wichtiger ist es daher, dass die Europäische Kommission nun auf der Basis der EU-Verordnungen zu den digitalen Märkten und den digitalen Diensten eine Offenlegung des Designs bzw. des auf Algorithmen beste henden Entscheidungsprozesses verlangen kann. Dies auch vor dem Hintergrund, dass manche Informationsintermediäre bereits zu bedeu tenden Distributionskanälen auch für unabhängige (Qualitäts-)Medien geworden sind.
6. Das Medienverhalten der jungen Erwachsenen
Auf der Mikroebene sind User:innen im Netz selbst Prosumenten. Sie können zudem selbst entscheiden, welche anderen Personen, Grup pen oder Organisationen sie folgen möchten. Damit entwickeln sie sich sozusagen zum eigenen Gatekeeper. Sie können selbst Themen bzw. Schwerpunkte setzen und beeinflussen somit –neben weiteren Interak tionen wie Likes, Shares oder Kommentaren- auch die Ausspielungen im eigenen Newsfeed. Diese (un)bewusst gesetzten Datenspuren nutzen wiederum die laufenden Empfehlungs- und Filteralgorithmen. „Für den Facebook-Newsfeed oder die Twitter-Timeline gibt es keinen Redakti onsschluss und kein Erscheinungsdatum – die Intermediäre stellen uns bei jedem Besuch aufs Neue ein aktualisiertes Informationsbündel zu sammen” (Schmidt, 02.05.2019; vgl. z.B. auch Schmidt et al., 2017). Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen der Mehrebenen-Analyse nun im Folgenden noch exemplarisch der Fokus auf das Medienverhalten jun ger Erwachsenen zwischen 18-24 in Österreich gelegt. Der jüngste News Report Network Austria von 2022 (als detaillierter Länderbericht zum Digital News Report 2022 des Reuters Instituts in Oxford, Newman et al., 2022) verdeutlicht dabei die seit Jahren beobachtbare Abwendung
der jüngeren Zielgruppe von den traditionellen Medien hin zu den Gate keeper-Plattformen: So nutzen über zwei Drittel der jüngeren Menschen Soziale Medien (18-24 Jahre: 63,3%; 55+ Jahre: 41,3%), während traditi onelle Medien für sie weniger eine Rolle spielen (z.B. TV-Nachrichten programme: 18-24 Jahre: 37,6%; 55+ Jahre: 78%) (Gadringer et al., 2022, S.42). Bezogen auf den Nachrichtenbereich gibt mehr als jede zehnte befragte Person aller Altersgruppen an (13,3%, +1% im Vergleich zum Vorjahr), die Nachrichten hauptsächlich von Sozialen Medien zu bezie hen. Bei der Altersgruppe der 18-24-Jährigen steigt dieser Wert auf be merkenswerte 41,6%. Für die Nachrichten werden vor allem Facebook (27,2%), WhatsApp (23,6%) und YouTube (22,2%) genutzt. Für TikTok (+2,4%) und Instagram (+3,4%) sind steigende Werte zu verzeichnen (Gadringer et al., 2022, S.16, S.25). Wenn man die verschiedenen Al tersgruppen hinsichtlich ihrer Partizipationsformen vergleicht, so ist festzustellen, dass sich der höchste Anteil an aktiv partizipierenden Personen bei der Gruppe der 18-24-Jährigen findet (21,9%), während die 45-54-Jährigen die geringste Anzahl aufweisen (14%). Nur rund jeder Dritte (28,4%) im Alter zwischen 45-54 fällt unter die Kategorie der re aktiv Partizipierenden (niedrigster Wert aller Altersgruppen) (Gadringer et al., 2022, S.34). Hervorzuheben ist auch, dass der Anteil der nicht an Nachrichten Interessierten in der Altersklasse der 18-24-Jährigen fast ein Fünftel (18,5%) beträgt (Gadringer et al.,2022, S.36). Dies mag auch dar an liegen, dass viele junge Menschen (43,2%) die Auffassung vertreten, dass zuviel über Themen wie Politik/Corona berichtet wird. Bei mehr als einem Drittel (33,9%) wirkt sich dies negativ auf die Stimmung aus. Etwa die gleiche Anzahl (33,2%) gibt an, von der Menge an Nachrich ten erschöpft zu sein. Hinzu kommt ein allgemeiner Vertrauensverlust gegenüber Nachrichten: Knapp jeder vierte junge Erwachsene gibt an, dass Nachrichten nicht vertrauenswürdig oder voreingenommen sind (Gadringer et al., 2022, S.76). Eine Ursache hierfür könnte darin liegen, dass sich die jungen Menschen darüber bewusst sind, dass gerade im Internet Nachrichten oftmals unwahr oder übertrieben sind, diese aber dennoch (un-)bewusst konsumieren. So stößt bereits die Hälfte der 18-24-Jährigen (50,1%) über Soziale Medien auf Nachrichtenartikel und Berichte (Gadringer et al., 2022, S.81) und davon zu zwei Dritteln (59,3%) über Nachrichtenaggregatoren (21,9% Snapchat Discover, 19.3% Google News, und 20,7% Apple News) (Gadringer et al., 2022, S.85). Auf die Fra ge ´welche der folgenden Dienste haben Sie letzte Woche genutzt, um Nachrichten zu suchen, zu lesen, anzuschauen, zu teilen oder um dar über zu diskutieren, falls überhaupt einen´, lauteten die Antworten bei fast jedem/jeder zweiten jungen Erwachsenen Instagram (46,4%), mehr als jeder Dritte nutzt YouTube (31,7%), jeder fünfte WhatApp und Tiktok (20,4%), Snapchat noch 16,2% und nur 14,3% Facebook (Gadringer et al,
2022, S.89). Es zeigt sich bei den Umfragen im jüngsten News Report Network Austria Digital aber auch, dass die jungen Erwachsenen durchaus online und offline-Nachrichten konsumieren bzw. auch kombinieren. Bei der Frage ´auf welche der folgenden Arten teilen Sie in einer durch schnittlichen Woche die Berichterstattung in den Nachrichten oder neh men aktiv an der Berichterstattung teil, falls überhaupt´, sucht mehr als jede:r dritte (35,9%) einen direkten Face-to-Face-Austausch über ein Nachrichtenthema. Dies verdeutlicht, dass Kreuzinformationen, mög licherweise im Sinne von Check-Double-Check erfolgen. Dies könnte auf eine reflektierte Prüfung auch von Falschmeldungen / Fake News hinweisen. Durch diese Personalisierung von Kommunikationsräumen bzw. algorithmisch personalisierten Nachrichtenkanäle (Schweiger, 2019) kann, muss es aber nicht zu einem ´Filterbubble-Effekt´ (Pariser, 2011) kommen. Auch Schmidt et al. (2017, S. 6) sehen das durchaus diffe renzierte Medienverhalten von Jugendlichen, die nicht nach einem blo ßen Reiz-Reaktion-Schema verfallen, in einer Studie aus dem Jahr 2019 bestätigt: „Zur Meinungsbildung im engeren Sinne, d. h. zu Formierung eigener Einstellungen und Meinungen, halten die Befragten die Inter mediäre für weniger wichtig als traditionelle journalistische Quellen und den Face-to-Face-Austausch” (Schmidt et al., 2017, S.6). Weitere konkrete Partizipationsformen im Internet erfolgen für rund jede vierte junge Person über liken (21,3%) bzw. über einen Online-Austausch be züglich eines Nachrichtenthema aus (22,6%). Bemerkenswert ist, dass knapp jeder Fünfte (19,8%) auch in Online-Voting abstimmt (Gadringer et al., 2022, S.93). Dies unterstreicht die Eigenschaft des Internet als ´Mitmach-Web´. Erwartungsgemäß ist der Anteil der generell im Netz Partizipierenden bei den 18-24-Jährigen mit über zwei Drittel (65,7%) am höchsten und bei den 45-54-Jährigen mit nur knapp jedem Zweiten (45,8%) am niedrigsten (Gadringer et al., 2022, S.93).
7. Informationelle Grundversorgung zwischen der vierten und fünften Gewalt
Traditionelle Qualitätsmedien als vierte Gewalt in einem demokrati schen Staat genießen nach wie vor großes Vertrauen, insbesondere in Krisenzeiten (Gadringer et al., 2022, S. 103). Gleichwohl zeigen die jüngs ten Zahlen zum Medienverhalten der jüngeren Zielgruppe weiterhin deutlich, dass ökonomisch orientierte Plattformen beim Medienkonsum zum festen Bestandteil der informationellen Grundversorgung geworden sind und sich als mögliche fünfte Gewalt etabliert haben.
Laut einem Bericht des Europarats (Cabrera Blázquez et. al, 2022, S. 131) über die ´Governance und Unabhängigkeit öffentlich-rechtlicher Medien´ verstärken die digitalen Vermittler (Soziale Medien, Suchma
schinen, Algorithmus-Aggregatoren) immer mehr ihren Einfluss vor al lem auch auf dem audiovisuellen Markt. Sie konkurrieren damit sehr erfolgreich um die Aufmerksamkeit der Konsument:innen und um Wer begelder. Dies reduziert vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Medi en die Werbeeinnahmen und führt zu einer verstärkten Abhängigkeit von politischen und finanziellen Entscheidungen sowie zu einer höhe ren Empfänglichkeit für politischen Druck von außen.
So konstatiert die EU-Kommission im jüngsten Rechtsstaatsbericht über die Entwicklungen in der EU noch Handlungsbedarf in vier Schlüsselbe reichen: der Justizsysteme, der Rahmen für die Korruptionsbekämpfung, Freiheit und Pluralismus der Medien sowie andere institutionelle Fragen im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung. In einigen Mitgliedstaaten bestehen nach wie vor „systemische Bedenken” (Europäische Kommis sion, 13.07.2022). Empfehlungen im Bereich Freiheit und Pluralismus der Medien betreffen unter anderem die transparente und gerechte Vergabe staatlicher Werbeaufträge, eine unabhängige Verwaltung der öffentlichrechtlichen Medien und Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten.
Laut der Europäischen Rundfunkunion, einem Zusammenschluss 115 öf fentlich-rechtlichen Medien in 56 europäischen Ländern ist es zur Erfül lung des öffentlichen Auftrags wichtig, den Kern der öffentlich-rechtli chen Medien zu bewahren. Dazu gehören die Kriterien von Universalität, Unabhängigkeit, Exzellenz, Vielfalt, Rechenschaftspflicht und Innova tion. Es bedarf somit einer soliden Gesetzgebung, einer angemessenen und nachhaltigen Finanzierung und einer professionellen Governance zur Wahrung der redaktionellen Unabhängigkeit (Europäische Rundfun kunion, 2021, S.6).
Die Abdeckung des Finanzbedarfs gehört dabei sicherlich zu den zen tralen Herausforderungen, die viel Diskussionsbedarf auf allen Ebe nen hervorruft. Daran sind nicht nur Fragen der Existenzssicherung von Qualitätsmedien geknüpft, sondern auch Aspekte der tatsächli chen Programmqualität, um vor allem nicht die junge Zielgruppe noch mehr an die Plattformen zu verlieren. In Österreich hat es dazu am 18.07.2022 ein wegweisendes Urteil des Verfassungsgerichtshofs gege ben. Dieser hat entschieden, dass Gratis-Streaming von ORF-Program men künftig nicht mehr möglich ist, ohne einen Rundfunkbeitrag zu zahlen. Laut Höchstrichter verstoße es gegen das Bundesverfassungs gesetz über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, „dass Personen, die Programme des ORF ausschließlich über Internet hören oder sehen, kein Programmentgelt bezahlen müssen” (Verfassungs
gerichtshof Österreich, 2022). Die Aufhebung tritt mit Ende 2023 in Kraft. Bis dahin muss der Gesetzgeber auch eine Neuregelung über die Finanzierung des ORF insgesamt gefunden haben. Dies Urteil steht exemplarisch für das erhebliche Allgemeininteresse und die Notwen digkeit an der Aufrechterhaltung eines pluralistischen Rundfunks in einer Demokratie.
Die nachhaltigen Verschiebungen im Medienkonsum verbunden mit ei ner sich ausweitenden Marktmacht der Plattformen gerade auch durch ein Abfließen von Werbegeldern in den Online-Bereich führt somit zu der grundlegenen Frage nach den verantwortlichen Akteuren für die in formationelle Grundversorgung. Die Diskussionen gehen von der Existenzberechtigung hin zu einer Existenzrechtfertigung von Public Service Media bzw. dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
8. Fazit und Ausblick
Zu Beginn des Beitrags wurde die Frage gestellt, inwieweit eigentlich noch von der ´vierten Gewalt´ der traditionellen Informationsmedien gesprochen werden kann oder ob die ökonomisch ausgerichteten Platt formen mit ihren zahlreichen digitalen Ausspielkanälen und dem Er reichen einer vor allem jüngeren Zielgruppe bereits als ´fünfte Gewalt´ einzuordnen sind. Diese Aspekte und verbundenen Problematiken wur den im Rahmen einer Mehrebenen-Analyse analysiert, wobei die Makro-, Meso- und Mikroebenen keiner scharfen Abgrenzung unterliegen, son dern sich gegenseitig durchdringen und beeinflussen.
Zusammengefasst kann man festhalten, dass die Entwicklung der euro päischen Medienpolitik durch mehrere Phasen gekennzeichnet ist. Sie ist zunächst geprägt von wirtschaftsliberalen, technologischen Motiven (´Politics follow Technology´) in den 80er Jahren, wird dann ergänzt durch kulturwahrende Aspekte (´Cultural needs follow Commercial Growth´) in den 90er Jahren und reagiert schließlich auf Entwicklungen der Digitalisierung und Plattformökonomie (´Democratic Requirements follow Digital Platform Expansion´) seit Anfang des Milleniums. Auf der jeweiligen intermediären bzw. organisationalen Mesoebene kennzeich nen diese Entwicklungen Spannungsfelder zwischen Qualitätsjournalis mus bzw. demokratiegelenktem, öffentlichem Auftrag und einer erstarkenden Gatekeeper-Plattformökonomie, die bereits als informationelle Grundversorger eingestuft wird. Auf der individuellen Mikro-Ebene be einflussen die technischen und wirtschaftlich getriebenen Motive von Plattformen das Verhalten der Medienkonsumenten. Die eindeutige Zu ordnung von Sender und Empfänger entfällt zudem durch die konsumie renden und produzierenden Aktionen von User:innen (Prosumenten).
Dies geht einher mit einer Abwendung der jüngeren Zielgruppe von den traditionellen Medien hin zu den Gatekeeper-Plattformen. Damit ergibt sich für die traditionellen Qualitätsmedien eine weitere Herausforde rung im bisherigen Gatekeepermonopol, das nun sowohl von der Mesoals auch von der Mikroebene aufgebrochen wird (Sandwich-Position).
Die Mehrebenen-Analyse in diesem Beitrag hat deutlich gemacht, dass auf allen drei Ebenen bestehende Maßnahmen unter Beachtung der europäischen Rahmengesetzgebung umgesetzt bzw. weiterhin von die ser flankiert werden müssen. Dies betrifft auf der Makroebene u.a. die künftige Kontrolle und ggf. Sanktionierung von Plattformen hinsichtlich der Umsetzung von demokratiewahrenden, medienpolitischen Erfor dernissen. Auf der Mesoebene müssen sich insbesondere die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten auf eine unabhängige Regulierungsbe hörde verlassen können, die Mediensteuerung muss frei von schädlicher politischer Einflussnahme sein und es muss eine breite Vertretung aller gesellschaftlichen Gruppen in den Aufsichtsgremien geben sowie ein faires und transparentes Finanzierungssystem für Qualitätsmedien. Auf der Mikroebene muss die Attraktivität von Qualitätsmedien auch für die junge Generation in der Programmvielfalt offline und vor allem online deutlicher berücksichtigt werden, um ein weiteres „Abwandern” zu den Plattformen zu verhindern. Dazu müssen bestehende Gesetze genutzt oder neu geschaffen werden, notfalls auch mit flankierender regulato rischer Unterstützung durch die EU-Ebene. Nur so können die traditi onellen Qualitätsmedien ihre Position als vierte Kraft im politischen Machtgefüge verteidigen und mit der privaten und profitorientierten Plattformökonomie konkurrieren bzw. sich entsprechend ergänzen.
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ACCOUNTABILITY AND PLATFORMS‘ GOVERNANCE: THE CASE OF ONLINE PROMINENCE OF PUBLIC SERVICE MEDIA CONTENT
KRISZTINA ROZGONYI INSTITUTE FOR COMPARATIVE MEDIA AND COMMUNICATION STUDIES (CMC)/AUSTRIAN ACADEMY OF SCIENCES1. Abstract
Public discourse has moved online, enabled by internet intermediari es, in particular by social media platforms. Platforms have become an important source of, access point to and key distributor of information, including media content. Public Service Media (PSM) – the ultimate trus tee of media pluralism and diversity in the European tradition - is incre asingly reliant on platforms under the universality principle to reach out and interact with the broadest range of their audiences. However, control over media content dissemination and audience engagement is largely determined by the platforms via algorithmic recommendation systems (content curation) and according to their terms and conditions (commu nity standards). Thus, the realisation of PSM’s role as the ‘Fourth Esta te’ of power in democratic societies is de facto defined, negotiated and provided by private interest ruled actors in the online environment. The public interest objectives for diversity and pluralism, the cornerstones of media governance, have not been realised under these conditions.
This paper addresses the necessity and possibilities of a regulatory framework for both legal and policy safeguards of PSM in the digital eco logy and aims to provide insights into the regulability of digital online communication platforms and the guarantees on PSM content delivery to audiences as a matter of media pluralism. Accountability, which is the backbone of governance, was studied in its interaction with platforms‘ and PSM performance, and the critical junctures identified. Finally, the analyses on the resilience and the sustainability of the current accounta bility regimes laid out recommendations for future policy and interven tions for the governance of public-interest driven platforms.
2. Keywords
PSM content prioritisation; Due prominence; Platform governance; Ac countability; Media pluralism
3. Introduction
Public discourse has moved online, enabled by internet intermediaries, in particular by social media platforms. Platforms became the gatekee pers of information enabled by their algorithmic-driven content curation and recommendation techniques. Their ‚systemic opinion power‘ (Hel berger, 2020), the ability to decide in the online digital context of the 5 Ws, created various layers of communicative dependence directly affecting democratic processes. The decisions on controlling content and informa tion are set by platforms’ private rankings, based on internal corporate rules, considerations and assumptions, rather than democratic or public interest values. This ‚unattended‘ digital communicative space provided fertile ground in certain contexts for the proliferation of ethnic hatred, gender-based violence and several intersectional forms of hostility, which has not been allayed by appropriate safeguards or checks and balances.
Public Service Media (PSM) - the ultimate trustee of democratic access to media content, pluralism and diversity in the European tradition - is in creasingly reliant on platforms under the universality principle to reach out and interact with the broadest range of their audiences. However, control over content dissemination and audience engagement is largely determined by the platforms via algorithmic content recommendation (content curation) systems and according to their terms and conditions (community standards). Thus, the realisation of PSM’s role as the ‘Fourth Estate’ of power in democratic societies is de facto defined, negotiated and provided by private interest ruled actors in the online environment. The public interest objectives for diversity and pluralism, the cornersto nes of European media governance, have not been safeguarded under these conditions.
Against this background, several fundamental media policy objectives on diversity and plurality in the digital era have needed re-consideration, in many instances new theorisation, and certainly the re-assessment of their realisation possibilities. Platforms’ powers—to actively guide and shape the media’s democratic mission (Napoli 2011, Helberger 2018, Mazzoli 2020)— raise severe concerns about democratic resilience. Mazzoli and Tambini (2020) find that, more specifically, platforms‘ content curation and prioritisation policies and practices are intrinsically linked to media pluralism, and the discoverability of public interest content emerged as a fundamental problem. Finally, ‚due prominence‘—the findability and ac cessibility —of media content of public interest, including PSM content, is critical in defining freedom of expression and diversity online (Mazzoli, 2021), which are the cornerstones of media pluralism in the digital era.
Due prominence online is a matter of democratic platforms and media governance across all levels and layers: the users, the media and the State. The ability of users to counter disinformation via media content of general (public) interest is intrinsic to the fundamental human right to receive accurate and unbiased information (Schulz et al., 2019). The creation of public value media content—social, cultural, economic, in dustrial, representational and civic—is dependent on the platformised environment (Mazzucato et al., 2020). The reinforcement of public inte rest objectives vis-a-vis platforms requested the re-engineering of regu latory capacities of the States (Rozgonyi 2018a, 2020). Thus, European policymakers engaged recently with media plurality and diversity online and explored the—potential—role of due prominence regimes in demo cratising content governance (CMPF et al., 2022).
Platforms’ content curation and recommendation: the relevance to due prominence of PSM content Platforms‘ algorithmic content recommendation systems filter large amounts of information online (content-based, collaborative or hybrid filtering), whereby prioritisation is meant to positively discriminate and promote certain content by making it more discoverable or prominent for digital audiences (Pirkova et al., 2021). While Pirkova et al. (2021) argue that recommender systems determine how users‘ data, profiles and in teractions can be best utilised to reach pre-defined optimisation goals, Leerssen (2020) suggests that they are a central point of control for media governance. Arguably, PSM is meant to be in the best position to ensu re audiences‘ with diverse media content and facilitate a pluralistic offer (Helberger et al., 2018) within the increasingly digital media environment (Sehl, 2020).
The aim of PSM was to contribute to the fundaments of a democratic soci ety, to provide for safe, inclusive and open public debates, and ultimately for social cohesion. These functions were challenged by systemic politi cal attacks on a global scale (Dragomir & Soderstrom, 2022) and by digital disruptions, thus ensuring PSM struggled with democratic performance in the digital, fragmented and platform-driven context. Trappel (2016) argued early on for ‚taking the public service remit forward across the digital boundary’ and for PSM to enter into dialogue and conversation with the audience. But the PSM digital reality was less encouraging, and innovation remained as Direito-Rebollal and Donders (2022, 17) explain:
mostly technology-centric with public broadcasters focusing pri marily on the use of technological innovations to serve their own economic and market purposes (e.g., to reach audiences with a
multi-platform offer) rather than to encourage the public participa tion of their users.
Democratic publicity (Helberger et al., 2020) and audience participati on are closely related to the due prominence of PSM content. Scholars have mapped and critically reflected on the various efforts at regulating platforms recommendation transparency in Europe, and argued for their potential added value for prioritising PSM content online (Mazzoli, 2021). The Council of Europe set EU wide policy standards for establishing a ‘prominence regime‘, which is
a framework of rules which establishes to what extent platforms and intermediaries can, or should prioritise certain forms of con tent over others, and under what conditions of transparency, ac countability, and liability (CoE 2021, 3).
The backbone of such legal and regulatory frameworks are the under lying accountability mechanisms by which platforms and PSM were de creed to comply.
The ‚accountability‘, ‚responsibility‘ and ‚responsiveness‘ of PSM were considered together with audiences‘ participation as the two sides of the same ‚coin‘ (Baldi & Hasebrink, 2007). The creation of public value in a partnership and „downward accountability to users, but to users as ci tizens rather than as subjects or consumers” (Donders & Moe, 2011):50) was found critical to audiences‘ digital engagement and ensuring pub lic trust (EBU, 2021). But despite the worldwide and vitalised debates on trust and accountability, very little was done on institutionalised mecha nisms to enhance media performance (Thomass et al., 2022).
In parallel, the increased influence of platforms‘ algorithmic content cu ration triggered debates about appropriate accountability structures and mechanisms (Saurwein 2019; Saurwein & Spencer-Smith, 2021). The ori ginal concept of ‘procedural accountability’, namely the idea that platforms and policy-makers were to divide responsibilities based on broad policy objectives and governance standards (Bunting, 2018a & 2018b), was realised in hard law and legislation (European Audiovisual Obser vatory, 2021). However, online content curation and the related prioriti sation decisions were not yet covered by any specific regulatory frame work (CMPF et al., 2022), and the democratic performance of PSM was not guaranteed on digital communication platforms. Therefore, it was necessary to investigate the legislative and policy measures relevant to the universality and accessibility of PSM content online, the solo-regu
latory actions of platforms taking account of their conduct, and the cor responding PSM practice. Thus, this paper interrogated the complexity of accountable media and platform governance, and focused on three, interrelated research questions (RQs): (i) Which elements of platforms’ accountability regimes correspond to the due prominence of PSM con tent online? (ii) How do they resonate with PSM public accountability schemes? (iii) What should be the role of accountability in public-value driven platform governance?
The case study: the Österreichischer Rundfunk (ORF)— Austria’s PSM
Public service media is a matter of national media policy in the European tradition and also under European Union (EU) law (Irion & Valcke, 2015).
The Amsterdam Protocol (No. 29), which laid down the fundamental ru les on the system of public service broadcasting in the EU, stressed the direct link between PSM and the national “democratic, social and cultu ral needs of each society and the need to preserve media pluralism”, and left it to the competence of the Member States to define, organise and fund PSM (Amsterdam Protocol, 2012). To investigate the RQs of this pa per, it was necessary to select a particular national case study and close ly scrutinise the accountability of a particular PSM and the links to due prominence online. The Österreichischer Rundfunk (ORF, Austria’s PSM) case was appropriate for several, directly relevant reasons.
The ORF is a well-established PSM with a long history of providing for media pluralism in Austria, trusted by more Austrian citizens than the European average (EBU, 2021). The ORF is also significant in terms of market size and presence (Seethaler & Beaufort, 2022), operating 4 na tional television and 12 radio channels, with a meaningful—though le gally limited— online presence. According to the latest data, 82,8% of the Austrian online population used the ORF.at-network, and ORF.at was the most successful Austrian news website. Furthermore, the ORF News brand was the most trusted one across all sources of news, with an over all rate of 62% (Reuters Institute, 2022): 65).
All in all, the ORF serves as an exemplary case of transiting from Public Service Broadcaster (PSB) to Public Service Media (PSM), and for the stu dy of the digital-online transformation and a ’new partnership’ with the public (Jakubowicz, 2013). Furthermore, the legal and policy context in Austria offers a comprehensive, well-advanced and nuanced, and thus an ideal sampling base for investigating accountability schemes with a governance approach (Puppis, 2010b).
Accountability and governance
Accountability is a fundamental constituent of platforms and media governance. Bovens (2007, 452) defines accountability as “a relationship between an actor and a forum in which the actor is obliged to explain and justify his conduct, the forum can pose questions and pass judgement, and the actor may face consequences”, which is the fundamental frame work of any governance scheme. The original concept of accountability— historically rooted in the accounting practices of bookkeeping (Romzek & Dubnick, 1998)—was transformed into social (power) relations “within which enforcement of standards and the fulfilment of obligations is a reasonable expectation” (Bovens et al., 2014): 5). Accordingly, the role of enforcement—of rules, norms and judgements—and the ability of the forum to ask the right questions about the conduct of the actor, was es sential in establishing the links between governance and accountability (Rhodes, 2007).
The act of asking questions assumes a relevant information base, and transparency is therefore an enabler and pre-requisite to taking respon sibility and securing public trust. Similarly, “a high level of media ac countability would lead to a high degree of citizens trusting the (news) media” (Thomass et al. 2022, 232). Thus accountability emerged as a vital organising principle of the media’s contributions to the public (Picard & Pickard, 2017). The connection of types of accountability—political, mar ket, professional and public—with media governance was established along the line of media responsibility (Bardoel & d’Haenens, 2004), and was followed up by comprehensive research on the state of media ac countability in contemporary Europe (Eberwein et al., 2018) and beyond (Fengler et al., 2022). Similarly, the broader context of the media, such as spectrum governance attracts interest in studying possible venues of ac countability in global telecommunication (Rozgonyi, 2018b), and the im pact of non-accountable policy-making and policy-framing on the loss of public space in the airwaves (Rozgonyi, 2019). Arguably, core structural changes in the media systems—digitalisation, globalisation and platfor mization—necessitated the re-conceptualisation of media accountability and the adaptation of adequate principles, such as reciprocity and mutu ality (Eberwein, 2021).
Public Service Media and accountability
The accountability dilemmas of the media resonated with the ethos of public service broadcasting and the institutionalisation of PSMs. Within the digitally transforming mediatised communicative context, PSBs were to fulfil their respective mandates on informing, educating, entertaining and to accommodate largely formalised and ‘upwardly’
oriented accountability measures (reports, audits, execution of licence obligations, etc.) “vis-à-vis power holders and the elite, rather than “downward” lines of accountability to the audience/public” (Jakubo wicz, 2003): 148). Even today, PSM accountability concepts and imple mentation reside mostly on legally inscribed, largely administrative frameworks, such as financial and operating reports on the fulfilment of the public service remit, and strictly regulated institutional gover nance structures – management boards, supervisory bodies and for mally mandated contact points and channels for interaction (European Audiovisual Observatory, 2022).
The notion of the ‘public value creation’ was later linked to accounta bility, and since the 2000s, “instruments of control and accountability have become increasingly organised within a competition framework between PSM organisations and other media market players – mainly commercial operators” (Bulck, 2015):80). The competition-policy driven approach targeted the publicly-funded media organisations—PSMs—as ‚market disturbants‘ and ‚distortion creators‘, and accountability was reconceptualised to closely monitor them over (potential) ‚wrong-doings‘. Public value ex-ante tests were introduced across Europe as regulatory accountability schemes to control the public worth and possible mar ket impact of planned publicly funded media services (Donders & Moe, 2011), which have certainly improved transparency and accountability of PSM in the sense of giving an account (Collins, 2011). These measures remained mostly administrative—and burdensome, especially to smal ler PSBs. Still, as Lowe and Martin (2014, 34) argue “(s)ome PSM orga nisations have developed advanced downward accountability to their publics via editor’s blogs, hosted forums and document repositories”, though “online services and programmes (we)re rarely built on the ba sis of audience feedback, community consultation or social production models”. The rapidity of socio-technological change due to digitalisation and globalisation of the mediated communicative context of PSM was difficult to translate to institutional values on transformation.
Platforms accountability
Platforms’ accountability has been contextualised within internet governance and referred to the formal and informal relations among the actors who defined structures and internet policy processes. According to the normative order of the internet, accountability was realised with “a much broader ambit than international law in that it focuse(d) less on norms and more on responsibilities of actors for different aspects of the governance of the internet” (Kettemann 2020, 128). In a similar vein, a major shift in intermediary (platforms) liability to accountability
occurred, and as a result, “(a)ccountability schemes differ significantly, ranging from legal entitlements to request assistance in enforcement to entirely voluntary private-ordering schemes” (Frosio & Husovec 2019, 2).
Currently, algorithmic accountability is at the top of the agenda of policy debates on internet and platform governance. Saurwein argues that (g)overnance and accountability (we)re hampered, for instance, by (a) the lack of transparency and high complexity of algorithmic sys tems, (b) the fragmentation and heterogeneity of the involved in dustries, (c) the increasing autonomy of the technological systems and (d) the increasing distribution of action between humans and machines (Sauerwein 2019, 198).
A search for the links between algorithms and online harms showed that a mix of the “socio-technical assemblages, composed of the use and design of algorithms, platform design, commercial interests, social practices, and context” (Sauerwein & Spencer-Smith 2021, 222) are more responsible for harms than algorithms alone. Pirkova et al. (2021) recom mend that possible governance interventions focus on socio-technical mechanisms of harm, based on evidence- and research-driven legislati ve frameworks to ensure accountability of internet intermediaries, inclu ding the mandating of human rights due diligence through independent oversight and independent auditing.
Outlining the analytical model of accountability
Our investigation on the potential correspondence between platforms’ and PSM accountability for due prominence of public value content on line considered these varying, though conceptually interlinked notions of media, PSB and PSM and platforms‘ accountability. We have narrowed down our research to the normative aspects of the corresponding mea sures and used a combination of legal (Milosavljević & Poler, 2019) and policy analyses (Puppis & Van den Bulck, 2019). The study design enab led the researchers to conduct an inter-disciplinary approach to explore, analyse and assess, in line with the RQs, a pre-selection of the most di rectly relevant aspects of the PSM industry. These included: statutory le gal acts (national and European); European legal and policy standards; industrial standards and practices; solo-regulatory, private rankings of online platforms and the practices of Austria’s PSM practice. The analy ses considered the perspectives of the audiences (users), PSM providers, the State (regulators) and the platforms, to scrutinise the current accoun tability schemes and evaluate their appropriateness. The analytical mo del followed Bovens’ (2007) scheme of accountability—corresponding
with Lindbergs’ (2013) accountability characteristics:
1. Actor(s): Who is to be accountable?
2. Forum: On what premises and to whom?
3. Legitimacy: In which social relations?
4. Obligation: What is the substance of accountability?
5. Compliance: Monitored and controlled by whom?
6. Consequences: Are either or both sanctions and rewards foreseen?
4. The study of accountability schemes relevant to due prominence online: the composition of the body of research
The study of due prominence online needs a governance approach (Pup pis, 2010a) both conceptually and methodologically. The latest and most comprehensive research on media pluralism and diversity online in Eu rope, and specifically on the prominence and discoverability of general interest content and services across the continent, considered the policylegal-industrial aspects in parallel and reflected on the dynamic relation ships between the constituting elements of prominence regimes (CMPF et al., 2022). Similarly, the accountability schemes relevant to prominence were necessarily embedded in such complex and interconnected mecha nisms, “both formal and informal, national and supranational, centralized and dispersed, that aim to organize media systems” (Freedman, 2008):14). Therefore, it was necessary to apply the governance approach pursuing the first research question of ‘Which elements of platforms’ accountability correspond to due prominence of PSM content online?’ and to investigate comprehensively (1) Statutory laws; (2) European legal and policy standards; (3) industry policies and practices and also (4) the solo-regulation of and by platforms through private ordering to identify, locate and analyse the existing and constituting elements of platforms’ accountability.
The following section gives more details about the research sampling and briefly introduces the objects of the study.
Statutory laws
Currently, platforms and internet intermediaries are not subject to direct ly applicable legal or regulatory measures concerning due prominence (CMPF et al., 2022): 153). Thus, the sampling considered statutory legal acts with the most similar regulatory objectives and also close to the le gal traditions of the country case study—Austria.
The study selected Germany’s Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG, Network Enforcement Act) of 2017 (Gesetz zur Verbesserung der Rechts durchsetzung in sozialen Netzwerken, 2017) because it was the first sta tutory instrument requiring platforms to be accountable for their procee dings combating online speech deemed illegal under domestic law. The NetzDG that entered into force on 1 January 2018 and was revised (’No vellierung’) in 2021, established a novel accountability scheme based on transparency reporting obligations towards German authorities (the Federal Office of Justice) and online publics. The NetzDG requires soci al network providers to regularly report, in a regulated manner, on the handling of complaints about unlawful content on their platforms. Alt hough platforms attempt to ‚tweak‘ the transparency requirements and lessen their effectiveness (Wagner et al., 2020), the NetzDG was a remar kable first step with a significant policy diffusion impact towards public accountability of platforms and was followed up both at both national and EU-levels in later legislations.
Austria’s Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPl-G; Communication Platforms Act) of 2020 (Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz der Nutzer auf Kommunikationsplattformen (KommunikationsplattformenGesetz – KoPl-G), 2020), which entered into force as of 1 Jan 2021, was the closest follower of the NetzDG in terms of accountability of online plat forms. The KoPI-G addressed the complex regulatory concern of enforce ment of certain criminal rules online while protecting users‘ procedu ral rights by “(…) promoting the responsible and transparent handling of user reports on communication platforms” (ibid. § 1 (1) KoPI-G). The KoPI-G has also introduced both administrative and public accounta bility measures via transparency reports and compliance, thus further developing the NetzDG-model. The forum of administrative reporting is the KommAustria, the independent regulator of Austria (instead of the Government-led authority in the German scheme), which was a major improvement for the democratic legitimacy of the model. Also, a desi gnated centre at the regulator was set up for users’ complaints, while platforms’ reporting obligations were more substantially regulated. According to the decision of the KommAustria, there are 11 platforms ope rated by 10 service providers, which fell under the scope of the KoPI-G.
As Kalbenn (2020) states, Germany’s (Medienstaatsvertrag (MStV, Inter state Media Treaty) 2020 (Medienstaatsvertrag, 2020) introduced the first and only statutory obligations towards social networks, search engines and news aggregators (so-called ‘media intermediaries’) driven by me dia policy objectives on diversity. Transparency obligations were aimed at publicly reporting on content accessibility, aggregation, selection and
visibility, including the information on the functioning of the algorithms used (ibid. §93). This requirement was the cornerstone of accountability for content prioritisation and a major building block of a potential due prominence regime. Furthermore, intermediaries were required not to discriminate “against journalistic-editorial offers over which they have a particularly high degree of influence” but ensure diversity of opinions (ibid. §94 (1)). The German policy-makers expected the non-discriminati on obligation to enhance visibility thus the prioritisation of public value content. Accountability measures were designed for the providers of the journalistic and editorial content who could claim a violation of the nondiscrimination obligations. The forum of accountability was set in the 14 State Media Authorities, who were also to develop the procedural rules for platforms on taking responsibility.
The latest legislative development with specific relevance to platforms’ accountability was the publication of the draft Digital Services Act (DSA) in December 2020 (DSA, 2020), which is expected to be adopted by the European Parliament and the Council in 2022. The DSA contains special obligations for online platform providers, among them very large on line platforms (VLOPs) and very large online search engines (VLOSEs), which will have to face stricter rules. First, there will be requirements for the operation of “recommender systems” (Art. 2) to assess (Art. 26) and also mitigate (Art. 27) risks of the „negative effects for the exercise of the fundamental rights to respect for private and family life, freedom of expression and information, the prohibition of discrimination” (Art. 26 b). The EU policy-makers have foreseen these rules enhancing the ope ration of content curation and algorithmic recommendation driven by public value considerations. Furthermore, the DSA sets out transparency obligations on VLOPs to publish “in a clear, accessible and easily com prehensible manner, the main parameters used in their recommender systems”, and a specific accountability measure to provide options “for the recipients of the service to modify or influence those main parame ters” (Art. 29). Once these rules enter into force, platforms all across the EU will have to comply with exposure diversity duties for the pluralism of voices (Broughton Micova, 2021).
The above statutory legal acts were analysed according to the accounta bility measures, to which they correlate (see Table 1).
European legal and policy standards
Within the wider European legal context, the guiding principles and the accompanying standards on prioritisation and prominence are em bedded in the right to freedom of expression and its corollaries, media
freedom and pluralism, which Article 10 of the European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms (ECHR) guarantees. The Council of Europe (CoE) administers the ECHR and re presents 46 member states across Europe. The CoE set standards on the protection of human rights, the democratic value of media pluralism in the ongoing digital transformation and specifically considered the roles and responsibilities of internet intermediaries, and the impacts of algorithmic content recommendation systems.
The latest and most relevant instruments with regards to prioritisation and prominence were adopted by the CoE in 2021 and 2022 respectively. The ‘Guidance Note on the Prioritisation of Public Interest Content On line’ (CoE, 2021) addresses platforms, intermediaries and the States. The CoE recognises the implications of ‘regimes of prominence’ for democra cy and human rights, and their “potential for promoting trusted news and authoritative information, as well as for widening the diversity of content consumed online” but warned about possible “exploit(ation) for censorship or propaganda” (CoE 2021, 2). Therefore, the Guidance Note put forward instructions on how to make public interest content more prominent, and recommended the introduction of new obligations for platforms and intermediaries, including imposing minimum standards such as transparency. Meanwhile, the ‘Recommendation on principles for media and communication governance’ (CoE, 2022) provides more details on the guiding principles to prominence obligations, according to the different roles of governance stakeholders in performing policymaking and regulatory activities. Both CoE documents were added to the sample and the promoted accountability schemes were analysed accor dingly (see Table 1).
Industry standards and practices
There are no directly applicable industry standards or practices on pro minence regimes, to which we could have referred (CMPF et al. 2022, 50). However, we have identified closely related accountability schemes ap plicable to countering disinformation in Europe embedded in the ‘Code of Practice on Disinformation’ (European Commission 2022). Also, the Ranking Digital Rights (RDR) initiative that monitors the accountabili ty of algorithmic content curation and recommendation, delivered me aningful insights for the study of prominence regimes (RDR 2022).
Since 2018, countering online disinformation has been high on the policy and regulatory agenda in the EU. The pioneering ‘2018 Code of Practice on Disinformation’ was updated and strengthened in 2022 (European Commission, 2022), and today there are several commitments
(44 in total) and specific measures (128 in total) targeting disinformation online, which the signatories of the Code have pledged. Platforms, ad vertisers, ad-tech companies, fact-checkers, civil society and third-party organisations with specific expertise on disinformation agreed on un dertaking counter-measures, including demonetising the dissemination of disinformation; guaranteeing transparency of political advertising; enhancing cooperation with fact-checkers, and facilitating researchers’ access to data. The Code of Practice on Disinformation is monitored and assessed by the European Regulators Group for Audiovisual Media Ser vices (ERGA) and the European Digital Media Observatory (EDMO), along with the European Commission. The Code has introduced a novel promi nence regime, whereby platforms are required to prioritise authoritative information and guarantee the transparency of the relevant recommen der systems. Meanwhile, a corresponding accountability scheme, which was built around the common Transparency Centre website, required the signatories taking an account of their actions to the Permanent Task Force consisting of the signatories, the EDMO, the ERGA, the EC and the European External Action Service (EEAS). For the sampling process, we have identified the relevant elements of the scheme and assessed them in Table 1.
Furthermore, the Ranking Digital Rights (RDR) initiative is a global re search program on industry practices of tech and telecom companies, which regularly publishes rankings and scorecards using a complex me thodology of indicators on the transparency of corporate policies aligned with internationally recognized human rights standards (RDR, 2022) . The indicator on ‘Algorithmic content curation, recommendation, and/or ranking systems’ (F12) reflects on the specifics of algorithmic accounta bility and reveals insights on the variables that influence these systems. These may be users’ options to control the variables, and users’ opt-in/ opt-out potentials. These features were highly relevant to prominence accountability and were considered also in Table 1.
Solo-regulation by platforms
Platforms and internet intermediaries were not required to comply di rectly with legal or regulatory measures on due prominence of PSM con tent yet. Therefore, their private rankings (Kettemann, 2020) on content curation and recommendation had to be studied individually, and the rules and policies analysed according to the different accountability schemes. These solo-regulatory measures are embedded in their ‘terms of service’ and content policies (Milosavljević & Micova, 2016), the de facto enforced norms relevant to due prominence.
The selection of research sample was according to their relevance to prioritisation (CMPF et al. 2022, 75) and a pre-defined set of interrelated criteria. Platforms in the sample had to primarily fall under the national jurisdiction of the country case study, i.e., Austria, and more specifically of the KoPI-G of 2020. According to the Austria’s national regulatory au thority (NRA), the KommAustria, 10 platform providers were operating 11 platforms, subject to Austrian jurisdiction. Secondly, the platforms had to apply EU-based regulations towards platforms. The most similar regu latory instrument applicable to platforms-based audiovisual content in Europe was the Audiovisual Media Services Directive (AVMSD) of 2018, which will also remain in force after the adoption of the DSA. Thirdly, the sampling only considered those platforms eligible for PSM content dis tribution, corresponding to the Austrian regulations by the KommAus tria and aligned with the ’order verifications’. The fourth criterion was the de facto use of the platform by the ORF, Austria’s PSM, for the distri bution of public service content. The ORF disclosed 4 platforms as their main social media distribution channels. In sum, three platform provi ders – Meta, TikTok and Twitter – operating four distinct social media platforms – Facebook, Instagram, Twitter and TikTok – which met all the criteria, and were sampled for this study. Importantly, these platforms will also meet the criteria of the DSA on Very Large Online Platforms (VLOPs) due to their audience reach (over 45 million users respectively) in facilitating public debate and the operation of algorithmic curation services and recommender systems.
For Meta, the study explored and analysed in the context of accounta bility features on due prominence: Corporate Human Rights Standards (Meta, 2021a), guidelines for Facebook (Meta 2021b, 2022a, 2022d, 2022e), and Instagram (Meta 2022f), a Content Ranking Policy (Meta, 2022b) and a Content Report (Meta, 2022c).
TikTok’s approach to prioritisation and the underlying accountabi lity framework was detected in the Community Guidelines (TikTok, 2022a), the For You feed (FYF) policy (TikTok, 2019) on content recommendations and the latest Community Guidelines Enforcement Report (TikTok, 2022b).
Twitter’s policies and self-determined rankings on (de)prioritisation were embedded in the Twitter Rules (Twitter, 2022d), the Twitter Lists (Twitter, 2022a), and the Public-interest exception guide (Twitter, 2022c), while the accountability measures appeared in the Twitter Transparency Center (Twitter, 2022e) and the Enforcement and Appeals (Twitter, 2022b)
Table 1 summarizes the identified building blocks of solo-regulated ac countability, indicating in each case the exact sources of information (with legal or similar references).
Table 1: Accountability schemes applicable to online platforms in Europe
Abbreviations of Table 1: AVMSD – Audiovisual Media Services Directive; CoE – Council of Europe; DSA – Digital Single Act; EC – European Com mission; EDMO - European Digital Media Observatory; EEAS - European External Action Service; ERGA – European Regulators Group for Audiovi sual Media Services; EU MSs – European Union Member States; KoPI-GKommunikationsplattformen-Gesetz; MStV - Medienstaatsvertrag; Netz DG – Netzwerkdurchsetzungsgesetz; RDR 2022 – Ranking Digital Rights 2022; VLOPs – Very Large Online Platforms.
PSM and accountability
A similar governance approach was necessary to investigate PSM accoun tability schemes according to the next Research Question (ii) on the inter action and possible interplay between platforms and PSM accountability schemes. Therefore, within the context of the country case study on Aus tria, the (1) Statutory law on PSM; the (2) corresponding European legal and policy standards; the (3) Industry policies and practices (both PSM and other quality media); and also (4) the PSM practice (the ORF case) were analysed according to the main accountability analytical pillars.
Statutory law
The governing legal act of the ORF dates back to 1984 (Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), 1984). The ORF-G stipulates the organization, the public mandate (remit) and the functio ning of the ORF, established as a foundation under public law. The ORFG is a comprehensive and massive legal instrument, which regulates the operations of the ORF with due consideration to its historic monopolistic position in Austria, balancing between – often competing – media po licy objectives on pluralism. The great detail of the law also reflects the evolution of ORF from PSB to PSM, including the transforming notion of accountability. The ORF-G is exemplary in the administrative, top-down designed accountability schemes and a parallel attempt at incorporating some elements of public responsiveness (mandatory audience surveys, public announcements). The ORF-G served as meaningful input on the legal construction of PSB and PSM accountability (see Table 2).
European legal and policy standards
Public service media is a matter of media pluralism under the EU legal and policy framework. As argued earlier, the EU has no direct competen cies in these matters but the regulation of PSM was left to the individual national legislators. Therefore, we have had to consider the wider Euro pean context and the Article 10 framework of the European Convention of Human Rights (ECHR). According to Article 10 ECHR, it is the positive obligation of the Member States to put in place an appropriate legislative and
administrative framework to guarantee effective media pluralism (Berka & Tretter, 2013). This interpretation was reassured by the consistent juris prudence of the European Court of Human Rights (EctHR), which holds that the State is the “ultimate guarantor” of pluralism, given the funda mental role of freedom of expression in a democratic society. Under this pretext, the Council of Europe’s Committee of Ministers put forward the main standards for ensuring media pluralism thus safeguarding PSM in Europe via successive recommendations (European Audiovisual Obser vatory, 2022).
The latest and most directly relevant recommendation on PSM gover nance was adopted in 2012, which explicitly acknowledged the transfor mation of PSB to PSM,
from being the State broadcaster – with strong links to the govern ment, and weaker accountability to the wider audience or civil soci ety – to becoming genuine public service media, with editorial and operational independence from the State” (CoE 2012, Appendix I.3).
One of the main pillars of the recommended PSM governance model is about ‘Accountability’, as the way, in which a public service media organisation identifies its stakeholders and the mechanisms through which it is held to ac count, and which ensures that the independence of the organisa tion is focused on meeting the needs of its stakeholders (CoE 2012, Appendix II. 18. B).
More importantly, the notion of the ‘public’ is normatively defined with the aim of operationalising accountability, and distinct categories were set for effective engagement with the representatives of the ‘public’. The norms on qualities of PSM accountability as put forward in the Recom mendation were highly relevant to the research body.
Industry standards
There are at least two, closely related industry initiatives on PSM accoun tability resonating with the research questions on due prominence on line. The first is led by the European Broadcasting Union (EBU), which is the most significant alliance of PSM with 112 member organizations in 56 countries, and regularly identifies major issues that impact PSM and pro vide them with adequate analyses, data and guidance. In 2015, the EBU’s report on ’Assessing Transparency’ developed a methodology for PSM for a more accountable encounter with citizens and other stakeholders, and
ultimately for “mak(ing) efforts to explain their remit, philosophy, objec tives and activities” (EBU 2015, 3). One of the central features of the report is the ‘Transparency Index’ (TI), the assessment tool for PSM both on con tent and format. The TI indicators (38 in total) were selected as minimum transparency requirements and arranged in four distinct categories: Cor porate, Financial, Remit, and Social. Importantly, the EBU has develo ped a self-assessment tool for PSM to enable them to measure the level of transparency in their organizations according to the indicators. Since the EBU TI offered significant entries on PSM transparency as a matter of accountability, it was included in the research sampling (Table 2).
The other notable industrial practice is the Journalism Trust Initiative (JTI). The JTI started as a collaborative standard-setting process accor ding to the guidelines of the European Committee for Standardization (CEN), launched and now operated by the Reporters Without Borders, an international non-profit organisation for the promotion of freedom of information. The JTI aimed at developing and implementing indicators for the trustworthiness of journalism by “translating existing professi onal norms into machine-readable codes”. Finally, the indicators were developed to standards based on the CEN Workshop Agreement, and published (CEN-CENELEC, 2019). The JTI comprises a set of principles and commitments for media outlets to voluntarily self-assess their edi torial processes, publish the results and get independently audited. The JTI is to date the most comprehensive and widely recognised industrial agreement facilitating online prominence regimes by establishing the fundaments for potential obligations on platforms to prioritise public value content. The accountability measures of the JTI were sampled and assessed in Table 2.
PSM practice: the ORF case
The ORF’s public value concept is exemplary in capturing the PSB to PSM transformation momentum in terms of accountability. It is a series of online and offline publications on PSM performance, and the public value central website caters for the several reporting obligations fore seen by the ORF-G, out of which an annual report is the flagship docu ment on the fulfilment of the public mandate. Furthermore, since 2012, the public value reports (PVRs) have been elaborated and published, representing a PSM approach to the ‘quality dimensions’ of serving the public. There are five distinct quality dimensions and categories (Indivi dual-Social-Nation-International and Corporate value) reflected upon by the ORF and accounted for. The 2020/21 PVR was specifically dedicated to online transformations and the aspiration of becoming a ‘public service platform’. Notably, the PVRs make a somewhat ‘chaotic’ impression
on the reader, which was interpreted as a sign of authenticity about the evolving nature of the concept. The different reporting templates and the changing formats and structures indicated an ongoing and reflective, re sponsive effort in the search for a new identity for the ORF.
Beyond reporting, the ORF’s public value concept incorporated various newly established forums for engagement and deliberation. Under the umbrella of the ‘TransFORM’ Process’ (ORF, 2022), the DialogForum was set up as a public outreach attempt at entering ‘into a dialogue with the audience, Austrian institutions, organisations and groups of the soci ety’. Also, the #Next Generation series, an inwardly oriented initiative seeking the feedback of young talent on the future of the ORF was laun ched recently. These accountability measures by the ORF were identified and assessed according to the research pillars.
Table 2 provides an overview of all the sampled accountability schemes applicable to PSM content delivery from a governance perspective.
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Table 2: Accountability schemes applicable to PSM
Abbreviations of Table 2: CoE - Council of Europe; EBU – European Broadcasting Union; JTI – Journalism Trust Initiative; PSB – Public Ser vice Broadcaster; PSM – Public Service Media; ORF – Österreichischer Rundfunk; ORF-G - Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk.
Interaction and correspondence between platforms’ and PSM’s accountability schemes: Discussion
This paper addresses the necessity and possibilities of a regulatory framework for the legal and policy safeguards of PSM in the digital eco logy. It aims at providing insights into the regulability of digital online communication platforms and the guarantees on PSM content delivery to audiences as a matter of platform and media governance. The realisa tion of the PSM’s democratic contribution to society necessitates value and policy driven governance, the interplay between state and non-state actors and the engagement of the audiences as the citizenry. Accounta bility is the backbone of governance and has to cater for the resilience and sustainability of a sought-for governance scheme deliver in a dyna mic, multi-level and multi-perspective manner. Therefore, our research interrogated the state of the legislative and policy frameworks in Europe, the operational and technical standards, the regulatory obligations and the voluntary incentives in place, and assessed their appropriateness in ensuring due prominence of PSM content online. The following section provides the analyses and detailed observations according to the major pillars of the analytical accountability model.
Actor(s)
The legal acts we have consulted painted a disturbing picture on ‘Who is to be accountable?’ both about platforms and PSM. With very few excep tions they were single-actor focused, the obligations addressed individu ally scoped communication platform providers (intermediaries) or PSBs
as legal entities without reflection on the communicative context. Other than the MStV none of the legal acts considered the ecosystem of online digital media in terms of the subjects of the law, but even the MStV failed to reflect on interdependencies or interplay among the addressees of the norms. Legislations remained restricted to single-outed actors based on specific liability categories, either as potential ‘harm-accelerators’ (plat forms) or as isolated public duty bearers (PSBs). Statutory silos charac terised the law-making approach instead of governance-based, holistic interventions.
Similarly, the industrial standards exhibited a rather restrictive concep tualisation of the online digital mediated space. The commitments aimed at capturing the role and responsibilities of platforms (Code on Disinfor mation—EC 2018), tech companies (RDR) and PSM (EBU standards) in isolation and without meaningful reflection on the interconnected con text. However, we could also observe a few, rather progressive approa ches toward complex resonance. The updated Code on Disinformation (EC 2022) was already signed not only by platforms but multiple other stakeholders (advertisers, ad-tech companies, fact-checkers, civil society and third-party organisations) who have equally pledged the countering measures against disinformation. Notably, the JTI encapsulated the wi dest possible media stakeholders – PSM included – with a close inte rest in the prioritisation of public interest content online, and succeeded in developing and adopting standardised criteria for algorithmic-based prominence measures.
The CoE standards (2021 and 2022) showcased the most advanced and nuanced understanding of digital media and the role of platforms’ ac countability within that. All the statutory legislative Acts—NetzDG, KoPIG, MStV and DSA—have assessed platforms and intermediaries solely on the basis of their market-power capacities—size, user-base (consumers) and sales revenues—without any reflection on their ‘opinion-power’. By contrast, the CoE recommendations appropriately address the “deep structural imbalances between content providers and dominant plat forms and intermediaries” (CoE 2021, 11). Moreover, these standards highlight the interdependencies between platforms and national, regi onal and local media organisations—including PSM—and consider the necessity of prioritisation measures according to media pluralism and diversity policy objectives.
On the solo-regulatory level, we have considered platforms’ commit ments to take into account their users’ feedback and act upon it. All of the four sampled policies reveal varied levels of detail for a given platform’s
assurances about content ranking, prioritisation and curation and ac cording to “what might be most valuable to users” (Meta, 2022b) and offered measures for users’ control. The spreading of the accountability obligations could have been appropriate for interactive and empowering governance, however, in the lack of meaningful insights into the actu al engagement of users’ (re-)gaining control over personalised content feeds, any conclusion would be unfounded. Thu’, platforms‘ pledges to self-accountability were considered unverifiable promises as opposed to real commitments.
The PSM practice analyses brought divergent issues to the surface. The ORF considered its role in public accountability mostly from a top-down, administrative perspective, caught between several legal and regulatory obligations. The single-actor focus was attainable vis-à-vis the state, the stakeholders and the audience whereby the ORF was solely taking res ponsibility. However, we also note the efforts on finding new approaches to accountability in a dialogical and interactive manner. The public va lue creation and reporting system showcased meaningful self-regulated attempts at interacting with internal and external stakeholders.
Forum
The forum of accountability is central to the functioning and viability of governance. Bovens (2007, 4) explains the concept as the essence of the accountability scheme. The concept is:
the relationship between the actor and a forum, in which the actor has an obligation to explain and to justify his or her conduct, the forum can pose questions and pass judgment, and the actor may face consequences (Bovens 2007, 4).
In our case, the purpose of the forum was also to articulate public in terest in content governance and represent media policy objectives on pluralism and diversity. Moreover, the forum played a critical role in the enforceability of rules and obligations towards platforms and also PSM. Therefore, the designation of the forum was a matter of political and so cial legitimisation, judicial authoritativeness, and was strongly connec ted to the digital media and communication context.
The statutory laws have dealt restrictively with this multifaceted comple xity. The forums of platforms’ accountability were chosen with a liabili ty-based approach with an administrative focus. In most cases, the NRAs were entitled to require platforms to to be accountable, while the NetzDG appointed a government-led institution for this task. The DSA forum se
lection was a matter of EU law and national sovereignty. Meanwhile, the ORF-G designated multiple forums to require the ORF to be accountable, including both political (the National Council), and regulatory (the NRA and the Audit Commission) forums, but also established institutiona lised public representation (the Audience Council). However, no inter action among the forums was foreseen in any of the analysed legislative Acts, but rather remote accountability schemes were created.
The standards set by the Council of Europe (CoE 2021, 2022) offer broader and more inclusive forum constructs. Beyond the necessity of in volving the NRAs, they emphasised the role of the judiciary (Courts) in assessing human rights aspects of platforms’ governance, and the engagement of independent third parties and experts. To some extent, the role of ‘empowered users’ in requiring the platforms’ taking ac count was considered but due considerations were raised on their limi ted capacity in ‘asking the right questions. Similarly, the PSM-relevant recommendations (CoE 2012) considered the complex nature of PSM’s accountability and suggested the designation of multi-layered, norma tively categorised forums of public representation. The industrial po licies—especially the EU Code on Disinformation—followed the same pattern and constructed the corresponding accountability forums with the involvement of multiple stakeholders. However, we could not iden tify channels of interchange between the appointed forums.
Platforms did not establish self/solo-designated forums for public accoun tability. In the case of Meta, the Oversight Board is considered a forum of appeal rather than any form of accountability. TikTok’s global Trans parency and Accountability Centres could have been an attempt at crea ting public accountability forums on content moderation and algorithmic procedures, but the physical opening was delayed due to the COVID-19 pandemic, thus the impact was not attainable yet. The ORF’s practice on forum establishment was exemplary in taking a governance approach and inviting multiple stakeholders to participate in the arrangements.
Legitimacy
The next pillar of accountability is about the democratic legitimacy of the platforms’ governance, and ultimately “to ensure that the legitimacy of governance remains intact or is increased” (Bovens 2007, 464). Accor ding to this concept, the arrangements by the forum to monitor, evaluate and enforce the conduct of the actors should be strongly connected with the socio, politico, professional acceptance of such interventions. Legi timacy is thus embedded in policy objectives, legal authoritativeness, social practices and in business conduct.
The statutory norms on regulating platforms’ and requiring them to be accountable were mostly designed to counter online harm. The “fight against hate crime, criminally punishable fake news and other unlaw ful content on social networks” (NetzDG), and the “protection of users on communication platforms against new forms of violence, and hate on the Internet” (KoPI-G) were cited mostly as the public policy ob jectives of the legislation. Similarly, the DSA set the horizontal rules covering all types of illegal content, and referred to the inevitable need to respond to the online spread of terrorist content, child sexual ab use material and hate speech. Media policy objectives and safeguar ding the democratic public sphere were only reiterated by the MStV. Generally, the legitimisation concepts remain isolated and strictly con nected to the norms of criminal law, and online harms—in the forms of hate speech, disinformation, or privacy breaches—were not further contextualised. Notably, the ORF-G defined the ‘core public mandate’ (§4) as the ultimate rationale for the ORF in an extensive, inclusive and broadly conceptualised manner, but remained silent—even in the case of the special mandates (§5)—about the distinguished role and respon sibility of ORF in the digitally transforming communicative context.
Meanwhile, the Council of Europe’s standards (CoE 2021) are more am bitious in their objectives and cite the need on safeguarding freedom of expression, the right to private life and privacy as the basic principles to govern media and communication. Furthermore, the trust of the citi zenry in public information is to legitimate actions on media pluralism and supporting quality journalism, also in response to “mitigating the risks posed by algorithmic curation, selection and prioritisation” (CoE 2022, 13). In sum, the Council of Europe’s recommendations (2021, 2022) broadly capture the notion of legitimacy and offer sufficiently inclusive policy entitlements for States’ interventions with platforms. Importantly, the earlier Council of Europe document on PSM governance (2012) put forward the requirement for PSB transformation to PSM guided by ‘trans parency and openness’ (CoE 2012, 17), which directly corresponded with the latter ‘openness and inclusiveness’ criteria (CoE 2022, iv) for setting standards of public interest content vis-à-vis platforms’ regulation.
On the industrial level, most policies remain restrictive while defining legitimacy. The EC’s Code of Practice on Disinformation – even after the –022 update - only focuses on the need for countering online disinfor mation, and does not enhance the policy potential for prioritising public service or value information (Commitment 19). Similarly, the EBU missed the opportunity to connect PSM transparency to seek broader legitimacy for assessing public service content online (EBU 2015). The JTI (2019) on
the other hand successfully connects the need for safeguarding professi onal journalism to preserving the ‘health’ of digital societies (I.5).
The platforms mostly left their communities unanswered about the legiti macy of their private ranking measures. Meta vaguely cited their commit ment to the international standards of the United Nations, the Guiding Principles on Business and Human Rights, and specifically mentioned that they would build, test, and deploy products and services enabled by Artificial Intelligence while safeguarding human rights (Meta 2021a,1). Also, Meta claimed that this policy was “founded on meaningful en gagement with rights holders and other stakeholders”, including “civil society organizations, governments, and academics, as well as the UN” (Meta, 2021a):2). Twitter relied upon the reasoning of securing the “Open Internet” (Twitter, 2022d), but did not go into any further details of how and in which accountability relationship this policy was formulated.
The ORF’s self-account interprets the ‘Core Public Mandate’ according to the distinct public value creation dimensions and referred to the catego ries of “Individual, Social, Nation, International and Corporate value” as the normative concepts legitimising their actions.
The Obligation
The next question we had to investigate was about the ‘substance of ac countability’, which Boven describes as the “obligation of the actor to ex plain and to justify his or her conduct” (2007, 31). Boven (2007) explains this obligation can be formal or informal, and according to the nature of the obligation, vertical, diagonal and horizontal, which in turn defines the accountability relations and arrangements.
In most of the platforms, we have found formal and vertical obligations of legal accountability, and overall strict norms on transparency obliga tions. The laws we studied require the platforms to have general proce dural transparency duties (NetzDG, KoPI-G, DSA), in the forms of regular (usually semi-annual) reports, submitted to the forum and also publis hed publicly. These reports are meant to serve monitoring and evaluation by the forum about the quality of accountability and compliance. Also, platforms are obliged to be transparent about due diligence measures, such as systemic risks assessment (NetzDG, KoPI-G, DSA), which is also meant to include media pluralism (Broughton Micova, 2021). The MStV pioneered a novel obligation on transparency and applied the criteria to the (non-)prioritisation of journalistic, editorial offers. This rule was hoped to provide content providers – including PSM – “at least with an estimate of how certain changes in their algorithms or homepages may
have an impact on the visibility of certain content” (CMPF et al. 2022, 15). Importantly, the transparency rules of the DSA on platforms’ recommen der systems were expected to make the most significant impact about platforms’ accountability with regards to prioritisation. Once the DSA enters into force, very large online platforms (VLOPs) will have to indi cate in their publicly accessible terms and conditions the “main parame ters used in their recommender systems, as well as any options for the recipients of the service to modify or influence those main parameters” (DSA Art. 29 1.). Moreover, users will have to be informed (and offered) the option of non-personalisation, namely the use of recommendations which is not based on profiling.
Similar procedural obligations characterise the legal accountability of PSM. The ORF is required to acquire transparency in the context of mee ting quality criteria via constant evaluation and public reporting. Also, the ORF is to make public the details of the quality assurance system, which had to include regular assessment of audience satisfaction and the publication thereof. Furthermore, we have found structured and specific transparency obligations about the launch of online services, whereby the ORF needs to obtain a special mandate and make that public. The advertising agreements of the ORF are subject to regulatory reporting re quirements toward the NRA, while the annual financial statements are sent, and the management report, to the Auditing Commission.
On the European policy level, the Council of Europe standards on plat forms’ governance (CoE 2021, 2022) are meticulously detailed on how platforms are to meet accountability obligations. The standards lay down the basic principle of ‘openness and inclusiveness’ in accountability measures, and recommend further specific requirements. Transparency, explainability and accountability of algorithmic systems for content dis semination (data processing, criteria of selection) are crucial, while the obligation to have transparency about users’ opt-out options from perso nalised content curation is similarly important. Furthermore, platforms are to be transparent about the equal treatment of content (non-discrimi nation). However, these policies remain silent about the ‘how’, namely the ways, methods and forms platforms are expected to be accountable.
Meanwhile, the PSM directed Council of Europe standards (CoE, 2012) offer more insights into these procedural accountability aspects. The re commendations on how PSM was to set up comprehensive accountabili ty governance schemes went into a lot of detail on the formal and infor mal accountability relationships, into which PSM were to enter. Also, the standards put forward normative references on how to build structured
relationships with the public and ensure engagement, based on the obli gation of ‘responsiveness’ (active and mandatory).
Platform relevant industry policies and practices mostly prefer trans parency reporting measures over public engagement. The EU Code of Practice on Disinformation (EC 2022) requires platforms to report on how they have ensured the prominence of authoritative information, and in which way they have made their recommender systems and prioritisati on measures transparent. Also, platforms need to publish this informati on on the common Transparency Centre website in an easily understan dable manner. The Ranking Digital Rights (RDR) initiative expects tech companies—i.e., platforms—to disclose the use of algorithmic systems to curate, recommend, and rank the content, including the variables used by algorithms, as well as users’ control options over variables. Mean while, the PSM relevant standards of the European Broadcasting Union (EBU 2015) recommended relying on the ‘Transparency Index’ (Corpo rate-Financial-Remit-Social Transparency) with the help of self-assess ment and considering the appropriateness and sufficiency of meeting the accountability obligations. The corresponding JTI standards on ‘Identity and Transparency’ requires media (content providers) to disclose infor mation about “the persons or organisations involved in the activity of the media” and “owners who control the media and the sources of revenue” (minimum obligations) in machine-readable formats.
Platforms’ have made several solo pledges towards their users and com munities with direct relevance to content prioritisation. Meta vows to avoid low-quality, objectionable, particularly sensitive, or inappropriate content (Meta, 2022e) and promises to prioritise ‘newsworthiness’, which they claim to assess according to a set of criteria, including the ‘special value’ of the content, the country-specifics of politically relevant speech, and the country’s press freedom context (Meta, 2022a). Also, Meta puts forward ranking content—prioritising—based on inventory, signals, pre dictions and relevance (Meta, 2022b). Similarly, TikTok pledges for the prioritisation of ’safety, diversity, inclusion, and authenticity (TikTok, 2022a), while Twitter promises to enable users’ choice in the prioritisati on (Twitter, 2022a), and vindicates the right to make public interest ex ceptions for content that would otherwise violate the Twitter Rules (Twitter, 2022c). None of the platforms entered into any self-obligation taking account of the realisation of the pledges and promises.
The ORF was taking accountability obligations across “five quality di mensions and eighteen performance categories” and kept “records of ORF’s media performance, value and benefits for the audience”. The
dimensions and categories derived from the ORF-Act, ORF regulations, ORF-guidelines as well as “current demanded requirements from the so ciety and media enhancement” . No further information was provided on how the public was to express these needs, nor on how the commitments were received.
Compliance
The next analytical focus was on the “coherent complex of arrangements and relationships” (Bovens 2007, 465) of European accountability regi mes. We were mainly concerned about the formats, the ways, the chan nels and the operationalisation of being accountable, specifically how the platforms and PSM had to fulfil the obligations towards the forum in explaining their conduct.
The platforms’ statutory legal accountability requirements are mostly set as administrative reporting duties, both in the form of reporting to the authorities and regulators and also as openly published transparency reports. The NetzDG was the first to oblige platforms to systemic publi shing of biannual reports on the handling of complaints about unlaw ful content in the Federal Gazette and on their website (NetzDG §2 (1)). The Federal Office of Justice scrutinised these reports, which also serve as a fertile ground for academic research on platforms’ ‘dark patterns’ (Wagner et al., 2020). Similarly, according to the KoPI-G, platforms have to publish bi-annual transparency reports, which the KommAustria enforce. The MStV takes these obligations somewhat further and also compels platforms to report about case-by-case assessments of how they have applied the “criteria that serve(d) as the basis for the decision as to whether the content is accessible to a media intermediary and whether it remain(ed) that way” (MStV § 93 (1)). Meanwhile, the DSA is to require online platforms once a year (VLOPs every six months) to make a de tailed report about their conduct on (alleged) illegal content (DSA § 13, 33 (1)). None of the laws reveal any details on how and according to what criteria the designated forums will have to assess platforms’ reports or evaluate their conduct based on the reported performance.
Beyond reporting, platforms have had to appoint authorised representa tives within the country of the jurisdiction (NetzDG, KoPI-G, MStV), and also a Compliance Officer (DSA). These arrangements are critical to re quiring platforms‘ responsiveness. Furthermore, the DSA will ensure the publication of platforms’ EU-level Code(s) of Conduct (DSA §35) and the sharing of data with vetted researchers for the “purpose of conducting research that contributes to the identification and understanding of sys temic risks” (DSA §31 (2)). Importantly, under the DSA VLOPS will have
to get their reports independently audited (DSA §28 (3)), and publish the opinion of the auditor about compliance (DSA §33 (2)).
The PSM related laws brought the ORF to a wide range of administrative, but also qualitative reporting to various forums. The ORF’s Annual Report (ORF-G § 7) is the main vessel of accountability obligations, informing both the State representatives and also the public about the ORF’s conduct. The law prescribes the detailed structure of the Annual Report, including the information on the fulfilment of the mandate(s) (ORF-G § 7, 11, 12). Fur thermore, the ORF needs to report to KommAustria on various occasions (ORF-G § 36). In the case of newly launched (online) services, the ORF is to seek approval of the KommAustria in the form of a ‘service concept’, and publish the concept afterwards (ORF-G § 5a (2)). Also, the ORF has to meet audit (ORF-G § 39) and financial reporting (§ 277, 280 of the Business Code) obligations. The ORF’s compliance is not assessed by the public.
The European policy standards similarly prioritised reporting obliga tions. The Council of Europe recommends that platforms should inform the public about users’ opt-out rates, audited prioritisation measures (CoE 2021); the views of public interest content compared with other content, the compared viewing of prioritised content and non-prioritised content, and algorithmic content curation and prioritisation measures (CoE 2022, Explanatory Memorandum (EM) 13). In case this information is available to PSM, they could be in the position to meaningfully inter rogate platforms about their conduct. In parallel, the Council of Euro pe advises PSM to actively seek the views and opinions of stakeholders (CoE 2012 A. II. 45), and select the appropriate accountability channels for their engagement (CoE 2012 A. II. 46).
The platforms’ industry-level policies go into further detail about com pliance. Reporting obligations (audited in case of VLOPS) include ser vice level indicators and qualitative reporting elements with regards to actions on countering disinformation (EU Code on Disinformation, 40, 44). Furthermore, a designated Task Force – constituted by the represen tatives of European NRAs, and the European Commission among others – will monitor platforms’ compliance.
The PSM directed industrial standards stipulate self-assessment based compliance. The JTI provided an appropriate tool— the ‘jti:app’—, while the EBU developed the methodology for self-assessment, the ‘Transpa rency Index’. While these tools appeared to be highly relevant to PSM compliance, there was no further information on how many PSMs use them for accountability purposes.
Platforms comply with accountability by setting up online ‘transparen cy centres’, and dedicated websites for aggregated reporting about their conduct. The Meta centre was a collection of publications on ‘Policies, Enforcement, Features, Oversight Data’, and included both statutory and voluntary reports published by Meta. Similarly, TikTok has launched its Transparency Centre online (but the physical opening was delayed un til now), and Twitter also followed the same path. While the open and centrally-organised availability of information about the platforms’ con duct was an inevitable step toward meaningful compliance, no systemic evaluation of public uptake of these measures was provided by any of the platforms.
The ORF’s practice on compliance is exemplary in balancing normative, administrative reporting obligations and seeking a democratically legi timised public assessment. The Annual Report serves as the basis for in formation about ORF’s online communities, services and digital PSM de livery. The special section on ‘ORF.at’ provides both quantitative data on the use of the ORF.at network (user base, visits, page impressions, LiveStreaming and Video-on-Demand), and also qualitative information on topical areas, stories, and special features on news.ORF.at (ORF 2022, 146). These reporting lines are paired with the annual ORF Public Value Reports about the services and activities and structured according to the quality dimensions. We could not find anything about further analytical data on the de facto public engagement with ORF’s reporting practice.
Penalties
The final, but indispensable elements of accountability relations are the (potential) consequences the actors may face based on the judgement of the forum. The notion of consequences is captured broadly, and incorpo rates formalised ones, such as fines, disciplinary measures, civil reme dies or even penal sanctions, but also implicit or informal unwritten ru les, “brought upon the actor by the forum directly or indirectly” (Bovens, 2007): 452). Importantly, we have to distinguish here between sanction based (in contexts of justified distrust) and trust based (in contexts of justified trust) accountability regimes and assess consequence measures whether they fit the requirements of the context (Mansbridge, 2014).
The statutory rulings on platforms are sanction based and formalised. All the laws set out fines and similar penalties as the first and foremost consequences of cases of non-compliance with the law (NetzDG, KopIG, MStV. and the DSA). The KoPI-G, alone, has foreseen the possibili ty to require platforms to comply with an ‘Improvement Order’, set by the KommAustria “to restore the lawful state of affairs and take suitable
precautions to avoid future legal violations” (KoPI-G §9). Otherwise, the laws have left the forums without any further options of dialogical law enforcement.
The PSM laws were similarly restrictive in conceptualising consequen ces. The options of the the KommAustria forum are limited to the annul ment of decision(s) taken by the ORF (ORF-G § 37 (2, 4)), setting adminis trative penalties against the ORF (ORF-G § 38), and requiring the ORF to recover unlawful enrichment (ORF-G § 38b). Moreover, the Foundation Council can apply civic law liability measures on the Director General (ORF-G § 22(4)), including their dismissal (ORF-G § 22(5)) in cases of noncompliance. Similarly, as with platforms, there are not any legally man dated and systemic mitigation possibilities on consequences.
The European standards (CoE 202, 2022) are silent about penalties in ca ses of platforms’ non-compliance. The Council of Europe’s PSM standard vaguely mentions that sanctions had to be applied according to ‘good governance’ principles (CoE 2012), but does not hint at more details.
Similarly, industrial policies leave the question of penalties open. The EU’s Code of Practice on Disinformation (EC 2022) and the Ranking Di gital Rights (RDR 2022) indirectly refer to reputational harms in case of revelations about platforms’ non-compliance. The EBU (2015) warned of the loss of public trust. The JTI (2019) offers the only reward or trust based penalty to those media outlets (including PSM) who agreed to comply with the JTI standard. The JTI suggests that those media outlets,—that were certified under their scheme—be rewarded for their public interest mission and their contribution to society through “due prominence” be nefits in the digital intermediary services (CMPF et al., 2022).
Platforms’ private rankings do not indicate any internally or externally validated processes for facing penalties. The ways the platforms even tually adjust to sanctions or recover from failures remain within their corporate ‘black boxes’. Indeed, we could not find any information about the ORF’s practice on recovery or learning from their failures.
5. Chances of and hindrances to accountable governance: Conclusion
The present and the future of pluralism and diversity are digital, me diated globally and distributed via online platforms and AI-supported mechanisms. Content of public interest, and specifically PSM produced content must find its ‘way’ to the audiences and provide citizens with trustable information within this privately ordered, under-regulated and non-policy governed context. These circumstances compel PSMs to de monstrate public value creation towards audiences across the world, curated and eventually recommended by platforms, and supervised by legally mandated PSM accountability forums. Within this triangulation, PSMs will be formally and informally required to be accountable on se veral fronts and in multiple relations to stay, or even become, relevant and trustable. Therefore, this paper has investigated the complexity of accountable governance, which is resilient, sustainable and public va lue-driven, and focused on the intersections of platforms’ accountability regimes and PSM public accountability schemes.
The legal and policy measures on platforms usually omit considering the digital communicative eco-system as a (potential) space of democratic discourse and counteraction. The single actor focused, siloed inter ventions are not reflective of platforms’ opinion power; do not connect policy objectives on countering ‘online harms’ to the mediated context; and prefer sanction based accountability over trust based schemes. As a consequence, they are at best mitigating harms but are failing to create systemic and robust countervailing powers across the varied dimensions of platforms’ governance.
Similarly, the PSM relevant accountability measures fall short in reconceptualising PSM within open, accessible, inclusive and interactive governance schemes (Burri, 2015), enabling and encouraging democra tic participation. The top-down, administrative and overly burdensome accountability obligations of current practice are not responsive to the possibilities of participatory value creation in the digital but rather have hindered PSM in public value delivery thus democratic control over PSM performance. Meanwhile, due prominence should have been organised according to the capacities and capabilities of PSM along with novel con cepts of accountability and the uptake of corresponding instruments. These “need to be created bottom-up in a participatory manner, in close liaison with broad stakeholder groups”, and within an “organisational culture and practices to nurture accountability” (Sorsa, 2019): 147, which could hasten the downward trends of public disengagement with PSM in general, and specifically in undemocratic settings.
Forum selection for accountability was insufficient and controversi al in many aspects. The forums—usually the national regulators—were appointed without consideration for the preparedness to ‘ask the right questions’ and the issue of independence. In most cases, the NRAs were to interrogate both platforms and also PSM about the most difficult as pects of their operations and actions. The same regulators were to over see platforms’ content curation, ranking and recommendation systems focusing on users’ exposure to diversity as a matter of pluralism and di versity (Helberger et al., 2018). Similarly, they were to regulate the soci al media recommendation of transparency and oversee the policies and practices on prioritisation, amplification or restriction of content. These tasks were exceptionally novel to the NRAs, and to live up to these chal lenges would have necessarily requested a new generation of regulatory capacity. They should have attained skills in critically understanding the human dimensions of online participation (Rozgonyi, 2018), re-organise the regulatory processes and transform both institutionally and concep tually into the regulators of the digital (Rozgonyi, 2020). Moreover, the de facto independence of the NRAs, which have suffered in the past (Polyák & Rozgonyi, 2015) and would have been imperative for democratically controlled platforms’ governance, has just (re-)entered the European policy agenda but, as yet, without any significant impact (Polyák, 2022).
Overall, we have observed an ‘obsession’ of policy-makers and legisla tors with overrating the value of transparency reporting in compliance and control. With platforms, the reporting obligations were meant to serve as the basis of monitoring and evaluation by the forum on the qua lity of accountability. However, the failures in the past with regulating transparency were not reflected upon and no consideration was attribut ed to the ‘dark patterns’ of platforms’ transparency practices (Wagner et al., 2020). The fundaments of procedural accountability (Bunting, 2018a) were laid down on reporting and thus transparency, but the capacity and the capability for the articulation and representation of public value and interest throughout these procedures were generally missed in the im plementation. Also, the accountability obligations failed to address the systemic opinion power of platforms (Helberger, 2020) and were left to their discretion of ‘empty’ solo-regulatory pledges without accountable verification.
The overwhelmingly administrative and regulatory focus of compliance measures ignored the democratic potentials of participatory and reflecti ve governance. We could not identify any accountability scheme – neit her for platforms nor for PSM – that would have inherently incorporated systemic re-channelling of users’, and audiences’ feedback and guaran
tees of reflection. Similarly, sanctions were foreseen as the (almost) only consequence of breaches of accountability, but without parallel imple mentation of systemic incentives. Thus, platforms’ corporate ‘black bo xes’ on algorithmic content governance will remain closed to the public and without dialogic accountability measures. In sum, these lost oppor tunities could have long-lasting and detrimental effects on the future of media pluralism online.
Relevance for PSM management and practice
This paper detected the vulnerabilities of platforms and PSM governance and identified and analysed the critical accountability deficits. The fin dings should inform current and upcoming policy debates on whether and how to regulate for due prominence of PSM content and offer a ran ge of legal and regulatory venues which need redress on accountability. Platforms’ must be required to give a meaningful, enforceable and sys temic account of their content prioritisation and curation policies and practices. The current legislation should be updated and new laws adop ted accordingly. Furthermore, the PSM public value creation and legiti misation procedures, concepts and realisation demand different and dis cursively designed accountability frameworks. The European standards and the national laws and regulations should lessen the administrative accountability obligations on PSM, but enable and request systemic dia logic accountability. These are minimal but inevitable first steps towards the realisation of media pluralism and diversity online.
The current legal, policy and practical incongruities could and should be addressed by the upcoming European and national legislative and regulatory actions, such as the European Media Freedom Act (EMFA), the implementation of the Digital Single Act (DSA) and PSM regulatory reforms across Europe. The accountability deficiencies unearthed in this paper and the recommended arrangements could serve as the basis for PSM advocacy and a coordinated approach to policy interventions both on the European and the national level.
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DO THEY STILL BELIEVE IN THE FOURTH ESTATE? FIELD THEORETICAL EXPLORATIONS IN TIMES OF MULTIPLE CRISES
MAG. DR. DIMITRI PRANDNER UNIVERSITÄT LINZ1. Introduction – The Fourth Estate and Times of Crises
As societies around the globe face an increasing onslaught of interre lated natural and manmade crises (Moosbrugger & Prandner, 2022), it would seem likely that the concept of independent news media which are robust enough to withstand influences coming from both political and commercial powers should be as strong as ever (Freedman, 2021).
Societal elites, such as politicians, business leaders and others, are ex pected to provide solutions to the contemporary challenges, and journa lism should be among the key institutions in society tasked with keeping those with the power accountable (Trappel & Tomaz, 2021, p. 15–17), exer cising its power as the metaphorical “fourth estate” (Hampton, 2009).
However, recent developments around Europe have made it clear that such assumptions, as plausible and even necessary as they may seem, do not necessarily match reality (Freedman, 2021).
A short review of social scientific literature concerning the current situa tion shows that the multiple crises of the twenty-first century have been accompanied by an increasingly worrisome loss in trust in societal ins titutions (Anhut & Heitmeyer, 2000; Aschauer, 2017; Nussio et al., 2019; Zmerli & Newton, 2017). News media have been no exception to this. Societal trust in journalistic news is decreasing in many European coun tries and at an all-time low in the United States (Newman et al., 2022).
Furthermore, the public’s ambitions to engage with societal and political structures has seen a dramatic drop-off since the beginning of the mill ennium (e.g. Glavanovits et al., 2019), as citizens are increasingly likely to be disenfranchised from societal processes (Prandner & Grausgruber, 2019). Even those who acknowledge the importance and relevance of so cietal institutions are likely to be sceptic of the elites’ capabilities of pro viding good living circumstances (Prandner & Moosbrugger, 2021). When it comes to journalistic media, this process is evident in the decline of journalism’s power to reach certain parts of the population who become
increasingly likely to skip traditional news sources (Berthelsen et al., 2021; Newman et al., 2022; Prandner, 2019; Schudson, 2011).
Finally, these developments have left a vacuum when it comes to societal orientations. Trust in societal institutions and engagement with them is dropping, and a part of society – often made up of individuals impac ted by economic inequalities – is looking for alternative explanations for and even potential solutions to the crises affecting society (Biddlestone et al., 2022; Casara et al., 2022). In the public sphere this can be seen in the increasingly public presence of individuals who believe in and share conspiracy narratives (Casara et al., 2022). This is especially worrisome, as those groups do not only reject consensual beliefs about society and social problems (Jensen et al., 2021; Rutjen & Veckalov, 2022), but are also laying claim to and trying to redefine concepts such as solidarity, openness or freedom of speech.
These developments manifested in a particular problem for news media and journalism, tying in directly to their expected role as a “fourth esta te” which keep other societal elites accountable. Political actors, most ly from the populist right-wing, used this situation to further their own agenda, blaming not only cosmopolitan and progressive political forces for the unfolding crises, but accusing established news media of compli city (Bennett & Livingston, 2018; Egelhofer et al., 2021; Horsti & Saresma, 2021). Commonly using social media platforms, they continued to fan the flames that decrease institutional trust, no matter whether they themsel ves were in power or not (Egelhofer et al., 2021; Horsti & Saresma, 2021; Krämer, 2021), “blaming mainstream media for spreading ‘bad news’”, as Des Freedman (2021, p. 412) puts it.
This can generally be summarised as follows: The wave of crises that have shocked societies over the last two decades led to a decline in de mocratic structures (Haggard & Kaufman, 2021; Plattner, 2015), as well as the public’s engagement with those structures (Jeroense & Spierings, 2022). This also affected the societal position of news media, resulting in a potential threat to their assumed role of a “fourth estate” (Bennet & Livingston, 2018; Lührmann & Rooney, 2021; Thomass et al., 2022).
Because of these developments, it seems necessary to reflect on the fol lowing questions:
1. Are journalists themselves committed to the normative ideal of the “fourth estate” during crises?
2. Is the public expecting news media to fulfil the role of a “fourth estate” during times of crisis?
The following contribution will establish a theoretical background for this discussion in chapter two, framing journalism as a distinct social field. This will be followed up by a discussion of the social space that journalism occupies. The idea that independent journalism, that aspires to fulfil its role as a fourth estate, is under an increasing threat will be investigated. In this section, materials from the World Press Freedom Index (RSF, 2022) will also be referenced. The three sub-chapters that follow are based on distinct empirical projects and will analyse the nor mative ideas which Austrian journalists expressed during the Euro crisis in 2010 and the long summer of migration in 2015, before looking at the audience expectations concerning journalism during the first phase of the COVID-19 pandemic in the early summer of 2020.
Three different datasets are used for these empirical exercises. The first one comes from a study dealing with Austrian journalists who were members of the Austrian journalists’ union in 2010. The study “Changes in media careers” (Hummel et al., 2012) took a profound look at the profes sional context of news production. The data collection for this study was done in early 2010, in the middle of the so-called Euro Crisis. The second dataset used was collected as part of the second wave of the “Worlds of Journalism” (Hanitzsch et al., 2019) study. This survey was conduc ted among journalists in Austria, starting in late 2014 and running for most of 2015, with the aim of comparing data on the attitudes, values and backgrounds of journalists internationally (Lohmann & Seethaler, 2016). Data collection, thus, unfolded parallel to the rising tensions that ac companied the long summer of migration. Finally, the last dataset used for the analysis comes from the “Austrian Corona Panel Project” (Kittel et al., 2021), a panel study monitoring the attitudes and values of the Austrian population during the COVID-19 pandemic. The fifth wave of this survey collected data on the expectations of the Austrians regarding journalistic practices in May 2020. A discussion bringing all the results together closes the paper. The appendix contains background informa tion on the methods, measurements and data used. Previous studies
highlighted that there are substantive differences in the contributions to democratic performance between commercially operated and public ser vice media, therefore, special attention is paid to this aspect throughout the article and in the concluding discussion.
2. The Journalistic Field and Its Place in Society
When discussing ideas, attitudes or values – in short, normative con cepts – within a societal context, one must acknowledge that there is a permanent interplay between individuals and societies, with structures, functions, actions and beliefs to be considered. This is a key issue for journalism, which has a central role in monitoring and informing soci ety about ongoing affairs, while also consisting of individuals who are themselves part of society and, thus, embedded in political, economic and cultural circumstances and discourses, who are creating journalistic products (simplified in Figure 1 and expanded upon in section 2.2).
This issue was raised during the introduction to this article, where the complex interdependencies of the societal and economic situation, and politics influencing journalism were briefly sketched.
Because of this, when one asks questions about the role of the news me dia in society, normative assumptions about journalism are key. Journa lists and journalistic institutions must not only monitor and report on developments but do so in the context of societal interdependencies. In this regard, journalism has a long history of being linked to the highly normative ideal of the so-called “fourth state” (Hampton, 2009, p. 4). Within this ideal, it is assumed that journalism can or at least tries to act as a counterbalance to other societal institutions (Kakabadse & Kaka badse, 2022, p. 241). However, the reason for this normative claim and its importance for journalism as a whole need to be addressed and contex tualized in the current situation.
2.1. Field theory as a gateway to understanding the importance of normative claims
Field theoretical assumptions will be used to deal with the complex si tuation just illustrated in an adequate manner. Those are based on the writings of French sociologist Pierre Bourdieu, whose arguments have inspired several research groups in journalism studies around the world in the past (e.g. Hanusch & Banjac, 2018; Hummel et al., 2013; Nölleke et al., 2022; Vos, 2019). Thus, the value of his theoretical toolkit for the field of journalism research has already been established and key con cepts translated for use in journalism studies (for a comprehensive and detailed overview, see the recent paper from Maares & Hanusch, 2022). Using the Bordieuan field theoretical approach brings the advantage that it allows the researcher to acknowledge both the structural pressure journalism is exposed to, on the one hand, while also highlighting the central role of normative assumptions for journalism and their impact on how journalistic practice may be approached, on the other.
As a first central aspect it can be stated that Bourdieu’s (1998, p. 20) the oretical model is largely based on the assumption that there is a cons tant interplay between a structural functionalist aspect of society and individual predispositions. Because of this dichotomy, it can be argued that individual members of society are acting in a particular social space that contains a number of social fields that serve societal functions, for example, politics, religion, economics, law or journalism. Such fields are anchored in a broader social space (e.g. a nation-state) and create the foundation for all forms of social interaction within. Individuals, based on their predispositions – socio-demographics, social backgrounds (e.g. education, wealth), spatial position (urban vs. rural) – can be relatio nally located in this social space and even tracked over the course of their lives (Bourdieu, 1998, p. 22).
The ability of social fields to fulfil their societal functions requires indivi duals who believe that the societal function of a field is worth their time and resources – in the terms of Bourdieu capital. This belief is called illu sio (Bourdieu 1998, p. 142). It is an indicator of how deep an individual’s connection to a field is. In contrast to this, a field’s existence depends on the resources – e.g., money, societal influence or knowledge – that are accumulated within it.
Only if the actors that participate in specific fields – e.g. journalism, po litics – can provide and generate the resources that are needed for the field to function, those fields able to fulfil their expected role in a society (Bourdieu, 1998). What is needed within a field is typically defined in a
self-governed set of mostly unquestioned rules – the doxa of the field –that are established by those who dominate a field, e.g. elected politici ans, highly successful business persons or even highly receipted media (Bourdieu, 1998, p. 93). In the case of journalism necessary resources may be the money needed to keep journalists employed and the publi cation available or the social connections necessary to acquire a news story.
The stronger the individuals’ belief in the illusio of a field and the more necessary capital provided to a field – Bourdieu, in his most basic ex planations, distinguishes between economic (e.g. money), cultural (e.g. education or knowledge) and social capital (e.g. ties to other, potenti ally important member of society), and argues that each field needs a unique mix of capital to work – the more likely it is that the doxa of a field is stable and the field as a whole can exert power over the whole social space. Individuals who have access to or can provide the capital needed for a specific field are more likely to have agency in its structures. In Bourdieu’s terms, if an individual’s behaviour, attitude, values and resources – summed up via the term of habitus – matches the demands of a field, an individual will have a higher chance to position themselves in and be able to shape the doxa of that field (Bourdieu, 1998, p. 145). In in other words, those who are able to match the demands of a field are likely to have success in it – a journalist that is able to set up interviews with decision makers or understands as well as presents complex situa tions in an adequate way may be more influential than someone who is not able to do so.
While obviously simplified, this illustration makes it clear that there are constant struggles over positioning in each field and the resources that are generally available to the specific fields in a given social space (Bour dieu, 1998, pp. 20–21). Should a field fail to provide an enticing reason for individuals to participate (e.g. decide to join a profession associated with it; a person decides to become a journalist to be part of the jour nalistic field) and provide resources for it (e.g. bringing cultural capital into the field via educational degrees, using skills to generate economic capital), its structure will lose cohesion and its boundaries may weaken, allowing for other fields to interfere and exert influence over the function and beliefs shared in a field. A simplified model of this can be found in Figure 2.
Figure 2 - schematic illustration of a social field (own depiction)
2.2. The journalistic field and its defining features
If one considers journalism as a field, there are several aspects that must be addressed. While it can be argued and criticised that lots of mass media and, by extension, news media in the western world understand themselves as a business (Trappel & Tomaz, 2021a, p. 11), this is not their societal raison d’être. Numerous other fields also try to accumulate fi nancial resources – economic capital – to secure the relative influence their field has in the social space. Even within the area of cultural pro duction, which is, according to Bourdieu, the social space that the jour nalistic field co-occupies, journalism is not particularly defined by its demand for financial resources that are acquired from a (free) market (Neveu, 2007).
Furthermore, while a large number of news media and journalistic orga nisations are indeed commercial enterprises, there are also a number of news providers in the journalistic field that are either non-commercial actors (third sector) or public service providers. Using Bourdieu’s meta phors, all those actors may play the game, but they have different ways for scoring. Not all news media have to satisfy commercial interests of, for example, owners or shareholders in the same way or consider poli tical implications to the same extent. Researchers argue that this is of importance, as it allows one to explain why non-commercial actors in the journalistic field, and especially public service media, can promote social cohesion, serve cultural diversity and the demands of a democra tic society in a way commercial media cannot while legitimising their takes on journalism (Thomass et al., 2022, p. 189), providing a specific form of public value.
Additionally, this acknowledgement is also of importance when it comes to the position of journalism in the social space as a whole. While journa lism was defined by its communicative function in society, the ability to process and spread information is no longer unique to news media and journalism. The digitalisation and digitisation as well as the ubiquitous nature of online communication technology, especially social media platforms, made it possible for information to spread without traditional media or even journalists.
Accordingly, if one plans to discuss the societal function and role of the journalistic field, another approach to ground the field and its rules – the doxa, core beliefs that keep the structure of the field in place – must be taken. Normative ideas about the journalistic duties provide a strong back ground for this. It comes as no surprise that specific concepts, such as jour nalism are tasked with depicting the world as it is, giving the disenfran chised a voice, or, indeed, keeping powerful political and economic elites in check, have been traditionally associated with the field (e.g. Trappel & Tomaz, 2021a, p. 11). While all of those play a central role for both journa lism and journalism studies (e.g. Berry et al., 1995; Hallin & Mancini, 2004; McQuail, 2009), it is indeed this last aspect that helped to establish journalism historically as a societal institution and provided a legitimisation for its central role in western democracies (Hampton, 2009, p. 3).
Even more so, as empirical studies constantly attest that news media support democratic practices (Trappel & Tomaz, 2021b, p. 14). Using the – often contested – term of the “fourth estate”, this provided a normative background to the doxa that should be followed in the journalistic field, while also providing an inspiration for individuals to be – or maybe want to be – journalists. In Bourdieu’s terms the idea of a “fourth estate” is therefore also an illusio. This assumption can also be seen when con fronting journalists or actors in the journalistic field with results from surveys among members of their profession. When confronted with re sults of the Austrian Journalistenreport (Kaltenbrunner et al., 2010) in 2010, Herbert Lackner (2010, p. 138), publisher of the weekly news ma gazine Profil, stated, that this data may show an overtly critical view, be cause most journalists are aware of the ideal image of the profession and reproduce this accordingly. However, coming from a Bourdieu-inspired perspective, this result shows that the illusio of the field and the doxa have a strong normative pull, urging journalists to reproduce arguments that tie to the ideal of the “fourth estate” (Kirchhoff & Prandner, 2016).
Nevertheless, because of the ties the journalistic field has to other social fields, such as the economic and especially political field, these inter
nal struggles what journalism should be are also embedded in larger so cietal processes, where the journalistic field, just like any other societal field in a given social space, is influenced from the outside, weakening its boundaries. While the journalistic field is somewhat protected in this process by formal laws and the structure of the political framework (Bourdieu, 1998), the need for resources – financial and otherwise – puts journalism in constantly precarious situation, as it needs to align norma tive ideals – like it’s role as a “fourth estate” – with the need for not only financing but also the willingness of others to serve as sources for stories (Bourdieu, 1999; Hanitzsch, 2007, p. 248).
As has already been mentioned in the introduction, empirical studies on the development of the field show that positional struggles have arisen and are being fought out due to the tense economic and overall social developments (Prandner & Kirchhoff, 2017, p. 181–182; Trappel & Tomaz, 2021b, p. 14). It is, therefore, possible to understand the various crises phenomena in journalism as a struggle for a position in the social space. However, the conflict over limited economic capital, i.e. the money that journalistic organisations and the journalists working in the organisa tions can generate, is only one part of this as this conflict is also em bedded in cultural and societal changes that are also tied to normative assumptions about the role of journalism in society.
3. Social Space and the Freedom of the Press
At the core of this article are the questions whether journalism is com mitted to a normative ideal of the “fourth estate” during crises and if the public believes in this claim. Discussing these aspects is of uttermost importance as modern democracies are not dependent on media enter prises being successful businesses or, in recent times, their ability to spread information in society, but – broadly speaking – on journalism’s capabilities to leverage information concerning contemporary affairs in a way that counterbalances the influence actors from the political and economic fields have over society and, thus, strengthen the democratic processes themselves.
However, in this function, the journalistic field occupies a position in social space where it faces constant competition, from both within the field and outside of it. As with other societal forces, journalism’s societal relevance and strength as a field is directly tied to its normative role, as those are key for both the doxa and illusio of the field. One has to get in sights into the social space and the structures of the field to understand this debate and ground it.
On a macro level, it can be stated that journalism needs the interactions with other fields not only to facilitate the information flows that are cen tral to the societal task of journalism (Schudson, 2011), but also to ex change capital and provide (relative) stability to the constitution of the social space within which all the relevant fields are positioned. Howe ver, this process also creates relational power structures, allowing other fields to either influence or be influenced by the journalistic institutions at a given time.
It has often been stated in recent years that the influence of other parties over the so-called “fourth estate” has increased tremendously (Trappel & Tomaz, 2021a). Some of the reasons for this are tied to societal and technological changes, which were disruptive to the whole field (Hum mel et al. 2013). As technological advancements led to a ubiquity of in formation, it had a profound impact on how societies share, dissemi nate and discuss news. This not only had an impact on how journalists could reach their audiences, but also deprived news media of one of their key sources of income, as money from advertisements decreased rapid ly (Prandner & Kirchhoff, 2017). While these events were shaped mostly by influences outside the journalistic field, they had a strong impact on the structure and competition in the field because economic capital was extracted from the field and many commercial actors had to leave it al together. This has meant that a sizeable part of the commercial news in dustry has been confronted with financial issues (Prandner & Kirchhoff, 2017). This made competition harder within the field, with public service broadcasters – that are financed by public funding – getting accused of endangering the revenues of commercial providers and questions about the democratic performance of media in economically precarious situa tions being raised (Thomass et al., 2022, p. 189–190).
However, these developments also tie into societal developments at large and show how they are affected by changes in the social space. As stated in the introduction, the first two decades of the twenty-first century were defined by crises, for example, the climate crisis or the COVID-19 pan demic. Such events have had a profound impact on the constitution of societies around the globe. These developments not only demand politi cal, economic and societal reactions, but journalistic reporting on them.
Because of this interrelationship of societal institutions, the trust in the capabilities of established institutions and political actors to solve these crises were dropping in unison with a loss of trust in journalistic media (for a recent overview, see, for example, the current volume of the Reuters Report on Digital News; Newman et al., 2022, p. 15). However, the decre
ase in institutional trust was not equally distributed. Individuals on the fringe of the political spectrum (especially those on the right wing) and those who were disenfranchised and felt unable to get their voice heard were more likely to express lower levels of trust (Aprino & Obydenkova, 2020; Daniele et al., 2020; Koos & Seibl, 2019; Newman et al., 2022). How ever, the decline in trust in news media is not equally distributed, e.g. in Austria public service broadcaster ORF could maintain comparatively high level of trust, with approximately 60% of the population expressing that they trust the news provided by the ORF brand, while only 41% trust news in general, a number that has been steadly declining (Sparviero & Trappel 2022, p. 65).
This has resulted in two threat vectors that influence the position and strength of the journalistic field in the social space. On the one hand, the reorganisation of the field itself, as a loss of economic capital and distinctive markets unfolded, accompanied by infighting in the field re garding audiences, monetary means and even subsidiaries. On the other hand, we see the diffusion of several societal fields that come under pressure because of societal change that is, in turn, shaped by crises. In this process of diffusion and reorganisation, other fields – especially the political one – try to exert or extend their power over a (seemingly) weakening journalistic field, trying to penetrate its eroded boarders. This is done with the intention, to keep the journalistic field from highlighting the problems and issues the other fields have as well – e.g. the already mentioned loss in public trust.
This process and its consequences can be illustrated in detail using the data gathered from the World Press Freedom Index, established by Re porters Without Borders (RSF) in 2002.
Only referencing the top 10 out of 180 countries each year shows that there has been a decline in the freedom of the press, even when only taking the best ranking countries into account, for example, the Scandi navian countries, Jamaica or Costa Rica, places which had continuously very high scores and topped the rankings for most of the decade. Two countries – Lithuania and Liechtenstein – among the top 10 even failed to reach “good” scores and only provided “satisfactory” conditions for journalism in 2022 (RSF 2022).
It is of importance to note that the highest scores for press freedom were reported in the aftermath of the world financial crisis; a period when it was common to attest a crisis of journalism (Hummel et al., 2012), with financial issues and technological change being issues that were inten
sively debated among scholars. Additionally, the top 10 countries’ aver ages started to rise again in 2018. This means that after an evident drop during the years following the long summer of migration – when popu list powers gained political influence in many democratic countries –the situation was improving for the top ranked countries once more. The intensive debates around the corona crisis, the polarisation of societies and the beginning of the war in Ukraine, however, were cited as reasons for this, as well as methodological changes to how the index is compiled (RSF 2022).
Nevertheless, the situation of the journalistic field(s) on a global level was judged as worsening (ibid.), which can be directly understood as a loss of capital necessary to keep strong boarders and distinct boundaries that limit the interventions from other societal fields.
A stark deviation from the global trend can be seen for Austria. Despite scoring very high ten years ago (Austria had a score of 91), the decline in the country was a lot more uniform and no recovery or stabilisation happened after the long summer of migration.
A record low – both when it comes to the numeric score and relative po sition – were reported in 2022. While concerns about political influence on news media were always high in the country, especially when it came to the commercial market, made up of a small number of private media owners, which was highly dependent on advertising, this result showed the increasingly brash attacks on the field (Grünangerl et al., 2021; RSF, 2022).
This is further complicated by reports that the quality press is struggling because their audience reach is limited – quality newspapers Der Stan dard and Die Presse for example, had a market share of under 3 % each in 2018 (Grünangerl et al., 2021, p. 112) – and press subsidiaries currently scale with circulation.
Political scandals often involve news media and threats to the latter’s independence. These range from the infamous Ibiza scandal to the con stant discussion regarding to what extent tabloid media are offered sta te or government advertisements in exchange for favourable coverage. This came to a boiling point when former Chancellor Kurz and his close confidantes were forced to resign in 2021, partially due to suspicions of facilitating conditions for positive media coverage (RSF, 2022).
Furthermore, the independence of the public service broadcaster ORF, which has continuously proven to attract large audiences, is constantly threatened by political actors and interventions (RSF, 2022).
This means that the journalistic field in Austria is deeply involved with other social fields that constantly try to exert power over it, while resour ces – capital in Bourdieu’s terminology – that would be able to reinforce the field are limited.
Altogether, this illustrates not only the position of the journalistic field in the Austrian social space, but also why the circumstances for a free and powerful press are at least somewhat compromised.
4. Taking Stock – Crises and the Fourth Estate
As illustrated, we see that journalism is in Austria is under pressure and the field is under constant threat from actors in other spheres. Using this knowledge, how journalists and the public are assessing the situation will now be tested. This is done via several analyses that check what ex pectations were raised for journalism to fulfil and whether the normative ideal – that is under constant threat – has been of importance in the Austrian social space. While 4.1 and 4.2 take the journalists’ perspective into account, 4.3 will provide information on the audience’s view.
1. Journalistic roles during the euro crisis (2010)
The consequences of the global financial crisis in the latter part of the 2000s hit many countries hard and manifested in several interrelated crises in the eurozone around 2010. The European Union was forced to deal with the stark inequalities between its member states as a sovereign debt crisis, a banking crisis and an economic crisis collided. This was followed by controversial political debates on how to solve this situation (Fabbrini 2013).
In times of such a crisis and the accompanying societal upheaval, the ideal of journalism as a “fourth estate” is of particular importance. Diffe rent interests and ideas about how to deal with such a situation need to be represented, facts must be checked and a maximum of transparency on developments ensured while actors are held accountable. However, at that point in time, the journalistic field was in the middle of a dramatic shift. Not only were journalistic institutions and individual journalists alike facing digitisation and digitalisation, but a growing economisati on of the media sector was also at large (Hummel et al., 2013; Preston, 2009). These changes were blurring the boundary between classic news
journalism and mixed public relations forms (Preston, 2009, p. 8), conse quently, they were also putting pressure on the journalistic field, with or ganisations and actors alike facing lots of uncertainty, as has been stated in previous chapters. Access to economic capital from outside the field was dropping as advertising money was lost to digital platforms, and au dience numbers were high but started to drop in some sectors, signalling a loss of societal influence.
Using the terminology of Bourdieu, this can be seen as a situation where the structures of a field are tested, as the core illusio (beliefs why it may be necessary to participate in the field) and the doxa (the rules the actors in the field follow) came under pressure because of those changes.
This led to a particular situation in Austria. A highly concentrated media market with strong legacy offerings and deep bonds between the poli tical and journalistic field – commonly expressed via the German term of “Verhaberung” (Karmasin, 2010, pp. 12–13) – put extra pressure on journalism in this situation (Hummel et al., 2012). A situation that was further complicated by the fact that the market was dominated in the print sector by a very strong tabloid – the Kronen Zeitung – that had an audience reach of over 40 % at the time (Grünangerl et al., 2022, p. 101), and the public service broadcaster, the ORF, whose two main TV chan nels secured approximately 50 % of the population while its radio broad casting reached more than 75 % (Grünangerl et al., 2022, pp. 101–102).
Both had a history of influencing and being influenced by the political field. The Kronen Zeitung is known to openly support their favourite po litical actors and, thus, influence the political field, and politicians were eager to keep the ORF in check (Kaltenbrunner, 2010, p. 217). This situati on was publicly criticised a few years earlier by ORF anchor-man Armin Wolf in his seminal speech when he was awarded the Robert Hochner Prize in 2016 (Hummel, 2019, p. 12). Combined with a high market con centration and a limited number of actors (Steinmaurer, 2012), this crea ted a problematic backdrop for a journalistic field that should be able to monitor and control the actions of societal elites.
Journalists and editors alike were wary of this situation in 2010, as a the first “Journalisten Report” highlighted that 73 % of the journalists sur veyed stated that the close relationship between politicians and journa lists is problematic. However, Herbert Lackner, editor-in-chief of the qua lity weekly-based Profil, stated that may partially be the consequence of a strong idealised image of their profession (Lackner, 2010, p. 138). This statement can be seen as a manifestation where the doxa of the field is put to the test. The normative rule for journalists is not to fraternize with
powerful actors, however, the reiteration that it is dangerous if this is or may be happening shows that there is a knowledge of the rules of the field. Following the debates about journalistic independence that had unfolded in the years before – which included a very public initiative from employees of the ORF founding the “SOS-ORF” platform – the idea seems to have indicated that the journalism is a “fourth estate” in society and members of it need to be watchful of political influence.
This result is, however, only somewhat reproduced and in parts even con tested in the survey in the “Changes in Media Careers” (Medienkarrieren im Umbruch), conducted in 2010 (Hummel et al., 2012). The results of this study show that generally the idea that journalism must be a neutral observer of society and report on things as they are is very strong (76 % of the 330 journalists surveyed saw it as important to the profession; 87 % of those from the public service media agreed). But the concept of jour nalism as a societal force that keeps powerful actors from the political or economic sector in check is the least commonly stated professional role that journalists see for themselves. They were much more likely to state that they see advocatory journalism that gives citizens a public space to make their issues heard, and creating an entertaining, market-friendly product as their main duty.
However, taking a more detailed look at the situation and comparing journalists from public service media with their private sector counter parts highlights the following (see also Figure 4): while at first public service media journalists seem more likely (t-test; p ≤ 0.1) to believe that it is their duty to keep powerful political and economic players in check, multivariate analysis show this is not necessarily the case. Two regressi on models, that take demography and professional position into account provide more context to a complex situation. It is not that public service media employees are more likely to believe in the “fourth estate” – it is women who do so (p ≤ 0.05; Std. Beta = 0.13) – but that they are tendenti ally more likely to reject the idea that journalism pursues primarily com mercial goals (p ≤ 0.1; Std. Beta = -0.11). Furthermore, senior journalists are significantly less likely to reject the idea that journalism has to pro vide a commercially viable product than junior staff (p ≤ 0.05; Std. Beta = 0.13). This is also supported by an age-based effect: the younger journalists are the more likely the are to reject commercial goals (p < 0.001; Std. Beta = -0.17).
Regarding the central research question asked at the beginning of this article, it can be stated that the idea that journalism must represent a “fourth estate” in times of crisis was not the strongest orientation to
which journalists aspire in 2010. However, the effects found concerning those employed by public service media provide deep insights into the workings of the field.
Aligned with Bourdieu’s terminology, it can be stated that the acceptance of the doxa in the field is stronger among those who shape the rules to believe in themselves, for example, those associated with a very strong public service provider, like the ORF with its considerable market share. This can be expanded further by the context that the employees of the ORF also stood up to forces outside their field – namely, political actors – to reinforce the central normative pillar of the field: that journalism is meant to be used as a checks and balances for other societal elites.
This also relates to the illusio why people want to be journalists. It is more important for journalists working for public service media to reject the claim that journalism is meant to be a commercial product. And the same is true for those, who have jet to embed themselves in the field. More materialistic ideas have less importance, when it comes junior staff or women, who at that point in time were still more likely to be on the fringes of the profession (cf. Kirchhoff & Prandner, 2016; Prandner, 2013).
This is a direct confirmation that public service media can be seen as an essential part of keeping a vital democracy alive during times of eco nomic uncertainty and strife. Employees in the Austrian public service media sector showed strong resilience and commitment to ideal of the “fourth estate” during times of the economic crisis and was continuously articulating that its function as an agent of the “fourth estate” was under threat. Just like women and junior staff.
However, this needs to be seen as part of a broader picture: firstly, the journalists working for the public service broadcaster had years-long experience fighting for their journalistic independence, which provided them with a strong motivation to argue for an independent journalism that is able to act as an institutional checks and balances against politi cal or commercial arbitrariness. Secondly, the relatively powerful market position of the ORF programs and the limited dependency on advertising money made their situation somewhat more stable, as the news media market was rapidly changing and the financial situation of many news media companies was strained.
Combing these two aspects provides a reasonable explanation why the adherence to the core idea of an idealistic journalism that acts as a “fourth estate” is present in journalists working for public service media providers, and more commercial aspects, which are running counter to the doxa of the field, are more likely to be rejected by those journalists (for an overview of the journalistic role models to which the participating journalists adhered, see Figure 4; for the results of the regression analy sis, please refer to the appendix at the very end of this contribution).
2. How journalists viewed their duties as the long summer of migration unfolded (2015)
While the situation in 2010 was influenced by a highly volatile econo mic situation, 2015 provided the European societies with a different kind of crisis. The aftermath of the Euro crisis could still be felt, and popu list right-wing movements started to gain both mainstream attention in many parts of Europe (Dostal, 2015; Han, 2015; Wodak, 2015). A situation that was further complicated, as the deteriorating political and econo mic situation in the Middle East was building towards a humanitarian crisis, where more or less normative assumptions about society and so cial cohesion became central to the societal dialogue. After building up for some time, the summer of 2015 would see mass migration of people from a destabilized Middle East and Northern Africa towards Europe. As Turkey, Greece and many other southern European countries were hit by waves of refugees, questions about ethics and the duties of enlightened society were put to the forefront. It became clear very quickly that this issue would become one of the central societal debates, where societal elites would be forced to take sides on a highly normative issue. It was
evident very early in the debate that Angela Merkel, long-time Chancel lor of Germany, would – at least initially – cultivate a “Willkommens kultur”, using the “we can do this” as a rallying cry for an inclusive so ciety, defining Germany’s official political position to embrace refugees (Reiners & Tekin, 2020). On the other side of the spectrum, Sebastian Kurz, the Austrian Minister for Foreign Affairs, positioned himself, via populist messages and highly restrictive views concerning migration, as a hardliner (Thiele et al., 2022). This deep divide was only one example of how the aftermath of the world financial crisis and the response by the European Union brought forward an uneasy polarisation of society (Bredtmann, 2022; Steinmayr, 2021).
At the same time, many news media companies were still trying to find solutions to the financial issues brought about by the rapid transition to wards an increasingly digital news consumption and the further decrees of advertising income (Prandner & Kirchhoff, 2017). As the tools for usercentred content production – either in the form of social media platforms or kits to set up whole websites – matured, the journalistic field was see mingly unable to provide compelling arguments for consumers to pay for their products (Prandner & Kirchhoff, 2017). Circulation and audience reach has also dropped in most regions of the western world and in Aus tria, already effected by high media concentration, the news market saw further consolidation, with several offerings disappearing from market for economic reasons in 2014 (see Grünangerl et al., 2021, p. 98). Overall, the loss of economic capital in the field was a tangible influence.
This situation was further complicated as a several-years-long legal discussion about the “Inseratenaffäre” (advertising affair) had raised heads. Chancellor Werner Faymann and his Social Democrats were ac cused of paying for advertisements in tabloid newspapers for favourable coverage during his time as Minister for Transit, Innovation and Tech nology (BMVIT) (Die Presse, 2013). Even as the legal actions were put to rest in 2013 (ORF 2013), the damage was done. The topic of the “Verhabe rung” was once again not only on the minds of citizens and journalists alike (Ennser-Jedenastik, 2013), but it provided fertile ground for later developments – keyword: Ibiza.
So, despite the fact that the Euro crisis had passed, the journalistic field was still under a constant pressure by both the political and economic fields.
This provides another highly relevant background situation to interpret the data collected during 2015 via the second round of the Worlds of
Journalism Study in Austria. As a cross-cultural survey of the journalistic profession, it offers lots of insights into the journalistic field at the time (for details see appendix).
Overall, the data offers the chance for a more differentiated view on ex pected journalistic roles and how journalistic media should act. While the ideal of a detached observer is still the one to which most journa lists surveyed agreed, and education and entertainment are also seen as essential, a change can be observed. The generally assumed impor tance of keeping political powers in check is seen as (very) important by 45 % of the journalists surveyed. When only looking at public service media journalists, this value is even higher at 48 %, slightly edging out the results for education (1 percent point) and entertainment (2 percent points). While those values are not comparable between the different studies discussed up to now, it offers a chance for reflection on the state of the field: the normative idea of controlling political powers is high, even though discussions about attacks on the freedom of the media are common and have even been discussed in public or semi-public settings for years. Journalistic coverage and public statements about political eli tes trying to influence journalism from outside the field show the game Bourdieu sees essential for societal developments. Attacks from outside forces on the journalistic field make it possible to highlight the impor tance of independence of journalism and its power to control societal elites. The doxa of the field is reinforced via the notion that journalism should be an institution that is able to provide not only objective infor mation about society, but also act as a “fourth estate”, monitoring other elites.
As the loss of economic capital within the field is evident and actors are being forced to exit the journalistic field (e.g. the Salzburger Volkszeitung and Neue Kärntner Tageszeitung in 2014; see Grünangerl et al., 2021, p. 98), the journalists aligned with one of the dominating actors in the field – the public service broadcaster – that is simultaneously under pressure from outside the field are seemingly reinforcing and reiterating the belief that journalism needs to be the “fourth estate”. Interestingly enough, the multivariate linear regression model shows that it is the journalists who have completed a university degree (p ≤ 0.05; std. Beta: 0.09) or are older (p ≤ 0.00; std. Beta: 0.19) who are expressing stronger commitment to the ideal of the “fourth estate” at this point.
This is communicated not only in surveys but also in news coverage. Providing incentives for others to develop or strengthen the illusio why independent journalism that controls social elites is so important. This
can be seen as antagonistic behaviour; a thesis seemingly supported by the fact that those who are under a threat from political actors – ORF employees – are explicitly stating that they aim to keep political actors in check. The statistical model shows that there is even a tendency (p < 0.10) that they are statistical likely to adhere to the power of the “fourth estate”. This result would not generally be one that is reported or an ove rall discussion. However, there are two things to consider: while the nor mative role ideals between journalists working for public service media and those working for private commercial media did not differ in 2010 when it came to the “fourth estate”, now they do. In 2010, the attitude only differed when taking a look at the commercial interests of media – a field that is still highly sensitive in 2015, as stated previously – and not when looking at the expected relationship with the political elites. Thus, there is a switch from a previously implicit preference for a role model based on the “fourth estate” among the public service media jour nalists in 2010 to a now explicit, statistically significant preference. This development also aligns with the fact that the conditions for journalism, thus, the strength of the journalistic field in the social space, has dete riorated somewhat in the years between 2010 and 2015, as can be seen when following the trend of the Freedom of the Press index for Austria, as illustrated in chapter 3.
Accordingly, a remarkable picture regarding the normative role concepts of media in times of crises emerges: firstly, a deterioration of the field’s boundaries because of societal changes, that are in part tied to power struggles between fields, can result in the reinforcement of the doxa –the laws that guide the field. Secondly, this process goes hand in hand with a change regarding who can broadcast this. While in 2010, more vulnerable or junior members of the field seemed to use the idea of a “fourth estate” – or at least the rejection of commercial goals – as illusio, to potentially ground themselves in the field, the data of 2015 shows that during the period of longer summer of migration, journalists with high levels of cultural capital – academic degrees – and those with seniority were more likely to state that they saw the normative aspect of checks and balances as the central role of journalism. The refugee crisis is only a background that existed during the survey, however, it shows that jour nalistic role aspirations were different than before because it was more of an normative and moral crisis than an economic crisis endangering European societies.
3. The public expectations concerning journalism during the aftermath of the Ibiza-scandal and at the outset of the corona crisis (2020)
The final crisis that will be discussed in this article is the early months of the COVID-19 pandemic in 2020; a situation that would have stark influ ences on all societies and the media that are required to cover it. Howe ver, the Austrian case was very particular.
In the year before the corona crisis hit, a populist “right-far right” coaliti on came to a halt and snap elections had to take place in the fall of 2019. The reason for this development was the leak of the now infamous 2017 video, compromising Vice-Chancellor Heinz Christian Strache from the Freedom party. On a visit to Ibiza, Strache was invited to an exchange with a potential supporter, who was later revealed to be an actress me ant to provoke the politician into revealing unlawful intentions (Eberl et al., 2020). During this recorded meeting, the populist politician also discussed why opportunities to influence the “boulevard media” – the Kronen Zeitung in particular – would be so important for political actors and showed contempt for the journalistic profession in more than one way (Eberl et al., 2020, p. 1352).
However, this was only part of the story. The rise to power of chancel lor Sebastian Kurz and his Austrian People’s Party was accompanied by a high degree of message control in an attempt to micromanage how media depicted Kurz, his inner circle and party in the public discourse
(Heinisch & Werner, 2021; Wodak, 2022). However, in the spring of 2020, it would be another year until some of the machinations behind this stra tegy would be revealed to the public. At that point, it became part of the falling domino pieces that forced Kurz and most of his close associates to resign from their political functions, but it was already clear in 2020 that the idea of journalists acting as a counterbalance to political ambitions was met with harsh resentment by the then powerful Austrian People’s Party (Wodak, 2022, p. 7–9).
Both sides of the story show that the populistic forces in Austria had a different strategy when it came to journalism in comparison to other right wing populist politicians, such as former US President Donald Trump. The steps taken in Austria were not meant to delegitimise all forms of journalism but aimed to control some aspects of it (Wodak, 2022, p. 7). Established tools, such as governmental advertising, personal ties to spe cific actors in the media and strategic decisions regarding key positions of the journalistic field, showed the high level of influence the political sphere wanted to exert over journalism (Wodak, 2022, p. 12).
Considering all these machinations going on and at least the discussions tied to the Ibiza scandal being part of the public discourse – what were the expectations regarding journalism when a pandemic of unknown quantity is threatening society? Does the public expect journalism to work as a “fourth estate” that not only reports on the actions of elites, but also holds them accountable for their actions or presents expert in formation on them?
Looking at journalism itself, it must be stated that the first period of the COVID-19 pandemic required fast and decisive communication of the developments and actions set by all the actors involved as a number of measures to restrict the spread of COVID-19 were enacted. Similar to the rest of the globe, this resulted in a sharp increase in news media con sumption (Prandner, 2022a), with the offerings of the public service me dia reaching up to 94 % of the population (Mitschka & Unterberger, 2020, p. 3). However, this stark increase in information also led to the danger of an uncontrolled “infodemic”, where societal information flows could no longer be checked and processed correctly because of the volume and velocity (Cinelli et al., 2020).
In front of this background, it comes as no surprise that the most com mon wish from the survey individuals in the corona panel was that the media should support the morale of the population during the crisis and entertain the audience.
Concepts such as a neutral observation and presentation of scientific ex pertise did not rank as high, but there was a significant difference bet ween those who were monitoring public service media daily compared to those who did not (t-test; p ≤ 0.05). Individuals who used public service media more regularly placed higher importance on the media’s role in providing facts and giving experts a platform. A linear regression model confirmed this finding as well (p ≤ 0.00; std. Beta: 0.16), while highligh ting that higher educated and older participants were also more likely to share this position (p ≤ 0.00; std. Beta: 0.04 and 0.02, respectively).
When it comes to the idea that media should be critically observing the government’s response to the crisis – a key indicator for this paper – it has to be highlighted that this particular question did not align very well with the other expected roles checked in the survey and had to be exclu ded from the factor analysis. However, when considered on its own, it can be shown that 68 % of the survey individuals stated that it was ext remely or very important to them that the media critically monitors the political actions during the crisis.
These results are somewhat in line with McQuail’s (2009, p. 127) argu ment that media should fulfil a supportive role during a crisis. Yet, it is also somewhat counter to Trappel and Tomaz’s (2022, p. 15) assumption that such roles may be necessary during a crisis to convey, for example, factual public health information. This aspect was definitely seen as a different journalistic role by the survey audience as factor analysis re vealed. This also brings the fact to the forefront that the public in Austria was less likely to demand that journalism fulfils its role as a “fourth esta te” than being partially entertained and motivated.
A group comparison shows that those who use public service media at least daily were also more likely to state that it is important to them that the media keep the government accountable for its crisis management (non-parametric U-Test; p ≤ 0.00). This stresses once again that align ment with public service media brings forth a stronger association with the “fourth estate”.
This development generally speaks volumes and demands to be highligh ted: When it comes to the creators’ perspective (those who are part of the journalistic field) and the audience’s point of view (who have different positions in the social space), the idea that journalism should function as a “fourth estate”, thus, a normative corrective to counter the might of other societal forces, is more pronounced when either consuming public service media more regularly or participating in their production. While this analysis cannot argue for causality or a want to make a point to esta blish a direction of influence, it shows that the strong normative pull that public service media provide and their role as a counterpoint to more commercial, entertainment-oriented offerings. A conclusion follows to bring all the results together.
5. Conclusion
The journalistic field is under a great deal of pressure. Technological change, globalisation and economic developments have deprived the field of previously taken-for-granted revenue streams and accompaniment in the social space, thus, the political influence on journalism has become increasingly pronounced (Thomass et al., 2022, p. 205–206). Even when only tracking the top 10 rated countries of the World Press Freedom Index over the last decade, it becomes clear that journalism has to face increa singly difficult conditions in the social space it occupies. In 2022, not even the top 10 ranked countries of the of the index had achieved a good global score, with ranks 9 and 10 only classified as satisfactory (RSF, 2022).
Therefore, it seems logical that media economists, such as Trappel and Tomaz (2022, p. 52), write in their remarks to the second edition of the Media for Democracy Monitor that such developments may cast doubt on journalism’s ability to fulfil normative aspirations such as objectivity, impartiality and, finally, its role as a “fourth estate”.
A dangerous combination exists as an onslaught of crises has also put the relative power and resilience of economic and political fields to the test. After a decade shaped by the world financial crisis in the late 00s, the long summer of migration in 2015, the COVID-19 pandemic starting in 2020 and the Russian war on the Ukraine, as well as the climate crisis, polarised societies, which are highly affected by still increasing societal inequality, are nearing a breaking point. Trust in institutions is trending (sharply) downwards, expectations for the future are highly situational and formal ways of engagement are often met with scepticism (Moos brugger & Prandner, 2022).
However, taking all of this together and looking at the three empirical snapshots from Austria that were taken at different moments in the last decade – from 2010 to 2020 – shows a somewhat different and maybe not so gloomy a picture.
Firstly, yes, all the snapshots highlight that, even when confronted with deep crises, there are issues and demands that journalism must address that rank higher than the expectation for journalism to fulfil its role as a “fourth estate”. This assessment is true for both journalists and the audience.
Secondly, all the datasets used show that the aspiration that journalism should be a “fourth estate” keeping other societal elites – especially po litical ones – in check is reproduced consistently by the survey populati ons. The bleakest picture could be found in the 2010 study on media ca reers by Hummel et al. (2013), where the issue of the economic situation of and within journalism was a central issue. However even then, more than a third of the journalists in this survey showed their commitment to the ideal of the “fourth estate”. Accordingly, both questions asked in the introduction – whether journalists themselves are committed to a nor mative ideal of the “fourth estate” during crises and if the public is even expecting news media to fulfil the role of a “fourth estate” during times of crises – can be answered with a “yes”.
Additionally, all the data sets show that journalists who work for public service media or the audiences which consume this type of media are more likely to believe in the normative claim that news media should be able to check and balance the influence of other societal elites.
Just to repeat: These results come from times when societal changes and conflicts were increasing, as political actors and economic forces were trying to leverage journalistic integrity and (especially public service me
dia) journalists had to reiterate that they follow the illusio of a “fourth estate” and that the field continues to draw legitimisation from its role as such, fundamentally showing that the doxa of the field is stable. This leads to the argument that even – or maybe especially – in times of crises, the normative core identity of the journalistic field was seen as essential.
There are certain limitations to the approach taken in this paper: with only three cross-sectional datasets available to discuss the situation, no trend analysis can be made, and the results must be seen as what they are: snapshots that allow for future research to build hypotheses and construct data collection tools to test them later. The same must be said about the question whether journalism is actually able to fulfil the nor mative claim to be a “fourth estate” in everyday practice.
However, combined with the results from recent media monitoring stu dies (e.g. Grünangerl et al. 2022), the following conclusion can be drawn: Historically a strong performance of public service media has influenced the performance of other media and public service providers that could secure a sizable art of the national audience were able to fulfil the role of an fourth estate to a higher degree, than those you did not enjoy this role. Regarding Austria, this allows a positive framing of the results presen ted: the ORF may be under pressure, but both its audiences and journa lists working in the organisation expect journalism to serve as a “fourth estate”. Consequently, even when circumstances become dire (as they did over the last few years, as the World Press Freedom Index showed), the normative claim to those ideas remains strong and permits a public discourse that also involves other news media that, in turn, must also position themselves in the debate about the normative goals of journa lism. Which shows the important public value of a strong public service media, in times of crisis – a highly visible and observative player, that is not only under constant threat by forces outside of the field but can also monitor and articulate transgressions that would endanger the normati ve role journalism should fulfil.
It needs to be remembered that if illusio and doxa become increasingly diffused, if too many compromises have to be made as capital is depri ved from a field, even strong actors who are typically expected to have a leading influence in the field – such as ORF in Austria’s journalistic field – are in danger of losing their ability to make sure that normative goals, such as keeping elites accountable, are attainable. Journalists need to be able to speak up without fear if they experience transgressions from po werful political or economic actors. Only then public awareness for the issue can be maintained and agency of journalists strengthened.
The current situation for the journalistic field seems precarious, not (only) on economic grounds but especially because it must be asked whether the normative ideals of journalism are going to stay intact in the face of crises.
6. Appendix for Methods and Measurements
This article is built upon three distinct datasets. The following section and appendix provide a short overview of the data used, how it was coll ected and what methods were applied to it.
1. Study 1 (2010) – Changing Media Careers
“Changing Media Careers” (Medienkarrieren im Umbruch) was a project led by Roman Hummel (Paris Lodron University of Salzburg) in 2010, ai ming to get insights into professional careers in journalism. Financed by the Komm-Austria and the GESPU, a pen and paper survey was used to collect data on 350 Austrian Journalists who were members of the Austri an journalists’ union in early 2010.
The dataset is currently not available for public reuse, but the author of this article was involved in the project and handled data curation and analysis. He was previously granted permission to use the data by the then principal investigator Roman Hummel.
The factor analysis to extract journalistic roles worked quite well, how ever, the factor scores calculated had to be inverted for readability. The dataset was missing information on the educational attainments of par ticipants. The linear regression analysis shows that the information re garding journalists’ employment by public service media has no statisti cal significance when it comes to believing that journalism should be a counterbalance to political actors (under the control of the demographic information available). When it comes to the question concerning the need of providing a commercially viable product there is the tendency that public service media journalists are less likely to support this role.
Figure 7 - Variable Overview – indicators used from the “Changing Media Careers” Study
Figure 8 - linear regression / Sig Effects -> * if p < 0.05; tendency ~ if p < 0.10
Figure 9 - linear regression / Sig Effects -> ** if p < 0.001; * if p < 0.05; tendency ~ if p < 0.10
2. Study 2 (2015) – Worlds of Journalism – Wave 2
The “Worlds of Journalism” study is a comparative quantitative survey research project aiming to generate data on the worldviews and profes sional orientations of journalists, the conditions and limitations under which they operate, and the social functions of journalism in a changing world (Lohmann & Seethaler, 2016).
The publicly available dataset from the second wave of the study was used for the calculations in this article. The dataset was published in 2017 by the Worlds of Journalism research team on their homepage un der a Creative Commons License for non-commercial use. Data collection started in late 2014 (Nov.) but was conducted mostly in 2015 (up until August) via online and telephone interviews and generated a dataset of 818 individuals working as journalists (Lohmann & Seethaler, 2016, p. 6).
The publicly available dataset includes detailed demographic informa tion but no detailed information on salary or income, accordingly, this was excluded from the analysis.
Again, the regression model shows that the information regarding jour nalists’ employment by public service media has no statistical signifi cance when it comes to believing that journalism should be a counterba lance to political actors (under control of the demographic information available). However, the regression illustrates that higher educational attainments and higher age results in a stronger belief in the role of jour nalism as a “fourth estate”.
At this point, it needs to be acknowledged that the research team for the Worlds of Journalism Study (Hanitzsch et al., 2019) has my deepest grati tude for sharing this data with the community.
Figure 10 - Variable Overview – indicators used from the second wave of the Worlds of Journalism Study (Hanitzsch et al., 2019)
Figure 11 - Linear regression / Sig Effects -> *** if p < 0.001; * if p < 0.05; tendency ~ if p < 0.10
3. Study 3 (2020) – The Austrian Corona Panel Project
The “Austrian Corona Panel Project” (Kittel et al., 2020) is a panel study based on an online access panel study monitoring Austrian society du ring the COVID-19 pandemic, aiming to get insights into how Austrian society reacted to the sudden and deep changes brought about by the event.
This means survey data was collected from a group of individuals in (ir-) regular intervals to monitor changes in attitudes, values or social situati on on an individual level.
Similar to most studies based on a commercial online access panel and unregistered data, it must be noted that the ACPP is a no-probabilitybased study (Prandner, 2022b). However, the sample composition was controlled to match the demographic structure of the Austrian populati on at the onset of the COVID-19 pandemic.
Data here is not available directly measuring whether the Austrians sur veyed expect journalism to represent a “fourth estate”. The data provides information regarding how far media should align with the government and state during the crisis and if factual information is important or not.
The linear regression model shows that individuals who use the public service media articulate stronger demands for factual news and a plat form for experts. Using demographics for control illustrates that tertiary education also supports this attitude towards journalism, while a higher age runs counter to this assumption.
Again, I want to thank the ACPP research team (Kittel et al., 2020) for sharing their data for analysis with the research community.
Figure 12 - Indicators used from the ACPP (Kittel et al. 2020); weighted data (popu lation weight)
Figure 13 - Linear regression / ig Effects -> *** if p < 0.001; * if p < 0.05; tendency ~ if p < 0.10; weighted data (population weight)
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GESELLSCHAFTLICHE WERTSCHÄTZUNG DURCH GEMEINWOHLORIENTIERUNG – PSYCHOLOGISCHE HERAUSFORDERUNGEN UND ANSATZPUNKTE IM JOURNALISMUSA
PROF. IN DR. IN CORNELIA MOTHES MACROMEDIA UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES, LEIPZIG1. Die Verfasstheit der Gesellschaft als Kontext der journalistischen Arbeit
Der Journalismus in seiner dem Gemeinwohl verpflichteten, öffentli chen Aufgabe steht in digitalen Demokratien vor zwei wesentlichen Herausforderungen. Er richtet seine Informationsangebote heute an Mediennutzer:innen in einem gesellschaftlichen Umfeld, das sich einer seits politisch polarisiert und andererseits von einer tendenziellen Nach richtenmüdigkeit geprägt ist – zwei Entwicklungen, die maßgeblich auf psychologischen Prozessen beruhen und sich dadurch gegenseitig ver stärken könnten.
1.1. Wenn Gruppen auseinanderdriften – Polarisierung in Demokratien
Unter politischer Polarisierung ist zunächst ganz allgemein zu verste hen, dass gesellschaftliche Gruppen unterschiedliche, zunehmend kom promissloser werdende Einstellungen zu politischen Themen aufweisen (z. B. Neubaum, 2021). Sieht man das Ideal einer Demokratie aus norma tiver Perspektive vor allem in einer Partizipation möglichst vielfältiger Akteur:innen, wie es etwa das deliberative und das agonistische Demo kratiemodell auf jeweils unterschiedliche Weise nahelegen (Habermas, 1994; Mouffe, 2013), kann eine klare politische Positionierung bis zu einem gewissen Grad durchaus wünschenswerte Effekte haben, indem sie das zivilgesellschaftliche Engagement erhöhen und so zu einer re gen Auseinandersetzung um politische Lösungen führen kann (z. B. He therington, 2008; Pew Research Center, 2014). Wenn eine Person genau weiß, auf welcher ‚Seite‘ sie steht und wofür sie politisch gemeinsam mit anderen eintritt, motiviert sie dies unter Umständen stärker dazu, sich in gesellschaftliche Diskurse einzubringen und damit zur demokra tischen Willensbildung beizutragen (z. B. Parsons, 2010; Westfall et al., 2015). Tatsächlich sehen wir in der oft wachsenden Dichotomisierung
zwischen „wir“ und „den anderen“ in polarisierten Gesellschaften, wie stark die soziale Identität von Bürger:innen heute nicht zuletzt auch po litisch geprägt ist (z. B. Bos et al., 2020; Dagnes, 2019; Iyengar & Krupen kin, 2018) und damit ein potenzieller Motor für gesellschaftspolitische Teilhabe sein kann.
Zwei wesentliche Voraussetzungen für derart positive Beteiligungsim pulse sind aber, dass für alle Gesellschaftsmitglieder das demokratische Gesellschaftssystem an sich – das ihnen eine solche Teilhabe erst ermöglicht – einerseits unbestritten bleibt und politische Debatten ande rerseits zwar nicht immer höflich, wohl aber von gegenseitigem Respekt geprägt sein sollten (z. B. Papacharissi, 2004; Stryker et al., 2016). Jenes Fundament beginnt in den vergangenen Jahren zu korrodieren, indem wesentliche gesellschaftliche Gruppen nicht nur konkrete Regierungs konstellationen oder -handlungen infrage stellen, sondern das demo kratische System an sich attackieren und dabei zunehmend die Grenzen dessen ausweiten, was in einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung gesagt werden darf (z. B. Waisbord, 2018). Damit lösen sich politische Debatten von einer auf gegenseitige Verständigung oder – im Sinne der deliberativen Demokratie – gar auf rational erarbeiteten Konsens ausge richteten Diskussion und machen Platz für einen entfesselten Meinungs kampf, den wir heute oft in Form von Inzivilität, ‚Political Flaming‘ und – wenn es strafrechtlich relevante Inhalte betrifft – ‚Hate Speech‘ erleben (z. B. Ben-David & Matamoros-Fernández, 2016; Hmielowski et al., 2014; Oz et al., 2018).
Diese Entwicklung ist insofern problematisch für eine demokratische Gesellschaft, als dass Meinungsverschiedenheiten nicht lediglich Mei nungsverschiedenheiten bleiben, sondern auch einer von Konfliktgrup pen-Anhänger:innen individuell tief verspürten und gesellschaftlich offen ausgetragenen emotionalen Abneigung gegenüber der jeweiligen ‚Outgroup‘ Vorschub leisten, weil diese anders denkt als die ‚Ingroup‘ (z. B. Kingzette et al., 2021; Wagner, 2021). Durch eine solche ‚affektive Polarisierung‘ zwischen Konfliktgruppen, die zum Teil sogar erheblich stärker ausgeprägt ist als die bloße Polarisierung von politischen Einstel lungen (Iyengar et al., 2012), wird der gesellschaftliche Zusammenhalt auf eine Zerreißprobe gestellt, da sich emotional ausgetragene Konflikte in Zeiten von Digitalisierung und Social Media verfestigen und verbrei ten können.
Der Grad an inhaltlicher Vielfalt und technischen Personalisierungs möglichkeiten in digitalen Informations- und Kommunikationsumge bungen erleichtert zu einem gewissen Grad selektive Zuwendung als
Zusammenspiel aus motivierter Mediennutzung im Sinne von – unper fekten, aber dennoch tendenziell sich formenden – ‚Echo Chambers‘ (z. B. Dahlgren et al., 2019) und einer algorithmisch gesteuerten, auf indi viduellen Nutzungshistorien aufbauenden Vorauswahl von Inhalten im Sinne von ‚Filter Bubbles‘, die ebenfalls keine vollständige ideologische Separierung hervorrufen, aber dennoch eine tendenzielle politische Richtung einschlagen (z. B. Bryant, 2020). Mediennutzer:innen haben also eine etwas höhere Wahrscheinlichkeit, mit Inhalten in Kontakt zu kommen, die ihre bestehende Weltsicht bestärken und radikalisieren. Dies betrifft dabei nicht nur den Umgang der Konfliktparteien mit Mei nungen oder faktischen Informationen – die gemäß eines klassischen ‚Confirmation Bias‘ (Taber & Lodge, 2006) von Nutzer:innen oft stärker wertgeschätzt und unkritischer akzeptiert werden, wenn sie der eigenen Meinung entsprechen (z. B. Arceneaux et al., 2012; Eberl, 2019; Mothes & Ohme, 2020b). Das identische Prinzip hat sich heute gleichermaßen auch auf den Umgang mit Desinformationen ausgeweitet: Zum Ziel der Täuschung und Manipulation eingesetzte Falschinformationen werden von Mediennutzer:innen weniger in ihrem Wahrheitsgehalt hinterfragt, wenn sie mit ihrem eigenen Weltbild übereinstimmen (z. B. Swire et al., 2017).
Obwohl derartige, in heutigen Medienumgebungen stärker wahrnehm bare Nutzungsmuster nicht zu einer vollständigen kommunikativen Isolation sich gegenüberstehender Konfliktgruppen führen (z. B. Möl ler, 2021) und die Vermeidung einstellungs-inkonsistenter Inhalte bei Mediennutzer:innen nicht ebenso stark ausgeprägt ist wie die Präferenz für einstellungs-konsistente Inhalte (z. B. Garrett, 2009), bleibt die Mo tivation einer Abschottung gegenüber den Argumenten der politischen Gegenseite doch ein wesentliches Merkmal digitaler Debatten. In Zeiten erbitterter Meinungskämpfe äußert sich dies besonders eindrücklich beim Umgang von Konfliktparteien mit dem ‚Debunking‘ – also der Ent larvung und Richtigstellung – von Desinformationen: Bestätigen ‚Fake News‘ die eigene Wahrnehmung der Realität, haben von anderer Seite erfolgende Richtigstellungen und die Aufdeckung von Täuschungsversuchen wenig Chancen, die einmal in Umlauf gebrachte Desinformation zu entkräften (z. B. Weeks, 2015). Stattdessen verstärkt sich tendenziell sogar das Vertrauen in die ursprüngliche Desinformation in Folge eines ‚Debunkings‘, während der Vorwurf einer Täuschungsabsicht umgedreht und auf die Urheber:innen der Richtigstellung zurückgeworfen wird (z. B. Shin & Thorson, 2017). Desinformationen werden also durch einen in strumentellen Einsatz des Labels ‚Fake News‘ für anderslautende Aussa gen vor ihrer eigenen Entlarvung geschützt. Nicht selten ist dieser Pro zess mit dem oft ebenso instrumentellen Vorwurf einer ‚Cancel Culture‘
verbunden, mit dem mitunter auch die Verbreitung von Desinformatio nen unter Ausnutzung demokratischer Grundprinzipien – insbesondere des Rechts auf Meinungsfreiheit – gesellschaftsfähig gemacht wird und in Umlauf gebrachte Verschwörungsideologien befeuert (z. B. Hameleers & Brosius, 2021; Norris, 2021).
Während demnach bei Kontakt mit einstellungs-konsistenten Inhal ten oft ein klassischer ‚Confirmation Bias‘ zu verzeichnen ist, kann bei Kontakt mit gegnerischen Inhalten ein ‚Disconfirmation Bias‘ (Taber & Lodge, 2006) auftreten: Selbst wenn unliebsame Fakten und Sichtwei sen rezipiert werden, werden sie noch lange nicht auch toleriert. Statt dessen sehen wir im Falle affektiv aufgeladener Konflikte bei Kontakt mit gegnerischen Argumenten zunehmend ‚Backfire‘-Effekte (Nyhan & Reifler, 2010), die einen offenen Austausch von Argumenten zwischen Konfliktparteien zusätzlich erschweren, weil Argumente der Gegenseite aufgegriffen werden, nur um sie zu entwerten. Dies kann neben der –etwa über instrumentell eingesetzte ‚Fake News‘- und ‚Cancel Culture‘Vorwürfe – beabsichtigten Schädigung der Vertrauenswürdigkeit Ander sargumentierender auch auf vielfältige andere Weise geschehen, etwa durch Gegenargumentation in Form von zunehmend radikalisierten, spekulativen Szenarienbeschreibungen, in Form von Beleidigungen, übersteigertem Sarkasmus und Zynismus bis hin zu Verleumdungen und Gewaltandrohungen (z. B. Elsen-Ziya, 2022; Paz et al., 2021). Auf diese Weise kann unter Anhänger:innen von Konfliktparteien ein Spiralpro zess ausgelöst werden: Bereits bestehende Einstellungen und emotiona le Abneigungen polarisieren sich durch die Abwertung der Gegenseite weiter, was wiederum die Identifikation mit der Eigengruppe und die Zu wendung zu deren Sichtweisen bestärkt, wodurch sich erneut bestehen de Einstellungen und emotionale Abneigungen gegenüber der gegneri schen Seite verschärfen können usw. (z. B. Kubin & von Sikorski, 2021; Stroud, 2010).
Schleichend sinkt in diesem Prozess das Verständnis gegenüber anders artigen Sichtweisen, während das Aggressionsniveau steigt. Es kommt zu einer empathischen Desensibilisierung gegenüber Vertreter:innen der Gegenseite, selbst wenn diese hilfsbedürftig sind (z. B. Hmielowski et al., 2014; Weber et al., 2020). Respektlosigkeit wird von den Konfliktparteien zum legitimen Mittel der kommunikativen Auseinandersetzung, Intole ranz gesellschaftsfähig gemacht. Zugleich sinkt durch starke Gruppen bindungen das individuelle Verantwortungsgefühl für die negativen Fol gen von Handlungen, die zugunsten der ‚Ingroup‘ ausgeführt werden: Gruppenbezogene Handlungen werden deindividuiert (z. B. Barnidge et al., 2019). Personen achten in ihrer sozialen Identität als Mitglieder
einer Konfliktgruppe die durch die Menschenwürde gesetzten Grenzen des Sag- und Machbaren also nicht mehr auf gleiche Weise, wie sie dies vielleicht als Einzelpersonen außerhalb ihrer sozialen Konfliktgruppeni dentität tun würden.
Im schlimmsten Fall kommt es durch das Zusammenspiel derartiger psychologischer Mechanismen zu ‚Spillover‘-Effekten von digitalen Hasstiraden auf physische Gewaltanwendungen in der ‚Offline‘-Welt (z. B. Müller & Schwarz, 2019). Die durch einen Rechtsextremen ausge führte Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke als Antwort auf dessen Flüchtlingspolitik im Jahr 2019, der Sturm auf das Kapitol in Washington 2021 als Reaktion auf die Wahlniederlage Donald Trumps, die von Corona-Impfgegner:innen 2022 in den Selbst mord getriebene österreichische Ärztin sind nur drei Beispiele dafür, wie leicht im Zeitalter sozialer Medien affektiv aufgeladene Konflikte außer Kontrolle geraten. Derartige Eskalationen geschehen aber oft nur ver meintlich überraschend – stattdessen werden sie von zumeist rechtspo pulistischen und antidemokratischen Bewegungen gezielt angesteuert, indem Mediennutzer:innen über soziale Netzwerke etwa mit Hilfe von orchestrierten Desinformationskampagnen, Trollen und ‚Social Bots‘ für eben diesen Zweck rekrutiert und instrumentalisiert werden, um gesell schaftliche Destabilisierung zu erzeugen (z. B. Eberwein, 2019; Elías & Catalan-Matamoros, 2020; Erjavic & Kovačič, 2012). Die Eskalation folgt dabei meist einem wiederkehrenden Muster: Grundlegende Sicherheits bedürfnisse und Ängste von Bürger:innen in Zeiten komplexer gesell schaftlicher Transformationsprozesse werden systematisch adressiert, um sie durch die Präsentation alternativer Wahrheiten weiter zu schüren und – etwa über verschwörungsideologische Szenarien und vermeint lich einfache, reaktionäre Gegenentwürfe – in eine Wut gegenüber dem ‚Establishment‘ umzuwandeln, mit deren Hilfe letztlich die verfassungs rechtlichen Grundlagen der demokratischen Gesellschaft systematisch unterhöhlt werden sollen (z. B. Ben-David & Matamoros-Fernándet, 2016; Pérez-Curiel & Rivas-de Roca, 2022).
Derartige Polarisierungsbewegungen repräsentieren bei weitem nicht die gesamte Bevölkerung, sondern kleinere, aber im digitalen Raum beson ders lautstarke Extremgruppen (z. B. Han et al., 2022; Schulz et al., 2020). Insbesondere in Mehrparteiensystemen, die nicht – wie etwa die U.S.A. – aufgrund ihres politischen Systems schon von Grund auf in tendenziell zwei Lager gespalten sind, sehen wir, dass sich die Mehrheit der Bevöl kerung nach wie vor in der politischen Mitte statt an den Rändern des politischen Spektrums verortet (z. B. Giebler & Regel, 2018; Wurthmann & Bäuerle, 2022). Ein Zeichen der Entwarnung kann dies jedoch nicht
sein, denn durch ‚Bystander‘- und ‚Schweigespiral‘-Effekte verschaffen sich extremere Randgruppen in digitalen Demokratien überproportional viel Einfluss auf die wahrgenommene öffentliche Meinung eines Lan des (z. B. Schulz et al., 2020; Soffer & Gordoni, 2018) und steuern damit wesentlich den öffentlichen Diskurs in grundlegenden Konfliktthemen unserer Zeit. Hiermit wird eine zweite problematische Tendenz digitaler Demokratien beflügelt, die man als ‚Nachrichtenmüdigkeit‘ im weites ten Sinne einer abnehmenden gesellschaftlichen Anteilnahme am poli tischen Geschehen bezeichnen könnte – eine Motivationslosigkeit also, sich mit politischen Diskursen auseinanderzusetzen oder sich gar aktiv einzubringen.
1.2. Nachrichtenmüde Beobachter:innen des Meinungskampfs
Bürger:innen, die sich weder dem einen noch dem anderen politischen Lager in polarisierten Debatten zugehörig fühlen, stehen in Gefahr, sich zunehmend weniger durch den emotional aufgeladenen öffentlichen Diskurs repräsentiert zu sehen, das Vertrauen in öffentliche Kommu nikation zu verlieren und vor den sich oft diametral widersprechenden Wirklichkeitsdarstellungen der öffentlich sichtbaren Konfliktgruppen zu kapitulieren. Anzeichen hierfür sind der wachsende Rückzug ins Private und eine steigende Vermeidungshaltung gegenüber politischen Diskur sen (z. B. Dahl et al., 2017; Petersen, 2021; Reuters Institute, 2022).
Befördert wird diese tendenzielle Müdigkeit vieler Bürger:innen vermut lich noch dadurch, dass immer mehr dieser zentralen Themen das Potenzi al haben, von Polarisierungsprozessen betroffen zu sein. In den heutigen, von global komplexen Handlungszusammenhängen – bei gleichzeitig professionell orchestrierten Destabilisierungversuchen demokratiefeind licher Gruppen –geprägten Transformationsgesellschaften sind selbst vermeintlich unzusammenhängende Themen zunehmend miteinander verflochten. Wie die großen, weltumspannenden Herausforderungen der Gegenwart – Migration, Pandemie, Kriegsgeschehen, Klimawandel oder Energiekrise – zeigen, reproduzieren sich Konfliktlager und deren Mei nungspositionen auf fast identische Weise über Themen hinweg (z. B. Kas par, 2022; Smirnova & Arcostanzo, 2022) und besetzen damit fortlaufend gesellschaftliche Debatten über die existenziellsten Fragen unserer Zeit. Aufgrund der oft maßgeblichen Beteiligung antidemokratischer Grup pierungen an der Initiation dieser Prozesse hat der Verfassungsschutz in Deutschland für jene ‚thematisch flexiblen‘ Kräfte (Wangerin, 2022) im Hintergrund des Social Media-Geschehens 2021 eine eigene Kategorie der Delegitimierer:innen etabliert, um das Geschehen innerhalb verfassungs gefährdender Bewegungen systematischer über Themen hinweg nachvoll ziehbar zu machen (Bundesministerium des Innern und für Heimat, 2021).
Mit einer themenübergreifenden Dramatisierung bis Radikalisierung ge sellschaftlicher Debatten steigt die Gefahr, dass insbesondere diejenigen Bürger:innen, die Polarisierungstrends entgegenwirken könnten, indem sie differenziertere Perspektiven auf komplexe Konfliktthemen beisteu ern, den Extremgruppen das Feld überlassen – zum Teil aus einer Ver unsicherung heraus, wem man überhaupt Glauben schenken kann (z. B. Ohme et al., 2022b; Reuters Institute, 2022), zum Teil auch aus der Angst heraus, selbst manipuliert, von einer Seite instrumentalisiert oder in eine ‚Schublade‘ gesteckt zu werden (z. B. Petersen, 2021) – etwa als rechte ‚Wut-Bürger‘ oder links-grüne ‚Weltverbesserer‘. Ein tendenziel ler Rückzug der gesellschaftlichen Mitte aus der öffentlichen Diskussi on ist eine besondere Gefahr für die jungen Generationen, die zunächst oft vergleichsweise moderate und volatile Einstellungen zu politischen Themen aufweisen (z. B. Hofherr, 2019). Während sie oft ein politisches Grundinteresse mitbringen (z. B. Albert et al., 2019; Spöri et al., 2022), nehmen sie zunehmend negative Erlebnisse im Zusammenhang mit De batten im Netz wahr – von Überforderung mit Hass und Anfeindungen über Unsicherheiten bei der Einordnung der Vertrauenswürdigkeit von Informationsquellen bis hin zu einer generellen Sorge über die politi sche Spaltung der Gesellschaft (z. B. Schnetzer & Hurrelmann, 2022; VOCER Institut für Digitale Resilienz, 2022). Derartige Negativerlebnisse wirken sich bei einem substanziellen Anteil junger Menschen auf ihr individuelles Wohlbefinden aus (z. B. Spöri et al., 2022) und können wichtige Motoren der Abwendung von politischen Diskursen sein (z. B. Kinnick et al., 1996; Skovsgaard & Andersen, 2020), an deren Ende mitunter nur noch ein thematisch stark eingeschränkter Fokus auf Politik steht (z. B. Ohme et al., 2022b;). Obgleich junge Men schen oft ein hohes themenspezifisches Interesse an gesellschaftlichen Debatten aufweisen – wie etwa die ‚Fridays for Future‘- oder ‚Black Lives Matter‘-Bewegungen zeigen – und bei diesen Themen hohe Mitdenkund Mitmach-Potenziale entfalten (z. B. Wallis & Loy, 2021), kann eine Beschäftigung mit diesen – gesellschaftlich fraglos hochrelevanten –Themen dennoch nicht mit einer umfassenden und kontinuierlichen Beschäftigung mit politischen Entwicklungen gleichgesetzt werden. Denn bei vielen anderen wesentlichen Themen unserer Gesellschaft sehen wir vermehrt eine gegensätzliche Tendenz hin zu einer Gleichgültigkeit, die den Kontakt zu politischen Diskursen zunehmend dem Zufall überlässt (z. B. Gil de Zúñiga et al., 2020).
Sich themenübergreifend im Hinblick auf Entwicklungen in Politik und Gesellschaft auf dem Laufenden zu halten, ist aber als ‚Civic Duty‘ (Mc Combs & Poindexter, 1983) ein wesentlicher Grundstein emanzipierter
politischer Partizipation in Demokratien (z. B. Strömbäck, 2005). Wenn Bürger:innen nicht ausreichend über die oft komplex miteinander in Zusammenhang stehenden politischen Entwicklungen, deren Ursachen und Folgen informiert sind, kann ein partielles Engagement in Teilberei chen im schlimmsten Fall seine Realitätsnähe verlieren und Unverständ nis beim politischen Umgang mit dem eigenen ‚Herzensthema‘ fördern. Eine sich abzeichnende Abnahme des politischen Informationsinteres ses als Fundament emanzipierter politischer Partizipation wird daher seit einiger Zeit auch in der Wissenschaft mit Sorge betrachtet, wie sich etwa an den sich rasant entwickelnden Forschungsfeldern zu ‚News Avo idance‘ und ‚News Literacy‘ ablesen lässt (z. B. Skovsgaard & Andersen, 2020; Tully et al., 2021).
Das bei politischen Themen verstärkt dem Zufall überlassene Informati onsverhalten junger Mediennutzer:innen wird einerseits oft den in jun gen Generationen veränderten Mediennutzungsstilen zugeschrieben (z. B. Hasebrink et al., 2021; Kümpel, 2018), die sich vorrangig im Social Me dia-Bereich bewegen – in einem Bereich also, in dem politische Inhalte mit einer großen Anzahl alternativer Nutzungsangebote und Nutzungs formen konkurrieren. Empirische Erkenntnisse legen aber auch eine – vielleicht auch gerade dadurch verstärkte – Verunsicherung, Enttäu schung und Überforderung mit dem Verlauf aktueller politischer Debat ten als Ursache der Nicht-Partizipation am öffentlichen Diskurs nahe (z. B. Ohme et al., 2022b; Reuters Institute, 2022; Skovsgaard & Andersen, 2020; VOCER Institut für Digitale Resilienz, 2022). Insbesondere junge Menschen geben vermehrt an, sich nicht vom politischen Diskurs abgeholt zu fühlen und ihre Interessen nicht vertreten zu sehen (z. B. Albert et al., 2019; Vodafone Stiftung Deutschland, 2022).
Sowohl Polarisierungstendenzen als auch Nachrichtenmüdigkeit sind also maßgeblich mit emotionalen, psychologisch begründbaren Reakti onen von Mediennutzer:innen auf politisch wie medial komplexe Umge bungen zurückzuführen. In der teils affektiv aufgeladenen, teils emoti onal zermürbten Gegenwartsgesellschaft ist Emotionalität eine wichtige motivationalen Grundlage des politischen Handelns geworden. Da dieses Muster in beiden Prozessen wiederkehrt, lässt sich vermuten, dass sich beide Prozesse auch gegenseitig bestärken: Wenden sich wesentliche Teile der Bevölkerung unter anderem auch aufgrund der affektiv polarisierten politischen Debatten vom öffentlichen Diskurs ab, gewähren sie radikali sierten bis hin zu demokratiefeindlich orientierten Gruppen die Möglich keit, den Diskurs in einer Demokratie in zunehmendem Maße zu prägen, was wiederum die Möglichkeit einer Teilhabe für jene Bürger:innen er schwert, die sich dieser Radikalisierung entgegenstellen könnten.
2. Journalismus als betroffene Institution in demokratischer Mitverantwortung
Der Journalismus ist von diesen Entwicklungen in digitalen Demokra tien in vielfacher Weise mittelbar und unmittelbar betroffen und muss gleichzeitig auch Mitverantwortung für deren Fortgang übernehmen, denn Journalismus und Demokratie bedingen sich gegenseitig. Als Vierte Gewalt ist der Journalismus in Demokratien rechtlich wie auch standesethisch zentral mit einer öffentlichen Aufgabe bedacht, die vor sieht, dass journalistische Medien den Bürger:innen eines Landes eine verlässliche Informationsgrundlage liefern, um ihnen eine unabhängige Meinungsbildung zu ermöglichen und ihrer Volkssouveränität gerecht zu werden. Verliert eine gesellschaftlich derart zentrale, am Gemein wohl orientierte Institution an Akzeptanz in der Bevölkerung, verliert die Demokratie ihre maßgeblichste Informations- und Kontrollinstanz, denn Akteur:innen außerhalb des Journalismus sind aufgrund eigener Partikularinteressen und fehlender Ressourcen weder geeignet und in der Lage noch gewillt, diese gesellschaftliche Dienstleistungsfunktion zu übernehmen (Mothes, 2014; Strömbäck, 2005).
Aufgrund seiner wesentlichen Bedeutung für die Demokratie ist der Journalismus aber gleichzeitig auch besonders von Entwicklungen be troffen, die die Funktionsfähigkeit einer Demokratie behindern. Denn letztlich kann Journalismus seine öffentliche Aufgabe im Dienst des Gemeinwohls nur dann zufriedenstellend erfüllen, wenn seine Dienst leistung von der Bevölkerung auch tatsächlich wertgeschätzt und in An spruch genommen wird (z. B. Frey-Vor, 2019). Nur dies ermöglicht es dem Journalismus, seine Dienstleistung überhaupt wirksam auszuüben, aber auch als Institution wirtschaftlich tragfähig zu bleiben und in die weitere Qualität seiner Angebote zu investieren. Sowohl Polarisierung als auch Nachrichtenmüdigkeit stellen daher heute große Herausforderungen nicht nur für die Funktionsfähigkeit der Demokratie, sondern auch für einen funktionsfähigen Journalismus dar, wenn beide Entwicklungen auf unterschiedliche Weise Zweifel der Bevölkerung an der faktischen Orientierungsleistung journalistischer Produkte – mitunter bis hin zur übergeordneten gesellschaftlichen Legitimation des Journalismus – im plizieren.
2.1. Journalismus im Geflecht politischer Polarisierung – Vom Beobachter zum Akteur
In polarisierten Gesellschaften liegt eine besondere Herausforderung für einen auf unabhängige Meinungsbildung – und damit Orientierung und Verständigung – ausgerichteten Journalismus darin, dass es paradoxer weise gerade diese Kernkompetenz des Journalismus im Dienst der Ge
sellschaft ist, die zu einer Infragestellung seiner Vertrauenswürdigkeit führen kann. Das als ‚Hostile Media Perception‘ (Vallone et al., 1985) bezeichnete Phänomen zeigt sich darin, dass Mediennutzer:innen auf grund verstärkter ‚Confirmation‘ und ‚Disconfirmation Biases‘ mit extre mer und kompromissloser werdenden Sichtweisen auf ein Konfliktthema auch die Wertschätzung für eine faktenorientierte und ausgewogendifferenzierte Gegenüberstellung von Argumenten zu einem Konflikt thema verlieren. Statt wahrzunehmen, dass die eigenen Argumente –sofern es sich um evidenzbasierte Argumente handelt – einen Platz in der Berichterstattung gefunden haben, sehen Mediennutzer:innen mit extremen Einstellungen vor allem die Berücksichtigung der Gegenargu mente und interpretieren dies als eine journalistische Bevorzugung der politischen Gegenseite. Diese Wahrnehmungsverzerrung trifft in einem polarisierten Konflikt bei faktisch identischer Beachtung von Pro- und Contra-Argumenten in einem journalistischen Bericht auf beide Kon fliktparteien gleichermaßen zu (z. B. Lee et al., 2018; Weeks et al., 2019). Jede:r sieht die andere Seite als durch die Medien begünstigt an.
Dieser bedenkliche psychologische Mechanismus der Fehlwahrneh mung wird traditionellerweise vor allem darauf zurückgeführt, dass die jeweiligen Konfliktparteien eine deutlich größere Anzahl an Argumenten kennen, die für ihre eigene Sichtweise sprechen, während sie die Argu mente der Gegenseite meist nur sporadisch im Blick haben und zudem selten als legitim akzeptieren, sodass eine auf professionelle Objektivi tätskriterien ausgerichtete journalistische Berichterstattung von beiden Seiten als jeweils verkürzt bis verzerrt wahrgenommen wird (z. B. Ar ceneaux et al., 2012) – und damit bei den Hauptakteur:innen in einem politischen Konflikt ihr intendiertes Ziel verfehlen muss, Verständigung im öffentlichen Diskurs zu fördern. Selbst eine ausgewogene, auf verifi zierten Fakten basierende Darstellung der Realität als Kern der journalis tischen Arbeit fällt also psychologischen ‚Backfire‘-Effekten zum Opfer.
Dies allein hat in polarisierten Diskursen bereits das Potenzial, die ge sellschaftliche Akzeptanz des Journalismus als (Semi-)Profession mit sozialer Dienstleistungsfunktion ins Wanken zu bringen, da ‚feindliche Medien‘ von Konfliktparteien eben nicht als im Dienste der Gesamtge sellschaft agierende Medien wahrgenommen werden (z. B. Schulz et al., 2020); es wird ihnen stattdessen eine gewisse Doppelmoral vorgewor fen, wenn sich Journalist:innen zum normativen Ideal der Objektivität als ihrem sie auszeichnenden Merkmal bekennen, aber in der Wahrneh mung von Mediennutzer:innen Einseitigkeit praktizieren, um Partiku larinteressen zu unterstützen (z. B. Gallup & Knight Foundation, 2020). Heute kommt zu diesen ohnehin diffizilen Diskrepanzen zwischen den
Wirklichkeitsbeschreibungen von Journalist:innen einerseits und Wirk lichkeitswahrnehmungen von Konfliktgruppen-Anhänger:innen ande rerseits aber erschwerend hinzu, dass derartige Diskrepanzen nicht nur auf einzelne Berichte oder Medien bezogen sind, sondern die allgemeine Legitimation des Journalismus zum Gegenstand öffentlicher Diskussi onen werden lassen. Während sich der Trend hin zu mehr öffentlicher Medienkritik durch das Publikum in Gruppierungen verschiedenster po litischer Ausrichtungen beobachten lässt (z. B. Literat et al., 2022) und medienjournalistische Angebote fruchtbare Impulse zur Selbstreflexion des Journalismus liefern (z. B. Haarkötter & Kalmuk, 2021), nutzen de mokratiefeindliche Bewegungen diesen Diskurs systematisch zur Dele gitimierung des Journalismus als Institution (z. B. Holtz-Bacha, 2021). Ähnlich wie also die Kritik an konkreten Regierungsentscheidungen für eine generelle Infragestellung der Demokratie als Gesellschaftssystem genutzt wird, wird die Kritik an der journalistischen Umsetzung der öf fentlichen Aufgabe zur Grundlage eines Generalverdachts gegenüber der journalistischen Institution – etwa indem die durch das ‚Hostile Media‘Phänomen ohnehin bereits psychologisch angelegte Skepsis gegenüber journalistisch-objektiver Berichterstattung aktiv weiter in Richtung der Wahrnehmung geschürt wird, der Journalismus sei der verlängerte Arm einer links-grün orientierten, bildungsbürgerlichen Elite, die längst nicht mehr die Interessen des gesamten Volkes im Blick hat (z. B. Schulz et al., 2020).
Der Journalismus wird damit zum aktiv betroffenen Akteur in polarisier ten Debatten, womit eine seiner wichtigsten professionellen Grundvor aussetzungen beeinträchtigt wird: seine politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Dies äußert sich nicht nur in einer mit politischer Po larisierung ebenfalls tendenziell steigenden Polarisierung im Vertrau en der Bevölkerung gegenüber journalistischen Medien (z. B. Gallup & Knight Foundation, 2020: Jakobs et al., 2021b), einer Abhängigkeit der Wertschätzung journalistischer Angebote von der jeweiligen politischen Einstellung der Mediennutzer:innen (z. B. Fawzi & Mothes, 2020; Jakobs et al., 2021a) oder einer Zunahme an sogenannten ‚alternativen‘ Medien als Konkurrenzangeboten zur ‚journalistischen Wirklichkeitskonstruk tion‘ (z. B. Frischlich et al., 2022; Thorbjørnsrud & Figenschou, 2020). Es äußert sich auch darin, dass sich die beschriebenen, polarisierte Kommunikationsumgebungen charakterisierenden Verhaltensweisen vermehrt auch konkret gegenüber Journalist:innen zeigen: So sehen wir heute eine deutliche Steigerung offener verbaler Angriffe gegenüber Redaktionen, in denen Unzufriedenheiten mit der Berichterstattung in Inzivilität und Hass gegenüber Journalist:innen umschlagen (z. B. Miller, 2021; Waisbord, 2020). Hinzu kommen Verleumdungen journalistischer
Medienangebote als „Staatsmedien“ oder Unterstellungen von Täu schungsabsichten, wenn Redaktionen ihrer immer wichtiger werdenden redaktionellen ‚Gatewatching‘- und Debunking-Aufgaben nachkommen (z. B. Elías & Catalan-Matamoros, 2020; Saldaña & Vu, 2021). Letztlich zeigen sich sogar die beschriebenen ‚Spillover‘-Effekte dieser Kommuni kation in Bezug auf den Journalismus: Die physische Gewalt gegenüber Journalist:innen ist in den vergangenen Jahren derart gestiegen, dass sie sich in einem substanziellen Rückgang der Pressefreiheit in Demokrati en niederschlägt (Reporters without borders, 2022).
Damit steht der Journalismus, wie schon mehrfach in der Geschichte der Demokratie, in Gefahr, zum Opfer menschen- und demokratieverachtender Kräfte zu werden, die ihren Nährboden beständig und orchestriert aus verschiedenen Quellen der gesellschaftlichen Entwicklung speisen. Eine dieser Quellen mag auch im Journalismus selbst liegen, der in den vergangenen Jahren gesellschaftliche Polarisierung unintendiert er leichtert haben könnte, vorrangig aufgrund der Zunahme ökonomischer Imperative im Mediensystem. Zunächst vor allem aus einem wachsen den Konkurrenzdruck heraus, der sich im Mediensystem bereits seit den 1980er Jahren zeigt und in der digitalen Medienumgebung nochmals deutlich potenziert hat, haben journalistische Medien damit begonnen, ihre Berichterstattung phasenweise zu boulevardisieren und zu drama tisieren (z. B. Magin, 2020; Van der Meer et al., 2019). Neben ihrer evo lutionsbiologisch begründbaren und wirtschaftlich nutzbar gemachten Funktion, automatisch mehr Aufmerksamkeit zu binden (z. B. Pratto & John, 1991), kann journalistische Dramatisierung in affektiv polarisierten Gesellschaften Sprengstoff für emotionalisierte Debatten sein. Denn Dramatisierung fördert den Eindruck zunehmend unlösbarer Problem situationen und unüberbrückbarer Differenzen zwischen Konfliktlagern ebenso, wie sie selbst gemäßigtere Sichtweisen weitgehend undifferen ziert in diese Lager kategorisiert (z. B. Bennett, 2012). Eine solche Bericht erstattung riskiert nicht nur, die Polarisierung zwischen den Konfliktla gern voranzutreiben; auch wird die gesellschaftliche Mitte aus dem Blick verloren, wenn konstruktive Ansätze und politischer Kompromiss – in gewisser Weise die Graustufen des politischen Diskurses – aus ökonomi schen Gesichtspunkten heraus weniger vielversprechend für die Publi kumsbindung erscheinen als der Kampf zwischen den Extremen.
Dieser Sprengstoff der Dramatisierung als journalistisches Stilmittel tritt dabei zudem vermehrt in Kombination mit einer ebenfalls tendenziell zunehmenden Subjektivität und Meinungslastigkeit im Journalismus auf (z. B. Merkley, 2018; Schäfer-Hock, 2018). Subjektive Tendenzen könn ten dabei einerseits dadurch entstehen, dass der Journalismus im Zuge
der Instrumentalisierung gesellschaftlicher Meinungsverschiedenheiten durch demokratiefeindliche Kräfte selbst nicht neutraler Beobachter und Vermittler bleiben kann, sondern vielmehr zum aktiven Akteur in polarisierten Konflikten wird – eine Tendenz, die sich oft dann in der Ge schichte der Demokratie zeigte, wenn Journalismus besonders gefordert ist, für Meinungs- und Pressefreiheit einzutreten und demnach deutlich advokatorischer zu agieren (z. B. Donsbach, 2008). Andererseits aber lie gen auch dem Trend zu journalistischer Subjektivierung wirtschaftliche Motive zugrunde: Will man als journalistisches Medium in Zeiten polari sierter Konflikte und potenzierter Nutzungsalternativen zumindest einen Teil des Publikums halten, scheint die bei Journalist:innen – ähnlich wie bei allen Menschen – mehr oder weniger vorhandene Tendenz, einstel lungs-konsistente Inhalte zu bevorzugen (z. B. Mothes, 2017), zu einem wirtschaftlich probaten Mittel der Zielgruppenbindung zu werden (z. B. Hamilton, 2003; Gentzkow & Shapiro, 2010). Zugespitzt ausgedrückt: Das Beziehen einer politischen Position im Journalismus kann den positiven ökonomischen Nebeneffekt haben, ein Publikum zu halten, das in pola risierten und multioptionalen Medienumgebungen andernfalls womög lich abwandert.
Obwohl im Journalismus westlicher Demokratien Objektivität und Sach lichkeit nach wie vor als wichtigste professionelle Grundlage dafür gelten, die journalistische Dienstleistungsfunktion im Sinne gesellschaftlicher Orientierung, Selbstbeobachtung und Verständigung zu ermöglichen (z. B. Mothes, 2021), und obwohl die Objektivitätsnorm selbst in der Bevöl kerung eine der wichtigsten Erwartungshaltungen gegenüber dem Jour nalismus darstellt (z. B. Fawzi & Mothes, 2020; Gallup & Knight Founda tion, 2020), wird die Medienberichterstattung diesen Normen also nicht immer gerecht (z. B. Mellado et al., 2020) – eine Diskrepanz, die sich bei anhaltendem rechtpopulistischem Druck und bei gleichzeitig anhalten dem Marktdruck gepaart mit einer zunehmenden ‚Vermessbarkeit‘ des Publikumsverhaltens über ‚Audience Metrics‘ in digitalen, polarisierten Medienumgebungen weiter steigern könnte (z. B. Fürst, 2020).
Besonders schwer wiegen zusätzlich auch die vereinzelt auftretenden, aber das Vertrauen in den Journalismus besonders erschütternden Fehl tritte im Mediensystem, die auf den Eigennutz einzelner journalistischer Persönlichkeiten zurückgehen. Wenn Journalist:innen, die für renom mierte Medien arbeiten, Nachrichten erfinden und damit die in polari sierten Diskursen ohnehin bereits erschwerte Grenzziehung zwischen Wahrheit und Fiktion weiter strapazieren (SPIEGEL, 2019), oder wenn gegen eine Intendantin im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wegen Un treue und Vorteilsnahme staatsanwaltschaftlich ermittelt werden muss
(rbb, 2022), bringt dies den Journalismus in Legitimationszwang, ist aber gleichzeitig auch Öl ins Feuer der Narrative des rechtpopulistischen Me dienzynismus.
2.2 Journalismus im Kamp gegen die Nachrichtenmüdigkeit
Mit diesen sich verschränkenden Entwicklungen innerhalb und außer halb des Mediensystems limitiert sich in Zeiten affektiver Polarisierung die gesellschaftliche Akzeptanz eines Gemeinwohl-orientierten, sich der öffentlichen Aufgabe verpflichtenden Journalismus – wie auch seine Chancen, unter vielfältigen Angebotsalternativen in seinen Alleinstel lungsmerkmalen für die Gesellschaft sichtbar und in seinen Berichter stattungsentscheidungen nachvollziehbar zu bleiben. Dies kann auf grund des hohen öffentlichen Charakters dieser Debatten fast schon zwangsläufig auch für die weniger polarisierten Bevölkerungsgruppen, also die mehrheitliche Mitte der Gesellschaft, nicht folgenlos bleiben –ganz im Gegenteil scheinen diese Entwicklungen eine sich dort abzeich nende Nachrichtenmüdigkeit tendenziell noch zu verstärken, konkret mit Blick auf journalistische Nachrichten (Ha et al., 2018). Dabei sind es vor allem ein zu hoher Grad an Negativismus und Subjektivität in der Berichterstattung sowie Zweifel an der Orientierungsleistung journalistischer Inhalte, die in Bevölkerungsbefragungen als wesentliche Gründe für die Abwendung von journalistischen Angeboten angeführt werden (de Bruin et al., 2021; Reuters Institute, 2022; Skovsgaard & Andersen, 2020; Villi et al., 2022).
Auch diese spezifischere Form der Nachrichtenmüdigkeit konkret gegen über journalistischen Inhalten ist dabei insbesondere für die junge Gene ration von Mediennutzer:innen symptomatisch (Gallup & Knight Found ation, 2020; Thurman & Fletcher, 2019), die wesentlicher Seismograph für den Fortgang gesellschaftlicher Kommunikation und damit den Fortgang der Demokratie ist. Sie erlebt aufgrund ihrer fast ausschließlich digitalen Mediensozialisation trotz moderater politischer Einstellungen häufiger negative Erfahrungen mit dem Journalismus (Eddy, 2022; Gallup & Knight Foundation, 2020; Wolsiffer, 2022). Gerade weil er sie oft eher zufällig über Weiterleitungen von Freunden aus ihren sozialen Netzwerken erreicht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese zufälligen Kontakte vor allem bei dramatisierten und emotionalisierten – und damit meist auch stär ker meinungshaltigen – journalistischen Inhalten zustande kommen, da diese mehr Aufmerksamkeit binden und damit höhere Viralität erzeugen (Al-Rawi, 2020; Bene et al., 2022; García-Perdomo et al., 2018). Stephan Weichert spricht von einem „aktivistische[n] Twitter-Sound vieler Me dienmacher: es wird skandiert, gemutmaßt und insinuiert – Hauptsache, es stützt die eigene Sichtweise auf die Welt“ (Weichert, 2022, S. 22).
Gleichzeitig ermöglicht jungen Mediennutzer:innen ihre Sozialisation in digitalen Medienumgebungen, sich problemlos eines der effektivsten Mechanismen zur Beseitigung negativer Mediennutzungserfahrungen zu bedienen, nämlich sich Alternativen zuzuwenden, die ihr Wohlbe finden weniger beeinträchtigen und mit denen sie sich stärker identifi zieren können. Jungen Mediennutzer:innen genügt daher heute häufig ein kurzer Blick auf ihre Posts im Newsfeed, um sich zu informieren (z. B. Barnidge & Xenos, 2021), statt über journalistische Angebote weiter führende Informationen zu rezipieren. Dies wiederum kann in Zeiten algorithmisch geprägter Medienumgebungen ihre Chancen verringern, überhaupt unvermittelt mit journalistischer Berichterstattung in Kon takt zu kommen. Wenn Nutzungserfahrungen mit dem Journalismus all gemein und positive Nutzungserfahrungen im Speziellen fehlen, muss es den jungen Generationen letztlich auch schwerer fallen, Unterschiede zwischen journalistischen Dienstleistungen und anderen Informationsund Kommunikationsangeboten im Netz zu erkennen. Es kann demnach nicht überraschen, dass die Motivation der jungen Bevölkerung, für eine journalistische Dienstleistung zu bezahlen, eher gering ausfällt (z. B. Flamingo, 2019; Reuters Institute, 2022). Damit steht der Journalismus auch bei weniger polarisierten Nutzungsgruppen in Gefahr, mit seiner Dienstleistung unsichtbarer zu werden.
Wenn journalistische Berichterstattung weniger wertgeschätzt und ge nutzt wird, tangiert dies nicht nur die existenzielle Grundlage des Jour nalismus, sondern erschwert es auch, dass eine sich normativ in der Me dienberichterstattung manifestierende öffentliche Aufgabe überhaupt ihre Wirkung entfalten kann – also über dessen Nutzung zur unabhän gigen Meinungsbildung, Orientierung und gesellschaftlichen Verständi gung beitragen und so dem Gemeinwohl dienen kann. Obwohl journa listische Berichterstattung in modernen Demokratien immer schon ein aus normativer Sicht zu wenig genutztes, meritorisches Gut darstellte, zeigen die Entwicklungen der vergangenen Jahre ein neues Niveau an Brisanz, nicht nur für den Journalismus selbst. Klaren Ausdruck verleiht sich diese Brisanz in den von rechtspopulistischer Seite angeheizten Diskussionen um die Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (z. B. Holtz-Bacha, 2021) und im Zeitungssterben, das nur partiell durch digitale Angebote abgefedert werden kann (z. B. Thurman & Fletcher, 2020). Diese Entwicklungen können aufgrund der Verzahnung von Jour nalismus und Demokratie weitreichende Konsequenzen für die Funkti onsfähigkeit demokratischer Gewaltenteilung haben. Dies wird derzeit beispielweise im Hinblick auf die Zunahme an ‚News Deserts‘ in den U.S.A. befürchtet, in denen sich mit sinkender Zahl an lokalen Zeitungen eine Verringerung grundlegender demokratiesichernder Mechanismen
wie die Aufdeckung und Strafverfolgung von politischem Fehlverhalten abzeichnet (z. B. Matherly & Greenwood, 2020).
3. Journalistische Auswege aus der Krise – Von Meinungslastigkeit und False Balance zu einem Konstruktiven Journalismus?
Digitale Demokratien sind also in einer Phase ihrer Entwicklung ange kommen, in der sich einige Herausforderungen für einen Journalismus ergeben, der – auf seine öffentliche Aufgabe ausgerichtet – sachlich, faktenbasiert, ausgewogen und differenziert gesellschaftliche Entwick lungen begleitet, um einer Gesellschaft Orientierung, kritische Selbst reflexion und letztlich Handlungsfähigkeit zu ermöglichen. Wie die oft problematische Verzahnung von medienexternen und medieninternen Entwicklungen insbesondere in Zeiten gravierender gesellschaftlicher Transformationsprozesse zeigt, kann es für den Journalismus keine Lö sung sein, bei dieser Aufgabe Kompromisse zu machen, indem man sich den veränderten Diskurs- und Nutzungsmustern anpasst und versucht, bei einem affektiv polarisierten und/oder nachrichtenmüden Publikum über Dramatisierung und Meinungslastigkeit wenigstens noch einen Teil der Aufmerksamkeit zu halten.
Die potenziell destruktiven Folgen für die Demokratie wie auch den Jour nalismus sollten daher bei der Reflexion bestehender und der Entwick lung neuer Nachrichtenformate mitbedacht werden. Auch dies gehört zu einer gesellschaftlich verantwortlichen Ausübung des journalisti schen Berufs und tangiert wesentliche journalistische Sachkompeten zen. Zu reflektieren ist etwa, ob es dem Gemeinwohl langfristig dient, die oft drängende ‚Verjüngung‘ des Nachrichtenpublikums dadurch zu erreichen, dass Information und Meinung – zwei im Sinne der journa listischen Objektivitätsnorm klassischerweise klar getrennte Formate –verflochten werden, um junge Menschen gegebenenfalls persönlicher ansprechen zu können (Rentsch & Mothes, 2013).
Auch kann es aber andererseits kein Ausweg sein, Objektivität überzu strapazieren und damit womöglich eine ‚False Balance‘ herzustellen, bei denen alle Meinungspositionen gleichberechtigt viel Platz auf dem öffentlichen Podium journalistischer Medien erhalten – unabhängig davon, welchen Anteil sie in der Bevölkerung repräsentieren und vor allem welche Faktenlage ihrer Argumentation zugrunde liegt (Boykoff & Boykoff, 2004). Eine solch falsch verstandene Ausgewogenheitsnorm, die heute mitunter auch zu einer Überbetonung rechtspopulistischer Narrative führen kann (Panievsky, 2021), würde nicht nur die wahr genommene öffentliche Meinung und die Verteilung von Expertise in der Gesellschaft maßgeblich verzerren, sondern auch jenen besondere
Aufmerksamkeit zukommen lassen, die sie am lautesten einfordern. Die Entwicklung in den sozialen Medien würde sich im Journalismus reproduzieren.
Um dem Gemeinwohl zu dienen, wird es im Journalismus also notwen dig, die beiden herausfordernden Tendenzen der politischen Polarisie rung und Nachrichtenmüdigkeit redaktionell stärker in ihrer gegenseiti gen Bedingtheit und als psychologische Kommunikationsursachen wie auch -folgen mitzudenken. Einen hier vielversprechenden Weg schlagen die sich gegenwärtig verstärkt institutionalisierenden Initiativen ein, die sich einem ‚Konstruktiven Journalismus‘ verpflichtet fühlen. Als Gegengewicht zu Dramatisierungstendenzen in der journalistischen Be richterstattung, will Konstruktiver Journalismus insbesondere über eine differenzierte, kontextualisierte, entschleunigte und lösungsorientierte Darstellung politischer Themen die für den Journalismus wesentlichen Grundpfeiler einer faktenbasiert-ausgewogenen Berichterstattung mit konstruktiven Zukunftsperspektiven verbinden (z. B. Mast et al, 2019). Trotz einiger zwingend zu reflektierender und weiter zu diskutieren der Probleme, die mit einem solchen Ansatz der Erneuerung des Jour nalismus als Vierter Gewalt im 21. Jahrhundert einhergehen können (z. B. Aitamurto & Varma, 2018), verbinden sich mit dieser Form der Innovation im Journalismus auch große Potenziale für eine neue ‚Syn chronisation‘ der durch Polarisierung und Nachrichtenmüdigkeit zu nehmend fragmentierten Zivilgesellschaft. Erste positive Impulse des Konstruktiven Journalismus lassen sich auch empirisch belegen – etwa im Hinblick auf die Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements und problemlösungsorientierten Verhaltens (z. B. Baden et al., 2019). Al lerdings kann konstruktive Berichterstattung auch zu einer erhöhten Skepsis der Nutzer:innen gegenüber der tatsächlichen Neutralität der Kommunikator:innen führen (z. B. Meier, 2018). Dies unterstreicht einer seits die normative Notwendigkeit, im Konstruktiven Journalismus trotz seines Einbezugs positiver Handlungsimpulse und interpretativer Ansät ze in die Berichterstattung, an journalistischen Objektivitätsstandards festzuhalten; gleichzeitig machen derartige Befunde aber auch deutlich, dass selbst die Wirkungsmöglichkeiten eines Konstruktiven Journalis mus Glaubwürdigkeitszweifeln zum Opfer fallen können, die wir heute aus psychologisch unterschiedlichen Gründen in polarisierten wie auch nachrichtenmüden Zielgruppen beobachten. Daraus ergibt sich das Ri siko, dass der zivilgesellschaftlich wichtige Impuls des Konstruktiven Journalismus an den hierfür wesentlich zu adressierenden Bevölke rungsgruppen vorbeigehen und damit in seinem eigentlichen Ansinnen partiell scheitern könnte.
Dies muss insbesondere deshalb als realistische Gefahr gelten, da Mediennutzer:innen in einigen Fällen etwas anderes vom Journalismus fordern als sie tatsächlich nutzen. Wir sehen dies etwa als wiederkeh rendes Muster bei Dramatisierung und Objektivität als Merkmalen der Berichterstattung, die nach Ansicht von Mediennutzer:innen entweder im Journalismus dringend abzustellen wären – wie im Falle der Drama tisierung – oder besonders wertgeschätzt werden – wie im Falle der Ob jektivität (z. B. Fawzi & Mothes, 2020; Gallup & Knight Foundation, 2020; Trussler & Soroka, 2014). Die tatsächliche Mediennutzung ergibt aber ein dazu oft gegensätzliches Bild (z. B. Mothes, 2014; Mothes et al., 2019). Diese Ergebnisse implizieren, dass Mediennutzer:innen – wenn aktiv über die Funktion von Journalismus reflektierend – teilweise zu einer aus normativen Gesichtspunkten wünschenswerteren Erwartungshal tung kommen, als es sich in ihrer tatsächlichen Mediennutzung nieder schlägt, da Rezeptionsprozesse nur in Ausnahmefällen in gleicher Weise reflektiert ablaufen. So können Merkmale des Konstruktiven Journalis mus wie etwa die Lösungsorientierung in Bevölkerungsbefragungen also durchaus hohe Zustimmungswerte erhalten und womöglich den noch nicht voll in Anspruch genommen werden bzw. bevorzugt nur von Personen, die ohnehin bereits eine hohe Motivation zur journalistischen Informationsnutzung haben (Mothes et al., 2019). Vor allem bei eigen ständigen Start-ups, die sich im Sinne einer ganzheitlichen Umsetzung des Konstruktiven Journalismus neu gründeten, zeigt sich, dass auch der Konstruktive Journalismus aufgrund des enormen medialen Konkur renzdrucks mitunter zu ‚Rettungsaktionen‘ gezwungen ist, wie wir sie derzeit etwa bei Perspective Daily beobachten (Perspective Daily, 2022).
4. Herausforderung für den Konstruktiven Journalismus: Was gesellschaftlich destruktiv ist, kann individuell konstruktiv sein Um dem Konstruktiven Journalismus zu seinen Gemeinwohl-orientier ten Wirkpotenzialen zu verhelfen, sollten diese Diskrepanzen zwischen den Erwartungen und Bewertungen von Mediennutzer:innen und ihren tatsächlichen Nutzungsmustern ernstgenommen werden. Um diese bes ser zu verstehen, kann es lohnen, die psychologische Grunddisposition unserer digitalen Demokratie differenzierter zu betrachten, als es der oft auf der ‚Positiven Psychologie‘ beruhende Ansatz des Konstrukti ven Journalismus bislang meist tut (z. B. McIntyre & Gyldensted, 2018). Vorrangig die gesellschaftlich negativen Effekte negativer individueller Emotionen und die gesellschaftlich positiven Effekte positiver indivi dueller Emotionen in den Blick zu nehmen, greift vermutlich zu kurz, um der tatsächlichen psychologischen Komplexität heutiger Diskurs muster gerecht zu werden. Vielmehr offenbaren sozialpsychologische Erklärungsansätze motivationalen Handelns ein etwas anderes Bild:
Ein Verhalten, das aus Gemeinwohl-Perspektive mit negativen Folgen assoziiert ist, kann sich auf Individualniveau der Mediennutzer:innen durchaus positiv auswirken und damit gesellschaftlich zwar destruktiv, aber individuell nützlich sein.
Gerade die normativ problematischen Verhaltensmuster, die Prozes se der politischen Polarisierung und Nachrichtenmüdigkeit befördern, könnten für das Individuum zunehmend wichtig werden, um in einer komplexen Welt mit widersprüchlichen Wirklichkeitsbeschreibun gen überhaupt eine Selbstverortung vornehmen zu können und damit handlungsfähig zu bleiben. Diese ‚Suche nach dem Selbst‘ ist im Zuge postmoderner Kontingenzen immer häufiger salient im Bewusstsein des Menschen verankert (Giddens, 1991) und hat durch die Ausbreitung von Social Media in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich an sozialen ‚Reflexionsflächen‘ gewonnen (z. B. Vogel & Ross, 2016). Am Be ginn dieser Entwicklung erkannten Bennett und Iyengar schon im Jahr 2008 einen Trend, der sich heute in vielen empirischen Untersuchungen bestätigen lässt: „it is clear we are entering another important turning point not just in communication technologies but in social structure and identity formation that affect the behaviors of audiences” (S. 716). Besondere Bedeutung hat dabei das Konzept der ‚Sozialen Identität‘ erlangt, da es maßgeblich zur Erklärung der – mit Slater (2007) als ‚Reinforcing Spirals‘ bezeichneten – Prozesse der Polarisierung und zunehmenden Nachrichtenmüdigkeit herangezogen werden kann: “those individuals who identify with a given set of [...] beliefs and values (i.e., a shared group or communal identity) will have certain preferred media outlets, and will selectively attend to content that reflects and shares the values of that social identity group” (Slater, 2007, S. 290).
Selbst-reflektierende, Selbst-verortende Kognitionen haben heute – im politischen Diskurs insbesondere über soziale Identitäts- und Vergleich sprozesse – eine wesentliche Bedeutung für die individuelle Mediennut zung erlangt (z. B. Stroud et al., 2014; Wojcieszak & Garrett, 2018) und prägen das Rezeptionserlebnis maßgeblich mit (Knobloch-Westerwick, 2015). Mediennutzung wird zur selbstreflexiven ‚Analytic Labor‘ (Kara kayali & Kilic, 2013), woraus sich fast zwangsläufig die Gefahr ergibt, auch auf Inkonsistenzen zwischen dem eigenen Selbstbild und dem von außen über Kommunikation gespiegelten Fremdbild zu stoßen. Derar tige Inkonsistenzen können nach den Erkenntnissen der Dissonanzfor schung (Festinger, 1957) und ihrer theoretischen Weiterführungen ins besondere dann zu erheblichen psychologischen Dissonanzen führen, wenn sie eine der drei grundlegenden Selbstwert-Komponenten einer Person tangieren: (1) ihre Kompetenz, (2) ihre moralische Integrität im
Sinne einer mit anderen geteilten Wertebasis oder (3) ihr Einfluss- und Selbstbestimmungsempfinden. So heißt es bei Aronson (1991, S. 111): “because most people have relatively favorable views of themselves, they want to see themselves as (a) competent, (b) moral, and (c) able to predict their own behavior” (Aronson, 1999, p. 111). Ähnlich beschreibt Cooper (2008, S. 90) die drei Komponenten als “own sense of worthiness, moral rectitude, or competence”.
Diese drei in der Dissonanzforschung maßgeblichen Wertedimensionen werden auch in anderen motivationspsychologischen Theorien in ähnli cher Terminologie als Grundlage menschlichen Verhaltens konzeptuali siert. Insbesondere die ‚Self-Determination Theory‘ (Ryan & Deci, 2000), die sich mit den motivationalen Grundlagen menschlicher Verhaltens steuerung und Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt, zeigt inhaltlich große Parallelen zu den dissonanztheoretischen Selbstwert-Dimensio nen. Laut Self-Determination Theory besitzen Menschen drei psycholo gische Grundbedürfnisse: (1) Kompetenz, (2)
Soziale Einbindung bzw. ‘Relatedness’ – ähnlich zur moralischen Kom ponente der Dissonanzforschung verstanden als “the need to feel belon gingess and connectedness with others“ (Ryan & Deci, 2000, S. 73), so wie (3) Autonomie im Sinne eines „internal perceived locus of causality“ (Ryan & Deci, 2000, S.70) – und damit ähnlich zur dissonanztheoreti schen Komponente der Einfluss- und Selbstbestimmungswahrnehmung.
Die Forschung in beiden theoretischen Gebieten zeigt bei Angriffen auf diese zentralen Selbstwerte deutlich negative Konsequenzen für das psy chologische Wohlbefinden einer Person und einen erheblichen Einfluss der sozialen Umwelt auf diese Selbstwahrnehmungen (z. B. Elliot & De vine, 1994; Vallerand et al., 2008).
Mit der exponentiell gewachsenen Ausweitung des sozialen Umfelds in digitalen Medienumgebungen müssen sich folglich auch die Auslöser für Selbstreflexionen in ihrem Vorkommen potenziert haben. Es ist da her nicht verwunderlich, dass Selbstwert-relevante Prozesse auch im po litischen bzw. zivilgesellschaftlichen Bereich – allen voran im Konzept der internen und externen politischen Selbstwirksamkeit – in digitalen Demokratien zunehmend Beachtung finden (z. B. Bernardi et al., 2022; Oser et al., 2022; Tully & Vraga, 2018). Dabei betreffen die über Selbst wirksamkeit erfassten Wahrnehmungen oft sowohl Merkmale der per sonalen Identität eines Menschen als auch Merkmale seiner sozialen Identität als politisches Individuum. Beide Ebenen der Identität zu be trachten, ist in medialen Diskursen besonders wichtig, weil Individuen hier oft nicht einmal selbst in ihrer Person adressiert werden müssen,
um sich psychologisch in ihrem Selbstwert angesprochen zu fühlen. In der Dissonanzforschung hat sich hierfür ein eigenes Konzept der ‚Vicari ous Dissonance‘ entwickelt (z. B. Cooper & Hogg, 2007).
Betrachtet man den medialen Diskurs in Zeiten von Dramatisierung und Meinungskampf im Hinblick auf potenzielle Auslöser derartiger Selbst wert-relevanter Reflexionsprozesse, fällt auf, dass der politische Diskurs wohl in vielen Fällen einen Selbstwert-Angriff wahrscheinlicher macht, als Selbstvergewisserung zu fördern. Wenn sich unterschiedliche Wirk lichkeitsansichten und Handlungsoptionen tendenziell unter dem Ge sichtspunkt einer politischen Konkurrenzsituation darstellen, suggeriert dies, dass es im politischen Diskurs – überspitzt ausgedrückt – immer Gewinner und Verlierer, Kluge und Törichte, Gute und Böse geben muss. Diese Muster sind bereits in journalistischen Formaten angelegt, wenn sie die Kompetenz (z. B. Lichtenstein & Nitsch, 2018), die Moralität (z. B. Semetko & Valkenburg, 2000) und den gesellschaftlichen Einfluss (z. B. Aalberg et al., 2012) politischer Akteur:innen und Gruppen in den Blick nehmen und so auch indirekt die sich mit diesen Gruppen identifizie renden Mediennutzer:innen in ihrem Selbstwert adressieren. In Zeiten zunehmender politischer Kontroversen und entfesselter Kommunikation über soziale Medien, reproduzieren sich diese Muster aber nicht nur, sondern verschärfen sich auf allen drei Selbstwert-Dimensionen: zu nehmend dogmatische Wahrheitsbeanspruchungen auf der KompetenzEbene stehen neben moralisierender Empörung, Schuldzuweisungen bis hin zur Täter-Opfer-Umkehr sowie einem Kampf um Einfluss auf vielen Ebenen – vom Aufmerksamkeitskampf via hashtags bis hin zur Anma ßung, das ‚Volk‘ zu vertreten (Carpenter et al., 2021; Genschow & Vehlow, 2021; Hwang et al., 2018; Saldaña & Vu, 2021; Schulz et al., 2020). Derarti ge Tendenzen zeigen sich nicht nur in Meinungskommentaren individu eller Bürger:innen oder politischer Gruppierungen, sondern auch bei po litischen Influencer:innen, die mitunter als Konkurrent:innen, mitunter als Kollaborateur:innen des Journalismus in Erscheinung treten (Fischer et al., 2022).
Nimmt man die Erkenntnisse der Dissonanzforschung ernst, müssen Bürger:innen, die diese sozialen Kommunikationssituationen beob achten, fast zwangsläufig Dissonanzen empfinden. Wenn sie mit einer Gruppierung sympathisieren, erfahren sie bei vielfältiger Nutzung me dialer Angebote eine potenzierte Infragestellung der Sinnhaftigkeit die ser sozialen Identität, wenn diese doch kontinuierlich mit einer kompe tenten, ethischen und selbstbestimmten Positionierung im politischen Diskurs zu kollidieren scheint. Wenn eine Person nicht mit einer politi schen Gruppierung sympathisiert, lässt sich davon ausgehen, dass ein
sehr ähnlicher Prozess auf der Ebene der personalen Identität abläuft; denn eine Person, die nach einer den Tatsachen angemessenen, mo ralischen Grundwerten entsprechenden und unabhängigen Meinungs bildung strebt, wird in jenen Diskursen auf die Frage zurückgeworfen, inwiefern eine Meinungspositionierung unter diesen Gesichtspunkten überhaupt mit ihrem zivilgesellschaftlichen Selbstbild vereinbar wäre. In der Tat zeigen Befragungen, dass Bürger:innen – und insbesondere junge Mediennutzer:innen – es oft als Problem ansehen, dass sie Poli tik nicht gut genug verstehen, das politische Geschehen mit ihren Mo ralvorstellungen nicht gut genug in Einklang bringen können und zu wenige eigene Einflusspotenziale auf politische Prozesse erkennen (z. B. Petersen et al., 2013; Shewafera, 2022; Vodafone Stiftung Deutschland, 2022).
Sowohl aus Sicht der Self-Determination Theory als auch aus Sicht der Dissonanzforschung muss eine solche Diskrepanz psychologisches Un wohlsein auslösen und eine Anpassung der individuellen Handlungs orientierung erforderlich machen. Die Dissonanztheorie und ihre Wei terentwicklungen haben sich dabei vor allem mit den Strategien von Individuen beschäftigt, derartige Dissonanzen wieder aufzulösen, wobei zwei Strategien bei Betrachtung politischer Polarisierungsprozesse und zunehmender Nachrichtenmüdigkeit besonderes Erklärungspotenzial zu haben scheinen: Einerseits kann ein Individuum aktiv seine Gruppen zugehörig schützen, indem es sich selektiv vor allem solchen Medienin halten zuwendet, die mit jener Gruppeneinstellung konsistent sind, und jene zu vermeiden versucht, die diese Einstellung infrage stellen (z. B. Knobloch-Westerwick & Meng, 2011). Hiermit ist der klassische ‚Selecti ve Exposure‘- bzw. ‚Confirmation Bias‘-Mechanismus beschrieben, wie er sich heute etwa in einseitiger, polarisierter Mediennutzung nieder schlägt – oft gepaart mit einer Bagatellisierung von Gegenargumenten im Sinne eines ‚Disconfirmation Bias‘ (Taber & Lodge, 2006), wie wir ihn in den vielfältigen ‚Backfire‘-Effekten in der digitalen Kommunikations umgebung erkennen können. Andererseits hat sich bei Selbstwert-An griffen aber auch ein sogenannter ‚Dis-Identification‘-Mechanismus als effizient erwiesen, bei dem ein Individuum dem Dissonanz-auslösenden Themenkomplex generell seine Relevanz für das Selbstbild entzieht (z. B. Aronson et al., 1995). Bei weniger klarer Meinungspositionierung der politischen Mitte ließe sich damit die Abwendung vom politischen Dis kurs in Form der erhöht sich zeigenden Nachrichtenmüdigkeit als psy chologisch sinnvoller Entscheidungsprozess von Individuen zum Ziel des Selbstwertschutzes erklären (Donsbach & Mothes, 2013; Mothes, 2008).
Demzufolge sind politische Polarisierung und Nachrichtenmüdigkeit aus psychologischer Perspektive durchaus für das Individuum nützliche Mechanismen, um die in komplexen, vielstimmigen und dramatisieren den Medienumgebungen entstandenen Konflikte im Hinblick auf eige ne Kompetenz-, Moral- und Einfluss-Vorstellungen abzubauen und auf diese Weise Selbstverortung und Handlungsfähigkeit zu sichern. Eine solche Interpretation legen auch aktuelle Studien nahe, die zeigen, dass sich polarisierte Gruppen mitunter politisch besonders engagieren (He therington, 2008; Rathje et al., 2021) und selbst ‚News Avoidance‘ nicht zwingend negative Effekte, sondern sogar positive Effekte nicht nur auf das individuelle Wohlbefinden (de Bruin et al., 2021), sondern auch auf das zivilgesellschaftliche Engagement einer Person hat (Ohme et al., 2022a). In beiden Fällen der Beschränkung des eigenen Informationsrau mes erhält sich das Individuum seine Handlungsfähigkeit und ist mög licherweise sogar motivierter, sich politisch einzubringen – allerdings unter eventueller Aufgabe einer angemessenen Informationsgrundlage, die die Basis emanzipierter politischer Partizipation darstellt.
5. Zivilgesellschaftliche Selbstvergewisserung‘ als Chance für einen Konstruktiven Journalismus Für einen Konstruktiven Journalismus, der eine solche, Bürger:innen emanzipierende Partizipation für die Zivilgesellschaft ermöglichen will, kann es daher zu einer Herausforderung werden, jene gesellschaftlich destruktiven, aber individuell bis zu einem gewissen Grad durchaus konstruktiven Prozesse zu durchbrechen. Im Falle polarisierter Bevölke rungsgruppen würde allein schon eine den Konstruktiven Journalismus auszeichnende Differenziertheit und Ausgewogenheit in der Darstel lung der Perspektiven ‚Hostile Media‘-Wahrnehmungen wahrscheinlich machen; im Falle nachrichtenmüder Bevölkerungsgruppen könnte die Gefahr bestehen, dass diese auch innovative Entwicklungen im Journa lismus aufgrund der reduzierten Beschäftigung mit politischen Themen nur begrenzt mitbekommen, weil Konstruktiver Journalismus eben ge rade nicht dem oft vorrangigen viralen Muster der Dramatisierung ent spricht (z. B. Andersen, 2022).
Allerdings existieren durchaus wissenschaftlich geprüfte Methoden, die normativ wünschenswertes Verhalten bei potenziellen SelbstwertAngriffen fördern – indem Personen darin unterstützt werden, sich gar nicht erst durch Kommunikationsinhalte in ihren grundlegenden Werten erschüttern zu lassen (Steele, 1988). Diese sogenannte ‚Self-Affirmation‘ ermöglicht dem Individuum eine Selbstverortung bzw. Selbstvergewisse rung, sodass eine eventuell den Selbstwert angreifende Anschlusskom munikation nicht mehr als Gefahr für das Selbstbild wahrgenommen
werden muss (Steele & Liu, 1981; Steele et al., 1993). In der Self-Affir mation-Forschung konnte dadurch – bislang vor allem in Bereichen außerhalb des Politischen – eine signifikante Erhöhung der Offenheit gegenüber einstellungs-inkonsistenten Informationen und Toleranz ge genüber andersartigen Sichtweisen erreicht werden (z. B. Arpan et al., 2017; Epton et al., 2015; Falk et al., 2015).
Im politischen Bereich wurde Self-Affirmation bislang selten und wenn, dann vorrangig im U.S.-amerikanischen Raum getestet und führte dort vorerst nicht zu ähnlich stabilen Resultaten (Levendusky, 2018b; Lyons et al., 2022). Dies kann einerseits bedeuten, dass auch eine solche Inter vention bei noch weiter vorangeschrittener Polarisierung, wie sie in den USA zu erkennen ist, an ihre Grenzen stößt; die ausbleibenden Effekte könnten aber auch auf die experimentelle Anlage der Studien zurück zuführen sein, die beim Einsatz der Self-Affirmation-Maßnahme nicht auf konkret für das politische Selbstbild relevante Merkmale abzielten. In zwei experimentellen Untersuchungen in Deutschland auf Basis quo tierter Stichproben haben wir demgegenüber für die drei wesentlichen Selbstwert-Dimensionen Kompetenz, Moral und Einfluss eine spezifi sche ‚zivilgesellschaftliche Self-Affirmation‘ zu Gemeinwohl-orientier ten Grundwerten des politischen Zusammenlebens entwickelt (Mothes, Ohme, & Wellendorf, 2019; Mothes & Ohme, 2020a). Auch hier ließen wir die Proband:innen selbst entscheiden, mit welchem – in unserem Fall zivilgesellschaftlich relevanten – Wert sie sich besonders identifizieren: politische Themen kompetent nachvollziehen zu können (Kompetenz), bei Engagement im politischen Bereich moralisch richtig und in Übereinstimmung mit anderen handeln zu können (Moral/Soziale Einbin dung) oder mit den eigenen Sichtweisen gehört zu werden und in diesen Sichtweisen unabhängig zu bleiben (Kompetenz/Autonomie).
In unseren Studien, bei denen für jeden dieser Werte verschiedene Indi katoren eingesetzt wurden, ließen sich positive Impulse einer solchen Ge meinwohl-orientierten Selbstvergewisserung auf verschiedenen Ebenen zeigen. Einerseits haben Personen, die jene Möglichkeit zur zivilgesell schaftlichen Selbstverortung erhielten, über politisch unterschiedliche Positionen hinweg ein erhöhtes psychologisches Wohlbefinden gezeigt: Sie wiesen signifikant höhere Werte auf der sogenannten ‚Self-Integrity Scale‘ auf, mit der in der Self-Affirmation-Forschung klassischerweise geprüft wird, ob die angestrebte Selbstvergewisserung überhaupt er folgreich war (Sherman et al., 2009). Im zweiten Experiment haben wir Proband:innen nach erfolgter Self-Affirmation einen journalistischen Artikel zum Lesen vorgelegt, der im Sinne der öffentlichen Aufgabe des Journalismus faktenorientiert, ausgewogen-differenziert und einord
nend verschiedene Perspektiven auf ein Konfliktthema darstellte. Hier zeigte sich, dass Personen mit klarer Einstellung zum Thema, die die Möglichkeit zur zivilgesellschaftlichen Selbstvergewisserung erhalten haben, deutlich geringere ‚Hostile Media‘-Wahrnehmungen zeigten als Personen, die keine solche zivilgesellschaftliche Self-Affirmation durch laufen haben. Zudem zeigte sich auch in unserem Experiment eine da durch gesteigerte Toleranz gegenüber der politischen Gegenseite.
An diesen ersten Studien-Beispielen, denen wir weitere Replikationen folgen lassen müssen und die sich derzeit in der Veröffentlichungspha se befinden, lässt sich die vorsichtige Vermutung ableiten, dass eine Gemeinwohl-Orientierung im Journalismus durchaus auf Resonanz bei Rezipient:innen stößt, wenn sich Mediennutzer:innen auf die grundle genden Werte des gesellschaftlichen Zusammenlebens besinnen dürfen, die sie als ‚homo politicus‘ vereint – ohne, dass sie einen moralischen Zeigefinger befürchten müssen, und auch ohne Relevanz der tatsächli chen Ausprägung dieser Merkmale im Leben der Person. Wenn sich eine Person etwa politisch unsichtbar fühlt, kann sie dennoch oder gerade deshalb den Wert der politischen Selbstwirksamkeit als wichtige Selbst definition ihres persönlich-politischen Wertekompasses empfinden und sich über diesen Wert als integraler Bestandteil der Gesellschaft erken nen. Eine solche Bewusstmachung des grundlegenden Verhältnisses des Menschen zur Politik in einer Demokratie könnte demnach das Potenzial haben, Menschen zu einen, weil sie ihren Blick auf die Gemeinsamkei ten – die gemeinsamen Bedürfnisse – statt auf die Unterschiede der so zialen Identitäten legt, wie wir sie derzeit sowohl im Netz als auch auf der ‚Straße‘ im Fokus erleben. Denn schon jetzt ist die Relevanz zivilge sellschaftlicher Selbstwerte allgegenwärtig, wenn Menschen sich zu De monstrationen und virtuellen Bewegungen zusammenfinden und ihren Kompetenz-, Einfluss- und Moralbedürfnissen wiederkehrend Ausdruck verleihen. Derzeit sind sie aber vor allem Instrumente des Meinungs kampfes (z. B. Edrington, 2022) und geraten dadurch in Gefahr, auch für Demokratie-destabilisierende Zwecke instrumentalisiert zu werden (z. B. Frischlich, 2021). Wenn wir diese, die Gesellschaft spaltenden Kräfte dagegen offen im Lichte ihrer gemeinsamen, überparteilichen Wertebasis adressieren, könnte dies eine Tür zu mehr Toleranz gegenüber Anders denkenden öffnen und demokratiefeindlichem Gedankengut seine Basis entziehen. Dies kann eine neue Grundlage für den Journalismus schaf fen, der in Ausübung seiner öffentlichen Aufgabe für diese Toleranz als Ausdruck des gesellschaftlichen Zusammenhalts einsteht, maßgeblich aber auch in seiner Wertschätzung von einer solchen Toleranz als Ba sis des politischen Diskurses abhängig ist. Bürger:innen als zivilgesell schaftliche Individuen und journalistische Hauptzielgruppe wollen das
Gefühl haben, dass es sich lohnt, sich mit Politik auseinanderzusetzen – indem sie in dieser Auseinandersetzung etwas lernen, indem sie sich im Gleichklang mit anderen Bürger:innen und politischen Akteur:innen wahrnehmen und hier keine Scheu vor Stigmatisierung haben müssen, und letztlich indem sie Ansatzpunkte für eigene Handlungspotenziale finden.
Dass dies keine unbegründeten Hoffnungen sind, lässt sich nicht nur an den wissenschaftlichen Befunden zur weitgehenden Universalität dieser Grundwerte erkennen. Es zeigt sich auch in Studienergebnissen, die das Gemeinsame statt das Entzweiende der sozialen Identität in den Blick der Mediennutzer:innen rücken, um affektive Polarisierung abzuschwächen (z. B. Feinberg & Willer, 2019; Levendusky, 2018a; Warner et al., 2020) oder über persönliche journalistische Kommunikation mit verärgerten Nutzer:innen Offenheit fördern (Masullo et al., 2022). Hinzu kommen Stu dienergebnisse, die auch im Mediennutzungsverhalten Ansatzpunkte für einen politischen Austausch zeigen und darauf hinweisen, dass eine Sym pathie für eine politische Strömung zunächst nicht mit einer Abschirmung gegenüber der politischen Gegenseite, sondern stattdessen mit einer ver stärkten Präferenz für Gegenargumente einhergeht (Mothes & Ohme, 2019b). Wenn dazu im populärwissenschaftlichen Bereich Abhandlungen und Leitfäden wie „Im Grunde gut“ (Rutger Bregman), „The moral mole cule“ (Paul J. Zak) oder „Mit Rechten reden“ (Daniel-Pascal Zorn, Maximi lian Steinbeis, Per Leo) zu Bestsellern avancieren oder zu Diskussionen anregen, scheint der Wille zu einem Reflektieren der aktuellen politischen Diskurskultur in der Bevölkerung noch nicht erschöpft.
Eine noch offene Frage dabei ist, wie sich die eher künstliche Kommuni kationssituation experimenteller Self-Affirmation in alltägliche Medien nutzung integrieren lässt – etwa als Kommunikationsimpuls im Konst ruktiven Journalismus. Hierfür haben wir erste modellhafte Entwürfe für die drei zivilgesellschaftlichen Selbstwert-Dimensionen erarbeitet, wie sie einer faktenorientierten, differenzierten Darstellung eines Konfliktthemas als persönlicher Dialog zwischen Journalismus und Mediennutzer:innen auf Augenhöhe vorgeschaltet sein könnten. Eine explorative qualitative Vorstudie mit fünf Personen unterschiedlichen Alters und unterschiedli cher Einstellungen zeigt erste Potenziale wie auch Herausforderungen ei ner solchen Implementierung: Die kleine Gruppe an Mediennutzer:innen fühlte sich zum Nachdenken über gesellschaftliche Werte angeregt und setzte sich wertschätzend sowohl mit den präsentierten Pro- als auch Con tra-Argumenten auseinander. Allerdings muss die kommunikative Hinlei tung zu jenen Argumenten, in der zivilgesellschaftliche Werte als gemein same Basis reflektierbar werden sollen, äußerst knapp ausfallen, damit
sie nicht der Aufmerksamkeitsökonomie von Mediennutzer:innen zum Opfer fallen und ein vollständiges Wahrnehmen der Inhalte verhindern. Mediennutzung bleibt eine ‚Niedrigkostensituation‘ (Jäckel, 1992), jedoch machen Befunde aus dem nicht-politischen Bereich Hoffnung, dass sich eine solche transzendierende Selbstwertansprache zukünftig durchaus kommunikativ und konstruktiv integrieren lässt (z. B. Oliver et al., 2012; Janicke-Bowles et al., 2021).
Wenn es gelingt, diese explorativen Befunde weiter auszubauen, könnte in der kommunikativen Begleitung einer solchen Werte-basierten Selbst reflexion der Gesellschaft ein wichtiger Impuls zur Stärkung des Journa lismus und damit auch der Demokratie liegen. Aus Gemeinwohl-orien tierter Perspektive kann es für den Journalismus demnach ratsam sein, zivilgesellschaftliche Selbstverortungsbedürfnisse bei der Ausübung der journalistischen Dienstleistungsfunktion mitzudenken. Sie offen zu adressieren und sich als Journalismus hinsichtlich der eigenen Werte hierbei auch kritisch selbst zu reflektieren und mit Nutzer:innen unter schiedlicher politischer Verortung in einen Austausch zu treten, kann eine wichtige Chance sein, normativ mitunter destruktive psychologi sche Prozesse inmitten erhöhter politischer Polarisierung und Nachrichtenmüdigkeit konstruktiv und reflektiert im Sinne des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu gestalten, damit Gemeinwohlorientierung – Parti kularinteressen übergeordnet und antidemokratische Instrumentalisie rung hinter sich lassend – ihre Wirkungspotenziale entfalten kann.
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1. Einleitung
Ausgangspunkt der vorliegenden Überlegungen sind die teils drastischen gesellschaftlichen Veränderungen und Transformationen der öffentlichen Kommunikation, die als Folge der Digitalisierung der Mediensysteme auf die modernen Gesellschaften einwirken (Habermas 2021). Diese reichen vom Anstieg der Komplexität durch eine Vervielfältigung von Quellen in der digitalen Gesellschaft bei in Teilen fehlenden Kapazitäten der Komple xitätsbearbeitung bis zur Medienskepsis und Institutionenverdrossenheit nennenswerter Teile der Gesellschaft (Blöbaum 2020). Zur Politik- und Staatsverdrossenheit kommen Wissenschaftsskepsis, Vorbehalte gegen das Establishment, die Ablehnung von Eliten sowie – insbesondere bei der jüngeren Generation – die Abkehr von klassischen journalistischen Nach richtenmedien und professionellen Informationsquellen hinzu (Kramp & Weichert 2018). Das in speziellen Segmenten der Gesellschaft sinkende Medienvertrauen wird begleitet von der zunehmenden Hinwendung zu so genannten Alternativen Medien im Internet (Boberg et al. 2020).
Die daraus folgende Schieflage des Informationsökosystems manifestiert sich im Verschwörungsglauben nicht nur von Wählenden rechtspopulistischer Parteien, einer starken Verbreitung von Verschwörungsmythen und -erzählungen in sozialen Netzwerken (Hohlfeld et al. 2021) und wird unterstützt von der inhaltlichen Anschlussfähigkeit zwischen Populis mus und Verschwörungserzählungen (Lamberty 2020).
So sind der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die überregionalen Zei tungen (vulgo: Qualitätsmedien) als Repräsentanten des Systems mo derner demokratischer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften in der jüngeren Vergangenheit unter Druck einer digitalen Gegenöffent lichkeit geraten und werden zunehmend von so genannten Alternativen Medien und Rechtpopulisten in den sozialen Netzwerken stigmatisiert (Boberg et al. 2020). Begrifflich gefasst und heuristisch gerahmt werden
die dadurch entstehenden gesellschaftlichen Spaltungsprozesse durch das Konstrukt „Information Disorder“ („Fake News“, Desinformation) und durch das so genannte Zeitalter der Postfaktizität, in welchem die Evidenz von Fakten delegitimiert wird (Hohlfeld 2020). Eine wichtige Rolle spielen dabei spezifische verschwörungsideologische Narrative, die den Medien unterstellen, Sprachrohr und verlängerter Arm der Poli tik zu sein (Seidler 2016; Friedrich-Ebert-Stiftung 2019; Lamberty 2020). Insbesondere beim Instant-Messanger-Dienst Telegram dominiert in einschlägigen Gruppen das Narrativ, „die Medien“ seien Verkünder und Verteidiger einer Impfdiktatur (Hohlfeld et al. 2021). Verwiesen wird da bei auf Behauptungen, die so genannten „Mainstream-Medien“ würden die Anliegen besorgter Bürgerinnen und Bürger nicht thematisieren und kritische Einstellungen etwa zu den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, wahlweise ignorieren oder verunglimpfen.
In dieser Situation ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in zweierlei Hinsicht herausgefordert. Als Objekt der Medienskepsis und verschwö rungsideologischer Erzählungen muss er sich gegen die Vorwürfe ein seitiger Parteinahme, unausgewogener Berichterstattung und zu großer Staatsnähe verteidigen. In dieser Hinsicht muss er sich gegen falsche ge sellschaftliche Erwartungen immunisieren: Angesprochen seien hier die fehlgeleiteten Annahmen, bei kontroversen gesellschaftlichen Themen müssten Programmanforderungen wie Ausgewogenheit und Neutralität ihren Ausdruck in einer strikt quantitativ ausbalancierten Berichterstat tung finden („False Balance“). Als Subjekt des Informations- und Kom munikationsökosystems obliegt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Sinne des Public Values überdies die Aufgabe, selbst über die Risi ken, die False Balancing für die öffentliche Kommunikation und Infor miertheit der Bürger hat, aufzuklären.
Genuine Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es dann, nicht nur die Qualitäts- und Gütekriterien (wie Neutralitätsgebot, Fair ness, Unparteilichkeit, Ausgewogenheit, Sachgerechtigkeit) aus dem Programmauftrag abzuleiten, sondern auch die Maßstäbe und Koordi naten zu definieren, auf die sich die konsentierten Anforderungen be ziehen. Das erfordert folglich die Mitwirkung an der Definition des Wer te- und Meinungskorridors, der den Maßstab für eine ausgewogene und pluralistische Berichterstattung abgeben muss. Denn es dürfte klar sein, dass verfassungsfeindliche, illiberale, antidemokratische, pluralismusskeptische, gesellschaftszersetzende und nationalistisch geschlossene Positionen (und Weltbilder) außerhalb des normativen Rahmens und des Meinungs- und Wertekorridors liegen, auf die sich Neutralitäts-, Fair ness- und Ausgewogenheitspostulate beziehen.
KOMMUNIKATIVE HERAUSFORDERUNGEN DURCH VERSCHWÖRUNGSMYTHEN UND FALSE BALANCE IN ZEITEN VON KRIEG, PANDEMIE UND POSTFAKTIZITÄT
Als Bezugsrahmen für derartige gesellschaftspolitische Positionsbe stimmungen hat sich in der Politikwissenschaft das Sozialkonstrukt des Overton-Window herausgebildet (Jacobson 2018). Es beschreibt in der Politischen Theorie den Bereich der in der Gesellschaft vertretenen Meinungen und deckt die Bereiche von staatspolitisch populären und sinnvollen Positionen, über (noch) akzeptable bis hin zu radikalen und undenkbaren Standpunkten ab, wobei erstere das Zentrum und letztere den äußeren Rand bilden. Das Innere markiert den Bereich der Ideen, der von der Öffentlichkeit akzeptiert wird, das Äußere bildet den Bereich fraglicher politischer Machbarkeit und negativer Utopien.
Politische Meinungsäußerungen, die Staatsform, Gesellschaftssystem und die kulturellen und gesellschaftspolitischen Übereinkünfte und Identitäten eines Landes angreifen – also den akzeptierten Kern des Overton-Fensters – fallen nicht unter das Unparteilichkeitsprinzip. Über ihre bloße Existenz muss berichtet werden, aber sie haben keinen An spruch auf „Gleichbehandlung“ in quantitativer und qualitativer Hin sicht. Entgegengesetzte Forderungen bedeuten also „False Balance“, eine falsche Ausgewogenheit, die durch den Eindruck der Gleichwertig keit von Konsensposition und Minderheitsposition zu einem Thema besteht. Wird das False-Balance-Prinzip bewusst angewendet, versucht es im Sinne von „Fake Balance“ die normativ-demokratietheoretischen An forderungen an professionellen Journalismus (Ausgewogenheit, Sach lichkeit, Neutralität) bewusst zu korrumpieren (Benham 2020, Engesser & Brüggemann 2016).
Gerade Rechtspopulisten unternehmen im weltweiten Maßstab den Ver such, das Fenster der sag- und denkbaren Positionen zu skalieren und über die herkömmlichen Begrenzungen hinaus zu überdehnen. Insbe sondere durch Kommentierungen bei Facebook oder Telegram geben Ex tremisten in den sozialen Medien schon lange den Ton an und arbeiten daran, schrittweise aus den ehemals radikalen und undenkbaren Posi tionen akzeptable zu machen. In diesem Zusammenhang gibt es sowohl auf den Plattformen rechter alternativer Medien wie Journalistenwatch, NachDenkSeiten, RT, Sputnik, KenFM, Rubikon, kla.TV, Compakt, Epoch Times oder Tichys Einblick als auch in den Gruppen und Kanälen der Querdenker-Bewegung bei Telegram und Facebook ein hohes Aufkom men von durch Desinformation hervorgebrachter Verschwörungser zählungen, die sich teils aus evidenzfreien Behauptungen zur Rolle traditioneller Massenmedien, teils aus bewusst falsch interpretierten wissenschaftlichen Studien speisen. Die Studie arbeitet die Strukturen der in diesem Kontext wirksamsten Verschwörungsnarrative heraus. Zu dem wird ein vertiefender Blick auf die wesentlichen Verschwörungser
zählungen gelenkt, die der Rolle der Medien gelten, Stichwort „Medien dikatatur und Gleichschaltung der Medien“.
Das Studienprojekt setzt also bei den Positionen und Standpunkten an, die sich aus dem Vehikel der Verschwörungserzählungen herausarbeiten lassen, da sie dort den Anspruch auf adäquate Präsenz in der Medien berichterstattung erheben. Sie werden verortet im Kontext des OvertonWindows und auf ihre Maßstabs-Tauglichkeit hin geprüft: Es ist also zu fragen, ob sie den Anforderungen entsprechen, Teil des demokratischen Diskurses zu sein und damit den Anspruch auf Ausgewogenheit und Ausbalanciertheit erheben können.
Auf dem Weg dahin soll ein Prüfsystem entwickelt werden, das es von Sei ten der Wissenschaft erlaubt, Themen, Meinungen, Positionen und Ide en auf ihre Balance- und Ausgewogenheitsfähigkeit zu überprüfen. Mit diesem Schritt werden Argumentationsmuster zu Verfügung gestellt, mit denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk – als Objekt der Medienskepsis – sich durch das Skizzieren eines Maßstabs gegen den Vorwurf der Par teinahme und Einseitigkeit wehren könnte. Als handelndes Subjekt kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk zudem dergestalt in die Gesellschaft hineinwirken, dass er durch Aufklärung die Bürgerinnen und Bürger für die Herausforderungen und Konsequenzen einer False Balance sensibili siert und zugleich durch ein fundiertes Erwartungsmanagement die An sprüche steuert, welche die Anspruchsgruppen aus dem Programmauf trag ableiten, dessen Maßstab in der Regel unausgeprochen ist.
Folgende Zwischenschritte sind dazu notwendig:
• Eine Skizze der Ausgangssituation in der digitalen Gesellschaft, die mit dem „Zeitalter der Postfaktizität“ begrifflich umrissen wird und den Status Quo der „Information Disorder“ beschreiben soll (Kapitel 2).
• Darauf aufbauend eine Analyse des postfaktischen Instruments „Ver schwörungserzählung in der alternativen Netzöffentlichkeit“ als Aus druck der Institutionenverdrossenheit, der Elitenkritik und der Esta blishmentbekämpfung. Dies mündet in einem heuristischen Modell der Einflüsse, das die Verbreitung und Rezeption von Verschwörungserzählungen erklärt (Kapitel 3).
• Eine Annäherung an das Problem der (bislang zum Teil fehlenden) Maßstäbe für Qualitätskriterien, das im „False Balance-Phänomen“ zu finden ist und neben den wesentlichen Forschungsbefunden Bei spiele aus der jüngeren Geschichte der Medienkritik in Bezug auf die Ukraine-Berichterstattung diskutiert (Kapitel 4).
• Die Vorstellung des Overton-Windows als Koordinatensystem für die Errichtung eines Maßstabs, mit dem gesellschaftliche Positionen, Meinungen und Standpunkte auf ihre Eignung für ausbalancierte Be richterstattung getestet werden können. In diesem Zusammenhang sollen probeweise Vektoren entwickelt werden, die zur Bestimmung der Ausgewogenheits- und Maßstabsgerechtigkeits-Fähigkeit dienen können (Kapitel 5).
Das Ergebnis dieser Überlegungen wäre ein Vorschlag für einen konsen tierten Wertehorizont der Kommunikation über kontroverse Themen wie etwa die Bekämpfung der SARS-Cov-2-Pandemie oder die Berichterstat tung zu den Ukrainekriegen, der durch die Prinzipien einer freiheitlichdemokratischen Grundordnung, des Rechtsstaates, der Gewährung von Menschenrechten und eine liberale, offene und pluralistische Gesell schaft gegeben ist (Kapitel 6).
Aus einem solchermaßen mit möglichen inhaltlichen Positionen zur Pandemie und den Ukrainekriegen gefüllten Overton-Window lassen sich Kriterien einer nützlichen und gesellschaftsstabilisierenden Kom munikation ableiten. Diese sollten helfen, den Public Value und den Leistungshorizont des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – bezogen nicht nur auf die aktuellen Krisen – in Zukunft besser bestimmen zu können. Die Mitwirkung an der demokratietheoretisch basierten Bestimmmung des Rahmens – als Maßstab für die angemessene Balance der Meinungen und Postionen – erlaubt es, den Fake-Balance-Ansprüchen der Populis ten und Querdenkern die empirische Grundlage für eine fehlgeleitete Medienkritik zu entziehen, die in Wirklichkeit eine demokratiegefähr dende Medienschmähung ist.
2. Hintergrund: Das postfaktische Zeitalter und seine Narrative
Das so genannte postfaktische Zeitalter unterscheidet sich von den her kömmlichen Praktiken der Lüge und Vertuschung in der politischen Kommunikation insofern deutlch, als mittels ausgewählter Narrative eine neue, fragwürdige Qualität in der öffentlichen Kommunikation etabliert wird: Wahrheit und Lüge werden rhetorisch verwechselbar ge macht, ihre Wertigkeit eingeebnet (Hohlfeld 2020). Die Diskreditierung von Fakten unterhöhlt den demokratischen Meinungs- und Willensbil dungsprozess in gravierender Weise. Denn Fakten werden in der offenen Gesellschaft in einem Verständigungsprozess etabliert, der auf Erfahrun gen, nicht auf Eindrücken und Wünschen basiert (Strasser 2017).
In der Sphäre der digitalen Öffentlichkeit sind nun – spätestens seit dem US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 und dem Brexit – die Narrative „ge
fühlte Wahrheiten“, „subjektive Wahrheiten“, „Alternative Fakten“ wie auch die Kampfbegriffe „Fake News Media“, „Mainstream-Medien“ und „Lügenpresse“ zu etablierten Werkzeugen der strategischen politischen Kommunikation geworden. Ihr Sinn und Zweck: Demokratiezersetzung. Ihr instrumenteller Einsatz richtet sich gegen die offene Gesellschaft und ihre liberalen Werte. Dahinter stecken Anhänger autoritativer Herr schaftsformen, Nationalisten, xenophobe Rechtsextreme und Rechtspo pulisten, die die offene Gesellschaft anfeinden (zu diesem Kapitel vgl. insgesamt Hohlfeld 2020).
Die von ihnen genutzten Narrative des postfaktischen Zeitalters wirken gleichsam als Auslöser eines latenten Demokratie-Paradoxon: Die Stärken der Demokratien, nämlich die von ihnen konstitutionell gewährten Freiheiten, sind zugleich ihre Schwächen. So wie der Rechtsstaat da mit leben muss, dass mit den Grundsätzen des positiven Rechts nicht immer Gerechtigkeit geschaffen wird und sich Recht auch gegen den Rechthabenden richten kann, unterliegen Demokratie und die offene Gesellschaft der grundsätzlichen Gefahr, an den von ihnen gewährten Freiheitsrechten in paradoxer Weise zugrunde zu gehen. Denn die de mokratische Gesellschaft muss propagandistische Angriffe, evidenz freie Behauptungen gegen das so genannte Establishment und gegen sie gerichtete Hetzattacken aushalten, da sie sie qua Informations-, Mei nungs- und Kunstfreiheit ihren erklärten Gegnern einräumt. Eine libe rale Demokratie mit offener, pluralistischer Gesellschaft lebt immer mit den inhärenten Bedrohungen der missbräuchlichen Nutzung der von ihr gewährten Freiheit – in analogen Zeiten war die Breitenwirkung für den systemischen Missbrauch jedoch noch nicht gegeben.
Die Demokratie konnte die missbräuchliche Nutzung der von ihr ge währten Freiheiten aushalten, solange es einen stabilen Konsens darü ber gab, dass die Institution Journalismus durch faktenbasierte Recher che Kritik und Kontrolle ausübt und es möglich war, die politische Lüge nicht nur zu entlarven, sondern mit der Entlarvung den Lügner auch bloßzustellen. Im digitalen Zeitaltert zeichnet sich jedoch ab, dass das professionelle Informationssystem Journalismus sein Monopol bei der Herstellung von Öffentlichkeit verloren hat und sich nun vermehrt so genannten alternativen Medien gegenübersieht, die an keine öffentliche Aufgabe gebunden sind und sich der liberalen Demokratie nicht ver pflichtet fühlen.
Da aber Demokratie auf der Idee des Marktplatzes der Meinungen sowie des Wettbewerbs der besten Ideen und Argumente aufbaut, hängt sie von geprüften und prüfbaren Informationen ab. Die Lüge und das Be
streiten von Tatsachenwahrheiten unterhöhlen den rationalen Diskurs, indem sie dessen Geltungsansprüche ignorieren. Auf diese Weise führen sie zur Vermachtung und Okkupation des Meinungswettstreits. Dieser ist nämlich auf Fakten angewiesen; der evidenzbasierte Meinungsaus tausch ist im demokratischen Willensbildungsprozess konstitutiv. Wenn es sich aber im Informationssystem der Gesellschaft durchsetzt, dass ge fühlte Wahrheiten dieselbe Beweis- und Argumentationskraft erhalten wie Tatsachenwahrheiten (Arendt 2013) , wenn also Meinungen nicht mehr auf Fakten basieren, sondern – da man Fakten nun bestreiten kann – auf Meinungen über Meinungen, dann ist das eine gravierende Gefährdung der Vorstellung, dass in der Demokratie Entscheidungen auf guten Informationen gründen. Oder pointierter: Wenn man Fakten nicht akzeptiert, dann hat Kontrolle keinen Sinn mehr, dann ist das Prinzip von Checks and Balances obsolet. Der Trumpismus hat in den USA dazu geführt, dass der Supreme Court mit seinen jüngsten Entscheidungen dieses Prinzip allmählich fallen lässt (Zaschke 2022).
Unter dem Blickwinkel demokratietheoretischer Besorgnis fällt auf, dass die Diskreditierung von Fakten und Faktizität bei deren wichtigs ten Referenzsystemen Journalismus und Wissenschaft ansetzt: zwei gesellschaftlichen Systemen, die je eine Zuständigkeit für das Liefern von gesellschaftlichen Wahrheits- und Wirklichkeitsentwürfen für sich reklamieren. Bei ähnlichem Anspruch – Suche nach Wahrheit und Wirklichkeitsentwürfen – operieren beide Bereiche primär tatsachen orientiert, wenn auch auf unterschiedliche Weise, mit verschiedenen Strategien, Methoden und Heuristiken. Herausgefordert werden beide Systeme durch dreierlei: die Digitalisierung der öffentlichen Kommu nikation, die Krise der westlichen Demokratien und die mannigfachen Verschränkungen beider Entwicklungen. Der Nachrichtenjournalismus krankt daran, dass soziale Netzwerke über reine Klickzahlen hinaus mit dem Liken, Empfehlen und Teilen Metriken entwickelt haben, die – aufmerksamkeitsökonomisch betrachtet – die Nüchternheit und Sach bezogenheit des auf Themen von sozialer Verbindlichkeit abzielenden Nachrichtenjournalismus strukturell benachteiligen (Hohlfeld 2016). Die daraus entstehenden Filterblasen und Echokammern des Internets (Pa riser 2011) führen schrittweise zur Kultur einer emotional aufgeladenen Behauptungs- und Empörungskommunikation, die sich immer wieder in Beschimpfungen demokratischer Institutionen, des so genannten Esta blishments und vorgeblicher Eliten entlädt – gemeint ist die Trias aus Politik, Medien und Wissenschaft. Die alternativen Medien der antide mokratischen Propagandisten bedienen sich der algorithmischen Vortei le, die Hass, Hetze und Lügen gegenüber der sachbezogenen Darstellung politischer Themen besitzen und spielen diese im Konzert mit den sozia
len Netzwerken gnadenlos aus: „Neue Propaganda- und Gefühls-Medien werden zu Pseudojournalismus aufgeblasen, der ansagt, was ,das Volk‘ angeblich will“ (Roll 2016).
Wissenschaft und Journalismus stecken in einer Falle, die zum einen da durch gestellt ist, dass affektive und emotive Inhalte es leichter haben, auf den Verweisstrukturen der sozialen Netzwerke in den Aufmerksam keitsfokus der Nutzer vorzustoßen (Haim 2019; Hanusch & Tandoc 2019), und zum anderen darin besteht, dass mit Multiplikation von Information und der Akzeleration von Kommunikation eine Komplexität entstanden ist, die nicht mehr ohne weiteres bearbeitbar ist. Die Entwicklung des Internets und seiner sozialen Medien hat zwar die Informationsangebote weltweit in unfassbarer Weise vergrößert, die Auffindbarkeit von Wis sensbeständen und geprüften Informationen aus beiden Systemen ist für die Nutzerinnen und Nutzer indes schwieriger geworden. Neben den Aufmerksamkeitsmetriken der sozialen Medien sind dafür die Zugangs kosten zu Informationen und zum Wissen über deren Qualität verant wortlich.
Sichtbar war der Einfluss der digitalen Aufmerksamkeitsmetriken lange Zeit auch bei den Eintragungen in Suchmaschinen, etwa im Falle von klassischen Verschwörungsmythen Klimawandel, Chemtrails, Reptilo ide, Flacherdtheorie, Marslandung – oft standen die nicht evidenzba sierten Beiträge oben in den Suchlisten und erweckten auch bei neut ralem Suchinteresse den Eindruck, dass ihnen wegen der Priorisierung durch vermeintlich neutrale Algorithmen mehr Gewicht zukommt. Erschwerend kommt hinzu, dass die wissenschaftsjournalistische Verar beitung komplexer wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse oft nicht das wünschenswerte Niveau erreicht. So entsteht durch unzureichende Ver mittlung von Studienergebnissen zu Umwelt- und Gesundheitsthemen für die Rezipienten das Bild widersprüchlicher Befunde, welches die Menschen weiter verwirrt und in ihrer Haltung bestätigt, dass wissen schaftliches Wissen für die Lösung von alltäglichen Problemen keinen bedeutsamen Wert besitzt.
Die Post-Truth Ära wird daher auch als Vorbote gedeutet, der das En des des Zeitalters der Wissenschaft einläuten könnte. So hatte sich mit der Leugnung der Evolution durch den Kreationismus schon über Jahr zehnte in große Teile der Gesellschaft eine Wissenschaftsskepsis gefräst, die nun durch das Bestreiten des Klimawandels, die Verharmlosung von Feinstaub- und Dieselemissionen sowie extraterrestrische Verschwö rungserzählungen weiter gefüttert wird. Der hier wirksame wissen schaftsbezogene Populismus spricht den etablierten wissenschaftlichen
Institutionen die Deutungs- und Entscheidungshoheit gegenüber den gesellschaftlichen Wissens- und Machtansprüchen ab und setzt an die Stelle der akademischen Eliten das Volk, dessen gesunden Menschen verstand und andere Alltagsheuristiken – „wäre die Erde eine Kugel, warum ist dann der Horizont nicht krumm?“. Auch der Faktizitäts- bzw. Wirklichkeitsanspruch des Journalismus gilt – seit die Formeln „Lügen presse“ und „Fake News Media“ den digitalen und den analogen Raum erobert haben – als derart unterminiert, dass er vor allem im digitalen Raum mühelos durch das Prinzip des kostenfreien Behauptens und Pro klamierens ausgehöhlt werden kann.
An beiden Systemen lässt sich das Demokratieparadoxon insofern be sonders gut sichtbar machen, dass beide als Grundpfeiler der Demo kratie mit ihren Privilegien im Range eines Grundrechts, und zwar der zweckungebundenen Wissenschaftsfreiheit und der Meinungs- und Informationsfreiheit, letztlich Komplexität produziert und Kontingenz hervorgebracht haben. Diese führt nun mittels digitaler Vervielfältigung kontingenter, oft als widersprüchlich wahrgenommener Informationen und teils arbiträrer Interpretation durch Laien zu vermehrter kognitiver Überlastung der Menschen, Bürger, Nutzer. Im Ergebnis muss die demokratische Gesellschaft infolge unzureichender Kapazitäten der Kom plexitätsbearbeitung zahlreicher Bürger deren von Fakten entkoppelte Extrempositionen aushalten, die oft keiner nachvollziehbaren Ratio folgen; Positionen und Meinungen, die oft in Form scharfer Kritik an wissenschaftlichen und journalistischen Institutionen und Methoden gleichzeitig die Grundlagen der demokratischen Herrschafts- und Ge sellschaftsform schleifen.
3. Verschwörungserzählungen als Ausdruck der Institutionenver drossenheit und der Establishment-Bekämpfung Besonders traditionelle Massenmedien wie Tageszeitungen und der öffentlich-rechtliche Rundfunk sind im Zuge des Wissenschaftspopu lismus und der Wissenschaftsskepsis unter Druck einer digitalen Ge genöffentlichkeit geraten (Scheu 2021) und werden zunehmend von so genannten Alternativen Medien und Rechtpopulisten in den sozialen Netzwerken stigmatisiert (Boberg et al. 2020). Eine zentrale Rolle spielen dabei Verschwörungserzählungen und andere Narrative, die den Medien unterstellen, Sprachrohr und verlängerter Arm der Politik zu sein. Insbe sondere beim Dienst Telegram dominiert in einschlägigen Gruppen das Narrativ, „die Medien“ seien Verkünder und Verteidiger einer Impfdikta tur (Hohlfeld et al. 2021). Verwiesen wird dabei auf Behauptungen, die so genannten „Mainstream-Medien“ würden die Anliegen besorgter Bür gerinnen und Bürger nicht thematisieren und kritische Einstellungen zu
den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie wahlweise ignorieren oder verunglimpfen. In diesem Zusammenhang gibt es sowohl auf den Plattformen alternativer Medien wie Journalistenwatch, NachDenkSei ten, RT, Sputnik, KenFM, Rubikon, kla.TV, Compakt, Epoch Times und Tichys Einblick als auch in den Gruppen und Kanälen der QuerdenkerBewegung bei Telegram und Facebook ein hohes Aufkommen von „Fake News“ und Desinformation (Boberg et al. 2020), das sich teils aus evi denzfreien Behauptungen zur Rolle traditioneller Massenmedien, teils aus bewusst falsch interpretierten wissenschaftlichen Studien speist.
Grundsätzlich bieten Verschwörungsideologien ein in sich geschlosse nes, widerspruchsfreies Weltbild, das Mehrdeutigkeiten und Multioptionalitäten vollständig ausblendet (Schneider et al. 2020). In diesen Er zählungen wird nichts dem Zufall überlassen, alles folgt einem Zweck, einem übergeordneten Ziel, einem Muster, das auf den Vorteil für eine bestimmte Personengruppe ausgerichtet ist. Ein weiteres Merkmal von Verschwörungsideologien und Verschwörungsmythen ist das Schüren von Ängsten vor einer drohenden Anarchie bzw. einem gesellschaft lichen Chaos, die bewusst mit Straftaten durch stereotype Feindbilder assoziiert werden, seien es „Ausländer“, „Juden“ oder „Eliten“ (Quent & Rathje 2019). Verschwörungserzählungsanhängende nutzen gezielt falsche oder stark verzerrte Informationen („Fake News“ und Desinfo mation), um zu manipulieren, ihre Position als Opposition zur Mehr heitsgesellschaft zu stärken und den eigenen gesellschaftlichen Einfluss schrittweise auszubauen. In diesem Kontext wird innerhalb eines Konti nuums zwischen wahrscheinlichen und unwahrscheinlichen „Theorien“ gearbeitet (Schneider et al. 2020), und zwar oft mit einer Vielzahl selek tiver, positiver Belege, die aus vermeintlichen Expertenbelegen gewon nen werden, oft angereichert mit so genannter anekdotischer Evidenz. Anders als bei echten wissenschaftlichen Theorien, die sich an der Wirk lichkeit bewähren und falsifizierbar sein müssen, wird hier keine Wider legung angestrebt. Belege, die nicht ins eigene Weltbild passen, werden umgedeutet oder ausgeblendet (Hepfer 2016). Deshalb sind so genannte Verschwörungstheorien auch keine Theorien, denn eine Theorie ist laut Duden (2020) ein „System wissenschaftlich begründeter Aussagen zur Erklärung bestimmter Tatsachen oder Erscheinungen und der ihnen zugrunde liegenden Gesetzlichkeiten“ und kann und muss an der Wirk lichkeit getestet werden. Scheitert sie daran, muss die Theorie verwor fen oder modifiziert werden. Anhänger von Verschwörungserzählungen dagegen verschließen sich Fakten und Gegenbeweisen. Am Ende dieses schrittweisen Prozesses der Immunisierung gegen das Scheitern an der Wirklichkeit hat sich die Idee von einer Verschwörung zu einer Ideologie verfestigt. Und eine Ideologie macht sich nun für Widersprüche und Ge
genbeweise unzugänglich. Ergo ist eine „Verschwörungstheorie“ keine Theorie. Nach und Götz-Votteler und Hespers (2019) existieren drei Grup pen von (hier genannt:) „Verschwörungstheorien“: „Verschwörungsthe orien“ der Gruppe A negieren, dass ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Entwicklung stattfindet oder stattgefunden hat. Hier handelt es sich um klassische Verschwörungserzählungen wie das Negieren der Mondlandung durch die US-Amerikaner. Im Unterschied zum Typ A leugnen Anhänger und Anhängerinnen von „Verschwörungstheorie“ des Typus B nicht, dass etwas stattgefunden hat, allerdings akzeptieren sie nicht die allgemein geltende Erklärung für ein Ereignis, sondern bieten einen Gegenentwurf, etwa 9/11 – die Attenate auf das World Trade Center als islamdiskreditierender Akt der CIA. Auch die „Verschwörungstheori en der Gruppe C bieten alternative Erklärungsmuster an, allerdings nicht nur bezogen auf Einzelereignisse, sondern auf übergreifende Ordnungs gefüge, die große Teile der Weltbevölkerung betreffen: In diesem Zusam menhang spricht man von Verschwörungsideologien. Im Zuge der Coro napandemie schufen etwa Anhänger solcher Ideologien das Konstrukt, dass das Virus Resultat einer Verschwörung des Weltjudentums mit Bill Gates als Anführer sei. Zu den wesentlichen Funktionen von Verschwö rungserzählungen (Rathje et al. 2015) zählen:
• Sinnstiftungs- und Erkenntnisfunktion (Sinn im Leid der Welt erken nen, Ersatz-Religion)
• Identitätsfunktion („Wir gegen die Anderen“)
• Manipulationsfunktion (Menschen zu bestimmten Handlungen mo tivieren)
• Legitimationsfunktion (Grausamkeiten gegen vermeintliche Mitglie der der Verschwörung rechtfertigen)
Die Forschung zählt wahrgenommenen Stress, mangelndes Vertrauen in die Regierung und in den Staat, hohen Autoritarismus, das Gefühl von Machtlosigkeit und Benachteiligung sowie geringes politisches Wissen zu den begünstigenden Faktoren für Verschwörungsglauben (AbalakinaPaapet al. 1999; Swami & Coles 2010; Lamberty 2017). Auch exististiert eine gewisse Anfälligkeit bei Personen, die zu politischen oder religiösen Extremen neigen, weshalb es eine vergleichsweise große Verbreitung bei Freikirchlern und Evangelikalen gibt (Pollack & Hillenbrand 2021). Gleichermaßen kann die Angst vor einem drohenden gesellschaftlichen Bedeutungsverlust die Anziehungskraft von Verschwörungstheorien er höhen (Moulding et al. 2016). Butter (2018) konstatiert eine besondere Anfälligkeit bei Menschen, die sich von Deklassierung bedroht fühlen. Auch wird der Glaube an „Verschwörungstheorien“ durch rassistische Vorurteile verstärkt (Mashuri & Zaduqisti 2015). So stimmen Menschen,
die an „Verschwörungstheorien“ glauben, auch eher rechtspopulisti schen, antisemitischen und menschenfeindlichen Aussagen zu. Reprä sentative Befragungsstudie (Schultz et al. 2017) deutet darauf hin, dass allgemein zwischen 15 und 25 Prozent der deutschen Bevölkerung an fällig sind für klassische Verschwörungstheorien. Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (2019) glauben 46 Prozent der Deutschen an den Einfluss geheimer Organisationen auf politische Entscheidungen und 33 Prozent sind der Meinung, Politikerinnen und Politiker seien „Mari onetten dahinter stehender Mächte”. Insbesondere (weiße) Männer im Alter über 40 Jahre glauben an Verschwörungen, ebenso vorrangig ist das bei Frauen mit niedriger Bildung der Fall (Bartoschek 2015). Regional betrachtet fällt das hohe Ausmaß an Verschwörungsgläubigkeit bei Men schen aus Ostdeutschland auf (Hans-Böckler-Stiftung 2021), zudem zah len geringe Bildung, geringes Einkommen und Angst um wirtschaftliche Existenz in besonderem Maße auf das Verschwörungsgläubigkeitskonto ein (ebd.).
Eine repräsentative Umfrage der Friedrich-Naumann-Stiftung (2020) ermittelte im Juli 2020, welche Rolle Desinformationen und Verschwö rungserzählungen während der Corona-Pandemie spielten. Die Unter suchung ergab, dass ein Viertel der befragten Personen in Deutschland glaubte, Bill Gates würde mehr Macht als die Bundesregierung besitzen und eine Zwangsimpfung aller Menschen fordern. 16 Prozent nahmen sogar an, Gates wolle der Bevölkerung Microchips einpflanzen und sie ben Prozent der Befragten vermuteten einen Zusammenhang zwischen dem neuen Mobilfunkstandard 5G und der Verbreitung des Coronavirus. Das Leben auf dem Land begünstigt im Kontext der SARS-Cov-2-Pande mie ebenfalls signifikant einen Verschwörungsglauben. Im Länderver gleich liegen Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Baden-Württem berg vorne.
Besonders im Zuge der Pandemie haben sich viele Narrative in den sozia len Netzwerken und Alternativen Medien verbreitet, die etablierte Nach richtenmedien und allen voran den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Schuldigen vieler Pandemie-Effekte ausgemacht haben. Staatsverdros senhiet geht dabei Hand in Hand mit Medienkritik, Medienskepsis und Elitenablehnung. Damit einher geht eine massive Diskreditierung des Public Values eines öffentlichen Rundfunks. Es lässt sich in belastbarer Weise ein Netzwerk ausmachen, das aus verschiedenen Frame-Elemen ten Narrative konstruiert, die zu den beschriebenen Verschwörungser zählungen und -ideologien verdichtet werden: Eine Ad-Hoc-Analyse im Frühjahr 2022 brachte folgende Backbones und Knotenpunkte hervor, in denen das Netzwerk medienkritischer Narrative eingehängt ist: Es sind
diese die Twitter Accounts von Alexander Boos, Boris Reitschuster, Jörg Kuntz und StocDoc sowie die Websites der alternativen Medien Compact (TV & online), The Epoch Times, Junge Freiheit, Journalistenwatch, Ti chys Einblick, RT.de, sna, ansage.org, Breitbart.
Folgende Narrative mit Bezug auf die Rolle der Medien konnten im Zuge der Analyse medienbezogener Frames identifiziert werden:
Staatsbezogene Narrative und Verschwörungserzählungen
• Öffentlich-rechtliches Fernsehen ist gelenktes, autoritäres Staatsfern sehen (Regierungsmedien)
• Es gibt in Deutschland/Europa keine Pressefreiheit
• Rundfunk wird von Alliierten gesteuert
• Medien sind gleichgeschaltet
• Medien sind NATO-hörig und betreiben einseitige Transatlantik-Po litik
Politikbezogene Narrative und Verschwörungserzählungen
• Medien propagieren und unterstützen linke und grüne Politik
• Medien sind regierungsnah und abhängig von der Politik
• GEZ-Medien propagieren Islamismus
Inhaltsbezogene Narrative und Verschwörungserzählungen
• GEZ-Medien/Zwangsgebühren-Rundfunk produzieren Fake News
• Deutsche Medien machen Propaganda
• Deutsche Medien sind nicht neutral bzw. ausgewogen und unfair
Coronabezogene Narrative und Verschwörungserzählungen
• Medien propagieren gefährliche Impfung
• Medien unterstützen die freiheitseinschränkende Corona-Politik
• Medien profitieren von Corona
• Medien spalten die Gesellschaft
• Bill Gates hat die Medien für seine Pandemiepläne gekauft
Die Frames beziehen sich teils auf den Allbegriff „die Medien“, teils ex plizit auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die meisten von ihnen fokussieren einen beschriebenen Zustand, einige nehmen zudem mög liche Folgen ins Visier, etwa eine mögliche Spaltung der Gesellschaft. Grundsätzlich zeichnen sich die Narrative durch einen Sündenbockcha rakter aus – die Medien haben stets Schuld an einem Missstand und machen gemeinsame Sache mit anderen Verschwörungspartnern, wahl weise dem Staat, den Regierungen, dem links-grünen Milieu, den Ame rikanern, den Alliierten, der CIA.
Bei diesen Narativen, die oft wortlautgleich formuliert sind, überlappen sich viele Teilsapekte, so dass man diese mit Blick auf ihr verschwörungs idelogisches Potenzial, also die Möglichkeit, dass sich aus einzelnen Tei laussagen dichte Muster flechten lassen, auch anders arrangieren kann. Wenn man das tut, werden die oben beschriebenen übergeordneten Or dungsmuster sichtbar, die sich „Verschwörungstheorie Typ B“ zuordnen lassen und die als eigenständige Verschwörungsideologien identifiziert werden können:
Drei zentrale Verschwörungsideologien mit Medienbezug haben sich in den genannten Sphären der Gegenöffentlichkeit herausgebildet:
1. Es existiert eine Mediendiktatur
(Autoritäre, selbstermächtigte GEZ-Medien, Erhebung eines Zwangsbeitrag, Rundfunk von Alliierten gesteuert, Gleich schaltung der Medien, Aufbau eines Propaganda-Apparates)
2. Medien sind sind Instrumente von Politik und Wirtschaft
(Medien als Vollzugsgehilfen – wahlweise der USA, der CIA oder von Bill Gates, Medien sind dominiert von rot-grüner Politik, Medien sind regierungstreue Vasallen Merkels oder Scholz‘)
3. Medien profitieren von Corona
(Medien schlagen Kapital aus aus der Ängstlichkeit der Men schen, Corona beschert den Medien Quoten- und Reichweiten zuwächse, Corona speist die Medien thematisch, Medien üben in der Pandemie Macht aus).
Insbesondere die inhaltsbezogenen Verschwörungsnarrative, die den Medien Propaganda, fehlende Neutralität und Ausgewogenheit unterstellen, stimulieren Vorstellungen von False Balance und artikulieren den Protest gegen die Unterrepräsentanz von Minderheitsmeinungen. Da diese Verschwörungserzählungen andererseits in Teilen auch das Resultat solch weitverbreiteter Fehlannahmen sind, entsteht ein sich wechselseitig verstärkender Prozess. Zur Erläuterung: Wenn man die Po sition einnimmt, dass jeder potenzielle Standpunkt zu einem gegebenen kontroversen Thema mit gleichem Gewicht in der Öffentlichkeit durch Medienvermittlung präsent sein muss, dann wird man zwangsläufig die eigene Position als nicht hinreichend vertreten wahrnehmen. Und man
wird dahinter eine Absicht, eine Verschwörung wittern – wem nützt die se Unterdrückung meines Standpunktes? Diese Denkart ist zum einen Ausdruck von speziellen Persönlichkeitsvariablen und psycho-mentalen Prädispositionen. Dazu zählen affektive Dispositionen wie gefühlte Be nachteiligung, Angst vor Deklassierung, Hang zu hermetischen Weltbil dern und eine individualistische Freiheitsinterpretation. Zum anderen ist sie eingebettet in ein Setting aus psychologischen Effekten, medialen Effekten, politischen Effekten und eine spezifische Form der Nutzung medialer Quellen.
Zu den hier wirksamen, gut erforschten psychologischen Effekten zählen die Vermeidung kognitiver Dissonanz (Festinger 2012) durch die selektive Wahrnehmung und selektive Zuwendung zu Inhalten, Meinungen und Medienstimuli (zur Stabilisierung der eigenen Weltanschauungen) und der daraus resultierende Bestätigungsfehler/Confirmation Bias (Mercier 2017) sowie der Wahrheitseffekt (Zajonc 1968) – auch Mere Exposure bzw. Illusory Truth Effect genannt – , der besagt, dass Menschen auch offensichtlichen Desinformationen einen Wahrheitsgehalt zuschreiben, wenn sie diese nur oft genug rezipiert haben. Zu den wissenschaftlich konsentierten medialen Effekten gehören das doppelte Meinungsklima der Theorie der Schweigespirale (Noelle-Neumann 1980), die in der Fil terblase gipfelnde, Algorithmen basierte Informationsrezeption (Pariser 2011), die homogene Meinungserwiderung und Meinungsverstärkung in den Echokammern des Internets (Rau & Stier 2019) und schließlich auch der Hostile Media Effekt (Perloff 2015), der besagt, dass manche Men schen dazu neigen, selbst in der ausgewogensten Nachrichtenberichter stattung stets eine Überbetonung der Gegenmeinung zu erkennen. Als (gesellschafts-)politische Effekte sind zu nennen die schon angeführte Staatsverdrossenheit, eine Institutionenskepsis, eine Wissenschafts skepsis und die Ablehnung von Eliten. Das alles trägt dazu bei, ein hermetisches Weltbild auf der Basis von Verschwörungsdenken zu kon struieren und wird zudem ergänzt durch eine spezielle Zuwendung zu Informationsquellen, die sich aus Alternativen Medien, einer intensiven Nutzung sozialer Medien und von Instant Messanger Diensten wie Telegram mit einschlägigen Gruppen speist. Gerade dort gibt es eine inten sive Selbstverständigung über gemeinsame, abstrakte Verschwörungs narrative wie „Wir gegen die anderen“, „Die da oben machen, was sie wollen“, „Das kann kein Zufall sein“ und „Und wer profitiert davon?“. Die genannten Einflüsse, die auf das Konto der Verschwörungsgläubig keit einzahlen, finden sich zusammengefasst im Schaubild 1.
Schaubild 1. Heuristisches Modell der Einflüsse auf Verschwörungsmythen
Nach der Entwicklung eines heuristischen Modells zur Erklärung der Verbreitung und Rezeption von Verschwörungserzählungen sollen im Folgenden die Herausforderungen erörtert werden, die sich aus der Fal se-Balance-Thematik ergeben.
4. False Balance: Die Entstehung von Unwuchten in der Beurteilung publizistischer Qualität – und die Folgen Ausgewogenheit gehört zu den zentralen journalistischen Qualitäts- und Berufsnormen, das Ausbalancieren von Fakten, Positionen, Sichtweisen und Meinungen gehört zu den Kernelementen der demokratietheore tischen Begründung der Pressefreiheit (Engesser & Brüggemann 2016; Hallin & Mancini 2004, McQuail 1992). Sowohl die Artikulationsfunktion als auch die Meinungsbildungsfunktion bilden das normative Funda ment der Ausgewogenheit, das schon in der im Prozess der Aufklärung entwickelten Vorstellung von Gleichberechtigung seinen Ursprung fand (Engesser & Brüggemann 2016). Verbunden mit der Ausgewogenheit sind die nicht unproblematischen Berufsnormen Objektivität und Fairness. Westerstahl (1983) zufolge sind Unparteilichkeit, Ausgewogenheit und Neutralität Teildimensionen der Objektivität als publizistischer Zielvor stellung. Genaugenommen besteht ein wissenschaftlicher Konsens, dass Objektivität erkenntnistheoretisch betrachtet ein nicht erreichbares Ziel ist und eher als Ideal, zum Teil auch als „strategisches Ritual“ (Tuchman 1972) gehandelt wird, dem man sich durch Berufstechniken annähern kann. Fairness ist beispielsweise ein Mittel zum Zweck, das insbeson dere durch die Ausgewogenheitsnorm abgeleitet werden kann: Wenn in einem Konflikt beide Seiten bzw. Parteien gleichgewichtig zu Wort kom men, sei dies fair und führe zu einer objektiven Sicht- und Darstellungs weise. Boykoff und Boykoff (2004) haben in einer grundlegenden Studie zur False-Balance-Forschung ein Konzept für „journalistic balance“ er
arbeitet und konnten als Erste gravierende Probleme demonstrieren, die das neue Phänomen False Balance in der Klimawandelberichterstattung erzeugt: „Overall, this study demonstrates that there is a significant dif ference between the scientific community discourse and the US prestigepress discourse“ (Boykoff & Boykoff 2004: 134).
Auch Engesser und Brüggemann (2016) kritisieren eine solche schlich te Vorstellung von Ausgewogenheit, die in Anlehnung an Hagen (1995: 120) als „die gleichmäßige Berücksichtigung von Befürwortern und Gegnern in einer Kontroverse über politische Alternativen“ verstanden wird. Sie führen zwei Gründe an: Erstens sei die Vorstellung von Parität der Positionen sehr stark vom US-amerikanischen politischen System mit seiner Zwei-Parteien-Dominanz abgeleitet, in der es eben nur meist zwei Haltungen zu kontroversen Themen gebe. Dies sei vor allem in der Wahlkampfberichterstattung augenfällig. In Mitteleuropa mit dem eher dominierenden Verhältniswahlrecht und Mehrparteiensystemen stoße man leicht an die Grenze paritätischen Denkens. Zweitens habe gera de der Wissenschaftsjournalismus unter Beweis gestellt, dass die For derung nach ausgewogener Berichterstattung über die Frage nach der globalen Erderwärmung, dem Menschen gemachten Klimawandel oder des risikoarmen Impfens keinen Sinn macht und zu einer starken Ver zerrung führt, da infolge der erdrückenden wissenschaftlichen Evidenz für den menschengemachten Klimawandel oder die Vorteile des Impfens keine echte Zweiteilung, sondern eine faktenbasierte erdrückende Do minanz einer Position vorliegt. Da es zweifelsfreie wissenschaftliche Be funde gibt, dass sich eine falsch ausbalancierte Berichterstattung stark verunsichernd auf die Rezipienten auswirkt (Corbett & Durfee 2004; Lewandowsky et al. 2013; Kohl et al. 2015), schlagen die Autoren statt einer Orientierung an der vermeintlichen 50:50-Ausbalancierung eine proportionale Gewichtung vor, die der Artikulations- und Meinungsbil dungsfunktion eher entspreche (Engesser & Brüggemann 2016: 9). Zu dem biete sich gerade der Wissenschaftsjournalismus bei Themen wie Erderwärmung – und man kann hier aktuell ergänzen: Wirksamkeit von Impfungen als Maßnahme der Pandemie-Bekämpfung – für eine evidenzbasierte Gewichtung an, die sich an der Substanz und Robustheit wissenschaftlicher Befunde orientiert. Eine weitere Strategie zur ange messenen Handhabung der Ausgewogenheitsnorm sei die transparente Begründung der Gewichtung. Diese muss selbstverständlich den Maß stab für die Gewichtung offenlegen.
Diese Ausführungen machen klar, dass es zudem wichtig ist zu unter scheiden, ob es sich um die Darstellung von evidenzbasierten Fakten oder um Meinungen handelt, die zwar idealtypisch auf der Verarbeitung
von Fakten basieren, aber eben keine Tatsachenwahrheiten im Sinne Hannah Ahrendts sind. Im Falle von faktenbasierten Nachrichten und Informationen sind evidenz- und transparenzbasierte Gewichtungen der Positionen offenkundig angemessen und funktional, bei Meinun gen wird dies schwieriger, weil in den meisten Fällen Maßstäbe und Daten für die Meinungsverteilungen fehlen und es im journalistischen Arbeitsalltag extrem aufwändig wäre, die Evidenzbasiertheit zu prü fen. Dieses Defizit ist in der jüngeren Vergangenheit im gesellschafts politischen Diskurs um Ausgewogenheit instrumentell ausgenutzt wor den, um die mediale Verbreitung von Extrempositionen zu postulieren.
So lässt sich vermehrt beobachten, dass die journalistischen Objektivitäts- und Ausgewogenheitsbestrebungen im postfaktischen Zeitalter gegen den Journalismus gewendet wurden (Hohlfeld 2020). Rekurriert wird von populistischer Seite im Streit um die mediale Repräsentanz von Extrempositionen immer wieder auf Hanns Joachim Friedrichs‘ Journalismus-Mantra, „einen guten Journalisten erkennt man daran, daß er Distanz zum Gegenstand seiner Betrachtung hält; daß er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sa che, daß er immer dabei ist, aber nie dazugehört“. So, wie in den USA stets der Philosoph Thomas Nagel mit seinem „View from Nowhere“ in den Zeugenstand gerufen wird, wenn es um die gebotene journa listische Standpunktlosigkeit geht (Rosen 2010), muss auch der Inbe griff des angelsächsischen Neutralitätsgrundsatzes für die Kritik am so genannten Mainstream der Berichterstattung von Qualitätspresse und öffentlich-rechtlichem Rundfunk herhalten. Gerade aus den rechtsnationalen Kreisen der AfD heißt es dann, in Deutschland sei die über wiegend linksliberale Presse vom Geist des Gutmenschentums beseelt, mache sich mit multikulturellen Wertvorstellungen gemein, lobe die Willkommenskultur, unterstütze aktiv und einseitig die Migration nach Deutschland und habe die Grundprinzipien des neutralen Informati onsjournalismus aufgegeben.
Diese scheinbaren Belege für das Neutralitätsgebot übersehen als falsch verstandene Neutralitätsillusion jedoch, dass Friedrichs (1994) sowohl im Klappentext seiner Autobiographie „Journalistenleben“ als auch in einem bekannten Spiegel-Interview kurz vor seinem Tod nur ein State ment zur Tatsachenwahrheit abgegeben hatte und wie der ehemalige Spiegel-Journalist Cordt Schnibben (2018) versichert, nur den Kern des Nachrichtenjournalismus, nicht aber die Haltung zur demokratischen Weltanschauung mit diesem Zitat meinte. Es sei damit nicht gesagt, dass Journalisten keine (demokratische) Haltung zeigen dürfen.
So beklagte vor einigen Jahren Sandro Schroeder im Anschluss an die Debatte, ob sich deutsche Journalistinnen und Journalisten im Jahr 2017 in legitimer Weise an einem politischen Aufruf zur Befreiung des in der Türkei inhaftierten Kollegen Deniz Yücel beteiligen durften, dass im metajournalistischen Diskurs um so genannte Systemmedien, Main stream-Medien oder die böse Lügenpresse gerne das Friedrichs-Zitat als Totschlagsargument hervorgeholt wurde, um Journalisten zu gängeln: „Ihnen [den Kritikern, RH] geht es unter dem Vorwurf des Nicht-gemeinMachens darum, dass JournalistInnen auch extreme Positionen als gleichwertig darstellen – eine falsche Vorstellung von journalistischer Neutralität. Es ist die ‚Das wird man ja wohl noch sagen dürfen‘-Vor stellung von Meinungsfreiheit, die auch bitteschön Falsches und Men schenverachtendes zu tolerieren habe. Mit dem klaren Ziel, das OvertonFenster für ihre Zwecke zu verschieben, um Radikales zu normalisieren“ (Schroeder 2017).
Die gesellschaftspolitische Folge solcher Proklamationen zeigt sich darin, dass die professionelle Berufsnorm des Neutralitätsgebots und eine daraus resultierende Standpunktlosigkeit umgedeutet werden in eine Aufforderung zur Toleranz gegenüber Lügen, Unwahrheiten und Behauptungen, die sich gegen eine offene Gesellschaft richten und zur Akzeptanz von Positionen, mit denen die Abschaffung demokratischer Institutionen vorbereitet wird. So wird aus dem Umfeld der AfD mit Be zug auf die kritische Berichterstattung zu extremistischen Bewegungen wie PEGIDA, dem Flügel und den Identitären immer wieder die Kritik geäußert, die klassischen Nachrichtenmedien verfehlten die Qualitäts normen Ausgewogenheit, Unparteilichkeit Unabhängigkeit und Neut ralität.
Gerechterweise ist im Zusammenhang der politischen Instrumentali sierung und Umdeutung des Neutralitäts- und Ausgewogenheitspostu lats darauf hinzuweisen, dass diese Versuche politisch nicht nur aus dem rechtsextremen Spektrum stammen, sondern gleichermaßen im linksextremen Milieu zu finden sind. Insbesondere im Zuge der Ukra ine-Krise 2014 wurde kritisiert, dass die vermeintliche Vertrauenskri se hinsichtlich der Medien – als Krise zweiter Ordnung – auf einen zu engen Meinungskorridor der Medien in Deutschland zurückzuführen sei. Anstelle vieler Belege sei hier als Zitat nur ein Beispiel angeführt, das pars pro toto für eine angeblich antirussisch und pro-europäisch eingeengte Ukraine-Berichterstattung steht: „Sicher ist: Keine ‚Feind erklärung‘ kommt aus heiterem Himmel, kaum eine kommt ohne gedie gene Vorarbeit, ohne jahrelange Vorbereitung aus. Die Dämonisierung Russlands und seines Präsidenten setzte nicht erst mit der Umwälzung
in der Ukraine 2013/14 ein, sondern wesentlich früher. Als der Konflikt schließlich eskalierte, war das Feld längst bestellt; über Jahre hinweg hatten insbesondere die Medien fast alles, was in Russland geschah oder nicht geschah, mit einem negativen Vorzeichen versehen. Nun, im Ukraine-Konflikt, konnte man die Ernte einfahren“. Es stammt vom Po litikwissenschaftler Teusch (2016) und gab mit seinen Vorwürfen einer „Dämonisierung Russlands“ und einer „Feinderklärung“ durch den Westen den Maßstab ab, auf dessen Basis in einer kommunikations wissenschaftlichen Studie (Khan 2022) Ansprüche an eine so genann te „polyphone Berichterstattung“ der Nachrichtenmedien formuliert wurden: Danach hätten sich russlandkritische und russlandfreundli che Bewertungen im Zuge der Krim-Annexion 2014 die Waage halten müssen, und in der deutschen Presse hätten sich als Ausdruck des Ausgewogenheitspostulates die Bezeichnungen „Wiedervereinigung“, „Angliederung“ und „Annexion“ gleichmäßig verteilen sollen. Gera de die deutsche Russlandberichterstattung gibt die Folie ab, auf der es nur so wimmelt von empirischen Studien, die auf den False-Balan ce-Prinzipien beruhen (etwa Lichtenstein et al. 2019; Krüger & Mund 2020), indem sie explizit einfordern, antidemokratische, autoritäre und völkerrechtswidrige Positionen als gleichberechtigte und auszubalan cierende Elemente des Berichterstattungsspektrums zu betrachten.
Aber Ausgewogenheits- und Neutralitätsgebote haben keine Geltung für ideologische Standpunkte, die oft durch vielfältige Formen des Whata boutism (im vorliegenden Fall: völkerrechtswidrige Handlungen der USA) gerechtfertigt werden. Die in solchen Studien wiederholt erhobene Forderung nach polyphonem Journalismus – auf der Basis von zweifel haften Kriterien, die verlangen, dass die Zulässigkeit des Krim-Referen dums ambivalent zu beurteilen sei – ist schlussendlich eine akademische Aufforderung zur Verfestigung von False-Balance-Annahmen und zur Überdehnung des Overton-Windows mit Blick auf antidemokratische, autokratische Positionen, über die gleichberechtigt zu berichten sei. Die False-Balance-Thematik spielt mithin eine Rolle im Wissenschaftsjourna lismus, aber auch in der Kriegs- und Krisenberichterstattung. In das Be wusstsein der Öffentlichkeit ist sie jedoch erst gelangt, als im September 2021 der Satiriker Jan Böhmermann in einer Diskussionsrunde dem TalkShow-Moderator Markus Lanz vorwarf, dieser lade aus Kalkül Virologen in seine Sendung ein, die in populistischer Weise wissenschaftliche Au ßenseitermeinungen vertreten. Der Gesellschaftskritiker begründete sei ne Attacke mit dem Argument: „Nicht alle Dinge haben zwei Seiten, man kann nicht allem etwas vermeintlich Adäquates entgegensetzen, nur weil man in der Journalistenschule was falsch verstanden hat“ (Böhmermann zitiert in Grimm 2021). Stellvertretend für eine Reihe von Meinungsbeiträ
gen, die in deutschen Massenmedien als Folge des anschließenden medi alen Disputs erschienen, sei der Kommentar von Ferdinand Meyen (2021) zitiert: „Natürlich gibt es trotzdem Grenzen. Medien sollten Neo-Nazis oder Rassistinnen, Flat-Earthler, QAnon-Anhänger und Pandemie-Leug ner auf keinen Fall als gleichberechtigte Partner in Gesprächsrunden ein laden. Das hat nichts mehr mit Meinungsfreiheit oder Pluralismus zu tun. Und auch beim Thema Corona will ich nicht ständig wieder Stimmen hö ren, die dem widersprechen, was schon längst bekannt ist. Ich will keine Frau in einer Talkshow sehen, die behauptet, dass sie sich nicht impfen lässt, weil sie noch einen Kinderwunsch hat.“ In diesem Zusammenhang sei auch Evelyn Rolls medien- und selbstkritische Reflexion der Rolle von Journalistinnen und Journalisten angeführt: „Wenn jemand behauptet, die Erde ist eine Scheibe, darf die Schlagzeile eben nicht sein: `Streit um die Form der Erde‘“.
5. Das Overton-Window als möglicher Maßstab für Programmanforderungen wie Ausgewogenheit, Neutralität, Unparteilichkeit und Neutralität
Die Vorstellung einer falsch verstandenen Ausgewogenheit in der jour nalistischen Berichterstattung tangiert die Repräsentanz von Minderheitenmeinungen und Mehrheitsmeinungen im öffentlichen Diskurs und damit auch Fragen der Möglichkeit und Dynamik gesellschaftlichen Wandels. In dieser Hinsicht sollte einer demokratischen Gesellschaft durchaus an der freien und ungehinderten Veröffentlichung möglichst vieler Standpunkte gelegen sein, die in einen Wettstreit eintreten. Eine Berichterstattung, die alle Stimmen zu Wort kommen lässt, die sich auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegen und sich nicht gegen die Menschenwürde richten, ist insofern gesell schaftlich wünschenswert. Dass dabei Transparenz und Proportionali tät eine gewisse Rolle spielen und Konsens- und Randpositionen nicht paritätisch in der öffentlichen Kommunikation vertreten sein müssen – und sollen –, ist ebenfalls evident. Ergo ist eine Berichterstattung, die zu jedem gesellschaftspolitisch relevanten Thema die Standpunkte aller politischen Parteien und weltanschaulichen Gruppen quantitativ unterschiedslos abbildet, eine defizitäre Berichterstattung. Um bei ei nem aktuellen Thema zu bleiben: Die politische Bewertung, dass Russ land einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und Deutschland verpflichtet ist, dem Aggressor in dem Arm zu fallen, ist faktisch evident. Sich dieser Bewertung nicht anzuschließen, ist er laubt. Die Nachrichtenmedien haben sogar die Verpflichtung, darüber zu berichten, dass es Menschen gibt, die dieser Mehrheitsposition nicht folgen. Aber es gibt eben keine Verpflichtung, diese abweichenden Mei nungen quantitativ ausgewogen zu kommunizieren. Berichten ja – Aus
balancieren nein. Was aber gibt nun den angemessenen Maßstab ab, auf den sich journalistische Qualitätskriterien wie Neutralität, Ausgewogen heit, Fairness und Unparteilichkeit beziehen?
Als Bezugsrahmen der konsentierten Qualitätsansprüche an einen pro fessionellen Journalismus, die in der pluralististischen, offenen Mehr heitsgesellschaft Gültigkeit beanspruchen können, kann etwa das Overton-Window dienen, das den in einer Gesellschaft mehrheitlich akzeptierten Bereich von Positionen zu kontroversen Themen markiert (Jacobsen 2018). Das Fenster ist eine Metapher für den Bereich der Ideen, der von der Öffentlichkeit akzeptiert wird. Gemäß dieser Theorie hängt die politische Machbarkeit einer Idee in erster Linie davon ab, ob sie in diesem Fenster liegt. Die politische Meinungs- und Willensbildung ist sehr stark von diesem Raum geprägt, denn der ideengeschichtlich zu grunde liegende Marktplatz der Ideen und Meinungen findet darin sei ne Begrenzung (Hohlfeld 2020). Im Öffentlichkeitsraum einer Idee sind in dieser Sichtweise grundsätzlich nur demokratiekonforme akzeptable Standpunkte. Deshalb repräsentiert das Overton-Window die Maßstäbe der jeweils gültigen Wertesysteme einer Demokratie (und zwar in stati scher Hinsicht durch die Verfassung und die Menschenrechte) und des Meinungskorridors der liberalen Gesellschaft (und zwar in dynamischer Hinsicht durch Zustimmung zu weltanschaulichen Grundpositionen, also die öffentliche Meinung). Nicht repräsentiert in diesem Maßstab werden damit folglich Ideologien, welche Verfassung und Wertesystem zuwiderlaufen.
Wie ausführlich beschrieben wurde, versuchen nun vor allem Demokra tiegegner und Feinde der offenen, pluralistischen und modernen Gesell schaft mit der Absage an die Hoheit evidenzbasierter Faktizität den rati onalen Diskurs zu sabotieren. Sie beabsichtigen mit der Verschleierung von Information und mit den verschiedenen Formen der Desinformation (Wardle 2017; Zimmermann & Kohring 2018) Verunsicherung hervorzu rufen und damit eine gesellschaftliche Destabilisierung zu erzwingen. Die Publizistin Carolin Emcke hatte im Zuge der aufgeheizten Impfdebat te im Herbst 2021 auf die Kombination von Delegitimierung gesellschaft lichen Wandels und gleichzeitiger Reklamation von Meinungsfreiheit für grenzwertige Positionen hingewiesen (Hohlfeld 2021b). Nachdem jahrzehntelang die kulturelle und religiöse Pluralität der deutschen Ein wanderungsgesellschaft im öffentlichen Diskurs bei den restaurativen Kräften keine vollständige Akzeptanz gefunden habe, „soll nun auf ein mal Vielfalt der Meinungen über alles gestellt werden – selbst wenn es sich gar nicht um begründete Einsprüche oder Überzeugungen handelt,
sondern um falsche Tatsachenbehauptungen oder antisemitische und rassistische Hetze. Man könnte lachen, wenn es nicht so bitter wäre“ (Emcke 2021).
Mittel zum Zweck ist es in diesem Zusammenhang, das Unsagbare zum Sagbaren zu erheben, Schranken zu beseitigen, die als diskursive Normen die Spielregeln in der demokratischen Öffentlichkeit repräsentieren. Die antidemokratischen Kräfte bedienen sich dazu vielerlei Methoden, von denen die wirkungsvollste diejenige sein dürfte, mit gezielten Tabubrü chen das Overton-Fenster zu weiten und zu überdehnen. Der Tabubruch ist dabei häufig nicht die simple Lüge, sondern die viel wirksamere Dis kreditierung der Wahrheit. Das Overton-Fenster bildet traditionell den politisch zulässigen Handlungsrahmen bzw. Kommunikationsrahmen zu einem Thema ab. Das konsentierte Spektrum der politischen Meinun gen auf beiden Seiten des Status quo teilte Joseph P. Overton in Stufen auf. Im Zentrum des Fensters und als Abbild des Ist-Zustand finden sich die populären Positionen. Dann kommen die sinnvollen, dann die gera de noch akzeptablen. Außerhalb des Fensters finden sich die radikalen und noch weiter außen die undenkbaren Positionen. Das Fenster selbst umfasst nur die enge Mitte dieses Spektrums, die einigermaßen populären Positionen links und rechts vom Status quo (Schaubild 2). Das Modell enthält zudem noch die Vektoren „mehr Freiheit“, „weniger Freiheit“.
Schaubild 2: Das Overton-WindowWeil nun in der klassischen parlamentarischen Demokratie Politiker nur Dinge vertreten und umsetzen, die im Kern von Gesellschaft und Öffent lichkeit als akzeptabel betrachtet werden, nutzen Gegner der Demokra tie das Konzept in diametraler Absicht: Denn sie wissen, dass sie zuerst die öffentliche Meinung verschieben müssen, bevor sich die Politik än dert. Sie tun das mit zwei Instrumenten. Einerseits mit „Fake News“, Desinformation und Hate Speech, die in den Echokammern der sozialen Netzwerke mit Resonanz aufgeladen werden, andererseits mit dem sys tematischen Bestreiten der Wahrheitsfunktion gemeinwohlorientierter Kommunikation, vulgo: Journalismus. Die analysierten Verschwörungs erzählungen, die den Journalismus und „die Medien“ in den Mittelpunkt rücken, dokumentieren die vielfältigen Versuche der Delegitimierung.
Die Post-Truth-Ära stresst auf diese Weise den Journalismus. Wie kann und muss er sich behaupten, jetzt da er im Zuge des digitalen Wandels nicht nur wirtschaftlich und publizistisch, sondern auch in Bezug auf Debatten- und Diskurshoheit seine Meinungsführerschaft verloren hat und das Leitmedienprinzip in der öffentlichen Kommunikation kein Monopol mehr besitzt? Es würde in dieser Situation schon einmal hel fen, wenn die (Kommunikations-)Wissenschaft laut und vernehmlich erläutert, dass die Qualitätsnorm der Ausgewogenheit sich nur auf den Bezugsrahmen des Gesellschaftssystems und der in ihm konsentierten Werte bezieht. In anderen Worten: dass das Overton-Fenster allein die pluralistische, offene Gesellschaft, den Rechtsstaat und die freiheit lich-demokratische Grundordnung umspannt. Wenn klar artikuliert wird, dass das Ausgewogenheitspostulat nur für das zentrale Mei nungsspektrum von Demokratie und für den Kernbereich der plura listischen Gesellschaft gilt, nicht aber für rechtsextremistische Lügen pressevorwürfe, xenophobe Verschwörungstheorien, „Fake News“ und Alternative Fakten, ist schon viel gewonnen. Verfassungsfeindliche, il liberale, antidemokratische, pluralismus-skeptische, gesellschaftszer setzende und nationalistisch geschlossene Positionen (und Weltbilder) liegen außerhalb des normativen Rahmens und des für Ausgewogen heitsforderungen relevanten Meinungs- und Wertekorridors. Noch einmal: Es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass Unparteilichkeit, Ausgewogenheit und Neutralität als Qualitätsnormen, die sich aus den öffentlich-rechtlichen Programmanforderungen ableiten lassen und den Kern der journalistischen Berufsnorm beschreiben, nicht für so ge nannte Meinungsangebote gelten, die sich außerhalb des Wertekanons befinden und welche Staatsform, Gesellschaftssystem und die basalen kulturellen und gesellschaftspolitischen Übereinkünfte und Identitä ten eines Landes angreifen. Rassismus, Diskriminierung, Antisemitis mus, Autoritarismus, krude Verschwörungserzählungen und antide
mokratische Haltungen sind nicht davon gedeckt. Aus diesem Grund fordert Emcke (2021), „begriffliche und politische Grenzen zu ziehen“, denn eine demokratische Gesellschaft könne nicht bestehen, wenn sie sich in der öffentlichen Auseinandersetzung der dafür notwendigen Instrumente beraube: „Eine demokratische Gesellschaft braucht die Fähigkeit zu spalten – sie muss unverhandelbare Grenzen markieren können, sie muss rationale Standards aus Gründen und Argumenten verlangen können. Sonst lässt sie diejenigen allein, die an sie glauben und die ihren Schutz brauchen.“
6. Conclusio zu Wertehorizont und Meinungskorridor als Maßstäbe für eine ausgewogene Berichterstattung im Sinn des Public Values
Die von Emcke angesprochenen unverhandelbaren Grenzen sind zum ei nen Werte-Grenzen, zum anderen sind es zugleich kommunikative Gren zen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem (Un)-Sagbaren selbst und der Berichterstattung über das (Un)-Sagbare. Die Holocaust-Leugnung als kommunikativer Akt gehört zum Unsagbaren und liegt außerhalb beider Grenzen, die Berichterstattung über die Holocaust-Leugnung liegt innerhalb unserer kommunikativen Grenzen. Über sie kann und muss berichtet werden, aber nicht im Sinne einer Ausbalancierung. Es geht dabei um die notwendige Unterscheidung zwischen Positionen, die im demokratisch festgelegten Fenster verortet sind und für die Kriterien wie Ausgewogenheit, Neutralität und Maßstabstreue angelegt werden können, und Positionen, die außerhalb des Fensters liegen: Bei letzteren wirkt die journalistische Berufsnorm bzw. das Berufsethos, nämlich der Drang des „An-den-Tag-Bringens“, den Horst Pöttker (1999) schon von der Berufsbezeichnung „Journalist“ (im französischen Nomen „le jour“ bzw. der Tag) ableitet: Journalisten brächten an den Tag, was nicht ver schwiegen werden darf, damit ihre Rezipienten sich in der Gesellschaft zurechtfinden können. Daraus ergäbe sich eine Grundpflicht zum Pub lizieren, „von der im Prinzip kein Gegenstand und kein Thema ausge nommen ist“ (Pöttker: 221). Dies korrespondiert stark mit der allgemei nen Thematisierungsfunktion der Massenmedien, die jedoch nicht per se ausbalanciert werden muss.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die hier gezogenen Schlussfolge rungen wollen nicht den demokratischen Meinungskorridor definieren, sie sollen vielmehr helfen, Kriterien zu entwickeln, die zur Reflexion über Ansprüche und Anforderungen der journalistischen Berichterstat tung im Allgemeinen und des Public Values des öffentlich-rechtlichen im Besonderen dienen können.
Zunächst einmal ist davon auszugehen, dass die (Qualitäts)-Kriterien un strittig sind, auf die sich alle Seiten berufen, und zwar sowohl diejenigen, die eine grenzenlose Meinungsfreiheit reklamieren, als auch diejenigen, die eine Notwendigkeit erblicken, einen systembedingten Meinungskorri dor zu befestigen. Es handelt sich um normative publizistische Zielvorstel lungen, die die Meinungsvielfalt in der Gesellschaft regulieren bzw. ord nen und eine realitätsgetreue Widergabe von gesellschaftlichen Positionen organisieren sollen: Diese Kriterien heißen je nach Neigung und begriffli chem Zugang „Objektivität“, „Neutralität“, „Ausgewogenheit“, „Unpartei lichkeit“, Maßstabsgerechtigkeit“ und „Fairness“. Im Zentrum soll aber weiterhin der am wenigsten strittige Begriff „Ausgewogenheit“ stehen.
In der kommunikationswissenschaftlichen Forschung hat sich über die Jahre gezeigt, dass die Messung dieser Qualitätskriterien problem behaftet (Arnold 2009), aber kontrollierbar ist. Was dabei jedoch häu fig unterbleibt und deshalb zum False-Balance-Problem führt, ist, den Maßstab für die Qualitätskriterien der Ausgewogenheit zu definieren, zu begründen und zu kommunizieren. Es konnte dabei in dieser Studie ge zeigt werden, dass dieses Vorhaben konfrontiert ist mit der Problematik des komplexen Zusammenspiels von inhaltlicher und kommunikativer Komplexitätsausweitung, menschlicher Überforderung, einem fehlen den Konsens hinsichtlich des Wirkungsbereichs (ergo einer allgemeinen Maßstabslosigkeit) und unklarer Koordinaten, mit denen Reichweite und Wirkungskreis der Kriterien eingrenzbar gemacht werden können. Dies wiederum eröffnet der politischen Instrumentalisierung Tür und Tor. In internationaler Perspektive bilden sind sich im so genannten Kampf der Systeme Ansatzpunkte für den Vorwurf der Einseitigkeit des Medien systems – Stichwort „eurozentristische Perspektive“. Und in nationaler Perspektive suchen extremistische Kreise der Restauration, des Nationa lismus, des Autoritarismus und der so genannten illiberalen Demokratie nach medialen Sündenböcken für die gefühlte Unterrepräsentation der eigenen Position und schreien „Lügenpresse“ und Systemmedien“.
Das Overton-Window kann nun den bislang fehlenden Maßstab für den die Regulierung und Ordnung der demokratietheoretisch notwendigen Meinungsvielfalt abgeben. Innerhalb des Fensters liegen die Themen und Positionen, für die das Ausgewogenheitspostulat gilt, außerhalb des Fensters existieren Positionen, die entweder berichterstattenswert aber nicht auszubalancieren sind (radikal), oder grundsätzlich nicht bericht erstattenswert (undenkbar). Für diese sollten professionelle journalisti sche Medien keine Plattform bilden. Was genau aber zeigen Qualität und Einordnung der gesellschaftlichen Themen und Positionen als staatspo litisch, beliebt, sinnvoll und akzeptabel an?
Für diese Frage kann die vorliegende Abhandlung keine abschließen de Antwort geben. Ob dies über empirische Erhebungen zur Akzeptanz von Normen, Werten oder gesellschaftlichen Grundpositionen vollzogen werden kann oder staats- und verfassungsrechtliche Kategorien zu Rate zu ziehen sind, muss an dieser Stelle offenbleiben. Sicher ist, dass die staatspolitisch (bis) akzeptablen Positionen sich nicht gegen die frei heitlich-demokratische Grundordnung, die Verfassung, die parlamenta rische Demokratie sowie die Menschenrechte richten dürfen, sie dürfen zudem weder rassistisch noch antisemitisch sein. Zu einer solchen exnegativo-Begründung könnte komplementär eine Positivliste mit gesell schaftsfördernden Eigenschaften der Positionen hinzugefügt werden, etwa: Rationalität, Offenheit, Widerlegbarkeit, Ideologiefreiheit, Plu ralität, Respekt, Solidarität, Freiheit, Gleichbehandlung, Gemeinwohl. Sie dürfen also nicht gegen das Gemeinwesen gerichtet sein, sie dürfen nicht die Menschenwürde missachten und sich dürfen zudem nicht die vergemeinschafteten Freiheitsrechte beeinträchtigen.
In Tabelle 1 wird als unverbindlicher Vorschlag an Beispielen der aktu ellen Krisen demonstriert, welche Themenfelder und Positionen Teil der berichtspflichtigen Öffentlichkeit sind und welche nicht. Unterschieden werden muss dabei zwischen Themen, die dem Neutralitäts-, Ausgewo genheits- und Unparteilichkeitsprinzip unterliegen, Themen, für die das nicht gilt, und Themen, die außerhalb einer medienvermittelten Öffent lichkeit liegen. Zu den Themen ausbalancierte Repräsentanz gehören in der Beispielmatrix die (aus dem Bereich des politischen Journalismus stammenden) Fragen der Waffenlieferung an die Ukraine und der Maß nahmen zur Pandemiebekämpfung, für deren mögliche Perspektiven eine Proportionalität der Berichterstattung gilt. Die Themen Klimawan del und Schutzwirkung der Corona-Impfung unterliegen dagegen nicht dem Ausgewogenheitsprinzip, hier lässt sich keine Proportionalität einfordern. Grund dafür ist, dass es sich um Themen aus dem Bereich Wissenschaftsjournalismus handelt, für die eine zweifelsfreie wissen schaftliche Evidenz vorliegt. Nicht jedem Hinweis auf die Wirksamkeit der Impfung ist deshalb eine Position gegenüberzustellen, die die Wirksamkeit in Frage stellt. Dasselbe gilt für den menschengemachten Kli mawandel.
Für die faktisch falschen und radikalen Positionen, die sich den vier Feldern zuordnen lassen wie „Die Nato hat Schuld am Krieg“, „Der Kli mawandel ist nicht menschengemacht“, „Wir leben in einer Corona-Dik tatur“, „Die Impfung macht unfruchtbar“ gilt, dass sie allenfalls eine ein fache Repräsentanz im Diskurs beanspruchen können. Journalistische Medien sollten diese Positionen nicht totschweigen, sondern kritisch da
rüber berichten und sich fallbezogen mit ihnen und ihrer Urheberschaft auseinandersetzen. Ob Verfechter derartiger Positionen für sich rekla mieren dürfen, auf der Besetzungsliste einer Talkshow aufzutauchen, ist eine andere Frage. Für die vier als „unsagbar“ markierten attribuierten Positionen „Der Ukraine-Krieg ist eine Erfindung des Westens“, „Der Klimawandel ist eine Erfindung des Weltjudentums“, Die Juden haben Schuld an der Pandemie“, „Durch die Impfung soll die Weltbevölkerung halbiert/ ausgerottet werden“ gilt dagegen, dass sie nicht Gegenstand der Routineberichterstattung sein sollen, da sie antisemitische und ver schwörungsideologische Inhalte transportieren. Für sie gilt: Sie sollten nur in Ausnahmefällen zu Themen der Berichterstattung gemacht wer den, dann aber zu einer aufklärerischen, kritischen Berichterstattung, die vor dem Gefährdungspotenzial solcher Diskurselemente für die De mokratie warnt.
Tabelle 1: Matrix aktueller Positionen und ihrer Ausgewogenheitsansprüche
Fettgedruckt sind die Themenfelder, mager die beispielhaften (Extrem)Positionen. Mit einem * versehene Themen basieren auf uneingeschränk ter wissenschaftlicher Evidenz
Die schon zitierte Essayistin Evelyn Roll (2016) bringt das auf den Punkt, wenn sie schreibt: „Vielleicht müssen wir Journalisten neu lernen, dass man einen Text durchaus auch mal beginnen kann mit den drei Wörtern: Das ist falsch. Wenn einer den Klimawandel oder die Evolution leugnet oder mit Lügen gegen eine Minderheit hetzt, darf man darüber nicht nur berichten, sondern muss dazu senden oder schreiben: Das ist eine Erfin dung. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber niemand hat das Recht auf eigene Fakten. Es wird überlebenswichtig sein für die De mokratie, eine Lüge wieder eine Lüge zu nennen.“
7. Fazit
Das vorliegende Studienprojekt hatte sich die Aufgabe gestellt, die Her ausforderungen herauszuarbeiten, die der digitale Wandel in informati onsökologischer Hinsicht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und andere Qualitätsmedien mit sich bringt. Die klassischen Medien sind in der jüngeren Vergangenheit vermehrt unter Druck einer digitalen Gegenöffentlichkeit geraten und müssen sich gezielt mit populistischen Vor würfen auseinandersetzen, sie berichteten einseitig, unausgewogen und regierungsnah (Gräf & Hennig 2020). Solch medienkritische und me dienskeptische Vorwürfe haben sich unterdessen zu robusten Verschwö rungserzählungen verdichtet. Der Kernvorwurf einer einseitigen und parteiischen Berichterstattung resultiert dabei aus dem Umstand, dass im gesellschaftlichen Diskurs zum einen nicht angemessen zwischen Fakten und Meinungen unterschieden wird (Signatur des Postfaktischen Zeitalters), zum anderen vermehrt die Überlegenheit wissenschaftlicher Evidenz geleugnet wird, und schließlich und endlich eine fehlgeleitete Vorstellung über den Maßstab und die Bezugsgröße der journalistischen Berufsnorm „Ausgewogenheit“ besteht, die ignoriert, dass es einen durch demokratische Grundwerte befestigten Meinungskorridor gibt, dessen Grenzen gegen antidemokratische Bestrebungen, Antisemitismus, Ras sismus, Hetze und Ausgrenzung gezogen werden müssen. Es wurde der Vorschlag unterbreitet, das politische Konzept des Overton-Windows zu nutzen, um dem False-Balance-Phänomen, also der Vorstellung falscher Ausgewogenheit, mit einem angemessenen Maßstab zu begegnen, der für unterschiedliche Themen und Positionen unterschiedliche Ausgewo genheits- und Repräsentanz-Anforderungen vorsieht. Da der öffentliche Rundfunk als Objekt der Medienskepsis und Subjekt der gesellschaftli chen Meinungs- und politischen Willensbildung doppelt von der The matik betroffen ist, schafft diese Überlegung die Möglichkeit, den Public
Value nicht nur in einem adäquaten Umgang mit der Repräsentanz und Proportionalität von unterschiedlichen Formen der Meinungsäußerung abzubilden, sondern durch das Mitwirken an demokratisch konsentier ten Kriterien für einen systemstabilisierenden Maßstab für ausbalancier te Berichterstattung Tendenzen von Verschwörungsideologien, Extre mismus und Populismus entgegenzuwirken. Dies würde nicht nur einen Mehrwert für den öffentlichen Rundfunk als Selbstzweck seiner Bestim mung schaffen, sondern würde auch einen gesellschaftlichen Mehrwert erbringen, weil damit das Erwartungsmanagement der Medienpublika hinsichtlich der Beschaffenheit öffentlicher Kommunikation gesteuert und moderiert werden kann.
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1. Einleitung
Das Verhältnis zwischen Journalist*innen und ihrem Publikum hat sich im digitalen Zeitalter grundlegend verändert (Schmidt & Loo sen, 2015; Wilhelm et al., 2021). Digitale Kommunikationskontexte gehen mit einem höheren Maß an Sichtbarkeit und Interaktivität ein her, wobei die Interaktion zwischen Journalismus und Publikum als sogenannte „masspersonal communication“ (O’Sullivan & Carr, 2018, S. 1164) – eine Kombination aus Massen- und interpersonaler Kom munikation – charakterisiert werden kann. Journalist*innen und Publikumsvertreter*innen stehen an vielfältigen Punkten im direkten, persönlichen Kontakt. Das Publikum besitzt die Möglichkeit, sich mit Journalist*innen in Verbindung zu setzen und sich aktiv an journalis tischen Prozessen zu beteiligen, und Journalist*innen verfügen bei spielsweise über deutlich mehr Informationen über ihr Publikum, des sen Interessen sowie dessen Wünsche (Loosen, 2016).
Für öffentlich-rechtliche Medien spielt die Beziehung zum und Interaktion mit dem Publikum eine wichtige Rolle: So geht der Medienstaats vertrag von 2020 auch auf den Austausch mit dem Publikum ein. So sollen durch „die zeitgemäße Gestaltung der Telemedienangebote [...] allen Bevölkerungsgruppen“ unter anderem „Möglichkeiten der inter aktiven Kommunikation angeboten“ (§ 30 Abs. 3) werden. Hinsichtlich der Angebote für junge Menschen wird auf eine „zielgruppengerechte interaktive Kommunikation mit den Nutzern sowie [...] verstetigte Mög lichkeiten ihrer Partizipation“ (§ 33 Abs. 2) hingewiesen, während zu digitalen Fernsehkanälen der ARD ergänzende interaktive Angebote „wie z. B. redaktionell begleitete Chats, Foren, Rankings, Bewertun gen“ (Anlage zu § 28 Abs. 1 Nr. 2 des MStV) angemerkt werden.
ERWARTUNGEN IN DER JOURNALISMUS-PUBLIKUMBEZIEHUNG IN DIGITALEN KONTEXTEN – DETERMINANTEN DER ACCOUNTABILITY VON ÖFFENTLICHRECHTLICHEN MEDIENJUN.-PROF. IN DR. IN HELENA STEHLE UNIVERSITÄT MÜNSTER DR. IN BERNADETTE UTH UNIVERSITÄT MÜNSTER DR. IN HANNE DETEL UNIVERSITÄT TÜBINGEN
Mit der Digitalisierung und den damit zusammenhängenden Möglich keiten der Interaktion wurden große Hoffnungen verbunden, die mitt lerweile jedoch oftmals Ernüchterung gewichen sind: Nur wenige Pu blikumsmitglieder haben Interesse an einer aktiven Beteiligung am Journalismus (Loosen et al., 2020). Online-Diskussionen und Kommen tarspalten sind häufig von Hate Speech und Angriffen geprägt (Zick & Preuß, 2021). Desinformation wird angesichts von Anonymität und einer schnellen Informationsverbreitung im Netz zu einem größer werdenden Problem (Schicha et al., 2021). Im öffentlichen Diskurs wird oftmals das Stichwort der Vertrauenskrise laut und insbesondere öffentlich-rechtli che Medien sehen sich teils starker Kritik und Anfeindungen ausgesetzt (Uth, 2021). Angesichts der Bedeutung von Journalismus, insbesondere öffentlich-rechtlicher Medien, als „a force of public accountability“ (Re vers, 2017, S. 24) und „a conduit for democracy“ (Revers, 2017, S. 24) ist dies eine Entwicklung, die Gefahrenpotenzial birgt und hinsichtlich der Relevanz und Ausgestaltung der Journalismus-Publikum-Beziehung be rücksichtigt werden muss.
Auch im Hinblick auf gesellschaftliche Legitimität und Rechenschafts pflicht im Sinne des „being liable and answerable to someone for so mething“ (Carroll, 2016, S. 1) scheint die Frage nach der Beziehung zwischen Journalismus und Publikum auf. Denn eine solche Rechen schaftspflicht, die beispielsweise in Deutschland staatsfern verankert ist, findet ihren Ausdruck nicht nur im Instrumentarium der sog. Media Accountability und der Selbstregulation (z. B. in Form von Gremien wie Rundfunk- oder Publikumsräten oder Ombudspersonen), sondern auch in der Erwartungshaltung des Publikums und in der Beziehung und In teraktion zwischen Journalist*innen und Publikum. So sprechen Eber wein, Fengler und Karmasin (2019) beispielsweise in Anlehnung an Bar doel und d’Haenens (2004) von „public accountability“ (S. 6, Hv. nicht übernommen) als vierter Ausprägung medialer Rechenschaftspflicht, die mit „the media’s assignment of maintaining more direct relation ships with citizens“ (S. 6) korrespondiert.
Zentrale Basis der Journalismus-Publikum-Beziehung sind wechselseiti ge Erwartungen, die diesem Verhältnis zugrunde liegen (Wilhelm et al., 2021). Erwartungen werden dabei als „enduring cognitions about the be havior anticipated of others“ (Burgoon, 2016, S. 2) verstanden, die durch Merkmale der Beteiligten, durch ihre Beziehung und Interaktion sowie durch weitere Kontextmerkmale beeinflusst werden. Eine Erwartungs erfüllung wird häufig mit positiven Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Journalismus und Publikum verbunden, eine Erwartungsver letzung mit negativen. So wird angenommen, dass ein Auseinanderklaf
fen von Erwartungen und Realität zu einer Schädigung der Beziehung oder sogar zu einem Auseinanderbrechen dieser führt (Hohlfeld, 2016). Skepsis und sogar die Abwendung von journalistischen Medien werden als Folge prognostiziert. Dass dies eine Vereinfachung einer komplexen Verbindung zwischen Erwartungen und ihrer Erfüllung bzw. Verletzung darstellt, wird im Folgenden aufgezeigt.
Der vorliegende Beitrag nimmt daher folgende Fragen in den Blick: Welche wechselseitigen Erwartungen liegen in der Journalismus-Publi kum-Beziehung vor, insbesondere mit Blick auf die Möglichkeiten wech selseitiger Interaktion in digitalen Kontexten? Welche Folgen können Erfüllung und Nicht-Erfüllung dieser Erwartungen für die Beziehung haben? Dazu wird zunächst der Forschungsstand zur JournalismusPublikum-Beziehung in digitalen Medienumgebungen vorgestellt. An schließend werden wechselseitige Erwartungen und Möglichkeiten ihrer Erfassung thematisiert, ehe Folgen ihrer Erfüllung und Nicht-Erfüllung in den Blick genommen werden. Der Beitrag schließt mit Implikationen für die journalistische Praxis öffentlich-rechtlicher Medien.
2. Die Journalismus-Publikum-Beziehung in digitalen Kontexten
Die Beziehung zu seinem Publikum ist essenziell für den Journalismus. Ohne dieses würde der Journalismus seine Funktion verlieren und seine gesellschaftliche Legitimität würde in Frage gestellt (Prochazka, 2020). Dies gilt insbesondere im Fall der öffentlich-rechtlichen Medien. Die Be ziehung zwischen dem Journalismus und seinem Publikum ist dabei in den letzten Jahrzehnten, insbesondere durch die Digitalisierung, vielfäl tigen Veränderungen unterlegen, die sowohl mit Chancen als auch mit Herausforderungen für das wechselseitige Verhältnis einhergehen.
Ihre Bedeutung Während 1969 Glotz und Langenbucher (1993, Nachdruck) in einer Art „Brandschrift“ vom „mißachteten Leser“ sprechen und es bis in die 1980er-Jahre „als verpönt galt, sich am Publikum zu orientieren“ (Mei er, 2018, S. 105), werden die Beziehung zwischen Journalismus und Pu blikum sowie die online mögliche unmittelbare Interaktion zwischen Journalist*innen und Publikumsmitgliedern mittlerweile als zentral an gesehen (Loosen, 2016; Loosen & Schmidt, 2016).
Vor allem für öffentlich-rechtliche Medien, für die die Orientierung an und Interaktion mit ihrem Publikum wie bereits angesprochen eine im Medienstaatsvertrag von 2020 festgehaltene Aufgabe und Zielsetzung darstellt, ist die Beziehung zum Publikum zentral und als wichtige Kenngröße zu verstehen. Durch ihren öffentlichen Auftrag und die Pflicht
zur Grundversorgung haben sie noch mehr als private Medienanbieter, deren Orientierung am Publikum sich insbesondere in kommerziellen Gesichtspunkten begründet, die Aufrechterhaltung und Pflege der Be ziehung zu Öffentlichkeit und Gesellschaft im Zentrum ihrer Aufgabe. Vor allem im letzten Jahrzehnt und durch die gesteigerten Möglichkeiten zum direkten Austausch hat sich der Fokus der Beziehung zwischen Pub likum und öffentlich-rechtlichen Medien über die reine Informationsver sorgung und eine Orientierung an Publikumsinteressen vermehrt auch auf den Dialog und die Interaktion mit dem Publikum verlagert. Wolf (2015) betont die Relevanz der Publikumsbeziehung im öffentlich-recht lichen Rundfunk vor allem aus medienpolitischer Sichtweise: Durch die Finanzierung in Form der Haushaltsabgabe sind die Bürger*innen der Gesellschaft gewissermaßen als Stakeholder des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu verstehen – und haben damit einhergehend das Recht, Ansprüche und Erwartungen an diesen zu stellen. Mohr und Schiller (2021) definieren den Dialog sowie die Interaktion mit dem Publikum deshalb auch als Zielvorgabe und Erfolgsgröße im Rahmen des Public Value des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auch nach Eichler (2022) sind Interaktion sowie Partizipation als Teil des Public Value und damit des öffentlichen Auftrags zu sehen. Er verweist auf die Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Medien, sich aktiv am Diskurs mit dem Publi kum zu beteiligen und dadurch sowohl mediale als auch gesellschaftli che sowie politische Teilhabe zu befördern.
Die Relevanz der Beziehung zum Publikum spiegelt sich nicht zuletzt auch in organisatorischer Hinsicht wider. Organe wie der Publikumsrat (z. B. bei ORF, SRF, BBC) oder Zuschauerredaktionen (z. B. der ARD) kön nen als institutionalisierte Formen der Publikumsorientierung und -inte gration verstanden werden. Auch in der Selbstverpflichtung der ARD für 2021/22 findet sich ein Rückbezug auf die Orientierung am Gemeinwohl und die Wertschätzung des Publikums, im Zielbild wird vermerkt: „Nutz erzentriert. Die Bedürfnisse der Menschen sind für uns maßgeblich“. Eine Befragung von Journalist*innen bei der Tagesschau unterstreicht diese Zielsetzung – neben informatorischen Aufgaben sehen die Befragten hier auch die Einbindung des Publikums und partizipationsbezoge ne Elemente als Teil ihrer publizistischen Rolle und wichtigen Bestand teil ihrer Aufgabe (Loosen et al., 2013).
Die Beziehung zwischen Journalismus und Publikum wird verstanden als eine soziale Beziehung (Loosen et al., 2020, S. 3) und langfristig angelegte Struktur, die nicht nur aus abstraktem Kontakt von Systemen oder Or ganisationen, sondern im vorliegenden Fall aus wiederkehrenden Inter aktionen zwischen Vertreter*innen beider Seiten besteht (Meusel, 2014;
Scholl et al., 2014; Wilhelm et al., 2021). Interaktion wird dabei als re ziprokes, wechselseitig aufeinander bezogenes Handeln modelliert, das sich im Falle von Kommunikation um wechselseitiges Informieren und Verstehen bemüht (Wilhelm et al., 2021). Die Journalismus-PublikumBeziehung ist nicht nur von solcher Kommunikation – in ihrer Basisform bestehend aus dem Senden und Empfangen journalistischer Angebote –geprägt, sondern in hohem Maße auch von gegenseitigen Erwartungen zwischen Journalismus und Publikum sowie vom wahrgenommenen Grad ihrer Erfüllung beziehungsweise Verletzung (Meusel, 2014).
Die Gründe dafür, dass die Journalismus-Publikum-Beziehung heute als zentral angesehen wird, sind vielfältig. Ökonomische Aspekte wie z. B. eine wachsende Konkurrenz, auch durch nicht-journalistische Akteure, werden von technischem Wandel im Zuge der Digitalisierung und von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie z. B. einer Polarisierung des Publikums im Hinblick auf Medienvertrauen (Jakobs et al., 2021) oder einer „Lust“ zu kommentieren und selbst zu kommunizieren flankiert (Meier, 2018; Prochazka & Schweiger, 2020). Bürger*innen sind nicht länger zwingend auf professionelle Informationsvermittler*innen ange wiesen, sondern können direkt auf Informationen und Quellen zugreifen und eigene Inhalte mit einer breiten Masse teilen. Das „technische ‚Nadelöhr‘ [...], das Presse und Rundfunk bislang bildeten“ (Neuberger & Quandt, 2018, o. S.), entfällt und an der öffentlichen Kommunikation können sich viele beteiligen und mit anderen interagieren – darunter auch mit Vertreter*innen der jeweils anderen Seite.
So haben sich in digitalen Kontexten die Möglichkeiten zu wechselseiti ger Beobachtung bis hin zu unmittelbarer Interaktion potenziert. Die ge genseitige Sichtbarkeit, verstanden als Potenzial zur Wahrnehmbarkeit des Gegenübers unabhängig von geografischer oder zeitlicher Präsenz, hat deutlich zugenommen (Detel, 2013; Wilhelm et al., 2021). Daran an knüpfend verändert sich die Journalismus-Publikum-Beziehung selbst.
Ihre Veränderung
Dem Publikum kam aus Sicht journalistischer Redaktionen lange Zeit nicht nur eine mehrheitlich passive Rolle zu. Auch das Wissen über das eigene Publikum und dessen Interessen beruhte vorwiegend auf Markt forschung, diffusen Annahmen über das eigene Publikum und dessen Erwartungen sowie vereinzelten Rückmeldungen, die die Redaktionen in Form von Zuschriften erreichten (Hohlfeld, 2016). Ein Austausch zwi schen Journalismus und Publikum fand nur selten und in Ausnahmefäl len statt. Die Rolle des Publikums beschränkte sich größtenteils auf die passive Rezeption journalistischer Inhalte.
Heute verfügen Redaktionen über deutlich mehr Wissen darüber, wie sich ihr Publikum zusammensetzt, wer ihre Beiträge rezipiert und vor allem auch wie ihre Arbeit wahrgenommen und genutzt wird (Ferrucci et al., 2020). Quantitative Messungen und Daten geben Aufschluss über Nut zungsgewohnheiten und -verhalten des Publikums, zudem erhalten die Redaktionen durch neue Formen der Interaktion auch mehr Feedback in qualitativer Form, beispielsweise durch Nutzer*innenkommentare oder Publikumsmails.
Darüber hinaus bieten sich in digitalen Kommunikationskontexten viel fältige Möglichkeiten zur aktiven Einbeziehung und Beteiligung des Pu blikums an der journalistischen Produktion und ihren Prozessen (Lee & Tandoc, 2017; Welbers et al., 2016) – diese Einbindung des ehemals passiven Publikums in einer aktiven Rolle wird als partizipativer Jour nalismus bezeichnet (Engelke, 2019). Prinzipiell hat der Journalismus auf allen Stufen seiner Produktionsprozesse die Möglichkeit und Chan ce zur Einbindung seines Publikums, angefangen von der Themensuche und Recherche über die Selektion von Themen, die Aufbereitung und Bearbeitung sowie Präsentation von Themen bis hin zu der Produktion nachgelagerten Formen wie beispielsweise der Diskussion und Weiter verbreitung von journalistischen Inhalten (Domingo et al., 2008; Engel ke, 2019). Dadurch kann nicht nur das Publikum aktiv am Journalismus teilhaben, sondern sich der Journalismus auch gegenüber seinem Pu blikum öffnen. Die Grenzen ehemals weitgehend getrennter Rollen als Kommunikator*innen versus als Empfänger*innen der von professio nellen Journalist*innen bereitgestellten Angebote verschwimmen damit zunehmend und es ergeben sich mehr und neue Potenziale für Transpa renz und einen Blick hinter die Kulissen – der oftmals mit der Hoffnung auf mehr Verständnis, auf Austausch und Dialog sowie auf eine positive Beziehung verbunden ist.
Eine der zentralsten Veränderungen in der Journalismus-Publikum-Be ziehung sind jedoch die Interaktionspotenziale, die in digitalen Kom munikationskontexten aufscheinen. Das Internet eröffnet dem Jour nalismus vielfältige direkte Kanäle zu seinem Publikum und auch das Publikum kann mit wenig Aufwand in den direkten, unmittelbaren Kon takt treten. Beide Seiten können sich über Themen, Inhalte, Wünsche und Erwartungen austauschen und sich Feedback geben. Dadurch wird idealtypisch eine gleichberechtigte und zweiseitige Beziehung zwischen dem Journalismus und seinem Publikum möglich und gefördert (Jakobs, 2014). Wie beschrieben sind jedoch oftmals negative und inzivile Arten des Austauschs zu beobachten (Chen et al., 2020).
Ihre wissenschaftliche Erfassung
Die Journalismus-Publikum-Beziehung war und ist nicht nur in der jour nalistischen Praxis immer wieder Thema, sondern auch in der Journalis musforschung. Mit dem Aufkommen des Web 2.0 in den 2000er-Jahren erhält auch hier die Thematik neues Gewicht. Die Journalismus-Publi kum-Beziehung in digitalen Medienumgebungen wird beispielsweise mit Blick auf die Bedingungen des Journalismus in diesen digitalen Kon texten diskutiert (Heise et al., 2014). Konzepte wie jene des reziproken Journalismus (Lewis et al., 2014), des genannten partizipativen Journa lismus (Engelke, 2019) oder des Community-orientierten Journalismus (Robinson, 2014) beleuchten die Beziehung des Journalismus zu seinem Publikum und modellieren sie auf Basis der beschriebenen Veränderun gen neu. Sie zielen auf die Analyse neuer Möglichkeiten der Interaktion und Kooperation zwischen Journalist*innen und ihrem Publikum.
Wie eine Analyse verschiedenster Konzeptionen der Journalismus-Pu blikum-Beziehung nahelegt, lassen sich drei zentrale Veränderungen innerhalb des Journalismus identifizieren, die eine Neujustierung der Konzeption der Beziehung zwischen Journalismus und Publikum not wendig machen (Uth et al., 2022): a) die Digitalisierung und die damit einhergehenden Veränderungen innerhalb des Journalismus sowie der Journalismus-Publikum-Beziehung (z. B. Coddington et al., 2021), b) der aktuelle ökonomische Wandel, konkret der Einbruch klassischer Finan zierungsstrategien und die einhergehende Notwendigkeit einer stärke ren Fokussierung auf die Rezipierenden als Erlösquelle (z. B. da Silva & Sanseverino, 2020) und c) eine Polarisierung im Medienvertrauen sowie zunehmender Skeptizismus gegenüber den Medien, der sich nachhaltig auf die Journalismus-Publikum-Beziehung auswirkt und eine stärkere Orientierung am Publikum notwendig macht (z. B. Müller, 2018). Kon sens besteht darin, dass – unabhängig von allen Veränderungen – die Journalismus-Publikum-Beziehung zentral für den Journalismus ist und sich dieser wie auch die Forschung deshalb mit dem Verhältnis zum Publikum befassen muss. Innerhalb der Forschung lassen sich dabei vielfältige Modellierungen dieser Beziehung unterscheiden, die unter schiedliche Schwerpunkte setzen und beispielsweise den Fokus auf ihre technologische Vermittlung, ihre diskursive Konstruktion oder ihre sozi ale Reziprozität legen (Uth et al., 2022).
Einige Ansätze der Journalismusforschung beziehen bei der Analyse der Journalismus-Publikum-Beziehung auch wechselseitige Erwartungen ein (z. B. Loosen & Schmidt, 2012; Schmidt & Loosen, 2015). Eine systema tische, sowohl Journalismus- und Publikumsperspektive einschließen de Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Journalist*innen
und Publikum sowie ihren Erwartungen aneinander erfolgt allerdings bislang sowohl aus theoretischer als auch aus empirischer Sicht noch selten (Dohle & Loosen, 2014). Ausgehend von der Annahme, dass die Beziehung zwischen Journalist*innen und ihrem Publikum zunehmend direkte Interaktion im Sinne von wechselseitigem, zusammenhängen dem sozialen Handeln umfasst (Wilhelm et al., 2021; Ziegele et al., 2014), hängt der Erfolg der Beziehung in digitalen Medienumgebungen jedoch in hohem Maße von der Erfüllung oder Verletzung bestehender wechsel seitiger Erwartungen ab (Lee, 2015). Ihrer Betrachtung und Beachtung kommt damit eine wesentliche Rolle zu.
3. Wechselseitige Erwartungen und die Folgen ihrer (Nicht-)Erfüllung
Fragt man Menschen nach ihren Erwartungen an den Journalismus, wer den oftmals Hinweise auf seine übergreifende Rolle und Funktion gege ben. So werden z. B. zuverlässige und glaubwürdige Informationen oder aber eine analytische und objektive Berichterstattung genannt (Holt mannspötter & Breunig, 2017; Loosen et al., 2020). Es finden sich jedoch zahlreiche Aspekte, die unter dem Begriff der Erwartung diskutiert wer den, und es wird kaum thematisiert, welche Konsequenzen eine Erfül lung oder Verletzung von Erwartungen für die Journalismus-PublikumBeziehung entwickeln kann.
Ihre Bedeutung
In der Journalismus- und Publikumsforschung wird der Begriff der Er wartung herangezogen, um unterschiedliche Aspekte zu erfassen. In der Journalismusforschung liegt das Augenmerk häufig auf dem journa listischen Rollenverständnis basierend auf angenommenen Rollener wartungen seitens des Publikums, sogenannten Erwartungserwartun gen (Donsbach, 2004; Hanitzsch & Örnebring, 2019; Luhmann, 1984) oder dem Publikumsbild (Heise et al., 2014; Schmidt et al., 2013; Stan daert et al., 2021). In der Publikums- und Medienrezeptionsforschung werden z. B. das Image von und Vertrauen in Medien seitens des Pub likums oder erwünschte journalistische Funktionen und professionel le Standards thematisiert (Schmidt & Loosen, 2015; Scholl et al., 2014; van der Wurff & Schoenbach, 2014a). Untersuchungen, die oftmals aus der Publikumsperspektive argumentieren, thematisieren dabei auch Erwartungen an Partizipation, Involvierung und Interaktion (Borger et al., 2016). Über die spezifischen Erwartungen von Journalist*innen an die Interaktion mit ihrem Publikum ist hingegen weniger bekannt.
Erwartungen werden als zentrale Aspekte und Einflussfaktoren der Journalismus-Publikum-Beziehung angenommen und beleuchtet, auch
wenn sie selten systematisch definiert und modelliert werden. Erwar tungen können als Annahmen über die Art und Weise, wie sich andere verhalten werden oder sollen, beschrieben werden (Biddle, 1986; Bur goon, 2016). Sie werden durch Normen, individuelle Erfahrungen und Einstellungen geprägt, die auf ein bestimmtes Handlungsergebnis abzie len (Detel et al., im Review). Sie beeinflussen, wie sich Journalist*innen und Publikum wechselseitig wahrnehmen und welche Anforderungen aneinander gestellt werden – z. B. an Journalist*innen hinsichtlich ihrer Rolle, Arbeit und Produkte, an Publikumsvertreter*innen hinsichtlich ihres Kommentarverhaltens und ihrer Höflichkeit im Umgang (Detel et al., im Review).
In digitalen Kommunikationskontexten werden wechselseitige Erwar tungen schneller und einfacher sichtbar. Nicht nur Mitglieder des Publi kums hinterlassen an vielen Stellen Datenspuren, sondern auch Medien und Journalist*innen, und beide Seiten können auf redaktionellen Platt formen und in sozialen Medien direkt miteinander Kontakt aufnehmen und Erwartungen formulieren (Gil de Zúñiga et al., 2018). Es bleibt je doch nicht nur bei einer verstärkten Wahrnehm- und Sichtbarkeit von wechselseitigen Erwartungen. Angesichts der Möglichkeiten zu unmittelbarer Interaktion entwickeln sich auch neue, spezifische Erwartungen im Hinblick auf eine solche Interaktion. Journalist*innen wünschen sich von ihrem Publikum beispielsweise einen höflichen Umgang miteinan der in Kommentarspalten und sozialen Medien, wappnen sich aber zu gleich für inziviles Handeln (Heise et al., 2014; Lawrence et al., 2018; Post & Kepplinger, 2019).
Angesichts dieser Entwicklungen, die zugleich auf einen wenig struktu rierten Forschungsstand stoßen, wird eine systematische Betrachtung der wechselseitigen Erwartungen von Journalist*innen und ihrem Publi kum in digitalen Kommunikationskontexten zu einem zentralen Aspekt aus wissenschaftlicher und journalismuspraktischer Sicht.
Ihre Erfassung und Modellierung
Die Erwartungen zwischen Journalist*innen und ihrem Publikum kön nen zunächst anhand ihrer Bezugspunkte, d. h. anhand der Objekte, auf die sie sich beziehen, betrachtet und unterschieden werden. Dabei werden Erwartungen an das jeweilige Gegenüber, an das journalistische Medienprodukt und den damit verbundenen Produktionsprozess sowie an die Beziehung und Interaktion mit dem jeweiligen Gegenüber als Interaktionspartner*in sichtbar (Wilhelm et al., 2021; vgl. Tab. 1).
Tab. 1: Bezugspunkte wechselseitiger Erwartungen in der Journalismus-PublikumBeziehung (in Übersetzung von Wilhelm et al., 2021, S. 1008)
Erwartungen in der Journalismus-Publikum-Beziehung beziehen sich häufig auf das jeweilige Gegenüber, wobei der Schwerpunkt der For schung auf den (Selbst)Erwartungen an Journalist*innen liegt und Er wartungen der Journalist*innen an das Publikum nur selten in den Blick genommen werden (Detel et al., im Review). Auf Seiten des Publikums zeigen sich Erwartungen an das Gegenüber in Form von Images, die indi viduellen Journalist*innen, einzelnen Medienorganisationen oder dem Journalismus insgesamt zugedacht werden. Zugleich sind Erwartungen an journalistische Rollen und Normen in dieser Kategorie zu fassen. Er wartungen von Journalist*innen an ihr Gegenüber werden in ihrem Bild vom eigenen Publikum sichtbar, das beispielsweise als ignorant, responsiv oder auch antagonistisch wahrgenommen werden kann. Des Weite ren können bestimmte Interessen und Motive des Publikums angenom men und erwartet werden (Wilhelm et al., 2021).
Erwartungen richten sich jedoch auch an das spezifische Medienprodukt und den damit verbundenen Produktionsprozess. Auf journalistischer Seite werden damit Ziele, Rollenvorstellungen und Normen für die eige ne professionelle Arbeit verbunden und Erwartungen an den institutio nellen und organisatorischen Rahmen dieser gerichtet (z. B. hinsichtlich Entlohnung oder der Unternehmens- und Führungskultur sowie vorhan dener Ressourcen). Auf Seiten des Publikums zeigen sich hierbei Erwar tungen an die Medienqualität und die journalistische Leistung. So wird
beispielsweise eine unabhängige, transparente, umfassende, schnelle und zugleich sachlich korrekte Berichterstattung im Bereich des nach richtlichen Journalismus erwartet (Heise et al., 2014; McQuail, 2013; van der Wurff & Schoenbach, 2014b). Auch die Themeninteressen des Publi kums können hier verortet werden (Wilhelm et al., 2021).
Während zu den ersten beiden Bezugspunkten bereits viele Erkenntnis se vorliegen, ist der Forschungsstand zu Erwartungen an die wechsel seitige Beziehung und Interaktion weniger deutlich ausgeprägt. Bislang überwiegen explorative qualitative Studien, während quantitative For schungsarbeiten noch rar sind (Detel et al., im Review). Für die Perspek tive der Journalist*innen liegen erste Erkenntnisse bezüglich der Motive vor, warum Partizipations- und Feedbackmöglichkeiten für das Publikum angeboten werden. So geht es z. B. um die Erschließung neuer Monetari sierungsmöglichkeiten, um Feedbackerhalt oder Datengenerierung (Hol ton et al., 2016; Schmidt et al., 2013). Auf Seiten des Publikums nimmt die Forschung unter anderem Erwartungen an Partizipation, Integration und Diskursivität in den Blick. So erwartet das Publikum beispielsweise Par tizipationsangebote und Möglichkeiten zur Anschlusskommunikation, z. B. nach einem TV-Beitrag. Auch die Responsivität von Journalist*innen, z. B. nach Erhalt einer E-Mail aus dem Publikum, wird von Seiten des Publikums als Erwartung angemerkt (Wilhelm et al., 2021).
Wenig bekannt ist bislang, wie sich diese Erwartungen im Rahmen der Journalismus-Publikum-Beziehung wechselseitig beeinflussen und sich beispielsweise kontinuierlich oder situativ verändern. Auch mögliche Einflussfaktoren auf individueller Ebene über die Ebene der Redaktio nen und Medienorganisationen bis hin zu gesellschaftlichen Aspekten sind noch kaum beleuchtet.
Neben den Bezugspunkten bzw. Objekten, die bei der Unterscheidung und Systematisierung von Erwartungen zwischen Journalist*innen und Publikumsmitgliedern herangezogen werden, schlägt Biddle (1986) den Erwartungsmodus als Kriterium der Differenzierung vor. Demnach können Erwartungen auf Normen (präskriptiv), Überzeugungen (proba bilistisch) oder Vorlieben (valuativ) beruhen (Biddle, 1986; Wilhelm & Detel, im Review). Präskriptive Erwartungen beinhalten Vorstellungen darüber, wie sich das Gegenüber verhalten sollte (Wilhelm & Detel, im Review). Beispielsweise wird von Journalist*innen erwartet, unpartei isch und transparent zu berichten (van der Wurff & Schoenbach, 2014b).
Probabilistische Erwartungen gehen auf Annahmen über zukünftiges Verhalten zurück, die sich überwiegend aus vorangegangenen Erfahrun gen speisen (Wilhelm & Detel, im Review). Während sich Publikumsmit
glieder in einer Studie von Eldridge II und Steel (2016) beispielsweise eine qualitativ hochwertigere Berichterstattung wünschen, erwarten sie nicht, dass diese Hoffnung zukünftig eintritt. Erwartungen valuativer Ausprägung beziehen sich auf individuelle Präferenzen und Einstellun gen und münden in der Frage, was sich einzelne Menschen von ihrem Gegenüber wünschen (Wilhelm & Detel, im Review). So zeigt beispiels weise eine Studie von Meijer (2013), dass Rezipient*innen unterschiedli che Vorlieben bezüglich der Formen des Storytellings besitzen.
Das Zusammenspiel der drei Erwartungsmodi ist ebenso Gegenstand ak tueller Forschung wie die Frage nach den Folgen einer Erfüllung oder Verletzung dieser vielfältigen Erwartungen in der Journalismus-Publikum-Beziehung. So kann ein*e Journalist*in beispielsweise von ihrem oder seinem Publikum in der unmittelbaren Interaktion erwarten, dass es sich zivil verhält (präskriptive Erwartung). Er oder sie geht aber auf Ba sis bisheriger Erfahrungswerte davon aus, dass dies in einer bestimmen Situation, z. B. bei einem Beitrag zu einem kontroversen Thema, nicht der Fall sein wird (probabilistische Erwartung). Möglicherweise findet er oder sie inzivile Kommentare in einem bestimmten Rahmen jedoch unterhaltsam (valuative Erwartung) und führt die Interaktion mit dem Publikum deshalb dennoch fort, obwohl ein Abbruch derselben erwartet werden könnte. Welche Konsequenzen können aber mit der Erfüllung oder Verletzung grundsätzlich verbunden werden?
Ihre Erfüllung oder Verletzung und deren Folgen
Wenn von einer Verletzung von Erwartungen in der Journalismus-Publi kum-Beziehung die Rede ist, werden oftmals negative Konsequenzen da mit verbunden – im schlimmsten Fall ein Beziehungsabbruch (Hohlfeld, 2016). Eine Kongruenz wechselseitiger Erwartungen und ihre Erfüllung werden hingegen oftmals mit positiven Folgen wie z. B. einem vertieften Vertrauen in Verbindung gebracht (Uth, 2021). Dass dies kein Automatis mus ist, wenn es um interpersonale Kommunikation in digitalen Kontex ten geht, zeigen Erkenntnisse aus der Journalismusforschung, die an der Schnittstelle zur interpersonalen Kommunikationsforschung arbeitet (Lee, 2015; Wilhelm et al., 2021). Insbesondere ein theoretischer Ansatz, die sog. Expectancy Violations Theory (EVT), wird dabei herangezogen, um zu modellieren, welche Folgen aus einer wahrgenommenen Erwar tungserfüllung oder -verletzung für die Journalismus-Publikum-Bezie hung sowie für gesellschaftspolitische Prozesse, z. B. die öffentliche Meinungsbildung und Konsensfindung, resultieren können und welche Einflussfaktoren wirken.
Die EVT erklärt kommunikative Wirkungen von Erwartungserfüllungen und verletzungen und argumentiert, dass beides positive und negative Folgen haben kann. Sie wurde zunächst im Hinblick auf interpersona le Kommunikation, z. B. in Familien, entwickelt, um Verletzungen von Empfindungen und Normen interpersonaler Nähe und Distanz zu ana lysieren (Burgoon, 1978). Anschließend kam sie zur Anwendung, um weitere verbale und nonverbale Kommunikation zu untersuchen, und wurde insbesondere auf Onlinekontexte und computervermittelte Kom munikation sowie auf Kontexte, die über interpersonale Kommunikation hinausgehen, angewandt (Bevan et al., 2014; Burgoon, 2016; Lee, 2020; Wilhelm et al., 2021).
Auf Basis der EVT können Erwartungsverletzungen und -erfüllungen und ihre Folgen für Individuen, Gruppen oder eine Gesellschaft model liert und untersucht werden. Eine Erwartung wird demnach dann ver letzt, wenn diese aus Sicht des bzw. der Erwartenden nicht erfüllt wird, und sie wird bestätigt, wenn sie erfüllt wird, d. h. wenn das jeweilige Gegenüber so handelt wie gedacht (Burgoon, 2016).
Eine Verletzung von Erwartungen muss dabei nicht notwendigerweise mit negativen Folgen einhergehen. Vielmehr können sogenannte positi ve Erwartungsverletzungen – dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Erwartung im positiven Sinne übertroffen wird – sogar bessere Folgen haben als die positive Bestätigung einer Erwartung (Burgoon, 2016; Bur goon et al., 2016). Denn ob eine Erwartungsverletzung oder -erfüllung von der erwartenden Person als positiv oder negativ empfunden wird und entsprechende Folgen nach sich zieht und wie stark und intensiv die Empfindung ausgeprägt ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. In der Literatur werden als zentrale Einflussfaktoren einer positiven oder negativen Empfindung und ihrer Intensität beispielsweise die Bedeu tung einer Erwartung für die erwartende Person, vorangehende Erfah rungen mit dem Gegenüber sowie die Wahrnehmung des Gegenübers und dessen Charakteristika wie z. B. Alter, Geschlecht, Aussehen oder Status genannt (Bennett et al., 2020; Bonus et al., 2021). So wird eine Ver letzung durch eine Person oder Organisation, die geschätzt oder sogar bewundert wird, eher als positiv wahrgenommen, während die Erfüllung einer Erwartung durch jemanden, der einem unsympathisch ist, mögli cherweise sogar als unangenehm empfunden werden kann. Weitere As pekte haben dabei einen Einfluss. So hängen die Valenz und Intensität, mit der eine Erwartungsverletzung oder -erfüllung betrachtet wird, bei spielsweise auch davon ab, ob sie erwartet wird und ob die Interaktion mit dem Gegenüber grundsätzlich als belohnend wahrgenommen wird (Wilhelm et al., 2021). Auch der Kontext der Beziehung und Interaktion
spielt eine Rolle, wenn z. B. Fragen der Formalität oder der kulturellen Gepflogenheiten zu berücksichtigen sind (Burgoon, 2016; Lee, 2020).
Als Folgen einer Erwartungserfüllung und insbesondere einer Erwar tungsverletzung werden in interpersonalen Kontexten zwei mögliche Verhaltensweisen beschrieben. So kann die Person, deren Erwartungen verletzt werden, das Handeln des Gegenübers spiegeln (z. B. ähnlich in zivil kommunizieren) oder versuchen, es zu kompensieren, z. B. indem auf eine Unhöflichkeit besonders höflich geantwortet wird (Nicholls & Rice, 2017). Im journalistischen Kontext können sich Folgen nicht nur auf die unmittelbare Interaktion beziehen, sondern sich darüber hinaus auf die Qualität der Beziehung auswirken – und diese im positiven Fall stärken oder aber im negativen Extremfall zum Abbruch der Beziehung führen. Daher werden im Folgenden die Erfüllung und Verletzung von Erwartungen sowie deren Bewertung (positive bzw. negative Valenz) und Folgen für die Journalismus-Publikum-Beziehung genauer beleuch tet (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Folgen von verletzten oder erfüllten Erwartungen in der Journalismus-Pub likum-Beziehung (in Anlehnung an Detel et al., 2022)
Zunächst werden dabei erfüllte Erwartungen betrachtet. So wird eine Er wartungserfüllung von Journalist*innen als positiv bewertet, wenn das Gegenüber positiv bewertet wird und wie erwartet interagiert (Wilhelm et al., 2021). Wenn Journalist*innen beispielsweise die präskriptive Er wartung hegen, dass ihr Publikum höflich mit ihnen interagiert, so stellt ein ziviler Austausch auf einer sozialen Plattform eine erfüllte Erwartung da, die im Falle eines grundsätzlich positiven Publikumsbildes und bis lang zumindest neutraler Vorerfahrungen als positiv wahrgenommen wird. Sie wird mit moderat positiven Beziehungsfolgen verbunden, z. B. einem bestärkten Vertrauen, die wieder eine Fortsetzung der Beziehung implizieren (Detel et al., 2022).
Eine Erwartungserfüllung wird hingegen dann als negativ empfunden, wenn z. B. das Gegenüber negativ bewertet wird oder die Erwartung selbst bereits negativ konnotiert ist (Wilhelm et al., 2021). Auch entspre chende Vorerfahrungen können sich in der Bewertung der Erwartungs erfüllung niederschlagen. In der Journalismus-Publikum-Beziehung ist dies z. B. der Fall, wenn Journalist*innen auf Beiträge zu spezifischen Themen bereits inziviles Publikumsverhalten, beispielsweise in Form von Hasskommentaren, erwarten und diese probabilistische Erwartung erfüllt und damit bestätigt wird. Auch im Umgang mit bereits bekann ten Medienskeptiker*innen kann eine Erwartungserfüllung negativ konnotiert sein. Eine solche negativ wahgenommene Erwartungserfül lung wird mit moderat negativen Beziehungseffekten verbunden, z. B. mit nachlassendem Vertrauen oder einem sich verschlechternden Pub likumsbild, muss jedoch keinen Beziehungsabbruch nach sich ziehen (Detel et al., 2022).
Eine Erwartungsverletzung kann ebenfalls positiv empfunden werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sie von einem positiv bewerte ten Gegenüber ausgeht oder wenn eine Erwartung in positiver Hinsicht übererfüllt wird (Wilhelm et al., 2021). So kann ein*e Journalist*in positiv überrascht sein, wenn auf einen Beitrag zu einem umstrittenen Thema fast keine Hasskommentare, sondern überwiegend konstruktive Pub likumsbeiträge folgen. Im Falle einer solch positiv wahrgenommenen Erwartungsverletzung werden die Folgen für die Journalismus-Publi kum-Beziehung als noch positiver beschrieben als bei einer positiven Er wartungserfüllung und können folglich zu einer Stärkung der Beziehung und Bindung führen (Detel et al., 2022).
Deutlich kritischer ist eine Erwartungsverletzung zu sehen, die klassisch als negativ wahrgenommen wird. Dies ist der Fall, wenn das Gegenüber negativ wahrgenommen wird und/oder anders interagiert als vermutet (Wilhelm et al., 2021). In der Journalismus-Publikum-Beziehung können die Erwartungen von Journalist*innen an das Publikum verletzt werden und die Verletzung als negativ betrachtet werden, wenn Publikumsmit glieder Beiträge zu unumstrittenen Themen oder Perspektiven unbe rechtigt oder absichtlich anzweifeln und in Frage stellen – und es sich dabei möglicherweise ergänzend um Publikumsvertreter*innen handelt, die als medienskeptisch wahrgenommen werden. In einem solchen Fall ist nicht nur die unmittelbare Interaktion, sondern auch die Beziehung insgesamt bedroht und kann in Frage gestellt werden (Detel et al., 2022).
In einer Zeit, in der die Beziehung und Interaktion zwischen Journalist*innen und ihrem Publikum immer direkter und persönlicher
erfolgen kann, ist eine Betrachtung der Journalismus-Publikum-Bezie hung auf der Ebene der individuellen Interaktion zunehmend erforder lich und fruchtbar. Darüber hinaus müssen künftig jedoch auch Folgen auf der Ebene der Medienorganisationen (z. B. einer Abwanderung von oder Zuwanderung zu einem Medium) und jener der Öffentlichkeit und Gesellschaft, z. B. im Hinblick auf das Vertrauen in oder Misstrauen ge genüber Medien und Journalismus, beleuchtet werden.
4. Erwartungen an öffentlich-rechtliche Medien im Kontext digitaler Journalismus-Publikum-Beziehungen: Fazit und Impulse Erwartungen spielen eine zentrale Rolle in der Journalismus-PublikumBeziehung und für deren Aufrechterhaltung und Stärkung. Dabei können vielfältige Erwartungen unterschieden werden, die zwischen dem Journalismus und seinem Publikum bestehen. Insbesondere durch die Entwicklungen der Digitalisierung und potenzierte Möglichkeiten der In teraktion beziehen sich Erwartungen nicht nur auf das jeweilige Gegen über, das Medienprodukt und den Produktionsprozess, sondern auch auf die direkte Interaktion zwischen Journalist*innen und Publikum. Die Beziehung zwischen Journalismus und seinem Publikum hat sich durch die Digitalisierung tiefgreifend und nachhaltig verändert – für öffentlichrechtliche Medien geht dies mit konkretem Handlungsbedarf einher.
Denn öffentlich-rechtliche Medien sind aus normativer und funktionaler Sicht in hohem Maße relevant für die öffentliche Informationsstruktur und das Funktionieren demokratischer Gesellschaften. Diese Aufgaben erfüllen sie aus Sicht der Mehrheit der Gesellschaft: Ihnen wird hohe In formationskompetenz sowie ein wichtiger Beitrag zur öffentlichen und politischen Meinungsbildung und zur Wertevermittlung zugeschrieben (Breunig et al., 2021). 61 bzw. 20 Prozent der Bevölkerung stimmen voll und ganz bzw. weitgehend zu, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als „unverzichtbar“ wahrzunehmen (Breunig et al., 2021, S. 397). Er genießt im Hinblick auf das ihm zugeschriebene Vertrauen im Durchschnitt hö here Werte als andere Mediengattungen (Jakobs et al., 2021). Es lassen sich jedoch auch gegenteilige Entwicklungen beobachten: So steht ein Teil der Gesellschaft dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisch oder sogar skeptisch gegenüber und auch sein Finanzierungsmodell ist immer wieder Gegenstand der öffentlichen Diskussion (Prochazka & Schweiger, 2017). Die Beziehung zwischen öffentlich-rechtlichen Medien und Publi kum ist daher kein „Selbstläufer“. Die wechselseitigen Erwartungen sind ein zentraler Ansatzpunkt, den es zu berücksichtigen gilt, wenn es um die Frage der Rechenschaft gegenüber und Legitimität in einer Gesell schaft geht.
Folgende Impulse zeigen sich dabei für öffentlich-rechtliche Medien:
1. Erfassung von bestehenden Erwartungen in der JournalismusPublikum-Beziehung
Die wechselseitigen Erwartungen in der Journalismus-Publikum-Bezie hung in digitalen Kontexten sind vielfältig – eine Vielfalt, die durch Er wartungen an Interaktion und Interaktivität weiter zunimmt. Viele Fragen sind dabei noch offen, so z. B. deren spezifische Ausprägung und Vertei lung im Publikum oder ihre Beeinflussung untereinander. Für öffentlichrechtliche Medien schließen sich im Hinblick auf ihren Auftrag weitere Fragen an, z. B. ob sich ein gemeinsamer „Nenner” an Erwartungen fin den lässt oder wie damit umgegangen werden kann, wenn sich eine Dis krepanz zwischen Erwartung und Handeln zeigt (z. B. wenn Interaktion eingefordert wird, jedoch nur ein geringer Publikumsanteil aktiv und evtl. inzivil interagiert). Will man beispielsweise nur mit den – möglicherweise aber vorrangig inzivilen – Aktiven interagieren oder die Mehrheit zu In teraktion motivieren? Welche Folgen hat dies auf die Erwartungsbildung beim Publikum und welche Folgen haben mögliche wahrgenommene Dis krepanzen, d. h. Erwartungsverletzungen, zum öffentlichen Auftrag?
Diese und weitere Fragen werden derzeit wissenschaftlich erforscht (z. B. Detel et al., 2022, im Review; Uth et al., 2022; Wilhelm et al., 2021; Wilhelm & Detel, im Review). Ergänzend ist jedoch die Medienforschung gefordert, wenn es um die Erfassung bestehender Erwartungen und die Analyse der Folgen von Erwartungserfüllung und -verletzung geht. Aufgrund der Nähe zum eigenen, spezifischen Publikum kann sie die wissenschaftliche Forschung flankieren, z. B. in Form von qualitativen Rezipierendenbefragungen, Fokusgruppen oder quantitativen Audience Metrics. Denn die Einbeziehung des Publikums in diese Erfassung ist da bei entscheidend. Neben der systematischen Auswertung des täglichen Publikumsfeedbacks bietet sich die Etablierung weiterer dauerhafter und wiederkehrender Forschungsprozesse unter Einbeziehung des Pu blikums an. Übergreifend lässt sich festhalten: Sobald die JournalismusPublikum-Beziehung im Zentrum steht und insbesondere, wenn es um die in dieser Beziehung vorherrschenden wechselseitigen Erwartungen geht, sollten sogenannte „Beziehungsstudien” (Sprengelmeyer et al., 2022) durchgeführt werden, die Journalismus und Publikum gemeinsam beleuchten und in die methodische Anlage miteinbeziehen.
Die institutionalisierte, systematische und kritische Erwartungserfas sung auf Seiten des Publikums, aber auch der eigenen Journalist*innen wird dadurch zu einer Kernaufgabe, die es für die öffentlich-rechtlichen Medien umzusetzen gilt.
2. Umgang mit Erwartungen und mit den Folgen ihrer Erfüllung oder Verletzung
Auch zum Umgang mit Erwartungen und den Folgen ihrer Erfüllung und Verletzung sind noch zahlreiche Fragen offen. Wie beeinflussen sich bei spielsweise die Erwartungserfüllungen und -verletzungen, wenn eine Erwartung, z. B. hinsichtlich des Medienprodukts, erfüllt wird, eine an dere aber, z. B. zur Interaktion, verletzt wird? Inwiefern können gezielt Erwartungsverletzungen mit positiver Valenz und dementsprechend positiven Beziehungsfolgen angestoßen werden? Wie können negative Erwartungsverletzungen und deren Folgen abgemildert werden? Wich tige Indikatoren sind hier die Vorbeziehung und vorangegangene Inter aktionen, aber auch das Gegenüber selbst. Werden jene positiv wahrgenommen, kann dies dazu führen, dass negative Konsequenzen für die Beziehung weniger stark ausfallen. Öffentlich-rechtliche Medien haben hier durch ihre positive Wahrnehmung seitens der Mehrheit der Bevöl kerung eine gute Ausgangsbasis. Ebenso können eine negativ wahrge nommene Vorbeziehung und vorangegangene Interaktionen die Bewer tung einer Erwartungserfüllung oder -verletzung sowie deren Folgen für die Beziehung in negativer Weise beeinflussen. Für die Ansprache von Medienskeptiker*innen müssen deshalb gezielte, individuelle Wege ge funden werden – beispielsweise in Form von direkter Transparenz, die kritischen Rezipierenden eigene Einblicke hinter die Kulissen erlaubt.
Auch der Abgleich der Erwartungen des Publikums mit den Erwartungen der Journalist*innen in öffentlich-rechtlichen Medien steht im Raum. So ist im Medienstaatsvertrag von 2020 zwar festgehalten, dass öffentlichrechtliche Medien auch auf die Interaktion mit dem eigenen Publikum abzielen. Diese kann damit zu einem Bestandteil des Redaktionsalltags werden und Interaktion und Partizipation können als gezielte Strategie der Publikumsbindung und Vertrauensbildung eingesetzt werden (Uth, 2021). Was aber, wenn die Erwartungen individueller Journalist*innen andere sind, z. B. aufgrund umfassender negativer Interaktionen zuvor? An dieser Stelle kann es auf individueller Ebene zu Folgen für die Be ziehung kommen, beispielsweise zu einem innerlichen Beziehungsab bruch. Für öffentlich-rechtliche Medien wird es hier darauf ankommen, dies im Auge zu behalten, z. B. durch interne Befragungen zu Erwartun gen der journalistischen Mitarbeitenden, und intern zu thematisieren, z. B. in Form von Workshops mit Führungskräften und Mitarbeitenden. Dabei kann es lohnenswert sein, neben der Reflexion der eigenen Erwar tungen auch Situationen der Erwartungserfüllung und -verletzung aus der bisherigen Arbeit zu betrachten, um auf diese Weise neue Strategien des Arbeitens im digitalen Zeitalter zu entwickeln.
3. Auf dem Weg zu einem reflektierten Erwartungsmanagement
Die Reflexion eigener Erwartungen in den öffentlich-rechtlichen Medien häusern ist auch ein erster Schritt auf dem Weg zu einem reflektierten Erwartungsmanagement. Dieses ist einerseits nach innen gerichtet und betrachtet sowie diskutiert die Fragen nach den in den öffentlich-rechtli chen Medienhäusern vorherrschenden Erwartungen intern. Andererseits ist es aber auch in Richtung Publikum und Öffentlichkeit gerichtet – mit dem Ziel, wechselseitige Erwartungen abzugleichen, aber insbesondere auch zu diskutieren, welche Erwartungen z. B. gesellschaftspolitisch ad ressiert werden sollten, aber auch realistisch sind – beispielsweise mit Blick auf personelle und finanzielle Ressourcen.
Ein Schritt kann dabei die transparente Kommunikation öffentlichrechtlicher Medien über ihre Arbeit sein, die z. B. auch Prozesse und Strukturen der Entscheidungsfindung bis hin zu Ressourcendiskussio nen umfasst. Indem Medienorganisationen Einblicke hinter die Kulissen geben, schaffen sie nicht nur Transparenz im Sinne der Accountability und erfüllen eine regelmäßig genannte Erwartung an Medienprodukte. Derartige Transparenz erlaubt es dem Publikum zusätzlich, die Realitäts nähe ihrer Erwartungen an Medienprodukte, Produktionsprozesse und die dahinter stehenden Akteure zu reflektieren und die Wahrscheinlich keit ihrer Erfüllung besser abzuschätzen (Uth et al., 2021). Eine ähnliche Wirkung kann sogenannte partizipative Transparenz (Karlsson, 2010) haben, also die aktive Einbindung des Publikums in die journalistische Arbeit und die Interaktion mit diesem.
Damit schließt ein solches Erwartungsmanagement nicht zuletzt an die Entwicklung von Medienkompetenz innerhalb der Bevölkerung an, deren Förderung oftmals ebenfalls als wichtige Aufgabe öffentlich-rechtlicher Medien definiert ist. Ein solcher Bildungsauftrag umfasst dementspre chend nicht nur Kompetenzentwicklung im Hinblick auf medien- und ge sellschaftspolitische Themen, sondern notwendigerweise auch in Bezug auf Informationen und Wissen über die Informationsvermittler*innen der Gesellschaft. Wissen Rezipierende über die Arbeit der Medien sowie die Prozesse hinter den Kulissen Bescheid, erlaubt ihnen das, ihre Er wartungen gegenüber den Medienprodukten sowie den dahinter stehen den Akteuren zu spezifizieren und genauer anzupassen – was für die ge meinsame Beziehung von Vorteil sein dürfte (Vanacker & Belmas, 2009).
Ein nachhaltiges Erwartungsmanagement umfasst sowohl die Erwar tungen des Publikum an öffentlich-rechtliche Medien als auch jene im eigenen Haus – und deren Veränderungen und Entwicklungen, z. B. im Zuge der Digitalisierung. Eine solch integrative Perspektive auf Erwar
tungen, die Publikum und Journalist*innen einschließt und deren viel fältige Bezugspunkte und Modi berücksichtigt, erlaubt einen reflektier ten Umgang mit Erwartungen und auch mit den Folgen ihrer Erfüllung und Verletzung – im Sinne einer positiven Gestaltung der JournalismusPublikum-Beziehung.
Erwartungen in der Journalismus-Publikum-Beziehung sind Gegenstand der kommunikationswissenschaftlichen Forschung, zu dem einige Fra gen noch offen sind. Das vom Bundesministerium für Bildung und For schung (BMBF) geförderte Verbundprojekt „Journalist*innen und ihr Publikum im digitalen Zeitalter. Wechselseitige Erwartungen und ihre Folgen für Journalismus-Publikum-Beziehungen und öffentliche Mei nungsbildung“ der Universitäten Münster, Erfurt und Tübingen setzt sich bis 2024 mit diesen und weiteren Fragen auseinander. Aktuelle Er kenntnisse sowie Hinweise auf Publikationen und Vortragstätigkeiten werden unter https://journalist-audience-relations.net sowie auf Twitter unter @_JAR_Project veröffentlicht.
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PUBLIC VALUE STUDIE
Die Rolle öffentlich-rechtlicher Medien im Internet
Victor Mayer-Schönberger (Oxford University)
Die volkswirtschaftlichen Effekte des ORFFernsehens Matthias Firgo, Oliver Fritz (WIFO), Gerhard Streicher (Joanneum Research)
Unterhaltung als öffentlich-rechtlicher Auftrag
Gabriele Siegert, M. Bjorn von Rimscha, Christoph Sommer (Universität Zürich)
Public Network Value
Thomas Steinmaurer, Corinna Wenzel (Universität Salzburg)
Generation What Mag. Daniel Schönherr, SORA
Public Social Value
u. a. Univ.-Prof. in Dr. in Sonja Kretzschmar (Universität München)
Prof. Graham Murdock (Loughborough University)
Univ.Prof. Dr. Jens Lucht, Univ.Prof. Dr. Mark Eisenegger (Universität Zürich)
Der Auftrag: Bildung im digitalen Zeitalter u. a. Prof. Dr. Hartmut Rosa, Universität Jena Dr. in Maren Beaufort, ÖAW Univ.-Prof. in Dr. in Katharine Sarikakis, Universität Wien Prof. Dr. Bernhard Pörksen, Universität Tübingen
Der Auftrag: Demokratie u. a. von Prof. Dr. Bernd Holznagel (Universität Münster) Univ.-Prof. Dr. Christian Fuchs (University of Westminster) Univ.-Prof. Dr. Stephen Cushion (Cardiff University)
PUBLIC VALUE DOKUMENTE
Gesetze und Regulative | Expert/innengespräch Kultur, Religion I Qualitätsprofile Fernsehen/Info | Fernsehen/Wissenschaft-Bildung-Service-Lebenshilfe | Radioprogramme | Fernsehen/Sport | Fernsehen/Unterhaltung
PUBLIC VALUE TEXTE
Quelle vertrauenswürdiger Informationen
Univ.-Prof. Dr. Dieter Segert, Texte 1
Medien-Unterhaltung als Service Public Univ.-Prof. em. Dr. Louis Bosshart, Texte 12
Das Naserümpfen der Eliten Mag. a Dr. in Karin Pühringer, Texte 11
Die komplexe Welt erklären Dir. Uwe Kammann, Texte 4
Kultur im Fernsehen Univ.-Prof. Dr. Hannes Haas, Texte 10
Nur was wirkt, hat Wert Dir. Prof. Dr. Helmut Scherer, Texte 5
Österreichwert oder mehr Wert Dr. Georg Spitaler, Texte 11
Welche Diversität für welchen Public Value? Mag. a Dr. in Petra Herczeg, Texte 7
Zum Systemrisiko der Demokratie Univ.-Prof. Dr. Kurt Imhof, Texte 3
Zwischen Auftrag und Kommerzialisierung Univ.-Prof. Dr. Minas Dimitriou, Texte 11
Identität und Medien Univ.-Prof. Dr. Karl Vocelka, Texte 3
Public Value
DDr. in Julia Wippersberg, Texte 2
Public Value als Wertschöpfungsbegriff?
Univ.-Prof. Mag. DDr. Matthias Karmasin, Texte 6
Channelling diversity Univ.-Prof. in Dr. in Gunilla Hultén, Texte 13
Crisis or dismantlement?
Univ.-Prof. in Dr. in Isabel Fernández-Alonso und Dr. Marc Espin, Texte 13
Den öffentlichen Rundfunk entfesseln Dr. Vinzenz Wyss, Texte 13
Eurovision and the „new” Europe Univ.-Prof. in Dr. in Karen Fricker, Texte 14
Pluralism and public service media Petros Iosifidis, Texte 13
The four horsemen of the post-broadcast era Univ.-Prof. Dr.Marko Ala-Fossi, Texte 13
We are all Greeks Univ.-Prof. in Dr. in Katharine Sarikakis, Texte 9
Auf dem Weg zum Publikum Dr. Florian Oberhuber, Texte 8
Die Zukunft des Fernsehens Dr. Alexander Wrabetz, Texte 8