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GLEICH STELLUNG IM ORF 2022
Vorwort
„Gleichstellungsarbeit gleicht einem Kampf mit der Machete durch den Dschungel. Die Hindernisse, die vorne beseitigt werden, wachsen hinter einem gleich wieder nach“. Das war die Feststellung meiner Vorgängerin Monika Rupp, als ich vor 10 Jahren meine Funktion als Gleichstellungsbeauftragte übernehmen durfte.
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Das stimmt zum Glück heute nicht mehr ganz. Es tut sich etwas im Unternehmen, sichtbar und nachhaltig. Die Frauenanteile steigen kontinuierlich, seitdem die Gleichstellung im ORF-Gesetz verankert ist. Die Entwicklung geht in die richtige Richtung, die „gläserne Decke“ hebt sich. Positive Entwicklungen müssen als solche benannt werden, auch wenn die Gleichstellung im ORF im internationalen Vergleich zu langsam voranschreitet. Darauf weisen die Gleichstellungsbeauftragten bei jeder Gelegenheit hin und begleiten laufend Maßnahmen, um Veränderungen zu bewirken.
Erstmals drei Direktorinnen in der Geschäftsführung im ORF und eine Landesdirektorin mehr, eine Steigerung des Frauenanteils in der Führung um 1,7 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Das ist nicht nur erfreulich, es ist auch wichtig. Denn es geht ja nicht nur darum, Statistiken zu verändern. Gender Balance hat messbare Vorteile: Eine Verbesserung der Kommunikation, vielfältigere Entscheidungsfindungen und Problemlösungen, ein vielfältigeres und damit auch besseres Programm, das das gesamte Publikum anspricht, all das steigert unseren Erfolg beim Publikum und die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Aber noch sind wir nicht am Ziel, es bleibt noch einiges zu tun: auf Hauptabteilungsleitungsebene, in der Technik und in einigen Landesstudios zum Beispiel sind Frauen noch immer in deutlicher Minderheit. Teilzeitarbeit ist hingegen nach wie vor ein überwiegend „weibliches“ Thema.
Ein weiteres sehr wichtiges und aktuelles Thema ist jenes der Umgangskultur. Belästigung am Arbeitsplatz ist ein No-Go. „Sagen was ist“ lautet die Devise. Wenn es Missstände gibt, müssen sie aufgezeigt werden, damit etwas dagegen unternommen werden kann. Die Geschäftsführung des ORF hat diesbezüglich Ende 2022 deutlich Stellung bezogen. Eine breit angelegte Informationsoffensive inklusive eines entsprechenden Schulungsprogramms für Führungskräfte wurde gestartet, um zu verdeutlichen, dass diskriminierendes und belästigendes Verhalten im Unternehmen keinen Platz hat. Frauen und Männer sollen gleichermaßen die Möglichkeit haben, ohne Furcht vor Belästigung ihre Arbeit zu verrichten. Ein berufliches Umfeld, in dem alle vertrauensvoll zusammenarbeiten, kann schließlich auch die Produktivität gewährleisten.
Über die Gleichstellung der Geschlechter hinaus will der ORF künftig den Fokus auf mehr Diversität im Programm und Personal setzen, die Strategie dazu ist in Entwicklung. Das Ziel ist es, alle Bevölkerungsgruppen entsprechend zu repräsentieren und damit für die Sendungen des ORF zu gewinnen. Mehr Diversität in der Belegschaft garantiert verschiedene Sichtweisen und Zugänge bei der Programmgestaltung.
Gender & Diversity sind wichtige Benchmark und Erfolgsfaktor, wie Studien belegen, die nicht nur den Medienkonsum, sondern auch die Erwartungen der jüngeren Generationen an ihre Arbeitgeber untersucht haben. Der Fokus auf die Themen Gleichstellung und Diversität bringt allen etwas. Transparentere Prozesse, mehr Fairness, mehr Vielfalt und eine bessere Umgangskultur.
Bleiben wir dran. Am besten GLEICH!
Katia Rössner
Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Gleichstellungsfragen
Mitglied der Gleichstellungskommission Wien, März 2023
Die Gleichstellung Im Jahr 2022 In Zahlen
1
Neuer Leitfaden zum Umgang mit sexueller Belästigung
15
Hearings zur Besetzung von Führungspositionen
33 %
Frauenanteil bei der Teilnahme an Hearings
47 %
45 % der Beschäftigten im ORF sind Frauen
Frauenanteil bei den Besetzungen nach Hearings
3
Frauen stehen in der Geschäftsführung zwei Männern gegenüber
5
Neue Gleichstellungsbeauftragte in den Tochtergesellschaften des ORF
12 % verdienen Frauen im Durchschnitt weniger als Männer
36
Führungskräfte besuchten Genderkompetenzseminare
17
Frauen starteten das Curriculum
37 % der Führungskräfte sind weiblich
3
Landesdirektorinnen stehen sechs Landesdirektoren gegenüber
34 % der Frauen im ORF arbeiten in Vollzeit
Impressum
Herausgeber: ORF, Würzburggasse 30, 1136 Wien
Für den Inhalt verantwortlich:
Arbeitsgruppe für Gleichstellungsfragen: Katia Rössner, Claus Pirschner, Judith Weis- senböck, Nicole Scharang, Nora Zoglauer, Claudia Em
Gestaltung: OMC-Design, Jasmin Reisner
Druck: ORF-Druckerei
© ORF 2023
Summary
Im Jahr 2022 wurde kein einziger Fall möglicher Diskriminierung vor die Gleichstellungskommission gebracht. Gleichstellungsrelevante Themen und Anfragen konnten allerdings im Vorfeld durch informelle Interventionen durch Gleichstellungsbeauftragte und/oder GSK-Mitglieder geklärt werden.
Es wurden insgesamt 15 Hearings zur Auswahl von geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten für die Besetzung von Führungspositionen abgehalten. Bei den Teilnahmen lag der Frauenanteil bei 33 %, bei den darauffolgenden Besetzungen bei 47 %.
Bei den Gleichstellungsbeauftragten landeten einige Beschwerden von Kolleginnen darüber, dass die auftraggebenden Führungskräfte kein entsprechendes Feedback-Gespräch mit ihnen geführt hatten, nachdem sie bei einer Stellenbesetzung nicht zum Zug gekommen waren.
Der Gleichstellungsplan wurde aktualisiert und neue ambitionierte Zielwerte definiert. Bis Ende 2023 soll der Frauenanteil in Führungspositionen im ORF in VG 8-9++ bei 40 % liegen, in VG 9-9++ bei 32 %.
Der Frauenanteil der gesamten Beschäftigten im ORF hat im Jahr 2022 mit 45,4 % erstmals das gesetzlich festgelegte Ziel überschritten. Es ist an der Zeit, diese Quote auf 50 % anzuheben.
Dringender Handlungsbedarf ist noch insbesondere in der Technischen Direktion sowie in den Landesdirektionen Steiermark und Kärnten gegeben.
Bei Führungspositionen wurde eine kräftigere Steigerung des Frauenanteils als in den Vorjahren geschafft. Ein Plus von 1,7 Prozentpunkten hat zu einem Durchschnittswert von 37,1 % geführt, der allerdings noch immer deutlich unter dem Vergleichswert der EBUMitglieder von 45 % liegt.
Der Gender Pay Gap stieg im Jahr 2022 leicht und liegt bei -12,2 %.
„Sagen was ist“ – Ende des Jahres 2022 wurde eine interne Informationsoffensive zum Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gestartet, um einen sensiblen Umgang mit der Thematik zu gewährleisten. Ein neuer Leitfaden für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine Ausweitung des Schulungsangebots für Führungskräfte zum Thema soll dazu verhelfen und ermutigen, allfälliges Fehlverhalten als solches zu erkennen, zu benennen und dabei unterstützen, die richtigen Schritte zu setzen.
Weil Veränderungen des Bewusstseins und der Gewohnheiten Ausdauer und Nachhaltigkeit brauchen, wurde die 50:50 ORF-Challenge ein zweites Jahr fortgeführt. Der Frauenanteil der teilnehmenden Sendungen lag 2022 im Schnitt bei 41 %. Ab dem Jahr 2023 wird das Projekt den einzelnen Redaktionen in die Eigenverantwortung übergeben. Sie sollen selbstorganisiert die eigenen Sendungen beobachten und die gesteckten Ziele im Auge behalten.
37 % der in den Sendungen hör- und sichtbaren Personen waren an einem Stichtag weiblich, 63 % männlich, 0,1 % der Personen divers. Das zeigen die Ergebnisse der Programmanalyse von 2022.