Energievisionen - THINK ING. kompakt - Ausg. 3/10

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Ausgabe 3 | 2010

kompakt Jeden Monat neue Infos aus der Welt der Ingenieure

»» Z U K U N F T S E N E R G I E N

Energie tanken mit Sonne, Meer und Algen

© Brian Jackson, Fotolia

© Foto oben: DLR

Es gibt manche Kraftwerkstechnologien, die sich noch im Entwicklungsstadium befinden, denen aber eine große Zukunft bevorsteht – zum Beispiel das Osmosekraftwerk, die Kernfusion oder ein Algenreaktor

nutzen diesen Effekt, wenn sie durch ihre Zellmembranen Wasser aufnehmen und es bis in die Spitzen leiten. Der durch unterschiedliche Flüssigkeitsmengen diesseits und jenseits der Scheidewand entstehende osmotische Druck verleiht ihnen Stabilität oder bringt sie im schlimmsten Fall sogar zum Platzen, wie das bei stark zuckerhaltigen Kirschen, »» weiter S. 2

ständlich dazu beitragen, unsere Energieversorgung langfristig und klimafreundlich zu sichern. Die Natur macht’s vor: Bei der Osmose treten Flüssigkeitsmoleküle durch eine semipermeable, also halbdurchlässige Membran, um die Unterschiede in der Konzentration gelöster Teilchen in den Flüssigkeiten auf beiden Seiten auszugleichen. Pflanzen

»» P R O J E K T E Massenhaft saubere Energie Riesen-Energieprojekte bringen auch riesige Chancen für die Energieversorgung der Menschheit. Der erste deutsche OffshoreWindpark und ein gigantisches Solarkraftwerk in der Sahara zeigen, wie der Strom in Zukunft fließen könnte. »» weiter S. 3 + 4

© ABB

© REpower, Matthias Ibeler

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, hat Altbundeskanzler Helmut Schmidt einmal gesagt. Für das politische Tagesgeschäft mag dieser Satz zutreffen, für Ingenieure auf der Suche nach neuen Formen der Energiegewinnung aber sicher nicht. Die folgenden Ansätze stellen heute noch die Speerspitze der Forschung dar, könnten aber eines Tages wie selbstver-

Thema: Energievisionen »» I N T R O Reale Science-Fiction Ideen entwickeln, wie die Zukunft aussehen könnte – Science-Fiction-Autoren sind naturgemäß besonders gut darin. Dabei sind sie manchmal erstaunlich treffsicher bei der Beschreibung einer Welt, die zu ihrer Zeit noch gar nicht existiert. Jules Verne ist einer der bekanntesten von ihnen. Er sah 1863 nicht nur eine Mondlandung voraus, für Paris im 20. Jahrhundert schwebten ihm schon vollautomatisierte Stadtbahnen, gasbetriebene Pkw und Straßen mit elektrischer Beleuchtung vor. Ebenso Wolkenkratzer, Schreibautomaten und Faxgeräte. Dass all diese Ideen Wirklichkeit geworden sind, ist in erster Linie Naturwissenschaftlern, Erfindern und Ingenieuren zu verdanken, die es letztlich viel schwerer haben als Literaten. Jene können einfach ihrer Fantasie freien Lauf lassen und sogar die Welt zum Untergang verdammen. Ingenieure hingegen sind bemüht, sie lebenswerter zu gestalten. Unter diesem Aspekt ist in den vergangenen Jahrzehnten die Suche nach alternativen Energien immer wichtiger geworden. Bei den Pilotprojekten, die in dieser Ausgabe vorgestellt werden, geht es genau darum. Und sie zeigen deutlich: Die Zukunft hat längst begonnen. //

»» E N T W I C K L U N G E N Schwarmstrom und Hybrid Erneuern, verbessern und einsparen. Alles im Hinblick auf die Energiewelt, in der wir leben, steht auf dem Prüfstand. Neue Konzepte, alternative Technologien und innovative Strukturen müssen her – und sind zum Teil schon da. »» weiter S. 5 + 6


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»» Fortsetzung von S. 1: Energie tanken mit Sonne, Meer und Algen

Links zum Studium Das Thema erneuerbare Energien ist so wichtig geworden, dass es inzwischen entsprechende Studiengänge gibt, deren Bezeichnung von „Umweltingenieurwesen“ bis zu „Zukunftsenergien“ reicht. Erwarten können die angehenden Ingenieurinnen und Ingenieure meist eine bunte Studienmischung aus den Gebieten Maschinenbau, konventionelle Energietechnik und erneuerbare Energien.

Findige Forscher und Ingenieure haben darüber nachgedacht, ob man dieses Prinzip zur Energiegewinnung einsetzen kann. Das Ergebnis: Am 24. November 2009 hat der staatliche Energiekonzern Statkraft im norwegischen Tofte am Oslofjord das weltweit erste Osmosekraftwerk in Betrieb genommen. Es handelt sich dabei um ein Kleinstkraftwerk, das für eine Leistung von etwa 2.000 bis 4.000 Kilowattstunden ausgelegt ist. Das reicht gerade mal für ein bis drei Staubsauger. Der Konzern geht aber davon aus, dass das Potenzial bei kommerzieller Nutzung im Bereich von 1.600 bis 1.700 Terawattstunden jährlich läge, was der Hälfte der gesamten Stromproduktion in der EU entsprechen würde.

Hier eine Auswahl: Umweltingenieurwissenschaften an der TU Darmstadt: www.ui.tu-darmstadt.de/ studiumumweltingenieur wissenschaften/startseite_ui/ studiumumweltingenieur wissenschaften_1.de.jsp

Die Entwicklung einer geeigneten Spezialmembran ist

Das Modell des Kernfusionsreaktors ITER

Einen gänzlich anderen Weg beschreiten die Forscher im Kernforschungszentrum Cadarache im südfranzösischen Ort Saint-Paul-Lès-Durance. Dort hat Ende 2009 der Bau des weltweit größten Kernfusionsreaktors ITER begonnen. Der Name stand ursprünglich für „International Thermonuclear Experimental

© Statkraft

Umweltingenieurwissenschaften an der BauhausUniversität Weimar: www.uni-weimar.de/cms/ bauing/studium/studien gaenge/umweltingenieurwissenschaften.html

Meer münden. Schon 2015 will Statkraft die Technologie weit genug entwickelt haben, um das erste kommerzielle Kraftwerk bauen zu können, das dann bei einer Leistung von 25 Megawattstunden 10.000 Haushalte mit Strom versorgen soll. © ITER Organization

die im Regen viel Wasser durch ihre Haut aufnehmen, schon mal passieren kann.

Umweltingenieurwesen an der TU Braunschweig: www.tu-braunschweig.de/stu dieninteressierte/studienange bot/umweltingenieurwesen Energiemanagement an der Karlshochschule International University in Karlsruhe: www.karlshochschule. de/de/mein-studium/ energiemanagement/ Erneuerbare Energien und Energiemanagement an der Hochschule Aschaffenburg: www.fh-aschaffenburg. de/index.php?id=5134 Zukunftsenergien an der Fachhochschule Ostwestfalen-Lippe: www.hs-owl.de/fb6/studium/ zukunftsenergien0.html Energiesystemtechnik an der TU Clausthal: www.iee.tu-clausthal.de/stu dium/energiesystemtechnik/

Eine spannende Herausforderung gerade auch für junge Ingenieure: das erste Osmosekraftwerk der Welt im norwegischen Tofte

übrigens der schwierigste Teil der Technik. Die benötigten Flüssigkeiten liefert die Natur gratis, denn das Osmosekraftwerk macht sich die unterschiedliche Salzkonzentration in Süßund Salzwasser zunutze. Die Membran ist wasserdurchlässig, hält Salze aber zurück. Das Süßwasser fließt hindurch, um den Salzgehalt auf beiden Seiten auszugleichen. Im Salzwasser entsteht dadurch ein Überdruck, der eine Turbine antreibt, die ihrerseits Strom erzeugt. Geeignete Kraftwerksstandorte finden sich dementsprechend überall dort, wo Flüsse ins

Reactor“. Von den Verantwortlichen wird aber inzwischen nur noch von „dem Weg“ (lat.: iter) gesprochen. Während in „normalen“ Kernkraftwerken Energie durch die Spaltung von Atomen gewonnen wird, geschieht in einem Fusionsreaktor genau das Gegenteil. Denn auch die Verschmelzung von Atomen setzt Energie frei. Das Vorbild liefert einmal mehr die Natur: Der Prozess, der in der Forschungsanlage zur „Serienreife“ gebracht werden soll, entspricht in etwa dem, der im Inneren der Sonne stattfindet. Dort entsteht durch die Fusion

von Wasserstoffatomen Helium. Dabei kommt es zu einem Verlust von Masse, die in Energie umgewandelt wird und die als Sonnenlicht zur Erde gelangt. Ein wenig weicht die Entwicklung der Forscher vom Vorbild ab, nämlich durch die Fusion der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium. Deuterium wird aus Wasser gewonnen und Tritium aus Lithium, das sich gleichmäßig verteilt in der Erdkruste findet. Der Nachteil: Tritium entsteht durch Neutronenbeschuss und ist radioaktiv. Mit einer Halbwertszeit von 12,3 Jahren wird seine Strahlung aber wesentlich schneller abgebaut als die herkömmlicher radioaktiver Abfälle. Zum Vergleich: Plutonium besitzt eine Halbwertszeit von 24.000 Jahren. Darüber hinaus sind die benötigten Mengen vergleichsweise gering. Die Inbetriebnahme von ITER ist für das Jahr 2018 geplant; die tatsächliche Beherrschung der Technologie liegt allerdings wohl noch einige Jahrzehnte in der Zukunft. Ein weiterer neuer Kraftwerkstyp ist der Algenreaktor. Ein durchaus ernstzunehmender Ansatz. Sogenannte Mikroalgen „ernähren“ sich von Kohlenstoffdioxid, Wasser und Sonnenlicht. Durch Fotosynthese verwandeln sie das energiearme und klimaschädliche CO2 in energiereiche Biomasse, die wiederum zur Produktion von Strom, Wärme, Biodiesel oder Bioerdgas eingesetzt werden kann. Dabei sind sie, weil die Umwandlung in allen Zellen stattfindet, etwa zehnmal effektiver als Landpflanzen, die nur in den grünen Blättern, nicht aber in Wurzeln oder Stämmen Fotosynthese betreiben. 2008 hat der Energiekonzern E.ON in Hamburg-Reitbrook eine Pilotanlage in Betrieb genommen. Sogar konventionelle Kraftwerke können von dem neuen Ansatz profitieren – das benötigte CO2 liefert ein nahe gelegenes Blockheizkraftwerk, das mit Erdgas betrieben wird. //


Š AREVA Multibrid, Jan Oelker

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„alpha ventus“: ZwĂślf turmhohe Offshore-Windkraftanlagen und ein Umspannwerk stehen seit kurzem 60 Kilometer vor der deutschen KĂźste in der Nordsee

 P R O J E K T E

Visionen aus Wind und Sonne

Š Wolfhard Scheer

längst zum gewohnten Bild. Und da dem Wind nie die Puste ausgeht und die Sonne auch erst in geschätzten sechs Milliarden Jahren erlischt, werden den Visionen aus Wind und Sonne weltweit allergrĂśĂ&#x;te Zukunftschancen eingeräumt – auch und gerade bei der Energieerzeugung im groĂ&#x;en Stil. Zwei aktuelle Riesenprojekte beweisen das: der erste deutsche Offshore-Windpark „alpha ventus“ mit seinen zwĂślf turmhohen Windrädern, die Strom auf hoher See produzieren, sowie die futuristischen Planungen zur WĂźstenstromanlage „Desertec“, das als 90.000 Quadratkilometer groĂ&#x;es Parabolrinnenkraftwerk die Sonne der Sahara im groĂ&#x;en Stil einfangen und solaren Strom in Die Montage des Rotorsterns erfolgte die ganze Welt von einer schwimmenden Kran-Plattform liefern soll. vergangenen zehn Jahren von RĂźckenwind fĂźr „alpha ventus“ 3,1 auf 10 Prozent gestiegen. Am 16. November 2009 um Rotoren von Windkraftanlagen 7:13 Uhr war es soweit. Das oder Solarkollektoren auf HausfĂźr den Bau von „alpha ventus“ dächern gehĂśren hierzulande

Dabei steht die Stromerzeugung im groĂ&#x;en Stil gar nicht so sehr im Fokus der Projektingenieure von „alpha ventus“. Die UngetĂźme weit drauĂ&#x;en im Meereswind sind eher ingenieurtechnisches Neuland und ein Sprung ins kalte

Hier in der Nordsee liegt der Offshore-Windpark „alpha ventus“

zuständige Konsortium aus EWE, E.ON, Vattenfall und der Deutschen Offshore-Testfeld und Infrastruktur GmbH hatte die zwĂślfte und damit letzte Windkraftanlage erfolgreich weit drauĂ&#x;en in die sturmumtoste deutsche Nordsee gepflanzt. Sieben der zwĂślf Riesen, die mit bis zu 155 Meter HĂśhe nur zwei Meter kleiner sind als der KĂślner Dom, laufen zurzeit im Probebetrieb. Immerhin konnte „alpha ventus“ bislang bereits rund 13 Millionen Kilowattstunden umweltfreundlichen Offshore-Windstrom in das deutsche Netz einspeisen. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass 1 Kilowattstunde Strom ausreicht fĂźr einmal Wäsche waschen bei 60 °C. 13 Millionen Sauberwaschgänge hat der Offshore-Strom also im Ăźbertragenen Sinne schon ermĂśglicht.

Š Deutsche Offshore- und Testfeld GmbH & CO.KG

Das Ă–kosystem Erde leidet unter dem maĂ&#x;losen Energiehunger der Menschheit. Unsere groĂ&#x;e Chance liegt in den erneuerbaren und regenerativen Energien. Deren Entwicklung erschlieĂ&#x;t zudem neue Märkte und Berufsperspektiven. Deutsche Unternehmen gehĂśren in diesem Bereich zur Weltspitze. Laut Angaben des Bundesministeriums fĂźr Umwelt und Naturschutz ist der Anteil der erneuerbaren Energieversorgung in Deutschland in den

Š Deutsche Offshore- und Testfeld GmbH & CO.KG

WĂźstenstrom und Offshore-Windparks kĂśnnten die saubere Universal-Energie der Zukunft sein

157 m KĂślner Dom 148 m Blattspitze 147 m Cheops Pyramide

116 m Durchmesser Rotorblatt

Helikopter AbwinschPlatform 90 m Nabe

Nabe

84 m SacrĂŠ CĹ“ur, Paris

Gondel

Turm

Anleger Hochwasser Niedrigwasser

Tripod

-28 m

>,( (9,=( 4\S[PIYPK 4 :[HUK [nicht maĂ&#x;stabsgetreu]

Fast so hoch wie der KĂślner Dom: Die Offshore-Anlage „Multibrid M5000“


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Wüste würde zur Versorgung von etwa 100.000 Haushalten mit 250 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr ausreichen und bis zum Jahr 2050 ließen sich mit dem gesamten DesertecProjekt 15 Prozent des europäischen Strombedarfs decken. Die Technik dafür liegt in vielen zusammengeschalteten solarthermischen Kraftwerken. Jene bündeln die Sonnenstrahlung

250 Millionen Euro wird „alpha ventus“ insgesamt kosten, die Nutzungsdauer liegt bei etwa 20 Jahren. Und schon bald könnte es noch voller werden auf hoher See. Laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie sind bereits 25 weitere OffshoreWindparks mit 1.800 Anlagen genehmigt und 90 Parks mit 5.000 Anlagen in Planung. © Desertec

Skizze einer möglichen Infrastruktur für eine nachhaltige Stromversorgung in Europa, dem Nahen Osten und Nord-Afrika auf Basis von „Wüstenstrom“

Massive Bauweise steht im Vordergrund, um Sturm, Wellen, Gezeiten und Korrosion zu trotzen. Außerdem ist jede Anlage durch ein Arbeitsdeck aus der Luft zugänglich. Die mehr als einhundert zuständigen Techniker mussten extra entsprechende Helikopter-Abseiltrainings absolvieren, um die in vier Dreierreihen und in einem Abstand von 800 Metern stehenden Ungetüme auch bei starkem Seegang zu erreichen. Am Rande des Offshore-Parks hat man – ähnlich einer Ölplattform – ein spezielles Umspannwerk errichtet. 12,5 Zentimeter dicke Seekabel, die 60 Zentimeter tief im Meeresgrund liegen, transportieren den Windstrom an Land und speisen ihn ins deutsche Stromnetz ein.

Die Strahlkraft von Desertec Experten schätzen den Energieverbrauch der gesamten Menschheit aktuell auf rund 18 Terawatt – das sind 18.000 Gigawatt oder 18 Milliarden Kilowatt. Gleichzeitig bestrahlt die Sonne unseren Planeten mit 180.000 Terawatt, also mit mehr als 10.000 Mal so viel Energie, wie wir der Erde mühsam an fossilen Energieträgern abringen. Was liegt da also näher, als den Kampf gegen den Klimawandel mit der Verwirklichung einer großen Utopie zu verbinden? Die Errichtung riesiger Sonnenkraftwerke in den großen Wüstenregionen Afrikas scheint die Öko-StromAlternative schlechthin zu sein. Dort, in den Sonnengürteln der Erde, kann mit den gleichen Anlagen doppelt so viel Solarenergie gewonnen werden wie im nördlicher liegenden Südeuropa. So könnte effizienter, günstiger und umweltfreundlicher Strom dauerhaft Richtung Europa fließen.

Natürlich bläst der Wind da draußen stärker. Das ist für die Stromausbeute der Anlagen günstiger, für Bau und Betrieb aber umso schwieriger.

Studien des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt bestätigen die Machbarkeit dieses gigantischen Himmelskraftwerks. Ein Quadratkilometer

mithilfe von riesigen Parabolspiegeln, erhitzen Spezialöl, erzeugen so Wärmeenergie und treiben damit Dampfturbinen an. Funktionierende große Anlagen stehen bereits im spanischen Andalusien und in der kalifornischen Mojave-Wüste. Alle Technologien für die Realisierung des Desertec-Konzepts sind vorhanden und zum Teil seit

Entfernungen von Tausenden von Kilometern. Im Gegensatz zu den hohen Übertragungsverlusten im Wechselstromnetz schaffen HGÜs den interkontinentalen Stromtransport mit Verlusten von nur 10 bis 15 Prozent. Eine echt effektive Stromautobahn. Damit aus der Vision von Sonnenenergie im ganz großen Maßstab vielleicht schon bald Realität werden kann, wurde mit Unterstützung von Prinz Hassan bin Talal von Jordanien sowie des deutschen Club of Rome die Stiftung der Desertec Foundation mit Sitz in Berlin ins Leben gerufen. Am 30. Oktober 2009 wurde es dann noch konkreter. Die zwölf Unternehmen ABB, Abengoa Solar, Cevital, Deutsche Bank, E.ON, HSH Nordbank, MAN Solar Millennium, Munich Re, M+W Zander, RWE, SCHOTT Solar und Siemens sowie die DESERTEC Foundation gründeten die DESERTEC Industrie-Initiative „Dii GmbH“. So ungeheuer wie das Energiepotenzial der Wüsten, ist auch der Finanzbedarf des Desertec-Projekts. Man kalkuliert mit einem Volumen von 400 Milliarden Euro. 350 Milliarden Euro würde der Bau der riesigen solarthermischen Kraftwerke verschlingen, der Rest müsste in die neuen GleichstromHochspannungsnetze fließen. Trotzdem scheint kein Preis zu hoch, wenn man bedenkt, dass

© DLR

Salzwasser. „Mit dem Bau von „alpha ventus“ haben wir gezeigt, dass Offshore-Windenergie in Deutschland auch unter vergleichsweise schwierigen Bedingungen technisch machbar ist“, freut sich Gesamtprojektleiter Wilfried Hube, und fügt noch hinzu: „Die Errichtung von zwölf Windkraftanlagen der 5-Megawatt-Klasse in 45 Kilometer Entfernung von der Küste und bei Wassertiefen um 30 Meter ist ein echtes Stück Pionierarbeit.“ Der Testfeldcharakter der Anlage wird auch dadurch deutlich, dass zwei verschiedene Anlagentypen mit unterschiedlichen Fundamenten im Meeresboden verankert wurden. Die „REpower 5M“-Windräder sind auf vierbeinigen Gitterkonstruktionen befestigt, die auf bis zu 45 Meter langen Stahlköpfen stecken, die zuvor mit einem Hydraulikhammer in den Meeresboden gerammt wurden. Für die sechs Anlagen des Typs „Multibrid M 5000“ dagegen kamen erstmals sogenannte Tripod-Fundamente zum Einsatz – also 700 Tonnen schwere stählerne Dreibeine, die von einer Hubplattform förmlich am Grund festgenagelt wurden.

Moderne Parabolrinnenanlagen passen sich mit Hilfe von Wärmespeichern sogar an die Schwankungen der Sonneneinstrahlung an

Jahrzehnten im Einsatz. Besondere Wichtigkeit kommt den HGÜLeitungen, also der Hochspannungs-Gleichstromübertragung zu, denn die im Überfluss vorhandene Sonnenenergie muss auch dahin fließen, wo sie gebraucht wird. Schließlich geht es um

eine Fläche von 300 mal 300 Kilometern mit Parabolspiegeln in der Sahara ausreichen würde, um den gesamten Energiebedarf der Menschheit auf regenerative und ökologisch korrekte Art und Weise zu decken. Echt sauber, diese Energie-Zukunft. //


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»» S T A T U S Q U O

»» E N T W I C K L U N G E N

Woher nehmen wir die Energie ?

Watt bringt die Zukunft – Hybrid, Schwarmstrom oder smarte Fuel Cells ?

Diese Monopolstellung einzelner Länder in Kombination mit einem weiteren Anstieg des weltweiten Energieverbrauchs wird in naher Zukunft zu einer Verknappung und einer entsprechenden Verteuerung von Erdöl, Erdgas und Kohle führen. Das augenfälligste Argument für einen nötigen Wandel der Energieerzeugung ist aber unschlagbar simpel: Fossile Brennstoffe wie Kohle, Gas, Öl und Uran sind einfach nicht unbegrenzt vorhanden. //

Transformatoren sind Schlüsselprodukte für eine zuverlässige Energieversorgung. Durch die Transformation auf eine höhere Spannungsebene wird der wirtschaftliche Transport von Strom mittels HGÜs über lange Strecken erst möglich

Um unsere Energiemaßstäbe und die Höhe des Verbrauchs zu verstehen, können ein paar Beispiele der Leistungseinheit Watt helfen: Milliwatt – 20 bis 50 mW entsprechen ungefähr der Leistungsaufnahme einer typischen Leuchtdiode. Watt – bei 300 W liegt die durchschnittliche Trittleistung eines Radrennfahrers während einer Bergetappe. Kilowatt – 10 bis 20 kW schafft die Heizung eines normalen Einfamilienhauses. Megawatt – 8 MW ist in etwa die Antriebsleistung des Hochgeschwindigkeitszugs ICE 3. Gigawatt – 18,2 GW erzeugt das Wasserkraftwerk des DreiSchluchten-Damms in der Volksrepublik China. Terawatt – bei 0,6 bis 14 TW liegt die Leistung eines Blitzes. Petawatt – unfassbare 180 PW erreichen die Erde als Strahlungsleistung der Sonne. Hybridfahrzeuge, die durch eine Kombination von Elektround Verbrennungsmotor den Benzinverbrauch und damit

die CO2-Emissionen reduzieren, sind bereits auf dem Markt. Als Klassenprimus gilt der Toyota Prius, den es bereits seit 1997 gibt und der seit 2009 bereits in der dritten Generation verkauft wird. Aber es gibt auch

kommt weltweit voran. Das bayerische Unternehmen Smart Fuel Cell ist der erste Anbieter, der den größten Teil seiner Umsätze aus kommerziellen Produktverkäufen erzielt. Seine Brennstoffzellen verwandeln

© Toyota

Schon bei Abbau und Förderung der fossilen Energieträger ist großer Energieeinsatz notwendig. Für Stein- und Braunkohle müssen Massen an Gestein bewegt werden, Erdöl wird aus tiefen Schichten an die Oberfläche geholt und erst durch Umwandlungsprozesse – beispielsweise in Raffinerien – lassen sich Endprodukte wie Benzin, Diesel oder Kerosin erzeugen. Die Transportwege reichen dabei um den halben Globus, denn die Lagerstätten verteilen sich sehr ungleichmäßig über die Erde. Das ist vor allem aus westeuropäischer Sicht ungünstig, denn nur 2 Prozent der Erdöl- und 3 Prozent der Erdgasvorräte befinden sich hier. Knapp 70 Prozent des weltweit vorhandenen Erdöls und Erdgases lagern im Nahen Osten und auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR.

Für Ingenieurinnen und Ingenieure geht die Suche nach alternativen Energiekonzepten, Einsparpotenzialen und Wirkungsgradverbesserungen unermüdlich weiter © ABB

Sieben Milliarden unserer Artgenossen bevölkern zurzeit die Erdoberfläche. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass bis 2025 nochmals 1,5 Milliarden hinzukommen. Gemeinsam ist uns allen nicht nur der ständige Appetit auf Nahrungsmittel, sondern auch der unstillbare Hunger auf Energie. Ziemlich gedankenlos haben wir bisher wertvolle Ressourcen verfeuert und damit Umwelt und Atmosphäre verändert. Auf die fossilen Energieträger Erdöl, Erdgas und Kohle stützt sich unser derzeitiger Verbrauch zu circa 85 Prozent.

Die Hybridtechnik macht’s möglich: anschließen, Strom tanken, weiterfahren

Schienenfahrzeuge wie von der französischen SNCF für den Regionalverkehr eingesetzte Triebwagen, die mit einem Hybridantrieb ausgestattet sind. Auch die Entwicklung der Brennstoffzelle, in der chemische Energie direkt in elektrische Energie umgewandelt wird,

eine Kombination aus Methanol, Wasser und Sauerstoff über eine Kathoden-Anoden-Konstruktion in Strom. Die EFOY-Serie bietet Produkte sowohl für den Freizeitbereich (zum Beispiel für die Stromversorgung in Reisemobilen und auf Segelbooten) als auch für professionelle Anwender (zum Beispiel für die


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»» Fortsetzung von S. 5: Watt bringt die Zukunft - Hybrid, Schwarmstrom oder smarte Fuel Cells? © manipulateur, Fotolia

»» F A C H B E G R I F F E Energiedeutsch & Stromlatein

Im Blitzkanal wird die Luft schlagartig auf bis zu 30.000 °C erhitzt. Die Stromstärke einer Hauptentladung kann bei Positivblitzen bis zu 300.000 Ampere erreichen. Die pure Energie!

Verkehrs- und Überwachungs technik oder netzferne Funkund Messsysteme). Die Energienetze der Zukunft werden dem Internet immer ähnlicher. Eine Plattform, auf der jeder mit jedem kommuniziert: die Waschmaschine mit dem

Visionen wurden Wirklichkeit Eine Reihe von Entwicklungen im Bereich neuer Energieformen hat den Prototypenstatus längst hinter sich gelassen. Zu nennen wären: Fotovoltaik: Solaranlagen zur Umwandlung von Sonnenlicht in Strom finden sich seit Jahren auf vielen Hausdächern, wobei der Anteil an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland im Jahr 2008 allerdings nur bei 0,65 Prozent lag. Geothermie: Auch die Nutzung von Erdwärme wird immer selbstverständlicher. In vielen Kellern ersetzen Wärmepumpen veraltete Ölbrennanlagen. Vorreiter Island bezieht circa 20 Prozent Elektrizität und 90 Prozent Wärmeenergie aus fünf geothermischen Kraftwerken. Windkraft: Windenergieanlagen prägen das Landschaftsbild inzwischen in vielen Ge-

Wäschetrockner, die Solaranlage auf dem Dach mit der Brennstoffzelle im Keller, der OffshoreWindpark vor der Nordseeküste mit dem lokalen Energieversorger. Wichtig ist, die Energiemenge, die verbraucht wird, mit der Menge, die erzeugt wird, exakt in Einklang zu bringen. bieten Europas. In Deutschland betrug ihr Beitrag zur Gesamtstromerzeugung im Jahr 2008 immerhin schon 7 Prozent. Hydroenergie: Wasserkraftwerke lieferten im Jahr 2008 15,7 Prozent des weltweit erzeugten Stroms – und lagen damit sogar 2,1 Prozentpunkte über dem entsprechenden Kernkraftwert. Sie gelten als zurzeit wichtigste erneuerbare Energiequelle. Allerdings variiert der Anteil von Land zu Land recht stark: In Deutschland sind es gerade einmal 5 Prozent, in der Schweiz und Österreich hingegen 60 beziehungsweise 66 Prozent. Impressum Verantwortlicher Herausgeber: Arbeitgeberverband Gesamtmetall · Wolfgang Gollub · Leiter Nachwuchssicherung/ THINK ING. Postfach 060249 10052 Berlin www.think-ing.de

Außerdem lässt sich viel Geld sparen, wenn die Geräte dann in Betrieb gehen, wenn der Strom am günstigsten ist. Nachts oder bei starkem Wind etwa. Überlegungen zu solchen EnergieManagement-Systemen gehen bis hin zu einer Art App Store, für den kreative Programmierer Anwendungen schreiben, mit denen sich die elektrischen Geräte im Haushalt vom Smartphone oder Computer aus kontrollieren lassen. ZuhauseKraftwerk und Schwarmstrom sind die Kernbegriffe des Konzepts beim Hamburger Energieunternehmen LichtBlick. Die Volkswagen AG hat dazu im Werk Salzgitter Erdgas-betriebene Pkw-Serienmotoren so umgerüstet, dass man sie als Blockheizkraftwerk in den Keller stellen kann. Diese kleinen Kraftwerke, die den Kunden nur einen Installationszuschuss von 5.000 Euro kosten, versorgen nicht nur lokal Gebäude mit Wärme, sondern werden von LichtBlick zu einem modernen Großkraftwerk vernetzt. Wie in einem Fischschwarm werden viele kleine Einheiten so zu einer großen, leistungsfähigen Gemeinschaft. Der dabei erzeugte Schwarmstrom kann bei Bedarf innerhalb einer Minute ins Stromnetz eingespeist werden. //

» Kilowattstunde (kWh): Maßeinheit der Arbeit beziehungsweise Energieeinheit. Sie entspricht der Energie, die eine Maschine mit einer Leistung von 1.000 Watt in einer Stunde verbraucht oder erzeugt. Eine Gigawattstunde (GWh) sind eine Million kWh, eine Terawattstunde (TWh) eine Milliarde kWh. » Thermonukleare Reaktion: Beschreibt die Kernverschmelzung von Wasserstoff zu Helium, bei der Energie freigesetzt wird. Dazu sind allerdings extrem hohe Temperaturen und Drücke erforderlich. Gewöhnlich findet dieser Prozess im Inneren von Sternen statt. Auf der Erde wird er bisher nur bei der unkontrollierbaren Explosion einer Wasserstoffbombe reproduziert. Die kontrollierte Nutzung ist das Ziel des ITER-Projekts. » Nuklide: Eine durch Massen- und Ordnungszahl festgelegte Atomsorte. » Isotope: Verschiedene Nuklide ein und desselben Elements, die gleich viele Protonen und damit die gleiche Ordnungszahl, aber verschieden viele Neutronen und damit eine unterschiedliche Massenzahl aufweisen. » Mikroalgen: Algen, die frei im Wasser schweben, entweder als einzelne Zellen oder als kurze Ketten von Zellen. Sie werden in der Wissenschaft auch als Phytoplankton (phyto = Pflanze, planktos = Wanderer) bezeichnet. Bisher sind circa 30.000 Arten bekannt. »Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ): Effiziente Art der Energieübertragung über große Distanzen. Wechsel- wird zu Gleichstrom umgewandelt und durch dicke Unterseekabel mit nur 10 bis 15 Prozent Übertragungsverlust über ganze Kontinente hinweg transportiert.


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