Ausgabe 4 | 2010
kompakt Jeden Monat neue Infos aus der Welt der Ingenieure
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Volle Kraft voraus
UFOs sind zwar Science-Fiction, aber viele Ingenieurinnen und Ingenieure träumen sicherlich von solchen phantastisch-futuristischen Perspektiven der Antriebstechnik
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Captain Kirk: „Warp 5, Mister Sulu!“ Mister Sulu: „Zeit für einen kleinen Trainingsflug.“ Wenn Kirk und seine Crew, wie hier in „Star Trek 2 – der Zorn des Khan“, mit fünffacher Lichtgeschwindigkeit durchs All düsen, ruft niemand „Unrealistisch!“, obwohl Einsteins Relativitätstheorie einiges dagegen einzuwenden hätte. Science-
richtig sein. Die am Raumschiff angebrachten Warp-Gondeln, in denen sich die Antriebssysteme befinden, sind nämlich bereits in der Realität anzutreffen.
Fiction darf die gegenwärtigen Grenzen der Physik für eine gute Story jederzeit sprengen. Nach aktuellem Stand der Wissenschaft wird der Warp-Antrieb mit seiner Raum-Zeit-Krümmung und dem Abtauchen in eine andere Dimension (den „Subraum“) allerdings auch in Zukunft Fiktion bleiben. Aber was für das große Ganze gilt, muss ja nicht für jedes Detail
»» P O R T R Ä T Ein Werk voller Motoren! Maschinenbau-Ingenieur Dr. Rudolf Krebs ist seit seiner Kindheit fasziniert von Verbrennungsmotoren. Als Knirps schraubte er an Mofas, heute leitet er das Volkswagen Motorenwerk in Salzgitter mit mehr als 6.300 Mitarbeitern. »» weiter S. 3 + 4
Der Pod-Antrieb (engl. Pod = Gondel) gilt zurzeit als die modernste und bedeutendste Antriebsvariante für Schiffe, auch wenn die Erfindung und Patentierung durch die »» weiter S. 2 © ynamaku, Fotolia
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Angetrieben von neuen technischen Möglichkeiten der Fortbewegung tüfteln Ingenieure an Prototypen
Thema: Antriebstechnik »» I N T R O Da ist Bewegung drin Antrieb – grundsätzlich gilt: Es handelt sich um eine technische Konstruktion, die durch Energieumwandlung ein Gerät in Bewegung setzt – sei es ein Auto, eine Rakete oder eine elektrische Zahnbürste. Die Kategorisierung verschiedener Antriebsarten kann aber nach völlig unterschiedlichen Kriterien erfolgen. Immer rückt ein anderer Teilaspekt in den Focus. Da gibt es zunächst die Einteilung nach der primären Energiequelle: Wird eine Maschine beispielsweise mit Wind-, Wasseroder Muskelkraft betrieben oder läuft sie mit einem Verbrennungsoder Elektromotor? Des Weiteren geht’s um das Umsetzungsprinzip. Handelt es sich um einen pneumatischen oder hydraulischen Antrieb, um eine Turbine oder ein Segel? Zudem kann das Konstruktionsteil am Ende der Umsetzungskette ausschlaggebend für die Bezeichnung sein – dann hat man es vielleicht mit Rad-, Rückstoß-, Propeller- oder Keilriemenantrieben zu tun. Und schließlich zählt noch die Art der Bewegung – nämlich Dreh-, Linear- und Schwingungsantriebe. Man merkt schon, Antriebstechnik ist ungeheuer vielfältig. Für den Start einer Ingenieurkarriere zählt allerdings in erster Linie der eigene Antrieb – und der nennt sich Motivation. //
»» P R O D U K T E Mehr Umdrehungen bitte! Nicht nur die Erde dreht sich, sondern auch unzählige Produkte in Industrie und Alltag. Rasenmäher, Hochgeschwindigkeitszüge, Autos und Küchenmixer haben eines gemeinsam: In ihnen stecken Motoren, die für Umdrehungen sorgen. »» weiter S. 5 + 6
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»» Fortsetzung von S. 1: Volle Kraft voraus
Elektrotechnik mit Schwerpunkt Elektrische Energie- und Umwelttechnik an der FH Dortmund: www.fh-dortmund.de/de/ studi/fb/3/studieninteressierte/ et/studieninfo_et_eeu.php Fahrzeugtechnik an der Hochschule Esslingen: www.hs-esslingen.de/de/ hochschule/fakultaeten/ fahrzeugtechnik.html Fahrzeugbau und Flugzeubau an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg: www.fzt.haw-hamburg. de/DepartmentAndStaff/ OfferedStudySubjects.html Maschinenbau und Schiffstechnik an der Universität Rostock: www.msf.uni-rostock.de/ Automatisierungstechnik an der FH Gießen-Friedberg: www.fh-giessen-friedberg. de/site/fb02-ei/studiengangautomatisierungstechnik.html Weitere Studiengänge finden Sie auf der Webseite von THINK ING. in der IngenieurStudiengangSuche: www.search-ing.de
nigt das Seewasser, lässt es aus den Röhren düsenartig herausschießen und sorgt damit für die Fortbewegung eines Schiffes. Der Mitsubishi-Konzern hat bereits 1991 einen funktionsfähigen Prototypen vorgestellt, die „Yamato 1“, die allerdings nur eine Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h erreichte. Die Lösung des Geschwindigkeitsproblems ist die knifflige Aufgabe für Ingenieurinnen und Ingenieure, damit der MHD-Antrieb eine Chance gegen die Propeller hat. Zeitlich sehr viel näher liegt die Einführung einer Vielzahl von Innovationen in der Automobilbranche. Hier ist es neben neuen Wagen mit Hybridantrieb vor allem eine ganze Flotte von Elektrofahrzeugen, deren Markteinführung entweder vor Kurzem bereits stattgefunden hat oder in weniger als zwei Jahren bevorsteht. Auffällig ist, dass neben bekannten Herstellern wie Nissan, Mercedes oder Renault auch jede Menge neuer Namen auftauchen: Ronart, Pininfarina, Think, Tesla oder Bolloré sind Firmen, von
Greifbare Science-Fiction, wenn ein Schiffspropeller wie dieser zu einer drehbaren Unterwasser-Gondel wird
ergeben sich zwei entscheidende Vorteile: Die Propeller müssen nicht mehr starr am Heck, sondern können an strömungsgünstigeren Stellen montiert werden. Das spart Treibstoff. Außerdem wird das Schiff durch die Möglichkeit der freien Gondeldrehung so wendig, dass es auf engstem Raum beliebig manövriert werden kann. Das macht Schlepper in den Häfen überflüssig. Die größten Passagierschiffe der Welt sind durchweg mit Pod-Antrieben ausgestattet: die „Queen Mary 2“ (2004), die „Freedom of the Seas“ (2006) und der derzeitige Champion, die „Oasis of the Seas“, die erst im Dezember 2009 vom Stapel lief. In der Zukunft könnte es aber sogar geschehen, dass der auf mechanischer Kraftübertragung beruhende Propellerantrieb durch ein völlig anderes Prinzip abgelöst wird: der sogenannte magnetohydrodynamische Antrieb (MHD). Dabei fließt leitfähiges Salzwasser durch Röhren, in denen sich ein Magnetfeld befindet, das durch supraleitende magnetische Spulen (die mit Flüssighelium auf minus 269 Grad Celsius gekühlt werden) erzeugt wird. Leitet man Strom im rechten Winkel zur Magnetfeldrichtung durch das Wasser, entsteht wiederum im rechten Winkel zu beiden eine elektromagnetische Kraft. Diese sogenannte Lorentzkraft beschleu-
bare Kapazität allerdings nur 25 Prozent der aktuellen LithiumIonen-Akkus – zu wenig, um konkurrenzfähig zu sein. Das bei der Entwicklung federführende Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie rechnet damit, die Leistung der Durchflussbatterie innerhalb der nächsten fünf Jahre signifikant steigern zu können. Dann soll es fahrfähige Prototypen geben. Induktives, also kontaktfreies Laden ohne Kabel, das stationär erfolgt, wird vielleicht schon eher Marktreife erlangen. Der Ingenieur-Dienstleister IAV baut bis zum Jahr 2012 eine Pilotanlage in Gifhorn auf. Noch visionärer ist die Idee des induktiven Ladens beim Fahren, das alle Batteriepro-bleme mit einem Schlag lösen würde – eine Technik, die im Transrapid bereits zur Anwendung kommt und die Bezeichnung „Wanderfeldantrieb“ trägt. Dazu müssten allerdings in alle Straßen Spulen aus Kupfer oder Aluminium eingelassen werden. Nicht, dass sich Ingenieure von derartigen Hindernissen wirklich abschrecken lassen: In
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Für diejenigen, die sich besonders für Antriebssysteme interessieren, bieten sich darüber hinaus generell Mechatronik-, Elektrotechnik-, und Maschinenbaustudiengänge an, aber auch eher spezialisierte Angebote wie Luft-und Raumfahrttechnik, Fahrzeug- oder Schiffstechnik kommen in Frage. Hier eine Auswahl an Studiengängen, in denen der Vertiefungsschwerpunkt „Antriebstechnik“ gewählt werden kann:
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Eine einzige Hochschule in Deutschland bietet ein Studium an, das den Begriff „Antriebssysteme“ im Namen trägt. Es ist die Reinhold-Würth-Hochschule in Künzelsau, die der Hochschule Heilbronn angegliedert ist. Die genaue Bezeichnung lautet „Antriebssysteme und Mechatronik“; es handelt sich um einen siebensemestrigen Bachelor-Studiengang, der seit dem Wintersemester 2005/06 angeboten wird: www.hs-heilbronn.de/ studiengaenge/am
Ingenieure F. W. Pleuger und F. Busmann bereits auf das Jahr 1955 zurückgehen. Die Idee: Der Schiffspropeller wird in eine um 360 Grad drehbare Gondel integriert, die am Rumpf des Schiffes befestigt wird. Daraus
Die Kleinserienproduktion des zweisitzigen Elektroflitzers Tesla Roadster aus Kalifornien begann nach einigen Verzögerungen im März 2008. Inzwischen gibt es sogar einen deutschen Store in München. Also Probefahrt vereinbaren!
denen bisher wohl nur die wenigsten gehört haben. Probleme bereiten vorläufig noch die enorm hohen Herstellungskosten, die Reichweite der Batterien und die Dauer ihrer Wiederaufladung, aber Ingenieure weltweit arbeiten fieberhaft an Verbesserungen. Eine Möglichkeit, die Wartezeit auf vollständig geladene Batterien zu minimieren, sind Wechsel-Akkus. Eleganter geht es aber wahrscheinlich mit der Redox-Flow-Technik, bei der nur das verbrauchte flüssige Elektrolyt der Batterie gegen frisch aufgeladenes ersetzt wird. Bisher beträgt die erreich-
Niedersachsen soll demnächst eine Versuchsstrecke entstehen. Unter dem Strich steht bei allen konstruktionstechnischen Höchstleistungen eine kurze Formel, mit der sich die Zielsetzung bei der Entwicklung moderner Antriebssysteme auf den Punkt bringen lässt: Höhere Energieeffizienz bei gleichzeitiger Leistungserhaltung – oder sogar Leistungssteigerung. Der Testflug der Antriebstechnik Richtung Zukunft hat also längst begonnen – auch wenn Mister Sulu auf unsere irdischen Entwicklungen sicherlich ein wenig arrogant herunterschauen würde … //
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Links zum Studium
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Dr. Rudolf Krebs ist Leiter des Volkswagen Motorenwerks in Salzgitter – die Faszination für den Verbrennungsmotor begleitet ihn sein ganzes Leben lang
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Hobby: Motoren | Job: Werkleiter | Mitarbeiter: 6.300 Maschinenbauingenieur Dr. Rudolf Krebs leitet das Volkswagen Motorenwerk in Salzgitter und ist Motoren-Entwickler aus Leidenschaft
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werden täglich rund 7.000 Otto- und Dieselmotoren in über 370 Varianten gefertigt. Egal, ob Golf, Touran, Passat, Polo, Fox, SEAT, Skoda oder Phaeton, Touareg, Audi A8
von Volt und Watt statt im Bereich von PS und Hubraum. Aber all das sind nostalgische Erinnerungen aus den Jahren von Woodstock, Mondlandung und John F. Kennedy. Heute hat Dr. Rudolf Krebs im besten Sinne alles erreicht, von dem er je geträumt hat und was sein Vater sich für ihn wahrscheinlich nie hätte träumen lassen. Seit Mai 2007 ist Krebs Chef von 6.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Volkswagen Motorenwerk Salzgitter. An diesem, 2.800.000 Quadratmeter großen Produktionsstandort
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Junge schon total autoverrückt!“ „Irgendwie begann alles Etwas weniger begeistert von mit einem Kettcar“, erinnert den Leidenschaften seines sich der 53-jährige MaschinenSohnes war Papa Krebs. Er bauingenieur Dr. Rudolf Krebs. hatte ein florierendes ElektroDer sympathische und große geschäft und sah für seinen innerliche Ruhe ausstrahlende Sprössling die berufliche Mann spricht von den Anfängen Bestimmung eher in der Welt seiner Faszination für Motoren und Antriebe. Der Traum vom Kettcar erfüllte sich für ihn in seiner Jugend zwar nicht, aber statt eines solchen per Muskelkraft betriebenen Gefährts bekam Krebs Junior schon im Alter von 13 Jahren sein erstes Motorrad. „Ich begann sofort mit dem Frisieren, um die Maschine schneller und leichter zu machen“, erzählt er. Des Weiteren schlummerte in ihm schon als Knirps eine extrem hohe Affinität für Autos und VerbrennungsDer neue Volkswagen Touareg V8 TDI mit 150 kW / 340 PS Motor motoren: „Ich war als kleiner
sowie Bugatti Veyron, die hier gefertigten Aggregate kommen in fast allen Modellen und Marken des Volkswagen Konzerns zum Einsatz. Das ist aber längst noch nicht alles. Auch Motorenteile für Produktionsstätten an anderen
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Viele neue Potenziale
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In den ersten fünf Jahren nach dem Studium hat er beim Kettenmotorsägen-Hersteller Stihl Antriebe für die kleinen Kraftpakete entwickelt, danach begann
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Standorten sowie Industriemotoren, Bootsmotoren und kleine Blockheizkraftwerke für den Keller des Eigenheims werden in Salzgitter gefertigt.
Vom Ingenieurnachwuchs fordert Dr. Rudolf Krebs in erster Linie Leidenschaft für den Job und Faszination für die Technik
W-Motorenfertigung im Volkswagenwerk Salzgitter
Seit Gründung des Werkes im Jahr 1970 hat eine unglaubliche Anzahl von mehr als 45 Millionen Motoren die Fertigungslinien verlassen. Mehr Motor geht eigentlich nicht für Dr. Rudolf Krebs, doch auch am Anfang seiner Karriere stand irgendwann die Entscheidung Ingenieur zu werden. „Eine Elektrikerausbildung habe ich noch auf Wunsch meines Vaters gemacht, dann habe
sein Weg bei Volkswagen. Und jener verlief auf der Überholspur. „Von 1996 bis zum Jahr 2002 habe ich in Wolfsburg Ottomotoren mit Direkteinspritzung entwickelt. Dann wechselte ich zur Audi AG nach Ingolstadt und leitete dort bis 2005 den Bereich der Motoren-Entwicklung, bevor ich wieder nach Wolfsburg zurückkehrte und die Leitung der Aggregate- und Getriebe-Entwicklung der Volkswagen AG übernahm“, erzählt er.
Der Schwerpunkt im Volkswagenwerk Salzgitter liegt auf verbrauchsgünstigen 3-, 4- und 5-Zylinder Diesel-Motoren. Daneben fertigt das Werk VW-Bootsmotoren und verschiedene Komponenten für die eigene Produktion sowie für externe Kunden.
ich an der RWTH Aachen Maschinenbau mit Schwerpunkt Verbrennungsmotoren und Energietechnik studiert und dort auch promoviert. Irgendwie bin ich seitdem mein ganzes Leben dem Verbrennungsmotor treu geblieben“, berichtet Krebs.
Ein Werkleiter und Ingenieur also, der im Bereich Antriebstechnik die komplette Produktentwicklung durchlebt hat. Ein Vollblut-Profi, wenn es um Motoren geht und ein lebenslanger Enthusiast für all das, was mit Treibstoff Leistung erzeugt und PS auf den Asphalt bringt.
Wie es in einem riesigen Motorenwerk läuft, wie die Aggregate der Zukunft aussehen und wo die Perspektiven für den Ingenieurnachwuchs liegen, schildert Dr. Rudolf Krebs im folgenden Interview: Herr Dr. Krebs, wie behalten Sie in Ihrer riesigen Fabrik überhaupt den Überblick? Oberste Priorität hat eine perfekte Management-Organisation. Zudem nehme ich mir möglichst oft die Zeit, ins Werk zu gehen. Zu Fuß oder per E-Auto fahre ich durch die Hallen und rede mit den Leuten. Da kriegt man ein Gefühl für die Situation und ist nah dran am Puls der Mannschaft. Wo liegen die besonderen Schwierigkeiten und Herausforderungen? Auch in Salzgitter befinden wir uns an einem Hochlohnstandort. Trotz dieser spezifischen Nachteile muss ich immer eine vernünftige Wirtschaftlichkeit anstreben. Ich suche deshalb nach Optimierungspotenzialen und mehr Produktivität. Meine Vergangenheit als Entwickler hilft mir dabei sehr. Warum ist die Motorentechnik für den Ingenieurnachwuchs eine so interessante Disziplin? Ich bin der Überzeugung, dass Verbrennungsmotoren noch eine lange Zukunft haben. Der Wirkungsgrad ist mittlerweile traumhaft und es lassen sich noch viele neue Potenziale ausschöpfen. Auch Elektro und Hybrid sind spannende Bereiche. Bei allen Entwicklungen arbeiten Maschinenbauer,
Elektroniker, Werkstofftechniker und Informatiker Hand in Hand. Diese Interdisziplinarität macht extrem viel Spaß. Wohin wird die Reise gehen? Wie sieht der Motor der Zukunft aus? Der Hubraum wird noch viel kleiner werden und wir werden mit noch weniger Zylindern fahren. Insgesamt werden die Motoren noch winziger und leichter. Außerdem werden wir noch mehr Leistung und besseren Verbrauch aus ihnen herausholen. Apropos Antriebstechnik – woher nehmen Sie jeden Tag Ihre persönliche Motivation? Am meisten Spaß macht es mir, mit Leuten zusammen zu sein, die Freude an der Arbeit haben. Wenn Projekte und Problemlösungen gemeinsam umgesetzt werden und man nach harter Arbeit das Strahlen in den Augen sieht, das sind die kleinen Erfolge, die mich antreiben. Welchen Rat geben Sie jungen Menschen, die auch mal Motoren bauen wollen? Welche Arten von Ingenieuren sind bei Ihnen im Werk beschäftigt? Mit welchen Abschlüssen und Fachrichtungen hat man die größten Chancen? Wir haben ein sehr breites Anforderungsprofil an Ingenieurinnen und Ingenieure, Maschinenbauer, Elektro- und Fahrzeugtechniker oder ITSpezialisten. Ich glaube, wenn jemand eine solide naturwissenschaftliche Ausbildung mitbringt, dann spielt die Vertiefungsrichtung keine so große Rolle. Ein wenig Rüstzeug sollte da sein, der Rest ergibt und erarbeitet sich von selbst. Auch ich mit meinen 53 Jahren lerne jeden Tag noch hinzu. Was ist das für ein Gefühl, wenn Sie im Straßenverkehr all jenen Volkswagen Automobilen begegnen, in denen Ihre Motoren stecken? Dazu eine kleine Geschichte: Ich habe drei Töchter. Wenn wir mit dem Auto unterwegs sind, gibt es oft die Situation, dass meine Jüngste unvermittelt sagt: „Schau mal Papa, ein Golf TSI, den hast du doch gebaut!“ Klar, das macht mich jedes Mal ein bisschen stolz. //
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Ein guter Arbeitstag beginnt mit … einem Frühstück mit der Familie – jedenfalls sofern ich mal zu Hause bin. An Turbomaschinen und Turboladern fasziniert mich ... die hohe Leistungsdichte. Es macht mich wahnsinnig, wenn, … – und dabei bin ich gerne typisch deutsch – Sachfragen nicht im Vordergrund der täglichen Arbeit stehen. Die Ingenieurausbildung in Deutschland … steht derzeit am Scheideweg. An meiner Tätigkeit gefällt mir, ... wenn es Probleme gibt und Lösungen gefunden werden können. Entspannung finde ich … vor allem am Meer. Wenn ich nicht Ingenieur geworden wäre, … hätte ich mir einen anderen Beruf gesucht, der mir Freude macht, aber wahrscheinlich hätte ich immer etwas vermisst. Ein Maschinenbaustudium ... bietet unendlich viele Möglichkeiten, sich zu verwirklichen und sich gleichzeitig auf einen Traumberuf vorzubereiten. Am liebsten fahre ich ... Fahrrad. Als Rentner werde ich ... hoffentlich alt, damit ich das tun kann, wofür heute meist die Zeit fehlt. //
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Gesucht wird: Der richtige Dreh Ob Milchaufschäumer oder Hochgeschwindigkeitszug – Antriebstechnik findet sich in unzähligen Produkten der Industriegesellschaft © Dolmar
»» K U R Z - I N T E R V I E W » 10 Antworten in 10 Sätzen Prof. Dr. Roland Baar (45) ist Chefentwickler für Turbolader bei der Voith AG. Er studierte Maschinenbau an der Universität Hannover und promovierte anschließend am dortigen Institut für Turbomaschinen. Nach seiner Zeit als Projektleiter bei Volkswagen wechselte er zur Voith AG, wo er den Bereich Forschung & Entwicklung für Turbolader im Bereich Nutzfahrzeuge leitet. Zudem ist er Honorarprofessor an der Leibniz-Universität in Hannover.
Auch bei Rasenmähern entwickelt sich die Antriebstechnik ständig weiter – jene hier aus dem Hause Dolmar haben Mini-4-Takt-Motoren, die statt Gemisch einfach mit Benzin betankt werden
Für Deutschlands Gartenbesitzer ist er unverzichtbar: der Rasenmäher. Und selbst der schnittige Freund der Hobbygärtner ist ein gutes Stück Antriebstechnik – PS-stark, robust und kraftvoll. Gartengerätehersteller statten nun nicht nur Rasenmäher, sondern auch weitere motorbetriebene Maschinen mit wirtschaftlichen Mini-Viertaktmotoren aus. Das macht den Einsatz von BenzinÖl-Gemischen überflüssig. Stattdessen können Mäher, Sägen, Sauger oder Schredder nun einfach mit Benzin betankt werden. Außerdem sind solche neuen Viertaktmotoren emissionsund geräuschärmer. Nicht nur die Umwelt, sondern auch die sonnenbadende Nachbarin im Liegestuhl werden dankbar sein für solch innovative Motoren. Eine Höchstgeschwindigkeit von 400 Kilometern pro Stunde, ein um 50 Prozent gesenkter Energieverbrauch, voller Komfort hinsichtlich Kabinendruck, Klima, Vibration sowie Akustik, weniger Schallemissionen und erhöhte Sicherheitsstandards – hinter diesen ehrgeizigen Zielen verbirgt sich der Next Generation Train, ein Zukunftsprojekt, an dem das DLR-Institut für
Verkehrsforschung arbeitet. Gerade für den Hochgeschwindigkeits-Schienenverkehr sind viele wissenschaftliche Untersuchungen aus den Bereichen Aerodynamik, Struktur- und Fahrdynamik, Antriebstechnik, Werkstoffwissenschaften sowie Leichtbau unabdingbar. Auch Modularisierung und Systemintegration interessiert die Forscher, um – ähnlich dem Straßenfahrzeugbau – eine kostengünstigere Bauweise für Schienenfahrzeuge zu realisieren.
Wissenschaftler der TU München haben im Rahmen des Forschungsprojekts NiedrigstEmmissions-Lkw-Dieselmotor (NEMo) einen extrem umweltfreundlichen Dieselmotor für Lkws entwickelt. Für die anfallenden Schadstoffmengen heißt das – bezogen auf die aktuell geltende Euro-4-Norm: 80 Prozent weniger Rußpartikel sowie um 75 Prozent verringerte Stickoxide. Die Ingenieure konstruierten den Motor so, dass das rückgeführte Abgas-Luftgemisch unter hohem Druck in den
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Research Institute (UJV) entstanden. Er kommt komplett ohne Verbrennungsmotor aus und wird mit einer DreifachKombination aus Brennstoffzellen, Batterien und Ultracaps (modernen Doppelschichtkondensatoren) betrieben. Er ist vollkommen emissionsfrei, und die durch die verwendeten Technologien erzielte Energieeinsparung gegenüber gewöhnlichen Diesel-Bussen beträgt mehr als 50 Prozent. Dabei handelt es sich keineswegs um einen Prototypen – der Triple Hybrid®Bus wird voraussichtlich noch in diesem Jahr den Linienbetrieb im Raum Prag aufnehmen.
Effizienter „TriHyBus“ Die Innovationsvereinigung für die Deutsche Wirtschaft (IDWI) hat am 22. März 2010 in Frankfurt am Main den „Zukunftspreis Alternative Antriebstechniken 2010“ an die Proton Motor Fuel Cell GmbH für die Entwicklung des „Triple Hybrid®Brennstoff-Zellenantriebs“ des Stadtbusses „TriHyBus“ verliehen. Dieser Bus ist in Kooperation mit dem tschechischen Elektroantriebsspezialisten Skoda Electric und dem tschechischen Nuclear
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»» F A C H B E G R I F F E Antriebsdeutsch & Motorenlatein
»» Fortsetzung von S. 5: Gesucht wird: der richtige Dreh
in Werkzeugmaschinen, Industrierobotern und vollautomatisierten Fertigungs-
© DLR
Elektrische Antriebe sind leise, sauber, vielseitig und robust. Sie sind wie elektromechanische Muskeln und sorgen in allen Bereichen für Bewegung. Sie stecken im
Mixer, Fön, Staubsauger und Milchaufschäumer, sie arbeiten in Förderbändern, Fahrstühlen, Gabelstaplern und Elektrofahrzeugen oder sie verrichten © Vladislav Gajic, Fotolia
Brennraum gepresst wird, und verschafften diesem verdichteten Mix ausreichend Sauerstoff für eine bessere Verbrennung. Außerdem wird der Kraftstoff in viel kleinere Tröpfchen zerstäubt. Bisher verbrannte oft nur die äußere Hülle der Kraftstoffmoleküle. Dabei umhüllten die entstehenden Abgase den Dieseltropfen und schirmten diesen vom Sauerstoff ab. Abhilfe schafft jetzt eine spezielle Einspritzdüse mit einem Druck von 3.000 bar anstelle der üblichen 1.800 bar.
straßen zuverlässig ihre Dienste. Eine echte Innovation erfährt die elektrische Antriebstechnik zurzeit durch neue schnelle Mikrocontroller. Auch teure Sensorhardware wird durch billige Standardsoftware abgelöst. Ebenso liegt die weitere Miniaturisierung voll im Trend. Halbleiterelemente und Chips machen es möglich, dass die gesamte Antriebselektronik meist schon im Anschlussstecker des Elektromotors Platz findet. //
Ziel der Entwicklung des Next Generation Trains ist eine zulassungsfähige Höchstgeschwindigkeit von fast 400 km/h in Kombination mit stark reduziertem Energiebedarf und verbesserten Komfort- und Lärmeigenschaften
» Hybrid: Stammt vom lateinischen Fremdwort griechischen Ursprungs „Hybrida“ und bedeutet eigentlich „etwas Gebündeltes oder Gemischtes“; technisch steht es für die Kombination zweier Technologien. » Wirkungsgrad: Jener bezeichnet das Verhältnis von abgegebener Leistung zu zugeführter Energie und beschreibt die Effizienz von Energiewandlungen (zum Beispiel von chemischer Energie in Bewegungsenergie bei Motoren) und Energieübertragungen (zum Beispiel bei der Induktion). » Rekuperation: (lat. recuperare: „wiedergewinnen“): Rückgewinnung nutzbarer Energie, zum Beispiel durch eine Nutzbremse, die beim Bremsen die Bewegungsenergie als elektrischen Strom zurückgewinnt. » Induktion: (lat. inductio: „Einführung“): Erzeugung einer elektrischen Spannung durch Bewegung eines elektrischen Leiters durch ein Magnetfeld oder die Änderung des magnetischen Flusses. » Doppeltwirkender Zylinder: Der Begriff kommt aus der Pneumatik und bedeutet, dass Druckluft einen Kolben beim Einfahren und Ausfahren bewegt. Daher hat der doppeltwirkende Zylinder zwei Druckluftanschlüsse. »Antriebsstrang: Antriebe sind meist Teil einer komplexeren Anlage. Dazu gehört der Antriebsstrang, der Bewegungsenergie mithilfe eines Getriebes überträgt. Typische Komponenten im Antriebsstrang sind neben dem Getriebe auch Wälz- und Gleitlager, Zahnräder, Riemen, Ketten, Riemenscheiben, Kupplungen, Arbeitsspindeln etc. Impressum Verantwortlicher Herausgeber: Arbeitgeberverband Gesamtmetall · Wolfgang Gollub · Leiter Nachwuchssicherung/ THINK ING. Postfach 060249 10052 Berlin www.think-ing.de