Der Tiroler Bergsommer

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P.b.b. | VERLAGSORT: 6020 INNSBRUCK | 10Z038387M

TOURISMUSMAGA ZIN | AUSGABE 02/12 | FRÜHLING 2012

DER TIROLER BERGSOMMER

© KITZBÜHELER ALPEN / JOHANNES FELSCH

Eine Bedienungsanleitung.


RIESEN SPIELPLAN 2012 KINDER IM RIESEN

Workshops für Kreative von 4 bis 12 Jahren

MUSIK IM RIESEN

Alljährliches Kammermusikfestival

FAMILIEN IM RIESEN

RIESENTOUR: ein funkelnder Streifzug durch die Wunderkammern für die ganze Familie

CLUBBING IM RIESEN

Glamour mit internationalen Djs

KULINARIUM IM RIESEN

Kulinarisches Angebot im CAFÉ-terra SOMMERTIPP: Picknicks im Park mit vielen Leckereien

WERKSTÄTTE IM RIESEN Für Kristallkünstler von 7 bis 99 Jahren

KUNST IM RIESEN

Aktuelle Sonderausstellung: «FAMOS» von den Blue Noses

Alle Informationen und Termine unter: www.kristallwelten.com/riesenspielplan

6112 Wattens, Austria Tel: +43 (0) 5224 51080


3 STICHWORT SAISON

Zertifizierte Sommerbahnen 52

Der Karwendelmarsch führ t über Kilometer auf 1.903 Meter Seehöhe. enDabei sind insgesamt 2.300 Höh zeit Best Die en. meter zu über wind 23 beim Berglauf liegt bei 4 Stunden 1). Heuer (201 n nde Seku 50 und uten Min . findet der Klassiker am 25. 08. statt

Bergsommer, der Vergangenes Jahr von der Tirol Werbung gestartete Kampagne, die Lust macht, in Tirol den Sommerurlaub zu verbringen. Die thematischen Säulen „Sport & Aktiv“, „Natur & Gesundheit“, „Familienerlebnis“ und „Kultur & Kulinarik“ bilden das Fundament dieser breit und längerfristig angelegten Sommerkampagne. Ziel ist es, Tirol als attraktive Ganzjahresdestination zu positionieren – eine Rückkehr zu den touristischen Wurzeln, kamen die ersten Touristen doch im Sommer nach Tirol.

44 Bahnen in Österreich, davon 17 in Tirol, sind inzwischen mit dem Gütesiegel „Zertifizierte Sommerbahn“ ausgezeichnet. Alle drei Jahre werden die Bahnen nach dem Einhalt der Kriterien geprüft. Sechs verschiedene Themengebiete stehen zur Auswahl: Family-Berg, AbenteuerBerg, Genuss-Berg, Panorama-Berg, Fit & Gesund-Berg und Kunst & Kultur-Berg. Sie erzielen laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftskammer in den Sommermonaten bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als andere Bahnen.

© KITZBÜHELER ALPEN / ALBIN NIEDERSTRASSER

ZAHLEN BITTE

Zitiert „In den Bergen lassen wir die Zivilisation für einige Zeit hinter uns und kehren in unsere Heimat zurück – die Natur.“ Jochen Becker, Geschäftsführer Deutsches Wanderinstitut

„Vom Weitwandern kommt man zurück mit einer Freiheit im Geist. Das Gleichmäßige, dieses ,der Weg ist das Ziel’, das habe ich erst durchs Weitwandern verstanden.“

© BURTSCHER

Markus Linder, Kabarettist und Musiker

Der Adlerweg 1.480 Kilometer Länge und 87.000 Höhenmeter: Tirols bekanntester Weitwanderweg führt durch das ganze Land. Die Hauptroute mit 23 Etappen verläuft von St. Johann im Tiroler Unterland nach St. Anton am Arlberg. Seinen Namen bekam der Adlerweg, weil die Hauptroute auf der Landkarte wie ein Adler aussieht, der seine Schwingen ausbreitet.

„Die Sehnsucht nach der Natur wird umso stärker, je kommerzieller unsere Arbeitswelt wird.“ Michael Larcher, Österreichischer Alpenverein


4 EDITORIAL SAISON

Die Frage drängt sich auf: Wie bleiben wir erfolgreich, wenn angesichts des permanenten Wandels und immer rascher aufeinanderfolgender Innovationsschübe tatsächlich kein Stein auf dem anderen bleibt?

© SHUTTERSTOCK

Das Überraschende zu erwarten, das Positive daran zu sehen und aktiv zu prüfen, ob sich aus neuen Szenarien ebenso neue Chancen entwickeln lassen – wer diese Einstellung kultiviert, dem mag es auch besser gelingen, den eigenen Erfolg zu kultivieren.

Im Wissen, dass Tirols einzigartiger Naturraum im Trend liegt, entfaltet sich nicht ein eindimensionales „EntwederOder-Denken“ sondern eine kreative, einfallsreiche „Sowohl-als-auchMentalität“.


5 EDITORIAL

Tirol im Trend

W

er nicht innoviert, verliert. Der permanente Wille zum Wandel ist längst zu einem zentralen Leitmotiv erfolgreicher Unternehmer geworden. Zu schnell verändert sich in unserer Zeit die Welt, lösen neue Technologien alte ab und sehnen sich Menschen nach Dingen, deren Existenz noch vor Kurzem unbekannt war. Die Frage drängt sich auf: Wie bleiben wir erfolgreich, wenn angesichts des permanenten Wandels und immer rascher aufeinanderfolgender Innovationsschübe tatsächlich kein Stein auf dem anderen bleibt? Für den Zukunftsforscher Eckhart Minx sind es drei zentrale Elemente, die für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens entscheidend sind: Zum einen das „Denken auf Vorrat“, zum anderen die richtige Wahrnehmung der Veränderung der Umwelt und der Gesellschaft sowie drittens das Wissen – auch und gerade jenes über die eigenen Stärken.

Der Fall Kodak. Die Wirtschaftsgeschichte ist reich an Berichten über einstige Erfolgsunternehmen, die nicht mit der Zeit gingen und eben deshalb gehen mussten. Ein besonders eindrückliches Beispiel ist Kodak, bis vor kurzem Weltmarktführer im Bereich Fotografie. Unlängst analysierte Jim Rakete, einer der bekanntesten deutschen Fotografen, in der „Süddeutschen Zeitung“ die Gründe für den Niedergang: „Schon in den 1970er-Jahren war zu erkennen, dass die Idee der Fotografie sich in ihr seltsames Gegenteil verkehren würde. Waren die Pioniere der Fotografie noch darauf aus, das eine gültige Bild eines Moments zu machen, ging die Entwicklung in Richtung Serie. Die Ungeduld dem Ergebnis gegenüber nahm zu. Über Nacht hatten die Kameras Motoren oder Winder. An jeder Ecke gab es Fotolabors. Warten war unmodern.“ Selbst als die ersten Digitalkameras auf den Markt kamen, wollte Kodak nicht an seiner Überlegenheit zweifeln, denn immer noch boomte das eigene Geschäft. Erst als es japanische Kameras mit einem

vergleichbaren Auflösungsvermögen gab, erwog man den Einstieg in die Technik. Da war es bereits zu spät.

Überraschendes erwarten.

Der Fall Kodak mag als Lehre dienen. Wenn die Welt jeden Tag an Komplexität gewinnt, dann müssen wir lernen, immer stärker in Alternativen zu denken. Das Überraschende zu erwarten, das Positive daran zu sehen und aktiv zu prüfen, ob sich aus neuen Szenarien ebenso neue Chancen entwickeln lassen – wer diese Einstellung kultiviert, dem mag es auch besser gelingen, den eigenen Erfolg zu kultivieren. Die erfreuliche Entwicklung der Tiroler Tourismuswirtschaft ist in erster Linie dieser beschriebenen Einstellung geschuldet. Auch wenn der touristische Wettbewerb in der ganzen Welt explodiert ist – die Erfolgszahlen sowohl im Winter- wie im Tiroler Sommertourismus reißen nicht ab. Die Frage nach dem Warum kann ganz im Sinne der Eingangsthesen von Minx beantwortet werden. Tirols Touristiker kennen die Stärken ihres Kerngeschäfts, wissen aber auch um die Kraft der Innovation. Im Wissen, dass Tirols einzigartiger Naturraum im Trend liegt, entfaltet sich nicht ein eindimensionales „Entweder-oder-Denken“ sondern eine kreative, einfallsreiche „Sowohl-als-auch-Mentalität“. So können rund um die Kernstärken Tirols immer neue, zeitgemäße Angebote entstehen, die ganz unterschiedliche Interessen und Vorlieben von Reisenden auf ihrer ganz persönlichen Suche nach dem Glück bedienen. Ganz in diesem Sinne können wir in dieser Ausgabe der SAISON ab Seite 18 lesen, dass auch „Verrückte“ mittlerweile willkommene Gäste in Tirol sind – denn innovative Touristiker haben das Potenzial des Downhill-Mountainbikens längst erkannt. Tirol bleibt also im Trend. Die Sehnsucht nach Natur, aber auch nach gelebter Kultur sowie gesundem Aktivurlaub steigt. Wenn also unsere positive Neugierde auf Veränderung sowie die unverzichtbare Investitions- und Innovationsfähigkeit Schritt halten, wird auch der Tiroler Bergsommer rosigen Zeiten entgegensehen. Ich wünsche allen viel Freude damit und verdiente Erfolge! ×

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7 INHALT SAISON

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ALPEN STATT ADRIA

DIE „VERRÜCKTEN“ALS WILLKOMMENE GÄSTE

© KITZBÜHELER ALPEN / MEDIALOUNGE, MAREN KRINGS, FELIX SCHÜLLER, FERIENLAND KUFSTEIN

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DIE DEUTSCHE AUF DER ALM

SEHNSUCHT NACH NATUR

20 KULINARISCHER ALMENSTREIFZUG

22 THEMA: BERGSOMMER TIROL 8

Sehnsucht nach Natur Der Bergsommer könnte rosigen Zeiten entgegensehen, denn Outdoorsportarten boomen.

24

Berge rücken Gedanken zurecht Über die Faszination Berg, der nicht nur Profikletterer erliegen.

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„Gehen befreit den Geist“ Der begeisterte Weitwanderer Markus Linder im Interview

12

„Etwas Präventives für die Gesundheit“ Sportmediziner Dr. Wolfgang Schobersberger über die gesundheitlichen Aspekte des Wanderns

14

Die Anziehungskraft der Berge Die Welt der Berge fasziniert die Menschen im Tal seit jeher.

18

„Verrückte“ als willkommene Gäste Innovative Touristiker haben das Potenzial des DownhillMountainbikens erkannt.

32

Naturnaher Großevent Heuer findet der Karwendelmarsch bereits zum vierten Mal seit seiner Neuauflage statt.

20

Alpen statt Adria Erfolgreich: die „Ausgezeichneten Österreichischen Sommerbahnen“

34

Der Missionar für Tiroler Speck Vergangenes Jahr hat Karl Handl die Unternehmensleitung an seine Söhne übergeben. Ein Gespräch

22

Kulinarischer Almen-Streifzug Tirols Hüttenwirte und Sennerinnen warten während der Sommermonate mit ungeahnten Köstlichkeiten auf.

38

Die Deutsche auf der Alm Über die Entstehung des Bildbandes „Echt Tirol – echt oimerisch“

MAGAZIN

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Tourismuswissen auf einen Klick Die Informationsplattform TTR wurde relauncht.

42

Das Leben ist schön in Tirol Das neue Sparpaket in Italien könnte dem Nordtiroler Tourismus zu Gute kommen.

44

Museen für die Ohren Zwei neue Ausstellungen in den Tiroler Landesmuseen: Man höre und staune!

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Von Fahrrädern, Mördern & Polizisten Komponist Florian Bramböck über seine neue Oper

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Kommentare

50

Nachgefragt

IMPRESSUM SAISON – Tourismusmagazin, Nr. 2/2012 (64. Jahrgang)

SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20

HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: target group publishing GmbH – Zielgruppen Verlag, Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Steffen Arora, Mag. Nina Heizer, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Michael Rathmayr • PRODUKTION: NERO WerbeGmbH, www.nerografik.net • LAYOUT: Philipp Frenzel • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, t.pilgram@zielgruppenverlag.at • ANSCHRIFT VERLAG/PRODUKTION: Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 60 20, Fax DW -20, redaktion@zielgruppenverlag.at • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten


8 BERGSOMMER saison

Sehnsucht nach Natur Der Bergsommer könnte rosigen Zeiten entgegensehen. Der Freizeit- und Tourismusforscher Peter Zellmann sieht im Zusammenhang mit der Umorientierung unserer Gesellschaft zu mehr Natur, Wellness und ökologischem Bewusstsein große Chancen für den heimischen Tourismus. Der aktuelle Wanderund Outdoor-Trend scheint ihm Recht zu geben. Von Sonja K ainz

H

ape Kerkeling tut es. Paulo Coelho tut es. Hansi Hinter­ seer tat es schon immer. Deutschlands Paradekomiker, der brasi­ lianische Bestsellerautor und das Tiroler Original haben eines gemeinsam: Alle drei lieben Wandern. Auch wenn Kerkeling und Coelho es in ihren Bestsellern „Ich bin dann mal weg“ und „Auf dem Jakobsweg“ Pilgern nennen – letztendlich geht es ums Gehen, das Wiederentdecken der Langsamkeit und darum, in unserer von Stress, Reizüberflu­ tung und Hektik geprägten Welt wieder zu sich zu finden. Wandern steht bei den Freizeitakti­ vitäten wieder hoch im Kurs und hat sein angestaubtes Image als Beschäftigung, die vorwiegend für schon etwas ältere Damen und Herren interessant ist, abgestreift. Das Kuratorium für Alpine Sicherheit ermittelte beispielsweise in einer Untersuchung im Jahr 1996 4,4 Millionen Wanderer allein in Österreich. Das entsprach 68 Prozent der Bevölkerung. Schon fünf Jahre spä­ ter war dieser Prozentsatz auf 74 Prozent angewachsen – mit stark steigender Ten­ denz. Nach Schwimmen und Radfahren ist Wandern damit laut Kuratorium die dritthäufigste sportliche Freizeitbetätigung der Österreicher. Und auch in Deutschland, Tirols wichtigstem Reisemarkt, steigt die Begeisterung fürs Wandern. Rund 55 Pro­ zent der Deutschen geben laut einer von Rainer Brämer, einem deutschen Physiker und Wanderwissenschafter, veröffentlich­ ten Studie aus dem Jahr 2010 an, zu wan­

dern. In absoluten Zahlen wären das rund 35 Millionen Menschen.

Wiederentdeckung.

Aber nicht nur Wandern erlebt eine Renaissance. Alles, was im Freien und in der Natur stattfindet, hat Konjunktur. Mountainbiken und Klettern gehören ebenso dazu wie Bergsteigen und ausgedehnte Radtouren. Beim Österreichi­ schen Alpenverein schlägt sich der Trend zu Outdooraktivitäten nicht nur in einer kons­ tant wachsenden Mitgliederzahl nieder, die 2011 in einem Mitgliederrekord (415.000) gipfelte, sondern auch im starken Zulauf zu den unterschiedlichen Kursprogram­ men, erklärt Michael Larcher vom ÖAV. „Immer mehr Menschen lassen sich für den Bergsport ausbilden“, weiß der Leiter der Abteilung Bergsport. Allein hundert Personen absolvierten pro Jahr die Ausbil­ dung zum Bergwanderführer, einfach weil der Bedarf und die Nachfrage da seien. Der Outdoor-Trend sei in Tirol zwar besonders stark ausgeprägt, beschränke sich aber nicht auf Österreich, sondern umfasse den gesamten mitteleuropäischen Raum. Larcher sieht diese Entwicklung im Zusammenhang mit dem Wellnesstrend und der stärker werdenden Freizeitorien­ tierung der Bevölkerung. Die Aufwärts­ tendenz sei beim ÖAV bereits seit etwa 15 Jahren zu spüren. „Die Sehnsucht nach der Natur wird umso stärker, je kommerzieller unsere Arbeitswelt wird“, meint Larcher.

Selbstverwirklichung.

Auch Peter Zellmann sieht die verstärkte Hinwendung zur Natur in einem größeren Zusammen­ hang. Sie sei eine Konsequenz der Freizeit-,


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Panoramablick. Nordic-Walkerin am Kitzbüheler Horn

„Die Sehnsucht nach der Natur wird umso stärker, je kommerzieller unsere Arbeitswelt wird.“

© Kitzbüheler Alpen / MEDIALOUNGE

Michael Larcher, Österreichischer Alpenverein


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Alpines Erlebnis. Wanderer am Knappenweg in den Ötztaler Alpen

Sommer mit Potenzial.

Ein gelun­ genes Beispiel dafür, wie etwas, das schon immer da gewesen ist, zu etwas neuem und Einzigartigem werden kann, ist wohl der Ti­ roler adlerweg. Dieser Weitwanderweg, der durch das ganze Land führt und sowohl Ge­ nusswanderer als auch alpinisten anspricht, erfreut sich großer Beliebtheit. Vor kurzem habe er mit einem Hüttenwirt gesprochen, der in der nähe dieses Weges schon lange seine Hütte habe, erzählt Josef Margreiter, Geschäftsführer der Tirol Werbung. auf die Frage, ob der adlerweg beim Gästeaufkom­ men spürbar sei, habe der Gastwirt ganz klar gesagt: „Und wie wir das spüren.“

Margreiter sieht im sommertourismus für Tirol großes Wachstumspotenzial. im sommer 2011 kletterten die nächtigungen erstmals seit 1998 wieder über die 18­Mil­ lionen­Grenze. „Die Trendumkehr fand bereits 2007 statt“, sagt Margreiter. seit­ dem geht es mit den nächtigungszahlen im sommer stetig bergauf. Der TW­Chef hält es für realistisch, die sommernächti­ gungen an die im Winter heranzuführen und auf ein ähnliches Volumen zu kom­ men. Das wären rund 25 Millionen näch­ tigungen. „Das Potenzial ist auf jeden Fall da“, meint Margreiter. Die Bedingung sei allerdings entsprechendes Engagement, um am Ball zu bleiben. Dass die nachfra­

ge in den vergangenen Jahren angezogen habe, sei nicht nur auf den allgemeinen Trend zu mehr natur zurückzuführen, sondern auch auf „kräftige investitionen“ und die Motivation, das sommerangebot wieder innovativ zu gestalten. investitio­ nen und Engagement werde es laut Mar­ greiter auch weiterhin benötigen. Denn im sommer sei die Konkurrenz natürlich viel stärker als im Winter. schnee gebe es nun einmal nicht überall, schöne natur­ landschaften finde man allerdings auch in vielen anderen Ländern. Margreiter empfiehlt den Destina­ tionen, sich klar zu positionieren. Viele Regionen hätten das bereits getan und

„Das Potenzial ist auf jeden Fall da.“ JosEF MaRGREiTER, GEsCHÄFTsFüHRER DER TiRoL WERBUnG, üBER DiE CHanCEn, DiE nÄCHTiGUnGsZaHLEn iM soMMER DEUTLiCH ZU HEBEn

© TiRoL WERBUnG

Erlebnis­ und naturorientierung, die insge­ samt auf einen ganzheitlicheren Lebensstil abziele, erklärt der Freizeit­ und Touris­ musforscher. Die Lebensbereiche arbeit, Familie und Freizeit werden zunehmend gleich wichtig. selbstverwirklichung werde allerdings tendenziell in der Freizeit gesucht. „Wandern ist sicherlich in, outdoor ist in“, bestätigt Zellmann, aber die heimische natur sei kein selbstläufer. Das sei nur das Meer, da es für uns Mitteleuropäer so etwas Besonderes sei, dass es keine inszenierung brauche. Die heimische naturlandschaft müsse dagegen „inszeniert“ werden.


© ÖTZTaL ToURisMUs / BERnD RiTsCHEL

Urlaub in der Nähe.

investitionen können sich auch deshalb auszahlen, weil selbst in Krisenzeiten bei Freizeitaktivitäten und sport eher nicht gespart werde, meint ÖaV­Experte Larcher. Die Bergsportindus­ trie habe beispielsweise die Wirtschaftskri­ se in wesentlich milderer Form zu spüren bekommen als andere Wirtschafszweige. in unsicheren Zeiten werde ausschau nach aktivitäten gehalten, die sich in der nähe befinden und relativ wenig kosten, glaubt der Bergsportexperte. Den Trend zum Urlaub in der nähe bestätigt auch Margreiter. Der inlands­ markt wurde in den vergangenen Jahren immer wichtiger und konnte sich konstant über nächtigungszuwächse freuen. Diese Tendenz dürfte auch 2012 anhalten. Das institut für Freizeit­ und Tourismusfor­ schung (FTi) fand heraus, dass 2011 31 Prozent der verreisenden Österreicher im inland urlaubten (2010: 29 Prozent). Be­ rücksichtigt man, dass 2011 58 Prozent der Österreicher verreist sind, lasse sich schlie­ ßen, dass 18 Prozent ihren Haupturlaub im inland verbrachten. aufschlussreich auch: 26 Prozent der Befragten, die eine Urlaubs­ reise planen, wissen schon jetzt, dass sie heuer im inland urlauben möchten.

Nachhaltige Entwicklung. Zell­ mann geht davon aus, dass es sich bei der orientierung zu der ökologischeren, nachhaltigeren Freizeitgestaltung um eine länger anhaltende Entwicklung handelt. Die Gesellschaft wandle sich etwa seit den 70er Jahren vom „industriepatriar­ chat“ zum „Freitzeitmatriarchat“, erklärt der Freizeitforscher. Derzeit befinden wir uns demnach in der sogenannten übergangs­ phase, die laut Zellmann etwa um 2030 abgeschlossen sein wird. Man stehe am Beginn des Zeitalters der Emotionalisie­ rung, die neue Wertschöpfung werde sich dementsprechend aus „soften“ Kompo­ nenten und emotionalen Werten lukrieren lassen, meint Zellmann. seine Prognose stimmt optimistisch: „Österreich hat eine riesen Zukunft als Gastgeberland.“ ×

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seien erfolgreich damit. Die einen setzen auf actionreiche Erlebnisse in der natur und lassen Urlauber die Berge, Flüsse und schluchten erobern, andere haben sich den Familien verschrieben und bilden in die Ti­ roler Bergwelt integrierte Erlebniswelten wie das Hexenwasser oder das Murmliwasser.

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12 BERGSOMMER SAISON

„Etwas Präventives für die Gesundheit“ Wandern hat zahlreiche positive Effekte auf die Gesundheit und die Psyche des Menschen. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger hat die Auswirkungen eines Wanderurlaubes wissenschaftlich untersucht und erzählt im Interview, wie man schon in einer Woche viel erreichen kann und warum man sich trotzdem vor zu viel Ehrgeiz hüten sollte. DA S INTERVIEW FÜHRTE SONJA K AINZ .

S

AISON: Herr Dr. Schobersberger, Sie sind Sport- und Alpinmediziner. Zählt Wandern denn überhaupt als Sport? WOLFGANG SCHOBERSBERGER: Auf alle Fälle. Die Sportabgrenzung ist nicht immer so eindeutig. Viele verbinden mit Sport nur das, was mit Wettkampf zu tun hat. An unserem Institut assoziieren wir Sport mit Bewegung. Und alles, was mit Bewegung zu tun hat, ist für uns auch Sport. Kommt es darauf an, wie man Wandern betreibt? Wo fängt Wandern an, wo hört Spazierengehen auf? Die Frage muss der Gast für sich selbst beantworten. Geht es darum, ein bisschen in der Natur zu sein und die persönliche Wellness zu steigern, dann ist es sicher mit einem Spaziergang im Gebirge auch getan. Ich persönlich assoziiere mit Wandern etwas, womit ich auch etwas Präventives für meine Gesundheit mache. Wann beginnt Wandern sich vorbeugend auf Erkrankungen auszuwirken? Einmal Wandern ist noch keine Präventionsmaßnahme. Wenn es in einem Wanderurlaub stattfindet, der eine gewisse Dauer hat, zählt es als Prävention. Prävention ist jede Bewegung, die in einem sinnvollen Pulsbereich stattfindet, etwa zwischen 120 und 130, wobei die optimale Pulsfrequenz individuell ist. Entscheidend für die Vorbeugung von Erkrankungen ist, dass man jede Art von Bewegung mindestens dreimal die Woche jeweils etwa eine Stunde ausübt. Also kann ein Wanderurlaub schon ausreichen, um die Gesundheit zu verbessern? Es ist der Start dazu. Wenn ich davor

nichts mache und danach nichts mache, ist der Effekt minimal. Ich sage immer, der Wanderurlaub oder der Alpinurlaub kann der Aufhänger dazu sein, dass ich etwas lerne, was ich dann im Alltag umsetze, eine Art Initialimpuls. Wie wirkt sich regelmäßiges Wandern auf die körperliche Verfassung aus? Eigentlich genau so, wie jede andere Art der Bewegung. Die zusätzliche Komponente des Wanderns ist allerdings, dass es in einem schönen, angenehmen Ambiente stattfindet, dadurch kommt noch eine spezielle psychische und psychologische Komponente dazu. Diesen mental regenerativen Effekt kann man sich in einem Fitnessstudio nicht erwarten.

„Ich sage immer, der Wanderurlaub kann ein Initialimpuls sein.“ Welche psychologischen Veränderungen konnten Sie in Ihren Studien feststellen? Die Schlafqualität hat sich verbessert, die generelle Lebenseinstellung ebenfalls. Wenn man krank ist, befinden sich die meisten Menschen in der Nähe der Depression. Wir konnten eindeutig feststellen, dass die Studienteilnehmer bereits nach einer Woche wieder eine positivere Lebenssicht hatten.

ZUR PERSON Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger wurde in Salzburg geboren und studierte Medizin in Innsbruck. Er war wissenschaftlicher Koordinator der AMAS 2000 (Austrian Moderate Altitude Study), die Gesundheitseffekte von Bergurlauben unter die Lupe nahm, weitere Studien folgten. Derzeit ist AMAS 3 angelaufen, die sich vor allem mit den Folgen von Stress und deren Bekämpfung beschäftigt. Schobersberger ist außerdem Gründungs- und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin und ist seit 2002 Vizepräsident dieser Gesellschaft. Seit 2003 leitet er als Vorstand das Institut für Urlaubs-, Reise- und Höhenmedizin, das im Landeskrankenhaus in Natters angesiedelt ist.

In Ihren Studien wurden auch die physischen Effekte überprüft. Nach drei Wochen haben wir gesehen, dass die Leute Gewicht verloren haben und nicht nur Wasser, sondern auch Fettmasse. Es war keine Diätstudie, wir haben also keine Ernährungsorder gegeben, trotzdem haben die Studienteilnehmer abgenommen. Die Blutfettwerte und die Blutzuckertoleranz hatten sich verbessert ebenso wie das Blutdruckverhalten. Im Forschungsprojekt AMAS 3 werden aktuell gestresste Manager untersucht. Dauerstress ist aber in unserer hektischen Welt nicht nur für Manager ein Thema, sondern ein großer Teil der Bevölkerung leidet darunter. Wie wirkt sich Dauerstress auf unseren Organismus aus? Es gibt kein Organsystem, das durch Dauerstress nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Er wirkt sich negativ auf das Herzkreislaufsystem aus, führt zu Bluthochdruck auch bei Normalgewichtigen, er beeinflusst das Ernährungsverhalten – es gibt beispielsweise Stressfresser oder Stresshungerer. Außerdem führt er zu psychischen Beeinträchtigungen bis hin zu Depressionen, dem Verlust von sozia-


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tourismus am mci.

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len Kontakten, der sich wiederum negativ auf die Gesundheit auswirkt. Gibt es auch Menschen, denen man trotz aller positiven Begleiterscheinungen des Wanderns lieber raten sollte im Flachen zu bleiben? Absolut. Ich bin der Letzte, der sagt, alle müssen auf den Berg, da ist es nur gesund. Mein Wunsch wäre, dass jemand, der einen Bergurlaub macht, um für sich ein gezieltes Höhentraining zu absolvieren, sich davor checken lässt. Das Problem ist, dass viele im Urlaub übermotiviert sind. In Innsbruck gab es eine Studie zum Thema Skiurlaub. Das Ergebnis war, dass die Infarkthäufigkeit bei vorbelasteten Personen in den ersten 48 Stunden am höchsten ist. Das entspricht auch unseren Erfahrungen den Wanderurlaub betreffend. Woran liegt das? Das ist der Anreisestress plus Übermotivation. Man möchte es sich und der Umgebung zeigen und sucht sich dann ein Ziel aus, das eigentlich unrealistisch ist. Diese Kombination ist oft fatal. Wie lautet Ihre Empfehlung? Man sollte den Wanderurlaub gezielt, gestaffelt und dosiert beginnen. Eigentlich sollte man

einfach das tun, was man gerne tut. Man darf den Anfahrtsstress nicht unterschätzen. Wir sehen oft, dass die Leute kommen und einfach ausgebrannt sind. Das nächste Problem ist, dass sie sich zu viel vornehmen. Der Urlaub wird zum Stress. Hinzu kommt, dass viele Hotels den Wellnessurlaub als Stressnessurlaub anbieten, wo in einem verlängerten Wochenende zehn Angebote verpackt werden. Der Trend geht verstärkt zu Kurzurlauben, wie beurteilen Sie den Erholungswert dieser Form des Verreisens? Früher war der Urlaub eine gesetzlich vorgegebene Maßname mit einer gewissen Mindestdauer und die betrug drei Wochen. Jetzt hat man das umgekrempelt, hin zu lieber öfter, aber kürzer kommen. Allerdings hat sich noch nie jemand angeschaut, ob das wirklich etwas bringt. Das machen wir mit AMAS 3. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass diese Form des Urlaubs die Gäste im mentalen Bereich nicht abschalten lässt. Persönlich glaube ich nicht, dass der Kurzurlaub wirklich sichtbare positive Effekte zulässt. Vielen Dank für das Gespräch.

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14 BERGSOMMER

Alpine Pioniere. Bergsteigerszenen wie „Klettern am Elfer“ (1891) hielt der englische Alpinist und Maler Edward Theodore Compton (1849–1921) zu hunderten fest.

Die Anziehungskraft der Berge Die Welt der Berge faszinierte die Menschen im Tal seit jeher. Die ersten Bergsteiger wurden noch als verrückt verrufen. Doch das sollte sich rasch ändern. V O N J A N E K AT H R E I N

© ALPENVEREIN-MUSEUM, ÖSTERREICHISCHER ALPENVEREIN, HISTORISCHE LATERNBILDSAMMLUNG

SAISON


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er Wind, der um die Hütte pfeift, pfeift um die Hütte. Der Wind, der durch die Stadt weht, zwängt sich durch ihre Gassen. Die Stadt ist eine künstliche Welt. Sie nimmt Energie. Ich leihe mir die Energie von der Natur“, sagt Veronika Felderer in einem Interview, das im Rahmen der Ausstellung „Berge – eine unverständliche Leidenschaft“ über einen der Bildschirme läuft. Die Wirtin der Kellerjochhütte verbringt mehrere Monate im Jahr in und auf den Bergen, umrundet sie, besteigt sie – je nachdem welches Thema gerade ansteht. Gedanken sortieren, Wut abbauen, schwitzen. Das Verlangen nach den Bergen sieht im 21. Jahrhundert so aus. „Genährt wird es von unterschiedlichen Reizen“, versucht Martin Schwiersch, Psychologe und Bergsteiger, eine wissenschaftliche Erklärung zu finden. Reize, die zu einem blitzhaften Wiedererinnern einer Situation führen, die fast leibhaftig erlebt wird. Ein Gefühl von Lebendigkeit und des Herausgehobenseins ist das, was bleibt.

Ehrfurcht.

Die Berge ziehen an. Ihrer Aura konnten sich schon die ersten Touristen, die auf der Terrasse des Grandhotels standen und hinaufstarrten, nicht entziehen. Ihr Gesichtsausdruck, der auf den ersten Fotos erkennbar ist, spiegelt Staunen wider und Ehrfurcht. Einzelne mutige Männer und Frauen gaben sich nicht mit dem Schauen zufrieden, sie wollten den Fels zwischen ihren Fingern spüren und machten sich auf den Weg zu den steilen Wänden und ausgesetzten Graten. Mit einfacher Ausrüstung und selbst angeeigneten Kletterkenntnissen. Nicht immer gelang ihnen die Bezwingung im ersten Anlauf. Der Kampf um das Matterhorn dauerte etwa fünf Jahre, obwohl seine Begehung der Schwierigkeitsstufe drei entsprach. Es scheiterte nicht an den Kletterkenntnissen der britischen Pioniere, sondern vielmehr an ihrem Ehrgefühl, das ihnen verbot mit Händen und Füßen zu klettern. Edward Whymper überwand schließlich 1865 seine Grenzen und stand als Erster am Gipfel des heute weltberühmten Berges. Es war der letzte große Alpenberg aus einer langen Liste von Gipfelsiegen, die sich die Engländer vorgenommen

hatten: In nur sieben Jahren kam es zu 70 Erstbesteigungen. Edward Whymper war schließlich einer italienischen Seilschaft zuvor gekommen. Die ersten Gipfelbesteigungen wurden zum Wettkampf zwischen Freunden und Nationen.

Erlebniswelt Berg. Fasziniert saugte man in den Städten die abenteuerlichen Berichte von den Bergerlebnissen auf. Erst diese Vorstöße rückten die hochalpinen Regionen als Tummelplatz und Erlebniswelt in das Bewusstsein. Kaum waren die höchsten Gipfel erobert, sahen sich die Kletterer nach neuen Herausforderungen um. Nordwände, ausgesetzte Grate, riskante Alleingänge – nicht mehr die Höhe des Gipfels, sondern die Schwierigkeit der Route zählte. Ideales Gelände dafür waren die Ostalpen, die Dolomiten, der Dachstein und die Brentagruppe. Die ersten Bergsteiger wurden als verrückt abgekanzelt. Zugleich ging eine Faszination von ihnen aus, die dem Heldenmythos recht nahe kommt und den Bergführer bis heute umweht. Die ersten Tiroler Bergführer hatten allerdings keinen besonders guten Ruf: Sie seien starrköpfig, ohne jegliche Kultur und jenseits des

um einen Blick auf die Berge zu werfen, von denen Reisende in ihren Berichten erzählten und schrieben. Der Name Karl Baedeker wurde schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts schnell zu einem Synonym für den Reiseführer, der ein rasch anwachsendes bürgerliches Publikum mit den bekanntesten Reisezielen vertraut machte. Notizen über die Qualität von Unterkünften, Empfehlungen für die Wege, die sich zunächst an zu Fuß gehende oder mit der Postkutsche Reisende richteten, oder über die Routen, die dem Bahnreisenden durch den Ausbau des Streckennetzes zur Verfügung standen, gepaart mit landeskundlichen und historischen Kurzinformationen, schürten die Erwartungshaltung. Die gebildeten und gut informierten Leser, zu der nach Beginn des Eisenbahnzeitalters immer mehr Frauen gehörten, wussten schon vor Reiseantritt, welche Orte in den Tälern schick waren. Bislang verschlafene alpine Gegenden entwickelten sich innerhalb weniger Jahrzehnte zum Anziehungspunkt der Oberschicht. Neben der naturräumlichen Ausstattung waren es Initiativen von Einzelpersönlichkeiten und Zufälle, die ein

Die ersten Bergsteiger wurden als verrückt abgekanzelt. Zugleich ging eine Faszination von ihnen aus. Heimattals wüssten sie schon nicht mehr weiter. Die Engländer brachten in der Frühzeit des Alpinismus ihre Führer aus der Schweiz mit. Dort war das Bergführerwesen bereits organisiert. Mit der Begehung schwieriger Routen stieg schließlich auch das Ansehen der Tiroler.

Lange Anfahrtswege. Die Adeligen waren die ersten, die sich in den Bergen erholten. Sie kamen mit der Kutsche und nahmen lange Anfahrtswege in Kauf, nur

Gebirgsdorf zu einem weltbekannten Kurort aufsteigen ließen. Der Reiz des Hochgebirges wurde weit über die Landesgrenzen hinaus getragen. In alpennahen Ländern schlossen sich Bergsteiger zu Vereinen zusammen. Für die Briten zählte noch die elitäre Leistung von Einzelnen, die neuen Alpenvereine steckten sich höhere Ziele. Der Bergsport wurde als Mittel betrachtet, um das einst schreckliche Gebirge als Freiraum für den Städter zu erschließen.


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„Bergtourismus federführend entwickelt“

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AISON: Herr Wadsack, an welchen Personen würden Sie die frühe Entwicklung des Alpenvereins festmachen? CHRISTIAN WADSACK: Am Venter Kurat Franz Senn, der zur Gruppe jener Unzufriedenen gehörte, die mehr praktische Arbeit im Gebirge verlangten. Er regte 1863 den ersten Wegebau übers Hochjoch vom Ötztal ins Schnalstal an und war Teil der „Opposition“ im Alpenverein, die schließlich 1869 in München den Deutschen Alpenverein gegründet hat. Senn hat rastlos für den beginnenden Fremdenverkehr in Tirol gewirkt und sich dabei finanziell ruiniert. Dann fällt mir noch Johann Stüdl ein. Der Prager Kaufmann Stüdl war der „Hüttenbauer“ im Alpenverein, vor allem im Zillertal.

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Die Rolle des Alpenvereins damals und heute? Der Alpenverein hat in den ersten 50 Jahren seines Bestehens den Bergtourismus federführend entwickelt und dazu auch die notwendige alpine Infrastruktur aufgebaut. Heute tragen wir die Verantwortung für diese Infrastruktur. Rund zwei Millionen bergsportbegeisterte Österreicher nutzen kostenlos das 238 Hütten und 40.000 Kilometer Wege umfassende bundesweite alpine Netz. Gleichzeitig versuchen wir die intakte Naturlandschaft für zukünftige Generationen zu erhalten.

© ALPENVEREIN/N. FREUDENTHALER

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„Rund zwei Millionen bergsportbegeisterte Österreicher nutzen kostenlos das 238 Hütten und 40.000 Kilometer Wege umfassende Netz.“

Historie. Eine Seilschaft erklimmt die Watzespitze in den Ötztaler Alpen (1). Die Braunschweiger Hütte am Ende des Pitztals wurde bereits 1892 errichtet (2). Werbesujet aus den 50er-Jahren (3).

MALERISCHES TIROL Der Alpenverein erschließt Millionen von Menschen die Berge. Wie vereinbart sich das mit dem Naturschutz? Unser Lösungsansatz lautet: Lokale Nutzungskonflikte möglichst auch lokal durch Gebote und nicht durch Verbote zu lösen. Wir beobachten außerdem, dass verordnete Naturschutzzonen – auch der Nationalpark ist davon betroffen – durch neue Erschließungspläne bedroht und aufgehoben werden, und fordern eine Raumplanung im Interesse der Natur, die auch vor kurzfristigen wirtschaftlichen Überlegungen Stand hält. Wo könnten Sie sich eine stärkere Zusammenarbeit mit den Tourismusbetreibern vorstellen? Nachdem gerade in Tirol mit den Bergen und einer intakten Natur im Sommertourismus massiv geworben wird, möchte ich die Tourismusverantwortlichen einladen, stärker mit uns zu kooperieren. Denkbar wären die Nutzung von Synergien im Vermarkten unserer Infrastruktur oder aber auch eine höhere Beteiligung bei der Erhaltung derselben. Letztendlich stellt der Alpenverein Hütten und Wege kostenfrei zur Verfügung. Vielen Dank für das Gespräch.

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Im Auftrag eines Wiener Verlegers unternahm 1801 der Landschaftsmaler Ferdinand Runk eine ausgedehnte Reise durch die Tiroler Alpen, um Motive für eine geplante „Sammlung der vorzüglichsten malerischen Gegenden von Tyrol“ zu suchen. Die Ausbeute: 250 Zeichnungen. Auf die Bilder von Runk folgte eine Flut an Ansichten aus den Bergen und Tirol wurde für zahlreiche Künstler zum Arbeitsgebiet.

FRAUEN AM BERG Bis 1887 hatten bereits 69 Frauen den Montblanc bestiegen, die Hälfte davon waren Engländerinnen. In den frühen Neunzigerjahren standen Frauen auf der Großen und der Kleinen Zinne, 1901 durchstieg die Engländerin Beatrice Tomasson als erste Frau die Marmolata-Südwand. Der von Männern dominierte British Alpine Club nahm aber erst 1974 weibliche Mitglieder auf. Nicht die bergsteigerischen Aktivitäten, sondern vielmehr ihr Ansehen als Wirtin verhalf der Tirolerin Emma Hellenstainer bereits 1869 zu einer Mitgliedschaft im Deutschen Alpenverein.

GESUNDHEIT UND LUFT Im Sommer 1877 bestieg der Italiener Angelo Massa den Monviso und trug dabei eine Pulsuhr, um seinen Kreislauf zu erforschen. Puls und Atmung wurden in Kurven aufgezeichnet. Erstmals begann man sich Gedanken über die Wirkung der Luft und der Höhe auf den menschlichen Körper zu machen.

© ALPENVEREIN-MUSEUM, ÖSTERREICHISCHER ALPENVEREIN, HISTORISCHE LATERNBILDSAMMLUNG (2)

ÖAV-Präsident Christian Wadsack im Interview


17 Breite Bewegung. Der 1862 gegrün-

Berge wurden vermessen und benannt. Karten gezeichnet, Wege markiert. Mit der Entwicklung der Fotografie hin zum Massenmedium kam die hochalpine Welt in spektakulären Bildern, tausendfach reproduziert, ins Tal. Für die Sektionen wurde es zunehmend wichtig in den Alpen mit einem eigenen Schutzhaus ein Stück Bergheimat zu schaffen und eine alpine Zone zu markieren. 500 Schutzhütten standen zur Jahrhundertwende im Alpenbogen, 300 davon gehörten dem DAV, viele davon in Tirol. Dazu betreute der Deutsche Alpenverein 30.000 Kilometer markierte Wege. Zu Tausenden strömten Wanderer und Bergsteiger nun in die Berge. Viele der Hütten entwickelten sich von einfachen Unterkünften zu Gasthäusern, um 1910 waren bereits über 80 Prozent bewirtschaftet. Und die Alpinisten begannen sich allmählich über die Überfüllung ihrer Berge zu beklagen.

Der Berg im Kino. Der deutsche Regisseur Arnold Fanck drehte 1923 in den Dolomiten den Film „Berg des Schicksals“. Den ortskundigen Führer Luis Trenker buchte er als Assistenten. Als sich einer der Schauspieler nicht über eine Felskante

zu klettern traute, sprang Luis Trenker ein. Das Publikum war hingerissen von diesem neuen Leinwandgesicht. Im nächsten Film „Der Heilige Berg“ spielte Trenker neben Leni Riefenstahl bereits die Hauptrolle. Und in „Berge in Flammen“ führte Luis Trenker bereits Regie. Nun konnte jeder die Berge vom Kinosessel aus erleben. Gedreht unter schwierigen Bedingungen führten die Filme mit surrealen Bildern in eine Welt, die das Massenpublikum so unmittelbar noch nicht erlebt hatte. Über Tiefen, durch Schwindel erregende Eisrinnen, mitten hinein in donnernde Lawinen und gleißendes Licht über verschneiten Hängen. Mochten die auf die Leinwände geworfenen Berge für die meisten unerreichbar bleiben, so erfüllten die Filme doch eine wachsende Sehnsucht: nach dem Ausrücken in unbekannte Territorien und der Kameradschaft. Im deutschen und österreichischen Alpenverein stiegen die Mitgliederzahlen bis 1925 auf über 200.000. Hochtouren und Wanderungen zu einer Hütte wurden zum Inbegriff für Freizeit. Sie kompensierten die Tristesse eines Alltags, in dem Wirtschaftskrisen und hohe Arbeitslosigkeit herrschten. ×

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dete Österreichische Alpenverein scheiterte noch an sich selbst. Seine Mitglieder, vor allem Wiener Akademiker, sahen ihre Aufgabe hauptsächlich darin, Texte über Geographie, Botanik und Kartographie zu veröffentlichten. Gletscher und Aussichtsberge kommen darin am häufigsten vor. Der ÖAV wurde sehr zentralistisch von Wien aus geleitet, autonome Sektionen waren nicht erwünscht. In Tirol fasste der Österreichische Alpenverein daher nie Fuß, das bestätigen auch die Zahlen: nach zehn Jahren brachte man es erst auf 80 Mitglieder. In München ging man einen anderen Weg, der sich als erfolgreicher herausstellte. Der Deutsche Alpenverein wurde 1869 gegründet, um „die Kenntnisse der Alpen zu erweitern und zu verbreiten, die Liebe zu ihnen zu fördern sowie ihre Bereisung zu erleichtern“. Ein Ansatz, der auch jene überzeugte, die sich von der neuen Alpenliebe einen Aufschwung für den Tourismus erhoff ten. Die ersten Sektionen wurden in Innsbruck, Bozen und Niederdorf gegründet. Auf den Schienen der Eisenbahn wuchs die Begeisterung für die Bergwelt zu einer breiten Bewegung.

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Die „Verrückten“ als willkommene Gäste Der halsbrecherische Trendsport Downhill-Mountainbiking entwickelt sich immer mehr zum Massenphänomen. Innovative Touristiker haben das Potenzial, das in dieser Szene steckt, bereits erkannt. VON S TEFFEN AROR A

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n ihren bunten Plastik-Ritterrüstungen rasen sie auf irrwitzig überdimensionierten Fahrrädern den Berg hinunter. Kein Weg ist ihnen zu steil, kein Felsabbruch zu hoch. Dank permanenter Verbesserungen des Materials und der Schutzausrüstungen sind selbst meterhohe Klippen für Downhill-Fahrer kein unüberwindbares Hindernis mehr. Im Gegenteil: Das Olympische Motto Citius, Altius, Fortius – also schneller, höher, stärker – ist in dieser Szene Programm. Doch mit ihrem unkonventionellen Hobby stoßen Downhill-Fahrer meist auf ungläubiges Kopfschütteln und vielerorts noch immer auf unverhohlene Ablehnung. Denn dieser junge Sport braucht vor allem eines – Platz. Und zwar in Form von speziellen Singletrails und eigens dafür angelegten Downhill-Strecken, auf denen sich die Wilden auf ihren Drahteseln so

richtig austoben können. Die Krux dabei ist, dass Downhill-Strecken allein diesem Sport vorbehalten sein müssen und nicht mit anderen, wie etwa Wanderern geteilt werden können. Die Gefahr von Unfällen ist einfach zu groß, wenn sich Biker und Fußgänger in der Vertikalen treffen. Doch selbst im Herz der Alpen, in Tirol, sind ausgewiesene Downhill-Strecken Mangelware. Die Konsequenz dieser fehlenden Infrastruktur sind Nutzungskonflikte am Berg, die sowohl für Biker wie Wanderer auf Dauer frustrierend sind.

Eigene Industrie.

International gesehen sind Downhill und Freeriden, zwei artverwandte Disziplinen, längst zum massentauglichen Trendsport avanciert. Eine eigene Industrie hat sich rund um die komplett gefederten, mit speziellen technischen Finessen gespickten Bikes sowie

die futuristisch anmutenden Schutzausrüstungen – vom Vollvisierhelm über den Genickbruchschutz bis hin zum Brustpanzer – entwickelt. Die Hersteller machen gutes Geld, sind qualitativ gute Downhill-Räder doch im obersten Preissegment, ab 3.000 Euro aufwärts, angesiedelt. Die Ausrüstung schlägt ebenfalls mit hunderten Euros zu Buche. Allein in Sachen Streckenangebot hinkt das Angebot der Nachfrage vielerorts heillos hinterher. Dabei wären die Downhill-Fahrer eine lohnende Zielgruppe für den Tourismus, wie Andreas Heinz von der Berliner Charité in seiner empirischen Studie zum Thema Mountainbike-Tourismus festgestellt hat. Denn Downhill- und FreerideFahrer sind gern dazu bereit, für ihren Sport Geld auszugeben. Vor allem gaben die befragten Downhill-Fahrer in Heinz‘ Studie an, für ihren Sport auch kurze sowie länge-


19 BERGSOMMER SAISON

so Grogger. Es fehle in Tirol an legalen und offiziellen Strecken für die Szene, die längst unüberschaubar groß geworden ist. Zwar wachse mittlerweile auch das Interesse seitens der großen Tourismusregionen, aber oftmals herrschen bei den Verantwortlichen völlig falsche Vorstellungen von den Bedürfnissen der Downhill- und Freeride-Szene.

Steilkurve. Für Downhiller und Freerider kann das Gelände gar nicht selektiv genug sein. Zuweilen helfen BikeparkDesigner wie das Tiroler Unternehmen Trailsolutions mit speziellen Konstruktionen nach.

© FELIX SCHÜLLER, MARIO WEBHOFER, TRAIL SOLUTIONS

Umdenken erforderlich.

re Urlaube einzuplanen – durchschnittlich machen Downhill-Fahrer demnach pro Jahr 49 Tagesausflüge mit dem Rad, 3,4 Rad-Kurzurlaube und 1,3 längere Urlaube, bei denen das Rad nicht fehlen darf. In erster Linie deshalb, weil zur Ausübung dieses Sports eben die beschriebenen, speziellen Strecken nötig sind. Diese Studien-Ergebnisse kann Doris Grogger von Trailsolutions bestätigen. Die junge Firma ist in Tirol führend in Sachen Bau und Design von Bikeparks und Downhill-Strecken, wie sie mit dem „Nordkette Singletrail“ und dem „Bikepark Tirol“ im Wipptal bewiesen hat. „Die Downhiller und Freestyler sind längst erwachsen geworden und geben gerne und oft auch viel Geld für ihren Sport aus. Sie nächtigen nicht mehr auf Parkplätzen im Auto, sondern bevorzugen Hotels. Und sie suchen qualitativ hochwertige Strecken“,

„Einfach nur eine steile Strecke in einen Graben hinunter abzustecken reicht nicht aus. Es ist vergleichbar mit den Anforderungen des Wintersports, wo auch künstliche Pisten angelegt und permanent gepflegt werden müssen“, erklärt Grogger. Das ist wiederum mit Investitionen und laufenden Kosten verbunden, was die meisten Tourismusverbände letztlich abschreckt, obwohl die Skiregionen im Winter kein Problem damit haben, täglich die Pisten instand zu setzen. Hier ist ein Umdenken erforderlich, um diese Szene als künftige Gäste anzusprechen. Lässt man sich darauf ein, rechnen sich die Kosten aber, wie Grogger erklärt, weil Downhill- sowie Freeride-Fahrer ebenso zahlungskräftig wie reiselustig sind: „In dieser Szene fährt man Räder im Wert von mehreren tausend Euros und tingelt auf der Suche nach hochwertigen Strecken quer durch Europa.“ In Steinach am Brenner ist hierzulande mit dem „Bikepark Tirol“ ein erstes solches Angebot gelungen: verkehrstechnisch ideal an der Brennerautobahn gelegen und mittels Seilbahn perfekt erschlossen. Vor allem letzteres ist für die sogenannten „abfahrtsorientierten Mountainbiker“ von Bedeutung, denn sie sind auf Aufstiegshilfen angewiesen, weil sich Downhill-Bikes nicht zum bergauf Radeln eignen. Das spielt wiederum den Seilbahnern in die Hände, die sich im Sommer über jede Auslastungssteigerung freuen.

„In dieser Szene fährt man Räder im Wert von mehreren tausend Euros.“ DORIS GROGGER, TRAILSOLUTIONS

Das spricht sich in der jungen, internationalen Szene schnell herum und trägt lohnende Früchte. Denn die Szene ist sehr mobil, wie auch das Angebot der „Gravity Card“ zeigt. Sie ist eine Art europäische Saisonkarte für mittlerweile insgesamt elf Bikeparks in Deutschland, Österreich, Slowenien und Tschechien. Wer die Reise in einen Bikepark auf sich nimmt, bleibt dort meist nicht nur für einen Tag. Somit profitieren auch die örtlichen Tourismusbetriebe. Denn auch das hat Andreas Heinz in seiner Studie erhoben: 60 Prozent der Downhiller geben an, dass ihnen im Freizeitverhalten neben ihrem Sport die Bedeutung von „Nachtleben und Diskotheken“ wichtig oder sehr wichtig sind. Bei den herkömmlichen Mountainbikern waren dies nur 29 Prozent. Somit entpuppen sich Downhill-Fahrer als urlaubsfreudige potentielle Gäste, die bei entsprechendem Angebot gerne bereit sind, Geld dafür auszugeben. „In Sachen Downhill-Sport sind wir in Tirol heute auf dem Stand, auf dem Kanada vor 20 Jahren war“, sagt Doris Grogger von Trailsolutions und hofft auf ein Umdenken. Wahrscheinlich bedarf es einer Bewusstseinsbildung innerhalb des Tourismus, um sich diesem Sport zu öffnen. Immerhin waren bis in die 1990er-Jahre auch Snowboarder auf Tirols Skipisten unerwünscht. Die Zeit wird weisen, ob der Downhillsport hier auf Dauer eine Heimat finden kann. Zu lange sollten die Touristiker aber nicht zuwarten, denn ringsum, in Bayern, Salzburg und Südtirol, sind die „Verrückten“ auf ihren Bikes längst gern gesehen Gäste. ×

Vorreiter Saalbach Hinterglemm. Österreichs Vorreiter in Sachen Bikesport ist das Land Salzburg, im speziellen die Region Saalbach Hinterglemm. Hier haben die Verantwortlichen das Potenzial, das in der Szene der Bergradler steckt, schon sehr früh erkannt und nutzen es seitdem gewinnbringend. Schon seit den frühen 90er-Jahren befördern die Bergbahnen Saalbach Hinterglemm anstandslos Fahrräder. Heute lockt die Region neben dem klassischen Mountainbike- und Cross Country-Angebot mit einem in Österreich einzigartigen Netz an Downhill-Strecken.

EUROPÄISCHE SAISONKARTE Insgesamt elf Bikeparks in Deutschland, Österreich, Slowenien und Tschechien können mit der „Gravity Card“ eine Saison lang befahren werden. Während Salzburg mit drei Stationen im Gravity-Verbund vertreten ist (Saalbach, Leogang und Wagrain), ist aus Tirol nur der Wipptaler „Bikepark Tirol“ mit dabei. Zwischen 180 Euro (Kindertarif) und 360 Euro (Erwachsenentarif) bewegen sich die Preise für diese von April bis Ende Oktober 2012 gültige Saisonkarte. www.gravity-card.com


20 BERGSOMMER SAISON

Alpen statt Adria Es muss nicht immer Pulverschnee sein, es reicht auch Gipfelwind. Das beweisen die zertifizierten Sommerbahnen seit zehn Jahren. Insgesamt 17 Tiroler Bergbahnen zählen zu den „Ausgezeichneten Österreichischen Sommerbahnen“. Viele Kriterien müssen für das Gütesiegel erfüllt werden. Doch es lohnt sich. VON NINA HEIZER

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s muss nicht immer das Gardaland sein. Das Hexenwasser begeistert die kleinen Gäste ebenfalls. Die Inszenierung der Bergbahnen Söll lockt im Sommer viele in- und ausländische Besucher in die Gondeln. „Was wir den Familien am Berg bieten, ist für viele ein Entscheidungsgrund, ob sie Urlaub am Meer oder am Tiroler Berg machen wollen“, sagt der Geschäftsführer der Bergbahnen Söll und Sprecher der Tiroler Sommerbahnen, Walter Eisenmann. „Das Hexenwasser zieht viele Wiederholungsgäste an. Sie verbringen ihre freien Sommertage bei uns statt an der Adria.“ Immer mehr Touristen entdecken Tirol als Sommerurlaubsland, fern ab von Après-Ski und Glühwein. Mit Rucksack und kurzen Hosen, statt mit Skiern und Anorak steigen sie in die Gondeln von mehr als 80 Bergbahnen, die auch im Sommer geöffnet haben. „Früher hatten kaum Bahnen im Sommer offen. Noch vor 12 Jahren war der Grundtenor: Wenn wir im Sommer fahren, muss uns der Tourismusverband etwas zahlen“, sagt Arnold Oberacher, Geschäftsführer der Tourismusberatung

con.os. Damals begann er gemeinsam mit dem Fachverband der Wirtschaftskammer Österreich ein Konzept für zertifizierte Sommerbahnen zu entwickeln. Dazu gehören inzwischen österreichweit 44 Bergbahnen, die Tiroler sind mit 17 Bahnen die größte Bundesländergruppe.

sind“. So sollte zum Beispiel ein Sommerpanorama und keine winterliche Pistenansicht den Gästen den Weg weisen, die Ölfässer für die Revisionsarbeiten an den Pistengeräten dürfen nicht im Kassenbereich stehen und aus der Werbung müssen die Skifahrer verschwinden. Die Mitarbeiter brauchen

„Was wir den Familien am Berg bieten, ist für viele ein Entscheidungsgrund, ob sie Urlaub am Meer oder am Tiroler Berg machen wollen.“ WALTER EISENMANN, SPRECHER DER TIROLER SOMMERBAHNEN

Strenge Prüfung. Wer dazu gehören will, muss sich prüfen lassen. „Zur zertifizierten Sommerbahn gehört mehr, als dass sie im Sommer offen hat“, sagt Oberacher. So entstand die Idee der Kriterien. Diese beginnen mit Basiskriterien, die „man als selbstverständlich erachten würde, die es aber dann bei genauerem Hinschauen nicht

Sommerkleidung und Namensschilder. „Deswegen kommt zwar noch kein Besucher, aber die Leute setzen es voraus“, sagt Oberacher. Sechs Themenmotive sollten Motiv für den Besuch am Berg sein. Die Bahnen können entweder einen Panorama-/Naturerlebnisberg, einen Genuss-Berg, einen Abenteuerberg, einen Fit


© TIROL WERBUNG

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& Gesund-Berg, einen Kunst & Kultur-Berg oder einen Family-Berg befahren. Dabei hat zum Beispiel der Panorama-Berg sehr klare Kriterien. Es muss sich dabei um einen ganz besonders bekannten Berg handeln, der auch für Schlecht-Wetter-Situationen aufbereitet ist und von dem aus die Besucher selbsterklärend die umliegenden Massive sehen. „Wenige erfüllen diese Kriterien. Die Zugspitze oder die Nordkette gehören dazu, aber nicht mal der Pfänder in Bregenz hat es in diese Gruppe geschafft. Es reicht eben nicht, dass man schön runter sieht“, sagt der Tourismusberater. Auch als Genuss-Berg zu gelten ist schwierig. Auch da seien die Kriterien sehr anspruchsvoll. Haben die Bahnen die Prüfung erfolgreich bestanden, gehören sie zu den zertifizierten Sommerbahnen. Vorerst. Denn alle drei Jahre wird kontrolliert, ob der Standard gehalten wurde.

Es rentiert sich.

Das klingt fordernd und anstrengend, doch es rentiert sich. Eine aktuelle Studie der Wirtschaftskammer Österreich untersuchte, was die Kooperation

ihren Mitgliedern an Zuwächsen gebracht hat. Die ersten Hochrechnungen bestätigen die Theorien der Experten. Bis zu 40 Prozent mehr Ersteintritte verzeichnen Zertifizierte gegenüber den Nicht-Mitgliedern. Die Tickets sind meist nicht teurer als bei anderen Bahnen, aber der Gast gibt mehr aus. Vielleicht noch ein Kapperl mit Logo oder doch die Schatzkarte für die Kinder. Die Sommerbahnen haben einen deutlich höheren Umsatz als andere. „Die Zahlen, die wir grob ausgewertet haben, zeigen, dass die Sommerbahnen 20 Prozent mehr Wertschöpfung pro Gast verzeichnen. Wenn wir also Menge und Preis multiplizieren, erreichen sie bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als andere Bahnen“, sagt Oberacher. Walter Eisenmann von den Bergbahnen Söll bestätigt die Erfolgsmeldungen. Im Sommer 2001 verzeichnete man rund 40.000 Gäste. „Diese Zahl konnten wir jetzt auf knapp 200.000 Besucher steigern“, sagt Eisenmann. „Auch andere Bahnen, die in den vergangenen Jahren solche Innovationsprojekte machten und auf das Gütesiegel setzten, haben großen Erfolg damit. Wir beleben den Alpenraum.“ Oberacher versteht die Einstiegsbarrieren für die Verantwortlichen: Die strengen Kriterien und die Kosten für ein Sommerkonzept schrecken viele ab. „Mit dem Geld, das sie im Winter in eine Pistenraupe investieren, kann man allerdings schon etwas Schönes zusammenstellen“, sagt er. Rund 250.000 Euro veranschlagt er für ein stimmiges und erfolgsversprechendes Konzept. „Das ist nicht die Welt in Relation zum Winterinvestment.“ Er würde sich wünschen, dass sich besonders in Tirol auch die großen Bergbahnen, die „big names“, intensiver mit dem Thema beschäftigen würden. „Da gibt es noch Luft.“

Innovation statt Investition. Wenn auch die besonders prominenten WinterBahnen im Sommer-Folder noch fehlen, dafür liegen einige der innovativsten und erfolgreichsten Sommerbahnen in Tirol. Oft führen Kleinigkeiten zum Erfolg. Oder eine besondere Spezifizierung, wie zum Beispiel die Nordkettenbahn, mit der Rollstuhlfahrer barrierefrei aufs Hafelekar auf 2.256 Meter Höhe gelangen. Für Eisenmann ist es wichtig, ein Vorzeigeprojekt

zu sein, für den Gast und die Branche. Die Chance, auch im Sommer mehr Gäste auf den Berg zu bringen, sollte niemand ungenutzt verstreichen lassen. „Wir haben in zehn Jahren schon einiges erreicht“, sagt er. Wenn die Bergbahnen an einem durchgängigen Themenstrang ziehen, geht das Konzept auf. „Die Erfolgreichen haben es geschaff t, dass der Gast nicht mehr zur Bergbahn sondern zum Thema am Berg fährt“, sagt Tourismusberater Oberacher. Das bestätigt auch Josef Margreiter von der Tirol Werbung: „Die Themen am Berg sind ein Highlight für die Gäste, das steht ganz klar im Vordergrund. Sie überlegen nicht, mit welcher Bahn sie fahren wollen, sondern was sie am Berg erleben wollen.“ Die Kooperation ist eine der ältesten im Tirol Haus. Und sie hat seiner Meinung nach noch großes Potenzial. Verschiedenste Themen wie Bustourismus oder Incentives am Berg sind für ihn ebenfalls noch spannend. „Die Sommerbahnen bieten eine beeindruckende Vielfalt auf Grund ihrer professionellen Spezialisierung“, sagt er. Margreiter sieht auch den großen Mehrwert, den die Kampagnen der Bahnen im Sommer für die Orte, Regionen und Tourismusbetriebe bieten. „Es gibt in Tirol sicher noch viele Bahnen, die für das Gütesiegel geeignet wären.“ ×

ERFOLGREICHES GÜTESIEGEL Auf Initiative des Fachverbands der Wirtschaftskammer Österreichs wurden vor zehn Jahren die Zertifizierten Sommerbahnen gegründet. 44 Bahnen in Österreich, davon 17 in Tirol, sind inzwischen mit dem Gütesiegel ausgezeichnet. Alle drei Jahre werden die Bahnen nach dem Einhalt der Kriterien geprüft. Schaffen sie die Prüfung nicht, können sie sich karrenzieren lassen. Sechs verschiedene Themengebiete stehen zur Auswahl: Family-Berg, Abenteuer-Berg, Genuss-Berg, Panorama-Berg, Fit & GesundBerg und Kunst & Kultur-Berg. Sie erzielen laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftskammer bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als andere Bahnen in den Sommermonaten. Die Tirol Werbung unterstützt die Sommerbahnen im Rahmen einer intensiven Marketingkooperation. www.sommerbahnen.tirol.at


Herzhaft. Eine anständige „Brettljausn“ am Berg – auf der Alm schmeckt‘s am besten.

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Kulinarischer Almen-Streifzug Daumnidei und Broadakrapfen, ausgezogene Nudeln, frisches Hausbrot mit Bergkräuteraufstrich und dazu Schinken vom Almschwein: Tirols Hüttenwirte und Sennerinnen warten während der Sommermonate mit ungeahnten Köstlichkeiten auf. VON S TEFFEN AROR A

I

n Tirols Bergen werden seit jeher unzählige Almen bewirtschaftet, die eine wichtige Aufgabe erfüllen: Sie bewahren und pflegen die einzigartige Hochgebirgs-Kulturlandschaft im Herzen der Alpen, auf der letztlich auch der Tourismus fußt, der diese urtümliche, landschaftliche Schönheit vermarktet. Ohne die Arbeit der Sennerinnen und Bergbauern, der Hirten und Hüttenwirte wären Tirols Berge nicht der Publikumsmagnet, der jährlich tausende Urlauber anzieht. Neben der Landschaft pflegen die Bewohner der höchstgelegenen Besiedlungen Tirols aber auch jahrhundertaltes Brauchtum. Im Tiroler Bergsommer spielt diese Tradition eine ganz besondere Rolle. „Erobern“, „Fühlen“, „Entdecken“ und „Genießen“ heißen die vier Säulen der neuen Sommer-Kampagne zur Etablierung Tirols als Ganzjahresdestination. Die vierte Säule, der Genuss, steht auf den bewirtschafteten Almen Tirols im Vordergrund, wie ein kleiner Streifzug durch Almen vom Kaunertal über das Außerfern bis hinunter zum Wilden Kaiser zeigt.

Bergsteigerfrühstück.

Gemeinhin zählt die Almeinkehr zu den hart verdienten Genüssen nach einer ausgedehnten Wanderung oder Bergtour. Dem muss aber nicht so sein, wie das Kaunertal zeigt. Hier werden diesen Sommer das Berg- und Almfrühstück angeboten, welche als ideale Stärkung für anschließende Touren dient. Auf der Nassereinalm kredenzt Hüttenwirt Gerhard Eiterer für seine Gäste jeden Montagmorgen ein reichhaltiges Bergfrühstück

mit frischem Käse und frischer Milch sowie hausgemachter Marmelade und anderen Almköstlichkeiten. Derart gestärkt können von der Nassereinalm wunderbare Wanderungen Richtung Gepatschhaus oder zum idyllischen Schwarzsee in Angriff genommen werden. Wahre Genießer können auch einfach bleiben und auf der Terrasse Bergsonne tanken – bei weiteren Köstlichkeiten aus der Almküche. Auf der Falkaunsalm im Kaunteral wird ebenfalls Frühstück angeboten und zwar jeden Donnerstag.

„Wir sind zu viert oder zu fünft den ganzen Sommer über auf der Alm.“ SABINE MÜLLER, USSERALPE

Reichhaltige und deftige Almfrühstücke werden auch im Tiroler Unterland, in der Region Wilder Kaiser angeboten. Unter dem Motto „Frühstück am Berg“ bieten insgesamt 20 Hütten der Region biologische und selbstgemachte Spezialitäten an. Dabei wird vom reschen Bauernbrot über selbst kredenzte Aufstriche mit frischen Bergkräutern bis hin zur handeingekochten Marmelade allerlei Köstliches angeboten. Selbst der Schinken auf der Frühstücksplatte kommt dabei oft direkt von der Almweide nebenan, wie etwa auf

Geschmackserlebnis. Wer traditionelle Gerichte nicht nur genießen, sondern auch zubereiten will, kann das auf der Simonalm in Söll tun.

der Hinterschießlingalm, wo Familie Steiner sogar die Möbel zum Teil selbst herstellt.

Selbstgemachtes.

Sabine Müller ist skeptisch, ob der Betrieb auf ihrer Usseralpe heuer schon, wie geplant, Anfang Mai starten kann: „So wie es ausschaut, wird es wohl eher Ende Mai. Nach dem Winter…“ Dennoch freut sie sich schon jetzt wieder auf die Bewirtschaftung der idyllischen Usseralpe in Tannheim. „Wir sind zu viert oder zu fünft den ganzen Sommer über auf der Alm.“ Die Aufgaben sind dabei klar verteilt. Neben der Hüttenbewirtschaftung und Versorgung der Tagesgäste – Betten stehen auf der Usseralpe nicht zur Verfügung – gilt es das Vieh zu hüten und jede Menge köstlicher Spezialitäten aus hütteneigener Produktion herzustellen. Dafür ist die Usseralpe bekannt. Besonderes Augenmerk wird auf den verantwortungsbewussten Umgang mit den Ressourcen gelegt. Nichts wird verschwendet, wie anno dazumal. So wird die Molke,


23 „Das Geheimnis der süßen Nudeln ist der Germteig. Sind alle Zutaten schön warm und kann der Teig bei Zimmertemperatur rasten, dann steht dem Gaumenschmaus nichts im Weg.“

Idylle pur. Almtradition wird am Fuße des

© FERIENLAND KUFSTEIN (2), HEXENWASSER SÖLL

LENI KAINDL, HÜTTENWIRTIN DER BRENTENJOCHALM

Wilden Kaisers hochgehalten. Vor allem auf der wunderschön gelegenen, hunderte Jahre alten, auf rund 1.200 Meter Seehöhe gelegenen Brentenjochalm. Hier, direkt unterhalb des Jahnhügels, auf dem sich die Bergstation des derzeit stillgelegten Kaiserliftes befindet, beginnt das Reich von Leni Kaindl, der Hüttenwirtin von der Brentenjochalm. Kaindl ist mit Leib und Seele Sennerin, die sich immer über Gäste freut und sie mit ihren hausgemachten Almspezialitäten bewirtet. Ihre ausgezogenen Nudeln, die mit selbstgemachtem Apfelmus oder hausgemachter Preiselbeermarmelade auf den Tisch kommen, sind über Tirol hinaus bekannt. „Das Geheimnis der süßen Nudeln ist der Germteig. Sind alle Zutaten schön warm und kann der Teig bei Zimmertemperatur rasten, dann steht dem Gaumenschmaus nichts im Weg“, verrät die urige Bergbäuerin. Jeden Samstag ist auf der Brentenjochalm Nudeltag. Dann steht Leni von früh morgens bis spät abends am Herd und backt für die zahlreichen hungrigen Wanderer. Die Brentenjochalm liegt direkt am Adlerweg, dem legendären Weitwanderweg Tirols, und ist an schönen Tagen dementsprechend gut besucht. ×

DIE ALMEN IM ÜBERBLICK die als „Abfallprodukt“ bei der Herstellung des würzigen Bergkäses übrigbleibt an die Almschweine verfüttert. Deren Fleisch wiederum wird durch die ausschließliche Verwendung hauseigener Molke zur Fütterung besonders zart, was den Speck der Usseralpe auszeichnet. Die Magermilch, die von der Almbutterproduktion bleibt, wird in Form von bekömmlichen Jogurts verarbeitet. Die Usseralpe liegt auf 1.665 Meter Seehöhe und ist in gut anderthalb Stunden zu Fuß erreichbar. Sie ist den ganzen Sommer über ohne Ruhetag geöffnet und auch Mountainbiker sind herzlich willkommen. Wer es ganz gemütlich will, nimmt die Neunerköpfle-Bahn direkt von Tannheim aus und ist nach 20 Minuten Fußweg auf der Usseralpe.

Almleben von damals. Einblicke in das Leben, wie es damals war – das bietet die Simonalm in Söll ihren Gästen. Im mehrfach ausgezeichneten Kinderparadies Hexenwasser wurde das über 400 Jahre

alte Bauernhaus „Prandl“ aus Brixen, einer Nachbargemeinde Sölls, Balken für Balken abgetragen und hier oben wieder aufgebaut. Das bäuerliche Leben Tirols vergangener Tage wird dadurch wieder lebendig und fast schon Vergessenes erwacht erneut zum Leben. Auf anschauliche und kurzweilige Weise wird kleinen wie großen Gästen die anstrengende und hungrig machende Arbeit der Senner nähergebracht. Doch dank Bäuerin Marias Kochkunst knurrt auf der Simonalm niemandem lange der Magen. Legendär sind ihre Daumnidei und Broadakrapfen. Da auf der Simonalm nur auf Anmeldung eine Einkehr möglich ist, können Besucher, wenn sie das vorab so bestellen, gemeinsam mit Maria die alten Speisen nach traditionellem Rezept auf dem Holzherd zubereiten. Und natürlich auch im Anschluss daran gemeinsam verspeisen, am besten bei einem selbst gemachten Hollersaft oder einem Glas frischer Almmilch.

Kaunertal: Nassereinalm (montags) & Falkaunsalm (donnerstags) bieten gegen Voranmeldung spezielle Berg- und Almfrühstücke zum Preis von 6,80 pro Person. Zufahrt mit dem PKW oder Wanderbus möglich. Telefonische Anmeldung erforderlich. Nassereinalm (Gerhard Eiterer): 0664/9337205. Falkaunsalm (Maria & Philipp): 0664/3860234. Tannheimer Tal: Die Usseralpe bietet zahlreiche hausgemachte Köstlichkeiten. Sandro & Sabine Müller sind unter 0676/5427820 oder 0676/ 5129190 erreichbar oder im Web unter www.tannheimertal.at/usseralpe. Wilder Kaiser: Details zu den 20 Hütten der Region, die am Programm „Frühstück am Berg“ teilnehmen, gibt es auf www.wilderkaiser.info. Ferienland Kufstein: Leni Kaindl, die Sennerin von der Brentenjochalm, ist auf ihrem „Almhandy“ unter der Nummer 0664/4731634 erreichbar. Söll: Nähere Informationen zum Sommerprogramm auf der Simonalm sowie zu Bäuerin Marias Kurs- und Gruppenangeboten sind unter www.hexenwasser.at zu finden.


24 BERGSOMMER SAISON

Zeitlupe. Besondere Momente in Tirols Berglandschaft erleben vor allem Gäste in Mittelgebirgslagen und an Plätzen, die Abenteuerlust und den Wunsch nach Sicherheit verbinden.

Berge rücken die Gedanken zurecht Berge ziehen den Menschen magisch an. Die Emotionen liegen dabei zwischen sehnsuchtsvoller Bewunderung und großem Respekt vor den ungebändigten Naturelementen. VON ERNS T SPRENG

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ragt man den Tiroler Bergsportler David Lama, ob Berge etwas Spirituelles haben, fällt seine Antwort knapp, aber eindeutig aus. „Offensichtlich schon. Ich glaube, eine besondere Wirkung kann man den Bergen nicht absprechen. Wie, wo und wann jemand diese besondere Atmosphäre spürt, das ist eine Momentaufnahme.“ Das Erlebnis Berg ist heute eine Reise zwischen der Überholspur des Extremen und dem Erleben von Natur in Zeitlupe. Man begeistert sich für jene, die in kürzester Zeit extreme Leistungen bringen und erfreut sich selbst darüber, an einem Bergsee einfach einmal eine halbe Stunde die Füße ins Wasser zu stecken und nichts zu tun. Seit Anfang der 1990er-Jahre beschäftigt sich das deutsche Wanderinstitut intensiv mit dem Thema Wandern und Bergerlebnis. Jährlich werden von der Forschungseinrichtung über 1.000 Wanderer zu ihren Motiven befragt. „In einer Gesellschaft, die sehr von der Natur entfremdet ist, braucht es einen Schuss Abenteuer“, erklärt Jochen Becker, Geschäftsführer des deutschen Wanderinstituts. „Berge haben mit Bewunderung und Respekt zu tun. Unseren Untersuchungen nach sind es aber

doch bei den meisten Menschen liebliche Landschaften, in denen sich Wanderer wohlfühlen. Abenteuer ist gut, aber viele Menschen brauchen die Gewissheit, sagen zu können: Das kann ich mir zutrauen.“

Naturschauspiele. Eine wichtige Rolle beim spirituellen Erleben von Bergmomenten spielen besondere Naturschauspiele. Wer durch die Berge wandert, der sucht jene Orte, die ihm einzigartige Erlebnisse bieten. Jochen Becker nennt hier als Beispiel zwei Wanderwege im Ötztal, die vor kurzem vom deutschen Wanderinstitut mit dem Qualitätssiegel „Premiumweg“ ausgezeichnet wurden. „Bei diesen Wegen

zum Thema Wasser wurde versucht, viele spezielle Naturerlebnisse hintereinander zu setzen, die das Thema Wasser und Berg kombinieren. Diese Wege bieten Abenteuerliches, sind aber gut markiert und geben damit Sicherheit“, erklärt Becker. Was suchen die Menschen beim Wandern? Die Langzeitstudien des deutschen Wanderinstituts mit rund 18.000 befragten Wanderern sprechen eine klare Sprache: Hauptmotiv für jedes Wandererlebnis ist der Landschafts- und Naturgenuss. Ein weiteres wichtiges Argument für die Sehnsucht nach dem Wandern ist die Stille. Zwei Drittel aller Befragten geben an, sie möchten dem Zivilisationslärm entfliehen.

„In den Bergen lassen wir die Zivilisation für einige Zeit hinter uns und kehren in unsere Heimat zurück – die Natur.“ JOCHEN BECKER, GESCHÄFTSFÜHRER DEUTSCHES WANDERINSTITUT


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© ÖTZTAL TOURISMUS

Gipfel oder Alm? Für Jochen Becker sind diese Wünsche verständlich. „Wir verbringen einen Großteil unserer Zeit hinter Glas. Daher sehnen wir uns nach unserer eigentlichen Heimat – der Natur. Das ist entwicklungspsychologisch nachvollziehbar“, erklärt Becker. Für ihn persönlich hat die gewaltige Natur der Alpen die Funktion, die Gedanken zu ordnen. Ob man aber den Gipfelsieg anstrebt oder lieber über Almen wandert, da sind die Menschen sehr unterschiedlich. Eine Studie im Allgäu hat ergeben, dass Menschen, die in den Bergen leben, den Gipfelsieg als besten Moment anführen. Wer aus flachen Gegenden kommt, der hält sich gerne in Mittelgebirgslandschaften auf und holt sich seine Energie aus der Betrachtung des Gipfels. Der mentale Zugang zum Berg scheint also doch auch davon abzuhängen, wo man groß geworden ist. Eines haben aber alle, die sich auf Berge einlassen, gemeinsam: Sie erleben besondere Momente – aus sicherer Distanz oder ganz oben am Felsgrat. ×

„Unwiederbringliche Augenblicke“ David Lama ist einer der erfolgreichsten Sportkletterer Österreichs und weltweit unterwegs, um Berge zu erleben.

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AISON: David, welche Bedeutung hat es für Sie, einen Berg oder eine besondere Route zu erobern? DAVID LAMA: Wichtig ist mir, dass ich den Berg nie besiegen will. Die Berge sind nicht meine Gegner. Aber ich freue mich riesig über jedes erfolgreich abgeschlossene Projekt. Gibt es für Sie Orte, an denen Sie besonders viel Kraft spüren? Ich glaube, was besonders ist in den Bergen, das muss jeder für sich sehr individuell erleben. Bei mir sind es keine speziellen Orte, sondern viel mehr Stimmungen, Momente und Augenblicke, die ich spontan

erlebe. Diese Momente sind meist unwiederbringlich. Wie erleben Sie als Bergsportler die neue Lust auf Berg und Wandern? Für mich ist es absolut nachvollziehbar, dass vor allem Stadtmenschen immer öfter das Bedürfnis haben, die Natur der Berge zu erleben. Ich persönlich wünsche mir, dass unsere Berge nicht vollkommen vom Menschen vereinnahmt werden. Vielen Dank für das Gespräch.

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26 BERGSOMMER saison

„Gehen befreit den Geist“ Markus Linder ist Kabarettist, Musiker und passionierter Weitwanderer. Im Interview spricht er über den Reiz der Freiheit, die Mühen der Ebene und die neu entdeckte Langsamkeit. D a s I n t e r v i e w f ü h r t e S y lv i a a i n e t t e r .

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AISON: Herr Linder, seit vielen Jahren unternehmen Sie regelmäßig Weitwanderungen. Wie kam es dazu? Markus Linder: Schon als Kind war ich gern und oft wandern. Mein Großvater ist mit mir in die Berge gegangen und hat mir alles erklärt. Das hat mich sehr geprägt. Weitwandern hab ich begonnen, als ich eine Gruppe von Weitwanderern kennen lernte. Das war vor etwa zehn Jahren und inzwischen sind wir sehr gute Freunde. Mit ihnen habe ich viele Wanderungen unternommen und die Weite kennen gelernt.

Was ist denn an der Weite so reizvoll?Die Freiheit. Der Weg, das Unterwegssein ist das Ziel und das ist wunderbar. Schneller als die Schritte einen tragen, ist man nicht. Ich nehme mir auch die Freiheit und plane keine Etappen oder Zwischenziele – so weiß ich nie, wo ich am Abend schlafen werde. Anfangs war das eine ganz neue Erfahrung für mich. Bei einer Bergtour ist das ganz anders, da ist das Ziel der Gipfel. Wandern Sie lieber alleine oder in Gesellschaft? Weite Wanderungen habe ich bisher nur in der Gruppe gemacht. Wir erwanderten etwa gemeinsam drei Wochen lang einen Teil des Jakobswegs. Alleine habe ich nur Bergtouren unternommen. Aber ich könnte mir gut vorstellen, alleine zu wandern. Ich kann gut allein sein. Was ist das Schöne am Gehen in der Gruppe? Man fühlt sich nicht einsam. Die Gruppe, mit der ich wandere, besteht aus engen Freunden. Wir haben viel Spaß und kennen uns sehr gut. In dieser Umgebung kann jeder über sich selbst lachen. Das ist auch eine psychologische Reinigung. Diese Wanderungen haben die Freundschaft sehr intensiviert, denn solche Erlebnisse verbinden natürlich. Aber wir lassen uns gegenseitig auch viel Freiheit: Wir gehen nie im Pulk, jeder hat sein eigenes Tempo – und irgendwo treffen wir uns dann wieder.

Ist Weitwandern auch Therapie? Beim Weitwandern wird man aus dem Alltag herausgehoben und kommt ins Sinnieren und ins Denken. Man ist viel mit sich allein, geht oft ein, zwei Stunden komplett alleine durch die Wälder. Das tut unglaublich gut. Aber ich bin es gewohnt, mich mir selbst zu stellen, das bedeutet für mich keine Anstrengung. Ich kann mir aber vorstellen, dass diese Erfahrung für manch anderen schmerzhaft ist. Viele Menschen gehen den Jakobsweg um ein persönliches Problem zu klären oder eine Sinnfrage zu lösen. Das war bei mir nie der Fall. Doch die Fragen kommen von selbst. Aber auch die Klarheiten. Man geht und die Gedanken fließen.

„Der Weg, das Unterwegssein ist das Ziel und das ist wunderbar.“ Inwieweit ist das Weitwandern eine spirituelle Angelegenheit? In einem sehr hohen Maße! Jede Weitwanderung hat für mich etwas Spirituelles, das muss nicht der Jakobsweg sein. Vom Weitwandern kommt man zurück mit einer Freiheit im Geist. Das Gleichmäßige, dieses „der Weg ist das Ziel“, das habe ich erst durchs Weitwandern verstanden. Dieses Gefühl der Freiheit hält oft monatelang an. Eine Weitwanderung ist sehr eindrücklich. Ist Ihnen das Loslassen vom Alltag nie schwergefallen? Nein, gar nicht. Ich empfand das immer als große Bereicherung. Da habe ich eine glückliche

Ader. In meinem Beruf gibt es aber auch keinen Alltag, wie ihn andere kennen, mein ganzes Leben ist Abwechslung. Vielleicht ist das der Grund, warum es mir so leicht fällt, mich auf diese Situation einzustellen. Haben Sie sich durch das Wandern verändert? Das wäre zu stark ausgedrückt. Aber das Weitwandern bereichert mein Leben sehr. Das Gehen hilft, klar zu sehen. Im Alltag merke ich, dass ich gelassener bin, mich nicht mehr über jede Kleinigkeit aufrege, seit ich regelmäßig solche Wanderungen unternehme. Macht denn das Gehen auch kreativ? Auf jeden Fall! Bewegung ist für mich generell sehr wichtig. Auch beim Textlernen muss ich immer gehen. Vor jedem Auftritt in der Garderobe konzentriere ich mich noch einmal: Aber nicht, indem ich mich ruhig hinsetze und meditiere. Ich gehe wie ein Tiger im Käfig hin und her. Denn Gehen ist auch ein Zustand des Wachseins im Kopf. Ist die Ebene für jemanden, der in den Bergen aufgewachsen ist, schwieriger zu bezwingen? Die Ebene ist ungewohnt. Es gibt wenig Abwechslung, das kennen wir Alpinmenschen kaum. Was beim Weitwandern aber oft unterschätzt wird, ist die körperliche Belastung durch das Wetter. Bei unserer Jakobsweg-Wanderung waren wir extremen Bedingungen ausgesetzt: glühende Hitze, fünf Tage Dauerregen, Schneesturm, minus fünf Grad. Wollten Sie nie eine Wanderung abbrechen? Doch, natürlich. Am zweiten Tag der Jakobsweg-Wanderung kam ich an meine Grenzen. Wir sind 35 Kilometer gegangen und ich bin weit zurückgefallen. Ich hab mich nur noch weitergeschleppt. Auf dieser Reise habe ich auch verstanden, was „die Mühen der Ebene“ heißt. Wenn es eben dahingeht, kann man die Entfernun-


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TIROL ERWANDERN DER ADLERWEG 1.480 kilometer Länge und 87.000 Höhenmeter: Tirols bekanntester Weitwanderweg führt durch das ganze Land. die Hauptroute mit 23 etappen verläuft von st. Johann im Tiroler unterland nach st. anton am arlberg. seinen namen bekam der adlerweg, weil die Hauptroute auf der Landkarte wie ein adler aussieht, der seine schwingen ausbreitet.

DER LECHWEG

gen nicht mehr einschätzen. Man sieht in der Ferne ein dorf, weiß aber nicht: sind das jetzt drei kilometer oder fünfzehn? Gehe ich noch eine stunde oder vielleicht vier? Man muss sich immer wieder aufs neue überwinden. die Qual gehört dazu. Was hat Sie bewogen, am nächsten Tag weiterzugehen? keine Frage: das war die Gruppe! Wer in einer Gruppe geht, kann nicht einfach schlappmachen. und die anderen muntern einen soweit auf, dass man weitergeht und das auch wirklich schafft.

© MiCHaeL raTHMaYr

Über Stock und Stein. Seit etwa zehn Jahren ist Markus Linder immer wieder als Weitwanderer unterwegs.

Wie bereitet man sich auf so eine Wanderung vor? als alpiner Mensch ist man begünstigt, weil man im normalfall schon die Grundausrüstung besitzt. es gibt auch viele, die auf solche Wanderungen gezielt trainieren. ich habe das nie gemacht. ich bin nicht trainiert, aber zäh. Zu gehen ist die langsamste Fortbewegungsform. Was ist an dieser Langsamkeit so reizvoll? Man lernt Landschaften anders kennen, wenn man sie erwandert. aber man lernt auch die Menschen im jeweiligen

der 125 kilometer lange Lechweg führt vom arlberggebiet über die Tiroler naturparkregion Lechtal-reutte bis ins südliche allgäu – von der Quelle des Lechs bis zum Lechfall. die europäische Wandervereinigung hat den länderübergreifenden Lechweg einer Qualitätsprüfung unterzogen und ihn als ersten Leading Quality Trail zertifiziert. der Lechweg ist somit Modell für Weitwanderwege in ganz europa.

Land kennen – das würde kaum passieren, wäre man mit dem auto unterwegs. das Gehtempo lässt solche Begegnungen zu. Wohin geht die nächste Wanderung? nächstes Jahr möchte ich gerne gemeinsam mit meiner Frau von meinem Geburtsort rankweil zu unserem Wohnort axams wandern. ein Freund hat das erst kürzlich gemacht und wir finden die idee sehr spannend. Vielen Dank für das Gespräch.

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Betriebliche Nachfolge: Herausforderung und Chance Die betriebliche Nachfolge gehört mit zu den spannendsten und richtungsweisendsten Ereignissen im Lebenszyklus eines Unternehmens. Stellt sie doch einen Neustart dar, der ebenso komplex und herausfordernd ist, wie die Gründung eines neuen Unternehmens. Genaue Regeln für die betriebliche Nachfolge aufzustellen macht wenig Sinn, da jede Nachfolge individuell gestaltet werden muss. Jedoch sollte der Zeitpunkt der Nachfolge gut geplant werden, am besten mit der Erstellung eines Ablaufplans. Weiters kommt der Analyse des Vermögensbestands und der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der offenen Kommunikation zwischen Übergeber und Nachfolger große Bedeutung zu. Frühe Planung Der Schlüssel einer erfolgreichen betrieblichen Nachfolge für alle Beteiligten liegt in einer frühzeitigen und sorgfältigen Planung, bei der alle Partner und Experten – insbesondere die finanzierende Bank – miteinbezogen

werden. Der überwiegende Teil der potenziellen Unternehmensnachfolgen kann als langfristig erfolgreich angesehen werden. Die Gründe für ein Scheitern von Unternehmensnachfolgen sind Spannungen in der privaten Sphäre zwischen Übergeber und Übernehmer, die fehlende Einbeziehung der potenziellen Übernehmer in die Nachfolgeplanung und die mangelnde Bereitschaft, Berater wie Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar und Bank in die Planung zu integrieren. Leistungspaket Die Hypo Tirol Bank ist seit über 100 Jahren ein starker, verlässlicher und erfahrener Partner der Tiroler Wirtschaft und hat in dieser Zeit zahlreiche Unternehmensnachfolgen erfolgreich begleitet. In dieser, für das Unternehmen und den Unternehmer bzw. die Unternehmerin höchst spannenden Phase ergeben sich zahlreiche Chancen – in betrieblicher, aber auch in privater Hinsicht. Damit diese optimal genützt werden können, steht die Hypo Tirol Bank als Finanzdienstleister mit einem umfangreichen

Leistungspaket im Rahmen des Investitions-, Liquiditäts-, Risiko- und Veranlagungsmanagements zur Seite. Auch Kooperationspartner und Netzwerke zu rechtsberatenden Berufen helfen bei der optimalen Gestaltung der betrieblichen Nachfolge. Gemeinsam erfolgreich Unternehmer sind es gewohnt, jeden Tag wichtige Entscheidungen – oft alleine – zu treffen. Die Praxis zeigt, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Übergangs des Unternehmens in die nächste Generation durch die Einbindung der Familie, der Bankexperten und Experten wie Steuerberater und Rechtsanwälte steigt. Nehmen Sie die Hilfe und die Unterstützung Ihrer Experten in Anspruch und führen damit Ihr Unternehmen erfolgreich in die nächste Generation. Die Kundenbetreuer der Hypo Tirol Bank stehen mit ihrem Know-how und mit dem Netzwerk der Landesbank zur Verfügung!

InformatIonsbrosCHüre „betrIeblICHe naCHfolge“ Bestellen Sie Ihr kostenloses Exemplar per E-Mail über service@hypotirol.com oder scannen Sie den QR-Code.


mag. Johann Kollreider Vorstand der Hypo tirol bank „Gerade in Tirol stellen Familienbetriebe dank ihrer regionalen Stärken und Traditionen sowie der gewachsenen Strukturen und Werte einen stabilen und unverzichtbaren Baustein unserer Wirtschaft dar. Als Landesbank sehen wir daher unsere Verpflichtung darin, diese Unternehmen bestmöglich und vertrauensvoll durch die unterschiedlichen Phasen – von der Gründung bis zur Nachfolgeregelung und dem erfolgreichen Fortbestand – zu begleiten. Nutzen Sie unsere Kompetenzen, Kontakte und Netzwerke – wir unterstützen Sie tatkräftig bei der Umsetzung Ihrer Visionen.“

HYPO TIROL B NK ag meraner straße 8 6020 Innsbruck tel 050700

office@hypotirol.com www.hypotirol.com


MAGAZIN

Treffpunkt. Die Lounge wird vor allem bei B2B-Veranstaltungen und Messen eingesetzt.

Synergielounge Tirol

Happy Birthday

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etzwerken, Informationen austauschen und Kooperationsmöglichkeiten finden: Bisher diente die Synergiebörse Tirol als virtueller Marktplatz, wo sich Interessenten über Angebot und Nachfrage der Standortfelder Tourismus, Forschung & Bildung und Wirtschaft informieren können. Mit der Synergielounge Tirol wurde diese Idee nun ins reale Leben transferiert: Die reale Lounge dient als Treffpunkt, um mögliche Partner näher kennen zu lernen, Gespräche zu führen und eventuell

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trenge Aufnahmekriterien und höchstes Niveau“ garantiert die Hotelkooperation „Best Wellness Hotels“ für alle ihre Mitgliedsbetriebe. Die Mühen scheinen sich zu lohnen: Heuer feiern Best Wellness Hotels ihren 20. Geburtstag, 27 Hotels gehören der Kooperation inzwischen bereits an. Zum Jubiläum gibt es 20 Wellness-Urlaube zu gewinnen, außerdem bieten die teilnehmenden Betriebe Jubiläumsaktionen an. ×

gemeinsame Synergien zu entdecken. Diese Lounge wird vor allem bei B2BVeranstaltungen und Messen eingesetzt und wurde erstmals im Rahmen der ISPO 2012 präsentiert. Die Tirol Werbung hat sich hier auf die Suche nach potenziellen Kooperationspartnern im Bereich der Sportartikelindustrie begeben und diese in die Synergielounge Tirol eingeladen. Die Lounge besteht zu 100 Prozent aus Tiroler Materialien wie Tiroler Loden und einer Tiroler Steinplatte. ×

Eines von 27 Best Wellness Hotels: das Sporthotel Stock im Zillertal.

Neuer MTB-Führer zum Bike Trail Tirol

© BEST WELLNESS HOTELS

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er Bike Trail Tirol ist für seine abwechslungsreichen und attraktiven Strecken bekannt. Mit seinen rund 1.000 Kilometern bildet er den längsten zusammenhängenden MountainbikeRundkurs der Alpen und führt den Mountainbiker auf 32 Etappen durchs ganze Land. Ausführliche Informationen zu allen Etappen finden sich in dem eben erschienenen Mountainbike-Guide „Bike Trail Tirol“. ×

Mountainbike Guide „Bike Trail Tirol“, Verlag Esterbauer

© TIROL WERBUNG

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© CINE MEDIA

KULTURTIPPS

© ALLISTAR MORRISON

VON ES THER PIRCHNER

CineTirol-Leiter Johannes Köck überreichte Joseph Vilsmaier den Cine Tirol Award.

DIE WELT AUF VIER SAITEN Das Kammermusikfestival Musik im Riesen steht diesmal im Zeichen von Johann Sebastian Bach und dem Violoncello. Als Interpreten sind u. a. die Cellisten Alban Gerhardt und Matthew Barley (Bild) und die Geigerin Viktoria Mullova zu Gast. 11. bis 18. Mai, Swarovski Kristallwelten, Wattens

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Der Regisseur und Kameramann Joseph Vilsmaier bereicherte das Filmland Tirol bisher mit fünf Produktionen: „Bergkristall“ (2004), „Das Weihnachtsekel“ (2006), „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ (2007), „Nanga Parbat“ (2010) und „Der Meineidbauer“ (2011) und zählt somit zu den treuesten Weggefährten und Partnern von Cine Tirol in den vergangenen Jahren. ×

DIE WELT AUF DEN BRETTERN Das Theaterfestival Steudltenn im Zillertal richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Mit dabei sind das Theater des Kindes Linz, das die Geschichte von Nelson, dem Pinguin, (Bild) erzählt, sowie Elfriede Ott und Gregor Seberg. bis 26. Mai 2012, Steudltenn, Uderns

© LEITSTELLE TIROL

© TORTENWERKSTATT

oseph Vilsmaier, seit über 20 Jahren einer der erfolgreichsten Filmemacher im deutschsprachigen Raum, wurde für seine besonderen Verdienste um das Filmland Tirol mit dem Cine Tirol Award ausgezeichnet. Johannes Köck, Leiter von Cine Tirol, würdigte den Preisträger im Rahmen der Premiere von „Der Meineidbauer“ in Virgen.

© THEATER DES KINDES, LINZ

Tirol im Film

Eine App für den Notfall Auf dem Smartphone den Notfall-Knopf drücken und schon weiß die Leitstelle Tirol, wo sich der verunglückte Bergsportler aufhält: Die „Notfall App Bergrettung Tirol“ ermöglicht eine schnelle und genaue Ortung, soll so die Rettung beschleunigen – und damit Leben retten. In Kooperation von Bergrettung, Leitstelle und der Abteilung Zivil- und Katastrophenschutz des Landes Tirol wurde eine bestehende Software auf Tiroler Verhältnisse angepasst. Die neue „Notfall App Bergrettung Tirol“ kann man sich kostenlos auf Android-Handys oder das iPhone laden. In der App füllt man dann seinen Namen, Telefonnummer und E-Mail-Adresse aus. Gerät man in Bergnot, drückt man einfach den Notfallknopf und schon scheinen die Daten samt der genauen Position am Bildschirm eines Mitarbeiters der Leitstelle Tirol auf. ×

DIE WELT IM BAU Bei den Architekturtagen erlebt man in ganz Österreich die Baukunst aus nächster Nähe: mit geführten Touren, Workshops und Ausstellungen. Parallel dazu läuft in der stattStube (Bild) in Innsbruck das Electronic-Festival „Heart of Noise“. 1. und 2. Juni 2012, diverse Orte in Innsbruck

WEITERE VERANSTALTUNGEN Das Jazzorchester Tirol spielt Werner Pirchner – Ein halbes Doppelalbum 25. 5. 2012, Alte Gerberei, St. Johann, www.muku.at Kreuzgang-Konzerte, 14-tägige Reihe 31. 5. bis 26. 7. 2012, Augustinermuseum Rattenberg, www.augustinermuseum.at Silbersommer Schwaz Mai 2012, diverse Orte in Schwaz, www.schwaz.at Splash! Das Bad der Philippine Welser, Ausstellung bis 20. 6. 2012, Schloss Ambras, Innsbruck, www.khm.at/ambras


32 MAGAZIN SAISON

Erfahrungen sammeln. Das Thema Nachhaltigkeit wird den Teilnehmern des Karwendelmarsches an Informationsstationen näher gebracht.

Naturnaher Großevent Heuer findet der Karwendelmarsch bereits zum vierten Mal seit seiner Neuauflage statt – mit einem ökologischen Konzept, das auf den sensiblen Raum des Naturschutzgebiets Rücksicht nimmt. VON ERNS T SPRENG

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ach 19 Jahren Pause startete der Karwendelmarsch in eine neue Ära. Was in den 1980er-Jahren tausende Wanderer jährlich begeisterte, wurde von den beiden Tourismusverbänden Seefeld und Achensee in jahrelanger Vorarbeit 2009 revitalisiert und mit einem neuen Konzept versehen. Die große Frage hinter dem neuen Karwendelmarsch war: Gelingt es, eine Großveranstaltung mit tausenden Teilnehmern im Naturschutzgebiet Karwendel durchzuführen?

Kein Iso-Getränk.

Nach drei Auflagen des Karwendelmarsches zieht Martin Tschoner, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Achensee, eine positive Bilanz. „Wir haben von Anfang an das Spannungsfeld von Naturschutz und Tourismus thematisiert. Mit sehr viel Engagement ist es uns gelungen, durch den Karwendelmarsch auch eine Bewusstseinsbildung für den Alpenpark Karwendel herbeizuführen. Das Konzept dahinter ist, keine reine Sportveranstaltung ins Leben zu rufen, sondern den Wanderer intensiv an die Schönheit des Alpenparks heranzuführen“, erklärt Tschoner.

„Die Teilnehmer am Karwendelmarsch gehen sehr sensibel mit der Natur um.“ MARTIN TSCHONER, GESCHÄFTSFÜHRER TVB ACHENSEE

Tatsächlich ist der Karwendelmarsch mehr als die sportliche Herausforderung, 52 Kilometer zu laufen oder zu wandern. Entlang der gesamten Strecke findet man zahlreiche Stationen, welche die Besonderheiten dieses Naturschutzgebietes erklären. Selbst die Verpflegung ist anders. Es gibt keine Iso-Getränke oder Müsliriegel, sondern Moosbeersuppe oder Holundersaft. Die Verpflegung wurde nach ernährungswissenschaftlichen Konzepten für den Karwendelmarsch kreiert und wird mit Bio-Produkten aus Tirol eigens für die Wanderer gekocht. Und es werden Zeichen gesetzt. So bekommt jeder Sieger des Marsches seinen eigenen Ahornbaum gepflanzt, wodurch die Aktion der Bundesforste unterstützt wird, den bekannten Ahornboden im Engtal weiter aufzuforsten.

Eigeninitiative.

Diese Bewusstseinsbildung trägt auch unter den Wander- und Lauffans Früchte. „Wir bekommen von vielen Teilnehmern immer wieder Tipps, was wir noch besser machen können“, erzählt Martin Tschoner. „Ein Beispiel dafür sind die Läufer, die uns sagten, wo wir Müllplätze einrichten müssen, damit sie nach der Verpflegestation ihren Becher richtig entsorgen können.“ Tschoner kann nach drei Jahren selbstbewusst feststellen: Der Großevent im Naturschutzgebiet bereitet keine Probleme. Im Gegenteil: Inzwischen ist wie in den 1980er-Jahren eine Community am Werk, welche die Faszination dieses Marsches aktiv lebt. „Touristisch gesehen schicken heute jene, die damals mitgewandert sind, ihre Kinder zu uns und sagen ihnen: Das musst du einmal erleben.“


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© ALPENPARK KARWENDL, ACHENSEE TOURISMUS

Enge Zusammenarbeit. Martin Tschoner, Geschäftsführer des Achensee Tourismus (links), und Markus Tschoner, Geschäftsführer der Olympiaregion Seefeld, arbeiten seit vielen Jahren am nachhaltigen Konzept des neuen Karwendelmarsches.

Bei Fuco wird auch warm gemixt. Der „Hotmix Pro“ ist die optimale Lösung für den professionellen Einsatz in der Gastronomie. Thermomixer „hoTmix Pro“ 1500WaTT Der HotmixPRO Gastro ist eine innovative Multifunktionsmaschine, mit spezial Schneidblättern, die sowohl als Mixer für Flüssigkeiten, als auch als Kutter für feste Zutaten konzipiert wurden. Ergänzt werden diese Eigenschaften durch sein Heizsystem, das alle warmen Speisen zwischen 25°C und 190°C zubereiten kann, aber dabei gleichzeitig auf verschiedenen Geschwindigkeitsstufen mixt. 1 Gefäß mit 2 Liter Füllmenge Durch die Speicherkraft von sowohl Rezepten wie auch ihren genauen Zubereitungsmethoden (Temperatur, Geschwindigkeit, Dauer) kann eine einmalige Qualität gesichert werden.

Kompetenz im Sommer.

Hinter dem Karwendelmarsch steht nicht nur ein ökologisches Konzept, sondern auch eine touristische Strategie. Gerade die Tourismusregionen Seefeld und Achensee gehören zu jenen in Tirol, die seit vielen Jahren nicht nur auf Wintertourismus setzen, sondern starke Sommersaisonen aufweisen. „Wir zeigen mit dem Karwendelmarsch international unsere Sommerkompetenz auf“, ist Markus Tschoner, Geschäftsführer der Olympiaregion Seefeld überzeugt. „Dieser Event und das nachhaltige Konzept passen haargenau zu beiden Regionen.“ Und das ist mit ein Grund, warum der Karwendelmarsch den „Tirol Touristica“ für herausragende Leistungen im Tiroler Tourismus gewonnen hat. Heuer findet der Karwendelmarsch am 25. August statt. Und der Wunsch an die kommende Veranstaltung ist mehr als verständlich: „Nachdem die ersten drei Märsche nicht gerade mit Wetterglück gesegnet waren, hätten wir uns 2012 schönes Wetter verdient. Damit der Alpenpark Karwendel noch mehr zum Erlebnis für unsere Gäste wird“, so Martin Tschoner. ×

easy cooking Mit dem „fusionchef“-Vakuumgarer „Sous-Vide Pearl M“ garen Sie bei Niedertemperatur und erzielen ein Resultat von höchster Qualität. Pearl M wird vollständig montiert auf einer stabilen Edelstahlbrücke mit isoliertem Badgefäß (27 Liter) Baddeckel aus Edelstahl und Ablaufhahn ausgeliefert. Arbeitstemperaturbereich: 20 Grad C bis 95 Grad C Temperaturkonstanz: +/- 0,03 Grad C Netzanschluss: 230 V/50 bis 60 HZ Alarmmeldung: optisch/akustisch Das Vakuum-Gargerät ist bestens geeignet für die Erhaltung von Geschmack, Vitaminen, Mineralstoffen und Farbe des Gargutes.

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34 MAGAZIN SAISON

Der Missionar für Tiroler Speck Die erste Frage stellt er: „Und wer bisch iatz du?“ Danach erzählt Karl Handl, was ihm auf dem Weg von der Fleischhauerei in Pians zu einem Unternehmen mit 115 Millionen Euro Jahresumsatz wichtig war, ist und bleibt. Warum ihn der „Karl-Handl-Steig“ auf den Riffler freut. Und wie sich seine Söhne Markus und Christian seit der Übergabe bewähren. DA S INTERVIEW FÜHRTE NINA HEIZER .

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AISON: Herr Handl, Sie haben im vergangenen Jahr das Unternehmen an Ihre Söhne Markus und Christian zum großen Teil übergeben. Sind Sie so entspannt, wie Sie wirken? KARL HANDL: Ich bin natürlich jetzt viel entspannter. Operativ habe ich in der Firma nichts mehr zu tun, allerdings bin ich noch Aufsichtsratsvorsitzender. Über 45 Jahre bin ich sehr unter Strom gestanden, da habe ich die ganze Verantwortung getragen. Die vergangenen fünf Jahre bin ich schon etwas kürzer getreten. Der Strom ist also auf Sie als einer seiner beiden Nachfolger übergegangen? CHRISTIAN HANDL: Seit 21 Jahren bin ich in der Firma, seit 1999 als Geschäftsführer, und ich habe alle Bereiche durchlaufen. Es gab

immer schon viel zu tun. 2011 haben wir die Aufgaben neu verteilt und nun ist noch mehr dazu gekommen. Ich bin verantwortlich für Produktion, Beschaffung, Qualitätssicherung und Technik. Mein Bruder ist für den administrativen Bereich, Mitarbeiterwesen und den Eigenvertrieb, das heißt unsere Speckstuben und die Gastronomie, zuständig. Wir leiten das Unternehmen gemeinsam mit Geschäftsführer Josef Wechner, der den Vertrieb und Marketing verantwortet. Lässt Sie Ihr Vater alle Entscheidungen alleine treffen oder steht er noch mit Rat und Tat zur Seite? CHRISTIAN HANDL: Er ist ein aktiver Aufsichtsrat und berät uns in dieser Funktion. Wir als Familie Handl wissen am besten, was wir für den Betrieb wollen. Unsere Ideen sind wie Früchte, die wachsen,

gedeihen, gedüngt und gepflegt werden müssen. Manchmal vielleicht auch ein wenig gestutzt. Er hilft uns mit seiner Erfahrung dabei, schwierige Situationen in der Rolle als Weisenrat abzuwiegen. Steckt in so einer Konstellation nicht auch immer Konfliktpotenzial? CHRISTIAN HANDL: Nein, er hilft uns die größeren Zusammenhänge richtig zu interpretieren und wir greifen gerne auf sein Know-how zurück. Wir sind stolz auf das, was wir tun. Nur, das muss man auch sagen, niemand hat auf den Tiroler Speck gewartet und wir sind oft mit den Herausforderungen des Marktes konfrontiert. Da gibt es Themen, bei denen der Vater mit mehr Emotionen reagiert, bei anderen mein Bruder Markus oder ich. KARL HANDL: Ich vertraue den beiden. Sie


© ALPENVEREIN / HANDL TYROL

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NAMENSGEBEND. Zum 65. Geburtstag überraschte der Alpenverein Karl Handl mit dem Karl-HandlSteig auf den Hohen Riffler. Der ist der Hausberg der Handls und befindet sich als Motiv auf den Produktverpackungen des Oberländer Unternehmens.

„Speck ist der Inbegriff von Tiroler Tradition und Lebensart.“ KARL HANDL

haben das Unternehmen von allen Seiten her kennen gelernt und wissen, was wichtig ist und worauf es ankommt. Da habe ich mich leicht getan, jetzt noch relativ jung zu übergeben.

Worauf kommt es an? CHRISTIAN HANDL: Wir werden zum Beispiel nie Tiroler Speck mit Ingwer produzieren. Das ist nicht authentisch. Wir versuchen das Tirolerische, das Traditionelle, die Emotion unserer Tiroler Esskultur zu vermitteln und zu vermarkten. Das ist unsere Kernaufgabe. Ist in Tiroler Speck denn auch Tiroler Fleisch drin? CHRISTIAN HANDL: Wir verarbeiten 360 Tonnen Fleisch pro Woche, dafür benötigen wir circa 8.000 Schweine. Die erhalten wir von einigen hundert nationalen und internationalen Landwirten, die die Rohware liefern. Vor 20 Jahren ist der Versuch, Tiroler Schweine zu verarbeiten, mit dem EU-Beitritt gescheitert. Seither bemühen wir uns, beste Qualität aus anderen Regionen zu kaufen. Denn wenn der Rohstoff keine gute Qua-

lität hat, wird kein guter Speck draus. Daher haben wir jeden Lieferanten, jede Region angeschaut und die besten ausgewählt. Und aus welchen Regionen? CHRISTIAN HANDL: Auf dem in Österreich verkauften Tiroler Speck steht das AMA-Gütesiegel. Damit verpflichten wir uns, dass das in Österreich verkaufte Produkt auch zu 100 Prozent aus Österreichischen Rohstoffen hergestellt wurde. Der in Deutschland verkaufte Tiroler Speck g.g.A. wird aus deutschen Schweinen hergestellt. Grundsätzlich müssen alle Rohstoffe von den besten Lieferanten in ausgesuchter Qualität im Bundesland Tirol verarbeitet werden. Würden wir uns auf nur ein Lieferland reduzieren, wären wir einem sehr großen Risiko ausgesetzt. Was macht das in Deutschland verkaufte Produkt dann zu einem „Tiroler Speck“? KARL HANDL: In Brüssel wurde der Tirol Speck 1996 mit dem g.g.A.-Qualitätssiegel geschützt. Das zeichnet Agrarerzeugnisse und Lebensmittel aus, die eine direkte geografische Zuordnung ermöglichen oder die fest einer Region zuzuordnen sind. Für derartige Produkte ist nicht die Herkunft des Rohstoffes maßgebend, sondern dass die Verarbeitung und Veredelung in der Region zu erfolgen hat. Das Wesentliche scheint mir, dass die überlieferten traditionellen Rezepturen sowie die Verarbeitungsmethode und vor allem das Know-how und die liebe unserer Mitarbeiter zum Tiroler Speck den Unterschied ausmachen. Speck ist der Inbegriff von Tiroler Tradition und Lebensart. In seiner perfekten Vereinigung aller Vorzüge unseres Heimatlandes braucht es viel Wissen und die Liebe zur traditionellen handwerklichen Herstellung, bis unser Tiroler Speck g.g.A. genussvoll auf den Tisch kommt. Höchste Qualität, Tradition, viel Zeit und die Tiroler Natur sind das Geheimnis. Und wie groß ist der Anteil von Maschinen bei der Produktion von Tiroler Speck? KARL HANDL: Die Produktion läuft immer noch sehr herkömmlich traditionell ab. Wir salzen nach wie vor mit der Hand ein, verwenden keine Geschmacksverstärker oder Aromen und geben dem Fleisch die Zeit, die es vom Salzen und Selchen bis zum Reifen in unserer Tiroler Bergluft braucht. Natürlich simulieren wir die Winterzeit zum Beispiel auch im Sommer mit den herkömmlichen Kälte- und Klimaanlagen.


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CHRISTIAN HANDL: Wir geben der Produktion ausreichend Zeit. Der Pökelprozess dauert seine drei Wochen. Früher lag das Fleisch in einem Holzfass, heute ist dieses Fass eben aus Kunststoff. Geräuchert wird kalt über Hartholz, reinem Buchenholz. Insgesamt dauert es bis zu sechs Monate, bis unser Tiroler Speck fertig ist. Genügend Zeit ist einer der Gründe für den besonderen Geschmack und das spezielle Aroma unseres Tiroler Specks. Sie haben eine einfache Landmetzgerei übernommen und ein großes Unternehmen daraus gemacht. Wie sehr hat sich die Branche in der Zwischenzeit verändert? KARL HANDL: Sehr! Der Beruf Metzger, den ich von Grund auf in jedem Detail gelernt habe, ist nicht mehr wiederzuerkennen. Wir beschäftigen zum Beispiel mehr Mechatroniker als Metzger. Es hat sich schon sehr gewandelt. Anfangs hatte ich 14 Mitarbeiter, nun arbeiten 520 in der Handl Gruppe. Speck wurde früher nur in Tirol gegessen. Nicht einmal die Vorarlberger kannten den Speck in dieser Form. Vor dir sitzt also der Missionar für Tiroler Speck im Ländle. Danach sind wir mit der Firma Metro nach Wien und haben den Wienern den Speck schmackhaft gemacht. Die Bestellungen aus Wien lauteten immer so: Schick mir drei Nordtiroler. Und wir wussten natürlich was gemeint war. Wie viel Prozent beträgt der Export? CHRISTIAN HANDL: Unser Exportanteil liegt bei 60 Prozent. Vor allem nach Deutschland. Danach ist Italien das Hauptabnehmerland. Weiterhin wichtige Länder sind Benelux und die Länder in Mittel- und Osteuropa. Wenn das Unternehmen mit Ihren Söhnen so gut weiter läuft, wie verbringen Sie Ihre Freizeit? KARL HANDL: Ich schaue mir gern die Welt an und lerne gerne fremde Kulturen, Land und Leute kennen. Natürlich fühle ich mich auch in der Sonne wohl, vor allem in der kalten Jahreszeit. Früher habe ich

Paradeprodukt. Mit Tiroler Speck in allen Variationen ist das Unternehmen groß geworden.

Neben ihrem Engagement für die Tiroler Berge engagieren Sie sich auch in Nepal. Warum? KARL HANDL: Wir haben vor über zehn Jahren einen namhaften Betrag für den Bau des achten SOS-Kinderdorfes in Bharatpur gespendet. Seither haben wir bei vielen Anlässen, etwa bei runden Geburtstagen, anstelle von Geschenken um Spenden für dieses Dorf gebeten. So stehen dort mittlerweile neben einem Karl-Handl-Haus auch eine Schule und ein Sozialzentrum, das erst 2009 in unserem Beisein eröffnet wurde. Die Verbindung zu den SOS-Kinderdörfern begann allerdings schon viele Jahrzehnte davor mit einer Hauspatenschaft in Imst. Unsere Familie ist freundschaftlich mit dem noch amtierenden Präsidenten Helmut Kutin verbunden.

auch gerne meine Zeit beim Bergwandern und Schifahren verbracht. Im Vergleich mit meiner Frau Christine bin ich eher ein bewegungsärmerer Mensch geworden. Aber den Karl-Handl-Steig am Hohen Riffler würde ich schon noch gerne gehen. Hat Sie die Überraschung, als der Alpenverein zu Ihrem 65. Geburtstag den Steig auf den Hohen Riffler nach Ihnen benannt hat, gefreut? KARL HANDL: Ich habe mich über dieses Geschenk sehr gefreut. Das war wirklich eine Überraschung, da der Riffler ja unser Hausberg ist und wir das Rifflermotiv auf über 50 Millionen Produktpackungen in alle Welt transportieren. Es ist für uns daher eine Herzensangelegenheit den Alpenverein insbesondere beim Erhalt und der Pflege von Wegen und Hütten zu unterstützen. Gepflegte Wege und Hütten sind eine Grundvoraussetzung für den unbeschwerten Genuss der Bergwelt. Handl Tyrol engagiert sich hier besonders gerne. Denn im übertragenen Sinne soll so allen Bergsportbegeisterten auch der Weg zum kulinarischen Ziel jeder Wanderung geebnet werden – der Marend, der traditionellen Speckjause mit Handl Tyrol.

Ihr Vater scheint sich ein soziales Gewissen behalten zu haben. Was hat er Ihrer Meinung nach sonst noch gut gemacht? CHRISTIAN HANDL: Dass er immer auf die Qualität gesetzt hat. Schon sein Vater war in der Fleischerei-Schule in Leipzig. Damals sicher ein unüblicher Schritt. Auch hat mein Vater nie die Wünsche und Erwartungen vor allem seiner Mitarbeiter und seiner Kunden aus den Augen verloren. Er hat uns den Leitspruch: „Zuerst bin ich ein Pianner, dann ein Tiroler, dann ein Österreicher und dann erst ein Europäer“ mitgegeben. Nach dieser Reihenfolge war und ist all sein Handeln ausgerichtet. Wir sind der Spezialist für Tiroler Speck, Braten und Schinken sowie Rohwurst und tragen diese regionalen Spezialitäten von Pians/Tirol hinaus in die ganze Welt.

KARL HANDL

© HANDL TYROL

„Speck wurde früher nur in Tirol gegessen. Nicht einmal die Vorarlberger kannten den Speck in dieser Form.“

Was sind die Herausforderungen dabei? CHRISTIAN HANDL: Wir sagen immer: Wir


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© HANDL TYROL

Familienporträt. Christl und Karl Handl mit den Söhnen Christian und Markus (links)

kommen beide nach Rom. Ich fahre über den Brenner, weil es schneller geht. Er fährt über den Reschenpass, weil er mehr Zeit hat. Aber wichtig ist nur, dass wir in Rom ankommen. Wichtig scheint mir, wenn ein Ziel angestrebt wird, wie beim Bergsteigen, dass der Berg mit Bedacht gewählt wird und alle einverstanden sind, dieses Ziel erreichen zu wollen. KARL HANDL: Und wenn man am Seil geht, muss man sich vorher absprechen. CHRISTIAN HANDL: Genau! Wir Tiroler dürfen die Tradition nicht vergessen, das versuchen wir auch unseren Mitarbeitern zu vermitteln. Es ist nicht immer einfach, alle auf einen Weg einzustimmen. Aber wir dürfen unsere Wurzeln nicht vergessen. Aber in Nostalgie untergehen, nützt auch nichts.

Welche Charakterzüge haben Sie Ihren Söhnen mitgegeben? KARL HANDL: Bescheidenheit und Dankbarkeit. Das Thema Qualität liegt bei uns in den Genen, wie mein Vater schon bewiesen hat. Die Neugier auf Neues und die Aufgeschlossenheit dafür hat Christian von mir. Dafür ist Markus mit Zahlen und Ziffern gut aufgestellt und kann mit Menschen sehr gut umgehen. Das hat er von meiner Frau Christl geerbt. Meine Frau war immer für die Zahlen und die Mitarbeiter zuständig. Deshalb wurden wir 1995 auch als erster familien- und frauenfreundlicher Betrieb in Tirol ausgezeichnet. Das soziale Gewissen haben unsere Söhne mitbekommen und das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge. CHRISTIAN HANDL: Wir haben auch einen Sozial- und Hilfsfonds, mit dem die Firma unbürokratisch und schnell lokal in der Region Hilfe leistet. Auch bei der Bruderschaft St. Christoph sind wir sehr engagiert. Sie haben aus einer kleinen Dorfmetzgerei ein erfolgreiches Unternehmen gemacht, eine Familie, Söhne, die die Firma weiterführen, soziale Projekte und sind ein angesehener Geschäftsmann. Worauf sind Sie stolz? KARL HANDL: Das ist alles relativ. Ich bin froh und dankbar, dass ich so viel Glück hatte und so viel schaffen konnte. Es ist einiges passiert in den vergangenen Jahrzehnten. Die Schicksalsjahre unserer Familie begannen 1948 mit dem frühen Tod meines Vaters vor meinem Großvater. Meine Mutter hat den Deszendentenbetrieb mit Hilfe eines Geschäftsführers für mich erhalten. Da ist schon ein großes Verantwortungsgefühl

bei mir gewachsen, das alles weiterzuführen. Es freut mich, dass wir heute zu den führenden Betrieben des Landes zählen – aus so einem kleinen Dorf wie Pians. Was ist Luxus für Sie? KARL HANDL: Das hat jedenfalls für mich nichts mit Materialismus zu tun. CHRISTIAN HANDL: Zeit zu haben für sich, die Familie und eigene Interessen. Der Speck dreht sich relativ langsam. In anderen Bereichen dreht sich das Hamsterrad allerdings schneller. Ich würde gern öfter im entschleunigten Rad sein. Haben Sie eigentlich ein Lieblingsprodukt? KARL HANDL: Der Karree-Speck! Schopfseitig! Aber so ein gutes Hauswürstl mag ich schon auch sehr gern. CHRISTIAN HANDL: Ich mag eigentlich alles. Beim Speck besonders den hüftseitigen Schinken- und Karree-Speck. Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen? KARL HANDL: Gesundheit, Zufriedenheit mit dem, was ich bin, was ich hab’. Was will ich noch mehr? Der Betrieb läuft gut, die Söhne mit ihren Familien wohnen neben uns, wir sind gesund. Dankbarkeit brauch ich mir nicht zu wünschen, dankbar bin ich schon. Der dritte ist ein großer Wunsch: Dass die verantwortlichen Entscheidungsträger Tirols und Österreichs ihre Entscheidungen so treffen, dass sie zum Wohle aller dienen. Nicht nur ihren Interessensgemeinschaften. Dann machen ihre Entscheidungen Sinn. Und man will doch, dass das Leben Sinn macht. Vielen Dank für das Gespräch.

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38 MAGAZIN SAISON

Die Deutsche auf der Alm Die Fotografin Maren Krings hat sich für zwei Sommer auf eine Melkalm in den Kitzbüheler Alpen zurückgezogen, die sie zum Teil allein bewirtschaftete. Der in dieser Zeit entstandene Bildband „Echt Tirol – echt oimerisch“ gibt intime Einblicke in das Leben der Menschen auf den Almen, wie es heute ist – festgehalten von einer Eingeweihten. VON SONJA K AINZ

E

s war eine Flucht, damals. Daraus macht Maren Krings kein Geheimnis. Die 32-jährige Fotografin steckte in einer beruflichen Krise. Eine Kreative, die nicht mehr kreativ sein konnte. Vor vier Jahren hatte sie sich selbstständig gemacht und ihre Karriere nahm gerade richtig Fahrt auf. „Ich hatte riesengroße Projekte am Laufen, und wie das so ist bei solchen Projekten, läuft nicht immer alles rund. Je mehr mich die Bürokratie aufgefressen hat, desto weniger konnte ich mich auf meine Jobs kreativ vorbereiten.“ Die junge Frau flüchtet in die Berge, genauer gesagt auf eine abgelegene Melkalm in den Kitzbüheler Alpen auf 1.700 Metern Höhe, die sie für einen Almsommer allein bewirtschaftet. 19 Kühe und 24 Jungtiere müssen täglich versorgt, gemolken,

auf die Weide gebracht werden. Der Stall muss ausgemistet werden, die Zäune gewartet und umgesteckt und die Milch ins Tal gebracht. Ein Fulltimejob statt HeidiRomantik.

„Im Butterbrot gelandet“.

Der Tag begann meist um drei Uhr morgens und endete gegen elf Uhr abends. „Das ist mir mein ganzes Leben lang noch nie passiert, aber auf der Alm ein, zwei Mal, dass ich mit dem Gesicht im Butterbrot gelandet bin, weil ich einfach eingeschlafen bin“, lacht die junge Frau aus Deutschland. Ihr erster Almsommer ist mittlerweile drei Jahre her, es folgte ein zweiter. Aus den Erfahrungen dieser beiden Sommer entstand ein 120-seitiger Fotoband mit dem Titel „Echt Tirol – echt oimerisch“. Er spiegelt humorvoll Krings Eindrücke und Einblicke

in das alltägliche, oft harte Leben der „Almer“, ihr Zusammenleben mit den Tieren, ihre tiefe Verbundenheit mit der Natur und ihren Lebewesen wider. Das Besondere an Krings Arbeiten ist, dass sie nicht aus der Perspektive der Besucherin, sondern aus der der Eingeweihten entstanden.

Zwischen Tradition und Moderne. Im Bildband kommen bekannte Klischees wie der Strauß bunter Almblumen oder das idyllische Bild der weidenden Kühe vor den schroffen Felsmassiven genauso vor wie weniger abgegriffene Impressionen. Die auf Fotodokumentationen spezialisierte Künstlerin zeigt das Leben auf der Alm, wie es heute ist, und verschweigt nicht, dass auf über 1.500 Metern das 21. Jahrhundert inzwischen Einzug gehalten hat. Eine Satellitenschüssel hängt über einem


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© MAREN KRINGS

Aufbruchstimmung. Ein besonderes Foto gelang Maren Krings beim Almabtrieb, für den alles sehr früh auf den Beinen sein musste.

hunderte Jahre alten Almgebäude, ein Almer mit traditionellem Hut spricht in sein knallrotes Handy und mitten im unbewohnt anmutenden Schönwiestal wird eine Slackline gespannt. „Warum sollten die Almer nicht genauso die Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts genießen, wie jemand, der im Tal lebt?“, fragt die Ex-Sennerin. Das Ergebnis sind intime Einblicke in eine Welt zwischen Tradition und Moderne, wie sie sich nur jemandem erschließen, der die Zeit hat, mehr als nur einen flüchtigen Blick auf diesen Sehnsuchtsort zu werfen.

Ein Almsommer verändert.

Vom 21. Jahrhundert bekam Krings während ihres ersten Sommers auf der Unterschnappalm jedenfalls nicht viel zu spüren. Die 200 Jahre alte Hütte, in der die 32-Jährige

„Je mehr mich die Bürokratie aufgefressen hat, desto weniger konnte ich mich auf meine Jobs kreativ vorbereiten.“ MAREN KRINGS, FOTOGRAFIN

von Juni bis Ende September lebte, war spartanisch. Kein Strom, eine Türe ohne Schloss und wenn sie es warm haben oder sich etwas zu essen kochen wollte, musste erst einmal eingeheizt werden. Ein Unterfangen mit gewissen Tücken, wie sich herausstellte. Wenn man es nicht richtig anging, blieb der Herd kalt und die

Stube füllte sich stattdessen mit dichtem Qualm. Mehr als einmal hieß es dann einfach hungrig schlafen gehen. Die harte Arbeit auf der Alm brachte Krings außer Schwielen, Blasen, Schnitten, Beulen und Quetschungen aber noch etwas anderes. „Ich hatte seit langem wieder einmal das Gefühl, ich habe etwas produ-


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ziert. Du hast nicht drei Kunden akquiriert, bei denen du nicht weißt, ob du tatsächlich auch mal einen Job von ihnen bekommen wirst, sondern du hast drei mal 25 Liter Milch gemolken – und die sind abgeliefert worden.“ Kleine Dinge wie ein heißer Kaffee wurden plötzlich zu etwas Besonderem. Maren Krings glaubt, dass sie die Zeit in den Bergen für immer verändert hat. „Man geht nicht auf die Alm, kommt zurück und wird wieder der Gleiche oder die Gleiche“. Was sie unter anderem aus dieser Zeit mitgenommen hat, ist eine tiefe Wertschätzung für die Arbeit der Almer. Sie werde oft sehr abgewertet, aber jeder, der sie einmal selbst gemacht habe, wisse, dass außer Kraft auch eine Menge Technik und Erfahrung nötig seien, um sie zu verrichten, sagt Krings.

Almleben. Die Fotografin stellte sich der Herausforderung, eine urige Alm zu bewirtschaften. Ein Fulltime-Job ohne HeidiRomantik.

„Ich hatte seit langem wieder einmal das Gefühl, ich habe etwas produziert.“ Die Menschen, die auf der Alm leben, haben auch viel dazu beigetragen, dass der Bildband zu dem geworden ist, was er ist. „Dieses Buch hätte ohne ihre Unterstützung nie in dieser Form entstehen können.“ Sei es dadurch, dass sie der Fotografin den Weg zu entlegen Plätzen zeigten, sie mit dem Auto hinbrachten, wenn der Weg innerhalb eines Tages nicht zu bewältigen war, oder indem sie ihr einfach uralte Geschichten vom Almleben erzählten wie beispielsweise die vom Geist auf der Kuntlalm. Richtig mit den Einheimischen gefühlt hat sie, als eine Gruppe Touristen plötzlich mitten in ihrer Stube stand und sich neugierig umschaute, während Krings ihren „heiligen“ Mittagsschlaf hielt. „Entschuldigung, aber wenn ich in Frankfurt durch die Stadt geh, renn ich auch nicht in jeden Haushalt und stell mich mal eben in die Küche“, bekamen die ungebetenen Gäste von ihr in reinstem Hochdeutsch zu hören, was für verdatterte Blicke und ein kleinlautes „Nein, würden wir nicht“ sorgte. Krings will mit ihrem Buch auch für mehr Achtsamkeit und Sensibilität für die Almen und ihre Bewohner plädieren, die sie von vielen Seiten bedrängt sieht. ×

© MAREN KRINGS

Der Geist auf der Kuntlalm.

ZUR PERSON Maren Krings wurde 1980 in Erbach in Deutschland geboren. Nach einem internationalen Freiwilligendienst in Mittelamerika und Europa begann sie am Savannah College of Art and Design in den USA Fotografie zu studieren. 2005 kehrte sie nach Deutschland zurück und machte sich in Thüringen als freischaffende Fotografin selbstständig. Seither begleitet sie fotografisch humanitäre Hilfsprojekte in Mittelamerika und hat das zwischen Kunst und Sozialem vermittelnde Projekt „WE AR´T“ ins Leben gerufen. Krings fotografiert unter anderen Reportagen für das Magazin „Servus in Stadt und Land“ und ist außerdem Dozentin in Frankfurt, Weimar und Suhl. Sie lebt in Deutschland und in Westendorf in Tirol. Für ihr Engagement im humanitären Bereich wurde sie mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.

DAS BUCH „Echt Tirol – echt oimerisch“, 120 Seiten, erschienen im Eigenverlag. Es ist ab 10. Mai erhältlich und kann direkt über Maren Krings bestellt werden. Der Öffentlichkeit wird es am 23. Mai im Art Depot in Innsbruck vorgestellt. info@360-photography-mk.de


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Tourismuswissen auf einen Klick Rund 1.500 registrierte Benutzer recherchierten touristisches Basiswissen auf der Wissensplattform TTR Tirol Tourism Research. Nun wurde diese umfassend weiterentwickelt. V O N S Y LV I A A I N E T T E R

D

ie Tirol Werbung verfügt über einen umfangreichen Wissensschatz in den Bereichen Tourismusmarketing und touristische Märkte“, erklärt Dr. Michael Brandl, Prokurist der Tirol Werbung. „Dieses Wissen möchten wir zugänglich machen.“ Aus diesem Grund entstand bereits 2009 in Kooperation mit dem MCI Tourismus eine Internetplattform, auf der Statistiken, wissenschaftliche Aufsätze und zahlreiche tourismusrelevante Daten zu finden sind. Das Feedback war positiv: Bis Anfang 2011 registrierten sich über 1.500 Benutzer, hauptsächlich Studenten (24 %), Personen aus der Hotellerie (19 %), den Tourismusverbänden (16 %) und aus dem Bereich Marketing und Consulting (10 %). „In erster Linie möchten wir den Tiroler Tourismus servicieren und qualifizieren“, so Brandl, „das Wissen über Zielgruppen, Märkte, Online-Marketing, aber auch über die touristischen Strategien Tirols ist wichtig für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Tourismussystem Tirol.“ Der Inhalt der Plattform kommt von Tirol Werbung und MCI gleichermaßen, ein eigenes Redaktionsteam, bestehend aus Mitarbeitern der beiden Institutionen, ist verantwortlich für den Inhalt. „Das MCI ist zuständig für die Bereiche Online-Marketing, Innovation und Forschung. Wir stellen die Statistik und die Daten zu Märkten, Themen und Zielgruppen zur Verfügung“, erklärt Kathrin Rauch aus dem Team Tourismusforschung in der Tirol Werbung und Redaktionsmitglied von TTR.

Die Registrierung ist kostenlos auf www.ttr.tirol.at möglich.

die technische Umsetzung verantwortlich ist. Die Seite zeigt sich nun übersichtlicher, mit weniger Menüpunkten und einer verlässlichen Suchfunktion. „Wir haben uns entschieden, die Seite komplett neu zu entwickeln“, erzählt Schwarzenberger. Seit 1. März ist der überarbeitete TTR online – mit erweiterten Inhalten und neuem Design. „Aus den Zugriffsdaten wissen wir, dass sich die Nutzer vor allem für die Zahlen interessieren“, erläutert Klaus Schwarzenberger.

„In erster Linie möchten wir den Tiroler Tourismus servicieren und qualifizieren.“ © TIROL WERBUNG

Interaktiv und übersichtlich. Im Jahr 2011 begann das Team mit einer umfassenden Weiterentwicklung. „Wir haben eine aufwändige Nutzerbefragung und eine Usability-Studie durchgeführt“, erklärt Klaus Schwarzenberger vom MCI Tourismus, der als Projektmitarbeiter für

Das TTR-Team von Tirol Werbung und MCI Tourismus ist besonders stolz auf die interaktiven Statistiken. „Diese ermöglichen es, Entwicklungen im Zeitverlauf anschaulich darzustellen und zu vergleichen, zum Beispiel die verschiedenen Herkunftsmärkte“, erklärt Kathrin Rauch. Die Menüführung wurde vereinfacht, auch die Suche mittels Tags (Schlagworten) ist nun möglich. Ein Begriffsglossar erleichtert den Nutzern das Verständnis komplexer Inhalte. ×

DR. MICHAEL BRANDL, PROKURIST DER TIROL WERBUNG


42 MAGAZIN SAISON

Stimmungsmache. Im Rahmen von Pressereisen bringt die Tirol Werbung italienischen Journalisten die Vorzüge Tirols näher.

Das Leben ist schön in Tirol ITALIEN

Reisemarkt Italien. Das neue Sparpaket in Italien könnte dem Nordtiroler Tourismus zu Gute kommen. V O N J A N E K AT H R E I N

W

ir wollen pasta, pasta cruda. Nudeln ohne Sauce“, sollen die Vertreter des FC Genua nach einem harten Besichtigungstag im Stubaital beinahe gefleht haben. Die Nudeln, die wenig später auf ihren Tellern landeten, waren weder zu hart noch zu weich. Al dente. Gerade richtig. Die Pasta soll dem Ort Neustift letztlich auch den Zuschlag für das Trainingslager gebracht haben. Gebhard Schöpf vom Tourismusverband Stubai Tirol erinnert sich schmunzelnd an den Beginn dieser Freundschaft vor acht Jahren. Gemeinsam habe man Höhen und Tiefen durchlebt. Nachdem etwa

die Genuesen nach einem Regelverstoß zum Abstieg in die zweite Liga gezwungen waren, wurden sie in Tirol umso freudiger empfangen. Inzwischen ist Pasta ein fixer Gang in der Menüabfolge, mit der die Fußballer ihre Kohlehydratspeicher beim Trainingslager im Stubaital auffüllen. Der Koch spricht längst italienisch, zwar nicht grammatikalisch perfekt und auch nicht ohne Akzent, aber das sehen ihm die Gäste nach, die von den Einheimischen als „die Unsrigen“ bezeichnet werden. Und die Italiener haben sich daran gewöhnt, dass nördlich des Brenners alles ein bisschen anders läuft als zu Hause. „Der

italienische Gast ist anspruchsvoll, aber nicht kleinlich“, sagt Gebhard Schöpf. Ein missverständlich verwendetes Vokabel löse eher ein Schmunzeln aus als Bestürzung. Gebhard Schöpf muss es wissen, schließlich bewegt er sich seit fünfzehn Jahren am italienischen Markt.

Wichtige Mundpropaganda.

Der Tourismusverband Stubaital schloss sich 1995 mit anderen Tiroler Verbänden zur „Gruppo Italia“ zusammen, um gemeinsam auf dem stark organisierten Reisemarkt aufzutreten. Der Alpenverein und viele Sportvereine sind gewachsene Netzwerke, die bis heute stark genutzt


© TIROL WERBUNG (3)

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„Jetzt erst recht“.

„Der Urlaub an sich wird nicht in Frage gestellt, er wird wohl etwas kürzer ausfallen und das Preisbewusstsein wird steigen“, ist Esther Wilhelm, verantwortliche Marktleiterin für

REISEMARKT ITALIEN IN ZAHLEN:

„Der Sommerurlaub ist dem Italiener heilig. Wenn er spart, dann bei der Aufenthaltsdauer und den Zusatzausgaben.“ © TIROL WERBUNG

werden. Mundpropaganda ist auch im Web-2.0-Zeitalter einer der wirksamsten Werbekanäle. „Verwandte und Freunde, die daheim geblieben sind, werden schon während des Urlaubs über die Eindrücke am Laufenden gehalten“, so Schöpf. Überzeugt das Angebot kommen die Gäste im nächsten Jahr mitsamt den Freunden und der Familie wieder. Tirol steht in Italien für angenehmes Klima, schöne Natur, Wohlbefinden. Standortvorteile, die Reisende hauptsächlich aus dem wirtschaftlich starken, italienischen Norden schätzen. Die Italiener ziehen sich vor der Sommerhitze in die Alpenregion zurück, besonders im Monat August kann Tirol mit einem guten PreisLeistungs-Verhältnis punkten. Zugleich ist Urlaub daheim bei den Italienern nach wie vor beliebt. Viele Italiener haben einen Zweitwohnsitz, entweder am Meer oder in den Bergen. Ein Blick in die Statistik zeigt: Im Sommer 2011 hatte Tirol ein leichtes Minus an Buchungen aus Italien hinzunehmen. Müssen die Tiroler in Zukunft mit weiteren Rückgängen rechnen?

ESTHER WILHELM, HEAD OF MARKETING SÜD- UND WESTEUROPA

Süd- und Westeuropa, überzeugt. Das italienische Unternehmertum sei Krisen gewohnt und wisse damit umzugehen. Italien ist eines der europäischen Länder mit der niedrigsten Privatverschuldung. Große Zuwächse sind in einem gesättigten Markt wie Italien, dessen Bevölkerung zurzeit große Steuerlasten auferlegt werden, kaum zu erwarten. „Aber ich denke, dass man die Zahlen auch aufgrund der aktuellen Entwicklungen halten wird können. In Italien gibt es bei vielen auch die ‚Jetzt erst recht‘-Mentalität.“ Italiens Regierungschef Mario Monti hat der Steuerhinterziehung und dem Schwarzgeld den Kampf angesagt. Im Rahmen des Sparpakets wurden zuletzt Barzahlungen von mehr als 1.000 Euro verboten. Rechnungen über 1.000

Euro dürfen nur noch mit Kreditkarte oder Banküberweisung bezahlt werden. Wirten, die trotzdem mehr als 1.000 Euro in bar kassieren, drohen saftige Strafen. Razzien der Steuerfahnder wie zu Jahresbeginn im Nobelskiort Cortina d’Ampezzo schrecken die Gäste ab. Der Tourismus in Nordtirol könnte von diesen Maßnahmen profitieren. Tatsächlich berichten Tiroler Hoteliers von einem Zulauf italienischer Gäste, die bar bezahlen. ×

en rangiert auf Platz 5 im Quellmarktranking.

ten. Stärkster Wintermonat: Dezember, 11 %.

KONTAKT Esther Wilhelm Head of Marketing – Süd- und Westeuropa Tel. 0512/5320-660 esther.wilhelm@tirolwerbung.at

ANREISE: 90 % reisen mit dem eigenen Pkw

MARKTANTEIL: Trentino (35 %), Südtirol (17 %),

DER TYPISCHE ITALIENISCHE GAST: ist mit

nach Tirol. Keine direkte Flugverbindung. DB

Schweiz (8 %), Tirol (4 %)

durchschnittlich 44 Jahren ein junger Tirol-

und ÖBB haben Zugverbindungen in Italien

Gast und reist vorwiegend mit der Familie.

als Konkurrenz zur Trenitalia aufgebaut.

HERKUNFTSREGION: italienischer Norden.

BUCHUNGSGEWOHNHEITEN: ein bis zwei

REISESTRÖME: 38 % der Italiener, die im Sommer Österreich besuchen, fahren nach Tirol. Kärnten (19 %), Wien (18 %).

Monate vor Reiseantritt. 70 % buchen direkt AUFENTHALTSDAUER: 3,8 Tage im Sommer,

beim Vermieter.

NÄCHTIGUNGSZAHLEN 2010/2011: 1,05 Millionen (-4 %): 729.428 im Sommer (- 3,9 %),

2,6 im Winter. INFORMATIONSQUELLE: hoher Infobedarf. BEVORZUGTE URLAUBSUNTERKUNFT: 44 %

Internet als die wichtigste Informationsquelle

buchen in der 4- und 5-Sternkategorie (Tirol gesamt 34 %).

(48 %), persönliche Empfehlungen. Jeder dritte Italiener ist mit dem Socialnetwork Facebook verbunden.

WINTERAKTIVITÄTEN: 2/3 der Gäste fahren Ski. Platz 12 im Quellmarktranking. 56 % be-

TAGESAUSGABEN: im Winter € 147,-, im Som-

suchen die Weihnachtsmärkte.

mer € 104,-.

324.850 im Winter (-4,1 %) – das Minus ergibt sich aus der sinkenden Aufenthaltsdauer. Vorläufige Statistik für den Winter 2011/2012: + 1,8 %. Der Trend geht weiter nach oben. Generelle Steigerung der Nächtigungen in den letzten fünf Jahren im Sommer: + 4,9%. Tirol liegt eindeutig vor den Mitbewerbern Kärnten und Salzburger Land.

SOMMERAKTIVITÄTEN: 83 % wandern, danach

HAUPTREISEZEIT: 45 % der Nächtigungen ent-

folgen Radfahren und Mountainbiken. Tirol ist für

fallen auf den Monat August, mit 11,5 % liegt

REISEVOLUMEN: Urlaub im eigenen Land –

Italien eine klare Sommerdestination. Hoher An-

der Juli an zweiter Stelle. Mit Fixpreisen, die im

23 Millionen Nächtigungen im Trentino.

teil an Familien mit Kindern unter 14 Jahren. Itali-

August garantiert werden, könnte man punk-


44 MAGAZIN SAISON

Museen für die Ohren Mit zwei Ausstellungen zum Thema Hören holen die Tiroler Landesmuseen Musik und Ton in die sonst meist stillen Hallen von Tiroler Volkskunstmuseum und Museum im Zeughaus. Die einen beschäftigen sich ab Mai 2012 mit der Geschichte der Signaltöne, die anderen mit „Musik aus der Dose“. Man höre und staune! VON ES THER PIRCHNER

Claudia Sporer-Heis hält im Zeughaus Musikautomaten aus zwei Jahrhunderten bereit. Zeugnis früher Signaltöne: geschnitzte Groteskfigur aus dem 18. Jahrhundert

© GERHARD BERGER (5), TIROLER LANDESMUSEEN

In der Sammlung Louis Holzer finden sich eine automatische Ziehharmonika sowie Grammophone im Erwachsenenund Kinderformat.

Herlinde Menardi begibt sich im Volkskunstmuseum auf die Spur von Signaltönen.


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GEWINNSPIEL

Barocke Reiselust Die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik erleben heuer unter dem Motto „Schöne Fremde“ ihre 36. Auflage.

Aufziehen und abspielen. Mit dem Ankauf der Musikautomaten und -wiedergabegeräte, die der Osttiroler Louis Holzer über viele Jahre zusammengetragen hat, konnte der Verein Tiroler Landesmuseum seine eigene Sammlung um eine ganze Reihe solcher mechanischer, elektrischer und elektronischer Apparate erweitern. In den vergangenen Jahren wurden sie einer umfangreichen Restaurierung unterzogen, wie die Kustodin der historischen Sammlungen, Claudia Sporer-Heis, berichtet. Jetzt erzählen die Grammophone, Wurlitzer und Spieluhren eine rund 200-jährige Geschichte der „Musik aus der Dose“. Das älteste Exponat, eine Schwarzwälder Spieluhr, stammt aus der Zeit um 1800 und ist ein Selbstspieler, erzeugt also selbst die gehörte Musik. Seit der Erfindung von Edisons Phonographen wird vor allem Aufgenommenes abgespielt. Zudem bieten Schallplatten, Tonbänder, Kassettenrecorder, CDs und schließlich MP3-Player reichlich Stoff für nostalgische Gefühle und historische Aha-Erlebnisse.

Kling, Glöcklein, … Im Tiroler Volkskunstmuseum zielt die kulturhistorische Ausstellung zur Entwicklung der Signal-

MUSIK AUS DER DOSE – DIE SAMMLUNG LOUIS HOLZER Museum im Zeughaus bis 27. Jänner 2013 Di–So 9–17 Uhr

TON UM TON Tiroler Volkskunstmuseum 25. Mai bis 7. Oktober 2012 Mo–So 9–17 Uhr www.tiroler-landesmuseen.at

töne, „Ton um Ton“, auf einen ähnlichen Effekt ab. Schließlich spannt sie den Bogen vom Waldtuter, einem einfachen Blasinstrument, mit dem die Holzarbeiter zum Essen gerufen wurden, bis hin zu unterschiedlichen Handyklingeltönen. Signaltöne jeder Art – von Kirchenglocken über Handglocken der Wanderhändler oder Signalglocken bei Mühlen und Waalen (Bewässerungskanälen) bis zu Alltagstönen wie den Pieptönen von Eieruhr und Mikrowelle ist hier alles vertreten, was Gefahr anzeigt oder aus anderen Gründen unsere Aufmerksamkeit erregen soll. Dabei kommt es weniger auf die Art der Signaltöne an, sondern vielmehr auf eine emotionale Dimension des Hörens, wie die Leiterin des Tiroler Volkskunstmuseums, Herlinde Menardi, erläutert. Sirenen werden von Menschen der Kriegsgeneration mit Fliegerangriffen verbunden, die Trillerpfeife hat auf dem Weg vom Bahnwesen zu Demonstrationen einen Bedeutungswandel erfahren, „unnötige“ Töne wie ein altmodisches Klicken bei Handykameras werden eigens designt. In allen Fällen zeigt sich jedoch die soziokulturelle Konnotation von Signaltönen und es wird spannend zu beobachten sein, welche Töne der Ausstellung welche Assoziationen wecken. ×

ie Innsbrucker Festwochen der Alten Musik packt von 8. bis 26. August die Reiselust. Der Blick in die „schöne Fremde“ beschert den Besuchern zahlreiche Konzerte und Veranstaltungen, die Barockmusik aus der ganzen Welt in den Mittelpunkt rücken. Zu hören gibt es populäre und traditionelle Klangwelten von Argentinien bis China. Auf dem Festwochen-Programm stehen unter anderem vier Opern, zwei davon werden vom Künstlerischen Leiter Alessandro De Marchi vom Cembalo aus geleitet. Nach der erfolgreichen Premiere der „Barockoper:Jung“ im Vorjahr haben heuer ausgewählte Teilnehmer des internationalen Gesangswettbewerbs für Barockoper die Chance, ihre stimmlichen und stilistischen Fähigkeiten in Claudio Monteverdis „L’incoronazione di Poppea“ unter Beweis zu stellen.

Die US-amerikanische Mezzosopranistin Jennifer Rivera übernimmt in „La Stellidaura Vendicante“ die Titelpartie.

MITMACHEN UND GEWINNEN Beantworten Sie die Gewinnfrage:

Wie heißt der Künstlerische Leiter der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik? und nehmen Sie an der Verlosung teil: • 1 Übernachtung für 2 Personen im 4-Sterne-Hotel Hilton Innsbruck (DZ) • 2 Eintrittskarten für die Oper „La Stellidaura Vendicante“ von Francesco Provenzale am 10. 8. 2012 im Tiroler Landestheater Um am Gewinnspiel teilzunehmen, füllen Sie bitte auf kultur.tirol.at unter „Gewinnspiele“ das entsprechende Formular aus. Einsendeschluss: 31. Mai 2012

© JENNIFER RIVERA

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istorische Aufarbeitungen zum Thema Hören stehen sowohl im Tiroler Volkskunstmuseum als auch im Zeughaus derzeit im Mittelpunkt des Interesses, wenngleich die beiden Innsbrucker Ausstellungshäuser dabei ganz unterschiedliche Aspekte herausgegriffen haben. Ähnlichkeiten finden sich in den beiden Ausstellungen dennoch, denn beide beschäftigen sich nicht nur mit der Entwicklung der jeweiligen Schallquellen, sondern auch damit, wie sich die Wahrnehmung der Töne und technischen Geräte zur Klangerzeugung verändert. Nicht zuletzt erlauben beide einen Blick in die Geschichte.

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46 magazin saison

Komponist Florian Bramböck mit Fahrrad – oder umgekehrt.

S

AISON: Herr Bramböck, wie haben Sie sich auf die Vertonung von Flann O’Briens „Dritten Polizisten“ vorbereitet? Haben Sie den Roman gelesen? FLORIAN BRAMBÖCK: Ich habe drei Anläufe gebraucht! Da wirst ja narrisch! Sprachlich hat es mir extrem gut gefallen, aber diese Hinhaltetaktik hat mich verrückt gemacht. Warum haben Sie dann überhaupt dieses Buch ausgewählt? Ich wollte nach „Hofers Nacht“ [die erste Oper von Florian Bramböck, nach einem Libretto von Alois Schöpf, Anm.] gleich wieder eine Oper schreiben und habe Doris Happl, die am Landestheater als Regisseurin arbeitet und eine erfahrene Dramaturgin ist, gefragt, ob sie das Libretto schreibt. Unseren ursprünglichen Plan, „Die drei Saligen“ als Stoff zu verwenden, haben wir aufgegeben, weil es ihr zu kitschig war. Stattdessen hat sie ihr Lieblingsbuch, „Der dritte Polizist“ von Flann O’Brien, vorgeschlagen. Dass man daraus ein Libretto machen kann, konnte ich mir zwar anfangs nicht vorstellen, aber sie hat das sehr gut hinbekommen. In der Oper geht es jetzt ziemlich flugs dahin. Es ist alles aufs Wesentliche konzentriert, auf einen durchgehenden Handlungsfaden. Flann O’Brien ist immer noch ein Geheimtipp. Können Sie uns erzählen, worum es im „Dritten Polizisten“ geht? Es geht um einen Mord und seine Aufklärung – wobei das gegen Ende ja eigentlich nicht mehr stimmt –, das Ganze vermixt mit skurrilen Ideen. Die Oper ist sehr verdichtet und unterhaltsam.

Von Fahrrädern, Mördern und Polizisten Am 6. Mai wurde in den Innsbrucker Kammerspielen die Oper „Der dritte Polizist“ von Florian Bramböck (Musik) und Doris Happl (Libretto) nach dem gleichnamigen Roman von Flann O’Brien uraufgeführt. Der Komponist sprach mit der SAISON über das so seltsame wie komische Werk. © Gerhard Berger

Da s Interview führte Es ther Pirchner .

Bei „Hofers Nacht“ haben Sie historische Texte – Briefe, Protokolle und Ähnliches – vertont. Diesmal handelt es sich um einen Prosatext. Worauf kommt es bei einer musikalischen Umsetzung solcher Texte an? Man muss die Sprachmelodie herausfinden, was aber nicht schwierig ist. Die Schwierigkeit ist eher, der Melodie Zeit zu geben, weil sonst die Hörer schnell müde werden, und eine Fasslichkeit zu finden, damit die Sänger es sich auch merken können. Bei der Arbeit am „Dritten Polizisten“ haben wir bemerkt, dass es im Libretto zwei


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szenen zu wenig gab und haben sie noch ergänzt. Eine davon ist eine arie, die sergeant Fox im Gefängnis singt, da haben wir ihn de selbys Theorie von den Fahrrädern singen lassen. Man braucht zwischendurch arien, etwas, in dem die Musik im Vordergrund steht, sonst wird es langweilig. in der Mordnacht gibt es zum Beispiel eine gemeinsame szene, die sich sehr gut dafür geeignet hat. Die Romanvorlage zieht viele ihrer Qualitäten aus dem schrägen Humor Flann O’Briens. Muss man dazu eine lustige Musik schreiben? Mich hat vor allem interessiert, die Doppelbödigkeit des stoffs umzusetzen – etwas, was zum Beispiel Benjamin Britten in „Turn of the screw“ perfekt gemacht hat. ich war auch bei „Jenúfa“, der Janáček-oper, die derzeit am Tiroler Landestheater läuft, überrascht, dass viele tragische szenen in Dur gesetzt sind. Durch diesen Gegensatz wird das Tragische oft sogar noch verstärkt. Können Sie uns dazu Beispiele aus dem „Dritten Polizisten“ nennen? Ja, wenn die Hauptfigur, Joe Mulrooney, in das Haus geht, das später explodiert – eine bedrohliche situation –, oder wenn er gegen Ende den Tischler nach dem Galgen fragt, den dieser gerade zimmert, und feststellt, dass der Galgen für ihn selbst bestimmt ist. Nicht nur in diesen Szenen haben Sie die Musik verständlich angelegt. Gibt es auch Gassenhauer? ich glaube schon, zwei oder drei, (singt:) „Und in dieser nacht/da schlug unser Joe zu …“ Dieses Lied wird nach dem Mord gesungen. Die Lieder, in denen die Theorien von de selby erklärt werden, sind recht fasslich. Dann gibt es ein Fahrradlied mit Glocken (pfeift), das ist nett. Es kommt jedes Mal vor, wenn ein Fahrrad auf die Bühne kommt. Und dann gibt es ein Duett, ein Tandemlied zwischen Joe Mulrooney und sergeant Pluck, das ist fast wie das Holzfäller-Lied von Monty Python. Wie haben Sie das Orchester eingesetzt? Es wird hinter den akteuren auf der Bühne sitzen, dadurch hört man von der instrumentalmusik mehr. Die Besetzung ist klein, alles ist einfach besetzt: Holzbläser, drei Blech-

„Wenn man etwas schreiben will, muss man es einfach tun. Dann kann man immer noch hoffen, dass es jemand aufführt.“ HUMORVOLLER „JOYCE“ Der irische schriftsteller Flann o’Brien (1911–66) ist sozusagen die weniger ernsthafte ausgabe von James Joyce. seine Romane, darunter „in schwimmen-zweiVögel“ und „Der dritte Polizist“, sind komplexe, verrückte Gebilde voller Witz und skurriler Einfälle. Berühmt sind auch seine satirischen Kolumnen für die „irish Times“.

DIE ATOMTHEORIE DE SELBYS im Roman „Der dritte Polizist“ beschäftigt sich die Hauptfigur Joe mit den Theorien des erfundenen Philosophen de selby. Dessen atomtheorie besagt, dass Gegenstände, die fest aufeinanderschlagen, an den Kontaktflächen ihre atome tauschen, sodass nicht nur Hammer und amboss, sondern auch Mensch und Fahrrad (vor allem bei häufigem Fahren auf holprigen Wegen) sich nach und nach zum jeweils anderen verwandeln: Der Mensch wird zum Fahrrad, das Fahrrad zum Menschen.

bläser, streicher, Klavier, schlagzeug. Für die Gruselszenen haben wir ein Cembalo. Mehr geht sich in den Kammerspielen nicht aus. Hätten Sie lieber für ein größeres Orchester komponiert? ich hätte gerne mehr streicher gehabt. in der einfachen Besetzung hört man, wenn die Bläser spielen, die streicher nur mehr kraftvoll genug, wenn man sie unisono spielen lässt. aber ich möchte auf jeden Fall auch einmal eine große oper schreiben. ich habe noch nichts Bestimmtes geplant, aber das wird sich sicher einmal ergeben. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie es in der Saison 2012/2013

Erkennbar ist dies u. a. daran, dass sich Fahrräder gerne in der warmen stube aufhalten oder Menschen sich am Randstein anlehnen müssen, um nicht umzufallen. Um dem vorzubeugen, klauen die Polizisten im Roman vorzugsweise den eifrigsten Radfahrern regelmäßig die Fahrräder.

DER DRITTE POLIZIST EINE FAHRRADOPER VON FLORIAN BRAMBÖCK Libretto von Doris Happl nach Flann o’Brien Musikalische Leitung: Hansjörg sofka Regie: Bettina Munzer Vorstellungen: 10. und 18. Mai, 1., 10. und 22. Juni, 6. Juli 2012 Tiroler Landestheater, Kammerspiele www.landestheater.at

mit der neuen Leitung des Tiroler Landestheaters weitergehen wird. Mir wäre wichtig, dass der neue intendant Johannes Reitmeier jedes Jahr einen opernauftrag an einen heimischen Komponisten vergibt. Wobei ich gerne zugebe, dass ich mit zwei Uraufführungen bisher großzügig bedacht worden bin. an der jetzigen oper hatten wir allerdings ursprünglich ohne auftrag zu arbeiten begonnen, sie wurde erst später vom Landestheater übernommen. Das zeigt, dass man, wenn man etwas schreiben will, es einfach tun muss. Dann kann man immer noch hoffen, dass es jemand aufführt. Vielen Dank für das Gespräch.

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49 KOMMENTARE SAISON

Was verschenken Tourismusweltmeister?

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er Nationalismus kann einem ganz schön das Hirn verkleben, selbst wenn die Nation so klein und harmlos ist wie die Tirolerische. Trotzdem reichte das älplerische Überlegenheitsgefühl aus, dass ich die einzige Sprache, die ich wirklich gebraucht hätte, die italienische, niemals gelernt habe und im Übrigen der Ansicht war, dass wir, die Deutschsprachigen, die größeren Dichter und Denker haben als die „Walschen“, eine Arroganz, die sich natürlich aus profunder und gottlob irgendwann behobener Unbildung speiste.

liegt das Problem. Es ist nämlich eine Gepflogenheit, dass wir dem Dirigenten und dem Manager eines Orchesters nach dem Konzert ein kleines Erinnerungsgeschenk überreichen. Das kann ein Buch sein, was bei Franzosen aufgrund der Sprache keinen Sinn ergibt. Oder eine CD? Aber von welchem berühmten Tiroler Orchester? Es könnte aber auch Wein sein. Einen solchen allerdings Leuten zu überreichen, die aus dem Mekka der weltbesten Weine kommen, grenzt an Verblendung. Seit Monaten belästige ich meine Landsleute daher mit der Frage: Was kann man Bordelai„Seit Monaten belästige ich meine Landsleute daher mit sen schenken? Na klar! Ein Schnapsl, das hört der Frage: Was kann man Bordelaisen schenken?“ man gleich einmal. Oder einen Speck! Auch gut! Oder eine Kramsacher Prügeltorte! Oder Später dann, als wir auf Einladung eines LandeshauptEdelsirups von Darbo! Oder Käse aus dem Zillertal, hergestellt aus manns um einen Tisch herum saßen, um über die Tiroler Identität Heumilch! Denn so unerschöpflich die Köstlichkeiten sind, die nachzusinnen, und ein paar Häuser weiter die hohen Herren der in Bordeaux erfunden wurden, der Käse wird seit Jahrhunderten Landesbank davon zu träumen begannen, den Süden aufzurollen, importiert. Sollen sie einmal den aus Tirol probieren! gerann das tirolerische Überlegenheitsgefühl zum Schlagwort, Dennoch bleibt es als zwischensaisonale Meditation nach dem EU-Beitritt mit den wunderbaren agrarischen Produkhöchst empfehlenswert: Wenn Sie sich einen Premier Cru de ten unseres Landes „der Feinkostladen Europas“ zu werden. Chateau Latour um 1.000 € nicht leisten wollen, trinken Sie eiInzwischen sind wieder Jahre ins Land gezogen und ich nen Chateau Lynch Bages um 100 € und denken angesichts des darf als Leiter der Innsbrucker Promenadenkonzerte stolz verköstlichen Saftes an unser herrliches Landl. Bescheidenheit hat melden, dass zum ersten Mal eine französische Militärmusik im nämlich noch selten geschadet. × Innenhof der kaiserlichen Hofburg aufspielen wird und zwar die Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans. Musique des Forces Aériennes de Bordeaux. Und genau darin

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Dörfer, wo es nichts gibt

VON ERNS T MOLDEN

ein letzter Artikel ist am Dorf, wie ich es liebe, nicht ganz ungelesen vorübergegangen. Ein Lokalpolitiker hat mir einen Brief geschrieben, dass er den Text, in dem ich die Verbindung unseres Dorfes mit dem Nachbarort via Skilift in Frage gestellt habe, voll und ganz bejaht. Andere Bewohner, auch Freunde von uns, haben indes den Kopf gewiegt. Einer von ihnen, den ich für klug und sensibel halte, hat gesagt, er glaube auch, dass der Skilift nicht wirklich etwas bringe, aber andererseits müsse man ja „irgendwas“ machen. Das hab’ ich symptomatisch gefunden. Die Angst vor dem Stillhalten, vor dem Rasten, weil einen ja irgendjemand oder irgendetwas überholen könnte, während man rastet, und sei es die Zeit an sich. Etwas muss gemacht, gebaut, geplant, irgendwohin muss fortgeschritten werden.

gingen der Produzent und ich in unser Quartier im Haus eines Weinbauern. Dort war es kalt, aber die Bäuerin brachte uns unglaubliche Würste und wies mit einer vagen Handbewegung auf ein Dutzend Flaschen, aus denen wir trinken durften, solange wir „a Kreizerl fia jeds Ochtal“ machten. Ohne Alkoholiker zu sein, kann ich diesem Leben etwas abgewinnen. Wenn grad nicht gearbeitet wurde, blieb uns nichts außer spazieren zu gehen. Durch eine struppige Vorfrühlingslandschaft aus Ocker, Gelb und Braun mit winzigen hellgrünen Spitzen. Wenn wo ein Hund bellte, war das ein Ereignis. Unser Winzer sagte uns, dies sei eine vom Herrgott geliebte Gegend. „Mia hom ollas, olle Baam und olle Viecha. Aussa Hirsch‘. Oba wer braucht an Hirsch?“ Wer eine solche gelassene Zuneigung zu seiner ureigenen Landschaft bewahrt hat, „Bewegen muss der Mensch sich dann, wenn er der Liebe scheint stillzustehen, und er bewegt sich doch. Die Arbeit des Landes färbte auf unsere folgt oder wenn er dem Schmerz weicht. Andernfalls ist Arbeit im Studio ab. Die Lieder wurden ruhig, das Verharren auch einmal eine super Option.“ karg und trotzdem auf eine Weise groß. Einmal, am Sonntag, kriegte ich abends Gusto Das finde ich nicht. Bewegen muss der Mensch sich dann, auf Kekse. Ich stieg ins Auto und fuhr durch die hereinbrechende wenn er der Liebe folgt oder wenn er dem Schmerz weicht. AnNacht auf der Suche nach einer Tankstelle, wo ich shoppen wollte. dernfalls ist das Verharren auch einmal eine super Option. Gerade Aber ich fand keine, wenigstens keine zum Konsumieren. Daheim war ich im Burgenland, für Plattenaufnahmen. Das Dorf, in dem beim Winzer bissen der Produzent und ich jeder nachdenklich in sich in einer uralten Mühle das Studio befand, war ganz still. ein Stück Wurst. × Aber nicht fad. „In Dörfern, wo es nichts gibt, da bin ich gern Ernst Molden, 44, lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Für seine zuhaus“, singt der Nino aus Wien. Wenn die Arbeit vorbei war, Alben und Bücher wurde er mehrfach ausgezeichnet. Demnächst erscheint seine neue Platte A SO A SCHEENA DOG (monkeymusic).

© BÖHME

V O N A LO I S S C H Ö P F


50 NACHGEFRAGT SAISON

15 FR AGEN AN ...

Petra Wolffhardt DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Vancouver, Insel Rügen, Wachau DER SCHÖNSTE WANDERWEG TIROLS: Adlerweg DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Pioniergeist (der leider nachlässt), Gastfreundschaft, das Tirolerische DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Mangelnde Kundengesinnung, Verbauung der Natur DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Winterkompetenz, Berge, Almen und Hütten DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Servicequalität, wenig Innovationen DIE BESTE WANDERBEGLEITUNG IST: Tiroler Berg(wander)führer DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE: Wieder Barfußgehen und den Boden stärker fühlen mit Fivefingers LETZTER URLAUB (WANN UND WO?): Gardasee – Mai 2011 ICH LERNE VON ... Anderen Menschen ICH ENTSPANNE MICH BEIM ... Wandern, Laufen, Kajakfahren DAS BESONDERE AN TIROL IST ... seine Vielfalt, Natur- und Kulturlandschaft DEM SOMMERTOURISMUS FEHLT ... Die gleiche Willens- und Investitionskraft wie im Winter, eine gute Vernetzung zwischen Berg und Tal/Ort, stärkeres Image für die Berg(wander)führer DAS SOLLTE KEIN TIROL-BESUCHER VERPASSEN ... Gipfelerlebnis, am besten mit Sonnenaufgang und Bergfrühstück FÜR DIE ZUKUNFT TIROLS WÜNSCHE ICH MIR: Mehr nachhaltig entwickeln vs. neidisch verhindern

Petra Wolff hardt ist Geschäftsführerin von WanderHotels*Tirol.


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