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Literatur und Musik

«Meine Liebe gilt den Bewohnern der Gassen, nicht nur der alten Gassen von Kairo, sondern der Gassen der

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ganzen Welt.»

Nagib Machfus

Kulturwandel mit dem Duft von Zimt und grünen Bohnen

Können Wörter Aromen haben? Was für eine Frage – zumindest, wenn es um Nagib Machfus (1911–2006) geht. Beim ägyptischen Autor und bisher einzigen arabischsprachigen Literaturnobelpreisträger verströmen Wörter mal den erdigen Geruch der Nacht, mal den frischen Duft grüner Bohnen oder sogar die Süsse warmen Honigs.

Es sind Gerüche und Aromen aus Kairo, wo Nagib Machfus’ Trilogie «Zwischen den Palästen», «Palast der Sehnsucht» und «Zuckergässchen» spielt. Denn keiner der zahlreichen Protagonisten verlässt in diesem «Buddenbrooks unter ägyptischen Vorzeichen» die Stadt jemals. Dafür lässt das Familienepos die Lesenden über einen Zeitraum von knapp 30 Jahren – vom britischen Protektorat über zwei Weltkriege – dreien Generationen einer Kairoer Kaufmannsfamilie über die Schulter blicken, und oft auch in deren Gedanken und Gefühle hinein. Ihr Mikrokosmos wird dabei zum Spiegel einer Kultur im Umbruch.

«Der grösste Feind der Kunst ist die blosse

Imitation.»

Nagib Machfus

Ausgangspunkt und Zentrum bildet das patriarchale Familienoberhaupt Achmed abd al-Gawwad, ein Kaufmann mit Stil, Ehre und einem gehörigen Hang zur gepflegten Doppelmoral, das weibliche Geschlecht und den Genuss alkoholischer Getränke betreffend. Seine Frau Amina duldet beides mit einer für europäische Verhältnisse erstaunlichen Gelassenheit. Und exotisch wirkt auch der Ton der Alltagsgespräche zwischen den Familienmitgliedern. Da wird Allah ebenso oft als oberste Referenz angerufen wie als geheimer Regisseur des Lebens ins Feld geführt – und auch die Worte kringeln sich sogar um derart prosaische Themen wie Haushalt und Küche wie die Ornamente der orientalischen Malerei. Klar, dass ein derart aussergewöhnlicher Text eine ebensolche Musik braucht.

Bei der Veranstaltung «Literatur und Musik» kommen daher für einmal statt Geige, Klarinette oder Klavier die Instrumente Qanun (Kastenzither), Naï (eine Flöte ohne Mundstück), Tablah (Kesseltrommel) und Riqq (Rahmentrommel) mit überbordend rhythmischer Musik aus Ägypten zum Zug, gespielt von den Musikern Mostafa Abdelkhalek, Nabil Bergas, Said El Artist und Haytham Farghaly . Anna Kardos

T h o m a s S a r b a c h e r

So 29.03.20 11.15 Uhr Konzertsaal Tonhalle Maag Literatur und Musik

Mostafa Abdelkhalek Qanun Nabil Bergas Naï Said El Artist Tablah Haytham Farghaly Riqq Angela Schader Einführung Thomas Sarbacher Lesung Ägyptens Chronist: Nagib Machfus im Spiegel der Musik

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