21.4.2021
Bürgermeister kontert Anfeindungen um Corona-Demo in Erbach
Bürgermeister kontert Anfeindungen um Corona-Demo in Erbach echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/erbach/burgermeister-kontert-anfeindungen-um-corona-demo-inerbach_23390068 24. März 2021
Erbach Mittwoch, 24.03.2021 - 15:32 Die Diskussionen um die Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen werden zunehmend hitziger. Rathauschef Peter Traub versucht dem entgegenzuwirken. Und erinnert an die Grundrechte.
Von Gerhard Grünewald Redaktionsleiter Odenwälder Echo
Wie sehr die Erbacher Rathausführung für Recht und Ordnung steht, zeigt unter anderem die Auszeichnung mit dem Kompass-Siegel für die Zusammenarbeit der kommunalen Ordnungsbehörden mit der Polizei (hier der Verleihungsakt mit Polizeipräsident Bernhard Lammel (rechts). Ausdrücklich aus dem besagten Einvernehmen heraus verteidigt Traub auch die Zulassung von Corona-kritischen Demonstrationen in der Kreisstadt mitsamt dem Verzicht auf unverhältnismäßige Eingriffe. (Archivfoto: Dirk Zengel)
ERBACH - Angesichts einer mit zunehmender Schärfe geführten Diskussion über Proteste gegen die Corona-Politik im Odenwaldkreis ist Erbachs Bürgermeister Peter Traub mit einem Bekenntnis zum Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit
https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/erbach/burgermeister-kontert-anfeindungen-um-corona-demo-in-erbach_23390068
1/4
21.4.2021
Bürgermeister kontert Anfeindungen um Corona-Demo in Erbach
sowie dessen angemessene Handhabung durch die örtlichen Behörden in die Offensive gegangen. Konkret reagierte der Verwaltungschef damit auf Form und Ausmaß einer Debatte, die rund um eine Demonstration am Sonntag auf dem Erbacher Marktplatz in einschlägigen Internet-Kanälen um sich gegriffen hat und zunehmend persönliche Züge trägt. Dabei bewegte sich die Kundgebung in der Kreisstadt grundsätzlich im Rahmen dessen, was Gegner der zur Ausbreitung von Sars-Cov-2 ergriffenen Maßnahmen nun schon seit Monaten zu deren Infragestellung unternehmen. Denn neben regelmäßigen Lichterspaziergängen durch Erbach und Michelstadt setzen sie dazu auch gelegentlich stationäre Protestaktionen an, von denen bisher eine einzige in den Blickpunkt rückte: eine Ansammlung von 350 Menschen beim Gastspiel der Querdenker-Leitfigur Bodo Schiffmann Anfang Februar in Michelstadt. Auch hier hielt sich das Konfliktpotenzial nach Einschätzung der Kommunal- und Landesbehörden in Grenzen, ansonsten blieben die Aktionen im überschaubaren Rahmen.
Eigendynamik in den Sozialen Netzwerken Zu ihrer Ausnahmestellung kam die jüngste Erbacher Kundgebung in dem Moment, als wieder steigende Infektionszahlen und die Diskussion über neue Maßnahmen die allgemeine Nervosität erhöhten und der Verlauf einer zeitlich benachbarten Großdemonstration in Kassel dies noch befeuerte. „Hier wurde im Vorfeld die Nachricht kolportiert, die Teilnehmern dieser überregionalen Veranstaltung wollten den Erbacher Termin für so etwas wie einen Nachdreher zu Kassel nutzen“, erklärte Bürgermeister Traub gegenüber dem Echo. Daraufhin seien in den Sozialen Medien die aufregendsten Szenarien entworfen worden, „ohne dass es belastbare Anzeichen dafür gab“.
Verknüpfte Artikel Gute Voraussetzungen für Geburten im Odenwaldkreis Mehr häusliche Gewalt im Odenwaldkreis
Update zum Beitragsinhalt: Die Diskussion um eine mögliche Beeinflussung von Größe und Form der Erbacher Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen am Sonntag durch die vorherige Großdemo im Kassel beruhte (indes) nicht allein auf Gerüchten, sondern hatte als einen ihrer Ausgangspunkte auch einen konkreten Hinweis: Wie ein der Redaktion nachträglich zugestellter Link zeigt, war auf einem einschlägigen Portal zur Bekanntmachung von Demonstrationszielen tatsächlich unter dem Titel „Demo am Sonntag nach Kassel“ zur Kundgebung in Erbach aufgerufen worden. Allerdings kam es offenbar weder zu anhaltender lokaler Weiterverbreitung noch zu überregionalem Interesse, von denen eine tatsächliche Wirkung auf die Versammlung in Erbach hätte ausgehen können.
https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/erbach/burgermeister-kontert-anfeindungen-um-corona-demo-in-erbach_23390068
2/4
21.4.2021
Bürgermeister kontert Anfeindungen um Corona-Demo in Erbach
Sowohl im Sinne der Vorsicht als auch mit Blick auf die allgemeine Sicherheit seien dann am Sonntag nicht nur die Stadt- und die Landespolizei, sondern auch das Erbacher Ordnungsamt personell auf dem Marktplatz präsent geworden. Was die Ordnungshüter dort angetroffen hätten, rechtfertige nicht ansatzweise das Social-Media-Trara um die Veranstaltung. Gezählt worden seien rund 150 Teilnehmer, die sich in der großen Mehrzahl an die Abstands- und Maskenregel gehalten hätten. Einzelnen Verstöße seien die Kräfte in der direkten Ansprache nachgegangen, ein restriktiveres Einwirken auf die friedliche Gesamtveranstaltung aber hätte nach ihrer Einschätzung in keinem Verhältnis zum Geschehen gestanden.
Viel Unverständnis und Unmut Bei einem Teil der Bevölkerung riefen dieser Umgang mit solchen Demonstrationen sowie schon deren Genehmigung Unverständnis und Unmut hervor, erklärt Traub dazu in seinem Statement vom Mittwoch. Es sei ihm deshalb ein Anliegen, „an das Demokratie- und Rechtsstaatsverständnis von uns allen zu appellieren“. . Wörtlich erklärt der Erbacher Bürgermeister: „Versammlungs- und Meinungsfreiheit sind Grundpfeiler unserer freiheitlichen Verfassung. Wer dies nur bei ihm genehmen Themen erlauben möchte, bewegt sich außerhalb unseres demokratischen Grundverständnisses. Auch wenn uns manche der vorgetragenen Positionen nicht gefallen mögen und auch wenn eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit befürchtet wird: Ordnungsgemäß beantragte Veranstaltungen können – und sollten – nicht prophylaktisch verboten werden!“
Traub fürchtet weitere Spaltung Die staatlichen Ordnungsorgane, und hierzu zählen unsere Stadtpolizei und die Landespolizei, sind laut Traub gehalten, einzugreifen, „und sie tun dies auch, wenn die Auflagen, die mit einer solchen Veranstaltung immer einhergehen, grob missachtet werden“. Aber auch dann gelte es, wo immer möglich, maßvoll und in erster Linie deeskalierend zu agieren. „Wer hier einem brutaleren Vorgehen das Wort redet, möge sich die Lebensumstände in autoritäreren Staaten anschauen, in denen eine solche Vorgehensweise leider zur Tagesordnung gehört“, schreibt der Bürgermeister. . Abschließend erklärt der in Erbach parteilos regierende, aber der FDP angehörende Traub: „Ich mache mir Sorgen, dass die Absolutheit, mit der die jeweils eigene Position in unserer Gesellschaft verstärkt vertreten wird, zu einer zunehmenden Spaltung führt. Lassen Sie uns alle gemeinsam einen Beitrag leisten, dass wir bei allen Unterschieden in den Auffassungen engagiert aber friedvoll – auch bei unserer Wortwahl – miteinander streiten.“. https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/erbach/burgermeister-kontert-anfeindungen-um-corona-demo-in-erbach_23390068
3/4