Streit ums Testament - Erbanteile zu verkaufen

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Beim Streit ums Testament Erbanteile verkaufen faz.net /aktuell/finanzen/meine-finanzen/vorsorgen-fuer-das-alter/beim-streit-ums-testament-erbanteileverkaufen-13658932.html

© dpa Erben haben’s auch nicht leicht Ein Haus zu besitzen ist toll. Aber was macht man, wenn einem nur ein Drittel davon gehört? Dieses Problem haben viele Erben. Zum Beispiel, wenn die gestorbenen Eltern ihren drei Kindern das gemeinsame Haus zu gleichen Teilen hinterlassen. Dann entstehen Erbengemeinschaften, und der Streitfall zwischen den Geschwistern ist programmiert. Der eine würde am liebsten in das Haus einziehen, hat aber kein Geld, um den anderen ihren Anteil abzukaufen. Ein anderer würde das Elternhaus auch renovieren lassen und dann vermieten, doch die Geschwister scheuen die hohen Ausgaben. Was also tun?

Autor: Dyrk Scherff, Redakteur im Ressort „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Folgen: Solche Auseinandersetzungen zwischen Geschwistern sind fast nie rational, sondern hochemotional. Der Konfliktfelder gibt es viele: Manchmal fühlte sich eines der Geschwister als Kind benachteiligt und will sich nun an den anderen rächen. Manchmal herrscht finanzielle Missgunst zwischen den Geschwistern. Und manchmal setzt ein Ehepartner alles daran, unbedingt in den Besitz des ererbten Hauses zu kommen. All das verhindert eine vernünftige Lösung. Ein Ausweg ist da für manchen: den Erbanteil verkaufen. Der Charme daran ist, dass die anderen Erben dem nicht zustimmen müssen. Und ein Nebeneffekt: Steht ein potentieller Käufer für einen Teil des Elternhauses bereit, werden die Geschwister plötzlich verhandlungsbereit. Einen Fremden wollen sie dann doch nicht mitreden lassen. Mehr zum Thema Bausparer müssen pauschale Kontogebühr hinnehmen BGH-Urteil: Mieter müssen auch bei Schimmelpilz noch Miete zahlen Der Verkauf von Erbanteilen ist allerdings schwierig. Wer kauft schon ein Drittel Haus? Über ein normales Immobilienportal im Internet wird das schwierig. Manchmal helfen Notare und Rechtsanwälte, aber die haben nicht viele potentielle Käufer an der Hand. In diese Nische stößt ein spezielles Internet-Angebot. Die Seite


www.einfacherben.de bietet einen Marktplatz an, auf dem Erben ihre Erbanteile verkaufen können. In der Regel sind das Immobilien, auch ausländische Ferienwohnungen, aber auch Kunst- oder andere Wertgegenstände. Einzige Bedingung: Der Verstorbene muss einen deutschen Wohnsitz gehabt haben, es soll deutsches Erbrecht gelten. Die Erben müssen sich zunächst registrieren, das ist kostenlos. Dann können sie ihr Angebot als Anzeige anonym einstellen. Bei Immobilien können sie die ungefähre Lage, Größe, Preisvorschlag und ein paar Fotos veröffentlichen. Alle Details wie die Adresse des Hauses oder der Wohnung und vor allem die Kontaktdaten können sie nur eingeben, wenn sie dafür ein kostenpflichtiges Abo abschließen. Es reicht, das zu tun, wenn es die ersten Kaufinteressenten gibt. Darüber wird der Erbe per E-Mail informiert.

Der Verkauf ist meist günstiger als eine Versteigerung des Hauses Der Käufer bekommt die Kontaktdaten ebenfalls nur, wenn er Abonnent ist. Er kann über Suchfunktionen passende Angebote herausfiltern. Die Käufer sind oft auf Erbfälle spezialisiert. Das können Banken und Versicherungen sein oder Immobilienentwickler. Sie sind auf der Suche nach attraktiven Immobilien, die sie auf dem normalen Markt selten bekommen. Und da die Häuser und Wohnungen eben oft Erbengemeinschaften gehören, können sie einen Preisabschlag heraushandeln. Je zerstrittener die Erben, desto größer der Abschlag. Er kann bis zu 50 Prozent ausmachen. Die Käufer spekulieren darauf, dass die verbleibenden Erben ebenfalls im Lauf der Zeit ihre Anteile an sie verkaufen. Das kommt häufig vor. Für die Erben ist der Verkauf trotz Abschlags meist günstiger als eine Versteigerung des Hauses. Kommt er zustande, muss der Verkäufer aber eines beachten: Die anderen Erben haben bis zu zwei Monate nach der Veräußerung ein Vorkaufsrecht zum gleichen Preis. Erst danach ist das Geschäft mit einem fremden Käufer wirksam. Der Portalbetreiber hilft bei der Abwicklung. Er versucht auch, zweifelhafte Investoren auszusortieren, indem er bei Verdacht über eine Schufa-Auskunft die Bonität prüft. Das soll bald für alle Kaufinteressenten gelten. Eine Provision für den Kauf wird nicht fällig. Dafür sind die Abonnementgebühren nicht gerade gering. Sie sind zeitabhängig. Der Erbe muss für einen Monat 90 Euro, für drei Monate 218 Euro und für sechs Monate knapp 400 Euro zahlen. Der Kaufinteressent legt für drei Monate Mitgliedschaft 390 Euro, für sechs Monate 700 Euro und für ein Jahr 1200 Eur0 hin. Derzeit seien rund 2000 Menschen registriert, davon 200 Investoren und fast 500 Erben als zahlende Kunden, sagt Gründer Manfred Gabler. Derzeit seien Anzeigen im Volumen von 160 Millionen Euro eingestellt. Gabler hat das Portal 2012 gegründet, weil er selbst einmal Teil einer Erbengemeinschaft war und die Schwierigkeiten damit erlebte. Zunächst war das Portal nur ein Verkaufsmarktplatz. 2014 erweiterte Gabler das Angebot. Jetzt vermittelt er auch Erbschaftsdarlehen. Sie decken Erbschaftsteuer und Todesfallkosten. Er hilft bei der Finanzierung von Prozessen gegen andere Erben. Außerdem stellt er Informationen zum Thema Erbschaft ins Netz und vermittelt Anwälte und Erbmanager. Sie machen bei schwierigen Erbfällen Einigungsvorschläge und helfen bei der Koordination der vielen Behördengänge. Die Rechtsanwälte werden erst aktiv, wenn Verträge geschlossen werden müssen. Die Anwälte bietet Gabler mit Hilfe der Anwaltskammer an, die erste Beratungsstunde ist dabei kostenlos. Erbmanager sucht Gabler selbst aus. Sie verlangen 80 bis 120 Euro in der Stunde. Für die Vermittlung zahlt nicht der Erbe, sondern der Manager eine Provision.


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