Bergsträßer erlebt Explosion in Beirut hautnah | http://pressecho.de

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Bergsträßer erlebt Explosion in Beirut hautnah

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Mittwoch, 05.08.2020 - 20:53 Der aus Südhessen stammende Lennart Lehmann sitzt in einem Café in Beirut, als die Ammoniumnitrat-Katastrophe ihren Lauf nimmt. Hier berichtet er von den dramatischen Stunden.

Von Matthias Rebsch Redaktionsleiter Bergsträßer Echo

Lennart Lehmann arbeitet seit 2019 in Beirut. Bei der Explosion im Hafen saß er drei Kilometer entfernt in einem Café und glaubte erst an ein Erdbeben und dann an einen Anschlag. Foto: Welthungerhilfe

Als die Katastrophe ihren Lauf nimmt, ist Lennart Lehmann drei Kilometer vom Hafen in Beirut entfernt. Der aus Rimbach stammende 49-Jährige arbeitet für die Welthungerhilfe und lebt im Libanon. Am Telefon erzählt er von den dramatischen Stunden in Beirut. https://www.echo-online.de/lokales/bergstrasse/kreis-bergstrasse/bergstrasser-erlebt-explosion-in-beirut-hautnah_22054812

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Lennart Lehmann sitzt an dem sonnigen Dienstag gerade im Außenbereich eines Cafés, als der Boden unter ihm zu wackeln beginnt. "Ich habe zunächst an ein Erdbeben geglaubt", erzählt er einen Tag danach. Seine Mitmenschen reagieren auf das Wackeln vorerst nicht - bis er ein Zischen wahrnimmt und ein großer Knall die libanesische Hauptstadt erschüttert. Glasscheiben zerbersten. Überall Scherben. Panik. Lehmann glaubt an eine Bombe in unmittelbarer Nähe. "Ein Anschlag", ist er sich sicher und befürchtet, dass weitere Raketen auf Beirut niedergehen könnten. Erst allmählich registriert er die riesige Rauchsäule am Hafen der Millionenstadt. Ihm wird klar, dass es der Ort der Explosion sein muss. Und dass es vermutlich kein Anschlag, sondern womöglich ein Unfall war. Dann versucht der Odenwälder, seine Kollegen von der Welthungerhilfe und anderen Organisationen zu kontaktieren. Seine Kollegen und er bleiben unverletzt. Nur die Scheiben des Büros hat die gewaltige Explosion zerstört.

Ausnahmezustand für zwei Wochen Der 49-Jährige hat schon im Sudan, in Armenien und der Türkei gearbeitet. Im Libanon betreut er seit 2019 Programme zur Unterstützung der Bevölkerung und der syrischen Flüchtlinge vor Ort. "25 Prozent der Bevölkerung sind Flüchtlinge - kein anderes Land hat pro Kopf mehr aufgenommen", sagt er. Der Libanon sei ein gebeuteltes Land. "Die Arbeitslosigkeit lag vor der Wirtschaftskrise bei 30 Prozent", so der studierte Ethnologe und Islamwissenschaftler. Inzwischen seien es 50 Prozent Arbeitslose. Soziale Konflikte um Nahrungsmittel und Proteste gegen die Regierung hätten zugenommen. Die Währung sei verfallen. Der Mindestlohn liege bei 20 Dollar am Tag. "Doch im Gegensatz zu den Preisen steigen die Löhne nicht", so Lehmann.

WELTHUNGERHILFE Die Welthungerhilfe folgt bei ihren Projekten dem Leitsatz "Hilfe zur Selbsthilfe"Um einen besseren Zugang zur Bevölkerung zu erhalten, werden die Projekte vor Ort in Kooperation mit lokalen Organisationen umgesetzt. (red)

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Nun auch noch die Katastrophe am Hafen, die vermutlich durch falsch gelagertes Ammoniumnitrat ausgelöst wurde. Die Regierung hat für zwei Wochen den Ausnahmezustand ausgerufen und eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Schulen wurden zu Unterkünften für Obdachlose umfunktioniert, berichtet Lehmann. "Bei der Explosion wurde Weizenvorrat für sechs Monate zerstört" sagt er.

Welle der Solidarität Nun würde der Verkauf an die Bevölkerung begrenzt - nur Bäckereien seien noch nicht betroffen. Welche Folgen das habe, könne er noch nicht absehen. Einen Tag nach der furchtbaren Katastrophe in Beirut hat Lennart Lehmann den Schrecken einigermaßen verkraftet. Was ihn positiv stimmt: In der Bevölkerung erlebte er unmittelbar nach der Detonation eine Welle der Solidarität. "Menschen haben Fremde in ihrem Auto ins Krankenhaus gefahren", so der Entwicklungshelfer. Und selbst Plünderungen oder Diebstähle seien in dem armen Land ausgeblieben. THW-Helfer aus Südhessen, Rheinhessen und Darmstadt stehen kurz vor dem Abflug in den Libanon. VRM-Reporter Denise Kopyciok und Sascha Kopp sind bei den letzten Vorbereitungen dabei und sprechen mit Georgia Pfleiderer, Media Officer des THW-Teams.

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