CORONA-DEMO IN BERLIN -Politisches Totalversagen | www.Presse-Echo.de

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29.8.2020

Corona-Demo in Berlin - Politisches Totalversagen | Cicero Online

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VON ALEXANDER MARGUIER am 29. August 2020

Das Verbot der Corona-Demonstration am Wochenende in Berlin wurde vom Verwaltungsgericht wieder aufgehoben. Dem hat sich jetzt auch das Oberverwaltungsgericht angeschlossen. Das ist ein Schlag ins Gesicht des Berliner Innensenators, der zuvor noch mit polarisierenden Äußerungen Öl ins Feuer gegossen hatte. Andreas Geisel trägt Mitverantwortung für eine mögliche Eskalation.

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Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) / picture alliance

Was Berlins Innensenator da angerichtet hat, ist ein politisches Desaster. Nicht mehr und nicht weniger: ein politisches Desaster. Dass die ihm unterstellte Versammlungsbehörde die für diesen Samstag vorgesehene „Corona-Demo“ verbieten wollte, ist die eine Sache. Der Sozialdemokrat Andres Geisel musste aber bekanntlich unbedingt eins draufsetzen und diesen Verbotsbescheid auch noch politisch kommentieren. Das sei ihm gegönnt. Die Art und Weise jedoch, wie er dies tat, konnte von den Betroffenen nur als Provokation verstanden werden. Genau das war auch Geisels Ziel.

Stimmung angeheizt Jetzt steht also der Mann, der in der Hauptstadt zuständig ist für öffentliche Sicherheit und Ordnung, nicht nur als einer da, der das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit leichtfertig zur Disposition stellt. Noch dazu hat er es zu verantworten, dass die Stimmung unter den Demonstranten erst so richtig angeheizt wurde. Und zwar zulasten der ihm ebenfalls unterstellten Polizei, wie sich an diesem Wochenende herausstellen dürfte. Mehr Schaden kann ein Politiker innerhalb so kurzer Zeit eigentlich nicht anrichten. Ein Fehlereingeständnis wäre da das mindeste, ein Rücktritt konsequent. Doch Berlin bleibt eben auch die Hauptstadt des politischen Versagens; wahrscheinlich ist man in der Senatskanzlei sogar noch stolz darauf, es wenigstens versucht zu haben.

Begründung zurückgewiesen Denn beim Versuch ist es nach dem Beschluss des örtlichen Verwaltungsgerichts nun geblieben. Es hat nämlich an diesem Freitagmittag das Demo-Verbot der Versammlungsbehörde kassiert und dessen Begründung zurückgewiesen. Diese hatte gelautet, mit der Durchführung der Kundgebung gingen Gefahren für die körperliche https://www.cicero.de/innenpolitik/corona-demo-in-berlin-politisches-totalversagen

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Unversehrtheit anderer einher; es sei aufgrund der Erfahrungen mit einer ähnlichen Versammlung am 1. August 2020 zu erwarten, dass die Teilnehmer die Vorgaben zum Infektionsschutz – insbesondere zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und zur Einhaltung eines Mindestabstands untereinander – nicht beachten würden.

Schlüssiges Hygienekonzept Die Verwaltungsrichter hingegen kamen zu dem Ergebnis, dass die Veranstalter der Kundgebung durchaus ein stringentes Schutz- und Hygienekonzept vorgelegt hätten; das Tragen von Atemschutzmasken sei nicht einmal zwingend nötig, sondern nur „erforderlichenfalls“ Teil eines solchen Konzepts. Jetzt muss also lediglich der Bühnenbereich anders organisiert werden und sichergestellt sein, dass die Demonstranten mittels Durchsagen immer wieder daran erinnert werden, Mindestabstand zu halten. Das Berliner Oberverwaltungsgericht hat sich der Meinung seiner Vorinstanz am frühen Samstagmorgen angeschlossen, damit ist die Entscheidung rechtskräftig. Die Veranstalter feiern das selbstverständlich als Triumph und können nun behaupten, man habe politisch nichts unversucht gelassen, um sie kaltzustellen. Dass die deutsche Gerichtsbarkeit in diesem Fall den Weg freigemacht hat für eine Demonstration, bei der keineswegs nur Leute mitmachen werden, denen es lediglich um Protest gegen staatliche Infektionsschutzmaßnahmen geht, dürfte in diesen Kreisen allerdings kaum etwas an der Grundhaltung ändern. Nämlich der teilweise fundamentalen Ablehnung unserer bestehenden staatlichen Ordnung.

„Fest für Frieden und Freiheit“ Denn eines ist sicher: Dieses für Samstag als vermeintliches „Fest für Frieden und Freiheit“ angekündigte Ereignis wird auch als Aufmarschplatz für Rechtsradikale und andere Extremisten dienen, für Verschwörungstheoretiker, Staatsfeinde und Demokratieverächter.

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Dennoch war es ein kolossaler Fehler des Berliner Innensenators, die Demonstranten samt und sonders als „Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten“ zu diffamieren, die „unter dem Deckmantel der Versammlung- und Meinungsfreiheit unser System verächtlich machen“ wollten und denen sich jeder Demokrat entgegenzustellen habe. So hatte es Geisel am Mittwoch in einer Art Begleitschreiben zum Demonstrationsverbot getan und dabei mit seiner Wortwahl erkennen lassen, wie es um seine eigene rechtsstaatliche Grundverfasstheit bestellt ist.

Meinungsfreiheit als „Deckmantel“ Denn wer im Zusammenhang mit Meinungsfreiheit von einem „Deckmantel“ spricht, bewegt sich, zumal als Innensenator, auf brüchigstem Eis. Die Meinungsfreiheit umfasst nämlich auch das Recht, die Erde für eine Scheibe oder das Coronavirus für eine Erfindung von Bill Gates zu halten. Und wer dann noch als einstiges Mitglied der SED von „unserem System“ schwadroniert, welches es mit Demonstrationsverboten zu verteidigen gelte, muss sich fragen lassen, ob er mental nicht immer noch ganz anderswo beheimatet ist als in einer freiheitlich-demokratisch verfassten Republik. Fakt ist, dass Andreas Geisel mit seiner zumindest komplett verunglückten, schlimmstenfalls sogar entlarvenden Presseerklärung an diesem Mittwoch Öl ins Feuer gegossen hat. Der Berliner Innensenator, dem es eigentlich an Deeskalation gelegen sein müsste, trägt die Verantwortung dafür, dass selbst moderate Corona-Demonstranten mit enormer Wut im Bauch nach Berlin reisen werden, weil sie sich von einem Regierungspolitiker als „Systemfeinde“ beschimpfen lassen müssen, denen es nicht zustehe, für ihre Meinung auf die Straße zu gehen. Einige von ihnen dürften sich sogar überhaupt erst deshalb dazu entschlossen haben, den Weg in die Hauptstadt anzutreten.

Geisel hat miteskaliert

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Es ist zu befürchten, dass es sehr hässliche Szenen geben wird an diesem Samstag rund um die Straße des 17. Juni. Es ist davon auszugehen, dass auch sehr dubioses Volk bis hin zu verfassungsfeindlichem Pöbel beim „Fest für Frieden und Freiheit“ mitmischen wird. Dass ausgerechnet ein sozialdemokratischer Landesinnenminister und Chef des Sicherherheitsressorts diese ohnehin schon brenzliche Situation selbst miteskaliert hat, ist eine Schande.

Berlin, Berlin, du bist... Berlin, du bist das Gegenteil dessen geworden, was du sein solltest. Und du wirst nicht das sein, was man als Hauptstadt zu verstehen hätte. Auf jeden Fall, sollte man mit Demo-Leuten so umgehen, wie mit Menschen, die aus den Risiko-Gebieten kommen, falls sie nachher positiv getestet werden. Natürlich den unbeteiligten Angesteckten u. Toten, dies nicht weiter helfen wird. Ein anderes Problem sei, wenn die Demo einen weiteren Cov19-Schub leisten wird. Mein Vorschlag wäre; ein Multifunktion-Demo-Gebiet errichten lassen (Analog zu Rennstrecken; mit 24/7 Dispo), auf einem ehemals BWÜbungsplatz, wo man sich richtig austoben konnte, ohne mit ihrem Anliegen, Andersdenkende in ihrem Andersdenken zu nötigen o. die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Superironie - AUS. MfG Nevergreen ✔ Antworten SED/ StaSi Ein ehemaliges SED-Mitglied und Stasi-Offizier wie der famose Herr Innensenator kommt aus seiner Haut eben nicht raus, auch wenn er gewendet und SPD- Rot lackiert ist!

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Schwerwiegender und völlig indiskutabel ist zudem, dass die Dame Merkel als Kanzlerin offiziell dieses Verhalten mit "Respekt" goutiert hat!! Antworten Eine Schande fürwahr Nur werden Herr Geisel und seine Gefolgschaft das nicht so sehen. Sie werden sich am Sonntag, nachdem es ggf. wirklich zu hässlichen Szenen gekommen sein wird, breitbrüstig hinstellen und verkünden, sie hätten es ja gleich gesagt. Und bei nächster Gelegenheit wird ein neuer Versuch gestartet, unliebsame Bürger irgendwie einzuhegen. Ich würde so eine Demo nie besuchen, allein schon wegen des Initiators, den ich sehr kritisch betrachte. Und wegen des radikalen Anhangs, auch wenn es den auf sicher fast auf jeder Demo geben wird. Und rein thematisch bin ich auch nicht dabei. Dennoch finde ich gut, dass die Gerichte einem Politiker noch einmal deutlich gemacht haben, dass auch sein Handeln seine Grenzen im Grundgesetz findet. Und das geschieht meiner Meinung nach viel zu selten. Antworten

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