Zum Jahrestag von Kunstmaler Heinz-Otto Müller-Erbach

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Der Künstler, der sein Erbach im Namen führte

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ERBACH. Wenn es eines Beweises bedürfte, dass Kunst unsterblich macht, dann wäre er mit der doppelten Präsenz von Heinz-Otto Müller-Erbach im Odenwälder Leben erbracht. Denn der 1984 verstorbene Maler mit Zug zum Dreidimensionalen hat weiter seinen festen Platz sowohl in der gemeinschaftlichen Erinnerung als auch im handfesten Stadtbild, wo markante Großfassungen seiner Werke deren Zeitlosigkeit manifestieren. Das tun sie umso mehr, als Müller-Erbach am 2. März sein 100. Lebensjahr vollenden würde.

Fast mehr noch als Müller-Erbachs Lebenswerk ist es dabei die Lebensauffassung, die ihm seine Sonderstellung gesichert hat. Denn der Maler verfolgte seinen Berufsweg der freien Künstlerschaft zu einem Zeitpunkt unbeirrt, als solches Tun grundsätzlich und gerade in der Provinz mehr noch als heute nicht der gesellschaftlichen Norm entsprach. Statt damit in eine Außenseiterrolle zu geraten, fand der Odenwälder seinen Platz aber inmitten seiner Mitbürger: „Mein Vater war bei allem künstlerischen Anspruch ein so geerdeter und geselliger Mensch, dass ihn die Erbacher und die Odenwälder so gern unter sich hatten, wie er mit ihnen zusammen war“, erinnert sich Sohn Chris Müller (65).

So gehörte der Stammtisch im Café Horsch, einem der für seine Erbacher Zeit typischen Kleinstadt-Treffs, zu den Unverrückbarkeiten im Leben des Malers, dessen Jahresverlauf sich mindestens so stark wie beim Bewohnerdurchschnitt um den Wiesenmarkt drehte. In welch außergewöhnlichem Maß bei ihm künstlerische Weltläufigkeit mit Lokalpatriotismus einer ging, offenbart sich am deutlichsten im Namen, denn den hat der einfach als Heinz-Otto Müller geborene und in dementsprechend lebenslang mit HOM

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signierende Meister selbst um das Erbach erweitert, dem er nicht nur so zu einem Platz in der Kulturwelt verhalf: „Über meinen Vater war die gesamte Szene der Kunstschaffenden und -liebhaber in Erbach zu Gast“, erinnert sich Chris Müller. „Denn es machte ihm Freude, Gleichgesinnte in seinem Atelier zu begrüßen und in unserem Haus zu beherbergen.“

Dabei war der bekennende Erbacher gar nicht in der Odenwälder Kreisstadt geboren, sondern in Bremen – allerdings als Sohn eines aus der alt-eingesessenen Familie Müller beruflich dorthin verschlagenen Sprosses. Die nach wie vor engen Kontakte zum Stammsitz führten den jungen Heinz-Otto immer wieder auch für längere Zeit in den Odenwald, was ihn letztlich auch dort die Frau seines Lebens finden ließ und den Weg zur Rückkehr in die Stadt der Vorfahren ebnete: Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg, der ihn von seinem Malerstudium an der Kunsthochschule Bremen ins Soldatendasein zwang, heiratete Müller Elsbeth Hastert (1921-2010) und zog zu deren Familie ins Erbacher Eck, wo der Bauernhof der Familie auch einen Mindestplatz für Atelier und Ausstellungsraum herzugeben hatte. Hier stürzte sich der Neubürger in sein Malerschaffen, das die zunächst mühsame und kaum den Broterwerb sichernde, dann aber immer erfolgreichere Vermarktung einschloss. „Zuerst hat mein Vater seine Bilder vor allem an lokale Gönner verkauft“, berichtet Chris Müller. Hier noch zu erkennende Kompromisse mit dem Zeitgeschmack hinderten Müller-Erbach nicht, immer deutlicher jenen unverwechselbaren Stil auszuprägen, der seine Werke später überregional gefragt und ihn zum Protagonisten von fast 50 Einzelausstellungen machte. Rang und Namen gewann er dabei in Künstler-Vereinigungen wie der Neuen Darmstädter Sezession oder dem Künstlerbund Rhein-Neckar.

Einen besonderen Impuls gab nicht nur seiner Karriere, sondern auch seiner künstlerischen Ausdrucksweise die Landesinitiative „Kunst am Bau“, mit der Hessen ab den Sechzigerjahren die Ausstattung von Neubauten mit kreativen Elementen förderte. Großformatige Wandplastiken von HOM-Bildern begegnen den Odenwäldern und ihren Gästen deshalb bis heute und wohl auch noch in ferner Zukunft in gepflegtem Zustand am Landratsamt, im Foyer des Gesundheitszentrums, an der Sparkasse Odenwaldkreis und am benachbarten Treppenweg sowie an der Schule am Sportpark in Erbach oder auch dem Berufschulzentrum in Michelstadt.

Mittlerweile hat sich Müller-Erbach nach dem Zwischenschritt eines nach Michelstadt ausgelagerten kleines Ateliers am Schöneberger Weg einen adäquaten Künstler- und Familiensitz geschaffen. Sohn Chris pflegt dort das Erbe seines Vaters: materiell in Form der unveränderten Erhaltung des Ateliers, digital über eine Homepage und eine Facebook-Seite im Namen von Heinz-Otto Müller-Erbach.

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