Michelstadt.Shop: Ein weiterer Odenwälder Innenstadt-Laden schließt

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Ein weiterer Odenwälder Innenstadt-Laden schließt

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Bernd Blumenschein gibt nach 25 Jahren altersbedingt sein „Schmuckkästchen“ in Michelstadt auf.

Michael Lang

MICHELSTADT. Nachdem die Metzgerei Weyrauch ihre Pforte dort geschlossen hat, die unweite Bäckerei mit gleichem Namen schon länger nicht mehr existiert, Fahrrad-Hamburger Geschichte ist und auch die Filiale der Dresdner Bank am Michelstädter Marktplatz kein Geld mehr auszahlt, schließt nun auch das „Schmuckkästchen“ von Bernd Blumenschein nach 25 Jahren bald nicht mehr für die Kundschaft auf.

„Hauptgrund ist mein fortschreitendes Alter. Ich werde bald 70“, sagt der Unternehmer, der seine Schmuckproduktion aus Bernstein, Mammut-Elfenbein und Edelsteinen unter Federführung von Tochter Jana in Bad König weiterführt. Die ersten Vitrinen haben schon Interessenten aus Heidelberg mit ähnlicher Geschäftsausrichtung abgeholt. „Wir lassen es jetzt langsam auslaufen und geben alle Artikel zum halben Preis ab“, informiert Bernd Blumenschein.

Droht der Großen Gasse als kleiner Fußgängerzone das Schicksal vergleichbarer, stetig ausdünnender Innenstadtlagen? Schließlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass immer öfter Einzelhändler vor Großmärkten in der Peripherie, günstigeren Internetangeboten und damit zusammenhängendem Kundenverhalten kapitulieren. Restaurantbetreiber ächzen unter manchmal hohen Pachtforderungen und unter dem um sich greifenden Personalmangel. Sind das die Zeichen der Zeit? Gaukeln sogenannte Pop-up-Stores mit ihren plötzlich aus dem Nichts schießenden und zeitlich begrenzten Ideen eine Belebung leergefallener Läden vor?

Erkennbar ist, dass Corona den Einkauf über den virtuellen Weg verstärkt hat. Kleidung, Möbel oder Geschenke werden gerne online bestellt. Boris Hedde, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IHF), meint dazu: „Wo Leerstand mal auftritt, kommt schnell weiterer Leerstand hinzu, weil der Ort für Besucher unattraktiv wird.“ So hätten auch die umliegenden Geschäfte und die Gastronomie unter Umsatzeinbußen zu leiden: „Das ist ein sich selbst befeuernder negativer Kreislauf“, sagte der Fachmann kürzlich in einem Radiointerview mit dem Norddeutschen Rundfunk. Das Phänomen zieht sich durch die gesamte

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Republik und nagt an den Lebensadern des Einzelhandels. Sachkundige sprechen beispielsweise von Staffelmieten, mit denen man motivierte Leute zum geschäftlichen Neubeginn führen und aus der Position des abwartenden Verharrens locken könne. Es gewinnt nur der, der wagt. Aber das Wagnis muss finanzierbar sein.

Und Michelstadt? Waren es in der Innenstadt vor nicht allzu langer Zeit fünf Metzgereien gewesen, ist heute nur noch eine übrig. Fakt ist, dass das Bröckeln des innerstädtischen Einzelhandels an der Lebensqualität nagt. Wer sich das Rathaus anschaut, möchte auch unweit davon einkaufen können und Kuchen essen. Cafés gibt es drei in der Nähe. Doch Läden leeren sich erkennbar; manchmal fehlt es an Nachfolgern aus der Familie. Ob ein geschicktes Innenstadtmanagement Lösungswege aufzeigen kann, muss sich zeigen: Michelstadt jedenfalls versucht (wie berichtet), der Situation mit dem neuen Innenstadtmanager Christoph Göldner und innovativen Konzepten zur Förderung von Neueröffnungen zu begegnen.

Um eine „Vielfalt der Nutzungen“ auch künftig zu bieten, setzen Göldner und Bürgermeister Dr. Tobias Robischon auf ein buntes Angebot, eine Mischung aus Wohnen, Geschäften, Dienstleistungen und Öffentlichen Einrichtungen wie Kitas und Schulen. Denn nur wenn die Bürger viele Anlässe hätten, in die Stadt zu gehen, herrsche Leben, so die beiden jüngst auf Nachfrage dieser Zeitung.

„Wir als Stadt produzieren ja selbst keine Ideen für Geschäftsgründungen. Wir können nur die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die entsprechenden Leute finden“, hatte Robischon formuliert. („Wie kann die Altstadt neu gedacht werden?“, Ausgabe vom 11. März). Eines von mehreren dabei denkbaren Konzepten setzen im April zwei junge Frauen mit ihrer Idee „Die Werkschaft“ um, wo man diverse Dinge kaufen, Kaffee genießen und werkeln kann. Vielleicht liegt die Zukunft in solchen Mischangeboten, um Leerstände wieder zu füllen und damit eine neue Form der Attraktivität im Einzelhandel zu schaffen.

Und trotz aller Unkenrufe auf die Zukunft des innerstädtischen Einzelhandels gibt es weitere positive Überraschungen: In die Räume des Schmuckkästchens von Bernd Blumenschein wird bald ein Nachfolger einziehen und Kulinarisches aus den Partnerstädten von Michelstadt anbieten.

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